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p
TZ
JAHRBUCH
DER
PßACTISCHEN MEDICIN.
BEGRÜNDET VON DB. PAUL BÖRNER.
UNTER MITWIRKUNG VON
Dr. Felix Beetz in München, Dr. A/^Gzempln in Berlin, Dr. Freyhan, Assistenzarzt am
Stadt. Krankenhause Frledrichahaln in Berlin, Medicinalrath Prof. Dr. Fürbringer, Direotor
am stidt Krankenhause Friedrichshain in Berlin, Prof. Dr. Horstmann in Berlin, Dr. M.Joseph
in Berlin, Dr. H. Koch in Braonschweig , Dr. Lewald, Assistenzarzt an der Irrenanstalt der
Stadt Berlin zn Lichtenberg, Prof. Dr. W. F. L o e b 1 s c h in Innsbruck, Dr. J. Hichaelin Hamburg,
FrlTatdooent Dr. H.Nenmannin Berlin, Prof. Dr. B 1 b b e r t in Zürich, Pri vatdocent Dr. T h. B o s e n-
helm In Berlin, Prof. Dr. Seeligmüller in Halle a. S., Privatdocent Dr. Maximilian Stern-
berg In Wien, Stadtphysicus Prof. Dr. Strassmannin Berlin, Privatdocent Dr. Paul Wagner
In Leipzig, Reg." und Medicinalrath Dr. Wernlch in Berlin
HERAUSGEGEBEN VON
D» J. SCHWALBE
IN BERLIN.
Jahrgang 1896.
« •
STUTTGART.
VERLAG VON FERDINAND ENKE.
1896.
i •
Druck der Union Deuteche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.
Vorwort.
Die allseitige Anerkennung, welche die im Vorjahre
geschaffenen Reformen des Jahrbuchs in der Fachpresse und
beim Leserpublikum — hier namentlich aus dem gesteigerten
Absatz des Werkes ersichtlich — gefunden haben, ermuthigt
mich, den beschrittenen Weg fortzusetzen. Gemäss dem früher
entwickelten Programm sind in diesem Jahre noch mehr als
bisher die practischen Gesichtspunkte für die Gestaltung des
Gesammtinhalts der Hauptabschnitte wie für die Auswahl und
Darstellung der Einzelreferate maassgebend gewesen. Besonders
in den Kapiteln „Innere Medicin**, „Geburtshülfe, Gynäko-
logie" und „Oeffentliches Gesundheitswesen** ist die Zahl der
besprochenen Abhandlungen gewachsen, haben die wichtigen
Themata eine eingehendere Bearbeitung erfahren. Andererseits
ist mehr als im Vorjahre der Ausfall von selbständigen Berichten
über „Anatomie" und „Physiologie" durch sorgfaltige Berück-
sichtigung der für die practische Medicin werthvoUen anatomischen
und physiologischen Aufsätze im Rahmen der klinischen Referate
compensirt worden.
Trotz dieser Erweiterung des Materials ist es der Redaction
mit dankenswerther Unterstützung der Herren Mitarbeiter ge-
lungen, Umfang und Preis des Jahrbuchs auf seinem niedrigen
Niveau zu erhalten und damit jedem Arzt die Anschaffung
eines Werkes zu ermöglichen, das nunmehr fast zwei Decennien
bestrebt und nach dem Urtheil competentester Pachgenossen wohl
geeignet ist, dem Practiker die für seine Weiterbildung nothwendige
Bekanntschaft mit den bedeutungsvollen Fortschritten unserer
Wissenschaft zu vermitteln.
rV Vorwort.
Aus der Reihe der Mitarbeiter sind die Herren Prof.
Dr. Kolaczek, Prof. Dr. Harnack und Regierungs- und
Medicinalrath Dr. A. Pfeiffer — zumeist nach langjähriger,
sehr geschätzter Thätigkeit — ausgeschieden. Ihre Referate
haben die Herren Prof. Dr. Loebisch, Director des Univer-
sitats-Laboratoriums fQr angewandte medicinische Chemie in
Innsbruck, Regierungs- und Medicinalrath Dr. Wernich in
Berlin und Privatdocent Dr. P. Wagner in Leipzig über-
nommen. Der Abschnitt «Constitutionskrankheiten'' ist durch
Herrn Priratdocent Dr. M. Sternberg in Wien — an Stelle
von Herrn Dr. Frey h an — bearbeitet worden.
Berlin, Mitte April 1896.
Julius Schwalbe.
Inhalt.
I.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie (einscbliessL
Baeteriologie). Von Prof. Dr. Hugo Ribbert in Zürich. S. 1—46.
I. Allgemeine Aetiologie, pflanzliche und thierische
Parasiten, Infectionskrankheiten. S. 1.
1. Allgemeines. S. 1.
1. Morphologie der Bacterien. S. 1.
2. Verbreitung pathogener Bacterien S. 2.
3. Erbliche Uebertragung der Bacterien. S. 2.
4. Aufnahme der Bacterien in den Körper. S. 3.
5. Mischinfection S. 3.
6. Disposition, Immunität und Heilung. S. 4.
2. Einzelne Infectionskrankheiten. S. 8.
1. Septikämie, Pyämie und verwandte Erkrankungen. S. 8.
2. Tuberculose. S. 10.
3. Typhus. S. 12.
4. Cholera. S. 13.
5. Diphtherie. S. 16.
6. Influenza. S. 18.
7. Tetanus. S. 18.
8. Cerebrospinalmeningitis. S. 19.
9. Infectiöser Icterus S. 20.
10. Gelenkrheumatismus. S. 20.
11. Sprosspilze. S. 20.
12. Schimmelpilze. S. 21.
13. Malaria. S. 22.
14. Protozoen. S. 22.
H. Allgemeine Pathologie. S. 23.
1. Fieber. S. 23.
2. Blut, Thrombose, Erabolie. S. 24.
3. Entzündung. S. 25.
4. Pigment. S. 26.
5. Degeneration. S. 26.
6. Regeneration. S. 27.
7. Neubildungen. S. 28.
8. Missbildung. S. 34.
III. Specielle pathologischeAnatomie derOrgane. S. 34.
1. Respirationsorgane. S. 34.
Anhang. Schilddrüse. S. 36.
2. Circulationsorgane. S. 36.
Anhang. Milz. S. 39.
3. Verdauungsorgane. S. 39.
4. Hamorgane. S. 42.
Anhang. Nebenniere. S. 43.
5. Geschlechtsorgane. S. 44.
6. Bewegungsorgane. S. 45.
VI Inhalt.
n.
Innere Medicin, S. 47—297.
I. Krankheiten des Nervensystems. Von Professor Dr. Se el ig-
in all er in Halle. S. 47.
A. Allgemeines (Anatomie, Physiologie etc.). S. 47.
B. Krankheiten der Centralorgane. S. 51.
1. Gehirn. S. 51.
Allgemeines. S. 51.
Localisation. S. 59.
a. In der Hirnrinde (und Marklager). S. 59.
b. Im übrigen Gehirn. S. 60.
Hirnhäute. S. 62.
2. Krankheiten des verlängerten Marks. S. ßQ.
3. Krankheiten des Rückenmarks. S. 68.
a. Anatomie. Physiologe. S. 68.
b. Allgemeine Pathologie. S. 69.
c. Verletzungen. Blutungen. S. 70.
d. Tumoren. S. 72.
e. Entzündungen. S. 73.
f. Syringomyelie. S. 74.
g. InselfÖrmige Sklerose. S. 76.
h. Tabes. S. 77.
i. Friedreich's hereditäre Ataxie. S. 81.
k. Poliomyelitis. S. 81.
1. Amyotrophische Lateralsklerose. S. 82.
m. Landry'sche Paralyse. S. 82.
n. Spastische spinale Paralyse. S. 84.
0. Krankheiten der Muskeln. S. 84.
C. Krankheiten der peripheren Nerven. S. 86.
Allgemeines. S. 86.
Gehimnerven. S. 90.
Rückenmarksnerven. S. 92.
D. Neurosen. S. 93.
Allgemeines. S. 93.
Epilepsie. S. 94.
Hysterie. S. 97.
Die übrigen Neurosen. S. 99.
n, 2. Psychiatrie. Von Dr. Lewald, Assistenzarzt an der Irren-
anstalt der Stadt Berlin zu Lichtenberg. S. 111.
I. Normale und pathologische Anatomie. S. 111.
IL Physiologie. S. 114.
lU. Specielle Pathologie der Psychosen. S. 116.
IV. Alkoholismus und toxische Psychosen. S. 124.
V. Dementia paralytica S. 127.
VI. Therapie. S. 131.
II, 3. Krankheiten der Athmungsorgane. Von Dr. J. Schwalbe
in Berlin. S. 134.
1. Anatomie, Physiologie, Untersuchungsmethoden. S. 134.
2. Specielle Pathologie. S. 137.
A. Krankheiten der Bronchien. S. 137.
B. Krankheiten der Lungen, S. 138.
1. Bronchopneumonie. S. 138.
2. Acute fibrinöse Pneumonie. S. 139.
3. Lungenschwindsucht. S. 141.
Inhalt. yn
4. Lungeninduration. S. 147.
5. Lungenabscess. S. 148.
6. Lungengangrän. S. 148.
7. Asthma. S. 149.
8. Lungengeschwülste. S. 149.
9. Lungenaktinomykose. S. 150.
C. KrankheUen des Brustfells, S. 152.
1. Pleuritis. S. 152.
2. Chylothorax. S. 154.
8. Pneumothorax. S. 155.
4. Brustfellgeschwülste. S. 157.
5. Parapleuritis. S. 158.
II, 4. Krankheiten der Kreislaufsorgane. Von Dr. J. Schwalbe
in Berlin. S. 160.
Ä, Krankheiten des Herzens. S. 160.
1. Allgemeines. S. 160.
a. Physiologie. Untersuchungsmethoden. S. 160.
b. Allgemeine Pathologie. S. 165.
2. Specielle Pathologie. S. 167.
a. Endocarditis. Klappenfehler. S. 167.
b. Herzmuskelerkrankungen. S. 170.
c. Neurosen. S. 174.
d. Herzsyphilis. S. 175.
e. Neubildungen. S. 176.
f. Paraaiten. S. 176.
8. Therapie. S. 177.
B. KrankheUen des Pericards. S. 182.
C, Krankheiten der Gefässe, S. 183.
a. Krankheiten der Arterien. S. 183.
b. Krankheiten der Venen. S. 185.
II, 5. Krankheiten der Verdauungsorgane. Von Dr. Th. Rosen-
heim, Privatdocenten an der Universität Berlin. S. 186.
A. Oesophagus. S. 186.
B. Magen. S. 190.
C. Darm. S. 208.
D. Leber. S. 209.
E. Pankreas. S. 210.
II, 6. Krankheiten der Harnorgane (ausschliessl. der chirur-
gischen und venerischen). Von Medicinalrath Prof. Dr. Für-
bringer in Berlin. S. 211.
A. Anatomie, Physiologie, Untersuchungsmethoden, S. 211.
B. Nierenkrankheiten. S. 215.
a. Allgemeine Pathologie. S. 215.
Albuminurie. S. 215.
Blutfarbstoffe und andere Stoffe im Urin. S. 216.
Hamsedimente. S. 219.
b. Specielle Pathologie der Nierenkrankheiten. S. 222.
1. Diffuse Nierenentzündung. S. 222.
2. Nephrolithiasis. S. 280.
3. Eitrige Nephritis. S. 232.
4. Tuberculose und Neubildung. S. 232.
5. Neuralgie der Niere. S. 234.
6. Bewegliche Niere. S. 234.
C. Krankheiten der Harnwege. S. 235.
VTTT Inhalt.
n, 7. Infectionskrankbeiten. Von Dr. Freyhan, Assistenzarzt
am Erankenhause Friedrichshain in Berlin. S. 289.
A. Allgemeines. S. 239.
B. Spedelles. S. 242.
1. Cholera. S. 242.
2. Typhus abdominalis. S. 246.
3. Typhus exanthematicus. 8. 253.
4. Variola. S. 253.
5. Malaria. S. 254.
6. Aktinomykose. S. 257.
7. Milzbrand. S. 258.
8. Rotz. S. 258.
9. Tetanus. S. 260.
10. Erysipel. S. 262.
11. Gelenkrheumatismus. S. 263.
12. Lepra. S. 265.
13. Dysenterie. S. 266.
14. Morbus Weilii. S. 267.
15. Influenza 8. 268.
n, 8. Constitutionskrankheiten. Von Dr. Maximilian Stern-
berg, Privatdocenten für innere Median in Wien. 8. 273.
A. Pathologie des Stoffwechsels, 8. 273.
1. Diabetes mellitus. 8. 273.
2. Diabetes insipidus. 8. 281.
3. Fettsucht. 8. 281.
4. Gicht. 8. 282.
B. Pathologie des Blutes. S. 287.
1. Allgemeines. 8. 287.
2. Anämie und Chlorose. 8. 290.
3. Pemiciöse Anämie. S. 291.
4. Leukämie und Pseudoleukämie. 8. 292.
5. Hämorrhagische Diathese. 8. 294.
C. Allgemeine Constitutionskrankheiten. 8. 295.
1. Rachitis s. Abschnitt Kinderkrankheiten.
2. Osteomalacie. 8. 295.
III.
Chlnirgle* Von Dr. Paul Wagner, Privatdocenten für Chirurgie in
Leipzig. 8. 298-358.
I. Allgemeine Chirurgie. 8. 298.
1. Narkose und Anästhesirung. 8. 298.
2. Untersuchungsmethoden. 8. 302.
3. Operations- und Verbandlehre. 8. 303.
4. Verletzungen. 8. 308.
5. Entzündungen und Infectionskrankbeiten. S. 309.
6. Geschwülste. 8. 313.
7. Instrumente und Apparate. 8. 316.
n. 8pecielle Chirurgie. 8. 317.
1. Krankheiten des Kopfes und Halses. 8. 317.
2. Krankheiten der Brust und Wirbelsäule. 8. 323.
3. Krankheiten des Unterleibes. 8. 326.
a. Magendarm kanal. 8. 326.
b. Leber, Gallenblase. 8. 337.
c. Milz. S. 338.
Inhalt. JX
d. Hamorgane. S. 340.
e. Geschlechtsorgane. S. 345.
4. Krankheiten der Extremitäten. S. 347.
IV.
OebnrtBhlllfe und Gynfikologie. Von Dr. A. Czempin, Frauenarzt in
Berlin. S. 859—403.
I. Geburtshülfe. S. 359.
1. Schwangerschaft, S. 359.
a. Allgemeines. S. 359.
b. Ex&auterinschwangerschafb. S. 861.
c. Operative Eingriffe während der Schwangerschaft S. 861.
2. Pathologie und Therapie der Geburt. S. 363.
a. Untersuchung der Gebärenden. S. 363.
b. Geburtscomplicationen. S. 865.
c. Geburtflhülfliche Operationslehre. S. 369.
1. Fehlerhafte Lagen. S. 369.
2. Zange. Künstliche Frühgeburt. Placenta praevia. S. 370.
3. Kaiserschnitt, Porro- Operation. S. 372.
4. Symphyseotomie. S. 373.
5. Eklampsie. S. 375.
3. Pathologie und Therapie des Wochenbettes, S. 378.
4. Krankheiten der Neugeborenen. S. 379.
II. Gynäkologie. S. 380.
1. Allgemeines. S. 380.
2. Specielles. S. 383.
a. Aeussere Genitalien und Scheide. S. 388.
b. Endometrium und üterusparenchym. S. 384.
c. Lageveränderungen des Uterus. S. 386.
d. Das Fibromyom des Uterus. S. 388.
e. Das Carcinom des Uterus. S. 392.
f. Erkrankungen der Ovarien. S. 394.
g. Chronisch eitrige Erkrankungen der Uterusadneza. S. 394.
h. Hamfisteln. S. 399.
i. Seltenere Neubildungen : Sarcoma deciduocellulare, Myoma
sarcomatosum, Dermoid cyste. S. 401.
V.
Anpenlieilkiinde. Von Prof. Dr. C. Horstmann in Berlin. S. 404—432.
1. Allgemeines, Heilmittel, Instrumente. S. 404.
2. Anatomie und Physiologie. S. 408.
3. Refractions- und Accommodationsanomalieen. S. 412.
4. Anomalieen der Muskeln und Nerven. S. 414.
5. Erkrankungen der Lider, des Thränenapparates, der Orbita
und Nebenhöhlen. S. 416.
6. Erkrankungen der Conjunctiva, Cornea und Sclera. S. 418.
7. Erkrankungen der Iris, des Ciliarkörpers, der Chorioidea
(einschl. sympathischer Ophthalmie) und des Glaskörpers.
S. 425.
8. Glaukom. S. 426.
9. Erkrankungen der Linse. S. 427.
10. Krankheiten der Netzhaut und des Sehnerven. S. 428.
1 1 . Augenerkrankungen im Zusammenhang mit sonstigen Körper-
krankheiten. S. 429.
X Inhalt.
VI.
OkreBkrankheiten. Von Dr. H. Eoch, Ohrenarzt in Braunschweig.
8. 433—464.
A. Anatomie und Physiologie. S. 433.
B. üntersuchungsmethoden. S. 435.
C. Krankheiten des äusseren Ohrs. S. 438.
D. Krankheiten des mittleren und inneren Ohrs. S. 439.
VII.
Krasklieiteii der Nase, des Nasenraehenrannis , des Mundes, des
Kehlkopfs und der Luftröhre. Von Dr. J. Michael in Hamburg.
S. 465—485.
1. Allgemeines. S. 465.
a. Neue Instrumente und Methoden. S. 465.
b. Arzneimittel. S. 467.
2. Krankheiten der Nase und ihrer Nebenhöhlen. S. 467.
a. Nase. S. 467.
b. Nebenhöhlen. S. 471.
3. Krankheiten des Mundes, des Rachens und des
Nasenrachenraums. S. 473.
4. Krankheiten des Kehlkopfs. S. 477.
5. Krankheiten der Luftröhre. S. 482.
Anhang. Krankheiten der Schilddrüse und Myxödem. S. 483.
VIII.
Hant« nnd renerische Krankheiten. Von Dr. Max Joseph in Berlin.
8. 486—520.
A. Hautkrankheiten. S. 486.
I. Anatomie und Physiologie. S. 486.
n. Pathologie und Therapie. S. 487.
1. Entzündliche Dermatosen. S. 487.
2. Circulationsstörungen der Haut. S. 492.
3. Progressive Ernährungsstörungen. S. 494.
4. Regressive Ernährungsstörungen. S. 498.
5. Neuritische Dermatosen. S. 499.
6. Parasitäre Dermatosen. S. 501.
7. Chronische Infectionskrankheiten der Haut. S. 502.
8. Therapie. S. 503.
B. Venerische Krankheiten. S. 506.
1. Gonorrhoe. S. 506.
2. Venerische Helkosen. S. 511.
3. Syphilis. S. 512.
a. Haut und Schleimhaut. S. 512.
b. Viscerallues. S. 515.
c. Hereditäre Lues. S. 517.
d. Therapie der Syphilis. S. 517.
IX.
Kinderkrankheiten. Von Privatdocent Dr. H. Neumann in Berlin.
S. 521—546.
A. Physiologie. S. 521.
B. Pathologie und Therapie. S. 525.
, I. Krankheiten der Neugeborenen. S. 525.
IL II. Allgemeine constitutionelle Krankheiten. S. 527.
Inhalt XI
1. Rachitis. S. 527.
2. Barlow'sche Krankheit. S. 528.
in. Chronische Infectionskrankheiten. S. 531.
1. Tuberculose. S. 531.
2. Syphilis. S. 532.
IV. Acute Infectionskrankheiten. S. 532.
Allgemeines. S. 532.
1. Diphtherie. S. 533.
2. Scharlach. S. 541.
3. Typhus. S. 541.
4. Keuchhusten. S. 541.
5. Parotitis epidemica. S. 542.
6. Blennorrhoe. S. 542.
7. Acuter Gelenkrheumatismus. S. 542.
V. Krankheiten der Circulationsorgane. S. 542.
VI. Krankheiten der Verdauungsorgane. S. 543.
VII. Krankheiten des Nervensystems. S. 546.
X.
Klimatologie und Balneologie (einschliessl. Hydrotherapie). Von
Dr. Felix Beetz in München. S. 547—564.
Allgemeines. S. 547.
Klimatologie. S. 549.
Balneologie. S. 555.
Hydrotherapie. S. 560.
XI.
ArEneimlttellelire und Toxikologie. Von Prof. W. F. Loebisch,
Directer des Üniversitäts-Laboratoriums für angewandte medicinische
Chemie in Innsbruck. S. 565 — 605.
Serumtherapie. S. 565.
Organotherapie (Schilddrüsen, Thymus, Nierenextra et, Neben-
nierenextract, Prostata). S. 567.
Arzneimittel. S. 574.
Kohlensäure. S. 574.
Kali chloricum. S. 575.
Jodsäure. S. 576.
Li^nosulfit. S. 577.
Sdpetrige Säure. S. 578.
Borsäure. S. 578.
Lithiumsalze. S. 579.
Kalk. S. 579.
Arsen. S. 580.
Kupfer. S. 580.
Eisen. S. 581.
Asa foetida. S. 583.
Atropin. S. 583.
Digitoxin. S. 584.
Ephedrin und Pseudoephedrin. S. 585.
Cytisinvergiftung. S. 586.
Schwammvergiftungen. S. 586.
Sah'genin. S. 587.
Papain. S. 588.
Cantharidin. S. 588.
Xn Inhalt.
Ürotropin (Hexamethylenietramin). S. 589.
Inhalationsanästhetica (Chloroform, Aether, Bromäthjl). S. 590.
Carbolsäure. S. 591.
Enterol. S. 592.
Creolin. 8. 598.
Natrium sozojodolicum. S. 594.
Jodoform und Ersatzmittel: Airol, Dermatol, Europhen,
Loretin, Nosophen. S. 595.
Salophen. S. 599.
Phenacetin. S. 600.
Lactophenin. S. 600.
Amygdophenin. S. 601.
Apolysin. S. 601.
Citrophen. 8. 602.
Ferripyrin. S. 603.
Argonin. S. 604.
Nikotianaseife. 8. 604.
XU.
Gerichtliche Medicin. Von Prof. Dr. Fr. Strassmann, Director der
Ünterrichtsanstalt fQr Staatearzneikonde in Berlin. 8. 606—620.
1. Zweifelhafte geschlechtliche Verhältnisse. 8. 606.
2. Vergiftungen. 8. 607.
3. Andere gewaltsame Todesarten; Leichenerscheinungen. 8. 612.
4. Zweifelhafte Geisteszustände. 8. 618.
Xill.
Oeifentliclies Gesundheitswesen. Von Regierungs- und Medicinalrath
Dr. Wernich in Berlin. 8. 621—660.
A. Gesundheitslehre und Gesundheitspflege. 8. 621.
1. Klima; Luft, 8onnenlicht; Haarbedeckung, Kleidung. 8. 621.
2. Hygiene des Wohnens; künstliche Erwärmung, Beleuchtung,
Lüftung. 8. 624.
3. Reinhaltung des Erdbodens in den Wohnplätzen und in ihrer
Umgebung. 8. 626.
4. Hygienische Wasserwirthschaft. 8. 628.
5. Nahrungsmittel-Hygiene und -Beaufsichtigung. 8. 630.
6. Hygiene des schulpflichtigen Alters. 8. 632.
7. Arbeiterhygiene. 8. 637.
8. Hygiene des Verkehrs, der Gefangnisse, der Krankenanstalten.
8. 641.
B. Bekämpfung der Infectionskrankheiten. 8. 644.
1. Allgemeine Maassuahmen. 8. 644.
2. Maassnahmen gegen einzelne Infectionskrankheiten. 8. 647.
a. Tuberculose. S. 647.
b. Diphtherie. 8. 649.
c. Blattern. S. 651.
d. Typhusgruppe. 8. 651.
e. Wochenbettfieber. 8. 652.
f. Einige sonstige einheimische Infectionskrankheiten. 8. 656.
g. Cholera. S. 657.
I.
Allgemeine Pathologie mid pathologisclie Anatomie
(einschliessl. Bacteriologie).
Von Prof. Dr. Hniro Rlbbert in Zürich.
I. Allgemeine Aetiologie, pflanzliche und thierische Parasiten,
infectionskrankheiten ^).
1. Allgemeines.
1. Morphologie der Bacterien.
Für die Morphologie der Bacterien sind die Untersuchungen
Bunge's (Fortschr. der Med. Nr. 26) über die Bildung der Sporen
von Interesse. Er fand, dass sie sich aus allmählich grösser werden-
den Körnern im Bacterienleibe bilden. Sie haben von vornherein
die bekannten Tinctionseigenschaften. Ihre Entstehung hat mit den
von Ernst beschriebenen sporogenen Körnern nichts gemein. Diese
können neben den in Entwickelung begriffenen Sporen vorhanden
sein. Verf. wendet sich auch gegen die Deutung, dass jene Körper
die ZeUkeme sein könnten. Er hält die Auffassung Bütschli^s,
dass die Bacterien hauptsächlich aus Kemsubstanz bestehen, für
die wahrscheinlichere. Ferrier (Archives de med. exper. Nr. 1)
suchte die Natur der bei so vielen Bacterien vorhandenen Cilien
festzustellen. Er kam zu dem Eesultat, dass sie aus Protoplasma
bestehen und ausgehen von einem die Bacterien (d. h. den Kern)
rings umgebenden, schmalen, hellen Protoplasmasaum. Demgemäss
können die Cilien wie die Fortsätze von Amöben eingezogen werden,
so dass sie je nach den äusseren Bedingungen bald fehlen, bald vor-
handen sein können.
Sporen-
bildung,
Bunge.
Cilien,
Ferner.
') Vgl« auch „Infectionskrankheiten", Abschnitt 11, 7.
Jahrbuch der practischen Medicin. I89ti.
1
Ribbert.
2. Verbreitung pathogener Bacterien.
Scheiden- Krönig (GentralbL f. Bacteriol. S. 409) hat aufs neue ünter-
^*^^"*"* suchungen über das Vorkommen von Keimen in der Scheide
Schwangerer angestellt und zwei Streptokokkenarten nachgewiesen,
die er aber als nicht pathogen bezeichnet und die sich durch anaerobes
Wachsthum auszeichnen. Er hatte sie bei seinen früheren Beob-
Döderlein. achtungen vermisst, während sie von Döderlein gefunden worden
waren. Dieser (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 10) hält an seinen
finiheren Anschauungen fest (s. dieses Jahrb. 1895), denen zufolge bei
Veränderungen des Vaginalsecretes, die er als pathologische bezeichnet
und die sich durch schwach alkalische oder neutrale Reaction aus-
zeichnen, pathogene Keime vorkommen können, während sie sonst
Bacterien rasch abgetödtet werden. — Schild (Zeitschr. f. Hygiene Bd. 19)
der Ne" studirte das Auftreten von Bacterien im Darm Neugeborener und
geborenen, fand, dass sie 10 — 17 Stunden nach der Geburt sowohl durch
Schfld. ^Qjj Mund wie durch den Anus hineingelangen. Auch bei steriler
Nahrung und vor Einnahme von Nahrung überhaupt können dem-
nach Bacterien im Darm gefunden werden. Verf. isoHrte unter
— im Darm diesen Bedingungen sieben Arten. — Dallemagne (Archives de m6d.
DaUema«ne "' ®^P^^' ^^- 2) cultivirte die Bacterien des Darmes von Leichen und
sah, dass die Flora zwar durch einzelne acute Krankheiten beeinflusst
wird, indem deren specifische Erreger überwiegen, dass aber bald
das Bacterium coli commune vorherrschend wird. — lieber das
Vorkommen von Staphylokokken, Streptokokken und Bac-
terium coli im Blut und über ihr Erscheinen im Harn machte
-imBlut Krauss (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 26) bemerkenswerthe Mit-
** Kranss'"' ^^ö^^^g®^- ^^ ^^^^ diese Mikroben auch bei Infectionskrankheiten
specifischer Art und warnt deshalb davor, aus ihrem Auftreten ätio-
logische Schlüsse zu ziehen. Ihr Vorhandensein beweist nur, dass
jene auf der normalen Körperinnenfläche vorkommenden Organismen
in das Blut gelangt sind und mit dem Harn ausgeschieden wurden.
3. Erbliche Uebertragung der Bacterien.
Den üebergang von Streptokokken durch die Placenta
Erbliche aufdenPötus der an Streptokokkendiphtherie verstorbenen Mutter
Ueber- beobachtete Ricker (Centralbl. für patholog. Anat. Nr. 2). Er fand
tragung von ^^ Kokken in Placenta und kindlicher Leber. In ersterer Hessen
Strepto-
kokken, sich keine deutlichen Veränderungen nachweisen. — Bar und R6non
Ricker. (Semaine med. Nr. 34) wiesen durch Experimente in zwei Eällen
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 3
Tuberkelbacillen im Nabelvenenblut der Kinder tuberculöser — von
Mütter nach. — Freund und Levy (Berl. klin. Wochenschr. S. 538) Tuberkel-
konnten in der Milz und dem Placentarblut eines fünfmonatlichen Bar u. Bönon.
Fötus, der von einer an Typhus erkrankten Mutter ausgestossen — von
wurde, Typhusbacillen nachweisen. bacilien
Freand u. Levy.
4. Aufnahme der Bacterien in den Körper.
lieber die Aufnahme von Bacterien in den Körper be-
richtete Schimmelbusch (Fortschr. der Med. Nr. 1 u. 2). Brachte Wund-
er Milzbrandbacillen und Streptokokken in frische Wunden, so g^j^^j^^j^j^^^'
vermochte eine sorgfältige Desinfection derselben die Thiere nicht
mehr zu retten. Die Mikroben wurden also sehr schnell aufgenommen.
Schimmelbusch und Ricker (ibid. Nr. 8 f.) verfolgten die Frage Aufnahme
genauer und stellten fest, dass Einbringen von Bacterien in «.^«ü.
o 7 o Bacterien
tiefe Gewebswunden von Thieren ein Auftreten derselben in durch
kürzester Zeit in den inneren Organen zur Folge hat. Eine locale Wunden,
T-w «A. . 1 .f in* T'T"-»«- -I 1 SonunnielbUBch
Desmfection ist aber nicht überflüssig, da ja die Menge der über- ^ ßicker.
tretenden Mikroben bedeutungsvoll sein kann. Die Versuche gelten
übrigens nur für ganz frische Wunden. — Achard und Phulpin Postmortale
(Archives de m6d. exp6rim. Nr. 1) untersuchten das postmortale Ein- ^^^ Darm
dringen der Bacterien vom Darm aus. In 24 von 34 Fällen konnten aus,
sie den Uebergang des Bacterium coli vor allem in die Leber sehr '^p^'f*. "*
schnell nach dem Tode nachweisen. — Beco (Annales de l'Institut intravitäie
Pasteur Nr. 3) wies bei vergifteten Thieren ein Uebertreten von Darm- Aufnahme
bacterien schon während des Lebens nach. . War der Uebertritt beim *^^ ®™
Darm,
Tode noch nicht erfolgt, so trat er nachher nur sehr langsam ein. Beco.
5. Mischinfection.
Eine Mischinfection von Trichinose und Milzbrand be-
schrieb Zörkendörfer (Zeitschr. f. Heilk., Bd. 15). Li vier Fällen Trichinose
fand er neben den Trichinen stäbchenförmige Organismen, diemorpho- jg-t ^ ^
logisch mit den Milzbrandbacillen übereinstimmten, in einem Falle zörkendöifer.
auch analoge, nur erheblich herabgesetzte Lebenseigenschaften auf-
wiesen, vor allem aber in dieser abgeschwächten Form geeignet waren,
Immunität gegen wirklichen Milzbrand hervorzurufen. Auch der
Sectionsbefund, der acuten Milztumor und flüssige BlutbeschaiFen-
heit aufwies, sprach fiir Milzbrand. — Roger (Semaine m6d. Nr. 27) Milzbrand
iniicirte bei Kaninchen und Meerschweinchen gleichzeitig Milzbrand- „ Jt.
. . . ^ ^ ProdigioBus,
bacillus und Prodigiosus. Bei den Kaninchen trat eine deutlich Roger,
krankheitsverlangsamende Wirkung für den Milzbrand hervor, ein-
4 Ribbert
zelne Thiere blieben am Leben, bei Meerschweinchen war gerade
das Umgekehrte der Pall. Man kann also nicht ohne weiteres von
Milzbrand Thier auf Thier, oder von Thier auf Mensch schliessen. — Beco
st^li^i (Centralbl. f. pathol. Anat. Nr. 16) cultivirte Milzbrand und
coccuB, Staphylococcus gemeinsam und fand nur eine leicht hemmende
Beco. Wirkimg des letzteren auf jenen. Im Mäusekörper wuchsen nicht
beide Organismen gleich stark. Blieb der eine im Wachsthum zurück,
so vermehrte sich der andere. Insbesondere entwickelte sich der
Milzbrand ungehindert, wenn der Staphylococcus nur locale Processe
verursachte.
6. Disposition, Immunität und Heilung.
Blair In Bestätigung früherer Versuche fand Fodor (Centralbl. f.
'^^*{^®^»°«"^ Bacteriol. Bd. 13, S. 231), dass eine künstliche Erhöhung der Al-
infectlon, kalescenz des Blutes durch Natriumcarbonat die Widerstands-
Fodor. kraft gegen Milzbrand steigert, femer, dass das Blut inficirter
Kaninchen deutlich alkalisch ist, wenn die Erkrankung gutartig ver-
Temperatur läuft, schwach alkalisch bei tödlichem Ausgang. — Zeehuisen
und (Archiv f. exper. Pathologie Bd. 85) prüfte bei Tauben den Ein-
Zeehuisen. ' ^^^s einer Temperaturverminderung gegenüber Morphin- und
Apomorphinver giftung. Abkühlung sowohl wie Erhitzung hatten
eine deutliche Einwirkung, beide modificirten das ELranheitsbild in
mannichfacher, hier im einzelnen nicht zu besprechender Weise. —
Organ- Pur die relative UnempfangUchkeit einzelner Organe suchte Henssen
immunität. (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17, Nr. 12) die Erklärung in der hemmenden
Wirkimg ihrer G e web s safte. Er cultivirte die Bacillen der Diph-
therie, der Cholera imd des Typhus auf frischem Saft gesunder
Nieren und beobachtete eine Verminderung ihres Wachsthums.
Das Kapitel der Immunisirung und Heilung durch Serum-
behandlung fand naturgemäss eine ausgedehnte Bearbeitung. Hier
können nur die wichtigeren Arbeiten angeführt werden, während
wegen aller Einzelheiten der beim Menschen zur Anwendung ge-
langten Serumbehandlung auf spätere Abschnitte verwiesen werden
Swine muss. — Silberschmidt (Annales de l'Institut Pasteur Nr. 2) machte
plagne, bog s^u^ej^ ^jj^j. ^^Swine plague, hog cholera et pneiunoent^rite desporcs".
Silberachmidt. Er führte diese drei Erkrankungen auf denselben Mikroorgamsmus
zurück, der nur quantitative Virulenzunterschiede zeigt. Man kann
Kaninchen durch sterilisirte Culturen für die Dauer mehrerer Monate
immunisiren. Das Serum dieser Thiere erweist sich ebenfalls brauch-
bar zur Immunisirung, jedoch ist der Schutz nur ein vorübergehender. —
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 5
Washburne (Jcumal of Pathol. and Bacteriol. Bd. 3, Nr. 2) fand, Pneumo-
dass man Meerschweinchen mit filtrirten Culturen von Pnenmo- ^^okken-
kokken immunisiren kann und dass das Serum solcher Thiere Washburne.
schützende Kraft besitzt. — Calmette (Annales de Tlnstitut Pastenr immunisi-
Nr. 4) stellte fest, dass man mit Schlangengift eine Veränderung ^""^ durch
des Serums hervorrufen kann, welche zu einer antitoxischen Eigen- g^ft,
Schaft desselben für einzelne Infectionen fuhrt, so dass man also Cahnette.
mit solchen Giften bis zu einem gewissen Grade Thiere gegen bac-
terielle Infectionen schützen kann. Jedoch tritt auf diese Weise im
allgemeinen keine so prägnante Wirkung ein, wie bei der specifischen
Immunisirung. Immerhin würde daraus, wie Verf. betont und wie
ja auch schon von anderen Seiten hervorgehoben wurde, folgen, dass
die Antitoxine nicht durch Vernichtung der Toxine wirken, sondern
so, dass sie den Körper beeinflussen und widerstandsfähig machen.
Die therapeutischen Maassnahmen gehen freilich stets von einer speci-
fischen Wirkung aus. — Mar morek (Annal. de Tlnstitut Pasteur Nr. 7) Erysipel-
berichtete über seine Methoden und Erfolge mit der Serumtherapie ^^^^^^
. . ^ ^ Marmorek,
des Erysipels. Er immunisirte Pferde durch Injection steigender
Menge von Streptokokkenculturen und erhielt nach Monaten bis zu einem
Jahre therapeutisch verwerthbares Serum. Mit Toxinen der Kokken
allein gelang es nicht, ein genügendes Serum zu erzielen. Zahlreiche
Versuche am Menschen schienen ihm die Wirksamkeit des Serums zu
ergeben. Wenn auch die Sterblichkeit nur von 5 auf 3,4 ®/o fiel, so
zeigten doch einzelne Eälle eine anfallende Besserung. Die Methode
bedarf aber noch der Vervollkommnung. — Gromakowsky (ibid.) Gromakowsky.
machte ImmunitätgegenErysipel durch intraperitoneale Inj ection
abgeschwächter Culturen bei Kaninchen und fand ihr Serum wirk-
sam für andere Kaninchen und für den Menschen. — Gegen Diph-
therie immunisirte Bardach (ibid. Nr. 1) Hunde durch steigende Diphtherie-
Dosen sehr virulenter Culturen. Sie rufen eine Angewöhnung der i^^^'iisi-
Zellen und Production eines Gegengiftes hervor, welches den übrigen Bardach.
Organismus widerstandsfähig macht. Das Serum immunisirter Thiere
verleiht anderen eine sofort eintretende Unempfanglichkeit. — Die
Serumtherapie bei Diphtherie fand im vergangenen Jahre
ausgedehnteste Anwendung. Ihre Resultate finden in anderen
Kapiteln eingehende Besprechung. Hier seien nur noch einige
Arbeiten allgemeinen Inhalts referirt. Johannessen (Deutsche Diphtherie-
med. Wochenschr. Nr. 51) verglich die Wirkungen von Diph- »erum und
, • • j normales
therieserum und gewöhnlichem Pferdeserum mit einander pferde-
und fand, dass nachtheilige Wirkungen bei beiden eintreten können. serum,
Die Erscheinungen bei der Diphtheriebehandlung sind also auf das ° an»©«»©»-
Ribbert.
Natorliche
Immunität,
WaBsennaim,
Oriowski,
Fischl n.
V. WanBcbheim.
Cholera-
serum,
Behring u.
RanBom,
Sobeniheim.
Serum bei
Milzbrand,
Marchooz.
Serum überhaupt zu beziehen, nicht auf seine specifischen Eigen-
Schäften. Man muss daher danach streben, die antitoxische Wir-
kung desselben so zu steigern, dass nur geringe Mengen erforderlich
sind. Das hat Behring mit Erfolg angestrebt. Von Interesse sind
femer mehrere Mittheüungen über schützende Eigenschaften
des Blutserums bei Individuen, die Diphtherie überstanden hatten,
und solchen, die niemals diphtheriekrank waren. Wassermann
(Zeitschr. f. Hygiene Bd. 19) beobachtete, dass unter 17 Kindern,
die niemals Diphtherie durchgemacht hatten, 11 ein stark antitoxisches
Serum lieferten, von 34 Erwachsenen thatendas Gleiche 28. Wasser-
mann betrachtet diese Eigenschaft des Serums als eine erworbene.
Orlowski (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 25) hatte ähnliche Re-
sultate. Die antitoxische Wirkung des Serums von Diphtherie-
reconvalescenten muss daher nur dann auf das Ueberstehen der
Krankheit bezogen werden, wenn sie nachher stärker ist als vor-
her. Escherich theilt im Anschluss an Orlowski's Arbeit einen
solchen Fall mit. Eischl und v. Wunsch he im (Zeitschr. f. Heilk.
Bd. 16) stellten nun fest, dass die antitoxische Wirkung des Serums
nicht erworben, sondern angeboren ist. Sie konnten sie in dem
der Nabelschnur entnommenen Blute Neugeborener dadurch leicht
nachweisen, dass das Serum Meerschweinchen gegen Diphtherie-
infection schützte. Es ist das um so interessanter, als nach der all-
gemeinen Annahme die natürliche Immunität kein schützendes Senun
liefern soll.
Neben der Immunisirung gegen Diphtherie und der Serum-
therapie derselben wurde auch die Cholera in Angriff genommen. —
Behring und Bansom (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 29) ge-
wannen aus Choleraculturen ein heftiges Gift, welches dieselben
Erscheinungen wie die lebenden Bacillen hervorruft, d. h. zunächst
eine bei starken Dosen rasch vorübergehende Temperatursteigerung,
dann Temperaturabfall. Mit diesem Gift gelang es, Meerschweinchen,
Hammel und Ziegen zu immimisiren. Das Serum dieser Thiere
neutraüsirte das Gift und vermochte Thiere gegen eine spätere In-
fection zu schützen. — Sobernheim (Hygien. Rundschau S. 146)
prüfte das Blut von Cholerakranken auf immunisirende Stoffe, indem
er das Seriun bei Meerschweinchen intraperitoneal injicirte und
24 Stunden später die Thiere inficirte. Es ergab sich eine in ihrer
Stärke schwankende schützende Eigenschaft des Serums. Heü-
versuche blieben erfolglos. — Ueber die Serumwirkung bei Milz-
brand arbeitete Marchoux (Annales de Tlnstitut Pasteur Nr. 11).
Er immunisirte Thiere durch steigende Dosen in Bouillon gezüchteter
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 7
Bacillen und prüfte ihr Serum. Es zeigte eine ausgesprochene Fähig-
keit, andere Thiere zu schützen, es hatte aber auch heilende Wirkimgen,
insofern Thiere am Leben erhalten werden konnten, die bereits drei
Tage vorher mit Milzbrand geimpft worden waren. Marchoux be-
zieht diese Heilung ebenso wie die Widerstcüidsfahigkeit immuner
Thiere auf eine Steigerung der Phagocytose.
Ueber die Bedeutung der Phagocytose berichtete Plana PhagocytoBe
(Annales de l'Institut Pasteur Nr. 4). Er sah bei einer Variation *»«iR*«8cl»-
des Bacillus Ghauveaui (Bauschbrand) ausgesprochene Aufiiahme der puna.
Bacterien in Zellen. Die eingeschlossenen Mikroben waren kleiner,
ohne Sporen und ohne farbbare Körper. — Mesnil (ibid. Nr. 5) prüfte Immunität
den Untergang von Milzbrandbacillen bei Fröschen und Fischen und ^^^x \^Y*"
fand, dass er durch Phagocytose zu Stande kommt. Bei Fröschen thiere,
ist dies auch noch der Fall, wenn sie bis auf 35® C. erwärmt werden. Mesnil.
Nach längerer Dauer dieser Temperatur werden aber die Leukocjrten
gelähmt, und dann wuchern die Bacillen. Bei der Phagocytose spielen
die Makrophagen der Leber eine grosse Rolle; — Besson (ibid. Nr. 3) Phagocytose
theilte mit, dass die polynucleären Leukocyten die eingeimpften Sporen viorion
^^ septiQne,
des Vibrion septique aufiiehmen und vernichten. — Dagegen be- Besson.
richteten Goldscheider und Müller (Fortschr. d. Med. Nr. 9), Extra-
dass sie nach intravenöser Iniection verschiedener Bacterien zwar ceil»»i*'e
Bacterien-
eme Ansammlung von Leukocjrten in den Capillaren verschiedener y er n ich tun g,
Organe eintreten sahen, dass aber die Bacterien nur zum kleineren Goldscheider u.
Theil von ihnen aufgenommen wurden, vielmehr extracellular zu ®''
Grunde gingen. — Metschnikoff (Annales de l'Institut Pasteur Metschnikoff.
Nr. 6) wiederholte die Versuche Pfeiffer's, der gefunden hatte,
dass intraperitoneal einverleibte Cholerabacillen extracellular zu
Grunde gingen, daraus einen Einwand gegen die Phagoc3^nlehre
abgeleitet und angenommen hatte, dass die Endothelen bactericide
Substanzen producirten. Metschnikoff sah die extracellulare Ver-
nichtung ebenfalls, aber auch ausserhalb des Körpers, also ohne dass
Endothelien oder lebende Leukocyten in Betracht kamen. Er be-
zieht die Erscheinung auf Zerfallsproducte absterbender Leukoc3^n.
Sie bildet aber keineswegs die Begel, vielmehr erfolgt der Unter-
gang der Bacillen meist durch Phagocytose. — Bordet (ibid.) Leukocyten
suchte zu eruiren, wie denn die antitoxischen Substanzen, also das «»d Serum-
Wirkung
Serum, die Immunität herbeiführen. Er. fand, dass sie die Leuko- Bordet. '
cyten durch Chemotaxis zu einem Angriff auf die Bacterien ver-
anlassen. Die Phagocytose wirkt durch die in den Zellen befind-
lichen bactericiden Stoffe, die auch aus ihnen frei werden und dann
extracellular wirken können. Mit dem Fortfall der antitoxischen
8 Ribbert.
Substanzen fällt auch die Stimulation der Leukocyten fort. — lieber
die günstige Bedeutung der Entzündung für den Verlauf von In-
Infection fectionen berichtete Cobbett (Journal of Bacteriology Bd. 3, H. 1).
und Er fand, dass die Streptokokkeninfection bei Kaninchen locale volle
Cobbett. * ^^^ aUgemeine geringere Immunität verleiht, auch wenn die Infection
in der Bauchhöhle vorgenommen wurde. Wird ein geheiltes Ohr
wieder von neuem inficirt, so entsteht sehr schnell Entzündung,
weniger schnell nach allgemeiner Immunisirung. Diese Entzündung
wirkt schützend, sie bringt die Infection rasch zur Heilung. Ueber
den Modus ihrer Wirkimg äussert sich Verf. nicht genauer.
2. Einzelne Infectionskrankheiten.
1. Septikämie, Pyämie und verwandte Erkrankungen.
Die Frage nach der Verschiedenheit oder IdentitätderStrepto-
strepto- kokkenvariationen prüfte Petruschky (Centralbl. f. Bacteriol.
C0 0CU8, -Q^ 27 ;^i.. 16) nach klinischen und bacteriologischen Gesichtspunkten.
Es kann Eiterung imd Erysipel zusammen auftreten und die Unter-
suchimg ergab, dass hier Streptokokken von gleicher Virulenz vor-
handen sind. Durch zahlreiche Beobachtungen kam so Petruschky
zu dem Resultat der Zusammengehörigkeit der Streptokokken ver-
schiedener Herkunft. Doch ist die Virulenz eine sehr verschiedene
und ausserdem abhängig von der Widerstandskraft des Kranken
De Cerenville, und dem Modus der Infection. — De Cerenville, Tavel, Eguet
Tavei, .^JJ^ Krumbein (Annales Suisses des sciences medicales Nr. 11)
Krumbein, beschrieben eine durch Streptokokken veranlasste Enteritis, femer
einen kapselhaltigen Streptococcus aus einem Abscess und hoben
drittens hervor, dass die Streptokokken verschiedenster Herkunft
keine durchgreifenden Unterschiede zeigen und dass die Trennung
in solche mit langen und solche mit kurzen Ketten nicht brauchbar
ist. — Petruschky (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 18) betonte ebenfalls,
dass Streptokokken ausser Eiterung auch Erysipel erzeugen
können und umgekehrt. Aus den verschiedensten Krankheitsprocessen
stammend machen sie am Kaninchenohr Erysipel, sofern sie nur
die geeignete Virulenz besitzen.
R ap Bei- Einen neuen Kapselbacillus fand C h i a r i (Prag. med. Wochen-
^*h*'lr** *5chrift Xr. 24 — 27) in einem Falle von Pyämie, die von einer Er-
krankung des Urogenitalapparates ausgegangen war. Der Bacillus,
dessen Kapselbüdung in den menschlichen Erkrankungsheerden
Allgemeine Pathologie, paÜiologische Anatomie, Bacteriologie. 9
hervortrat, war auch für MeerBchweinchen und besonders fiir Mäuse
pathogen.
Ueber die eiterungerzeugende Wirkung verschiedener Bac-
terien liegen mehrere Mittheilungen vor. Bujwid (Centralbl. f. Bac- Eiterung
teriol. Bd. 18, Nr. 14 u. 15) gewann bei einem an Gonorrhoe leidenden durch Gono-
Manne aus vier nach einer Katheterisirung entstandenen Abscessen Bujwid/
Reinculturen von Gonokokken. Auch Ho chmann (Deutsche med. Hochmann.
Wochenschr, Nr. 51) sah einen Gonokokkenabscess. — Küttner (Zeit- — durchun-
schrift f. Hyc. Bd. 19) züchtete aus dem Bauchdeckenabscess einer ^•t*™™*^®
.... . j Mikroben,
Frau einendemBacterium coli ähnlichenMikroorganismus, der Küttner,
sich von ihm aber durch verschiedene biologische Eigenthümlichkeiten
unterschied und subcutan verimpft bei Thieren Eiterung erzeugte. —
Garten (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 41) konnte aus multiplen Garten.
Abscessen des Kückens eiues jungen Mannes einen pleomorphen, in
Gestalt langer Päden, Kokkenreihen und einzelner Kokken auftretenden
Mikroben züchten. — Dmochowski imd Janowski (Ziegler's Bei- — durch
träge Bd. 17) stellten fest, dass der Typhusbacillus in allen thieri- Typhus-
schen Geweben Eiterung erzeugen kann, dass auch sterilisirte Dmochowski' u.
Culturen die gleiche Wirkung haben und dass die Abscesse oft erst Janowski,
nach vielen (20) Tagen entstehen. Posttyphöse Eiterungen sind
daher, wenn sie nur Typhusbacillen enthalten, nur aus ihrer Ein-
wirkung abzuleiten. Eine Mischinfection kann erst secimdär ent-
standen sein, wie andererseits allerdings auch zu andersartigen Eite-
rungen Tjrphusbacillen hinzutreten können. — Janowski (Centralbl. Janowski.
f. Bacteriol. Bd. 17, Nr. 22) cultivirte aus einer Parotitis puru-
lenta, die nach eruem abgelaufenen, nur aus unbedeutenden Residuen
in der Darmschleimhaut erschlossenen Typhus entstanden war, den
Typhusbacillus in B,eincultur.
Zeller und Arnold (Virchow's Archiv Bd. 139) berichteten über Gasbildung
einen Fall, in welchem sich an ein Gesichtserysipel multiple^®* ^'y*^P®^'
Abscessbildungen mit missfarbener, übelriechender Beschaffenheit Arnold,
und Gasentwickelung angeschlossen hatten, die im Verlauf von
IV« Jahren sich immer wiederholten. Neben Streptokokken fanden
sich verschiedene Bacillen. Die mikroskopische Untersuchung stellte
ausgedehnte, meist graue und grauschwarze, kömige und diffuse
Pigmentirung durch eisenhaltiges Pigment fest, dessen Färbung
offenbar durch Verbindung mit Schwefelwasserstoff bedingt war. — "" durch
Hintze (Münch. med. Wochenschr. Nr. 10) fand in einer Leber, ^^^^
deren Gallengänge viele Steine enthielten und entzündet waren, aus- Hintze.
10 Ribbert.
gedehnte Gasbildung. Durch Cultur gewann er das Bacterium
Putride coli. — Hitzig (Virchow's Archiv Bd. 141) züchtete aus dem Aus-
Bronchitis, ypxr£ bei putrider Bronchitis in zwei Fällen je einen Mikro-
Organismus, den er zu den Golibacillen rechnete und für den Er-
Bacterien reger der Erkrankung hielt. — Beco (Annales de l'Institut Pasteur
in der jjj. g\ prüfte das Vorhandensein von Bacterium coli in der
Leiche, '^
Beco, Milz und fand dasselbe llmal schon gleich nach dem Tode. Es
musste also schon während des Lebens dahin gelangt sein. Thier-
experimente ergaben ebenfalls, dass das Bacterium coli mit anderen
Arten schon vor dem Tode in den Körper eindringen kann. Aus
seiner Gegenwart darf demnach nicht zu viel für seine pathogene
Lachowicz. Bedeutung geschlossen werden. — Lachowicz (Arch. f. Augenheilk.
Bd. 30) fand bei Untersuchung des Conjunctivalsecretes in 31 ®/o
der Augen zahlreiche verschiedene, zum Theil pathogene Bacterien-
arten. Sie sind aber, wie Experimente ergaben, völlig indifferent
fiir die Augen und verschwinden, künstlich eingeführt, schnell aus
dem Gonjunctivalsack.
2. Tuberculose.
Pieo- Die von Coppen Jones (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17, Nr. 1)
morphismuB ^^^^ die Morphologie des Tuberkelbacillus angestellten Unter-
dOF
Tuberkel- suchungen haben in Ergänzung früherer Beobachtungen ergeben,
baeiiien, dass ausser den Stäbchen an der Oberfläche der Culturen auch nicht
°"^** septirte und verzweigte Fäden vorkommen. Sporen finden sich nicht,
sondern nur sporenähnliche Gebilde. Verf. sah auch kolbenförmige
Gebilde, die denen des Aktinomyces ähnlich waren, die aber nicht
als degenerative Eadenanschwellungen zu betrachten seien und noch
weiterer Aufklärung bedürfen. Immerhin stellen alle Befunde den
Bnms, Tuberkelbacillus dem Aktinomyces sehr nahe. — Auch Bruns (ibid.
Nr. 23) fand einen entsprechenden Pleomorphismus des Tuberkel-
hacillus in Culturen, die 5 — 6 Monate alt waren. Er stellte eben-
falls die Anwesenheit verzweigter Fäden fest und sah auch die
kolbenförmigen Endanschwellungen, die er für Involutionsformen
Labinski. hielt. — Lubinski (ibid. Nr. 4 u. 5) cultivirte den Bacillus auf sauren
Nährböden und constatirte, dass die Culturen sich aus langen Fäden
zusammensetzten, die keine Verzweigung und keine Kolben zeigten,
die aber häufig in Kurzstäbchen gegliedert waren. Verf. sieht auch
darin einen Pleomorphismus, dessen Charakter in diesem Fall
durch das Nährmedium bestimmt ist.
Leray (Archives de m6d. exp^rim. Nr. 5) verglich die patho-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. H
logisch-anatomischen Veränderungen des Kaninchenkörpers bei In- Geflügei-
fection mit menschlichen Tuberkelbacillen und mit denen der* ^''®'®'' ^***®»
Greflügeltuberculose. Er fand zahlreiche kleinere und grössere
Unterschiede, die er fiir charakteristisch hält. So sah er in der
Leber als Wirkung der Geflügelbacillen viel BiesenzeUen entstehen,
im anderen Falle wenig, dort keine, hier ausgesprochene Verkäsung;
in der Lunge riefen die menschlichen Bacillen zahlreiche Knötchen
aus epitheKoiden Zellen und Lymphocyten mit Erkrankung der
anstossenden Alveolen, die Geflügelbacillen spärliche Knötchen vor-
wiegend aus epithelioiden Zellen bei geringer Erkrankung der Nach-
baralveolen hervor.
V. Jaruntowski (Münch. med. Wochenschr. Nr. 18) berichtete Mund-
über einen Fall von Mundtuberculose, die, hinter dem Weisheitszahn ***^®'®?^^"®'
beginnend, auf den weichen Gaumen überging. Ihre Genese wurde
von dem cariösen Zahn abgeleitet, in welchem sehr zahlreiche
Tuberkelbacillen nachgewiesen wurden.
Jäckh (Virchow's Archiv Bd. 142) machte aufs neue Unter- Tnbercnlose
Buchungen über den Bacillengehalt der Geschlechtsorgane ^^^
durch Impfung bei Meerschweinchen und Kaninchen und fand, dass drüsen,
im Sperma Bacülen enthalten sein können. Er hatte dreimal in fünf Jäckh.
FäUen positives Resultat. Er schliesst aus anderen Gründen, dass
die Bacillen nicht vom Hoden herrühren, sondern aus der Samen-
blasenwand. Auch mit Hoden und Eierstock erhielt er einmal ein
positives Ergebniss. Er untersuchte auch die Jungen der Thiere,
die in jenen Experimenten tuberculös geworden waren, aber ohne
Erfolg.
Kossei (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 21) stellte ausgedehnte Unter- Tuberonlose
suchungen über das Vorkommen von Tuberculose bei Kin-^®^ Kindern,
KoBsel
dern an, und zwar zunächst an Leichen. Bis zu einem Jahre fand
er 6®/o, vom 1. — 10. Jahre 36®/o tuberculös. Durch Tuberculin-
impAing wies er Tuberculose in 40°/o der Fälle nach. Es ist der
Ansicht, dass die Tuberculose der ersten Lebensjahre fast aus-
nahmslos erworben wurde, und dringt daher auf geeignete Schutz-
maassregeln. — Honl (Acad. des sciences, Prag) beschrieb einen Honi.
Fall von Tuberculose bei einem 15tägigen Kinde. Die hochgradige
Erkrankung liess sich nur verstehen, wenn man ihre Entstehung
im intrauterinen Leben annahm.
12 Ribbert.
Tuberkel- ObermüUer (Hygien. Rundschau Nr. 19) prüfte die Markt-
bacillen jj^^ch auf ihren Gehalt an Tuberkelbacillen durch experi-
Marktmilch, mentelle Uebertragung auf Meerschweinchen. Unter 40 mit VoUmilch
Obennüller. geimpften Thieren gingen 3, unter 26 mit Bodensatz centrifagirter
Milch inficirten 10 an Tuberculose zu Gh'unde. Danach ist die In-
fectiosität der Marktmilch gross und eine Abwehr der Gefahr be-
sonders durch Untersuchung der Kühe dringend geboten.
Schwind- Bollinger (Münch. med. Abhandlungen Heft 59) machte Mit-
suchts- theilungen über die Schwindsuchtssterblichkeit in Städten
sterblich- ^
keit, a-i^ der Hand statistischen und pathologisch-anatomischen Materials.
Bollinger. Es ergab sich übereinstimmend eine Abnahme der Sterblichkeit, die
Bollinger auf die prophylactischen Maassregeln und auf die Assani-
rung der Städte bezieht. Er stellte dem gegenüber die aus statisti-
schen Angaben unzweifelhaft folgende ausserordentliche Zunahme
der Rindertuberculose fest, durch die natürlich eine erhöhte Gefahr
für den Menschen bedingt ist.
3. Typhus.
Ueber das Vorkommen der Typhusbacillen im Stuhle stellte
Typhus- Whatelet (Annales de Tlnstitut Pasteur Nr. 252) aufs neue Unter-
^* ft*^^ V." ^™ suchxingen an und bestätigte die Schwierigkeit ihres Nachweises.
Whatelet. Er fand sie unter 600 verdächtigen Culturen sicher nur zehnmal.
Sehr erschwerend ist die Verdrängung des Typhusbacillus durch das
rascher wachsende Bacterium coh. Die seltene Auffindung im Stuhle
lässt dem Verf. die schon früher gemachte Annahme wahrscheinlich
werden, dass der Typhusbacillus sich meist in Milz und Lymph-
drüsen ansiedele. — Zur Differenzirung j ener beiden B acterien-
Differential- arten machte Kotlar (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17) neue ünter-
diagnose guchungen. Er züchtete verschiedene Mikroben auf einem mit
zwischen ^
Typhas- und ^Aii^6assaft versetzten Nährboden und fand, dass dieser eine
Coli bacillen, hemmende Wirkung hat. Typhus- und Colibacillen wuchsen ganz
' verschieden, erstere bildeten fettig glänzende, dicksahnige, letztere
mattglänzende, trockene, faltige Häutchen. — Besser ist das von
Eisner, Eisner (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 21) angegebene Verfahren. Auf Jod-
kalium-Klartoffel-Gelatine wuchsen die meisten anderen Bacterien
nicht, gut dagegen das Bacterium coli und der Typhusbacillus. Aber
die Unterscheidung beider war dadurch leicht, dass der letztere
erheblich langsamer wuchs und kleinere Culturen bildete. Elsner
Brieger. empfiehlt die Methode für Typhusstühle. — Brieger (Deutsche med.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 13
Wochenschr. Nr. 50) schloss sich dieser Empfehlung an und betonte,
dass man die Bacillen nur, so lange das !Fieber besteht, regelmässig
findet. Damit ist jene Theorie der primären LocaHsation in der
Milzhinföllig. — Tlexner (Journal of Pathology Bd. 3) beobachtete
einenPall von septikämieähnlicher Erkrankung nach Typhus
und konnte in zahlreichen kleinen Abscessheerden der Nieren die
Tjrphusbacillen nachweisen. — Die Lebensdauer der Typhus-
bacillen im Wasser prüfte Frankland (Zeitschr. f. Hyg. Nr. 19).
Er fand, dass sie sich in gewöhnlichem Themsewasser 25, in sterili-
sirtem 75 Tage hielten. Der Grund ihres rascheren Untergangs in
jenem lag in der Anwesenheit schädlicher Bacterienproducte. In
sterilisirtem , an organischer Substanz armem Wasser gingen die
Bacillen rascher zu Grunde.
Typhus-
bacillen in
Absoessen,
Flexner.
Typhus-
bacillen im
Wasser,
Fiankiand.
4. Cholera.
Die grossen Schwierigkeiten der Gholeradiagnose haben sich auch
im vergangenen Jahre wieder aus mehreren Arbeiten ergeben.
R.Pfeiffer (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 19) ist allerdings der Meinung, Diagnose
ein sicheres diagnostisches Merkmal zur Unterscheidung der*®'^ Cholera,
Pfeiffer
echten Cholerabacillen von anderen ähnlichen gefunden zu haben. '
Es beruht auf der specifischen Immunisirung, der zufolge die gegen
den echten KommabaciUus geschützten Thiere Antikörper bilden,
welche nun wiederum die Wirkung der gleichen, nicht aber die aller
der anderen morphologisch und biologisch verwandten Arten auf-
zuheben vermögen. Durch das Impfexperiment würde demnach die
Unterscheidung stets möglich sein. — Bumpel (Berliner klin. Kumpel,
Wochenschr. Nr. 4) betonte dem gegenüber, dass nach seinen Beob-
achtungen an den Kommabacillen der Hamburger Epidemie eine solche
speci fische Immunität nicht zu erzielen resp. nicht sicher genug
sei, da die geschützten Thiere auch andere Arten, wenn auch weniger
gut vertrügen. Auch der Mangel an Phosphorescenz bei den echten
Bacillen träfe nicht immer zu. In zwei unzweifelhaften Culturen
trat nach einiger Zeit diese Erscheinimg ebenfalls auf. Dun bar Danbar,
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9) andererseits erhielt wieder die
gleichen Resultate wie Pfeiffer, also eine specifische Immuni-
sirung. Das Auftreten der Phosphorescenz in den RumpeTschen
Culturen sei allerdings auffallend, aber man dürfe aus diesen zwoi
Fällen nicht zu viel schliessen. — Sanarelli (Annales de l'Institut Sanarelli.
Pasteur Nr. 3) konnte aus dem Darmkanal von Meerschweinchen
zwölf Arten von Vibrionen isoliren, deren Unterscheidung von
14 Ribbert
einander und von dem echten Cholerabacillus nicht möglich war.
Auch die Angabe Ffeiffer's über die specifische Immunisirung
konnte er nicht bestätigen. Er fand, dass jene verschiedenen Bac-
terien wechselseitigen Schutz bedingten. Den Gholeratod bezieht er
nicht auf eine Vergi^jung, sondern auf Wasserverarmung des Blutes.
Diagnose — Andererseits kamen Del^pine, Sheridan und Bichmond
der Cholera, (Journal of Bacteriol. Bd. 3, H. 2) zu dem Resultat, dass bei An-
Sheridan' Wendung mehrerer verschiedener Proben die Diagnose
Eichmond, möglich sei und die Schwierigkeiten hauptsächlich daraus erwüchsen,
dass die Bacillen nach Pathogenität und Giftigkeit grosse Varietäten
darbieten, so dass auch solche Bacterien echte Kommabacillen sein
könnten, denen einzelne für charakteristisch gehaltene Eigenschafben
Graber. ganz fehlten. — Grub er (Münch. med. Wochenschr. Nr. 13 u. 14)
hat dagegen wiederum in einem zusammenfassenden Au&atz die dia-
gnostisch en Schwierigkeiten hervorgehoben und speciell auch
betont, dass dem von Pfeiffer für entscheidend gehaltenen Thier-
versuch diese Bedeutung nicht zukomme. Er kam zu dem Schluss,
dass wir zwar wissen, dass Kommabacülen die Krankheitserschei-
nungen hervorrufen, dass wir sie aber nicht mit Sicherheit als
bestimmte Arten diagnosticiren können, so dass wir nicht sagen
können, ob nur eine Art in Betracht kommt oder mehrere und ob
unsere einheimischen auch dazu gehören.
lieber die Lebensdauer der Kommabacillen in den
LebensdaaerFäcalien berichteten Abel und Claussen (Centralbl. f. Bacteriol.
der Komma- g^ ^fj jj^, ^\ g-^ fanden, dass die Vibrionen meist in den ersten
bacillen in ' r^ -, ,
Fäcaiien, 20 Tagen ZU Grunde gehen, dass eine längere Dauer zu den Aus-
Abel u. nahmen gehört. In manchen Stühlen waren sie bereits nach 1 bis
_ jjj * 3 Tagen verschwunden. — Ho eher (Centralbl. f. Bacteriol. S. 443)
Aqnarien, untersuchte, wie lange die Bacillen sich in Aquarien, also in Ver-
Hoeber. hältnissen, die den in der Natur gegebenen nahe kommen, lebend
erhalten. Er fand, dass kein wesentlicher Unterschied gegenüber
sonstigen Gewässern besteht.
Komma- Arens (Münch. med. Wochenschr. Nr. 44) suchte zu eruiren,
** f"^*i*" ""^^® ^® Kommabacillen sich bei der Concurrenz mit Eäulniss-
Arens. ' bacillen verhalten. Er fand, dass sie auch bei höheren, dem Bac-
terienwachsthum im allgemeinen günstigen Temperaturen den Fäul-
msspilzen nicht gewachsen sind und verwerthet dieses Resultat für
die Hamburger Epidemie, für dieHueppe angenommen hatte, dass
das unreine Trinkwasser und die damalige hohe Temperatur die Ver-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 15
mehrong der Kommabacillen begünstigt habe. Sie hatten im G-egen-
theil rasch absterben müssen. Verf. nimmt aber an, dass das
schlechte Wasser durch Einwirkung auf den Darm eine Disposition
auch fiir wenige etwa in ihn hineingelangende Bacillen geschaffen
habe.
Ueber das Verhalten der Kommabacillen im Hühnerei
liegen drei Arbeiten vor. Wilm (Hygien. Bundschau Bd. 23) stellte Komma-
zunächst fest, dass die Bacillen im Verlauf von 15—16 Stunden ^*.?*"®'' \°^
durch die Schale in das Ei eindringen können. In demselben leben wflm,
sie weiter und bilden nach einigen Tagen Schwefelwasserstoff. —
Dönitz (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 20) dagegen fand, dass die Bacillen Dönitz,
für sich allein im Ei keinen Schwefelwasserstoff erzeugen, sondern
dass dieser nur bei Verunreinigungen auftrat. — Zu wieder anderen
Resultaten kamen Abel und Dräer (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17, Abel u. Dräer.
Nr. 2 u. 3). Sie sahen, dass die Schwefelwasserstoffentwickelung
bald eintritt, bald nicht, auch wenn lediglich Kommabacillen vor-
handen waren. Gleichzeitig können freilich in beiden Fällen Ver-
unreinigungen vorhanden sein. Die Verschiedenheiten der Resultate
hängen entweder von den Cholerabacillen oder von den Eiern ab.
Ueber die Beziehungen der Virulenz zur Giftbildung
bei den Kommabacillen stellte v. Dungern (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 20) Giftbildung
Beobachtungen an und fand, dass die Giftigkeit zweier in ihrer ^V^ Komma-
Virulenz sehr verschiedener Culturen die gleiche war. v. Dongern,
Böse (Annales de Flnstitut Pasteur Nr. 6) prüfte Harn und Böse.
Blut von Cholerakranken auf ihre Giftigkeit und konnte mit
diesen Flüssigkeiten bei Thieren tödtKche Intoxicationen hervorrufen.
Er bezieht daher die V7irkung der Cholerabacillen auf die Resorption
von Gifben aus dem Darmkanal (im Gegensatz zuSanarelli, s. o.).
Kempner (Centralbl. f. Bact. Nr. 1) brachte den Cholerabacil- Cholera-
lus und das Bacterium coli commune in Culturen zusammen „°'^^. ****
... , . Bacterium
und sah, dass kein Antagonismus zwischen beiden vorhanden ist^ coli,
dass sie vielmehr gut neben einander wachsen. Im menschlichen Kempner.
Darm beruht daher das Verschwinden des Bacterium coli nur auf
der Veränderung des Nährbodens. — Levy und Thomas (Arch. f. Cholera-
exper. Pathol. S. 109) injicirten dieselben Bacterien arten gemeinsam ^pjot^^g*^
bei Thieren und sahen dadurch keine Aenderung in den Infections- Levy u.
bedingungen des Kommabacillus. Durch den Proteus wurde dagegen Thomas,
die Disposition für denselben wesentlich erhöht.
16 Ribbert.
5. Diphtherie.
Die Frage nach der ätiologischen Bedeutung des Diph-
theriebacillus wurde auch im vergangenen Jahre wieder dis-
Aetio- cutirt. Hansemann (Virchow's Archiv Bd. 139) bestritt sie aus
logische verschiedenen Gründen, unter anderem wegen der mangelnden Constanz
des der Stäbchen, ihres Vorkommens in der Mundhöhle Gesunder, der
Diphtherie- ungenügenden Ergebnisse des Thierexperimentes u. s. w. Diesen
HMwmi^' Ausführungen trat C.Fraenkel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 1 )
c. Fraenkel, ausführlich entgegen : Der inconstante Befind der Stäbchen bei
Diphtheriekranken beruht in erster Linie auf Mängeln des Nach-
weiseverfahrens. Es gibt aber auch Diphtherie ohne Bacillen ; solche
FäUe müssen von der Stäbchendiphtherie getrennt werden. Das Vor-
kommen bei Gesunden erklärt sich aus der mangelnden Diaposition.
Die Thierversuche sind weit günstiger als Hansemann annahm.
Wenn dieser die Serumtherapie verwirft, so muss doch darauf hin-
gewiesen werden, dass diese auch ohne Rücksicht auf die Specificität
des Diphtheriebacillus fortgesetzt werden muss, da sie im Labora-
toriumsversuch sich bewährt hat.
Deucher, Deucher (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 16) be-
richtete über klinische Untersuchung von 160 Diphtherie-
kranken. Er fand die Bacillen in 80*^/o, die Fälle von punkt-
förmiger Diphtherie, von Angina lacunaris, catarrhalis imd die
Streptokokkendiphtherie mit eingerechnet. Er betonte, dass die echte
klinische Diphtherie durch die Löffler'schen Stäbchen verursacht
werde und dass seinen Erfahrungen nach die Complication mit Strepto-
kokken nicht die meist angenommene ungünstige Bedeutung habe. —
Siiberschmidt. Silberschmidt (Münch. med. Wochenschr. Nr. 9) wies in 125 Fällen
31mal die Löffler'schen Bacillen nach, die nur einmal aus-
schliesslich vorhanden, in den anderen Beobachtungen vor allem mit
Streptokokken vergesellschaftet waren. Nach Behandlung mit
Serum schwanden die Bacillen nicht sofort, sondern konnten noch
am 31. Tage virulent nachgewiesen werden. Die Patienten sollten
daher nicht vor Verschwinden der Bacillen entlassen werden. —
Diphtherie- Auch Schäfer (Brit. medical joum., 12. Januar) fand die Bacillen
^*^ii'i*" noch lange nach der Heilung, ebenso Wolff (Zeitschr. f. Hyg.
Heilung, ^^- 19), der sie besonders in den Nebenhöhlen der Nase nachwies
Schäfer, (einmal noch 121 Tage später) und auf die Lifectionsgefahr durch
_t \ das Nasensecret aufmerksam machte. — Aas er (Deutsche med.
Oesnnden, Wochenschr. Nr. 22) fand bei Diphtherieepidemieen die Bacillen auch
Aaser. \^q{ Individuen (Soldaten und Kindern), die bis dahin ganz
AllgeiueiDe Pathologie, pathologische Anatomie. Bakteriologie. 17
gesund waren und es zam grossea Theil auch blieben, während
andere »päter erkrankten. Einmal sah er auch, dass ein solches
verschont gebliebenes Kind die Diphtherie auf seine Geschwister
übertrug,
Ueber das Vorkommen der Bacillen in Hautwunden
berichteten Schottmüller (ibid. Nr. 17), der sie in eioer bösartig Diphtharie-
aussehenden Wunde der Inguinalfalte bei einem Kinde nachwiee, ^t, ^° "
dessen Schwester kurz vorher an Rachendiphtherie gestorben war wanden,
und welches die Bacillen auch im Rachen beherbergte; femer Zaufal SohottmHller,
(Prager med. Wochenschr. Nr. 10), der die Bacillen in einer Finger-
wunde eines an Diphtherie gestorbenen Kindes culturell und mikro-
skopisch auffand.
Was die Biologie der Diphtheriebacillen angeht, so
stellte Abel (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17, Nr. 16) fest, dass sie Diphtherie-
sich in Winterkälte mehrere Monate lang Im Freien halten können, Jl."''"""*"
jedoch ist ein schädigender EinHuss der Art bemerkbar, dass sie ^^1,^1,
in dünner Schicht etwa in zwei Monaten absterben und wohl nie-
mals einen ganzen Winter aushalten würden. — Demetriades —in
(Archives de m6d. expör. Nr. &) stellte fest, dass die Diphtherie- p^*^^'
bacillen in sterilisirtem Wasser nach Verlauf einer grösseren
Reihe von Tagen absterben, in destillirtem Wasser rascher als in
Quellwasser, dass auch die noch lebenden sehr schnell eine Einbusse
an Virulenz erfahren , dass sie diese aber in geeigneten Nährböden
rasch wieder gewinnen.
Die anatomischen Veränderungen der verschiedenen
Organe bei Diphtherie untersuchte Katzenstein (Münch. Organe bei
med. Abhandl. H. 62). Er fand im Herzen, in der Leber und Niere Diphth«';!«,
Kstzanstein,
neben weniger wichtigen Abnormitäten trübe Schwellung und fettige
Degeneration, also Veränderungen, die auch bei anderen Infectionen
entstehen und auch schon früher beschrieben worden sind. Die
Serumbehandlung hatte auf die Organbefunde keinen Einilusa, weder
einen ungünstigen, noch einen günstigen. — v. Kahlden (Centralbl. Organe bei
f. path. Anat. Bd. 6, S. 122) experimentirte über die Wirkung des "*P,"^^.*"'
Serums auf gesunde Thiere und stellte fest, dass es auch in injection,
weit grösseren Dosen, als sie beim J1i'iisi1ip:ii aiiHOweiiiiet wenieii, '■ Ko.1jW^ii,
keine Erkrankung bedingt, insbesondiir ini
Lemoine (Annales de l'Institut P^i^toiu' Nr. 12) u
grosse Reihe nicht diphtheritischer AiigtLien i
Streptococcus. Da er aber auch aln allei
typischer pseudomembranöser Angina gefunden viir
der echten Diphtherie auch eine Stroptokokl
JtÜDbach der practiaohen HedJein. IBSS.
18
Ribbert.
Strepto-
kokken-
diphtherie,
Ricker.
scheiden. Verf. hofft von dem Streptokokkenserum günstigen Einfluss
auf solche Fälle. — Ricker (Centralbl. f. pathol. Anat. Nr. 2) unter-
suchte einen Pall ausgesprochenster weitverbreiteter Diphtherie bei
einer Erwachsenen, ohne irgendwo Diphtheriebacillen finden zu können.
Dagegen wies er ausserordentlich zahlreiche Streptokokken nach;
er betont daher die grosse Bedeutung und das häufige Vorkommen
dieses Mikroorganismus bei Diphtherie.
6. Influenza.
Eine ausfuhrliche Auseinandersetzung über die anatomischen
Patho- Veränderungen bei Influenza lieferte Kuskow (Virch. Arch.
logische ß^ ji^gm jjj. theilte die anatomischen Befunde in hämorrhagische
Anatomie , , ...
der ^^d pyämische. Charakteristisch erschien ihm die massig vergrösserte
Influenza, oder nicht vergrösserte, weiche Milz mit schmutzig violetter Pulpa,
US ow. Extravasaten und Nekrosen, albuminöse Trübung von Herz, Leber,
Nieren, Hyperämie der B.espirationsschleiinhäute imd der Lungen
mit Hämorrhagieen, Thrombenbildung u. s. w.
Gehirn- Nauwerck (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 2B) berichtete
erkrankung^^^j. zwei Fälle von Erkrankung des Gehirns bei Influenza.
bei . °
Influenza, In dem einen handelte es sich um multiple Erweichungsheerde , in
Nanwerck, ^em anderen um einen hämorrhagischen Heerd. In dem zweiten
konnten durch Cultur und mikroskopische Untersuchung Influenza-
baciUen nachgewiesen werden, so dass man diese Gehimerkrankungen
nicht mehr als durch Toxine bedingt ansehen darf. Verf. fragt, ob
nicht auch eine Influenzaencephalitis möglich sein würde, ohne dass
an der Eintrittspforte eine Organveränderung entstände. Er hält
seine Befunde für besonders wichtig, weil der erste Beobachter
Pfuhl. Pfuhl unter ungünstigen Verhältnissen gearbeitet hatte und seine
Befunde daher nicht nach allen Richtungen gesichert seien. Pfuhl
(ibid. Nr. 29) selbst aber betont, dass seine früheren Resultate
durchaus unzweifelhaft gewesen seien.
7. Tetanus.
Den Einfluss des Sonnenlichtes auf die Tetanus-
Einfluss desbacillen prüfte Wesbrook (Journal of Pathology Bd. 3). Erfand,
dass die Bacillen unter ihm rasch absterben, dass aber die Anwesen-
heit des SauerstoflPs dabei erforderlich ist. Vor der endgültigen Ver-
nichtung der Bacülen durch das Licht erfolgt eine Aufhebung ihrer
Pathogenität, während die Sporen noch lebensfähig sind und in ge-
eigneter Weise cultivirt ihre Virulenz wiedererlangen. — Ausgedehnte
Sonnen-
liohtes auf
Tetanns-
bacillen,
Wesbrook.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 19
Studien über Tetanus machte Babes (Annales de Bukarest). Ueber Virulenz der
66® C. erwärmte Bacillen verlieren ihre Virulenz, erlangen sie aber Tetanus-
. . bacillen,
bei Weiterzüchtung wieder. Sie wachsen im Körper nur an der Babes.
Infectionsstelle und wirken durch ein Gift. Mit Theilen der ver-
schiedensten inneren Organe inficirter Thiere lässt sich bei anderen
kein Tetanus hervorrufen. Jodlösung ist zuweilen geeignet, Tetanus
bei Hunden zu heilen. Das Serum solcher Thiere hat immunisirende
Eigenschaften. Auch mit dem Tetanustoxin, welches mit Jod be-
handelt wurde, kann man Immunität erzielen. Das Serum der natür-
lich immunen Hühner hat in grossen Mengen eingeführt schützende
Kraft.
Ueber die Aetiologie des rheumatischen Tetanus be-
richteten Carbone und Perrero (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 18, Nr. 7).
Sie fanden bei einem an ihm zu Grunde gegangenen Manne starken
Bronchialkatarrh. Mit dem Secret versuchten sie bei Mäusen Tetanus
hervorzurufen. Die Culturen ergaben einen anaerobiotisch sehr lang-
sam wachsenden Bacülus. Bei Luftzutritt wuchs er lebhafter. Die
Virulenz des Bacillus ist unter der letzteren Bedingung geringer imd
Verff. denken daran, ob nicht dieser Umstand die verhältnissmässige
Gutartigkeit des rheumatischen Tetanus erklären könne. — Auch
Kamen (ibid. Nr. 17 u. 18) untersuchte einen solchen Fall. Ihm
fiel bei der Section nur eine Kothstauung im Dickdarm auf. Er
glaubte hier die Infectionsstelle finden zu sollen, aber Infection und
Cultur gelang nicht. Es bleibt daher fraglich, ob von den im Darm
mikroskopisch nachgewiesenen Köpfchenbacterien die Erkrankung
ausgegangen war.
Bheuma-
tisoher
Tetanus,
Carbone u.
PeiTero,
Kamen.
Jaeger,
8. Cerebrospinalmeningitia.
Jaeger (Zeitschr. f Hyg. Bd. 19) war in der Lage, 10 Fälle Dipiococcus
von Meningitis anatomisch imtersuchen zu können. Er fand in dem .f ,'"**.
^ . cellularis
bald spärlichen, bald reichlichen Exsudat innerhalb der Zellen emen bei
Dipiococcus, der mit dem Fraenkel'schen Aehnüchkeit hat, aber Meningitis,
sich durch verschiedene Merkmale so unterscheidet, dass er, wie es
auch schon Weich sei bäum gethan hat, als eine besondere Species,
Dipiococcus intracellularis, angesehen werden darf. Er
bildet in Culturen kürzere oder längere Ketten. Verf. hält ihn für
den Erreger der Cerebrospinalmeningitis. Der Dipiococcus Fraenkel
kann gleichzeitig vorhanden sein. — Scherer (Centralbl. f. Bacteriol.
Bd. 17) fand den Dipiococcus intracellularis ebenfalls, und
zwar in 18 Fällen regelmässig. Er liegt in den Zellen so, dass die
Scherer.
20
Ribbert.
Bilder Aehnlichkeit mit denen der Gonorrhoe gewinnen, bei welcher
ja die Kokken die gleiche Lagerung aufweisen. Sc her er meint,
dass die Infection von der Nase aus erfolge und dass weisse Blut-
körper die Träger des Virus seien.
Fieberhafter
Icterus,
Banti,
Jaeger,
Banti.
9. Infectiöser Icterus.
Banti (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) fand in einem Fall
von leichtem fieberhaften Icterus in dem durch Function ge-
wonnenen Milzblute eine bestimmte Bacterienart , ein kleines, in
Scheinfäden auftretendes Stäbchen, welches pathogene Eigenschaften
hatte, sich aber mit keinem bekannten Mikroorganismus identificiren
liess. Banti hält das Bacterium daher für eine besondere Species und
nennt es Bacillus icterogenes capsulatus. Dem gegenüber
meinte Jaeger (ibid. Nr. 40), dass das Stäbchen vielleicht mit einer
Proteusart identisch sei, welche er als Erreger des fieberhaften
Icterus angesprochen hatte. Aber Banti (ibid. Nr. 44) bleibt bei
seiner Auffassung stehen, zumal in seinem Falle nicht dieWeil'sche
Krankheit, sondern ein leichter Icterus vorgelegen habe.
10. Gelenkrheumatismus.
Kokkenim Singer (Wien. kUn. Wochenschr. Nr. 25) imtersuchte bei
Harn bei j^y Fällen von acutem Gelenkrheumatismus den Harn und fand in
Oelenk-
rhenmatis- ihm regelmässig Bacterien, zehnmal Staphylococcus albus und in
™^8, den anderen Fällen Staphylococcus aureus und Streptokokken. Er
bringt diese Befunde mit der Aetiologie der GelenkafFection in Zu-
sammenhang. — Dem gegenüber machte Chvostek (Wiener klin.
Wochenschr. Nr. 40) auf die Fehlerquellen der Untersuchungen
Singer's auftaerksam und verwies auch auf die oben (S. 2) referirte
Arbeit von Kr aus s, der dem Befund von Bacterien im Harn keine
Beweiskraft beilegte. Er selbst hatte in 10 Fällen bei Untersuchung
des Gelenkinhaltes ein völlig negatives Resultat und meint daher,
dass die Gelenkerkrankung durch Toxine verursacht werde, welche
in die Gelenkhöhlen ausgeschieden würden.
Singer.
Uelenk-
inhalt,
Chvostek.
Soor,
Heller.
11. Sprosspilze.
Ueber den Soor machte Heller (Deutsches Arch. f. klin. Med.
Bd. 5B) neue Mittheilungen. Er beobachtete in 17 Fällen ein Ein-
dringen der Fäden in das Bindegewebe und 12mal ein Einwachsen
in die Blutgefässe, in denen sie oft Thrombosen hervorrufen. Von
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 21
hier aus können sie metastatisch verschleppt werden. Es scheint,
dass der Soor für sich allein Epithelnekrose hervorruft, ob er aber
auch allein für sich oder nur mit Eitermikroben Abscesse erzeugt,
ist noch unentschieden.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich femer mit pathogenen
Sprosspilzen (Blastomyceten). Busse (Virch. Arch. Bd. 140) hatte Pathogen er
in einem tumorähnlichen Granulationsprocess des Unterschenkels Sprosspilz,
Busse
Hefepilze aufgefunden, deren Züchtung ihm gelang. Die Patientin
ging nach längerer Zeit an multiplen Abscessen zu Grunde, in denen
die Pilze gleichfalls gefunden wiu'den. Thierversuche bestätigten die
pathogene Eigenschaft des Mikroorganismus. Es fehlt- aber der Be-
weis, dass er der alleinige Erreger der menschlichen Erkrankung
war. — Maffucci und Sirleo (Centralbl. f. pathol. Anat. Nr. 8) Maflhicci u.
fanden bei Meerschweinchen einen pathogenen Blastomyceten, der Sirleo,
geschwulstähnliche Granulationsneubildungen hervorrief, in den Zellen
und ausserhalb lag und bis zu den nächsten Lymphdrüsen gelangte. —
Sanfelice (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 21) züchtete ebenfalls eine pathogene Sanfelice,
Blastomycetenform. Bei Meerschweinchen erzeugte sie tumorähnliche
Entzündungsheerde, die Sanfelice ohne weiteres Geschwülste nennt.
Er ist der Meinung, dass damit die Carcinomparasiten überein-
stimmten, die bisher fälschlich für Sporozoen gehalten worden seien. —
Rabinowitsch (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 21) konnte sieben Hefearten Rabinowitsch.
verschiedener Herkunft cultiviren, die für Thiere pathogen waren. Sie
vermehrten sich in den Organen und liessen sich in Ausstrichpräparaten
leicht von den Gewebszellen unterscheiden. Ihre Wucherung hatte
aber niemals die Bildung von Tumoren zur Folge.
12. Schimm'elpilze.
In der wallnussgrossen Höhle der Lungenspitze einer an Bronchi-
ektasie leidenden Frau fand Podack (Virchow's Arch. Bd. 139) Aspergillus
mehrere Pfropfe, die sich aus einem Geflecht von Mycelfäden und Lunge
bräunlichen Fruchtkörpern zusammensetzten. Die Züchtung ergab Podack.
Aspergillus fumigatus. Die in jener Höhle bestehende, in den
übrigen fehlende Ulceration möchte Verf. als die Wirkung des Pilzes
betrachten. — Hollborn (Centralbl, f. Bacteriol. Bd. 18) glaubte die Area Celsi,
Ursache der Area Celsi in einem Fadenpilze finden zu sollen, dessen 'lo^oo™-
Züchtung ihm gelang und der mit dem Trichophyton des Herpes
tonsurans Aehnlichkeit hat. Er nennt ihn Trichophyton radens.
22
Ribbert.
13. Malaria.
Tropische Von der Scheer (Virchow's Arch. Bd. 139) unterschied bei
Malaria, Untersuchungen über die tropische Malaria zwischen grossen
von der Scheer. t ? . ■• ^ii • t .t
Flasmodien der tertianen und quartanen und kleinen der quotidianen
Formen. Er hält die letzteren für die malignen, beide Formen aber
Beri-Beri, für gut unterscheidbare Species. — Glogner (ibid. Bd. 14) konnte
aiogner. ^ vielen FäUen von Beri-Beri im Milzblut pigmentirte Gebilde
nachweisen, die mit den Malariaplasmodien grosse Aehnlichkeit haben,
sich aber doch in bestimmter Weise, durch frühzeitige und charakte-
ristische Pigmentirung und extraglobäre Lagerung, von ihnen unter-
scheiden. In mehreren Fällen fand er auch Malariaplasmodien. Jene
Gebilde hält er für die Ursache der Beri-Beri.
14. Protozoen.
Gasser,
Ueber die Aetiologie der Dysenterie und der mit ihr ver-
Amöben bei bundenen Leberabscesse liegen mehrere Mittheilungen vor. Celli
c^m r^oc'^ und Fiocca (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 17, Nr.9 u. 10) haben 62 Fälle
tropischer Dysenterie untersucht und bei ihnen nur zum Theil
Amöben gefunden. Ihr Vorkommen erklärt sich aus ihrer grossen
Verbreitung. Sie kommen, wenn auch weniger häufig, im Darm von
Gesunden vor. Durch Dysenteriestuhl kann man bei Katzen amöben-
freie Dysenterie erzeugen. Aetiologisch bedeutsam ist vielleicht das
Bacterium coli in einer Varietät. — Auch G a s s e r (Archives de
m6d. exper. Nr. 2) studirte 153 FäUe und beobachtete nur in der
Hälfte Amöben. Er fand sie häufig auch bei Gesunden. Bei Katzen
vermochte er dysenterieähnliche Processe durch Injectionen von
sterilem Sand in das Rectum hervorzurufen. — Leahy (Lancet, April)
imd Curnow (ibid., Mai) andererseits constatirten in je einem Falle
in einem Leberabscess grosse Mengen lebender Amöben, während
Zancarol (Progr^s medic. Nr. 24) wiederum sich gegen die Amöben
aussprach und Streptokokken als die Erreger betrachtete. — Auch
Babes (Annales de Bukarest) stellte fest, dass in den von ihm
untersuchten, der tropischen Dysenterie sehr ähnlichen Fällen von
Enterohepatitis suppurativa die Amöben sehr häufig fehlten, und zwar
im Darm sowohl wie in den Leberabscessen. In mehreren Fällen
fand er einen bestimmt chrakterisirten stäbchenförmigen Organismus.
Er sprach sich gegen die Amöben aus und für die Bedeutung jener
Stäbchen in vielen Fällen.
Leahy u.
Camow,
Zancarol,
Babes.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 23
Podwyssozki (Bibliotheca med. D. H. 4) suchte die Ent- Cocoidium,
wickelungsgeschichte des Coccidium ovi forme und sein Ver- Podwyssozki.
halten als Zellschmarotzer genauer festzustellen. Er beschrieb be-
sonders genau die Sporulation und betont die Aehnlichkeit der dabei
von ihm gesehenen Gebilde (Sporozoiten) mit den Dingen, die man
in Carcinomen als Parasiten beschrieben hat und die Verf. eben
auch als solche anspricht (s. unter Neubildung).
Ad. Schmidt (Münch. med. Wochenschr. Nr. 51) gelang es, im Tricho-
Auswurf dreier Patienten (mit Keklkopfcarcinom, Lungengangrän, j^^V^^\.
Bronchiektasie) Trichomonaden nachzuweisen.
Pick (Berl. med. Wochenschr. Nr. 22) wandte sich gegen eine Amöben bei
Mittheilung Doria's, der zufolge die Endometritis glandularis durch J* .f.'
Amöben veranlasst sein sollte. Er wies nach, dass die fraglichen piok.
Amöben degenerirte Epithelien sind.
II. Allgemeine Pathologie.
1. Fieber.
Krehl (Arch. f. experim. Pathol. Bd. 35) stellte zahlreiche Ex- Fieber-
perimente über die fiebererzeugende Wirkung verschiedenster «^^«««ang,
Substanzen (Bacterien und ihre Gifte, die in Form der abge-
tödteten Culturen angewandt wurden, Eiweisskörper, Enzyme, Bouil-
lon, Leucin, Harnstoff u. s. w.) bei verschiedenen Thierarten an.
Bei Vögeln und beim Igel konnte überhaupt kein Fieber hervor-
gerufen werden. Die anderen Thiere reagirten derselben Substanz
gegenüber in sehr wechselnder Weise. Eine bestimmte Anschauung
über den Charakter der in den EiweisskÖrpem temperatursteigemd
wirkenden Substanzen wurde nicht gewonnen. Bemerkenswerth war,
dass im allgemeinen die bereits zu Versuchen benutzten Thiere
leichter reagirten als frische. — Werhovsky (Ziegler's Beitr. Bd. 18) 0 r g an-
machte Untersuchungen über die Wirkung erhöhter Eigen- ®V*5*1J^"^
wärme auf den Organismus. Die höhere Temperatur wurde durch werhovsky.
Aufenthalt der Versuchsthiere im Wärmekasten hervorgerufen. Sie
bewirkte als wichtigste Erscheinungen Siderosis der Milz, Hämo-
globinverlust des Blutes, Kemverlust der Nierenepithelien, Verfettung
der Leber-, Herz- und Nierenzellen. Verf. meint, wegen dieser
Folgezustande könne das Fieber keine zweckmässige Erscheinung
sein. Er hebt aber femer hervor, dass er die Veränderungen der
24
Ribbert.
Gewebe bei Infectionskrankheiten nicht auf das Fieber allein be-
ziehen will, sondern dass hier auch die bacteriellen Gifte in Betracht
kommen.
2. Blat, Thrombose, Embolle.
Kotfae Blut- Hamburger (Virch. Archiv Bd. 141, S. 230) machte auf die
kdrperehen, ausserordentlich leicht eintretende Formveränderung der rothen
Blutkörperchen aufmerksam. Auch in der sog. physiologischen
Kochsalzlösung verlieren sie ihre biconcave Gestalt und werden rund.
Weisse Bla^ Doch kann eine Rückkehr in die normale Form eintreten. — Botkin
körperchen, ({bj^) gtudirte die Art des extravasculären Unterganges der
weissen Blutkörperchen und fand, dass derselbe nicht in einem
plötzlichen Tode besteht, sondern langsam und unter verschieden-
artigen Veränderungen des Zellkörpers erfolgt. Verf. vergleicht die
Befunde mit den Zerfallsprocessen im lebenden Blut und findet eine
weitgehende Uebereinstimmung. — Zenoni (Ziegler's Beitr. Bd. 16)
entzog dem Blut durch Defibrination seine weissen Blutkörper und
studirte das Wiederauftreten derselben an dem wieder in den Körper
eingeführten Blut. Er fand, dass hierbei keine Leukocytenform vor
den anderen prävalirt, dass also die polynucleären nicht aus den
mononucleären hervorgehen, sondern selbständig entstehen. Die
grossen mononucleären scheinen sich aus den kleinen zu entwickeln.
Zenoni.
Blut-
gerinnung,
Zenker.
Die intravasculäre Blutgerinnung macht K. Zenker
(Ziegler's Beitr. Bd. 17) zum Gegenstand seiner Untersuchungen,
über die nach dem Tode des Verf. 's Haus er berichtete. Er be-
stätigte des letzteren Beobachtungen, dass die Fibrinabscheidung in
Abhängigkeit steht von dem Freiwerden eines Fibrinfermentes aus
Zellen. Als solche wirken vor allem die Endothelien, von denen
die Fibrinfaden ausstrahlen. Ausserdem sah Zenker in Capillaren
sehr oft die Bildung zierlicher sternförmiger Figuren als ersten Aus-
druck der Gerinnung. Die Centren dieser Sterne waren Blutplätt-
chen, die also wie die Endothelien wirken. Die Leukocyten sind
bei der intravasculären Fibrinausfällung wenig betheiligt.
Ver- Bei Untersuchungen über die Todesursachen nach Ver-
m'^I^^/m^' brennungen gelangten Markusfeld und Steinhaus (Centralbl.
JlCuKuSieiCi u. ^
Steinhaus. ^* pathol. Anat.) zu dem Besultat, dass die wichtigste Erscheinung
die in allen Organen nachgewiesene Büdung von Blutplättchen-
thromben ist. Gehirn und Medulla waren hieran besonders be-
theiligt.
Angemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 25
Gsell (Dissert. Zürich) machte experimentelle Studien über Hämor-
die Entstehung der hämorrhagischen Lungeninfarcte. Er rhagischer
I Y\ 1 A. IT ^ T
benutzte weiches Paraffin zur Embolie, bekam aber im allgemeinen Qseii. '
keine, in zwei Heerden dagegen typische Infarcte. In den anderen
Fällen fehlte die Blutung, welche die hjrperämischen, atelektatischen,
ödematösen Heerde erst zu Infarcten gemacht haben würde. Bei
Menschen muss also zur Embolie noch etwas Besonderes hinzu*
kommen, damit die Infarcirung entsteht. Diese nothwendige Com-
pHcation ist in Circulationsstörungen zu suchen.
8. Entzfindnng.
Ueber die chemotaktische Wirkung verschiedener
Substanzen stellte Borissow (Ziegler's Beitr. Bd. 16) Unter- Chemotaxis,
Buchungen an. Die meisten angewandten Stoffe wirkten positiv ßorissow.
chemotaktisch, insbesondere alle bacteriellen. Phosphor imd Arsen
waren unwirksam. Junge Thiere reagiren leichter als alte. Die an-
gelockten Zellen repräsentirten stets dieselbe Leukocytenform. Es
fand sich also kein Unterschied in der Art des Exsudates bei den
verschiedenen benutzten Substanzen. — Löwit (ibid.) studirte aufs Emigration
neue das Verhalten der Gefässwand zur Emigration. Er ^^^
sah, dass die weissen Blutkörperchen durch Stomata hindurch- Löwit.
treten könnten, dass diese aber zur Emigration nicht erforderlich
sind. Er meint, es könnten auch Stomata vorhanden sein, ohne dass
es zur Emigration zu kommen brauche. Er betrachtet sie aber als
wirkliche Lücken in der Kittsubstanz und nicht etwa nur als die
von Engelmann so genannten Zellspuren, die nur durch Haften der
Leukocyten an der Gefässwand entstehen sollten.
Die Morphologie des Eiters verschiedenen Ursprunges
prüfte Janowski (Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol.). Er wollte Morphologie
das Verhältniss der einkernigen zu den mehrkemigen Leukocyten ^®^ Eiters,
feststellen. Meist besteht der Eiter nur aus polynucleären Zellen,
doch fand er bei Terpentineiter vorwiegend die mononucleäre Form,
die er aber ohne weiteres alle als Lymphocyten ansieht, ohne an fixe
Elemente zu denken. Da er in den Abscesswänden gewöhnlich
hauptsächlich einkernige Zellformen fand, schloss er, dass diese meist
auswanderten und sich erst im Gewebe in mehrkemige umwandelten.
Diese Schlussfolgerungen sind indess nicht genügend begründet. —
Die Entstehung und Bedeutung der Fremdkörperriesenzellen
besprach Krückmann (Virch. Arch. Bd. 138, Supplement). Er
26 Ribbert.
Fremd- untersuchte Carcinome, in denen sich Riesenzellen um verhorntes
körper- Epithel bildeten, Atherome, Cholesteatome, in denen dasselbe der
riesen- ^ ....
Zellen, ^^ ^^i" ^^^' ^^ betont, dass die RiesenzeUenbildung eine häufige
Krückmann. Erscheinung sei. Sie kann zu Verwechselungen mit Tuberculose
führen, die daher jedesmal bei einem Fehlen von Fremdkörpern aus-
geschlossen werden muss. Als solche können verschiedene aus den
Geweben des Körpers hervorgehende Substanzen wirken. Die Riesen-
zellen entstehen sowohl aus einer wie aus vielen Zellen, und zwar
besonders aus Endothelien, nicht aus Leukocyten.
4« Pigment.
Ueber Hämochromatose, die Braunfärbung verschiedener
Gewebe durch ein gelbes Pigment unter pathologischen Umständen,
Hämo- berichtete Hintze (Virchow^s Archiv Bd. 139). Er gelangte zu der
ehr omatose, Ansicht, dass das Hämofuscin genannte eisenfreie Pigment aus einer
eisenhaltigen Vorstufe hervorgeht imd dass es durch die specifische
Thätigkeit der betreffenden Zellen, also vor allem der glatten Muskel-
fasern des Darmes, gebildet wird. Dafür sprachen auch Experimente,
in denen die Darmmusculatur braun pigmentirt wurde, nachdem
einige Tage vorher Blut zwischen Serosa und Muscularis des Darmes
eingespritzt worden war. In einem Fall von Lebercirrhose fanden
sich femer eisenpigmenthaltige Leukocyten zwischen den Muskel-
Bildung von fasern. — Etwas anders lauten die Resultate einer Arbeit Bio ndi's
BUtp (Ziegler's Beitr. Bd. 18) über die Ablagerune eisenhaltigen
pigment, . . . .. ..
Biondi. Pigmentes. Er ist der Meinung, dass die bei physiologischem
oder pathologischem Blutuntergang erfolgende Pigmentbildung nur
unter Vermittelung der Leber zu Stande kommt. Sie spaltet das
Hämoglobin in einen eisenfreien Gallenfarbstoff imd ein eisen-
haltiges Pigment, welches dann erst in die Organe abgelagert wird,
wo es weitere Umwandlungen erfahren kann.
5. Degeneration.
Amyloid, Grigorjeff (Ziegler's Beitr. Bd. 18) prüfte die Möglichkeit
Grigoijeff. einer Resorption des Amyloids an Leberstücken, die er unter
die Haut und in die Bauchhöhle einbrachte. In das Amyloid drangen
Zellen und Gefässe ein und brachten es allmählich zur Resorption.
Kleine Stückchen wurden dabei von Riesenzellen aufgenommen. Die
Reaction des Amyloids bleibt in den grösseren Stücken lange er-
halten, in den kleineren dagegen wird sie allmählich schwächer, so
dass die Substanz dadurch Aehnlichkeit mit Hyalin gewinnt. Die
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 27
nahe Beziehimg dieser beiden homogenen Producte wird dadurch
aufs neue illustrirt. — Leutert (Fortschr. d. Med. Nr. 4 — 11) be- Sublimat-
schäftigte sich mit der Sublimatintoxication. Er führt alle Vergiftung,
Organveränderungen auf die directe Giftwirkung zurück. So lange
der Blutdruck hoch und die Giftmenge nicht zu gross ist, wird
das Sublimat durch die dann allein erkrankende Niere ausgeschieden.
Sinkt infolge der Herzbetheiligung der Blutdruck, so entstehen
Stauungen, die sich besonders im Darm auf der Faltenhöhe geltend
machen und hier wegen der stärkeren Giftwirkung Nekrose hervor-
rufen. Die Verkalkungen in der Niere sind nur, wenn sie sehr
hochgradig auftreten, für die Sublimatvergiftung einigermassen cha-
rakteristisch. Aber auch dann muss man an die Möglichkeit einer
der anderen acuten Intoxicationen denken, bei denen eine Ver-
kalkung vorkommen kann.
6. Regeneration.
Ueber das Auftreten kernhaltiger rother Blutkörper-
chen nach Aderlässen berichtete Zenoni (Virch. Arch. Bd. 139). Eegenera-
Während man bisher meist annahm, dass nur grössere Blutverluste *?®" *®7
, . , rothen Blut-
jene Erscheinung bewirkten, sah Zenoni sie schon nach einfacher i^örperchen,
Venäsection auftreten. — Dazu stimmen sehr gut die B;esultate, Zenoni,
die Timofejewski (Centralbl. f. path. Anat. Nr. 3 u. 4) erhielt, Timofejewski,
als er Faulflüssigkeiten in das Blut injicirte und das arterielle Blut
genau untersuchte. Er sah sehr zahlreiche kernhaltige rothe Blut-
körperchen auftreten und beobachtete an ihnen lebhafte Theilungs-
vorgänge. Bemerkenswerth ist die grosse Schnelligkeit ihres Er-
scheinens. Sie wurden schon wenige Minuten nach der Einspritzung
nachgewiesen. Wenn sich das auch anfangs aus einem mechanischen
Hineingelangen aus dem Knochenmarke erklären Hesse, so ist doch
später ihre lebhafte Vermehrung nicht zweifelhaft. — Die Regene-
ration des Knochenmarkes studirte Haasler (Archiv f. klin. Regenera-
Chir. Bd. 50). Am B.ande des künstlich gesetzten Defectes entsteht g^ochen.
eine Wucherung der Reticulum- und perivasculären Bindegewebszellen. marks.
Diese dringen in die Lücke vor und erzeugen ein zellreiches, weiches, Haaaler.
gallertiges Bindegewebe. In dasselbe dringen später aus dem an-
grenzenden Marke kernhaltige rothe Blutkörperchen und Markzellen
ein. Durch Vermehrung dieser zelligen Elemente wandelt sich das
junge Bindegewebe allmählich wieder in rothes Knochenmark um.
Seine früheren Untersuchungen über die Regeneration der
Leber schloss P o n f i c k (Virch. Arch. Bd. 138, Supplement) durch
28
Ribbert.
tioB der
Leber,
Pomlek.
einen Aufsatz über die histologischen Verhältnisse ab. Er fand in der
Hauptsache dieselben Resultate, wie sie M e i s t e r (Jahrb. 1895) kurz
vorher beschrieben hatte. Die Acini des restirenden Leberabschnittes
vergrössem sich ausserordentlich imd zwar durch Neubildung von
Leberzellen und Gefassen. Ponfick glaubt auch knospenformige
Seitenauswüchse aus Leberläppchen gesehen zu haben.
Regenera-
tion der
Hz,
üeber die Regeneration derMilz liegen zwei Mittheilungen
vor. Während Laudenbach angibt (Virchow's Archiv Bd. 141),
bei einem Hunde nach Exstirpation des Organes eine totale Rege-
Laadenbach, neration gesehen zu haben, theilt Ceresole mit (Ziegler's Beiträge
Cerenole. Bd. 17), dass seine an Kaninchen gemachten Versuche keine Wuche-
rungen an Lymphdrüsen, Thyreoidea und Knochenmark, aber auch
keinerlei Regeneration an der Milz ergeben haben. Die Wunden
dieses Organes heilten durch Narbenbildung.
Kegenerar Die Wiederbildung der Uterusschleimhaut studirteRathke
tion der (Yirchow's Archiv Bd. 142) an Mäusen. Er fand, dass unmittelbar
\j t er Q B'
■ ehieimhaiit,nach der Geburt ein Schleimhautdefect nur an der Placentarstelle
Rathke. besteht. Die Schliessung desselben erfolgt dadurch, dass sich die
Randschleimhaut theilweise auf den Defect legt und dass ihr Epithel
über ihn herüberwächst. Das Epithel der übrigen Schleimhaut de-
generirt grösstentheils , von den erhaltenen Resten geht dann die
Regeneration der gesammten Fläche aus.
Regenera-
tion des
Central-
nerven«
Systems,
Stroebe.
üeber die neueren Arbeiten zur Regeneration des Central-
nervensystems verfasste Stroebe (Centralbl. f. patholog. Anat.
Nr. 21) ein sehr ausführliches Referat, aus welchem vor allem die
Geringfügigkeit der Regenerationsvorgänge gegenüber den an den
peripheren Nerven beobachteten hervorgeht.
Rhabdo-
myom,
Brock.
7. Nenblldnngren.
Ein Rhabdomyom der Nierengegend beschrieb Brock
(Virch. Arch. Bd. 140). Die Muskelfasern zeigten die bekannten
embryonalen Formen. Von der Niere war die Geschwulst durch
die Kapsel gut getrennt. Es handelt sich also um ein selteneres Vor-
kommniss gegenüber den etwas häufigeren renalen Tumoren. —
Leiomyom, Die Leiomyome des Uterus machte Ricker (ibid. Bd. 142) zum
Gegenstand einer Untersuchung. Er fand in ihnen sehr häufig epi-
theliale Gebilde, Gänge etc., die er auf eine Abschnürung von den
Ricker.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 29
Müller'schen Gängen zurückführt. Er schliesst daraus, dass aus
solchen Vorgängen, bei denen mit dem Epithel auch etwas Muscu-
latur sich trennte, die Myome sich entwickelten. Er konnte auch
ein Sarkom untersuchen, das in einem Myom entstanden war, aber
nachweisen, dass es nicht aus einer Wucherung der Muskelfasern,
sondern des intermusculären Bindegewebes hervorging. — Eine
Lymphcyste des Ligamentum hepatogastricum beobachtete Tilger Lymphcyste,
(Virch. Arch. Bd. 139). Die Randpartieen deuteten auf eine Neu- ^^'
bildung von Lymphräumen hin. Verf. fasst die Cyste als Ausdruck
einer Lymphangoitis auf. — Die Bedeutung der Endothelien für
die Geschwulstbildung ergibt sich aus mehreren Arbeiten. Kromayer Endothe-
(Virch. Arch. Bd. 139) fand knötchenförmige Neubildungen der Haut ^H^^^^,
zusammengesetzt aus Zellsträngen mit vielfachen cystischen Erweite-
rungen, in denen colloide Massen lagen. Er nennt sieEndothelioma
tuberosum colloides. — Bauer (ibid. Bd. 142) studirte aufs neueHautwarzen,
die weichen Warzen der Haut und kam im Gegensatz zu Unna ***®^'
zu dem Schluss, dass die zelligen Massen, aus denen sie sich zu-
sammensetzen, nicht epithelialer Natur seien, sondern Wucherungen
der Endothelien der Lymphbahnen darstellen. Er konnte femer
an mehreren Präparaten die nahe Beziehung der Melanosarkome
zu diesen endothelialen Warzen aufe neue demonstriren. — Volk- Endo-
mann (Deutsche Zeitschr. für Chirurg. Bd. 41) machte ausgedehnte rp^^^^g^
sorgfältige Untersuchungen über endotheliale Geschwülste, be- Volkmann,
sonders der Speicheldrüsen imd der Gaumengegend. Die Endothelien
nehmen vielfach durchaus epitheliale Formen an, z. B. auch eine
cylindrische , und es ist dann nicht leicht, die DifFerentialdiagnose
gegenüber dem Carcinom zu stellen. Die Tumoren zeigen sehr ver-
schiedenartige degenerative Metamorphosen. Sie gehen meist von
den Endothelien der Lymphspalten, seltener der Blutgefässe aus.
In den Speicheldrüsen verbindet sich das EndotheUom gern mit
Knorpelbildung. — Marckwald (Virch. Arch. Bd. 140) beob- Myelom,
achtete einen endothelialen Tumor aller Skelettknochen,
dessen Entwickelung intra vitam unter den Erscheinungen einer
Osteomalacie verlaufen war. Die Neubildung ging aus von den
Endothelien der Blutgefässe. Die Geschwulst fallt unter die Kate-
gorie der sog. Myelome. — Ueber einem endothelialen Tumor
der Pia berichtete Janssen (Virch. Arch. Bd. 139). Er hatte sich Piatumor,
an der rechten Seite der Brücke entwickelt und zwar aus den die
Bälkchen der Pia überkleidenden Zellen und aus den Perithelzellen
der Geiässe. Wenigstens Hess der histologische Befund sich in diesem
Sinne verwerthen. Wie ähnliche Tumoren zeigte auch dieser Nei-
30
Ribbert.
gung zu hyalinen Metamorphosen (Kugelbildung),
klinisch ziemlich sicher localisiren lassen.
Er hatte sich
Sarkom mit
Amyloid,
Hildebrand.
Hildebrand beschrieb ein Sarkom des Brustbeins (Yirch.
Arch. Bd. 140), welches sich aus einem Gerüstwerke und Bundzellen
aufbaute und sich durch amyloide Degeneration auszeichnete.
Sowohl das Zwischengewebe wie die SarkomzeUen selbst zeigten diese
Umwandlung. Letztere bilden in sich amyloide Kugeln, die auch eine
radiäre Streifung annehmen konnten.
Malignea Bicker (Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 50) berichtete über einen
Lymphom, neuen Fall von malignenLymphomen auf tub er culö s er
Ricker. *i x:
Basis. Bei einem hereditär belasteten Knaben wurden im Verlauf
von Jahren ^zweimal Lymphdrüsen der linken Halsseite exstirpirt.
Dann begannen die Lymphombüdungen aufs neue, und der Patient
ging daran zu Grunde. Die Tumoren boten zum grossen Theil das
Aussehen maligner Lymphome, aber sie enthielten Verkäsungen mit
Bacülen. Es bestanden femer Metastasen in den Lungen, die den
typischen Bau einfacher Lymphome hatten, aber auch BaciQen auf-
wiesen.
Neurom,
V. Kahlden.
Multiple w[ahre Neurome wurden durch v. Kahlden (Ziegler's
Beitr. Bd. 17) beschrieben. Er sah bei einem an Tuberculose zu
Grunde gegangenen Manne knötchenförmige Hervorragungen bis
zur Grösse einer Erbse zerstreut im Bückenmark. Sie setzten sich
aus markhaltigen Nervenfasern zusammen und entwickelten sich
continuirlich aus verschiedenen Strangabschnitten. Ein Knötchen
hatte die Pia durchbrochen, v. Kahlden meint, dass es sich mn
fötale Anlagen mit Disposition zum Wachsthum handle. — Eine
geschwulstähnliche Missbildung am Kleinhirn eines 35jährigen Mannes
beschrieb Ernst (ibid.). In der dorsalen Seite fand sich ein blasig
aufgetriebener und mit Flüssigkeit gefüllter Defect. Daneben be-
standen allerlei sonstige Unregelmässigkeiten und geschwulstähnliche
Verlagerungen von Kleinhimtheilen, die mikroskopisch sehr an das
Neuroglioma ganglionare erinnerten. Verf. betrachtet die Verlage-
rung als die Ursache der tumorähnlichen Entwickelung.
Ueber Polyposis intestinalis adenomatosa und deren Be-
Adenome ziehung zur Krebsentwickelung berichtete Haus er (Deutsches Arch.
des Darms, £ ^^}^ -^^^ Bd. 66). Er fand neben multiplen polypösen Erhe-
bungen des Magens und Darms ein Carcinom des Rectums. Beide
Kleinhirn-
tamor,
Ernst.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 31
Erkrankungen seien selbständig. Aber die chronische Reizung, welche
das Epithel der Polypen andauernd erfahrt, machte es zu einer krebsigen
Entartung in erhöhtem Maasse disponirt.
Eine ausfuhrliche Arbeit über Dermoidcysten und Tera-
tome, insbesondere des Ovariums lieferte Wilms (Deutsches Arch.
f. klin. Med. Bd. 55). Er stellte fest, dass im Gegensatz zu anderen
Dermoiden die des Ovariums aus einer dreiblättrigen Anlage ent-
stehen, aus welcher vor allen die Epidermis und die Gebilde der
Kopfregion zur Entwicklung gelangen. Die Dermoidmissbildungen
des Eierstockes sind also rudimentäre Ovarialparasiten und
bilden als solche eine besondere Gruppe. — Die meningealen Chole-
steatome versuchte Beneke (Virch. Arch. Bd. 142) aufs neue aus
einer Wucherung der Piaendothelien abzuleiten, nachdem in neuerer
Zeit mehr die Anschauung einer Keimaberration vertreten worden
war. Er bezieht sich hauptsächlich darauf, dass die Zellauskleidung
bei Silberbehandlang die Endothelzeichnung hervortreten lasse, was
sonst bei Epithel nicht der Fäll sei. — Die Cholesteatome des
Ohres besprach Haug (Centralbl. f. patholog. Anat.). Er schloss,
dass diese Geschwülste zum kleineren Theil heteroplastischer Natur
sind, entstanden aus einem embryonal verlagerten Keim, zum grösseren
Theil aber entstehen durch Hineinwachsen von Epidermis aus dem
äusseren Ohr. Die weiteren Eigenthümlichkeiten hängen von den
mechanischen Bedingungen ab, unter denen das Epithel in der Pauken-
höhle und ihren Nebenräumen wachsen muss. Auch Stöcklin (Diss.
Zürich) untersuchte einen solchen Tumor, ohne die Genese zu erörtern.
Er besprach hauptsächlich das Wachsthum und stellte fest, dass es
durch Vordringen des Bindegewebes erfolgt, welches den Knochen
usurirt und so Perforationen erzeugen kann. — Wichtige Beob-
achtungen über deciduale Geschwülste theilte Marchand mit
(Monatsschr. f. Geburtsh. Bd. 1). Man hat diese Tumoren bisher als
Sarkome bezeichnet, also für bindegewebiger Natur erklärt. Marchand
zeigte, dass sie von dem Epithel des Syncytiums und der ektodermalen
Zellschicht des Chorions ausgehen. Durch Eindringen in die Blut-
gefässe können die Geschwülste Metastasen machen. — Tauffer
(Virch. Arch. Bd. 142) besprach die primäre carcinomatöse De-
generation der Dermoidcysten. Er theilt einen solchen Fall
mit, meint aber, dass die Dermoide nicht zu der Carcinombildung
disponirt seien, sondern dass diese eine Seltenheit darstelle. —
Hammer (ibid.) erörterte eine grössere Reihe von Tumoren des
Oberkiefers, ihr klinisches Verhalten und ihre Structur. Er fand in
Dermoid,
Wilms.
Chole-
steatom,
Beneke,
Haug,
Stöcklin.
Deciduale
Oe-
schwülste,
Marchand.
Carcinom in
Dermoid-
cysten,
Tauffer.
Tumoren des
Oberkiefers,
Hammer.
32 Ribbert.
Sarkomen und Carcinomen mancherlei Aehnlichkeiten im Aufbau
und meint, dieselben seien durch das Wachsthum unter gleichen Be-
dingungen veranlasst. — EinenPlattenepithelkrebsdesRectums
Platten- beschrieb Böhm (ibid. Bd. 140). Langdauemde, verschiedenartige
epithel kr ebsp^^i^ungen der Rectalschleimhaut hatten zu einer Metaplasie des
Böhm * Cylinderepithels in Plattenepithel geführt und auf diesem Boden
hatte sich der Exebs entwickelt.
Trauma und Zur Aetiologie der Geschwülste lieferte Ziegler (Münch.
Geschwulst- med. Wochenschr. Nr. 27) einen Beitrag. Er stellte aus der chirurgi-
Ziegler, * schen Klinik in München zusammen, was über die Einwirkung von
Traumen auf die Geschwulstgenese zu eruiren war und stellte an einem
grossen Procentsatz die ätiologische Bedeutung des Traumas unter
Löwenthal, anderem auch für das Mammacarcinom fest. Auch Löwenthal (Archiv
f. klin. Chirurg.) gelangte in einer umfangreichen, 800 NunuAem um-
fassenden Uebersicht, welche neben den in der Litteratur bereits ver-
zeichneten 50 neue Fälle umfasste, zu dem gleichen Resultat. Ueber die
Wirkungsweise des Traumas bringen beide Autoren nur Vermuthungen.
Genese der — Ref. (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 — 4) versuchte eine neue
Geschwülste ßggp^jj^j^jjg der Geschwulstgenese. Die Zellen unseres Körpers
wachsen nur, soweit es die Einfügung in das organische Ganze ge-
stattet. Werden sie aus dem Zusammenhang getrennt, ohne eine
Ernährungsstörung zu erleiden, so wachsen sie ungehindert und
bilden, da sie nicht mehr durch den Organismus in Schranken ge-
halten werden, Tumoren, die je nach der völligen oder theilweisen
Abtrennung der Zellcomplexe bald bösartig, bald gutartig werden.
Solche Lösungen aus dem Zusammenhange kommen oft embryonal
vor, und darauf begründete Cohnheim seine Theorie, sie entstehen
Ecchon- aber auch postembryonal. Experimentell konnte Ref. (Verhandl. des
h ,y/ Congresses f. innere Med.) eine Grundlage für seine Anschauungen
Ribbert. beibringen. Durch Anstechen einer lumbalen Zwischenwirbelscheibe
bei Kaninchen brachte er den aus Chorda bestehenden Gallertkem
zum Hervorquellen. Aus dem an der Vorderfläche der Scheibe liegen
bleibenden Gallertgewebe entwickelte sich eine Neubildung, die durch-
aus der Ecchondrosis physalifora des menschlichen Glivus
Carcinom- Blumenbachü entsprach. Auch auf das Carcinom übetrug Ref. (Virch.
R^wf ^*' ^^^^' ^^' 140) seine Vorstellung von der Geschwulstgenese. Denn
die von ihm früher (s. Jahrb. 1895) vertheidigte Histogenese durch
bindegewebige, die Epithelzellen isolirende Wucherung
beruht auf der Trennung dieser Zellen aus dem Zusammenhang und
ihrer selbständigen Weiterwucherung. Er begründete diese An-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 33
schaimng aufs neue gegen Haus er (ibid. Bd. 141). Dieser wiederum Hauser,
machte seinerseits Bedenken geltend. Er glaubt, Anfangsstadien
von Magencarcinomen gesehen zu haben, aus denen ein directes
Tiefenwachsthum des Epithels deutHch hervorgehe. Auch v. Nott- v. Nottbafft,
hafft (Deutsches Archiv Bd. 54) beschrieb drei seiner Meinung nach
im Beginn stehende Carcinome, die ebenfalls des Ref. Vorstellungen
zu widerlegen geeignet seien. Auf die histologischen Einzelnheiten
kann hier immöglich eingegangen werden. Ref. (Das pathologische Ribbert.
Wachsthum. Bonn, Cohen) hat sodann in einer Monographie die
Genese des Carcinoms im Zusammenhang mit den übrigen Wachs-
thumsvorgängen aufs neue besprochen. Er betonte, dass man alle
Erscheinungen auf die Aufhebung der normalen Gewebsspannung zu-
rückführen kann, die regenerativen sowohl, wie die hypertrophirenden,
entzündlichen und geschwulstbildenden. Er begegnete auch den
Einwänden Hauser's und v. Notthafft's. Seine Ausführungen
können hier im einzelnen nicht wiedergegeben werden. — Gegen seine
im letzten Jahrbuch erwähnte Annahme, dass die Tuberculose zu-
weüen jene epithelablösende Bindegewebswucherung erzeugen könne,
hat sich Krückmann (Virch. Arch. Bd. 139) und Clemens (ibid.) Krebs und
gewandt. Ersterer betonte, dass im Carcinom oft RiesenzeUen vor-^^^.f^®^^***^»
kommen, die als Fremdkörperriesenzellen aufzufassen seien und Clemens,
daher nicht mit Tuberculose verwechselt werden dürften. Letzterer
deutete seine FäUe von gleichzeitigem Vorkommen von Carcinom
und Tuberculose als Secundärinfection des ersteren durch letztere.
Auch Duenschmann (Journal of Pathology Bd. 3, Nr. 1) beschrieb Duenschmann.
das Vorkommen von Fremdkörperriesenzellen in Carcinomen,
wie es Ref. übrigens auch bereits gethan hatte.
Die histologischen Verhältnisse der von Hanau vorgenommenen
erfolgreichen Uebertragungsversuche mit Carcinom schilderte Jenny Carcinom-
(Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 51) eingehender; er benutzte ebenfaUs die^^"*^*^"^"^'
Gelegenheit, um sich gegen des Ref. Ansichten auszusprechen.
An Versuchen, in Geschwülsten Parasiten nachzuweisen, hat
es auch im vergangenen Jahre nicht gefehlt. Sawtschenko (Biblioth. Carcinom-
med. D. 4) beschrieb im Anschluss an die oben erwähnte Arbeit von i^"*l^'*°'
Sawtschenko,
Podwyssozki wiederum Sporozoen. In diesen und anderen Unter-
suchungen hat man es aber ebenso wie in allen früheren mit Degene-
rationsproducten zu thun. Schwarz (Wien, Braimiüller) hat dies Schwarz,
noch einmal aus einander gesetzt. Power (Journal of Pathology Power.
Bd. 3, Nr. 1^ konnte in entzündlich gereiztem Epithel Gebilde
finden, wie sie in Carcinomen beschrieben wurden, insbesondere
Vacuolen mit rundlichen Einschlüssen. Bei Untersuchungen über
Jahrbnch der practischen Medicin. 1896. 3
34
Ribbert.
Carcinom- Paget's Krankheit kam Lindt (Dissert. Bern) zu dem Ergebniss,
Parasiten, ^^^^ ^^ q£^ g^g Parasiten angesprochenen Gebilde mit stark farb-
barem Kern und einer oft doppelt contourirten Membran als degenerirte
Epithelzellen aufzufassen seien.
8. Missbildnngr*
pygopagus, Marchand (Ziegler 's Beiträge Bd. 17) beschrieb eingehend
Marchand, einen menschlichen Pygopagus. Die anatomischen Verhältnisse
führten ihn zu dem Schluss, dass er durch eine Verwachsung zweier
ursprünglich getrennter Embryonalanlagen entstanden sein müsse,
die sich am hinteren Ende einer Keimscheibe in stark divergenter
Spina bifidaBichtung entwickelten. — Bohnstedt (Virchow's Archiv Bd. 140)
occulta, schilderte einen neuen Fall von Spina bifida occulta sacralis
Bohnstedt, ... .
emes 20jähngen Mannes, bei welcher es ebenfalls zu einer Ver-
lagerung von Rückenmusculatur in den Wirbelkanal gekommen
JoachimsthaL war. — Auch Joachimsthal (ibid. Bd. 142) beobachtete bei einem
9jährigen Knaben dieselbe Missbildung, die sich aber hier durch
eine laterale Lage des Spaltes auszeichnete. — Ballowitz (ibid.
Bd. 141) machte eine Zusammenstellung von 210 Fällen von ein-
seitigem, vollkommenem Nierenmangel und fand, dass derselbe
weit häufiger links als rechts beobachtet wird und dass das männ-
liche Geschlecht etwa doppelt so oft wie das weibliche betroffen ist.
Bei letzterem combiniren sich mit dem Defect häufiger als bei
ersterem auch Missbildungen am gleichseitigen Genitalapparat.
Nieren-
mangel,
Ballowitz.
III. Specielle pathologische Anatomie der Organe.
Siderosis,
Langgnth.
1. Bespirationsorgrane.
L anggut h (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55) hatte Ge-
legenheit, die Lungen eines Arbeiters zu untersuchen, der in einem
Rotheisenbergwerk gearbeitet hatte. Er konnte in ihnen grosse
Mengen eingeathmeten Eisenstaubes nachweisen. Bisher hatte
man angenommen, dass die feuchte Luft eines Bergwerkes eine Ver-
stäubimg und Einathmung von solchen Partikeln nicht wahrschein-
lich mache. Der imtersuchte Fall lehrt also das Gegentheil. Auch
in der Milz und Leber wurden Eisentheile gefunden, -j- lieber die
ChalicoBis, Inhalation von Sand und Kieselstaub machte Schlodtheim
Schlodtheim. (Centi-albl. f patholog. Anat. Nr. 16) anatomische Beobachtungen.
Er fand die Sandpartikel sehr häufig bei Menschen, auch wenn ihr
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 35
Beruf keine besondere Gelegenheit zur Inhalation solcher Dinge ge-
geben hatte. Die Fremdkörper fanden sich in gleicher Weise, und
zwar als glänzende Splitterchen in Lunge und Bronchialdrüsen wie
die Kohle.
Durch die neueren Beobachtungen über den quer durch die
Alveolarwand erfolgenden Zusammenhang der pneumonischen
Alveolarpfröpfe veranlasst, bemühte sich Hansemann (Sitzungs- Poren der
bericht d. Acad. d. Wissensch. v. 7. Nov.) festzustellen, ob die ^^^e^^^-
. . , alveolen,
dabei vorhandenen Wandlücken normale Dinge sind oder erst bei Hansemann.
der Entzündung entstehen. Es gelang ihm, durch eine besondere
Methode klar nachzuweisen, dass die erstere Annahme zutrifft.
Ueber die Todesursachen bei croupöser Pneumonie sprach
sich Bollinger (Münch. med. Wochenschr. Nr. 32) aus. Von der Todes-
Ausdehnimg der Erkrankung kann der Tod nicht abhängig sein. "^**°^®^ ^^'^
Dagegen kommt der grosse Verlust an Blutbestandtheilen (rothen Bollinger. '
und weissen Blutkörperchen und Fibrin) in Betracht, der durch die
Büdung des Exsudats erfolgt und der wie eine traumatische Blutung
wirkt. Die Menge des Exsudats betrug im Durchschnitt 1290 g,
also 2,5 "/o , in maximo 3,3 — 3,8 "/o des Körpergewichts. Dieser be-
trächtliche Verlust führt zu einer Oligämie, die eine ungenügende
Ernährung des durch das Fieber ohnehin geschwächten Herzens
und dadurch den Collaps herbeiführt. — Das Vorkommen ex-
sudativer Processe bei der Tuberculose studirte Falk Exsudation
(Virchow's Archiv Bd. 139). Er fand, wie in allen anderen Organen,^ ^ ^®\
^ . . ' . ° ' Tabercnlose,
auch in der Lunge in tuberculösen Heer den stets deutliche Mengen Falk,
von Fibrin, ohne dass sich andere Mikroorganismen als Tuberkel-
bacillen nachweisen Hessen. Er ist der Ansicht, dass man zur Er-
klärung der exsudativen Vorgänge nicht nöthig habe, eine Misch-
infection anzunehmen, dass sie vielmehr ebenfalls durch die Bacillen
hervorgerufen würden. — Schmaus (Verhandl. d. Congr. f. innere Histologie
Medicia) suchte mit Hülfe der Färbung des elastischen Gewebes der Lungen-
zu entscheiden, ob die Ansicht, dass käsige Processe der Lungen schmaus.
noch eine alveoläre Structur aufwiesen, während es bei tuberculösen
Granulationsprocessen nicht mehr der Fall sei, Gültigkeit habe. Er
fand aber, dass sich kein durchgreifender Unterschied feststellen
lasse, so dass also eine Differenzirung nach den genannten Merk-
malen nicht möglich sei. Auch die acute Miliartuberculose zeigt
keine Verschiedenheiten. — K. Wolf (Fortschr. d. Med. Nr. 18 u. 19)
berichtete über 31 Fälle von primärem Lungencarcinom, von
36 Ribbert.
Lungen- denen 8 von der Lunge selbst, 23 von den Bronchien ausgingen,
krebs, Aetiologisch schienen ihm atypische Epithelabschnürungen durch
interstitiell - entzündliche Processe für die Lungenkrebse und in
manchen Eällen Narben der Bronchialschleimhaut nach Pigment-
durchbruch der Lymphdrüsen für die Bronchialcarcinome von Be-
deutung zu sein. 13mal fand sich gleichzeitig Tuberculose, der er
in 3 Fällen ätiologische Wichtigkeit zuschreibt.
Subpleurale Heller (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55) wies auf das Vor-
Lymph- kommen subpleuraler Lymphdrüsen hin. Er fand sie besonders
Heller. * deutlich, mohnkom- bis linsengross, bei einem 15jährigen, an Diph-
therie verstorbenen Idioten. Sie sind für die Ablagerung ein-
geathmeten Staubes von Bedeutung. Aus ihnen gehen eventuell die
subpleuralen, derben Knötchen hervor.
Anhang. Schilddrüse.
Ueber das normale Verhalten der Schilddrüse, über die
CoUoid- Regeneration, Colloidbildung u. s. w. machte Bozzi (Ziegler's Bei-
bildung, ^j.äge Bd. 18) ausführliche Untersuchungen. Er fand, dass das CoUoid
in Zellen gebildet und in Gestalt von Tropfen aus ihnen aus-
gestossen wird. Durch Lücken zwischen den EpithelzeUen tritt das
Colloid aus den Follikeln in die Lymphgefässe über. — Eür die
Struma, Struma stellte Reinbach (ibid. Bd. 16) eine andere Art der CoUoid-
Reinbach. bildung fest. Die wuchernden und desquamirenden Zellen gehen bei
der Entstehung der homogenen Substanz völlig zu Gnmde.
Bemerkenswerthe Beobachtungen über die Wirkung des
Thyreoidis- Drüsenmaterials der Thyreoidea machte Lanz (Deutsche med.
muB, Wochenschr. S. 597). Er prüfte die Angaben, dass nach Ver-
abreichung von Thyreoidintabletten verschiedene Vergiftungserschei-
nungen beobachtet wurden, auf experimentellem Wege und fand
Folgendes: Der Thyreoidismus (d. h. jene Vergiftung) wird theils
durch zersetztes Drüsenmaterial, theils durch die specifische Wirkung
desselben hervorgerufen, ist aber in letzterem Falle je nach Pro-
venienz des Materials und Art des Versuchsthieres verschieden. Das
toxische Princip der Thyreoidea kann durch die Placenla oder durch
die Milch auf alle Föten übergehen.
2« Gircnlationsorgrane.
Pericarditis Banti (Centralbl. f. pathol. Anat. Nr. 5) gewann in zwei neuen
Banti. Fällen von Pericarditis bei Urämie dasselbe Resultat wie früher,
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 37
d. h. er vermisste alle Bacterien. Er hält die Aifection also für
eine rein toxische, für eine Pericarditis uraemica. — Ueber das Ge-
wicht des Herzens bei Tuberculosen machte Oppenheimer Herz-
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 20) Mittheüungen. Er fand, dass gewicht^bei
es sich im Vergleich zum Gesammtkörpergewicht vor der Pubertät culösen
so verhält, wie bei normalen Individuen, dass es aber von da ab an Oppenheimer.
relativer Grösse zurückbleibt. Das Herz des Phthisikers wäre danach
zu klein, und die Therapie hätte vor allem auf eine Kräftigung des
Herzens auszugehen, die um so wichtiger sei, als das zu geringe
Gewicht nicht infolge der Tuberculose sich einstelle, sondern um-
gekehrt zur Tuberculose disponire. — Schamschin (Ziegler's Bei- Vagus-
träge Bd. 18) untersuchte experimentell die Wirkung der Vagus- ^^^-^
durchschneidung auf das Herz. Er fand keine Atrophie oder schamschin.
Hypertrophie der Muskelfasern und fasst die Wirkung des Nerven
nicht als eine trophische, sondern als eine regulirende, die Blut-
zufuhr modificirende auf. Davon sind die geringen Veränderungen,
die er fand, abhängig, nämlich leichte fettige Degeneration, besonders
aber kömige Beschaffenheit der Zellen. Er studirte femer das Herz
bei Diphtherie und sah theils eine hyaline und wachsartige De-
generation der Muskelfasern, theils Fettentartung. Er machte die
toxische Substanz der Diphtherie für die Veränderung verantwort-
lich. — Thrombenähnliche Bildungen im Herzen wurden von
Bostroem (Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 55) beschrieben. Bei einem Thromben-
neugeborenen Kinde fand er in der Wand des rechten Vorhofs eine ähnliche
ihn fast ganz ausfüllende geschwnlstähnliche Prominenz, die sich als^jg^jj^^^ens
eine Blutung in der Wand erwies. Er beschrieb ferner mehrere Bostroem.
Fälle von Varicen der Vorhöfe, entstanden in der Scheidewand. Sie
sprangen als kleinere und grössere Knoten in das Lumen vor. Die
Litteratur verzeichnet zehn Fälle. Ein solcher Varix war in einem
weiteren Falle abgerissen und in die Pulmonalarterie hineingetrieben
worden. Er theilte femer die Beobachtung über einen als Thrombus
bezeichneten Körper mit, der sich bei genauer Untersuchung eben-
falls als Varix erwies. — Histologische Untersuchungen über die
Endocarditis stellte Veraguth (Virchow's Archiv Bd. 139) an. Endo-
Er betonte zunächst, dass es auch physiologische Klappenverdickungen carditis,
gibt, die den endocarditischen gleichen, bei denen aber die Structur
der Klappe, von der Verdickung der einzelnen Schichten abgesehen,
unverändert ist. Die Endocarditis selbst beginnt nicht wie in anderen
Geweben mit dem Auftreten von Leukocyten, da ja die Gefässe in
der Klappe fehlen. Das erste ist vielmehr eine Vergrösserung und
Wucherung der fixen Elemente. Diese Erscheinung muss also zur
38
Ribbert.
Entzündung gerechnet werden. Erst wenn die Klappe durch Hinein-
wachsen von Gefässen vascularisirt worden ist, treten bei fortdauernder
Endo- oder neuer Entzündung auch Leukocyten auf. — Biondi (Centralbl.
car 1 8 ei £ patholoß. Anat. Xr. 3 u. 4) wandte den endocarditischen
Tabercnlose, . .
Biondi. Efflorescenzen bei Tuberculosen seine Aufmerksamkeit zu. Er
fand niemals Bacillen in der Klappe oder in dem Thrombus, auch
fehlte jede zellige Infiltration in ersterer. Er hält die Thromben
auf der Klappe fiir marantische. — Als Ursache der Compen-
sationsstörungen bei Herzklappenfehlem betrachtet Banti (ibid.
Nr. 13 u. 14) eine bindegewebige Wucherung im Myocard, welche
sich als Folge der durch den Klappenfehler bedingten venösen
Stauung ausbildet. Diese fuhrt zunächst zu einer Schädigung der
Muskelfasern, dann, wie in anderen Organen, ziu: Bindegewebs-
vermehrung. Beide Erscheinungen verstärken sich durch einen Cir-
culus vitiosus gegenseitig immer aufs neue. — Deteindre (Dissert.
Zürich) besprach das Vorkommen von nur zwei Aortenklappen.
Er konnte mehrere Fälle mittheilen. Die auf primäre Bildungs-
hemmung zurückzuführende Anomalie kann folgenlos bleiben, aber
auch, wenn zu hohe Ansprüche an die weniger widerstandsfähigen
Klappen gestellt werden, zu einer Insufficienz führen. Mit ihr ver-
binden sich gern aneurysmatische Ausbuchtungen der Aorta. —
Moesly (ibid.) untersuchte in einem solchen Falle die grössere Klappe
auf Schnitten. Er sah in ihr keine AnomaHe der Schichten und
als Rest des abnormen embryonalen Vorganges nur eine leisten-
förmige Verdickung auf dem inneren Endocard. Die Anomalie muss
also in die früheste Zeit der Klappenbildung verlegt werden. —
Dies nahm auch Ucke (Virchow's Archiv Bd. 140) an, der ebenfalls
bei einem Erwachsenen zweitheilige Aortenklappen beschrieb,
ohne daHs die Anomalie im Leben nachzuweisen gewesen wäre.
Ursachen
der
Compen-
sations-
Störung,
Banti.
Aorten-
klappen,
Deteindre,
Moesly,
Ucke.
Wendeler.
Arteriitis Ueber syphilitische Arterienentzündung berichtete Wen-
'^i&!!"liV,"' ^^ler (Arch. f. klin. Med. Bd. 55). Er glaubt, ein Kriterium für
dieselbe darin gefunden zu haben, dass sich oft in dem verdickten
Intimagewebe in der Nähe des bleibenden Lumens eine neue elastische
Membrana fenestrata bilde, was ohne Syphilis nicht der Fall sei.
Ein Fehlen dieser neuen Membran beweise freilich nichts gegen
Lues. — Ueber syphilitische Erkrankung der Aorta machte
Dohle (ibid.) Mittheilungen. Er sieht das Charakteristicum der-
selben in strahligen, narbigen Einziehungen und grubenformigen Ver-
tiefungen, neben denen Endarteriitis bestehen kann. Jene Verände-
rungen entstehen durch Retraction bindegewebiger Wucherungen
Döhlfl.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 39
der Media. Verf. ist ferner der Meinung, dass durch die Wider-
standsherabsetzung, welche die Media infolge der Entzündung er-
leidet, Aneurysmen bedingt werden können. — Zur Bildung der
Aneurysmen stehen auch die Untersuchungen H i 1 b e r t*s ( Vircho w's Genese der
Archiv Bd. 142) in Beziehung. Er fand, dass die elastischen Lamellen ^^®V^"™®'*'
der Intima der Aorta und der Carotiden, weniger der anderen
Arterien schon bei gesunden Menschen regelmässig Unterbrechungen
zeigen, die er Rupturen nennt, dass dieselben aber bei häufigen
Blutdrucksteigerungen und bei Herzfehlem, insbesondere bei In-
sufficienz der Aorta an Umfang zunehmen. Dasselbe tritt ein bei
Störungen der Ernährung der Aortenwand, die zu Sklerose und
Aneurysmen führt. Er ist demnach geneigt, bei diesen Erkrankungen
in jenen Rissen die primäre Erscheinung zu sehen. — Eine Aorten- Aorten-
ruptur auf tuberculöser Grundlage beschrieb Kamen (Zieg- 'uptur,
1er 's Beiträge Bd. 17). Die Ruptur fand sich 4 cm oberhalb der
Klappen und in unmittelbarer Nachbarschaft einer tuberculösen, ver-
kästen Lymphdrüse. Da, wo diese der Wand anlag, war die Media
in Bindegewebe umgewandelt und in der Umgebung zellig infiltrirt. —
Experimentelle Studien über Phlebitis machte Freudweiler Phlebitis,
(Virchow's Archiv Bd. 141). Er injicirte nach dem Vorgange des Freudweiler.
Ref. in Venen eine Jodlösung und stellte die dann in der Wand
eintretenden Entzündungserscheinungen fest. Die Latimaendotheüen
wurden gross und vermehrten sich. Dasselbe thaten die Binde-
gewebszellen der Media. Aus den Vasa vasorum erfolgte eine Emi-
gration, die bis in das Lumen vorschritt. Die Heilung führte zur
bindegewebigen Verdichtung der Venenwand.
Anhang. Milz.
Oestreich (Virchow's Archiv Bd. 142) fand bei Untersuchung Milz bei
der Milz nach Lebercirrhose, dass die meist verantwortlich ge- ^©ber-
. , oirrhose,
machte Stauung nicht die ihr zugeschriebene RoUe bei den Ver- Oestreich.
-änderungen des Organs spielt. Er findet, dass zunächst die Milz
imter irritativen Erscheinungen erkrankt und dass erst später sich
Bindegewebswucherung und Atrophie daran anschliessen kann. Die
Milzveränderungen entstehen daher aus dem gleichen Grunde wie
die Lebercirrhose.
«
8. Terdannngrsorgrano*
Ueber die Stomatitis aphthosastellte Jadassohn (Vortrag, stomatitiB,
Schles. Ges. f. vaterl. Cultur) Untersuchungen an. Er kam in Ueber- ^^^^^^'
40 Ribbei-t.
einstiminung mit E. Fraenkel zu dem Schluss, dass die Erkran-
kung wie die Impetigo der Haut für gewöhnlich durch Staphylo-
kokken veranlasst werde. — Mehrere Fälle von Knochen- und
Tonsillar- Knorpelbildung in den Tonsillen beobachtete Deichert
knochen, (Virchow's Archiv Bd. 141). Er betrachtete die Gebilde als ent-
standen auf Grund einer embryonalen Abschnürung vom zweiten
Kiemenbogen. Dafür sprach auch die in einem Falle vorhandene
isolirte Knochenbildung am Ligamentum stylohyoideum. — Im Sinus
pyriformis fand Gsell (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 21)
Flimmer- eine Cyste mit Flimmerepithel, welche er aus einer Entwicke-
<iy»tej lungsstörung der vierten Kiemenfurche ableitete. — K. Zenker
Oesophagus- (I^öiitsches Archiv f. klin. Med. Bd. 55) beschrieb einen Fall von
tuberculose, stricturirender und zwei Fälle von fortgeleiteter Oesophagus-
Zenker. tuberculose. Die erstere muss aus einer Inoculation von Bacillen in
Sanduhr- die Schleimhaut erklärt werden. — Hirsch (Virch. Archiv Bd. 140)
«nagen, secirte einen Fall hochgradigen Sanduhr magens bei einer 67jäh-
Hirsch. o «=» t? u
rigen Frau. Da erhebliche Narbenveränderungen am Magen fehlten^
hielt er die Veränderung für eine congenitale.
Magen- Ein Divertikel des Magens beobachtete He übel (Deutsches
divertikel, Archiv f. klin. Med. Bd. 55). An der kleinen Curvatur sass ein an
Heubel
den Ductus pancreaticus angeheftetes, 1 cm langes Divertikel mit */« cm
grosser Eingangsöffhung. Es ist entstanden zu denken auf Grund
primärer Verwachsung und daran anschliessenden Zugs an der Magen-
wand. — Ueber ein mykotisch-p optisches Magengeschwür
Magen- machte Nauwerck Mittheilung (Münch. med. Wochenschr Nr. 3B
geschwür, ^ 39) ß^i ^^^^ YaM von Endocarditis bei Polyarthritis fand er
Nauwerck. /. , . . .
folgende Entwickelungsstadien des Geschwürs: Capillarverstopfung
durch Kokkencolonieen, Nekrose von Drüsen, Geschwürsbildung aus
den Nekrosen und Blutung im Hand und Grund. Dieselbe Genese
dürfte insbesondere in Fällen primärer Endocarditis häufiger eine
RoUe spielen, doch schliesst Verf. die anderen Entstehungsursachen
Gascysten nicht aus. — Winands (Ziegler 's Beitr. Bd. 17) untersuchte einen
*™ ™' Fall von Gascysten des Darms. Die Cysten fanden sich in
Winands. , ^x j t • ... o-
der Darmwand und in peritonitischen Verwachsungen. Sie waren
keine postmortalen Fäulnisserscheinungen, sondern hatten eine selb-
ständige Wand und bestanden daher schon länger. Dementsprechend
fanden sich in ihrer Wand wie in früheren Fällen Riesenzellen.
Enteritis Aetiologisch ergaben sich keine neuen Anhaltspunkte. — Eine En-
monosa, teritis phlegmonosa beschrieb Askanazy (Centralbl. f. pathol.
Aakanazy. Anat. Nr. 8). Im Jejunum fand sich auf ^/s m Länge eine submucöse,
-^^
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 41
bis zur Serosa reichende und Peritonitis veranlassende Eiterung. Sie
vmrde durch die pyogenen Kokken bedingt. Aetiologisch kam ein
indirectes Trauma in Betracht, an das sich die Erkrankung an-
schloss. — Einen eigenthümUchen Fall von intestinaler Syphilis
theilte Buday (Virchow's Archiv Bd. 141) mit. Es fanden sich intestinale
ausser Leberveränderungen geschwürige Processe im Magen und ^^ ^ ^'
Darm, die in ersterem an Ulcera rotunda, in letzterem an Typhus-
geschwüre erinnerten. Die Histologie mit ihrer raschen Neigung
zu Fettmetamorphose des die Processe begrenzenden Gewebes sprach
aber für Syphilis. Auffallend war femer die enorme tumorähnliche
Vergrösserung der mesenterialen Lymphdrüsen. — An der Hand von
neun Fällen s t r i c t u r i r e n d er Mastdarmgeschwüre kam
E. Fraenkel (Münch. med. Wochenschr. Nr. 24) im Gegensatz zu Mastdarm-
anderen Beobachtern zu dem Schluss, dass sie auf Syphilis zurück- ^^^^nk"
zufuhren seien, während er die von anderen Seiten als ein ätio-
logisches Moment angeführte Drucknekrose durch Kothballen nur
als eine disponirende Veränderung gelten lassen will.
Li einer ausführlichen Arbeit über die pathologische Ana-
tomie des Pankreas kam Dieckhoff (Festschr. f. Thierfelder) Pankreas
unter anderem bezüglich des Diabetes zu folgenden Schlüssen : Li zahl-^ V^^
reichen Fällen ist die einzige Ursache des Diabetes eine Pankreas- Dieckhoff.
erkrankung, die ihn am leichtesten hervorruft, wenn sie diifus ist.
Pankreaserkrankungen fuhren aber nicht immer zum Diabetes.
«
Li Fällen von acuter gelber Atrophie sahen Meder und Acute gelbe
Marchand (Ziegler's Beitr. Bd. 17) ausgedehnte Kegenerations-'^*'^®^^*® ^^^
erscheinungen. Diese gingen von den Gallengängen aus , deren Meder u.
wuchernde Zellen sich in ausgebildete neue Leberzellen umwandelten Marchand.
und in einem Falle zur Neubildung von Leberzellenbalken geführt
hatten, in einem solchen Umfange, dass daraus makroskopisch sicht-
bare Heerde entstanden waren. — Nach Unterbindung der
Leberarterie sah Jansen (ibid.) multiple kleinere und grössere Unter-
Nekrosen auftreten, die sich theils in Cysten umwandelten, theils t^v^. ^^
zu einer Bindegewebswucherung Veranlassung gaben. Durch Nekrose arterie,
von Gallengängen entsteht Gallen Stauung. Gallengänge und Leber- Janson.
Zellen proliferiren. Dmochowski und Janowski (ibid. Bd. 16) be- Cysten der
schrieben einen Fall von cystischer Entartung der Leber und Nieren, p^o^^o^g^i u
Erstere ging von einer Wucherung und Dilatation der Gallengänge Janowski.
aus. Da sich auch Bindegewebe um diese entwickelte, so sprechen
Verff. von einem Fibroadenoma cystoides.
42 Ribbert.
Adeno- Siegenbeek van Heukelom (ibid. Bd. 16) theilte Beobach-
carcinom tungen über das Adenocarcinom der Leber bei Cirrhose
der Leber, , .
Siegenbeek van ™^*- I^i© Geschwulstentwickelung geht meist von den Leberzellen
Heukelom. aus, ist anfangs trabeculär, später mehr alveolär. Der Tumor wächst
durch eine Art Infection der Nachbarschaft, nicht aus sich heraus
Leber- durch Verdrängung. — De Jong (Dissert. Leiden) machte aus-
^d' "j ^ * ^' gedehnte Untersuchungen über Lebercirrhose. Die Grösse der
Leber lässt keinen Schluss auf die interacinöse oder intraacinöse Art
der Bindegewebswucherung zu. Die neuen Gallencapillaren entstehen
aus einer Umwandlung von LeberzeUenbalken. Die Cirrhose ist der
Ausdruck einer Allgemeinerkrankung, die in Darmprocessen ihre
Grundlage hat. Die Milzvergrösserung ist zum Theil abhängig von
bindegewebigen Wucherungsprocessen in ihr.
Resorption Die Resorption aus der Peritonealhöhle erfolgt nach
vom Muscatello (Virchow's Archiv Bd. 142) sehr schnell, wie ja auch
Peritoneum, , /->< • ■«
Muscatello. allgemein bekannt, durch das Centrum tendineum des Zwerchfells.
Dagegen findet nach seinen Untersuchungen in der übrigen Bauch-
höhle keine Resorption statt. Wenn bei Aufsaugung von Farbstoff-
partikeln diese auch in den mesenterialen Drüsen erscheinen, so ge-
langen sie dahin auf einem Umwege, indem sie zunächst durch das
Zwerchfell nach oben und ins Blut treten, dann in Leber und Milz
und von hier aus in die zugehörigen Lymphdrüsen gelangen. An
der Resorption sind Leukocyten lebhaft betheiUgt.
4. Harnorg^ane.
Im Gegensatz zu v. Wunschheim, der in einem im ver-
gangenen Jahre referirten Aufsatz zu dem Resultat gekommen war,
dass die ascendirende Nephritis sich typisch von einer auf
Bacterielle hämatogenem Wege entstandenen unterscheide, hat Orth (Ges. der
^OrUi *' ^^^^* ^ Göttingen, H. 1) hervorgehoben, dass auch durch Aus-
scheidung von Bacterien durch die Niere das Bild einer ascendirenden
Erkrankung entstehen könne. Die sich in den geraden Harnkanälchen
festsetzenden Organismen rufen dieselben streifenförmigen Abscesse
V Wunschheim, hervor, v. Wunschheim (Prag. med. Wochenschr.) hat dann seine
Auffassung wieder vertheidigt und betont, dass eine Unterscheidung
deshalb leicht sei, weil bei der descendirenden Form wohl inuner
Bacterien auch in Gefässen des Markes zu finden sein würden. Er
will die Ausscheidungsnephritis durchaus nicht in Abrede stellen,
nur soll sie nicht so typische Verhältnisse erzeugen. Orth sah eine
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 43
Stütze seiner Darstellung auch in der folgenden Arbeit, in welcher Nieren-
Meyer (Virchow's Arch. Bd. 141) die Entstehung der Miliar- *"^®"'*^°^^'
tuberculose der Niere, insbesondere der Marksubstanz, fest-
zustellen suchte. Er fand Bacillen in grosser Menge in den Ham-
kanälchen, und da er ein Eindringen in dieselben aus der Umgebung
ausschliessen musste, so leitete er sie von den Glomerulis ab, sah
also die Erkrankung als eine Ausscheidungstuberculose an. Durch
die normalen Glomeruli treten freilich keine Bacillen hindurch, aber
sie brauchen auch keine hochgradigen Veränderungen zu zeigen. —
Ueber die Genese der Cy stenniere machte Mutach (ibid. Bd. 142) Cystenniere,
Mittheilungen. Er konnte zwei typische Fälle congenitaler Cysten- Mutach.
niere untersuchen, in denen kein Nierenbecken vorhanden war. Er
stellte fest, dass die Cysten zum Theil nicht abgeschlossen waren,
sondern durch zwei oder mehrere Kanälchen mit dem scheinbar
blinden Ende des Ureters in Verbindung standen, dass also keine
völlige Markkegelatrophie bestand. Die Reichlichkeit und Beschaffen-
heit des Bindegewebes, die Gegenwart hyalinen Ejiorpels in dem-
selben veranlassen den Verf. die Cystenniere als eine Entwickelungs-
störung aufzufassen, die sich auf Grund der Nierengenese ja leicht
erklären lässt. — v. Kahlden (Ziegler *s Beiträge Bd. 16) berichtete üreteritis
über die Üreteritis cystica. Er leitete die multiplen Cysten aus ^ v*A\^*'
Epithelverdickungen ab, die sich nachher aushöhlen. In den Cysten
fand er grössere und kleinere sich mit Eosin intensiv färbende, vor-
wiegend runde Körper, von denen die kleinsten ein rothes Blut-
körperchen an Grösse nicht erreichten. Ferner fand er kleinere,
scharf contourirte, runde und sichelförmige Gebilde, die sich mit Eosin
nur wenig, mit Hämatoxylin zum Theil dunkel färbten. Verf. hält
alle diese Dinge für Entwickelungsstufen eines Protozoon. In zwei
von ihm untersuchten Fällen zeigten die Gebilde grosse Verschieden-
heiten, so dass Verf. an die Möglichkeit zweier Protozoenarten
denkt.
Anhang. Nebenniere.
Rolleston (Brit. med. Journal, 6. April) veröffentlichte einen
Aufsatz über die Function, Structur und Neubildungen der Neben-
niere und über ihre Beziehung zum Morbus Addisonii. Er kam zu
dem Schluss, dass diese Krankheit in einer ungenügenden Function
der Nebenniere ihren Grund habe, ohne entscheiden zu können, ob
dieser Ausfall eine toxische Beschaffenheit des Blutes oder eine
allgemeine Atonie zur Folge habe. — Friedland (Prager med.
Neben-
nieren-
erkran-
kungen,
RolleBton.
44 Ribbert.
Accesso- Wochenschr. Nr. 12) sah bei gleichseitigem Conflux eines Ureters
risehe ^^^^^ eines Vas deferens accessorische Nebennieren in beiden
Neben-
n leren, Samensträngen, ohne diesen Befund mit jener MLssbildung in Zu-
Friedland, sammenhang setzen zu wollen.
5. Qeschleehtsorgrane.
Involution Broers (Virchow's Arch. Bd. 141, S. 72) untersuchte die In-
des Uterus, volution des puerperalen Uterus bei Kaninchen und kam zu
dem Schluss, dass die Verkleinerung desselben post partum zunächst
auf einer Ausstossung von Glykogen aus den Muskelfasern, auch
der Gefasswände beruht. Daran schliesst sich fettige Degeneration
der Muskelfasern und ebenfalls Ausstossung der Fetttropfen. Gly-
kogen und Fetttropfen werden resorbirt, die letzteren ziemlich lang-
Eklampsie, sam. — Leusden (ibid. Bd. 142) studirte zwei Fälle von Eklampsie.
Lensden. j^^ bestätigte das Vorkonmien von Placentarriesenzellen in den Lungen,
von hyalinen Thromben in Lunge und Leber und Nekrosen in letzterer.
Er fasst aber die RiesenzellenemboUe nur ala ein accidenteUes Er-
eigniss auf. Der wesentlichste anatomische Befund sei die Nieren-
erkrankung, die ihren wichtigsten Ausdruck in einer Verlegung der
Capillarschlingen der Glomeruli durch hyaline Massen findet, die aber
keine Fibrinfarbung geben. Die Hamkanälchen zeigen degenerative
Zustände. Verf. stellt die Nierenaifection im Bilde der Eklampsie
in den Vordergrund imd macht sie wie die anderen Organerkrankungen
abhängig von toxischen, im Blute kreisenden Substanzen, deren Her-
Uterus- kunfb allerdings unaufgeklärt ist. — Seelig (ibid. Bd. 142) berichtete
carcinom, ^^^j. ^[q Ausbreitung des Uteruscarcinoms im Bereiche des
Se6li<?. .
Genitaltractus. Das Carcinom wuchert hauptsächlich in den Lymph-
geßissen, und zwar stets continuirUch, nicht metastatisch, aber viel-
leicht auch auf Gnmd einer Implantation bei Operationen. Das
Portiocarcinom beginnt meist in den tieferen, der CoUumkrebs meist
in den oberen Schleimhautschichten. Gelangt der Tumor an Drüsen,
so werden sie durch ihn verdrängt. — Ueber die freien Körper der
Freie Tunica vaginalis stellte Sultan (ibid. Bd. 140) Untersuchungen an.
Körper der gj. fa^^ in derselben in einem FaUe 10000—12 000 Körper, die
Tnnica .
vaginalis ^^^^ ^^^ ZeUschuppen, Detritus und concentrisch geschichteten Ge-
Snltan. bilden zusammensetzten. Letztere hatten ein kugeliges hyalines
Centrum. Er leitet sie ab aus hyalin degenerirten Scheidenzotten,
da er an einzebien von ihnen noch ein centrales Gefäss nachweisen
konnte, welches sich in anderen Zotten in jenen Centralkörper um-
gewandelt hatte. Die Lmenfläche der Tunica zeigte im übrigen theils
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 45
fibrinoide Degeneration, theils mehrschichtigen Endothel- oder Epi-
dermisüberzug.
6. Bewegrnngrsorgrane«
Stoeltzner (Virchow's Arch. Bd. 141) berichtete über zwei Fälle
vorgeschrittener Knochenerweichung einer wegen Fractur ver-
tical sospendirten Extremität bei rachitischen Kindern. Den einen
Fall konnte er untersuchen. Die suspendirte Extremität zeigte bei
Heilung der Fracturen erhebliche Atrophie der gesammten Knochen-
substanz. Die rachitischen osteoiden Zonen und die kalkhaltigen
Theile waren erheblich reducirt, letztere unter Mitwirkung von
Riesenzellen. An der Atrophie hatten verminderte Apposition und
verstärkte Resorption Antheil. Ursächlich kam die durch die Sus-
pension bedingte Anämie in Betracht, durch welche nach Ansicht
des Verf. 's Knocheneinschmelzung bedingt wird. — Barth (Ziegler's
Beiträge Bd. 18) beobachtete den Verlauf einer Implantation
lebenden und todten Knochens in Kjiochenwunden. Er fand,
dass völlig aus dem Zusammenhang getrennte Theile stets dem
Untergang verfallen und günstigstenfalls durch neuen Knochen er-
setzt werden. Todter Knochen wirkt, in Defecte eingebracht, an-
regend auf die regenerativen Wucherungsprocesse und auf die Ossi-
iication des neuen Gewebes. Auch Schwammstücke haben eine
ähnliche, aber geringere Wirkung. Dass jene besser wirkt, liegt an
dem Kalkgehalt des implantirten Stückes. Soll die Heilung gut vor
sich gehen, so müssen die eingepflanzten Kjiochen dem Defectrande
anliegen. — In einer Arbeit zur Morphologie und Biologie
der Zellen des Knochenmarks zeigte Arnold (Virchow's
Archiv Bd. 140) neben vielen histologischen Einzelheiten, dass in das
Mark eingeführte Fremdkörper, meist an Zellen gebunden, und dass
auch Knochenmarkriesenzellen in das Blut übertreten können.
Knochen-
atrophie,
Stoeltzner.
Knocben-
implanta-
tion,
Barth.
Knochen-
mark,
Arnold.
Lehrbücher und Monographieen.
1. Bacteriologie.
Baumgarten, Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von
den pathogenen Mikroorganismen, umfassend Bacterien, Pilze und
Protozoen. Harald Bruhn. Braunschweig. Bericht für 1893.
C. Günther, Einführung in das Studium der Bacteriologie. 4. Aufl.
Leipzig.
F. Hueppe, Naturwissenschaftliche EinfÜhnmg in die Bacteriologie. Wies-
baden.
46 Ribbert.
A. Stavenhagen, Einführung in das Studium der Bacteriologie. Stuttgart.
G. Itzerott und F. Niemann, Mikrophotographischer Atlas der Bacterien-
kunde. Leipzig.
2. Pathologische Anatomie.
Birch-Hirschfeld, Lehrbuch der pathologischen Anatomie. 2. Bd.,
2. Hälfte. Leipzig.
Ziegler, Lehrbuch der allgemeinen und speciellen pathologischen Ana-
tomie. 8. Aufl. 2. Bd. Specielle pathologische Anatomie. Jena.
Langerhans, Grundriss der pathologischen Anatomie. 2. Aufl. Berlin.
0. Bolllinger, Atlas und Grundriss der pathologischen Anatomie. 1. Heft.
Circulationsapparat. München.
n.
Innere Medicm.
Kraase,
1. Krankheiten des Neryensystems.
Von Professor Dr. Seeligrmllller in Halle.
A. Allgemeines^).
(Anatomie, Physiologie etc.)
Krause (Physiologie des Trigeminus nach Untersuchungen Physiologie
an Menschen, bei denen das Ganglion Gasseri entfernt worden ist. Münch. . ^®*,
med. Wochenschr. Nr. 25 u. ff.) hat an den von ihm operirten Kranken
Folgendes constatirt: dieAusfaUserscheinungen sind nicht bei allen Operirten
gleich ; die verschiedenen Gefühlsqualitäten bieten nie die gleichen Grenzen.
Die Anästhesie wird nach Ausdehnung und Intensität allmählich kleiner.
Auch der Geschmack ist auf der operirten Seite für Süss, Sauer und Salzig
in den vorderen zwei Drittheilen der Zunge beträchtlich herabgesetzt und
ebenso die Geruchswahmehmung. Neben Lähmung der vom dritten Quintus-
aate versorgten Muskeln sind auch die vom Facialis innervirten, weil sie
ihrer Sensibiliät beraubt sind, beeinträchtigt (sensomobile Lähmung), nament-
lich in der unteren Hälfte des Gesichts. Infolge von Verlust des Muskel-
gefühls macht sich eine gewisse Ataxie bei allen mimischen Bewegungen
bemerkbar. Trophische Störungen traten nicht am Auge ein, da der
eventuelle Schmutz u. dergl. durch den synergischen Lidschluss auch am
anästhetischen Auge entfernt wird; die Thränenabsonderung dagegen war
in allen Fällen auf der operirten Seite dauernd vermindert.
Biedl (lieber die spinale sog. aufsteigende Trigeminus-
wurzel. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 33) findet zunächst die Bezeich-
nung , aufsteigende" Trigeminuswurzel nicht richtig, da die Leitungsrichtung
eine absteigende sei. Richtiger sei die Bezeichnung „spinale" oder „Ro-
lando'sche Wurzel". Anatomisch hat Verf. durch Thierversuche nach-
gewiesen, dass die spinale Wurzel nach complicirtem Verlaufe bis zum
Biedl.
') Vgl. auch Abschnitt II, 3 S. 111 ff.
48
Seeligmüller.
zweiten Cervicalnerven herabreicht, da«8 ihre Degenerationsrichtung ab-
steigend ist, ebenso ihre Leitung. Die Fasern sind durchaus sensibel, doch
finden sich auch vasodilatatorische Fasern für das Gesicht in ihr.
Algesio-
meter,
MotBclmt-
kowBky.
Motschutkowsky (Ein Apparat zur Prüfung der Schmerz-
empfindung der Haut. — Algesiometer. Neurol. Centralbl. Nr. 4)
gibt ein Instrument an , das 10 cm lang und von cylindrischer Form ist
und aus 8 Theilen, einem oberen verdickten, in 15 gleiche Theile zer-
legten, einem mittleren Abschnitte und dem 1 cm langen Endgliede be-
steht, durch dessen 1 mm weite Oeffiiung mittels Drehen des oberen ver-
dickten Theiles sich eine Nadel beliebig weit hervorschrauben lässt. Beim
Fortschreiten der Umdrehung um je einen Theilstrich tritt die Nadelspitze
0,1 mm vor. — Es wird bis zur ersten wahrnehmbaren Schmerzempfindung
geschraubt. In der ziffermässigen Darstellung der Schmerzempfindung be-
steht der Hauptvorzug des Instrumentes.
Bulbo- Hallion und Comte (Arch. de Physiol. norm, et path. Nr. 1) hatten
medullärer bereits früher bei Gesunden einen bulbomedullären Gefässreflex
Gefäss-
rcflcx,
HaUion u.
Comte.
Reflexe,
Pandl.
untersucht, der wesentlich in einer eigenartigen Verengerung der peripheren
Gefasse sich zeigt, sobald man die Haut mechanisch reizt. Diesen Reflex
haben sie sowohl bei Hysterischen von völlig anästhetischen Hautzonen aus-
lösen können, als auch bei der B a s e d o w'schen Krankheit; bei der Sy-
ringomyelie dagegen wurde der Reflex in den anästhetischen Gebieten fast
vollständig oder gänzlich vermisst; bei spinaler Kinderlähmung trat am
gelähmten Arme Gef ässerweitemng , am gesunden die normale Gefäas-
verengerung ein, bei traumatischer Neuritis fehlte der Reflex in der
anästhetischen Zone.
Pandl (Der corticale Mechanismus der Reflexphäno-
mene. Pflüger's Arch. Nr. 9) findet den Satz, dass das Rückenmark (sub-
corticale Centren) der Sitz der Reflexphänomene seien, auf Grund physio-
logischer und pathologischer Beobachtungen nicht richtig. Besondere
Beachtung schenkt er den „raschen" Reflexen, den Sehnen- und Pupillar-
reflexen.
Namentlich frische Hemiplegieen , wo Sehnenreflexe und willkürliche
Bewegungen ausbleiben und nach und nach gemeinschaftlich zurückkehren,
wenn die corticale Bahn hergestellt ist, ebenso die Verengerung der Pupille
auf der Seite der choreatischen Körperhälfte als directe Folge der von
der Hirnrinde ausgehenden Reize sind ihm ein Beweis, dass diese Reflexe
durch die Hinrinde zu Stande kommen. Dasselbe gilt von den langsamen
Reflexen wie Schlucken nach Hemiplegie, Harnlassen bei Angst u. dergl.
Die Thatsache, dass die Hautreflexe später zurückkehren als die Sehnen-
reflexe, findet ihre Erklärung darin, dass der Patellarreflex der am schnellsten
sich herstellenden corticalen, i. e. der motorischen Bahn folgt, während
der Hautreflex später erscheinen muss, da er nur durch Summation der Reize
wirkt, sein Bewegungseffect geringer ist und seine Bahnen beim Menschen
Kranklieiten des Nervensystems. 49
nicht so geübt sind. Die Steigerung der Sehnenreflexe erklärt sich auch
aus der früheren Herstellung der motorischen Bahnen, in welchen bei der
unvollkommenen Assocürung der wirksamen Reize in den Associationsfasem
der Hirnrinde eine grössere Wirkung entstehen muss. Ebenso entsteht
auch die Contractur der Hemiplegiker , welche also corticalen Ursprunges
ist. Die Steigerung der Reflexe geht parallel mit einer Verminderung der
willkürlichen Bewegung.
Die Leitung aller Reflexe durch die Hirnrinde ist also eine Thatsache.
Hinsdale und Taylor (Internat, med. magazine, Juni) haben Addactor en-
den Adductorenreflex, den man auch als gekreuzten Patellar- j^^^j^^*
reflex bezeichnet, an 65 Knaben und 70 Mädchen, deren motorische Taylor.
Apparate stark geschädigt waren, geprüft und nur in 17 Fällen
deutlich hervorbringen können. Zu dem Ende setzt der Patient
beide Kniee einen Fuss weit aus einander auf einen Stuhl, die Füsse
etwas nach vom gestellt. Klopft man dann auf das untere Ende
der Adductoren, so contrahiren sich diese. Der Reflex fehlte in
allen Fällen (über 30) von cerebraler Atrophie, Idiotie, Hemiplegie
und bei Vorhandensein von Contracturen.
Monti (Arch. ital. de Biol. Bd. 24) hat bei Hunden und Kaninchen Künstliche
künstlich Hirnembolie hervorgerufen und das Verhalten der Embolie,
Protoplasma fortsetze studirt. Entsprechend der Annahme Golgi's,
dass die Protoplasmafortsätze aus den Ge^Utsen den zu ihrer Existenz
nöthigen Emährungssaft erhalten, fand er bereits 5 Stunden nach der Em-
boüe aji den Protoplasmafortsätzen wie an den Neurogliazellen morpho-
logische Veränderungen, die er als ,varicöse Atrophie* bezeichnet. Es
kommt dann weiter zur vollständigen Degeneration der Zellen, weil für diese
die Protoplasmafortsätze die Bedeutung von Emährungsorganen haben.
Münzer und Wiener (Prag. med. Wochenschr. Nr. 14) entfernten EntfemuBg
bei ganz jungen Kaninchen eine Gross- oder eine Kleinhirnhemi-®iner Gross
Sphäre und untersuchten die Gehirne, wenn sie erwachsen waren. Nach . ^T
Entfernung einer Grosshimhemisphäre fand sich eine Verkleinerung des hemisphäre
betreffenden Stammtheils und ein vollständiges Fehlen der Pyramide ; das Münzer u.
Rückenmark war indessen auf beiden Seiten gleich gut entwickelt. Wurde Wiener,
dieses nun später auch noch durchschnitten, so kam es dennoch zu einer
absteigenden Degeneration der Seitenstränge. Daraus erhält die An-
schauung, dass in der Pyramidenbahn ausser der corticomusculären auch
noch kürzere intersegmentale Bahnen verlaufen, eine neue Stütze. Nach
Kleinhimexstirpation fand sich niemals eine absteigende Degeneration im
Rückenmark; nach Zerstörung des medialen oberen Lappens aber auf-
steigende Degeneration des Bindearms, nach Zerstörung des lateralen Lappens
Degeneration im mittleren kleinen Himschenkel.
Jahrbach der practischen Medicin. 1896. 4
50
Seeligmüller.
GroBshirn
und
psychische
Phänomene,
Mingazzini.
G. Mingazzini (II cervello in relazione con i fenomeni
pßichici. Studio della morfologia degli hemisferi cere-
brali delT uomo con un introduzione del Prof. Sergi.
Torino 1895) gibt eine ausführliche Monographie über die Morpho-
logie der Grosshimoberfläche im fötalen Zustande des Menschen und
Primaten, bei beiden Geschlechtern und verschiedenen Rassen, und
auch bei Personen, welche mit abnormen und deformirten Schädel-
bildungen behaftet waren, bei Irren, Taubstummen, Verbrechern und
Mikrocephalen. Dazu im Anhang 8 Tafeln mit 43 vortrefflichen
Abbildungen.
Bianchi,
Function Bianchi (üeber die Function der Stirnlappen. Arch. ital.
der (Je Biol. Bd. 12) schliesst aus Thierversuchen , bei welchen er bald einen,
^^'^"^^J^f ®°'bald beide Stirnlappen exstirpirte, dass in diesen sich die sensoriellen und
motorischen Producte der verschiedenen Gefühls- und Bewegungscentren
der Hirnrinde definitiv coordiniren, gewissermassen als in Neuronen höherer
Ordnimg.
Die ebenfalls an den Stirnlappen angestellten Versuche von Gros-
glik (Arch. f. Anat. u. Physiol.) stimmen im ganzen in ihren Ergebnissen
mit denen Munk's überein , nur dass Grosglik den Stimlappen als ge-
meinsames Centrum für Nacken und Rumpf betrachtet und dass er die
Störungen von Seiten der Wirbelsäule nie so persistent fand wie jener.
Grosglik.
Sehhügel,
Caetellino.
Castellino (Wien. med. Wochenschr. Nr. 32 u. 33) machte Versuche
an Tauben, Kaninchen und Hunden über die Function der Sehhügel,
die er partiell oder vollständig zerstörte. Auf Grund dieser Versuche er-
klärt er die Sehhügel für die Organe, mittels welcher wi. im Stande sind,
die Distanzen der uns umgebenden Gegenstände abzuschätzen.
Rücken-
marka-
heminnngB-
centren,
Pal.
Pal (üeber Hemmungscentren im Rückenmark. Wien,
klin. Wochenschr. Nr. 11) hat ausser dem von ihm schon früher beschriebenen
Centrum für die im Splanchnicus verlaufenden Hemmungsnerven die Exi-
stenz anderer Hemmungscentren nachgewiesen; durch Ausschaltung de^
unteren Rückenmarksabschnitts traten Spontanbewegungen des Darms ein,
und andererseits zeigte Vagusreizung einen erhöhten Effect,
Histologie Obersteiner (Wien. med. Presse Nr. 16) hat die neueren For-
d<>s Central- gehungen auf dem Gebiete der Histologie des Central-
nervensystems einer Kritik unterzogen. Er hält die Protoplasmafort-
sätze für keineswegs gleichwerthig ; sie haben jedenfalls auch mit der
nervösen Leitung zu thun.
n e r V 0 n-
Systems,
Obersteiner.
Krankheiten des Nervensystems.
51
B^ Krankheiten der Centralorgane.
1. Gehirn.
Allgemeines.
Adamkiewicz (Die sog. Stauungspapille etc. Zeitschrift f. Hirudruck
klin. Med. Bd. 28, H. 1 u. 2) erklärt auf Grund von Versuchen an Kaninchen ^ ^ " "
. . . . Stauuuga-
die seitherige Anschauung, dass die Stauungspapille ein Zeichen gesteigerten papiile,
Himdrucks sei, för irrthümlich. Durch Steigerung der Spannung innerhalb Adamkiewicz,
des Schädels könne nach seinen Versuchen wohl eine Stauung in den Chorio-
idealvenen hervorgebracht werden, also eine Stauungschorioidea, aber nie-
mals eine Stauungspapille. Diese müsse vielmehr als das Resultat und der
sichtbare Ausdruck einer durch die krankhafte Reizung der den Sehnerven
ernährenden Centren angeregten imd längs dieses Nerven bis zur Papille
herabkriechenden neuropathischen Entzündung angesehen werden.
Sie sei daher als Neuritis neuroparalytica oder oedematosa papillae nervi
optici zu bezeichnen.
Diesen heterodoxen Anschauungen über die Bedeutung des Hirn-
drucks gegenüber theilen Taylor (Ophthalmological Society 's Trans-
actions Bd. 14) und Clark e und Morton (Brit. med. Journal, April 13,
S. 802) Fälle mit, in welchen die Neuritis optica nach Verminderung bezw.
Aufhebung der intracraniellen Drucksteigerung, Erööhung des Schädels
durch Trepanation, verschwand und nicht wiederkehrte.
Anton (Mittheilungen des Vereins der Aerzte in Steiermark Nr. 5)
leitet die mit Himdrucksteigerung auftretenden Functionsstörungen des
Rückenmarks und der peripheren Nerven ab von einer Schädigung der
vom Gehirn kommenden Leitungsbahnen, die gelegentlich in secundären
Degenerationen der Pyramidenbahnen und Hinterstränge des Rückenmarks
ihren Ausdruck finden.
Taylor,
Glarke u.
Morton,
Anton.
Beyer (Ueber Verlagerungen im Gesichtsfeld bei
Plimmerskotom. Neurol. Centralbl. Nr. 1) berichtet über Skotom-
anfalle, welche er zu wiederholten Malen an sich selbst beobachtet
hat. Sie unterscheiden sich von anderen Beobachtungen dadurch,
dass sie nicht in der Mitte, sondern in der Peripherie des Gesichts-
feldes beginnen, dass das hauptsächliche Skotom nicht paracentral,
sondern gerade im Blickpunkt lag. Neu imd wichtig ist besonders
die Beobachtung während eines im Freien beobachteten Anfalles
auf einer Strasse, deren rechte Seite mit Häusern, deren linke mit
Bäumen besetzt war. Verf. erblickte plötzlich über den Bäumen
Mauerwerk mit Fenstern u. dergl. , welches bei Linksdrehung doH
Gesichts-
feld-
Störungen,
Beyer.
52
Seeligmüller.
Gesichts-
feld-
BtoruDgen,
Beyer,
König.
Kopfes verschwand. Es waren Bruchstücke von Wahrnehmungen
der Häuser zur Rechten, welche rechts ausfielen, die er aber im
äusseren Gesichtsfeld links oben sah. Verf. erklärt sich die Er-
scheinungen durch trophische oder Circulationsveränderungen in den
centralen Sehsphären der Kinde des Hinterhauptlappens. Manche
aus den Ganglienzellen der Ketina kommende Reize gelangen nicht
zur Perception — Gesichtsfelddefecte. Abnorme Reize sind wirk-
sam — glänzende Zickzacklinien. Die von der Retina kommenden
Reize werden falsch zusammengesetzt. Wahrnehmung der Gegen-
stände am unrichtigen Orte.
Aehnüch denkt sich Verf. die bei der acuten hallucinatorischen
Verworrenheit unter anderem vorkommenden Vorgänge, welche weder
Illusionen noch Hallucinationen seien, sondern nur Dissociationen in
den Vorgängen der Wahrnehmung durch „unrichtige Zusammen-
setzung der vom Auge gelieferten Reize".
Bei der bis jetzt sehr geringen Zahl von transitorischer
Hemianopsie und concentrischer Gesichtsfeldeinschrän-
kung bei cerebraler Kinderlähmung (bis jetzt sind nur
sechs Beobachtungen veröffentlicht) hat der von W. König (Arch.
f. Psych, etc. Bd. 28, S. 937) sehr sorgfältig beobachtete ein grosses
Interesse. Bei der Analyse der Erscheinungen müssen wir die
Hemianopsie und die Gesichtsfeldeinschränkung wohl aus einander
halten ; denn während jene auf eine Mitaffection des linken Occipital-
lappens hinweist, ist diese nicht als ein Heerdsymptom, sondern als
eine functionelle Begleiterscheinung anzusehen.
Pupillen,
r.echterew.
Bechterew (Ueber die willkürliche Erweiterung der
Pupille. Deutsche Zeitschi\ f. Xervenheilk. Bd. 7, S. 478) beob-
achtete bei einer 37jährigen nervösen Frau, dass sie die rechte
Pupille willkürlich erweitern konnte, und macht auf ähnliche Fälle
in der Litteratur aufmerksam.
Diplegia
corebralis
spastica,
Oppenheim,
König.
Oppenheim (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 34) beobachtete
die gleiche Diplegia spastica cerebralis mit Spasmen in den
Muskeln der Augen-, wie der motorischen Hirn- und Extremitäten-
nerven bei Mutter und Tochter, nur dass erstere vollständig
stumm war, während die Tochter etwas sprechen gelernt hatte,
allerdings mit hochgradiger Dysarthrie. Diese Vererbung ist bis
jetzt noch nicht beschrieben.
König (ibid. Nr. 39) beschreibt ebenfalls einen Fall von Di-
plegia cerebralis, welcher mit multipler Sklerose oder auch mit
Krankheiten des Nervensystems.
53
Friedreich'scher Krankheit verwechselt werden konnte; und be-
spricht die differentielle Diagnose der drei E^rankheiten.
Mendel (Ueber den Schwindel. Berl. klin. Wochenschr. Schwindel,
Nr. 26) erklärt Störungen des Augenmuskelapparats für ®° ^ '
die wesentliche Ursache des Schwindels. Die Augenmuskel-
centren werden sehr häufig in Mitleidenschaft gezogen, auch wenn
sich an den Augen selbst nichts Pathologisches findet, wi« bei dem
Schwindel, der vom Magen, von den Ohren oder von allgemeiner
Arteriosklerose auszugehen scheint. Die Kerne der Augenmuskeln
werden durchweg von sog. Endarterien versorgt, daher kommt es
hier so leicht zu Circulationsstörungen imd damit zu Schwindel bei
Anämie, Atheromatose, Meni^re'scher Krankheit, Brom-, Alkohol-,
Nikotinvergiftung.
Fleck (Zur Aetiologie der spontanen Hirnblutung
im mittleren und jugendlichen Alter. Münch. medic. Ab-
handl. H. 66, 1. Reihe, 19. H., 1894) konnte bei Durchsicht der
Sectionsbeiunde im Münchener pathologischen Institut während der
Jahre 1884 — 1893 einen principiellen Unterschied zwischen den spon-
tanen Himblutimgen des jüngeren und mittleren Lebensalters einer-
seits und den weit häufiger vorkommenden des höheren Alters
andererseits mit Beziehung auf die Art der die wesentliche Ursache
der Blutung bildenden Gefösserkrankung und das Verhalten der
apoplektischen Heerde selbst nicht nachweisen. Dagegen konnte er
feststellen, dass gewisse Momente (Alkoholismus und Syphilis), wenn
auch nicht ausschliesslich, so doch mit Vorliebe in relativ früher
Zeit zu Apopleida sanguinea prädisponiren , während andere, in
erster Linie naturgemäss gewisse Altersveränderungen (Atheromatose
und Marasmus), vorzugsweise an den Apoplexieen älterer Leute die
Schuld tragen.
Barrs (Prognose der cerebralen Hämorrhagie. The
British med. Journal, May 18) erklärt drei Momente für pro-
gnostisch wichtig bei der Himapoplexie, nämlich Nierenleide nj
Cheyne-Stokes-Athmen und Hyperpyrexie; das bei weitem
wichtigste aber ist die Nierenaflfection. Sind eins, zwei oder gar
drei dieser Symptome vorhanden, so wird der Kranke aller Wahr-
scheinlichkeit nach nicht genesen. Fehlen diese drei sämmtlich,
so kann und wahrscheinlich wird er wieder aufkommen, so lange
die Bewusstseinsstöiiing auch dauern und so tief sie sein mag. Das
Hirn-
blutung,
Fleck,
BaiTs.
54
SeeliginüUer.
Vorhandensein von Diabetes, chronischem Alkoholismus, Typhoid,
idiopathischer Anämie können den gleichen fatalen Einfiuss ausüben
wie das Nierenleiden.
Encepha-
litis,
Oi>penheim,
Fieyhan,
Oppenheim (Die Prognose der acuten, nicht eiteri-
gen Encephalitis. Deutsche medic. Wochenschr. Nr. 6) stellt
die Prognose dieser Krankheit auf Grund von anderen und fünf
eigenen Beobachtungen quoad sanationem completam günstig. In
allen seinen Fällen konnte er Tuberculose, Lues, Erweichung oder
Blutung ausschliessen. Die hervorstechendsten Symptome waren
Fieber bis etwa 39,0° als Maximum, mehr weniger starkes Be-
nommensein des Sensoriums, geringe Nackensteifigkeit, Neuritis
optica. Aphasie oder Extremitätenlähmimgen als Heerdsymptome.
Aetiologisch wird Alkoholismus, Puerperium, Influenza, Endocarditis
ulcerosa angeführt. Verf. ist mit Strümpell der Ansicht, dass die
Prognose bei Fieber über 40" und tiefem Coma, welches rasch ein-
tritt, schlecht sei, dass dagegen geringe, bald sich bessernde Be-
nommenheit, frühzeitiges Ueberwiegen der Heerdsymptome, niedriges
Fieber, protrahirter Verlauf gute Aussichten biete. Der bei Alko-
holikern beobachtete ungünstige Ausgang erkläre sich aus der ge-
ringen Widerstandsfähigkeit des Gewebes eines Potators.
Freyhan (Ueber Encephalitis haemorrhagica. Ebenda
Nr. 39) erkennt die bisher so scharf wie möglich durchgeführte
Trennung der einzelnen Enc^phalitisformen nicht an, da die Grenzen
flüssige seien. So bilde z. B. bei der We r nick e'schen Poliencepha-
litis superior haemorrhagica und bei der Strümpell-Leichtenstern-
schen Grosshimencephalitis den Kern der pathologischen Verände-
inmgen eine Reihe von Blutergüssen aus den stark dilatirten Capil-
laren. Die Ursache sei eine toxische (Influenzagift, Alkohol). Beide
Krankheiten kommen zusammen oder auch mit Poliomyelitis ver-
einigt vor, so in einem Falle, wo sich Grosshimencephalitis und
Poliencephalitis superior gepaart findet und Heilung eintrat. Ein
löjähriger Knabe hatte vor vier Wochen Influenza überstanden, er-
krankte mit Benommenheit und Nackensteifigkeit. Linke Pupille
grösser als rechte. Rechtsseitige Facialislähmung der unteren zwei
Drittel; linke Körperhälfte zeitweise von Krämpfen befallen. Hyper-
ästhesie der Haut. Rechte Körperhälfte schlaff gelähmt. Es blieb
im Verlaufe der Zeit eine Lähmung des rechten Arms zurück, es
trat hinzu eine rechtsseitige periphere Facialislllhmung und eine
complicirte Augenmuskellähmung. Gleichzeitig Schwindel, Erbrechen,
Ataxie sämmtlicher Extremitäten. Ausgang in Heilung.
Krankheiten des Nervensystems. 55
"Während Frey h an sich den von Oppenheim aufgestellten
prognostischen Kriterien durchaus anschliesst , möchte v. J a k s c h v. Jaksch.
(Prager med. Wochenschr. Nr. 40) für die schweren Formen
von primärer Encephalitis, welche er als Encephalitis
haemorrhagica multiplex acutissima bezeichnet, im all-
gemeinen eine ungünstige Prognose stellen. Der von ihm beschrie-
bene und unter dem Bilde einer Meningitis verlaufende Fall endete
allerdings in drei Tagen mit dem Tode.
Bruns (Neurol. Centralbl. Nr. 14) theilt ausführlich einen Fall von Gonor-
gonorrhoischer Hemiplegie und Aphasie mit, in welchem die Läh- rhoische
mung der rechtsseitigen Extremitäten sich als unheilbar herausstellte, die Bruns '
Sprachstörung dagegen schnell und fast vollständig zurückging. Die
20jährige, seit wenigen Monaten verheirathete Frau war sogleich nach der
Verheirathung von ihrem Gatten gonorrhoisch inficirt worden. Die anfangs
festgestellte gonorrhoische Urethritis und Endometritis setzte sich in eine
linksseitige Perimetritis und Salpingitis fort. Gleichzeitig entwickelte sich
unter epileptischen Krämpfen der rechten Körperhälfte eine Lähmung auf
derselben Seite, die Bruns auf eine Embolie, entstanden durch Ver-
schleppung eines im gonorrhoisch entzündeten Gewebe entstandenen Throm-
bus, zurückführt. Ob der Thrombus direct den Gonokokken seine Ent-
stehung verdankt, oder ob es sich um einen mehr indifferenten Thrombus,
eine einfache Blutgerinnimg im entzündeten Gewebe gehandelt hat, muss
freilich dahingestellt bleiben.
Treitel (EinFall von multiplem otitischem Hirnabscess otitischer
nebst einer Statistik aus dem pathologiscb-anatomischen^^^'^*^®®®^*'
. . Treitel,
Institut zu Berlin. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Nr. 1) gibt zunächst
eine vergleichende Zusammenstellung, aus welcher hervorgeht, dass
multiple otitische Abscesse nicht häufig sind (bis 17 °/o) und dann
eine Krankengeschichte. Ein junger, an Otorrhoe leidender Mann
erkrankt acut mit Kopfschmerzen. Alle anderen Symptome, welche
zu einer sicheren Abscessdiagnose helfen könnten, fehlen. Sub finem
bildet sich unter gleichzeitigem Coma eine Facialislähmung, Nacken-
steifigkeit und geringe Temperatursteigerung heraus. Es fanden sich
im Schläfen- und angrenzenden Occipitcdlappen mehrere Abscesse.
Verf. räth, auf die früher viel betonte Wichtigkeit der Nacken-
steifigkeit bei Himabscessen kein zu grosses Gewicht zu legen. Auch
die gekreuzte FaciaHsparese als Zeichen eines Temporalabscesses
der ohrkranken Seite, infolge von Femwirkung auf die innere Kapsel,
ist nicht absolut sicher.
Knapp (Geschichte und Autopsie zweier tödtlich verlaufen- Knapp,
den otitischen Hirnkrankheiten. Zeitschi*. f. Ohrenheilk. Nr. 1)
56
SeeligmüUer.
Otitischer bringt erstens einen Fall von Abscess im Schläfenbeinlappen im Anscbluss
HirnabBcesß, gjj chronische Otorrhoe. Der Kranke erkrankte während der Behandlung
"*^^' seines Ohrenleidens plötzlich an Kopfweh, Benommensein, üebelkeit und
starb unter unerwartetem Temperaturanstieg im Coma. Bei der Section
zeigte sich der ganze Schläfenlappen von einem Abscess eingenommen.
Dura normal. Abscesshöhle mit schwarzgrauer zerfallender Schicht aus-
gekleidet. In der Nähe der Eminentia arcuata ein Durchbruch der Dura
und des Knochens, von wo aus man in die Trommelhöhle gelangte. Im
zweiten Falle handelt es sich um einen 26jährigen Mann mit acuter puni-
lenter Otitis' und Mastoiditis. Im Verlaufe traten Symptome auf, welche
einen Himabscess vermuthen Hessen. Es wurde viermal in der verschiedensten
Weise vergeblich operirt. Schliesslich trat der Tod ein, wie die Section
ergab, infolge von Leptomeningitis der vorderen Lappen. Bemerkenswerth war
ein gleichfalls post mortem entdeckter Retropharyngealabscess, welcher von
der Trommelhöhleneiterung ausging. Der Eiter nahm seinen Weg durch
den Canalis pro tensore tympani. Von dem Retropharyngealabscess aus
gelangte der Eiter durch Knochenlücken in den Schädel und erzeugte die
Leptomeningitis.
Trauma des
Gehirns,
Ewald,
Thomsen.
Ein besonderes Interesse bieten mehrere Mittheilungen über
Traumen des Gehirns. Ewald (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 11)
theilt folgenden Fall mit. Ein 12jähriger Elnabe fiel auf den Hinter-
kopf, kein Bewusstseinsverlust. Einen Monat danach hohe Tempe-
ratur und Schüttelfröste. Diese wiederholen sich erst wieder 8 Monate
nach dem Unfälle und gleichzeitig zeigt sich eine Anschwellung in
der linken Scheitelbeingegend, rechtsseitige Hemiplegie und Abnahme
des Sehvermögens wie der geistigen Fähigkeiten. Nach Entleerung
von vielem Eiter aus der geschwollenen Stelle Zurückgehen aller
Erscheinungen bis auf die Neuritis optica; dann wieder Verschlimme-
rung und nach Wegnahme des Ejiochenstückes wieder Eiterabfluss,
der aber nach einigen Tagen aufhört. Der Eiter kam, wie sich bei
der Section herausstellte, aus einem aus einer meningealen Blutung
hervorgegangenen Abscess, der den Knochen perforirt hatte. Die
Sistirung des Abflusses aber erfolgte infolge einer schnellen Steige-
rung des Himdrucks durch Hydrocephalus, der in einer Compression
der Vena magna Galeni durch meningitische Schwarten seine Er-
klärung fand. Im linken Stimhini fand sich ein zweiter, wallnuss-
grosser Abscess.
Thomsen (Commotio, Hirnverletzung oder Neurose? Ein
klinischer Beitrag zur Lehre von der Gehirnerschütterung. Allgem. Zeitschr.
f. Psychiatrie u. psych.-ger. Medicin Nr. 4, 1894) beschreibt den Fall eines
belasteten Melancholikers, der sich in die Stirn mit Revolverkugel schiesst.
Die Kugel drückt sich im Knochen platt (7 mm). Nur sehr kurze Bewusst-
Krankheiten des Nervensystems. 57
Seinstrübung. Verschwinden der Melancholie fast vom Moment des Schusses
ab. Am 5. Tage heftige epileptische Krämpfe (Status epilepticus). Puls 120,
sehr klein. Temperatur 39,4. Am 9. Tage Sopor. Verschwinden der
Krämpfe. Am 11. Tage Coma. Himdruck. Puls 42 — 70. Halbseitige
Lähmungs- und Reizerscheinungen. Linker Arm und Bein machen coordi-
nii*te zuckende Bewegungen. Linker Facialis paretisch. Am 12. Tage
rechter Facialis paretisch, linker normal, rechtsseitige Zuckungen der
Extremitäten. Am 18. Tage subjectives Wohlbefinden, nur noch leichte
Facialisparese. Völliger Verlust der Melancholie. Rasche Genesung. Verf.
glaubt, da das complicirte Symptombild weder auf Commotio noch Hirn-
verletzung passt, eine rein fonctionelle Störung annehmen zu können, in-
dem der Symptomencomplex der Melancholie durch die neuen Erscheinungen
abgelöst wurde.
Allen Starr (Hirnchirurgie. Deutsch von Max Weiss. Hirn-
Leipzig u. Wien 1894) behandelt nach eigenen und fremden Er- ^^^^^^f^^^*
fahrongen die Fragen, ob das vorhandene Leiden durch einen ope-
rativen Eingriff beeinflusst werden kann und mit welchem Erfolge.
Zu dem Ende bespricht er 1. die Diagnose cerebraler Erkrankungen,
2. die Rindenfelder der Sprache, 3. der Gesichtswahmelimungen,
4. der acustischen Eindrücke, B. der Geruchs- und Geschmacksein-
drücke. Die Trepanation wegen Epilepsie wurde in Amerika in den
letzten 5 Jahren SOOmal ausgeführt, Heilimg nach Starr in 34,7*^/0.
Bei durcli Mikrocephalie bedingtem Schwachsinn wurden durch Ope-
rationen günstig beeinflusst die Hemiplegie, Aphasie, Athetose und
sensorische Defecte. Von 81 Grosshimtumoren wurde in 54 Fällen
der Tumor richtig gefunden und aus dem Gehirn entfernt; 39 Hei-
lungen! 15 Todesfalle, 25mal wurde der Tumor nicht gefunden. Von
16 Tumoren des Kleinhirns wurden 9 nicht gefunden.
V. Bergmann (Ueber einige Fortschritte in der Hirn- v Bergmann.
Chirurgie. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 16) rühmt die fortschreitende
Entwickelung der Himchirurgie, deren Hauptschwerpunkt bei Him-
geschwülsten jedoch in der Diagnose liegt, da von 100 Hirntumoren
nur 6 erkennbar und operirbar sind und nur 3 die Operation über-
stehen. Auch bei der Jacks o naschen Epilepsie ist der Erfolg frag-
lich, da die Anfalle durch die Operation wohl abgeschwächt und
seltener werden, aber selbst nach Jahren wiederkommen. Berechtigt
ist die Trepanation eigentlich nur, wo man Veranlassimg hat, an
die Epilepsie verursachende Geschwülste oder Cysten zu glauben.
Am bedeutendsten sind die Fortschritte der Chirurgie in der Be-
handlung von intracraniellen Eiterungen, also bei Himabscessen,
epiduraien Eiterungen, infectiösen Sinusthrombosen und der Lepto-
58
Seeligraüller.
Hirn-
chirurgie,
y. Bergmami,
Beevor a.
ßallance,
Murray,
Wood u.
Cotterell,
Nasse,
Joel,
Haenel.
meningitiä. Anschliessend bespricht Verf. nur die otitischen Eite-
rangen genauer. Am meisten neigen chronisch otitische Processe
zu einer Eiterung im Hirn, und zwar beginnt dieselbe da, wo die
Eiterung vom Ohre aus bis zum Schädelinhalt vorgedrungen ist.
Vom Dach des Kuppelraumes aus verbreitet sich die Eiterung nach
Durchbrechung desselben im Schläfenlappen des Gehirns. Verf. gibt
nun die einschlägigen Operationsmethoden an und geht dann zu den
infectiösen Sinusthrombosen über, in deren chirurgischer Behandlung
er den grössten Fortschritt der Chirurgie erblickt. Auch der Auf-
meisselung des Warzenfortsatzes thut er gebührend Erwähnung.
Beevor und Ballance (The Brit. med. Joum., Jan. 5) ent-
fernten einen subcorticalen Tumor (Spindel- und Bundzellensarkom
von der Grösse einer halben Apfelsine) aus der Gegend der linken
motorischen Region bei einer 39jährigen Frau. Vor der Operation
bestanden rechtsseitige Hemiplegie, Kopfschmerz, Erbrechen, Neuritis
optica, rechtsseitige nicht ganz vollständige Hemianästhesie und
psychische Störungen. Vier Monate nach der Operation war das
Gefühl auf der rechten Körperhälfte normal, die Beweglichkeit der
rechten Gesichtshälfte vollständig, die der rechten Körperhälfte theil-
weise wieder hergestellt, Psyche normal, Kopfschmerz verschwunden.
Murray (ibid.) beschreibt drei Fälle von Himabscess bei Kindern,
die alle durch Operation geheilt wurden. Outterson Wood und
Edward Cotterell (ibid.) beseitigten fast vollständig eine rechts-
seitige Hemiplegie bei einem 3jähi*igen Mädchen mit epileptischen
Anfällen durch Operation einer in der Mitte der linken Centralfurche
gelegenen Cyste, von deren äusserer Wand zwei Stücke heraus-
geschnitten wurden.
Interessante Beitäge zur Hirnchirurgie lieferten femer:
Nasse (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 3), Joel (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 8), Haenel (ibid. Nr. 37).
Echino- Max Bieder (Virchow's Arch. Bd. 141) beschi'eibt den ersten
««frt^A'ü« Fall von hühnereigros'sem multiloculärem Echinococcus
im ireoiri), . .
Bieder. des Gehirns mit 12 einzelnen Alveolen im rechten Stimhim bei
einem 33jährigen Potator in Basel. Der multiloculäre Ecchinococcus
ist überhaupt bis jetzt fast nur in Süddeutschland und der Schweiz
beobachtet worden und ist wahrscheinlich dem in Basel seltenen
uniloculären gegenüber als eine besondere Species anzusehen.
Syphilis, ^^^ ^^^ ^^^ Fällen von Hirnsyphilis, welche Gajkiewicz
üi^jkiewicz. (NeuroL Centralbl. Nr. 18, S. 831) mittheilt, ist der erste dadurch sehr
Krankheiten des Nervensystems.
59
lehrreich, dass er zeigt, wie man e non juvantibus die Syphilis bei
Himerkrankimgen nicht ausschliessen darf; viebnehr dürften Horsley
und Gowers recht haben, welche das Gummi für unheilbar durch
die Specifica halten, so dass man es nur durch die Trepanation ent-
fernen könne. In dem vorliegenden Falle von J a c k s o n'scher Epilepsie
geschah dies mit vollständigem Heilerfolg, nachdem auf die Operation
noch eine antisyphilitische Cur gebraucht war. Bis jetzt existiren
nur vier solcher Fälle, von welchen zwei günstig ausgingen.
des Sprach-
centrums,
Pick,
Dejerine ii.
Miralliä,
Koux,
Lo calisation.
a. In der Hirnrinde (und Marklager).
Wie Freud festgestellt hat, schädigt jede Störung des Sprach-
centrums sämmtliche sprachlichen Functionen, so auch das Lesen.
Das Leseverständniss kann erhalten sein, während beim Laut-
lesen deutliche Lesestörungen hervortreten, so in einem Falle von
Friedel Pick (Prag. med. Wochenschr. Nr. 40). Dejerine imd Störungen
Miralli6 (Compt. rend. de la Soci6t6 de Biologie, Juli 6) unter-
suchten 18 Fälle von motorischer Aphasie, die sämmtlich
Störungen des Leseverständnisses zeig'ten. Einzelne gaben
nach ihrer Erinnerung an, sie hätten zu Anfang die Leseproben nur
als schwarz auf weiss erkennen können; einige konnten einzelne
Worte wohl lesen, aber nicht ganze Sätze. Die Lesestörungen
können früher zurückgehen als die Sprachstörung. Indessen wiesen
Thomas und Roux (ibid.) nach, dass motorisch Aphasische selbst
dann, wenn sie anscheinend wieder lesen konnten, doch noch gewisse
leichte Störungen des Lesens zeigten.
Das Schreibvermögen dagegen kann vollständig erhalten
bleiben bei motorischer Aphasie, so in einem Falle von Prevost
(Rev. m6d. de la Suisse Romande Nr. 6). Ein 60jähriger Mann er-
krankte nach längeren cerebralen Vorboten an Anfällen von Jack-
son'scher Epilepsie mit Aphasie und rechtsseitiger Hemiplegie.
Unter antis3^hilitischer Behandlung trat allmählich vollständige
Heilung ein.
Käst (Zur Symptomatologie der „transcorticalen" Be-
wegungsstörungen. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1) knüpft an die
Theorie an, dass in den Grosshimrindencentren nicht einzelne Muskeln,
sondern combinirte Bewegungen vertreten seien und dass die Hemi-
plegie um so schwerer sei, je mehr die betreffende Bewegung in
der einen oder in beiden Hemisphären centralisirt sei. An der Spitze
Prövost.
QQ Seeligmüllei*.
Trans- der combinirten Bewegungen steht der Sprechact, am Ende die
cortiaie automatischen Bewegungen des Gehens, Athmens u. s. w. So kann
9u7rungen/ z. B. eine gelähmte Gesichtshälfbe noch unwillkürlich den Mund zum
Käst. Lächeln verziehen. Verf. beschreibt bei einem 53jährigen Hemiplegiker
das sehr seltene Vorkommniss, dass willkürlich nicht nur der linke,
sondern auch der rechte Facialis nicht innervirt werden konnte,
während beim Hervorrufen eines Schmerzes, beim Trinken, Saugen
Bewegungen des Gesichtes eintraten, Ebenso konnte der Kranke
bei Aufforderung nicht kauen, die Zunge bewegen u. s. w., während
er sonst kauen und sprechen konnte. Innerhalb 6 Wochen bildete
sich die betreffende Affection zur Norm zurück. Verf. erklärt die
Erscheinungen aus der Analogie der von Wernicke aufgestellten
transcorticalen motorischen Aphasie.
Spiegel- Hermann Weber (Zeitschr. f. klin. Med. S. 260) sah bei
Schrift, rechtsseitig Gelähmten, die nur die linke Hand hatten einüben können,
H Weber o ? ^ ^ 7
Spiegelschrift und ebenso sehr häufig bei Schulkindern, und zwar
bei den jüngsten , . am wenigsten geübten in 34 °/o , bei den älteren
in 6 — 14 ^|o, während bei Erwachsenen, wenn sie mit der linken
Hand schrieben, nur sehr wenige Spiegelschrift schrieben. Er glaubt,
die Spiegelschrift bei Kindern auf deren Gewohnheit zurückfuhren
zu sollen, bei den ersten Schreibübungen nicht auf das optische
Bild und die Schreibfläche, sondern vielmehr auf die Körperbewe-
gungen des Vorschreibenden zu achten und diese nachzuahmen.
Spiegelschrift bei Erwachsenen bedeutet demnach, dass bei diesen,
meist imbecillen, jene minderwerthige Auffassung zur Ausführung
kommt.
b. Im übrigen Gehini.
Tumoren im Guthrie und Turner (Ein Fall von Tumor der Corpora
Vierhugei, quadrigemina. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 29) beschreiben den
Guthno u. .
Turner. ^^ eines 23jährigen Klaviermachers, der, früher gesund, vor 3 Jahren
an rechtsseitiger Ohreneiterung erkrankte. Kurz danach Stimkopf-
schmerzen ; Hospitalaufnahme. BLier zeigte sich der Kopf nach hinten
gebeugt und nach rechts verzogen. Bei Versuchen, zu sitzen oder zu
stehen, Neigung nach rückwärts zu fallen. Keine Ataxie. Strabismus
convergens, zuweilen unterbrochen von zuckenden Augenbewegungen
nach rechts. Linke Pupille weiter als rechte, mangelhafte Reaction.
Beiderseitige Opticusneuritis. Zittern des rechten Arms. Puls
50 — 60. Fehlen der Patellarreflexe , Steigerung der Hoden- und
Bauchreflexe. Die übrigen Sinne normal. Benommenheit des Sen-
Krankheiten des Nervensystems.
61
soriums, doch richtige Beantwortung von gestellten Fragen mit un-
veränderter Stimme. — Trepanation mit negativem Befund. — Exitus. — »
An Stelle der Vierhügel eine harte, kömige Geschwulst, welche auch
den linken Thalamus opticus mitergrifPen hatte und auf den rechten
drückte. Der Boden des Aquaeductus Sylvii, die Regio subthalamica
waren zerstört. Himschenkel intact. Die Geschwulst war ein Angio-
sarkom.
Collins (American Journ. of med. sciences Nr. 4, S. 423) hebt in Aqaeductus
einem Falle von Tumor des Aquaeductus Sylvii mit Erweite-
rung der Ventrikel, von welchen der dritte mit den beiden Seiten-
ventrikeln nahezu eine Höhle bildete, bei dem 20jährigen jungen
Manne als Hauptsymptom den schwankenden (cerebellaren) Gang
hervor.
Sylvii,
Collins.
Jamane.
Jacobsohn und Jamane (Neurol. Centralbl. Nr. 23, S. 1150) Hintere
machen auf Grund einer Untersuchung von acht Fällen darauf aufmerk- Schädel-
. . grübe,
sam, wie die anatomischen Veränderungen bei Tumoren der hinteren jaoobeohn u.
Schädel grübe im Gehirn und Rückenmark auf die Stauung, die
sich durch Druck auf die Vena magna Galeni und den Sinus trans-
versus nothwendigerweise einstellen muss, im wesentlichen zurück-
zufuhren sind; namentlich die beträchtliche Wasseransammlung in
den Ventrikeln, vielleicht aber auch die hier besonders hochgradige
Stauungspapille.
V. Frankl-Hochwart (Ueber den M^niere'schen Sym-
ptomencomplex. Wien. med. Presse Nr. 19 u. 20) gibt, um Klar-
heit in die für alle Formen des Ohrenschwindels gebrauchten Be-
nennungen „M6ni6re'sche Symptome" oder „M^ni^re'sche Krankheit"
zu bringen, folgende Eintheilung. I. Wirkliche Meni^re'sche Krank-
heit, apoplektische Taubheit, wo infolge eines Blutergusses ins
Labyrinth oder nach einem Trauma sich der Insult und sofort Taub-
heit einstellt. 11. Die Krankheit gesellt sich zu acuten oder chro-
nischen Ohrenleiden hinzu oder beginnt mit demselben, m. Durch
Ausspritzen des Ohres, Kopfgalvanisation, Katheterisirung u. dergl.
entstehender Ohrenschwindel. IV. Pseudom6niere'sche Anfalle bei
intactemOhre ohne äussere Einflüsse; bei Hysterie, Epilepsie und
Hemicranie.
Gruber (M^ni^re'sche Erkrankung. Münch. med. Wochen-
schrift Nr. 27) berichtet in der „Oesterreichischen otologischen Gesell-
schaft" über den Symptomcomplex der M^niere'schen Erkrankung, als
Meniere-
scher
Symptomen-
complex,
V. Frankl-
Hochwart,
Gruber.
62 SeeliginüUer.
Meniere's che dessen Ursache er nicht nur Blutungen in das Labjo'inth, sondern
^G^ \ ** ' *^^^ secretorische oder exsudative Processe annimmt. Die Blutung sei
am seltensten die Ursache. Als eigentliche M^ni^re'sche Krankheit
seien nur die Formen zu bezeichnen, die Schwindel bis zur Ohn-
macht imd Erbrechen, subjective Hörempfindungen und Schwerhörig-
keit resp. Taubheit aufweisen. Die mit Fieber einhergehenden Pro-
cesse lassen sich leicht davon trennen. Verf. erwähnt den Fall eines
Caissonarbeiters, der schon nach wenigen Minuten aus dem Caisson
mit allen Erscheinungen der M^niere'schen Krankheit herausgeholt
wurde, ohne geheilt zu werden.
Kleinhirn- Friedeberg (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 33) theilt in tabel-
erkranknng, larischer Form neun Fälle von Kleinhirnerkrankung mit, welche
im wesentlichen die von Luciani in seiner Monographie auf Grund
von Thierversuchen geschilderten Erscheinungen bestätigen. Be-
sonders bemerkenswerth ist die in fünf Fällen ausgesprochene Nacken-
steifigkeit, welche, wenn man im gegebenen Falle Meningitis und
Hydrocephalus ausschliessen kann, als ein sehr charakteristisches
Symptom vom Verf. angesehen wird. Autoptisch interessant ist der
Fall 4, in welchem eine Cyste im Kleinhirn gefunden wurde. (Zwei
wiiiiamson, Fälle von Kleinhimcysten hat Williamson [s. dieses Jahrb. Bd. 15,
S. 172] beschrieben.) Auch symptomatisch hat jener Fall Interesse:
an den Krämpfen betheiligte sich die Rump&ausculatur, und die
Hände wurden in. der von Charcot bei Pachymeningitis cervicalis
hypertrophica beschriebenen Stellung gehalten.
Bond. Bond (Journal of mental science, Juli) fand bei einer von Jugend
auf schwachsinnigen, zur Zeit des Todes 43 Jahre alten Frau, die unsicheren
Gang, stammelnde Sprache, später aber Zittern, Ataxie und allgemeine
Hülflosigkeit, körperlich wie geistig, gezeigt hatte, eine ausserordentliche
Atrophie und Sklerose des Kleinhirns, dessen Lamellen vollständig
in fibröses Gewebe umgewandelt waren. Das Grosshim war normal ent-
wickelt; sein Verhältniss zum Kleinhirn war 22 : 1, statt 8:1.
Hirnhäute.
Hacmatoma Hahn (Kin Fall von Haematoma durae matris auf luetischer
duraematriB,ßa,8is. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6) beschreibt den Fall eines
' 36jähi*igen LuStikers, der bei Lebzeiten im Verlaufe mehrerer Jahre Attacken
von Schwindel , Kopfschmerz , rechtsseitiger Körperparese , linksseitiger
Oculomotoriusparese darbot und unter den Erscheinungen eines Schlag-
anfalles acut zu Grunde ging (Benommenheit, ungleiche, reactionslose Pu-
pillen, Verlust der Sprache, Lähmung der Athmung). — Die Section ergab
eine linksseitige Pachymeningitis haeraorrhagica interna. Die Pia entlang
Krankheiten des Nervensystems.
63
den Gefössen strichförmig weiss getrabt (Leptoineningitis chronica). Die
linke Hemisphäre muldenförmig abgeplattet, besonders in der Gegend der
Centralwindungen. Alle vier Ventrikel stark erweitert. Keine apoplekti-
sehen Himheerde.
Walton (ibidem) fand bei einem 19jährigen jungen Manne, der nach Walton,
einem Schlag an den linken Kinnbacken bewusstlos umgefallen war, Rigidität
aller vier Extremitäten, Zuckungen in verschiedenen Muskeln beider Körper-
hälften gezeigt hatte und 6 Tage nach der Verletzung gestorben war, die
gajize Gehimoberfläche , besonders links mit einem subduralen Blut-
extravasat bedeckt.
Putnam (Americ. Joum. of med. sciences, April) fand bei einer Putnam,
72jährigen Dame mit rigiden Arterien, die 10 Tage nach einem Falle auf
den Hinterkopf nach vorausgegangenen Zuckungen in den Muskeln der
linken Körperhälfte, auf welche nach 2 Tagen sich Lähmung derselben
eingestellt hatte, comatös geendet hatte, neben zwei anderen Blutextra-
vasaten einen subpialen Bluterguss in dem oberen Drittheil der
Rolando^schen Furche, wodurch die Centralwindungen platt gedrückt
waren.
Wagner in Königshütte (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 7) hat Wagner.
zwei Fälle von Hämatom der Dura mater durch temporäre
Schädelresection geheilt. Beide Fälle waren durch Trauma ent-
standen; durch schwere stumpfe Gewalten waren Brüche der Schädel-
basis mit Fortsetzimg auf die Convexität und ein Hämatom in der
mittleren Schädelgrube hervorgerufen, im ersteren Falle durch Zer-
reissung der beiden Aeste der Arteria meningea media, im anderen
Falle des vorderen Astes und des Sinus transversus.
Seitz (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 14 u. 15) nimmt
eine Coli-Tozinaemia cerebrospinalis in folgendem Falle an.
Ein 1 '/z jähriges, bis dahin gesundes Mädchen erkrankte an allen Er-
scheinungen einer acuten Cerebrospinalmeningitis und starb nach
14 Tagen. Die Section ergab abgesehen von etwas vermehrter Cere-
brospinalflüssigkeit nichts Abnormes; in Gehirn und Lungen wurde
aber bei genauer Untersuchung das Bacterium coli nachgewiesen.
Ebenso dürfte es sich auch in anderen Fällen von tödtlicher Menin-
gitis serosa und acutem Hydrocephalus um bacterielle Intoxicationen
handeln.
Coli-
Toxinaemia
cerebro-
spinalis,
Seitz.
Die Lumbalpunction (s. d. Jahrbuch Bd. 15, S. 164) hat
Quincke (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 41) bisher in 53 Fällen aus-
geführt, welche zum grossen Theil von Bieken (Deutsches Archiv
f. klin. Med. Bd. 56) ausführlich mitgetheilt sind. Es handelte sich
namentlich um Krankheiten, die mit Drucksteigerung verbunden sind.
Lumbal'
pnnction,
l^uincke.
64
Seeligmüller.
Lichtheim,
Fürbringer,
Lumbal- also um Hirntumoren, Hydrocephalus und die verschiedenen Formen
^o"-^*k'"' ^®^ Meningitis: serosa, scrophulosa, tuberculosa. In einigen Fällen
zeigt sich unmittelbar nach der Function oder sogar während der-
selben ein Nachlass gewisser Himsymptome: der Kopfschmerz wird
geringer, die Steifigkeit und das Sensorium freier. Therapeutisch
ist die Function wirksam in acuten Fällen seröser und serös-eitriger
Meningitis.
Lichtheim (Zur Diagnose der Meningitis. Berl. klin.
Wochenschr. Nr. 13) hat in einem Falle von eitriger Ohrmeningitis
die Diagnose durch Entleerung streptokokkenhaltigen Eiters sicher
gestellt. Gegenüber der Beobachtung ' von Freyhan (s. d. Jahr-
buch Bd. 17, S. 64) hebt Lichtheim hervor, dass in den von ihm
pungirten Fällen von tuberculöser Meningitis das Untersuchungs-
ergebniss zwar stets ein positives gewesen, dass aber die Bacillen
immer sehr spärlich waren.
Fürbringer (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 13) konnte in einem
Falle keine Flüssigkeit entleeren, weil, wie die Autopsie nachwies,
keine da war; vielmehr setzte sich eine sulzige, von vielen sub-
miliaren Tuberkeln durchsetzte Masse von der Basis des Gehirns
längs des Rückenmarks fort.
Stadelmann (Ein Beitrag zur diagnostischen Be-
deutung der Lumbalpunction. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 27)
warnt vor der Anwendung der Lumbalpunction bei Erwachsenen in
der Privatpraxis, betont ihren vorwiegend diagnostischen Werth zxir
Unterscheidung der eitrigen von der tuberculösen Meningitis und
dem Hirnabscess. Schema: Bei tuberculöser Meningitis klare
Flüssigkeit mit Bacillen, bei Meningitis trübe resp. eitrige Flüssig-
keit mit Kokken, bei Hirnabscess klare Flüssigkeit ohne Mikro-
organismen. Beweisend ist für die Anwesenheit der betreffenden
Krankheit nur der positive Ausfall der Probe. Verf. führt Fälle an,
wo sich trotz der durch Autopsie nachgewiesenen eitrigen Meningitis
eine klare Punctionsflüssigeit fand. Der interne Medicrner ist sonach
nicht berechtigt, bei fehlenden Mikroorganismen einen Abscess im
Gehirn anzunehmen und zur Operation zu rathen.
Diagnoseder Krannhals (Zur Casuistik meningitisähnlicher Krank-
K"**iihal8^' heitsfälle ohne entsprechenden anatomischen Befund.
Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54, S. 89) betont die Schwierigkeit,
die Diagnose Meningitis absolut sicher in vivo zu stellen, da es
1) Fälle gebe, wo Symptome von Seiten des Centralnervensystems
bei acuten Lifectionskrankheiten gleich von vom herein die Situation
so beherrschen, dass die Diagnose Meningitis gestellt wird imd bei
Stadelmann.
Krankheiten des Nervensystems. 65
der Section sich ein negativer Himbefund ergibt, und da 2) die
Diagnose Meningitis gestellt wurde in Fällen, welche bei der Autopsie
weder im Hirn noch in anderen Organen irgendwelche Verände-
rungen boten, und da 3) echte Meningitisfälle völlig latent verlaufen
können. Für die Entstehung eines meningitisähnlichen Bildes zieht
er gewisse Toxine heran, deren Giftwirkungen auf das Centralnerven-
«ystem feststehen. So bringt er fünf letal endende Fälle, wo in vivo
die Diagnose Meningitis gestellt war und wo die betreffenden Er-
krankungen jedesmal während einer Influenzaepidemie beobachtet
wurden. Bei der Section fanden sich keinerlei entzündliche Er-
scheinungen an den weichen Hirnhäuten, sondern nur Oedem der Pia,
grosse venöse Blutfülle der Sinus, Hirnhäute und der Hirnrinde und
eine leichte Vermehrung der Kammerflüssigkeit. In der Convexität
der Pia und der Hirnrinde finden sich kleine Sugillationen und ent-
sprechend den Sugillationen mikroskopisch kleine Bindennekroti-
sirungen (Behinderung der Blutzufuhr infolge Gefässzerreissungen der
weichen Hirnhaut). Ob diese Hämorrhagieen und regressiven Vor-
gänge in der Hirnrinde die meningitischen Erscheinungen veranlassen,
bleibt imgewiss. Ob man die mit Fieber, Somnolenz, Delirien, Coma
verlaufende Krankheit zur „Nona" zählen will, welche ja auch als
Folge der Influenzainfection angesehen wird, überlässt Verf. dem
Leser.
Dennig (Zur Diagnose der Meningitis tuberculosa.Diagnoseder
Münch. med. Wochenschr. Nr. 49, 1894) legt den Hauptschwerpunkt Meningitis
, . _ r-. 11 1 -r%- /» T ^-r 1 • m , i ■. tubeTculosa,
bei der Stellung der Diagnose aui den Nachweis von Tuberkel- Dennig.
bacillen, welche aus der durch Spinalpunction entleerten Spinalflüssig-
keit gewonnen wurden. Die anderen zur Stellung der Diagnose
wesentlichen Momente imterschätzt er selbstverständlich nicht : 1. here-
ditäre Belastung; 2. mit kleinen Unpässlichkeiten beginnende, pro-
gressiv verlaufende Krankheit; 3. Rückgang der Ernährung mit
unregelmässigen Temperaturen; 4. psychische Alteration; 5. Kopf-
schmerzen, Erbrechen, Obstipation : gestörte Sensibilität und Beflex-
erregbarkeit , cerebrale Erregungs- und Depressionszustände , Bei-
zungs- und Lähmungserscheinungen, anfangs vermehrte Pulsfrequenz,
später verlangsamter Puls, Kahnbauch. Verf. bringt einen atypisch
verlaufenen Fall von tuberculöser Meningitis, wo die Diagnose durch
Lumbalpunction gestellt wurde : in der Cerebrospinalflüssigkeit reich-
liche Tuberkelbacillen.
Sänger (i!inFall von Meningitis basilaris gummosa.
Aus dem ärztlichen Verein in Hamburg. Münch. med. Wochenschr.
Nr. 17) stellt eine 38jährige Schuhmachersfrau vor, die Anfang
Jahrbach der practischen Medicin. 1896. 5
tJ6 Seeligmüller.
x^BiB^itis Januar 1895 nach Stägigen Schmerzen über dem rechten Augapfel
gviEmos?, imierhalb drei Tagen erblindete. Beim Gehen Schwanken nach
rechts, Schwindel und TJnbesinnlichkeit. Blasse Papilla optica rechts.
Bechte Pupille reagirt direct nicht, wohl aber indirect. Vor dem
linken Auge Flimmern und Nebelsehen. Linkes Gesichtsfeld normal.
Ueber dem rechten Auge heftige Schmerzen. Hypästhesie im
ersten und zweiten Trigeminusaste und Herabsetzung des Geruches
auf dem rechten Nasenloche. Lues objectiv nicht nachweisbar; da-
gegen war der Mann fiiiher syphilitisch gewesen. Die Diagnose
wurde auf einen ausgedehnten, wahrscheinlich syphilitischen Process
an der Basis cranii gestellt, welcher im wesentlichen die rechte
vordere Schädelgrube einnahm. Ein Tumor war wegen mangelnder
Himdruckerscheinungen auszuschliessen, auch war das Ohiasma opti-
cum nicht zerstört, da ja das linke Gesichtsfeld intact war. Es
wurde Jodkali per os und Schmiercur angewandt, wodurch alle
Symptome bis auf die ErbUndung des rechten Auges zurückgingen.
Die Behandlung muss nach Sänger sehr energisch sein.
2« Krankheiten des Terlftngrerten Marks«
Boibärer Piueles (Zur Kenntniss des bulbären Symptomen-
Typ«s complezes Typus Erb-Goldflam. Jahrb. f. Psych, u. Neurol.
Pralles. -^^ 1^^ theilt vier Fälle mit, welche sich durch das jugendliche
Alter, die rasch und schubweise von statten gehende Entwickelung
der Symptome, die morgendlichen Remissionen und abendlichen
Exacerbationen der Lähmungen, sowie das Schwanken der Erschei-
nungen überhaupt, die Ptosis und das Fehlen von Muskelatrophieen
auszeichnen.
Mainm Yulpius (Halbseitige Zungenatrophie alsMalum occi-
0 .ipitaie. pitale. Beitr. zur klin. Chirurgie Bd. 15) sah in zwei Fällen von
Erkrankung der obersten Halswirbel Atrophie der einen Zungen-
hälfte mit Abweichen der Zunge nach der gesunden Seite. In dem
ersten Falle, der zur Section kam, fanden sich neben Caries des
Atlas und Epistropheus, sowie des linken Felsenbeins Erweichungs-
heerde in der Oblongata und im Kleinhirn.
Progressive Remak (Zur Pathologie und Therapie^ der progres-
B«ibir> siven Bulbärparalyse. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2) wider-
R«mak. Spricht der früher üblichen Anschauung, dass nur die unteren zwei
Drittel des Facialisgebietes bei der Bulbärparalyse befallen würden
Krankheiten des Nervensystems. (57
und dass die Betheiligung des Stimastes nur für die asthenische
Bulbärparalyse (ohne anatomischen Befund) oder die infantile (fami-
liäre) Bnlbärparalyse charakteristisch sei. Verf. verfügt über drei
Fälle von echter amyotrophischer Bulbärparalyse, bei denen der Mus-
culus frontalis mit betheiligt war. Die Therapie ist die der galva-
nischen Kathodenreizung am Halse zur Auslösung von Schluck-
bewegungen, um durch die positiv nachgewiesene Besserung des
Schluckvermögens den Tod zu verzögern. Wenn auch natürlich diese
Behandlung nur symptomatisch ist, darf sie doch nicht als wir-
kungslos oder als nur suggestiv wirkend angesehen werden.
V. Openchowski (Ueber einen seltenen Fall von Erkrankung Pseudo-
mit bulbären Erscheinungen, der in Genesung endigte. Berl. bulbär-
D ft r ftl vs 6
klin. Wochenschr. Nr. 32) beschreibt den Fall einer 36jährigen Frau , bei ^ ODenchowski
welcher sich plötzlich nach einem Schreck bulbäre Symptome einstellten.
Lähmung des rechten Oculomotorius und Abducens, Erweiterung der rechten
Pupille, Lähmung des rechten Facialis mit träger Zuckung, Lähmung der
Zunge, Lähmung und Atrophie der Lippen. Erschwerung des Schluckens,
näselnde, monotone Sprache. Erloschensein des Gehörs, Geschmackes, Ge-
ruches. Rechtsseitige Anästhesie. Parese und Tremor der rechten Extre-
mitäten. Gang stark ataktisch. Bewusstsein normal. Athmung und Puls
erhöht. — Als Grund der in relative Heilung überführenden Krankheit
nimmt Verf. eine locale nicht ganz vollständige Thrombose der rechten
Art. vertebralis an.
Kalischer (Ein Fall von subacuter Ophthalmoplegie Poliomes-
und Extremitätenlähmung mit Obductionsbefund. Polio- «ncephaio-
nivBlitis
mesencephalomyelitis subacuta. Deutsche Zeitschr. f. Nerven-^ Kalischer.'
heilk. Bd. 6, S. 252) fand bei einem Schreiber von 64 Jahren, der
an Ptosis und Lähmung aller äusseren Augenmuskeln, Schwäche der
Beine, später auch der Arme mit Herabsetzung der elektrischen
Erregbarkeit gelitten hatte, die Gegend der Augenmuskelkeme, so-
wie die Vordersäulen des Rückenmarks von kleinen Blutungen durch-
setzt und theüweise Degeneration sowohl der Nervenzellen wie der
Fasern.
Einen ähnlichen Befund machte Boedecker (Allgem. Zeitschr. Poii-
f. Psych. S. 204) in einem Falle von Poliencephalitis haemor-^'^^^P^»^^*^«
rhagica acuta bei einem 51jährigen Säufer, der an Lähmung rhagica
beider Nn. abducentes, Parese beider Nn. oculomotorii ohne Ptosis acuta,
mit reflectorischer Pupillenstarre gelitten hatte. Hier war die Um- ^^®<^®^^^*'-
gebung des dritten Ventrikels von kleinen Blutungen durchsetzt,
die nach vom bis zur vorderen Commissur, nach hinten bis in den
68
Seeligmüller.
Poli-
encepha-
litis,
A. Schule.
vierten Ventrikel hinein sich erstreckten; nur fand sich hier ausser-
dem Verdickung und Kalkinfiltration der Gefässe.
Einen dritten ähnlichen Fall bei einem 66jährigen Potator mit
vollständiger Augenmuskellähmung beschreibt A. Schule
(Arch. f. Psych. Bd. 27, S. 295).
8. Krankheiten des Bttckenmarks«
a. Anatomie. Physiologie.
Krankheiten Hoche (Neurol. Centralbl. Nr. 17, S. 754) machte bei einem Hin-
aes Rücken- gerichteten Versuche über die elektrische Reizbarkeit des mensch-
mar s. Hchen Rückenmarks, indem er den durchaus glatten Querschnitt dea
Allgemeines. ....
Klektrische Halsmarkes in der Höhe des vierten Halswirbels mittels zweier kleiner
Erregbar- Metallstifte faradisch reizte; der flach liegende Leichnam hob beide Arme
mit gebeugtem Ellenbogengelenk und geballten Fäusten in die Höhe, der
Brustkorb hob sich inspiratorisch und beide Arme geriethen in Strecktonus.
12 Minuten nach der Hinrichtung war keine Spur von diesen Erscheinungen
mehr zu erzielen.
keit,
Uoche.
Secundäre
Degene-
ration,
Schaffer,
Starlinger,
Fs^ersztajin,
Jaeobsohn.
Schaffer (Ueber die zeitliche Reihenfolge der secun-
dären Degeneration in den einzelnen Rückenmarkssträngen.
Neurol. Centralbl. Nr. 9, S. 386) fand, dass bei Katzen die zeitliche
Reihenfolge der secundären Degeneration der Reihenfolge der Mark-
scheidenentwickelung des menschlichen Rückenmarks entspricht.
Starlinger (Die Durchschneidung beider Pyramiden
beim Hunde. Ebenda S. 390) spricht der Pyramidenbahn beim
Hunde nur eine untergeordnete Bedeutung für die Locomotion zu
und meint daher, es müsse hier noch eine nicht in den Pyramiden
verlaufende Leitung existiren, welche Impulse von der Hirnrinde zu
den Muskeln vermittelt.
Pajersztajin (ebenda Nr. 8, S. 339) zieht aus seinen Unter-
suchungen über Degenerationen nach doppelten Rücken-
marksdurchschneidungen bei Hunden den Schluss: Es gibt
nach vollendeter Rückenmarksentwickelung keine reinen, ausschliess-
lich eine Fasergattung führenden „Systeme".
Jacobsohn (Ueber die Lage der Pyramidenvorderstrang^
fasern in der Medulla oblongata. Ebenda S. 348) hat seinen Fall von
schwerer Arteriosklerose des Centralnervensystems (Arch. f. Psych, u. Ner-
venkrankh.) auf diese Frage hin genauer anatomisch verfolgt und gefunden,
dass die nicht gekreuzten Vorderstrangfasem den lateralen Winkel des
PjTamidenntrangs in der ganzen Oblongata einnehmen.
Krankheiten des Nervensystem«. 69
b. Allgemeine Patliologie.
Lamy (Arch. de Physiol. Nr. 1) injicirte in künstlichem Serum Embolie,
suspendirtes Lycopodium in die Arteria femoralis bei doppelter Lamy.
Compression der Aorta lumbalis zwischen Abgang der Artt. renales und
spermaticae. Dadurch erzielte er im Rückenmark hämorrhagische Er-
weichungsheerde der grauen Substanz, in deren Centrum sich das mit
Lycopodium verstopfte Capillargefäss nachweisen Hess. In der weissen
Substanz fand sich nur eine einfache Degeneration in der der grauen Sub-
stanz benachbarten Zone. Die grosse Bedeutung dieser Versuche für die
Erklärung von Poliomyelitis ant. acuta als durch Embolie entstanden liegt
zu Tage.
Nonne (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 313) con- Degene-
statirte unter 17 Fällen von letaler Anämie 7mal ausgesprochen ^»-^^ ^^
degenerative, heerdweise auftretende Veränderungen im marks bei
Kückenmark, und zwar nur in der intramedullären weissen Sub- letaler
Stanz, namentlich der mittleren Wurzelzonen. Klinisch entsprachen * Nonne '
diesen Veränderungen als spinale S3nnptome: Fehlen des Patellar-
reilexes, Andeutung von Ataxie, dazu manchmal noch lancinirende
Schmerzen, Hypalgesieen und Romberg'sches Phänomen. Aber
selbst bei schwerer Anämie darf man nicht mit Sicherheit auf einen
spinalen Befund rechnen; am meisten Gewähr dafür gibt das Fehlen
des Patellarreflexes.
Goldflam (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheük. Bd. 7, S. 1) hat Paroxysmale
weitere Mittheilungen über die paroxysmale familiäre familiäre
Lähmung gemacht. Seine frühere Ansicht, dass es sich hier um ooldflamf*
eine Autointoxication handele, hat er dahin modificirt, dass die
Krankheit in Parallele zu bringen sei mit der musculären Dystrophie,
der Myotonia congenita und ähnlichen Symptomencomplexen. In
der anfallsfreien Zeit fand er eine Modification der partiellen Ent-
artungsreaction mit indirecter träger Zuckung, und zwar nur in den
Nerven und Muskeln der Extremitäten und des Rumpfes, bald mehr
bald weniger ausgesprochen, je nach dem Bezirke. Im Anfalle
selbst constatirte er Abnahme der elektrischen Erregbarkeit bis zur
;,Cadaverreaction". Endlich ergab die mikroskopische Untersuchung
Hypertrophie der Muskelfasern, Auseinandergedrängtsein der Primitiv-
übrillen, selbst Vacuolenbildung.
Ueber die Krankheitszustände der Caissonarbeiter
machen zur Zeit Richard Heller, Wilhelm Mager und Her-
70
Seeligmüller.
Krankheit
der Caisson-
arbeiter,
HeUer,
Mager,
V. Schrötter.
mann v. Schrötter (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 26, S. 475)
Untersucliungen beim Bau eines Schleusenwerks in Nussdorf bei
Wien. Gewöhnlich wird der Arbeiter bald nach dem Ausschleusen
von sehr heftigen Schmerzen in den Beinen und in den Gelenken,
sowie Abgestorbensein und Paresen befallen ; daneben treten Volums-
zunahme und ödematöse Schwellung mehrerer oder einer Extremität
imd endlich Blutungen in das Trommelfell und Mittelohr auf. Diese
Erscheinungen der leichteren Form können nach 3 — 5 Tagen zurück-
gehen. Die schwersten Formen, die mit mehrstündiger Bewusst-
losigkeit mit oder ohne Dyspnoe und allgemeiner Cyanose plötzlich
einsetzen, können in kurzer Zeit zu CoUaps und Tod führen. Die
Untersuchungen sollen auch auf Luft und Temperatur, sowie die
Blutgase sich erstrecken und durch Thierversuche vervollständigt
werden.
Krankheiten
der Canda
eqnina,
Raymond.
Raymond (Nouv. Iconographie de la Salpetri^re) hat gelegent-
lich von Besprechung zweier Fälle einen zusammenfassenden Vor-
trag über die Affectionen der Cauda equina gehalten. Von
29 Fällen handelte es sich ätiologisch in 14 um Tumor, in 11 um
Trauma, in 1 um Myelitis nach einer Contusion des Ischiadicus, in
1 um (syphilitische?) Meningitis, in 1 um plötzliche Erkältung und
in 1 um eine unbekannte Ursache (vielleicht Neuritis ascendens?).
Compres-
sion
des Rücken-
marks,
Egger,
Brnns.
c. Verletzungen. Blutungen.
Egger (Ueber Compression des oberen Borsalmarks. Arch.
f. Psych. Bd. 27) bringt einen auch anatomisch genau untersuchten Fall,
der mit einem von Bruns (ebenda Bd. 25, S. 7) veröffentlichten grosse
Aehnlichkeit hat. Es bestand eine totale quere Zerstörung des ersten Dorsal-
segments mit absteigender Degeneration der Pyramidenbahnen, und trotzdem
war die Lähmung eine schlaffe, und die Sehnenreflexe fehlten seit 11 Jahren
vor dem Tode. Diese Beobachtung ist eine weitere Stütze für die von
Bastian seiner Zeit aufgestellte Theorie. Egg er stellt eine neue Hypo-
these auf.
Ver- Enderlen (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 14) studirte an
'W"i^*"' "^hieren die Folgen von Stichverletzung und Compression
des Rückenmarks und gibt zum Schluss eine Zusammenstellung
von 67 Fällen von Stichverletzungen beim Menschen: in 5 Fällen
trat Keüung, in 47 Besserung ein, 15 gingen letal aus.
Kümmeii. Kümmell (Ueber die traumatischen Erkrankungen der
Wirbelsäule. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) beschreibt ein
Krankheiten der Nervensystems. 71
«igenthümliches Krankheitsbild, das sich nach einem Trauma, welches
direct oder indirect die Wirbelsäule trifft, entwickelt. Einige Tage
lang heftige Schmerzen in dem betroffenen Theü der Wirbelsäule,
4lann Verschwinden der Schmerzen. Nach Wochen oder Monaten
neue Schmerzen in der Wirbelsäule mit eventuellen Neuralgieen der
Intercostalnerven, Motilitätsstörungen in den Beinen, schliesslich
Ausbildung einer Kyphose und eines mehr weniger deutlichen Gibbus.
Bei Suspension Ausgleich der Kyphose, aber nicht des Gibbus. Verf.
ninamt eine infolge des Trauma entstandene Quetschung der Wirbel-
körper (meist Brustwirbelsäule) mit nachfolgender Erweichung, Be-
«orption, Atrophie und schliesslichem Druckschwund als anatomisches
Substrat des klinischen Krankheitsbildes an. Lues oder Tuberculose
ist auszuschliessen. Hierzu sechs einschlägige Beobachtungen, bei
welchen Heilung durch Hessin g'sches Stoffcorset mit Kopfstütze
erzielt wurde. Das Corset muss zuweilen jahrelang getragen
werden.
Michelson (Petersb. med. Wochenschr. Nr. 29) beschreibt einen Halbseiten-
Fall von Brown-S6quard*scher Lähmung. Stich IV« Quer- Sf'?\^^'
^ , ^ . Michelson.
finger breit nach rechts vom Processus spinosus des dritten und
vierten Brustwirbels. Sofort nach dem Stiche Lähmung beider Beine.
Nach einigen Tagen wieder völlige Kraft im linken Beine. Das
rechte Bein und die Bauchpresse blieben gelähmt. Ein mehrere
Monate nach der Verletzung bei der Aufiiahme in ein Hospital
festgestellter Status ergab in Kürze : Parese des rechten Beines mit Ab-
magerung und leichten Spasmen. Bomber g'sches Phänomen. Leichte
Ataxie im rechten Bein mit gestörtem Ortssinn. Linkes Bein moto-
risch normal. Die Sensibilität für Stich und Berührung war links
vom Nabel um den Leib herum an der Wirbelsäule abschneidend
auf der ganzen linken Seite herabgesetzt, vom Knie ab erloschen.
Die Qualitäten warm und kalt, feucht und trocken wurden schon in
einer 3 Finger breit höher beginnenden Zone nicht mehr richtig
unterschieden. Die rechte Körperhälfte zeigt eine der Stichwunde
gegenüber beginnende, circulär um den Körper gehende Anästhesie
und nach abwärts von derselben eine Hyperästhesie. Beide Hoden
gleichmässig empfindlich. Die Hautreflexe sind links alle lebhafter
als rechts. Der Patellarreflex ist rechts bedeutend stärker als links.
Die Behandlung mit Massage, Elektricität und Strychnin brachte
eine nicht vollständige Heilung. Fast 2 V* Jahre post laesionem be-
stand noch Parese der rechtsseitigen Eumpfmuskeln, Zittern und
Atrophie des rechten Beines mit veränderter Reaction am rechten
72 Seeligmüller.
Unterschenkel und völlige Anästhesie der Flantarfläche der linken
Zehen.
Verletzung Schiff (Verletzung des Conus meduUaris. Wiener med.
des ^ Presse Nr. 45) beschreibt einen Fall von Conusverletzung durch Fall
medaiiarip, ft^fs Gesäss. Als Folge Ischuria paradoxa und leichte Incontinenz
Schiff. des Rectums. Motilität und Sensibilität erhalten bis auf eine Zone,
welche Kreuzbein ^ Regio glutaea inferior und das Gebiet des
N. cutaneus femoris posterior beiderseits umfasst. Ebenso ist die
Hinterseite des Scrotums und Perineums fast anästhetisch. Es kann
sich handeln um eine Verletzung der drei letzten Sacralwurzeln vor
ihrem Austritt aus dem Kreuzbeinkanal oder um eine Läsion der
Centren dieser Wurzeln im Conus medullaris. Da Schmerzen völlig
fehlen, so kann es sich nicht um eine Meningitis des Sacralkanales
handeln, ebensowenig um eine Cauda Verletzung.
Intradurales Killiani (New Yorker med. Monatsschr. Bd. 8, Nr. 9) hat die
^K^r*^"* Function des Rückenmarks bei einem intrad.uralen
Hämatom, welches den Conus terminalis und die Cauda compri-
mirte, mit zweifellos nachweisbarem therapeutischen Erfolg aus-
geführt.
d. Tumoren.
Oppenheim (Ueber einen Fall von Tumor der Wirbel-
Tumor der * *
Dura Säule. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 45) beschreibt emen Fall von
Bpinaiis, gog. Klump ke'scher Lähmung bei einem 3jährigen Kinde. Die
iipen em. H^uptsymptome waren Lähmung der rechten Hand, Verengerung
der Pupille und der Lidspalte, Oedem der rechten Wange, späterhin
völlige Faraplegie. Die Section ergab ein Sarkom der Dura, welches
die achte Cervical- und erste Dorsalwurzel und das Rückenmark
comprimirt hatte.
Tumor des 'P^^^ Müller (Zeitschr. f. klin. Med. Nr* 3 u. 4, S. 472) theilt
Rücken- ausführlich einen FaU von Tumorenbildung im Rückenmark
Pa™rMüiiW °^*» welcher zeigt, wie vielseitige Veränderungen und wie tief-
greifende Zerstörungen des Rückenmarks durch Tumorenbildung
hervorgerufen werden können. Letztere erklären sich in dem Falle
vielleicht dadurch, dass durch die das ganze Lumen des Wirbel-
kanals einnehmenden Geschwülste die Circulation der Lymphe und
des Blutes behindert wurde.
Krankheiten des Nervensystems,
73
Schlesinger (Ueber das wahre Neurom des Rücken- Neurom des
marks. Jahrb. f. Psychiatrie Bd. 13) fiigt zu den zwei einzigen Röcken-
bisher existirenden Beobachtungen von Raymond und Sybel drei Schlesinger.
neue hinzu, die einmal bei Tabes, die beiden anderen Male bei
Syringomyelie, also wie in dem Eaymond'schen Falle, sich fanden.
Im Gegensatz zu letzterem, der darin eine Begenerationserscheinung
sieht, fasst Schlesinger diese Neurombildung als einen Wuche-
rungsprocess auf infolge der fortwährenden Beizung des Nerven-
gewebes durch die Gliawucherung.
e. Entzündungen.
J. Nageotte (Etüde sur la meningo-my^lite diffuse
dans le tabes, la paralysie g^n^rale et la syphilis spinale.
Arch. de Neurologie, Oct., Nr. 104) theilt vier Beobachtungen mit
Autopsie mit, welche sämmtUch eine wenig intensive Meningomyelitis
von besonderem Charakter darboten, die in drei Fällen mit Meningo-
encephalitis derselben Natur verbunden und auf Syphilis zurück-
zufuhren war. Bei Tabes, Paralyse und syphilitischer Myelitis be-
steht ein difPuser Entzündungsprocess, welcher sich über das ganze
Bückenmark erstreckt und vasculärer oder bindegewebiger Natur
ist. Die Veränderungen bestehen im wesentlichen in einer Infiltration
der Bimdzellen, welche die Pia, Arachnoidea, die Bückenmarks-
capillaren und namentlich die Häute der oberflächlichen Venen be-
fallt. Erst secundär betheüigen sich die nervösen Gebilde. Mit
HämatoxyHn imd Eosin sind diese Veränderungen stets nachzuweisen.
Die Veränderungen an der Hirnrinde als Ursache der allgemeinen
Paralyse, die der Wurzelnerven als Ursache der Tabes und die
localisirten Heerde der syphilitischen Myelitis stellen nur eine locale
Steigerung jenes Processes dar.
Meningo-
myelitis,
J. Nageotte.
Oettinger (Gaz. m6d. de Paris) sprach in der Society m^dicale
des höpitaux (Sitzung vom 26. Jan.) über infectiöse Myelitis
durch Streptokokken. Ein Pockenkranker bekam 4 Tage nach
dem Auftreten einer gutartigen Variola Paraplegie mit Incontinenz;
am folgenden Tage waren auch die oberen Extremitäten gelähmt;
3 Tage später starb der Kranke unter den Erscheinungen einer
acuten aufsteigenden Paralyse. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung fanden sich im Bückenmark neben Veränderungen der Ge-
fasse in deren Umgebung Streptokokken frei oder in degenerirte
weisse Blutkörperchen eingeschlossen; ausserdem Fragmentation der
Infectiöse
Myelitis,
Oettinger.
74
Seeligmüller.
infectiöse Vorderhomzcllen mit Detachement des Protoplasmafortsatzes. So-
Myelitis, jj^^ kömien auch durch die Streptokokken allein und nicht, wie
Oettinger. . , .
Widal aus semen Experimentaluntersuchungen schhesst, nur durch
die gebildeten Toxine Gefässveränderungen, Oedem, hämorrhagische
Heerde und andere Läsionen hervorgebracht werden. Widal be-
merkt in der Discussion, dass Streptokokken in Leichen von Variola-
kranken überall in grosser Menge gefunden werden und eine
ausserordentliche Virulenz entwickeln, eine viel grössere bei Ery-
sipelatösen, wo er im Rückenmark zweimal keine Streptokokken ge-
funden habe.
Rücken- Hoinön (Revue neurologique Nr. 4) beobachtete klinisch und unter-
maiks- suchte anatomisch genau einen Fall von Abscess im Rückenmark bei
a scess, einem 56jährigen Mann, der an Bronchiektasie litt. Nachdem 2 Tage
heftige Schmerzen in den Beinen und Schultern bestanden hatten, trat
schnell hinter einander Lähmung und Analgesie des linken, dann des
rechten Beines ein, daneben Schwierigkeiten bei der Entleerung des Urins
und des Stuhls , die später in Incontinenz Übergingen ; Tod am 6. Tage.
Der Abscess reichte von dem vierten Cervicalwurzelpaar bis zum achten
Brustwurzelpaar und nahm die hinteren Abschnitte der centralen Partieen
ein. Eine ausgesprochene Degeneration in den Hintersträngen war bereits
nachzuweisen; Meningitis fehlte.
Pachy- M. Koppen (Arch. f. Psychiatrie etc. Bd. 27, S. 918) theilt
meningitis, ^^^ Jolly's Klinik zwei Fälle von Pachymeningitis cervicalis
ccrvicalis •/ «^
hyper- hypertrophica mit, bei welchen der anatomische Process auf con-
trophica, stitutionelle Syphilis zurückzuführen war und nicht nur das Hals-
. oppen. jj^j^pj^^ sondern auch das übrige Rückenmark, ja das Gehirn be-
theiligte. Die typische Handstellung fehlte, dafür fand sich aber
eine Störung der Sprache.
Syringo-
TD y e 11 e,
Schlesinger,
f. Syringomyelie.
lieber die in neuerer Zeit viel studirte Syringomyelie hat
Schlesinger eine in jeder Richtung orientirende Monographie
(Wien) veröffentlicht, welche sich auf 32 eigene Beobachtungen
gründet.
Derselbe hat die Hinterstrangsveränderungen bei
Syringomyelie (Arbeiten aus dem Obersteiner'schen Institut,
Heft 3) besonders besprochen. Danach besteht zwischen Syringo-
myelie und Tabes insofern ein durchschlagender anatomischer Unter«
schied, als jene das interstitielle Gewebe, die Tabes dagegen daa
Nervenparenchym befilllt.
Krankheiten des Nervensysteins.
75
Lamacq (Rev. de m6d. S. 309) und Raymond (Gaz. des Lamacq,
hopit. Nr. 34) betonen das Vorkommen einer besonderen Form ^°^°° '
der Syringomyelie, die sie als die bulbäre oder bulbo-pro-
tuberantielle Form bezeichnen.
Lamacq bespricht an der Hand von 4 Beobachtungen aus
der Pitres'schen Klinik und 48 Beobachtungen aus der Litte-
ratur, im ganzen 52 Fällen, die Symptome, welche vom verlängerten
Mark ausgehen, in ausführlicher Weise. Nach Wichmann ist
die Steigerung der Körpertemperatur ein vortreffliches prämonitori-
sches Zeichen für das Befallenwerden der Oblongata bei Syringo-
myelie, ebenso das Eintreten von Tachycardie. Als objectives
Symptom der Invasion kann unzweifelhaft die Trigeminusanästhesie
gelten. Im allgemeinen ist der Verlauf der Bulbuserkrankung bei
Syringomyelie keineswegs ein so rapider, wie bei der Bulbär-
paralyse oder amyotrophischen Lateralsklerose. Schlimmer wird
die Prognose bei Atrophie der Verdauungsorgane, besonders der
Zunge, weil dann auch respiratorische Störungen drohen. Das-
selbe gilt von Schluckbeschwerden, der Pulsfrequenz und den Laryn-
gealphänomenen. Es können lange Remissionen eintreten. Aber
auch dann, wenn die Bulbärsymptome keinen schweren Charakter
haben, muss die Prognose reservirt sein, weil der Tod unerwartet
hereinbrechen kann. Von schlimmer prognostischer Bedeutung sind
Zwerchfellslähmungen. Immerhin sterben SyringomyeHtische nicht
häufig an Bulbärsymptomen , häufiger an intercurrenten Krank-
heiten.
Einen Fall von Syringomyelie mit Hemiatrophie des Gesichts
haben Dejerine und Miralli^ (Comptes rend. de la Soc. de biol., März 9)
mitgetheilt.
In Tetanie mit Psychose sah Hochhaus (Deutsche Zeitschr. f.
Nervenheilk. Bd. 7, S. 102) einen Fall von Syringomyelie ausgehen; die
Autopsie ergab im Rückenmark eine ausgedehnte Höhlenbildung, welche auf
den Verfall gUomatöser Wucherungen zurückzuführen war. Chantemesse Chantemesse,
(Progres m^d. Nr. 17) berichtet über einen Fall von Syringomyelie
mit dem Typus der Akromegalie.
Holt und Hertner (Americ. Joum. of med. sciences, April, S. 412) Holt u. Hertner,
fanden eine rapid entstandene Gliose des ganzen Rückenmarks
bei einem 1jährigen Kinde, welches seit 3 Monaten atrophische Lähmung
und Analgesie beider oberen (nicht ausgesprochen an beiden unteren) Ex-
tremitäten gezeigt hatte und unter Nackencontractur , Erbrechen, Schielen
und Temperatursteigerung gestorben war.
Bohnstedt (Virchow's . Arch. Bd. 140) fand bei einem 20jährigen
Manne, der an eitriger Cystitis infolge von Degeneration des Conus termi-
Dejerine u.
Miralli^,
Hochhaas,
Bohnstedt.
76
Seeli^möller.
Syringc-
myelie,
Jolf'roy u.
Acbard,
Prus,
Müller
nalifl (Centnim anovesicale) zn Omnde gegangen war, erst bei der Section
einen Wirbelspalt vom dritten Kreozbeinwirbel abwärs, also eine Spina
bifida occnlta.
Joffroy und Achard (Arch. de med. experiment. etc. Nr. 1, 8. 48)
haben bei einem Ej-anken, der neben cerebralen Symptomen, die sich auf
mehrere Cysten im Gehirn zurfickföhren liessen. 2 Jahre vor dem Tode zu-
nehmende Sch^vUche in beiden Beinen mit hochgradiger Beugecontractur
bekam, eine Entzündung des Ependyms im Rückenmark nach-
gewiesen, so dass der Centralkanal im Halstheil von gewucherten Ependym-
zellen verstopft war, im unteren Brusttheil dagegen einen Spalt darbot,
der sich im Lendentheil noch bedeutend erweiterte.
Johann Prus (Arch. f. Psychiatrie etc. Bd. 27, S. 771) möchte
wenigstens die Fälle von Syringomyelie und Gliose zur Lepra
anaesthetica mutilans gerechnet wissen, welche unter dem typi-
schen Bilde der Morvan'schen Krankheit verlaufen, weil Zam-
baco für diese den leprösen Ursprung nachgewiesen hat (s. dieses
Jahrbuch Bd. 15, S. 480).
Müller (Ein Fall von Morvan'scher Krankheit, bezw. Sy-
ringomyelie. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 13) beschreibt einen Fall
von Syringomyelie, welcher aus einer belasteten Familie stammte und bei
dem nach einem Unfall sich Kyphose, Schmerz-, Temperatur-, Sensibilitäts-
störungen, Panaritienbildungen und übermässiges Schwitzen der anästheti-
schen Seite einstellten. Hervorzuheben ist, dass sich kein Geschlechtstrieb,
deutliches Schwanken bei geschlossenen Augen und nur sehr geringe
Störungen der Motilität vorfinden. Auch eine alle 8 Tage wiederkehrende,
2 — 3 Tage anhaltende Schwindelneigimg, wo Patient ,wie chloroformirt"
wai', ist bemerkenswerth. Verf. schliesst auf ein vorzugsweises Befallen-
sein der Hinterhoniganglien und eine geringere Betheiligung der Hint^r-
striingo (tabische Symptome). Das psychische Verhalten kann er nicht
t»rkUlren.
g. Inseif örmige Sklerose.
Buzzard (The Lancet, Jan. 12) theilt fünf Fälle von insel-
f örmige r Sklerose mit und hebt auf Grund dieser -und anderer
Beobachtimgen als besonders charakteristisch für diese Krankheit
hervor: die lange andauernden Eemissionen. Diese haben
boi tVaueu oft zu der irrthümlichen Diagnose „Hysterie" Veran-
Ui«8ung gogebou. Unter allen Rückenmarkskrankheiten zeigt nur
noch dio Rüokenmarkssyphilis ein ähnliches Verhalten. Hier treten
ab«>r dio HemisHiouen nur nach einer specifischen Cur ein, während
»io bei dor Sklerose spontan zn Stande kommen. Von anderen
Symptomen ist tlio HÄufigkeit der Opticusatrophie bemerkenswerth:
Krankheiten des Nervensystems. 77
unter 100 Tällen von Sklerose 43mal ; und auch wenn der Sehnerven-
hintergrund keine Veränderung wahrnehmen läset, finden wir in
einer beträchtlichen Anzahl von Fällen doch Amblyopie. Auch diese
ist zu Remissionen sehr geneigt. Daher möchte Buzzard das
gleichzeitige Vorkommen von Parese eines Gliedes,
welche spontan zurückgeht, und Amblyopie mit oder
ohne weisse Verfärbung der Opticusscheibe als eine
charakteristische Symptomengruppe der inselförmigen
Sklerose neben dem Intentionszittem und der Sprachstörung hin-
stellen.
v. Krafft-Ebing (Zur Aetiologie der multiplen Sklerose, v. Krafft-Ebing.
Wien. klin. Wochenschr. Nr. 51) findet die multiple Sklerose am
häufigsten vom 20. — 36. Jahre, ein deutliches Ueberwiegen der
Männer und ätiologisch eine sehr häufige Entwickelung des Leidens
nach schweren Erkältungen. Nach einmaliger schwerer Befrigeration
setzt das Leiden acut ein und verläuft rasch. Wo die Befrigeration
chronisch verlief, z. B. beim Wohnen in feuchter Wohnung, trat die
Krankheit chronischer auf. Postinfectiös entwickelte sie sich relativ
selten.
h. Tu bes.
Borgherini (Ueber die Aetiologie und Pathogenese Tabes,
der Tabes dorsalis. Petersb. med. Wochenschr. Nr. 26) unter- Aetiologie:
scheidet zwischen echter Tabes und der sog. syphilitischen Pseudotabes, Borgherini,
und bringt vier Fälle von syphilitischen Tabikem, die durch specifische
Behandlung gebessert resp. geheilt wurden. Nach ihm spielt Lues
in der Aetiologie eine Bolle, daneben aber auch neuropathische Be-
lastung, welche den wesentlichsten Ursprung der Krankheit bilden
soll, auf deren Boden die Lues ihre Wirkung erst entfalte. Den
Ursprung der Tabes verlegt er in die Nervenfasern selbst, nicht in
die Spinalganglien und betont seine Verwandtschaft mit den An-
schauungen Edinger's, welcher bei wenig resistentem Nervensystem
einen raschen functioneUen Verbrauch annimmt.
Pedorow (Tabes syphilitica. Wien. med. Presse Nr. 39) Fedorow.
ist auf Ghnind eigener und fremder Beobachtungen der Ansicht, dass
Lues die wichtigste Ursache der Tabes ist. Die übrigen Ursachen
wirken bei überstandener Lues höchstens begünstigend für den Aus-
bruch des Leidens. An Himsyphilis kann sich Tabes anschüessen,
entweder infolge syphilitischer Infection des Bückenmarks oder durch
Gliomatose der Hinterstränge. Stets bilden syphilitische Gefäss-
veränderungen den Urgrund der nervösen Degenerationen. Gerade : * .
78
Seeligmüller.
bei syphilitischer Tabes finden sich Lähmungen des Oculomotorius
und Abducens. Neben der specifischen Behandlung kommt auch
Massage und Elektricität in Betracht.
Syphilis und Cardarelli (Einfluss der Syphilis auf Tabes dorsalis.
Tabes, Wien. med. Presse Nr. 42) theilt einen Tabesfall mit, wo die
GärdftrBlli
Schmerzen stechend und nicht blitzartig waren und die Anästhesie
auf bestimmte Hautpartieen beschränkt war. Der Kranke war alter
Luetiker. Verf. geht auf die verschiedenen entgegengesetzten An-
sichten der Autoren über die Aetiologie der Tabes ein und kommt
zu folgenden Schlüssen: 1. Nur in wenigen Fällen ist Lues so klar
nachzuweisen, um sie als Ursache der Tabes hinzustellen. 2. Die
Tabes luetica hat von der gewöhnlichen Tabes keine Unterscheidungs-
merkmale. Der Schwerpunkt Hegt auf degenerativen Veränderungen
im Augenhintergrunde. 3. Quecksilber- und Jodcuren erzielen keine
besseren Erfolge bei der Tabesbehandlung wie hydropathische oder
elektrische Curen. Bei Sehnervenatrophie sind sie schädlich. Bei
nachgewiesener Lues sind aber Quecksilber imd Jod vorsichtig zu
verwenden.
Trauma,
Prince.
Prince (Joum. of mental and nervous dieseases S. 77) ist der
Ansicht, dass in den Fällen, wo nach einem Trauma in der
Bückengegend Tabes eintritt, diese bereits, wenn auch ohne
subjective Beschwerden, bestanden habe; wohl aber habe das Trauma
einen beschleunigenden Einfluss auf das Hervortreten der Symptome.
Symptome
der Tabes:
Neuritis
optica,
Bernhardt.
Bernhardt (Ueber das Vorkommen von Neuritis optica
bei Tabes, Berl. Min. Wochenschr. Nr. 28). Bereits 1890 hatte
Verf. bei der Ejranken eine doppelseitige Neuritis optica feststellen
können bei subjectiv von Seiten der Kranken bestehendem Kopf-
schmerz, Schwindel und Erbrechen. Verf. dachte seiner Zeit an alko-
holische multiple Neuritis oder an eine Syphilisform, bei welcher Er-
krankungen der Bückenmarkshäute vorkommen, welche klinisch unter
Umständen als Tabes imponiren können. Hier handelt es sich aber
um echte Tabes, welche sich aus der im Jahre 1890 bestehenden
syphilitischen Affection entwickelt hat.
Gesteigerte Traugott (Ein Fall von Tabes im vorgerückten atakti-
Hautreflexe, gcijßjj Stadium. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) findet in
diesem Falle die Hautreflexe so stark gesteigert, dass sich aiisser
Zusammenziehung der Bauchdecken bezw. der Cremasteren noch
: schleudernde Bewegungen der Extremitäten und Verbiegungen des
Krankheiten des Nervensystems.
79
Htunpfes einstellen, ein Verhalten der Hautreflexe, das bei dem vor-
geschrittenen Stadium, in dem sich der Kranke befindet, selten ge-
nannt werden muss.
Hirschberg (Revue neurol. Nr. 15) will bei allen von ihm Plantar-
darauf untersuchten Tabischen folgend esFlantarphänomen wahr- Phö-nomen,
Hirsclil)6r£r
genommen haben: Streicht man über die Fusssohle eines Tabischen,
so empfindet dieser 5 — 6 Secunden nach der Berührungswahmehmung
einen heftigen Schmerz, welcher Zurückziehen des Fusses und oft
lautes Schreien verursacht.
Treysz (Beitrag zur Lehre von der Tachycardie bei
Tabes. Inaug.-Diss. Strassburg) erklärt die bei einem Tabischen
bestehende Tachycardie aus einer Reizung des Halssympathicus;. die
linke Pupille war fast constant maximal erweitert, die Lidspalte
weiter imd die Temperatur der linken Kopf hälffce dauernd niedriger
als rechterseits.
Tachy-
cardie,
Freysz.
- Kalischer (Ein Fall von Tabes dorsalis mit Kiefer-
nekrose. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19) beschreibt einen Fall
von Tabes, welcher neben den gewöhnlichen Symptomen Larynx-
krisen, Vaguskrisen und M6ni6re'sche Symptome darbot. Ohne
Grund stellte sich im linken Unterkiefer Lockerung imd Ausfallen
von drei Zähnen ein, ohne Schmerzen oder erhebliche Entzündungs-
erscbeinungen. Nach 8 Tagen Stiche in der linken Unterkiefergegend,
Röthung und Schwellung des Zahnfleisches mit Entleerung blutigen,
stinkenden Eiters. Erst nach Abstossung eines 2Vs cm grossen
Ejiochenstückes Rückgang der Beschwerden und rasche Heilung.
Auf der linken Gesichtshälfte bestand Herabsetzung für alle Em-
pfindungsqualitäten, am stärksten im dritten Aste. Die Stelle, wo
das Knochenfiragment ausgestossen wurde, ist völlig anästhetisch.
Verf. hebt hervor, dass sich in den Fällen von Cervicaltabes neben
der Trigeminuserkrankung auch eine solche des N. vagus (Larynx-
krisen) finde. Die Trigeminusanästhesie mit Neuralgie, Zahnausfall,
Kiefemekrose ist bei den Fällen, welche nur mit Opticusatrophie
und Fupillenstarre beginnen, diagnostisch wichtig.
Von demselben Mal perforant buccal (Fournier) haben
New mark (The med. News, Jan. 26) und Bandet (Arch. g6n.
de m6d., Janvier) Beobachtungen veröffentlicht. Letzterer führt
diese als offenbar tabische Veränderungen auf eine Atrophie der
Kerne des Trigeminus zurück.
Kiefer-
nekrose,
Kalischer,
Newmark,
Baudet.
80 Seeligmüller.
Analgesie Nach Orschansky (Inaug.-Diss. Berlin) ist die Analgesie
des ülnaris ^es Ulnaris auf Druck durchaus kein charakteristisches Sym-
bei Tabes, -i m i.
Orschanaky. tom der Tabes.
Statistik der Leimbach (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 7) hat
Symptome, ^^qq ji^^n^ aus der Erb'schen Privatpraxis in Bezug auf die Symptome
statistisch bearbeitet. Danach beginnt die Tabes in der Mehrzahl
der Fälle mit lancinirenden Schmerzen (88,25 °/o). Nach 1 — 2jähriger
Dauer findet man das Fehlen der Patellarreflexe in 100 '^/o, Rom-
berg'sches Phänomen in 80°/o , Veränderung der Pupillarreaction
in 63°/o.
Diagnose Grube (Tabes oder Diabetes mellitus? Neurol. CentralbL
*^^G be ^^ Nr. 1). Zur Unterscheidimg einer echten Tabes mit Glykosurie von
der Pseudotabes (Neuritis) der Diabetiker hatte man bisher die
reflectorische Pupillenstarre angenommen. Die Bichtigkeit dieser
Annahme bestätigt Grube durch einen Fall von diabetischer Pseudo-
tabes, welcher sich durch das Verschwinden der ftüher vorhandenen
PupiUenstarre als Pseudotabes entpuppte. Da er jedoch einen Fall
von Diabetes ohne tabische Symptome beobachtet hat, bei welchem
im Verlaufe der Krankheit Pupillenstarre eintrat, so hält er die
PupiUenstarre nicht für absolut beweisend für die echte Tabes and
glaubt in den Blasenstörungen ein weit sichereres Unterscheidungs-
merkmal sehen zu müssen in den Fällen, wo es sich darum handelt:
Tabes mit Glykosurie? oder Pseudotabes der Diabetiker?
Prognose: Dejerine (M^decine moderne Nr. 23) hat beobachtet, dass bei
praata - Tabischen, welche in der präataktischen Periode der
tische . * . . ^
Blindheit, Krankheit von Blindheit befallen werden, die weitere
Dejerine. Entwickelung der Krankheit sistirt, ja dass die Schmerzen sogar
meist erheblich nachlassen und manchmal sogar vollständig ver-
schwinden. Auch das Bomberg'sche Zeichen pflegt zu fehlen, und
gehen die Blinden ohne eine Spur von Incoordination. Die Opticus-
atrophie wird durch antisyphilitische Curen nicht beeinflusst, ebenso-
wenig durch Dehnung des Sehnerven, die sogar die Blindheit ver-
schlimmert. Auf diese Form hat übrigens zuerst Benedikt bereits
im Jahre 1881 aufmerksam gemacht.
Therapie: Frenkel (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28, S. 66) hat von einer
Einübung Behandlung der Ataxie der oberen Extremitäten mit Einübunc
coordinirter , *
Bewe- coordinirter Bewegungen gute Erfolge gesehen: Strichziehen
Rungen, in einer Binne, Nachziehen von geraden und krummen Linien.
Greifen nach Löchern oder Stiften, Einstecken von Stiften in Löcher,
Herausnehmen und Versetzen derselben. Ergreifen von aufgehängten
Krankheiten des Nervensystems.
81
Foniaiio,
Nolan,
Taylor,
Neftel,
Kugeb etc.; aUe diese Bewegungen werden methodisch und auf
Oommando ausgeführt.
i. FriedreicVs hereditäre Ataxie.
Von der hereditären Ataxie (Friedreich) liegen Beobach- Hereditäre
tungen vor von Pornario (Annali di Nevrologia) drei Fälle bei Ataxie,
Geschwistern; von Nolan (Brit. med. Joum., April, S. 815) eben-
falls bei drei von acht Geschwistern; von Taylor (The Practitioner
Nr. 5) ebenfalls familiäre Form, noch sechs ähnliche Fälle in der-
selben Familie und Neftel (American Joum. of Insanity S. 363)
elf FäUe in vier Generationen derselben Familie. Geistesstörungen
(Idiotie oder seniler Blödsinn) wurden mehrfach als Symptome bezw.
Complication beobachtet.
lieber einen in congenitaler, bezw. acquirirter Coordi-
nationsstörung sich kennzeichnenden Symptomencomplex,
der zu den Uebergangsformen der Mischformen der Friedreich'schen
Ataxie und verwandter Symptomencomplexe zu zählen ist, berichtet
Nonne (Arch. f. Psych. S. 479), indem er vier Krankengeschichten
ausfuhrlich mittheilt. Die Hauptsymptome waren folgende: Coordi-
nationsstörungen in den Gliedern, Kopf, Rumpf, mimischen und
phonischen Muskeln, Insufficienz einzelner äusserer Augenmuskeln,
zuweilen auch Nystagmus, Steigerung der Sehnenreflexe und Muskel-
rigidität. Störungen der Sensibilität und der Sphincteren, sowie
der Pupillenreaction und des Opticus fehlten.
Nonne.
k. Poliomyelitis.
Nonne (Neurol. Centralbl. Nr. 19, S. 887) berichtete auf der
Lübecker Naturforscherversammlung über einen Fall von Poliomye-
litis anterior chronica als Ursache einer progressiven
atrophischen Extremitätenlähmung bei schweremDiabete^
mellitus, die sich bei einer 64jährigen Dame, nachdem seit 4 Jahren
ein mittelschwerer Diabetes mellitus bestanden hatte, als eine an
den oberen Extremitäten beginnende und auf die unteren fort-
schreitende, langsam progressive, atrophische Parese der Musculatur
entwickelt hatte. Der degenerativen Atrophie entsprachen die elektri-
schen Erregbarkeitsveränderungen der Muskeln. Bei der Autopsie
wurden ausser Arteriosklerose, Cirrhose und Atrophie des Pankreas
totaler Schwund der Ganglienzellen in den Vordersäulen des Hals-
marks, die nach dem Lendenmark zu allmählich abnahm, und Faser-
Jahrbuch der practisohen Medicin. 1896. ß
Polio-
myelitis
anterior
chronic^,
Nonne.
82
Seeligmüller.
Polio-
myelitis
anterior
chronica,
Nonne,
Drobnik.
ßchwund auch in den Vorder-, Seiten- und (im geringen Grade) auch
den Hintersträngen, endlich auch in den Nn. medianiis und tibialis
gefunden. Hier war also das Rückenmark primär durch die Noxe
des Diabetes und zwar in Gestalt einer systematischen Erkrankung
befallen.
Drobnik (Ueber die Behandlung der Kinderlähmungen
mit Hülfe der Punctionsüb ertragung und Tunctions-
theilung der Muskeln. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 36) sucht
gesunde Muskeln mit ihren Sehnen an die Sehnen atrophischer
Muskeln anzuheften, um die Punctionen der gelähmten Muskeln
durch die ähnlichen Functionen der nicht gelähmten Muskeln zu er-
setzen. So hat er erfolgreich bei Fes valgus die Sehne des Extensor
hallucis an die Sehne des Tibialis anticus, welcher gelähmt war,
angeheftet. Sehr ingeniös ist die Theilung der Muskelbündel resp.
deren Sehnen, mn bei dem Ersatz ausgefaUener Functionen eine
Arbeitstheüung zu erzielen. Die eventuell vorhergehende elektrische
Untersuchung ist nicht maassgebend. Der Augenschein muss die
gelähmten (blassen) Muskeln von den inactiv atrophischen (gelb-
rothen) unterscheiden, denn nur die Function der gelähmten Muskeln
ist durch Operation zu ersetzen. Die Erfolge sind gut.
1. Amyotrophische Lateralsklerose.
Bereits früher hatte Leyden die Ansicht ausgesprochen, dass
die amyotrophische Lateralsklerose Charcot's als eine be-
sondere Krankheit nicht anzusehen, sondern dass die Seiten-
strangsklerose bei dem zu Grunde liegenden anatomischen Processe
Amyo- eine secundäre sei. Senator (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 20)
trophische jj^t diese Anschauimg bekräftigt durch Mittheilung eines in seinem
sbiero8e, klinischen Bilde als amyotrophische Lateralsklerose anzusprechenden
Falles, der bei der Autopsie die Lateralsklerose vermissen liess.
Senator schlägt daraufhin vor, in Zukunft nur von atrophisch-
spastischen Lähmungen von spinalem, bulbärem oder
bulbospinalem Charakter zu sprechen.
Senator.
m. Landry'sche Paralyse.
Landry'sche Bohrend (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 47) bringt einen
^Beh^^d^ PaU von Landry'scher Paralyse mit Ausgang in Ge-
nesung, den er als bulbäre Form (Leyden) und als durch Alkohol-
Krankheiten de» Nervensystems. 83
intoxicatioQ entstandene functionelle Störung deutet. Als erstes
S3anptom stellten sich nach einem starken Excess im Trinken Par-
ästhesieen im Munde und in der Haut des Kinns und Halses ein;
schon 2 Tage danach Lähmung der Beine und am 3. Tage
auch des Kumpfs und der Oberextremitäten; später Schling-
beschwerden und Unsicherheit der Sprache. 14 Tage nach dem
Beginn des Leidens ins Ejrankenhaus aufgenommen, zeigte Patient
fast vöUige Unbeweglichkeit der Extremitäten und des Rumpfs,
sowie des unteren Facialisgebietes und des Gaumensegels, träge
Pupillenreaction , doppelseitige Abducenslähmung mit Doppelsehen
und Hypästhesie der Haut zwischen Unterlippe und Zungenbein;
endlich Fehlen der Patellarreflexe. Dabei war die elektrische Er-
regbarkeit und die Function von Blase und Mastdarm erhalten, die
Temperatur normal. Binnen 2 Monaten Heilung bis auf Fehlen der
Patellarreflexe.
Vranjican (Ein unter dem Bilde Landry'scher Paralyse Vi-anjican,
tödtlich verlaufender Fall von acuter multipler Neuritis. Wien,
klin. Wochenschr. Nr. 27 u. 28) beschreibt einen Fall von acuter idiopathi-
scher Neuritis, der mit Magensymptomen (Brechen) begann und zu welchen
sich die Erscheinungen einer von den Füssen allmählich aufsteigenden
Lähmung gesellten. Abducenslähmung und schliesslich völlige Ophthal-
moplegia interna et externa. Tod unter Delirien, ohne Fieber. Die Section
ergab ausser Trübung der Pia an einzelnen Stellen in cerebro nichts Be-
sonderes. Die Nn. ischiadici stark entzündet und verdickt. Also Neuritis
gleich Landry'sche Paralyse.
Oettinger und Marinesco (Semaine m^dicale Nr. 6) führen Oettinger u.
die Landry'sche Paralyse auf ein mikrobisches Agens Marinesco,
oder lösliche Producte desselben im Nervensystem zurück.
Die klinischen Erscheinungen weisen auf das Rückenmark als
Sitz der Krankheit hin; indessen kann man neben den spinalen
auch noch einen neuritischen und einen gemischten Typus unter-
acheiden.
Pailhas (Arch. de Neurologie, December) theilt einen Fall von L an d ry- Pailhas.
scher Paralyse mit, welcher während einer Influenzaepidemie bei
einem 24jährigen Soldaten mit Gelenkschmerzen begann, ganz so wie in
einem Falle von Moss^, dem ersten nach Influenza beobachteten. Daneben
bestanden Lähmimg der Beine, Articulationsstörungen, Schwäche des Herzens
mit Verlangsamung des Pulses und Circulationsstörungen. Nach einem
leichten Rückfall trat in etwa 4 Monaten Heilung ein.
84
Seeligmüller.
Spastische
Spinal-
paralyse,
Benedikt,
Lapinsky,
A. Sonques.
n. Spastische spinale Paralyse.
Benedikt (E inFall vonParaplegiaspasticajuvenilis.
Wiener med. Presse Nr. 13) beschreibt den Fall eines 25jährigen
Menschen, der im Alter von 15 Jahren eine im Verlauf der nächsten
24 Monate zunehmende spastische Aifection seiner Beine mit ge-
steigerten Kniereflexen, Fussclonus, ohne Entartungsreaction bot.
Die rechte Körperhälfte zeigte eine deutliche Atrophie. Der Kranke
wies an seinem Schädel bezw. Körper eine Keihe starker Entartungs-
zeichen auf. Eine Lähmimg beim Gehen bestand nicht, sondern nur
leichte Ermüdbarkeit. Betreffs der Localisation des Leidens kommt
Verf. zu dem Schluss, dass eine Erkrankung der Pyramidenseiten-
stränge vorliege. Schliesslich verwirft er die von Charcot gewählte
Bezeichnung „Ataxie spasmodique" und schlägt dafür „Gelenküber-
spannung" der Erwachsenen resp. Kinder vor.
Lapinsky (Zeitschr. f. klin. Med. Nr. 3 u. 4) berichtet über
zwei Fälle von spastischer Spinalparalyse (Erb), welche beide
als anatomisches Substrat multiple Sklerose erkennen Hessen.
A. Sonques (Revue neurol. , Januar) beobachtete bei z^wei
Geschwistern, einem 10jährigen Mädchen und ihrem 7jährigen Bruder,
die familiäre Form der spastischen spinalen Paralyse,
die sich ausschliesslich auf die unteren Extremitäten beschränkte und
bei dem Mädchen im Alter von 5, bei dem Knaben im 4. Lebens-
jahre zuerst bemerklich machte. Verf. erklärt dieselbe ausdrück-
lich für spinalen Ursprungs, weil cerebrale Erscheinungen durchaus
fehlten.
Dermato-
myositis
chronica,
Fr. Schulze.
0. Krankhheiten der Muskeln.
Fr. Schulze (Ein Fall von Dermatomyositis chronica.
Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 245) berichtet über einen sehr
eigenthünilichen Fall von chronischem £kzem und Oedemen bei einem
3jährigen Knaben, die gleichzeitig mit der ün^higkeit zu gehen sich ein-
gestellt hatten. 10 Monate später hatte sich eine allgemeine, gleichmässige
Atropliie der Muskeln mit Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit ent-
wickelt. Die Diagnose „Dermatomyositis* wurde bestätigt durch die Ver-
ilndenmgen — stellenweise beträchtliche interstitielle Zellen- und Kem-
wiicherung — in einem ausgeschnittenen Stückchen des Gastrocnemius.
Myositis Eichhorst (Virchow's Archiv Bd. 149, S. 193) möchte in ge-
ossificaus, ^iggen Fällen die Myositis ossificans von einer Erkran-
kung des Rückenmarks abhängig machen, insofern in zwei
Krankheiten des Nervensystems. 85
mitgetheilten Fällen gleichzeitig Meningocele spinalis des unteren
Lendenmarkes mit Malum perforans, bezw. Tabes mit Arthropathie
bestanden.
Paget (The Lancet, Februar 9) beschreibt einen Fall von Myositis Paget,
oasifieans bei einem 7 Va jährigen Knaben mit angeborener Kleinheit und
Deformität der grossen Zehe. Dies beweise, dass die Krankheit in den
ersten Lebenswahren latent, aber doch angeboren sei. Ob, wie Verf. an-
nimmt, Rheumatismus in des Vaters Familie im Verein mit Krebs in der
der Mutter ätiologisch zu beschuldigen sind, lassen wir dahingestellt.
Jelly (Ueber Myasthenia gravis pseudoparalytica. Myasthenia
Berl. klin. Wochenschr. Nr. 21) bringt zwei genaue Beobachtungen g^a^J^»^»
dieses noch wenig bekannten Leidens. Zwei jugendliche (14^2- und
15jährige) Individuen leiden an einer fast alle Körpermuskeln gleich-
massig befallenden im Verlaufe der Muskelthätigkeit eintretenden
Schwäche. In einem Falle hat diese Schwäche der Schlundmuskeln
zur Erstickung des Kranken geführt, da ein Bissen im Schlünde
stecken bheb. Die Erschöpfbarkeit der Muskeln tritt sowohl bei
Innervation durch den Willensreiz als auch bei „directer Erregung
derselben durch einen tetanisirenden elektrischen Beiz^^ ein und
äussert sich in Form eines Nachlassens der Contractionsfahigkeit.
Den Gegensatz würde nach Jolly die Thomsen*sche Krankheit
bilden. Die Frage, ob der Grund des Leidens im Nervensystem oder
im Maskel selbst Hege, lässt Verf. offen, erinnert an die Erschöpfung
der peripheren Muskeln nach längerer geistiger Arbeit und glaubt
daher, dass sich infolge der Gehimthätigkeit schädliche Stoffwechsel-
producte im Muskel bilden. In anderen Fällen fanden sich Kem-
degenerationen der Vorderhomganglien, in wieder anderen war das
Centralnervensystem ohne jeden Befund. Jolly schlägt den Namen
„Myasthenia gravis pseudoparalytica" vor. Prognose nicht ungünstig
bei gehöriger Buhe und Schonung des Kranken. Sog. Muskel-
übungen sind schädlich.
Fulda (Ein Fall von wahrer Muskelatrophie, nebst Wahre
Bemerkungen über die Beziehungen der wahren Hyper- Muskel-
li V P e r-
trophie zur Pseudohypertrophie der Muskeln. Deutsches trophie,
Archiv f. kHn. Med. Nr. 6) fand bei einer 57jährigen Frau, welche Fulda.
an Nephritis litt, eine Volumvermehrung des linken Ober- und Unter-
armes, beider Cucullares, der Splenii und Geniohyoidei, der Pectorales
\md Latissimi dorsi, sowie auch der langen Rückenmuskeln. Die elek-
trische (faradische) Erregbarkeit erwies sich herabgesetzt in den
gß Seeligmüller.
Wahre hypeii;rophi8chen Muskeln, die Sensibilität in den Fingern kaum ge-
Maske i- gtört. Excision eines Muskelstückes ergab eine mehr als doppelte
hvDer*
trophie, Volumzunahme der Muskelfasern. Auch die Länge war bedeutend
Fulda. vermehrt, aber nicht die Zahl der Muskelkeme, noch das interstitielle
Bindegewebe. Verf. hält die Krankheit für eine Trophoneurose
(Betheiligung der Nerven zu Beginn des Leidens) und macht auf den
späten Beginn, die Schmerzen in den befallenen Muskeln, das vor-
wiegende Ergrrffensein der Schultermuskeln und das relativ lange
Intactbleiben der Kraft aufmerksam. Alles dies sind Gegensätze zu
den Symptomen der Pseudohypertrophie. Veranlassung zum Ent-
stehen der Krankheit sind vielleicht Erkältimgen in Verbindung mit
Ueberanstrengungen.
Spinale Charcot (Sohn) hat in seiner Th^se inaugurale (Paris 1895)
*"« ^- doli Typus Duchesne-Aran der progressiven Muskel-
atrophie, •' *^ r g
cimicot (Sohn), atrop hie als zu Eecht bestehend vertheidigt. Namentlich hat er
in zwei Fällen den anatomischen Nachweis von charakteristischer
Atrophie der Ganglienzellen der Vorderhömer als primäre Ver-
änderung geliefert und neben dieser eine Entzündung der weissen
Stränge in der ganzen Ausdehnung des Eückenmarks gefanden,
welche auf dem Querschnitt die Vorderseitenstränge, aber je nach
dem Höhenabschnitt in variirender Localisirung befallen hatte.
Diese Veränderung rührt nach Charcot her zum Theil von der
Zerstörung der Ganglienzellen, zum Theil aber auch der von
Golgi, Eamon y Cajal u. a. beschriebenen Wurzelfasem des
Rückenmarks.
C. Krankheiten der peripheren Nerven.
Allgromelnes.
Puerperale Eulenburg (lieber puerperale Neuritis und Polv-
Enienbur*' ^^ö^^'i^is. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9) bringt vier Fälle von
puerperaler Neuritis, davon zwei mit Armtypus, einen mit Beintypus,
welche alle drei geheilt wurden. Der vierte Fall bietet grösseres
Interesse. Schwere diffuse Polynem-itis. Vor Jahren voraufgegan-
gene Polyarthritis rheumatica, Anämie, ungünstige Einwirkung de»
Tropenklimas. Wegen Hyperemesis vorzeitige Unterbrechung der
Schwangerschaft durch künstlichen Abortus. Profuse Nachblutungen.
Plötzliche Lähmung in Form der aufsteigenden acuten Paralyse, von
Krankheiten des Nervensystems. 87
oben nach unten allmählich zurückgehend , mit zurückbleibender
schlaffer Lähmung der Yorderarmhandmusculatur und beider unteren
Extremitäten. In ätiologischer Hinsicht hebt Verf. hervor, dass es
fiicli hier nicht um Nervenentzündung nach beendeter Schwanger-
schaft, sondern um Unterbrechung derselben durch künstlichen Abortus
handelt. Da die Frau sehr anämisch war (Folge des Tropenklimas),
so zählt Verf. ihre Polyneuritis unter die anämischen oder kachekti-
iichen Formen. Inwieweit das unstillbare Erbrechen zur Nerven-
entzündung in Beziehung steht, bleibt noch unentschieden. Eulen^
bürg verwirft die Anschauung, dass die Neuritiden in septischer
puerperaler Infection ihre Ursache haben, denn es liegen imzweifel-
haft Fälle von Neuritiden nach fieberfreiem Wochenbett vor. Auch
den „Peronealtypus" lässt er nicht gelten auf Ghnmd zweier eigenen
Beobachtungen, wo vorzugsweise der Nervus tibialis ergriffen war.
Es sind demnach zwei Formen zu unterscheiden: 1. im Medianus-
oder Ulnarisgebiete oder im Ischiadicus , 2. diffuse , generalisirte
Form, welche AehnUchkeit mit der Landry'schen Paralyse hat.
Die Therapie soU nicht exspectativ, sondern handelnd sein. Gregen
Schmerzen Carbol- und Morphiuminjectionen. Dann Massage, Elek-
tricität und Gynmastik.
Stembo (Ein Fall von Schwangerschaftspolyneuritis nach Stembo,
unstillbarem Erbrechen. Deutsche med. Wochenschr, Nr. 39) theilt
einen Fall von Polyneuritis mit vorwiegendem Befallensein des N. tibiaUs
und N. peronaeus mit, welcher sich an Hyperemesis anschloss. Nach er-
folgter rechtzeitiger Geburt eines Knaben ging die schon vorher durch
Elektricimt und Gynmastik gebesserte Kranke ihrer Heilung entgegen.
Entgegen der Anschauung Solowjeffs, welcher in dem von ihm be-
schriebenen Falle von Schwangerschaftaneuritis vor Einleitung des Abortua
zurückschreckte, um das Leiden nicht zu verschlimmem, glaubt Verf.
sich nicht grundsätzlich ablehnend dieser Frage gegenüber verhalten zu
müssen.
Mader (Zur Polyneuritis peripherica puerperarum Mader.
et gravidarum. Wiener kün. Wochenschr. Nr. 30) bringt drei
Fälle von Schwangerschaftslähmungen, die besonders dadurch inter-
essant sind, dass keinerlei puerperale Eiterung die Sachlage com-
plicirte. Die beiden ersten Fälle wurden geheilt. — Der dritte
Fall betraf eine 25jährige Patientin, welche während einer Gravi-
dität im 3. Monat eine schwere Polyneuritis erwarb mit hoch-
gradiger Muskelatrophie. Wegen Hyperemesis Einleitung des Abortus
und vorübergehende Besserung. Tod durch hinzutretende Lungen-
tuberculose. Die mikroskopische Untersuchung der Nn. ischiadici
tind peronaei ergab hochgradige Degeneration mit Zerfall resp.
88
Seeligmüller.
Puerperal
Neuritis,
Mader.
e' Schwund der Markscheiden. Die Musculatur zeigte einfache Atrophie.
An vielen Stellen Verlust der Querstreifting und Durchsetzung desProto-
plasmas mit braunem Pigment (Pigmentatrophie). Am Bückenmark
keine Veränderungen. Auffallend war im dritten Falle die Besserung
des Leidens nach eingeleitetem Abortus, ebenso das Pehlen snbjectiver
Schmerzen und Vorhandensein ausgebreiteter Anästhesieen. Letztere
Erscheinung will Verf. öfters bei tuberculösen Neuritiden beobachtet
haben. Auch die gleichzeitig vorhandenen psychischen Störungen
(Apathie, Verwirrtheit) hält Verf. für sehr charakteristisch und
gleichen Ursprunges mit den polyneuritischen Symptomen.
Post-
diphtheri-
tiache
Lähmung,
Goodall,
Pastcur,
Hasche.
Postdiphtheritische Lähmung hat Goodall (Brain)
unter 1071 Diphtheriefallen 125mal auftreten sehen, wobei aller-
dings die im ersten Stadium der Diphtherie gestorbenen Fälle
weggelassen sind; es würden sich also 17,6 ^/o Lähmungen er-
geben. Das Alter der gelähmten Kinder war vorwiegend unter
10 Jahren.
. Pasteur (Brit. med. Joum., Febr. 2, S. 251) sah von 32 post-
diphtheritischen Lähmungen bei Kindern zwischen 2 und 6 Jahren
19 tödtlich ausgehen, 17 unter Bulbärerscheinungen.
Hasche (Münchener med. Wochenschr. Nr. 11) konnte in einem
schnell tödtlich verlaufenen Falle von postdiphtheritischer
Lähmung imd Ataxie bei einem 9jährigen Knaben im Nerven-
system keine Veränderungen mikroskopisch nachweisen.
Neuritis
durch
Gefäss-
erkrankun
Schlesingpi".
Schlesinger (Ueber eine durch Gefässerkrankungen
bedingte Form der Neuritis. Neurol. Oentralbl. Nr. 13 u, 14,
g, S. 578) erörtert im Anschluss an einen FaU von Neuritis bei einem
69jährigen Tischler, bei welchem die Degeneration der Nerven bis
in das Eückenmark hinein zu verfolgen war, die Frage, ob hier das
Senium allein als Ursache anzusehen sei. Insofern aber die autop-
tischen Befunde sich nicht ganz mit denen bei Greisen deckten und
insofern als Schlesinger bei einem 25jährigen Manne mit Neuritis
und consecutiver Gangrän imd Amputation des Fusses genau die-
selben Erkrankungen der Gefasse, nämlich Endarteriitis obliterans,
nachweisen konnte wie bei jenem Greise, wenn die Degeneration
auch nicht so weit vorgeschritten war, möchte Schlesinger die
Neuritis auf die Gefässerkrankung zurückfähren.
Inter-
^^Hink^e'n ^ Goldflam (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26) hat die An-
Goidflam. sicht Gharcot^s, dass die Ursache des intermittirenden
Krankheiten des Nervensystems.
89
Hinkens in einer Arteriitis der Beine zu suchen sei, bei zwei
Brüdern bestätigt gefunden; einen Zusammenhang mit Diabetes da-
gegen vermochte er in keinem Falle zu constatiren.
Ebstein (Virchow's Arch. Bd. 139, S. 605) bespricht in einem
ausfuhrlichen Aufsatze über Herpes zoster besonders die dabei
von ihm in einem Falle beobachtete Facialislähmung, die er wie die
motorisch-sensibeln Störungen bei Zoster überhaupt auf das
specifische Agens eines hier vorliegenden toxischen, oder vielmehr
infectiösen Processes zurückführen möchte.
Dubreilh (Recidivirender Zoster. Arch. de Bordeaux
Nr. 7, Juli) fand bei einer 55jährigen an Herpes zoster intercostalis
leidenden Frau zwei Intercostalräume höher grosse Narben, welche
sich als die Besiduen eines im 19. Lebensjahre Überstandeneil Herpes
gangraenosus nachweisen Hessen.
Winfield (The New York med. Joum., April 6) hat in acht
Fällen vonHerpes zoster imBlute viermal typischeMalaria-
Plasmodien gefunden bei Kranken, die vorher Zeichen von Inter-
mittens larvata oder selbst Fieberanfälle gehabt hatten.
Herpes
zoster,
Ebstein,
Dubreilh,
Winfield.
G logner (Virch. Arch. Bd. 141) hatte schon früher auf den Beri-Beri,
ätiologischen Zusammenhang von Beri-Beri mit typi- öiogner
scher Malaria hingewiesen und hat nunmehr neben den echten
Malariaplasmodien im Blute von Beri-Beri-Kranken auf Java ähn-
liche, aber doch von ihnen sich unterscheidende Mikroorganismen
constatirt. In allen diesen Fällen hatten die betreffenden Kranken,
denen das Blut entnommen war, neben den Beri-Beri-Sjonptomen
auch Malariasymptome gezeigt.
Csillag (lieber Malarialähmungen. Wiener med. Presse Malaria-
Nr. 36) beobachtete bei Malaria plötzlich auftretende Paraplegieen, ^*^™.,^^^^®"*
die mit dem Fieberanfalle auftraten und auf die specifische Malaria-
behandlung mit Chinin gleichzeitig mit den Fiebererscheinungen
wieder verschwanden. Er will dieses Verhalten als differentiell-
diagnostisches Moment gegenüber den Lähmungen bei Beri-Beri-
Kranken statuiren.
Csillag.
Ueber Kehlkopflähmungen nach Typhus bat Lublinski Kehlkopf
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26) sechs eigene Beobachtungen lähmungen
iw . ... iiachTyphus,
veröffentlicht. Er betont die Aehnlicbkeit mit postdiphtheritischen Lublinski.
Lahmungen und die relativ günstige Prognose.
90
SeeliginüUer.
Blei-
lähmuug,
Newmark,
Posselt,
Janowski.
Von Bleilähmung liegen einige interessante f^älle vor: Leo
Newmark (Medical News, Mai 11) sah bei einem 8jährigen Elinde,
welches häufig an einer mit Bleifarben gestrichenen Wand gekratzt
hatte, ausser Bleisaum typische Lähmung aller vier Extremitäten.
Bemerkenswerth ist, dass, wie schon Putnam bei Kindern hervor-
gehoben, die unteren Extremitäten in gleichem oder höherem Mactsse.
wie die oberen befallen waren und erst später sich besserten als
jene und dass hier der Tibialis anticus gelähmt, und der Extensor
digiti brevis frei geblieben war.
Posselt (Wiener med. Wochenschr. Nr. 22) sah Polyneu-
ritis nach Gebrauch eines bleihaltigen Essgeschirrs.
Sehr genau studirt in allen Einzelnheiten ist der Fall von Ja-
nowski (Neurol. Centralbl. Nr. 7, S. 300) bei einem 27jährigen
Verlöther von Wasserleitungsröhren mit Minium. Interessant ist
das Auftreten von Embryocardie, partieller Lähmung
des rechten Facialis und Verengerung der rechten Pu-
pille, verbunden mit weit schwächerer Beaction auf
Lichtreiz.
Lähmnng
bei Kohlen-
oxydvergif-
tung,
Olynn.
Nach anhaltender habituellerEinathmung vonKohlen-
oxydgas sah Q-lynn (Brit. med. Joum., April 6, S. 795) bei einem
16jährigen Maschinenputzer unter Wadenschmerzen, Anschwellung
der Beine (Albuminurie) eine Parese der unteren Extremitäten, vor-
wiegend der Extensoren auftreten mit Herabsetzung der Sensibilität
und Aufgehobensein der faradischen Erregbarkeit. (Ob der Urin
auf Zucker untersucht wurde, ist nicht erwähnt. Bef.)
Periodisch«
Oculo-
motorius-
lähmung,
Karplus.
GehirnnerTen.
Karplus (Zur Kenntniss der periodischen Oculo-
motoriuslähmung. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 50) bringt
zwei FäUe von periodischer Oculomotoriuslähmung bei zwei jugend-
lichen Individuen, welche vollkommen die von Moebius und
Mauthner geforderten Bedingungen:
1. Ergriffensein nur eines Ociüomotorius,
2. Ergriffensein stets desselben Oculomotorius imd zwar in allen
Zweigen,
3. gleichzeitig Kopfschmerz und Erbrechen,
erfüllen. Im ersten Falle ist von besonderem Interesse das immer
längere Zurückbleiben eines Lähmungsrestes und eine die Anfalle
späterhin begleitende Hypästhesie des ersten und zweiten Trige-
Krankheiten des Nervensystems.
91
minttsa8tes. Der zweite Fall gewinnt durch den Sectionsbefund —
ein Neurofibrom des Oculomotorius — an Interesse. Für den ersten
Fall nimmt Verf. basale Veränderungen, für den zweiten die Neu-
bildung als Ursache des Leidens an.
Richardson und Watton (Exstirpation des Ganglion Trigemlnus-
Gasseri. Gaz. m6d. Nr. 6) haben mit gutem Erfolg bei einer "e^»^a*ei®.
. . . . . Richardson u.
63jährigen Dame, welche seit 15 Jahren an Trigeminusneuralgie litt, watton,
das Ganglion Gasseri exstirpirt. Die vorher ausgeführte Durch-
^hneidung des zweiten imd dritten Astes hatte eine 8monatliche
Pause der Anfälle zur Folge, wonach dieselben wieder einsetzten.
Das Ganglion wurde nach Krause-Hartley exstirpirt. Die Ope-
ration wurde durch eine Blutung der Duralgefässe (Tamponade) er-
schwert. Nach 16 Tagen Heilimg per primam. Ausser einer
mehrere Wochen nach der Operation eintretenden vorübergehenden
Lahmung im Bereich des Bamus frontalis n. trigemini keine nach-
trägliche Störung. Von 40 operirten Fällen starben 6. Mitunter
wurden Sehstörungen beobachtet. Die Schwierigkeiten der Ope-
ration werden zugegeben, besonders die mögliche Verletzung der
Carotis interna.
Sänger (Zur pathologischen Anatomie der Trigeminus- Sänger,
neuralgie. Neurol. Centralbl. Nr. 19) hat in vier Fällen das von Prof.
Krause exstirpirte Ganglion Gasseri und in einem weiteren die rese-
cirten peripheren Reste untersucht und namentlich Verminderung der
^Ganglienzellen, sowie Veränderungen an denselben (wachsartige Quel-
Inng mit Kemverlust und VacnoUsiiimg) gefunden.
Douglas {Brit. med. Journ., April 13, S. 808) bringt einen Fall von Douglas,
bilateralem Zoster im Gebiet der Trigeminusverzweigung; die
Schmerzen hörten schon nach 8 Tagen auf.
Brück (Ueber eine unter dem Bilde einer Ohren-
erkrankung verlaufende Neurose des Kiefergelenkes.
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33) theilt fünf Fälle von Kiefer-
gelenksneurose mit, welche aUe unter dem Bilde einer Ohren-
erkrankimg verliefen. Heftige stechende Schmerzen im Ohi^e waren
die hervorragendsten Symptome, dazu Kopfschmerzen, Ohrensausen
in zwei Fällen. Alle Kranken waren anämische Frauen und in allen
Fällen war nur das eine Ohr befallen. Es fanden sich keine für
das Bestehen einer OhraiFection charakteristischen Symptome, eben-
sowenig die Erscheinungen einer Trigeminus- oder Occipitalneuralgie.
Die Schmerzen waren also von dem druckempiindlichen Kiefergelenk
irradürt.
BiTick.
9ä
Seeligmüller.
Facialis-
lähmnn;?,
Eitelberg,
Francke.
Eitelberg (Beitäge zur Influenza-Otitis, zumal ihrer ner-
vösen Form und Complication mit Facialisparese. Wien. med.
Presse Nr. 24) bringt zunächst zwei Fälle einer gewöhnlichen InfluenzarOtitis
bei alten Personen, von denen die eine ein Erysipel acquirirte. Sodann
schildert er die rasenden Schmerzen (Otalgie), welche sich im Verlaufe
einer Influenza bei einem nur geringfügigen Ohrenbefund einstellen können.
Meist bestand nur ein kleiner Katarrh der Paukenhöhle oder Tuba
Eustachii.
Francke (Ein Fall von einseitigem Weinen bei Facialis-
paralyse. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33) beschreibt einen Fall von
Facialislähmung mit Versiegen der Thränensecretion. Ana-
mneetisch wurde erhoben, dass der Lähmung Schwindel, Ohrensausen und
Schwerhörigkeit vorherging. Bei Gemüthsweinen blieb stets das linke (er-
krankte) Auge trocken. Auf Grund dieser Beobachtung, sowie der
zahlreichen anderer Autoren, sieht Verf. im Facialis den Secretionsnerv
der Thränendrüse, während der Trigeminus als solcher nicht betheiligt ist.
Der zweite Ast des Trigeminus soll vom Facilis durch Vermittelung des
Petrosus superficialis major secretorische Fasern bekommen und zwar vom
Ganglion geniculi zum Ganglion sphenopalatinum.
Neuritis
des Plexus
brachialis,
Mann.
ROckenmarksnerTen«
Mann (Neuritis des Plexus brachialis nach Fleisch-
vergiftung. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) bringt einen
Fall von Parese des rechten Arms (Erb'scher Typus) nach dem
Genuss verdorbenen Fleisches und fasst denselben seiner Natur nach
{Js identisch mit den nach anderen Infectionen (Diphtherie) ent-
stehenden Lähmungen auf.
Kellner-
l ä h ni n n ^,
Run»?*».
Ischias,
Urassniann,
Runge (Fall von Kellnerlähmung. Joum. of nervous
diseases, April) versteht darunter eine Beschäftigungsneurose bei einem
Kellner, welcher täglich eine Menge Teller mit seinem linken Arme
auf der Strecke von der Hand bis zur Schulter zu tragen hatte.
Der gestreckt und supinirt gehaltene Arm gab ^ines Tages plötzlich
nach : der Vorderarm wurde pronirt imd damit die nach oben sehende
Handfläche abwärts gewendet. Diese Schwäche der Beuger und
Supinatoren trat nur bei dieser Functionirung der oberen Extremität
hervor. Durch gcJvanische Behandlung wurde Heilung erzielt.
GraBsmann (Mal perforant du pied nach Stichverletzung
des Ischiadicus. Ann. d. ätädt. allgem. Krankenh. zu München über
1898, S. 142. München 1895) sah bei einem 24jährigen Manne ein halbes
Jahr nach der Verletzung, welche völlige Lähmung und Abmagerung des
ganzen linken Beines zur Folge gehabt hatte, eine Blase an der Ferae auf-
Krankheiten des NerrensTstem».
93
treten , welche später einen 9 cm tiefen und 2.2 cm breiten Defect mit
leicht blutendem. GranoL&tionsgewebe in der TietV darstellte.
J. Schreiber (Welche Vorsicht die Feststellang der J. s.^hreiber
Diagnose „Ischias" erfordert! Wien. klin. Wochenschr. Nr. 34)
erzahlt von einem 57jährigen hünenhaften Arzte, welcher, seit
einem halben Jahre infolge von Schmerzen in den Bahnen beider
Ischiadici schlaflos, um 20 kg abgenommen hatte. Die Rectalonter-
sachung ergab eine harte, umfangreiche, besonders nach rechts sich
ausbreitende Geschwulst über dem SchUessmnskel des Afters. Schon
nach 3 Wochen trat der Tod ein.
Tulpius (Deutsche med. Wochenschf. Nr. 36) unterwirft die
in Bezog auf die Scoliosis neuropathica (,,Ischias scoUotica")
geäusserten, das Thatsächliche vielfach verwirrenden Meinungen einer
Revision und kommt dabei zu dem Schluss, dass „nur die Combi-
nation einer Ischias mit einer Lumbalnervenaffection, eventuell auch
letztere allein, zu der typischen Rumpfverbiegong fuhrt. Das Cha-
rakteristicum derselben besteht in einer mehr oder weniger fixirten
seitlichen Neigung der Wirbelsäule, die durch halbseitige reflec-
torische Rückenmuskelcontracturen erzeugt wird."
Higier (Neurol. Centralbl. Nr. 22, S. 962) berichtet über einen neuen
Fall der sog. alternirenden Skoliose bei Ischias, wobei er drei
andere Falle aus der Klinik von Debove erwähnt, die in der These in-
augorale de Paris von £. Phulpin veröffentlicht sind.
Hoff mann (ibidem Nr. 6, S. 244) beobachtete in einem Falle von
doppelseitiger Ischias das von Fr. Schulze und Eny in einem bezw.
zwei f^en bereits beschriebene Muskelwogen (Myokymie).
TTeber isolirt im Gebiete des N. cutaneus femoris
externus vorkommende Parästhesieen hat zuerst Bern<
hardt und nach ihm Näcke und endlich Freud (Neurol. Central-
blatt Nr. 6, 8 u. 11) geschrieben. Ursächlich kann dieselbe mit
Typhus, Bleivergiftung oder Erkältung, oder Tratuna (Nä c k e : Ver-
treten des Fusses) in Zusammenhang gebracht werden.
Roth beschreibt dieselbe Affection unter dem Namen M e r a 1 g i a
paraesthetica (Prager med. Wochenschr., Sept.).
I>cbias
scoliotica.
Ynlpias,
Higier,
Phulpin
Muskel-
woge u bei
Ischias,
Hoffiiiann,
Schulze u.
Kny.
Parästhesie
des N.
cutaneus
t'emoris
externus,
Bernhardt,
Näcke,
Fi-eud,
Koth
D. Neurosen.
Allgemeines.
Freud (Neurol. Centralbl. Nr. 12, S. 50) will einen bestimmten
Symptomencomplex, den er unter dem Namen der Angst-
neurose zusammenfasst, von der Neurasthenie abtrennen.
Neur-
asthenie,
Freud.
94
Seeligmüller.
Neur-
asthenie,
Löwenfeld.
L Owen fei d (Münch. med. Wochenschr. Nr. 13) will nach seineu
Erfahrungen die sexuelle Aetiologie für die erworhenen Angst-
zustände als nicht so häufig zugehen und spricht sich daher gegen
die Abtrennung aus.
Klimak-
terische
Kehlkopf-
nearosen,
Semon.
Sogenannte
trauma-
tische
Neurose,
Gesichts-
feld-
beschrän-
kung,
Schmidt-
Rimpler.
Epilepsie
tardive,
Manpat^.
Epilep-
tischer
Anfall,
Bechterew.
Semon (Die sensibeln Neurosen der Kehle in der klimak-
terischen Periode. The Brit. med. Journal, 5. Jan.) ist darauf
aufmerksam geworden, dass gerade in der Klimax stehende Frauen
aussergewöhniich häufig an diesen Neurosen leiden; femer dass
locale oder allgemeine Symptome, welche wir bei diesen Neurosen
sonst nicht vermissen, bei diesen Frauen fehlen, und endlich dass
die sonst übliche Therapie hier im Stiche liess und dass die Be-
schwerden, welche allen Mitteln widerstanden hatten, endlich spontan
verschwanden. Die Frauen standen zwischen 35 und 55 Jahren.
Ihre krankhaften Empfindungen bestanden in Parästhesieen oder
Neuralgieen, niemals in Anästhesieen.
DieBedeutung der Gesichtsfeldeinengung für dieFrage
der Simulation bei Unfallverletzten hat noch mehr als bisher
verloren, seitdem Schmidt-Rimpler auf der Lübecker Natm-
forscherversammlung darauf aufinerksam gemacht hat, wie eine
solche Einengung auch bei Gesunden sehr häufig (bis 35 ^/o) ge-
funden wird. Ohne sonstige pathologische Veränderung im Auge
ist sie bei der sog. traumatischen Neurose ein sehr seltenes
Symptom.
Epilepsie.
Maupat^ (Annales m^dico-psychologiques , August) bezeichnet
als Epilepsie tardive die Epilepsie, welche nach dem 30. Lebens-
jahre auftritt; unter 120 Epileptischen nur 20mal. Gelingt es nicht,
sie bald zu bessern und wird sie stationär, so kommt es frühzeitig
zur Verblödung.
Bechterew (Untersuchungen über die Genese des epilepti-
schen Anfalls. Neurol. Centralbl. Nr. 9, S. S94) kommt unter Berück-
sichtigung sänmitlicher Untersuchungen der Autoren zu dem Schlussergeb-
niss, dass bei erwachsenen Thieren die Genese der epileptischen Anfälle
durch Erregung der Himrindencentren bedingt sein kann. Falls die basalen
in solchem Falle an der Entwickelung der epileptischen Anfälle theilnehmen,
80 participiren sie vorwiegend an dem aus tonischen Krämpfen bestehenden
Theil des Anfalls. Unter anderen Bedingungen (mechanische Reizung der
Rückengegend, Gehirnerschütterung und Vergiftungen) können auch die
basalen Theile (Pons und MeduUa oblongata) der Epilepsie den Ursprung
Krankheiten der NervenBystems, 95
geben: es beiheiligt sich jedoch zweifellos auch in diesem Falle die Hirn-
rinde an der Entwickelang des Anfalls, und unter anderem ist der epilepti-
forme Charakter der Krämpfe durch ihre EiTegung bedingt.
B. Naunyn (lieber senile Epilepsie und das Griesinger- Senile
sehe Symptom der Basilarthrombose. Zeitschr. f. klin. Med. J/ epsie,
Bd. 28, 8. 217) theilt drei Fälle von seniler Epilepsie mit, in welchen
es gelang, durch Compression der Carotiden am Halse die gleichen
Anfalle, wie sie bei den Kranken spontan auftaraten, zu erzeugen.
In beiden Fällen handelte es sich wohl um Himanände, welche
leicht eintreten konnte, da ohnehin wegen der Arteriosklerose und
der schwachen Herzthatigkeit die Blutversorgung des Hirns sehr
mangelhaft war.
Bleuler (Gliose bei Epilepsie. Münch. med. Wochenschr. oiiosebei
Nr. 33) hat an 26 Epileptikergehimen stets eine deutliche Hyper- ß^ienfer!
trophie der zwischen Pia und den äussersten tangentialen Nerven-
fasern gelegenen GUafasem gefunden. Meist laufen dieselben parallel
zur Oberfläche und quer über die Windungen, ordnen sich in Züge,
die manchmal in der Nähe der Gefasse „Strudel^ bilden. Die Stärke
der Gliaschicht entspricht nicht der Intensität der Epilepsie, sondern
dem Grade der Verblödung. Am auffalligsten erwiesen sich die
fünf Fälle von cerebraler Hemiplegie, wovon die zwei epileptischen
ausser der Bindenveränderung auch GUaverdickung aufwiesen. Die
Gehirne von Nichtepileptikem zeigten diese Veränderungen nicht.
Collins (Med. Becord Nr. 12, 1894) spricht sich in Bezug auf Behandlung
die Erfolge der Behandlung nach Flechsig günstig aus: _ .f^^ .
i!«piiep9ie!
Holmberg (Finska läkaresäUsk. handl. Bd. 37) erwähnt als Intoxi- Flechsig-
cationssymptome bei dieser Behandlung Anfälle von Schüttelfrost. ^^^^
Methode,
Collins,
Ch. F6r6 (Rev. de med. Nr. 9) erklärt den Borax für ein Mittel, Holmberg.
welches in gewissen Fällen von Epilepsie sich nützlich (bei 11
unter 122 Kranken), ja den Brompräparaten überlegen zeigt. Es
empfiehlt sich daher in den Fällen, wo die Brompräparate trotz
höchster Dosen keinen Erfolg erzielten. Indessen muss der Borax
mit Vorsicht gegeben werden, da selbst bei wenig grossen Dosen
Nierenaffection (Albuminurie) entstehen kann, welche mit dem Aus-
setzen des Medicaments keineswegs aufhört. Ausserdem nennen
wir als Erscheinungen des Borismus : Trockenheit der Haut, Ekzeme,
gastrische Störungen, Kachexie mit Oedemen etc.
90
Seeligmüller.
Brom- Roche (The Brit. med. Journal, May 18) rühmt da« Brom-
strontium gtrontium bei Epilepsie, welches in drei FäUen zwar keine
Epilepsie, Heilung, aber doch Besserung brachte, nachdem andere Brompräparate
Roche. im Grunde erfolglos gegeben worden waren.
Chirur-
gische
Epilepsie
behandlun
Enlenburg,
Ad. Seelig
müUer.
Eulenburg (Zur chirurgischen Epilepsiebehandlung,
namentlich zur Casuistik der Rindenexcisionen bei idiopathischen
g, Epilepsieen. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 15) will von der Behand-
lung der sog. Reflexepilepsie nichts wissen, da ihre Resultate zu
unsicher seien. Es kommen nur die am Schädel, der Dura oder dem
motorischen Rindencentrum selbst ausgeführten Operationen in Be-
tracht. Und von diesen auch nur die Rindenexcisionen, die besonders
geeignet sind für rein functioneUe Rindenalterationen, wo an der
Rinde sich nichts Pathologisches nachweisen lässt. Leider sind in
der Praxis die Erfolge nicht sehr günstig, doch ist Verf. in der
Lage, einen Fall von schwerer idiopathischer allgemeiner Epilepsie
zu bringen, bei dem die Anfälle stets in dem rechten Arm be-
gannen imd wo durch Excision des linken Armcentrums eine 7 Monate
anhaltende Heilung erzielt wurde. Auch für die einfache Eröffiiung
des Duralsackes, die Trepanation und die Spaltung der Weichtheüe
bringt Verf. je einen Fall, von denen der erste bald starb, die beiden
letzten geheilt wurden. Verf. glaubt die stricte Trennung der ein-
zelnen Arten von Epilepsie nicht aufrecht halten zu können, son-
dern sozusagen bei der Operation eklektisch verfahren zu müssen
und „von Fall zu Fall" sich die Frage, ob operirt werden soll oder
nicht, vorzulegen.
A. Seeligmüller (Klinische Beiträge zur Reflexepi-
lepsie. Festschrift der Provinzialirrenanstalt Nietleben) hat aus
seiner eigenen Erfahrung 17 Fälle, 5 infolge von Verletzung des
Kopfes, 2 des Rumpfes, 5 der oberen und 5 der unteren Extremi-
täten, mitgetheilt. Als einziges sicheres Heilmittel empfiehlt Seelig-
müller dringend die Operation, insonderheit Excision einer Narbe.
Diese muss mit grosser Sorgfalt ausgeführt werden, damit nichts
vom Narbengewebe zurückbleibe. Sonst kommt es wie in einer von
Seeligmüller ausführlich mitgetheilten Beobachtung (5) zu einem
Recidiv. Jedenfalls ist die Excision als nicht vollständig gelungen
anzusehen, sobald die vollständig verheilte Operationsnarbe auch nur
im kleinsten Umfange spontan oder bei Berührung oder Druck
empfindlich geblieben ist. Von 7 operirten FäUen hatten 4 voll-
ständigen, 3 nur unvollständigen Erfolg. In einem Falle (Beob-
achtung 8) konnte Seeligmüller den ausserordentlich günstigen
Krankheiten des Nerrensyatems. 97
Erfolg 15 Jahre hindurch bis zum Tode des Krankea verfolgen.
Der 34jährige Conditor B. hatte 1866 einen Streifschoss an der
ukaren Seite der Kuppe des linken kleinen Fingers erhallen;
seit November 1871 stellten sich epileptische An&Ile mit aus-
gesprochener Aura von der Narbe aus ein, welcbe so heftig und
häv£g wurden, dass Patient nicht mehr fihig war, seinem Geschäft
TorzQstehen. 1879 wurde die Nagelphalanx des linken kleinen
Pingers exarticulirt. Seitdem, bis zu dem 1894 an einem inter-
cnrrenten Herzklappenfehler erfolgten Tode, erschien nicht nur kein
Anfall, sondern Patient war auch diese ganze Zeit über körpoücb
und geistig so fiiscb, wie nie zuvor/ Ein ausführliches lätteratur-
verzeicbniss ist angehängt.
Hysterie.
Krecke (Ueber die Selbstbeschädigung der Hysterischen. Selbst-
Münch. med, Wochenschr. Nr. 4) berichtet über einen Fall von Selbst- beschädi-
bescbftdigung bei einer belasteten 61jährigen Hysterica, welche sich mit. . ^^°5 •
,Laiigenstein* 18 Jahre hinter einander Brandscborfe und Greschwüre auf Ki«cke.
der Haut ihres linken Armes hervorrief. Abgesehen von dem hohen Alter,
^riUirend doch sonst meist jüngere Hystericae zur Beobachtung kommen,
bietet der FaU noch durch die bei der Kranken bestehende Operationswuth
(MamA operatoria passiva), welche sich in den häufig wiederholten Bitten,
sie zn schneiden u. s. w., Ausdruck erhielt, viel Interessantes.
Windscheid (Ueber hysterische Schmerzen und deren Hysterische
Behandlung. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkologie) zieht den Schmerzen,
r j- 1 S. ^ , . , . . "^ , ,rrr. , WmdBcheid.
laraoiscnen otrom wegen der gleichzeitigen suggestiven Wirkung
auf G^föhl und G^hör dem galvanischen vor; bei Clavus empfiehlt
er mit Curschmann das Auflegen von Löschpapier, welches mit
Mentholspiritus angefeuchtet ist; im übrigen bezeichnet er aber die
Erfolge jeder Behandlung als geringe.
Gilles de la Tourette (Ueber die hysterische Mamma. Hysterische
Wiener med. Presse Nr. 33) bezeichnet die hysterische Brust als ^^^^^^\^
häufig und nur beim Weibe vorkommend. Sie wird oft durch eine Tourette.
Contusion veranlasst und stellt eine bleibende oder vorübergehende
Yolumsvermehrung des Organs mit beträchtlicher Hyperästhesie der
Haut dar. Während des Anfalles eri^rt sich die Warze und die
Brust schwillt an bis zum Doppelten ihres Volumens. Sobald die
Anschwellung ad maximum gekommen ist, tritt ein hysterischer An-
fall ein. Der Schmerz kann von der Brust nach der Achsel aus-
Jahibach der pracüscben Medicin. 1896. 7
'98 Seeligmüller.
Hysterische strahlen, imd es kann das Bild einer Angina pectoris entstehen. Die
G^if^d"*! Haut wird oft so hyperästhetisch, dass sie den Druck der Kleider
Tourette. nicht verträgt. Ihre Farbe ist weiss, rosa oder violett wie beim
hysterischen Oedem. Es sind bei der oft schwierigen Diagnosen-
stellung schon Operationen vorgenommen worden. Therapie: Sug-
gestion,
stottern. Greidenberg (Neurol. Centralbl. Nr. 12, S. 543) führt als
Greidenberg. Unterscheidungsmerkmale für das hysterische Stottern in
Eweifelhaften Fällen folgende auf: 1. es beginnt nicht im Kindes-
alter; 2. es tritt plötzlich auf und verschwindet ebenso plötzlicb;
3. der Verlauf ist nicht intermittirend; 4. es sind daneben andere
Zeichen von Hysterie vorhanden,
stummheit, Worotynsky (ibid. S. 534) heilte einen Fall von hysterischer
Worotynsky. gtummheit durch starke Faradisation des Kehlkopfs, combinirt mit
Suggestion im wachen Zustande.
Hemi- Jan et (Arch. de Neurol. Nr. 99, S. 337) gelang es, bei Hysteri-
anopsie, gehen durcli Suggestion, die allerdings sehr eindringlich und
präcis gemacht werden musste, Hemianopsie hervorzubringen
und in einigen Tagen ebenfalls durch Suggestionen wieder zu be«
seitigen.
chro- Pausier (Die Chromatopsie der Hysterischen. Ann. d'Oculist.
"plnsler*' ^^- ^' ^^^^'^ wendet sich gegen Gilles de la Tourette, welcher
die Achromatopsie der Hysterischen durch einfache concentrische
Gesichtsfeldbeschränkung erklären will.
Oedfm, Higier (Acutes und chronisches Oedem bei manchen
Higier. Neurosen, insbesondere bei Hysterie. Petersb. med. Wochen-
schrift Nr. 51, 1894) hebt aus der Symptomatologie besonders her-
vor, dass bei den Anschwellungen alle Erscheinungen einer Ent-
zündung, Calor, Ruber, Dolor, Tumor, Functio laesa vorhanden sein
können und betont die practische Bedeutung dieser Erscheinungen
bei Stellung der Diagnose (Phlegmone, acuter Gelenkrheumatismus).
Die Diagnose wird aus dem foudroyanten Auftreten der Oedeme
und dem Vorhandensein der hysterischen Stigmata gestellt, die sich
gern in dem betreffenden Glied locaHsiren (Lähmung, Analgesie, Con-
tractur). Therapie: Allgemein roborirend mit Suggestion und Hypnose.
Siiuulation Wichmann (Ein Fall von Hysterie mit trophischen Stö-
on Syringo-rungen, Syringorayelie vortäuschend. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12)
«T- 1* * ^' berichtet eingehend über einen Fall von Hysterie, welcher unter dem Bilde
einer Syringomyelie verlief, insofeme als die 27jälirige Patientin eine Reihe
von ulcerösen Veränderungen der Finger resp. Hände ganz wie ein an
Syringomyelie Leidender aufwies. Von hysterischen Symptomen fand sieb
Krankheiten des Nervensystems.
99
Hemiparese , Ovarie, Hemianästhesie , rechtsseitige Herabsetzung des Gre-
if hmackn , Geruchs, Grehörs und Gesichtsfelds. Der Gedanke an Syringo-
mjelie wurde durch Hemianästhesie , welche mit Analgesie und Thermo-
anästhesie verbunden war, anfangs wahrscheinlich, jedoch fehlten Muskel-
atrophieen. fibrilläre Zuckungen und Arthropathieen. Der sicherste Beweis,
daas das Leiden hysterischer Natur war, wurde durch eine erfolgreiche
H/pnose geliefert.
Higier schildert einen Fall von Hysterie als Simulation und Simalatloii
Combination der Tabes dorsalis (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 3). ^^^ Tabes,
Higier.
Die übrigen Venrosen.
drüsen-
theorie,
Brissaud,
Die Schilddrüsentheorie spielt in der Pathogenese der Basedow-
Basedow^M^en Krankheit auch in diesem Jahre die Hauptrolle, »che Krank
Ueber die Art dieser Rolle ist man fi^ilich noch sehr verschiedener schiid-
Meinnng, nämHch, ob es sich um eine übermässige „Hyperthyreoi-
dation*', oder um eine ungenügende, oder um eine qualitativ ver-
änderte Absonderung des Drüsensaftes handelt. Namentlich die
letztere, der veränderte Chemismus, gibt zu sehr ausgiebigen Hypo-
thesen — Vorwiegen des Thyromucins über das Thyrocollin etc. —
reiche Gelegenheit. Die Versammlung französischer Neurologen in
Bordeaux (Semaine m6d. Nr. 39) hat sich lebhaft mit diesen Theorieen
beschäftigt. Interessant war die Mittheilung Brissaud's, dass er
bei erwachsenen Menschen überhaupt keine normalen Schilddrüsen
habe finden können, sondern stets Cystenbildung und Bindegewebs-
hypertrophie , ohne dass bei Lebzeiten eine Spur von Basedow-
Symptomen nachzuweisen gewesen wäre.
Thierversuche mit Implantation, oder Fütterung von
Drüsensubstanz, oderEinspritzungen vonDrüsensaft haben
in manchen Fällen Veränderungen an der Schilddrüse bei Hunden
hervorgebracht, welche den von Renaud bei Menschen mit Morbus
Basedowii gefundenen glichen (Ballet und Enrique z).
Canter (Extr. des Ann. de la Soc. m6d.-chirurg. de Li6ge,
Janv.) sah nach Schilddrüsenfütterung bei Hunden dem Basedow
ähnliche Erscheinungen auftreten, und zwar standen diese Symptome
im geraden Verhältniss zu der Menge der gefütterten Schilddrüsen-
sabstanz. Zur Eiitik dieser Versuche hat Otto Lanz (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 37) die Vermuthung ausgesprochen, dass die
genannten Erscheinungen nicht als Folge normaler Drüsensubstanz
anxoseben seien, vielmehr habe es sich wahrscheinlich um verdorbene
Snbetane gehandelt, so dass bei den Thieren eine der Wurstvergiftung
analoge Intoxication zu Stande kam, welche auch mit Drüsen-
Ballet u.
Enriquez,
Canter.
Lanz.
100
Seelig^üUer.
Schwellung einhergehe. Dies sei fiir manche Pr¶te, unter anderen
die Merck'schen, die einen aashaften Geruch hätten, sehr wahr-^
scheinlich.
Einfluss der Von practischer Wichtigkeit ist die von Mehreren gemachte Er-
Schwanger- fahrung, dass die Schwangerschaft in manchen Fällen den Zustand
bedeutend verschlimmere, so dass Basedow-kranken Frauen das
Heirathen zu verbieten sei (Theilhaber, Arch. f. Gynäkol. Bd. 1,
8.57, Bucqiie, Th^se de Paris, und Odeye, ebenfalls Thöse de
Paris).
Aetiologisch ist das mehrfache Vorkommen des Morbus Base-
Familiäre dowü in derselben Familie beobachtet worden, so von Pässler
^^*'^„*^j^^^'*»' (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 210), West (Lancet
Oppenheimer. Bd. 1, Nr. 20) bei zwei Schwestern, Oppenheimer (Joum. of nerv,
and mental disease, April, S. 213) bei einer Schwester, bei der
anderen M3rxödem. Auf Thyreoidin genas nur die mit Myxödem.
Theilhaber,
Bncque,
Odeye.
Liision des
Strick-
körpers,
Bienfait.
Bryson's
Zeichen,
Patrick,
Hngg,
Muskel-
dystrophie,
Bathhurst.
Schild-
drüsen-
therapie be
Morbus
Basedowii,
Bogrouz.
An einem rein nervösen Ursprung der Basedow'schen Krank-
heit halten nur noch Wenige fest. Bienfait (Eztr. des Ann. de
la Soc. mM.-chir. de Liege) ist nach Wiederholung der Versuche
von F 11 ebne davon überzeugt', dass die Basedow'sche Krankheit
durch eine Läsion biübärer Centren, die in der Mitte und am Rande
des Corpus restiforme liegen, verursacht werde. Diese Centren
können aber auf verschiedene Weise lädirt werden, und damit er-
klären sich verschiedene Formen. Ais eigentlichen Morbus
Basedowii bezeichnet er die durch Autointoxication mit Schild-
drüsensaft hervorgebrachten FäUe; die bei Tabes, Psychosen, Hysterie
oder infolge reflectorischer Einflüsse, z. B. von der Nase her, beob-
achteten Formen, sollte man eigentlich als Basedow-Symptome be-
zeichnen.
Das Bryson'sche Zeichen — mangelhafte Ausdehnung des
Brustkastens beim Athmen — haben Patrick (New York med. Rev.,
9. Febr.) und Hugg (ibid.) in 40, bezw. 13 von 20 Fällen gesehen;
beide fuhren dasselbe auf die allgemeine Muskelschwäche zurück,
die gleichzeitig bestand.
Eine ausgesprochene progressive Muskeldystrophie sah
Bathhurst (Lancet Bd. 2, Nr. 11) bei einem 20jährigen Basedow-
Kranken.
Erfolge mit Einspritzung von Schilddrüsenemulsion, in-
^ Sonderheit Herabsetzung der Herzthätigkeit, konnte Bogrouz (Neurol.
Centralbl. Nr. 13, S. 595) bei Basedow-Kranken verzeichnen.
Weiter haben durch zunächst aus Versehen, dann absichtlich
Krankheiten des Nervensystems. 101
gemachte Fütternngen mit Thymusdrüse therapeutische Er-
folge zu verzeichnen: Owen (Brit. med. Journal, 16. Febr.), und Thymus-
Hector Mackenzie; Cunningham (New York med. Eev. Nr. 24) '^*^"^^"^'
äah davon in einem Falle Heilung, in zwei anderen Besserung, Mackenzie,
Mikulicz (Berl. Win. Wochenschr. Nr. 16) so bedeutendes Wohl- Cunningham,
befinden des 25jährigen Kranken, dass dieser erklärte, er sei geheilt,
and in einem zweiten, bei einer 44jährigen Frau, eine solche Besse-
rung, dass die Operation imterbleiben konnte.
Auf dem Chirurgencongress in Berlin sprach Mikulicz (Berl. chirurgische
klin. Wochenschr. Nr. 19) über chirurgische Behandlung der^®**^"^.^^"^'
Basedow'schen Krankheit. Von den 11 Kranken, die er nach
verschiedenen Methoden operirt hat, ßiad 6 ganz geheilt, 4 wesentlich
gebessert; Kocher theilt mit ihm die Ansicht, dass Operationen bei Kocher,
Morbus Basedowii sehr gefahrlich seien, und zieht deshalb die Unter-
bindung der Arterien vor. Er begnügt sich mit der Unterbindung von
drei Arterien, während Trendelenburg und Rydygier alle vier Trendelenbmg,
zu unterbinden pflegen. Trotzdem sah letzterer in 22 so operirten Rydygier,
Fällen niemals Myxödem eintreten.
Heydenreich (Die chirurgische Behandlung der Base- Heydenreich,
dow^schen Krankheit. Semaine mM. S. 260) zeigt, dass die
chirurgische Behandlung der Basedow'schen Krankheit sowohl durch
die Thatsachen wie durch die Theorie gerechtfertigt ist, nämlich durch
die Theorie von Marie, welcher sie durch eine übermässige Functio-
nirung der Schilddrüse zu Stande kommen lässt, so dass eine „Hyper-
thyreoidation" des Organismus stattfinde. Indessen möchte er das
operative Eingreifen auf die ernsten Fälle beschränkt wissen, in
welchen die medicinische Behandlung erfolglos geblieben ist und der
Kranke zu erliegen droht, namentlich, wenn es sich um hochgradige
Dyspnoe infolge von Compression der Luftröhre handelt. Ob man
auch in solchen Fällen operiren soll, wo der Zustand beunruhigend
ist, wo Degeneration des Herzens oder hochgradige Nervosität vor-
liegen, muss dem klinischen Tacte überlassen bleiben. Am meisten
empfiehlt sich die partielle Thyreoidektomie oder auch, wo dies mög-
lich, die Ausschneidung einzelner Knoten. In 61 operirten Fällen
trat 5Qmal Heilung oder Besserung, 4mal der Tod, 2mal Tetanie
und 5mal Misserfolg ein.
Zwei ebenfalls durch die Operation gebesserte Fälle theilt
Haskovec (Gaz. des höp. Nr. 84) mit. Haskovec.
Campbell Gowan (Myxödem in seinen Beziehungen zur Myxödem,
Basedow'schen Krankheit. The Lancet, Februar 23) hat in Campbell.
5—6 Fallen bei mit Basedow Befallenen Myxödem sich ent-
102
Seeligmüller,
drüse,
BaldwiD,
wickeln sehen , von welchen er 3 in wunderbarer Weise durch
Heiiungdes Schüddrüsensaft genesen sah. Dasselbe beobachtete £ a 1 d w i n (Lancet,
Myxödems Januar 19) in 4 FäUen (1 Knabe, 2 junge Mädchen und 1 Frau im
durch Schild- . , ^ . » j o
Klimakterium), nur dass die allgemeine Verdickung der Haut fehlte.
Nachdem roborirende Behandlung im Stich gelassen hatte, gingen
die Symptome nach Schilddrüsentabletten zurück.
Weiter werden günstige Erfolge bei Myxödem mit Schild-
drüsenpräparaten gerühmt von: Ewald (Berl. klin. Wochenschr.
Nr. 2), Mendel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7), Palleske
(ibid.) bei einem nach Exstirpation eines Theils der Schilddrüse ent-
standenen Myxödem, Leichtenstern (ibid. Nr. 50).
Ewald,
Hendel,
Palleske,
Leichtenstern.
krankheit Lloyd Jones hat mittels Nebennierenextract in Tabletten
Lloyd Jones, einen typischen Fall von Bronzekrankheit in 14 Tagen geheilt (?)•
S y in m e-
trische
Gangrän,
Harold,
Uvi,
J. Thiersch.
Harold (The Lancet, Februar 9) beschreibt einen Fall von
Raynaud's Krankheit, in welchem es zur Spontanamputation beider
Füsse kam. Der schwächliche und schlecht genährte 4jährige ELnabe
blieb am Leben. Aetiologisch liess sich von den gewöhnlich als
Ursachen bezeichneten Constitutionskrankheiten oder Vergiftungen
mit Mutterkorn oder Arsenik, Trauma oder Erftierung nichts nach-
weisen.
Levi (Arch. de Neurol. Nr. 95 — 97) berichtet über zwei von ihm als
hysterische Form der Baynaud'schen Krankheit und Ery-
thromelalgie angesprochene Fälle, in welchen es gelang, die Symptome
durch Suggestion zu bessern, bezw. zu heilen. Dabei betont er,
dass von Hysterie nicht mehr die E.ede sein könne, sobald e^ zu
Gangrän konmie.
J. Thiersch (Ein Fall von symmetrischer Gangrän der
Extremitäten [Basedow'sche Krankheit]. Tod infolge von
Apoplexie, Arteriosklerose. Münch. med. Wochenschr. Nr. 48)
beschreibt den Fall eines früher gesunden und nur an Corpulenz
leidenden Mannes, bei welchem die Baynaud'sche Krankheit mit
Kopfschmerz und Schwindel einsetzte. Dann folgte Bläschenbildung
an den Zehen, die unter furchtbaren Schmerzen und vorheriger ab-
wechselnder Blässe imd Böthung der betreffenden Glieder mit schHess-
lieber Exfoliation von Knochenstücken verlief. Tod schliesslich durch
Apoplexie. Durch die Section Nachweis eines Blutheerdes im Ge-
hirn und einer sehr starken Arteriosklerose. An den Zehengelenken
nichts Abnormes nachzuweisen. An den Füssen enge, rigide und
theil weise obliterirte Arterien.
Krankheiten des Nervensystems. 103
Singer (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 11) bringt einen tödtlich Ski er o-
endenden Fall von Sklerodennie, welcher eine bedeutende Verkleine- slnra^'
rang des rechten SchilddrüsenBeitenlappens aufwies. In beiden Lappen
mehrere verkalkte Knoten. Verf. glaubt an eine ätiologische Ver-
wandtschaft zwischen Myxödem und Sklerodermie, da sich bei beiden
eine Verödung der Drüse und Functionsausfall findet. Es ist ja
auch die ödematose teigige Schwellung bei der Sklerodermie der
Vorläufer der folgenden Schrumpfiing der Haut. Auch zum Basedow
hat die Sklerodermie gewisse Beziehungen, zumal Fälle bekannt sind,
in denen sich beide Krankheiten vereint vorfanden. Jedenfalls
findet sich bei allen drei Krankheiten eine krankhafte Veränderung
und Functionsstörung der Schilddrüse.
Friedheim (Münch. med. Wochenschr. Nr. 19) beschreibt einen Friedheim.
Fall von Sklerodermie bei einem weiblichen Individuum, wo sich
alte pigmentirte imd atrophische neben frischen sklerodermischen
Stellen fanden. Der Hautwiderstand gegen beiderlei Art elektrischer
Ströme war bedeutend erhöht und zwar auch auf gesunden Haut-
gebieten. Sehr interessant sind die an diesem Falle häufig vor-
kommenden Hauthämorrhagieen und eine starke Hyperhidrosis. Thera-
peutisch wurden Massage, Fetteinreibungen und auf Singer's Ver^
öffentlichung Schilddrüsentabletten (letztere ohne Erfolg) angewandt.
Bary (Neurol. Centralbl. Nr. 6, S. 251) möchte als Aequivalent Hemicranie,
der Kigrftne, an welcher eine 51jährige Frau seit ihrem 9. Lebens- ^^^'
jähre litt, die Magenschmerzen ansehen, welche in einer sich
öfter wiederholenden Periode von 2 — 3 Monaten, während welcher
die Migräneanfalle verschwanden, anfaUsweise auftraten.
Charcot (Nouv. Iconographie de la ScJp. Nr. 1) hat in einer Charcot.
nachgelassenen Vorlesung einen Fall von Migraine ophthalmique
mit Aphasie besprochen. Ein SQjähriger gesunder Mann litt an
Migräneanföllen mit Parästhesieen imd Sprach- imd Schreibstörungen,
die etwa eine Stunde andauern und spurlos verschwinden. Ursäch-
lich handle es sich wahrscheinlich um einen Krampf der die ent-
sprechenden Rindenpartieen versorgenden Aeste der Arteria fossae
Sylvii. Auch sei die Annahme einer gichtischen Endarteriitis nicht
von der Hand zu weisen.
Marie und Marinesco (Bulletins et Memoires de la Sociöt6 Hemi-
m^dicale des Höpitaux de Paris. Sitzung vom 22. Februar) beschreiben facuiis'^
einen eigenthümUchen Fall von HemiatFophie des Oesichts und Marie u.
der oberen Extremität mit Facialislähmung auf derselben Seite, Marinesco.
104 Seeligmüller.
die nach Extraction des linken oberen Molarzalines im 11. Lebens-
jahre bei einem hereditär nicht belasteten zur Zeit 49jährigen Manne
bestand. Sie denken an eine Affection des Sympathicus.
Chorea. Brush (New York med. Record, April, Nr. 15) fuhrt die Chorea
Patho- vorwiegend auf Gemüthserregungen, namentlich Schreck zurück;
Brush, unter 15 Fällen konnte er diesen als Ursache 14mal feststellen.
Der Schreck hebe den hemmenden Einfluss, welchen die sensibeln
Zellen der Hirnrinde auf die motorischen ausüben, auf, und diese
zeigen nunmehr Hyperfunction. Bei Kindern ist die Chorea deshalb
häufiger, weil der controllirende Einfluss der Psyche hier noch wenig
ausgebildet ist.
H. Meyer. H. Meyer (Beiträge zur Frage des rheumatisch-infec-
tiösen Ursprungs der Chorea minor. Jahrb. f. Kinderheilk.
Bd. 11, S. 144) erklärt sämmtliche Fälle von echter Chorea minor
(bei Kindern) fiir rheumatisch-infectiösen Ursprungs, insofern Chorea
zuweilen als Aequivalent für einen polyarthritischen Anfall auftritt oder
nach Gelenkrheumatismus die Stelle eines Becidiys einnimmt, femer
insofern mit Chorea gleichzeitig andere rheumatische Manifestationen
am Endocard, an Gelenken, Allgemeinerscheinungen, bestehen ; sodann
als Chorea bei zu echtem Rheumatismus disponirten Individuen die
Reihe der rheumatischen Leiden einleiten kann; als in den Zeiten
von epidemischem Aufbreten von Gelenkrheumatismus auch Chorea
in gehäufter Weise vorkommt, und endlich als gewisse Fälle von
Chorea antirheumatischer Behandlung zugänglich sind. Schliesslich
hat Professor Dubler in einem letcd ausgegangenen Falle im Blute
und verschiedenen Organen dieselben pyogenen Kokken gefunden,
welche auch bei acutem Gelenkrheumatismus anzutreffen siad.
Chorea Kronthal und Ealischer (Virchow's Arch. Bd. 189) theilen den
hereditär! a, pathologisch-anatomiBchen Befund bei einem bereits im Neurol. CentralbL
i^ . "* 1892 Nr. 19 u. 20 beschriebenen Falle von chronischer progressiver
Chorea hereditaria mit, welcher leider ebenso wenig wie die früher
veröffentlichten eine bestimmte Deutung des zu Grunde liegenden anatomi*
sehen Processes zulässt
In einer Vorlesimg über Myoclonie (Semaine m^d. 8. 121)
Myocionie, erklärt Baymond den Paramyoclonus multiplex Fried-
Raymond, reiches für einen Bing in der Kette verschiedener pathologischer
Znstande, welche man unter dem CoUectivnamen „Myoclonie^ zu-
sammenfassen kann, insofern sie sich sämmtlich durch clonische
Muskelkrämpfe charakterisiren. ""Sie haben femer das Gemeinsame»
Krankheiten des Nervensystems.
105
6as6 sie alle als der Ausdruck oder die Folge eines Degenerations-
ziutandes anzusehen sind. Von dieser Myoclonie kann man folgende
Modalitäten untersclieiden : den Paramyoclonus multiplex,
welchem auch die von Morvan aufgestellte „fibrilläre Chorea^
sich anschliesst, charakterisirt durch convulsive Erschütterungen,
welche die ganze Masse eines Muskels in Bewegung setzen, ohne in
einen locomotorischen Effect auszulaufen; die elektrische Chorea
(Henoch-Bergeron) und den Tic non douloureux des Gesichts,
charakterisirt durch convulsive Erschütterungen, welche eine coor-
dinirte Bewegung zu Stande bringen; endlich die Maladie des
tics, bei welcher psychische Störungen mehr hervortreten; schliess-
lich will Baymond auch das fibrilläre Zittern, welches man
bei Neorasthenikem so häufig beobachtet und das auf einige Bündel
eines und desselben Muskels beschränkt bleibt, hierher gezählt
wissen.
Schetalow (Ein Fall von Paramyoclonus multiplex Fried-
reich. Münch. med. Wochenschr. Nr. 30) beschreibt die sehr interessante
Krankheitsgeschichte eines 2djährigen Kosaken im Kubanischen Bezirk
(Nordkaukasus), welcher nach mehrmaligen Malaria-Attacken an clonischen
symmetrischen arhythmischen Schüttelkiilmpfen bei ungetrübtem Bewusst-
sein erkrankte. Vorherging eine Aura in Form ziehender Schmerzen in
den Muskeln. Ernährung, Empfindung xmd Coordination waren erhalten.
Die Haut- und Sehnenreflexe erhöht. Während und nach dem Fieberanfall
waren die Krämpfe mehr tonisch.
Unverricht (Ueber familiäre Myoclonie. Deutsche
Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 7 , S. 32) theilt drei neue Fälle mit
blitzartigen Zuckungen mit, deren Ursprung er nicht in das Gehirn,
sondern in das Bückenmark verlegen möchte. Jedenfalls sind die
echten Fälle von Myoclonie nicht als eine Form der Hysterie und
ebenso wenig der Chorea zu bezeichnen. Bei Thieren kann man
durch Vergiftung mit Carbolsäure myoclonische Krämpfe hervor-
rufen, die nach Abtragung des Grosshims, der Himschenkel, ja
selbst nach hoher Durchschneidung des Rückenmarks fortbestehen
und erst nach Durchschneidung der Nn. ischiadicus und cruraHs
aufhören. Auch dieser Umstand spreche für den Bückenmarksursprung
der Myoclonie.
Schetalow,
unverricht.
In einem weiteren Falle von Myotonia congenita von Hollmann
(Festschr. des Ver. der Aerzte des Reg.-Bez. Düsseldorf S. 862) ist besonders
interessant, dass die Bewegungsstörung von vornherein durchaus nur im
Winter, also in der Kälte von dem 4djährigen Riemer empfunden wurde,
was bisher nur in zwei Fällen beobachtet ist.
Myotonia,
HoIImann,
106
Seeligmüller.
Myotonia,
V. Sölder,
Hlawaczek,
Ftiretner,
Eulenburg,
Dejerine a.
Sottas.
V. Sölder (Zur Kenntniss der Paramyotonia congenita. Wieb,
klin. Wochenschr. Nr. 6 u. 7) beschreibt drei Fälle von Paramyotonia con-
genita. Die beiden ersten Fälle, zwei Brüder, aus einer mit demselben
Leiden behafteten Familie, bieten ausser den gewöhnlichen Symptomen der
Thomsen'schen Krankheit noch einige andere Erscheinungen, welche ein
Abtrennen der Paramyotonie von der Thomsen'schen Krankheit recht-
fertigen. Diese sind die grosse Erschöpf barkeit der Muskeln bis zur völligen
Lähmung, der Eintritt von Contracturen schon nach relativ geringer
Kälteeinwirkung, Herabsetzung des Muskeltonus, Verminderung der elek-
trischen Erregbarkeit mit Neigung zu Schliessungstetanus, besonders an
der Anode.
Hlawaczek (Jahrb. f. Psych, u. Neurol. Bd. 14) bringt einen Fall
von Myotonia congenita, combinirt mit Paramyotonie bei
einem 17jährigen Manne, dessen Mutter und zwei Brüder an einer
ähnlichen Affection leiden. Auch hier bringt Kältereiz an den Augen-,
lidem, Lippen und Händen eine fast vollständige Hemmung der Bewe-
gungen hervor.
Auch Fürstner (lieber einige seltenere Veränderungen im
Muskelapparate. Arch. f. Psych. Bd. 27, S. 600) ist in einem Falle
von Myotonia acquisita bei einem 2^*ährigen Manne geneigt, vaso-
motorischen Veränderungen eine gewisse Rolle beim Zustandekommen der
Myotonie zuzuschreiben.
Eulenburg (üeber Thomsen'sche Krankheit. Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 42) stellte auf der Lübecker Naturforscherversammlung
einen Zahntechniker vor, von dessen fünf Geschwistern nur die beiden jüngeren
Schwestern völlig verschont geblieben sind.
Dejerine und Sottas (Revue de m6d. Nr. 3, S. 241) bringen
die erste vollständige Autopsie eines Falle]s von Thomsen-
scher Krankheit. Die mikroskopische Untersuchung der Muskeln
ergab wesentlich denselben Befund wie der von früheren Autoren
an einzelnen am Lebenden herausgeschnittenen Muskelstückchen fest-
gestellte. Als erstes Stadium nehmen sie die Hypertrophie der Muskel-
fasern und die Vermehrung ihrer Kerne an, als nächstes die mannich-
fachen Veränderungen der Fasern. Die functionell besonders an-
gestrengten Muskeln erkranken in besonderem Maasse. Uebrigens
sprechen sie sich für die myopathische Natur der Affection aus.
Leider dürfte der mikroskopische Befond durch das längere Be-
stehen eines hochgradigen Anasarca — der 32jährige Kranke war
an acuter Nephritis gestorben — getrübt sein.
Tetanus. J. Schnitzler (Wien. klin. Rundschau Nr. 10) theilt einen Fall
j. Schnitzler, ^^^ Kopftetanus mit Lähmung von Augenmuskeln, den
8. Fall mit dieser Gomplication überhaupt, mit, in welchem bei der
Krankheiten des Nervensystems. 107
Autopsie leichte degenerative Veränderungen in der intracraniellen
Strecke der bei Lebzeiten gelähmten Nervi facialis und oculomotorius
gefunden uvurden. Die Giftau&ahme dürfte in solchen Fällen eine
besonders concentrirte sein, der Gifttransport aber auf dem Wege
der Nerven, Scheide und Axencylinder, stattfinden.
Alberg (Ein Fall von Tetanus. Antitoxinbehandlung. — Behandlung
Tod. Wien. kKn. Wochenschr. Nr. 52) bringt einen Fall von Tetanus durch de» Tctanua.
einen in den Fuss getretenen Splitter (etwa 14 Tage vor dem Ausbruch des ^*
Starrkampfes). Morphium und Chloral erwiesen sich ebenso erfolglos wie
fünf in kurzen Zwischenräumen vorgenommene Antitoxininjectionen von
durchschnittlich 0,85. Tod durch Erstickung.
Tirard (The Lancet, Nov. 2) hat bei einem 4 ^ft jährigen von Tirard.
Tetanus traumaticus befallenen Kinde durch subcutane Anwendung
von Antitoxin Genesung eintreten sehen. Das Antitoxin hatte jeden-
falls einen sichtlich mildernden Einfluss auf die opisthotonischen
Krämpfe und auf die Unruhe des Kindes.
G. A. Seeligmüller (Zur ^etiologie der Tetanie im Tetanie im
Kindesalter. Inaug.-Diss. Bonn) hat an der Hand von 24 Fällen ^^"^^^g*^^^''
von Tetanie bei Kindern die ätiologischen Verhältnisse besprochen moiier.
und kommt zu folgenden Ergebnissen: Magen- und Darm-
a f f e c t i o n e n haben wohl eine, höchst wahrscheinlich auf Toxinwirkung
beruhende, krampf auslösende Wirkung, sind aber keine specifischen
Tetanieerreger. Deutliche Zeichen von Rachitis waren unter den
24 Kindern bei 17 zu finden, also in 85— BO^'/o.
Bechterew (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 457) be-Tetaniebei
obachtete in einem Falle von Tetanie bei einem 24jährigen Soldaten eine Erwach-
durch Wiederholung der Reize entstandene Steigerung der mechanischen ^^^tl^*
und elektrischen Erregbarkeit, die man als «Erregungsreaction" bezeichnen
könnte. Im Cregensatz hierzu zeigte sich eine auffallende Erschöpfbarkeit
der Sehnenreflexe. Aetiologisch handelte es sich wahrscheinlich um eine
Infection vom Darme aus« da die Tetanie unmittelbar nach einem Diätfehler
mit heftigen Leibschmerzen begonnen hatte.
Gottstein (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 177) Gottstein,
sah in einem Falle von idiopathischer Tetanie bei einer
92jährigen Frau, bei der eine Schilddrüse nicht zu entdecken war, von
zweimaliger Implantation von Schilddrüsen, die anderen
Frauen resecirt waren, nur einen zeitweiligen Erfolg, während die
nachher eingeleitete Behandlung mit Schilddrüsenextract (Thyreoidin)
i08
Seeligmüller.
^ine bedeutende Besseining herbeiführte. Eine vollständige Heilung
wurde freilich auch dadurch nicht erreicht.
M. Sternberg,
Akro- Die Akromegalie hat eine ziemlich grosse Gasuistik mit recht
megaiie, g^^en Abbildungen aufzuweisen, so von Murray drei Fälle (The
Brit. med. Journal, Febr. 9).
Die beiden ersten Patienten waren typische Fälle und glichen sich
in ihrem Aussehen so, da.8s man den 34jährigen Mami für den Zwillings-
brader der ebenso alten Wittwe hätte halten können. Kranke mit Akro-
megalie sehen sich oft ^ehr ähnlich, weil die charakteristischen Gesichts-
züge durch die Krankheit verwischt sind. Bei einem dritten Kranken be-
stand ein altes Lungenleiden, eine Anschwellung einiger Endphalangen,
die man fOr die von Marie beschriebene Osteoarthropathie halten
konnte; daneben bestanden Dupuytren'sche Contracturen.
Ransom, Ransom (ibid., Juni 8) veröffentlicht zwei Fälle bei Frauen, welche
beide an beginnender Atrophie des Opticus und bitemporaler Hemiopie
litten und ausserdem sehr früh ihre Regel verloren hatten. Sie zeigten
Lyiin Thomas, auf ,pituitare Tabletten* keine Besserung. — Ein Fall von Lynn Thomas
(ibid., Juni 1) ist diesen beiden sehr ähnlich.
Sternberg (Zur Kenn^niss der Akromegalie. Zeitschr.
f. kün. Med. Bd. 1) kommt zu folgenden Schlüssen. Es gibt normale
und pathologische Riesen. Bei ersteren findet sich eine Vergrösserung
der Hypophysis cerebri niemals. Der Riesenwuchs, welcher an sich
nur eine Anomalie der Entwicklung darstellt, setzt eine Disposition
zur Entstehung der Akromegalie. Die bei der Untersuchung des
Schädels in Frage kommenden Exankheiten, die Progenie und die
gleichmässige Hyperostose des Schädels, lassen sich leicht abtrennen
von der Akromegalie, doch können beide Formen in Akromegalie
übergehen. Verf. bringt schliesslich einen selbst beobachteten Fall
von typischer Akromegalie bei einer 52jährigen Frau. Interessant
ist dabei die abnorme Tiefe und Verengerung des äusseren Gehör-
ganges durch übermässige Verknöcherung der vorderen Wand, femer
das Fehlen der Hypophysisvergrösserung, welches Verf. aus dem
normalen Augenbefunde annehmen zu müssen glaubt.
Unverricht (Akromegalie und Trauma. Münchener med.
Wochenschr. Nr. 14) glaubt auf Grund eines ausfuhrlich mitgeth^ilten
Falles und zahlreicher anderer einen ursächlichen Zusammen-
hang zwischen Trauma und Akromegalie annehmen zu
sollen.
Fuchs. ■• Fuchs (Hereditäre Lues und Riesenwuchs. Wien. klin. Wochen-
schrift Nr. 88) beschreibt einen Fall von Riesenwuchs bei einem 26jährigen
Patienten, welcher, hereditär luetisch, seit seinem 17. Jahre an Wachs-
Unverricht,
Kmnkheiten des Nervensystemu.
109
thamasunahme seiner Extremitäten, stark vorwiegend der rechtsseitigen und
seit dem 25. Jahre an Nephritis leidet.
Woods Hutchinson (Fall von Akromegalie hei einer Riesin HatchinsoB,
mit Autopsie. American Journ. of med. Sciences S. 191). Lady Aama,
6 Fuss 7'/« Zoll gross, zeigte eine ausserordentliche Entwickelung und
besondere Gestaltung der Hände, Finger, FQsse, Kiefer, Nasenknochen und
Stirnhöhlen; Hypertrophie der Glandula pituitaria und enorme Grösse der
betreffenden Grube im Türkensattel; geistige Schwäche und seit langer
Zeit bestehende progressive Abnahme der Kräfte, so dass sie schliesslich
in Synkope starb.
Bertrand (Rev. de m^d. Nr. 2) beschreibt einen typischen Fall von Bertrand,
Akromegalie bei einer 87jährigen Frau mit folgenden Besonderheiten*.
Ekchondrom der Parotis, AbductionssteUung des Hallux, fehlende Nagel-
fltreifong; Sehschärfe normal, aber leichte Ermüdung; Fehlen der ge-
wöhnlichen Störungen der Nierenabsonderung (Polyurie, Glykosurie, Pepton-
arie etc.).
Mendel (Ein Fall von Akromegalie. Berl. klin. Wochenschr. Mendel,
Nr. 52. 1895) bespricht einen Fall von Riesenwuchs bei einer 26jährigen
Dame, bei welcher das Leiden ohne nachweisbare Ursache eingetreten war.
Verbildungen im Gesicht, den Händen und Füssen, Fehlen der Patellar-
reflexe. Hemianopsia temporalis heteronyma, eine seit Beginn des Leidens
bestehende Menopause und eine massige Schwellung der Schilddrüse bildeten
die Haupterscheinungen des Leidens.
Roswell Park (International med. Magazine, Juli, S. 431) beschreibt Eoswell Park,
einen Fall von Akromegalie bei einem 4^ährigen Manne, welcher erst
seit etwa 17 Jahren auf das verunstaltende Wachsen seiner Hände und
Reines Unterkiefers aufinerksam geworden war. Das gleichzeitige Vor.
handensein von freien Gelenkkörpem, die in einer Cyste neben dem Knie-
^lenk eingeschlossen waren, hat mit der Akromegalie wohl nichts zu
^baffen.
Lehrbücher und Monographieen.
«Iftcob, Atlas des gesunden und kranken Nervensystems. München.
Ernst Remak, Grundriss der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie.
Wien und Leipzig.
J- S ^ g l a s , Le^ons cliniques sur les maladies mentales et nerveuses,
recneillies et publikes par H. Meige. Paris.
Francis Dercum, A text-book of nervous diseases by American authors.
Philadelphia.
B. Sachs, A treatise of the nervous diseases of children. New York.
Byron Bramwell, Diseases of the spinal cord. Third edition. Edin-
burgh.
110 Seeligmüller.
WiUiamson, On the relation of diseases of the spinal cord to the
distribution and lesions of the spinal blood vessels. London.
Gilles de la Tourette, Traite cliniqae et th^rapeutique de Thysterie.
Seconde Partie: Hysterie paroxystique. 2 Bde. Paris.
Breuer und Freud, Studien über Hysterie. Leipzig und Wien.
L. Löwen feld, Die moderne Behandlung der Nervenschwäche (Neur-
asthenie). Wiesbaden.
Hermann Schlesinger, Die Syringomyelie. Leipzig und Wien.
S. auch Abschnitt II, 2.
11^ 2. Psychiatrie.
Von Dr. Lewald, Assistenzarzt an der Irrenanstalt der Stadt Berlin
zu Lichtenberg.
I. Normale und pathologisehe Anatomie.
Bei Untersuchungen über den centralen Verlauf der Gehirn- Centraler
nerven, die er an menschlichen Föten und neugeborenen und erwachsenen Verlauf der
Thieren angestellt hat, kommt Oseretzkowsky ( Arch. f. mikrosk. Anatomie q .^ r v e n ,
Bd. 45) zu der Ansicht, dass der N. cochlearis im vorderen Acusticuskem
Httd im Tuberculum acusticmn endige; ein unbedeutender Theil seiner
Fasern erreicht vielleicht unmittelbar die obere Olive. Von dem vorderen
AcasticDskem und dem Tuberc. acusticum gelangen die Acusticusfasem zu den
oberen Oliven auf zwei Wegen, dorsal und ventral. Ersterer hat eine be-
deutend grössere Beziehung zu den oberen Oliven, wie der ventrale, welch
letzterer gekreuzt und ungekreuzt vermittelst des Corpus trapezoides zu den
Oliven und zu der lateralen Schleife geht. Die laterale Schleife besteht
aus gekreuzten Fasern des Corpus trapezoides und aus Fasern der Neben-
olive derselben Seite, vielleicht auch aus Fasern vom Schleifenkem.
Mies kommt in seinem Aufsatze „üeber das Gehirngewicht des Gehirn-
heranwachsenden Menschen*' (Corresp.-Bl. f. Anthropologie Nr. 10) zu fol- gewicht,
tuendem Resum^: Das mittlere absolute Gewicht des Gehirns ist während
der beiden ersten Jahrzehnte beim n^nnlichen Geschlecht stets grösser,
ik beim weiblichen; mit sehr ungleicher Geschwindigkeit vollzieht sich
die Oewichtsvermehrung des Gehirns. Theilt man die gesammte Zunahme
des Gehirns an Schwere in drei gleiche Theil e, so gehört das erste Drittel
den neun ersten Monaten, das zweite der Zeit vom letzten Vierteljahre des
ersten bis zum zweiten Quartal des dritten Jahres, endlich das letzte
Drittel der ganzen übrigen Zeit an, in welcher das Gehirn noch wächst.
Die Yerhältnisszahl zwischen Himgewicht und Körpergrösse nimmt bei der
menschlichen Frucht und dem Kinde bis ins zweite Jahr ab, verändert sich
aUo zu Gunsten des Himgewichtes ; nach dieser Zeit wächst die Zahl auf
Kosten des Gehimgewichts bis zum Ende des zweiten Jahrzehnts. In der
Jogend kommt auf ein Gramm Gehirn beim weiblichen Greschlecht stets
niehr Körpergrösse, als beim männlichen.
112 Lewald.
Eine Zusaminenfassimg der neueren Forschungen über
Gehirn- dieHistologie desCentralnervensystemsgibt Obersteiner
hi Biologie, (Wiener med. Presse Nr. 16); er bestätigt, auf Nachuntersuchungen
gestützt, dass der sog. bindegewebige Antheil des Netzgewebes im
Rückenmark sich fast ausschliesslich aus Gliazellen mit ihren Fort-
sätzen zusammensetzt ; diese Gliazellen stammen vom ursprünglichen
Neuroepithel. Er verwirft die Anschauung, dass die Protoplasma-
fortsätze der Ganglienzellen mit der nervösen Leitung gar nichts
zu thun hätten ; zum mindesten komme ihnen zu, die Oberfläche der
Zelle zu vergrössem und dadurch die Au&ahme von Beizen zu er-
leichtem; ausserdem seien die Protoplasmafortsätze nicht als gleich-
werthig anzusehen, sondern es müssen in ihrem Bereiche wichtige
Unterschiede gemacht werden, wie Obersteiner das des weiteren
mit Beispielen belegt.
Proto- Monti (Arch. ital. de Biologie Bd. 24) suchte der Lösung der
piaama- jVage nach der Bedeutung der Protoplasmafortsätze auf
fortsätze, . .
Monti. experimentellem Wege näher zu treten, indem er durch Injection
verschiedener Massen in die Carotis Himembolieen herbeif&hrte, in
der Voraussetzung, dass, wenn die Protoplasmafortsätze nahe Be-
ziehungen zu den Ge&ssen haben, d. h. von diesen aus ernährt
werden, sie auch zuerst nach einem Gefässverschluss degeneriren
müssen. Er fand bei Hunden und Kaninchen, wenn sie noch fünf
Stimden nach erzeugter Embolie lebten, bereits Veränderungen an
den Protoplasmafortsätzen und den Neurogliazellen. Bei sehr kleinen
capillären Embolieen waren nur diejenigen Protoplasmafortsätze de-
generirt, die ihre Richtung nach den alterirten Gef&ssen hin nehmen ;
die Thatsache, dass diese Fortsätze völlig degeneriren können, wäh-
rend der Axencylinderfortsatz intact bleibt, beweist übrigens das
Bestehen eines substantiellen Unterschiedes zwischen diesen beiden.
Es besteht demnach eine directe Beziehung zwischen Protoplasma-
fortsätzen und Geftlssen, imd man muss annehmen, dass erstere die
Bedeutung von Emährungsorganen für die Zelle haben ; thatsächlich
verftlllt diese nebst ihrem Axencylinderfortsatz vollkommen der De-
generation, wenn alle Protoplasmafortsätze gänzlich degenerirt sind.
Während früher das histologische Studium der Fasersysteme
im Mittelpunkte des Interesses stand, widmen sich jetzt eine Anzahl
Autoren der Erforschimg der histologischen Verhältnisse der
Ganglienzelle, nachdem durch die von ihm angegebene Alkohol-
Methylenblau-Methode Nissl zu höchst interessanten Ergebnissen
Psychiatrie.
113
gtfkommen war. Mit dieser Methode findet man im Leibe und in den
Protoplasmafortsätzen der Ganglienzellen eigenthümliche Körper,
„Granula", welche je nach der Gegend, aus der die betreffende Zelle
stammt, Unterschiede in ihrem Aussehen und in ihrer Lagerung dar-
bieten ; schon früher hatten N i s s 1 u. a. gesehen, dass diese Granula
bei gewissen Eingriffen in das Leben des Thieres, wie Vergiftung oder
Xervenausreissung, bestimmte Veränderungen zeigen. Aehnliche Ver-
änderungen der Granula fand Dehio bei Hunden und Kaninchen,
die er mit Alkohol vergiftet hatte, in den Purkinje'schen Zellen
der Kleinhimrinde (Centralbl. f. Nervenheilk., März) ; Heilbronner
lAllg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 51, H. 5) in den Vorderhomzellen
eines Alkoholisten, der an multipler Neuritis gelitten hatte; Sarbo
(Xeurol. Centralblatt Nr. 15) nach Unterbindung der Aorta in den
Vorderhomzellen seiner Versuchsthiere und ebenda Juliusburger
(Xeurol. Centralbl. Nr. 21) bei Personen, die im Status epilepticus
gestorben waren, und bei alten Leuten, die an Paraparese der unteren
Extremitäten gelitten hatten, ebenso wie bei Kaninchen nach Aorten-
compression, Arsenikvergiftung u. dergl. Ueber die rein morpho-
logischen Verhältnisse der Granula herrscht somit im wesentlichen
allenfalls Einklang. Um so stärker ist die Divergenz der Ansichten
hinsichtlich der biologischen Bedeutung. Während Nissl von
jeher durchaus den rein descriptiven Standpunkt nicht verlässt, hatte
Rosin versucht, auf farbenanalytischem Wege einen Einbück in den
Chemismus der Ganglienzelle zu thun ; er hatte Zellen mit dem von
ihm modificirten Triacidgemisch Ehr lieh's gefärbt und war auf
Urund seiner Befunde zu der Ansicht gekommen, dass die Granula
basophil sind, d. h. aus einem ihnen dargebotenen Gemisch von basi-
schen und sauem Farbstoffen sich den basischen auswählen. In der
Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenkrankheiten fand
nun im abgelaufenen Jahre eine grössere Discussion über die Natur
der Granula statt (NeuroL Centralbl. Nr. 17), in welcher Ben da
die Ansicht aussprach, dass die Granula Körper darstellen, die mit
feinsten basophilen Kömchen gefüllt sind; die mit basischen AniUn-
farbstoffen in den Ganglienzellenkörpem darstellbaren Structuren
fasstBenda nicht als eine eigenartig gebaute Zellsubstanz, sondern
als das nicht differenzirte Protoplasma der Ganglienzellen, das
Xeuroplasma, auf. Ln Gegensatz dazu hält Kronthal die Granula
für Zerfallsproducte der ursprünglich vom eintretenden Axencylinder
aus die Substanz der Nervenzellen durchkreuzenden Fibrillen ; er ist
der Ansicht, dass die lebende Zelle überhaupt keine Granula ent-
hält , sondern dass diese vielmehr erst Todeserscheinungen sind.
Jafarbnch der practischen Medicin. 189 1>. 8
Natur und
Verände-
rungen der
Granula der
Ganglien-
zellen,
Dehio,
Heilbronner,
Sarbo,
Juliusburger.
Natur der
Granula.
C. Benda,
Kronthal.
114 Lewald.
GranuladerNoch eine andere Ansicht vertritt Juliusburger (Neurol. Central-
Gangiien- ^^^^^ ^j, 5) j^^ vermuthet, auf Versuche gestützt, in den Granulis
Zellen, . ' 07
Juiiusburger. Substanzen, die den Nucleinstoffen resp. der Nuclemsäure nahe stehen,
und spricht die Ansicht aus, dass die Granula oder bestimmte Sub-
stanzen in ihnen im Haushalt der Ganglienzelle die Bolle von Nähr-
substanzen (Spannkraftträgem) spielen; zur Stütze seiner Ansicht
macht er darauf besonders aufmerksam, dass der Axencylinderfortsatz
keine Granula, die Protoplasmafortsätze dagegen solche enthalten;
letztere werden schon seit längerer Zeit von einem Theile der For-
scher als Nährorgane für die Zelle aufgefasst, während der Axen-
cylinderfortsatz im wesentlichen nur nervöse Functionen hat.
II. Phygiologrie.
Reiz- Elektrische Reizversuche hat Werner (AUgem. Zeitschr. f. Psychiatrie
versuche, Bd. 52) in der Rumpf- und Nackenregion beim Hunde angestellt; aus seinen
Werner. Ergebnissen entnehmen wir, dass der Hund zwei Centren für die Nacken-
musculatur besitzt, dass das Centriim für die Rumpfmusculatur auf dem
Gyrus sigmoides posterior liegt und die Rumpfmuskeln derselben Seite
beherrscht, dass ein Augencentrum im Stimhim des Hundes nicht gelegen
ist, und dass die Lage der Centren im allgemeinen bei den verschiedenen
Individuen innerhalb beschränkter Grenzen variirt.
Nach Zerstörung beider Stirnlappen beim Hunde und Aifen
Zerstörung fand Bianchi (Archives ital. de Biologie Bd. 25) Agitation, Un-
beider i^he, beständiges Hin- und Herlaufen, Fehlen der Neugierde und
Bianchi, der gerade fiir Affen so charakteristischen Gewohnheit des Beobach-
tens, Gleichgültigkeit gegen alles, was in der Umgebung sich zutrug,
Fehlen der Zuneigung zu Personen und Thieren, für die vor der
Operation ein lebhaftes Interesse bestand, Abschwächung der ge-
schlechtlichen Instincte, hochgradige Erregtheit und auffallende
Furcht (als Ausdruck mangelnder Kritik) bei allen Geräuschen oder
beim Anblick anderer Thiere, deren Gegenwart unter gewöhnlichen
Verhältnissen durchaus keine Erregung hervorrief.
Grosgiik. Ueber die Physiologie der Stirnlappen hat auch Gros-
glik gearbeitet (Archiv f. Anat. u. Physiol. , Physiol. Abth. 1895).
Dem historischen Rückblick des Verf. 's entnehmen wir, dass ein
Theil der Autoren, wie Hitzig und Ferrier, m dem Stimlappen
die Grundlage der psychischen Functionen höchster Ordnung sehen,
während die anderen, Munk, Luciani, Goltz ihn nur als eine
Fortsetzung der sog. motorischen Zone betrachtet wissen woUen.
Gros gl ik experimentirte an Hunden; seine Versuche führten zu
Psychiatrie. 115
folgenden Ergebnissen: Nimmt man nur einen Stimlappen fort, so
leidet der Hund weder am Gehör und Gesicht, noch an Intelligenz
uDd Charakter; doch treten an den entgegengesetzten Extremitäten,
besonders der vorderen, Störungen des Tast-, Schmerz- und Muskel-
geföhls, wie auch Parese auf, so dass bei willkürlichen Bewegungen
die Extremitäten der operirten Seite functionell überwiegen; diese
Störungen sind aber viel geringer und verachwinden schneller, als
die analogen, durch Läsion der motorischen Zone bedingten. Femer
tritt Hypästhesie an der entgegengesetzten Hälfte des Nackens und
des Rumpfes auf, sowie eine Parese derjenigen Muskeln, welche den
Kopf und die vordere Rumpf hälfte nach der entgegengesetzten Seite
bewegen. Alle genannten Störungen verschwinden allmählich, erst
die sensibeln, dann die motorischen, zuletzt erst die Parese der
Wirbelsäule. Nimmt man nun einem so wieder normal gewordenen
Hunde auch den zweiten Stimlappen weg, so gibt es gleichfalls
keine Seh-, Gehör- oder Intelligenzstörungen ; Hypästhesie besteht
nach der zweiten Operation nur auf einer Seite, und zwar auf der
dem zuletzt entfernten Lappen gegenüberliegenden Seite; auf der-
selben Seite findet sich auch Parese der Glieder, des Nackens und
des Rumpfes, aber auch in diesem Falle verlieren sich die Störungen
mit der Zeit wieder. Die Ergebnisse Grosglik's stimmen also im
ganzen mit denen Munk's überein, nur dass Grosglik den Stirn-
lappen als gemeinsames Centrum für Nacken imd Rumpf betrachtet
und die Störungen von Seiten der Wirbelsäule nie so persistent
tand, wie Munk sie schilderte; Grosglik folgert aber weiter,
dass die Function des exstirpirten Stimlappens nicht durch den
anderen, sondern durch die entsprechende motorische Zone ersetzt
werde.
üeber den Einfluss der traumatischen Entzündung der
Hirnrinde auf die Erregbarkeit derselben hat v. Bech-Eiufiuss der
terew Versuche angesteUt (Neurol. Centralbl. Nr. 1); er fand, dass ^'^^^J^f^"^
'iie Latenzperiode der Erregbarkeit der Rinde bei der traumatischen Rinden-
Entzündung bedeutend abgekürzt wird, dass die operative Zerstörung erregbar-
der entsprechenden Centra der entgegengesetzten Hemisphäre auf ^ Bechterew,
•üe durch die traumatische Entzündung gesteigerte Erregbarkeit der
ßinde einen hemmenden Einfluss ausübt und dass die unter dem
Einflüsse der Entzündung neugebildeten motorischen Gentren sich
nach ihrer Entfernung wieder in den benachbarten Rindenregionen,
ja sogar im Gebiete eines anderen Centrums bilden können. Be-
''onders interessant sind diese Versuchsergebnisse im Hinblick auf
116 Lewald.
die Theorie der traumatischen und überhaupt der durch organische
Hirn Veränderungen verursachten Epilepsie.
III. Specielle Pathologrie der Psychosen.
Von nicht zu unterschätzendem ätiologischem Einflüsse ist die
Erblichkeit hereditäre Veranlagung. Toulouse (Gazette des Hopitaux
^y Nr. 18) kommt in Uebereinstimmune mit der Mehrzahl der Autoren
Psychosen, ... .
Toulouse, beim Studium dieser Frage zu der Ansicht, dass von einer directeu
Vererbung eigentlich nicht gesprochen werden kann; er erklärt das
häufige Vorkommen von Nerven- und Geisteskrankheiten in manchen
Familien dadurch, dass durch die infolge von Intoxicationen und
anderen Fehlem der Erzeuger, besonders der Mutter, beeinflussten
Keimzellen die Kinder schon vor der Geburt minderwerthige bio-
logische Eigenschaften erlangen, die später zu mangelhafterer und
schwächerer Anlage des Nervensystems der Nachkommenschaft führen
können und damit eine grössere Prädisposition gegenüber mannich-
fachen Gelegenheitsursachen schaffen. Durch verschiedene Stufen
der Entwickelimgshemmung, durch den Einfluss der äusseren Lebens-
bedingimgen (des Milieu),' vn.e Erziehung, Hygiene, Beispiel und
anderes mehr kommt dann die Mannichfaltigkeit der psychopathischen
Bilder zu Stande.
Auf einer sichereren Basis stehen die Schlüsse, die Jenny
Koller. Koller aus dem Studium der Erblichkeitsverhältnisse der
im Canton Zürich in 12 Jahren psychisch Erkrankten zieht (Arch.
für Psychiatrie S. 268). Sie fand 78 ^/o der Kranken belastet, bei
50 "(0 aller Fälle war Krankheit des Vaters oder der Mutter vor-
handen. Einfache Psychosen (Stimmungsanomalieen und die Paranoia-
gruppe) in der Ascendenz hatten den grössten Einfluss auf epilep-
tische, dann auf einfache und dann auf angeborene Psychosen in
der Descendenz; Trunksucht vererbte sich namentlich wieder.- als
alkoholische Erkrankung, aber auch als epileptische und angeborene
Ps3'cliose. Koller stellt statistisch fest, dass eine einfache Psjxhoso
der Mutter für die Kinder weit gefährlicher ist, als dieselbe Psychose
des Vaters ; bei diesen Krankheiten der Väter erkrankten 26 ^;o der
Kinder, bei denjenigen der Mütter 48*^,0. Ganz bedeutend über-
wiegt dagegen der väterliche Einfluss bei der Trunksucht ; bei Trunk-
sucht der Väter erkrankten 39 ^/o, bei Trunksucht der Mütter 8^.o
der Descendenz an psychischen Krankheiten.
Psychiatrie. 117
Für die von jeher bekannten Beziehungen zwischen gei-
stigen und körperlichen Krankheiten führt Moscher Bezieliang
(The med. Record, 30. März) eine Reihe von Fällen an, in denen ^^^^^}^^^
. . . geiBtigen
durch Besserong des somatischen Leidens auch die Psychosen und körpei-
^önstig beeinflosst wurden; es handelt sich vorwiegend um Er- liehen Er-
krankungen des Nervensystems und der Verdauungs-, Athmungs- ^*? \"^^"'
und Circulationsorgane. Diese Fälle weisen auf die gemeinsame
Basis von somatischen und psychischen Krankheiten hin; denn auch
für das Gebim gelten dieselben Gesetze, wie für alle anderen Organe ;
ein fundamentaler Unterschied zwischen seinen geistigen und seinen
motorischen, sensorischen und trophischen Functionen besteht nicht.
Auf der Basis von 17 Fällen hat Aschaffenburg eine Sympto- Initial-
matologie der Initialdelirien bei Typhus aufgebaut (AUgem. Vypbup
2^itschr. f. Psychiatrie Bd. 52). Er rubricirt sie gleich den bei Aschaff^nbnr^.
Flecktyphus, Sepsis, Lyssa, Intermittens , gelbem Fieber, Erysipel
auftretenden unter die Gruppe der Intoxicationsdelirien und unter-
scheidet davon beim Typhus zwei Formen: 1. Eine mehr ruhige,
mit wahnhafben, oft hypochondrischen Verfolgungsideen unbestimmter
Angst, bei der sich Wahnideen depressiven und auch oft phantasti-
schen Charakters finden und daneben in den reinen Fällen manch-
mal im Anfang anscheinende Besonnenheit und völlige Correctheit
des Ausdrucks, die aber nicht lange andauert; entweder schliesst
sich nun bald psychische Wiederherstellung an, oder es tritt lebhafte
motorische Erregung, ein und die Verworrenheit steigert sich unter
Schreien und Toben. Das Bild gleicht alsdann 2. der manischen
Form, welche zuweilen als leichte Hypomanie beginnt; später folgt
anhaltender motorischer und Rededrang mit Ideenflucht. Die Psy-
chose setzt meist am 4. oder 5. Tage nach dem Auftreten der
ersten Krankheitserscheinungen des Typhus ein , bei fünf Kranken
aber auch schon, bevor eine Temperatursteigerung nachzuweisen
war; eine zeitliche Abhängigkeit zwischen der Höhe des Fiebers
und der Intensität der psychischen Erscheinungen besteht nicht, oft
scheinen die nervösen Symptome geradezu mit dem Fieber zu alter-
niren. Die Psychose hört allmählich auf; oft kommt es zu weiteren
Delirien , die durch ein lucides Intervall von dem Initialdelirium ge-
trennt sind, oder es schhesst sich nach vorübergehender Bewusst-
seinsaufhellung das dem Typhus eigene Zustandsbild der Benommen-
heit an. Eine mikroskopische Untersuchung Nissl's ergab, dass
es sich nicht um einen entzündlichen Vorgang handelt, sondern dass
man es mit toxischen Veränderungen der Ganglienzellen zu thiin
118 Lewald.
hat. Die Prognose bei Typhus mit Initialdelirien ist sehr ernst.
Therapeutisch empfiehlt Asch äffe nburg ausser gründlicher Des-
infection des Darms subcutane Kochsalzinfusionen.
*
Die infolge von Nierenkrankheiten entstehenden
Psychose psychischen Störungen führt Auerbach (Allg. Zeitschr. für
und Nieren- Psychiatrie Bd. 52) in der weitaus grössten Mehrzahl der Fälle auf
Auerbach. ' 'hämische Intoxication des Organismus zurück und hält sie zuweilen
geradezu für Aequivalente eines urämischen Anfalls. Es gibt nach
ihm keine für Nierenkrankheiten specifische Form von Geistes-
störung, indessen ist die Melancholie in ihren verschiedenen Arten
die am häufigsten beobachtete; die sich durch Systematisirung von
Wahnideen auszeichnenden Krankheitsbilder scheinen nicht vor-
zukommen. Natürlich muss man mit der Diagnose „Psychose in-
folge von Nierenkrankheit" vorsichtig sein, sobald schwere heredi-
täre Belastung, andere Ursachen und besonders solche anatomische
Veränderungen des Gehirns vorliegen, welche die Entstehung einer
Psychose für sich völlig erklären. Die Prognose ist mindestens
dubiös; sie bessert sich, wenn es möglich ist, die bei Nierenkrank-
heiten bewährten Behandlungsmethoden einzuleiten.
iiiducirtes Ein Fall von inducirtem Irresein wird (Allgem. Zeitsclir.
Irresein, f^r Psychiatrie Bd. 52) ganz kurz berichtet: Die 26 Jahre alte
Tochter eines Landmanns begann irre zu reden und wurde nach
einigen Tagen bettlägerig und stark erregt; zuerst erkrankte eine
z\^'eite Tochter, dann die Ehefrau und schliesslich der Sohn an an-
scheinend derselben Psychose. Die Mutter beruhigte sich zu BLause,
der Sohn konnte bald genesen aus der Anstalt entlassen werden,
ihm folgte nach einigen Wochen die eine Schwester, während die
andere sich noch in der Irrenanstalt befindet.
Poly- Collela (Annali di Neurologia Bd. 12) weist an 33 Fällen von
iHuritische Polyneuritis das Vorhandensein einer in typischer Form auftreten-
CoUela. ' ^®" ^^^ ablaufenden Psychose nach; er kommt dabei zu etwas
anderen Anschauungen, als Korsakoff, der zuerst die Psychose
bei Polyneuritis beschrieb. Collela bezeichnet als regelmässige
Symptome dieser Psychose im Beginne Hallucinationen schreckhaften
Charakters mit darauf folgender Amnesie ; letztere beherrcht als das
Hauptcharakteristicum das Krankheitsbild und erstreckt sich ent-
weder auf die jüngsten in die Zeit der Erkrankung fallenden Er-
eignisse oder reicht auch in die der Erkrankung voraufgehende
Psychiatrie. 119
Periode hinein. Sie besteht in einer Aufhebung der Reproduction;»-
fahigkeit; bei der Genesung stellt sich die Erinnerung an die vor-
her nicht reproducirbaren Eindrucke wieder her. Daneben bestehen
häafig noch Aenderungen des Bewusstseins ; der Patient weiss nicht,
wo er sich befindet und beurtheilt seine Umgebung und seine eigene
Lage falsch; meist ist der Kreis der Vorstellungen eingeschränkt
ohd ihr Ablauf verlangsamt, die Association ist gestört und die ge-
steigerte psychische Reizbarkeit kann bis zu Tobsuchtsanfallen fuhren.
Die Prognose ist unter allen Umstanden mindestens zweifelhaft.
üeber den Querulantenwahn hat Koppen in der Jahres- Qaera UnteB-
Sitzung des Vereins deutscher Irrenärzte zu Hamburg einen Vortrag J***"'
gehalten (Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 52). Er ging davon aus,
dauss die Angriffe der Laien, welche offenbar missverständlich aus
dem Namen schliessen, die Psychose werde aus dem Queruliren ab-
geleitet, unberechtigt seien, da niemals von Fachleuten die Psychose
allein aus dem Queruliren hergeleitet ist, sondern aus dem Vor-
handensein anderer krankhafter Störungen. Es empfiehlt sich aber
mit Rücksicht auf das Missverstandniss, das der Name nun einmal
bei Laien weckt, seine Anwendung in foro zu vermeiden, wie diw
übrigens auch schon Brauch ist. Die Fälle mit Querulanten waliu
sind nicht, wie bisher angenommen wurde, ausschliesslich unter die
Paranoia zu subsumiren. Ausser den Eigenschaften, Behörden
and Gerichte mit Beschwerden trotz besserer Belehrung zu be-
lastigen, in „tiftelnder** (oder wie Koppen sagt ,, vernünftelnder **)
Weise Wahnvorstellungen zu bilden und trotz langen Krankheits-
verlaofes ihre Energie zu bewahren, sind in anderen Fällen noch
bemerkenswerth das Bestehen einer krankhaft gehobenen Stimmung,
moralische Verkehrtheit bis zur Neigung zu Verbrechen, eine Un-
besjtändigkeit des Charakters und eine Lit^lligenzstufe , die für
dauernde Leistungen sich als mifahig erweist. Auch in ätiologischer
Beziehung bekommen einzelne Fälle durch das Trauma, das Senium
^d den Alkoholismus als Ursache ein besonderes Gepräge. Hauche
Fälle von Querulantenwahn wird man daher zur Paranoia, andere
ZOT Imbecillität , zum Alkoholismus und zu den traumatischen Pi^y-
chosen rechnen müssen. Auf die Einzelsymptome mit Ben'ick-
siehtigung ihrer Verwerthbarkeit als Beweis der Geisteskrankheit
in foro eingehend warnt Koppen davor, die 2^hl der Eingal>eri
lind Beschwerden und das äussere Gebahren der Kranken als ha-
V'eiä der Psychose zu gebrauchen : vielmehr ist der Beweis lediglich
aas dem Vorhandensein anderer krankhafter Störungen zu führen,
120 Lewald.
Queru- unter anderen auch durch das Vorhandensein von Wahnideen. Bei
an enwa n, ^^^ Prüfung, wie der Kranke zu seinen Anschauungen kommt und
wie sie sich zu dem Thatsächlichen verhalten, kommt meist zu Tage,
dass Fabulation, Erinnenmgsfölschung, maasslose Uebertreibung und
mangelnde Reproductionstreue bei den uncorrigtrbar gewordenen
Urtheilstäuschungen des Kranken eine grosse Rolle spielen. In er-
staunlicher Weise werden oft die Thatsachen verdreht, und auch die
vielgerühmte Gesetzeskenntniss dieser Kranken ist zuweilen nur eine
äusserliche Kenntniss von Paragraphennummem und Seitenzahl mit
total falschem Verständniss des Inhalts. Ueberhaupt erweist sich
die Intelligenz dieser Kranken häufig bedeutend geschwächt. Sie
haben nur eine gewisse Wortgewandtheit, wenn sie von ihren Sachen
reden, sind aber sonst nicht im Stande, bei der Sache zu bleiben;
nicht selten lässt sich direct Schwachsinn nachweisen. — Koppen
erachtet die in Rede stehende Psychose für entschieden remissiona-
föhig, vielleicht sei sogar bei ihr Besserung, ja Heilung nicht aus-
Aschaffenbmg, geschlossen. — Aschaffenburg macht darauf aufmerksam, dass
nicht jeder Querulirende an Querulanten wahn leidet, und führt als
Beispiel einen nicht geisteskranken Querulanten an (Centralbl. für
Nervenheilk., Febr.). Die thatsächliche Berechtigung des Rechts-
streites ist andererseits kein sicheres Kriterium für die bestehende Ge-
sundheit. Der geisteskranke Querulant ist auch dann nicht zufrieden,
wenn sein gekränktes Rechtsgefühl die entsprechende Sühne gefunden
zu haben scheint ; die ganze Welt zerfällt für ihn in zwei Parteien,
in eine ihm günstige und in seine Feinde, zu denen alle gehören,
die nicht an ihn und sein Recht glauben. Die Krankheit schreitet
nach A s c h a f f e n b u r g in der Weise fort, dass einmal der Kranke
immer weitere Kreise in seinen Wahn hineinzieht und auf der an-
deren Seite er selbst mehr und mehr zu einer Ueberschätzung der
eigenen Persönlichkeit kommt; der weitere Verlauf der Psychose
zeigt eine Umgestaltung des ursprünglichen Thatsächlichen in dem
Sinne des Wahnes und häufig Hinzutritt von Vergiffcungsideen, Ver-
Hitzig. folgungswahn und Sinnestäuschungen. — Hitzig hat im abge-
laufenen Jahre in einer Monographie den Querulantenwahn-
sinn, seine nosologische Stellung und seine forensische Bedeutung
„für Aerzte und Juristen" eingehend behandelt ; es sei ausdrücklich
auf diese bedeutende Arbeit hingewiesen (s. Litteraturverzeichniss).
Amnesie
nach Bei der Besprechung eines Falles von retro-anterograder
versuch Amnesie nach Selbstmordversuch durch Erhängen ge-
Boedeker, denkt Boedeker (Neurol. Centralbl. Nr. 11) bezüglich der Auf-
Psychiatrie. 121
fassTing dieser Fälle der Polemik, welche in dieser Hinsicht zwischen
Wagner und Moebius besteht; beide stützen ihre Ansichten auf
mehrere selbstbeobachtete und auf viele von anderen beschriebene
Fälle. Wagner fuhrt alle Erscheinungen auf die durch das Trauma
bewirkte ABphyxie, den Carotidenverschluss und die dadurch ver-
ursachte Ernährungsstörung des Gehirns zurück, während Moebius
der Ansicht ist, dass die Elrämpfe und die Amnesie Symptome einer
traumatischen Hysterie sind. Gegen Hysterie spricht nun neben
dem Thierexperiment die Thatsache, dass die Krämpfe sich nicht
wiederholen ; Moebius macht dagegen geltend, dass in einigen Fällen
die Krämpfe sicher hysterischer Natur gewesen seien, dass in einem
Falle z. B. Hemianalgesie und Gesichtsfeldeinschränkung eingetreten
'iei; was die Wiederholung der Krämpfe anbetreife, so seien die
Beobachtungen darüber zu gering ; er schlägt vor, derartige Patienten
zu hypnotisiren (es wurde im vorliegenden Falle vergeblich versucht)
lind in ihnen während der Hypnose die Erinnerung an das Ge-
ahehene wieder zu erwecken. Im vorliegenden Falle spricht gegen
Hysterie, dass der Kranke weder vorher noch nachher irgend welche
Zeichen der Hysterie dargeboten hatte. Wenn auch die Krämpfe
den hysterischen ähnlich waren, so spricht doch der Umstand femer
stark gegen Hysterie, dass sie eintraten, als Patient vollständig be-
wusstlos war bei starren Pupillen (die noch 2 Stunden reactions-
los blieben), sowie schliesslich der allmähliche Uebergang in den
normalen Zustand. In der an den Vortrag in der Berliner Gesell-
schaft für Nervenkrankheiten sich anschliessenden Debatte blieb
diese Auffassung ohne Widerspruch.
Zu ähnlichen Anschauungen kommt Wollenberg, der über Wellenberg,
drei selbstbeobachtete FäUe berichtet (Festschr. d. Prov.-IiTenanstalt
Xietleben, Leipzig). Nach ihm findet sich die retroactive Amnesie
— abgesehen von der Kohlenoxydvergiftung und anderen Schäd-
lichkeiten, die zu organischen Veränderungen des Gehirns führen —
sehr häutig nach Erhängungsversuchen , während sie nach ander-
weitigen Selbstmordversuchen und nach rein psychischen Ursachen
ungemein selten ist. Hieraus geht hervor, dass nicht die allen diesen
^ organgen gemeinsamen Gemüthserschütterungen, sondern bestimmte
^^chädlichkeiten iiir das Zustandekommen der retroactiven Amnenie
verantwortlich zu machen sind und dass diese auch der Strangu-
lation eigenthümlich sein müssen. Es kann sich hierbei nur um
psychische Vorgänge im Gehirn handeln, wie sie die Strangulation
thatsächlich hervorzurufen geeignet ist. Dabei kommen als specielle
ätiologische Momente in Betracht die Asphyxie und die temporäre
122 Lewald.
Himanämie, welche durch ihre combinirte Wirkung je nach der
besonderen Art des Falles leichtere oder schwerere Ernährungs-
störungen im Gehirn hervorrufen, sobald sie eine gewisse nicht zu
kurze Zeit hindurch in genügender Intensität eingewirkt haben.
Die Hysterie kommt hierbei, wie auch sonst bei organischen Er-
krankungen des Nervensystems vielfach, meist nur als ein compli-
cirendes Moment in Betracht.
Von den transitorischen Bewusstseinsstörungen der
Bewusstr Epileptiker handelt eine Arbeit Siemerling's (Berliner klin.
8 ein 8- Wochenschr. Nr. 42 u. 43); er geht davon aus, dass in der Auf-
stornngen , .
aer fassung der epileptischen Psychosen die Anschauung von dem causalen
Epileptiker, Verhältniss zwischen Anfeilen und Geistesstörung noch zu fest
leme g. ^^J.2ele; beide sind vielmehr als die gleichartigen Sjrmptome eines
Gehirnleidens zu betrachten. Von allen den Symptomen, die man
früher als charakteristisch für den Begriff der Epilepsie anzusehen
gewohnt war, ist nur ein Oardinalsymptom übrig geblieben, auf
welches jetzt der Hauptnachdruck gelegt wird, das ist der Zustand
des veränderten Bewusstseins ; das Bewusstsein ist nicht aufgehoben,
sondern nur verändert; der Grund der Veränderung kann allerdings
ein sehr verschiedener sein. Beim Fehlen schwerer epileptischer
Krampfanfelle ist für die Diagnose der Epilepsie neben dem Zu-
stande des Bewusstseins und der nachfolgenden Erinnerung die Art der
epileptoiden Anfälle und Aequivalente mit den dabei vorkommenden
Symptomen von der grössten Bedeutung. Bekannt ist ja, dass bei
den sog. psychischen Aequivalenten die complicirtesten Handlungen
vorgenommen werden, an welche später jede Erinnerung fehlen kann.
Die Dauer dieser AnfäUe ist ausserordentlich verschieden und erstreckt
sich auf Stunden bis Monate. Interessant und von hoher Wichtig-
keit sind solche Beobachtimgen, wo im Dämmerzustande dem eigent-
lichen Ausbruch des Erregimgszustandes oder dem Selbstmord-
versuch Handlungen oft mehr gleichgültiger Natur vorangehen;
einige Beispiele, die Siemerling dafür anführt, sind in hohem Grade
instructiv. Das schnelle Nebeneinander von anscheinend geordneten,
gleichgültigen, unauffeUigen Erscheinimgen und den befremdlichen
unerwarteten Handlungen, oft mit dem Charakter der Gewaltthätig-
keit, legt den Verdacht auf ein epileptisch verändertes Bewusstsein
nahe. Beim Fehlen der Krampfanfelle gewinnt der Nachweis
epileptoider Symptome, wie nächtliches Aufschrecken, Bettnässen,
unmotivirte Angstzufälle, eine erhöhte Bedeutung. Am wichtigsten
zur Feststellung der Diagnose sind die Schwindelanfelle, welche
Psychiatrie. 1 23
Siemerling bei 45 Fällen von transitorischer Bewusstseinsstörung
niemab vermisste; in 60 ^/o dieser FäUe traten schwere Krampf-
anfalle nicht auf. Die als besonders charakteristisch für die epilepti-
>chen Bewosstseinsstörongen ange^ihrten Symptome: Gewaltthätig>
keit im Handeln, mit nachfolgender Amnesie sind oft nicht vorhanden.
£d gibt Krankheitszustande bei Epileptikern, welche die Kranken
äuäserlich völlig ruhig und ohne ein Zeichen von Angst erscheinen
las^sen; nur durch ihre confusen Antworten lassen sie erkennen, wie
sie gestört sind. Hier wird auch derjenigen Fälle gedacht, wo die
B^ftrefTenden in dem verwirrten Zustande noch ihre Beschäftigung
ffitsetzen, allerdings nicht ohne Störung. Eine Krankengeschichte
üiiutnrt treffend das eigenthümlich Melancholische und Traumhafte
bei diesen Anfällen: Das Bewusstsein ist nicht aufgehoben, aber
seine Intensität ist herabgesetzt. Auch die totale Amnesie ist keines-
wegs ein stets auftretendes Symptom: Ist während des Irreseins die
Bewusstseinsintensität bis zu einem gewissen Grade gesunken, so
erinnert sich das Individuum nur noch derjenigen Vorstellungen oder
Eindrücke, die die stärkste Bewusstseinsintensität hatten ; sicher ist,
dass in vielen FäUen die Erinnerung völlig erhalten ist bei zweifellos
epileptischer Natur der Anfalle ; in anderen wieder bleibt sie partiell.
Klinische Beiträge zur Lehre von den Zwangsvorstellungen
und verwandten psychischen Zuständen veröffentlicht Thomson Zwang s-
lArch. f. Psychiatrie Bd. 27) nebst einer Reihe genauer und aus- yorstei-
, lungen,
fuhrlicher Krankengeschichten. Unter Zwangsvorstellungen versteht Thomsen.
man nach der Definition Westphal's solche Vorstellungen, welche
bei übrigens intacter Intelligenz und ohne durch einen Gefühls- oder
affectartigen Zustand bedingt zu sein, gegen und wider den Willen
des betreffenden Menschen in den Vordergrund des Bewusstseins
treten, sich nicht verscheuchen lassen, den normalen Ablauf der Vor-
steUongen hindern und durchkreuzen, welche der Befallene stets als
abnorm, ihm fremdartige anerkennt und denen er mit seinem ge-
simden Bewusstsein gegenübersteht. Auf dem Boden dieser Definition
stehen die Thomsen'schen Fälle: Aus den Zwangsvorstellungen und
Empfindungen können andere Zwangsvorgänge motorischer Art her-
vorgehen, wie Tic convulsif und Echolalie; somatische Begleit-
erscheinungen, Störungen der Verdauung, des Kreislaufs, Migräne
gesellen sich dazu. Die Krankheit unterliegt in ihrer Intensität
Schwankungen, so dass man geradezu von Anfällen reden kann.
Charakteristisch für alle diese Vorgänge ist die zwingende Gewalt,
mit der sie den Kranken, obwohl er über ihnen steht, gefangen
124 Lewald.
nehmen, und das Auftreten von Angstzuständen, wenn er ihnen
widerstehen will. Der Verlauf ist meist chronisch, die Prognose
nicht günstig, selbst nicht quoad vitam, da Selbstmorde häufig sind.
In der Behandlung leistet Opium noch am meisten.
Die nach Melancholie auftretende secundäre Paranoia
Sekundäre ist nach Brassert (Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 52) eine seltene
Paranoia, Krankheit, zu welcher hereditär belastete, wiederholt psychisch er-
krankt gewesene, gemüthlich nicht besonders starke, körperlich
reducirte (unter anderen phthisische) Personen prädisponirt sind und
welche das weibliche Geschlecht bevorzugt. Der Beginn ist ge-
wöhnlich ein allmählicher, nur ausnahmsweise setzt sie plötzlich ein ;
schon früh, aber auch erst nach längerem Bestehen der primären
Melancholie kann die secundäre Erkrankung zum Ausbruch gelangen.
Heilungen kommen sehr selten vor, der Uebergang in Demenz muss
fast als die Eegel angesehen werden. Die postmanische Form der
secundären Paranoia ist noch seltener, befällt wie die postmelan-
cholische mit Vorliebe Belastete, wird aber bei Männern und Weibern
ohne Unterschied beobachtet. Sie kann zuweilen auch in mehr acuter
Weise und dann schneller ablaufen; ihre Prognose erscheint dem-
entsprechend bezüglich des Ausganges in Genesung im allgemeinen
weniger ungünstig.
lY« Alkoholisinus und toxische Psychosen«
lieber die Wirksamkeit der Irrenanstalten in der Be-
Alkohol- kämpfung des chronischen Alkoholismus hat Snell (Neurol.
""'^Sneir'^' ^ö^^^*^^^- ^^- 11) seine Ansichten ausgesprochen. Der Alkohol ist
nach der Erblichkeit die häufigste Ursache von Geistesstörungen;
unter den prophylactischen Maassregeln gegen die Geisteskrankheiten
nimmt daher die Bekämpfung des Alkoholmissbrauches eine hervor-
ragende Stelle ein. Die Erfolge der Irrenanstalten in der Behand-
Ixing von Alkoholisten sind nach Snell deswegen so wenig zufrieden-
stellend, weil die Kranken fast in allen Fällen zu spät in die Anstalt
kommen; es muss daher die Möglichkeit angestrebt werden, Ge-
wohnheitstrinker, ehe sie geisteskrank geworden sind, gegen ihren
Willen in Trinkerheilanstalten zu bringen und dort festzuhalten.
Solche vom Staate, von den Provinzen oder auch von den Com-
munal verbänden zu errichtende und zu verwaltende Trinkerheil-
stätten sind thatsächlich allmählich ein Bedürfiiiss geworden;
Psychiatrie. 1 25
andere Staaten sind uns bereits mit gutem Beispiel vorangegangen.
S<^rieax bespricht im Bulletin de la societ^ de mM. ment. de Beige Trinkerheil-
iJimi» die Einrichtung solcher Anstalten in England und Amerika, »"»tagten,
Während in den (wenigen) Privatanstalten in Deutschland und der
Schweiz Eintritt und Austritt in die Trinkerheilanstalt in der Hand
des betreffenden Kranken liegen, unterschreibt in England der
Eintretende eine Verpflichtung, eine bestimmte Zeit in der Anstalt
anszuhalten, und kann mm gesetzlich bis zum Ablaufe dieser Zeit,
auch gegen seinen Willen, zurückgehalten werden ; in den Vereinigten
Staaten können Trinker infolge einer speciellen Gesetzgebung von
der Behörde in ein Trinkerasyl geschickt und dort die zur Heilung
nr»thige Zeit festgehalten werden ; ebenso ist es im Canton St. Gallen.
Lt der Trinker in die Anstalt aufgenommen, so darf er, falls er
nicht vorher geheilt entlassen worden ist, erst dann die Anstalt
verlassen, wenn die Zeit, zu der er sich verpflichtet hat, abgelaufen
ist: entfernt er sich vorher, so kann er wieder eingeliefert werden.
Vergehen gegen die Hausordnung werden mit Geld- oder Gefängniss-
strafe geahndet; über jeden neu Eintretenden ist binnen 48 Stunden
den Behörden zu berichten. Die Kranken und Angestellten sind zu
völliger Abstinenz verpflichtet, erstere dürfen kein Geld in der Hand
halien, sich nicht aus dem Anstaltsgebiete entfernen und werden zur
Arbeit angehalten.
In Oesterreich werden Trinkerheilanstalten demnächst ins
Leben gerufen werden; dasProject der niederösterreichischen Anstalt,
über das sich Tilkowsky (Jahrbücher f. Psychiatrie Bd. 12) des Tlikowsky.
näheren ausspricht, zielt dahin, Personen, welche infolge der Trunk-
sucht geisteskrank waren und die in einer Anstalt wohl ihre Geistes-
klarheit, nicht aber die gehörige Willensstärke und Widerstands-
fähigkeit gegen schädliche Einflüsse wiedererlangt haben, zwangsweise
unter Curatel und gegen ihren Willen in dem Trinkerasyle unter-
zubringen. Diese Anstalt müsste natürlich unter beständiger ärzt-
licher Leitung stehen (nicht im Nebenamt!), und es wäre im Interesse
einer erfolgreichen Behandlung der Trinker von grossem Nutzen,
moralisch depravirte und stark bestrafte Personen, wenn möglich,
von der Anstalt fernzuhalten ; der Arbeitszwang, die Abstinenz, das
Verbot, Geld zu führen, müssten natürlich in das Programm auf-
genommen werden.
Eine treffliche Studie hat Moreau (Ann. m6d. psychol. S. 337)
dem Alkoholismus bei Kindern gewidmet. Die Alkoholkrank-
heiten der Kinder entwickeln sich oft unter dem Einflüsse psycho-
126 Lewald.
Alkoholis- pathiöcher Belastung, namentlich auch durch directe Vererbung des
muB Dei Alkoholmissbrauches bei den Eltern. In manchen Gegenden erhalten
Kindern, , , ...
Morean. die Säuglinge einige Tropfen Schnaps, wenn sie schreien; Kindern,
denen der Durchbruch der Zähne Unruhe und Schmerzen verursacht,
wird von unverständigen Müttern Wein eingeflösst. Moreau xinter-
schätzt die guten Wirkungen des Alkohols bei manchen CoUaps-
zuständen der Kinder nicht, aber er warnt die Aerzte ernstlich
davor, Kindern, in deren Ascendenz Alkoholismus beobachtet worden
ist, jemals alkoholartige oder -haltige Medicamente oder Getränke
zu verabfolgen, mit der Begründung, dass er aus eigener Erfahrung
eine ganze Eeihe von Fällen kenne, in denen Kinder, die auf ärzt-
lichen Rath Alkohol erhalten hatten, dadurch aufs schwerste ge-
schädigt wurden. Fast alle Formen der Trunkenheit, die beim Er-
wachsenen bekannt sind, kommen auch bei den Kindern vor. Die
Dipsomanie erwächst bei Kindern ausschliesslich auf degenerativer
Grundlage; sie wird namentlich bei Mädchen zur Zeit der ersten
Menstruation beobachtet. Delirium tremens wurde schon im 5. Lebens-
jahre, Lebercirrhose durch Alkoholmissbrauch bei einem 3*/« Jahre
alten Kinde constatirt.
Die wichtige Rolle, die der Alkoholgenuss als vorbereitendes
und mitwirkendes Moment in der Aetiologie der Psychosen
Alkohol undspielt, erfährt durch Näcke (Irrenfreund Nr. 3 u. 4) eingehende
^^Näcke*^' ^«rlög^^g; auch auf seinen Einfluss als depotenzirender Factor für
die Nachkommenschaft wird gebührend aufmerksam gemacht. Die
Vergiftung des Keimplasmas, die Näcke als den Cardinalpunkt der
ganzen Alkoholfrage bezeichnet, wird durch die Experimente Füre's
an Hühnern erläutert; was die Abstinenzfrage angeht, so schadet
dem gesunden Gehirn der Alkohol wenig, nur das minder resistente,
das minderwerthige — sei diese Minderwerthigkeit angeboren oder
erworben — ist vor dem Alkohol zu behüten. Da ist die absolute
Abstinenz geboten ; da dieselbe aus vielerlei Gründen in den breiteren
Schichten der Bevölkerung wohl stets undurchführbar bleiben wird,
so muss wenigstens dem Missbrauch so weit als möglich gesteuert
werden. Besonders muss man bestrebt sein, den Schnaps durch
leichte Biere zu ersetzen; auch dieser Autor macht auf die Noth-
wendigkeit der Errichtung von Trinkerheilstätten aufmerksam, für
die er Zwangseintritt nach ei*folgter Entmündigung fordert.
Psychiatrie. 127
y. Dementia paraljtica.
Ob die Frequenz der progressiven Paralyse zunimmt
(tier nicht, ist eine Frage, die in den letzten Jahren wiederholt er-
örtert worden ist. v. Krafft-Ebing (Jahrbücher f. Psychiatrie Frequenz
Bd. 14) beantwortet sie positiv auf Grund eines umfassenden statisti- ^ ^er
•^ . Dementia
sehen Materials; dieser Zuwachs erfolgt nach ihm auf Kosten anderer paralytica,
Fonnen von Geisteskrankheiten, ganz speciell der gutartigen Psycho- ^- Kialft-Ebing.
neurosen; Erscheinungen, in denen sich weiter die Zunahme der
progressiven Paralyse äussert, sind das jetzt häufigere Befallen-
werden im früheren Lebensalter und die häufiger werdende Er-
krankung des weiblichen Geschlechts. Die Ursachen erblickt
V. Krafft-Ebing in den Bedingungen des modernen socialen
Lebens, das auch eine Aenderung in der Stellung der Frau hervor-
ztirufen begonnen hat. Frauen aus höheren Gesellschaftskreisen sind
dagegen fast immun gegen diese Gehimkrankheit. Die städtische
Bevölkerung übertrifft bedeutend die ländliche an Häufigkeit der
Erkrankung; unter Berücksichtigimg des wichtigsten ätiologischen
Momentes, der Lues, erörtert Verf. die gesellschaftlichen Missstände,
die die Entstehung und Verbreitung der Lues befördern und die
gleichfalls die städtische Bevölkerung und gewisse Stände derselben
in höherem Maasse treffen, als die ländliche. Der Alkoholmissbrauch
Uäst sich dagegen nicht als entscheidendes ätiologisches Moment
verwerthen.
Hirschl (Neurol. Centralbl. Nr. 21) geht sogar so weit, die Progressive
progressive Paralyse für eine tertiär-syphilitische Paralyse
eine tertiär-
Erscheinung und als solche mit dem Gummi für gleich werthig syphili-
zu erklären. Abgesehen von statistischen Ermittelungen stützt er tische Er-
seine Ansicht auf folgende Punkte: Das anatomische Substrat der ^^^^^^^s,
progressiven Paralyse ist eine diffuse, interstitielle corticale Ence-
phalitis, analog der Hepatitis interstitialis , nur dass bei der Ence-
phaHtis der Process mit der Erkrankung der OrganzeUen einsetzt,
während das bei der Hepatitis noch nicht nachgewiesen ist; die
nicht specifische interstitielle Hepatitis z. B. bei Phosphorvergiftung
beginnt mit der Degeneration der Parenchymzellen. Eine andere
interstitielle Encephalitis ausser der progressiven Paralyse gibt es
nicht. Reflectorische Pupillenstarre (die Pupillen sind lichtstarr,
reagiren aber bei Convergenzbewegung) kommt fast ausschliesslich
bei progressiver Paralyse, Tabes und Lues vor; dieselbe ist eine
«ier progressiven Paralyse coordinirte Erscheinungsform der Lues.
1 28 Lewald.
In der an diesen Vortrag in der Wiener Gesellschaft für Psj'chiatrie
sich anschliessenden Debatte erhob gegen diese Anschauung nament-
Aetioiogie üch An ton Widerspruch unter Hinweis darauf, dass viele tausend
eressiven Syphilitiker nicht paralytisch werden, dass daher wohl noch ein
Paralyse, neues Moment hinzukommen müsse; für nicht unwesentlich hält
Anton. Anton körperliche und geistige Ueberanstrengung und bemerkt,
dass man daher in den niederen Ständen der Grossstädte viel mehr
Paralysen findet, als in den ländlichen oder Provinzialirrenanstalteii,
was Ref. nur bestätigen kann. Wahrscheinlich liegt die ganze Frage
kaum so einfach, wie man nach Hirschl's Darlegungen anzunehmen
geneigt sein könnte.
Die ätiologischen, klinischen und anatomischen Eigenthümlich-
Frühform keiten der Frühform der Paralyse unterwirft Alzheimer
der
progressiven (-^^S- Z^itschr. f. Psychiatrie Bd. 52) auf Grund einer Reihe von
Paralyse, Fällen einer eingehenden Besprechung. In der Aetioiogie gebührt
Alzheimer. ^^^ Syphilis eine höchst wichtige, vielleicht die ausschliessliche Rolle ;
hereditäre Belastung scheint eine besondere Disposition für die Er-
krankung zu schaffen; ein Trauma kann vielleicht den Ausbruch
beschleunigen. Klinisch verläuft die Paralyse der Entwickelungs-
jahre unter dem Bilde einer chronischen Demenz ohne Wahnideen;
die körperlichen Lähmungserscheinungen treten meist selir frühzeitig
auf und stehen oft während des ganzen Verlaufes im Vordergrunde
des Krankheitsbüdes ; paralytische Anfälle stellen sich oft ein. lieber
einzelne noch dunkle ätiologische Fragen der Paralyse verbreitet die
Frühform der Paralyse nach Ansicht Alzheimer 's Licht. Sie
findet sich in einer Zeit des Lebens, wo Elend, Ueberanstrengung,
Sorgen, überhaupt der Kampf ums Dasein mit seinen Schädigungen
des Körpers und Geistes nur eine geringe Rolle spielen können; auf
der anderen Seite aber macht sich der Einfluss der Syphilis in
besonders deutlicher Weise geltend.
Die von Biernacki und Gramer (s. vorigen Jahrgang dieses
Jahrbuches) gemachte Beobachtung betreffend die Analgesie des
Ulnarisstammes auf Druck bei Tabes und progressiver Paralyse wuixie
AnaUesie von Boedeker und Falkenberg (Allgem. Zeitschr. f. Psych. Bd. 52)
des ülnaris. g^jjgj. kritischen Revision unterworfen. Sie stellten ihre Unter-
Paralyse, suchungen an der stattlichen Zahl von 125 Paralytikern und 300 nicht
Boedeker u. paralytischen Geisteskranken an und kamen , nachdem sie auf die
Falkenberg, B^(Je^tung des subjectiven Momentes sowohl auf der Seite des Unter-
Buchers, wie des Untersuchten eindringlich hingewiesen, im Gegen-
PsTduatrie, 1 29
s»a n den ffTffgpn«mrt=fn Autoren za dem Schlüsse, dass die
Asügeaie des TThuaiastuiiiDes als nicht typisch iur Paralyse an-
zusejwn und dalier anch nidit, wie Gramer meinte, differential*
dia^DOsdsdi zn verwenden sei: dagegen fanden sie, ohne übrigens
irgend veldie Schlüsse daraus zn ziehen, diese Analgesie relativ
käii£g bei Parahrtikem mit ffinterstrangserkrantnng.
Za ganz anderen Besnltaten gelangte Göbel (yenrol. CentralbL GdbeU
Nr. 16i: ihm scheint die Ulnarisanalgsie ,.ein (xathognomonisches
Zeichen, ein brauchbares üntersachungsmittel mit zur Sichenmg der
Diagnose auf Paralyse zn sein, aber sie ist dieser Form nicht eigen,
indem anch and»% abnorme Greisteszustande, speciell Epüepsie, das
Smptom aufweisen. Wo aber Verdacht auf Paralyse besteht, da
Scheint oonstant das Vorhandensein der Analgesie für diese organische
Psychose, ihr Fehlen dagegen zu sprechen. Bei der Paralyse der
Frauen jedoch ist weder erhaltene, noch au%ehobene Schmerzempfind-
lichkeit der Ulnarisstämme differentialdiagnostisch zu verwerthen.^
Boedeker und Falkenberg haben, wie in parenthesi bemerkt sei,
bei ihren 100 männlichen und 25 weiblichen paralytisch Kranken
irgend einen Unterschied der beiden Geschlechter bei der Analgesie
nicht gefunden. Snell (Berl. kün. Wochenschr. Nr. 42) hat 25 para- Sneii,
lytische und 75 andere Geisteskranke der Bildesheimer Anstalt unter-
sucht; von ersteren zeigten 1 das Ulnarissymptom erhalten, 10 ab-
geschwächt und 14 erloschen, während von den nicht paralytischen
Kranken 25 es erhalten, 39 abgeschwächt und 11 es erloschen
zeigten. Orschansky hat in seiner unter Mendel gearbeiteten Orochanaky.
Dissertation Fälle von Tabes, Paralyse, Hysterie und auch im
wesentlichen gesunde Individuen auf dieülnarisanalgesie imter-
sucht und kommt zu dem Schlüsse, dass sie kaum mehr als eine
andere Sensibilitätsstörung Anspruch auf diagnostische Bedeutung
machen kann.
Dagegen macht Mendel (Neurol. CentralbL Nr. 4) auf ein AnaigoniH
bisher weniger beachtetes Frühsjonptom bei progressiver Paralyse <l er Unter-
aufmerksam, nämlich auf die Analgesie an den Unterschenkeln, dieprogres^ivpr
er in Fällen, in denen die Patellarreflexe vorhanden waren und die Paralyiie,
noch keine vorgeschrittene Demenz zeigten, nicht selten fand. Mendel.
lieber Lähmung im Gebiete des N. peronaeus bei pro- LUhmung
greasiver Paralyse hat in der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie ^^"
Moeli (Neurol. CentralbL Nr. 3) einen Vortrag gehalten, in dem er, ^'mooU*!""'
auf ftinf selbst beobachtete Fälle bei Paralytikern mit fehlendem
Jihtbiich der practiBchen Medicin. 189tf. 9
130 Lewald.
Kniephänomen, also bestehender Hinterstrangserkrankung, gestützt,
die Vermuthung ausspricht, dass es sich hierbei um eine durch
Rückenmarksveränderung etwa gesetzte functionelle Ueberlastung im
Gebiete des N. peronaeus handeln könne.
Bei der Untersuchung der Harne von 22 Paralytikern kommen
Peptonurie, Meyer und Heine (Archiv f. Psychiatrie Bd. 27) zu dem Schluss,
Meyer u. Heine, ^agg Pepton in nachweisbarer Menge sich häufig, aber nicht zu
jeder Zeit im Urin von paralytisch Kranken findet; auch im Urin
anderer Geisteskranker, ja selbst im Urin Gesunder findet sich
mitunter der als Pepton charakterisirte Körper in nachweisbarer
Menge. Peptonurie kommt zwar bei Paralytikern häufiger vor, als
bei anderen Geisteskranken, hat aber nichts für die Paralyse Charak-
teristisches.
Paralyse Bristowe (Joumal of mental science, Juli) fand bei der Section
und Nieren- yQ^ Paralytikern in 68^/o der Fälle Nierenerkrankungen und
kungen, »lacht darauf aufmerksam, wohl um diese sehr grosse Zahl einiger^
Bristowe. massen zu erklären, dass die ersten Veränderungen in der Niere
der makroskopischen Betrachtung entgehen können; er erwähnt als
beweisendes Beispiel dafür einen nach 6monatlicher Krankheit
gestorbenen Paralytiker, dessen Nieren makroskopisch nichts Be-
sonderes darboten, bei der histologischen Untersuchung aber die
vom Verf. auch sonst bei Paralytikern gefundenen Veränderungen
zeigten. Bristowe tritt für den toxischen Ursprung der progressiven
Paralyse ein und glaubt, dass hauptsächlich der Alkoholmissbrauch
und die Syphilis die Veränderungen in den Nieren herbeifuhren.
Die Symptomatologie und Diagnose der Paralyse werden
Sympto- in Kürze in einer klinischen Studie Francotte's (Bull, de la soc.
matoiogie (jg m^d, ment., Sept.) besprochen und zunächst in Uebereinstimmung
Diagnose ^^* ^®^ anderen Autoren hervorgehoben, dass die demente Form
der Paralyse, immer häufiger und die expansive oder manische immer seltener
Francotte. -^erde. Was die Frage der Hallucinationen bei dieser Psychose an-
betrifft, so nimmt Francotte an, dass es sich dabei häufig um ein-
fache Illusionen handele oder auch um Träume. Die Sprachstörung
ist und bleibt das Haupt-, das pathognomonische Symptom der
progressiven Paralyse, und nach Rieger ist das beste Mittel, um die
typische Articulationsstörung zu entdecken, den Kranken laut vor-
lesen zu lassen, wobei manchmal auch Paralexie zum Vorschein
kommt. Was die Diagnose der progressiven Paralyse anbetrifft, so
Psychiatrie. 131
sei hervorgehoben, dass die reine Manie, mit der die Paralyse im
Beginn verwechselt werden kann, im Lebensalter von 85 — 45 Jahren,
dem Prädilectionsalter der Paralyse bei Männern, sehr selten ist
i^ä im Gegensatz zu der sich langsam entwickelnden organischen
Gehimkrankheit ziemlich acut auftritt. Ueber die manchmal recht
schwierige Differentialdiagnose zwischen Neurasthenie und beginnen-
der ParaljTse ist im Jahrgang 1893 im Anschluss an eine Arbeit
V. Krafft-Ebing's berichtet worden.
Tl. Therapie.
In Bezog auf das Anstaltswesen ist, da ja die Anstalt den verfügnng
wichtigsten Factor bei der Therapie der Psychosen darstellt, von di^^Pi-ivat-
der preussischen Regierung unter dem 20. September 1895 eine »An- irren-
weisung über die Aufnahme und Entlassung von Geistes- a^^^^^^^c"*
kranken, Idioten und Epileptischen in und aus Privatirren-
anstalten, sowie über die Einrichtung, Leitung und Beaufsichtigung
solcher Anstalten" herausgegeben worden. Den Schwerpunkt der
Anweisung bildet der vierte Abschnitt: Von nun an müssen alle
Privatanstalten für Geisteskranke, Epileptische und Idioten, auch
die von Corporationen, weltlichen und geistlichen Gesellschaften er-
richteten, von einem in der Psychiatrie bewanderten Arzte geleitet
werden, der durch längere Thätigkeit an einer grösseren öffentlichen
Anstalt oder an einer psychiatrischen Universitätsklinik — wenn
auch als Volontär — sich die nöthigen Kenntnisse verschafft hat;
die Thätigkeit an einer Privatirrenanstalt genügt somit nicht. —
Znr Bevision der Privatirrenanstalten treten vom 1. April 1896 die
Besuchscommissionen in Thätigkeit; dieselben haben die Anstalten
jährlich mindestens einmal einer Besichtigung zu unterziehen. Ueber
die Zusammensetzung dieser Commissionen bringt die Anweisung
nichts; voraussichtlich werden sie aber aus einem Irrenarzte (leitender
Arzt einer grösseren öffentlichen Irrenanstalt), einem höheren Ver-
waltimgsbeamten und dem zuständigen Begierungsmedicinalrathe be-
istehen; über das, was bei den Revisionen zu beachten ist, gibt das
vorgeschriebene Formular für die zu erstattenden Berichte die noth-
wendigen Anhaltspunkte.
Bie therapeutische Ausbeute des abgelaufenen Jahres ist dürftig. Tnbercuiin-
Von der bekannten Thatsache ausgehend, dass Psychosen durch behan^diung
äCQt fieberhafte Erkrankungen gebessert, ja sogar geheilt werden Psychosen,
k^»nnen, hat Wagner (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 9) versucht, Wagner.
L
132 Lewald.
Psychosen mit Tuberculin zu behandeln und in 2 Pällen eine
Tubercuiin- rasche Heilung der Psychosen erzielt. Bock (Jahrb. f. Psychiatrie
be an ung g^ -^^^ j^^^^ ^^ Wagnerischen Versuche wieder aufgenommen und
rsychosen, bisher 41 Fälle behandelt (8 davon mit Pyocyaneusculturen). Von
ßöck. den 22 mit Tuberculin behandelten Frauen wurden bisher 10 ge-
heilt; alle geheilten Fälle betrafen die hallucinatorische Verwirrtheit
(Amentia Meynert's); auch die spontanen Heilungen durch inter-
currente fieberhafte Erkrankungen betrafen fast ausschliesslich diese
Psychose, die ja an sich eine sehr günstige Prognose hat. Fälle
von secundärem Blödsinn und Paranoia zeigten keine Besserung;
bei letzterer wurden höchstens Zustände vorübergehender Verwirrt-
heit beeinflusst. Die Paralyse hält Bock für nicht ungeeignet zu
solchen therapeutischen Versuchen, besonders in ihren frühen Stadien.
Unter gleichen Verhältnissen geben natürlich frischere Fälle über-
haupt günstigere Aussichten. Welche Momente es sind, denen der
erzielte günstige Einfluss zukommt, dem Fieber, der Steigerung des
Stoffwechsels, der Beschleunigung des Lymphstromes, lässt Bock
dahingestellt. Die heilende Wirkung geht jedenfalls der erzielten
Fieberhöhe nicht parallel. Bock gibt der Vermuthung Ausdruck,
dass verschiedenen Infectionsträgem ein verschiedener Einfluss auf
die Psychosen zukomme, und empfiehlt dringend, seine Versuche
fortzusetzen.
Thyreoid- Bruce (Journal of mental science, Januar) hat Psychosen mit
^'^^^'^'^^^"^'Thyreoidtabletten behandelt und davon gute Erfolge gesehen;
er empfiehlt das Mittel bei Pubertäts-, klimakterischen und puerperalen
Psychosen und hält es nur bei Manie, wenn die Erregung bereits
zur Erschöpfung geführt hat, für contraindicirt. Seine Beobachtungen
über die Wirkung der Tabletten bei progressiver Paralyse sind
nicht ganz entmuthigend.
Lehrbücher und Monographieen.
Weigert, Beiträge zur Kenntniss der normalen menschlichen Neuroglia.
Frankfurt a. M.
Dejerine, Anatomie des centres nerveux. Bd. 1. Paris.
V. Lenhossek, Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester
Forschung. 2. Aufl. Berlin.
Jacob, Atlas des gesunden und kranken Nervensystems. München.
Wer nicke, Arbeiten aus der psychiatrischen Klinik zu Breslau. Heft 2.
Leipzig.
Ziehen, Leitfaden der physiologischen Psychologie. 3. Aufl. Jena.
Psychiatrie. 133
Bourneville^ Recherches cliniques et th^rapeutiques sur Tepilepsie,
rhyst^rie et Tidiotie. Paris.
Hitzig, Ueber den Querulanten Wahnsinn^ seine nosologische Stellung
und seine forensische Bedeutung. Leipzig.
Hempe, Ueber Geisteskrankheiten infolge Schwefelkohlenstoffv^ergiftung.
Leipzig.
Lombroso, Die Anarchisten. Eine criminal-psychologische und socio-
logische Studie. Deutsch von Hans Kurella. Strassburg.
Friedmann, Ueber den Wahn. Wiesbaden.
Bruns, Gehirntumoren. Sonderabdruck aus Eulenburg's Realencyklo-
pädie. 3. Aufl.
Rothe, Geschichte der Psychiatrie in Russland. Leipzig und Wien.
II, 3. Krankheiten der Athmungsorgane^).
Von Dr. Julius Schwalbe in Berlin.
I. Anatomie. Physiologie. Untersucliungsinethoden.
Ein Fall von congenitalem Mangel der linken Lunge wird von
Gongen i- Tichomiroff in der International. Monatsschr. f. Anatomie u. Physiol.
taler Mangel Bd. 12 eingehend beschrieben. Interessant ist, dass das Individuum keine
einer I^^nge, ^j^j^^j^^^^^ jjj ^gj. sonstigen Eörperausbildung darbot und wahrend des.
Lebens nie an Athembesch werden litt. Der Tod erfolg^ im 25. Lebensjahr
an croupöser Pneumonie.
Auf sein bereits im Jahre 1892 bekannt gegebenes „Zwerch-
Zwerchfell- fellphänomen^* kommt L i 1 1 e n in mehreren Publicationen (Wiener
Phänomen, jjjjjj^ Wochenschr. Nr. 6 u. a.) zurück, nachdem seine pracüschen
Martins. Erfahrungen über diese Erscheinimg sich beträchtlich erweitert haben.
Unter „Zwerchfellphänomen" versteht Litten den sichtbaren Aus-
druck der successive fortschreitenden Ablösung (oder Abhebung) des
Zwerchfells von der Brustwand bei dessen Tiefertreten während der
Inspiration, sowie seine successive fortschreitende Anlegung an die
Brustwand beim Höhertreten während der Exspiration. Die Erscheinung
läuft in Form eines Schattens oder einer Wellenbewegung ab, welche
beiderseits etwa in der Höhe des sechsten Intercostabraumes beginnt
und als gerade Linie oder seichte Furche (welche mit den Rippen
einen spitzen Winkel bildet) bei tiefster Inspiration mehrere Inter-
costalräume weit, zuweilen bis an den Rippenbogen herabsteigt, um
bei der Exspiration um das gleiche Maass wieder in die Höhe zu
steigen. Am deutlichsten tritt das Phänomen zu Tage, wenn man
den unteren Thoraxabschnitt des zu Untersuchenden betrachtet, in-
dem man die Person horizontal gegenüber der Lichtquelle, das Ge-
sicht dieser zugekehrt, lagert, während der Beobachter aus 3 bis
^) Ueber die Krankheiten der Nase, des Kehlkopfs und der Luftröhre
siehe Abschnitt VII.
Krankheiten der Athmungdorgane. 135
4 Schritt Entfernung unter einem Winkel von ca. 45 *, den Rücken
zur Lichtquelle gewendet, Stellung nimmt. Der Untersuchte muss
tief athmen. — Der diagnostische Werth des Phänomens, den Verf.
an sehr vielen PäUen geprüft hat, ist ein hoher. Beim Emphysem
beginnt sein oberer Rand tiefer, sein xmterer reicht weiter herab,
«eine ganze Ausdehnung ist verringert. Bei Elüssigkeitserguss in
die Pleura oder bei Pneumonie wird es auf der kranken Seite ver-
misst oder ist nur in ganz geringem Maasse sichtbar. Dasselbe
gilt bei umfangreichen Verwachsungen und Schwartenbildungen. Be-
steht Dämpfung in der imteren Thoraxpartie und ist trotzdem das
Phänomen vorhanden, und zwar oberhalb der Dämpfong, so spricht
dies für subphrenischen Abscess. Bei Tumoren im Thorax steht das
Zwerchfell, wenn überhaupt sichtbar, abnorm tief, bei Lebertumoren
abnorm hoch. Bei hochgradigem Ascites, sehr ausgedehnten Leber-
tnmoren, Peritonitis, Heus mit starker Tympanie fehlt das Phänomen.
In einem Fall von erworbener Zwerchfellshemie bestand heUer tym-
panitischer Schall oberhalb des sichtbaren Phänomens, während bei
Pneumothorax wegen der fehlenden Inspiration dasselbe nicht vor-
handen war. Wesentliche Dienste leistet das Phänomen bei der Be-
ortheilung der Lungenthätigkeit nach Pleuraergüssen, nach Rippen-
fractnren, bei der Pneumotherapie u. s. w.
Die Angaben Litten's werden von vielen Autoren bestätigt.
Vergl. z. B. Martins in Nr. 10 der Wiener med. Wochenschrift.
£. Gast ex (Etüde generale de l'auscultation de Tappareil ErkUrong
respiratoire. Archives de physiol. Bd. 7, S. 225) schliesst aus de» Athem-
Versuchen, welche er an besonders construirten Modellen angestellt castez. '
hat, dass die Fortleitung der Geräusche im Athmungs-
apparat wesentlich durch die Luft und nur nebenbei durch die
festen Wände geschieht. Die Entstehung des vesictdären Athmungs-
geransches erklärt er durch Reibung der eingeathmeten Luft an den
Tbeüungsstellen der Bronchioli. Von den gesprochenen Yocalen
werden, wie Verf. durch Photographie manometrischer Flammen (die
eine die Schwingungen der Exspirationsluf t , die andere diejenigen
der Brustwand registrirend) fand, nur die Grundtöne, nicht die
Obertone fortgeleitet, weshalb auch geflüsterte Worte beim Aus-
ccdtiren über normalen Lungen nicht verständlich sind. Verf. stellt
die akustische Untersuchung der auscultatorischen Phänomene im
pathologischen Zustand für später in Aussicht.
Dass dertympanitisch-metallische Percussionsschall
über multiplen bronchiektatischen kleinen Höhlen — und nicht nur
136 Schwalbe.
Tympani- über einer grösseren Höhle — zu Stande kommen kann, lehrt Kobl er
* ni^ an zwei Krankengeschichten (Wien. med. Wochenschr. Nr. 38). Beide
Schall bei Male waren die Bronchiektasieen von luftleerem, derbem, verdichtetem
Bronchi- Lungengewebe bezw. schwieligem Bindegewebe umgeben.
ektasieeD,
Eobler.
Respiro- ^^^ Messung der Brustathmung gibt Witzenhausen
meter, (Münch. med. Wochenschr. Nr. 10) einen neuen „B^spirometer"
Witzenhausen. ^^ -j^ ^^^^ mittels Kiemen an der Brust befestigten Apparat wird
durch ein Zeigerwerk die Excursion der Athmung in Metern markirt.
Vier verschiedene Instrumente zur Percussionstechnik
Plessimeter, werden von Hughes (Münchener med. Wochenschr. Nr. 12) be-
Hughes. schrieben, deren Bedeutung und Construction aus den Namen her-
vorgeht: ein Siegelringplessimeter , ein Linearplessimeter , ein keil-
förmiges und ein T-fÖrmiges Plessimeter.
Ein neues Verfahren zum Nachweis der Tuberkelbacillen
Nachweis im Sputum beschreibt Amann im Centralbl. f. Bacteriologie Bd. 17,
^^»"^ Nr. 16.
Tuberkel*
bacillenira ^^ einem Glascylinder wird 1 Theü Auewurf mit 2 — 4 Theilen kalten
Sputum, destillirten Wassers und 1 com Chloroform gemischt, einige Minuten mit
Amann; Schrot geschüttelt bis zur gleichmässigen Consistenz , dann mit weiteren
4 — 6 Theilen Wasser versetzt. Darauf wird sedimentirt, vom Sediment ein
Theilchen auf einem Objeetträger verstrichen, getrocknet und durch 2 bis
8 Minuten langes Aufsprayen von wasserfreiem Alkohol + Aether fixirt.
Dann wird das Präparat mit warmem Carbolfuchsin (1 g Fuchsin mit 5 g
flüssiger Carbolsäure vermischt und mit 95 ccm heissem destillirtem Wasser
verrührt, unter wiederholtem Umschütteln mehrere Tage aufbewahrt und
dann decantirt) gefUrbt, durch 20^/oige, mit Pikrinsäure gesättigte Schwefel-
säure V* — 1 Minute theil weise entfärbt, im fliessenden Wasser abgespült,
mit einer filtrirten Lösung von 15 g Fluorescin und krystallisirtem Methylen-
blau in 500 ccm Alkohol abgespült und schliesslich wieder in Wasser ge-
waschen. Zur Nachfärbung wird verdünntes wässriges Malachitgrün ver-
wandt.
In Anbetracht, dass die Tuberkelbacillen hauptsächlich im Ca-
vemeneiter enthalten sind und dass das Secret der Bronchien aus
einzelnen schleimigen Ballen besteht, in welche die Tuberkelbacillen
V. Rindfleisch, nicht eindringen können, hat man nach v. Rindfleisch (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 48) die meiste Aussicht, Tuberkelbacillen zu
finden, wenn man die Flüssigkeit zwischen den Schleimballen
untersucht. Man nehme also einen gewöhnlichen mit Wasser etwas
angefeuchteten Tuschpinsel und rühre damit tüchtig nach allen
Seiten in dem Sputum herum. Bestreicht man dann ein Deckgläschen
Krankheiten der Athmungsorgane. 137
mit dem Pinsel, so finden sich in der dünnen Schicht unverhältniss-
mässig viele TuberkelbaciUen. Man muss natürlich für jede Unter-
suchung einen neuen Pinsel verwenden.
Sein bereits im vorigen Jahre (s. d. Jahrb. S. 132) beschriebenes
Ter&hren der Pankreatinverdauung des Sputums zum
Sedimentiren der TuberkelbaciUen beschreibt C. Spengler c. Spengler,
nochmals in Nr. 15 der Deutschen med. Wochenschrift etwas aus-
führlicher.
Ein beliebiges Sputumquantum wird in einem Spitz- oder vorerst in
einem grösseren Becherglase, welches etwa die gleiche Quantität mit Soda-
lösung alkalisirten, lauwarmen Wassers enthält, mit 0,1 — 1,0 Pankreatin-
pulver innig vermischt, das Gemenge im Brütapparat der Verdauung über-
lassen mid ihm zur Vermeidung von Fäulniss gleich oder nach 2 — 3 Stunden
ein Carbolkrystall von 0,1 — 1,0 hinzugefügt. Sobald sich ein Sediment ge-
bildet hat, giesst man die über demselben stehende Flüssigkeitsschicht ab
ond beginnt die Untersuchung. Falls das Sediment nicht klein genug ist,
wascht man es aus. Die abgegossene Flüssigkeitsschicht wird dann wieder
durch Wasser ersetzt, das Sediment aufgerührt, wenn nöthig, wieder alka-
li^irt, um die Verdauung im Gange zu halten. Nach einigen Stunden hat
^ich ein kleineres Sediment gebildet, das weiter ausgewaschen, centrifugirt
oder auf Filtrirpapier zur AbkÜrzimg der Untersuchung etwas getrocknet
werden kann. In der Regel ist dies unnöthig, da selbst von sehr grossen
248tQndigen Sputummengen in 12 — 24 Stunden kleine Sedimente gewonnen
werden, die durch einige Objectti^gerpräparate zu untersuchen sind.
2. Specielle Pathologie.
A. Krankheiten der Bronchien.
Unter den vier Fällen von Fremdkörpern in den Luft-
wegen, die Mandowski in der Deutschen med. Wochenschrift Fremd-
Nr. 30 beschreibt, waren drei, wo der Fremdkörper abweichend von körper in
dem gewöhnlichen Wege in die linke Lunge gerathen war. Drei wegen,
Patienten kamen zur Genesung durch Aushusten des Fremdkörpers, im Mandowski,
vierten Fall, wo das Stück einer Mandel aspirirt war, trat der Tod nach
ca. 9 Monaten infolge einer katarrhalischen und secundär-käsigen
Pneumonie ein. — Für die Therapie empfiehlt auch Mandowski
dag zeitweilige Lagern des Patienten mit herabhängendem Ober-
körper, namentlich während der Hustenanfälle bezw. die Anwendung
eines Brechmittels.
£ine ausführliche Abhandlung über dasselbe Thema pubHcirt
Kobler in Nr. 12 — 18 der Wiener kün. Eundschau. Therapeutisch Kobier.
138 Schwalbe.
.tritt er für die Tracheotomie ein, sobald sieb bei nachgewiesenem
Fremdkörper krankhafte Folgezustände einstellen. An die Tracheo-
tomie sind Expulsionsversuche mittels Husten- oder Brechmittel,
eventuell Extractionsversuche anzuschliessen.
Fremd- Morgan (Lancet, September) berichtet über einen Fall (Kind), bei dem
kör per m ^^ abgebrochener Pflaumenstein nach 46tägigem Aufenthalt im linken
Luftwegen Bronchus durch Tracheotomie und Einführung einer geeigneten Zange
Morgan. entfernt worden ist.
Bronchitis Zwei Fälle von Bronchitis fibrinosa chronica beschreibt
fibrinosa p Koch in Nr. 11 der Wiener med. Wochenschrift. In beiden
p. Koch. Fällen wurden die charakteristischen Bronchialgerinnsel ausgehustet,
und zwar nach starken asthmaartigen Attacken.
Zu den zahlreichen Mikroorganismen, die als Erreger der putri-
den Bronchitis bezw. Lungengangrän angesprochen werden, fugt
Aetioiogie Hitzig („Beiträge zur Aetiologie der putriden Bron-
"^Bro^nVhiti?^^^^^®"' ^^^^<>w's Archiv Bd. 141, H. 1) nach einer Beobachtung
Hitzig. ' ^^^ dör Ei chhors tischen Klinik einen neuen hinzu, nämlich einen
Colibacillus in zwei verschiedenen Formen. Derselbe war pathogen
für Mäuse, Meerschweinchen und Kanmchen, und zwar erzeugte er
bei längerer Krankheitsdauer fibrinöse Eiterung und nekrotisirende
Entzündung, bei raschem Verlauf tödtliche Sepsis. Der Verf. nimmt
an, dass die Mikroben von einer überstandenen Peritjrphlitis meta-
statisch in die Lungen eingedrungen wären. Therapeutisch wurde
der Fall anscheinend durch den innerlichen G-ebrauch von Elreosot
günstig beeinfiusst.
B. Krankheiten der Lungen,
1. Bronchopneumonie.
Eine Abhängigkeit des Verlaufes einer Broncho-
pneumonie von der Anwesenheit einer Bronchostenose
Broncho- versucht Dehio auf Grund zweier Beobachtungen (Petersburger
Pneumonie med. Wochenschr. Nr. 39) zu construiren. In beiden Fällen handelte
und
Bronchial- ßs sich um die Verengerung eines Bronchus durch carcinoma-
Btenose, töse Bronchialdrüsen und protrahirte Bronchopneumonie der zu-
gehörigen Lunge, bei gleichzeitiger partieller Carcinomentwicke-
lung im Lungenparenchym. Dehio ist der Meinung, dass
infolge der Bronchostenose die Entfernung der Krankheitserreger
und damit „die normale Resolution der Pneumonie" verhindert werde ;
Kra nkheitqi der ÄihmxnLZ'^-^Tgiiii'', I.3C1
dadurch erhalte die BronchopneoiDOiiie dmen progrexüaiten Chankcer.
lAber diesen deletären, progredienten Charakr«- eiiiäh die firciiicho-
pneumonie auch bei kach^Etidclieai <!t IndiTidaefL die keine Brcaidio-
btenose aohreisen. Re£)
2- Acnte fibrinöse Pnenmoaifc.
Die interessante und aiisfnhiii<^ IHscoäsion über die Patbo- Pmthoioc:«'
lozie und Therapie der cronpösen Pnenmonie, die anf ^^^
der Jahresversammlung der Bridah med. Association im August 18S<5 pnevKoci«^.
stattgefunden bat, findet sieb im British med. Journal, 9. XoTember.
Eine Wiedergabe der zahlreichen Detaüs ist an diesem Orte nicht
möglich. Wenn auch Neues nicht gebracht ist , so kann doch auf
die Lectüre des Originals verwiesen werden.
Zur Lehre von der Aetiologie der acuten fibrinösen
Pneumonie wird in den beiden E^rankengeschichten B e in's < Charite- Aetiologie
Annalen Bd. 20) ein interessanter Beitrag geliefert. In beiden Fällen ^^'
schloss sich die Erkrankung an eine Schädigung des Organismus an, o. Bein.
in dem einen Falle an eine Erschütterung der Brust und Erkältung
(bei Selbstmordversuch durch Ertranken) , in dem anderen Falle an
Verätzung des Mundes und Magendarmkanals durch versehentliches
Trinken von Salmiakgeist. Im ersten Fall wurden virulente Pneumo-
kokken im Mundspeichel noch vor dem Auftreten bestimmt nach-
weisbarer Zeichen der Pneumonie gefunden. Beide Fälle zeigen
nach dem Verf. „zur Evidenz", dass nicht allein die bacterielle Ur-
liache bei der Infection des Körpers mit dem pneumonischen Virus
niaassgebend ist, sondern dass andere Factoren, besonders Schädi-
gungen des Körpers noch hinzutreten müssen (?), um das pneu-
monische Virus zur Wirkung gelangen zu lassen.
In seiner auf anatomische Untersuchungen au%ebauten Arbeit
über Todesursachen bei croupöser Pneumonie (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 32) gelangt Bollinger zu dem Resultat, Todes-
dass die Pneumonie nicht durch die Dauer und Intensität des Fiebers '*''**°'*®" ^®*
ge&hrlich wirkt und dass auch die Schädigung der Lungenfimction pneamonie
^ der Kegel nicht ausreicht, um den Tod zu erklären. Vielmehr Bollinger.
sind sowohl die kritischen Collapserscheinungen wie die letale Herz-
üisafficienz wesentlich bedingt durch die Oligämie, welche ein Re-
B\ütat der reichlichen, rapid sich entwickelnden Exsudation in die
Lungensubstanz (bis 3,8**/o des Körpergewichts!) ist und wie ein
^erer BlutergiLss wirkt. Diese Oligämie führt zur ungenügenden
140 Schwalbe.
Emäbrung des ausserdem febril geschwächten und übermässig in
Anspruch genommenen Herzmuskels und übt — durch die Himan-
ämie — möglicherweise auch Innervationsstörungen auf den Herz-
muskel aus.
Parotitis bei Als — seltene — Complication der Pneumonie wird von Hobbs
Pneumonie, (Mercredi m6d. Nr. 6) die Parotitis beschrieben. Dieselbe ist einfacher
Hobbs. Natur, gelangt aber auch zur Abscedirung. In den letzteren Fällen wurden
Pneumokokken als Erreger der Eiterung gefunden.
Die von Petrescu empfohlene Behandlung der Pneu-
Digitalis- monie mit hohen Digitalisdosen ist von Lop (Revue de
behandln 11 g m^decine Nr. 12) in Anwendimg gezogen worden. Bei vier Pa-
u A IT —^
Pneumonie tienten sind Tagesdosen von B — 10 g während 1 — 6 Tagen verabfolgt
Lop, worden, ohne irgend welchen Nachtheil, mit angeblich günstiger
Wirkung auf Puls, Dyspnoe, Temperatur. Unter den Kranken -wsr
ein Greis von 67 Jahren ; die LungenaiFection war stets ausgedehnt.
o
Naegeii- Auch Naegeli-Akerblom (Gentralbl. f. innere Med. Nr. 32)
Äkerbiom. j^at die Digitalis in hohen Dosen, allerdings bloss 3 — 4 g pro die
omd diese auch nur in letzter Zeit, bei acuter Pneumonie an-
gewandt \md hält sie fiir „eines unserer wichtigsten therapeutischen
Mittel zur Bekämpfung der croupösen Pneumonie". Und dieses TJr-
theil bei einer Todeszahl von 11 unter 64 Pneumoniekranken gleich
ca. 16 °/o ! Allerdings behauptet Verf. , dass 7 Fälle von Anfang
an hofinimgslos gewesen seien: allein gerade hier hätte auch das
Mittel Gelegenheit gehabt, seine gerühmte Wirksamkeit zu zeigen.
Hie Rhodus, hie salta! Glaubt der Verf., dass in anderen Stati-
stiken der Pneumoniemortalität die „von vornherein hofinungslosen
Fälle" stets ausgeschieden werden?
Digitoxin, Corin (Therapeut. Wochenschr. Nr. 32) wendet hohe Dosen
Corin. yQj^ Digitoxin bei der Pneumonie an und rühmt die Erfolge
dieser Therapie. Bei Erwachsenen reicht er 3 — 4 g, bei Kindern von
10 — IB Jahren 2 — 3 mg, für Kinder bis 1 Jahr V« ^ag pro die. Im
allgemeinen wurde das Mittel gut vertragen, nur einigemal trat Er-
brechen auf. Nach Zwischenräumen von 2 Tagen konnte die Dosis
von 3 mg mehrmals wiederholt werden. Was den EiFect der Therapie
betrifft, so hatte Verf. unter B3 Pneumonieen nur 3 Todesfälle,
\md die Dauer der Pneumonie war nach seiner Meinung erheblich
abgekürzt (meist 24 — 36 Stunden nach Einnahme des Digitoxins).
Krankheiten der Athmungsorgane. 141
3. LungenschwindBucht.
Für eine energische Prophylaxis der Tuberculose, die
namentlich durch die Eintrocknung und Verstaubung des tubercu-
lösen Spatums und sonstigen Secrets verbreitet wird, tritt Gornet Prophylaxe
aufs neue in seinem Vortrage ein (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20). ,p^^^j^j.^Jj^^g^
Die Durchführung der von ihm seit langem geforderten Vorsichts- Cornet.
maasaregehi gegenüber dem Auswurf der Schwindsüchtigen habe in
den letzten 6 Jahren in Preussen eine Verminderung der Tuberculose-
mortaütatszifPer um 70000 zur Folge gehabt.
Nach seinen im pathologischen Institut zu München ausgeführten
Untersuchungen über die Gewichtsverhältnisse des Körpers
der Organe bei Tuberculosen im jugendlichen Alter
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 20) gelangt Oppenheimer gleich Herz der
einigen fiüheren Autoren zu dem Resultat, dass das Herz beim ^ *enheimer'
Phthisiker zur Zeit der Pubertät absolut und relativ zum Körper zu
klein ist und dass diese Elleinheit nicht die Folge der allgemeinen
Abnahme des Gesammtkörpers sein kann. Damit ist nach dem Verf.
der Beweis erbracht, dass ein kleines Herz zu Tuberculose disponire.
Gegen die allgemeine Auffassung von der ätiologischenBe-
deutung des Tuberkelbacillus für die Tuberculose kämpft
0. Liebreich in seinem Vortrage „Ueber Lupusbehandlung durch Pathogenese
Cantharidin und über Tuberculose" (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 14)^ ^ ^^^ ,
. ^ . . Tuberculose,
aufs neue an. Nach ihm beginnt der Tuberkelbacillus erst seine o. Liebreich.
zerstörende Wirkung im Organismus, wenn eine Erkrankung ihm
die Gelegenheit bietet; der Tuberkelbacillus ist daher kein wahrer
Parasit, sondern „ein Parasit der Erkrankung, ein Nosoparasit".
«Bei der Tuberculose haben wir eine Erkrankung, welche local oder
allgemeiner Natur sein kann; erst dann, wenn diese vorhanden ist,
wird der AngriiFspunkt für den Tuberkelbacillus gegeben, welcher
nunmehr seinerseits erst das allgemein bekannte Bild pathologisch-
anatomischer Veränderungen hervorruft." (Ueber die Heilwirkung
des Cantharidins bei Lungentuberculose erfahren wir in dem Vortrage
nichts.)
Dass die „vicariirende Menstruation durch die Lungen",
i h. eine Lungenblutung an Stelle der — sehr schwachen oder ganz feh-
lenden — Menstruation, unter Umständen das erste Zeichen einer vor-
handenen Lungenschwindsucht sein kann, sucht Kobler an einem Falle
142 Schwalbe.
Lungen- (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2) nachzuweisen. Der charakterisirte Vorgang
blutung, stellte sich bei seiner — hereditär belasteten — Patientin dreimal hinter
einander ein, jedesmal mit folgenden entzündlichen Lungenerscheinungen.
Später entwickelte sich eine floride, bald zum Tode führende Phthise. —
Bei dieser und auch bei einer anderen Gelegenheit hat Verf. die Be-
obachtung gemacht, dass eine profuse Lungenblutung zum Stillstand kam,
sobald Erbrechen (spontan) eintrat. Verf. möchte zwischen diesen That-
sachen einen Causalnexus statuiren und darauf einen alten Vorschlag
von Graves und Trousseau, bei HämoptoÖ Radix Ipecacuanhae in übel-
keits- oder brechenerregender Dosis zu verordnen, der Beachtung der Aerzte
empfehlen.
Bedeutung Gluzinski (Ein Beitrag zur Trage über Lungen-
r ^^^ blutungen. Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54) hat experi-
Lungen- . i a -r^i
biutungen, mentell ermittelt, dass normales, in gesunde Lungen ergossenes Blut,
Gluzinski. entgegen den Behauptungen früherer Autoren, nicht indifferent ist,
sondern schon nach Ablauf von 24 Stunden eine B^action von Seiten
des Lungenparenchyms hervorrufen kann, welche sich in den ersten
Tagen durch Abschilferung des Lungenalveolarepithels und durch
Immigration von Lymphzellen manifestirt. Um den 6. Tag herum
entwickelt sich das Bild der Lungenatelektase mit Verdickung des
interstitiellen Gewebes an den Stellen, wo der Bluterguss statt-
gefunden hatte. Der Process in den Bronchiolen und deren Um-
gebung dauert fort, und manchmal kommt es zu einer desquamativen
Pneumonie. Diese Versuche werfen nach des Verf. 's Ansicht ein
klärendes Bild auf die noch unentschiedene Trage, ob das in die
tuberculös afficirte Lunge ergossene Blut für diese indifferent bleibt
oder zu weiteren Veränderungen führt. Denn wenn schon das nor-
male Blut in der gesunden Lunge so gewaltige Störungen ver-
anlasst, so wird dies in der kranken Lunge noch in gesteigertem
Maasse der Fall sein. Das ergossene Blut gelangt hier viel schwerer
zur Resorption, prädisponirt dadurch zu weiteren Alterationen und
bildet einen fruchtbaren Boden für die Aufnahme von Lifections-
keimen. Verf. ist auf Grund dieser Auffassung der Ansicht, dass
die Anordnungen, die sich gegen eine abundante Blutung richten,
wie absolute Ruhelage und Hintanhaltung von tiefen Athembewe-
gungen und gehöriger Lungenventilation, eine sclmeUe Resorption
des Blutes verhindern und daher, so schnell als es die Verhältnisse
erlauben, wieder abgestellt werden müssen.
Allgemeine Gegen die Uebertreibungen bei der heutigen Behandlung
therapie, ^®^ Lungenschwindsüchtigen wendet sich Volland (Therapeut.
Voiiand. Monatshefte Nr. 9). Die schematische Athemgymnastik, das Berg-
Krankheiten der Athmung^organe. 143
steigen, die kalte Douche soll aus der Phtlüseotherapie verbannt
werden, der Alkohol soll eingeschränkt, die Ueberfuttenmg, ein
Uebermaass von Luftgenuss vermieden, das Kreosot nur in den
Fällen angeipvandt werden, wo es zur Verbesserung des Appetits
dienen kann. — Im grossen und ganzen wird man den Forderungen
VoUand's gern beipflichten.
Die wichtige Frage einer zweckmässigen Ernährung der Lungen-
schwindsüchtigen zur Hebung ihres Eiweiss- und Fettbestandes hat
F. Blumenfeld (Ueber diätetische Verwerthung der Fette Ernährung
bei Lungenschwindsüchtifi^en. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28) „^,^^.*^
^ _ -TTi iTTTi-i Phthisiker,
znm Gegenstand neuer Untersuchungen gemacht. Während man f. Binmenfeid.
froher das beste Resultat durch die Zufuhr grosser Eiweissmengen
ZQ erzielen glaubte, spricht sich die Mehrzahl der hervorragenden
modernen Phthiseotherapeuten dahin aus, dass die Kost eine ge-
mischte sein soll. Zu niedrig bemessen freilich darf die StickstoiFzufuhr
nicht sein, da eine zu grosse Einschränkung dieses Stoffes bei den
meisten Menschen die Au&ahmefähigkeit fiir Nahrung jeder Art
herabsetzt; sie wird stets etwa ein Viertel der gesammten Nähr,
werthsumme ausmachen müssen. Die übrigen drei Viertel müssen
auf Fette und Kohlehydrate vertheilt werden; es ist weder angängig
nur Fette, noch nur Kohlehydrate zu verabreichen; denn eine ge*
wisse und zwar ansehnliche Summe von Kohlehydraten ist Vor-
bedingung jeder reichlichen Fettzufuhr. Das Fett mit seinem hohen
Calorieenwerth ist zur Ueberemährung ganz besonders geeignet, da es
in kleinem Volumen möglichst grosse Nährwerthe enthält. Nun stösst
aber eine zu grosse Fettzufuhr gerade bei Lungenschwindsüchtigen,
die eine anerkannte Neigung zu Verdauungsstörungen besitzen, auf
grosse Schwierigkeiten; und es ist daher von nicht geringer Be-
deutung, dass man eine Fettart wählt, welche die Gewähr der grösst-
mögHchen Verdaulichkeit bietet. Zum Entscheid dieser Frage hat
Verf. exacte und allen modernen Anforderungen entsprechende Stoff-
wechseluntersuohungen über die Resorption der Butter und des
Lipanins angestellt und gefunden, dass Lipanin trotz seines hohen
Fettsauregehalts durchaus nicht besser von Tuberculosen ausgenützt
vird als Butter; im Gegentheil traten öfter Unterschiede zu Un-
gunsten des Lipanins hervor. Er räth infolge dessen, dem Fett-
bedürfniss der Lungenschwindsüchtigen in erster Linie durch Häu-
f^ der Speisefette, insbesondere der Butter, Bechnung zu tragen
^d Lipanin nur dann zu verabreichen, wenn trotzdem die Fettzu-
fiilir nicht bis zu der gewünschten Höhe gesteigert werden kann.
144 Schwalbe.
Aus dem umfangreichen Material seiner Privatpraxis in Lipp-
springe während der Jahre 1884—1890 (1700 Patienten) hat
Bainco- K. Koeniger (Erfahrungen über Lungentuberculose aus
therapie derLippgpringe. Bericht über 192 geheilte und seit mindestens
Schwein d- ^ Jahren geheilt gebliebene Fälle von Lungentuberculose. Therapeut,
sucht, Monatshefte, October) 420 Fälle von Lungentuberculose ausgewählt, bei
Koeniger. denen ihm ein dauernder Erfolg erzielt zu sein schien und an die-
selben Fragebogen versandt. Nach Ausscheidung zweifelhafter, so-
wie nicht genügend lange beobachteter Fälle bleiben 192, bei denen
er definitive, mindestens 5 Jahre lang zurückdatirende Heilung an-
nehmen zu können glaubt. Ein grosser Theil brachte Bestätigungs-
befunde der Hausärzte, einige waren in Lebensversicherungen auf-
genommen, andere hatten ihrer Dienstpflicht genügt resp. waren zum
militärischen Berufe zurückgekehrt u. s. w. Wie die beigegebenen
Tabellen zeigen, bot ein beträchtlicher Theil der Geheilten schwere,
zum Theil doppelseitige Erkrankungen mit Cavemensymptomen dar.
Sieht man von den wenig überzeugenden theoretischen Betrachtungen
über die Wirkung des Lippspringer Brunnens ab und berücksichtigt
nur die practischen Erfolge, so ergibt sich auf 1700 Patienten Hei-
lung in 192 FäUen = 14°/o. Nach Zurechnung der relativ, d. h.
seit weniger als 6 Jahren Geheilten ergibt sich ein Procentsatz von
22 — 23 ^jo, doch ist die Annahme nicht unberechtigt, dass sich unter
vielen aus dem Gesichtskreis entschwundenen Patienten noch eine
relativ grosse Zahl geheilter befunden hat.
Medioamen- Maragliano sucht die Serumtherapie für die Behandlung der
töee Befand- L^^y^gjj^^^gj.^j^Qgg 2u verwerten (Heilung der Lungentuber-
Lungen- culose mittels des Tuberculoseheilserums. Berl. klin,
schwind- Wochenschr, Nr. 32), indem er aus Tuberkelbacillen gewonnene
*^^ * ' „toxische Principien" (?) grösseren Thieren und zwar Hunden, Pferden
und Eseln einspritzte und deren Serum zur Behandlung Lungen-
schwindsüchtiger verwandte. Die Lijectionen wurden täglich oder
jeden zweiten Tag, von 1 ccm Serum an, ausgeführt, oder es wurden
in grösseren Zwischenräumen je 10 ccm injicirt. Als Wirkungen
T üb er culose- beschreibt Maragliano Besserungen des Allgemeinbefindens, des
heiiserum, Appetits und der localen Symptome bei uncomplicirten Tuber-
culosefällen ; bei vorgeschrittenen, durch Secundännfection com-
plicirten Fällen konnte nur hin und wieder etwas Besserung er-
zielt, im ganzen aber konnte der tödtliche Ausgang nicht verhindert
werden. — (Die Beobachtungen des Verf. 's, sowohl in theoretischer
wie in practischer Hinsicht, haben bisher, soweit ich sehe, nur
Widerspruch erfahren. Ref.)
Krankheiten der Athmungsorgane.
145
Für den diagnostischen und therapeutischen Werth des Tuber-
culins tritt Krause auf Grund eigener Erfahrungen in Nr. 6 — 8 Tubercuiir,
der Deutschen medicinischen Wochenschrift lebhaft ein. Bezüglich ^ Krause,
der ausfuhrlich mitgetheilten 17 Krankengeschichten ist auf das
Original zu verweisen.
Ueber zwei mit Tuberculin behandelte und geheilte FäUe, deren
Erankheitsgeschichte er Tor einigen Jahren beschrieben hat, macht Bai- Balfour.
four im Maiheft des Edinb. med. Joum. wiederum Mittheilung. Beide
Patienten sind — nunmehr 4 Jahre — geheilt geblieben. Bei dem einen
hatte zu Beginn der Behandlung eine Infiltration eines ganzen Oberlappens
bestanden.
Drei durch Anwendung von cantharidinsaurem EJali geheilte Fälle-Cantharidin,
von Lungentuberculose veröffentlipht Petteruti in Therapeut. Monats- Petteruti.
hefte Nr. 2.
Heindl.
Ueber die von anderer Seite zur Behandlung der Kehlkopf- und
Lungentuberculose empfohlenen Inhalationen von Lignosulfit be-
richtet Heindl (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 40) in einer vorläufigen Lignosulfit,
Mittheilung. Er gelangt zu dem Schluss, dass diese Therapie bei
Tuberculose der oberen Luftwege der Beachtung und weiteren Prü-
fung werth sei. Auch der günstige Einfluss auf Lungenschwind-
süchtige scheint ihm festzustehen ; dafür sprechen die Besserung des
subjectiven Befindens, Zunahme des Körpergewichts, Schwinden des
Fiebers, der Nachtschweisse, Athemnoth, Appetitlosigkeit, Schmerzen.
„Möglich, dass auch der Eintritt der besseren Jahreszeit zu dem
Zustandekommen dieser Residtate beigetragen hat, doch ist dies in
solchem Grade kaum denkbar" (warum nicht?! Ref.). Als directes
Heilmittel gegen Tuberculose kann der Verf. das Mittel aber nicht
erkennen.
Meine im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift über die Carasso'sche
Schwindsuchtsbehandlung durch Inhalationen von Essentia Menthae ge-
übte präsumptive Kritik erföhrt durch eine aus der Mosler'schen Klinik in
Greifswald hervorgegangene Arbeit von Rot mann (Centralbl. f. Bacteriol,
Bd. 18, Heft 14 u. 15) die erwartete Bestätigung. In keinem einzigen von
17 Fällen ist eine merkliche objective Besserung der Lungenerkrankung
durch die Menthaessenz beobachtet worden.
Die Nutzlosigkeit der Inhalation von Mentholöl weist Baldwin (New
York med. Joum., Mai) an experimentellen Untersuchungen nach. Tuber-
culös inficirte Meerschweinchen und Kaninchen wurden wochenlang in einer
mit Pfefferminzöldämpfen geschwängerten Atmosphäre gehalten, und trotz-
dem wies die Section nicht den geringsten therapeutischen Einfluss auf ihr
Lungenleiden auf.
Jahrbuch der practischen Kedicin. 1896. IQ
Pfeffer-
münzöl,
Rotmanii,
Baldwin.
146
Schwalbe.
Aristo],
Orudieff.
Grudief f (Therapeut. Wochenschr. Nr. 35) hat bei 33 Phthisikem
subcutane Injectionen mit einer 1 — lB**/oigen Lösung von Aristol
in Ol. amygdal. dulc. (mit Zusatz von Cocain wegen der grossen
Schmerzha^gkeit der Injection) vorgenommen und constatirt, ab-
gesehen von der Heilung dreier Initialphthisen, eine geringe Beein-
flussung des objectiven Lungenstatus. Bei 8 Patienten musste das
Mittel wegen der grossen Schmerzhaftigkeit (trotz Cocain) ausgesetzt
werden: gewiss ein G-rund mehr, den Eath des Verf. 's, das Aristol
bei der Tuberculose in weitgehendem Maasse anzuwenden, schnöde
zu missachten.
Perubalsam, Schmey (Therapeut. Monatsschr. Nr. 5) empfiehlt gegen die Lungen-
Schmey. seh windsucht innnerlich und zu Inhalationen Perubalsam. Und dabei
hilft das Mittel nicht einmal in concentrirter Form bei localer Behandlung
der chirurgischen Tuberculose!
Nnclein,
Teigen,
Das in Amerika gegen allerlei Krankheiten angewandte Nu dein wird
auch bei Lungenschwindsucht versucht. Teigen (Therapeut. Gaz., Juni)
hat unter vier Fällen zweimal von subcutanen Injectionen des Mittels auf-
fallende Besserung der subjectiven und objectiven Ejrankheitserscheinungen
beobachtet. In den beiden anderen Fällen war aber das Nucletn wirkungs-
los. — Ziemlich enthusiastisch äussert sich Wilcox (Therapeut. Gaz. Nr. 8),
der das Nucletn nach seinen Erfahrungen für das aussichtsvollste Thera-
peuticum gegen Lungenschwindsucht hält. — Dagegen hat de Renzi
(Therapeut. Wochenschr. Nr. 34) vom Nucletn keinen nennenswerthen Er-
KrcoBotal, ^^^g gesehen. Auch einige andere neue als antiphthisisch empfohlene
Aqua ' Medicamente, wie das Acidum pheno-succinicum, das Phenosuccin und das
oxygenata, Jodophenosuccin ; das Ereosotal, Hämoglobin Nardi, Aqua oxygenata, Liquor
de Renzi. arsenicalis etc. wurden als mehr oder minder wirkungslos befunden.
Wilcox,
de Renzi.
Pheno-
Buccin,
Die Lander er'sche Methode der intravenösen Zimmtsäureinjec-
Zimmtsäure, tionen hat Moschcowitz (Med. Record Nr. 9) bei 21 Phthisikem angewandt
Moschcowitz, und hat in sechs Fällen eine auffallende subjective und objective Besserung
constatirt. Zwei Patienten starben, der eine an einer katarrhalischen
Pneumonie, der andere infolge der — bei Beginn der Behandlung bereits
zu weit vorgeschrittenen — Phthise.
Guajacol,
Taonenr,
Walters.
Subcutane Injectionen von Guajacol wendet Tann cur (Journal de
m^decine de Paris Nr. 7) gegen Lungenschwindsucht an.
Die subcutane Injection von Kreosot und Guajacol empfiehlt
Walters (British med. Journal, December) nach seinen Beobachtungen an
6 — 8 Patienten.
Krankheiten der Athmungsorgane. 147
4. Lungeninduration.
In einem längeren, durch instructive Krankengeschichten er-
läuterten Vortrage entwickelt A. Fraenkel das £jrankheitsbild und indurative
den anatomischen Befund der bisher noch nicht genüi^end ce- ^'*."^^"'
würdigten indnrativen Lungenentzündung (Deutsche med. a. Fraenkel,
Wochenschr. Nr. 10 — 12). Der Auüsgang der acuten fibrinösen
Pnemnonie in Induration macht sich nach Fraenkel vor allem
durch drei Symptome bemerkbar: 1. die Fortdauer des Fiebers, das,
atypisch, wochenlang andauern kann; 2. das Bestehenbleiben der
Dampfong nnd des Bronchialathmens ; letzteres wird später aller-
dings dorch ein unbestimmtes und abgeschwächtes Athmen ersetzt;
3. die sich allmählich entwickelnde Retraction der erkrankten Thorax-
hälfte. Das Sputum ist anfänglich fast stets pneumonisch ; später nimmt
es eine schleimig-eitrige Beschaffenheit an. Bei der Auscultation hört
man zaerst noch ausgebreitete crepitirende oder kleinblasige, weiter-
hin etwas grobblasige Rasselgeräusche. — Der Ausgang der Pneu-
monie in Induration kommt nicht nur bei geschwächten Individuen,
sondern auch bei ganz gesunden Menschen vor. Die Ursache für
diese immerhin sehr seltene Umwandlung der fibrinösen Pneumonie
ist mit Sicherheit nicht zu beantworten. — In der anatomischen Auf-
fassung der Induration schliesst sich A. Fraenkel den Befunden
an, die H. Kohn vor 2 Jahren erhoben (s. dieses Jahrbuch 1894,
S. 288) und Haus er in wesentlicher Beziehung bestätigt hat. Ausser
der acuten fibrinösen Pneumonie folgt die subacute indurative Lungen-
entzündung den Bronchopneumonieen oder lobulären Lungenentzün-
dungen, so besonders der Influenzapneumonie, femer der Aspirations-
oder Fremdkörperpneumonie, endlich der acut und subacut ver-
laufenden sog. pneumonischen Form der Lungentuberculose. Bei
der letzten Form entwickelt sich unter fieberhaften Symptomen in
kurzer Frist eine starke Infiltration einer Lunge, dabei ist der
Patient blass, es besteht Diazoreaction des Urins; gewöhnlich ist
hereditäre Belastung nachzuweisen. Ohne dass die Dämpfung sich
wesentlich ändert, stellen sich allmählich die Zeichen einer Schrumpfang
der ergriffenen Thoraxhälfbe ein, während das Fieber verschwindet
und der Allgemeinzustand sich bessert. Expectorirt der Patient
Sputum, was erst nach monatelangem Elrankheitsbestand eintreten
kami, 80 vermag man Tuberkelbacillen nachzuweisen. Die Diffe-
rentialdiagnose zwischen der subacuten indurativen Lungenentzün-
dung und einem pleuritischen Exsudat wird durch den Mangel einer
148 Schwalbe.
Verschiebung des Herzens und den negativen Befund der Probe-
punction gegeben. — Die Prognose der Elrankheit ist nach ihrer
Pathogenese verschieden: ungünstig bei der Aspirationspneumonie,
relativ günstig bei der subacuten tuberculösen Pneumonie, der fibri-
nösen und Bronchopneumonie. — Die histologischen Verhältnisse der
ungen- Lungeninduration werden auch von Molly Herbig (Virchow's
Induration, ^ j & \
Herbig. Arch. Bd. 136) einer eingehenden Untersuchung unterworfen.
Einen Fall von sog. „Ost6o-arthropathie hypertrophianto
pneumique" (Marie), d.h. einer starken Vergrösserung der Extremi-
tätenenden infolge chronischer Lungenerkrankung, beschreibt Spring-
Puimonäre thorpe im British med. Journal, Januar (mit Abbildung). Das
Gelenk- Limgenleiden bestand hier in einem erst durch die Section auf-
knocben-
ijyper- gedeckten Pleuraempyem. Springthorpe stellt die diiferential-
trophie, diagnostischen Zeichen der pulmonären Gelenkknochenhypertrophie
«.pnng orpe. ^jj^^ ^iQ.QjQßgalie zusammen; am bemerkenswerthesten ist dabei wohl,
dass bei der ersteren AfFection die Vergrösserung des Gesichts fehlt.
5. Lungenabscess.
Ueber einen Fall von Lungenabscess, der nach einer In-
fi uenzapneumonie aufgetreten war und durch den Kachweis von
Influenzabacillen als Nachkrankheit der Influenza nachgewiesen wurde,
Lungen- berichtet Hitzig aus der Eichhors tischen Klinik. Der Abscess,
abscess ^qj, g^^j^ durch Höhlensymptome in handtellergrossem Bezirk und
Influenza, durch elastische Easem im Auswurf zu erkennen gab, heilte spontan
Hitzig. aus. Andere Bacterien als die Influenzabacillen Hessen sich übrigens
im Sputum nicht auffinden.
6. L ungen gangr'än.
Drei Fälle von Lüngengangrän, die sich an eine Influenza-
Lungen- Pneumonie anschlössen, beschreibt Rhyner aus der Ei chhors tischen
jjaugrän Elinik (Münchner med. Wochenschr. Nr. 9 u. 10). Influenzabacillen
Influenza wurden anscheinend nicht gefunden, dagegen sprach nach dem
Rhyner. Verf. das Auftreten der Pneumonie während einer Influenzaepidemie
und der rasche Eintritt der Gangi'än für den behaupteten ätio-
logischen Zusammenhang. Im zweiten Falle schloss sich ein Pyo-
pneimiothorax an die Gangrän an ; der Patient genas nach operativem
Eingriff.
Krankheiten der Athmungsorgane.
149
Nach dem Vorgänge von Seifert hat Rokitansky (Gaz. des BebrnndioD?
höpitaux Nr. 52) 43 Fälle von Bronchiektasieen und 7 Fälle von ^®" ^'^■^^*-
Lungengangrän mit Injectionen von 3^,'oiger Carbollösong be-Qnd Lnngen-
handelt. Er hat jeden Tag oder alle 2 — 3 Tage je 1 ccm eingespritzt, gan^rän mit
im ganzen 10 — 65mal. Ueble Nebenerscheinungen hat er niemaLs . -^"iJ^n^n
beobachtet ; doch hat man vorsichtig und langsam einzuspritzen. Die Rokiiaosky.
therapeutischen Resultate waren bei Bronchiektasieen sehr befriedi-
gend, bei Gangrän nur dann, wenn sie beschränkten Umfang hatte.
7. Asthma.
Die — zeitweise allerdings überschätzte — Abhängigkeit
des Bronchialasthmas von Erkrankungen der Nase illustrirt
Scott (Med. News, März) durch einen interessanten Fall. Bei einer Ast hm m an i
Dame, die jahrelang vergeblich auf ihr Asthma curirt worden war,
♦Titdeckte der Verf. einen Poiypen in der Nase, exstirpirte ihn und
erzielte dadurch völlige Genesung.
In mehreren Fällen von spastischem Bronchialasthma hat Sker-
ritt (Practitioner, April) Coffeinum citricum in grossen Dosen (0,3,
(fventuell vierstündlich zu wiederholen) mit Erfolg angewandt.
Käsen-
krankheit,
Scott.
Coffein
gegen
Astbma,
Skeiiitt.
8. Lungengeschwüläte.
K. Wolfs Arbeit über den primären Lungenkrebs (Fortschr.
d. Medicin Nr. 18 u. 19) liegen 31 Fälle aus dem pathologischen Institut
des Stadtkrankenhauses in Dresden zu Grunde. Der Herkunft des
Materials entsprechend ist der Inhalt des Aufsatzes vorwiegend anatomi-
schen Charakters (vergl. deshalb Abschnitt „Pathologische Anatomie**,
S. 36). Von den wenigen klinischen Angaben interessiren folgende.
Die starke Bevorzugung des männlichen Geschlechts constatirt
Wolf auch an seinem Material: 27 Männern stehen 4 Frauen gegen-
über. Das Alter der Personen schwankt zwischen 36 und 70 Jahren
liegt meist jenseits der fünfziger Jahre. Die rechte Lunge war häufiger
als die linke (3 : 2) befallen, 13 unter den 31 Fällen waren mit Tuber-
culose complicirt. Bei keinem der 31 Fälle wurden Geschwulst-
partikel im Sputum nachgewiesen. Häufig traten Schmerzen in der
kranken Seite auf. Bei den eigentlichen Lungencarcinomen sind
dyspnoische Erscheinungen viel seltener als bei den Bronchial-
carcinomen. Letztere machen auch häufiger Metastasen als erstere.
Die Zahl der Fälle, in denen es bis jetzt gelungen ist, mit
Sicherheit maligne Tumoren der Lunge während des Lebens aus
Priinir*;r
Lungen-
krebs,
K. Wolf.
150 Schwalbe.
Bestandtheilen der Geschwulst im Sputum mikroskopisch nach-
Diagnose zuweisen, ist nur eine sehr kleine. E. Betschart (Ueber die
gea^ciiwüfste I^i^gnose maligner Lungentumoren aus dem Sputum. Virch.
Betschart. Arch. Bd. 142) theilt einen selbst beobachteten Fall mit, bei dem
besonders die rechte Lunge Zeichen der Infiltration erkennen Hess
und wo sich, in dem schaumigen, sanguinolenten, hellrothen, zeitweise
rothbraunen, rostfarbenen Sputum kleine gelbUchweisse, fast gelatinös
aussehende, daneben auch bräunliche Gebilde und bei mikroskopi-
scher Untersuchung viele theils freie, meist aber in Gruppen an-
geordnete, grosse, rundliche, einen oder auch mehrere grosse Kerne
enthaltende Zellen mit kömigem Protoplasma fanden. Mit Rück-
sicht auf diesen Befund im Sputum wurde schon mehrere Wochen
vor dem Tode der Patientin ein Carcinom der Lunge — und zwar
der rechten — diagnosticirt. Bei der Section war zwar der makro-
skopische Befund an der rechten Lunge für Carcinom nicht charakte-
ristisch, wie Verf. selbst zugibt, allein in der mikroskopischen Unter-
suchung fand er eine Bestätigung der klinischen Diagnose: nämlich
Anfullung der Alveolen genau mit jenen grossen, oft mehrkemigen
Zellen, welche während des Lebens im Sputum gefunden worden
waren. Die Zellen besitzen ein fein granulirtes Protoplasma und
einen grossen, rundlichen, grob granulirten Kern mit mehreren Kern-
körperchen. Stellenweise finden sich zwischen diesen ZeUen rothe
Blutkörperchen. Daneben ist es ausserdem zu einer ausgebreiteten
Bindegewebswucherung gekommen, derart, dass die interlobulären
Septen sich zu mächtigen Bindegewebszügen verbreitert haben. (Mit
anderen Kritikern halte ich diesen mikroskopischen Befind zu der
Annahme eines Lungencarcinoms nicht für beweisend. Doch be-
stätigt der Obducent des Falles, Professor Ribbert, nachträglich
durch genauere Angaben die Sectionsdiagnose.)
9. Lungenaktinomykose.
Einen sehr interessanten Fall von primärer Lungenaktino-
Primäre mykose schildert Aschoff (Berl. klin. Wochenschr. Nr, 35 u. 36)
Lungen- ^^ g^j^, eingehender und instructiver Weise. Die Patientin trat in
aktino- °
mykose, ^^^ von Israel als zweites Stadium bezeichneten Periode der pri-
Aschoff, mären Lungenaktinomykose in das Krankenhaus am Urban (Berlin)
ein : K^tr^cissement der rechten vorderen oberen Thoraxpartieen und
gleichzeitig die Symptome einer acuten exsudativen Pleuritis. Die
wesentlichsten subjectiven Beschwerden bestanden in Husten, Aus-
wurf und zeitweiligen Schmerzen. Die genannten Symptome, femer
KnMikheäten der AthTnimguorgane. 151
die Afamagerong, die zeitweilige Hamoptysis, Blasse^ nächtlicheii
Schweisse legten den Verdacht auf Tnbercalode nahe. Indessen
wurden bei den -wiederholten SpntimuinterBachTingen weder Tuberkel-
bacülen noch elastische Fasern gefonden. Das bisweilen himbeer-
geleeartige, fleiflchfarbene Sputum liess neben den Schmerzen und
anderen £i8cheininigen die Yermndnmg eines malignen Tumors auf-
kommen; diese Annahme wurde verstärkt, als in der zweimaligen,
durch Probepunction entleerten Flüssigkeit sarkomafanHche Zellen
gefunden wurden. Ein diastolisches und systolisches Geräusch im
dritten rechten Intercostalraum Hess, wenn auch entfernt, an ein
Aortenaneurysma denken (in der That £uid sich ^ne Erweiterung
der Aorta ascendens bei der Section). Endlich erwog man die Mög>
lichkeit eines Lungenechinoooccus. Die Diagnose wurde klargestellt,
als im weiteren Verlaufe durch Function einer fluctoirend^i Stelle
der rechten Thoraxhalfibe Eiter gewomien wurde, in dem Aktinomyces-
dmsen enthalten waren. Solche Drusen wurden dann auch in einem
cariöeen Zahn der Patientin nachgewiesen. — Im weiteren Krank-
heitsverlaufe traten — durch Propagation entstandene — Abscesse
auf, nach Dnrchbruch des Zwerchfells erfolgte Peritonitis, und die
Patientin ging unter hektischen Fiebererscheinungen — nach 2jähriger
Erankheitsdauer — zu Grunde. — Aus den bacteriologischen Unter-
suchungen des Verf.'s ist die Beinzüchtung des Aktinomycespilzes
hervorzuheben. Seiner Meinung nach kann wahrscheinlich durch
den Pilz aUein Eiterung hervorgerufen werden.
Femer wird die Casnistik der primären Lungenaktinomykose
durch Heu 88 er (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 47) um einen interessanten Heosser.
Fall Termehrt. Die Patientin war wegen Verdachts auf Lungentuberculose
nach Davos gegangen und wies hier bei der Untersuchung eine Infiltration
des rechten Oberlappens und eine Infiltration mit Caveme (?) im rechten
Unterlappen auf, im Sputum fanden sich aber statt der erwarteten Tuberkel-
bacillen zahlreiche Aktinomycespilze, makroskopisch und mikroskopisch als
solche erkennbar. Unter der roborirenden Behandlung in Davos besserte
sieb das Allgemeinbefinden und die locale Veränderung der Lunge. Bei
den letzten Sputumuntersuchungen wurden keine Aktinomycespilze mehr
nachgewiesen. — Die von anderer Seite empfohlene Jodkalitherapie hat
HeuBser nicht angewandt, da die Patientin das Medicament nur in ge-
ringer Dosis vertrug.
152 Schwalbe.
C. Krankheiten des Brnstfells.
1. Pleuritis.
Aetioiogie Die Actiologie der Pleuritis handelt E. Levy in Nr. 8 u. 9
^®f . der Prager med. Wochenschr. ab, ohne etwas wesentlich Neues,
E. Levy, * selbst seinen eigenen früheren Ausfuhrungen gegenüber (s. dieses
Jahrbuch 1892, S. 259), zu bringen. Um die Diagnose auf Tuber-
culose beim Empyem zu stellen, empfiehlt er mit dem Eiter Agar-
strichculturen anzulegen und diese bei 37^ in den Brütofen zu setzen.
8ind die Böhrchen nach höchstens 48 Stunden steril, so soll es sich
sicher um Tuberculose handeln. Nach Ejrankheiten des Darmkanals
und des uropoetischen Systems findet man häufig das Bacterium coli
commune als Erreger der Pleuritis. — Zu derselben Frage ergreift
Thae. Thue (Norsk. Mag. for Lägevid.) das Wort. Bei 30 Fällen seröser
Pleuritis ergab die bacteriologische und Thieruntersuchung 18mal
ein negatives B>esultat; unter diesen 18 Fällen wurden aber im
weiteren Verlaufe 7 tuberculös. Bei den übrigen 12 Fällen wurde
nur einmal ein einidger Tuberkelbacillus , sonst stets Strepto- und
Staphylokokken gefunden ; dennoch erwiesen sich weiterhin 10 dieser
Patienten als tuberculös. (Hier scheinen dem Bef. doch recht un-
zuverlässige Untersuchungsresultate vorzuliegen.)
Den ätiologischen Zusammenhang von Pleuritis und
PiearitiB Bheumatismus betont A. Fiedler in seiner Arbeit über Pleuritis
'**^"p^*dV^*' rheumatica (Festschr., gewidmet Theodor Thierfelder zur Voll-
endung seines 70. Lebensjahres. Leipzig 1895). Die vom Verf.
früher ausgesprochene Ansicht, dass viele Pleuritiserkrankungen mit
dem acuten Gelenkrheumatismus ätiologisch identisch seien, hat
mehrfach Bestätigung gefunden. Hier werden noch einige Einzel-
heiten, die das grosse Material des Verf. 's (225 Poly arthritisfälle
pro Jahr!) im Laufe der Jahre beigebracht hat, nachgetragen. Es
gibt Fälle, die nach leichten, scheinbar bedeutungslosen rheumati-
schen Beschwerden plötzlich acut an Pleuritis erkranken, oder solche,
welche erst 6 — 8 Tage später die ersten Gelenkerscheinungen zeigen ;
solche Beobachtungen weisen auf die rheumatische Natur der
Brustfellentzündung hin. Gelegentliche Hyperpyresieen und die
Neigung zu Becidiven sind der Pleuritis und der Polyarthritis ge-
mein, ebenso die fast specifische Wirkung des Salicyls. Wenn das
Exsudat rasch entstanden und gewachsen ist, unter nur massigen
Schmerzen, wenn es sogleich doppelseitig auftritt (phthisische Ex-
Krankheiten der Athmungsorgane. 153
5udate entstehen meist langsam unter heftigen Schmerzen, sind meist
einseitig und in der Regel hört man erst eine Zeit lang trockenes
Reiben), wenn die Probepunction seröse, zellarme Flüssigkeit ergibt,
wenn die Cultoren negativ ausfallen, wenn der betreffende Kranke firüher
schon an Pleuritis, Bheumatismus articulorum acutus, Fericarditis,
Endocarditis, Erythema nodosum, Chorea oder öfters an Angina ge-
litten hat, wenn sich bei ihm ein E^appenfehler vorfindet, wenn die
Entzündongserscheinungen und das Exsudat auf Salicylsäure, Salol
tmd Aehnliches abnehmen oder verschwinden, und wenn jeine nach-
tragliche Gelenk- oder HerzcompUcation , selbst nur leichter Art,
eintritt, dann ist man berechtigt, eine Pleuritis rheumatica an-
zunehmen.
9
Ueber den oft untersuchten Zusammenhang zwischen Seröse
seröser Pleuritis und Tuberculose hat Eichhorst (Schweiz. ^^d *'
Correspondenzbl. Nr. 13) Untersuchungen angestellt, indem er dasTubercaiose,
durch Probepunction gewonnene Exsudat Meerschweinchen in die Eichhorst.
Bauchhöhle spritzte und letztere nach einer Frist von 6 — 8 Wochen
ubducirte. Das Resultat ist, dass in etwa zwei Drittel seiner serösen
Pleuritiden der tuberculose Ursprung nachgewiesen werden konnte.
Aehnliche Verhältnisse nimmt er auch für die seröse Entzündung
des Pericards und des Peritoneums an; unter 27 serösen Pericardi-
tiden erwiesen sich 8 als tuberculös. Bei der Pleuritis glaubt Eich-
horst, dass die Tuberculose der Bronchialdrüsen den Ausgangs-
punkt für die tuberculose Infection bilde.
Unter Mittheilung einer B«ihe von Fällen bespricht Ch. With- Metapneu-
ington (Metapneumonic empyema. Bost. med. and surg. *E°,^pv^em^
Joum., 3. Jan.) das Vorkommen von Empyemen nach Pneumonieen, withington.
mit specieUer Berücksichtigung des bacteriologischen Befundes.
Findet man in dem Exsudat nur Pneumokokken, so ist die Pleuritis
nicht als eine Complication , sondern nur als eine TheUerscheinung
der Lungenentzündung anzusehen , anders , wenn es sich um Eiter-
kokken handelt, und dementsprechend ist natürlich die Prognose zu
stellen. Interessant ist ein Fall mit eitrigem Erguss auf der einen
und serösem Erguss auf der anderen Seite, bei dessen Besprechung
^Vit hing ton darauf aufmerksam macht, dass sich seröse Exsudate
auch ohne artificielle Infection zuweilen in eitrige umwandeln und
dass das verhältifissmässig häufigere Vorkommen der ersteren von
der weniger starken Virulenz der Pneumokokken oder von dem ihnen
weniger günstigen Nährboden abhängen kann, wie sie ja auch bald
schwere, bald leichte Pneumonieen bewirken.
154 Schwalbe.
2. Chylothorax.
Ueber die seltenen chylösen und chyliformen Ergüsse
Chyiöser im Pleuraraum veröffentlicht Bargebuhr aus der Fürbringer-
bezw. sehen Abtheilung des Krankenhauses Friedrichshain (Berlin) eine
clivliforiQcr _— .
Pleura- ausführliche Studie. Nach Mittheilung zweier eigener Kranken-
erg uss, geschichten von chylösem bezw. chyliformem Pleuraerguss bei meta-
argeb r, gtatischem Pleura- und Lungencarcinom stellt er 41 Fälle der Affec-
tion aus der Litteratur tabellarisch zusammen. Unter den 22 Fällen
von Chylothorax betrachtet der Verf. allerdings nur 11 als sicher.
Als Ursachen für den Ghyluserguss werden angeführt: Traumen
des Ductus thoracicus (Schussverletzung etc.), Gompression und Ver-
stopfung des Ductus thoracicus , Parasiten, Verstopfung der Vena
subclavia sinistra, Peritonitis, Lymphgefasserkrankung, Carcinome,
maligne Lymphome. 9mal handelte es sich um rechtsseitigen, 4mal um
linksseitigen, 5mal um beiderseitigen Erguss. Das Alter der Pa-
tienten schwankte zwischen 2 und 62 Jahren. In 5 Fällen be-
standen makroskopische Verletzungen von Chylus- bezw. Lymph-
gef^sen, in 1 Fall mikroskopische Verletzungen (Filariosis) , in
5 Fällen wurde Zucker in der Pleuraflüssigkeit nachgewiesen und
so die chylöse Natur der letzteren — auch ohne Befund einer Ge-
fiässverletzung — erkannt. Unter der Rubrik Hydrothoraxchyli-
formis s. adiposus — zu dem alle diejenigen Fälle zu rechnen
sind, bei denen der Inhalt der Pleurahöhle einen chylusähnlichen,
milchigen oder fettigen Charakter hatte, ohne dass der Nachweis
einer Continuitätstrennung der Lymphbahnen erbracht war oder die
betreffende Flüssigkeit sich als chylushaltig offenbarte — fallen
11 Fälle. Dieselben theilen sich nach Senator in zwei Gruppen:
a) Fettiger Zerfall der dem Erguss beigemischten zelligen und an-
deren Elemente, und zweir hauptsächlich von Pleuraepithelien und
Krebszellen, selten auch von Eiterzellen und Fibrin. Die Grund-
erkrankung bildete hier Pleuritis exsudativa und tuberculosa, Carci-
nom der Pleura, der Lymphbahnen, der Lymphdrüsen etc., Phthisis
pulmonum, Lungenabscess (?). b) Abnormer Fettgehalt des Blutes
(Lipämie). Die Diagnose des Chylothorax, speciell die Differential-
diagnose zwischen Chylothorax und chyliformem Hydrothorax ist nur
durch den Nachweis von Zucker in der Pleuraflüssigkeit bezw. durch
den autoptischen Befund einer Verletzung der Chyius- oder Lymph-
wege zu liefern. Die Prognose des Chylothorax hängt vom Grund-
leiden ab. Die Behandlung des Chylothorax ist eine symptomatische.
Die Pimction ist möglichst zu vermeiden, da dem Körper hierdurch
Krankheiten der Athmnngsorgan^. 155
eine — vielleicht noch resorhirbaxe Flösägkeit entzog«!! wird und
femer durch die Dmckvennindenm^ im Thorax der neoe und reich-
liche Austritt von Chjlus begünstigt wird. Entgegen Bargebuhr*»
Ansicht lässt sich nach Senator, der die Casuisdk des Chvloth<ffax
nin einen weiteren Fall vermehrt (Ascites chvlosos und Chylo-
thorax duplex. Garcinom des Ductus thoraciciis. Charite-Annalen
Bd 20), die Entscheidung zwischen Ascites (bezw. Hydrothoraxi
adiposus und chylosns wahrend des Lebens meislms unschwer
treffen. Für den chylösen Charakter der Flüssigkeit spridit haupt-
sachlich die äusserst feinkörnige, staubartige Beschaffenheit des
Fettee im mikroskopischen Bilde und die Armuth an oder die gänz-
liche Abwesenheit von Zeüen, besonders von grösseren Fettkömehen-
Zellen und Fettkörperchoikngehi. Zweitens ein schnelles Wieder-
erscheinen des fetthaltigen Ascites nach der Entleerung. Ali» drin€£
Kennzeichen für den Chyius ist ein deutlich nachweisbarer Zucker-
gehalt anzusprechen« Es darf aber nidit umgekehrt aus dem Fehlen
der Zuckerreaction ein Schluss g^en den Austritt von Chylos ge-
zogen werden, denn durch die Yermischung desselben mit ander-
weitigen, nicht zuckerhaltigen Ergüssen kann der Zuckergehalt der
Gesammtflüssigkeit für doi Nachwos zu gering werden. Endlich
kann aus dem Uebergang einer besonderen per os einverieibten
Fettart in den Erguss (im vorliegenden FaUe Senator*s: Olivenöl»
wohl mit Sicherheit auf Stauung und Zerreissung von Chylos- oder
Lvmphgefassen geschlossen werden. — Uebrigens ist Senator der
Ansicht, dass ein grosser Theil der zum Ascites adiposus gerech-
neten Fälle Mischformen beider Arten von Ascites (chylosns und
a'iiposus) sind.
3. Pneomothorax.
Die Frage, mit welchen Mitteln der Organismas eine so schwere
Schädigung wie die Entstehung eines offenen, einseitigen
Pneumothorax verträgt, versucht Sackur (Zeitschr. für klin. Meehasik
Median Bd. 29) durch eine fieihe von Experimenten an Kaninchen ^"* öfteren
nndHimden zu lösen. Er fand, dass die Athemgrösse beim offenen thorax.
Pneumothorax nicht sinkt, und zwar deshalb, weil die Thätigkeit i^a^kur.
^r einen (auf der gesunden Seite befindlichen) Lunge so verstärkt
wird, dass sie ebenso viel athmet wie vorher beide Lungen zu-
sammen. Die Anregung zu dieser verstärkten Athmung wird dorch
Absinken der Sauerstofi&nenge im arteriellen Blut und durch die
damit verbundene stärkere Erregung des Athemcentrums gegeben.
156 Schwalbe.
Pnenmo- Laennec hat bekanntlich neben dem durch Perforation ent-
thorax ohne gtandenen, sog. sjnnptomatiachen Pneumothorax noch einen essen-
E. Levy. tiellenPneumothorax aufgestellt, der durch Gassecretion inner-
halb der geschlossenen Pleurahöhle entstehen soll. Diese Gas-
secretion kann seiner Meinung nach einfach sein oder in Verbindung
mit einem pleuritischen Exsudat entstehen oder endlich das Product
der Zersetzung eines Pleuraergusses darstellen. — In der Frage
nach der Existenz dieser essentiellen Form des Pneumothorax gehen
die Meinungen der Autoren weit aus einander; die einen leugnen
überhaupt sein Vorkommen, die anderen geben wenigstens die Mög-
lichkeit seiner Ausbildung zu. Speciell haben Biermer und Sena-
tor die Anschauung vertreten, dass aus Exsudaten in anscheinend
geschlossener Pleurahöhle durch Mitwirkung von Mikroorganismen
sich Gas zu entwickeln vermag. Zwingende Beweise lagen bisher
weder für die eine noch für die andere Anschauung vor.
In dieses Dunkel der Frage ist die Beobachtung E. Levy's
(Archiv für experim. Pathol. u. Pharmakol. Bd. BS) geeignet ein
klärendes Licht zu bringen.
Der betreffende Patient kam mit einer linksseitigen exsudativen Pleu-
ritis zur Spitalbehandlung. Patient musste wiederholt punctirt werden, und
zwar wm*de stets ein klares seröses Exsudat entleert. Das Sputum enthielt
nie Tuberkelbacillen. 8 Tage nach der letzten Punction (etwa 4 Wochen
nach Beginn der Behandlung) zeigt sich das Bild eines Hydropneumothorax.
Eine 8 Tage später vorgenommene Probepunction ergibt seröses, leicht ge-
trübtes Exsudat. Punction und, als DyspnoS wieder eintritt, Thoracocentese
mit Rippenresection vermögen vorübergehende Erleichtenmg zu schaffen.
Bald verfällt Patient, es stellt sich abendliches Fieber ein, und etwa ein
Vierteljahr nach der Krankenhausaufnahme erfolgt der Exitus. Die durch
V. Recklinghausen vorgenommene Section ergibt in der Brusthöhle:
linksseitiger Seropneumothorax, rechts- und linksseitige Pleuritis, Peri-
carditis, im oberen Theil der rechten Lunge ein eigrosser, derber, käse-
haltiger Heerd, im Unterlappen der linken Lunge ein kleiner Käseheerd.
Auf der linken Pleura dicker blaugrüner Belag mit schimmelartigem
(teruch.
Dass der Pneumothorax etwa durch eine — bei der Autopsie
wegen Vemarbung nicht mehr erkennbare — Läsion der Pleura
zu Stande gekommen sei, hält v. Becklinghausen nicht für wahr-
scheinlich. Ausreichend wird auch die Pathogenese des Pneumo-
thorax durch den Befund eines gasbildenden Bacillus erklärt, den
Levy in dem durch Probepunction und Operation gewonnenen
Pleuraexsudat nachweisen konnte. Das anaerobe Mikrobion stellt
ein kurzes, dickes, plumpes Stäbchen mit abgerundeten Enden dar^
Krankheiten der Athmnng&organe. 157
ist unbeweglich, färbt sich mit allen A n ilin farbstoffen und nach
Gram. In Traubenzuckeragar und in Tranbenzackerbonillon wächst
er mit lebhafter Gasbildung'. Meerschweinchen werden dorch ihn
getödtef; an der Impfistelle kommt es zur Bildung eines serösen
Exsudats, das mit zahlreichen (rasblasen durchsetzt ist. — Denselben
Bacillus hat der Verf. in einem postpuerperalen Gasabscess und
später £. Fraenkel in vier Fällen sog. Gasphl^;mone gefunden.
Auf welchem Wege der Bacillus in diesem Falle sich secundär zur
Pleuritis zugesellt hat, vermag der Verf. nicht anzugeben. Jeden-
falls erscheint aber durch diese Beobachtung die Existenz eines
Laenne ersehen essentiellen Pneumothorax sichergestellt.
Lardy (Operation eines alten Pyopneumothorax Operative
nach der Methode vonDelorme. Correspondenzbl. f. Schweiz. ^* •**"*'"'* ^
des
Aerzte Nr. 6). Delorme (Paris) beschrieb im April 1893 auf dem pyopnenmo-
französischen Congress für Chirurgie eine neue Methode zur Er- thorax.
ÖfBiung des Thorax, welche eine bessere Exploration der Pleurahöhle ^^^^y-
erlaubt, ohne eine grosse Besection der Bippen. Er durchschnitt die
Haut und die Weichtheile vertical von der dritten bis sechsten Bippe
etwas innerhalb der MammiUarlinie und machte einen Lappen mit der
Basis nach hinten oben durch zwei Einschnitte, den einen parallel der
dritten, den anderen parallel der sechsten Bippe. Nachdem die Weich-
theile bis zum Bippenrande durchschnitten waren und der Lappen nach
hinten umgelegt war, durchschnitt er die Bippen und die Inter-
costalmuskeln am vorderen Band der Wunde, während am hinteren
Band nur die Bippen durchtrennt, oder in geringer Ausdehnung
resecirt wurden mit Erhaltung der Intercostalmuskeln. Darauf wurde
die Klappe nach oben und unten bis zum oberen Band der corre-
äpondirenden Bippen zurückgeschlagen und dadurch die Thoraxhöhle
ausgiebig freigelegt. In der Sitzung der Acad6mie de M6decine am
23. Januar 1894 erweiterte Delorme seine Methode dadurch, dass
er die Abtragung der Pseudomembran, welche die Lunge einschUesst
und an die Bippen befestigt, hinzufugte. Nach dieser Methode
operirte Lardy einen mehrere Monate alten Fall von Pyopneumo-
thorax mit einem Erfolg, der seine Erwartungen bei weitem über-
traf. Die Heilung trat etwa 2 Monate nach der Operation ein.
4. Brustfellgeschwülste.
Die Casuistik der primären Brustfellgeschwülste wird Pieura-
dnrch die interessanten Beobachtungen von Bret imd Chatin (La g^^^^^ chatin.
Province m^dicale, Dezember) und Bia (Gl'Inciu'abili, Juli) ver- Ria.
158 Schwalbe.
mehrt. Im letzteren Falle handelte es sich um ein Endotheliom,
im ersteren um ein Sarkom der Pleura.
Diaguose Die Schwierigkeit bezw. Unmöglichkeit aus einzelnen, in eineui
y 0 n Neu- Exsudat der Brust- oder Bauchhöhle beündlichen Zellen schon während
bildangen
aus Trans- des Lebens die Anwesenheit einer Geschwulst zu diagnosticiren, ist von
sudaten, verschiedenen Beobachtern betont worden. Die Aehnlichkeit der öe-
Schwulstzellen mit Endothelzellen und die gleichartigen Verände-
rungen, welche beide durch ihren längeren Aufenthalt in Flüssigkeiten
(Quellungsproducte!) erleiden, lassen eine stricte Unterscheidung beider
nicht zu, und die sich auf Form und Zahl der im Exsudat nach-
gewiesenen Zellen gründende Diagnose einer bösartigen Neubildung,
speciell der Brusthöhle, hat sich oft genug als irrig erwiesen. Die
Anhaltspunkte, welche v. Quincke in der starken fettigen Degene-
ration und der Glykogenreaction für die Diagnose von Geschwulstzellen
gegeben hat, lassen trotz des dadurch gewonnenen Fortschritts im
Einzelfall recht häufig im Stich. Jeder weitere Beitrag auf diesem Ge-
biet ist deshalb mit grossem Interesse zu begrüssen. Als solcher ist der
Befund, den Bieder auf der v. Z i e m s s e n'schen Klinik (Deutsches
Archiv f. klin. Medic. Bd. 54) erhoben hat, anzusehen. Bei einer
Patientin, die, wie die Section ergab, an Sarcoma carcinomatodes
des Peritoneums (ausgehend von den Ovarien) litt, wurden in dem
durch Function gewonnenen Transsudat des Peritoneums und der
Pleura zahlreiche, grosse, polymorphe, stark vacuolisirte Zellen mit
ausgedehnter und zwar vorwiegend atypischer Zell- und Kern-
theilung gefunden; diese für bösartige Neubildungen als nahezu
charakteristisch angesehenen Zellen gaben für die richtige Diagnose
den Ausschlag. — Weitere Untersuchungen nach dieser Bichtung
müssen lehren, inwiefern dieser Beobachtung eine allgemeine Be-
deutung zukommt.
5. Parapleuritis.
Das Krankheitsbild der seltenen primären (genuinen) Para-
pleuritis, d. h. der Entzündung der zwischen Pleura costalis und
Muskelstratum des Thorax bezw. Zwerchfell befindlichen Binde-
Primäre gewebsschicht wird von E. Pins (Wiener med. Wochenschr. Nr. 22
Para-^ u. 23) in ausfuhrlicher Weise geschildert. Die Parapleuritis beginnt
B. Pins. ' gewöhnlich mit Seitenstechen; mittleres Fieber gesellt sich bald
hinzu, die Haut im Entzündungsbereich wird ödematös, und mit Zu-
nahme der Entzündung tritt eine Dämpfung an der betreffenden
Stelle auf. Bei Vereiterung des Infiltrats steigei-t sich Fieber, Oedem
imd Schmerz ; die Respiration wird etwas erschwert, massiger Husten
Krankheiten der Athmungsorgane. 159
tritt auf. Indess kann das Infiltrat auch spontan, ohne zu vereitern,
sich resorbiren. Werden die gebildeten Abscesse nicht behandelt,
so senken sie sich (Perinephritis etc.) oder perforiren in den Thorax.
Die Dififerentialdiagnose von der Pleuritis wird gegeben durch den
Mangel von Verdrängungserscheinungen an den Nachbarorganen,
auf den Nachweis lufthaltigen Lungengewebes unterhalb der affi-
cirten Stelle, auf den Nachweis der Fluctuation bei Vereiterung, auf
die Dämpfungsfigur und den Mangel ihrer Aenderung bei Lage-
wechsel, auf das Fehlen bezw. Geringsein des Hustens. — Aetio-
logisch zieht Pins die Gicht, Metastase von Eiterheerden, Syphilis etc.
in Betracht. Die Behandlung ist im Beginn antiphlogistisch, bei
Eintritt der Eiterung operativ.
Lehrbücher und Monographieen.
A. Kaien bürg, Realencyklopädie der gesammten Heilkunde. 3. Aufl.
Bd. 6 — 8. Wien und Leipzig.
H. Eichhorst, Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. 5. Aufl.
Bd. 1 und 2. Wien und Leipzig.
A. Strümpell, Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie. 9. Aufl.
Leipzig.
Brouardel, Gilbert und Girode, Traite de mödecine et de th^ra-
peutique. Paris.
F. A. Ho ff mann, Vorlesungen über allgemeine Therapie, mit besonderer
Berücksichtigung der inneren Krankheiten. 4. Aufl. Leipzig.
F. Penzoldt und Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie innerer
Krankheiten. Jena.
Liebreich, Encyklopädie der Therapie. Berlin.
A. Pribram, Grundzüge der Therapie. Berlin.
Lenhartz, Mikroskopie und Chemie am Krankenbett. 2. Aufl. Berlin.
H. Vierordt, Kurzer Abriss der Auscultation und Percussion. 4. Aufl.
Tübingen.
W. V. Le übe, Specielle Diagnose der inneren Krankheiten. 4. Aufl. Leipzig.
R. Geigel und Voit, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden.
Stuttgart.
H. Rieder, Handbuch der ärztlichen Technik. Leipzig.
Leon-Petit, Le phtisique et son traitement hygi^nique. Paris.
U, 4. Krankheiten der Kreislaufsorgane.
Von Dr. Jnlins Schwalbe in Berlin.
A. Krankheiten des Herzens.
1. Allgemeines.
a. Physiologie, üntersuchungsmethoden.
Die scheinbar längst gelöste und doch immer wieder discutirte Frage
Entstehung nach der Entstehung und Zahl der normalen Herztöne hat R. Geigel
undZahlder gum Gegenstand einer Erörterung gemacht (Virchow's Arch. Bd. 141, Heft 1).
Herztone, -^^^ bekannten Ludwig-Dogiel'schen Versuch über die Entstehung des
ersten Herztons hält Geigel für völlig beweisend dafür, dass die Stellung
und Anspannung der Vorhofsklappen zur Erzeugung eines ersten Tons nicht
noth wendig ist. Allein dies gilt — nach der Anordnung des Ludwig'schen
Versuchs — nur für das entblutete Herz; ob der Schluss auch für das
gefüllte Herz Geltung hat, wo die Bewegungen der Herzwand durch die
träge Masse des Inhalts erheblich gedämpft werden , ist noch nicht er-
wiesen. Die beträchtliche Druckerhöhung während der Verschlusszeit des
Ventrikels muss die Vorhofsklappen plötzlich ausbauchen, und die zarten
elastischen Klappen sind viel geeigneter zu transversalen Schwingungen —
i. e. zur Tonbildung — als die dicke, träge Muskelwand. Was die Zahl
der normalei'weise gebildeten Herztöne angeht, so werden bekanntlich fast
durchweg im ganzen sechs angenommen: zwei systolische an den Vorhofs-
klappen, zwei systolische an der Wand der Aorta bezw. Pulmonalis und
zwei diastolische an den Semilunarklappen. Geigel hält diese Lehre für
unrichtig. Auf Grund von Versuchen mittels der akustischen Markir-
methode (nach Martins) und nach mathematischen Berechnungen gelangt
er zu dem Schluss, dat^s der erste Aortenton — und in Analogie auch der
Pulmonalton — nicht, wie es nach der oben bezeichneten Lehre sein
müsste, durch eine längere Pause, wie sie die Verschlusszeit erfahrungs-
gemäss darstellt, vom Ventrikelton getrennt ist, sondern mit dem Ventrikel-
ton zeitlich zusammenfällt und in der Verschlusszeit des Ventrikels ent-
steht. Es kann also seiner Meinung nach die Genese des ersten Aortentona
nicht auf die Schwingungen der Aortenwand zurückgeführt werden. Viel-
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 161
mehr sind zur Erklärung desselben Schwingungen der — in der Verschluss-
zeit ja noch geschlossenen — Aortenklappen anzunehmen: die am Ende
der Diastole stark in den Ventrikel ausgebauchten Semilunarklappen kom-
men durch den im Sjstolebeginn stattfindenden Ausgleich der Druckdifferenz
zwischen Ventrikel und Aorta in eine neue Gleichgewichtslage, um welche
sie schwingen (i. e. die plötzliche Entspannung der halbmondförmigen
Klappen bringt diese zum Tönen). Es schwingen also nach G e i g e 1
beim ersten Herzton nicht nur die Vorhofsklappen — und die Muskel-
wand — , sondern auch die noch geschlossenen halbmondförmigen Klappen,
also die ganze Umgrenzung des geschlossenen Ventrikels. Man ist danach
berechtigt, von einem einzigen systolischen Ventrikel ton in jeder Herzhälfte
zu reden, und würde also nicht sechs, sondern nur vier Herztöne zählen. —
In einer Anmerkung bei der Correctur bemerkt Geigel, dass auch Mar-
tins — nach brieflicher Mittheilung — seit langer Zeit nur vier Herztöne
annehme.
Die Entstehung der Geräusche in Herz und Gefässen führt
R. Geigel (Virchow's Arch. Bd. 140, Heft 2) lediglich auf stehende trans- Entstehung
versale Schwingungen der Wand bezw. der Klappen zurück. Die Wirbel- der Blut-
theorie hält er auf Grund theoretischer Baisonnements und physikalischer j^ oeieel
Experimente für nicht begründet.
Einige für die Lehre vom Herzspitz en]stoss sehr wichtige
Beobachtungen theilt Fr. Müller (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 13, 35 Lehre vom
u. 38) in seiner Arbeit „Einige Beobachtungen aus dem Percussions-^^^^^P**^®'^'
curs" mit. Müller hat zunächst das nervöse Herzklopfen studirt Fr. Müller.
und durch Messung einer Anzahl von Gardiogrammen festgestellt, dass
der dabei häufige erschütternde Herzstoss seine Erklärung findet in
einer schnelleren Zusanunenziehung der Ventrikel, welche sich in
einem rascheren Ablauf des aufsteigenden Gardiogrammschenkels
documentirt. Ob daneben beim nervösen Herzklopfen eine wirklich
verstärkte Herzaction vorliegt, lässt sich vorläufig nicht entscheiden.
Müller geht dann weiter auf die Deutung des Cardiogrammes über-
haupt ein. Er war in der Lage, an einigen Kranken mit Aorten-
aneurysma eine directe Messung der Yerschlusszeit (Anspannungs-
zeit) vornehmen zu können. Seine Zahlen schwanken zwischen drei
und sechs Hundertstelsecunden und nähern sich somit den von
Hürthle, Key dt und Schmidt gefundenen Werthen. Einmal
gelang es Müller, neben der Spitzenstosscurve eine Pulscurve
der Pulmonalarterie aufzuzeichnen. Er berechnet daraus eine Ver-
schlusszeit des rechten Ventrikels von zwei bis drei Hundertstel-
secunden und fand, dass der Pulmonalklappenschluss genau auf den
Beginn des absteigenden Schenkels fiel, — eine neue werthvoUe
Jahrbuch der practisehen Medicio. 1896. 11
162 Schwalbe.
Bestätigung der Ergebnisse der mechanischen Begistrirmethode.
Schliesslich bespricht Müller die „Vorhofszacke" im aufsteigenden
Cardiogrammschenkel. Er hält es nicht für ausgeschlossen, dass in
einem Theil der Fälle die Spaltung des ersten Herztones auf einen
dem Ventrikelton kurz vorangehenden „Vorhofston" zurückzuführen
ist. Dass der Vorhofscontraction bisweilen ein durch das Mikrophon
nachweisbarer Ton entspricht, hat Hürthle nachgewiesen.
Physiologie Scheiber (Ueber eine neue Eintheilung der Herzbewe-
^®' gungen [Systole, Diastole] und die Ludwig'sche Herz-
Bewegungen^ « .
und des stosstheorie. Zeitschr. f. klin. Med. Nr. 28, S. 402) ist der Meinung,
Spitzen- dass die bisher übliche Eintheilung der Herzbewegung in Systole
8 osses es ^^^ Diastole eine ungenaue ist. Er theilt die Diastole in die Zeit
Herzens, ^ '^
s. Scheiber. der Eelaxation, in welcher der Muskel vermöge der Elasticität wieder
in seine frühere Gleichgewichtslage zurückkehrt, und die eigentUche
Diastole, die Phase der AnfaUung mit Blut. Das Relaxationsstadium
ist bei den Vorhöfen von allerkürzester Dauer, die Phase der Blut-
anfiillung beginnt fast unmittelbar nach dem Ende der Systole. Bei
den Kammern ist es umgekehrt. Hier ist die eigentliche Diastole
(Dilatation) viel kürzer, sie entspricht der Systole der Vorhöfe. Das
Stadium der Belaxation dagegen ist lang, wobei allerdings Scheiber
hervorhebt, dass schon während desselben eine geringe Menge Blut
in die Ventrikel eintritt. Dieses Stadium der „langsamen Füllung"
rechnet Scheiber noch zur Eelaxationsphase. Eine Herzpause lässt
Verf. nicht gelten. Als weitere Begründung seiner Ansicht führt
Scheiber an, dass in vielen neueren Cardiogrammen die „Vorhofs-
zacke" am Ende der Diastole und selbst im aufsteigenden Schenkel
deutlich zum Ausdruck kommt. Die Formveränderung des Herzens,
welche nach Ludwig den Spitzenstoss herbeiführt, vollzieht sich,
wie Verf. auseinandersetzt, bereits am Ende der Diastole, durch
die Blutanfiillung. Schon durch die Contraction der Vorhöfe stösst
die Herzspitze an die Brustwand an, und zwar mittelbar durch die
Spannung der Wände infolge des einströmenden Blutes. Dieser Effect
drückt sich in der Herzstosscurve durch die Vorhofszacke aus.
Scheiber unterscheidet demgemäss einen diastolischen und einen
systolischen (den eigentlichen) Herzstoss. Zeitlich rechnet Verf. bei
den Vorhöfen etwa zwei Sechstel der ganzen Herzevolution auf die
Systole, vier Sechstel auf die Diastole ; bei den Kammern zwei Sechstel
auf die eigentliche Diastole, drei Sechstel auf die Systole und nur
ein Sechstel auf die Belaxation. Die letztere Annahme bedarf wohl
noch einer genaueren Controlle durch gute Cardiogramme.
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 163
Die von K. Hürthle (TJeber die mechanische Registri-MechaniBche
roDg der Herztöne. Pflüger's Archiv Bd. 60) früher publicirte ^««i«*"'
j^ . . . rung der
Methode, die Herztöne zu registriren, hat nach der vorliegenden Herztöne.
Pnblication eine Verbesserung erfahren. Das mit dem Begistrirapparat ^* Hürthle.
verbundene Mikrophon hat die Stimmgabelform erhalten.
Eine weitere Steigerung der Empfindlichkeit der Methode wurde durch
*-iwn eigenthümlich gestalteten Resonator (allseitig geschlossener Schall-
Trichter mit einer inneren festen Axe, welche durch ein System dünner
Hulzscheiben hindurch gesteckt ist) erreicht, welcher zwischen Mikrophon
md Stethoskop eingeschaltet wurde. Die Herztöne gelangen also von der
Bra^twand durch ein hohles Stethoskop hindurch zunächst in den Resonator,
Trrden hier verstärkt, durchsetzen dann den Stiel der (hölzernen) Stinmi-
jTdhe] und erzeugen endlich die Schwingungen der Zinken, denen die Mikro-
phoncontacte aufsitzen. Zur Registrirung der Herztöne ist bei der jetzigen
Methode ein elektromagnetischer Schreiber eingeführt worden.
Bei den Versuchen wurden zunächst die Herztöne gleichzeitig
mit den Druckänderungen im linken Ventrikel registrirt, woraus sich
ergab, dass der erste Herzton gleichzeitig mit dem Ansteigen der
Druckcurve beginnt. Es wird dadurch die Lehre, dass der erste
Herzton ein Muskelton ist, bestätigt. Der Anfang des zweiten Herz-
tone« fällt in die erste Hälfte des absteigenden Schenkels der Kammer-
torve. In anderen Versuchsreihen wurden die Herztöne gleichzeitig
niit dem Cardiogramm registrirt, um ihre Lage auf der^ letzteren
Curve festzustellen. Der erste Herzton fällt mit dem Beginn der
Kammersytole zusammen, der zweite in den Anfangstheil der Diastole,
f^twa 0,02 Secunden hinter ihrem Beginn. Vor dem ersten Herzton
^nirde häufig noch ein schwächeres Geräusch registrirt, ein Vorton,
•len Verf. als systolischen Vorhofston anspricht.
S. V. Basch berichtet über ein Sphygmomanometer ver- Neues
tinfachter Construction (Wiener med. Blätter S. 71). Ein ,//„^/f^"J^;
Thermometerrohr ist an dem einen Ende zu einer Kugel aufgeblasen, y. Banoh.
am anderen Ende auf ein kurzes weites Glasrohr aufgeschmolzen.
Der Lmenraum dieses weiten Glasrohres ist durch eine horizontale
^lieidewand in zwei von einander luftdicht abgeschlossene Theile
getheilt. Li die Scheidewand ist eine Kautchukkappe eingesetzt,
so dass ihre Kuppe (über ein kleines Glasrohr gebunden) in den
'oberen Raum hineinragt, ihr Lmenraum aber mit dem unteren Baume
communicirt. Dieser ist nach unten durch eine zweite Kautschuk-
pelotte abgeschlossen, welche an dem Bande des weiten Glasrohres
^^festigt ist. Das Thermometerrohr und der mit ihm communicirende
obere Raum des weiten Glasrohres ist mit einer gefärbten Flüssig-
164 Schwalbe.
Sphygmo- keit gefüllt. Das Instmment wird lothrecht gehalten, die untere
manometer, Kautschukpelotte auf die Arterie aufgesetzt. Der Stand der Flüssig-
keit gibt nach einer empirischen Graduirung den Druck in Millimeter
Quecksilber an. Der Apparat soll das vom Verf. angegebene
Metallsphygmomanometer nicht verdrängen, sondern nur unter Um-
ständen als billigeres Instrument ersetzen.
Einen dem bekannten Mar ey'schen Sphygmomanometer äbn-
A. Mosso. liehen Apparat hat A. Mos so (Sphygmanom^tre pour mesurer la
pression du sang chez l'homme. Arch. ital. de biologie Bd. 23) con-
struirt.
Blutdruck- Methode und Werth der Blutdruckmessung für die
T^Basch^ Praxis wird auch in diesem Jahre von v. Basch (Wiener med.
Presse Nr. 15 u. 16) eingehend geschildert.
Einen neuen Apparat zur Messung des Blutdruckes, eine
Pulswage, Pulswage, beschreibt E. Weisz (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 7).
Indessen geht aus den Mittheilungen nur hervor, dass der Apparat
sich — wenigstens einstweilen — für den bestimmten Zweck nicht
eignet; wir verzichten deshalb auf seine genauere Beschreibung.
Flammen- A. Rüedi (Klinische Beiträge zur Flammentachographie. Mitthei-
tacho- lungen aus Kliniken und med. Instituten der Schweiz, Reihe 3, Heft 5.
£rTaT)liie
Riedi Basel und Leipzig. C. Sallmann) hat in der Klinik von Sahli in Bern
die durch v. Kries angegebene Methode der Flammentachographie
zur Untersuchung pathologischer Pulse verwendet. Bei dieser Methode wird
der Arm der Versuchsperson in einen Plethysmographencylinder einge-
schlossen, welcher mit dem Brennerraum einer Gasflamme communicirt. Die
Bewegungen der Flamme werden auf photographischem Wege auf einem
mit Bromsilberpapier überzogenen Cylinder registrirt. Die Curven zeigen
die Schwankungen der Geschwindigkeit des Blutstromes an und ergänzen
gewissermassen die vom Spbygmographen gelieferten Druckcurven. Verf.
hat bei jedem Patienten stets beide Curven aufgenonunen ; eine Anzahl ist
auf den der Abhandlung beigegebenen Tafeln in Heliogravüre reproducirt.
Von fiebernden Patienten (Pneumonie, Typhus) erhielt Verf. Tachogramme
mit sehr ausgeprägter Dikrotie, von Nephritiden solche mit vielen Zacken,
weiche er durch mehrfache Reflexion der gegen die Norm beschleunigten
Pulswelle erklärt. Cii'culationsstörungen (Herzfehler mit gestörter Compen-
sation) ergaben oft höchst unregelmässige Tachogramme neben ziemlich
regelmässigen Sphygmogrammen. Die bessernde Wirkung der Digitalis Tvar
in solchen Fällen an der Stromcui-ve besser kenntlich, als an der Druek-
curve. Endlich zog Verf. auch anämische Zustände in den Kreis der Unt*»r-
suchung; hier ergaben besonders Chlorosen recht merkwürdige, den bei
Nephritiden erhaltenen ähnliehe Strompulse mit vielen Zacken, über deren
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 165
Za^tandekommen Verf. zu keinem bestimmten Ergebniss gelangt ist. Von
erheblicher Einwirkung auf die Form der Tachogramme ist übrigens die
Athmung sowie die Lagerung des zum Versuche benutzten Armes.
b. Allgemeine Pathologie.
Bekanntlich ist die Streitfrage, ob das Blut bei Stauungs-
zaständen wasserreicher oder wasserärmer ist, als im Stadium
der Ck>mpen8ation (vergl. dieses Jahrb. 1889, S. 211 fF.), trotz wieder-
holter Beurtheilung seitens verschiedener Autoren noch nicht gelöst,
and die theoretische Erklärung für die in gewissen Fällen zweifel-
los wirksame Oertel'sche Wasserentziehung bei Stauungszuständen
ist in allgemein anerkannter Form noch nicht gegeben. Von neuem
bat E. Grawitz dieses interessante Thema zum Gegenstand ein- Biutdichte
gehender und sorgfilltiger Studien gemacht (Deutsches Archiv f. klin. ^-^^S
Med. Bd. 54). Er untersuchte jedesmal das Blut als Ganzes, femer tions-
das abgesetzte Serum isolirt und die Zahl der rothen und farblosen Störungen,
Blutkörperchen; er bestimmte die Trockensubstanz des Gesammt- ' ^'*^^^^-
blutes und des Blutserums, das specüische Gewicht des Gesammt-
blutes und des Serums, den Hämoglobingehalt, den Stickstoffgehalt des
Blutes und Serums. Sämmtliche Untersuchungen wurden an dem-
selben Individuum in verschiedenen Stadien seiner Erkrankung vor-
genommen; das geprüfte Blut wurde stets möglichst aus demselben
Gefassbezirk und zur selben Tageszeit entnommen. Die Eesultate,
die Grawitz erhielt, widersprechen in einem wesentlichen Punkte
den Oertel'schen Angaben. Bei Ej-anken mit venösen Stauungen
and Oedem fand sich nämlich, dass sowohl die Zahlen der rothen Blut-
körperchen wie des Trockenrückstandes in dem einer oberflächlichen
Armvene entnommenen Blute niedriger waren als in dem aus einem
Hautschnitt (Capillargefässen) entnommenen Blute : das Blut aus dem
Capülarbezirk war also nicht, entsprechend dem Oertel'schen Be-
funde, wasserreicher, sondern concentrirter als das ausgesprochen
venöse. Eine Erklärung für diese Controverse findet E. Grawitz
in den unvollkommenen Apparaten, mit denen Oertel bei seinen
Stadien gearbeitet hat. — In dem Hauptbefunde stimmen indess die
Grawitz'schen Blutimtersuchungen mit den 0er t einsehen überein:
auch er findet als die erste Veränderung des Blutes beim Eintritt
der Compensationsstörung eine Steigerung seines Wassergehalts,
d. h. eine Abminderung der Concentration des Serums und damit des
Gesammtblutes. Diese Veränderung schwindet, sobald es gelingt,
die Compensation wieder herzustellen. Als Ursache dieser sog. Plethora
serosa nimmt Grawitz nicht wie Oertel eine Verminderung der
166 Schwalbe.
Blutdichte Wasserausscheidung aus den Nieren und Vermehrung des Ljrmpli-
*^®' Zuflusses in die dem Herzen nahe gelegene Vene an. Verminderung
lations.- der Urinsecretion und Verwässerung des Blutes leitet er vielmehr
Störungen, von dem Sinken des Blutdrucks her, das — nach anderen ex-
. law z. pei^mentellen Erfahrungen — eine Erschlaffung der feinsten Gefässe
und damit einen TJebertritt von Flüssigkeit aus den Geweben in die
letzteren zur Folge hat. — Ganz anders als im Beginne der
Compensationsstörung verhält sich nach Grawitz das Blut bei
chronischen venösen Stauungszuständen. Hier wird das Blut i ni
ganzen wasserärmer, concentrirter (und zwar stärker im CapiUar-
gebiet als im venösen) und an rothen Blutkörperchen reicher; dabei
ist aber das Blutserum allein auffallenderweise hochgradig ver-
wässert. Die Eindickung des Gesammtblutes kommt nach Grawitz
im Lungenkreislauf zu Stande, die Verwässerung des Blutplasmas
führt er gleich Oertel auf die mangelhafte Urinsecretion zurück.
In seinen experimentellen Untersuchungen über cardiale Dys-
pnoe an Thieren und — mittels des Ergostaten, Spirometers etc. —
Wesender an Menschen mit gesundem imd krankem Herzen gelangt Zerner
iT's^'noT (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, S. 569) zu folgenden Schlüssen. Bei der
Zerner. ' cardialen Dyspnoe besteht eine Atheminsufficienz, d. h. eine Verminde-
rung des Nutzeffectes der Athemarbeit ; das Verhältniss zwischen Athem-
arbeit und Luftaufnahme wird kleiner. Ihren Grund hat die Athem-
insufficienz in der Lungenschwellung und Lungenstarrheit (v. Bas eh),
die ihrerseits durch eine Insufficienz des linken Ventrikels imd secuu-
däre Stauung im linken Vorhof und Lungenkreislauf hervorgerufen
wird. Namentlich die Lungenstarrheit wirkt durch Verminderung der
Excursionsfahigkeit der Lungen wie ein Kespirationshindemiss. Die
durch die Körperarbeit erzeugte Dyspnoe ist eine cardiale, und ihr
Grad hängt nicht so sehr von der geleisteten Körperarbeit wie von der
Leistungsfähigkeit des Herzmuskels ab. Bemerkenswerth ist noch, dass
bei körperlicher Anstrengung tmter gleichen Verhältnissen des Herz-
muskels der NutzeiFect der Athmung bei der Aortenklappeninsufficienz
grösser ist als bei Mitralinsufficienz. Die Erklärung hierfür liegt,
darin, dass bei dem Aortenfehler viel weniger leicht eine Stauung
im linken Vorhof eintritt als beim Mitralfehler.
Die Untersuchungen Hüsler's über die Regelmässigkeit
des Pulsrhythmus bei gesunden und kranken Menschen
(Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 54) beziehen sich auf weit über
100 Gesunde, Kranke und Reconvalescenten ; sämmtliche Curven sind
fixankheiten der Kreislaufsorgane. 167
unter geeigneten Cautelen mit dem Sphygmochromographen aufge- Puls-
nommen und mit dem Curvenanalysator von J a q u e t gemessen worden. ^ ^ ^'}^^ J" " *
Die Ergebnisse der H ü s 1 e raschen Untersuchungen lassen sich dahin Gesunde u
tbrmnliren, dass die Regebnässigkeit des Pulsrhythmus nur eine ^^^
relative genannt werden kann. Das gesunde Herz zeigt in der Reihen- Httaler
folge seiner Pulsationen fast in allen Fällen ziemlich erhebliche
Differenzen, die sich durch äussere Pactoren zur Zeit noch nicht er-
klaren lassen. Diese Differenzen sind derart, dass eine Grenze für
den physiologischen Pulsrhythmus zur Zeit nicht gezogen werden
kann. Auf der anderen Seite zeigt aber das Herz, abgesehen von
den beim gesunden Organ beobachteten Differenzen, eine grosse
Tendenz zur Beibehaltung seines Rhythmus; selbst schwere All-
gemeinerkrankungen oder erhebliche Störungen des Herzklappen-
apparates haben auf die Regelmässigkeit für gewöhnlich keinen Ein-
Öuss. Damit Arh3rthmie beobachtet wird, müssen ganz bestimmte,
zum Theil noch sehr wenig bekannte Noxen auf den Herzmechanis-
mus einwirken.
G. Sharp (Disturbance of the cardiac rhythm and Reflec-
pulse. The Lancet Nr. 3746, S. 1509, 1510) weist auf die reflec- tonische
torischen Aenderungen des Pulsrhythmus hin, die infolge Reizung Sharp.
verschiedener Nervengebiete eintreten können. Verf. beobachtete
eine Reihe von Fällen, die tmter dem Bilde von Magen- und Darm-
katarrhen verliefen und durch irritirende Körper im Verdauungs-
kanal, durch theilweise Verlegung der Passage oder durch locale
Entzündungen bedingt imd mit Unregelmässigkeiten der Herzarbeit
vergesellschaftet waren. Verf. bezieht die Arhythmie auf eine
Reizung des Sympathicus und dadurch bewirkte reflectorische Vagus-
erregong. Leibschmerz und Herzirregularität wurden meist durch
Opium und heisse Breiumschläge auf den Leib schnell beseitigt.
Morphium ist unwirksam, da es zu schnell in die allgemeine Cir-
colation übergeht und statt der localen mehr eine allgemeine Wirkung
veranlasst.
2. Specielle Pathologie.
a. Endocarditis. Klappenfehler.
Die Frage, ob die bei Gonorrhoe mehrfach beobachteten
Fälle von acuter Endocarditis pathogenetisch auf den Gono-
coccus zurückzuführen sind oder nicht, ist bekanntlich in letzter Zeit
im Anschluss an einzelne Beobachtungen öfter discutirt, doch noch
168 Schwalbe.
nicht zum Abschluss gebracht worden (vergl. die Controverse Leyden-
Endo- Wilms, dieses Jahrbuch 1894, S. 301). Der Fall, den Dauber und
carditis bei Borst (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 56) aus der v. Leube'schen
Dauber Borst. Klinik mittheilen, beweist, wie vorsichtig man in der Beurtheüung der
vorliegenden Frage sein muss, wenn man nicht Täuschungen unter-
liegen will. Bei dem 20jährigen Patienten, dessen Krankengeschichte
ausführlich mitgetheilt wird, entwickelte sich im Anschluss an eine
Gonorrhoe eine maligne Endocarditis der Aortenklappen, die in kurzer
Frist zum Tode führte. Bei der Section fand man in den polypösen
Wucherungen der ulcerirten Aortenklappen Diplokokken, die durch,
ihre typische Semmelform, durch die Lage innerhalb von Zellen,
durch Entfärbung nach Gram und Empfindlichkeit gegen Alkohol
Gonokokken sehr ähnlich waren, sich bei der Cultur indess von diesen
deutlich unterschieden. Die VerfP. betonen deshalb, dass man die
Diagnose „Gonokokkenendocarditis^* ohne positiven Ausfall des Cultur-
Verfahrens nicht stellen darf.
Locaiisation Die Beobachtung Curschmann's (vergl. dieses Jahrbuch 1894,
^®^ S. 302), dass das systolische Mitralisgeräusch manchmal
Mitral- ^^^^ dem Pulmonalostium allein oder besser gehört wird als an der
g er aus che 8, Herzspitze, wird von Hei 1 1er (Wien. med. Wochenschr. Nr. 51) auf
eiter. Qrmid einer Beobachtung bei relativer Mitralisinsufficienz be-
stätigt.
Venenpuls Einen Fall von Venenpuls bei Mitralinsufficienz infolge Com-
b ei Mitral- munication beider Vorhöfe durch ein Defeet des Vorhof septums theilt
Reineboth *Reineboth in Nr. 52 der Deutschen med. Wochenschrift mit.
Als Hemisystolie hat bekanntlich Leyden einen Zustand
des Herzens bezeichnet, in dem bei Kühe des linken Ventrikels sich
der rechte allein zusammenzieht; der Radialpuls fällt dabei natür-
lich aus, während die Thätigkeit des rechten Ventrikels durch den
ausgesprochenen systolischen Venenpuls leicht festzustellen ist.
Hemi- Er. Pranck (Critique de la th^orie de Fhömisystolie dan»
systoiie, Hnsuffisance mitrale. Archives de Physiologie Nr. 3, Juillet)
Franyois ./ o *
Franck. widmet nun die vorliegende Abhandlung dem Nachweis, dass bei
der sog. Hemisystolie das Verschwinden des Radialpulses nicht einem
vollkommenen Stillstand des linken Ventrikels, sondern nur einer
Abortivcontraction , die keinen Radialpuls hervorzubringen vermag,
zuzuschreiben ist. Verf. hat zu dem Ende bei Hunden eine functionelle
Mitralinsufficienz mit Arhythmie hervorgerufen und die Druckhöhen
sowohl innerhalb der Ventrikel, wie der Vorhöfe registrirt; dabei
tand er stets, dass beide Voiirikicl iZa SinnffTKr VnragtL icr r<niik-
höhe gleichzeitig und in daudbeR SrrTie mswh^^rn H^rnfHTrsc-.-it*
wnrde nicht beobachtet. Bö KmkiQL oiin Mttw ttt»: Tmioirfciiiiil-
msQ£&cienz ergab die ITHihMhiiiBg düPiiL ^»^**it'x»rr:T^ Siftsibsczinn^
des Radial- nnd Jogolarisimkes. das» ^ i^ikwKura^stL zi S±r
Grösse beider Polse stets paraE«:! la^^ Tid iads ••ü. wirkiiiiL^tr
Intermittenz des Radialpnbes auch der V€i!»ai^<ü '<iiL^r=«ft»L F;t*>
weitere Versuchsreihe von Hmidfn, b» daopsEL <3' *szy^ 3fi:ja^^r?»iri- litgj
mit Arhythmie hervorrief, zagte gczw^rf-rr-iArT, Iiä» ;»c«i*r U::ir"=««rl-
mässigkeit der Herzaction toh be'i€ZL V^trfk-riz: «Cirts 5=^ zijti :i#5^3i
Sinne mitgemacht wird. Die Beobaf^^rrirg, iääif t«^ T:rrA=.i'^ciri=.
Venenpnls der Radialpols nicht za covsasir'ac ist. iir: z^ih. Ttaz. i k
nickt in dem Sinne gedeutet w»dai. dase i^r Izik* V-arsrÜTi^ iii»t£
^tille steht, sondern nur, dass er za scLv^iL war. ^i=l «rfr-cn zi'^rk-
baren Arterienpnls za Edem. wahrend der recLie V-sl^tUl-cL zz, ii-äser
Beziehung günstiger gestellt, auch bei acLwäclift^r Cintrki^.c. ri:i-r:i
Jogolarvenenpuls zu Stande bringt. Eine ÜKZilsj^y.l^ izl Sirzi-r
Leyden's gibt es also nach F. Franc k nicht.
Die spärliche Casuistik von accid enteilen diasTcIischen
Herzgeräuschen Termehrt Sahli iCirresp^ndcnzbL £ S»:hweizc:r a^ tii*»!^::^
Äerzte Nr. 2) um zwei Fälle. Bei beiden Patientinnen bestand eine ii*»^^-»» -^
schwere Anämie. Die Section wies die völlige ITnversehrtheit des r*rim$;ir.
Elappenapparates am Herzen nach. Als Ursache für das anfallende s«^^
Phänomen möchte Sahli die sehr dünnäüssige Beschaffenheit des
Blutes ansehen, welche das Zustandekommen Ton Wirbelbeweg^mgen
im Blutstrom begünstigt. (Ob dieses Moment allein zur Erkiämiig
ausreicht, ist wohl nicht mit Sicherheit zu behaupten. Nach einer
eigenen Beobachtung, welche den beiden Sahli'schen völlig gleicht,
möchte Bef. neben der Dunnflüssigkeit .des Blutes auch die starke
Dilatation des linken Ventrikels für die Entstehung diastolischer
Blntwirbel verantwortlich machen.)
üeber einen seltenen Fall tob Aneurysma sinus Valsalvae mit
nachfolgender functioneller Tricuspidalisinsufficienz berichtet
V. Openchowski in Nr. 7 der Berl. klin. Wochenschr. Die InsaffidenzComplicirter
war durch mechanische Beeinträchtigmig der Klappe seitens des Aneorysmas Hera-
bedingt Daneben bestand noch eine organische Stenose des Ostium fehler
mitrale mit Insnfficienz der Klappe und eine organische Insufficienz dei'y. Openchowski.
Aortenklappen.
170 Schwalbe.
b. Herzmuskelerkrankungen.
Wie lange Zeit Patienten mit Herzmuskelerkrankung leben
können, selbst nachdem schwerere Erscheinimgen von Herzinsufficienz
Alkohol herz, aufgetreten sind , lehren drei Krankengeschichten von Aufrecht
Aufrecht. «j^ geilem Aufsatz „Die alkoholische Myocarditis mit nach-
folgender Lebererkrankung und zeitweiliger Albuminurie" (Deutsches
Archiv f. klin. Med. Bd. 54). Im zweiten Fall ist der Patient neunmal
im Erankenhause behandelt: das erste Mal vor 11 Jahren, im Jahre
188B an Erscheinungen hochgradiger Herzschwäche, im Jahre 1891,'92
an beträchtlichem Hydrops, speciell an Ascites, der wiederholt
punctirt werden musste. Bei der letzten Untersuchung im März 1895
erfreut der Patient sich eines relativen Wohlbefindens — freilich mit
Verbreiterung der Herzdämpfung. — Aetiologisch kommt für Auf-
recht in diesen Fällen lediglich der übermässige Alkoholgenuss in
Betracht. Auf ihn schiebt er auch die Verschlimmerung des Leidens
nach der durch Digitalis, Alkoholabstinenz, Buhe erzielten Besse-
rung. — Die Diagnose des Alkoholherzens, d. h. der auf chronischem
Alkoholismus beruhenden Herzdilatation und -hjrpertrophie, ist nach
Aufrecht „mit ziemlich grosser Sicherheit" zu stellen, wenn zu
den auf das Herz hinweisenden Beschwerden und zu dem objectiven
Befund einer Herzvergrösserung auch Volumszunahme der Leber sich
hinzugesellt („Behandlung der alkoholischen Myocarditis", Thera-
peutische Monatshefte Nr. 11). Verwechseln kann man das Leiden mit
Fettherz und Herzfehler. — Die Behandlimg der „alkoholischen Myo-
carditis" (für diesen Begriff erbringt der anatomische Befund Auf-
recht's nach der Meinung des Ref. keinerlei Unterlagen) imd ihrer
Folgen soll stets mit dem absoluten Verbot jedes alkoholischen Ge-
tränkes beginnen. Schon damit „allein" hat Aufrecht eine ausser-
ordentliche Besserung aUer Beschwerden einschliesslich einer Ver-
kleinerung der Herzdämpfung erzielt. Nebenher war (freilich!) „nur"
eine Regelung der Lebensweise erforderUch, insbesondere einer Ein-
schränkung häufiger Reisen bei Geschäftsleuten, Vermeidung schwerer
körperlicher Arbeiten etc. In Fällen, wo Ascites und Oedeme sich
eingestellt haben, „kommt man mit der Entziehung des Alkohols
nicht aus". Neben diuretischen und anderen Maassnahmen ist hier
die Digitalis als souveränes Mittel anzuwenden, und zwar nicht in
zu kleinen Dosen (1,5—2,0 : 180, 2stündlich 1 Esslöffel oder 0,25,
4mal täglich 1 Pulver). Bei starkem Ascites und Oedemen der
Extremitäten muss man freiUch bisweilen punctiren.
Krankheiten der Kreislauf^organe.
171
Radasewsky (Zeitschr. f. Idin. Med. Bd. 27) hat die Herzen Erkrankung
von sechs Patienten mit den verschiedensten Klappenfehlem und^^^^^®'^,**'^*
^*^ Radasewsk}',
anderen Affectionen in Serienschnitten genauestens untersucht und
gelangt auf Grund seiner Befunde zu folgenden Schlüssen : Ahgesehen
von der heerdweisen, schwieligen Myocarditis gibt es eine diffuse,
fibröse Degeneration des Herzfleisches. Dieselbe ist
häufig in der Wand der Vorhöfe viel starker ausgeprägt als in
den Ventrikelwandungen. Auf diese Vorhofserkrankung möchte der
Verf. nach den klinischen Erscheinungen seiner sechs Fälle ein grosses
Gewicht für die Erklärung der bei Myocarditis auftretenden Irregu-
larität des Herzens legen; ja er ist der Meinung, dass die hoch-
gradige Herzarhythmie der chronischen Myocarditis durch die Er-
krankung der Vorhöfe bedingt wird und nicht aus den Veränderungen
der Ventrikel erklärt werden kann. (Es ist keine Frage, dass der
Verf. mit diesem TJrtheil in seinem ersten Studien- und Beobachtungs-
eifer weit über das Ziel hinausschiesst. Wenn auch nicht zu leugnen
i:«t, dass eine stärkere Erkrankung der Vorhöfe auf die Function
des Herzens einen bestimmenden Einfluss haben kann, so darf man
doch nicht die ganzen bisherigen Anschauungen auf Grund von sechs,
nicht überall eindeutigen Fällen auf den Kopf stellen und den Antheil
der Ventrikebnusculatur an der Herzregulation auf ein so geringes
Maass zurückführen, wie es der Verf. thut. Ref.) — Die thatsäch-
Uchen Befunde Radasewsky's fasst Dehio in einem auf dem Dehio.
Congress für innere Medicin (s. Verhandlungen) gehaltenen Vortrage
nochmals zusanmien. Seiner Meinung nach gibt die Ueberdehnimg
des Herzmuskels den Anstoss zur Vermehrung des interstitiellen
Bindegewebes.
Krumm (Zur Casuistik gestielter Herzpolypen. Deutsches
Archiv f. klin. Med. Bd. 54) berichtet über einen sehr interessanten Krank-
heitsfall, bei dem nach einander beide unteren und die linke obere Extre-
mität gangränös wurden, ohne dass es gelang» intra vitam eine Aetiologie
hierfür zu finden. Erst die Section deckte als Grundleiden einen gestielten
fibrinösen Polypen in der linken Herzspitze auf, dessen Entstehung Verf.
auji einer Schwielenbildung im Myocard herleitet. Von dort aus erfolgten
dann die peripheren Embolieen, von denen die der Arteria iliaca und axillaris
binistra am sinnfälligsten hervortraten. Die Diagnose der Herzpolypen
st<mt auf Schwierigkeiten ; wenn der Polyp durch seinen Sitz einen exacten
Klappenschluss verhindert, so werden sich die physikalischen Erscheinungen
einer Insufficienz oder Stenose der betroffenen Klappe vorfinden; sitzt er
an einer ungefährlichen Stelle, so wird seine Erkennung nur dann möglich
?ein, wenn multiple Embolieen im grossen und kleinen Kreislauf eintreten.
Herz-
polypen,
Krumm.
172
Schwalbe.
Herz-
Babes.
Im letzteren Falle ist besondere an die Möglichkeit einer Polypenbildung zu
denken, wenn sonstige pathologisch-physikalische Erscheinungen am Herzen
fehlen, das Alter und die Constitution des Patienten und sonstige physio-
logische Anzeichen aber auf die Möglichkeit einer Myocarderkrankung hin-
weisen (?).
Stoicesco und Babes berichten über einen Fall von Herz-
tubercuiose, ^^tjer^juloge (Progr^s mMical Nr. 49). Es handelte sich um
stoicesco u. ßij.^5^n^gßrip^ myocarditische Heerde in der Wand des rechten Ven-
trikels, in denen Riesenzellen mit Tuberkelbacillen nachgewiesen
wurden. Die klinischen Erscheinungen, die ganz acut einsetzten,
wiesen lediglich auf eine schwere Herzmuskelaffection hin. Die
„Embryocardie", das Verschwinden des ersten Tons, das Aussetzen
des Pulses bedeuteten den Verff. das Bestehen einer grossen Lebens-
gefahr. Im ganzen hat die Krankheit nur ca. 4 Wochen gedauert.
Eine historisch -kritische Studie über die Dilatation und
Hypertroph[ie des Herzens infolge von Ueberanstrengung
und die idiopathischen Herzerkrankungen überhaupt
veröffentlicht Ried er im Deutschen Archiv f. klin. Med. Bd. 55.
Von eigenen Mittheüungen [sind lediglich drei Fälle idiopathischer
Herzdilatation und -h3rpertrophie zu erwähnen, deren erster dadurch
ausgezeichnet ist, dass die Erscheinungen hochgradiger Compensations-
Störung unter Calomel und Digitalis zurückgingen und — nach Ein-
fuhrung einer rationellen Lebensweise (Patient hatte früher 10 — 12 1
Bier pro Tag getrunken und war Sportsmann) — bis in die letzte
Zeit (6 Jahre lang) anscheinend völlige Genesung andauerte.
Idio-
pathische
Herzhyper-
trophie,
Rieder.
Die verschiedenen Formen der bei Fettleibigen auf-
tretenden Herzirregularität und ihre prognostische Bedeu-
Herz- tung erörtert Kisch auf Grund seiner zahlreichen» Erfahrungen in
arhyt^hmie j^^ 21 der Petersburger med. Wochenschr. Bei jugendlichen fett-
Fett- leibigen Personen ist Arhythmie sehr selten; und zwar zeigt sich
leibigen, j^er nur die Herzintermittenz , d. h. eine Pulspause inmitten regel-
mässiger Pulswellen. Die Herzintermittenz wird auch subjectiv
von den Individuen als Herzstillstand empfunden. Diesen Zustand
hat Kisch jahrelang fortbestehen, aber auch nach einer £nt-
fettimgscur dauernd verschwinden sehen. — Die überwiegende Mehi*-
zahl der Fälle von Herzarhythmie hat Kisch bei Personen jenseits
des 50. Lebensjahrs beobachtet; bei diesen bestanden auch andere
Zeichen von Herzinsufücienz : Herzklopfen, stärkere Dyspnoe bei
Treppensteigen und anhaltender Körperbewegung, zuweilen nacht-
Krankheiten der Ereislaufsorgane. 173
liehe Anfalle von cardialem Asthma. Die Herzarhythmie stellte sich
hier als unregelmässige Schlagfolge und ungleichmässige Stärke der
Pulse dar. Diese ausgeprägte Herzarhjrthmie hatKisch bei hoch-
gradig Fettleibigen lange Zeit andauern sehen; zuweilen trat eine
wesentliche Sesserung ein, nie aber eine vollständige Heüung. —
Die dritte Form der Herzarhjthmie, das sog. Delirium cordis, d. h.
eine völlige Begellosigkeit in Schlagfolge, Höhe imd Spannung der
Pulse fand Kisch nur mit den schweren Symptomen der Herz-
ächwäche vergesellschaftet. Dieses Delirium cordis bestand bei
einzelnen Patienten Kisch's mehrere Jahre; verhältnissmässig häufig
trat bei ihnen plötzlicher Exitus ein. — Schliesslich erwähnt Kisch
die bei hochgradig Fettleibigen ziemlich häufige und bedeutungslose
massige Bradycardie, eine Pulsverlangsamung bis auf 60 Schläge.
Dagegen ist die — seltene — hochgradige Brady cardio (Verlang-
samung auf 50 — 30 Schläge) als Symptom vorgeschrittener Myo-
degeneration von übler Vorbedeutung.
L. Heidenhain (üeber die Entstehung von organischen Organische
Herzfehlern durch Quetschung des He'rzens. Deutsche Herzfehler
Zeitschr. f. Chirurgie Bd. 41, H. 4 — 5, S. 286) ist auf Grimd eigener Quetschung
Beobachtungen und litteranscher Forschungen zu folgenden Ergeb-dcs Herzens,
nissen gekommen: ^- «eidenhain.
1. Durch anatomische Beobachtungen ist erwiesen, dass in
seltenen Fällen durch stumpf einwirkende äussere Gewalt, bei Fehlen
einer Wunde, mögen Rippenbrüche vorhanden sein oder nicht, leichte
Qaetschungen des Myocards erzeugt werden, welche an sich eine
Fortdauer des Lebens gestatten. Es ist zu vermuthen, dass infolge
solcher Herzquetschungen beim Ueberlebenden die Zeichen einer
Herzinsufficienz entstehen können (Hochhaus).
2. Durch stumpf wirkende äussere Gewalt können, wie einige
anatomische sowie vier sichere klinische Beobachtungen und fernerhin
Leichenversuche (Bari 6) beweisen, Klappenzerreissungen im linken
Herzen hervorgerufen werden. Im rechten Herzen sind solche bisher
nicht beobachtet.
3. Von den Klappenzerreissungen durch äussere Gewalt sind zu
scheiden die häufigeren, gelegentlich auch im rechten Herzen sich
ereignenden Bupturen durch innere Gewalt, durch eine übermächtige
Steigerung des Blutdrucks bei einer starken körperlichen An-
strengung.
4. Klappenzerreissungen an und für sich können nur eine In-
sufficienz der Klappe hervorrufen.
174 Schwalbe.
B. Die seltenen Fälle, in denen nach einer Quetschung der
Herzgegend eine Klappenstenose entstanden ist, lassen sich nur durch
nachfolgende entzündliche Veränderungen (schleichende Endocarditis)
an der Klappe erklären.
c. Neurosen.
Unter dem Namen „acute und chronische angiospastische
Angio- Herzerweiterung beschreibt J. Jacob (Centralbl. f. innere Med.
spastische ^y. 5) ein angeblich neues Krankheitsbild. Dasselbe vereinigt bei
erweiterung meinen Anfällen im wesentlichen die Erscheinungen der Angina
Jacob. pectoris und des Asthma cardiale; auffallend, bezw. abweichend ist
hier nur die vom Verf. beobachtete Härte des Pulses und die unter
Umständen tagelange Dauer des Anfalls. Häufig sind im Anfall die
Zeichen einer acuten Herzdilatation nachweisbar, öfter wiederkehrende
Anfälle können zu dauernder Dilatation führen, die jedoch sorgsamer
Behandlung zu weichen pflegt. Bei tagelang währenden „schwersten"
Anfällen kann Limgenödem und Albuminurie eintreten. Nach Beendi-
gung des acuten Anfalls kehrt der verlangsamte (bis 50 pro Minute)
oder beschleunigte (bis 200), harte und kleine Puls zur Norm zurück,
er wird weich und gross, die Herzerweiterung geht innerhalb einer
Woche zurück. Die Ursache des ganzen Krankheitsbüdes erblickt
Verf. in einem Angiospasmus , einem Gefässkrampf aller Arterien.
Eine ausführliche, wenn auch nicht sehr klare und ein wandsfreie
Begründung seiner Theorie gibt er in einem langen Aufsatz der
Zeitschrift f. klin. Med. Bd. 28. (In dem hier beschriebenen Fall 3
erscheint mir die Diagnose einer Aortenklappeninsufficienz nach den
objectiven Zeichen nicht ausgeschlossen, um so weniger, als Verf.
sie bei seiner Differentialdiagnose gar nicht berücksichtigt. Ein
diastolisches Geräusch am unteren Ende des Stemums mit starker
Verbreiterung des Herzens nach rechts und namentlich nach Links
würde mich wenigstens eher an eine Aortenklappeninsufficienz als
an eine „Stenose der Tricuspidalis" denken lassen. Ref.)
Prämen- Kisch (Pester med.-chirurg. Presse Nr. 8) hat bei jungen
struaie Mädchen zur Zeit der Geschlechtsreife Herzbeschwerden be-
schwerden obachtet, die er nach ihrer Genese in drei Gruppen theilt. 1. Nervöses
Kisch. Herzklopfen, das meist wochenlang in Paroxysmen auftritt und bald
nach der ersten Menstruation verschwindet; Kisch erklärt dasselbe
vornehmlich durch den im Ovarium und Uterus entstehenden, auf
die Herznerven reflectorisch wirkenden Menstrualreiz. 2. Herz-
beschwerden der chlorotischen Individuen. 3. Seltene Herzbeschwer-
Krankheiten der Kreislauf sorgane. 175
dt;n infolge nachweisbarer Hypertrophie des linken Ventrikels, die
Kisch auf die zur Zeit der Geschlechtsreife eintretenden Störungen
der Blutcircnlation, auf das rasche Wachsthum dieser Mädchen und
auf die Wirkung des unzweckmässigen Corsets zurückföhrt (??).
fiznz dasselbe Thema, nur unter dem firemdklingenden Titel „lieber
Herzbeschwerden während der Menarche", behandelt der Verf. in
^r. 39 der Berliner klin. Wochenschr.]
Auf Grund seiner Untersuchungen bei Masturbanten, bei denen
er meist beschleunigte und verstärkte, dabei unregelmässige Herz-
thätigkeit und eine geringe Vergrösserung der Herzdämpfung nach
rechts und links fand, nimmt Bachus (TJeber Herzerkrankungen Herz-
bei Masturbanten. Deutsches Archiv f klin. Med. Bd. 54) an, *"««*»<>«»
der
dass das Masturbantenherz ein Analogen zu der HerzafFection Mas tu r-
oach übermässigem Bier- und Tabakgenuss, körperlichen üeber- banten,
anstrengungen etc. bildet. Mit dieser Auffassung dürfte der Verf.
sich doch im Irrthum befinden. Wenn auch zweifellos Herz-
beschwerden bei Onanisten vorkommen, so gehören dieselben doch
an sich nur in die Kategorie der Herzneurose, und das „Masturbanten-
herz" ist wohl dem Tabakherz, aber nicht dem Bierherz etc. an die
Seite zu stellen.
Häusler (Schweizer Correspondenzbl. Nr. 22) theilt zwei Fälle Tachycardie
von Tachycardie mit, bei denen es sich seiner Meinung nach um Häusler,
eine reine Vagusneurose handelte und Chinin in grossen Dosen einen
vorzüglichen Effect ausübte.
Angina
Das Auftreten von Angina pectoris bei Athritis uratica und pectoris bei
Diabetes mellitus beschreibt Ebstein (Berliner klin. Wochenschr. Diabetes
Nr. 23 ff.) bei einigen seiner Patienten. Ebstein.
d. Herzsyphilis.
Nach H. P. Loomis (Syphilitic lesions of the heart. The Herz-
Americ. joum. of the med. sciences Nr. 282) beobachtet man am ^ Loomis.^'
Herzen gewisse pathologische Verändenmgen , die fraglos syphiliti-
schen Ursprungs sind: 1. am charakteristischsten ist die Entwicke-
lung von Gunmiiknoten, die immer in der Kammerwand und vor-
wiegend linkerseits gelegen sind ; femer gibt es 2. fibröse Indurationen
des Herzmuskels, die in drei Formen auftreten : als localisirte, grosse,
umschriebene Bezirke, als diffuse, von Entzündungen der kleinen
176
Schwaibei
Herz-
Syphilis,
Loomis.
Arterien begleitete Heerde oder als eine interstitielle Myocarditis,
die Kesiduum eines partiell resorbirten Gummis ist, — schliesslich
3. amyloide Degeneration des Herzens und 4. Endarteriitis obliterans
der Gefiässe im Myocard. Unter mehr als 1500 Autopsieen fand
Loomis keinen einschlägigen Fall der letztgenannten Kategorie,
aus der dritten Gruppe nur 1, aus der zweiten 15. Gummi sah er
viermal, verschieden alte, bohnen- bis olivengrosse, nicht scharf um-
grenzte imd meist isolirte, mit Hülfe des Mikroskops nur sicher zu
bestinmiende Neubildimgen, die keinmal intra vitam erkannt oder
vermuthet wurden, dreimal direct oder indirect zum Tode, davon
zweimal zu plötzlichem Exitus fährten. — Die Diagnose lässt sich
stellen, wenn Symptome gestörter oder versagender Herzthätigkeit
in kräftigem Alter auftreten und alle anderen Ursachen dafür fehlen,
speciell wenn Syphilis ananmestisch ist; rascher Erfolg einer anti-
luetischen Behandlung ist eine weitere wichtige diagnostische Stütze.
Polypöses
Myxom,
Pavlowsky.
e. Neubildungen.
Pavlowsky veröffentlicht einen Beitrag zum Studium der
Symptomatologie der Neubildungen des Herzens (Berliner
klin. Wochenschr. Nr. 18 u. 19). Es handelte sich in seinem Falle
um ein gestieltes, polypöses Myxom des linken Vorhofs, das in ob-
ductione beim Liegen den Schluss der Mitralklappen verhinderte,
in aufrechter Position das Ostium mitrale verschloss. Auf dieses
Verhalten ist wahrscheinlich der Umstand zurückzufahren, dass
während des Lebens beim Liegen ein systolisches Geräusch hörbar
wurde, das beim Sitzen verschwand. Die übrigen ,,charakteristischen''
Symptome sind meiner Meinung nach bedeutungslos. — Am Schluss
seiner Arbeit stellt der Verf. die Litteratur der Herztumoren, in
specie der Myxome imd Fibrome zusammen.
Echino-
coccus
im Herzen,
Demantkö,
Mayet,
Firket
f. Parasiten.
Ueber den Befund von Echinococcuscysten im Herzen be-
richten Demantk6 (Bull, de la Soci6t6 anat. de Paris, Februar),
Mayet (ibid., Januar) und Firket (Bull, de TAcad. royale de med.
Belgique Nr. 3). Im ersten Falle, wo die Section einen Echino-
coccus in Orangengrösse in der oberen äusseren Wand des linken
Ventrikels nahe dem Mitralostium aufdeckte, hatten während des
Lebens die Zeichen der Herzinsufficienz, speciell Arhythmie, systoli*
Bches Geräusch an der Spitze, Oedeme bestanden.
Krankheiten der Erei^nfsorgane. 177
S. Tkempie.
£inen sehr interessanten nnd werthroUen Beitrag zu der Frage
vom Werth der Milchcnren bei Kreislanfsstörangen liefert
Oertel im Jubelband des Archivs fnr Hygiene. Die Vorminderong
der Rüssigkeitsanfhahme bildet bekanntlich fnr Oertel einen der Xiicbciir«B
ersten Gmndsatze in der Behandlung aller Kreislaufsstömngen. Durch .^ ^ ^
eine Reihe von Untersuchungen ist nachgewiesen, dass der afi&cirte störmn^eB,
Circulationsapparat bei vorhandener Compensation nur die Auf- OeiteL
nähme einer bestimmten Menge von Flüssigkeit gut ertragt, durch
eine £rhöhung derselben aber zweifachen Schaden erleidet: 1. Wenn
noch keine grössere Beschädigung vorliegt, Steigerung der Herz-
arbeit und des Blutdruckes; wenn aber das Herz insufficient ge-
worden und die Compensation mangelhaft ist, kann der Druck in
den Arterien absinken. 2. Der Kranke lässt oft ganz bedeutend
weniger Urin in 24 Stunden, als Flüssigkeit aufgenommen worden
ist: die Gefasse bleiben andauernd stark gefüllt, was in erster Linie
eine Belastung des venösen Apparates bedeutet. Daraus folgt weiter-
hin eine vermehrte Wasserausscheidung ins Gewebe, was eine £in-
dickung des venösen Blutes (Stauungsconcentration) und einen grösseren
Wasserreichthum des arteriellen Blutes durch stärkeres Rückströmen
der Lymphe zur Folge hat (vergl. oben S. 165 die Arbeit von
£. Grawitz). Setzt man in solchen Fällen die Flüssigkeitsmenge
am einen grösseren Theil herab, so tritt oft ganz unglaublich starke
Vermehrung der Hammenge ein. Eine grosse therapeutische Be-
deutung für die Erkrankungen des Herzens imd der Nieren hat nun
die Milch wegen ihres Nährwerthes und der ihr zugeschriebenen
dinretischen Wirkung erlangt. Die Vorschriften der Autoren gehen
hier weit aus einander. Während nach dem einen der ausschliess-
liche Genuss von mehreren Litern Milch im Tage nicht nur auf den
Ernährungszustand, sondern auch auf die Function der Ej'eislaufs-
urgane wirken soll, lassen andere nur geringe Mengen, 300 bis
400 ccm gleichfalls mit Ausschluss jeder anderen Nahrung, trinken,
unter der Betonung, dass nur auf diese Weise die diuretische
Wirkung der Milch zur Geltung komme. Oertel präcisirt seine
Meinung hierüber in folgender Weise : I. Einfluss kleiner Quantitäten
von Milch auf die Diurese, bei Ausschluss anderer Flüssigkeits-
zufuhr. Nach OerteTs Kostordnung I für hochgradige Kreislaufs-
störungen enthalten die innerhalb 24 Stunden aufgenommenen festen
Speisen 367, die Getränke 616, zusammen 973 g Wasser; nach Kost-
J»hibiich der practischen Xedicin. 1896. 12
178 Schwalbe.
Miichcuren Ordnung 11 1413,8 g Wasser. Kareil verordnet 1 — 2 Wochen 600 bis
K • i^nfs ^^ ^^^ Milch oder Bahm (544 — 725 ccm Wasser), Hoegerstedt
BtöruTigen, gar nur 200 — 300 ccm Milch, Hofmann 1200 ccm; nach Schnau-
Oertei. bert darf die 24stündige Milchquantität die der Hammenge in dieser
Zeit nicht übersteigen. Die Erklänmg der günstigen Wirkung dieser
Miichcuren liegt nach Oertel allein in der Verminderung der Flüssig-
keitsaufhahme, welche eine Entlastung des Gefässapparates und der
Nieren bewirkt, die wieder von einem reichlicheren Abströmen des
aufgenommenen und in den Geweben angesammelten Wassers
gefolgt ist. Eine Entziehung der festen Speisen ist nutzlos,
schadet sogar, ü. Einfluss grösserer Milchquantitäten. Experimen-
telle Untersuchungen ergeben bei Kranken mit noch leistungsfähigem
Magen, dass die vermehrte Wasserausscheidung nur eine scheinbare
ist, dass ausserordentliche Differenzen zwischen Flüssigkeitsauf-
nahme und -Abgabe constatirt werden konnten. Andauernd hohe
Deficite ohne zeitweilige Polyurieen werden den Kreislauf empfind-
lich schädigen, die Stauimgen bis zu ausgesprochenen Oedemen ver-
mehren. Die Experimente bei geschädigtem Circulationsapparat er-
gaben: 1. dass das in der Milch aufgenommene Wasser in keinem
einzigen Versuche vollständig wieder zur Ausscheidung kam ; 2. das
in den Speisen und anderweitig aufgenommene Wasser, noch weniger
das im Blute und in den Geweben angesammelte Wasser zur Aus-
scheidung gekommen ist. HI. Einfluss der Miichcuren auf die Er-
nährung. Gute Kuhmilch enthält bekanntlich in 100 Theilen 3,41 Ei-
weiss, 3,65 Fett und 4,81 Kohlehydrat mit 87,42 Wasser und besitzt
einen Brennwerth von 58,64 Calorieen (Rubner), für 4 Liter Milch
ergibt sich also eine Aufnahme von 136,4 g Eiweiss , 146,0 g Fett,
192,4 g Kohlehydrat = 2346 Calorieen. Für Fettleibigkeit und Fettherz
schreibt Oertel folgendes Verhältniss der Nährstoffe in der Kost-
ordnung vor: I. 156 Eiweiss, 25 Fett, 75 Kohlehydrat = 1180 Ca-
lorieen; bezw. nach Kostordnung 11: 170, 45, 120 = 1608 Calorieen.
Der hier vorhandene Unterschied in dem Gehalt an Fett und Kohle-
hydraten gegenüber demjenigen von 4 — 5 Litern Milch ist so be-
deutend, dass die Contraindication zu starker Milchaufnahme für
Fettleibige sich sofort ergibt. Von besonderer Wichtigkeit bei der
Ernährung Kranker mit Kreislaufsstörungen durch grössere Quanti-
täten Milch ist noch der mechanische Effect: durch Anfullung des
Magens ein Hinaufdrängen, des Zwerchfells, Lageveränderung des
Herzens, der grossen Gefasse, Erschwerung der Herzarbeit, mehr
weniger hochgradige Dyspnoe u. s. w. IV. Bezüglich der Wirkung
der Miichcuren auf die Eiweissausscheidung im Harn konnte Oertel
bei 17 Fällen niclit «ä «EjfÄt* IbL «i-l l:*tr3rn£«ia iüs^ zi— ^ '»t
eine Einschraiikiing er&hr^E, sdast. Z.nt Inii'aiüj n. rirr i- -r-rv^nnui^
der Milch als anssciiiieas^^^ec X»imiEaii_r~'-*ü* rbr H-erzcniLi.* -^^iLiir:
eine enge BegrauEmig ^Trii ^yt Zjjfrüzrr^'r^^H* r-V^T- flt2^ .im-ün« au-
Apparates und dnreh des En-iiT^zLi^entsciaiL Xü -vn-i :»^ ±j-t^-^
laufästörongen die ErBitrz^ uz: ICLii m -rjnrrv-^ ]j£r=riL t-
andere Speisen vom Mjnccc Tr»i r^tm i-iif xjJit .•i»^ xtt' s -lj- -ir
vertragen ^w-erden-
_ _IT*
Für die HcTfagf^Lrrr.g ez»?r rEäLi_iiLi**ir*a: Z*:Tz-rr?*»: •
kranken mit CompensMxirsa.'r^^r's:. fcitirr^izrr Ztirr^T
Diuretica bei Herzkrackec slit •!' .zlz ^z^risT. . z-**t ' TX2_r-i. ^^-i---
CorrespondenzbL f. Sdivfüjer A€rEr*c: Xr. i*. tTi* h' -^--r^-v.: r-j~,- z. i.rr-z
Krankengeschichten der Eithb : r^t^.L?^ JT— "c rV -^-rciii-r Er-
fahrungen. Bei einer Reibe v-:4k P^zirJiZK^
ilnrch übergrosse körpeiüch«
1— ■■ «I
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im Verhaltniss zu der leczt^rieii bescar^i. re::.lT<: iir Er^iij-lrr i^^ji
aas, um eine Steigerung der Di:irese zn ^^rkzl^vs'tz^ I>zi Ir i-rT-
artigen Patienten stieg die Vr^rr^f^^ En i^- er^-Trc TsvZ--^* a^'
meistens 1000 — 1500. Nur wenn df-e^^er E~:t r-sri 2 — S--Äziirrr
Bettruhe nicht eintrat, wurde zu Me»!: :^z::-r-t*rr. ff^e^rirrr^ Vit iZ^zi
kamen die Digitalispraparate, allein ^»irr in CinhinÄti.n nfi &- i-^iren
Mitteln wie Campher. Calomel und I>::2redi; zrzr AnweniTiL^: we^-rn
der practischen Bedeutung verdient die WahmTLin-mg herrirz-r*: . **rii
zu werden, dass häufig dort, wo die alleinige Di^tÄÜ^tLerai^ie niihi
ausreichte, eine zweckmässige Combination »ier Di^tÄÜä mit einem
«ier anderen genannten Mittel einen besseren Eri-ilg zeitige. Die
Folia Digitalis wurden als Pulver «0-1. 2 — Smal täglich« »ind im
Infos (mit und ohne Zusatz von Kalium ac-eticTim» gegeWn. In
einigen Fällen wirkte Digi talin um verum «0/J6 a-jl Spiriros vini
dilutnm und Aqtia destillata ana 30.0, Smal 5 ccmi. wo andere Mittel
im Stich gelassen hatten. Digitalin wurde in Dosen von 4 — 5 g
pro die verabreicht. In einzelnen Fällen musste das Mittel wegen
Brechreiz oder Diarrhoe atisgesetzt werden. Dem Bedauern des
Verf.'s über den hohen Preis des Ditiretins kann man sich voll-
kommen anschliessen. — Einen ausgezeichneten diuretisehen Effect
erzielte man einigemal durch Combination von Folia digitalis
pnlver. 0,1 mit Diuretin 1,0, 3mal täglich. Ebenso günstig
erwies sich Folia digitalis pulver. mit Camphorae 0,05 — 0,1
i3--toal täglich) oder mit Calomel 0,1. (Von der letzten Com-
^ation habe ich ebenfalls öfter, namentlich bei einem PatienteÄ *'
180
Schwalbe.
Diaretin,
Askanazy.
Diuretica mit Hydrops infolge chronischer Nephritis und Herzschwäche, wo alle
bei Herz- ü^nge^ Diuretica wirkungslos waren, einen vorzüglichen Erfolg ge-
Zangger. ' sehen. Kef.) Oefters musste allerdings Calomel nach mehr als Stägiger
Anwendung infolge heftiger Diarrhöen und Brechreiz ausgesetzt
werden, man soU deshalb in der Darreichung des Mittels häufiger
eine Stägige Pause eintreten lassen. — Von Strophanthin Nie-
haus (guttae VI auf 45,0 Wasser, 3mal täglich 5 ccm) ist eine er-
hebliche Steigerung der TJrinmenge nicht constatirt worden. — Liquor
Kali acetici, Kalium nitricum, Saturatio simplex und Saturatio
Scillae wurden in der Zwischenzeit als Adjuvantien gereicht.
Nach seinen auf der Lichtheim'schen Klinik angestellten Be-
obachtungen an 13 Fällen von chronischer Nephritis und 25 Fällen
von Krankheiten der Circulationsorgane (Mitral-, Aortenklappen-
fehlem, idiopathischer Herzdilatation, Aneurysma aortae etc.) erblickt
Askanazy ( Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 56) in dem Diuretin
KnoU ein werthvolles, nur selten versagendes Diureticum bei Herz-
und Gefasskrankheiten , ein weniger constant wirkendes bei chroni-
scher Nephritis. Femer aber fand der Verf., dass das Diuretin ein
ziemlich constant und rasch wirkendes Mittel gegen Anfalle von
Asthma cardiale und Angina pectoris, sowie gegen chronische car-
diale Dyspnoe darstelle. — Bemerkenswerth ist leider, dass die
Wirkung des Diuretins bei den anginösen und asthmatischen An-
fällen in der Mehrzahl der Fälle keine nachhaltige war. Noch an
demselben Tage, an welchem das Mittel ausgesetzt wurde, stellten
sich fast regelmässig wieder Anfälle ein, entweder sofort mit voller
Heftigkeit, oder zuerst nur angedeutet, bald an Intensität und Häufig-
keit zunehmend. Die Wirkung in den letzteren Fällen erklärt Verf.
sich durch die Kräftigung des Herzens, dessen plötzlich gesteigerte
Insuf ficienz er — im Einklang mit der Parry-Traub e'schen Theorie —
als Ursache für die Angina pectoris annehmen möchte. Als tägliche
Maximaldosis empfiehlt Askanazy 3 — 4 g. Bei der Verabreichung
von 5 — 7 g pro die hat er CoUapse beobachtet, von denen drei tödt-
lich endeten.
In einem Vortrage über „Arteriosklerose, einige ihrer Folge-
zustände und deren Behandlung? (Lancet, October) gibt Lander
Behandlung Brunton als Mittel gegen die Angina pectoris an: Amylnitrit,
üer Angina ßQ^jiyij^trit, Nitroglycerin, Natrium nitrosum und Hydroxylaminuni
JJ P C L O 1 1 89
liftuderBninton. muriaticum. Dem letzteren Mittel schreibt er eine länger andauernde
Wirkung zu als den anderen ; indessen greift es den Magen an. Den
günstigsten EiFect hat aber Jodkalium in grossen Dosen (10 — 30
• #rains = 0,75—2 g 3mal täglich).
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 181
«
Das von Masius empfohlene Digitoxin Merck hat Wenzel Digitoxin,
(Centralblatt f. innere Medicin Nr. 19) bei Circulationsstörungen in Wenzel.
12 Fällen angewandt und fiir sehr wirkungsvoll befunden. Jäher
Abfall der Puls- und Athmungszahl , Stärkung der PulsweUe,
Schwinden der Cyanose und Athemnoth tritt fast stets schon nach
12 — 24 Stunden ein, eine ausgezeichnete diuretische Wirkung konnte
wiederholt constatirt werden. Das Digitoxin scheint selbst dann
noch Erfolg zu versprechen, wenn andere Herztonica, einschliesslich
das Digitalisinfiis, sich als wirkungslos erwiesen haben. Das Digi-
toxin wurde wegen der bei den Patienten meist schon vorhandenen
gastrischen Störungen per ELlysma gegeben, und zwar erst drei-
mal, später zwei- und einmal 1 Esslöffel einer Lösung von Digi-
toxin 0,01 , Alkohol 10,0 , Aq. dest. ad 200,0 auf 100 g lauwarmes
Wasser (nach vorherigem Reinigungskly stier). Nach des Verf. 's
Ansicht könnte die Dosis des sehr toxischen Mittels noch herab-
gesetzt werden (*/2 mg pro Klysma), ohne dass dadurch die End-
wirkurig verkleinert würde.
Vor der übermässigen Verwendung des Alkohols in der
Therapie der Herzkrankheiten warnt Chapmann (Lancet, Mai). Alkohol,
Durch übermässige Erregung und Anstrengimg des Herzens und Chapmann.
durch Erzeugung bezw. Steigerung gastrischer Katarrhe kann der
Alkohol sehr schädlich wirken.
Die Wirkung warmer Vollbäder von 30** R. auf chro- Warme
nische Circulationsstörungen beobachtete Hoegerstedt bei ^^^^^ ^®*
*^ ^ chronischen
verschiedenen Herzaffectionen (Petersburger Wochenschr. Nr. 1 n.). circula-
Die zahlreichen, zum grossen Theil mit dem eigentlichen Thema in tions-
gar keinem Zusammenhang stehenden Details eignen sich nicht für ^^ JLgj" f^jH; '
eine kurze Wiedergabe im Referat.
*
Für die gymnastische Widerstandsbewegung in der
Therapie der Herzkrankheiten tritt Hasebrock (Festschrift Wider-
f. Th. Thierfelder z. 70. Geburtstage. Leipzig, Langkammer) ein. Sphyg- ^ ^ *" *^! • i,
mographische Bestimmxmgen und manometrische am Menschen er- bei Herz-
gaben, dass durch Widerstandsübimgen einzelner Extremitäten, z. B. Krankheiten,
zehnmaliges Erheben einer 15 kg schweren Hantel mit einer Hand,
eine Entspannung der peripheren Arterien, sehr wahrscheinlich auch
eine Erweiterung herbeigeführt wird; währenddem steigt — wenn
auch nicht ganz ausnahmslos — der Blutdruck bis zu einem Maxi-
mum, fallt darauf tiefer als vor der Uebung, um endlich, nach
ca. einer Viertelstunde, allmählich zur Norm zurückzukehren. Prac-
182 Schwalbe.
Wider- tisch lässt sich Folgendes hieraus ableiten. Die nach der Wider-
stands- standsübung eintretende Blutdrucksenkung trägt dazu bei, der Peri-
bei Herz- pherie eine grössere Menge Blutes zuzuführen und das Splanchnicus-
k ran kheiten, gebiet zu entlasten, wodurch unter Umständen Stauungen in den
se roc . xjnterleibsorganen günstig beeinilusst werden müssen. Das Herz selbst
kann durch die Widerstandsbewegungen zur Hypertrophie und zu
ausgiebigerer Leistung gewungen werden, aber nur wenn vorher die
peripheren Stauungen und Oedeme durch Massage beseitigt sind.
Dann erfüllen die Widerstandsübungen die nach Analogie der Skelett-
muskeln abgeleiteten Bedingungen zur Ej*äfkigung des Herzens besser
als das Bergsteigen nach Oertel; denn dort ist durch die der
Arbeit alsbald folgende Blutdrucksenkung eine Erholungspause fiir
das Herz gegeben, welche beim Bergsteigen fehlt.
B. Krankheiten des Pericards.
In seiner schon an anderem Orte erwähnten Arbeit über chylöse
und chyliforme Ergüsse im Pleura- und Pericardialraum (s. oben
Chylo- S. 154) erwähnt Bargebuhr aus der Litteratur auch den einzigen
pericardium, ijjyjj^gj. beobachteten Fall von reinem Chylopericardium. Eine
Bar'^BDiihr
Ursache für den Chyluserguss wurde nicht gefunden. In einem Falle
A. Fraenkel's wurde bei der Obduction im Herzbeutel */2 Liter
der gleichen fetthaltigen Flüssigkeit wie in der Pleurahöhle ge-
funden.
Bereits im vorigen Jahre ist von Josseraud darauf aufmerk-
sam gemacht, dass in Fällen von Pericarditis, ehe irgend ein
anderes auscultatorisches Phänomen nachweisbar ist, eine sehr be-
trächtliche Verstärkung des zweiten Pulmonaltons gehört werden
Zeichen der kann. Warthin (Accentuation of the second pulmonary
Pericarditis, aound animportantsiffu inthediagnosisofpericarditis.
Med. News, 13. April) bestätigt durch seine Erfahrungen, die er aus-
führlich mittheilt, die Untersuchungen des französischen Forschers
und macht auf die Wichtigkeit dieses Zeichens für die Diagnose
der Pericarditis infolge von Gelenkrheumatismus oder anderen Er-
krankungen aufmerksam. Im Gegensatz zu dem erstgenannten Autor
hält er aber diese Erscheinung nicht für eine vorübergehende, son-
dern für das zuletzt schwindende Symptom: Als Ursache dafür re-
curriren beide auf eine starke BlutüberfüUung der Herzmusculatur
in der Nähe der Pulmonalklappe, wo erfahrungsgemäss sich die peri-
carditischen Auflagerungen am häufigsten finden.
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 183
Ueber einen interessanten Fall von Incision desHerzbeutels
wegen eitriger — nach Trauma entstandener — Pericarditis
berichtet v. Eiseisberg (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 2). Nach- Eitrige
dem trotz mehrmaliger Function des Herzbeutels, wobei im ganzen ,. 'if *fgi^ *^*
ca. 3 Liter eitriger Flüssigkeit entleert wurden, ein dauernder Er-
folg nicht erzielt worden war und das Befinden des Patienten einen
bedrohlichen Charakter angenommen hatte, wurde die Incision des
Herzbeutels ausgeführt und 2 Liter Eiter abgelassen. Drainage. Oef-
teres Eingiessen von Jodoformglycerin. Heilung nach ca. 7 Wochen.
Verf. bespricht die Technik der Licision und die Indicationen zu
derselben. Hingewiesen wird darauf, dass die Paracentese des Peri-
cards nur mit einem sehr feinen Troikart ausgeführt werden darf, da
die Herzbeutelblätter an der PunctionssteUe verwachsen sein können
und dann eine Verletzung des Herzfleisches mit einem dicken Li-
stroment natürlich grossen Schaden verursachen könnte. Wenn die
ein- oder einigemal vorgenommene Function und Entleerung des
Exsudats nicht eine entschiedene und dauernde Besserung bringt,
das Exsudat als solches (Eiter) sich nicht zur spontanen Resorption
eignet oder den Troikart nicht gut passiren kann (fibrinöse Massen),
so soll man mit der Licision und Drainage nicht lange warten.
C. Krankheiten der Geisse.
a. Krankheiten der Arterien.
Einen interessanten Fall von Embolie der Arteria pul-
monalis mit langdauemdem Verlauf veröffentlicht Iwanicki in Embolie der
Nr. 23 der Wiener med. Wochenschrift. Vom Beginn der — durch P«imo|iaiis,
Iwanicki.
Venenthrombose im linken Bein bedingten — Embolie bis zum (plötz-
lichen) Tode verstrichen fast 3 Wochen. Während des grösseren
Theils der Krankheitsdauer war im rechten ersten Intercostalraum
dicht am Stemum ein systolisches blasendes Geräusch gehört.
(Litten, der dieses Geräusch zuerst beschrieben hat, hörte es im
linken ersten Intercostalraum.) Bei der Section fanden sich beide
Stamme der Pulmonalarterie verstopft.
Die ätiologische Bedeutung der Syphilis für die Er-
krankung der Aorta und für die Aneurysmenbildung an
der Aorta wird durch neue Untersuchungen immer wieder sicher-
gestellt. Aehnlich wie Puppe im vorigen Jahre (s. d. Jahrb. 1895,
S. 175) gelangt Dohle auf Grund dreier anatomischer Befunde
(Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 55) zu folgenden Schlussfolge-
184
Schwalbe.
Syphilis un drangen. Die syphilitische Endzündung der Aorta ist (aber nicht
immer! Kef.) makroskopisch gekennzeichnet durch strahlig-narbige
Aorten-
aneurysmen,
DöUe,
Hampeln,
Yillani.
Einziehungen und Vertiefungen der Innenfläche. Daneben kann eine
chronische Endarteriitis bestehen. Die Einziehungen sind durch die
Entwickelung narbigen Bindegewebes bedingt, das als Endproduct
einer difPosen und gummösen Entziindung in der Media und Adven-
titia sich darstellt. Durch die entzündlichen Veränderungen der
Media ist eine Prädisposition zur Bildung von Aneurysmen ge-
schaffen.
Für die ätiologische Bedeutung der Syphilis bei der Ent-
stehung der Aortenaneurysmen tritt auch Hampeln aufs neue
ein (Petersburger med. Wochenschr. Nr. 8). Die Arbeit ist in ihren
thatsächlichen Darlegungen nur eine Wiederholung der bereits im
vorigen Jahre an anderem Orte veröffentlichten und von uns in
diesem Jahrbuch (s. S. 175) besprochenen Abhandlung.
In gleicherweise endlich spricht sich Villani (Contributo allo
studio degli aneurismi dell' aorta. Riforma med. Nr. 188 — 190) für
die ätiologische Bedeutung der Syphilis bei Aortenaneurysmen (unter
seinen 12 Fällen 9mal) aus. Als accidenteUe Ursachen für die An-
eurysmenbildung sieht er schwere körperliche Anstrengung an. In
der Symptomatologie spielt nach seiner Meinung die Heizung und
Lähmung des Vagus eine wesentliche Bolle. Angina pectoris, plötz-
liche Athemnoth, anfallsweise auftretenden Husten, Gastralgieen und
Oesophagushyperästhesieen , plötzliche Todesfalle fasst Villani als
Vaguserscheinungen auf.
Einen seltenen Fall von Stenose am Isthmus der Aorta beschreibt
Stenose der Kietz (Wien. klin. Wochenschr. S. 24). Bei einem 20jährigen Schmied,
Aorta, ^jgj. ijgj schwerer Arbeit immer an Herz- und Athembeschwerden gelitten
hatte, fand man ein systolisches Geräusch vom imd besonders zwischen
den Schulterblättern, ausserdem Hypertrophie und Dilatation des linken
Ventrikels. Bei der Section fand sich als Ursache der Erscheinungen eine
2 V« cm lange Stenose des Isthmus aortae, und zwar bestand hier neben einer
angeborenen Verengerung eine spätere bacterische (?) Endaortitis.
Den seltenen Fall einer Perforation eines Aortenaneurysmas
in die Vena cava superior illustrirt A. Bruce (Edinb. med. Joum.,
April) durch eine Krankheitsgeschichte. Bei dem Patienten, bei dem ein
t'' d"Vena Aneurysma der Aorta ascendens durch Dämpfung und systolisches Geräusch
cava rechts vom Manubrium stemi nachgewiesen war, trat plötzlich Orthopnoe,
snperior, beträchtliche Cyanose und Schwellung im ganzen Bereich der Cava superior
Bruce. ^j^^ Pulsation war an den Venae jugulares nicht zu constatiren.
In ein Aneurysma der Arteria mesenterica superior,
das, wie F. Stevenson (Lancet, Januar) berichtet, als orangegrosser,
Kietz.
Perforation
eines
Aorten-
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 185
schwirrender, expansiv pulsirender, ein systolisches Geräusch dar- Aneurysma
bietender, sehr leicht verschieblicher Tumor des Abdomens hervor- ^^^ ^
M6S&TftlC&
trat, wurde nach Laparotomie eine sehr feine Drahtspirale eingeführt, superior,
nachdem innerliche Therapie erfolglos gewesen war. Der Effect Stevenson.
war: Tod nach 27 Stunden. Demgegenüber wirkt die Versicherung
des Verf. 's, dass um den Draht herum das Blut geronnen gewesen
sei, nicht gerade tröstlich oder gar ermuthigend.
b. Krankheiten der Venen.
Bei einem 17jährigen Mädchen, das an hereditärer Syphilis litt, trat
nach der Beobachtimg von Stöcklin (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55) Ruptur der
nach Toraufgegangener gummöser Infiltration eine ausgedehnte Zer- Vena
^^ ft U O U V lU &
btönmg der TracheaJwand und eine Perforation der Vena anonyma gtöcklin '
sinistra (bei ihrer Einmündung in die Cava superior) ein. Eine foudro-
jante Hämoptoe trat durch diese Communication zwischen Cava superior
und Trachea ein und führte schnell zum Tode.
Lehrbücher und Monographieen.
J. H. Clarke, Diseases of the heart and ai-teries; their causes, nature
and treatment. London.
A. Fox well, Essays on heart and Imig disease. London.
Martins, Tachycardie. F. Enke. Stuttgart.
Vgl. auch die Litteraturangaben unter Abschnitt III, 3, Krankheiten der
Athmungsorgane.
U, 5. Krankheiten der Yerdauungsorgane.
Von Dr. Th. Rosenheim, Privatdocenten an der Universität Berlin.
i. Oesophagns.
Unter den Erkrankungen des Digestionsapparates, über die wir
hier berichten, sollen zunächst die Oesophagusaffectionen Be-
rücksichtigung erfahren ; dem Studium derselben hat sich das Inter-
esse in den letzten Jahren mehr und mehr zugewandt, vor allen
Dingen aber ist eine wesentliche Förderung unserer Erkenntniss
bei dieser Krankheitsgruppe von der Einführung der Oesophago-
skopie zu erwarten. Seit geraumer Zeit lasse ich mir die Verbesse-
rung dieser Methode angelegen sein, und ich habe jüngst (Berl. klin.
Wochenschr. Nr. 12) über die Art meines Vorgehens berichtet. Das
Oesophago- von mir verwendete Oe so phagoskop ist ein glatter, dünner Metall-
skopie, tubus (11 — 13 mm Querschnitt), der am Einföhrunirsende fi^erade
Rosenheim. , . . . i .,,.*/• m , . ^
abgeschmtten ist und eine kleme Auitreibung besitzt; nach aussen
zu endigt der Tubus in eine ziemlich lange Metallhülse. Eingeschoben
wird das Instrument mit einem Mandrin, dessen Spitze aus einem
4 — 6 cm langen, weichen Schlauchstück besteht. Entfernt man den
Mandrin, so hat in der Hülse ein für diesen Zweck gearbeitetes
Elektroskop Platz und wird dort, ohne dass man einer weiteren
Unterstützimg mit der Hand bedarf, festgehalten. Das Guckloch im
Elektroskop und die Lichtung der Hülse sind nun so gross, dass
sie das Einfuhren nicht zu starker Instrumente (Zange, Tupfer) in
den Tubus unter Leitung des Auges mit der einen freien Hand
gestatten, während die andere, am besten die linke, gleichzeitig das
Oesophagoskop verschieben kann. Schliesslich habe ich noch zu
erwähnen, dass auf den Tubus eine bequem lesbare Centimeterscala
eingravirt ist, die sich bei richtiger Lage desselben links vom Unter-
sucher befindet, so dass man sich jeden Augenblick mit Leichtigkeit
informiren kann, wie weit das Instrument im Oesophagus vorgerückt
ist. Die weiteren Vorschriften über Vorbereitung zu der Unter-
Krankheiten der Verdauungsorgane. 187
buchimg, über die Einführung des Oesophagoskops mögen im Original
eingesehen werden.
Die diagnostische Bedeutung des Verfahrens berücksichtigt
eine weitere Arbeit von mir (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 60),
in welcher ich über die ösophagoskopischen Bilder beim Oesophago-
Speiseröhrenkrebs auf Grund von Beobachtunfi:en in achtzehn skopische
. . Bilder
Fällen Mittheilung machte. Die raumbeengenden krebsigen Pro- Rosenheim.
tuberanzen sind bei genauem Zusehen mit nichts anderem zu ver-
wechseln ; es gibt keinen Process im Oesophagus ausser dem Carcinom,
der mit der Bildung derartiger prominirender, weissgrau bis grün-
licher, oder schmutzig graugelblicher, von punktförmigen Hämor-
rhagieen durchsetzter Massen einhergeht. Der Befund eines Tumors,
dessen Schleimhaut noch erhalten ist, ist weniger eindeutig. Die
Infiltration bedingt ein Vorspringen der Schleimhaut ins Lumen von
verschiedener Höhe. Die Mucosa kann dann ein annähernd noi*males
Aussehen haben, oder sie ist auffallend blass, mitunter mehr gelblich,
oder auch bläuHchroth-cyanotisch ; manchmal finden wir sie auch stark
j^eröthet, succulent, ein Verhalten, das sie sonst häufiger am Rande
der Neubildung neben dem weisslichen carcinomatösen Gewebe zeigt.
Auch flache Ulcerationen, mit scharfem, zerfressenem Rande sind
kaum je durch etwas anderes, als durch Krebs bedingt. Von den
sonst in der Speiseröhre vorkommenden geschwürigen Processen
(syphilitischen, tuberculösen , peptischen) ist es bei ihrer grossen
Seltenheit bisher noch nicht gelungen, ein ösophagoskopisches Bild
zu erhalten; nur flache, katan*halische Erosionen habe ich zweimal
beobachtet. Diese ganz oberflächlichen, kaum fünfpfennigstück-
grossen Defecte, die sich durch ihren matteren Glanz und ihre dunklere
Farbe gegen die Umgebung abheben und die sich hauptsächlich auf
der Höhe der Falten finden, haben nichts, was an Carcinom erinnert. —
Neben dem Nachweis der Ulceration können das Hervorsickern von
Blut aus der Tiefe einer Strictur, ohne dass eine Verletzung mit
dem Instrument die XJrsprungssteUe der Hämorrhagie getroffen hätte,
sowie auch das spontane Hervortreten von Eiter im Gesichtsfeld,
namentlich, wenn derselbe sehr übelriechend ist, als werthvoUe An-
haltspimkte für die Diagnose Krebs gelten. Dagegen kann die Fest-
stellung einer Lumenverengerung, das Vorhandensein von mit Schleim-
haut bedeckten Protuberanzen oder Trichterbildungen, die Aufhebung
der respiratorischen Beweglichkeit der Oesophaguswand in ihrer
ganzen Circumferenz oder auf einer Seite niemals als ausreichendes
Kriterium für die Diagnose des Carcinoms angesehen werden, und
188 Rosenheim.
Oesophago- das Gleiche gilt auch von den Veränderungen der Schleimliaut, die
^ B°?d*^^^ wir als verschiedenartigen Ausdruck katarrhalisch-entzündlicher Pro-
Rosenheixn. cesse und Stauungen, wie sie aus den mannichfachsten Ursachen
entstehen , deuten dürfen. Am schwierigsten ist die Diagnose des
Krebses mit Hülfe des Oesophagpskops an der Cardia, da man die
Magenööhung nicht immer sieht. Gemeinhin liegt ^ wenn der sub-
phrenische Theil der Speiseröhre ergriffen ist, ein Krebs der Portio
cardiaca des Magens vor, oder der über dem Zwerchfell gelegene
Oesophagusabschnitt ist der Ausgangspunkt der Krankheit. Im
ersteren Fall liefert uns die Untersuchung des Mageninhaltes brauch-
bare Kriterien für die Beurtheilung, im letzteren gibt das Oeso-
phagoskop den wünschenswerthen Aufschluss. Dass die Besichtigung
auch im Anfangsstadium der Krankheit ein stringentes Resultat
liefert, kann man in vielen Fällen, aber nicht allemal mit Bestimmt-
heit erwarten. Hier kann unter Umständen die Untersuchung eines
kleinen, unter Leitung des Auges exstirpirten Gewebsstückchens die
Entscheidung bringen.
inspection Auf die Frage, warum die Besichtigung der Cardia in
der Card la jj^anchen Fällen nicht gelingt, überhaupt auf die Sondirungsverhält-
Gastro- nisse im untersten Oesophagealabschnitt bin ich in einer anderen
skopie. Arbeit (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 45) genauer eingegangen.
Auf Grund topographisch-anatomischer Studien stellte ich die Lage
der Cardia beim Erwachsenen für die überwiegende Mehrzahl der
Fälle am zwölften Brustwirbel fest; den tiefsten Punkt, das untere
Drittel des zwölften Brustwirbels erreicht sie bei totaler Abwärts-
drängung oder bei Ektasie des Magens. Der unterste Oesophagus-
abschnitt ist etwas nach links zu winkelig abgebogen oder seitlich
gedreht, bevor er in den Magen mündet, er kann aber auch unter
pathologischen Verhältnissen gerade gestreckt sein, z. B. bei Dis-
location und Ektasie des Magens. Wo diese Linksdrehung sehr
scharf ausgeprägt ist, wo das Stützgewebe sehr fettreich ist, da
bleibt, wenigstens in Eückenlage, das geradlinige, stcure Lostrument
meist am Foramen oesophageum stehen. Man beobachtet dies nament-
lich bei adipösen, mit quadratischem Thorax ausgestatteten, kurzhalsigen
Personen, selten auch bei anderen Lidividuen. Abgesehen von den
anatomischen Verhältnissen wird das Vordringen des Listruments
sicher auch durch functionelle Anomalieen gestört, durch' Oeso-
phagospasmus an der Zwerchfellpassage, der auch bei sonst gesunden
Individuen sehr hartnäckig sein kann, der uns aber am häufigsten
bei nervös-um^uhigen , neurasthenisclien Individuen aufhält. Führt
K_raiiiEnfir»fii icr • ^r;
«■ 1
Bian nan dauy InätnnLäii: ^jm re-iiirt^n iCjn-rr
die Spitze mnnliclisc nacii link:». « re-'^n ^ -3..
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d[*^s beim SpsL^mos »inmii metn;tniyr»:iLtr ^ ixi^mirrtr:. zi-ilt x^ ^ n. t-
«Lffö derselbe ev«iiirrLeiI nur öi ier 5".tr^-?*t i*r*^irijr "«"-rirn i^zLn.
Pr. Mems der OitL?tr:-?kjci*t. La oiüil näinJ. a --"'^:-- ^r-^" zii^ -ih-ti:
.-Mrren geraden fiL-Iir in RltikrTnla^i»^ iia- jur . lirü-i j^ ..r.^. -:•■ ^.; --
ü-an das IlL:?TrTllIl»rIli; aiilä ä«« TT^IX öl len ZiLi^'^tn. ^ ■r'-:»_ll-r «rrn. 1^^
— * - ' - r 1 -
un^atzaTück iind Oiicizöirt lir.ii Z-tt^- tz.i *.*?— im^«=::'~Ln^T— r-
ri-Ltmig. Der opris^.iie Az^ar-iT j^r ^tr\>: ~s. -^ -=^ r^iTTi^rr Li -i-r-zirrii^
"L**-rsteii Sri.k v^r^iiLn^icar. s, iik--- ii^-r '"■^^••^ n-r-i-tn. -y— : r--_r->
Priemen rir •ii^r Ai^i^iine ir^ Xt^-ü-Zi-r-? jz. 'ri-üi JxZrr -riii^-rljr
&':> dem Tnbis, -irr ce£ xir z.~zz" ■tiii'^ü '"▼-^ > -r....^.,.?» — fl l:i -r. -
hjt. bequem. Lera'i^^^z.i'i^ii ^=fr-\-rL^ tzl L:zji -r-"::!!"!--! T-:r-v--rz..i:z.j:
1l i«rm. anderen Ir::?:r:::.-rt. iij zi.-: irzi >.jlZx1 VI -^-rT-rlTZ. --~. :-:
Den Werth ier Cs-s.irLizi-^A:::^ v.r^ tI-tti- t
piiikt iliastriren 3IittL-ril:zL^rn T:z.E_3lT7^r ^3_
Z'jitung Nr. ICO . der sijii n-elner X-t'-l ör ':»rL-
z. B. im Tnb^iä eine Siüifmiz ^"L^ftlr'T::- iie s..i.-'
Tind dadoreh den Patiecten T:r ItJ «>i.r^ -t^t ::^-z '-*r-5
in einem anderen Falle, ir:> ein Pr-rnii>:r:er -rerr
Abwesenheit desÄe?xrn lerTstTll^n ini üe virL^nir
aU dnrch eine flache. leicLt ätz.-ir-e Ul.erstf.n 'i-rTi
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Was die Klinik der f^e^opV a ^r^^Vra-Vr^'-«^y. 'irrtrirt. s: Lri'-n \rir
nur wenig Beachtenswerthes n verzei iLnen. I.h erwAlne hier einen
Btritrag von C. R i 1 1 e r 1 Deat^he^ Aren. 1. klin, Mel Bi. 55 z-^ Le'nre c * * ? j L » i: u >-
vun den OesophagiisdiTertikeln. drr a:if Gmnd mehrerer BeoV ^i^^rtik-:.
achtnngen sich der Anffassnng ans-:Llie>st. dä>» a"is eint-m Tracrions-
divertikel sich secondär ein PuL-iönsdivertikel entwickeln kann. Wo
ein Tractionsdivertikel in verjauchende Lymphadenitis und Media-
stinitis ausgeht, dürfte ein secun«iäres PiiLionsdi vertikal nicht selten
da«* Zwischenglied bilden. Höchst wahrscheinlich sind Tracti^.«us-
190 Rosenheim.
Oesophagus- divertikel nicht selten Ausgangspunkt für die Entstehung von Ki^ebs.
^B^'cVowskV' Bychowski (Virch. Arch. Bd. 141) theüt einen neuen FaU von
Divertikel bei einem 21jährigen jungen Mann mit; d^selbe war
15 — 17 cm lang, sein unterer Eand war 37 cm von den Zähnen
entfernt und bewirkte seit 9 Jahren Erbrechen.
Von der ziemlich seltenen Tuberculose der Speiseröhre handelt
Tuhercuioseein Aufsatz von K. Zenker (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55).
der Dj^g echte tuberculose Geschwür des Oesoghagus verengte das Lumen
Zenker 'beträchtlich; in einem Falle von Buss (Deutsche med. Wochenschr.
Biiss. Nr. 23) bestand kein offenes Ulcus, es war die stenosirte Partie in
einem Conglomerat verkäster indurirter L3anphdrüsen eingebettet.
Der Tod war hier durch gewaltsames Sondiren verursacht worden.
Die Infection durch TuberkelbaciUen findet an der Schleimhaut des
Oesophagus nur da statt, wo dieselbe durch Soor, durch Aetzung,
durch Carcinomentwickelung die Möglichkeit der Inoculation ge-
währt.
Erwähnenswerth ist auch eine ausfuhrliche Darstellung der
Entwickelungsgeschichte und Klinik der Polypen und polypen-
ähnlichen Gewächse des Rachens und der Speiseröhre durch P. R.
Polypen des Minski (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 41). Er geht von einer
Oesophagus, eigenen Beobachtung aus, die eine 65jährige Frau betraf. Ein Polyp
von 14 cm Länge, 7,5 cm Umfang im unteren Drittel trat aus
dem Munde seit 8 Tagen hervor, ohne bislang je Beschwerden ver-
ursacht zu haben; er ging vom oberen Oesophagusrande aus und
wurde mit der Scheere leicht abgetragen.
Neurosen Endlich sei hier auf einen Aufsatz hingewiesen, in dem ich
des (Allg. med. Centralztg. Nr. 98 u. 99) das dunkle Gebiet der Neurosen
Rosenheim. ^^^ Oesophagus systematisch abgehandelt habe ; es ist das eine im
wesentlichen lehrbuchmässige Darstellung des Gegenstandes, der
mittlerweile erschienenen zweiten Auflage meiner ,,Krankheiten der
Speiseröhre und des Magens" vorweg entnommen.
B. Magen«
Druck- Indem vnr nun zu den den Magen betreffenden Arbeiten über-
im Magen g^^^n, stellen wir diejenigen Publicationen voran, die sich auf physio-
Moriu. logische Fragen beziehen. Moritz (Zeitschr. f. Biologie Bd. 32)
Krankheiten der Verdauungsorgane.
191
veröfTentlicht Studien über die motorische Thatigkeit des Magens,
und zwar beschäftigt er sich zunächst mit dem Verhalten des
Druckes in diesem Organ.
Beim Menschen findet sich im Magen ein geringer positiver Druck;
^^ wurden im Sitzen Werthe von 2 — 6 cm Wasser, am häufigsten 6 — 8 cm
))eobachtet. Dieser Druck beruht auf der Belastung des Magens durch die
Eingeweide, besonders die Leber, auch betheiligt sich an seinem Zustande-
kommen ein gewisser variabler Contractionszustand des Magens, weniger
ein allgemeiner, durch die Spannimg der Bauchdecken bedingter intra-
abdominaler Druck. Das Herabtreten des Zwerchfells verstärkt den Druck
um 4 — 12 cm und die Herzbewegung um 0,5 — 2 cm ; inspiratorisches Ab-
stinken des Druckes ist selten und nur bei starker Erweiterung der Bauch-
höhle durch die Hebung der Rippen vorhanden. Von grösstem Einfluss
auf den Druck ist die Wirkung der Bauchpresse, sie hebt die Wassersäule
bis zu 3 m. In Betreff der activen Steigerung des Druckes von Seiten des
Magens besteht ein bedeutender Unterschied zwischen Fundus und Antrum ;
im ersteren erfolgt eine solche während der Digestion nur minimal, im
letzteren beträchtlich (50 cm), imd zwar ist der Druckverlauf so , dass der
Anstieg anfangs langsam, dann rascher geschieht und der Abfall jäh
♦•intritt.
Die Bewegungsverhältnisse des gesunden und kranken
Magens sucht auch Einhorn (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27) näher
zu analysiren.
Er bedient sich dazu eines kleinen, verschiebbaren Apparates ,6astro-
graph*, der aus zwei concentrischen Kugeln besteht, zwischen denen eine
Platinkugel bei Bewegungen den Contact herstellt, der dann auf einer
rotirenden Trommel markirt wird; Einhorn will sich so ein Urtheil Über die
vom Magen selber geleistete mechanische Arbeit verschaffen. In die Augen
•springende Resultate hat er unter normalen und pathologischen Verhält-
nissen mit seiner Methode bisher nicht erzielt.
Hemmeter (New York medicalJoumal, 22. June) studirte die
Magenbewegungen an einem Gummibeutelchen, das in den
Magen eingeführt und mit Luft gefallt wird.
Dasselbe wird bei jeder Contraction des Magens comprimirt, dieser
Druck wird auf ein Wassermanometer oder ein Kymographion mittels Schlauch
übertragen.
Sehr gründliche Untersuchungen über die Secretion und
Motilität des normalen Magens, bei denen so ziemlich alle
wesentlichen Fragen berücksichtigt werden, gibt A. Schule (Zeit-
schrift f. klin. Med. Bd. 28 u. 29). Im Thierexperiment wie beim
Menschen wird der Einfluss der verschiedensten chemischen Körper
auf die Functionen des Magens geprüft, im ganzen bringen die ge-
Magen-
bewegung,
Einhorn,
Hemmeter.
192
Rosenheim.
nnd
Resorption
im Magen,
Schule,
N. Reicbmann
J. Müler,
wissenhaften Bemühungen des Verf/s eine Bestätigung und Erwei-
terung der Angaben früherer anerkannter Arbeiter ; auf die zum Theil
interessanten Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.
Secretion Nur die Erfahrungen, die Schule mit einem Körper, dem Natrium
bicarbonicum gemacht hat, will ich hervorheben, da er sich hier im
Gegensatze zu N. Eeichmann (Therap. Monatsh., März) befindet.
Dieser Autor spricht dem Salz einen Einfluss auf die Salzsäure-
ausscheidung ab, sein Werth liege in der neutralisirenden Wirkung.
Letztere ist ohne weiteres zuzugeben, aber auch die Labdrüsen-
thätigkeit modificirt das Mittel deutlich, indem grössere Gaben nach
Schule zunächst eine Verminderung und dann eine Steigerung der
Secretion bis zur Norm und über dieselbe hinaus herbeifuhren.
Die resorptive und secretorische Function des mensch-
lichen Magens sind nach dem Vorgänge v. M e r i n g's durch
J. Miller (Archiv f. Verdauungskrankh. Bd. 1) geprüft worden.
Die Veränderung der Concentrationsverhältnisse innerhalb bestimmter
Zeiten wird an den verschiedensten Lösungen (Alkohol, Salze, Pepton,
Zucker) festgestellt und daraus Schlüsse auf die Functionen ge-
zogen; Miller kommt zu denselben Eesultaten im menschlichen
Magen, wie sie v. Mering beim Thiere erhielt (s. Jahrb. 1894),
imd er bezieht die Veränderungen, die die Flüssigkeiten erleiden,
auf gleichzeitige Resorption der gelöst eingeführten Stoffe und Ab-
scheidung von Wasser in den Magen. Die Veränderung des Magen-
inhaltes wächst mit der Concentration der Lösung. Auch ohne Salz-
säureabsonderung kann der Magen Wasser abscheiden, wie Beob-
achtungen bei Einführung hoch concentrirter Kochsalzlösungen be-
weisen.
Dass der Magen übrigens nicht bloss Wasser, sondern auch
andere, und zwar specieU k ö r p e r f r e m d e Stoffe ausscheidet, ist
bekannt. In umfassender Weise ist dieses Verhalten noch einmal
von Bongers (Arch. f. experim. Pathol. Bd. 35) geprüft worden.
Subcutan oder per Klysma einverleibt, werden in den Magen aus-
geschieden von Alkaloiden : Morphin, Veratrin, Brucin, Coffein, Anti-
pyrin, Chinin, von aromatischen Substanzen Salicylsäure, von Fett-
körpem Chloroform, Chloralhydrat , Aethylalkohol , Methylalkohol,
Aceton. Nicht nachgewiesen wurden im Magen Atropin, Apomor-
phin, Carbolsäure.
Bongers.
Salzsäure. Arbeiten, die sich mit den Untersuchungsmethoden befassen,
bestimmnng, gj^^ nur wenige zu verzeichnen. H. Wiener (Centralbl. f. innere
Medicin Nr. 12) hat die gasvolumetrische Salzsäurebestim-
Krankheiten der Verdäinangsorgane.
193
mang im Magensäfte nach Mierzynski auf ihre klinische Brauch-
barkeit geprüft nnd sie wohl Terwerthbar gefunden, wenn er sie
auch nicht für sonderlich einfach erklärt. Auch die Töpfer^sche
Methode, die Salzsäure mit Dimethylamidoazobenzol nachzuweisen
und zu bestimmen, ist durch Frieden wald (Medical Eecord, April 6 ) Friedenwaid,
und durch Strauss (Deutsches ArchiT f. klin. Med. Bd. bo) ge- Stranss.
prüft und brauchbar gefunden worden. Im ganzen hat sich, wie
aas dem wenigen hervorgeht, das Interesse an dem Studium der
Salzsäure erschöpft. Dagegen wurden die Gährungssäuren, namentlich
die Milchsäure in Bezug auf Nachweis, Entstehung und dia- Milchsiure,
gnostische Bedeutung eingehender gewürdigt. Das ausserordentlich s^l'^*
umständliche Verfahren von Boas habe ich bereits im vorigen Jahre
an dieser Stelle eingehend kritisirt, die wissenschaMichen Grund-
lagen desselben werden durch die Nachprüfungen von Seelig (BerL
klin. Wochenschr. Nr. 5) wesentlich erschüttert, der selbst bei An-
wendung absolut alkohol£reien Aethers die Beaction unzuverlässig
tand. Ich selbst habe (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 15 u. 16)
nach zahlreichen ControUen ebenfalls den Eindruck gewonnen, als
ob wir mit der Uffelmann'schen Reaction sehr gut auskommen
können, wenn wir uns daran gewöhnen, nur das Auftreten einer
Gelbgrün- oder Grünfärbung als verwerthbares Kriterium zu
betrachten. Ist man in Betreff der Deutung einer Farbennüance im
Zweifel, so macht man eine Aetherextraction , nach Ansäuerung des
Piltrats mit Phosphorsäure ; der abgegossene saure Aether wird mit
10 — 20 Tropfen einer dünnen Eisenchloridlösung (2 Tropfen Liquor
fern sesquichlorati gelöst auf 50 g Wasser) versetzt und nun nicht
kräftig geschüttelt, wie dies früher gerathen worden ist, sondern
vorsichtig langsam auf- und abgeschwenkt. Gelbgrün- oder Grün-
tarbung unterhalb der Aetherschicht ist fiir die Anwesenheit von
Milchsäure beweisend. Graugelb- oder Gelbfarbimg kann durch wenig
Milchsäure hervorgerufen sein, doch geben auch andere ätherlös-
liche Stoffe, z. B. Alkohol, Essigsäure, die Beaction mit dieser
Nuance (Rosenheim). Das energische Schütteln bei dieser Mani-
pulation ist deshalb nicht empfehlenswerth , weil die Grünfärbung
<ies Eeagens im überschüssigen Aether verloren gehen kann. Auch
eine ungefähre quantitative Bestimmung der Milchsäure kann nach
Strauss (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 37) mit Hülfe der Aether- strauss.
extraction und des Eisenchlorids ermöglicht werden, wenn man in
feiner eigens dazu von ihm angegebenen graduirten Glasröhre die
Flüssigkeit zweckentsprechend verdünnt. lieber die Entstehung der
Milchsäure als Gährungsproduct sind alle Autoren einig, offen blieb
Jahrt)iich der practiflchen Medicin. 1898. 13
194 Rosenheim.
nur die Frage, ob unter ganz bestimmten Krankheitsbedingungen
immer die gleichen Bacterien die Ursache der abnormen Fermen-
tation sind. Besonders wurde hier auf jene langen, winkelig
gekrümmten Bacillen gefahndet, denen von einzelnen Autoren
eine gewisse Specificität zuerkannt wurde, ja sie sollten sogar nui^
bei Carcinom auftreten, ihr Vorhandensein erhielt also diagnostische
Milchsäure- Bedeutung (Oppler, Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5). Die in Rede
gahrnng, aij^jj^n^jen Parasiten sind mm von Kaufmann und Schlesinger
Kauftnann u. (Wien. klin. Rundschau Nr. 15) imd H. Strauss (Zeitschr. f. klin.
Schlesinger, jyj^jj jß^ 28) in Reincultur gezüchtet und als starke Milchsäurebildner
erkannt worden. Kaufmann und Schlesinger stehen nicht an,
für diesen Milchsäurebacülus eine Specificität zu construiren, indem
sie ihn als Indicator imd wesentlichsten Erreger der Milchsäure-
gährung ansprechen, dessen Constatirung dem chemischen Nachweis
der Milchsäuregährung diagnostisch gleichwerthig sei.
Dass in allen diesen Schlussfolgerungen weit über das Ziel hinaus-
Rosenheim u. geschossen wird, haben Rosenheim imd Richter in einer aus-
Richter, fuhrlichen Arbeit, der sie eine Züchtimg der Pilzflora in zahlreichen
normalen und pathologischen Mägen zu Grunde legten, dargethan. Wir
fanden, dass der normale Magen ebenso starke Milchsäure-
bildner beherberg tj, wie sie unter pathologischen Verhältnissen
nachgewiesen werden. Die Specificität der langen Bacillen fallt in
sich zusammen, da uns der Nachweis gelang, dass sie auch im nicht
carcinomatösen, erweiterten Organ ausserordentlich stark wuchern
und Milchsäure bilden können. Auch fanden wir sie gelegentlich
in salzsäurehaltigem Magensaft. Die meisten Milchsäurebildner sind
aber auch befähigt, Gasgährung und Fäulnissprocesse einzuleiten.
Man erkennt also, dass es durchaus keiner grossen Multiplicität von
Mikrobenarten benöthigt, um in einem Mageninhalte die mannich-
fachsten Zersetzungsvorgänge hervorzurufen. Welche Art von
Gährungsprocessen sich abspielt, hängt weniger von der Zahl und
Qualität der Erreger, als von anderen Momenten ab, unter denen
die Zusammensetzung des Nährbodens und die Acidität von der
grössten Bedeutung sind. So erklärt es sich auch, dass verhältniss-
mässig leicht und ohne controllirbare Ursache bei demselben Indi-
viduum die Zersetzungsvorgänge wechseln können, worauf ich
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 15 u. 16) besonders hingewiesen
habe. Dass das Auftreten der Milchsäuregährung kein nur dem
Carcinom zukommendes specifisches Zeichen ist, wie
Boas, Boas will (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 9), habe ich auf Grund
einer einwandsfreien Beobachtung früher dargethan und jetzt neue
Krankheiten der Yerdauungsorgane. 195
ilerartige hinzugefügt. Durch v. Noorden (Wiener med. Blätter v. Noorden,
Xr. 6), G. Klemperer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 14), Bial ^- Klempercr,
iBerL klin. Wochenschr. Nr. 6) sind dieselben bestätigt worden. '
Eine Untersuchung von Strauss und Bialacour (Zeitschi-. Strauss u.
f. klin. Med. Bd. 28) über die Abhängigkeit der Milchsäure- Bial»co«r.
gährung vom Salzsäuregehalt des Magensaftes erweist den
bedeutenden Einfluss, den auch die an Eiweisskörper gebundene
Salzsäure auf die Verhinderung der Milchsäuregährung hat.
Mit Hülfe der complicirten Methoden der genauen Gasanalyse
ist nach dem Vorgang von G. Hoppe-Seyler die Gasgährung
im menschlichen Magen von E. Wissel (Zeitschr. f. physiol. Sonstige
(."hemie Bd. 21) studirt worden. Auch er findet, dass die Gas- Magen-
gährung durch den Salzsäuregehalt wenig oder gar nicht beeinflusst wissel,
wird. Je weniger atmosphärische Luft im Magen die Analyse nach-
weist, um so mehr Kohlensäure und Wasserstoff treffen wir an, die,
in erheblicheren Mengen vorhanden, stets der Ausdruck pathologi-
j<cher Fermentation sind. Das Verhältniss der Intensität der Gähnmg
zum Grade der motorischen Störung ist kein constantes, indem starke
Gährung bei geringer motorischer Insufficienz vorkommen kann.
Erwähnung verdient noch, dass Sarcine besonders gern da sich ent-
wickelt, wo wir bei Magengährung viel Wasserstoff finden. Schliess-
lich soll noch einer Arbeit von J. Kaufmann (Berl. klin. Wochen- J. Kaufmanu.
Schrift Nr. 6 u. 7) Erwähnung gethan werden, der bei einem Falle
von Magensaftfluss mit leichter Atonie acht verschiedene Bacterien-
formen züchtete, unter denen sich ein besonders starker Erreger
von Gasgährung in grossen Mengen befand.
Eine sehr wenig geübte, auch recht schwierige TJntersuchungs-
methode, die aber unter Umständen sehr beweisende Aufschlüsse
über das anatomische Verhalten des Magens Eefem kann, ist die
Untersuchung kleiner Schleimhautstückchen, die wir
gelegentlich bei Ausspülungen und Sondirungen erhalten. P. Cohn- Unter-
heim (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. 1) veröffentlicht eine^^^JJ^"^ ^^^
grössere Zahl von Untersuchungen, die er an solchen Schleimhaut- schieim-
ßtückchen gemacht hat, und betent mit gutem Grunde die dia- haut-
• fltiickcliBU
gnostische Bedeutung, die einer solchen Prüfung, wenn sie exact p cohnheim.'
gemacht wird, nicht bloss für die Erkenntniss des Carcinoms, son-
<lem auch für das Studium der Schleimhautveränderungen im all-
gemeinen zukommt.
Da« von früheren Arbeitern behauptete Vorkommen einer schlei-
migen Degeneration der Drüsenzellen bei Gastritis wird von ihm,
J96 Rosenheim.
Schleimige ebenso wie dies bereits von A. Schmidt (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19)
Degene- geschehen ist, bestritten. Während aber letzterer das Bild durch ein Erhalten-
^^M*^'^ sein resp. eine Wucherung der normalerweise im Magen vorkommenden
schleimhant, Schleimdrüsen erklärt, istCohnheim der Ansicht, dass diejenigen Schläuche,
A. Schmidt, welche Stäbchensaumepithel- und Becherzellen enthalten, den verlängerten
Cohnheim. ^j^^ erweiterten Magengrübchen entsprechen. Diese schleimige Degeneration
der Vorraumschicht, nicht der Drüsenzellen, kommt sowohl bei dem ein-
fachen schleimigen Katarrh , wie bei den zur Atrophie führenden Pro-
cessen vor.
Dass man beim Sondiren für die Diagnose verwerthbare Schleim-
hautstückchen im Spülwasser und in der Sonde gelegentlich bei jeder
Art von Magenstörung ündet, zumal, wenn man nicht ganz vor-
sichtig manipulirt, ist bekannt; dass dasselbe bei Tiefstand des
Pylorus auch einmal aus der Pförtnergegend aspirirt werden
kann, lehrt eine Beobachtung von Ebstein (Berl. klin. Wochenschr.
Ablösung Nr. 4). Nach Einhorn (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 20 u. 21)
von Schleim- ^^y^r kommen Fälle zur Beobachtung, wo die Abstossung von Schleim-
stückchen ^^^^ ganz auffallend leicht und häufig vor sich geht. Hier besteht
Ebstein, also eine ausgesprochene NeigungzurBildungvonErosionen;
Einhorn. ^^^ diesen Elranken treten Abmagerung, Gefühl von Schwäche,
Schmerzen auf, die nicht sehr intensiv sind und gleich nach dem
Essen, unabhängig von der Qualität der Nahrung kommen. Die
Fetzen wurden regelmässig Morgens im nüchternen Magen gefunden ;
die Schleimhaut bot gemeinhin die Erscheinungen der Gastritis glan-
dularis chronica. Erfolgreich erwies sich die Behandlung mit der
Argentum nitricum-Douche.
Gegenstand lebhafter Discussion ist endlich zur Zeit eine Unter-
suchungsmethode: die Magendurchleuchtung. In systematischer
Magendarch- Weise hat Meltzing (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27) das Gastro-
**M°itzi**°*^' diaphan zu Untersuchungen über Grösse, Lage und Beweglichkeit
des kranken und gesunden menschlichen Magens verwandt. Die Er-
gebnisse wurden am leeren und voUen Magen, im Stehen und Liegen
verglichen, für die Grenzbestimmungen erwies sich besonders die Ver-
schiebung der Lichtquelle, das „Wandemlassen^^ der Lampe vortheilhaft.
Martins, Als B/esultate, die auch Martins (Wiener med. Wochenschr. Nr. 7),
unter dessen Leitung Meltzing arbeitete, vertritt, hebe ich hervor:
1. Beim Gesunden erreicht der leere Magen den Nabel, der gefüllte
reicht noch tiefer bis zu einer Linie, die die höchsten Punkte der
Grista ilei verbindet (Ergebniss bei 28 Gesunden). 2. Die untere Grenze
des gefüllten Magens verschiebt sich beim Aufstehen des Patienten
zugleich mit der unteren Lebergrenze imi 4 — 11 cm. 3. Die respira-
KrBiikfaät«D der XeräManing^^Tgaaif,
w
torische Verschiebbarkedt ist im Li^^^aa grcisser ak im ST<.hۊD.
4. Nach der Anf^nng; T^ergrösseit sich das Lichibild hiiu}»tsächlich
nach rechts. 5. Von der gefundenen Grosse des Magens darf ab-
solut kein Schloss anf die motorische Thatigkeit des Magtais ge-
macht 'werden, da sehr grosse, aber vollkommt-n nonnal runcTio-
nirende Magen beobachtet sind. 6. Bei CArcinomen half die Methode
nor den Sitz naher besdnunen.
Ob die Magendmnchleachtnng. selbst mit allen möglichen Cautelen
ansgefiihrt, in der That als einwandsfineie Methode gelten kann, er>
scheint mir doch fraglich. Den Einwänden von E. Meinert lOentralbl. Meiwjt*
f. innere Med. Xr. 441 und E. Langer h ans (Wien. med. Blätter Xr. 45) Lau^nteas.
biinTi ich mich nnr anschliessen. Wasser, Lofl, Contenta in den
Banchorganen, der Grad der Wölbtmg der Bauchhöhle können zweifel-
los Fehlerquellen bedingen, die manchmal gering, manchmal be-
trachtlich sein dürften. Für mich bleibt das souveräne Verfahren
zur Feststellung der Lage imd Form des Magens die Aufblähung
mit Luft oder Kohlensäure.
Die Diagnose speciell der Verlagerung des Magens, der Gastroptose,
wird auf diesem Wege leicht und sicher. Mit diesem Hiüfsmittel
arbeitend kam E. Meinert (Sammlung klin. Vorträge X. F. Xr. 115
u. 1 16) zu dem Resultat, dass die Gastroptose eine regelmässigeBe-
gleiterin der in der Pubertätszeit erworbenen Chlorose auch
bei jimgen Mädchen, die nicht geboren haben, sei. Dass man die Ver-
lagerung bei schlanken, magern, besonders in letzter Zeit abgeinagei*tcn
Frauen häufig findet, muss zugegeben werden, aber von einer Constanz
des Symptoms ist , namentlich so lange das Fettpolster gut erhalten
bleibt, sicher keine Rede, eiae Auffassung, die auch K e 1 1 i n g ( Volk-
maim^s Sammlung klin. Vorträge Xr. 126) vertritt. Dass Meinert
nebenbei diese von ihm diagnosticirte Gastroptose in Verbindung bringt
mit einer Reizung desjenigen sjonpathischen Centrums, unter deHson
Einfluss die in der Milz stattfindende Hämoglobinbereitung steht, dass
femer die Gastroptose nach ihm die der Chlorose zu Grunde liegende
örtliche Störung ist, sei noch erwähnt, soll aber nicht weiter discutirt
werden. Eingehend würdigt auch A. Hub er (Con^espondenzbl. f.
Schweizer Aerzte Xr. 1) von einem anderen Standpunkte die Gastro-
ptose und macht auf das überaus häufige Vorkommen der motori-
schen Insufficienz bei der Verlagerung aufmerksam ; ziemlich oft
findet man daneben Subacidität. Endlich bringt Fleiner eine zu-
sammenfassende Darstellung der Beziehungen der Form- und Lage-
veranderangen des Magens und Dickdarms zu Functionsstörungen und
Gastro-
ptose,
Meinert,
Kelling,
HubcT.
Fl#'ln«r
1 98 Rosenheim.
Gastro- Erkrankungen dieser Organe (Münch. med. Wochenschr. Nr. 42 — 45).
ptose. Darin sind alle Autoren einig, die sich mit diesem wichtigen Gegen-
stande beschäftigen, dass das Schnüren die wichtigste und bedenk-
lichste Ursache dieser Anomalieen ist. Unbestreitbar ist die That-
sache, dass die Schnürung eine Verengerung des Magenlumens
herbeiführt, die die Vorwärtsbewegung des Ghymus hemmt, sich
durch Stenosengeräusche (Kollern) manifestirt und sich durch Magen-
krämpfe, Ohnmächten und Aehnliches äussern kann. Der mechanischen
Bewegungshemmung entspricht auch häufig ein Schwächezustand der
Drüsenfunction , der durchaus nicht rein nervöser Natur zu sein
braucht, wenn auch Störungen des Nervensystems durch den Druck
imd die Zerrungen, oder indirect durch Blutveränderungen ver-
anlasst, hier ebenso häufig und ebenso mannichfaltig auftreten, wie
bei Verlagerungen der Gebärmutter.
Klinisches Interesse haben des weiteren noch einige Ausfiih-
Traama- rungen von Ebstein (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54) über
tisches ^g Beziehungen zwischen Trauma und Magenerkran-
Magen- • n • P
geschwür, kung. Der Einfluss emes Traumas auf die Entstehung eines Ulcus
Ebstein. wird durch neue gute Beobachtungen sichergestellt. Nicht bloss
directe Verletzungen der Magengegend können eine Ulceration von
dem klinischen Charakter des runden Magengeschwürs zur Folge
haben, sondern auch Verletzungen, die andere Körpertheile treffen,
ziehen den Magen in Mitleidenschaft oder schädigen ihn allein. In
gleichem Sinne wirken auch aussergewöhnliche körperliche An-
strengungen, indem sie Magenblutungen und Ulcusbildung nach sich
ziehen. Dass nicht jede Hämorrhagie nothwendig ein Ulcus zur
Voraussetzung hat, ist allgemein anerkannt. Dass dieselbe gelegent-
lich auch, ohne dass anatomische Veränderungen an dem Organ vor-
liegen, zu Stande kommt, wird lange nicht genug gewürdigt. Zu-
Magen- dem ist, wie L, Kuttner (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 7 — 9) mit Recht
biutang, hervorhebt, Magenblutung häufiger als Bluterbrechen und wird
meist nicht genug beachtet. Magenblutungen treten öfter periodisch
im Zusammenhange mit der Menstruation und deren Anomalieen auf,
dieselben werden am besten'menstruelle Magenblutungen ge-
nannt. Die bei Amenorrhoe auftretenden periodischen Magen-
blutungen stehen in einem gastrischen Zusammenhang mit dieser
Menstruationsanomalie, sind aber nicht als vicariirend in dem Sinne
aufzufassen, als ob die Magenblutung den physiologischen Vorgang
der Menstruation ersetzen könnte. Die bei Ulcus ventriculi auftreten-
den Magenblutimgen halten zuweilen auch den Menstruationstermiu
Krankheiten der Yerdauungsorgane.
199
inne. Menstraelle Magenblutimgen legen den Verdacht auf das Vor-
handensein eines latenten Ulcus ventriculi nahe. Im gegebenen Falle
ist die Durchfuhrung einer typischen Leube'schen Ruhecur an-
gezeigt, die Erfolglosigkeit derselben spricht gegen Magengeschwäre.
Von Belang sind dann noch einige Ausfuhrungen von C. Nau- NykotiBcL
werck (Münch. med. Wochenschr. Nr. 38 u. 39) über den myko- P«Pti8ches
tischen Ursprung des peptischen Magengeschwürs, der geachwür,
früher ebenso entschieden behauptet, als in letzter Zeit angefochten Nanwerck.
worden ist. Für die Entstehung des Ulcus auf infectiösem Wege
von der Schleimhautoberfläche her spricht auch thatsachlich nichts.
Dagegen gibt es hämorrhagische Erosionen, die als vom Blut her ge-
setzte mykotische Nekrosen der Schleimhaut beginnen, aus denen,
wenn auch seltener, echte Geschwüre hervorgehen können. Bei diesen
Erosionen ist Blutaustritt ein nachfolgender Vorgang von unter-
geordneter Bedeutimg, von sehr wesentlicher aber ist die hyaline
Thrombose, die man hier wie auch sonst bei ulcerösen Processen am
Magen oft genug findet und die Gefässverschluss, Circulations-
störung, Andauung des Gewebes durch den Magensaft nach sich
zieht. Diese mykotisch-toxische Genese des Ulcus kommt in Be-
tracht bei Sepsis, Polyarthritis rheumatica, vielleicht auch Tuber-
culose und anderen Infectionskrankheiten.
Ueber Neurosen gastrischen Ursprungs, mit beson-
derer Berücksichtigung der Tetanie und ähnlicher
Kramp fan fälle handelt Fl ein er ausführlich (Archiv f. Ver-
daaungskrankheiten Bd. 1). Neurosen des Vagus, Sympathicus und
sensibler peripherer Nerven im Gefolge von Magenkrankheiten werden
oft genug beobachtet. Die häufigsten Formen, in denen die nervöse
Reaction sich geltend macht, sind wohl dorsolumbare Intercostal-
neoralgieen und Migräne. Bei geeigneter Disposition begegnen wir
auch Psychosen gastrischen Urspnmgs: Angst, hypochondrische
Wahnideen, auch haUucinatorische Verwirrtheit können im An-
Bchluss an Erkrankungen des Magens und mit diesen zusammen-
hängende Ernährungsstörungen auftreten. Sehr viel seltener sind
motorische Neurosen, Krämpfe tind Lähmungen, doch gehen letztere
wohl nur indirect vom Magen aus und sind von spinalen Verände-
rungen abhängig. Zu den Krämpfen gehören der chronische Zwerch-
feUkrampf, der Singultus infolge Erregung des Phrenicus, femer der
viel bestrittene Magenhusten infolge reflectorischen Krampfes in den
£x8pirationsmuskeln. Endlich gehören hierher die convulsivi-
Bchen Anfälle verschiedener Art, die unter dem Namen Tetanie
Magen-
nearoseii,
Fleiner.
200 Rosenheim.
Magen- iirthümlich bisher zusammengefasst wurden, die aber sehr verschieden-
neurosen, artigen Charakter haben können; bald haben sie mehr Aehnlichkeit
mit echter Tetanie, bald sind sie starrki*ampfartig, bald epileptiform,
bald ist das Bewusstsein getrübt, bald ganz zum Schwinden ge-
bracht, bald frei. Neurosen können vom Magen her einfach durch
Reflexwirkung und Irradiation zu Stande kommen, indem die Nerven
die Vermittelung übernehmen, häufig entstehen Neurosen aber auch
auf dem Wege der Blutbahn, und zwar dadurch, dass Producte
abnormer Fermentationen und Umsetzungen im Magen durch Re-
sorption ins Blut gelangen und auf die Zusammensetzung desselben,
auf die Ernährung der Gewebe nachtheilig einwirken und allgemeine
oder nur auf geschwächte oder weniger widerstandsfähige Gewebe
des centralen oder peripheren Nervensystems beschränkte toxische
Wirkungen entfalten. Diese schweren Convulsionen sind Fleiner
mehrfach (vier Fälle) vorgekommen, er hat sie aber nicht bloss bei
den durch Magensaftäuss ausgezeichneten Ektasieen, sondern auch
bei einfacher secundärer Magenerweiterung mit Subacidität beobachtet.
Die in einem Falle angestellten Versuche, ein Krampfgifb aus dem
Mageninhalt zu isoliren, schlugen fehl. Die Erfahrungen, die Fleiner
bei der Behandlung dieser Zustände gemacht hat, veranlassen ihn,
wo wirkliche Tetanie vorliegt, oder am Nervensystem, im Urin, am
Herzen oder sonstwo Zeichen nachweisbar sind, welche wie das
Faciaüs- und das Trousseau'sche Phänomen, die Albuminurie und
gesteigerte Toxicität des Harns, comatöse Zustände, Delirien u. dergl.
als Autointoxicationsphänomene gedeutet werden müssen, von einem
operativen Eingriff abzurathen. Einem vergifteten Körper
kann eben eine Operation seiner Ansicht nach nichts nützen, sie be-
schleunigt zusammen mit der Narkose, wie eine Beobachtung lehrte,
den tödtlichen Ausgang. In solchen Fällen soU man versuchen, aus
dem Körper durch Auswaschungen des Magens und besonders auch des
Dickdarms mit grossen Wassereinläufen, die ins Blut gelangen, die
Giftstoffe zu entfernen. Nach der Entgiftung dürfte eine Operation
bessere Chancen gewähren.
Aktino- Als erwähnenswerthe Raritäten, die nicht ohne klinisches Interesse
mykose des sind, hebe ich einen Fall von Aktinomykose des Magens hen^or,
^^cfu"^' über den A. Grill (Beiträge zur kUn. Chirurgie Bd. 13) berichtet; femer
den Befund eines papillären, in das Duodenum herabgestiegenen Fibro-
adenoms des Pylorus bei einer 70jährigen Frau — der Tumor war 2 cm
I-' «1 breit, 11 cm lang — , das Cl. Calzavora (Virch. Arch. Bd. 141) beschreibt:
des Pylorus, ^^^1^^^ ^^^ ^^ dem Ductus Wirsungianus communicirendes Tractions-
Calzavora. diver tikel des Magens. Letzteres fand H. He übel (Deutsches Arch. f.
Krankheiten der Verdauongsorgane.
201
klin. Med. Bd. 55) 1 cm lang, entstanden durch Entzündongsvorgänge im Traetions-
Pänkreas, die die Hinterwand, resp. kleine Curvatur des Magens angriffen div^'tikcl.
and bei der Schrumpfung anszogen. Eine solche Bildung L<t bereit«} früher
von Tilger (Virchow's Arch. Bd. 133) von der GaUenbliVse ausgehend ge-
sehen worden. Endlich verdient hier der intere^ante Fall von K. Hirsch
iVirchow's Arch. Bd. 140), der einen höchst wahrscheinlich congenitaleii
Hrubel,
Tilger.
Sandnhr-
Sanduhrmagen betrifft, einen besonderen EUnweis.
magen,
Hirsch.
Ich schliesse diesen Abschnitt mit einer Besprechung derjen igen chirurgische
Arbeiten, die therapeutischen Zwecken huldigen. Ich selbst Behandlung
habe (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 — 3) eine, wie ich gla^t^e, ,^^^^1^1,^1^^^
erschöpfende Darstellung vom Stande der chirurgischen Be- Ro6enheim,
handlung der Magenkrankheiten gebracht. Meine Stellung-
nahme war begründet auf Erfahrungen, die ich an einem grossen
Material zu machen Gelegenheit hatte. 7mal wurde wegen des
Krebses resecirt, 3 von diesen Kranken starben infolge der Opera-
tion , die 4 anderen genasen , 2 davon blieben dauernd recidivfrei,
1 Patientin ist es bereits 5 Jahre. 8mal wurde wegen Pyloruskrebs
die Gastroenterostomie gemacht; von diesen Kranken, obgleich es
sich ausnahmslos um vorgeschrittene Pälle handelte, starb keiner an
der Operation, vielmehr erholten sie sich alle erheblich, wurden fast
beschwerdefrei, in der Mehrzahl der Fälle war die Lebensverlänge-
rung unzweifelhaft, eine meiner Kranken lebt heute, fast 2 Jahre
nach der Operation immer noch. Bei gutartiger Narbenstenose ist
der overative Eingriff dringend zu empfehlen, wie überhaupt bei
jeder motorischen Insufficienz und Ektasi e, unabhängig von der
QualitätdesGrundleidens, wenn die Heilpotenzen der inneren
Medicin, insbesondere die Ausspülungen keine functionelle Besserung
herbeifuhren, vor allem die Unterernährung nicht beseitigen.
Dann können auch Perigastritis und immer wiederkehrende Blutungen
die Indication zum operativen Eingriff abgeben. Das souveräne Ver-
fahren ist in allen diesen Fällen die Gastroenterostomie. Im
Anschluss an meinen Vortrag befürwortet Pariser (Deutsche med. Pariser,
Wochenschr. Nr. 28) die Ausführung der Laparotomie innerhalb der
ersten 20 Stunden nach Perforation eines Ulcus. Die Resul-
tate sind namentlich nach den in England gemachten Erfahrungen
nicht ungünstig ; Spontanheilung ist nur zu erwarten, wo der Magen
bei der Katasti'ophe leer ist. Ermuthigend sind auch die Mitthei-
Inngen über die Resultate, die von Kocher (Deutsche med. Wochen- Kocher,
Schrift Nr. 16—18) und Mikulicz (Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 51), Mikulicz,
der z. B. bei 10 Resectionen wegen Carcinom in den letzten Jahren
nur einen Todesfall hatte, für die operative Behandlung des Gar-
202 Rosenheim.
ein 0 ms ins Feld geführt werden. Die guten Erfolge der Gastro -
chirur- enterostomie veranschaulicht auch eine Mittheilung von v. Hacker
_ • ■
gißcne (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 25 u. 26). Statistisches vom chinir-
Behandlung . ^ , . J
der Magen- gischen Standpunkte trägt in erschöpfender Weise Haberkraiit
krankheiten, zusammen (Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 51). Ausser mir haben vom
Haberkraat Standpunkte des inneren Klinikers Talma (Berl. klin. Wochenschr.
Talma, ' Nr. 25 u. 26) und Cahn (Berliner klin. Wochenschr. Nr. 28) liir
Cahn, ^Jq operative Behandlung der Magenkrankheiten Indicationen auf-
gestellt, die sich im wesentlichen mit meinen Anschauungen decken.
Dass die functionellen Resultate , die die Chirurgen erzielen, wenig-
stens bei der Besection und Gastroenterostomie vortreffliche sind,
ist durch genaue Beobachtungen sichergestellt und wird in einer
Mintz. Abhandlung von Mintz (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 18 — 20)
nach jeder Eichtung hin in erschöpfender Weise dargelegt.
Ein wichtiges, lange nicht genug gewürdigtes Hülfsmittel zur
Herstellung unserer Magenkranken ist zweifellos die Ausschaltung
der Speisezufuhr vom Munde h e r und die consequente Durch-
Mastdarm- führung der Ernährung vom Mastdarm aus. Schlesinger (Wiener
ernfthrung, jj-j^ Wochenschr. Nr. 19—21) redet diesem Verfahren wieder ein-
Schlesinger. . . .
dringlichst das Wort, namentlich wo es sich um die Beseitigung
einer motorischen Insufficienz massigen Grades oder um
schwere Beizzustände des Organs handelt. Als Bereicherung unseres
Magen- therapeutischen Apparates ist ein von He mm et er (New York med.
douche, Journal, 30. März) construirter Schlauch zu erwähnen, der es er-
Hemmeter.
möglicht, unter permanentemZufluss den Magen auszuwaschen.
Der Schlauch besteht aus Kanälen, von denen der die Flüssigkeit
zuführende enger ist; er kann mit geringer Modification auch für
den Mastdarm verwendet werden: hier macht man die Durchspü-
lung in Knieellenbogenlage. Zur Bekämpfung der sauren Dys-
Kau- pepsie empfiehlt J. Bergmann (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 6)
tabietten. Kauenlassen harter Brodrinde oder feiner Kautabletten, die Rad.
J« Bergmann»
Zingib. , Magn. usta und Aehnliches enthalten. Er meint, dass
Neutralisirung des Magensaftes den Effect hervorrufe.
Endlich soll hier noch eine Behandlungsmethode, nämlich die
elektrische, deren Werth vielfach strittig ist, gewürdigt werden.
Elektrische Ich habe durch Brock (Therap. Monatsh., Juni) an einem grösseren
Behandlang, Krankenmaterial Versuche über den Nutzen der inneren Galvani-
sation des Magens und Darms anstellen lassen. Die gemachten Er-
fahrungen dürften wolil um deshalb einige Geltung haben, als es
sich durchgängig um eingewurzelte Uebel handelte und weil wir nur
Krankheiten der Verdauungsorgane. 203
diese eine Heilpotenz wirken liessen, während wir von jeder anderen
medicamentösen und mechanischen Behandlung Abstand nahmen.
Es scheint uns unbezweifelbar, dass auf diesem Wege störende sen-
sible Reizerscheinungen des Magens beseitigt werden können. Ebenso
erwies sich die Galvanisation des Mastdarms in verschiedenen Fällen
ausserordentlich nützlich zur Bekämpfung der Darmatonie. Dass
namentlich schwache Endogalvanisation Magenschmerz bei Neurosen
und organischen Affectionen zu mildem im Stande ist, betont auch
E. Goldschmidt (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 56), dagegen e. Goldschmidt,
findet er, dass die directe Faradisation und Galvanisation des Magens
auch bei starken Strömen (15 — 25 M.-A.) auf die motorische Thätig-
keit des Organs, wenn überhaupt, nur unbedeutenden imd incon-
stanten, auf die secretorische aber gar keinen Einfluss hat. Die Re-
sultate decken sich mit Beobachtungen von Meltzer (Centralbl. f. Meltzer.
Physiologie Bd. 9, Nr. 8), der an Thieren den Einfluss des faradi-
schen Stromes auf Magen und Darm prüfte. Es zeigte sich ihm,
dass die Schleimhaut des Verdauungskanals und speciell
die des Magens dem Durchtritt des Stromes einenausser-
ordentlichen Widerstand entgegensetzt, der, wenn
man von der Serosa aus die Muscularis reizt, vergleichsweise nur
geringfügig erscheint. Die therapeutische Erwartung, dass bei der
percutanen resp. inneren Faradisirung der Magen imd Darm zur
Contraction gebracht werde, scheint Meltzer somit unbegründet
zu sein.
ۥ Darm.
Bei der Besprechung der letzten Arbeiten haben wir bereits das
Gebiet der Darmkrankheiten berührt, und zwar haben wir wich-
tige theoretische Fragen gestreift. Wir nehmen auch noch einige
andere hierher gehörige Publicationen von nicht unmittelbar prac-
tisch-klinischem Interesse, die mehr anatomische imd physiologische
Probleme behandeln, vorweg. Die ausserordentlich wichtige Frage,
die durch die Untersuchungen von Grützner angeregt war, ob und
inwieweit durch die Einwirkung von Kochsalz auf die Darm-
schleimhaut eine Antiperistaltik hervorgerufen wird,
die eine Beförderung kleinster Nahrungspartikelchen vom Mastdarm
bis in den Magen hinein ermöglicht, wird von verschiedenen Seiten
experimentell geprüft. Christomanos (Wiener klin. Eundschau Anti-
Nr. 12 u. 13) findet im Gegensatz zu Grüt'zner, wenn er das Auf- Peristaltik,
. . Chnstomanos.
lecken von. Darminhalt bei den Thieren unmöglich machen konnte,
dass die Hinaufwanderung von Kohle, Lycopodium u. a. über die
204 Rosenheim.
Bauhin'sche Klappe hinaus kaum je zu Stande komme, von einer
Hinauf befbrderung aber von Mastdarminhalt durch einen Bandstrom
bis in den Magen gar keine Rede sein könne. Der Widerspruch
Anti- zwischen Grützner und Christomanos veranlasste Swiezinsky
Peristaltik, (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 32) zu einer Nachprüfung bei Ein-
haltung aller möglichen Cautelen. Er kommt bei seinen Versuchen
zu der Ueberzeugung , dass das ins Bectum des Menschen oder
Hundes eingeführte Lycopodium zum Theil aufwärts bis in den
Magen wandert; wahrscheinlich ist es, dass in der That das Koch-
salz die dabei in Betracht kommende Antiperistaltik hervorruft.
Danber. Ebenso entschieden aber bestreitet D a u b e r (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 34) eine derartige Wirkung der Kochsalzklystiere. Die
Resultate, die Grützner erzielt hat, erklärt er dadurch, dass Kly-
stierbestandtheile bei den Thieren per os in den Magen und Dünn-
darm kommen, er hält es jedenfalls für unmöglich, wenn nicht ab-
norme Verhältnisse mitspielen, dass Klystiere und darin suspendirte
Körperchen die Ileocöcalklappe nach oben überschreiten.
•
Mastdarm- Eine der eben besprochenen verwandte Frage berührt Posner
"'poraei''"' (Verhandl. d. 13. Congi-esses f. innere Med.). Er betont, dass bei
der Resorption vom Mastdarm aus nicht rein mechanische
oder physikalische, sondern vitale Vorgänge im Spiele sind. Bei
Verschluss des Mastdarms wandern Bacterien in den Kreislauf ein,
aber chemische KörjDer werden auch vom normalen Organ aus ge-
meinhin rasch und vollständig resorbirt.
Innervation, Untersuchungen über Darminnervation veröffentlicht Pal (Wiener
^*^* klin. Wochenschr. Nr. 29 u. 80). Es wird nach dem gegenwärtigen Stande
der Litteratur angenommen, dass der Vagus den Magen, den Dünndarm
und das obere Drittel des Colon innei-vire. Seine Experimente haben nun-
mehr gelehrt, dass nach Durchschneidung der Splanchnici luid der Aus-
schaltung des unteren Brust- und des Lendenmarkes durch Reizung des
Vagus Bewegungserscheinimgen im ganzen Colon und Rectum ausgelöst
werden können. Diese Reaction tritt erst nach langer Latenz ein. Sie
erfolgt in dem gleichen Sinne wie die, welche Fellner bei Reizung des
Plexus hypogastricus beschrieben hat, d. h. als Verengerung und Verkürzung
des untersten Dannstückes. Der Erfolg ist deutlicher, wenn das Rectum
gefüllt ist. Die Bahn dieses Reizes dürfte der Verbindungsfaden sein, der
vom Vagus zum Ganglion coeliacum zieht, aus welchem der Plexus hypo-
gastricus hervorgeht, der tlie Fasern für das Rectum führt.. Jedenfalls ist
aber der Vagus der bewegende Nerv für den gesammten Darm-
tract.
Krankheiten der Yerdauungsorgane. 205
Von anatomischem Interesse ist ein Beitrag zur Kenntniss der
Länge des menschlichen Darms (Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie
B<L 44). den Dreike g^bt. Er findet, dass der Dickdarm im Yerhältniss Darmlänge,
zum Dfinndarm beim Erwachsenen länger ist , als bei Kindern , die einen Dreike.
relativ längeren Darm als Erwachsene haben. Pathologische Veränderungen
diu Darm bewirken bei Kindern eine bedeutende Verlängerung des Or-
^T^kn»: Phthisiker und an mara-stischen Zuständen Gestorbene haben einen
relativ kurzen Darm.
Die Untersuchungsmethoden des Darms, speciell die physi-
kalische, bespricht Obrastzow (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 1) Physi-
ausfuhrlich und zwar mehr in der Form eines klinischen Vortrages, kalische
dessen zahlreiche Einzelheiten hier schwer wiederzugeben sind, guchnng
AehnUches gilt von der Mittheilung Müller's (Berl. klin. Wochen- des Darms,
Schrift Nr. 13); doch hebe ich hier einen Punkt, der mir wichtig S^'^^^'
erscheint, hervor: er bezieht sich auf das Auftreten einer Dämpfung
in der Blasengegend, bedingt durch collabirte, nach abwärts ge-
drängte Darmschlingen; natürlich kann auch Blasenfüllung die
Dämpfung hervorrufen, doch gehören dazu wohl 500 ccm Flüssigkeit,
and zwar bei Männern etwas weniger. Der Nachweis von Flüssig-
keit im Abdomen gelingt bei Kindern sicher erst bei 200 ccm, bei
Erwachsenen bei 1500 ccm Masse. — Zur Besichtigung des Mast-
darms bis in die Flexura sigmoidea hinein verdient das Vor-
gehen von H. A. Kelly (Annals of Surgerj»-, April) die grösste Be- Prokto-
achtnng. Nach Entleerung des Rectums wird der Kranke in Knie- ^^°,^^®'
ellenbogenlage gebracht, und man fuhrt dann ein cylindrisches Spe-
culum ein, das mit einem Obturator versehen ist. Nach Entfernung
des Obtorators dehnt man das vorliegende Organstück durch Luft
ans und kann nun den Theil inspiciren. Das längste so eingeführte
Speculum, das bis in die Flexura sigmoidea hinaufreicht, ist 35 cm lang,
der Durchmesser beträgt 22 mm. Zur Reinigung der Schleimhaut
hält man Wattebäusche und Cüretten bereit. Die diagnostischen
Hesultate sollen recht befriedigend sein.
Schliesslich will ich noch einen Artikel über den diagnostischen
Werth der Kothuntersuchung von J. Kaufmann (New Yorker Kothunter-
med. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 11) erwähnen, der in Anlehnung an die ■««'»^ng»
neueren deutschen Lehrbücher über Darmkrankheiten ausführlich
«
über den Gegenstand handelt.
Indem wir nun zu den rein klinischen Arbeiten übergehen,
nehmen wir eine Mittheilung von K ellin g (Arch. f Verdauungs-
faimkheiten Bd. 1) vorweg.
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Krankheiten der Yerdanongsoi^gane. 207
Schüttelfrost, Fieber, Erbrechen, Durchfall, hefidge Schmerzen ver-
räth. Wenn nun auch das Yorkonunen dieser beiden eben charak-
rerisirten Tj-pen zugestanden werden darf, so scheinen mir mittel-
-tchwere Fälle, die Uebergangsformen darstellen, fast ebenso häufig
'a sein, und gerade deren Beurtheilung bietet grosse Schwierig-
•^iten. Gerade für diese Fälle gilt die Unsicherheit der Prognose,
•rade hier besteht die Schwierigkeit zu sagen, ob und wann der
^rative Eingriff am Platze ist. Mit irgend welcher Sicherheit
nnen wir den Moment, in welchem sich eine localisirte Entzündung
oder um den Wurmfortsatz verallgemeinem wird, nicht fijoren.
. einer plötzlich acut verlaufenden oder beginnenden Appendicitis
es in den ersten Tagen häufig unmöglich zu entscheiden, ob es
Begrenzung des Processes oder zu einer allgemeinen Peritonitis
inen wird, wie dies auch Kammerer jüngst (New Yorker med. KMnmcrer.
itsschr. Nr. 7) mit Recht betont hat. Unter diesen Umständen
nd bleibt die scharfe Indicationsstellung fär den operativen Ein-
bei der Perityphlitis ein fronmier Wunsch. Diesen zweifel-
II Fällen gegenüber ninmit der chirurgische Correferent Helfe-
den Standpunkt ein, „es ist besser, sich nachher sagen zu
n, vielleicht wäre der Patient auch ohne Operation gesund
den", als „durch Operation wäre der Kranke zu retten ge-
**. Nimmt man an, dass durch das chirurgische Yorgehen
(refahr heraufbeschworen wird, so ist diese Auffassung gewiss
+igt, aber als ganz gefahrlos kann man den Eingriff der Ope-
ln kritischen Fällen nicht ansehen. Immerhin zeigt sich be-
M gewissen Punkten eine erfreuliche Uebereinstimmung in der
•tionsstellung zwischen inneren und chirurgischen Klinikern .
•r von Sahli aufgestellten Gesichtspunkte zeigen die sich voll-
'i Annäherung imd verdienen als gut begründete zum Schluss
ehoben zu werden. Er empfiehlt für die ersten Tage der
i-it Ruhe und Opium, vollkommene Abstinenz der Nahrung,
th 3, längstens nach 8 Tagen die Affection nicht ganz erheblich
so ist unbedingt der operative Eingriff, Entleerung des Eiters,
Lüg des Wurmfortsatzes etc., vorzunehmen. Als weitere
•nen zur Operation gibt er zweitens an: anhaltendes Fieber
ättelfröste gleich im Beginn der Krankheit; drittens W^ider-
. von Fieber und Schmerzen nach anfänglich scheinbar be-
v'erlauf ; viertens nachträgliche Verschwärung des W^unn-
, selbst wenn spontane Entleerungen des Eiters in den
. stattgefimden haben,
.nerkwürdige imd unerklärte Verbindung von Appendi-
208
Rosenheim.
Rhenma-
tische Peri-
typhlitis,
Sutherland,
Frazer,
Brazil.
Colitis,
White.
Nosophen,
Endoxin
bei Darm-
katarrh,
Rosenheim.
citis und rheumatischer Gelenkaffection ist wieder mehrfach,
in England beobachtet worden, und zwar von Sutherland (Lancet,
Bd. 2, S. 457), von Frazer (British med. Journal Bd. 1, S. 1321)
imd Brazil (British med. Journal Bd. 1, S. 1142). In allen mit-
getheilten Beobachtungen wai- der Erfolg des Natrium salicylicuni
auch auf die Rückbildung der Dannaffection ganz evident.
Von Dickdarmentzündungen handelt ein Aufsatz von Haie
White (Lancet, 2. März). Er unterscheidet eine einfache, mem-
branöse und ulceröse Colitis; bei der Colitis simplex ist Diar-
rhoe das hervorragendste S3rmptom, die Stühle sind schleimig,
auch etwas bluthaltig; Druckempfindlichkeit des Leibes, vorwiegend
über dem S romanum; massige Leibschmerzen sind fast constant
vorhanden, Dyspepsie, Erbrechen imd Temperatursteigerung finden
sich nur bei schwereren Fällen. Indess dürfte hiermit die Sympto-
matologie der einfachen Colitis nach unserer Ansicht nicht erschöpft
sein, da in einer grossen, vielleicht noch grösseren Zahl von Fällen
Verstopfung, oder Wechsel von Verstopfung und Diarrhoe bestehen
kann. Das, was White über die membranöse Colitis sagt, ist wohl-
bekannt und im allgemeinen zutreffend. Was die ulceröse Form
angeht, so kommt sie am häufigsten im mittleren Lebensalter bei
beiden Geschlechtern vor; sie ist ausgezeichnet durch starke Leib-
schmerzen und heftige Diarrhöen. Selten besteht schwerer Tenesmus,
was zur Unterscheidung von Dysenterie dient. Die Entleerxmgen
sind übelriechend und nicht selten mit reichlichem Blut vermengt,
es fehlt Schleim in grösseren Mengen, dagegen trifft man gelegentlich
fetzige, gangränöse Partikelchen ; es besteht Fieber. Der Tod erfolgt
gemeinhin durch Erschöpfung oder Perforationsperitonitis. Bright-
sche Krankheit, Gicht, Leberabscess bestehen neben der Darmaffection,
deren Behandlung häufig nur eine sjnnptomatische sein kann.
Als ein brauchbares Medicament bei chronischen Darmkatarrhen,
die mit Diarrhoe einhergehen, habe ich (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 30)
das Nos'ophen*, Tetrajodphenolphthalein, empfohlen. Auch die Wis-
muth Verbindung dieses Körpers, Eudoxin genannt, hat sich mir
wiederholt bewährt. Nach den bisher gemachten experimentellen und
klinischen Erfahrungen dürfen diese im Wasser unlöslichen chemi-
schen Stoffe wohl den Darmdesinficientien zugerechnet werden. Man
verordnet vom Nosophen oder Eudoxin, die durchaus ungiftig sind,
Dosen von 0,3 — 0,5 3mal täglich ohne weiteren Zusatz. Die von
Fleiner zuerst empfohlenen und auch von mir erprobten Oel-
kly stiere zur Behandlung der chronischen Obstipation rühmt auch
Krankheiten der Verdauungsorgane. 209
Berg er (Deutsche med. Woehenschr. Nr. 30) und zwar bei jeder Oel-
Art der Verstopfung. ' kiystiere,
^ *=* Beiger.
lieber multiple Polypenbildung im Tractus intestinalis und deren
Beziehung zur Krebsentwickelung verbreitet sich G. Hauser ausführlich Polypeu-
(Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55). Es handelt sich um die Entwickelung ^^^^^'^''f
massenhafter warzenförmiger und polypöser Schleimhautwucherungen des Hauser
ganzen Darmkanals und der Portio pylorica des Magens, die auf eine pri-
märe Erkrankung resp. Entartung des Drüsenepithels zurückzuführen ist.
Der hier mitgetheilte Fall war mit Carcinoma recti combinirt; der Zu-
sammenhang ist wohl so zu erklären, dass diese Wucherungen infolge der
Beschaffenheit ihres Epithels und des chronischen Reizungszustandes, in
dem sie namentlich in den tieferen Abschnitten des DickdaiTns durch die
fortwährende Einwirkung mechanischer Insulte erhalten werden, eine er-
höhte Disposition zu krebsiger Entartung bekommen. Ein gleich-
werthiger Fall, der einen 19jährigen Jüngling betrifft, wird von Port I*ort.
(Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie Bd. 42) mitgetheilt.
Als Curiosum ei'wähne ich zum Schluss das Auftreten von Flagellaten
im Darmkanal nach Schürmayer (Centralbl. f. Bacteriol, Bd. 18, Nr. 11). Flagellaten
Die beobachtete Form von niederen Infusorien aus der Ordnung der Flagellaten "*^ Darm,
Scliürmaver
war 12 — 14 ji lang, 4 — 5 [l breit. Der Leib war spindelförmig, endete hinten
spitz, hatte vom zwei derbe Cilien, die länger als die Zelle waren. Die
Parasiten glichen am meisten Trichomonas, sie bewirkten heftige Diarrhöen.
D« Leber.
Ueber einen bemerkenswerthen Fall von Gasbildung in der Leber
])ei Cholelithiasis berichtet Hintze (Münch. med. Woehenschr. Nr. 10). Gasbildung
Es fand sich bei der Section in den stark erweiterten Gallengängen — der in der
Ductus choledochus war durch einen Gallenstein verlegt — eine zähe, „? ^^'
irrünliche Flüssigkeit, reichlich mit Gasblasen untermischt. Das nicht brenn-
bare Gas war durch Bacterium coli commune, das in grossen Mengen ge-
wuchert war, und zwar wahrscheinlich schon intra vitam gebildet worden.
Als Ursache profuser Darmblutungen im Anschluss an eine Verletzung Aneurysma
fand Mester (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28) ein traumatisches Aneu- der Arteria
rysma spurium der Arteria hepatica, ein seltenes Ereigniss, da bis- Bester *
her nur 19 Fälle dieser Art beobachtet worden sind.
Zwei Fälle von subphrenischen Echinokokken, von Leber
und Milz ausgehend, erfahren durch Aschoff (Münchener med. Echino-
Wochenschr. Nr. 4 u. 5) eine ausführliche Besprechung. Die Gas- coccus,
bildung in den Cysten folgte der Vereiterung, so dass die typischen
Erscheinungen des Pyopneumothorax subphrenicus vorhanden waren.
Jahrbach der practischen Medicin. 1S96. ]4
210 Rosenheim.
In einem Falle von leichter Gelbsucht, dex' aber eine Reihe von
Tagen mit hohem Fieber und Milzvergrösserimg einherging, vermochte
Icterus Banti (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) den infectiösen Charakter
infectiosuß, der Erkrankung darzuthun; er konnte aus der Punctionsflüssigkeit der
Milz ein Kapselbacterium in Reincultur züchten, das er geneigt
ist für das specifische Agens der Krankheit zu halten. Die von
Banti in diesem einen Falle gefundene Bacterienart gehört wohl
der Proteusgruppe an, die durch Bildung energisch wirkender
Toxine ausgezeichnet ist, deren ätiologische Beziehung zum infectiösen
Jäger. Icterus ( Weil'sche Krankheit) aber bereits durch H. Jäger (Zeitschi\
f. Hyg. Bd. 12) sichergestellt worden ist.
£• Pankreas«
Pankreas- Zur Diagnose des Pankreaskrebses bringt Stiller (Wiener
krebs, med. Wochenschr. Nr. 45) einen weiteren Beitrag. Er legt ent-
scheidenden Werth für die Erkennung des Uebels auf die rapid
progressive Macies ohne nachweisbaren Tumor, auf die heftigen
dyspeptischen Erscheinungen ohne deutlich ausgesprochenes
Magenleiden und auf den immer stärker sich entwickelnden
Icterus olme Vergrösserung der Leber; enthält unter diesen Um-
ständen der Urin etwas Zucker, so stützt dies die Diagnose des
weiteren.
Lehrbücher und Monographieen.
H. Leo, Diagnostik der Krankheiten der Bauchorgane. Berlin. 2. Aufl.
J. Boas, Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten. Sijec. Theil,
2. Aufl. Leipzig.
H. Nothnagel, Die Erkrankungen des Darms und des Peritoneums. 1. Theil,
1. Abtheil. Wien.
W. Osler, Lectures on the diagnosis of abdominal tumors. New York.
W. S. Fenwick, Dyspepsia of j)hthisi8 , ita varieties and treatment.
London 1894.
Carl Wegele, Die i^hysikalische und medicamentöse Behandlung der
Magen- und Darmerkrankungen. Jena.
Ph. Biedert und E. Langermann, Diätetik und Kochbuch für Magen-
und Darmkranke. Stuttgart,
A. Mathieu, Therapeutique des maladies de Testomao. 2. Aufl. Paris.
n, 6. Krankheiten der Hamorgane^
(ausschliesslich der chirurgischen und venerischen).
Von Medicinalrath Prof. Dr. Ffirbrlnger, Director der inneren Abtheilung
des Krankenhauses am Friedrichshain in Berlin.
Die Leistungen des Berichtsjahres tragen mehr denn je einen
wissenschaftlichen Charakter auf Kosten des practisch-klinischen
und insbesondere des therapeutischen. In letzterer Hinsicht sind
wahre Fortschritte spärlich gesät, zumal gegenüber den auf anderen
Gebieten heranwachsenden Heilserumbestrebungen, von denen hier
noch nichts zu merken ist, obwohl gerade der bacterielle Ursprung
selbst für die wichtigsten Gruppen der diffusen Entzündungen mehr
und mehr vertreten wird. Eine nicht zu unterschätzende, unserem
Kapitel angehörende Ausbeute klinischer Thatsachen steckt in zahl-
reichen Darbietungen chirurgischer, bacteriologischer und physikalisch-
diagnostischer Abhandlungen. Sie hat an dieser Stelle keine Berück-
sichtigung finden können.
A. Anatomie, Physiologie, Untersucliungsmetlioden.
Nach Untersuchungen von Helm (Inauguraldissertation, Berlin) ent- Lage der
sprechen die Nieren bezüglich ihrer Lage durchschnittlich den beiden letzten Nieren,
Brust- und den drei obersten Lendenwirbeln. Die rechte Niere liegt meist
tiefer als die linke; sie wird durch den rechten Leberlappen an einem
höheren Emporsteigen gehindert. Bei Frauen liegen die Nieren durch-
schnittlich um die Höhe eines halben Lendenwirbels tiefer als bei Männern.
Die Höhenlage des oberen Nierenpols wird in der Regel durch die Ansatz-
Ktellen der elften und zwölften Rippe markii-t, die des unteren durch den
Darmbeinkamm. Die Flexura coli dextra stellt in der Mehrzahl der Falle
keine einfache, rechtwinklige Umbiegung dar, sondern das Colon ascendens
Helm.
*) Bei der Abfassung der Referate hat mich diesmal Herr Assistenz-
arzt Dr. Freyhan in ausgiebigstem Maasse unterstützt, nicht ohne bemerkens-
werthe Erweiterung des Themas hinsichtlich der abnormen Harnbestand-
theile.
212 Ftirbringer.
Lage der schlingt sich meist zuerst um den unteren Pol der Niere, um dann bis zur
Nieren, Leber aufzusteigen und erat dort rechtwinklig imizubiegen. Die Lange
* der männlichen Nieren beträgt etwa 10— 12 cm, die der weiblichen 1 cm
weniger. Die ürsprungsstelle der Nierenarterie aus der Aorta liegt für
gewöhnlich in der Höhe der den ersten und zweiten Lendenwirbel tren-
nenden Bandscheibe. Nierendislocationen finden sich vorzugsweise bei
Magenerweiterung, Enteroptose, Hängebauch und Vorfällen der weiblichen
Genitalien; femer bei Missstaltungen der Wirbelsäule und des Brustkorbes«,
endlich bei Schnürleibem.
Klastische Hohenemser (Virchow's Archiv Bd. 140, Heft 1) hat in einer ganzen
Käsern in Reihe von interetitiellen Nephritiden das Vorkommen von elastischen Fasern
aerrsiere, fgg^gegtellt und bezeichnet das interstitielle Bindegewebe als ihre regel-
mässigste Localisation. Er hält ihre Bildung für einen secundären Vorgang
und fasst das sie umgebende Gewebe als Narbengewebe auf, analog wie es
sich bei narbigen Processen in der Haut und im Organismus überhaupt
bildet.
Harn- In einer umfassenden Experimentalarbeit rollt v. Sobieranski
pecretions- ^^j.^jj £ experim. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 35, H. 2 u. 3) von neuem
V. Sobieranski. ^^ Frage des Hamsecretionsvorgangs auf und stellt sich imter Be-
kämpfung der Heidenhain'schen Theorieen vollkonmien auf den
Boden der Ludwig'schen Anschauungen. Auf Grund seiner Nach-
prüfimgen der bekannten Injectionsversuche mit Indigcarmin spricht
er die Behauptung aus, dass das Carmin primär durch die Glomeruli
ausgeschieden wird und dass die Färbung der Tubuli contorti
secundär vom Lumen aus erfolgt. Besonders ins Gewicht fallen die
Versuchsreihen, die eine artificiell erzeugte Coffeindiurese zum Gegen-
stand haben; während man hier gemäss dem auf die Epithelien der
gewundenen Kanälchen ausgeübten stärkeren Reize auch eine stärkere
Tinction erwarten müsste, blieb die Färbung der Tubuli contorti
gänzlich aus und wurde nur an den Glomeruli deutlich. Weitere
Versuchsreihen, die sich mit der durch Harnstoff und verschiedene
diuretische Salze erzeugten Diurese beschäftigen, sind in gleichem
Sinne ausgefallen; stets wurde eine Kemfarbung in den Tubuli con-
torti vermisst, wenn die Injection der Farblösung auf der Höhe der
Diurese stattfand und die Thiere nach entsprechender Zeit getödtet
wurden.
N'nclciu und We intrau d (Berliner klin. Wochenschr. Nr. 19) prüfte den Einfluss
^\?/?'^"V ' ^^^ NucleYneinverleibung auf die Harnsäureausscheidung durch VerfQtteruni?
der äusserst nucleTnreichen Kalbsthymus und konnte regelmässig eine er-
hebliche Steigening der Gesammtstickstoffausscheidung constatii-en. Gleich-
Weintraud.
Krankheiten der Hamorgane. 213
zeitige Hamsäurebestimmungen ergaben, dass die Vermehrung des Basen-
»tictstoffs im wesentlichen auf einer Hamsäurevermehrung beruhte. Zulage
von Fleisch erhöhte zwar die Gesammtquote des Stickstoffs im Urin, be-
'-indussie aber die Hamsaureausscheidung in kaum nennenswerthem Grade.
Kr erschliesst aus seinen Untersuchungen als therapeutisches Desiderat,
ouclelnhaltige Nahrung bei allen denjenigen Zuständen zu vermeiden, bei
•Ifnen eine vermehrte Hamsäurebildung im Spiele ist.
Gegen die bestechend klingende Theorie Horbaczewsk i's, der zufolge
die Harnsäure als ein Product des Leukocytenzerfalls anzusehen ist, sind
Ton verschiedenen Seiten starke Zweifel erhoben werden. Sie haben Richter Leukocyteii-
Z*'it>ehr. f. klin. Medicin Bd. 27, Heft 3 u. 4) veranlasst, die Richtigkeit ^^j/*]^^"^'*
<ler Horbaczewski'schen Anschauungen an einem grossen Material zu Richter
f'q>roben , und zwar suchte er seiner Aufgabe auf klinischem wie auf ex-
perimentellem Wege gerecht zu werden. Er wählte als klinische Paradig-
mata Infectionskrankheiten, Krankheiten des Blutes und Carcinomkachexieen ;
die experimentellen Versuchsreihen erstreckten sich auf artificiell erzeugte
Hj-po- und Hyperleukocytose. Die Gesamnitresultate seiner Untersuchungen
laufen darauf hinaus, dass in der That gewisse Beziehungen zwischen Leuko-
• rtenzerfall und Hamsaureausscheidung obwalten, dass aber diese Be-
ziehungen keine proportionalen , sondern vielmehr wechselnde und schwer
/.u be^<timmende sind.
Gegenüber den zahlreichen neueren Methoden, die zum quali-
tativen Nachweis der hauptpathologischen Hambestandtheile, Eiweiss,
Zucker und Gallenfarbsto£P, empfohlen werden, tritt Zeehuisen Aibumiu-
^Zeitöchr. f. klin. Med. Bd. 27, H. 1 u. 2) für die Brauchbarkeit »laci^weis,
einiger älterer Reactionen ein, deren Verlässlichkeit er unter Ein-
haltung gewisser Vorsichtsmaassregeln für völlig ausreichend erachtet.
Die Fürsorge, um welche es sich hauptsächlich handelt, besteht ein-
iach darin, dass man den zu untersuchenden Harn bis zu einem
^peeifischen Gewicht von 1005 und darunter verdünnt. Dergestalt
ipht die He Herrsche Probe mit Salpetersäure die vortrefflichste
Eiweissreaction und weist selbst noch ganz geringfügige Spuren nach,
wie sie z. B. nach anstrengenden Märschen, Alkoholgebrauch, Chloro-
form- und Aetherinhalationen im Harn auftreten. Gleich wichtig ist
«lie Verdünnung des Harns für den qualitativen Nachweis von Trauben-
zucker mit Pehling'scher Lösung; denn sie diluirt die normaliter
vorkommenden reducirenden Substanzen so sehr, dass dieselben ihre
reducirende Wirkung nicht mehr entfalten und Zucker vortäuschen
können.
Ott (Prager med. Wochenschr. Nr. 3) empfiehlt zum Ham-
albuminnachweis in der Praxis in erster Linie die Salicvlsulfosäure,
214
Fürbringer.
Albnmin-
iiachweis,
Ott.
welche selbst äusserst geringe Eiweissmengen durch eine sofort aus-
fallende Trübung anzeigt. Fast ebenso zuverlässige Resultate liefert
die Probe mit dem Spiegler'schen Reagens, das sich zusammen-
setzt aus Hydrargjrrum bichloratum 8,0, Acidum tartaricum 4,0, Aqua
destillata 200,0 und Glycerin 20,0. Die geringste Menge von Eiweiss
gibt sich bei der Unterschichtung dieser Composition mit Harn durch
eine Trübung an der Berührungsfläche kund.
Physio-
logische
Glykosurie,
Johnson,
Limossier u.
Roque.
Johnson (Lancet, 12. Jan.) hält daran fest, dass der Urin
normalerweise zuckerfrei ist, und schreibt die vielen Harnen eigene
reducirende Fähigkeit allein dem Gehalt an Kreatinin zu; er konnte
wenigstens stets die reducirende Eigenschaft dadurch zum Schwinden
bringen, dass er das Kreatinin mittels HgCl2 ausfeilte. Im Gegensatz
dazu stehen Limossier und Roque (Arch. de m^d. experiment.
Nr. 2) auf dem Standpunkt, dass ein geringer Gehalt von Zucker
einen physiologischen Bestandtheil des Urins darstelle, und sehen in
der alimentären Glykosurie nur ein gesteigertes physiologisches
Phänomen. Nach reichlicher Zufuhr von Zucker konnten sie stets
bei Gesunden Zucker im Urin nachweisen ; freilich hielt die Zucker-
ausscheidung nur wenige Stunden lang an. Im allgemeinen wuchs
die absolute Menge des eliminirten Zuckers proportional mit der
Menge des eingeführten; man kann daher ausser von einem indivi-
duellen Assimilationsprocess auch von einem individuellen Aus-
nutzungscoefficienten reden.
Zucker-
proben,
Johnson,
AUen,
Paulus.
Sehr warm tritt Johnson (Lancet, 12. Jan.) für die Zuverlässig-
keit der Pikrinsäureprobe ein; weniger entzückt äussert sich Allen
(Lancet, 12. Jan.) über sie und gibt der Phenylhydrazinreaction bei
weitem den Vorzug. Paulus (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte
Nr. 16) berichtet über eine von ihm ersonnene Modiflcation der
Fehling'schen Titrirmethode, die sich vorzüglich zu einer schnellen
und genauen quantitativen Bestimmung eignen soll. Er erhitzt eine
Lösung von 2 ccm Fehling in 20 ccm Wasser bis zum Sieden imd
setzt ihr so lange tropfenweise Urin zu, bis die blaue Farbe in gelb
umschlägt. Da 1 ccm Fehling durch 0,005 Zucker reducirt wird,
so erhält man durch die Division der verbrauchten Tropfen;Bahl in
20 den jeweiligen Procentsatz des Zuckers.
Nieren- Die Mittheilungen von S talker (Edinb. med. Journal, Augu«t-
^"i^ti!^^"' S®P*®^^®r) über die Palpationstechnik der Nieren bringen
nichts wesentlich Neues und schliessen sich ziemlich eng an die von
Xftf — 1-"^ CTiO^
->•-::
Litten is. vori^ec J^kn
tont die Leichti^ezt. nr:
:^hon noTmalerveiäe ;<
Pannicidiis adiposa» c«^
stehen. Besond»;»
Uebei^änge rar T^'acd-crc
Pathologischen richten ä£
als nach der abe-r-lTiten G
L»l
■^ _■» ■• ^ _ _—_ . - -WT»
Alb-i^ia-rir.
Während in früheren Jahren der Streit l":*rr üe Be^ircrrr.i: irr
intermittirenden, bezw- cvklischrn AI'i-r-.rr.Tirir ein sehr leV
hafter ge^resen i^t, hat sich jetzt die Ue\>erZ'r:^r:T'. j mehr imi mehr
befestigt, dass der in Bede stehenden Anc-zifelie liast ausnahiiislc'e'
anatomische Nierenläsionen zn Grunde liegen- In diesem Sinne be-
wegt sich eine Arbeit von Wild «Mtdeeine mc-1. Nr. V2k der si^h CykliscL?
im wesentlichen der Ansicht Osswald's is. vorige:? Jahrb. S. 2*0»
anschliesst, dass nämlich die meisten derartigen Fälle ablautende,
resp. sich lang hinziehende Xephritiden darstellen. Macfarlane
<Med. Record, December> fand bei einer Reihe gesunder Leute, deren
Urin er unmittelbar nach Beendigimg eines mehrstündigen Fu^s-
l>allspiels untersuchte, sowohl Albimiin wie auch reichliche Cvlinder:
nach mehreren Stimden waren aUe Anomalieen geschwunden. £r
halt es fiir möglich, dass für die reichlichere Transsudation des Ei-
weisses der grössere Salzgehalt des concentrirten Urins rerantwort-
lich gemacht werden köime.
AlbÄ-
MiMBrie
Wüü
Die Ursachen der „fonctionellen^ Albuminurie sind nach Stephan F u n o t i o^
(Nederl. Tijdschr. v. Geneskunde Bd. 2, S. 569) entweder in der Ein- «^^^V^* *^I^'"
Wirkung von toxischen Substanzen zu suchen, oder es sind datTu* stephaiu
reflectorische, vasomotorische oder trophische Einflüsse auf das
Nierenparenchym verantwortlich zu machen. Besonders häufig hat
Verf. intermittirende Albuminurie bei Kranken gesehen, die neben
Hagenektasie an Lebercongestionen litten. Die im Verlauf des Dia-
betes erscheinende Albuminurie hält Stephan für eine mehr zufallige
Erscheinung und spricht die Fälle, in denen im Verlauf der Krank-
216 Fürbringer,
hüit an Htollü der (4lykoöurie eine Albuminurie tritt, füi- Nepliri-
tidon un.
Blutfarbstoffe und andere Stoffe im Urin.
Wllhrend die nieiHten Fülle von Hämoglobinurie das männliche G e-
Hiliiiu. Hthlecht botrcfffn, haben Soumeau und Peytoureau (Progres med.
Klübinurlp, Nr. 22) die Krankheit auch bei einer Frau im Alter von 41 Jahren be-
Smunoftu. obacliU^t, die im Winter typische Anfälle, im Sommer gewisse als Aequi-
••ytour(»iiu, yjjI^jjj^ Jg^ deutende Erscheinungen, wie Mattigkeit, Oppressionsgefühle und
Magt»nkr»lmpfe , darbot. Die Anfälle Hessen sich auch künstlich durch
i ourtolB Siiffit, Kältoeinwirkung heiTorrufen. Courtois-Suffit (Medecine moderne.
2, Mär») beschreibt einen Fall, der einen ^jährigen, an hereditärer Syphilis
leidenden Patienten betraf. Regelmässig an kalten Tagen trat unter gleich-
zeitiger Eruption von Urticariaquaddeln eine etwa 2tfi.gige Hämoglobin-
lune auf. Der gelb- bis braunrothe, kaffeeähnliche Urin enthielt ziemlich
viel Kiweiss und wies die Absorptionsstreifen des Hämoglobins und da«
Spwtrum des Methämoglobins auf. In den anfallsfreien Zeiten war der
HUho|). Harn völlig normal. Bei einem von Bishop (Med. News, 16. März»
publicirten Falle mclite das Leiden bis auf das 12. Lebensjahr zurück
\\\\i\ stellte sich gleichfalls stets im Anschluss an eine übermassige Kält*'-
einwirkung ein. Im Sommer cessirten die Anfälle, dafür kam es abtr
periodisch zu Aufreguugszustunden , die Verf. gleichsam als Aequiralent»*
rtuffasst,
Duix4i Garrod's Uutei'suchungeu ist festgestellt worden, dass das
llämatoporpkyriu einen ta^it ooustanten Bestandtheil des mensch-
liehen Harns darstellt und dass der Häinato}x>rphyringehalt des Ham>
ot"t \*enuehrt ist* ohne dass sich in klinischer Beziehung irgend ei!
Zusammenhang mit einer bestimmten Krankheit herausgestellt hat.
lUm«t0> Stokvis (Zeitsolur. f. klin. Med. Bd. 28, H. 1 u. 2t hat nun. gestutz*
r*u phyrlw j^^f ^j.^^ y^^ii jjmi bev^bachtete Vorkommen dieser Anomalie bei Sullonal-
Su^kvij. vei>:ittunj:^^u. experimentell durch Sultonalapplication l>ei Tbit*rv'..
HauuUv^|Hu*phyrinurie zu erzeuijen gesucht. Der Erlolg war positiv:
fugU'ioh gelang es ihm. dun.h die Seotion der Versuch>thiene> •!•.:.
Zusi^mmcnhani; der Erscheinun^^en klarzuleiren. Es fand sich näkXL-
^ lioh ivn>tant die Mai^^nschlcimhaut in h\-perämischem Zustande im :
rait gn^>soren und k'tineren Blutui;i^:'n Wsetzt: letztere zeigter. ii.
Sj^ectivski>j>e das unzwtrideutige Ab>or|»ti^.»nssi:ieLtrum des? satuv:
Hau^.atojvri^hxTins, Nach Siok vis' Meinung i>t der Causalneinis >
sv\ viiuten. da^s das S'y.tiT.w»l B'.utur.iren in der Maaren- tmi ParLi-
i'..Uvv.>^ hervvrratt ur.vi d.^s i;i HÄir-aii j»cr|h\-rin Teräjcdtne Blin r--
K^s v;:i r. r.v.a u.it \Uu; Hafu jnr Aussaht iduiig koniuLi^ U:.:-'
iic>; '.:>j;;v.kT i^ <> ."i.uh trrkl-Vrli.h, wesLalb die
Krankheiten der Haraorgane.
217
Porphyrinurie nicht ein regehnässiges Begleitsymptom aller Magen-
und Darmblutungen ist; denn sie wird nur dann in die Erscheinung
treten können, wenn das ergossene Blut so lange und imter solchen
Verhältnissen im Digestionstractus verbleibt, dass das Hämoglobin
zu Hämatoporphyi'in umgewandelt wird.
Kolisch und v. Stejskal (Deutsches Archiv f. klin. Medicin Bd. 27) Verände-
haben an einem schweren Fall von pseudoleukämischer Anämie die Ver- J^'^ß®" ^®^
änderungen des Harns, die aus dem Blutzerfall resultiren, studirt und eine Blut zerfall
Erhöhung der VVerthe für N und P2O5, ferner eine starke Vermehrung Kolisch,
der Harnsäure, sowie eine Verminderung der Xanthinbasen gefunden. Die v. Stejskal.
Steigerung der Stickstoff- und Phosphorsäureausscheidung beziehen sie
direct auf den Untergang von Erythrocyten , deren Zahl wenig über zwei
Millionen betrug. Die Verminderung der Harnsäure und die Vermehrung
der Xanthinbasen suchen sie durch die Hypothese zu erklären, dass eine
hochgradige Anämie zu einer Herabsetzung der oxydativen Vorgänge führe
und so eine vermehrte Bildung der durch Spaltung entstehenden Körper
zur Folge habe.
Nach J oll es (Centi-albl. f. innere Med. Nr. 49) lassen sich die ürobiiin.
Hamfarbstoffe, welche nach ihrem spectroskopischen Verhalten und
nach ihrer chemischen Reaction als Urobiline bezeichnet werden, in
physiologische und in pathologische Urobiline eintheilen. Beide
Arten unterscheiden sich von einander dadurch, dass erstere nach
geschehener Oxydation mit allioholischer Jodlösung oder Salpeter-
säure weder Fluorescenz noch ein charaktenstisches Spectrum zeigen,
während die pathologischen Urobiline bei der gleichen Behandlung
ihr charakteristisches optisches Verhalten, sowie ihre Fluorescenz
beibehalten. Als Quelle des pathologischen Urobilins ist der Gallen-
farbstofF und Blutfarbstoff anzusehen.
JoUes.
Nach Untersuchungen von Becker (Virch. Arch. Bd. 140, H. 1) Aceton uri^.
entsteht bei der grossen Mehrzahl der nicht Aceton ausscheidenden B«<^ker,
Individuen im Anschluss an die Narkose eine kürzer oder länger
dauernde Acetonurie, und entsprechend wird eine schon bestehende
Acetonurie durch die Narkose gesteigert. Die verschiedenen Nar-
cotica, die Dauer der Narkose u. dergl. scheinen keinen bemerkens-
werthen Einflus auf den Eintritt dieser Anomalie zu besitzen, sie
ist nur als Ausdruck eines gesteigerten Eiweisszerfalles anzusehen.
Gegen diese, jetzt allgemein herrschende Theorie erhebt Hirsch- Hirschfeld.
feld (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28) auf Grund eines reichen Be-
obachtungsmaterials Einspruch. Er fand, dass eine vermehrte Aceton-
218 Fürbringer.
Acetonurie, ausscheidung bei jedem Gesunden durch Ausschluss der Kohlehydrate
Hirschfeld. ^^^ ^^^, Nahrung zu erzielen ist und zwar wächst dieselbe bis zum
7. oder 8. Tage continuirlich an, um dann, abgesehen von geringen
Schwankungen, annähernd auf gleicher Höhe zu bleiben. Die durch
Fortfall der Kohlehydrate erzeugte Acetonurie wird durch einen Zu-
satz von 50 — 100 g Kohlehydrate zur Nahrung wieder zum Ver-
schwinden gebracht; als besonders geeignet dafür erwähnt er Stärke,
Rohr-, Traubenzucker und Mannit. Gleich wirksam war Glycerin,
während Alkohol keine Aenderung der Acetonausfuhr bewirkte. Die
Annahme von dem Bestehen einer Acetonuria febrilis weist er als
irrig zurück und bringt beweisende Untersuchungsprotokolle dafiir
bei, dass die Acetonausscheidung bei Kranken in gleicher Weise
verläuft, wie bei Gesunden.
Sulfonalim Lafon (Compt. rend. de l'acad. des scienc. Bd. 120, Nr. 17) macht
^ ^ ^ **» darauf aufmerksam, dass nach Sulfonalgebrauch der mit F e h 1 i n g'scher
Lösung gekochte Urin einen gelben Kupferoxydulniederschlag gibt, ohne
dass im Polarisationsapparat eine Rechtsdrehung eintritt. Man erh< diese
Reaction auch beim directen Zusatz von 1 g Sulfonal zu 1 1 zuckerfreiem
Urin. Es kann sich daher nicht um ein Umsatzproduct des Sulfonals, son-
dern nur um diesen Körper selbst handeln.
Peptonurie, Senator (Deutsche med. Wochenschi*. Nr. 32) hat mittels einer
..enator, ^^^ Salkowski angegebenen, sehr einfachen Methode eine Beihe von
Untersuchungen auf Pepton im Harn angestellt und diesen Körper
regelmässig bei croupöser Pneumonie, bei eitriger Meningitis und
bei eitriger Peritonitis angetroffen. Auch bei anderen Krankheiten
fand sich hin und wieder Peptonurie, ohne dass sich dabei irgend-
welche Gesetzmässigkeit herausstellte. Bemerkens werth erscheint
es, dass Peptonurie bei Leukämieen regelmässig vermisst wurde.
Auf Grund dieser Untersuchungen wird der Peptonurie ein grosser
diagnostischer Werth nicht zuerkannt werden dürfen, indessen kann
der positive Ausfall der Probe bei zweifelhaften Fällen von Menin-
gitis immerhin gewichtig in die Waagschale fallen. Ein ziemlich
Meine. hoher Peptongehalt kommt.nach den Untersuchungen Meine^s (Arch.
f. Psychiatrie, 27. Februar) dem Harn von Paralytikern zu; in ge-
ringerem Grade findet er sich auch bei anderen Geisteskrankheiten.
Im allgemeinen kann gesagt werden, dass die Peptonurie bei Para-
lyse häufiger vorkommt, als bei anderen Psychosen, dass sie aber
nicht für Paralyse als pathognomonisch angesehen werden kann.
Alkapton-
urie, ß^i einem Falle von Alkaptonurie fand Ogden (Zeitschr. f. physiol.
Ogden. Chemie Bd. 20. Heft 3), dass das Reductionsvermögen des Harns weder
Krankheiten der Hamorgane.
219
darcli Stoffe aus der aromatischen Beihe noch dorch Zufuhr von Kohle-
hydiaten zu beeinflussen war, dass hingegen durch eine reichliche Fleisch-
nahrung eine beträchtliche Steigerung hervorgerufen wurde. Die im
Alkaptonham gefundenen Hamsäuremengen waren verschwindend kleine.
Testi (Policlinico, 15. April) prüfte den diagnostischen Werth der indic&rarie,
Indicanurie an einer Reihe von inneren und chirurgischen Krank- '^**^**
heiten. Zar qualitativen Analyse diente die Jaffe-Baumann'sche
Methode, zur Bestimmung des quantitativen Gehalts die Intensität
der Farbenreaction, welche freilich nur annähernde Resultate liefert.
Testi bestätigt die diagnostische Bedeutung der Indicanurie. bei
Abscessen der verschiedensten Art, bei Empyem, fotider Bronchitis
mit stagnirendem Secret und bei Pneumonieen, die ihren Ausgang
in Eiterung nahmen. Er hält es fiir leicht, andere Quellen der
Indicanurie, so z. B. gastrointestinale Störungen, auszuschliessen
and so die dififerentialdiagnostische Bedeutung des Symptoms noch
zu erhöhen.
Der Befund von salpetriger Säure im Harn wurde durch Richter
(Fortschritte der Medicin Nr. 12) in einigen Fallen von Magendarmerkran-
kong, femer bei einem Carcinom der Bauchorgane und bei einer acuten
gelben Leberatrophie erhoben. Bei der bacteriologischen Untersuchung des
Harns, die nur in zwei Fallen vorgenommen wurde, fand sich ein für Thiere
nicht pathogen er Coccus, der im sterilen Harn nach 24 Stunden intensive
salpetrige Säurereaction hervorrief. Weitere Züchtungsversuche auf Nähr-
böden, die theils mit Nitraten, theils mit Ammoniumsalzen vermischt waren,
zeigten, dass die Bildung der Nitrite auf Reductionsvorgänge zurückzu-
führen ist.
Krehl und Matthes (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54, H. 4
u. 5) untersuchten eine Anzahl von Hamen darauf hin, ob in ihnen
höhere Hydrationsstufen von Ei weiss vorkämen. Im Fieberharn
wiesen sie zwei in ihrem Verhalten differente, schwer fällbare Ei-
weisskörper nach, einmal Deuteroalbumose und dann eine aceton-
ähnliche Substanz. Das Auftreten der beiden Eiweisskörper sehen
sie als Beweis für eine hydrolytische Eiweissspaltung durch Bac-
terien an und weisen den Deuteroalbumosen einen Antheil an der
Erzeugung der Temperatursteigerung zu.
Salpetrige
Säure im
Harn.
Richtet.
Albu-
niosurie,
Krehl u.
Matthes.
Harnsedimente.
Die Discussion, die betreffs der Entstehung der Harncylinder
durch die Erklärungsversuche Senat or's (cfr. Jahrg. 1893, S. 361)
220 Fürbringer.
in den vergangenen Jahren wieder in Fluss gekommen war, ist jetzt
mehr und mehr verstummt. Nur vereinzelte Stimmen haben sich
noch erhoben, die aber keine neuen Gesichtspunkte in die Debatte
gebracht haben.
Cylinderim Kossler (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 14 u. 16) hat mit Hülfe
ei weis 8- (j^r Centrifuge systematische Untersuchungen über das Vorkommen
Kossler. von Cylindern im eiweissfreien Harn angestellt. Es hat sich her-
ausgestellt, dass Cylindrurie ohne gleichzeitige Albuminurie bei sehr
verschiedenen Krankheiten vorkommt; in der Regel zeigen die Cy-
linder eine hyaline Beschaffenheit, seltener epithelialen Charakter
und nur in Ausnahmefällen eine Wachsform. Die betreffenden Urine
enthielten meist Nucleoalbumin. Kossler ist der Meinung, dass
die von ihm gemachten Befunde die Bedeutung der Cylindinirie
wesentlich einschränken, um so mehr da gleichzeitige anatomische
Untersuchungen die Abwesenheit von erheblicheren Nierenläsionen
erwiesen haben.
Mikro- Bei der Färbung von Harnsedimenten mit alizarinsulfon-
^V™h'^^*^ saurer Natriumlösung bemerkte Grosz (Internat, klin. Bundschau
reactionder Nr. 41) eine tinctorielle Differenz der Leukocyten, die durch die ver-
Harn- schiedene chemische Reaction des Zellprotoplasmas bedingt war ; die
^* Grosz** ^ sauren Zellen färbten sich gelb, die alkalischen violett imd die neu-
tralen roth. Nun ist die Reaction der epithelialen Elemente des
Hamapparates , wie genaue Untersuchungen an frischen Leichen
lehren, in oberflächlichen Schichten eine saure und geht nach der
Tiefe zu allmählich in eine alkalische über; es ist demnach die
tinctorielle Differenz der Epithelien für die Localisation der suppo-
nirten Schädlichkeit von gi'osser Bedeutung.
Harn- Nach Garrod (Journal of patliol. and bacteriol. Bd. 3, S. 100)
^*G™^od**' betheiligen sich zwei Pigmente an der Färbung der Hamsäure-
krystalle, nämlich das gelbe Urobilin imd das rothe Uroer;y'tlirin ;
je nach dem Vorherrschen des einen oder des anderen Farbstoffes
werden die Krystalle gelb oder rosa. Wenn man den Harn mit
Säuren behandelt, so förben sich die Harnsäurekrystalle dunkler,
vennuthlich infolge eines Oxydationsvorganges der normalen Farb-
stoffe. Daneben können auch Oxydationsproductc der Phenolderivatc
in die Krystalle aufgenommen werden.
Fischel (Prager med. Wochenschr. Nr. 12) empfiehlt zur Con-
servirung der körperlichen Elemente des Urins, das im Spitz-
glas niedergefallene Sediment zu centrifugiren und mit physiologischer
Krankheiten der Hamorgane.
221
Kochsalzlösong mehrfach auszuwaschen. Nach dem Abgiessen der
Waschflössigkeit wird eine Mischung von Glycenn und Aqua destil-
lata, der eine 2% ige gesättigte alkoholische Thymollösung zugesetzt
ist, auf das Sediment geschichtet und das Ganze verschlossen auf-
bewahrt. Harris (British med. joum., S. 1356) empfiehlt zu dem
gleichen Zweck eine Behandlung des vom Harn möglichst befreiten
Sediments mit einer Mischung von 60 g Kaliacetat, 10 g Chloroform
und 1 Liter Wasser.
Vermittelst des Thoma-Zeiss'schen Blutkörperchenzählers hat
Eeinecke (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49) Leukocytenzählungen Leukocytei'
Conservi-
rnng
der Harn-
Sedimente,
Fischel,
Harris.
im Harn vorgenommen imd ihren diagnostischen Werth zu fixiren ***»'^'^s*
versucht. Seine mit grosser Reserve ausgesprochenen Ergebnisse Reinecke,
gipfeln darin, dass die Zählimg der Eiterzellen im Urin häufig,
wenn auch nicht immer ein exactes Maass der thatsächlichen Eiter-
abscheidung abgebe. Fortlaufende tägliche Zählungen liefern ein
anschauliches Bild des Krankheitsverlaufs und ermöglichen eventuell
eine Correction der therapeutischen Maassnahmen. In Verbindung
mit Eiweissbestimmimgen sind die quantitativen Eiterbestimmungen
vielleicht im Stande, unter ganz besonders günstigen Umständen zur
Entscheidung der Frage beizutragen, ob in concreten Fällen eine
Pyorie mit einer Nephritis complicirt ist. Bestimmter und enthusia-
stischer spricht sich Goldberg (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 49) Goldberg,
über die Leistungen dieser Methode aus. Auf Grund zahlreicher
Eigenuntersuchungen ist er zu der Ansicht gelangt, dass die Menge
des Eiters, ausgedrückt durch die Anzahl der Leukocyten im Cubik-
centimeter, ein exactes Kriterium für den Verlauf eines Entzündungs-
processes darstellt, vorausgesetzt, dass die 24stündige Urinmenge,
die Quantität der in Frage stehenden Harnportion und die Zeit,
innerhalb deren sie gelassen wird, in den Kreis der Erwägungen
mit einbezogen wird. Goldberg ist der Meinung, dass die Zähl-
methode auch bei Hämaturieen anwendbar sei, um einen concreten
Begriff des täglichen Blutverlustes gewinnen zu können.
Verschiedenes.
Eine familiäre Polyurie von ganz ungewöhnlicher Intensität be-
obachtete Marinesco (Medecine moderne, 23. Jan.) bei zwei Brüdern Polyurie,
von 15 und 17 Jahren, die zeitweise bis zu einer Menge von 28 Litern
m 24 Stunden anwuchs. Einer der Patienten, der gleichzeitig an
einer Spondylitis tuberculosa litt, ging an Meningitis zu Grunde.
Die Obduction zeigte neben Veränderungen im Rückenmark ver-
ni
Marinesco.
222 PürbriBger.
einzelte Hämon-hagieen am Boden des vierten Ventrikels, die Verf.
mit der Polyurie in ursächlichen Zusammenhang bringt.
Bei Krebskranken, die sie in beträchtlicher Zahl untersuchten,
Toxieität fanden Gaudi er imd Hilt (Compt. rend. de la soci6te de biologie,
des Urins, gs. Dec. 1894) den urotoxischen Coefficienten über die
Hilt. Norm erhöht und parallel damit eine auffallende Verminderung des
Harnstoffs, der bis auf 10 g in 24 Stunden heruntersank. Etwa
20 Tage nach der operativen Entfernung der Neubildung kehrte der
urotoxische Coefficient in verschiedenen Fällen zu seiner Standard-
zahl zurück. Bei gutartigen Geschwülsten war eine Steigerung nie-
mals vorhanden.
Nieren- Senator (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 8) sucht die Cohn-
wa68er8ucht,jjg-jj^jg^jjjg Theorie, der zufolge die Nierenentzündungen mit einem
abnormen Zustand der Haut, mit erhöhter Durchlässigkeit einher-
gehen, auf sämmtliche Gefässe des Körpers zu übertragen. Indessen
kommt dieser Folgezustand nicht allen acuten Nephritiden ohne
Unterschied zu; im Gegentheil kommt es nur bei einer Minderzahl,
nämlich bei der Nephritis scarlatinosa, der Erkältungsnephritis, der
Malarianephritis und der Schwangerschaftsnephritis regelmässig zu
hydropischen Ansammlungen , während bei allen übrigen acuten
Nephritiden die Wassersucht auszubleiben pflegt. Die erstgenannte
Gruppe der Nierenentzündungen ist nun durch eine starke Betheili-
gung der Glomeruli am Erkrankungsprocess sowie durch entzünd-
liche Veränderungen und Verfettungen ausgezeichnet, während bei
den übrigen Formen in der Hauptsache parenchymatöse Schädigungen
vorwalten. Es scheint demnach der renale Hydrops an eine Glome-
rulonephritis gebunden zu sein, wenn auch nicht jede Glomerulo-
nephritis ohne weiteres von Hydrops gefolgt wird.
b. Speclelle Pathologie der Nierenkrankheiten«
1. Diffuse Nierenentzündung.
Eine principielle Bedeutung beanspruchen histologische Unter-
Parenchy. suchungen von Senator (Verhandl. des Vereins f. innere Medicin,
matose Sitzung vom 27. Mai), weil sie ein klärendes Licht auf eine noch immer
Senator. ' strittige Frage der Nierenpathologie werfen. Bekanntlich haben Cohn-
heim und Weigert das Vorkommen einer rein parenchyma^
tosen Nephritis entschieden geleugnet, und in der That schien
diese Ansicht den thatsächlichen Verhältnissen am besten Rechnung
Krankheiten der Hamorgane. 223
zu tragen. Neuerliche, an Nieren von Meerschweinchen vorgenom-
mene Untei-suchungen — die Thiere wnrden 36 — 48 Stunden nach
der Einverleibung von Diphtheriecultnren getödtet und ihre Xieren
sofort untersucht — haben jedoch Senator belehrt, dasä es auch
rein parenchymatöse Nephritiden gibt, denn es fanden sich, ab-
iresehen von einer Hyperämie der Capillaren, keinerlei interstitielle
Veränderungen, während das Parenchym stark gelitten hatte. Ueberall
erschien das Epithel gelockeit, zum Theil abgestossen und fort-
geschwemmt; die Kerne befanden sich vielfach im Zustande der
Karyolyse.
Aufrecht (CentralbL f. innere Med. Nr. 10) hat zur Klärung der CoagnU-
Pathogenese der Coagulationsnekrose experimentell festzustellen tions-
versucht , bis zu welchem Grade die durch eine Nierenentzündung \aÄ^cht
herbeigeführten Veränderungen des Nierenparenchyms sich ausbilden
können, wenn man die Nieren nach Abschluss ihrer blutzufuhrenden
Gefasse im Körper belässt. In dergestalt behandelten Nieren liess
sich genau verfolgen, dass die ersten Veränderungen in den Epi-
thelien der gewundenen Kanälchen auftraten: und zwar lagen in
den blassen, durch Anilinfarben nicht mehr farbbaren Kernen der
Epithelien eine grössere Anzahl von unregelmässig gestalteten
Körnern. In einem späteren Stadium sind die blassen Kerne ganz
geschwunden, und schliesslich gehen auch die resistenteren Kömer-
haufen zu Grunde, so dass nur noch der amorphe ZeUleib übrig
bleibt.
Ueber die Erkrankung der Nieren bei Cholera veröffentlichen
Pernice und Scagliosi (Riforma medica 1894, Nr. 242) Unter- Cholera-
suchungsresultate , welche zeigen, dass die experimentell erzeugte «iere,
Glomerulonephritis ihrer Versuchsthiere mit der am Menschen be- scagliosi.
schriebenen pathologisch-anatomisch identisch ist und in gleicher
Weise durch eine Infection mit virulenten Kommabacillen wie ver-
mittelst ihrer Stoffwechselproducte hervorgerufen werden kami. Nur
kam es bei den mit filtrirtem Daiininhalt geimpften Thieren zu
schwereren anatomischen Läsionen als bei der Einverleibung der
Bacillen selbst, eine Differenz, welche nach der Ansicht der Verff.
daraus resultirt, dass die Bedingungen zui* Erzeugung schädlicher
Aosscheidungsproducte seitens der Cholera Vibrionen im Darm ganz
besonders günstig sind.
In 85 tödtlich verlaufenen Fällen von Diphtherie, die noch
vor Einführung der Behring'schen Therapie zm* Obduction kamen,
224 Fürbringer.
Diphtherie- fand Reiche (Centralbl. f. innere Medic. Nr. 50) theils Läsionen
niere, degenerativer Natur, theils entzündliche Veränderungen: in zweiter
Reihe erwähnt er die Folgezustände extrem gesteigerten Blutdrucks,
insonderheit Blutextravasate in wechselnder Fomi und Grösse. Als
lirsächliches Moment aller gefundenen Alterationen schuldigt er die
aus dem primären diphtherischen Heerd resorbirten Toxine an, die
gerade in den Nieren eine verheerende Wirkung entfalten.
Diabetes- Jarussow (Medicinskoje Obossenge Nr. 23) hat in vier Fällen
Hieran, von Diabetes mellitus genaue mikroskopische Untersuchungen des
arussow. Nierenparenchyms vorgenommen und glaubt, dass die hyaline Dege-
neration des Nierenepithels, die Nekrose und die eigenthümliche
Fettablagerung in den Epithelien gewisser Theile der Nierenkanälchen
specifisclie Eigenthümlichkeiten der diabetischen Nieren sind. Er
stellt sich vor, dass infolge des fehlerhaften Stoffwechsels toxische
Substanzen im Körper zurückgehalten werden, deren Anhäufung das
Symptomenbild des Coma diabeticum auslöst und deren Rückwirkung
auf die Nieren sich in Form von charakteristischen Epitheldegene-
rationen äussert.
In sieben Fällen von theils primären, theils Scabiesekzemen
Nephritis konnte Bruhns (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 28) eine acut ent-
nach Ekzem,standene Nephritis mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Haut-
affection zurückführen, da medicamentöse Einwirkungen noch gar
nicht stattgefunden hatten. Ueber die Art der Entstehung einer
solchen Nephritis sind wir noch im unklaren ; es scheint jedoch für
ihr Zustandekommen eine individuelle Disposition vonnöthen zu sein.
Denn die allermeisten Kranken mit schweren universellen Ekzemen
bieten normale Nierenfunctionen dar, während andere an leichten
Formen leidende eine Nephritis acquiriren können.
~ nach Bei einem von Saeaze (Revue de medecine Nr. 2) publicirten Falle
Haut- war eine schwere und tödthehe Nierenentzündung auf zwei kleine Haut-
Ahnden, wunden zurückzuführen. Letztere hatten als Eingangspforte für eine
Staphylokokkeninfection gedient, welche zu deletären Veränderungen an
den Nieren führte.
- nach Bei drei Kranken, die seit 14 Tagen an Sommerdiarrhöen
^TurnCT^' litten, sah Turner (Practitioner, October) eine acute Nierenentzün-
dung auftreten, die in kurzer Zeit zum Tode führte. Der Verf. ist
der Meinimg, dass die im Darmkanal gebildeten Bacteriengifte zm-
Resorption gelangt sind und bei ihrem Durchtritt durch die Nieren
Krankheiten der Hamorgane.
225
eine acute Entzündung derselben veranlasst haben; er stützt diese
Anschauung hauptsächlich auf den Umstand, dass die Diarrhöen
beim Einsetzen der Oedeme cessirten.
Aus einer statistischen Zusammenstellung Hubert Bona'»
I British med. Journal, 2. März) über die ätiologische Bedeutung des
Alkohols für die chronische Nierenentzündung, der das grosse Ma-
terial der Londoner Armenasyle zu Grunde liegt, geht hervor, dass
ungefähr 32 •/o aller Nephritiden ursächlich auf den Alkohol zurück-
zufuhren waren. Die Zahl der durch die Obduction bestätigten Fälle
betrug 154. Nach der Ansicht des Eef. scheint der Procentsatz
(loch etwas zu hoch gegriffen.
Als eine besondere Krankheitsform spricht Aufrecht (Deutsches
Archiv f. klin. Med. Bd. 54) die alkoholische Myocarditis mit nach-
folgender Lebererkrankung und zeitweiliger Albuminurie unter klini-
schen Belegen an. Hier betheiligt sich die Niere an den Folgen
lies Potatoriums, in di'itter Reihe also nach dem Herzen und der
Leber.
Alku-
holische
Nephritis,
Bona,
Aufrecht.
Dass echter Morbus Brightii sich auf syphilitischer Basis
entwickelt, ist als eine Seltenheit anzusehen. Auch anatomisch fand
Elsenberg (Archiv f. Dermatol. u. Syph. Bd. 28, H. 2 u. 3) in
zwei derartigen Fällen, die klinisch nur die Symptome einer gewöhn-
lichen Nephritis dargeboten hatten, keine unterscheidenden Charak-
teristica. Der Erfolg der antisyphilitischen Therapie bietet den ein-
zigen Anhaltspunkt für die Kichtigkeit der Diagnose.
Syphi
litische
Nephritis,
Elsenberg.
Zur Frage des Zustandekommens von Nephritis bezw. Albumin-
urie infolge von Mercurialisation ergreift Heller (Deutsche med, Nephritis
Wochenschr., Vereinsbeilage S. 189) das Wort. Er hat bei einem "*^^"^'
Heller
Material von über 300 Personen nach Schmiercuren in 24 ^/o , nach
Sublimatcuren in 3,7 ^/o der Fälle Albuminurie constatirt ; ausserdem
beobachtete er noch zwei Fälle von schwerer mercurieller Nephritis.
Heller konnte das Steigen des Albumingehaltes bei Fortführung
der Medication feststellen. Fürbringer macht darauf aufmerksam, Fürbringer,
dass die individuelle Disposition bei der Entstehung der mercuriellen
Albuminurie nicht ausser Acht gelassen werden könne. Auch
Blaschko pflichtet dieser Ansicht bei und glaubt, dass die Haupt-
rolle die Menge des zugefiihrten und resorbirten Hydrargyrums
spiele. Lewin hat in der Privatpraxis niemals mercurielle Albu- G. Lewin.
Jahrbuch der praetiBchen Uedicin. 1896. 15
226
Fürbringer.
minurie gesehen, gibt aber die Möglichkeit ihres Auftretens bei Ver-
stopfung zu, weil hier das Hydrargjrrum ausschliesslich durch die
Nieren ausgeschieden wird. Auch tritt Albuminurie leicht am
Meeresstrande bei Hydrargjn-umgebrauch ein, wahrscheinlich wegen
des Chlor- und Jodgehaltes der Luft.
Leberleiden
und
Nephritis,
Gonget.
Gouget (These de Paris) fand bei den mit Icterus einher-
gehenden Erkrankungen der Leber ausser der Ablagerung von
Gallenpigment eine köi^ge und manchmal auch fettige Degeneration
der Nierenepithelien. Die Veränderungen betrafen gewöhnlich nur
eine beschränkte Anzahl von Hamkanälchen und hauptsächlich die
Epithelien der Tubuli contorti und des absteigenden Schenkels der
Henle'schen Schleifen, seltener diejenigen der Sammelröhren. Die
Glomeruli und das interstitielle Gewebe blieben stets intact. Kli-
nisch kamen die Nierenstörungen zum Ausdruck durch die Modifica-
tion der Diurese und durch das Auftreten von Albuminurie und
Cylindrui'ie.
Schwanger- Herman (Practitioner, Februar) trennt eine acute imd eine
^^^^^i chronische Form der Schwangerschaftsnephritis und theilt beide
Herman ' wieder in je zwei ITnterabtheilungen, je nachdem sie gesunde oder
vorher schon kranke Frauen betreffen. Als Paradigmata fuhrt er
eine chronische und eine acute Nephritis bei vorher gesunden In-
dividuen, sowie eine acute Nephritis bei einer schon bestehenden
Go88mann, Pyelitis auf. Ein von Gossmann (Münch. med. Wochenschr.) ge-
lieferter casuistischer Beitrag ist dadurch bemerkenswertli , dass er
eine 8mal recidivirte S«^hwnngerschaftsnephritis betrüFt, die jedesmal
mit Beendigung der Schwangerschaft spurlos zurückging. Nach
Savor, langdauemdem Coma eclampticum beobachtete Sa vor (Wiener klin.
Wochenschr. Nr. 8 u. 9) eine tagelang dauernde Hydrothionurie
mit reichlicher Schwefelwasserstoff bildung. Der Urin war anfänglich
spärlich und führte viele Urate, enthielt niemals Eiweiss, sondern
nur Spuren von Nucleoalbumin. Bei cultureller Behandlung konnte
er eine Wachsthumsvarietät des Bacillus coli commune züchten. Es
handelte sich also um eine reine, ohne Entzündungserscheinungen
einhergehende Bacteriurie im Bereiche des uropoetischen Apparates,
der sich erst nach 3wöchigem Bestehen eine Cystitis anschloss.
Gegenüber der Annahme, dass eine während oder nach der Geburt
Williams, auftretende Eklampsie stets auf einer Nephritis beruht, weist Wil-
liams (Practitioner, Januar) darauf hin, dass auch Convulsionen
ohne Albuminurie vorkommen und dass bei tödtlich verlaufenden
Krankheiten der Hamorgane. 227
Fällen gelegentlich die Nieren gesund gefunden werden ; endlich ver-
liest auch die Thatsache Berücksichtigung, dass an chi'onischer
Nephritis Leidende relativ selten von Eklampsie befallen werden.
Des weiteren berichtet er über zwei Fälle, welche beweisen, dass
auch eine wirklich bestehende Nephritis nicht immer zur genügenden
Erklärung einer Eklampsie ausreicht, sondern dass beide Zustände,
Nephritis und Eklampsie, coordinirte Folgezustände einer unabhän-
«rigen Allgemeinerkrankimg sein können. Das Krankheitsbild der in
<ier Schwangerschaft auftretenden Betinitis albuminurica skizzirt
Silex (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 18) folgendermassen. Meist Silex.
in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft kommt es zu allmählichen
Sehstörungen; die Sehschärfe wird ohne Gesichtsfeldeinschränkung
geringer ; bisweilen, namentlich wenn Eklampsie hinzutritt, schwindet
jegliche Lichtempfindimg. Die Netzhautveränderungen bestehen in
bellweissen, glänzenden Fleckchen, die in der Macula bisweilen eine
sternförmige Anordnung zeigen, sowie in grösseren, streifig und
radiär verlaufenden Schollen. Silex plaidirt in allen denjenigen
Fällen fiir die Einleitung der Frühgeburt, in welchen auch nur eine
massige Herabsetzung der Sehschärfe besteht ; denn erfahrungsgemäss
steDt sich gerade bei der Eetinitis albuminurica in späteren Stadien
mit grosser Regelmässigkeit Eklampsie ein.
Die Erklärung der urämischen Amaurose ist bisweilen keine
trinheitlicBe gewesen; theils wurde sie als Ausdruck einer centralen,
theils einer mehr peripheren Läsion aufgefasst. Pick (Deutsches ürämiBche
Arch. f klin. Med. Bd. 56, H. 1 u. 2) theilt nun einen Fall von Urämie Amanrose,
« X ICK«
mit, bei dem sich im Anschluss an eine Amaurose eine linksseitige
Hemianopsie entwickelte und wo die Section einen Erweichungs-
heerd im entsprechenden Hinterhauptslappen aufdeckte. Der Fall
gewinnt eine erhöhte Bedeutung dadurch, dass der Uebergang einer
urämischen Amaurose in Hemianopsie auch durch andere Beispiele,
von denen Pick zwei weitere bekannt gibt, erhärtet wird. Es ist
ihm nicht unwahrscheinlich, dass in derartigen Fällen die Amaurose
<lureh eine toxische Läsion der beiderseitigen centralen Sehbahnen
hervorgerufen wird; unter ihrer Einwirkung kommt es nun in der
einen Hemisphäre zu einer Erweichung, die ihr klinisches Correlat
in dem Auftreten einer Hemianopsie findet.
V. Ziemssen (Verhandl. d. Gesellschaft f. Naturforscher und
Aerzte) hat bei Urämikem regelmässig eine Erhöhung des Blut-
drucks, die bis zu 220 mm Hydrargyrum anwuchs, constatiren
l
228 Fürbringer.
Blutdruck können. Die Intensität des urämischen Zustandes läuft der Zu-
!!^\ nähme des Blutdrucks im grossen und ganzen parallel. Es handelt
V. ziemssen. sich bei dieser Spannungszunahme offenbar um eine vasoconstric-
torische Beizimg durch die im Körper zurückgehaltenen hamfahigen
Substanzen. Es gelaiig ihm zwar nicht, durch Amylnitrit diese
supponirte Gefassverengerung zu paralysiren; indessen entziehen
diese missglückten Versuche der Beiztheorie noch nicht jeden Boden,
da der Beiz des Giftes dem des Gegengiftes überlegen gewesen sein
kann. Durch weitere Versuche hat Ziemssen festgestellt, dass
auch beim Eintritt einer dyspnoischen Attacke der arterielle Blut-
druck plötzlich enorm ansteigt und mit ihrem Nachlassen wieder
absinkt.
liarnaäure Entgegen f i-üheren Angaben von v . J a k s c h bestreitet v. F o d o r (Central-
im Blut von jjia^ti f. innere Medicin Nr. 36), dass das Vorkommen grösserer Mengen
tikern ^^^ Harnsäure im Blut« von Nephritikem ein regelmässiger Befund sei.
Fodor. im Gegentheil hat er sie meist nur in minimen Quantitäten nachweisen
können.
Für die Fälle mit langjähriger Albuminurie, bei welchen die
Eiweissausscheidung grosse Intensitätschwankungen bei annähernd
normalem specifischem Gewicht und Hammenge zeigt, nimmt
Symptoma- V. Ziemssen (Deutsches Archiv f. kUn. Med. Bd. 55) circum-
tologieder gcripte, entzündliche Veränderungen der Nierensubstanz t^, die er
V. Ziemssen. ^^ ^^® Eiweissabsonderung verantwortlich macht. Derartige Elranke
will er nach Möglichkeit von allen schädlichen Einflüssen fem-
gehalten wissen. Für einen guten Maassstab zur Beurtheilung der
Schwere des Einzelfalles hält er die Beobachtung des Blutdruckes
und des Hämoglobingehalts. Bei parenchymatöser Nephritis sinkt
der Hämoglobingehalt proportional der Schwere des Falles, während
er bei interstitieller relativ hoch ist.
Die Therapie der Nephritis anlangend ist zunächst einer
Therapie Abhandlung Hirschfeld's (Zeitschr. f. Krankenpflege, Mai) zu ge-
der denken, in welcher der Behandlung der Albuminurie besondere Auf-
iUr«chfei(l M^örksamkeit geschenkt wird. Hirsch feld will jede Nahrung aus
der Kost gestrichen wissen, welche die Albuminurie steigern kann,
vornehmlich Bäucherwaaren , alkoholische Getränke und starke Ge-
würze. Ebenso wie gegen den übermässigen Eiweissverlust ist auch
gegen eine Ueberemährung mit Eiweissstoffen anzukämpfen; denn
letztere kann leicht zu einer Anhäufung von N-haltigen Stoffen im
Krankheiten der Hamorgane. 229
Organismus fuhren, da die kranken Nieren der ihnen zugemutheten
Leistung nicht gerecht werden können. Am meisten empfehlen sich
alä Nahrung neben Milch die weissen Fleischsorten; Fett ist in
jeder Form zu gestatten, desgleichen Vegetabilien , besonders Reis.
Eine gute Wirkung auf hydropische Ergüsse rühmt Gerhardt Behandln ng
(Münchener med. Wochenschr. 1894, Nr. 50) den heissen Sand- „ ^®*
' , Hydrops:
b ädern nach; in manchen Fällen sah er bei ihrer Anwendung Heisse
aasgezeichneten Nutzen. Wirksam sind auch Einschnitte in das Sand-
b ä de f
Unterhautbindegewebe, in Gestalt von vier kleinen Schnitten an Gerhardt.
\mden Seiten der Unterschenkel; der Kranke muss behufs i-ascheren
Wasserabflusses sitzen.
Für die diaphoretische Heilmethode tritt Dehio (Petersb. Diaphorese,
med. Wochenschr. Nr. 44) ein. Insbesondere spricht er das Schwitz- Dehio.
bett als das schonendste und mildeste diaphoretische Verfahren an.
Ein von ihm empfohlener Apparat entspricht im Princip dem be-
kannten Phönix k air chaud von Fulpius in Genf.
In Fällen von acuter wie chronischer Nephritis wendet Mo liiere Pilocarpin,
iLvon m^d. Nr. 15) seit vielen Jahren das Pilocarpin in folgender ^oili^r^.
Form an. Er vertheilt eine Salbe von 0,05 — 0,1 Pilocarpin zu 100 g
Vaseline auf dem ganzen Rumpfe und befestigt sie durch Verband.
Nach dieser Procedur sah er eine Besserung des subjectiven Befindens,
reichliche Diaphorese und eine Steigerung der Diurese eintreten. Die
Oedeme schwanden, und die Albimiinurie verminderte sich. Die Be-
handlung eignet sich für alle Formen der Nephiitis, leistet aber die
weitaus besten Dienste bei der acuten Nierenentzündimg ; contra-
indicirt ist sie bei Urämie. Der warmen Empfehlung des Pilocarpins
schliesst sich Lueck (Therap. gazette, 15. Nov.) an und wendet es Lueck.
in Dosen von 0,003 3stündlich auch bei renaler Hydropsie von Kin-
dern an.
In einer bemerkenswerthen Abhandlung über mechanische Be-
handlung der Hautwassersucht theilt Schurz (Therap. Monatshefte, HechaniBcbe
Januar) nach einem vollständigen litterarischen Ueberblick mit, dass Behandlung
^j -r-i_^ X • • A.i. lA 1 des Hydrops,
ond warum JLieicntenstern m semer Anstalt nach Ausprobung schurz.
der sonstigen Methoden nur noch die Incisionen anwendet. Hierzu
bestimmten ihn die Erfolge, die Ungefährlichkeit und die Bequem-
lichkeit der Methode. Genau dasselbe ist auf der Abtheilung des
Ref. der Fall gewesen.
230
Ftirbringer.
Dem Caloinel, dessen Nebenwirkungen man je länger je mehr
Behandlung fürchten gelernt hat, ist in Pepper (Med. news, 15. Dec. 1894) ein
neuer Lobredner erwachsen. Er hält relativ grosse Dosen (3- oder
4mal 0,2 g) für erforderlich ; kleinere üben, auch wenn sie stündlich
gereicht werden, nicht die gleiche Wirkung aus. Nach mehrtägigem
Gebrauch nimmt der diuretische Effect des Präparats ab, tritt jedoch
beim Dazwischenschieben einer kleinen Pause wieder hervor.
des
Hydrops:
Calomel,
Pepper.
Diaretin,
Askanazy.
So sehr auch Askanazy (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 56,
H. 3 u. 4) das Di ur et in als Diureticum bei Herzkranken schätzt, so
kann er diesem Mittel bei chronischer Nephritis nur einen bedingten
Werth zuerkennen. In hohem Grade wirksam zeigt es sich gegen
Anfälle von Asthma cardiale und Angina pectoris sowie gegen chro-
nische cardiale Dyspnoe, die so oft ein Begleitsymptom der chro-
nischen Nephritis darstellt. Eine primäre Einwirkung auf das Herz
ist dem Mittel kaum abzusprechen. Bei der Verabreichung von
5 — 7 g Diuretin pro die treten hin und wieder schwere CoUapse auf;
es ist daher räthlich, die Tagesdose höchstens auf 3—4 g fest-
zusetzen.
Cystinnrie,
Hall.
2. Nephrolithiasis.
Bei einem SS^ährigen Patienten sah Hall (Quarterly med. Journal
Bd. 3) zahlreiche Steine abgehen, die in Ammoniak löslich waren und deren
Rückstand nach dem Verdampfen die charakteristischen Gystinformen
zeigte; auch im centrifugirten Sediment fanden sich zahlreiche Cystin-
krystalle. Durch energische Behandlung mit Alkalien gelang es, die Cystin-
urie zum Schwinden zu bringen und das subjective Befinden des Patienten,
das durch heftige Schmerzen in der linken Leistengegend sehr beeinträchtigt
gewesen war, erheblich zu bessern.
Ueber Nephrolithiasisim Anschluss an Brechdurchfall berichtet E i c h -
hörst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 48). Bei einem 10jährigen Knaben
Nephro-
lithiasis
"i*°^i^/^n^ hatten sich, was die Litteratur noch nicht berichtet, die Erscheinungen
Eichhorst.' eij^er ausgebildeten Nierenkolik eingestellt.
Oxalurie,
Pfeiffer.
Für Oxalsäure Nierensteine, sowie für Oxalurie überhaupt
schlägt Pfeiffer (Centralbl. f. d. Krankheiten d. Harn- u. Sexual-
organe Bd. 6, H. 6) eine Diät vor, bei der aller Zucker ausgeschlossen
und die Amylaceen mögliclist eingeschränkt werden, damit die Aus-
scheidung der Oxalsäure im Harn vermindert wird. Demselben
Zweck dient die Verordnung von Alkalien, unter denen besonders
das Fachinger Wasser den gi'mstigsten Einfluss ausübt. Unter-
Krankheiten der Hamorgane. 231
stützend wirken warme indifferente Bäder, vornehmlich die Thermal-
bader von Wiesbaden.
Alle bislang empfohlenen harnsäurelösenden Mittel besitzen Harnsäure-
aach Mendelsohn (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) ein relativ m\\**i^
schwaches Lösungsvermögen ; erst neuerdings ist in dem Lysidin ein Mendelsohn.
Körper entdeckt, dem diese Kraft in ganz erstaunlicher Weise eigen
Mi. Aber selbst dieses Lösimgsmittel par excellence ist nicht im
Stande, im Organismus selbst Harnsäure zu lösen. Unter diesen
Umständen ist die Muthmaassung berechtigt, dass im Harn Körper
«enthalten sind, welche die Wirkung der künstlichen Lösungsmittel
hemmen. Mendelsohn hat durch methodische Untersuchungen
testgestellt, dass sie in den feuerbeständigen Bestandtheilen des
Harns, speciell in dem Hauptrepräsentanten derselben, dem Chlor-
natrium, zu suchen seien.
Nach experimentellen Untersuchungen von Mendelsohn Lithium,
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 41) kommt unter allen Lithium- Mendelsohn.
salzen dem Lithium citricum der stärkste diuretische EiFect zu. Wenn
daher eine Lithiummedication bei hamsaurer Diathese angezeigt er-
>cheint, so ist es angebracht, dem erwähnten leicht löslichen Prä-
parat den Vorzug zu geben. Nächstdem ist das Lithium aceticum
zu empfehlen, weil es leicht aus Lithium carbonicum in einer Satu-
ration hergestellt und im Geschmack corrigirt werden kann. Das
Lithium carbonicum, bekanntlich das bislang fast ausschliesslich ver-
wandte Salz, besitzt den Nachtheil, dass die starke Salzsäure, welche
lien Säurecomponenten des Chlorlithiums bildet, bei der ihr eigenen
Affinität viel weniger Lithium zur Bildung von toxischem ham-
saurem Lithiimi frei werden lässt, als bei anderen Lithiumsalzen.
Nach Nicolaier (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 34) eignet ürotropin,
sich das aus Formaldehyd und Ammoniak entstehende Ürotropin Nicolaier.
vorzüglich zur Lösung hamsaurer Steine; nach seiner Darreichung
erhält der Harn, ohne seine saure Reaction einzubüssen, harnsäure-
lösende Eigenschaften. Von einzelnen Patienten wurden 8 — 10 g
Ürotropin anstandslos vertragen, bei anderen hatte der längere Zeit
fortgesetzte Gebrauch des Mittels in der Höhe von 6 g gelegentlich
unangenehme Nebenwirkungen zur Folge, die jedoch nicht über ein
brennendes Gefühl in der Blasengegend und vermehrten Urindrang
lünausgingen. Bei Tagesdosen unter 2 g \vurden niemals Neben-
erscheinungen beobachtet.
232 Fürbringer.
Mit der Einführung der Kalks alz e in die Behandlung der
Kalksalze hamsauren Diathese vennehrt Lehmann (Berl. klin. Wochenschr.
bei ^j. 23) den diuretischen Arzneischatz um ein weiteres Agens. Er
Diathese, ^^nd die 248tündige Urinmenge nach Kalkeinnahme regelmässig ver-
Lehmann. mehrt und die Ausscheidung von V-fi^ und Na^O im Urin gegen die
Norm vermindert.
3. Kitrige Nephritis.
Die Anschauung, dass eitrige Nephritiden nicht bloss auf
ascendirendem Wege, sondern auch descendirend von der Blutbahn
Aetioloßie aus ZU Stande kommen können, sucht Posner (Verhandlungen d.
der eitrigen Gresellschaft deutscher Naturf. u. Aerzte) experimentell zu beweisen.
Posner. ' ^^ ^^^ zunächst festgestellt, dass sich bei Versuchsthieren nach
Rectalunterbindungen entzündliche Veränderungen in den Nieren
etabliren, besonders Glomerulitis und Epithelnekrosen. Die Injection
von virulenten Colibacillen in die Blutbahn wird von echter Nephritis
mit Cylinderbildung gefolgt. Darmbacterien kamen nur dann zur
Ansiedlung in den Nieren, wenn letztere vorher durch Alkohol-
injection geschädigt waren oder wenn die Thiere mit Chrom ver-
giftet und eine Rectalunterbindung nachgeschickt wurde.
Behandlung Casper (Verhandlungen d. Gesellsch. d. Naturf. u. Aerzte) ver-
der Pyelitis, öffentlicht zwei Fälle von Pyelitis gonorrhoica, in denen er durch
Ausspülung des Nierenbeckens mittels Bor- und Höllensteinlösung
völlige Heilung erzielte. Im ersten Fall blieb der in den Ureter
der kranken Seite eingeführte Katheter mehrere Tage lang liegen,
im zweiten wurde die Ausspülung in verschiedenen Sitzungen vor-
genommen. In beiden Fällen waren alle anderen therapeutischen
Maassnahmen ohne Erfolg geblieben. Das gleiche Besultat konnte
Gu^pin. Gu^pin (Gaz. m^d. de Paris, 11. Aug.) bei einer Pyelitis durch
Blasenausspülung und Milchdiät erzielen; eine besonders günstige
Wirkung schreibt er letzterer zu. Nach dem Aussetzen der Milch-
diät verschlimmerte sich der Zustand von neuem.
4. Tuberculose und Neubildung.
Nieren- Nach Watson (Boston med. and surg. Journal, 7. Februar) be-
tubercttiose, gijjjj^ die primäre Tuberculose des Urogenitalapparates meist im
Nebenhoden, seltener manifestirt sie sich zuerst in Form kleiner
kugliger Köi-perchen im Hilus des Hodens selbst. Bei AflPection
der Samenbläschen ergibt die Untersuchung per rectum eine Ver-
^
mbercalose begmut
htnL BtiniÄnIiiTTiuc ijrr !?"" ••^^^r;*. >-'t^ ZliAe^ai*-
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mikroskopisch natekw^e&^lxftr «smi in«! -ri-vj. ^ a >ii i-n- n rnnur«!
«ler Steine vneraknlaäisfiea. Hinuinr:tt*äL iiuLiurra mivr«* nni'.ttiL iiun^
'*ie durch inätnnBeaseil*^ TTnBEanflniiiniiii***! iii't. 3L*n»*r*j»t*¥^r:rTni£*t2i
nicht verstärkt 'w^rdcU- P.t-s-t.x -7 »xrniL.. in ni-L i»t Z«l-:ki.i:i.
Nr. 9) beschreibe einjeii th .r-:^ ' h n . : > liit^g. Ji*l -tiiLrrr ^rTCiL-m Z~-r-«ai-
tuberculoöe. bei »ienL »!•* •«nzur*» ^joiiir ol imti -.tn-nii -t^.^^r*^ ~. ri.ir-
iirie ohne je<Jwede ^i-cistl;!^ V-^r'Lii if^rrn «r^n. iir* "T^Hi^ .»r?ra^i:. _»it
erkrankte Niere irar th:«!*^ T^r-rr' »t-Hir: ii *.a y.-..T:itrin.ir'-
tt: "»
/v:». "X
Mc CarthT md Ma?":!» lCfjni3~ii.. xih^L • unu*. .'u.iü^" u. •.♦ta i»t: y
?rüt;ir'^aiii^ 3.-rr^T!i.r!_i.jL »♦^.•:n*':ir*»i
einer 4^)ahrigtai Fnta Ät r^irbi
daji durdi eine *«fltaie lfit*«Ga<w» athi.iL trhi^-^imr i:.urit,*r-'''^r'iur
»"ntwickelteii äch BSm&!h mg%aLir,ir-f4*jitt ±jii<i>t*i zl t»^ :Tik.*rL F.»«-«. frr;.<~ir-
wncfaend von stmsftigeB 3CB*r»fikr»r^.*«*aL kif i»^!iL Ijn.; »i.-p-*-i7* -r:.»jrL iln
weiterer von Anderson -LdAri^t. 27. A^cl 3i-rw2'rr-irLl~^r Ji-1 ^<: l^uztz".*!
l^merkenswerth . das €r trc-ci •fiüjr.^^a. r>?«r<irtf*iit -»-«i^tr ci HLnuinir^
noch zu Kachexie fnhrte. Fh^'z*? t;«l M:rj;* I-uii'rr. fT Atc:_ z^^iat
^>e#chriebene Falle tauschten \yrrvmf::Lr:'zz>i'Zirr t .»i . «r-l-ta. tL.i k:*^ iz
Wirklichkeit als maligne N^'.i^li.-sirrs £rr> I*..£iLj:ni* i-^LT-*. f-r n-^
]>aranephritischen AbscesMcn oim' ->:r: -wi^^r«-
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AUtHT"^.»!
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Endlich i'*t noch ein Earle ::si Wr^T-rz
Aseoc., Decemberl angefadrigin' F^ vca Xrr'-r:^:jdrry^rr-::ii..r i::_ri:ri^Lrr3 . :
>ehr interessante klinische Symptocie z>e:t£z^«- !•:<• Kji~;*r-r-*-lrir-::Lr,^:*r^ '
«>tanden in Gelbsacht, der raMh efs^ b:T«i-dT^ l>-'*rrTrr^>.-^r-:zur r.^.
ft>lgte. Anatomisch fand «ich ein fimws«c-«- vcn der iv.ltr= Nr'«rrjiirTv ä:
j^ebendes Spindelzellensafkom. da« die «?vfXK^ der LrVrjf. rte Tuam-ctb*
and zum Verechloas gebraut hatte.
tcs : r.
Eine interessante Gesehwul^ der Xierenir»-^Ed. dl*? dunrh dt*n i^fhalt
von quergestreiften Mnskelfa6ernaa<$igezeiL-hnet war. beschreibt Brock
iVirchow's Archiv Bd. 140. Heft 3). Der Tumor besas^ riesige Dimen^ionen.
ohne in den Nachbaroiganen wesentliche Schädigun^ren hervorgt^bra^ht zu
haben. Auch bei seinem Fortschreiten gegen die Xiere zeigte die Ge-
schwulst keinen eigentlich bösartigen, sondern einen mehr verdrängenden
Charakter; nur an einigen wenigen Stellen war die Eap^^I verdünnt oiler
durchbrochen. Weniger gutartig zeigten sich einige traubenförmige An-
hange, die Verf. ab locale Metastasen auffass-t.
j;eschwulst
der Nif reu.
Brock.
234 Fürbringer.
5. Neuralgie der Niere.
Nieren- Senator (Neuralgie derNiere [Nierenkolik, Nephralgie],
iieuralgie, ßerl. klin. Wochenschr. Nr. 13). Es gibt echte Nierenneuralgieen,
sowohl secundäre im Verlaufe anderer Krankheiten, als auch primäre
idiopathisclie. So gibt es z. B. „Crises nephretiques" bei Tabes,
welche wie eine richtige Nierensteinkolik verlaufen und vorzugsweise
die linke Niere befallen sollen. Die hysterische Hyperästhesie der
Nieren, welche oft als Ovarie imponirt, gehört auch hierher. Man
hat schon mehrfach, wo periodisch auftretende Nierenkoliken auf
Concremente schliessen Hessen, bei der Operation eine gesunde Niere
gefunden. Die Diagnose bleibt selbst bei langer Beobachtungsdauer
nur Wahrscheinlichkeitsdiagnose. Die Therapie muss zunächst gegen
vermuthete Grundleiden gerichtet sein und erst bei unerträglicher
Steigerung der Beschwerden zur Operation führen. Selbst falsche
Diagnosen sind nicht ohne Werth, denn die Erfahrung hat gelehrt,
dass Nierenneuralgieen nach Blosslegung der Niere sich besserten,
sogar heilten.
6. Bewegliche Niere.
Ren mobilis, Legry (Union mMicale Nr. 9 u. 10) weist überzeugend nach,
Legry. (j^gg ^{q Situs Verhältnisse der Nieren es durchaus erklärlich machen,
dass unter dem Einfluss eines andauernden Druckes oder ähnlich
wirkender Factoren eine Verschiebung der Nieren nach abwärts zu
Stande kommt. Besonders häufig findet sich die Wanderniere bei
der Enteroptose, ohne übrigens eine constante Theilerscheinung dieses
Krankheitszustandes zu sein; man darf daher Nephroptose und
Wandemiere nicht mit einander identificiren oder etwa als ver-
schiedene Grade derselben Krankheit auffassen.
Peri- Vieles Interesse beanspruchen die Mittheilungen von Edebohls
typhiitlB (The americ. Journal of obstetrics, Februar), denen zufolge Kranke
Wand er- ^^^ Wandernieren auffällig oft Alterationen des Wurmfortsatzes dar-
niere, bieten. Die Nephrorrhaphie bessert in einer ganzen Anzahl von Fällen
^ e 0 8. gleichzeitig mit den durch die Wanderniere verursachten Schmerzen
auch die Erscheinungen der Appendicitis. Der Zusammenhang der
beiden an sich so verschiedenen Krankkeitszustände fusst nach
Edebohls' Ansicht auf der den betreifenden Organen eigenthüm-
lichen Blutversorgung. Der Processus vermiformis nämlich empfangt
sein Blut von der A. mesaraica superior und führt es in die V. mesa-
Ki*ankheiten der Hamorgane. 235
raica ab; letztere steigt hinter dem Panki'eas zur V. portae auf.
Diu'ch die Stellungsanomalie der Wanderniere wird der Kopf des
Pankreas mitdislociii: und dadurch eine Compression auf die Mesen-
terialgefässe ausgeübt, die sich rückwärts auf den von ihnen ver-
sorgten Wurmfortsatz fortpflanzt.
C. Krankheiten der Harnwege.
Bezüglich der Krankheiten der Hamwege hat das laufende Be-
richtsjahr nur wenige Arbeiten gezeitigt, die dem Zweige der internen
Disciplin angehören.
Miyake und Scriba (Mittheil, aus der med. Facultät von Tokio Hämato-
Bd. 3, Nr. 1) berichten über eine Hämatochylurie, die schon seit ^^iyakeif
11 Jahren periodisch bestand und deren erstem Auftreten inter- Scriba.
mittirende Attacken von schmerzhaften Hodenschwellungen voran-
gegangen waren. Im Harn fanden sich ausser nephritischen Ele-
menten und Fetttröpfchen Milben, Eier und Lan'^en. Auch im
Spülwasser der Blase wurden die gleichen Gebilde entdeckt. Die
Hämatochylurie heilte unter Blasenausspülungen. Die genaue Be-
schreibung der Milben ist im Original einzusehen.
Kathetei'i»
Die Technik des Katheterismus der Harnleiter hat mue der
L. Casper (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7) gefördert. Harnleiter,
Casper.
Sa vor (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 44) bringt einen neuen ßacterieiie
Beleg für die Vielgestaltigkeit des Krankheitsbildes, das durch eine ^^ *'/*'
Infection der Harnwege mit Bacterium coli entstehen kann. Bei
einer Cystitis, die dadurch merkwürdig war, dass sich wiederholt
mit dem eiterhaltigen Harn croupöse Membranen entleerten, ergab
die bacteriologische Untersuchung Bacterium coli in Reincultur. Im
Anfang bestand schwach alkalische, später saure Beaction; ammo-
niakalische Gährung dagegen war niemals vorhanden. Unter fort-
gesetzten Ausspülimgen besserte sich der Blasenkatarrh sehr
rasch.
Goldberg (Centralbl, für die Krankh. der Harn- u. Sexualorgane, Bacteriurie,
Heft 7) konnte bei einem alten Gonorrhoiker im Urin zahllose Kokken mit Goldberg,
geringer Eigenbewegung nachweisen, die etwas kleiner als Gonokokken
erschienen. Der Urin war gelblich und trübe und sedimentirte auch nach
stundenlangem Stehen nicht; die Trübung verschwand weder beim Kochen
noch bei Säurezusatz. Der Patient selbst war ohne Beschwerden. Unter
Salolgebrauch schwand die Bacteriurie in kürzester Zeit. Also eine auf-
236 Pürbringer.
fallend wenig resistente Form, welche zwar nicht selten, indess nach des
Ref. Erfahrungen an Häufigkeit von den subacuten und chronischen Fällen
übertroffen wird.
Bacteriurie, Eingehende experimentelle Untersuchungen über Bacteriurie
"^* ' bei Nephritiden verdanken wir W. Engel (Deutsches Arch. f. klin.
Med. Bd. 56). Bei steriler Entnahme des Urins von 31 Patienten
fand er nur zweimal keine Bacterien, im übrigen Staphylo- und
Streptokokken, Bacterium coli commune, Tuberkel- und Typhus-
bacillen, endlich in nicht weniger als 17 Fällen eine& noch nicht
beschriebenen, „für die Nieren speciiisch pathogenen" Mikroorganis-
mus mit bestimmten cultureUen Eigenthümlichkeiten , den er als
Coccus pyogenes bezeichnet. Mit Eücksicht auf bestätigende Thier-
versuche glaubt der Autor, diesen Coccus als erste Ursache einer
grossen Anzahl von Nephritiden ansehen zu sollen. Vielleicht be-
ginnen solche Formen als leichte bacterielle Albuminurieen. Auch
im übrigen ist Engel sehr geneigt, die Nierenerkrankung als eine
Läsion des weniger widerstandsföhig gewordenen Gewebes infolge
dauernder Ansiedelung und Vermehrung der Bacterien, bezw. ihrer
Giftwirkung zu deuten. Therapeutisch tritt er nach eigenen Ver-
suchen besonders für die Darreichung von Jodkalium ein, dessen
Uebergang in den Harn die Keime tödtet.
Cantharidin Bei cystitischen Beschwerden empfiehlt Freudenberg
gegen (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 23) die innere Application von Can-
Freudcnberg. tharidin in folgender Zusammensetzung : Cantharidin 0,001, Alkohol 1 ,0,
Aqua destillata 100,0, und gibt davon dreimal täglich einen Thee-
löffel. Die Vorzüge des Mittels bestehen hauptsächlich in ein^*
ausserordentlich prompten, schon nach wenigen Tagen hervortretenden
Wirkung. Contraindicirt ist es nur in den Fällen, wo eine medi-
camentöse Therapie von vornherein ausgeschlossen erscheint, also
wo die Cystitis nur ein Symptom hochgradigerer Läsionen darstellt.
Bei gonorrhoischer Cystitis leistet das Sandelöl gemeiniglich mehr,
zumal ihm eine secretionsbeschränkende Fähigkeit zukommt.
Blasen- Pousson (Journal de m^d. de Bordeaux Nr. 20) empfiehlt statt
anast esi- ^^^ Cocains, das bei lädirtem Blasenepithel schon in geringer Con-
PouBson. centration Intoxicationserscheinungen hervorrufen kann, das Anti-
pyrin. Er benutzt 2 — 4®/oige Lösungen, die je nach der Blasen-
capacität in Mengen von 10 — 60 ccm eingegossen werden und eine
vollkommene Anästhesie erzeugen.
Enurese, Betreffs der Enurese verweist Mendelsohn (Berliner klin.
Mendeisohn. Wochenschr. Nr. 49) mit besonderem Nachdruck auf die Thatsache,
Krankheiten der Hamorgane. 237
dass die Natur des Leidens der Hauptsache nach in der minder-
verthigen Functionsleistung eines bestimmten Organs zu suchen ist,
in der Schwäche des Yerschlussapparates. Mit ihr geht eine mangel-
hafte Entwickelung der Prostata einher, welche erst mit dem Ein-
tritt der Pubertät gleich dem innig zu ihr gehörenden Sphincter
internus zur weiteren Ausbildung gelangt. Der Autor fordert, dass
die kleinen Patienten vor allem an strenge Kegelmässigkeit in der
Urinentleerung zu gewöhnen imd ihnen am Abend so wenig Flüssig-
keiten wie nur möglich zu verabfolgen sind. In eingewurzelten Fällen
hat ihm ein einfaches Verfahren, das darauf abzielt, den sich an-
sammelnden Urin möglichst spät das Orificium intemum der Harn-
röhre erreichen zu lassen, recht gute Dienste geleistet; es besteht
darin, dass das Fussende des von dem Kranken benutzten Bettes
höher gestellt wird als das Kopfende. Unter den Medicamenten
schätzt er am meisten die Tinctura rhois aromatica, mehrmals am
Tage zu 10—15 Tropfen.
Ein neues , mannichf ache Vortheile aufweisendes Cysto- cystoskopie,
8 k 0 p demonstrirt Güterbock (Berliner klin. Wochenschr. Güterbock.
Nr. 29). Bei ausserordentlich bequemer und schonender Einführung
entfallt ein Wechsel des Instruments während des ganzen Unter-
.suchungsactes. Endlich ersetzt es die Irrigationscystoskope anderer
Autoren.
Van der Pluyn und ter Laag (Centralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. Urethritis,
Bd. 17, Heft 7 u. 8) fanden bei der bacteriologischen Untersuchung einer Pluyn u.
Urethritis, die Gonokokken vermissen Hess, den Bacillus coli commune, ^^e
deasen Identität sie durch die Züchtung, G£töbildung und Thierpathogenität
feststellten. Der Fall kam zur Heilung.
Lehrbücher und Monographieen.
6nyon, Lebens cliniques sur les maladies des voies urinaires. T. 1.
Symptomes fonctionnels, modifications pathologiques des uiines. 3. Edit.
Paris. Baillidre et fils.
Senator, Die Erkrankungen der Nieren. Nothnagel, Specielle Patho-
logie und Therapie Bd. 19, 1. Theil, 1. Abtheilung.
Hans Schmid, Behandlung der Erkrankung der Nieren und der Harn-
leiter. Separatabdruck aus dem Lehrbuch der speciellen Therapie
innerer Krankheiten, herausgegeben von P e n z o 1 d t und Stintzing.
Jena. G. Fischer.
238 Fürbringer.
Kolisch, lieber Wesen und Behandlung der ui-atischen Diathese. Stutt-
gart, F. £nke.
Posner, Therapie der Harnkrankheiten. Vorlesungen für Aerzte und
Studirende. Berlin. Hirschwald.
A. König, Die neueren Hülfsmittel zur Diagnose und Therapie der Blasen-
krankheiten. Leipzig. Naumann.
Daiber, Chemie und Mikroskopie des Harns. Jena. Fischer.
L. C asper, Cystoskopie. Eulenburg'sche Realencyklopädie. 3. Aufl., 5. Bd.
U, 7. Infectlonskrankheiten,
Von Dr. FreyliaDy Assistenzarzt ani Krankenhause Friedrichshain
in Berlin.
A. AUgremeines.
An die Spitze der Betrachtungen über die Fortschritte, welche
auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten im Berichtsjahre zu ver-
zeichnen sind, können wir am besten eine Abhandlung von Samuel Geschichte
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 18 u. 19) setzen, welche alle Stadien „, ^^^
Blatsernm-
'ies Werdeganges unserer Anschauungen von der Kuhpockenimpfung therapie,
bis zur Blutserumtherapie beleuchtet. Das von Jenner zuerst in Samuel,
'lie wissenschaftliche Medicin eingeführte Princip der Immunisirung
fand lange Zeit keine Nachfolge, und als die Nachfolge in Gestalt
der Sy])hilisation kam, lief sie Gefahr, die ursprüngliche Idee ganz
und gar zu discreditiren. Erst der Scharfsinn Pas teures, der die
Methoden der Mitigirung der Krankheitsstoife erfand, brachte eine
weitere Förderung. Die im Laufe der Jahre gewonnene Einsicht,
»lass die Bacterienwirkung im wesentlichen auf einer Intoxication
mit Toxinen beruht, führte Pas teur zur Präventivimpfung der Hunds-
wuth mit Rabiestoxinen und weiterhin Koch zur Behandlung der
Tuberculose mit Tuberculin. Principiell verschieden von dieser Toxin-
behandlung ist die von Behring inaugurirte Blutserumtherapie,
denn sie basirt auf dem Gedanken, dass die Selbstheilung der con-
tagiösen Krankheiten auf einer Bildung von Antitoxinen beruht, d. h.
öpecilischer, für jede Krankheit besonderer Körper, die sich vor-
zugsweise im Blutserum ansammeln. Der Beweis für die that-
sächliche Existenz der Antitoxine ist in dem jetzt für eine ganze
Reihe von Blrankheiten erprobten Behring'schen Gesetz der Ueber-
tragbarkeit der specifischen künstlichen Immunität mittels des Blut-
serums auf andere Thiere zu erblicken. Bei der Diphtherie hat
Behring das Blutserum auf eine so hohe Immimisirungspotenz ge-
steigert, dass es nicht nur als Schutzserum dient, sondern auch
heilende Eigenschaften entfaltet.
240 Freyhan.
Bekanntlich kommt dem Blutserum der Diphtheriereconvalescenten
eine bactericide Kraft zu, die auf die Anwesenheit specifischer Antitoxine
Bactericide zurückgeführt wird. Gegen diese Anschauung erhebt Orlowski (Deutsche
Kraft des med. Wochenschr. Nr. 25) deshalb Einspruch, weil er bei einer verhältniss-
Blutserums, ^g^g^g grossen Anzahl von Kindern, die niemals an Diphtherie gelitten
hatten, eine das Diphtheriegift abschwächende, ja neutralisirende Wirkung
nachweisen konnte.
Wirkangder Krüger (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21) hat versucht mit Um-
Elektrolyse, gehung des Thierkörpers mittels der Elektrolyse direct aus Bacterien-
culturen die immunisirenden und heilenden Stoffe zu gewinnen, die im Blut-
serum künstlich immunisirter Thiere enthalten sind. Er fand, dass der eon-
stante elektrische Strom unter möglichster Ausschliessung der Ionen, mittels
der unpolarisirbaren Elektroden zur Anwendung gebracht, die Bacterien in
ihrem Wachsthum vollständig aufzuhalten vermag, ohne sie abzutödten.
Unter Mitwirkung der Ionen veimag er die Dichte und Dauer der Bacterien
und ihi'e Dauerformen abzutödten. Bei einer gewissen Zeitdauer und
Stromstärke ist die Elektrolyse im Stande, einigen Bacterienculturen ira-
mumsirendc Eigenschaften zu verleihen. Durch intravenöse Iiyection einer
elektrolytisch genügend vorbehandelten Diphtheriebacterienaufschwemmung
gelang es sogar, eine Diphtherieinfection beim Kaninchen zur Heilung zu
bringen.
Gerinnung Freund, Grosz und Jelinek (Centralbl. f. innere Medicin Nr. 39)
und -g^ gg gelungen, durch Injection von Substanzen, welche die gemeinsame
Freund ' Eigenschaft haben, gerinnungshemmend zu wirken, das Diphtheriegift bei
Grosz, Thieren zu paralysiren. Es scheint denmach, dass diese Substanzen im
Jelinek. Stande sind, eine dem Heilserum analoge Wirkung auszulösen. Jedenfalls
sprechen die gewonnenen Resultate dafür, dass sehr nahe Beziehungen
zwischen dem Vorgange der Gerinnung und der passiven Immunisirung be-
stehen müssen.
Serum- Meyer (Compt. rend. de la societe de biolog. Nr. 23) hat einer An-
einspntz- .^^^il von Versuchsthieren Culturen von Diphtherie- und Pyocyaneusbacillen
u n c e u
Meyer.' inoculirt. und bei einem Theil der Thiere eine Blutseruminjection nach-
geschickt; das Serum entstammte theils künstlich immunisirten Thieren,
theils war es aus dem Blut und den Exaudaten von ürämikern gewonnen.
Diejenigen Thiere nun, die der letztgenannten Behandlung unterworfen
wurden, gingen sehr rasch zu Grunde; bei den anderen Thieren dagegen,
mochten sie nun mit Diphtherie- oder Pyocyaneusserum immunisirt sein,
gestaltete sich der Verlauf der Infection erheblich milder. Dieses Verhalten
erklärt Meyer dadurch, dass der Organismus durch Incorporation eines
Schutzserums gleichsam in einen Vertheidigungszustand versetzt und so
befähigter werde, auch anderen Infectionen Widerstand zu leisten.
Inf ectionskrankheiten. 241
Die von Friedrich (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49 u. 50) angestellten Toxine und
Beobachtunsren über die Wirkunsr von subcutan einverleibten Strepto- Körper-
kokken- und Saprophytentoxinen auf die Körpertemperatur Friedrich '
lehren die bedeutsame Thatsache, dass wir in den „Fieberreactionen* ge-
schwulfltkranker Menschen auf die Streptokokkentoxine keinerlei ^specifische
Reaction'* vor uns haben, sondern dass es nur die am Thierkörper noch nicht
prüfbaren und daher für den Menschen so schwer dosirbaren toxischen
Valenzen sind, welche die graduellen Schwankungen in der Wirkung auf
die Wärmeregulirung bedingen. Auf die Injection der Culturfiltrate er-
folgte überhaupt keine Reaction ; man muss daher bei diesen saprophytischen
Keimen annehmen, dass die den schweren Krankheitszustand beim Menschen
auslösenden Giftkörper in unseren künstlichen Culturen an die Bacterien-
leiber gebunden sind.
Durch sehr instructive Versuche beweisen Loewy und RichterEinfiuss des
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 15), dass die artificielle Er- Fiebers auf
Zeugung von Fieber sowohl wie von Leukocytose einen günstigen Krankheiten
Einfluss auf den Verlauf von Infectionskrankheiten auszuüben vermag. Loewy u.
Eieber riefen sie durch einen Stich in das Corpus striatum hervor, eine Kißht«r.
Leukocytose stellte sich nach intravenöser Incorporirung von Gewebs-
säften und albumoseartigen Körpern, besonders des Spermins, ein;
dergestalt behandelte Thiere, die das Drei- und Vierfache der tödt-
lichen Pneumokokkendosis erhalten hatten, konnten gerettet werden.
Ewing (New York med. Joum., 2. März) constatirte nach In- Toxische
jection von Bacterien und bacteriellen Stoffwechselproducten ein Ver- Hypo-
sch winden von Leukocyten aus allen Theilen der arteriellen und cytosis,
venösen Circulation; sie fanden sich mehr oder weniger stationär Ewing.
in den Capillaren, vor allem denen der Leber und Lunge, wieder.
Nach den von Maxim o witsch (Deutsches Archiv f. klin. Med. Einfluss der
Bd. 54) bei verschiedenen infectiösen Fiebern vorgenommenen iw^ec^iösen
Fieber 8>uf
Untersuchungen äussert sich der Einfluss des Fiebers auf den Blut- den Puls
kreislauf durch eine Gleichmässigkeit des Rhythmus, die durch Maximowitsch.
künstliche Herzbeschleunigung nicht erzeugt werden kann. Die Ver-
änderungen der Form des Pulses sind ausser von der Einwirkung
des infectiösen Fiebers auf das Gefässsystem noch von individuellen
Eigenschaften des Organismus abhängig. Für die Veränderungen
der Pulscurve macht Maximowitsch direct die schädigende Ein-
wirkung des infectiösen Fiebers auf Herz und Gefasse verantwortlich.
Die als „Herzschwäche" bei Infectionskrankheiten be-
zeichneten Erscheinungen sind nach den Auseinandersetzungen von
.Tahrbach der practischen Hedicin. 1896. 15
242 Freyhan.
Herz- Romberg (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 51 u. 52) sowohl vom Herzen
schwäche ^^ ^^^^ ^^j^ ^^n peripheren Gefässen abhängig. Wenn man auch bis-
infections- lang gewohnt war, die Ursache der Herzschwäche ausschliesslich in
krankh eilen, einer Schädigung des Herzens zu suchen, so lassen die Romberg-
Romberg. g^j^^g^ Experimente keinen Zweifel, dass man fortan neben die Herz-
schwäche die Vasomotorenschwäche, neben die Herzlähmung die
Vasomotorenlähmung zu setzen hat. Romberg hat einwands&ei
festgestellt, dass der Bac. pyocyaneus und die Pneumokokken da-
durch schädigend auf den Kreislauf wirken, dass sie das Vaso-
motorencentrum des verlängerten Markes lähmen. Der Bac. pyo-
cyaneus beeinträchtigt zudem in manchen Fällen den Rhythmus und
die Leistungsfähigkeit des Herzens.
B. Specielles.
1. Cholera.
Aetiologie Die Aetiologie der Cholera unterzieht Rumpf (Sammlung
der Cholera, ^j-j^ Vorträge Nr. 109 u. 110) einer eingehenden und trefflichen
Kritik; er hebt hervor, dass die Uebertragung der Krankheit meist
keine directe ist, sondern dass ihr in der Regel ein ausserhalb des
menschlichen Körpers stattfindendes Entwickelungsstadium der Cholera-
bacillen vorausgeht. Diese Phase spielt sich vorzugsweise im Wasser
ab; andere Momente, so besonders andauernde Wärme, üben einen
begünstigenden Einfluss auf die Entwickelung aus. Indessen können
die Kommabacillen ausserhalb Indiens nicht dauernden Fuss fassen
und gehen nach kürzerer oder längerer Zeit infolge ungenügender
Lebensbedingungen zu Grunde. Die schädlichen Folgen, welche die
Einwanderung der Vibrionen in den Darmkanal nach sich zieht,
sind einerseits von der Intensität ihrer Entwickelungsfahigkeit und
Virulenz und andererseits von der individuellen Disposition der be-
fallenen Personen abhängig.
Nach den Ausführungen von R. Pfeiffer (cfr. vorigen Jahrgang)
ist man ausser Stande, mit den choleraähnlichen Vibrionen im Blute
der damit immunisirten Thiere Antikörper zu erzeugen, welche die
echten Cholerabacterien specifisch beeinflussen und umgekehrt. Die
auf dieser einschneidenden Differenz basirte Unterscheidung s-
Pfeiffer'H methode der echten Choleravibrionen gegen choleraähnliche Bac-
gperifisohe terienspecies ist von Dun bar (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9)
CbolerR-
reaction, nachgeprüft und in allen Theilen bestätigt worden. Dunbar glaubt
Dunbar, sogar, die Pfeiffer'sche Lehre dahin veraUgemeinem zu dürfen.
Infectionskrankheiten.
243
dass es überhaupt möglich ist, durch entsprechende Vorbehandlung
von Thieren mit bestimmten Bacterienarten Substanzen zu bilden,
welchen eine specifische Wirkung gegen eben diese Bacterienspecies
innewohnt. Gleichzeitig ermöglicht diese ,, specifische Keaction*^^ eine
äichere Unterscheidung gegen solche Bacterien, bei denen die bis-
lang bekannten Differenzirungsmittel mehr oder minder versagen.
Im vollen Gregensatz zu ihm bestreitet Kumpel (Berliner klin. Kumpel,
Wochenschr. Nr. 3), dass es zur Zeit möglich sei, choleraähnliche
Bacterien von echten Kommabacillen mit Sicherheit zu unterscheiden.
Ihn wenigstens hat die Pfeiffer'sche Methode bei zwei echten
Choleraculturen ganz und gar im Stich gelassen, und eine wechsel-
seitige Immunisirung war bei ihnen nicht zu erzielen. Auch die
beiden übrigen Hauptunterscheidungsmethoden Pfeiffer's — Im-
munität der Tauben gegen Cholera, Abwesenheit der Phosphorescenz
in Choleraculturen — vermag er nicht als stichhaltig anzuerkennen ;
eu gelang ihm bei Tauben echte Cholera hervorzurufen, und femer
beobachtete er an Choleraculturen, die zwei tödtlich verlaufenen
Fällen entstammten, eine intensive Phosphorescenz. Die ihm ge-
gemachten Einwände widerlegt Pfeiffer (Berliner kün. Wochen- Pfeiffer,
»chrift Nr. 13) in ruhiger und objectiver Weise. Er selbst verfugt
gleichfaUs über die authentischen Culturen der von Kumpel an-
gezogenen Fälle, und die in seinem Besitz befindlichen haben sich
nach allen drei angegriffenen Richtungen hin als echte Cholera-
vibrionen charakterisirt. Die abweichenden Ergebnisse RumpePs
weiss er nicht zu erklären, hält aber das Dazwischentreten unglück-
licher Zufalle, wie sie bei monatelanger Fortzüchtung im Laboratorium
unterlaufen können, nicht für ausgeschlossen. Man wird demnach
«iie „specifische Reaction" der CholerabaciUen vorläufig als fest-
stehend erachten können.
Metschnikoff (Annales de l'Institut Pasteur Nr. 6) hält die Metschnikoff.
^specifische Reaction" Pfeiffer's nicht für den Effect einer
bactericiden Secretion der lebenden Endothelzellen, sondern stellt die
H3rpothese auf, dass das Phänomen hervorgerufen wird durch eine Sub-
stanz, welche von absterbenden Leukocyten stammt, d. h. durch eine
Art Phagocjrtose. Es trete nur da in die Erscheinimg, wo vor der
Einwanderung der Vibrionen eine grössere Menge von Leukocyten
vorhanden sei, wie dies beispielsweise bei der Lymphe des Bauch-
fellraums in reichem Maasse der Fall wäre.
Behring und Ransom (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 29)
stellten aus Choleraculturen eine von Bacterienleibem befreite Flüssig-
244
Freyhan.
Cholera-
toxin,
Behring u.
Ransom.
keit und durch weitere Behandlung eine mit denselben Eigenschaften
begabte feste Substanz dar. Mit diesem Choleratoxin behandelten
sie nun Meerschweinchen und andere Thiere nach den bekannten
Immunisirungsprincipien und fanden, dass das Serum der behandelten
Thiere deutliche antitoxische Eigenschaften besass, gleichviel, ob es
vor der Einspritzung mit der Toxinflüssigkeit vermischt wurde oder
ob es getrennt von derselben gleichzeitig oder auch vorher injicirt
wurde. Die Schutzwirkung trat auch gegenüber der Inoculirung
lebender virulenter Choleravibrionen zu Tage.
Cholera-
ahnliihe
Bacterien,
.Sanarelli.
Trotz der Pfeiffer'schen DifFerenzirungsmerkmale ist der Streit,
ob die choleraähnlichen Bacterien mit den Choleravibrionen zu identi-
ficiren sind oder nicht, noch immer nicht verstummt. Sanarelli
(Amiales de Tlnstitut Pasteur Nr. 3) gelaubt, dass die im Wasser
gefundenen choleraähnlichen Bacterien in Wirklichkeit echte
Choleravibrionen sind, die nur infolge eines langen, saprophjrtischen
Lebens degenerirt sind. Er sieht in ihnen nicht etwa ein Ueberbleibsel
früherer Epidemieen, sondern führt ihren Ursprimg auf die Meta-
morphose zurück, der sie im menschlichen resp. thierischen Dann-
kanal unterworfen worden sind. Es gelang ihm, durch Anwendung
von Choleratoxin, bei gleichziger Application von Natrium bicar-
bonicum-Lösung, bei Meerschweinchen eine schwere tödtliche Enteritis
zu erzeugen und aus dem Darminhalt der gestorbenen Thiere zwölf
verschiedene Vibrionen zu züchten, die in verschieden hohem Grade
pathogen waren, ohne deutliche DifFerenzpunkte unter einsuider dar-
zubieten. Schutzimpfungen mit irgend einem dieser Bacterien machten
die vaccinirten Thiere auch immun gegen alle anderen, mit Ausnahme
der Massauahvibrionen.
Cultnr der
Cholera-
liRcillen,
Spronck,
Ali Cohen,
Spano.
Eine Anzahl Arbeiten haben ein rein culturelles Interesse und
können hier füglich übergangen werden. Besonders aufmerksam
gemacht sei auf die Abhandlungen von Spronck (Verhandl. der
königl. Akademie in Amsterdam Bd. 3, Nr. 12), Ali Cohen (Nederl.
Tijdschr. vor Geneeskunde Bd. 3, S. 614) und Spano (Gaz. degli
ospid. e delle clin. Nr. 140).
Tenacität Wichtig erscheinen die Untersuchungen von Abel und Claussen
der Cholera- (Q^jj^ralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. Bd. 17, Nr. 3 u. 4) über die
Abel u. ' Widerstandsfähigkeit der Choleravibrionen in Fäcalien.
Claussen, Durchschnittlich betrug ihre Lebensdauer etwa 20 Tage, in Aus-
nahmefällen mehr. In manchen Stühlen sind bereits nach 1 — 3 Tagen
Infectionukrankheiten. 245
keine Cholerabacterien mehr nachzuweisen. In den Fällen, wo die
gewöhnlichen Verfahren nicht ausreichten, empfehlen die Verff. grössere
Mengen, etwa 10 — 20ccmFäces mit dem 5 — lOfachen Quantum Pepton-
wassser zu übergiessen und nach 20stündiger Brutzeit zu unter-
suchen. Eine viel längere Tenacität in Dejectionen spricht den
Choleravibrionen Karlinski (Centralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. Karlinski.
Bd. 17, Nr. 5 u. 6) zu; er fand sie noch nach 52 Tagen virulent.
Auf Leinwand, Baumwolle, Watte und gereinigter WoUe erhielten
sie sich sogar 217 Tage lebensfähig, auf Gegenständen jedoch, die
an der Luft getrocknet wurden, waren sie schon nach 36 Tagen
nicht mehr nachzuweisen.
Aus dem Dünndarm einer unter reiswasserähnlichen Stuhlent-
leerungen gestorbenen Frau konnten Ruete und Enoch (Deutsche Misch-
med. Wochenschr. Nr. 49) ausser choleraähnlichen Vibrionen ip^«ction
bei Cholera,
auch Bacterium coli züchten. Sie halten es für wahrscheinlich, dass Ruete u.
der Bacillus Finkler im Verein mit Bacterium coli im vorliegenden Enoch,
Falle als die Erreger der profusen Diarrhöen anzusehen sind. Einen
ähnlichen Befand erhob Grassberger (Wiener klin. Wochenschr. Grassberger.
1894, Nr. 50) bei einer ebenfalls unter den Erscheinungen der Cholera
erkrankten Frau; er fand ausser Bacterium coli zarte, etwas blass
gefärbte Spirillen in zahlloser Menge. Da Züchtungsversuche unter-
lassen wurden, ist es nicht festzustellen, ob es sich um einen harm-
losen Darmparasiten oder um einen pathogenen Mikroorganismus ge-
handelt hat.
Nach Böse (Annales de l'Listitut Pasteur, 25. Juni) haben die Toxicität
Gewebsflüssigkeiten Cholerakranker, besonders Blut und ^®' ?®Y®^^'
Urin, eine hochgradig toxische Wirkimg und rufen bei Thieren die keiten,
typischen Cholerasymptome hervor. Das Blutserum enthält grosse Böse.
Mengen einer Substanz, welche die nämlichen Symptome wie das
Choleratoxin hervorruft.
Das therapeutische Gebiet ist im laufenden Jahr sehr steril
geblieben. Li Neufeld (Münch. med. Wochenschr. 1894, Nr. 51) Therapie
bat die Methylviolettbehandlung einen Lobredner gefunden; er ^^',^^°^^^'*'
bat in einem Choleralazareth 100 Kranke innerlich, per Klysma und
subcutan mit Pyoktanin behandelt und dabei eine sehr günstige Be-
einflussung des Krankheitsprocesses gesehen.
Als ein sonderbares therapeutisches Bestreben muss der Vorschlag
Ingiani's (Arch. ital. di clinic. med. Bd. 4) bezeichnet werden, die Ingiani.
246
Freyhan.
Feit.
Cholera mit — sit venia verbo — Knoblauch, dem ausgesprochene bacteri-
cide Eigenschaften gegen die Eommabacillen innewohnen sollen, zu be-
handeln.
Therapie Feit's (These de Paris, G. Steinbeck) Therapie gipfelt darin,
^®' ^^^P/®'*' Cholerakranke, welche sich noch nicht im Stadium algidum be-
finden, mit Antisepticis (Calomel, Milchsäure, Said) zu behandeln ;
im Stadium asphycticum sind am wirksamsten künstliche Serum-
einführimgen, weil sie die Hauptgefahr der Circulationsstörung hint-
anzuhalten vermögen. Von den beiden gebräuchlichsten Verfahren,
der subcutanen und der intravenösen Infusion, empfiehlt er letzteres
als das bei weitem sicherere.
Die von Blech (New York med. Journal, 2. März) seit einem
Jahr geübte und warm empfohlene Behandlungs weise besteht in Aus-
waschungen und Irrigationen des Darmes mit schwachen Lösungen
von Wa s s e r s t o f f s uperoxyd. Die üblichen Darmantiseptica hält er
für nutzlos, die Antipyretica für unnöthig; hohes Fieber bekämpft
er durch Alkoholabwaschung.
Blech.
Präventiv-
impfung,
Hafikine.
Schliesslich sind noch die Mittheilungen Haffkine's (Prov.
med. Journal, 1. Mai) anzufügen, der im Jahre 1894,'95 seine Methode
der Präventivimpfung an einem grossen Material in Indien geprüft
hat. Im grossen und ganzen wird man zugestehen müssen, dass die
ziffennässigen Ergebnisse sehr zu Gunsten der Impfung sprechen.
Statisti-
sches über
Typhus,
Berg.
2. Typhus abdominalis.
Berg (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54) hat 1026 der
Leipziger Klinik entstammende FäUe statistisch bearbeitet. Die
Gesammtmortalität betrug 12,7 °/o und schwankte in den einzelnen
Jahren von 7 — 18 "i'o ; bei Kindern unter 10 Jahren gestaltete sie sich
nicht besser als im höheren Alter. Die Schwangerschaft wurde durch
die Krankheit fast regelmässig unterbrochen; desgleichen war der
Verlauf bei graviden Trauen meist ein schwerer, während das Leben
der Früchte wenig gefährdet erschien.
Da« bislang als Krankheit sui generis beschriebene „Texasfieber**
Texasfieber, glrtubt Miller (Med. news, 23. Februar) auf Grund sorgfältiger klinischer
Miller. Beobachtungen mit dem Abdominal typhus identificiren zu dürfen, weil die
Symptomatologie beider Krankheiten nur in untergeordneten Punkten von
einander abweicht. Noch beweisender als das klinische Verhalten ist dit*
anatomische Uebereinstimmung : in einem zur Section gekommenen Fall
konnte er neben einer Verschwärung der Peyer'schen Haufen typische
Typhusgeschwttre constatiren.
Infectionskrankheiten.
247
Foote.
Typhus-
diagnose,
Thiemich.
Eisner,
Durch eine Reihe bacteriologischer Untersuchungen hat Foote Austern als
(Med. news, 23. März) die bemerkenswerthe Thatsache festgestellt, ^""^^j^'g^"*'
dass Austern als Typhusinf ectionsträger nicht fongiren des Typhus,
können. Weder fanden sich jemals Bacillen im Austemsaft, noch
waren die in lebende Austern implantirten Typhusculturen lebens-
^hig.
Bislang konnte die klinisch-bacteriologische Untersuchung auf
T^-phusbacillen für die Diagnose des Abdominaltyphus keine
rechte Bedeutung erlangen, weil die Methoden zur Reinzüchtung der
Bacillen aus den Täces sehr umständlich und unsicher waren. Thie-
mich (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 34) hat nun versucht, anstatt der
Fäces das Blut zur Untersuchung heranzuziehen, und reussirte viermal
imt«r sieben Typhusfallen ; dreimal fand er die Bacillen im Roseolen-
blut, einmal im Venenblut. Die Zahl der auf einer Platte aufgehenden
Colonieen war stets eine geringe; mehr als zwei oder drei kamen
nicht zur Entwickelung.
Eine ganz neue Perspective ist der bacteriologischen Dia-
gnose durch Eisner (Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Bd. 21)
eröffnet worden. Eisner hat durch Versetzen einer sauren Kartoffel-
gelatine mit 1 ®/o Jodkalium einen Nährboden construirt, auf welche^n
eine sichere imd schnelle Isolirung der Typhusbacillen sowohl aus
künstlichen Bacteriengemischen , als auch aus Boden, Wasser und
den Entleerungen von Typhuskranken zu ermöglichen war. Zwar
wächst auf dem Nährmedium auch das Bacterium coli in üppiger
Weise; doch gestaltet sich dessen Wachsthum so grundverschieden
von dem der Typhusbacillen, dass bereits nach 48 Stunden, wo
letztere zu kleinen, hellglänzenden, wassertropfenähnlichen Colonieen
herangereift sind, eine sichere Differenzirung möglich ist. Für die
practLsche Bedeutung der Elsner'schen Schnelldiagnose tritt einer-
seits Brieger (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 51) und andererseits
Lazarus (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49) ein; letzterer konnte bei
fünf fiebernden Typhuskranken mit Hülfe dieses Verfahrens mühe-
los den Bacillus typhi in Reincultur züchten, und ebenso glücklich
war er bei Typhusreconvalescenten, trotzdem hier die Stühle bereits
eine feste Consistenz angenonmien hatten. Besondere Erwähnung
verdient der positive Befund bei einem Patienten, der bereits 40 Tage
entfiebert war.
Zur Differenzirung der Typhus- von den Colibacillen dient
nach Frankland's Mittheilungen (Zeitachr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Nr. 19)
ikr yerscbiedenes Verhalten im Trinkwasser ; während erstere sich nur etwa
Brieger,
Lazarus.
248 Freyhan.
Differen- 25 Tage in ihm erhalten, bleiben letztere über 40 Tage darin lebensfähig.
eirungder gjj^ massiger Zusatz von Kochsalz bewirkt ein noch schnelleres Absterben
den Coli- ^^^ Typhusbacillen , auch wenn das Wasser vorher durch heissen Dampf
bacillen, sterilisirt ist. Wenn das Wasser durch poröse Filter durchgeschickt wird,
Frankland, so erlischt die Lebensfähigkeit beider Bacillenarten gleichmässig schnell.
Für den die Lebensfähigkeit bestimmenden Factor im sterilisirten Wasser
hält Frankland die verhältnissmässig grosse Menge der organischen Stoffe,
im unsterilisirten Wasser dagegen weniger die Zahl der anderen Wasser-
bacterien, als vielmehr die Anwesenheit von schädlichen Stoffwechsel-
producten.
Aus dem Umstand, dass sie sechsmal unter sieben Typhusfällen im
Typhus- Urin Typhusbacillen nachweisen konnten, leiten Wright und Semple
bacillen (x^ancet, 27. Juli) die Wichtigkeit bacteriologischer Untersuchungen des
Wright u. Harns bei typhusverdächtigen Kranken ab und weisen zugleich auf die
Semple. sanitäre Nothwendigkeit hin, den Typhusurin unschädlich zu machen. Ihren
Befund sehen sie als eine wichtige Stütze der Sanarelli'schen Theorie
an, der zufolge die Symptome des Tjrphus durch eine Blutinfection und
nicht durch eine Resorption specifischer Toxine aus dem Dann bedingt
werden.
Für die Rolle, welche die Typhusbacillen bei den im Verlaufe
d^r Krankheit auib:etenden Eiterungen spielen, bringen wiederum
bacillen bei ^®l®g® Janowski (CentralbL f. BacterioL u. Parasitenk. Bd. 17,
ßecundäreu Nr. 22), der sie als alleinige Eitererreger bei einer complicirenden
Jimowskf"* Parotitis fand, und Martin und Robertson (Montreal med. Journ.
Martin n. Nr. 12), die sie bei einem in der 4. Woche des Typhus auftretenden
Robertson. Abscess des Handgelenks nachwiesen.
Zum Beweis, dass Typhusbacillen von dem mütterlichen Or-
intrauterineganismus auf den fötalen übergehen können, fuhren Freund und
^ Freund "l"' ^^^^ (^®^^- ^^' Wochenschr. Nr. 25) einen Fall an, der eine
Levy 24jährige gravide Frau betriflft. In der Defervescenz der Krankheit
erfolgte die Ausstossung der Frucht, deren bacteriologische Unter-
suchung sofort post partum ausgeführt wurde. Unter allen Cautelen
fertigten die VerfF. aus dem Milzsaft, Herzblut imd der Placenta
Culturen an und sahen schon nach wenigen Tagen auf allen Platten
Colonieen angehen, die sie als zweifellose Typhusbacillen identifi-
ciren konnten. Der Fötus selbst bot ausser einer vergrösserten,
etwas weichen Milz keine Anomalieen dar; insonderheit war der
Darm vollkommen normal.
In klinischer Beziehung sind eine Reihe interessanter Details
mitgetheilt worden. Zunächst treffen wir auf die Bekanntgebun^
Tnfectionskrankheiten.
249
Extremi-
täten-
Qaervain,
mehrerer Fälle von complicirender Extremitätengangrän. Der
von Dnchesne (M^decine moderne Nr. 8) publicirte Fall betrifft
ein Mädchen, bei dem lance Zeit im Vordergrund des Krankheits-
büdes eine bedrohliche Herzschwäche stand. Der gangränöse Pro- bei Typhus,
cess begann an beiden Füssen und verbreitete sich rasch auf die Duchesne,
untersten Partieen der Unterschenkel. Aehnlich verlief eine von
Quervain (Centralbl. f. innere Med. Nr. 33) beschriebene Gangrän
des rechten Beines, die zur Exarticulation der Extremität im Knie-
gelenk nöthigte. Die Arteria poplitea war durch einen festsitzenden
Thrombus verstopft; in seiner Umgebung fanden sich Reinculturen
von Typhnsbacillen. Es scheint sich demnach sicher nicht um eine
marantische, sondern um eine direct infectiöse Thrombose gehandelt
za haben.
Eine andere Ansicht bezüglich des Zustandekommens der Gan-
grän vertritt — wohl in Uebereinstimmung mit den meisten Autoren
— Mettler (New York med. Journal, März); er sieht den Vorgang
nicht als einen embolischen, sondern als einen thrombotischen an
und glaubt ihn auf eine Endarterütis , hervorgerufen durch das im
Blute kreisende Typhusgiffc, zurückführen zu dürfen. Die klinischen
Zeichen einer solchen Arteriitis freilich sind im Beginn nur sehr
unbestimmt und bestehen hauptsächlich in Parästhesieen und in
einem Kleinerwerden des Pulses. Die Häufigkeit einer durch die
Toxikämie bedingten Arteriitis glaubt Verf. abhängig von dem Grade
der Virulenz des im Körper kreisenden Giftes, femer von der Vita-
lität der Gewebe und von gewissen mechanischen Momenten.
Mettler.
Eine andere interessante Complication stellt eine Stimmband-
lähmung dar, welche Boulay und Mendel (Archives g6n. de stimmband-
med-, December 1894) in einem Falle beobachteten; die Lähmung lähmung,
bildete sich im Verlauf von wenigen Monaten zurück. Mendel!*
In der 7. Woche eines Typhus beobachteten Monier und
Sheild (Lancet, 2. März) das Auftreten von Meteorismus, Schmerzen
im Abdomen und peritonitischen B.eizerscheinungen in der Gegend
der Gallenblase. Die Vermuthimg einer complicirenden Gallen-
blaseneiterung erwies sich als richtig; es gelang den Patienten
durch eine rechtzeitige Operation zu retten.
Gallen-
blasen-
eiterang,
Monier n.
Sheild.
Bei einer 19jährigen Patientin erfogte nach ganz normalem Ver-
lauf eines mittelschweren Typhus ganz plötzlich der Exitus. Bei
der Section fand H o b b s (Mercredi m^d. Nr. 6) eine ausgesprochene
250 Freyhan.
Fragmen- Fragmentation des Herzfleisches, stellenweise auch eine
tationdcs WTuchenmg der Kerne. Nach seiner Ansicht zeitigt die segmentäre
Abdominal- Myocarditis keinerlei klinische Erscheinungen, während interstitielle
typ hu s, Entzündungen Unregelmässigkeiten und E^einheit des Pulses zur
Folge haben.
Nephro- Unter den Begriff des „Nephrotyphus" subsumirt Both
typhus, (Münch. med. Wochenschr. Nr. 11) einen Fall, bei dem die Erkran-
kimg mit den Erscheinungen einer Pyelitis einsetzte. Erst vom
8. Tage an wurde es klar, dass ein Typhus vorlag; während des
ganzen Verlaufes standen die nephritischen Störungen im Vorder-
grunde. Trotz der sehr reichlichen Eiweissmengen enthielt der Urin
niemals Cy linder.
Gelegentlich der Besprechung der letzten Typhusepidemie im
Münchener Gamisonlazareth , bei der 426 Kranke zur Behandlung
Therapie kamen, präcisirt Vogel (Münch. med. Wochenschr. Nr. 12) seinen
^* w^d^^"^ Standpunkt dahin, dass er der methodischen Bäderbehandlung
hehandlang, <ü® günstige Mortalität von nur 7 ®/o zuschreibt. Von Fall zu Fall
Vogel, war zu beobachten, wie die kalten Bäder durch ihre Einwirkung auf
Temperatur, Herzaction, Innervation u. s. w. eine Herrschaft über
den Krankheitsverlauf erlangten; freüich blieb eine Minderzahl von
Fällen gänzlich unbeeinflusst. In gleich lobender Weise spricht sich
Zinn. Zinn (Münch. med. Wochenschr. Nr. 21 u. 22), der die Typhus-
fälle des Nürnberger Krankenhauses von 1890 — 94 statistisch be-
arbeitet hat, über die Bäderbehandlung aus. Wo sie nicht zum
Ziele führte, wurde sie mit Ohinindarreichung combinirt. Andere
Antipyretica, wie Lactophenin und Antipyrin, sind nur in den Fällen
herangezogen worden, in denen die Bäder- und Chininbehandlung
nicht vertragen wurde.
Die therapeutische Strömung, welche in dem Bestreben wurzelte,
den Typhus durch energische Darmdesinfection zu coupiren, ist
durch die immer mehr hervortretende Zwecklosigkeit der darauf ge-
richteten Versuche fast ganz in den Hintergrund gedrängt worden.
Vollends wird ihr jeder Halt entzogen durch neuerliche, streng
Darm- methodisch angestellte Untersuchungen von Stern (Sammlung klin.
deeinfec- Vorträge Nr. 138). Stern ging so vor, dass er einen Saprophyten
Stern. ^^^ charakteristischem Wachsthum und bekannter Resistenz gegen
Antiseptica, den Bacillus prodigiosus, in den Darmkanal einführte
und sein Verhalten unter der Einwirkung von per os gereichten
Infectionskrankheiten.
249
I .
^
l.
1
oinplicirender Extremitätengangrän. Der
.t'decine moderne Nr. 8) publicirte Fall betrifft Extremi-
'•ni lange Zeit im Vordergrund des Krankheits- täten-
gangrän
he Herzschwäche stand. Der gangränöse Pro- bei Typhus,
• len Füssen und verbreitete sich rasch auf die Duchesne,
ler Unterschenkel. Aehnlich verlief eine von
»l. f. innere Med. Nr. 33) beschriebene Gangrän Quervain,
(ie zur Exarticulation der Extremität im ELnie-
■ Arteria poplitea war durch einen festsitzenden
in seiner Umgebung fanden sich Reinculturen
Es scheint sich demnach sicher nicht um eine
um eine direct infectiöse Thrombose gehandelt
• cht bezüglich des Zustandekommens der Gan-
in Uebereinstimmimg mit den meisten Autoren
rk med. Journal, März) ; er sieht den Vorgang Mettier,
i sehen, sondern als einen thrombotischen an
ine Endarteriitis , hervorgerufen durch das im
isgifk, zurückführen zu dürfen. Die klinischen
Arteriitis freilich sind im Beginn nur sehr
ehen hauptsächlich in Parästhesieen und in
des Pulses. Die Häufigkeit einer durch die
Vrteriitis glaubt Verf. abhängig von dem Grade
fvörper kreisenden Giftes, femer von der Vita-
von gewissen mechanischen Momenten.
'issante Complication stellt eine Stimmband-
le Boulay und Mendel (Archives g6n. de stimmband-
' in einem Falle beobachteten; die Lähmung lähmung,
t^" von wenigen Monaten zurück. Mendel.
' eines Typhus beobachteten Monier und
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zes sich als richtig; es gelang den Patienten
Operation zu retten.
Qallen-
blasen-
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Monier u.
Sheild.
^n Patientin erfogte nach ganz normalem Ver-
ren Typhus ganz plötzlich der Exitus. Bei
» s (Mercredi m^d. Nr. 6) eine ausgesprochene
252 Freyhan.
unterliegt, die möglicherweise aus der Verschiedenheit der indi-
viduellen Disposition resultiren. Thatsächlich hat die vorgeschlagene
Behandlung auch in Deutschland heinen Eingang gefunden, während
Behandlung sie jenseits des Oceans eine Nachprüfung erfahren hat. Lambert
des Typhus (New York med. Journal, 27. April) hat 28 Typhen mit sterilisirten
Pyocyaneus- Culturen behandelt und will bei mehr als der Hälfte eine aus-
cuituren, gesprochene Besserung beobachtet haben; die übrigen blieben un-
beeinflusst, aber auch von schädlichen Nebenwirkungen verschont.
Lambert.
Behandlung Beumer imd Peiper (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28) haben
durch jj^g immunisirende Wirkung antitoxischen Hammelserums
sirungs- a^^ ^as Tjrphusgift festzustellen gesucht; schon ^/a — 1 Tropfen ge-
versuche, nügte, um weisse Mäuse vor der tödtlichen Typhusdose zu schützen.
Pe^er " Meerschweinchen konnten so weit gefestigt werden, dass sie die vier-
fach letale Dosis anstandslos vertrugen. Endlich war eine heilende
Wirkung in den Fällen wahrzunehmen, bei denen die Behandlung
möglichst rasch, etwa 1 — 2 Stunden nach der Application der tödt-
lichen Gabe begonnen wurde ; eine weitere Hinausschiebung der Be-
handlung freilich machte den Erfolg unsicher. Einen Schritt weiter
F. Klemperer als diese Autoren sind Klemperer und Levy bei ihren Versuchen
u. E. Levy. fßQj.\ j^^ Wochenschr. Nr. 28) gekommen ; es gelang ihnen bei
anfangs langsamem, später schnellerem Vorgehen die natürliche Im-
munität von Hunden durch Einführung unverändert virulenter Bac-
terienculturen so zu steigern, dass ihr Serum andere Thiere gegen
eine Typhusinfection zu schützen und auch bei erfolgter Infection
noch zu heilen vermochte. Da sie in einem Vorversuch die Un-
giftigkeit beträchtlicher Mengen dieses Serums für den Menschen
feststellten, hielten sie sich zur Uebertragung des Thierversuches
auf den Menschen berechtigt und injicirten fünf Typhuskranken an
drei auf einander folgenden Tagen je 20 ccm Heilserum. Wie die
Verif. selbst zugestehen, war ein besonderer Einfluss auf den Krank-
heitsverlauf nicht zu erkennen.
Blutserum V. Jak SC h (Verhandl. des 13. Congr. f. innere Med.) hat einer
von Typhus- ^^gahl von Fällen in verschiedenen Stadien der Krankheit wech-
recon-
vaiescenten, selnde Mengen von Blutserum, das er unter antiseptischen Cau-
V. Jaksph. telen Tjrphusreconvalescenten entnommen hatte, injicirt, ohne irgend
einen guten oder schlechten Einfluss davon zu sehen. Die Injectionen
waren schmerzlos; niemals traten Abscesse oder locale Entzün-
dungen auf.
Infectionski-ankheiten. 253
3. Typhus exanthematicus.
In einer sehr schweren Epidemie von Flecktyphus hat Le- Seram-
grain (Compt. rend. de la soci6t6 de bioL, 19. Januar) in 12 Fällen Behandlung
2 — 20 ccm eines geheilten Flecktyphuspatienten entnommenen Blut- typhus
Serums injicirt und dadurch alle am Leben erhalten. Nach jeder Legrain.
Injection sank die Temperatur prompt ab; sie begann nach etwa
40 Stunden wieder zu steigen, und nach erneuten Injectionen in der-
selben Weise zu reagiren. In vielen Fällen schwand das Coma, und
der Krankheitsverlauf wurde erheblich abgekürzt. Ein künstliches
Serum aus Na-Phosphat und Chlomatrium blieb ohne jede Wirkung.
4. Variola.
Bezüglich der in der ersten Hälfte des Jahres 1894 in Bern
grassirenden Pockenepidemie berichtet Ort (Mittheü. aus Kli- Casuistik
niken u. med. Instit. der Schweiz, 2. Reihe, H. 5), dass die Krank- «nd
heit durch 3 auswärts inficirte Fälle eingeschleppt und im ganzen derPocken
30 Ansteckungen verursacht hat. Weitere 12 von auswärts ein- Ort.
gelieferte Fälle wurden durch sofortige Isolirung und Impfung aller
mit ihnen in Berührung gekommenen Personen unschädlich gemacht.
Eine Einzelerkrankung, für die die Infectionsquelle nicht aufzufinden
war, hatte 22 andere Blattemerkrankungen im Gefolge. Thera-
peutisch wurde nur bei excessiver Temperatur von Antipyreticis
Gebrauch gemacht; das Fieber des Suppurationsstadiums wurde mit
kalten Wickelungen und wiederholten Abwaschungen von l'^/oiger
Lysollösung bekämpft. Gegen Mimd- und Rachenaffectionen kamen
schwache Lysol- und Kalipermanganwässer zur Anwendung. Blutende
Geschwüre wurden mit verdünntem Liquor ferri oder mit Terpentin
betupft.
Nach den Untersuchungen von Auche und Soucheres (Compt. Toxicität
rend. de la 80C. de biologie, 29. December 1894) hält sich die Toxicität des Urins
des Urins von Variolakranken, während der Eruption annähernd in ^^"^ >arioii
KrfliDKGn
normalen Breiten ; wahrend der Suppuration nimmt sie ab und erhebt sich Auch6 u.
erst wieder in der Defervescenz zu beträchtlicher Höhe. Febrile Störungen Souoh^res.
in der Reconvalescenz bedingen eine Abnahme der Toxicität. Bei hämor-
rhagischer Variola bleibt die toxische Kraft des Urins vom Beginn bis zum
Tode constant.
Eine Anzahl von Blattemkranken, die im vergangenen Sommer
ui Frankfurt beobachtet wurden, gab Landmann (Zeitschr. f. Hyg.
u. Infect.-Rrankh. Bd. 18) Gelegenheit zur experimentellen Prüfung
254 Freyhan.
Serum- der Frage, ob sich Schutzstoffe im Blutserum von Individuen
therapie anhäufen, welche Variola bezw. Variolois überstanden haben. Es
Landmann. * zeigte sich, dass weder Variola- noch Vaccineserum , das nach Be-
ginn der Blattemerkrankung einverleibt wurde, irgend einen Ein-
fluss auf den Gang der Erkrankung auszuüben vermochte. Blattem-
serum , im Verhältniss von 1 : 800 injicirt , entfaltete keine Schutz-
kraft gegen eine Vaccineinfection ; ebensowenig schützte Vaccine-
serum gegen eine Variolainfection. Aus diesen Ergebnissen schliesst
Landmann, dass die erworbene Immunität gegen Variola nicht
auf der Anwesenheit von Schutzstoffen im Blut beruht.
Die im Vorjahr als „specifisch" beschriebenen fadenartigen Ge-
bilde (cfr. vor. Jahrb. S. 246) in Trockenpräparaten von Variola-
B acter ien und Vaccinelymphe hat Buttersack (Berliner klin. Wochenschr.
der Lymphe, jq^j. ^2) auch in zahlreichen anderen thierischen Flüssigkeiten ge-
funden, so dass hiemach ihre Specifität nicht mehr aufrecht er-
halten werden kann. Ausschliesslich aber kommen den Impfpusteln
die sog. Uebergangsformen und die aus dem Zerfall der Fäden her-
vorgehenden Ketten von Kügelchen zu.
5. Malaria.
Hämaturie Catchings (Med. and surg. Reporter, Juni 22) beobachtete
bei Malaria, ^^^ nördlichen Theile der Vereinigten Staaten ziemlich häufig eine
auf Malaria beruhende Hämaturie, die meist mit gallig-blutigem
Erbrechen und Icterus einherging. Chinin erweist sich gegen diese
Krankheitserscheinungen nur von geringem Nutzen; dagegen rühmt
Verf. dem Calomel in grossen Dosen gute Erfolge nach.
Herpes Bei verschiedenen Fällen von Herpes zoster konnte Win-
z 08t er, field (New York med. Journal, April) einen ätiologischen Zusammen-
hang mit Malaria construiren. Jede andere ätiologische Beziehung
war mit Sicherheit auszuschliessen ; überdies fanden sich in mehr als
der Hälfte der Fälle Plasmodien im Blut ; der Rest war für die Ent-
scheidung der Frage nach ihrer Zugehörigkeit zur Malaria nicht zu
brauchen, weil bereits Chinin gegeben worden war.
Mehr und mehr wird die Laver aussehe Annahme, der zufolge
die verschiedenen Malariaformen durch ein und denselben Para-
siten hervorgebracht werden, verlassen, und in demselben Maasse
gewinnt die Golgi'sche Lehre, dass jedem Malariatypus eine be-
Infectionskraiikheiten. 255
sondere Hämatozoenspecies za Gmnde liege, an Terrain. Ihr neuester
Vorkämpfer ist Matt ei (Arch. f. Hygiene B(L 22, H. 3k der gegen Plasmodien,
die Unität sowohl die differente Empfindlichkeit gegen Medicamente ^^^^^^
wie das verschiedene geographische Auftreten der einzelnen Typen
ins Feld fuhrt. Entscheidend ist vollends das experimentelle Ver-
halten; durch Verimpfdng des Blutes von Malariakranken auf ge-
sunde Individuen wird stets Malaria mit demselben Fiebertypus und
demselben Blutbefund wie beim Impfling erzeugt. Eine Impfung
von Quartanakranken mit dem Blut eines Malariakranken mit irregu-
lärem Fieber bringt die ursprünglichen Plasmodien zum Schwinden
und die eingeimpfte Hämatozoenart mit ihren klinischen Correlaten
zur Entwickelnng.
Eine Arbeit Thin's (Lancet, G.Juli) beschäftigt sich eingehend Thin.
mit den verschiedenen Darstellungs- und Färbemethoden der
Hämatozoen. Er betont die Wichtigkeit ihres Nachweises in den
fieberhaften Comaattacken, die in den Tropen gelegentlich zur Beob-
achtung kommen. Nicht minder wichtig ist ihr Fehlen bei unklaren
fieberhaften Krankheitsbildem, wie sie gleichfalls in den Tropen an
der Tagesordnung sind.
Trotz der souveränen Wirkung des Chinins vergeht kein Jahr,
in dem nicht ein neues therapeutisches Agens gegen das Wechsel-
fieber empfohlen wird. Diesmal ist es das Anal gen, das sich nach
den Versuchen von Raimondi (Riforma medica Nr. 40) zum Er- Therapie
satz des Chinins vorzüglich eignen soll. Es wirkt zwar langsamer,*®^ Malaria:
lässt aber an Sicherheit nichts zu wünschen übrig. Die Tagesdose Raimondi.'
stellt sich auf 1 — 3 g ; es erscheint zweckmässig , die Hauptdose
6 Stunden vor dem Anfall zu reichen und zwischen den Anfeilen
kleine Gaben einzuschieben. Roth (Lancet, 25. Mai) erzielte bei Heisse Ein-
schweren Formen dadurch gute Erfolge, dass er vor der Darreichung PRcJ^u^s^*"»
des Chinins heisse Einpackungen verordnete und dadurch eine
proAise Schweisssecretion hervorrief. d*Abadie (Compt. rend. de Schwefel-
Tacademie de la science Nr. 9) weist auf ein in Aethiopien mit
^ ^ rangen,
gutem Erfolg gebrauchtes Volksmittel hin, welches in täglichen d'Abadie.
Schwefelräucherungen, denen der entblösste Körper ausgesetzt
T^ird, besteht.
Den fortgesetzten Bemühungen Plehn's (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 12 — 27) ist es gelungen, die Parasiten des Schwarz-
wasserfiebers, wie die an der Westküste Afrikas ende-
mische pemiciöse Malaria genannt wird, in Gestalt von kleinen.
256
Freyhan.
Schwarz«
Wasser-
fieber,
F. Plehn,
Below.
blassen, ovalen Amöben aufzufinden, die sich morphologisch von
den übrigen Plasmodien durch ihre Kleinheit, femer durch die
Schwierigkeit der Färbung und den Mangel jeder Pigmentirung
unterscheiden. Das klinische Bild der Krankheit ist ausgezeichnet
durch seine Schwere, den atypischen Verlauf, die geringe Reaction
auf Chinin, das Zurücktreten der Milzerscheinungen und die Neigung
zur Hämoglobinämie und zur Hämoglobinurie. Im Gegensatz zu
unserer einheimischen Intermittens heilt das Schwarzwasserfieber
spontan; Chinin ist daher zu widerraten, um so mehr als es die
bedrohliche Neigung zum Blutzerfall noch zu verstärken geeignet
ist. Symptomatisch erweisen sich gegen die in manchen Fällen sehr
quälende Athemnoth Inhalationen comprimirten Sauerstoffs von vor-
züglichem Nutzen. — Die auf beweiskräftige Thatsachen gestützten
Darlegungen Plehn's bezüglich der Aetiologie des Schwarzwasser-
fiebers bemängelt Below (Allg. med. Centralzeitg. Nr. 44) in einem
theoretischen Raisonnement. Er erkennt die Zugehörigkeit der
Krankheit zur Malaria nicht an, sondern versucht sie dem gelben
Fieber anzugliedern. Seine Anschauungen können indessen den
nochmaligen Deductionen Plehn's (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 30), welche die charakteristischen Unterscheidungsmerkmale von
Gelbfieber und Schwarzwasserfieber in treffendster Weise beleuchten,
nicht Stand halten.
Betreffs der Chininbehandlung des Schwarzwasser-
fiebers haben die absprechenden Aeusserungen P leb n's eine selir
lebhafte Controverse entfacht. Sehr entschieden tritt Steudel
A^ ufi.«.'*^^ (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40 und Münch. med. Wochenschr.
des Scnwarz-
wasser. Nr. 48) für die energische Chininbehandlung ein; sie ist nach seiner
Ansicht der rein exspectativen Therapie bei weitem vorzuziehen.
Doering (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 46) hingegen bekennt
sich als bedingungslosen Parteigänger Plehn's. Er ist der Ueber-
zeugung, dass grosse Chinindosen unnöthig sind und geringere ohne
jeden Einfluss auf den Verlauf der Krankheit bleiben. Die s3rmpto-
matische Behandlung verhelfe den Kranken am sichersten zur Ge-
sundheit. Auch Küchel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 28) be-
stätigt, dass kleine Chinindosen das Schwarzwasserfieber nicht zu
beeinflussen vermögen. Er schiebt das Versagen der Wirkung in-
dessen nicht auf die Machtlosigkeit des Mittels, sondern glaubt, dass
nur infolge der zu kleinen Dosen ein Reiz und nicht eine Schädi-
gung auf die Plasmodien ausgeübt werde. Grosse Dosen, 6 — 8 g
pro die, schlagen auch beim Schwarzwasserfieber an, sind aber wegen
ihrer schädlichen Nebenwirkungen sehr gefährlich.
Chinin*
fiebers,
Steudel,
Doeiing,
Küoliel.
Infectionskrankheiten.
257
6. Aktinomykose.
Die sich hauptsächlich aus casuistischen Beiträgen rekrutiren-
den Mittheilongen des Berichtsjahres bieten nach mancherlei Rich-
tungen hin Interesse. Bei einem von A s c h o f f (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 34 — 36) genau beobachteten Fall von Lungenaktino-
mykose war durch den Befund von Drusen in den Zähnen der
Weg, welchen die Infection genommen hatte, deutlich markirt. Der
Verlauf der Erkrankimg erstreckte sich über 2 Jahre; die Diagnose
schwankte lange Zeit zwischen Tuberculose, Echinokokken und ma-
Ugnem Tumor hin und her, bis in dem durch Probepunction ge-
wonnenen Eiter endlich Aktinomycespüze nachgewiesen wurden. Der
Eiter hatte einen eigenthümlichen Geruch; das Sputum war fleisch-
farben, himbeergel^eartig und ähnelte dem bei malignen Tumoren
vorkommenden. Wesentliche Lymphdrüsenschwellungen waren nicht
vorhanden (vergl. S. 151). Nicht minder interessant sind die Fälle
von Hummel und Jurinka (Beitr. zur klin. Chirurgie Bd. 13),
weil es gelang, den Träger des Pilzes, einmal in Gestalt einer Hafer-
spelze, das andere Mal in einer Gerstengranne inmitten des Abscesses
aufzufinden. Namentlich im zweiten Falle, wo die Grannentheüchen
formlich von der Pilzvegetation umwuchert waren, bot sich ein
klares Bild des Infectionsmodus dar. Bei einem lange Zeit als
Tuberculose behandelten Falle konnte H e u s s e r (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 47) die aktinomykotische Natur der Erkrankung durch
die genaue Analyse des Sputums diagnosticiren. Der Zustand des
Kranken besserte sich unter seiner Behandlung sehr erheblich.
Lungen
aktino-
mykos
Aschoft
Hummel u.
Jorinka,
Heusser.
Zu den sehr seltenen Fällen von Aktinomykose im Gehirn
gesellt Martin (Journal of pathol. and bacteriol. Bd. 8, S. 78)
zwei neue. Der primäre Heerd befand sich beidemal in der Lunge ;
secundär hatte sich in dem einen Falle ein aktinomykotischer Abscess
im Unken Hinterhauptlappen, im zweiten Falle ein Abscess hinter der
BiOlando'schen Furche entwickelt.
Aktino-
mykose im
Gehirn,
Martin.
Seit einiger Zeit geniesst das Jodkalium den Ruf, ein Speci-
ficum gegen die Aktinomykose darzustellen. Rydygier (Wiener jodkali
klin. Wochenschr. Nr. 37) hat nun versucht, neben innerlicher Dar- bei Akt in o-
reichung das Jodkalium auch parenchymatös den aktinomykotischen
Infiltraten zu incorporiren. Er injicirte alle 8 Tage 2—4 Spritzen
einer l'/oigen Lösung und erzielte bei einem Patienten innerhalb
2 Monaten eine vollkommene Heilung, bei einem anderen, dessen
Jtbrtmch der practisohen Medicin. 1896. 27
mykose,
Rydygier.
258
Freyhan.
Behandlung noch nicht abgeschlossen ist, eine sehr entschiedene
Jodkali Besserung. Desgleichen sah Zechmeister (Wiener med. Blätter
beiAktino- ^j. ^gv ^^^j. Jodkalium das allmähliche Schwinden eines Gesichts-
mykose,
Zechmeister, infiltrates, von dessen chirurgischer Behandlung er aus kosmetischen
Bücksichten Abstand genommen hatte.
Milzbrand-
toxin,
Marmier.
7. Milzbrand.
Marmier (Annales de Tlnstitut Pasteur Nr. 7) hat aus Milz-
brandculturen eine Substanz extrahirt, die er für das Toxin des
Milzbrandes anspricht ; seine Injection ruft bei empfänglichen Thieren
den Tod herbei, während immune imd immunisirte Thiere nicht
tangirt werden. Durch Erhitzung auf 110° lässt sich die Virulenz
der Substanz abschwächen und durch Versetzen mit unterchlorig-
sauren Alkalien gänzlich aufheben. Es gelang auch, durch geeignete
Vorbehandlung Thiere gegen eine Anthraxinfection zu schützen.
Verbrei- Krumb holz (Beiträge zur pathol. Anatomie) konnte bei einem
t u n g B- a,n Milzbrand verstorbenen Manne deutlich die Verbreitungsweise
3iilzbrandfl ^®^ MilzbrandbaciUen verfolgen; sie fanden sich ausschliesslich
Krumbhoiz. in den Lymphgefässen und hatten die Blutgefässe gänzlich verschont.
Das Netz, Mesenterium und das retroperitoneale Gewebe befand sich
im Zustand einer sulzigen Schwellung ; im Dünndarm waren kleinere
und grössere Auftreibungen von dunkelrother Earbe wahrzunehmen,
die in der Mitte einen dünnen, gelblichen Schorf trugen. Als Ein-
gangspforte des Giftes war der Magendarmkanal anzusehen.
Casuistische Beiträge sind in nicht spärlicher Zahl geflossen.
Caauistik, Unter ihnen heben wir einen Fall von Garstang (Lancet, 16. März)
Garstang, hervor, der den seltenen Ausgang in Heilimg nahm, und femer einen
Poelchau. Fall von Poelchau (Centralbl. f. innere Medicin Nr. 16), der unter
so unklaren Erscheinimgen verlief, dass erst die Section über die
Natur des Leidens Aufschluss ergab. In vivo bestanden die Sym-
ptome einer acuten Gastroenteritis ; daneben Mattigkeit und firequente
Athmung; auffallend war das Vorhandensein einer starken Cyanose.
Rotz-
diagnose,
E. Levy u.
Steinmetz.
8. Rotz.
Die von Strauss angegebene Methode zur Schnelldiagnose
des Eotzes, die in der Injection rotzverdächtigen Materials in die
Bauchhöhle von männlichen Meerschweinchen besteht, wurde von
Levy und Steinmetz (Berliner klin. Wochenschr. Nr. 11) bei einem
Infectionskrankheiten.
259
rotzkranken Pferde mit Erfolg angewandt. Nach 2 Tagen schwollen
die Hoden des Heerschweinchens an, womit die Diagnose des Rotzes
untrüglich gesichert war. Versnchsreihen mit verschiedenen Arten
von Mall ein haben Foth (Fortschritte der Medicin Nr. 16) das
Resoltat ergeben, dass das flüssige Mallem zweifellos als ein vor-
zügliches diagnostisches Hülfsmittel zur Erkennung des Rotzes
anzusehen ist, wenn es auch keine absolute Zuverlässigkeit besitzt.
Das trockene Mallein ruft sehr verschiedene Reactionen hervor; es
ist indessen nur eine intensive Reacdon für die Diagnose des Rotzes
zu verwerthen. Es hat vor den flüssigen Präparaten den Vorzug,
dass ein Ausfall seiner Wirkung bei wirklich rotzkranken Thieren
nicht beobachtet wird und dass es eine unbegrenzte, von äusseren
Einflüssen unabhängige Haltbarkeit besitzt. Auch Frederickse
(Weekblad von Nederl. Tijdschrift von Geneesk. Nr. 1) erklärt die
Malleininjection für ein sicheres Mittel zur Erkennung des Rotzes.
Die für Rotz charakteristische Reaction besteht hauptsächlich in
einer Temperaturerhöhung, verbunden mit einer grösseren oder ge-
ringeren Schwellung der injicirten Stelle; die Temperaturerhöhung
dauert etwa 36 Stunden an, um dann allmählich wieder zu schwinden.
Temperatursteigerungen vor der Injection warnen zur Vorsicht, weil
es erwiesen ist, dass rotzkranke Pferde, die Fieber haben, weniger
stark auf Mallem reagiren als fieberfreie.
Mallein,
Foth.
FrederickSi
Ueber eine Rotzerkrankung beim Menschen berichtet Houl Casnistik,
(Wiener klin. Rundschau Nr. 32). Die mikroskopische und culturelle
Untersuchung der zahlreich vorhandenen Abscesse stellte die Identität
von Rotzbacillen fest. Gesichert wurde der Befund durch das Thier-
experiment, speciell durch die Strauss'sche Methode der intra-
abdominellen Injection. Durch seine Heilung bemerkenswerth ist
der Garstang'sche Fall (Lancet, 16. März); allerdings steht hier
die Diagnose nicht mit voller Sicherheit fest, da die bacteriologische
Untersuchung erst nach dem Abklingen der Krankheitserscheinungen
vorgenommen werden konnte und dann negativ ausfiel. Der Patient
war mit einem rotzkranken Pferde in Berührung gekommen und
acquirirte ein heftig juckendes, pustulöses Ekzem am Arm, das schub-
weise den ganzen Körper befiel und rasch alle Stadien von der
Infiltration bis zur Suppuration und Ulceration durchlief.
Houl,
Garstang.
260
Freyhan.
giftes,
Oumprecbt.
9. Tetanus.
Verbrei- Gumprecht (Pflüger's Archiv Bd. 59) hat versucht, experimentell
tun gs weise j^j^ Theil des Reflexbogens zu bestimmen, an welchem die Wir-
kung des Tetanusgiftes einsetzt, und konmit zu dem Schluss, dass
das Rückenmark selbst als das geschädigte Organ anzusehen ist.
Nach seiner Ansicht wird ein Theü des in eine Extremität geimpften
Giftes auf dem Wege der Blutbahn in den Gesammtorganismus ein-
geführt. Ein anderer Theil des einverleibten Giftes gelangt unver-
dünnt mittels Nervenleitung in den subduralen Raum des Rücken-
marks, verbreitet sich hier und löst alsdann in den zuständigen
Muskelgruppen tetanische Krämpfe aus. Wenn die einverleibte Gift-
menge keine grosse ist, so kommt nur die durch Nervenleitung in
das Rückenmark gelangte Portion zur Action, und es bleibt beim
localen Tetanus.
Behring*
sches
Tetanas-
sernnit
Hewlett,
Vaülard,
Marson,
Pel.
Die Heilkraft des antitetanischen Serums ist bei aus-
gesprochenem Tetanus je länger je mehr sehr zweifelhaft geworden.
Soweit sich die Sachlage übersehen lässt, bringt das Antitoxin in
rapid verlaufenden Fällen so gut wie sicher keinen Nutzen, und bei
den milderen Formen ist niemals die Möglichkeit einer Spontan-
heilung auszuschliessen. Für den unbestreitbaren Werth der Be-
handlung engagirt sich als einziger Hewlett (Practitioner, April),
der 50 mit Antitoxin behandelte Fälle gesammelt hat und darunter
34 genesene aufführt. Das Antitoxin ist bei dem Auftreten der
ersten Tetanussymptome anzuwenden; ob es sich auch als Prophj'-
lacticum empfiehlt, z. B. bei beschmutzten und nicht heilenden
Wunden, lässt Verf. dahingestellt. Dagegen hebt Vaillard (Compt.
rend. de TAcad^mie des sciences Nr. 21) seinen prophylactischen
Werth mit aller Entschiedenheit hervor. Er empfiehlt die Application
des Antitoxins als Präventivmittel bei verunreinigten Wunden, ferner
bei Operationen, in deren Gefolge erfahrungsgemäss Tetanus häufig
auftritt, endlich in Gegenden, in denen der Tetanus neonatorum
endemisch vorkommt. Ganz besonders ist die Verwendung in tro-
pischen Ländern rathsam, weil dort, wie die Erfahrung lehrt, auch
leichtere Wunden gern durch Tetanus compücirt werden. •
In einem von Marson (Lancet, 10. August) publicirten Falle
konnte das Antitoxin den tödtlichen Ausgang nicht aufhalten, wenn
sich auch bezüglich der Steifheit imd der Heftigkeit der Anfälle
ein mildernder Einfluss bemerkbar gemacht haben soll. Desgleichen
besserten sich auch in einem Falle von Pel (Centralbl. f. innere
Infectionski-ankheiten.
261
Medicin S. 713) die Zuckungen, ohne dass der Autor den Eindruck
gewinnen konnte, dass die Besserung auf Rechnung des Antitoxins
zu setzen war.
Lauten schon die Erfahrungen mit dem Behring'schen Serum
so wenig trostreich, so ist dies in noch viel höherem Maasse mit
<iem Tizzoni'schen Antitoxin der Fall. Als Gesammtresum6 aller
liehandelten Fälle kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass
das Tizzoni'sche Mittel bei den acut auftretenden und schweren
Formen des Tetanus, in der bis jetzt üblichen Weise angewendet,
weder im Stande ist, das Fieber zu beeinflussen noch einen wirk-
samen Schutz gegen die Tetanusinfection darzustellen. Es mag
dabei unentschieden bleiben, ob die Unwirksamkeit auf einer un-
zureichenden Heilkraft oder auf einem Fehler in der Dosining be-
ruht. Die wenigen in diesem Jahr pubHcirten Fälle bringen nur
neue Bestätigungen der eben dargelegten Anschauungen.
Ein schwerer, von Walke (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 36) bc-
•»hachteter Fall von Tetanus puerperalis starb trotz energischer Antitoxin-
behandlung, und denselben Ausgang nahm ein von Schwarz (Wiener med.
Wochenschr. 1894, Nr. 49) behandelter Fall. Allerdings gibt letzterer an,
dass nach Einverleibung des Mittels das klinische Bild insofern eine Ab-
weichtmg der Relation zwischen der Temperatur und den tetanischen Er-
scheinungen zeigte, als trotz continuirlichen Ansteigens der Temperatur ein
allmähliches Nachlassen der Krämpfe zu beobachten war. Endlich be-
handelte auch Foges (Wiener med. Wochenschr. Nr. 24 u. 25) einen Fall
von Kopftetanus mit dem Tizzoni'schen Antitoxin, ohne den tödtlichen
Ausgang, der am 19. Tage eintrat, aufhalten zu können. Auch er hat
nach der Antitoxinapplication ein auffallend rasches Nachlassen der Krämpfe
in Pinem Theil der befallenen Musculatur deutlich wahrgenommen.
Tizzoni-
Bches
Tetanus-
serum,
Walko.
Schwarz,
Foges.
Bei einem leichten Tetanusfalle, bei dem das 38(XX)fache
der zm* Immunisirung nöthigen Menge des Behring'schen Serums
injicirt wurde, konnte Vage des (Zeitschr. f. Hyg. u. Inf.-Krankh. Antitoxin-
Bd. 20) nachweisen, dass das Antitoxin nach 11 Tagen aus dem ayschei-
Urin und nach 18 Tagen aus dem Blut vöUig verschwunden war. Vagede's.
Der Fall lehrt, dass es jedenfalls lange genug im Körper kreist, um
eine etwaige Wirkung entfalten zu können.
Cameron (Montreal med. Journal Nr. 12) berichtet über einen Chiorai
Fall von Tetanus traumaticus, der durch die eclatante Wirksam- ^^^ Tetanus,
keit des Chlorals bemerkenswerth ist. Beim Aussetzen des Mittels
erfolgte sofort eine Behinderung der Athmung, welche durch erneute
Cameron.
262 Freyhan.
Darreichung des Mittels wieder zum Schwinden gebracht werden
konnte.
10. Erysipel.
Während man bisher die im Verlauf eines Erysipels auftretenden
entzündlichen Processe als secundäre Streptokokkenlocalisationen zu
Compii- deuten gewohnt war, bringt Roger (Revue de m6d. Nr. 4) ein-
cation des «^andsfreie Beweise dafür, dass sie gelegentlich auch auf einer
„^1^ Mischinfection beruhen können. Unter 545 Rosekranken fand
Pneumonie, er 10 echte, durch Culturverfahren und Thierversuch sichergestellte,
^^®'* fibrinöse Pneumonieen. Der Verlauf war ein anomaler und atypischer
und endete in der Hälfte der Fälle mit dem Tode. Roger ver-
muthet in dieser Complication eine Autoinfection durch die in der
Mundhöhle so häufigen Pneumokokken; möglicherweise werden sie
erst durch die ins Blut gelangten bacteriellen Stoffwechselproducte
der Erysipelerreger virulent.
Ein hervorragendes Interesse verdient die Beschreibung eines
Gasabscease Erysipels von Zeller (Virchow's Archiv Bd. 189, Heft 2), in dessen
nach Gefolge eine handtellergrosse Infiltration der Bauchhaut auftrat. Bei
Zeller u. ' ^^r Spaltung derselben fand sich das Unterhautfettgewebe dunkel-
Araoid. schwarz verfärbt; erst in grosser Tiefe stiess man auf missfarbigen
Eiter. Im weiteren Verlauf kam es, zunächst in der Umgebung
der ersterkrankten Stelle, später am ganzen Körper regellos verstreut
zur Bildung ähnlicher Abscesse, die stets durch eine schwarze
Färbung des Grimdes und durch äusserst übelriechenden Inhalt, aus
Eiter und Gas gemischt, ausgezeichnet waren; im ganzen wurden
im Laufe von 1*1% Jahren 650 solche Abscesse eröifnet. Nach ein-
jährigem Bestehen der Krankheit Hessen die schweren Symptome
allmählich nach; es kam zur vollständigen Restitutio ad integrum.
Arnold (ibid.), dem die Bearbeitung des anatomischen Theiles zu-
gefallen ist, spricht die Ansicht aus, dass die Abscesse vermuthlich
auf embolischem Wege zu Stande gekommen und mit Hämorrhagieen
verbunden gewesen seien. Ihre schwarze Eärbung beruhe wahr-
scheinlich auf einer vitalen Pseudomelanose, d. h. einer Färbung
der Gewebe durch Schwefeleisen, welches der Einwirkung von
Schwefelwasserstoff auf das Eisen des Hämosiderins seine Ent-
stehung verdankt.
Marmorok (Compt. rend. de la societ6 de biol. 7, 5. April) sieht
in dem Antistreptokokkenserum, das er in 46 Fällen von
Infectionskrankheiten.
263
Erysipel zur Anwendimg brachte, ein Specificum gegen die Krank- Antistrepto-
keit. Schon nach Injection von 5 — 20 g kam es rasch zu einer
Erniedrigung der Temperatur und einem Abklingen der entzünd-
lichen Erscheinungen; in keinem einzigen Falle erfolgte eine Ab-
scedirung. In gleich günstigem Sinne sprechen sich Charrin und
Roger (ibid.) aus.
kokken-
sernm,
Marmorek,
Charrin,
Roger.
11. Gelenkrheumatismus.
In Anlehnung an die Theorie von Sahli (cfr. Jahrgang 1894,
8. 440) definirt Sacaze (Archiv, g^n^ral. de med., November) den Wesen der
Gelenkrheumatismus als eine abgeschwächte Septikämie. Er ^°V".
stützt diese Hypothese auf vielfache litterarische Belege sowohl wie sacaze. '
auf folgende Eigenbeobachtung. An die Vereiterung einer kleinen
Fusswunde schloss sich eine acute Polyarthritis an; in der Wunde
wurde der Staphylococcus in Eeincultur gefunden. Sacaze be-
trachtet die Wunde als Eintrittspforte des Erregers der Polyarthritis.
Suchannek (Bresgen's Samml. zwangloser Abhandl. Heft 1) Aetioiogie
kommt an der Hand des bis jetzt vorliegenden Materials zu dem
gleichsinnigen Schluss, dass der acute Gelenkrheumatismus zwar als
ein infectiöses, aber ätiologisch nicht conformes und klinisch nicht
inmier zu erkennendes Leiden aufzufassen sei, welches in Form
einer abgeschwächten Pyämie verläuft. Aus dem Umstand,
dass in vielen Fällen die Polyarthritis durch eine Angina eingeleitet
wird, zieht er den Schluss, dass die Infection, wenigstens bei diesen
Fällen, in den Gaumentonsülen einsetze. Er empfiehlt deshalb eine
ausgiebige Pflege der Mundhöhle, um die Vulnerabilität dieser Ein-
gangspforte möglichst abzustumpfen.
Singer (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 25 u. 26) hat 16mal
unter 17 Fällen von Gelenkrheumatismus gelegentlich der bacterio-
logischen Untersuchung des Harns ein positives Resultat
bekommen. lOmal fand er Staphylococcus albus, Imal Staphylo-
coccus aureus, 3mal Streptokokken. Die Constanz der bacteriellen
Ausscheidung sowie der Umstand, dass die Menge der Keime mit
der Besserung der klinischen Symptome gleichmässig zurückging,
veranlasst ihn, in den gefundenen Kokken die specifischen Infections-
erreger der Polyarthritis zu sehen. Gleichzeitig verwerthet er seine
Befonde gegen die ätiologische Einheit des Gelenkrheumatismus. Im
vollen Gegensatz dazu stehen die Befunde von Chvostek (Wiener
klin. Wochenschr. Nr. 25 u. 26), der den Urin fast immer keimfrei
gefunden hat. Auch im Gelenkinhalt waren keine Mikroorganismen
des Gelenk-
rheumatis-
mus,
Suchannek.
Singer,
Chvostek.
264 Freyhan.
nachweisbar; er glaubt daher, dass die beim Gelenkrheumatisinus
sich etablirenden Gelenkalterationen nicht durch directe bacterielle
Invasion bedingt sein können. Vielmehr schuldigt er als ver-
anlassendes Moment toxische Substanzen an, die unter gewissen Be-
dingungen ihren Einfluss auf die Gelenke manifestiren. Die um-
fassendsten auf diese Frage bezüglichen Untersuchungen stammen
Aetioiogie von Kr aus (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 26 u. 26), der rund 90 Fälle
des Gelenk- y^j^ verschiedenen Infectionskrankheiten , darunter auch Polyarthri-
tis g tiden, bacteriologisch verwerthet hat. Nach seiner Ansicht sind
Kraus. positive Blut- und Hambefunde nur dann für die Aetioiogie zu
brauchen, wenn sich specifische Mikroorganismen finden, während
der Befiind von Streptokokken, Staphylokokken und Bacterium coli
ätiologisch nichts besagen will, sondern nur als der Ausdruck der
Insufficienz der Organe und ihrer Schutzapparate zu betrachten ist.
Dem in der Neuzeit viel ventilirten Zusammenhang von Angina
Angina und und Gelenkrheumatismus hat auch Buss (Deutsches Archiv f.
Pö^y* klin. Med. Bd. 64) seine Aufmerksamkeit geschenkt. Er pflichtet der
Buss. ' Ansicht derjenigen Autoren bei, die den Gelenkrheumatismus ätio-
logisch aus einer Infection des Körpers von den Bachenorganen aus
herleiten.
Ausser der häufig als Prodromalsymptom vorkommenden Angina
Larynx- und beschreibt Freudenthal (Med. Record Nr. 7) in seltenen Fällen
Pharynx- ^jj^^ initiale Laryngitis, femer bei fünf Patienten soUtäre
bei Poiy- Pharynxgeschwüre, die in kurzer Zeit unter Salolbehandlung
arthritis, zur Heilung kamen. Endlich erwähnt er noch als Begleiterschei-
Freudenthai. jj^ngga Rhinitis mit starker Salivation sowie Anfalle von heftigen
Schmerzen in der Nase, deren rheumatische Natur er aus ihrer
prompten Beaction auf antirheumatische Behandlung erschliesst.
Sehnen- Oloff (Inauguraldissert. Berlin) macht darauf aufmerksam, dass
scheiden- (j^j. acute Gelenki'heumatismus in nicht allzu seltenen Fällen durch
a ff octioncn
bei Poiy- Sehnenscheidenaffectionen complicii't wird. Diese Complication
arthritis, wirkt ungünstig auf die Prognose und fesselt die Kranken oft monate-
lang ans Lager. Die sonst so wirksamen Antirheumatica, selbst das
Salicyl, richten in solchen Fällen so gut wie gar nichts aus. Nur
eine rein symptomatische Behandlung vermag etwas Linderung zu
schaffen.
Heidenhain (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) glaubt, dass
der acute monarticuläre Gelenkrheumatismus weit häufiger
Oloff.
Infectionskrankheiten. 265
vorkomme, als man gewöhnlich annimmt. Er selbst hat in den letzten Monarti-
Jahren 38 solche Fälle gesehen, die prompt auf SaUcylsäure heilten, «^ulärer
Vielleicht werden manche bislang in ihrer Entstehung dunkle Fälle tismus,
von Endocarditis unter diesem Gesichtspunkt erklärlich. Auch Heidenhain.
manche Gelenksteifigkeiten , die sich allmählich ohne bekannte Ur-
sache entwickeln, dürfiben in solchen leichten rheumatischen AiFectionen
ihren G-rnnd haben.
Unter dem Namen „Amygdophenin" führt Stüve (Central- Amygdo-
blatt f. innere Med. Nr. 46) ein neues Antirheumaticum in die plienin,
Therapie ein, das er auf der v. Noorden'schen Abtheilung während
eines halben Jahres in mehr als 1000 Einzeldosen erfolgreich gegen
Gelenkrheumatismus angewandt hat. Tagesdosen von 3 — 6 g hatten
eine so prompte Wirkung, dass niemals zu einem anderen Anti-
rheumaticum übergegangen zu werden brauchte; das Auftreten von
Nebenerscheinungen wurde nicht beobachtet.
Gute Erfolge hat Weiss (Wiener med. Presse Nr. 48) von der Salicyi in
Application der Salicylsäure in Salbenform gesehen. I^es-^*^^°J^^'™'
gleichen beobachtete Guicciardi (Giom. med. del regio esercito, ouicciardi.
Juli) eine brillante Wirkung dieses Präparates auf Schwellung und
Schmerzen und rühmt besonders den Fortfall der bei innerer Medi-
tation so schwer vermeidbaren Magenstörungen.
12. L e p r a.
Kau r in (Norsk. Mag. for Lägevid., April) bekämpft sehr ent- Erblichkeit
schieden die "Vererbungstheorie der Lepra und weist an dem der Lepra,
Beispiele Islands nach, wie oft Beobachtungen, welche die Erb-
lichkeitstheorie zu beweisen scheinen, bei genauer Nachforschung
die schärfsten Beweise für die Contagiosität des Aussatzes bilden.
Er verlangt daher nach wie vor strengste Isolirung der Leprösen
und sieht die Ursache der augenblicklich wieder zunehmenden
Verbreitung der Krankheit in Island nur darin, dass man die dor-
tigen Leprosorien hat eingehen lassen. Er glaubt femer, dass die
Behandlung der Leprösen sich bei energischer Durchfuhrung sym-
ptomatischer Principien nicht so aussichtslos gestalte, wie man dies
gemeinhin annimmt.
•
Milton (Edinb. med. joumal, Juli) weist darauf hin, dass die derLepra,
Lepra in England einen ganz anderen Charakter angenommen hat, Milton.
266 Freyhan.
als er dem Aussatze früherer Jahrhunderte eigen war ; es prägt sich
dies vor allem in dem viel schwereren und jeder medicamentösen
Behandlung unzugänglichen Verlauf aus.
Lepra- Lassar (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 50) verfugt über einen
casuifltik, g^jy. typischen Fall, dessen Extremitäten mit zahllosen Knoten von
Li&ssAr
Stecknadelkopf- bis Bohnengrösse dicht besetzt waren. Dazwischen
fanden sich flach gedellte Efflorescenzen, Morphäaflecken, TJlcerationen
und Narben. Auch die Schleimhäute waren mit ELnoten und Infil-
traten reichlich besetzt. Die Nervenstämme, besonders die Ulnares,
waren vielfaltig verdickt und eine deutliche Herabsetzung der Sensi-
bilität nachweisbar. Der mikroskopische Befund Hess an der leprösen
Natur der Erkrankung keinen Zweifel. Nicht minder typisch ist
Wassermann, der von Wassermann (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 50) mitgetheilte
Fall. Auch hier war das mikroskopische Bild für die Diagnose ent-
scheidend ; nicht nur waren die Leprabacillen massenhaft vorhanden,
sondern auch ihre Lagerung in den charakteristischen Leprazellen zu
erkennen.
Marcano, Marcano und Wurtz (Archives de m6d. expiriment. Nr. 1)
Wurtz. konnte durch die mikroskopische Untersuchung in einem Fall schon
sehr frühzeitig die Diagnose einer Lepra stellen. Das Leprom wurde
excidirt; die Wunde schloss sich rasch, und die Heilimg ging glatt
von statten.
13. Dysenterie.
Der Streit über die Bedeutung der Amoeba coli für die
Dysenterie- Dysenterie wogt noch hin und her. Während Leahy (Lancet,
amöben, ^3 April) und Curnow (Lancet, 4. Mai) die Kartulis'schen Be-
Cumow, funde in allen Theilen bestätigen und in den Amöben die ursäch-
Gasser, liehen Erreger der Dysenterie erblicken, kann Gasser (Archives de
m6d. exp^riment. Nr. 2) dieser Anschauung nicht beipflichten, da er
unter 163 Fällen von Dysenterie nur 41mal Amöben angetroffen hat
und bei Gesunden einen fast identischen Procentsatz constatiren
konnte. Er gesteht zwar zu, dass man durch die Lijection amöben-
haltigen Materials in den Mastdarm von Katzen Dysenterie zu er-
zeugen vermag, hat aber denselben Effect auch durch rein mechanisch
Celli u. reizende Substanzen erzielen können. Ebensowenig sind Celli und
Fiocca. Eiocca (Centralbl. f. Bacteriol. u. Parasitenk. Bd. 17, H. 9 u. 10)
von der Pathogenität der Amöben überzeugt, weil es zweifellos
sei, dass sowohl epidemische wie endemische Formen von Dysenterie
ohne Amöbenbefund vorkämen. Li ihren eigenen Untersuchungen
Infectionskrankheiten. 267
haben sie mit grosser Begelmässigkeit das Bacterium coli in Gemein-
schaft mit einem typhusahnlichen Organismus angetroffen und sind
um so mehr geneigt, dieser Bacteriencombination eine ätiologische
BoUe zuzuerkennen, als sie mit den von ihnen erzeugten Toxinen
im Stande waren, Dysenterie bei Versuchsthieren zu erzeugen.
Endlich entscheidet sich auchLamarol (Progr^s med. Nr. 24) Strepto-
auf Grund umfangreicher Untersuchungen gegen die Pathogenität der o^genteriV
Amöben. Er fand bacteriologisch sowohl im Blut von Dysenterie- Lamaroi.
kranken wie im Eiter von secundären Leberabscessen neben anderen
Mikroorganismen besonders häufig den Staphylococcus pyogenes
aureus. Diese Thatsache im Verein mit einer Anzahl verschieden
varürter Thierversuche hat ihn zu der Ueberzeugung geführt, dass
die Streptokokken die ursächlichen Erreger der Dysenterie seien.
Die Leberabscesse sind sehr gewöhnliche Folgeerscheinungen der
Rohr ; in manchen Fällen ist ihr Ursprung auf eine Entzündung der
Pfortader zu beziehen, in anderen lässt sich der Infectionsweg nicht
mit Sicherheit feststellen.
White (Lancet, 6. Juli) vertritt die Meinung, dass bei den Therapie
chronischen Formen der Dysenterie Medicamente nahezu nutzlos sind *^®,L/^.^***'^'
White,
tmd dass die richtige Behandlung in der Verordnung absoluter Bett-
ruhe und strenger Milchdiät beruhe. Er empfiehlt kleine Quan-
titäten Milch in 2stündlichen Intervallen zu geben, etwa in einer
Tagesmenge von 1 — l^/a Litern; es ist zweckmässig, falls sich un-
verdaute Klumpen in den Dejectionen zeigen, die Milch vorher zu
peptonisiren. Die Milchdiät ist beizubehalten, bis die Schmerzen und
die schleimigen Entleerungen geschwunden sind ; eventuell eintretende
Verstopfung ist durch Oelklystiere zu bekämpfen.
14. Morbus W e i 1 i i.
Bei einem Patienten, der unter den S3rmptomen eines fieber-
haften Icterus erkrankte, gelang es Banti (Deutsche med. Weii'ache
Wochenschr. Nr. 51) vermittelst einer Milzpunction einen Bacillus Krankheit,
zu cultiviren, den er Bacillus icterogenes capsulatus benennt. Banti
neigt der Annahme zu, dass dieser Mikroorganismus das specifische
Agens der WeiTschen Krankheit darstelle, und bestreitet, dass es
sich um eine Secundäreinwanderung handeln könne. Eine Weiter-
impfimg auf Thiere brachte keine Krankheitserscheinungen zuwege.
Banti warnt davor, seine Befunde fiir den Icterus febrilis zu ver-
268 Freyhan.
allgemeinem; vielmehr glaubt er, dass diese Krankheitsbezeichnung
ein Sammelbegriff sei und sowohl toxische wie auch infectiöse
Formen mit sehr mannichfaltiger Aetiologie umfasse.
Weii'sche Ihm gegenüber macht Jaeger (Deutsche med. Wochenschr.
Krankheit, ;jq-j. ^q^ wohlberechtigte Prioritätsansprüche geltend; er erinnert
daran, dass er schon in einer früheren Veröffentlichung (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. 12) die unter dem Namen „Proteus" zusammengefasste
pleomorphe Bacteriengruppe als das ätiologische Moment für die in
Rede stehende Krankheit bezeichnet habe. Nach seiner Meinung
ist der Icterus die Folge einer durch Bacterienprote'ine bedingten In-
toxication, welche eine hämolytische Wirkung entfaltet.
15. Influenza.
Das wechselvolle Symptomenbild der Grippe bildet noch immer
eine schier unerschöpfliche Fundgrube für litterarische Bethätigungen.
Herz- In gründlicher Weise handelt Sansom (Practitioner , Aprü) die
affectionen Herzerkrankungen im Gefolge der Influenza ab. Orga-
influenza, nische Affectionen sind nur selten; um so häufiger stellen sich aber
Sansom, Störungen des nervösen Mechanismus ein. Zunächst kommen neur-
algische Anfälle nach dem Typus der Angina pectoris vor, die am
wirksamsten durch Morphiuminjectionen, daneben auch duixh Haut-
reize und Application des elektrischen Stromes zu behandeln sind.
In anderen Fällen stellt sich im Anschluss an Influenza Tachycardie
ein, die sich bisweilen mit anderen Symptomen der B a s e d o w'schen
Krankheit combinirt. In solchen Fällen widerräth Verf. Digitalis
oder andere Herztonica; er verordnet in erster Reihe körperliche
Ruhe, Bromnatrium mit Zusatz von Arsenik und Chloralamid. Auch
Hefftron. Heffron (Med. news, 8. Juni) bestätigt, dass das Herz bei In-
fluenza relativ häufig in Mitleidenschaft gezogen wird. Er hält es
deshalb für geboten, bei der Behandlung der Krankheit alle diejenigen
Medicamente zu vermeiden, welche einen depressiven Einfluss auf
die Herzthätigkeit auszuüben im Stande sind. In erster Linie ver-
wirft er die alleinige Darreichung von Antipjn'eticis und schlägt eine
Combination derselben mit Herzstimulantien vor ; als sehr brauchbar
hat er das Strychnin erprobt.
Ein nicht minder interessantes Kapitel bilden die plötzlichen
Gefäss- Gefässverschlüsse bei Influenza, deren Oasuistik Cathemas
verschlusse (Münch. med. Wochenschr., 2. Juli) um zwei typische Fälle ver-
bei
Influenza, D^^^rt- Die Gerinnung trat beide Male urplötzlich ein; die befallenen
Cathemas, Extremitäten wurden kalt und cyanotisch, der Puls erlosch, und in
InfectionskranklieiteiL
269
kurzer Zeit kam es zur Gangrän des ganzen Gliedes. Bei dem einen
zur Section gekommenen Falle fand sich in der obtarirten Arteria
axillaris ein der Wand nicht adhärentes, ziemlich festes, graurothes
Gerinnsei, welches in einen festsitzenden Thrombus übei^ing; von
dem Haaptthrombns strahlten Xebenthromben in die Seitenäste des
Gefasses aas. Hierher gehört auch die Bemerkung Goodhart's
(Practitioner , August) , dass ihm während der letzten Influenza-
epidemieen das häufige Auftreten von Thrombosen der Venae
femorales angefallen sei; alle von ihm beobachteten Fälle kamen
übrigens zur Heilung.
Ooodhart
Influenza«
encepha*
litis,
Nauwerck.
Freyhan,
Das Wesen der im Gefolge der Influenza auftretenden Ence-
phalitis hat Nauwerck (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 25)
durch die bacteriologische Untersuchung der erkrankten Gehirne
unserem Verständniss näher zu bringen gesucht. In einem Fall fiel
die Untersuchung ergebnisslos aus, in einem anderen dagegen fanden
sich sowohl in der Ventrikelflüssigkeit, wie in den encephalitischen
Heerden selbst sehr kleine, an den Enden abgerundete, kapsellose
Bacillen, die Nauwerck als zweifellose Influenzabacillen anspricht,
obwohl ihm die Weiterziichtung misslang. Die Bacillen waren
übrigens so spärlich vertreten, dass Nauwerck das negative Re-
sultat seines ersten Falles mit ihrer schweren Au^ndbarkeit erklären
zu können glaubt.
Freyhan (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 39) plaidirt an der
Hand eines Falles, der nach Ablauf einer Influenza den Symptomen-
complex sowohl der Strümpell-Leichtenstern'schen Ence-
phalitis wie der Wernicke'schen PoliencephaUtis haemorrhagica
superior in sich vereinigte, dafür, dass diese beiden Krankheiten,
welche bislang als selbständige Krankheitsindividuen gegolten haben,
als Spielarten ein und desselben Processes anzusehen seien. Für
diese Ansicht verwerthet er vor allem die Gleichartigkeit der ana-
tomischen Substrate und der ätiologischen Momente; hier und dort
scheinen toxische Einflüsse die auslösende Rolle zu spielen. Ge-
legentlich der Mittheüung eines durch einen interessanten Augen-
spiegelbefund ausgezeichneten Falles von PoliencephaUtis haemor-
rhagica superior bekennt sich Herrnheiser (Wiener med. Wochen- Hermheiser
Schrift Nr. 44) als Anhänger der F r e y h a n'schen Hypothese.
Seltener als andere Hautaffectionen bildet die Furunculoso
eine Complication der Grippe. Leloir(Bull. de Tacadömie de m6d.
Nr. 13) nimmt zwei Entstehungsarten derartiger „Pyodermitiden"
270
Freyhan.
Furun-
culose bei
Influenza,
Leloir.
an, eine exogene — digitale Uebertragung des infectiösen Nasen-
secrets auf wunde Hautstellen — und eine endogene, durch den Blut-
kreislauf vermittelt. Für den letzteren Modus, der hauptsächlich für
die postfebrile Periode der Krankheit in Frage kommt, spricht der
Umstand, dass sich derartige Heerde besonders an drüsenreichen
Hautstellen finden.
Lungen- Rhyner (Münch. med. Wochenschr. Nr. 9 u, 10) beobachtete
gangrän zweimal den Ausgang von Infiuenzapneumonieen in G-angrän; der
n ach —
Influenza ^^'^^ ^*^ \i9iVCi unter septischen Erscheinungen zum Exitus; die beiden
Rh3rner. anderen heilten, nachdem der gangränöse Heerd in die Pleura durch-
gebrochen und der secundär entstehende Pyopneumothorax operativ
behandelt worden war.
Nervöse
Form der
Influenza,
Hennig.
Influenza-
zunge,
Terry.
Als Hauptcharakteristica der „nervösen Form^* der Influenza
beschreibt Hennig (Münch. med. Wochenschr. Nr. 36) Kopfschmerz,
allgemeine Prostration und mehr oder minder starke Schweisse.
Weitere constante Erscheinungen sind rheumatische und rheumatoide
Schmerzen, femer Pruritus und Anomalieen der höheren Sinnes-
organe.
Terry (Lancet, 12. October) macht auf eine merkwürdige B e-
schaffenheit der Zunge aufmerksam, welche angeblich ein
stetes Attribut der Influenza ist. Auf der ganzen Zimge, besonders
aber auf der vorderen Hälfte , finden sich kleine , rundliche , etwas
erhabene, meist purpurrothe Fleckchen, die während der ganzen
Dauer der Krankheit persistiren. Aehnliche Flecken sind spärlicher
über die Mundschleimhaut verstreut. In manchen Fällen finden sich
als Ersatz der Flecken weissliche Bläschen.
Franke.
Knochen- Franke (Archiv f. klin. Chirurgie Bd. 49, H. 3) hat sich mit
affectioiicn,(ien sonst noch nicht beschriebenen Knochen- und Gelenk-
veränderungen bei Influenza beschäftigt und ist in der Lage,
durch eine Reihe von illustrirenden Beispielen ihr Vorkommen zu
erhärten. Besonders würdigt er die Periostitis, die sich analog der
bei anderen Infectionskrankheiten , zum Beispiel der beim Typhus
auftretenden, verhält. Sie entwickelt sich entweder im Akme-
stadium der Krankheit oder in der Defervescenz und verursacht sehr
heftige Schmerzen. Es kommt weiterhin zu Auftreibungen und
ödematösen Schwellungen, die meist durch spontane Resorption
schwinden und nur selten vereitern.
Infectionäkrankheiteo . 271
Von seltenen Folgeerscheinimgen der Grippe sind zu erwähnen
Posticaslähmnngen, die B.ethi (Wiener klin. Wochenschr. Kehlkopf-
Nr. 48) in zwei PäUen beobachtet hat. Femer sah er je einmal eine »"eo^i.on«'»
bei
Perichondritis nnd einen Kehlkopfabscess. In sechs Fällen bildeten Influenza,
<ich schmerzhafte TJlcerationen im Eachen aus, die aus kleinen, in R^thi.
'kr Mitte zerfallenden Infiltraten ihren Ursprung nahmen.
Nicht minder selten sind postin£uenzöse Facialisparesen.
Barkas (Lancet, 25. Januar) hat sie ohne jedwede Begleiterschei- Faoiaiis-
nongeii auftreten und nach 6 Wochen ohne Eesiduen wieder schwin- r*'^*^*
den sehen, Eitelberg (Wiener med. Fresse Nr. 24) fand sie in Eitelberg.
Verbindung mit einer Otitis.
Mosse (Bevue de m^d. Nr. 3) erbringt durch überzeugende Chinin,
Tliierversuche den Beweis, dass Chinin prophylactisch und abortiv Mosse.
gegen Influenza wirksam ist. Es gelang ihm, durch vorherige Ein-
verleibung von Chinin in die Blutbahn die Versuchsthiere mit Sicher-
heit gegen eine spätere Invasion der Krankheit zu schützen. Er
schlägt demgemäss vor, das Chinin zur Zeit einer Epidemie als
Prophylacticum zu verabreichen.
Unter den Antineuralgicis hat Hennig (Münch. med. Wochen- Saiophen,
Schrift Nr. 36) keins von so constanter Wirkimg gefunden wie das Hennig,
Saiophen. Er gibt je nach der Schwere der Erkrankung und
nach der Individualität des Patienten bis zu 5 g pro die; doch hat
er oft auch von viel geringeren Dosen eine gute Beeinflussung
schmerzhafter Neuralgieen oder sonstiger nervöser Symptome gesehen.
Der warmen Empfehlung Hennig's schliesst sich mit gleicher
Verve Drews (Centralbl. f. innere Med. Nr. 47) an; er ist von Drews.
der Anwendung des Mittels bei der nervösen Form der Influenza
aufs höchste befriedigt und zieht es der gleichfalls gut wirkenden
Saiicylsäure bei weitem vor. Als besondere Vortheile rühmt er die
voLatandige Geruchs- und Geschmacklosigkeit des Salophens sowie
seine absolute Ungefährlichkeit.
Lehrbücher und Monographieen.
Baumgarten, Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den
pathogenen Mikroorganismen. 9. Jahrgang. Braunschweig. Harald
Bnihn.
Bastionelli, Studio etiologico suUe infezioni. Fratelli Centenari.
(Günther, EinfQhrung in das Studium der Bacteriologie. 4. Aufl. Thieme.
Leipzig.
272 Freyhan.
Itzerott und Niemann, Mikropbotographischer Atlas der Bacterienkunde.
Leipzig. Job. Ambros. Barth.
Stavenhagen, Einführung in das Studium der Bacteriologie. Stuttgart.
F. Enke.
De Cerenville, Tavel, Equet et Krumbein. Contribution k T^tude
du streptococce et de Tent^rite streptococcique. Mittheilungen aua
Kliniken und medicinischen Instituten der Schweiz. 2. Reihe,
11. Heft.
Dieudonn^) Schutzimpfung und Serumtherapie. Leipzig. Job. Ambrosius
Barth.
Carl Fraenkel, Schutzimpfung und Impfschutz*. Marburg. Elwert.
Hueppe, Naturwissenschaftliche Einführung in die Bacteriologie. Stutt-
gart. F. Enke.
Georg Krieger, Bloodserum Therapy and Antitoxins. Chicago. Colo-
grove.
Haffkine, Anti-Cholera-Inoculation. Calcutta. Thaker, Spink u. Co.
Sahli, Ueber die Therapie des Tetanus und über den Werth und die
Grenzen der Serumtherapie. Mittheilungen aus klinischen und medi-
cinischen Instituten der Schweiz. 3. Reihe. 6. Heft.
Richard Stern, Klinisch-bacteriologische Beiträge zur Pathologie und
Therapie des Abdominaltjrphus. Sammlung klinischer Vorträge.
5. Serie, 18. Heft.
Voigt, Ueber den Einfluss der Pockenkrankheit auf Menstruation»
Schwangerschaft, Geburt und Fötus. Sammlung klinischer Vortrage.
Nr. 112.
Baccelli, Studien über Malaria. Berlin. S. Karger.
L er seh, Geschichte der Volksseuchen. Berlin. S. Karger.
II, 8. Constitntionskrankheiteii.
Von Dr. Maxlmlltan Sternberg, Privatdocenten für innere Medicin
in Wien.
A. Pathologie dea Stoffwechsela.
1. Diabetes mellttos.
Ueber die physiologische Aufgabe und das Schicksal des Zuckers
und des mit ihm eng zusammenhängenden Glykogens im thieri-
sehen Organismus sind einige sehr bemerkenswerthe Ergebnisse zu
Tage gefördert worden.
J. See gen (Arch. von Du Bois-Rejrmond, Phys. Abth. S. 242) Muskel-
liess den Musculus quadriceps des Hundes mehrstündige, genau ge- ^^^?***^'
messene, Arbeit leisten imd bestimmte durch Vergleich mit dem nn^ Zucker
Muskel der anderen Seite den Verbrauch an Glykogen bei der Seegen.
Muskelarbeit. Es ergab sich, dass der Verbrauch an Glykogen
ein so bedeutender ist, dass der gesammte Glykogenvorrath des
Muakelkörpers bei weitem nicht ausreichte, um die gewöhnliche
mechanische Arbeit des Thieres in 24 Stunden zu leisten. Es muss
daher als wichtigste Quelle der Körperarbeit der Zucker des Blutes,
welcher unausgesetzt im Körper gebildet wird, in Anspruch ge-
nommen werden.
Kaufmann (Compt. rend. de la Soc. de Biologie S. 153) hat Glykogen
im normalen Blute stets kleine Mengen Glykogen nachgewiesen. » m B i u t e,
Bei diabetischen Thieren findet sich mehr, bis 0,5 g im Liter.
Die von Lepine zuerst untersuchte zuckerzerstörende Kraft
des Blutes hat W.Spitzer ( Pflüger *s Arch. Bd. 60, S. 303) studirt. Glykoiyse,
Er findet ihren Sitz in den Blutkörperchen und bezieht die Glykoiyse Spitzer,
auf Oxydation des Zuckers.
0. Nasse (Rostocker medic. Ztg. S. 363) hat dagegen keine Nasse.
(Glykoiyse im Blute nachweisen können. Die Zerlegimg geht nicht
Jthibach der praetischen Medicin. 1896. lg
274 Ötemberg.
im Blute vor sich. Sie wird wahrscheinlich nicht durch Oxydation,
sondern durch Hydroxylirnng eingeleitet.
Der Zusammenhang von Pankreas und Diabetes ist
Pankreas von W. Sandmeyer (Zeitschr, f. Biol. Bd. 13, S. 12) neuerlich
_- . V* . experimentell bearbeitet worden. Wenn Hunden das Pankreas mit
Diabetes, ^
Sandmeyer. Zurücklassung eines geringen Bestes exstirpirt wird und man sie
längere Zeit nach der Operation beobachtet, sieht man meist einen
leichten Diabetes entstehen, der später schwerer wird und bis zum
Tode anhält. Füttert man solche Thiere mit Fleisch, dem rohes
Rinderpankreas zugesetzt ist, so nimmt die Zuckerausscheidimg sehr
stark zu. Bei Thieren, die nach der Operation nicht diabetisch ge-
worden sind, wird durch eine solche Fütterung Glykosurie erzeugt.
Diese kann auch dauernd werden.
Eine Reihe anderer Beobachtungen sind über Glykosurie unter Ein-
Toxische wirkung verschiedener giftiger Substanzen gemacht worden. E. Graf
Glykosurie (Diggert. Würzburg) hat bei Kaninchen, die mit Sublimat vergiftet waren,
J^?,. Zuckerausscheidung gefunden. Sie beruht wahrscheinlich auf den Ver-
Graf. 'Änderungen der Niere, welche für den Blutzucker durchlässig geworden ist.
— durch Auf der gleichen Ursache dürfte die Zuckerausscheidung beruhen,
Coffeinsulfo- welche C. Jacobi (Arch. f. exp. PathoL Bd. 85, S. 213) durch Einverleibung
s ÄiU re
Coffein und ^^^ Coffe'insulfosäure, Coffein und Diuretin (= Theobrominum
Diuretin, salicylic.) bei Kaninchen hervorgerufen hat. Diese Substanzen sind bekannt-
Jacobi. lieh gute Diuretica und wirken direct auf die Niere.
— durch Eine Glycosurie nach Tuberculin ist von Teschemacher (Deutsche
Te^chemaVer! ^^^' Wochenschr. S. 276) mitgetheilt.
Von grossem Interesse ist die von vielen Seiten beobachtete
Zuckerausscheidung bei der jetzt modern gewordenen Behandlung
— durch mit Thyreoideapräparaten. So hat Dennig (Münch. medic.
^^'ü'ennl^**' Wochenschr. S. 389) bei Gesunden, die zum Zwecke des Experi-
ments Tabletten eingenommen hatten, vorübergehend Zucker im
Ewald, Harne gesehen. Ewald (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2) fand bei
einer Patientin, die wegen Myxödems mit Tabletten behandelt wurde,
Zucker, der mit dem Aussetzen der Behandlung verschwand, bei
der Verabreichung der Tabletten neuerlich aufbrät und wieder ver-
schwand. Schliesslich aber entwickelte sich eine dauernde, durch
V. Noorden, antidiabetische Diät nicht zu behebende Glykosurie. Auch v. Noorden
(Zeitschr. f. ärztl. Landpraxis Bd. 5, S. 1) beobachtete Glykosurie
bei Verabreichung von Thyreoidea an Fettleibige und Nichtfett-
leibige. Er fasst die Erscheinung dahin auf, dass eine schon früher
vorhandene Neigung zu Glykosurie (latenter Diabetes bei Fett-
ieibigen — JZnkMaissääMite»^iar airri 'j:it Jlnr'tiritilniiur ^ »m Siäiiil-
dräse ervreckt 'viri. HbBBt &$uaaciinzu£ nrinsi -sr -httt im: 5ter
Thatgacbe in Tn ■■■■miiImii^ 2sa^ t»^ Xorini» ^Mtse^inri:. -«r« |ft>
«isaennassen eme \tsaat2^st Tt^itär^ixvBniiiiinir f»t^ .»rirLiiianmf:
mit Schüddroseoproiiaa TarhrntSgL äst. aii j**i':tt7 iJniisinkrt L-JT-r.«*-
urie erzeogai läast. IXn^kEf vzrz 5ifc T-enmnärDii£^ ut^crüuSer . 5lfe9^
die Thvreoidem lȊ mt YtrAT^: -tfiTixr >e> Zuritr* fm
Organismus eine miiiLizst B.:Cie «pkih. •VL^ü^-jit^rr" i ::L iuitüL sk-
eine Substanz liefere, -w^dht t* Terr.TT'^trt- ifess- 1.11*^ i/tai üiLreftirseE
Kohlehydraten Fett ^-ebiüöt -wirL
Aoch bei T hie reu ifC «rlTiosDrif i»*;: Eirr-sr^iriiiiiir xl*l S'ji£jäirnj*t ":•*-
obachtet worden. K. Georfitv^tr C-entriJ:»^ f. «L med. "Wiitf^enH'jL S- 4ß^ ^rtaa^ewskj.
hat dies bei Hmideii in dea- ± — t. ViKi»*- ö«- T+riTtc-eüiinir ijesejita:^
Den ITebergang T-on reicLl: iL ^tri. osstrrt- =. Trat i:1:cih
zucker in den Harn hat t. Jaks-ch «Pra^tr iiiei. W^irensthr. Ali»*iiiii*
Nr. 27) bei Hvsterie und traiiinatiseiier Xe-ur ::=:€• Li:i£ir s^ Glyk*s»ii*.
äehen. Bei der heikefai Frage d^r Siiziiilatic»ii kaim da» Ycrii&D dendem
von alimentärer GfHkosorie <nach KC* g TTanbesirQcker axif einmal
gereicht) in einem bestimmten Falle al« entlastie^des Bew-^smomeüt
dienen, das Fehl^i des Symptoms entscheidt<t naTürüch nicht. Auch
bei schwerer Phosphorvergift nng wird alimentäre Glvkösiirie
beobachtet und deutet auf Verfettung der Leber hin. Das Schwinden
des Symptoms hat günstige prognostische Bedeutung.
Auf klinischem Gebiete sind über den Diabetes melli-
tus im engeren Sinne zahlreiche practLsch wichtige und auch einige
für das tiefere Verständniss der Krankheit werthvolle Mittheilungen
gemacht worden.
K. Grube (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, H. 5) hat 177 Falle Aetiologit«
seiner Beobachtung in Bezug auf die Aetiologie analysirt. Von ^**'
Werth ist das häufige Vorkommen von Heredität, die Kinder Grub«». *
sind meist schwerer erkrankt, als die Eltern. Wichtig ist auch ein
Fall von Verschwinden des Zuckers nach antisyphilitischer Be-
handlang.
Nach verschiedenartigen Traumen kann sich typische trauma-
tische Neurose imd zugleich Diabetes entwickeln, wie W. Eb- Truu«
Htein (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 54, S. 305) gezeigt ^»^^ "iVoi^'^Vn.i
Die Diagnose des Diabetes ist manchmal nicht leicht, weil dio i)Uboti>«,
Zuckerausscheidung intermittirend sein kann und die gewöhnliclion, Ki»«tfin.
276 Stemberg.
ins Auge springenden Symptome: Polydipsie und Polyurie, voll-
ständig fehlen können (^^Diabetes decipiens"). (Ob da nicht Be-
ziehungen zu den oben gemeldeten Beobachtungen v. Jaksch's be-
stehen? Ref.)
Blutbefund Bremer (Med. News, Februar 9) will einen charakteristischen Blut-
beiDiabetesj^gf^Q^ bei Diabetes entdeckt haben : 1. Die rothen Blutkörperchen färben
Temer. ^.^^ ^^. ^Qg^mQ^thylenblaurärbung mit Eosin nur schlecht» mit Säurefuchsin
aber normal ; 2. es finden sich massenhaft „freie Kömchen'' ; 8. die weissen
Blutkörperchen zeigen eine unfärbbare Zone um die Kerne, welche oft die
Gestalt eines C hat.
Diabetes Auf „Diabetes decipiens" macht Teschemacher auf-
Teschemadier i^^rksam (Deutsche med. Wochenschr. S. 276), der einen Fall mit
12®/o Zucker und 1000 — 1100 g täglicher Hammenge beobachtete.
Femer weist derselbe Autor in seiner kleinen Mittheilung auf das
Ausfallen der Zähne hin, welches nicht selten das erste ob-
jective Symptom der Krankheit darstellt und von den Zahnärzten
mehr beachtet werden sollte.
„G-astrischeKrisen^^ ganz ähnlich dem Erscheinungscomplexe,
Gastrische den man unter diesem Namen bei der Tabes beschreibt, hat K. Grube
Krisen bei (Münch. med. Wochenschr. S. 136) beobachtet. Die Anfälle beginnen
XJ 1 & D 6 V 6 Bf
K Grube, meist früh Morgens, ohne Vorboten, dauern von einigen Stimden bis
zu 1 — 2 Tagen. Die Behandlung besteht am besten in sofortiger reich-
licher Stuhlentleerung durch Eiystiere und heissen Umschlägen auf
den Bauch. Opium schadet.
Das Coma diabeticum wird bekanntlich von vielen als
Aethyiiden- Säureintoxication aufgefasst, und zwar wird von Stadelmann die
miichsäure Oxybuttersäure angeschuldigt. T h. R u m p f (Berl. klin. Wochen-
flüchtige Schrift S. 669) fand nun in einem Falle von Coma keine Oxybutter-
Fettsäuren säure, wohl aber Aethylidenmilchsäure. Bumpf hat auch
j- u l" u eine bequeme Methode zur Bestimmunir der flüchtiiren Fett-
diabetiscnen *^ o o
Harne, säuren im Harne ausgearbeitet. In schweren Fällen von Diabetes
Rumpf. igt diß Menge der flüchtigen Fettsäuren sehr gesteigert, bei dem Falle
von Coma betrug sie das Zehnfache der Norm. £s ist möglich, da.S8
sie bei der Entstehung der schweren Symptome des Diabetes eine
wichtige Rolle spielen. Zweifellos veranlassen sie eine gesteigerte
Ammoniakausscheidung, also Verlust an Stickstoff, der bei unge-
nügender Nahrungsau&ahme auf Bechnung des Organeiweiss kommt.
Auch bei Gesunden erzeugt eine vermehrte Bildung von flüchtigen
Fettsäuren im Körper eine Steigerung der Ammoniakausfohr. Das
t4«mrw«m
motsr-^t^ i, .
li€:i« sich dnrcii \ erairöekai^ t-ij
L ClI:rAlAiLii s*Aclv>c&stBt.
ans wachem im Kzrper AanöaemBizz
rt ^iCLji»gi wiri-
Für die Progikoäe «ies C-: 3La i:a
':«t"ii;":Litia i^ri F. fiirs^is
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teld iDemsdie ■MVTir. \%wbaDä£^.
S, -ilo iSe Xr::i^er5s;i:i=dt *-:
Tfhui^fciir
Aceton besMMiers vickn^ S^Lr
rt2-"*"~:ij* A:^c%.:rA::ggk-'"Ti.'.r.r,ä:
nS^D^PESC
inKf ^TWi^ik jTrf^li If^tiTo ^^w^nw^^A Ti^b p. ■■
-»»A. " ■■ ■>!> \ WM ■ •^J^'— ■"• » ■ ■V jk '^•C—
brach des Goma kt nicht se^cn "^rip
ist eine Tnanitinpsdiit. VTird aber t^ 'iie Y:ll>Täziügkrit des SrcäT-
bedarfe gesorgt (Fen!i. dann bat der Ansschiiiss der Kohl^yirate
keine äbefai Folgen. Die Diagnose des Coma ist in ansge^rvvheneu
Fällen leicht. Die üntoscheidiing Ton Haxschwäche, von A^v^
plexieen, von Xleas — anter dessen Bude das Coma si^rh auch ver-
bergen kann — bemht auf dem Nachweis reichlichen Acetons im
Harne. £in wichtiges Symptom des Coma ist das Sinken des Blut>
iracks (Sphvgmomanometer von v. Baschi.
G. W. Jacoby (New Torker med. Monatsscbr. S. 339) macht DUbeiisch«
auf das Vorkommen von epileptischen Anfällen im Verlaufe ^P***F«**»
Jacoby.
des Diabetes mellitus aa£nerksam. Es können sowohl ausgesprochene
Krampfanfalle als das „petit mal"* auftreten. Während der Anfalle
beobachtete er grosse Mengen von Aceton im Harne und nimmt au,
•iass dieses die Ursache der Erscheinungen sei.
P. Marie (La Semaine m^dicale S. 229) beschi*eibt einen Fall
von Diabetes mit cirrhotischer Schwellung der Leber und Bin)nKe-
tarbong der Haut. Die Obduction ergab eine ausseroi*dentlich
^osse, dunkelbraune Leber, in derselben massenhafte Bindegewebs-
neubildung und Einlagerung sehr reichlichen, ockerfarbenen Pigments.
Ebensolches Pigment findet sich sehr reichlich in den Muskelfasern
<ie8 atrophischen Herzens. EeichHches Pigment in den Mesenterial-
flrüsen. Das Pankreas sklerosirt und pigmentirt. Auch die Färbung
der Haut beruht auf der Einlagerung solchen Pigmentes. Das
Pigment ist eisenhaltig und entstammt zweifellos dem Hämoglobin.
E Auscher und L. Lapicque (Compt. rend. de Soc. de Biol.
^- 401) fanden den Eisengehalt der pigmentirten Organe enorm
hoch: Milz 4,2, Leber 11,3, Lymphdrüsen 18,5 ®/oo. Mario stellt
bliesen Fall mit ähnlichen, früher von Hanot und Chauffard,
Letulle, Palma u. a. unter verschiedenen Namen beschriebenen
Fällen zusammen, er sieht darin nicht etwa eine Combination von
Brom«»-
diabeti^s»
Mari«»
Attiohov u
278
Stemberg.
Bronze-
diabetes,
Mossö n.
Daunice.
Diabetes mit Cirrhose oder dergl, sondern eine eigenartige, in sich
abgeschlossene, besondere Krankheit (entit6 morbide autonome) ,
die als „diab^te bronz6" zu bezeichnen sei. Ein ganz analoger Fall
wird von Moss6 und Daunice (Gaz. h^bdom. Nr. 28) mitgetheilt.
Sie nehmen an, dass durch die Vermehrung des Zuckers im cir-
culirenden Blute das Hämoglobin zerfiällt und das so gebildete
Pigment sich nun im Körper absetzt.
Gegenüber der Auffassung Marie's, dass die beschriebene
Pigmentirung etwas ganz Eigenartiges sei, müssen wir auf die Arbeit
Hämo- von K. Hintze (Virch. Arch. Bd. 139, S. 459) über „Hämo ehr o-
chromatose matose" hinweisen. Eecklinghausen hat nämlich unter diesem
Hintze * Namen vor mehreren Jahren ganz denselben Befund beschrieben, er
hat ihn bei verschiedenen Zuständen, z. B. Lungentuberculose,
Magenkrebs, Diabetes gesehen. Hintze findet die Ansammlungen
eisenhaltigen imd eisenfreien ockerfarbenen Pigmentes an Leichen
mit Cirrhose, Empyem, tuberculöser Pleuritis. Hintze macht es
sehr wahrscheinlich, dass das eisenfreie Pigment aus eisenhaltigem
entstehe, und zwar durch Thätigkeit der glatten Muskelfasern (und
möglicherweise auch der des Herzens) in diesen erzeugt werde.
Lubarach. 0. Lubarsch (ibid.) schliesst sich dieser Ansicht an. (Vergl. S. 26.)
Zncker-
proben,
Zeehoisen,
Lafon.
Für den Nachweis des Zuckers im Harne empfiehlt H. Zee-
huisen (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, S. 181), den Harn vorher
stets auf das Fünf- bis Zehnfache zu verdünnen; dann stören die
Substanzen, welche sich mit, Kalilauge bräunen, bezw. Kupfer- und
Wismuthsalze reduciren, nicht, und der positive Ausfall der Zucker-
proben beweist ohne weiteres das Vorhandensein von Traubenzucker.
Lafon (Comptes rend. Bd. 120, Nr. 17) macht darauf aufmerksam,
dass nach Sulfonalgebrauch im Harne ein Körper ausgeschieden
wird, welcher bei längerem Kochen Kupfersulfat gelb reducirt, aber
nicht die Polarisationsebene dreht.
Pentose
im Harn,
SalkowBki,
Von Wichtigkeit fär die Diagnose der Glykosurie ist die That-
sache, dass bei manchen Menschen eine Ausscheidung von Pentose
im Harn als StofFwechselanomalie vorkommt, eine Thatsache, auf
welche Salkowski (Berliner klin. Wochenschr. S. 364) neuerdings
die Aufmerksamkeit lenkt. Es wird bei manchen Individuen eine
Substanz im Harne ausgeschieden, welche Kupfersulfat reducirt.
Wismuthsalz (Nylander's Reagens) schwach reducirt und mit
Phenylhydrazin (am besten reines, nicht salzsaures!) und Essigsäure
Constitutionskraiikheiten. 279
zierliche gelbe Nadeln gibt. Diese Substanz ist nicht gährungsfähig
and dreht die Polarisationsebene nicht. Sie ist eine Pentose und
stammt wahrscheinlich aus dem Organismus selbst und zwar aus dem
Pankreas, in welchem Hammarsten ein Nucleoprote'id gefunden hat,
welches bei der Spaltung eiae Pentose Uefert. Inwieweit es sich dabei
am krankhafte Vorgänge im engeren Sinne handelt, ist noch nicht
entschieden. Die Sache ist insbesondere für die Untersuchung von
Candidaten für Lebensversicherung von Wichtigkeit. Unterscheidend
ist der Schmelzpunkt der Krystalle, die man bei der Fi seherischen
Probe erhält : das Phenylglukosazon schmilzt zwischen 173 und 194^,
ilas Phenylpentosazon bei 159** — ferner, wie schon erwähnt, die
Gährungsprobe, die Polarisation, endUch die Toblens'sche Reaction.
Blumenthal (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 24) berichtet über Biumentiiai.
einen Fall von Diabetes imd Pentosurie. Entziehung der Kohle-
hydrate störte die Pentosurie nicht.
C. v. Noorden hat eine sehr schöne Monographie über die Diätetik deH
Diabetes,
C. V, Noorden.
Krankheit geschrieben, welche namentlich für die Diätetik Werth- ** ®*®^'
volles bringt. Zwei Punkte seien hier hervorgehoben: Um für die
Grösse der Zuckerausscheidung vergleichbare Werthe zu erlangen, wird
immer von einer und derselben bestimmten Kost — „Standardkost" —
ausgegangen. Nach der von v. Noorden gegebenen genauen Vor-
schrift besteht sie im wesentlichen aus Thee, Schinken und Eiern zu
zwei Frühstücken, Fleischbrühe, Fisch, Braten, Gemüse und Käse zum
Mittagessen, Thee, £i, kaltem Fleisch mit Salat und Sardinen Nach-
mittags und Abends. Die Speisen sind reichlich mit Butter, resp.
Oel zubereitet, ein gewisses Quantum Alkohol (Wein und Kirsch-
bramitwein) wird ausserdem genossen. Diese kohlehydratfreie Kost
wird mehrere Tage lang verabreicht, imd man überzeugt sich, ob
der Harn zuckerfrei wird. Ist das der Fall, so wird steigend Brod
zugelegt und bestimmt, bei welchem Quantum Brod wieder Zucker
auftritt. Damit ist die Toleranz des betreffenden Patienten für
Eohlehydrate bestimmt, man drückt sie durch die Formel aus:
Toleranz = Standardkost + x Gramm Brod. Die Nahrung des Dia-
betikers muss, damit er die zur Erhaltimg des Körpers und zur Arbeits-
leistung nöthige Menge Brennmaterial erhält, stets Fett enthalten,
den „Rettungsanker" des Diabetikers. Um das zu sichern, muss in
der tagUchen Kost unter allen Umständen ein „eiserner Bestand"
an Fett enthalten sein, z. B. 60 g Butter, 2 Eier, 10 g Olivenöl (zu
Salat, Gurken), 30 g fetter Käse. Hierzu kann noch Milch und
Alkohol kommen. Letzterer ist sehr wichtig, sowohl als Brenn-
280 Stemberg.
material füi* den Organismus, wie als Genassmittel bei der Zufuhr
fetter Speisen. .
Alkohol Auch F. Hirsch feld (Berl. klin. Wochenschr. S. 95) verweist auf
**^H^* w M*^' ^® wichtige Stelle, welche der Alkohol in der Ernährung schwerer
Diabetiker einnimmt. Die Verabreichung von Alkohol macht es
einerseits möglich, grössere Mengen Fett ohne Verdauungsstörung
zu gemessen, andererseits liefert er durch seine Verbrennung dem
Organismus einen ganz beträchtlichen Theil des Calorieenbedarfs. Di^
Alkoholdarreichung ist eine diätetische Maassregel, welche Patienten
mit ausserordentlich schwerer Glykosurie am Leben erhalten kann.
Man muss nur die mögliche Schädigung des Herzens, des Gefiäss-
Systems und der Nieren berücksichtigen, insbesondere bei bestehender
Albuminurie vorsichtig sein.
Die schwierige „Brodfrage" in der Ernährung des Diabetikers
Aleuronat- sucht E. T. Willi amson (The Brit. med. Journal S. 922) durch
Wima^^' Aleuronatcakes zu lösen, welche aus trockenem Cocosnusspulver,
Eiern und Aleuronat unter Zusatz von Wasser und Hefe hergestellt
werden, von sehr angenehmem Geschmack und hohem Nährwerth
sein sollen.
Uraniumsalze erzeugen bei Hunden Glykosurie. Das Nitrat
Medicamen- wurde von Homöopathen deshalb bereits bei Diabetes verwendet.
*°?uii^^de"^ S. West (The Brit. med. Journal S. 467) hat gute Erfolge in mehreren
Zucker- Fällen von der Substanz gesehen. Dosis 0,12 — 0,24 zweimal täglich,
k rankheit: nach den Hauptmahlzeiten, in wässriger Lösung, später steigend bis
nttVat ^^ ^®^ drei- bis vierfachen Menge. In grossen Dosen wirkt es
West. reizend auf den Verdauungstract.
Kalksalze, K. Grube (Münch. med. Wochenschr. S. 487) sah bei einem
Grube. Patienten ausserordentlich Günstiges von dem Genüsse gepulverter
Eierschalen, die der Betreffende als Volksmittel genommen hatte.
Die Zuckerausscheidung war zwar unverändert, aber das Allgemein-
befinden und insbesondere die Muskelkraft sehr gehoben. Da von
sehr vielen Untersuchern vermehrte Kalkausscheidung bei Diabetes
angegeben wird, erscheint diese Therapie ganz rationell. In mehreren
Fällen verordnete nun Grube eine Mischung von kohlensaurem und
phosphorsaurem Kalk (3,5 -f- 0,5 pro die) mit gutem Erfolg. (Es sei
übrigens darauf hingewiesen, dass die interne Darreichung der Aqua
calci 8 in älteren pharmakologischen Werken bei Diabetes empfohlen
Constitutionskrankheiten. 281
wird und noch Trousseau Kreide in der Tagesdosis von 10,0
verordnete. Ref.)
R. Lupine (La Semaine mMicale S. 169) stellte durch Hydration Glyko-
der Malzdiastaseein „glykolytisches Ferment" dar und verabreichte ly * * ^ c h e s
"® «^ «^ . Ferment,
dieses bei Diabetes. Er findet eine massige, aber deutuche, temporäre Lupine.
Vermindenmg der Zuckerausscheidung.
K. Grube (Münchener med. Wochenschr. S. 137) empfiehlt zur Pankreas,
Behebung diabetischer Verdauungsstörung den alkoholischen Auszug ^^ ®*
des Rinderpankreas.
Während man im allgemeinen vor Operationen an Diabeti-
kern Scheu hat, tritt P. Marie (Semaine m^dicale S. 529) dafür ein, Operationen
die nöthige Operation unter strenger Asepsis ungescheut yor-^®* ^**.^®*®*'
zunehmen. Er hat nie irgendwelche Nachtheile davon gesehen, wenn
man nur die Gefahren der Antiseptica imd des Chloroforms vermeidet.
2. Diabetes instpldus.
W. Clark (The Brit. med. Joum. S. 1086) verwandte mit gutem Behandlung
Erfolg Nebenniere, bezw. die Tabletten. Die 24stündige Harn-^®^ ^^*^**®^
. , insipidus
menge sank von 18 auf 1,3 Liter, der Allgemeinzustand besserte mit
sich erheblich. Die Dosis der frischen Nebenniere betrug die Hälfte Nebenniere,
eines Organs (Schaf) jeden zweiten Abend, von den Tabletten eben-
falls jeden zweiten Abend eine halbe Tablette; grössere Dosen ver-
ui*sachten Schwindel.
3. Fettsneht.
Die seit ältester Zeit immer wieder erörterte Frage, aus welchen
Nahrungsstoffen vorzugsweise das Körperfett gebildet wird,
haben Kumagawa und Kaneda (Mittheil, aus d. med. Facultät d. Fettbildung
kais. Japan. Universität Bd. 3, H. 1) neuerdings experimentell unter-*"® Ei weiss,
sucht. Zwei gleiche Hunde desselben Wurfs liessen sie 20 Tage bis Kaneda.
zum Schwunde des Fettes hungern, hierauf wurde der eine getödtet
und analysirt, der andere mit fettarmem Fleische so lange gefüttert,
als sein Gewicht noch zunahm, dann ebenfalls getödtet und analysirt.
Es ergab sich aus dem Versuch, dass im normalen Thiere aus Ei-
weiss kein Fett gebildet wird. Wenn man aber massenhaft Eiweiss
zufuhrt, dann werden die gleichzeitig dargereichten Kohlehydrate und
Fette fast gar nicht zersetzt, sondern als Fett aufgespeichert.
Die Klinik der Fettsucht beschäftigte sich im vorigen Jahre
so gut wie ausschliesslich mit der Entfettungscur durch Schild-
282
Stemberg.
Gefahren
der
Schild-
drüsen-
therapie,
Eulenburg.
drüsenverabreichung. Ein abschliessendes Ergebniss ist noch nicht
gewonnen worden; es liegen nur eine Anzahl von, allerdings sehr
werthvollen, Einzelbeobachtungen vor.
In practischer Hinsicht ist zunächst von der allergrössten
Wichtigkeit, dass die Behandlung mit Schilddrüse keine ungefähr-
liche Sache ist. So fand A. Eulenburg (Deutsche med. Wochen-
schrift S. 539) bei einer Dame, die auf eigene Faust einen Monat
lang täglich sechs Stück Th3rreoideatabletten genommen hatte, schwere
Störungen der Herz- und Nerventhätigkeit und hydrämische Be-
schaffenheit des Blutes. — Im vorigen Abschnitt ist die Glykosurie
nach Schilddrüsengebrauch bereits erwähnt.
Stoff- W. Scholz (Centralbl. f. klin. Med. S. 1041) untersuchte den
Wechsel bei Stoffwechsel bei einem Falle von Morbus Basedowii und bei einem
behandlung, Gesunden unter Thyreoideabehandlung. Er beobachtete keinen
Scholz, Gewichtsverlust und keine Abnahme des Körperstickstoffs. —
Bleibtreu u. L. Bleibtreu und H. Wendelstadt (Deutsche med. Wochenschr.
Wendelstadt, g 34^) führten einen sorgfältigen Stoffwechselversuch an einem ge-
sunden Manne durch, dessen Körpergewicht in 8 Tagen von 90,1
auf 87,4 kg sank; dabei verlor er 100 g Eiweiss von seinem
Körper, während er in einem Parallelversuch bei gleicher Kost ohne
Dennig, Thyreoideatabletten Stickstoff ansetzte. — Denn ig (Münchener med.
Wochenschr. S. 389) fand gleichfalls bei der Entfettung mit Thy-
reoidea einen Stickstoffverlust. Derselbe kann so hoch werden, dass
die Person 35 — 40 g Eiweiss im Tage von ihrem Körper abgibt. —
V. Noorden. C. V. Noorden (Zeitschr. f. ärztl. Landpraxis Bd. 5, H. 1) findet
die Schilddrüsentabletten durchwegs nur bei solchen Fettleibigen
wirksam, bei denen die Fettsucht nicht durch mästende Diät (Ueber-
fütterung) hervorgerufen worden war. Auf Grund von Respirations-
versuchen am Zuntz-Gep per t'schen Apparate ist v. Noorden der
Ansicht, dass die Wirkung der Schilddrüsentabletten auf einer
Steigerung der Oxydationsprocesse im Körper, unabhängig
von Muskel- und Drüsenarbeit, beruht.
4. eicht.
Die neuen Arbeiten beziehen sich auf die chemischen und
physiologischen Verhältnisse der Harnsäure, der Xanthinbasen
und auf die eigentliche Klinik und Anatomie der Gicht.
Wird eine Lösung von Harnsäure mit Phosphormolybdän-
säure und Kalilauge versetzt, so erhält man nach Th. R. Off er
Constitiitionfilrrajikhf itr-n , 2^3
Art s^ «.F
(CentralbL f. Physiologie Bd. 8, S. 801» einen sehr charakteristischffli Keaetion
dunkelblauen, metaUisch glänzenden Xiederschbig (molybdänsaores ^ **-
Molybdänoxyd). Die Beaction ist sehr empfindlich nnd lässt sich mit
auch unter dem Mikroskope ausfuhren. Sie ist nur in eiweissfineier Pfco*P*»or-
Flüssigkeit ausführbar, da die Eiweisskörper auch dieReaction geben. säare.
Offer.
Während die Harnsäure im Beagensglas durch eine Beihe von
Substanzen, insbesondere schnell und leicht aber durch Lysidin ge-
löst wird, ist das, wie M. Mendelsohn < Deutsche med. Wochen- Löslichkeit
schrifb S. 283) zeigt, nicht der Fall, sobald das Reagens nicht in ^ *5^
Wasser, sondern in Harn gelöst ist. Ja es wird die Harnsäure aus iieBdelMlm.
ihrer Lösung in Lysidin gefallt, sobald man Harn zusetzt. Dies
beruht darauf, dass die ELamsäure durch gewisse Salze des Harns,
insbesondere durch Chlomatrium ,, ausgesalzt" wird. Die alkalische
oder saure Reaction ist dabei gleichgültig. Die könstHchen Harn-
säurelösungsmittel sind dagegen wirksam, wenn sie in Blutserum
gelöst werden. Wird aber Chlomatrium oder Chlorlithium zugesetzt,
so lallt auch hier reichlich saures hamsaures Natrium aus. £s sind
also die Bedingungen, unter denen die Harnsäure in den Flüssig-
keiten des Organismus gelöst ist, ganz eigenartige.
Die LösHchkeit der Harnsäure in Lösungen verschiedener Sub-
stanzen hat ferner F. J. Smale (Centralbl. f. Physiologie Bd. 9, Smaie
S. 385) untersucht. Sie beträgt in Wasser von 40* 1 : 2400: Chlor-
natrium und Mononatriumphosphat setzen die Löslichkeit beträcht-
lich herab. Harnstoff ist, wie bekannt, ein gutes Lösungsmittel.
Sehr auffallend ist die Beobachtung, dass mit der Methode von
Ludwig- Salkowski aus Lösungen von Harnsäure in Harnstoff
viel kleinere Werthe fiir Harnsäure erhalten werden, als der Wirk-
lichkeit entspricht. Wenn sich das bestätige, so wären zahllose
Hamsänrebestimmungen und viele darauf basirte neue Arbeiten
wieder ebenso unrichtig, wie die alt.en mit der Methode der Aus-
fallnng durch Salzsäure gemachten Untersuchungen.
G. Rosenfeld (Centralbl. f. Win. Med. S. 673) erreicht auf Harnsäure
m Harne
Rosenfeld.
folgende Weise eine TJebersicht über die Masse der im Harn be- ^
findlichen Harnsäure, aus welcher Nieren- und Blasenconcremente
entstehen können. Er lässt auf ein gutes Faltenfilter luiniren. Was
daraufbleibt, ist die im Harn schon ausgeschiedene Harnsäure (Ham-
sand). Dann wird jene Harasäure bestimmt, die sich beim Stehen
fcrystallinisch im Harn ausscheidet, drittens die im Harn gelöste
nach Ludwig-Salkowski. Wird Harnstoff innerlich gegeben, so
284 Stemberg.
wird die auf dem ersten Filter bleibende Harnsäure, welche die
eigentliche Steinbildnerin ist, sehr vermindert.
Während man bis heuer und ebenso in den oben angeführten
Arbeiten nur die Harnsäure berücksichtigte, haben andere Forscher
die Untersuchung mit grossem Erfolge einer Gruppe stickstoffhaltiger
Körper zugewandt, welche bisher wenig berücksichtigt worden war,
den Xanthinbasen, auch Alloxurbasen genannt. Dazugehören:
Xanthin, Hypoxanthin, Paraxanthin, Adenin, Guanin, Camin, femer
auch Coffein und Theobromin. Sie sind experimentell als Spaltungs-
producte des Nu dein s zu erhalten. Nach der Theorie von Horba-
czewski ist auch die Harnsäure ein Abkömmling des Nucleins,
und zwar entsteht sie im Organismus durch Oxydation aus dem-
Xanthin- selben. Eine von M. Krüger und C. Wulff (Zeitschr. f. phys.
basen, Chem. Bd. 20, S. 184) angegebene Methode ermöglicht nun eine
Wulff. bequeme Bestimmung des in den Alloxurbasen plus Harnsäure (zu-
sammen Alloxur kör per genannt) enthaltenen Stickstoffs. Wird femer
noch die Harnsäure bestimmt, so kann man aus der Differenz die
Menge der Alloxurbasen berechnen.
Harnsäure W. Weintraud (Centralbl. f. klin. Med. S. 433) hat Harn-
^ ^'Jr. säure und Xanthinbasen in dem Kothe bestimmt. In einem
Xanthin-
basen inden^a.lle von Leukämie fand sich nur eine geringe Steigerung der
Fäces, Hamsäuremenge im Harne, dagegen sehr bedeutende Mengen
der Xanthinbasen in den Fäces. Auch bei Gesunden finden sich
Xanthinkörper in dem Kothe. Diese entstammen nicht der Nahrung,
denn die Verabreichung nuclei'nreicher Kost (Kalbsthymus) , aus
welcher im Organismus Xanthinkörper gebildet werden, steigert die
Menge der Xanthinkörper im Kothe nicht. Auch im Milchkothe
und im Meconium finden sich Xanthinkörper.
Wird gesunden Menschen reichlich nucleinhaltige Nahrung
(Kalbsthymus) gegeben, so steigt die Hamsäuremenge (und in ge-
ringem Maasse auch die der Alloxurbasen) im Harne sehr stark
Harnsäure an. Damit ist von W. Weintraud (Berl. klin. Wochenschr. S. 405)
^"^^^v^^**** der experimentelle Beweis für die Eichtigkeit der oben genannten
Weintraud. Theorie Horbaczewski's, die noch im vorigen Jahre lebhaft be-
stritten wurde, gegeben. Andere Arbeiten über diese Frage sind
beim „Blut'* besprochen, die folgende aber muss hier eingereiht
werden.
L
Co
In einem Falle von Paes-ii-LerikÄSLis*. t«ri. '«■•rl'.i.TZ^ iirr 71r:" >rr *Ar5**xr*
Blatkörperchen aaäsei»ri€ntli-iii rsäiz^ ^^ulljjl lüi-ri E> K:li^:JL ^^^
und K- V. Stejskal «Zätachr- £ kli=- lfr»L BL iT S- 447 £_•* »»t^i.,*.
Hamsanre ansserord^aitlioii Ttmir?ir=rt. ü-r X ut^t -- ':«to<a Li^pnprfL »ixt^b
stark vmnehrt. 3_xtx*Tf* -
Da die Xanthinboäen gtttiz sci-i. iac ttie. -rrrriji.rrec:^ rx -rnrirr-r^ str.stx.
dass aie Beziehungen za paihilj^iäcii'cE. Pr>:ir:sjeE. Li'i»rr. '«-•rri-r^
Kolisch und seine Mitar^her Wi-rii-er klir. W:«:z.-ez^«.lr- S 41o — :ä ii.
haben somrohl die Anssoheidirr. gsgringtse i'cr Szn:^.* i^r AZ..x:ir- ?*^'>^*^
Körper (Hamsänre -f- Allonirb*seni als -i-zr ':>=iirn S~ .kr 2tc c»r-
rjcksichtigt- Es ergah sich: Bei der Le:ikärz.ie Iä ü-c G^ts^knnt-
siimme vermehrt, ein Besoltat. das bei dezi Bl^ir-rrn.ie ür Al-
stammnng der fraglichen Snbstanxen a:is iea X^iil-ei:: i^er Le^ik >rr:ei:
beweist (siehe auch bei Lenkämie». DasäicrT-e ist t^i i-er uratischr::
Diathese der I*alL Hier dürften di^ vermehrten All : i^irk '. tj^t a:i5
der perinucleären basoj^iilen Grannlining der I^eiikx-vrec STA:..rr.-rr..
•iie Nensser entdeckt hat nnd aU XTielein anspricht. Verxi;eür:ii:g
der Alloxtirbasen bei Verminderung der Harnsäure tani sieh
erstens im oben erwähnten Falle von PseuioIeTikämie. zweitens bei
Nephritis. Die Autoren schliessen daraus, «iass die Xiere eine
der Hauptbildungsstätten der Harnsäure sei.
Auf Grund von Untersuchungen über die Menge der Alloxur-
körper und -Basen im Harn und mit Rücksicht auf die Thatsache, dass
bei Kaninchen und Meerschweinchen durch Einverleibung von Hypo-
xanthin degenerative Nierenveränderungen entstehen, sieht Kolisch
iWien. kün. Wochenschr. S. 787 und die am Schlüsse dieses Referats
angeführte Monographie) in den Xanthinbasen das eigentliche
6 ich t gif t. Der Mensch bringt nach der Hypothese von Kolisch
eine ererbte Anlage, eine die Norm übertreffende Menge von Nuclein
zu zersetzen, mit auf die Welt. (Schon der 9jährige Junge eines gich-
tischen Vaters schied 1 g Alloxurkörper täglich aus.) Die durch diesen
gesteigerten Nucleinzerfall im Organismus frei werdenden Z\\nschen-
producte werden dadurch „entgiftet", dass gewisse Organe (in erster
Reihe die Niere) daraus Harnsäure bilden. In diesem Zeitpunkte ist
dieHamsäuremenge bei der Gicht vermehrt. Theils durch die Anomalie
selbst, theils durch äussere Einflüsse (Nahrung, Alkohol, Blei u. s. w.)
werden die Entgiftungsorgane geschädigt, es steigt die Menge der
Alloxurbasen, und es sinkt die Menge der Harnsäure auf die Norm.
Bie vermehrte Basenbildung schädigt die Nieren noch mehr, und infolge-
dessen nimmt die Menge der Harnsäure rapid ab, so dass sie weit unter
Xanikic-
basen und
Gicht,
Kolisch.
286 SteiTiberg.
X an t b i n- die Norm vermindert ist. Die Folgen der Selbstvergiftung des Organis-
^*a*"h*°^ mus sind die Gewebsnekrosen und Gelenksveränderungen. Der Gicht-
Kolisch', anfall ist ein Aufflackern des chronischen Processes unter acut ent-
zündlichen Erscheinungen. Für die Therapie kommt bei gesunkener
Hamsäurebildung die Anwendung von Alkalien in Betracht. Sonst
ist die Diät das Wichtigste, und zwar: Verbot des Alkohols, Ver-
meidung von Eiweiss im Uebermaasse, Fleisch hauptsächlich im
gekochten Zustande, keine Suppen und Fleischextracte, absolut
die nucleinhaltigen Gewebe zu vermeiden. Von pflanzlichen Nahrungs-
mitteln sind diejenigen zu vermeiden, welche, wie Spargeln, Xanthin-
basen enthalten. Körperbewegung ist nur in geringem Grade zweck-
mässig, weil starke Anstrengung die Ausscheidung der Xanthin-
basen steigert.
Harnsäure G. Klemperer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40) hat Harn-
*™ ^*^*^ '^"^ Säurebestimmungen im Blute und im Harne von Gicht-
Harn, ^ ... . .
Klemperer. kranken angestellt. Es finden sich bei diesen und bei Nieren-
kranken abnorme Mengen von Harnsäure im Blute. Retention aber
findet bei der Gi.cht nicht statt, solange die Nieren nicht geschädigt
sind. Das Blut vermag viel mehr Harnsäure zu lösen, als darin
enthalten ist. Di^ Alkalescenz des Blutes ist bei Gicht im Anfalle
etwas herabgesetzt, aber keineswegs so, dass es ein Auskrystallisiren
der Harnsäure erklären würde. Es reissen demnach die nekrosirten
Gewebspartieen durch eine chemische Verwandtschaft die Harnsäure
an sich.
Harnsäure- J. B. Berkart (The Brit. Med. Journ. S. 243) zeigte an Schnitten
concre- ^^^ gichtisch erkrankten Gelenken, dass die mikroskopischen Ver-
gichtischen änderungen im wesentlichen dieselben wie bei chronischen Gelenk-
Oelenken, erkrankungen überhaupt sind und die Nekrosen Ebstein's nur das
Endstadium eines langsam sich entwickelnden Processes. Sie in-
crustiren sich mit Harnsäure, weil das Blut daran reicher ist.
Behandlang G. Klemperer und A. v. Zeisig (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27,
^^L^^r^** ^' ^^®^ haben vom Lysidin absolut keinen Erfolg gesehen, weder
Q. Klemperer ii^ Bezug auf Schmerz und Gelenkschwellung, noch in Bezug auf
u. V. Zeisig, die Tophi.
Wenn man gerade mit Lithiumsalzen einen Versuch zu
Lithium, machen wünscht, so ist es nach M. Mendelsohn (67. Versamml.
en eisobn. de^^cher Naturf. u. Aerzte) rationeller, statt des schwer löslichen
kohlensauren Salzes lieber Lithium aceticum oder citricum zu
verwenden.
Constitutionskrankheiten.
287
B. Pathologie des Blutes.
1. Allgemeines.
Die Dichte des Blutes in den Tropen, über welche viel discutirt
worden ist, stimmt nach Grijns (Virchow's Arch. Bd. 139, S. 97) ganz mit
<W in Europa überein; etwa 1,060 für das Gesammtblut und 1,080 für das
Plasma als Mittelzahlen.
Nach Ziegelroth (Virchow's Arch. Bd. 141, S. 895) stimmt die Dichte
•l»»f» Skus dem Ohrläppchen entnommenen Blutes mit der des Aderlas s-
(»lates ziemlich überein, während sie in anderen Körpertheilen verschieden
hoch ist. Nach einem Aderlass sinkt die Dichte, steigt dann wieder an,
wird meist etwas höher, als sie ursprünglich war, und ist nach 24 Stunden
£ur Norm zurückgekehrt.
Bisher hat man die Salze des Blutes aus dessen Asche bestimmt.
Dieses Verfahren führt aber nach A. Gürber (Sitzungsber. d. Physik.-med.
iTesellsch. Würzburg Bd. 28, S. 7) zu Trrthümem. Durch Dialyse erhält
man dagegen die Salze in natürlichem Zustande aus dem Blute. Mit
dieser Methode hat Gürber die Salze untersucht und findet primäre Car-
bonate, Sulfate und Phosphate.
Die Sauerstoffmenge, welche hämoglobinarraes Aderlassblut von
Kranken beim andauernden Schütteln mit Luft oder bei Sättigung mit reinem
Sauerstoff aufnimmt, ist nach E. Biernacki (Centralbl. f. klin. Med. Nr. 14)
nahezu oder völlig gleich derjenigen, welche normales Blut aufnimmt.
Wird das Blut hierzu mit Natriumfluorat ungerinnbar gemacht, so nimmt
♦^ meist mehr Sauerstoff auf als defibrinirtes.
Um das Volum eines rothen Blutkörperchens zu bestimmen , sind in
den letzten Jahren verschiedene neue Methoden, insbesondere die Methode
Ton Bleibtreu (Verdünnung, Stickstoff bestimmung) und die Centrifugir-
methode , ursprünglich von H e d i n , angegeben worden. Ueber beide
Methoden ist viel gearbeitet worden. Die Bleibtreu'sche Methode ergab
iC. Eykman. Pflüger's Arch. Bd. 60, S. 340) bei der bisherigen An-
wendung unrichtige Resultate, weil für das Blut des Menschen nicht eine
0.6*/tige Kochsalzlösung, sondern eine 0,9% ige isotonisch ist. (Die 0,6 7o ige
gilt nur für das Froschblut). M. Bleibtreu (Pflüger's Arch, Bd. 60, S. 405)
hat diese Modification acceptirt. Hedin (Pflüger's Arch. Bd. 60, S. 860)
hat seinen Hämatokriten verbessert und empfiehlt dabei 0,97oige Koch-
^dösung anzuwenden. Auch Eykman empfiehlt die Centrifugiimethode
hei Anwendung von isotonischer Salzlösung. Nach M. Bleibtreu (loc. cit.)
i4 diese dagegen bei pathologischem Blute nicht verwendbar, weil sich die
hei verschiedenen Blutarten mittels der Centrifuge gewonnenen Werthe
nicht unter einander vergleichen lassen. H. Koeppe (Arch. v. Du Bois-
Reymond, Physiol. Abth. S, 154) hat den Hämatokriten gleichfalls modi-
Blatdichte
in den
Tropen,
Or^ns.
Blutdichte
and
Aderlass,
Ziegelroth.
Salze des
Blutes,
Gürber.
Blntgase,
Biernacki.
Volum der
rothen Blut-
körperchen,
Eykman,
Bleibti-eu,
Hedin,
Koeppe,
288
Stemberg.
Volnm-der
rothen Blnt-
körperchen,
Hamburger.'
Blutkörper-
Yolnm im
Fieber,
Th. Pfeiffer.
Alkalesoenz
des Blutes,
V. Limbeck u.
Steindler.
Respiration
der rothen
Blut-
körperchen,
V. Limbeck.
Hämoglobin-
bestimmung,
E. Grawitz.
Blut bei
ungenügen-
der Er-
nährung,
E. Grawitz.
ficirt und tritt für dessen Anwendung ein. Bei einem und demselben Bli
und derselben Lösung erhält man damit constant« Resultate.
H. J. Hamburger (Virchow's Arch. Bd. 141, S. 230) findet, dass i
jeder Salzlösung (auch von 0,97«) die rothen Blutkörperchen die DelU
verlieren und zu Kugeln aufquellen, dass es also keine wirklich indifferen
Verdünnungsflüssigkeit für das Blut gibt.
Th. Pfeiffer (Centralbl. f. kUn. Med. S. 89) hat mittels der Blei
treu^schen Methode das Blutkörperchenvolum in der Norm und im Fieb
bestimmt und (im Gegensatz zu den Angaben von Max Herz) keine V(
grösserung gefunden.
R. V. Limbeck und L. Steindler (Centralbl. f. Min. Med. S. 6^
fanden dagegen beim Fieber mit Hülfe derselben Methode, aber r
0,97oiger Kochsalzlösung, eine Vergrösserung der rothen Blutkörperch*
Sie bestimmten zugleich die Alkalescenz des Blutes mit Hülfe der \
Limbeck angegebenen Coagulationsmethode und fanden, dass sie, e
gegen der bisherigen Annahme, nicht vermindert ist.
Nach R. V. Limbeck (Arch. f. exp. Path. u. Pharm. S. 809) nehn
die rothen Blutkörperchen bei Einleitung von COq ins Blut Wasser, Salz i
Trockensubstanz aus dem Plasma auf und geben sie bei Einleitung von L
wieder ab. Die Resultate stimmen mit denen, welche Hamburger
Untersuchung des venösen und arteriellen Blutes gefunden hat, Überein i
weisen darauf hin, dass die Blutkörperchen auch im lebenden Organis]
ein solches Anschwellen und Abschwellen durchmachen, sich somit in Be
auf die Abgabe von CO2 in der Lunge wie wahre Brüsenzellen verbal
£. Grawitz (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 54, S. 588) weist
den wichtigen Umstand hin, dass die colorimetrische Methode zur
Stimmung des Hämoglobins im Blute (v. Fleischl, Gowers etc.) bei sf
venösem Blute nicht brauchbar ist, weil sie wegen der dunkleren Fi -
des Blutes zu hohe Werthe gibt.
Bei ungenügender Ernährung wird das Blutplasma nach £. C
witz (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49) ärmer an Eiweiss, was höchst w
scheinlich zum Theil auf Wasseraufnahme, zum Theil auf Verlust an Eil» \
aus dem Plasma beruht.
Leuko-
cytolyse,
Botkin.
Leuko<
C}'tose,
Wintemitz,
Im überlebenden Blute zerfallen nach den Beobachtungen
E. Botkin (Virchow's Arch. Bd. 141, S. 238) die Leukocyten und we
im Plasma aufgelöst. Diesen Vorgang nennt er „Leukocytolyse*
meint, dass er auch im lebenden Organismus geschieht.
Eine grössere Anzahl von Arbeiten beschäftigte sich mit der i
physiologischen und pathologischen Bedingungen entstehenden, sowii
perimentell hervorzurufenden Vermehrung der Leukocyten im
culirenden Blute. R. Winternitz (Arch. f. exp. Path. Bd. 35, S
findet, dass gewisse örtlich reizende Stoffe, wie Silbernitrat, Tel)
Senföl, Gordol» Crotonöl eine sehr bedeutende Leukocytose erzeuget,
dass der IdfeHlUBdinnhen ihnen und den eitererzeugenden Back
-t
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\.
4
#
Constitutionskrankheiten. 289
proteinen nur quantitativ ist. Die Unterbindung des Ductus thoracicus
tAreh. f. exp. Path. Bd. 36, S. 212) verhindert diese Leukocytose nicht.
J. Ewing^ (New York med, Joum., March 2) weist nach , dass es sich bei Ewing,
der experimentellen Leukocytose nicht um andere Vertheilung der weissen
Blatkörperchen , sondern um wirkliche Vermehrung handelt.
J. Schneyer (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, S. 475) weist nach, dass die Schneyer,
physiologische y er dauungsleukocy tose bei Magenkrebs meist fehlt, wäh-
rend sie bei Ulcus rotundum vorhanden ist. Nach H. Härtung (Wien. klin. Härtung.
Wochenschr. S. 697) empfiehlt sich zur Anstellung eines solchen Versuches
die Verabreichung von Nucle'in (1 g in Pastillen).
Die HorbaczewskTsche Theorie von der Entstehung der Harnsäure
aus dem Nuclem der Leukocyten prüfte P. F. Richter (Zeitschr. f. klin. Harnsäure
Med. Bd. 27, S. 290) durch Beobachtungen Über Harnsäureausscheidung bei ^"*
Leukocytose, konnte aber keinen sicheren Zusammenhang finden. W. Küh- ^^ ^
aau (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28, S. 534) findet dagegen einen Parallelis- Richter,
mud, insbesondere bei Leukocytose nach Bacterienextracten. Kühnau.
A. Loewy und P. F. Richter (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33) Leukocytose
iiestimmten nach der Methode von Loewy die Alkalescenz des Blutes und Blut-
f>ei experimenteller Leukocytose am Kaninchen und fanden sie- da- *^* *
, . *^ , ^ Loewy u.
wi vermehrt. Hi^l^tej.
P. Jacob (Ziegler's Beiträge) hat die Ablagerungen eisenhaltigen Siderosis,
Pigmentes in den verschiedenen Organen pathologisch-anatomisch und ex-^®"^ocyto8e
perimentell untersucht. Das Eisen ist nicht nur als circulirendes Eisen und ^° , " *
bildung,
Organeisen vorhanden, sondern auch als Reservevorrath, und zwar in jacob.
Leber, Milz und Knochenmark. Die Aufsammlung des Eisens aus den nor-
malerweise zerfallenden rothen Blutkörperchen und bei krankhaften Blu-
tungen besolden die Leukocyten, ebenso den Transport in die Ablagerungs-
^tätten« Die Aufgabe der Leukocytose bei Infectionskrankheiten besteht
zum Theil in diesem Transporte. In der Leber wird ein Theil des Eisens
<larch die GaUe ausgeschieden , ein Theil in den Organismus zurück-
j^eschickt.
Wird einem Hunde die Milz ausgeschnitten, so stellt sich nach 2 bis
•5 Monaten, wie J. Laudenbach (Centralbl. f. Physiol. Nr. 9, S, 1) findet, Blut bildung
eine bedeutende Verminderung des Hämoglobins ein. Werden dann Ader- ^^ Milz und
lasse vorgenommen, so ist die Zeit bis zur Regeneration des Blutes sehr "°° ^^'
verlängert. Die Regeneration und die allmähliche Compensation der durch Laudenbach,
die Milzexstirpation hervorgerufenen Störung geht im Knochenmarke vor
sich. Werden Hunden oder Kaninchen 10 — 20 ccm eines Infuses von Milz
oder Knochenmark in die Bauchhöhle injicirt, so beobachtet man nach
B, Danilewsky (Pflüger's Arch. Bd. 61, S. 264) eine Vennehrung des Ge- Danilewsky.
JaMneb der pnctischen Medidn. 1896. 19
290 Stemberg.
haltes an rothen Blutkörperchen und an Hämoglobin. Diese beruht wahr-
scheinlich auf einer blutbildenden Eigenschaft des Lecithins.
Eosinophile N. Sacharoff (Arch. f. mikr. Anatomie Bd. 45, S. 870) findet in dea
Zellen, Erythroblasten (kernhaltigen rothen Blutkörperchen) sowohl im Knochen-
Sacharoff. mark als im Blute eosinophile Kemkörperchen. Die eosinophilen
Granula der weissen Blutkörperchen sollen aus diesen stammen, indem
die Kerne aus den Erythroblasten bei ihrer Umwandlung zu kernlosen
rothen Blutkörperchen herausfallen und mm von den weissen Blutkörperchen
gefressen werden.
Hegalo- Nach S. Askanazy (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, S. 492) werden da-
blasten, gegen die Kerne der Erythroblasten nicht ausgestossen , sondern zerfallen
Askanazy. innerhalb der Zellen und werden von ihnen resorbirt. Die abnorm grossen
kernhaltigen rothen Blutkörperchen (Megaloblasten) haben keine
ungünstige prognostische Bedeutung, wie Ehrlich annahm, da man sie auch
bei Heilung von Anämie findet. Ihr Vorkommen bedeutet eine schwere
Anämie mit starker Regeneration.
2, Animie und Chlorose.
Anämie bei E. Reinert (Münchener med. Wochenschr. S. 305) hat die seit
Neurosen, jeher übliche Annahme, dass die Anämie eine wichtige Grundlage
für die Entstehung von Neurosen bilde, durch Bestimmung des
Hämoglobingehaltes nachgeprüft. Bei 70°/o der untersuchten Fälle
wurde der Hämoglobingehalt unter 80**/o der Norm (Fleisch!) ge-
funden. Damit ist aber noch nicht bewiesen, dass der Zusammen-
hang zwischen Anämie und Neurose der Eingangs genannte ist, es
kann auch die Neui*ose die Entstehung der Anämie verursachen.
Jedenfalls ist die Eisentherapie bei den Neurosen mit herabgesetztem
Hämoglobingehalte angezeigt.
Chlorose, C. V. Noorden (Berliner klin. Wochenschr. S. 181) bespricht
V. Noorden, einige Fragen aus der Pathologie der Chlorose. Ob bei Chlorose
eine verminderte Production oder ein vermehrter Verbrauch von
Hämoglobin stattfindet, das entscheidet die Ausscheidung der Ab-
kömmlinge des Blutfarbstoffes — Urobilin und Hämatoporphyrin — im
Harn und Koth. Da die Substanzen constant vermindert sind, kann es
sich nur um verminderte Hämoglobinbildung handeln. Nach der Theorie
V. Noorden's Hegt eine mangelhafte Function der hämatopoetischen
Organe zu Grunde. Diese kann angeregt werden durch massen-
hafte Einfuhr eisenhaltiger Proteide (Blut, Hämol, Hämogallol etc.),
dm'ch Metallsalze wie Eisen oder Arsen, durch acute Blutverlustes
Constitutionskrankheiten. 291
(Aderlass), durch Höhenklima. Das Eisen speciell wirkt nicht durch
seine chemischen Beziehungen zum Hämoglobin, sondern durch Wir-
kung auf die Organe der Blutbildung. Die Nahrungsresorption und
die £iweisszersetzung ist bei Chlorose normal. Die diätetische Be-
handlung soll bei mageren Chlorotischen den Fettansatz begünstigen.
Bei fetten ist dies nicht nöthig. Sehr zweckmässig ist es, chlorotischen
Mädchen schon des Morgens eine ausgiebige Eiweissnahrung, ins-
besondere Fleisch nach englischer Sitte, zu verabreichen. Sie sind
dann viel frischer und leistungsfähiger.
R. Stockman (The Brit. med. Joum. S. 1473) hält die Chlorose stockman.
fiir keine selbständige Erkrankung, sondern für eine chronische
Anämie, welche durch die Combination von übermässigen Blut-
verlusten (insbesondere Menstruation) und ungenügender Eisenzufuhr
entsteht.
M e i n er t hatte im vorigen Jahi*e behauptet, dass bei Chlorotischen
constant ein Tieferstehen des Magens nachweisbar sei. Meltzing Gastroptoae
(Wiener med. Presse S. 1161) wies auf Grund von Durchleuchtungs-^®^ Chlorose,
versuchen des Magens nach, dass dies nicht der Fall sei. Mein er t ^i^^*
(Centralbl. f. klin. Med. S. 1065) suchte den Beweis zu führen, dass
die Ergebnisse der Magendurchleuchtung unrichtig seien, wurde aber
von Martins (Centralbl. f. klin. Med. S. 1185) widerlegt. Martius.
3. rerniciöfte Anämie.
R. Stockman (The Brit. med. Joum. S. 965) sucht zu be- Pathogenese
weisen, dass die perniciöse Anämie keine Krankheit sui generis, ^®'
sondern immer secundärer Natur sei. Aus verschiedenen schwächenden P®'°**^*°^®"
Anämie,
Ursachen entstehe zuerst eine „einfache Anämie" oder „chlorotische stockman.
Anämie". Es komme zur Degeneration der Capillaren, dadurch zu
multipeln Hämorrhagieen und, indem die Blutproduction mit dem Blut-
verluste nicht Schritt halte, entwickle sich das Bild der chronischen
Anämie.
Nach A. Stühlen (Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 54, S. 248) Eisengehalt
i«t dagegen ein wesentlicher Unterschied zwischen perniciöser und <Jer Organe,
secundärer Anämie vorhanden. Bei der ersteren finden sich sehr
reichliche Eisenablagerungen in Leber und Milz, bei Anämieen diu'ch
wiederholte Blut- oder Säfteverluste nur geringe.
Nach den Untersuchungen von Ch. W. Burr (Univ. medic.
Magazine, April) sind Degenerationen in der weissen Substanz des
292 Stemberg.
Rücken- Rückenmarkes bei perniciöser Anämie überaus häufig. Sie sind
mar kB- i^^eist nahezu oder vollständig symmetrisch, die graue Substanz bleibt
bei verschont. Der Ursprung liegt wahrscheinlich in einer Erkrankung
perniciöser ^gj. Nervenfasern selbst, nicht der Gefasse. M. Nonne (Deutsche
Bu™*^' Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 6, S. 313) findet den Ursprung in den
Nonne. Gefassen; diese verursachen vereinzelt aufschiessende Heerde, von
denen die Degenerationen ausgehen.
Behandlung A. G. Barrs (The Brit. med. Joum. S, 368) hat bei der Ver-
. f.. abreichung von Arsenik Lähmungen beobachtet, ohne dass sich das
pernicioseu ^ o i
Anämie mit Gesammtbefinden gebessert hätte, dagegen von der Behandlung mit
Knochen- Knochenmark (nach Fräser) guten Erfolg gesehen. Man muss
Ba^si S^^^ ro*^®s Mark nehmen, aus welchem mit Portwein (20,0), Glycerin
(30,0) und Gelatine (ca. 30,0) eine „Paste^* zum Aufstreichen auf
Dmmmond, Brod bereitet wird. W. B. Drummond (The Brit. med. Joum.
8. 1085) sah in einem Falle eine bedeutende Steigerung des Gehaltes
stockman. an rothen Blutkörperchen. Stockman (The Brit. med. Joum.
S. 1084) sah vom Knochenmark keinen Erfolg, bezweifelt dessen
Wirkung wegen des geringen Eisengehaltes und meint, dass die
BeschafPung von rothem Mark in genügender Menge sehr schwierig
sei, weil ein Kalb nicht mehr als ca. 100 g enthalte.
Transfusion, C. A. Ewald (Berl. klin. Wochenschr. S. 977) machte in einem Falle
Ewald, ypjj perniciöser Anämie, in welchem ein sehr schwerer Collapszustand
eingetreten war, die Transfusion mit ausgezeichnetem Erfolge.
4. Lenkimie und Pseadolenkimie.
Die Vermehrung der Harnsäure bei der Leukämie ist seit langem
Harnsäure bekannt. St. Bondzynski und B. Gottlieb (Arch. f. experim.
tto* Pathol. Bd. 36, S. 127) fanden im Harne eines Leukämikers die
basen bei Xanthinbasen (s. bei Gicht) emorm vermehrt, die Harnsäure
Leukämie, nur wenig vermehrt. Wurde eine Xanthinbase (Theobromin. sali-
^*^o ttU*b " cylicum) verabreicht, so verhielt sich die Menge der im Harne aus-
geschiedenen zu der im Organismus zerstörten Substanz so wie beim
Gesunden. Die Xanthinkörper, die aus den Leukocyten entstehen,
verhalten sich also anders, als die vom Darm aus resorbirten.
Mitosen in W. Hindenburg (Arch. f. klin. Med. Bd. 64, S. 200) findet
denOrganen, j^«|.^g^j^ ausserhalb der normalen Keimcentren häufig in den
lymphoiden Organen, femer in der Leber (innerhalb der Blutcapil-
293
laren) und den lymphatiftrhcn. Neobüdnngeii. Es wird der physio*
logische Vorgang der selbetändigen mhotidcheD Vemiehning einiger
Leukocytenarten bei der Leokimie pathologisch gesteigert.
Bei Leukämie ist öfters Priapismus beobachtet worden.
A. Käst <Zeit8chr. £ klin. Med. Bd. 28, S. 79) hat die erste Section Priapismn^
tdnes solchen Falles gemacht. Als Ursache wurde Thrombenbildnng ^ .V .
in den Corpora cavemosa penis mit nachfolgender Bindegewebs- K«st.
indaration gefonden.
A. Käst (Zeitschr. f. klin. Medio. Bd. 28, S. 79) beobachtete Xerven-
multiple Hirnnervenlähmnng bei Leukämie, welche auf •^***" V
^ '^ ' Leukämie,
degenerativen Processen in der Medulla oblongata beruhte, analog sast,
den bei der pemiciösen Anämie gefundenen. Sie betrafen ins-
besondere die feinen Yerbindungsfasem. W. Müller (Dissertation) W- Muller.
fand ausgedehnten FaserausfaU in den Hinterstrangen und Degene-
ration der Crurahierven, in einem anderen Falle vielfache Blutungen
in die Scheiden mehrerer Himnerven und Lifiltration der Nerven
mit lymphoiden Elementen.
K. N. Georgiewski (Petersb. med. Wochenschr. S, 222) fand Blutbefund
in einem Falle von Leukämie eine bisher nicht beschriebene Art . v-L-
von Leukocyten, nämlich vielkernige Zellen mit nicht färb- Oeorgiewski.
barem Protoplasma.
In einem Falle von acuter Leukämie sah A. Seelig (Deutsches Acute
Arch. f. klin. Med. Bd. 54, S. 537) zuerst massenhaft Markzellen im ^®^^^'*'
Blute, die dann schwanden, so dass im Leichenblute nur kleine ein-
kernige Lymphocyten vorhanden waren.
A. Fraenkel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 39) berichtet a. Fraenkei.
zusammenfassend über 10 Fälle von acuter Leukämie. Der das
Leiden charakterisirende Blutbefnnd ist die Lymphämie (Lympho-
cythämie). Die polynucleären Leukocyten sind nicht nur relativ,
«ondem auch absolut vermindert. Der Unterschied zwischen acuter
und chronischer Leukämie besteht darin, dass bei ersterer die neu
gebildeten einkernigen Elemente mit ausserordentlicher Schnelligkeit
aus den Bildungsstätten in die Blutbahn übertreten. Bei der chro-
nischen Leukämie ist dieser Uebertritt verlangsamt, daher die Zellen
hier eine bedeutendere Grösse erlangen. Von Literesse ist der
zweimal beobachtete Bückgang der leukämischen Erscheinungen
unter dem Einfluss einer hinzugetretenen bacteriellen Lifection:
Rückbildungsvorgäuge an Milz und Drüsen und colossale Abnahme
der Leukocyten im Blute. Beides beruht höchst wahrscheinlich auf
einem Leukocytenzerfall. Mit diesem war nun, was von grosser
294 Stemberg.
Bedeutung ist, eine bedeutende Vennehrung der ausgeschiedenen
Harnsäure verbunden.
Acute S. Askanazy (Deutsche med. Wochenschr. S. 872) ist mit der
euKamie, Bezeichnung Lymphämie für die acute Leukämie nicht einver-
standen, da die bei der acuten Leukämie gefundenen grossen ein-
kernigen Blutkörperchen von den Lymphoc3rten verschieden seien
und bei ,,grosszelliger Leukämie^ Mitosen gefunden werden, bei
A. Fraenkel. Lymphämie aber keine. A. Fraenkel (ibid.) wendet dagegen ein,
dass eine eigentliche chronische Lymphämie noch nie beobachtet
worden ist.
Behandlung . _ .^, , , ___ , i -vt rvrv\ <■
der Leu k- ^' Lutz (Münch. med. Wochenschr. Nr. 29) hat bei einem
ämie mit Falle von Leukämie mit grosser Milz auffallende Besserung nach
^ X.ttte'^^^^'^^ßrabreichung von Schilddrüsenextract gesehen.
5. Hämorrhagische Diathese.
Hämophilie, G. Gayet (Gaz. h^bdom. Nr. 22) macht auf das Vorkommen
*^® " von Hämatomen und Gelenkerkrankungen bei Hämo-
philen aufmerksam. Die Oelenkanschwellungen enthalten ein
seröses, blutig tingirtes Exsudat imd sind manchmal schwer von
tuberculöser oder rheumatischer Gelenkerkrankung zu unterscheiden.
Scorbut, Albertoni (II Policlinico, 15. April) findet bei Scorbut häufig
^ ^^^' Fehlen der freien Salzsäure im Magensaft und Verminderung de»
Hämoglobins im Blute. Eine wesentliche Verminderung der Kali-
salze im Blute ist nicht vorhanden.
Darlow,
Bariow'sche Th. Barlow (Centralbl. f. klin. Medic. S. 505) hat eine zu-
'niJl-iow sammenfassende Darstellung der nach ihm benannten Krankheit ge-
geben. Klinisch fallen Blässe, Schwellung und Unbeweglichkeit der
Extremitäten gewöhnlich zuerst auf. Nicht selten ist einseitiger
acuter Exophthalmus. Die Obduction zeigt Blutungen in den ver-
schiedenen Organen, hauptsächlich Muskeln, Periost; häufig Frac-
turen an den Grenzen zwischen Epiphyse und Diaphyse, sehr starke
Resorption an den Knochen. Mit Rachitis hat die Krankheit nur
insoweit etwas zu thun, als öfters Kinder von ihr befallen werden,
die schon vorher an Rachitis gelitten haben. Von „acuter Rachitis"'
ist keine Rede. Die Befunde sind dieselben wie beim Scorbut, und
Barlow erklärt sie für infantilen Scorbut. Die Ursache liegt
in der künstlichen Emähnmg der Kinder, insbesondere mit conden-
sirter Milch und den Nährmehlen. Die zunehmende Häufigkeit der
Constitutionskrankheiten.
295
Krankheit in England und Amerika beruht auf der immer grösseren
Verbreitung dieser Präparate. Sie ist in den wohlhabenden Classen
häufiger als bei der ärmeren Bevölkerung, — aus demselben Grunde.
Aach das allzulang fortgesetzte Kochen der Kuhmilch ist schädlich.
Therapie: „antiscorbutische Diät", d. h. frische, ungekochte, unver-
dünnte Kuhmilch, Kartoffelpüree mit frischer Müch bereitet, Fleisch-
saft, Orangen- oder Traubensaft. A. D. Blachader (Montreal ßJachader,
med. Joum., March) theilt zwei Fälle mit, von denen der eine wegen
der Grelenkschwellungen zuerst für Gelenkrheiunatismus, der andere
wegen einer Suffusion unter dem Knie für Trauma gehalten wurde.
E. Reinert (Münch. med. Wochenschr. S. 370) beschreibt einen Reinert.
Fall, in welchem ausser den gewöhnhchen Befanden eine bedeutende
Vergrösserung der Milz, leukocytöse Infiltration der Leber und
Nieren und Schwellung der Lymphdrüsen gefunden wurde. Der
Verf. wirft daher die Frage auf, ob nicht ein Zusammenhang mit der
Pseudoleukämie bestehe.
OsteO'
malacie,
Peron u.
Meslay,
Drake-
Brockman.
C. Allgemeine Constitutionskrankheiten.
1. Rachitis
8. Abschnitt „Einderkrankheiten''.
2. Osteomalacie.
A. Peron und Meslay (Revue mens, des malad, de l'enfance. Jugendliche
April) beobachteten einen sehr schweren Fall von Osteomalacie
im Alter von 15 Jahren, welcher in 3 Jahren tödtüch verlief. Am
frühesten und stärksten waren die Tibien ergriffen. H. E. Drake-
Brockman (The Brit. med. Journ. S. 1190) sah einen sehr schweren
Fall bei einer Hindufrau von 18 Jahren, welcher nach der ersten
Entbindung im 14. Jahre begonnen hatte.
Kahler hatte vor mehreren Jahren auf Grund eines Falles die
Ansicht vertreten, dass Ausscheidung von Albumose im Harne
nur bei multiplem Myelom, nicht aber bei Osteomalacie vorkomme,
und darin ein differentialdiagnostisches Merkmal gesehen. Dies kann
nach der Beobachtung von Raschkes (Prager med. Wochenschr. Alb um oaurie
1894, S. 649) nicht mehr aufrecht erhalten werden, da dieser bei
einem Falle von seniler Osteomalacie Albumose im Harne nachwies.
Eine sehr dankenswerthe Mittheilung von E. Masing (Petersb.
med. Wochenschr. S. 21) zeigt wieder aufs neue, dass die Osteomalacie
leider häufig nicht diagnosticirt wird und darauf wohl das Märchen
von den osteomalaciefreien Gegenden beruht. Masing beschreibt
bei Osteo-
malacie,
Rasebke».
296 Stemberg.
Yerkennung einen Fall, den er sowie mehrere andere renommirte Aerzte jahre-
^®^ lang behandelten und für Hysterie, arthritische Diathese mit Ab-
malacie lagerungen an den Meningen und Nervenscheiden, Arthritis urica
Masing. der Golumna vertebraUs, Akinesia algera gehalten hatten. Erst die
Section zeigte, dass eine hochgradige Osteomalacie vorlag.
Therapieder Pur die Therapie der Osteomalacie kommen heutzutage nur
^!*®^" zwei wirklich verlässliche Methoden in Betracht: die Castration
m ala ci 6 *
Castration, hezw. Porro- Operation und die Phosphorbehandlung. lieber
beide ist die Beobachtung noch nicht abgeschlossen, wie die folgen-
den Berichte zeigen.
Beaucamp, Beaucamp (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 6) führte in einem Falle
bei einer Gebärenden die Porro-Operation aus, es trat Heilung ein.
Nach 1 Jahre erfolgte aber ein enorm schweres Recidiv.
In der Frauenklinik zu Göttingen wurden vom Jahre 1890 bis
1894 sechs Fälle von Osteomalacie operirt, fünf mit Castration,
einer mit Porro. Ein Fall verlief letal, die übrigen wurden zum
Theil geheilt, zum Theil bedeutend gebessert. Ein Fall blieb un-
geheilt. Zwar schwanden die Schmerzen, doch wurde die Gehfahig-
keit nicht wieder hergestellt. Der Berichterstatter, von dem
Y. d. Busche- Busche-Haddenhausen (Arch. f. Gynäkol. Bd. 49, H. 1), empfiehlt
Haddenhausen, daher den von Seeligmann (s. Jahrb. 1894) angegebenen Vor-
schlag, bald nach der Operation Zugverbände anzulegen, um eine
Correctur der Verkrümmung zu erzielen.
Pol gar, Pol gar- Budapest veröffentlicht sieben Fälle von Osteomalacie aus
der Közmarszky'schen Klinik. In allen Fällen wurde die Castration aus-
geführt. Ein Fall starb an Sepsis. In einem Falle wurde die Porro'sche
Operation am Ende der Schwangerschaft mit Glück ausgeführt. Bis auf
einen Fall trat in den anderen endgültige Heilung ein.
Weil. Weil-Teplitz beschreibt zwei Fälle von Osteomalacie und Ca-
stration. Der erste Fall war durch eine neue Schwangerschaft ver-
schlimmert worden, der zweite Fall ist dadurch interessant, dass die Krank-
heit in die Zeit der Menopause fiel. Der Erfolg war ein günstiger, doch
kein vollkommen guter. (Prag. med. Wochenschr. Nr. 5 u. 6.)
Phosphor- Dagegen heilte H. Fischer (Prager med. Wochenschr. S. 201)
behandiungj^inen Fall mit Phosphor. Die Patientin wurde neuerlich gravid
' und kam zur Sectio caesarea. Weder in der Schwanger-
schaft noch im Wochenbette trat ein Recidiv ein. (Das
ist nach dem seiner Zeit vom Bef. mitgetheüten Falle der zweite Fall,
in welchem die Phosphortherapie die Probe einer neuerlichen
Schwangerschaft ohne Recidiv bestanden hat.)
Latzko, W. Latzko (Wiener med. Presse Nr. 27) berichtet zusammen-
fassend über 36 mehrere Jahre beobachtete und behandelte Fälle
C fnhaminmwgriiiiinH*Ti^^. i^<7
von Osteomkljicie. Er -«"endei äcL ^iss^^ oit AinjircL . dit- iiL«ci
immer die PLo^pLoniitriiitr mir imäsreL jtfdi.-ATTtffmiij^gL Be-
handlongsnieiitoden in «aneii Tnjc ^vrerien unz. ^v*^ -nu-r, öfti^ die
Phospthorbehiaikdhin^ «O.CtG : 1*X' 'Jl ifri-^irr. astJL- Tkciia: I £ii£ec*>
löffel: nach ü — 3 MonsKai steagmtz. fcin >r^ : I ♦ . rif-ajirt r>:j52>
in der U€^>erE&M der F*Jk: Httiiimr xf't-tjniiiin Lbx. Xnr veiiii fir
PhosphorÜMa^s^e — con^t^tf-xT tiii5 rtinlifr las zt 1 Ji^Lre
durchgeführt! — T-ersacL ist ditr C^asrrtTi:'!. LiiszcriJLreL.
Donat-Le^nafT iMcmaftwf •tP". f. »-»f tjnrst^ I.cL 1. 5.. i? tc:zi*-.*Tt ix tdut'iz
Fall Ton Osteomalacitr dim^ cit CiiatrL.iiM. 5t£:mir. I^sr nki-iiStt- £rf:»ic
der Operation ist in den meiAeii FLTifT. TcTJ^inriiiätfL ö*-*^ £D:»!.'irtais:*i:jnerEf* ;
sehr häofi^ tritt sim^ denniliTe Beilimg der Etst Vntt:i «du.
Lehrbücher und Mzro^ajiietn-
C. T. Noorden. IHe Zuekcfbankbeix imi iLr»e P>>'>i*>t> r-rm^ BerÜD.
F. W^ 365 SpeweEettd für ZnckeAraak* itit ^t Bw^T«T«i ur^er Züberen^ug
Ton Aleoronatbrod und Mehis^*eii4«!iL Wi^ltÄ^tfn.
F. W., E^ochboch for Zockiezimuike und F€lt!^r':>iire. Witsltaden.
E. Graf, Gljkoenne bei OnecksüberrergifTimg. I*iss»eriadc^ii. Würrbar^,
R. Koliseh, üeber Wesen und BtiandJung der nradichen DiÄthes»?,
Stattgsat.
Danin, Ueber anamidehe Zustande. SamuCmig klini><:-her Vortrag Xr. 1S5,
Quincke, Eisentherapie. Sammlnng klinischer Vorträge Xr, 129.
W. Müller, Ueber Verandemngen des Nervensystems bei Leukämie« Di;»-
aertation. Beriin.
DI.
Chirurgie.
Von Dr. Paul Wagaer^ Privatdocenten fttr Chirurgie in Leipzig.
I. Allgemeine Chirurgie.
1. Narkose and Anisthesirang.
Chloroform Die Frage, ob dem Chloroform oder demAether der Vor-
und Aether, ^ug als Narcoticum zukommt, ist noch nicht entschieden; in der
allerletzten Zeit scheint das • Chloroform fast wieder das Ueber-
gewicht zu bekonmien. Jedenfalls steht so viel fest, dass der eigent-
liche Narkosentod beim Chloroform ungleich häufiger als beim Aether
eintritt, dass aber nachträgliche Todesfälle infolge der Narkose beim
Chloroform viel seltener beobachtet werden als beim Aether.
Gurlt, Gurlt (Zur Narkotisirungsstatistik. Archiv f. kliu.
Chirurgie Bd. 51, H. 1, S. 91) veröffentlicht den 5. Bericht über die
die Narkotisirungsfrage betreffende Sammelforschung. Die Summe
aller in den Berichten verzeichneten Narkosen beläuft sich auf 55 395,
nämlich 34412 mit Chloroform (25 tödtliche und 8 weitere zweifel-
hafte), 15821 mit Aether (5 tödtliche und 2 zweifelhafte), 2148 mit
Chloroform und Aether, 1554 mit der Billroth'schen Mischung,
1426 mit Bromäthyl, 34 mit Pental; im ganzen also 30 Todesfälle
(nebst 10 zweifelhaften) oder 1 : 1846. Fassen wir das in den bisher
seit 1891 erstatteten fünf Berichten enthaltene Gesammtmaterial von
268869 chirurgischen Narkosen zusammen, so finden wir bei den-
selben 102 Todesfälle , also 1 : 2633. Darunter ist die Proportion
beim Chloroform 1 : 2286 ; beim Aether 1 : 6020 ; bei gemischter
Chloroform- und Aethemarkose 1 : 10 162 ; bei der B i 1 1 r o t h -Mischung
1 :5744; bei Bromäthyl 1:4483; beim Pental 1:213. Die Aether-
statistik ist also günstiger als die des Chloroforms. Der Aether-
Chirurgie, 299
narkose folgten aber häufig Pneumonieen, und von 30 solchen waren
I5|tödtlich, darunter wenigstens 13 (mit 9 tödtlichen) bei Bauchopera-
tionen; letzteres wohl deshalb, weil am Bauch Operirte das Husten
wegen der dabei vorhandenen heftigen Schmerzen unterdrücken.
Kionka (Ueber Chloroform- und Aethernarkose. Arch. f. klin. Kionka,
Chirurg. Bd. 50, H. 2, S. 339) und v. Zoege-Manteufel (Ueber Spat- v- Zoege-
todesfälle nach Narkose. St. Petersb. med. Wochenschr. Bd. 20. Nr. 49) ^*"^^f«^'
treten fftr den Aether als das ungefährlichere Narcoticum ein.
Eisendraht (Ueber den Einfluss von Aether und Eiaendrabt.
Chloroform auf die Nieren, Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie
Bd. 40 , H. 5 u. 6 , S. 466) hat den Urin von 130 Patienten ein-
gehend ein oder mehrere Male vor und 3 — 6 Tage nach der Nar-
kose chemisch und mikroskopisch untersucht und dabei Folgendes
gefunden: Eine bereits bestehende Albuminurie wird durch Aether
häufiger als durch Chloroform gesteigert. Sie tritt häufiger nach
Chloroform- als nach Aethemarkosen auf; ihr Einfluss auf Amyloid-
niere ist gleich. Cyhndrurie mit und ohne Eiweiss tritt nach Chloro-
form- und Aethemarkosen gleich häufig auf, verschwindet aber rascher
nach Aether- als nach Chloroformnarkosen.
Nachod (Harnbefunde nach Chloroformnarkosen. Arch. f. Harobefunde
klin. Chirurg. Bd. 51, H. 3, S. 646) hat seine Untersuchungen ausschliesH- "■'^^
lieh an Kindern vorgenommen und kann die Ergebnisse Kisendraht'H ^^^ ^*"^'
im grossen und ganzen bestätigen. Er theilt ferner den Sectionsbefund NachoU.
eines 12 Stunden nach der in Chloroformnarkose vorgenommenen Hasen-
i^chartenoperation infolge Blutaspiration verstorbenen Kindes mit, bei dem
»»ich folgender Nierenbefund ergab: Parenchymatöse Degeneration der
Kan&lchenepithelien mit hochgradiger Betheiligung der Kerne, vollkommene
Intactheit der Glomemli, Fehlen jeglicher Entzündungserscheinungen.
Busse (Die combinirte Aether-Chloroformnarkose. Combinirte
Dissertation, Leipzig) empfiehlt die besonders von KöUiker an- Aether-
1 ,.•*.! <n.i 1 n 1 « . Chloroform-
gewandte combinirte Aether-Chlorotormnarkose bei narkose
»torenden CompUcationen in der Aethernarkose (profuse Schleim- Busse,
absonderung, Cyanose, andauernder Hustenreiz, Singultus), beim Aus-
bleiben genügender MuskelerschlafFung bei reiner Aethernarkose und
endlich bei Operationen im Gesicht. Bei diesen Indicationen wird
die Aethernarkose durch eine Chloroformnarkose fortgesetzt. Zur
Aethernarkose benutzt KöUiker eine recht brauchbare Modification
der JuUiard'schen Maske. Dieselbe besteht aus einem dreifachen
Drahtkorb, aussen befindet sich der impermeable Stoff, in der Mitte
der zur Aufnahme des Aethers bestimmte Ueberzug. Man ka^n
also, ohne die Maske vom Gesichte zu entfernen, stets Aether nach-
giessen.
300 Wagner.
Neue Rosenberg (Eine neue Methode der allgemeinen
Methodeder Narkose. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1 u. 2) ist durch Thier-
*^JL^®™®^"®° versuche und durch genaue Beobachtung einer Eeihe an Menschen
P. Rosenberg, ausgeführter Narkosen zu folgenden Ergebnissen gekommen: Die
Herzsynkope in der Chloroformnarkose ist, soweit sie der Chloroform-
wirkung an sich zuzuschreiben ist, reflectorisch. Sie wird ebenso
wie die sie begleitende Athemstockung hervorgerufen durch den
Reiz der peripherischen Trigeminusendigungen in der Nasenschleim-
haut. Durch richtige Cocainisirung der Nasenschleimhaut sind
sämmtliche von ihr ausgehende Reflexe mit Sicherheit aufzuheben.
Hierdurch wird ein grosser Theil der Gefahren der Inhalations-
anästhesie, namentlich der Chloroformnarkose beseitigt, um so mehr
als das Cocain eine gewisse antidote oder antitoxische Wirkung
dem Chloroform gegenüber besitzt. Das Chloroform ist deshalb auch
als das ungefährlichere Anästheticum dem Aether für die Narkose
vorzuziehen. Der Darreichung des Chloroforms, die von Anfang an
tropfenweise geschehen muss, geht die Cocainisirung der Nase mit
10°/oigem Coca'inspray voran. In jedes Nasenloch werden je 2 cg
Flüssigkeit hineingesprayt, nach 3 Minuten noch je 1 cg ; dann wird
mit der Narkose begonnen. Bei längerer Dauer derselben muss die
Cocainisirung nach einer halben Stunde wiederholt werden. Bei
diesen Narkosen sind Excitation und Erbrechen sehr selten; die
Darreichung des Chloroforms wird zu Anfang der Narkose viel
weniger unangenehm empfunden als sonst.
Chloroform- V. Kundrat (Zur Kenntniss des Chloroformtodes,
tod, Wiener klin. Wochenschr. Nr. 1 — 4) macht darauf aufmerksam,
dass sich manche Chloroformtodesfiälle, namentlich bei jugendlichen,
anscheinend gesunden Individuen nicht befriedigend erklären lassen,
zumal auch die Sectionen negative Resultate gaben. A. Paltauf hat
für eine Reihe plötzlicher Todesfälle die sog. lymphatisch-chlorotische
Constitution verantwortlich gemacht. Daraufhin hat v. Kundrat
eine Anzahl von Chloroformtodesfiällen pathologisch-anatomisch genau
untersucht und die P a 1 1 a u f sehe Anschauung vielfach stützen können.
In allen von v. Kundrat untersuchten Fällen handelte es sich um
jugendliche Individuen von 12 — 31 Jahren, mit kräftigem Körperbau
imd mit entwickelter Musculatur. Bei der Section fand sich eine
mehr oder minder grosse Thymus, Schwellung der Milz und der
Lymphdrüsen, namentlich der mesenterialen und retroperitonealen ;
auffallendes Hervortreten und Vermehrung der Follikel am Zungen-
grund imd Rachen, Vergrösserung der Tonsillen, Schwellung der
Chirurgie. 301
SolitarfoUikel und Pey er 'sehen Plaques im Darm. Weniger regel-
mässig fand sich eine enge Aorta, grösstentheils schlaffes, im rechten
Ventrikel erweitertes Herz u. s. w. Auch eine Durchsicht der Lit-
teratur der Chloroformtodesfälle ergab eine Anzahl von Beobach-
tungen, wo Thymushyperplasie und lymphatische Constitution in den
Sectionsbefimden ausdrückUch hervorgehoben werden. Auf Grund
seiner Untersuchungen ist v. Kundrat geneigt, fiir diese Fälle
von Ijrmphatisch-chlorotischer Constitution nicht einen Tod durch
Chloroform, d. h. eine eigentliche Chloroformintoxication anzunehmen,
sondern sie in die Reihe plötzlicher Todesfälle in der Narkose zu
setzen, gerade so, wie plötzliche Todesfälle bei solchen durch die
geschilderte Constitution ausgezeichneten Individuen auch bei anderen
Gelegenheiten, die eine besondere Erregung des Herzens oder des
Nervensystems bedingen, bei Kindern und Erwachsenen wiederholt
beobachtet -wurden.
Nauwerck (Aethernarkose und Pneumonie. Deutsche Aether-
med. Wochenschr. Nr. 8) berichtet über zwei Fälle, in denen 5 ^^S^^p^^^^onie
bezw. 2*;2 Wochen nach einer Aethernarkose der Tod an PneU' Nauwerck.
monie erfolgte und von Braun die Diagnose auf Aetherpneumonie
gestellt wurde. Nauwerck hat den einen Fall genauer untersucht
und ist zu der Anschauung gekommen, dass es sich lediglich um
eine Autoinfection gehandelt hat und dass wahrscheinlich die meisten
sog. Aetherpneumonieen in diesem Sinne zu deuten sind. Die
Quelle der Autoinfection ist die Mundhöhle, die gerade diejenigen
Bacterien häufig beherbergt, die bei der Entstehung der acuten Pneu-
monieen die Hauptrolle spielen, Pneumo-, Strepto-, Staphylokokken in
wechselnder Zahl und Virulenz. Für das Zustandekommen der In-
fection sind zwei Momente wichtig: einmal, dass die Aetherdämpfe
dorch directe Einwirkung eine Anästhesie bezw. Lähmung von
(raxunensegel, Zungenbasis und Kehldeckel erzeugen, so dass reich-
lich Schleim und Speichel in die Luftwege fliessen kann; sodann
die hei jeder Aethernarkose vermehrte Speichel- und Schleim-
absonderung. Beim Athmen in der Narkose wird die Grenze zwi-
schen der infectiösen Mundrachenhöhle und den im allgemeinen wohl
sterilen Luftwegen aufgehoben, indem das beiderseitige Secret, bei
der Athmung hin und her bewegt, sich mischt. In den beiden von
Nauwerck mitgetheilten Fällen setzte die Pneumonie so rasch ein,
dass es sich höchst wahrscheinlich um eine alsbaldige Aspiration
der infectiösen Flüssigkeit in das Lungenparenchym gehandelt hat.
Ke Technik der Narkose und die Reinheit des Aethers sind auf die
Schleimhypersecretion entschieden von Einfluss.
302 Wagner.
Narkosen- Krumm (Ueber Narkosenlähmungen. v. Volkmann's
lähmungen, ^^^ y^^^j. j^ y j^^. ^^39) ^j^^q^ ^^ ^^^ chirurgischen Abtheilung von
Kiuniin*
Bessel-Hagen vier Fälle peripherer Narkosenlähmung und einen
Fall centraler Narkosenlähmung mit.
Es handelte sich um eine etwas kachektische Frau mit Ovarial- und
Peritonealsarkom, die im Anschluss an eine halbstündige Narkose TöUige
Aphonie, motorische Aphasie, Agraphie, Hemiparese des rechten Amies
Beines und rechten Facialis zeigte. Dieser Zustand dauerte bis zu dem
6 Wochen später erfolgenden Tode nahezu unverändert fort. Keine Section.
Krumm glaubt, dass es sich in diesem Falle um eine functionelle Störung
hysterischer Natur gehandelt habe.
Local- Braatz (Zur Localanästhesie. Centralbl. f. Chirurgie
anästhesie, ]ß^ 22, Nr. 26) hat für die Localanästhesie eng begrenzter kleiner
Bezirke einen Apparat construirt, der auf dem Principe beruht, nicht
den Spray selbst, sondern eine durch diesen abgekühlte MetaUfläche
zur Hautanästhesie zu verwenden. Dieser Apparat eignet sich nament-
lich dazu, um den ersten Hohlnadelstich bei der Sohle ich'schen
Infiltrationsanästhesie unempfindlich zu machen. Die leicht aseptisch
zu haltende blanke Metallröhre lässt sich auf jeder Körperstelle
aufsetzen.
2. UntersQchnngrsmethoden.
Transparenz Lange (Die Untersuchung der Transparenz vonGe-
vonGe- schwülsten und Exsudaten mittels der Erleuchtungs-
Lange. * m e t h o d e. Beitr. z. klin. Chirurgie Bd. 13, H. 1) unterscheidet die
ältere Methode der „Durchleuchtung" , bei der sich die Lichtquelle
auf der vom Beobachter abgewendeten Seite der Geschwulst be-
findet , von der Methode der „Erleuchtung" , bei welcher ein Be-
leuchtungsapparat (Panelektroskop von Reiniger, vom Verf. modi-
ficirt) auf der Seite des Beobachters an die Haut angeschmiegt wird.
Dieses Erleuchtungsverfahren besitzt seine grösste practische Be-
deutung für die Diagnose der cystischen Geschwülste, lur manche
Exsudate, wie für die Ergüsse in Schleimbeuteln und in der Scheiden-
haut des Hodens; von verhältnissmässig geringem Werthe ist sie
für die Diagnostik der festen Geschwülste.
Diaphano- Schwartz (Ueber den diagnostischen Werth der
skopie, elektrischen Durchleuchtung menschlicher Körper-
Schwaru. j^^j^^^j^ ^^^^^ ^ ^^^ Chirurgie Bd. 14, H. 3, S. 615) hat in
einer grösseren Arbeit die Durchleuchtungsverhältnisse normaler Ge-
webe und der menschlichen Körperhöhlen festgestellt. Er glaubt,
vielen Fallai eBeE. eE3€ats>St2L»>-TL Hzirr::-*- att zt r*:4fc£!i'.t?»i i::i?:t~;r.
in seineizi Aecse^nEi «rfrr^ai r-.>^»~ ~'^" • '-'" pT.-^ifcTAii'Jift'rr pTri-^i-t.
Der eigentliche BcI>rTL..LrT~ ^i^ -zi-i .-.^is-lrr A-.tot^l: :«r±LiTi >;:,i iii
einem hohlen, gerad^^-gsi Mtr. ~i:- i-rir viÄ*=z-iii'.l"r zu ier S^lif:
des Katheceamirfares paasi
den Schnabel des Ität
hinter einander in eria' LzzSe rEr?e* £»iniT^ T-:ii5w T^i-r V:n-1^
'Üeses Cysto^kopes besteipt^ i^ i-rr *^ÄHcr*:rirri:tl:.i b^^z^iiit-^ titlI
schonenden Cinfahnmg de« t^^LT-^Lr^Tes : tr?T>fr d*rEii, diiu^^ jsiäi:
während des ganzen XTct^a^g: ih^r gsactes e^it eiiiznAl ein IcsnnsarriT
einzufahren hat: endlich darin, dass i:e:^rs CVstC">k:i* id^hT nnr in
vielen Fällen die Irrigancnscysi-i-sk-ipe ah irrer AnTor^rn xu ersetz a
vennag, sondern anch in Trancbtra Beziehuji^n an Wirksamkeit
übertrifft.
Nitze <Znm Katheterismns der Harnleiter beim H«raleiiei^
Manne. CentndbL f. Chirurgie Bd. 22, Nr. 9i theüt die Ton ihm ^**I^Vr'*
schon seit Jahren geübte Methode des HarnleiterkatheterLsmus beim Xkw,
Manne mit, die anch unter schwierigen Verhältnissen, z. B. bei Pro*
t^tadkem, leicht ansgeinhrt werden kann nnd es fernerhin ermo^- ^
licht, den elastischen Hamleiterkatheter allein längere oder kui^ei>e
Zeit liegen za lassen.
Casper (Der Katheterismus der Ureteren. Deutsche C*sivfr,
med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 7\ hat ebenfalls einen Hamleitei*-
katheter construirt, mit dem er auch beim Manne in fast allen bis-
her untersuchten Fallen die Hamleitersondirung ausfuhi*en konnte.
Wegen der genaueren Construction sowohl des Nitz ersehen als des
Casper'schen Hamleiterkatheters muss auf die betreffenden OrigiuaU
arbeiten verwiesen werden.
3. Operations- und Yerbandlehre.
Fürbringer (Die neuesten experimentellen Grundlagen Httua«-
der Händedesinfection. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 2l/yJjJ^(*^^^^^^^^^^
Nr. 3) bezweifelt, dass, wie Kein icke nachgewiesen haben will, die
fettlösende Wirkung des Alkohols zu einer sicheren Händodoflinfoc-
tion genügt und die Anwendung von Antisepticis entbehrlich madit.
Steinmetz (Beitrag zur Frage der Behandlung inficirtiM*
Wunden mit feuchten Verbänden. DeutHche Zoitnchr, f. Chirurg.
^
304
Wagner,
Wunden,
Steinmetz.
Behandlung Bd. 41, H. 1 u. 3, S. 188) wendet sich gegen die vielfach angewandte
inficirter Behandlung eiternder und inficirter Wunden mit feuchten antiseptischen
Verbänden. Die Wirkung des Antisepticums auf inficirte Wunden ist nach
den neueren Versuchen Schimmelbusch's u. A. zum mindesten höchst
zweifelhaft; die feuchte Wärme ist bei längerer Anwendung direct schäd-
lich, wie Steinmetz durch Versuche bei Kaninchen, denen er Wunden
mit Staphylokokken inficirt hatte, nachgewiesen hat.
Hauttrans-
plantation,
Auerbach,
Jottkowitz,
Schnltheiss,
V. Mangoldt.
Auerbach, Jottkowitz und Schultheiss (Beiträge
zur Transplantation nach Thiersch. Berl. klin. Wochen-
schrift Bd. 32, Nr. 4 u. 5) berichten aus dem Königshütter Knapp-
schaftslazareth über 116 Fälle, in denen Hauttransplantationen nach
Thiersch vorgenommen wurden. Von der Schaffung einer frischen
Wundfläche wurde Abstand genommen, vielmehr wurden die Läpp-
chen mit bestem Erfolge auf die völlig gereinigte Granulationsfläche
aufgesetzt, und zwar erst dann, wenn die Eitersecretion möglichst
gering geworden war. Als Verband wurde ein Trockenverband mit
Jodoformmull und sterilem Mull oder Borsalbencompressen benutzt.
Die durch Ueberpflanzung angeheilte Haut bietet günstigere Ver-
hältnisse für die Nachbehandlung und ermöglicht weitaus bessere
Erfolge, als eine bindegewebige Narbe, die stets zur Retraction neigt.
V. Mangoldt (Die Ueberhäutung von Wundflächen
und Wundhöhlen durch Epithelaussaat, eine neue Me-
thode der Transplantation. Deutsche med. Wochenschr.
Bd. 21, Nr. 48) hat in verschiedenen Fällen mit Erfolg versucht, an
Stelle der Hauttransplantation eine Epithelaussaat vorzunehmen. Am
zweckmässigsten von der Aussen- oder Innenseite der Oberarme
wird nach vorangegangener Easirung und gründlicher Desinfection
der Hautpartie mittels eines senkrecht zur Hautfläche gerichteten,
sterilisirten, scharfen Rasirmessers bei Spannung der Haut diese in
leichten Zügen bis auf den Papillarkörper abgeschabt und der da-
durch gewonnene, mit Blut untermischte Epithelbrei auf die frische
oder auf die vorher sorgfältig desinficirte und von Granulationen
befreite, nicht mehr blutende Wundfläche durch Spatel oder Myrten-
blatt ziemlich fest aufgestrichen und damit ausgesät. Die ganze
Procedur ist in wenigen Minuten vollendet. Die Epithelblutmasse
gerinnt rasch auf der Wunde, haftet fest und überzieht sie mit
einem ziegelrothen Belag durch das beim Schaben defibrinirte Blut.
Vom 10. Tage an sieht maik das Epithel sich überall entfalten, Ende
der 3. Woche sind die Wunden gleichmässig eben überhäutet.
C. Beck (Subepidermale Hautincision zur Vermei-
dung von Narben bei Gesichts- und Halsoperationen.
Chirurgie.
305
Centralbl. f. Chir. Bd. 22, Nr. 38) empfiehlt zur Vermeidung ent- Subepider-
stellender Narben bei Gesichts- und Halsoperationen subepidermal ™* ® *^*"^
zu operiren, d. h. zuerst einen Hauttransplantationslappen zu bilden, c. Beck,
der auf der einen Seite mit der Nachbarhaut in Verbindung bleibt,
und dann bei zurückgeschlagenem Hautlappen die Incision in die
Tiefe zu machen. Kleine Wunden erfordern hernach keine Naht;
grössere werden durch versenkte Catgutnähte vereinigt; auf die
Wundfläche wird der Hauttransplantationslappen wieder ausgebreitet
und vollkommen adaptirt.
Madelung (Die temporäre Resection der Clavicula. Temporäre
Beitr. z. klin. Chir. Bd. 14, H. 1, S. 229) will die temporäre Re- ^«»«^«J^^«
section der Clavicula in die Reihe der tjrpischen Schuloperations- Clavicula,
methoden aufgenommen wissen. Die Durchtrennung des Schlüssel- Madelung,
beins erfolgt an der Grenze des inneren Drittels, schräg von innen
oben nach unten aussen. Nach querer Durchschneidung der Mm.
pectorales wird die Unterschlüsselbein- und Achselgegend vollkommen
frei. Das Schlüsselbein wird mit einer Silberdrahtsutur vereinigt,
die Muskeln genau genäht. Die temporäre Resection der Clavicula
wird ausser bei operativen Eingriffen an den Blutgefässen und
Nerven der Subclaviculargegend, weiter bei der Ausrottung der hier
und in der Achselhöhle liegenden Neubildungen auch in Betracht
kommen, resp. concurriren mit der präliminaren partiellen Excision
bei Erkrankungen der obersten Rippen und dann, wenn Veranlassung
vorliegt, in dem Kuppelraum der Pleurahöhle und an der Lungen-
spitze Operationen vorzunehmen.
Tilmann (Z urFrage derLaparotomia exploratoria.
Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 49) hebt hervor, dass die
exploratorische Laparotomie selbst bei absolut sicherer Asepsis und
bei sorgfaltiger Schichtnaht der Bauchwand ein nicht ganz un-
gefährlicher Eingriff ist. Sie darf deshalb nur nach völliger Er-
Hchöpfung aller sonst zur Verfugung stehenden Untersuchungsmetho-
den, und zwar nur dann ausgeführt werden, wenn sie eine Voroperation
für eventuelles weiteres Eingreifen bilden soll. Den sehr notli-
wendigen Fortschritt in der Erkennung der Krankheiten der Bauch-
höhle müssen wir nicht in der vermehrten Anwendung der Probe-
laparotomie, sondern in dem sorgfaltigen Studium der äusserlich er-
kennbaren Krankheitssymptome suchen. Die Bauchfelltuberculose
kann durch den einfachen Bauchschnitt geheilt werden, und scheint
die Annahme gerechtfertigt, dass die durch den Eingriff bedingte
Jahrbuch der practischen Medicin. 1896. 20
Explora-
torische
Laparo-
tomie,
Tilmann.
306
Wagner.
Reichel.
starke Hyperämie des Peritoneums das wirksame Agens darstellt.
Auch bei Geschwülsten der Bauchhöhle sind Besserungen nach der
Laparotomia exploratoria beobachtet.
Nach- Reichel (Z urNachbehandlung nachLaparotomieen.
ii\'iirLai?r 0- ^^^- ^- ^^- ^^'^' ^^- ^^» ^- 2» S- ^^) empfiehlt für die Nach-
tomieen, behandlung der meisten Laparotomieen , solange Störungen fern-
bleiben, das Opium wegzulassen und lieber von Anfang an leichte
salinische Abführmittel zu geben, um wenigstens am 2. — 3. Tage
Stuhlgang zu erzielen. Bei Zeichen von auf Adhäsionen zurückzu-
führendem subacutem Ileus sind alle Abfuhrmittel und jede Nahrungs-
aufnahme per OS zu vermeiden; dagegen empfehlen sich in kurzen
Zwischenräumen zu wiederholende Magenausspülungen und Opiuni-
suppositorien. Bessern sich die Erscheinungen, so verabfolge man
hohe Wassereinläufe in den Mastdarm, eventuell mit Glycerinzusatz.
Tritt binnen 24, längstens 48 Stunden keine deutliche Besserung
ein, so erwäge man die Wiedereröffnung des Abdomens. Letztere
ist bei acut einsetzenden Heussymptomen , sowie bei Zeichen von
Abscessbildung sofort vorzunehmen. Zeichen septischer Allgemein -
infection, sowie diffuser Darmlähmung sind Contraindicationen eines
jeden Eingriffs.
Drainage
l)ei Laparo-
tomie,
Czempin.
A. Czempin (Laparotomieen mit und ohne Drainage.
Beiträge z. Geburtsh. u. Gynäkol., Berlin) untersuchte seine seit
ca. 9 Jahren Laparotomirten in Bezug auf die Frage, ob die Drainage
für die Heilung nothwendig war, und spricht sich im ganzen ab-
lehnend gegen dieselbe aus. Bei nicht infectiösen Geschwülsten,
welche mit ungünstigen Wundverhältnissen complicirt sind: tiefer
Eröffnung des Beckenbindegewebes (intraligamentäre Geschwülste)
und starken peritonealen Adhäsionen, ist die Mikulicz'scbe
Drainage überflüssig, bei Operationen infectiöser Tumoren ist sie
werthlos, wenn bei der Operation das infectiöse Material in die
Bauchhöhle gelangt ist. Will man sie in letzteren Fällen trotzdem
versuchen, so muss sie mit feuchtem Material gemacht werden, da
ihr Zweck nur der sein kann, möglichst schnell Flüssigkeit nach
aussen in die bedeckenden Verbandstoffe zu bringen. Den Haupt-
werth legt Czempin speciell bei der Frage der Adnexoperation
darauf, nur chronische Fälle zu operiren, niemals bei acut entzünd-
lichen Fällen oder Exacerbation chronischer Fälle. Dann ist auch
die Untersuchung auf Mikroorganismen unnöthig, abgesehen davon,
dass die rein mikroskopische Untersuchung keine sicheren Scliluss-
folgeinmgen erlaubt.
Chirurgie. 307
Neuber <Zur Behandlung starrwandiger Höhlen- Behandlung
wunden. Arch. f. klin. Chir. Bd. 51, H. 3, S. 683) empfiehlt bei ^*"'-
. / j- ^ wandiger
kleinen tiefen Knochenhöhlen mit steil abfallenden Brändem, sowie Höhlen-
\m grossen tiefen Knochenhöhlen mit gleichmässig sich absenkenden wunden,
Rändern das Ueberdachungsverfahren mit Blutanfiillung. Das Blut-
gerinnsel wird durch Beimengung von Jodofonnstärke gleichmässig
;o<loformirt- Bei grossen tiefen Höhlen mit einseitig oder allseitig
steil abfallenden Wandungen ist das Einstülpungsverfahren anzu-
wenden. Bei Entfernung eines nicht vollkommen gelösten Sequesters
Iroht die Gefahr einer Fractur sowie ungenügender Knocjien-
neabildung. Um den nöthigen Reiz und Halt zu bieten, legt Neu her
in solchen Fällen nach Ausräumung der Höhle einen mit Jodoform-
saze umwickelten Holzstab in den Knochendefect und näht darüber
die Wunde bis auf einen offen bleibenden mittleren Spalt. Nach
2—3 Wochen wird der Holzstab in der Mitte durchschnitten und
stückweise entfernt. Die danach verbleibende Knochenhöhle fiillt
^-ich mit Blut, und wenn man den offen gebliebenen mittleren Wimd-
abschnitt durch die Naht schliesst, erfolgt meist primäre Heilung.
Bier (Weitere Mittheilungen über tragfähige Am- Tragfähige
putationsstümpfe im Bereiche der Diaphysen. Arch. f. Amputa-
klin. Chir. Bd. 50, H. 2, S. 356) berichtet über weitere Fortschritte, stumpfe,
He er anf dem Gebiete der tragfahigen Stümpfe gemacht hat. Man Bier,
kann auf sehr viele Methoden einen tragfahigen Diaphysenstumpf
«Tzielen, wenn man folgende Regeln beobachtet: 1. Die Sägefläche
'les amputirten Knochens soll mit einem natürlichen Knochenperiost-
stück bedeckt werden. Es ist ganz einerlei, woher man das letztere
nimmt ; sogar ganz lose transplantirte Knochenperioststücke genügen.
*2. Die Stumpf bed eckung soll im allgemeinen aus narbenfreier Haut
bestehen; deshalb legt man auch die Amputationsnarbe der Haut
seitlich ausserhalb der Unterstützungsfläche; nur wenn man mit
einem Hautmuskellappen amputirt, ist dies nicht unbedingt nöthig.
Herda (TJeber die Resultate der Amputation nach Amputation
Gritti bei antiseptischer Wundbehandlung nebst Mit- ""* ß^^'^^*'
theilung von (12 neuen Fällen. Münch. med. Wochenschr.
Bd. 42, Nr. 1) empfiehlt auf Grund von 12 Grit titschen Ampu-
tationen, die Helferich in seiner Klinik vorgenommen hat, und
auf Grund weiterer 53 in der Litteratur zerstreuter , aber sämmtlich
der antiseptischen Periode angehörender Fälle diese Operation aufs
wärmste. Die Wundheilungsverhältnisse sind bei derselben günstig.
308 Wagner.
Amputation die Erhaltung und Benutzung der Patella ruft an sich keine Com-
"*^^ ^"***' plicationen hervor, da sie stets fest aufheilt. Die äussere Form
des Stumpfes ist und bleibt auch später gut, der Stumpf ist al.s
Stützpunkt einer Prothese und besonders als alleiniger Stützpunkt
für eine solche sehr geeignet.
Riobiano. Auch RioblancfDes resultats de T Operation de Gri tt i .
Lyon m^d. Bd. 27, Nr. 16) spricht sich in gleicher Weise günstig
über die Gritti'sche Operation aus.
4« YerletsEnngren«
Gehverband, F. Krause (Erfahrungen über die Verwendung
F. Krause, ^^^ Gehverbandes. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 12)
berichtet über seine weiteren Erfahrungen, die er bei der Verwen-
dung des Geh Verbandes bei Brüchen der unteren Extremität ge-
macht hat. Er legt ihn hier bei allen Brüchen an; nur bei den
Schrägbrüchen des Oberschenkels, bei den Brüchen des Schenkel-
halses, sowie bei den Osteotomieen der Oberschenkeldiaphyse ver-
wirft Krause den Gipsverband. Er bedient sich hier mit Vorliebe
der Bruns'schen Schiene, nachdem die Kranken vorher 10 bis
14 Tage gelegen haben. Was die Heilungsdauer anbelangt, so fand
Krause keinen Unterschied bei den Fibulabrüchen bei ambulanter
und Bettbehandlung; bei den Unterschenkelbrüchen im unteren
Drittel ein Verhältniss von 38 : 47 bis zur Consolidation, 54 : 80 Tagen
bis zur Entlassung aus dem Spitale. Bei den Unterschenkelbrüchen
im mittleren und oberen Drittel betrugen diese Zahlen 41 : 70, resp.
60:106.
▼.Bardeleben. v. Bardeleben (Weitere Erfahrungen über früh-
zeitige Bewegungen gebrochener Glieder mit beson-
derer Rücksicht auf die untere Extremität. Arch. f.
klin. Chir. Bd. 50, H. 3, S. 551) verfügt jetzt im ganzen über 181
mit Gehverbänden behandelte Beinbrüche (135 Unterschenkel-, 7 Pa-
tellar-, 38 Oberschenkelbrüche, 1 Fall von complicirter Fractur des
Ober- und Unterschenkels an demselben Beine). In keinem Falle
zeigten sich Nachtheile der Methode. Die Vortheile für das ver-
letzte Glied und das Allgemeinbefinden waren regelmässig sehr gross.
Die nicht direct betroffenen Gelenke konnten nach Abnahme des
Verbandes frei bewegt werden. Muskelatrophie, Delirium und Alters-
katarrhe blieben aus. Die Heilungsdauer war kürzer als sonst.
Chimrgie.
:iW
5. EBtxisdaa^ea «od iBfecti^Bskraskkeitea«
Delorme <Xote sur la compression forcee dans le BehmBdiant?
, j • j ^ ' '^' J? - • ^ der Searitis
Traitement des accidents nevntiqnes d ongine trau- „«^«j^„„
uatique inflammatoire. Gaz. des hopitanx Nr. 1) empfiehlt Delonn»-.
ein sehr einfaches Verfahren für solche Fälle peripherer Neuralgieen,
lie im Anschluss an ein Traoma, besonders Wunden sich entwickeln
dnd in der Regel als Nemitis ascendens gedeutet werden. Das
Verfahren, das sich bis jetzt in acht Fällen sehr gut bewährt haben
:<oll. besteht in einer kurzdauernden, sehr starken Compression der
gefallenen Partieen, die an der schmerzhaftesten Stelle beginnt und
uach und nach die ganze hyperästhetische Zone durchgeht. Ist der
Schmerz hiemach noch nicht verschwunden, so vrird die Compression
nach einigen Minuten wiederholt. Meist genügte eine einmalige
Sitzung ZOT dauernden Beseitigung der Neuralgie, mit der dann auch
die oft vorhandenen trophischen Störungen verschwanden.
Reichel(ZurAetiologie und Therapie der Eiterung.
.Vrchiv f. klin. Chir. Bd. 49, IL 3, S. 564) erörtert zunächst die
Disposition zur Eiterung. Alle Momente, die die Resorption der
Eiterkokken und ihrer Ptomame begünstigen, beeinträchtigen ihre
Entzündung erregenden Wirkungen; alle die Momente, die die Re-
.<urption stören leisten der Eiterung Vorschub. Fremdkörper, Ge-
websquetschung , Cauterisation, Circulationsstörungen arterieller wie
venöser Art bedingen eine locale Disposition zur Eiterung. Be-
züglich der Wunddesinfection kommt Reichel, im Gegensatz zu
Messner und Henle, zu denselben Ergebnissen wie Schimmel-
basch, dass es nämlich selbst sehr kurze Zeit, schon eine Minute
uach der Infection nicht mehr gelingt, eine septische Wunde durch
Desinfection mit Sublimat in eine aseptische zu verwandeln. Prac-
ti-fch ergibt sich hieraus die Zwecklosigkeit der Irrigation mit anti-
septischen Lösungen. Eitrig inficirte Wunden sind ausgiebig zu
spalten und mit nasser, in einem Desinficiens (nicht Carbolsäure)
getränkter Gaze auszustopfen, da der dauernde Contact der Wunde
mit einem Desinficiens in wirksamer Concentration auf die Beschaffen-
heit der Wunde einen günstigen Einfluss ausübt.
Haenel(Zur Desinfectionafähigkeit der Wunden. Deutsche med.
Wochea»chr. Bd. 21, Nr. 8) hat in ähnlicher Weise wie Messner an Ka-
ninchen experimentirt, aber in veränderter und verbesserter Versuchsanord-
iiong, und ist zu ganz anderen Resultaten gekommen. Es ergab sich kein
l'nterachied in dem Verhalten der mit Carbolsäure und der mit Kochsalz-
Biterang.
Reicfael,
Haeuel.
810
Wagner.
Eiterang,
Branner.
Catgat-
eiterang,
Laaenstein.
lösung behandelten Thiere. Die Untersuchungen liefern eine abermaligem
Bestätigung dafür, dass mit chemischen Mitteln eine Desinfection def>
lebenden Gewebes nicht zu erreichen ist.
Brunner (Zur pathogenen Wirkung des Proteus vulgaris und
über die Beziehungen desselben zur Wundinfection. Münch. med.
Wochenschr. Bd. 42, Nr. 5) fand in dem jauchig stinkenden Eiter einer
progredienten Phlegmone des linken Daumens neben wenigen Streptokokken
grosse Mengen von Proteus vulgaris Hauseri, die sich für Thiere pathogen
und pyogen erwiesen. Brunn er glaubt, dass zuerst durch die Strepto-
kokkeninvasion eine Neki*ose des Gewebes entstand und hernach in diesem
die Proteusvegetation sich entwickelte, die zu jauchiger Abscedirung führte-
Der schweren Allgemeinintoxication wurde durch frühzeitige Incision vor '
gebeugt.
Lauenstein (Zur Frage der Catguteiterung. Archiv
f. klin. Chir. Bd. 50, H. 2, S. 323) hat unter 149 Proben sog. steri-
lisirten Catguts, das auf verschiedene Weise, meist auf trockenem
Wege, durch Hitze sterilisirt worden war, 35mal entwickelungsfähige
Keime (Bac. subtilis, Micrococcus tetragenus, Staphylococcus albus) ge-
funden. Das sog. sterile Catgut ist also noch nicht von dem Verdachte
freizusprechen, die Veranlassung zu einer Wundinfection zu geben.
Knochen- F.Franke (Ueber die Erkrankung der Knochen, G e-
und Gelenk, lenke und Bänder bei der Influenza. Arch. f. klin. Chir.
erkrftn-
kungenbei ^^- ^^» ^* ^> S* ^^) beobachtete im Anschlüsse an die Influenza
Influenza, eine Anzahl von Knochen-, Gelenk- und Bändererkrankungen.
'*°^*' Letztere betrafen sämmtlich die Fascia plantaris , die am inneren
Rande schmerzhaft verdickt, in schweren Fällen brettliart, manch-
mal knotenförmig infiltrirt war. Die meist recht lebhaften Be-
schwerden schwanden in der Regel nach längerer Zeit unter An-
wendung von Ruhe, feucht warmen Umschlägen, Antipyrin. Bei den
Gelenkerkrankungen handelte es sich um schmerzhafte seröse Er-
güsse; bei den Knochenerkrankungen meist um Ostitis und Peri-
ostitis; eigentliche Abscessbildungen waren selten. Franke ist
der Ueberzeugung, dass diese Erkrankungen direct durch Influenza -
bacillen hervorgerufen werden, mit oder ohne Mischinfection mit
anderen Mikroorganismen, und dass sie demnach nicht als Naeh-
krankheiten, sondern als Complicationen aufzufassen sind.
Osteo-
myelitis,
A. V. Berg-
mann,
A. V. Bergmann (Die Osteomyelitis, ihre verschie-
denen Formen und ihre Behandlung. St. Petersb. medic.
Wochenschr. Bd. 20, Nr. 17) empfiehlt in den foudroyanten, schwersten
Fällen von Osteomyelitis, wo die Extremität diffus geschwollen und
Chirurgie.
309
5« EntsOndangen und Infectlonskrankheiten«
Delorme (Note sur la compression forcee dans le Behandlung
.. j. j • j j, ± • j. • ji ' • X der Neuritis
traitement des accidents nevritiques d origine trau- „«^„j««„
^ ^ ^ ascendens,
matique inflammatoire. Gaz. des höpitaux Nr. 1) empfiehlt Delorme.
ein sehi- einfaches Verfahren für solche Fälle peripherer Neuralgieen,
lie im Anschluss an ein Trauma, besonders Wunden sich entwickeln
und in der Regel als Neuritis ascendens gedeutet werden. Das
Verfahren, das sich bis jetzt in acht Fällen sehr gut bewährt haben
soll, besteht in einer kurzdauernden, sehr starken Compression der
befallenen Partieen, die an der schmerzhaftesten Stelle beginnt und
uach und nach die ganze hyperästhetische Zone durchgeht. Ist der
Schmerz hiemach noch nicht verschwunden, so wird die Compression
uach einigen Minuten wiederholt. Meist genügte eine einmalige
Sitzung zur dauernden Beseitigung der Neuralgie, mit der dann auch
*üe oft vorhandenen trophischen Störungen verschwanden.
Reichel(ZurAetiologie und TherapiederEiterung.
Archiv f. klin. Chir. Bd. 49, H. 3, S. 564) erörtert zunächst die
Disposition zur Eiterung. Alle Momente, die die Resorption der
Eiterkokken und ihrer Ptomaine begünstigen, beeinträchtigen ihre
Entzündung erregenden Wirkungen; alle die Momente, die die Re-
j^orption stören leisten der Eiterung Vorschub. Fremdkörper, Ge-
websquetschung , Cauterisation, Circulationsstörungen arterieller wie
venöser Art bedingen eine locale Disposition zur Eiterung. Be-
züglich der Wunddesinfection kommt Reichel, im Gegensatz zu
Messner und Henle, zu denselben Ergebnissen wie Schimmel-
'•asch, dass es nämlich selbst sehr kurze Zeit, schon eine Minute
iiach der Infection nicht mehr gelingt, eine septische Wunde durch
Desinfection mit Sublimat in eine aseptische zu verwandeln. Prac-
ti:*ch ergibt sich hieraus die Zwecklosigkeit der Irrigation mit anti-
septiijchen Lösungen. Eitrig inficirte Wunden sind ausgiebig zu
j^palten und mit nasser, in einem Desinficiens (nicht Carbolsäure)
getränkter Gaze auszustopfen, da der dauernde Contact der Wunde
lüit einem Desinficiens in wirksamer Concentration auf die BeschaiFen-
teit der Wunde einen günstigen Einfluss ausübt.
Haenel (Zur Desinfectionsfähigkeit der Wunden. Deutsche med.
^^'ocheiischr. Bd. 21, Nr. 8) hat in ähnlicher Weise wie Messner an Ka-
tmdien experimentirt, aber in veränderter und verbesserter Versuchsanord-
Qong, und ist zu ganz anderen Resultaten gekommen. Es ergab sich kein
Interechied in dem Verhalten der mit Carbolsäure und der mit Kochsalz-
Eiterung,
Reichel,
Haeuel.
312
Wagner.
Gelenk- hyperäinie. Berl. Klinik Nr. 89) hat bisher weit über 200 Tuber-
tuberculose, culosen mit Stauungshyperämie behandelt und hält dieses Mittel für
eines der besten Heilmittel, das wir gegen Tuberculose besitzen.
Wer einmal gesehen hat, wie ein schmerzhaftes und unbrauchbare*
Gelenk unter diesem Mittel in wenig Tagen functionsfähig wird
und sich fortdauernd bessert, wird kaum daran zweifeln. In eineia
Punkte ist die Stauungshyperämie allen anderen Mitteln weit über-
legen: sie verschafft den Gelenken, welche sie überhaupt zur Hei-
lung bringt, die denkbar beste Function.
Wieland, Wieland (Beitrag zur Behandlung der chirurgisclietk
Tuberculose im Kindesalter mit Jodoforminjectionen.
Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 41, H. 4 u. 5, S. 378) hat von der
Behandlung mit Jodoforminjectionen bei der chirurgischen Tubei*-
culose im Kindesalter ausgezeichnete Erfolge gesehen. Die Jodo-
forminjectionen scheinen bei Kindern noch viel wirksamer als bei
Erwachsenen zu sein; die operative Therapie ist deshalb so viel wie
möglich einzuschränken, namentlich sind typische, primäre Gelenk-
resectionen schon wegen der eintretenden Wachsthumsstörungen zu
vermeiden. Neben der Jodofonnbehandlung sind natürlich ortho-
pädische Maassnahmen, sowie eine kräftigende Allgemeinbehandlung
nicht ausser Acht zu lassen.
Landerer. Landerer (Die Behandlung der Tuberculose mitZimmt-
säure. Med. Correspondenzbl. d. württemb. ärztl. Landesver. Nr. 12 >
verwendet neuerdings mit gutem Erfolg statt der früher gebrauchten
Emulsion der reinen Säure eine 0,5 — 5% ige Lösung des zimmtÄaureii
Natrons zur Behandlung der Tuberculose. Die Injectionen werden
intraglutäal, parenchymatös oder intravenös ausgeführt; namentlich
für letztere eignet sich die vor dem Gebrauch im Wasserbad steri-
lisirte klare Lösung vorzüglich. Die Zimmtsäure, resp. das zimuit-
sam-e Natron sind stark positiv chemotactisch , aber ungiftig. Intra-
venös injicirt, macht die Zimmtsäure starke Leukocytose, die rotlieii
Blutkörperchen und der Hämoglobingehalt bleiben intact.
Poly- Neumann (Ein höchat eigenthümlicher Fall von Polymyo-
myositis gjtig subacuta suppurativa. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 24) theilt
Nemnaiiii *' ^^ Krankengeschichte eines 9jährigen bis dahin gesunden Knaben mit.
Infolge von Masern und Diphtherie entwickelte sich eine Otitis media,
danach Pemphigus siniplex und Purpuraflecke auf der linken Körperhälfte,
Nierenentzündung, eine mit hohem Fieber einbergehende schmerzhafte Ent-
zündung der Muskeln am linken Fusse, über dem Kreuzbein, derjenigen
des linken Oberarms und endlich der linken Gesichtshälfte und des linken
Oberschenkels, verbunden mit Abscessen im Verlauf dieser linksliegenden
Chirurgie.
313
Mnskelscheiden, zum Theil periarticulär. Die Gelenke selbst waren frei bis
auf eine schnell vorübergehende linksseitige Hüft- und Kniegelenksentzündung.
Kbenao vorübergehend waren Entzündungserscheinungen der Schlund- und
Hakmoakeln. Bacteriologisch und mikroskopisch waren im Eiter Strepto-
kokken nachgewiesen, welche ihren Weg durch die Mandeln genommen
hatten and als die Erreger der ganzen Ei*ankheit anzusehen sind. Auch
dieser Fall wird von Neumann als zur „Dermatomyositis" gehörig an-
j:tf?5ehen; eigenthümlich bleibt jedenfalls das ausschliessliche Befallensein
der linken Körperhälfte.
6« GeschwUlste.
Ziegler (Ueber Beziehungen der Traumen zu den malignen Trauma und
«ieschwülsten. Münch. med. Wochenschr. Nr. 27 u. 28) hat aus den Geschwulst-
letzten 5 Jahren 328 Fälle von Carcinomen und 171 Fälle von Sarkomen zi-eier
aas der Münchener chirurgischen Klinik zusammengestellt und gefunden,
da«!s bei den Carcinomen 55mal einmalige Traumen, 92mal chronische Reiz-
zua-tände, bei den Sarkomen 35mal einmalige Verletzungen, 82mal chro-
nische Reizzustände als Ursache der Geschwulstbildung angegeben wurden.
V. Esmarch (Zur Diagnose der Syphilome. Arch. f. klin.
Chirurg. Bd. 50, H. 3, S. 646) macht aufs neue auf die grossen
Schwierigkeiten aufmerksam, die in vielen Fällen die Diagnose der
Syphilome darbietet. Vielfach werden letztere für Sarkome gehalten
und exstirpirt, wonach es dann meist zu einem raschen Recidiv
kommt. Leider haben wir noch keine sicheren diagnostischen Hülfs-
mittel, um in jedem Fall mit Bestimmtheit sagen zu können, ob es
sich um ein Syphilom handelt oder nicht. Verdachtsgründe, die
dafür sprechen, werden von v. Esmarch genauer erörtert.
Nasse (Ueber multiple cartilaginäre Exostosen und
multiple Enchondrome. v. Volkmann's klin. Vortr. N. F. Nr. 124)
weist an der Hand des grossen Materials der v. Bergmann'schen
Klinik nach, dass die cartilaginären Exostosen und die Enchondrome
der Knochen sich in ausserordentlich vielen Beziehungen gleichen,
insofern beide Affectionen hauptsächlich während der Entwickelungs-
periode der Knochen auftreten, sich meist in der Gegend der tran-
sitorischen Knochenfugen entwickeln, multipel erscheinen, nicht selten
vererbt werden und mit Wachsthumshemmungen und Verbiegungen
<ler Knochen verbunden sein können. Wenn nun auch die Enchon-
drome nicht mit Beendigimg des Knochenwachsthums, wie die Ex-
ostosen, gänzlich aufhören zu wachsen und im Gegensatz zu letzteren
bösartig werden können, so steht dies doch nicht der
Diagnose
der
Syphilome,
y. Esmarch.
Maltiple
Ezostosen-
bildang,
Nasse.
314
Wagner.
gegen, dass auch sie, gleich den Exostosen, durch Fehler in der
ersten Bildung der Knochen, durch Unregelmässigkeiten in der Ver-
knöcherung des transitorischen Knorpels zu Stande kommen können.
Behandlung Kronacher (Die Beeinflussung maligner Neubildungen
maligner durch eine künstlich erzeugte aseptische Eiterung. Cen-
Geschwülste o x^ o
durch tralbl. f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 20) hebt hervor, dass sich gegenüber
Eiterung, den durch Bacteriengiften erzeugten Entzündungen die durch chemische
t ^V^^ Körper, z. B. Terpentinöl, hervorgerufenen localisirten Entzündungen
Krebsserum, durch Ungefährlichkeit auszeichnen, selbstverständlich bei geeigneter
Kronacher, Verdünnung des Entzündungserregers. Kronacher hat an nicht
operablen Carcinomen solche aseptische Terpentinentzündungen er-
zeugt und danach sehr beachtenswerthe Veränderungen der Neu-
bildung feststellen können.
KrjTisky, Dagegen hat Krynsky (ibid. Nr. 30) bei ähnlichen therapeuti-
schen Versuchen keine Erfolge erzielt. Seine Kranken litten nach
den Terpentininjectionen an unerträglichen Schmerzen.
Czemy, Czemy (Ueber Heilversuche beimalignenGeschwülsteii
mit Erysipeltoxinen. Münch. med. Wochenschr. Bd. 42, Nr. 36)
berichtet über einige Fälle von bösartigen Geschwülsten, in denen
ein zufälliges Erj'^sipel einen günstigen Einfluss auf den Verlauf des
recidivirenden Krebses geübt und die betreffenden Kranken seit 2,
resp. 6 Jahren geheilt sind. Czerny hat deshalb auch Versuche
mit Coley'schen Einspritzungen sterilisirter Mischculturen
vorgenommen und glaubt, dass diese auf sarkomatöse Geschwülste
einen specifischen Einfluss ausüben und unter günstigen Umständen
Heilung herbeiführen können. Wegen der Unsicherheit der Erfolge
kann diese Behandlungsmethode aber vorläufig nur bei inoperablen
oder recidivirenden Geschwülsten ihren Platz haben. Vielleicht wird
man auch nach Operationen von Sarkomen, um Recidive zu ver-
hüten, von diesen Einspritzungen Gebrauch machen dürfen.
Friedrich, Auch Friedrich (Heilversuche mit Bacteriengiften bei
inoperablen bösartigen Neubildungen. Arch. f. klin. Chirurg,
Bd. 50, H. 4, S. 709) hat bei 13 inoperablen Epithelialcarcinomen
und 4 inoperablen Sarkomen die Coley'sche Einverleibung von
Streptokokkenculturfiltraten oder -Sterilisaten , resp. von Strepto-
kokkenmischculturen mit Bacillus prodigiosus ausgeführt. Beim Car-
cinom ergaben sich keinerlei Heilerfolge; beim Sarkom lässt sich
mit Rücksicht auf die kleine Anzahl von beobachteten Fällen noch
nicht endgültig urtheilen. Die Allgemeinerscheinungen waren bei
dieser „Heilmethode" vorübergehend sehr schwer, namentlich Hessen
Chirurgie. 315
sich ganz bestimmte Fiebertypen beobachten, über deren £igenart
Friedrich in einer weiteren Arbeit (Berl. kl in. Wochenschr. Bd. 32,
Nr. 49 u. 50) interessante Mittheüungen gemacht hat.
Emmerich und Scholl (Klinische Erfahrungen über die Enunerich n.
Heilung des Krebses durch Krebsheilserum. Deutsche med.
Wochenschr. Bd. 21, Nr. 17) sind bei ihren Untersuchungen von der
Thatsache ausgegangen, dass in einigen sicheren Fällen eine merk-
würdige rasche Heilung von Krebs und Sarkom durch hinzutretendes
Erysipel beobachtet wurde. Um sich Klarheit über die Art der
Erysipel Wirkung zu verschaffen, experimentirte Emmerich zunächst
an Thieren und stellte dabei fest, dass Erysipel nicht bloss den
Krebs, sondern auch den Milzbrand heUt; letzterer ist auch heilbar
durch das Serum von mit Erysipel inficirten Thieren, indem dieses
die Milzbrandbacillen abtodtet. Hieraus zogen die Verff. den Schluss,
dass das Erysipelserum auch die hypothetischen Krebsparasiten ver-
nichten müsse ; sie behandelten deshalb mit dem Blutserum von mit
Erysipel inficirten Schafen, das durch Filtrirung von den Erysipel-
kokken befreit war, eine Anzahl von Krebs- und Sarkomfallen beim
Menschen. In den sechs von den Verff. angeführten Carcinomfallen
trat nach einer Reihe local ausgeführter Injectionen des „Krebs-
heilserums" eine mehr oder weniger vollkommene Resorption der
Krebsknoten ein. Diese Erfolge sind in der That auffallend; doch
ist die Beobachtungsdauer noch viel zu kurz, um von einer Heilung
reden zu können. Schwerere Nebenerscheinungen wurden nach den
Injectionen nicht beobachtet. Diese ausserordentliches Aufsehen er-
regenden Mittheilungen haben bisher nur von wenigen Seiten (z. B.
von Th. Schüler, Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 37) Be- Th. Schüler,
stätigung erfahren, trotzdem Emmerich und Zimmermann( Deutsche Emmerich a.
med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 43) über weitere mit Krebsserum be- 2*™"«™*«*°.
handelte Fälle berichtet haben und Scholl (ibid. Nr. 46) genaue Mit- SchoU,
theilungen über die Herstellung des Krebsserums gemacht hat. Theils
vom theoretischen, theils vom practischen Standpunkt aus sind die
«Heilwirkungen" des Krebsserums angefochten worden (P. Bruns, Bnms.
Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 20; Petersen, ibid.; Bruns, czemy
ibid. Nr. 27; Czerny, ibid. Nr. 43; Reineboth, ibid. Nr. 48; Kopf- Reineboth,
stein, Wiener klin. Rundschau Bd. 9, Nr. 33 u. 34). — Jedenfalls Kopfstein,
war es verfrüht, von einem Krebs heil serum zusprechen; die durch
dasselbe in den Tumoren hervorgerufenen regressiven Vorgänge
sind allerdings in einzelnen Fällen sehr weitgehend und eigenthüm-
lich, haben aber bisher noch nicht zu sicheren, anhaltenden Heilungen
geführt.
31(3 Wagner.
7» Instrumente nnd Apparate»
Schienen- Hoffa (lieber Schienenhülsenapparate und ihre Ver-
httlsen- Wendung in der Orthopädie. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21,
Hoffa. ' ^r- ^ö ^- 17) empfiehlt nach der Methode Hessing'ö hergestellte
Schienenhülsenappai'ate zur Behandlung von Abductions- und Ad-
ductionscontracturen des Hüftgelenks, zur ambulanten Behandlung
der tuberculösen Gelenkentzündungen und zur Behandlung der Arthritis
deformans.
Apparate Thilo (Apparate für Fingergymnastik. Deutsche med.
fnr Finger- Wochenschr. Bd. 21, Nr. 16) hat verhältnissmässig einfache Apparate
Thilo. ' ^^^ Fingergymnastik construirt, mit denen man durch Gewichte
regulirbare Widerstände für alle Muskeln herstellen kann.
Beinschiene, Bruns (Eine verbesserte Beinschiene. Beiträge z. klin.
Bi-uns. Chirurg. Bd. 14, H. 2, S. 583) hat die v. Volkmann'sche Beinschiene
aus verzinktem Eisenblech herstellen lassen. Die Rinne ist aus zwei
Hälften zusammengesetzt, welche sich über einander schieben lassen.
Ein und dieselbe Schiene kann somit bei verschiedener Beinlänge
verwendet werden. An der Fussplatte ist ein Querbalken zur Sus-
pension angebracht.
Operations- Braatz (Zusammenlegbarer Operationstisch, insbeson-
tisch, ^QYe für den Kriegsgebrauch. Centralbl. f. Chii'urg. Bd. 22,
Nr. 31) hat insbesondere auch für den Kriegsgebrauch einen zu-
sammenlegbaren Operationstisch construirt, der ganz aus Eisen be-
steht und mit weisser Oelfarbe angestrichen ist. Unbeschadet seiner
Einfachheit gestattet er auch die Beckenhochlagerung.
instra- Ihle (Ueber ein neues Instrumentenkochgefäss und
nienten- * > iiir^**,i i. -w-k
kocheefäss ®^^®^ neuen transportablen Spiritusbrenner nebst Be-
nüe. merkungen über die Behandlung der Metallinstrumente.
Münch. med. Wochenschr. Bd. 42, Nr. 11 u. 12) hat ein Instrumenten-
kochgefäss construirt, dessen Bestandtheile ebenso wie der Spiritus-
brenner aus feinstem Stahlblech bestehen und demantemaiUirt sind.
Kochgefäss, Deckel und Einsätze bestehen jedes für sich au^ je
einem einzigen zusammenhängenden Stück Stahlblech und sind ge-
stanzt. Sie haben völlig abgerundete Ecken und sind leicht zu
reinigen. Nach erfolgter Abkochung werden die mit kleinen Füssen
versehenen Einsätze herausgenommen und auf Handtücher gesetzt;
Cbinirgie. 317
die Instramente trocknen rasch und werden, auf den blendend weissen
Einsätzen leicht erkennbar, trocken benutzt.
II. SpeGleiie Chirurgie.
1. Krankheiten des Kopfes und Halses.
V. Bergmann (lieber einige Fortschritte in der Hirn- Hirn-
Chirurgie. Berl. klin. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 16) schränkt die Chirurgie,
Indicationen zur Trepanation wegen Epilepsie noch viel mehr ein,
als vor wenigen Jahren. Nur diejenigen Kindenepilepsieen werden
durch die Trepanation geheilt, bei denen ein Tumor, z. B. eine Cyste,
wie sie nicht allzu selten aus einem traumatisch zu Stande ge-
kommenen intrameningealen Extravasat entsteht, in oder über einem
der circumscripten motorischen Riadencentren liegt. Auch in der
Behandlung von Himgeschwülsten vermag die Chirurgie nur wenig
zu leisten; dagegen sind in der chirurgischen Behandlung von intra-
craniellen Eiterungen bedeutende Fortschritte gemacht, ja ganz neue
Gebiete dem operativen Vorgehen erschlossen worden, v. Berg-
mann rechnet zu diesen die Operationen bei Himabscessen , epi-
duralen Eiterungen und infectiösen Sinusthrombosen, sowie endlich
auch bei der Leptomeningitis. Namentlich die durch Ohreiterungen
bedingten endocraniellen Eiterungen sind ein dankbares Object der
Himchirurgie, um so mehr als die Technik der Eröffnung des Schädels
nnd der Verschluss etwa nachbleibender Defecte in den letzten Jahren
grosse Fortschritte gemacht haben.
Auch Eulenburg (Zur chirurgischen Epilepsiebehand-Chirurgische
lung, namentlich zur Casuistik der Rindenexcisionen bei ^Pil^P^ie-
idiopathischen Epilepsieen. Berl. klin. Wochenschr. Bd. 32, Eulenburg.
Nr. 15 u. 16) spricht sich ausserordentlich reservirt über die chirur-
gische Epilepsiebehandlung aus und räth, sich auf einen eklektischen
Standpunkt in der Operationsfrage zu stellen, d. h. weder in dem
traumatischen und partiellen Charakter der Epilepsie schlechtweg
eine Indication, noch in dem idiopathischen und allgemeinen Charakter
der Anfälle eine unbedingte Contraindication zu erblicken, sondern
die Operationsfrage lediglich von Fall zu Fall und auf Grund ge-
wissenhafter Prüftmg aller Einzelbedingungen sachgemäss zu erwägen.
Jedenfalls thut man nach den bisherigen Erfahrungen gut, auf die
chirurgische Hülfe keine besonders grossen Hoffnungen zu setzen,
V. Bramann (Beitrag zur Prognose der Hirntumoren. Arch.
f. Uin. Chirurg. Bd. 51, H. 1) theilt mit, dass der Kranke, bei dem er
318 Wagner.
Operation Anfang 1893 fast ein faustgrosses Sarkom aus der rechten Cxrosshirnhemi-
von Hirnge- gphäre entfernte, am Leben geblieben und frei von Recidiv ist. Dass eine
sc wu 8 en, yQ^gtändige Restitutio ad integrum nicht eingetreten ist und nicht ein-
treten konnte, erklärt sich einmal aus der malignen Natur des Tumors und
dann aus der ganz enormen Ausdehnung desselben, die ausschliesslich auf
Kosten der benachbarten Hirnsubstanz erfolgt ist. Ein anderer Kranker,
bei dem v. Bramann ein Myxosarkom des Gehirns exstirpirte, ist nach
verschiedenen Operationen an Metastasen zu Grunde gegangen.
Kroenldn. Kroenlein (Zur operativen Chirurgie der Hirngeschwülste.
Beiträge z. klin. Chirurg. Bd. 15, H. 1) hat bei einem 43jährigen Kranken
mit hühnereigrossem Conglomerattuberkel , der im mittleren und unteren
Drittel der linksseitigen Central Windungen sass und den Cortex und die
subcorticalen Hirnpai-tieen einnahm, die osteoplastische Trepanation und
Exstirpation des Tumors vorgenommen. Heilung. Die vor der Operation
bestehenden, vom rechten Vorderarm ausgehenden Anfälle von Jackson-
scher Epilepsie sind bisher — 3 Monate lang nach der Operation — nicht
wiedergekehrt.
Hämatom W. Wagner (Zwei Fälle von Hämatom der Dura mater,
^^^ geheilt durch temporäre Schädelresection. Berliner klin.
Dura mater, °
w. Wagner. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 7) zeigt an zwei operativ behandelten Fällen
von Hämatom der Dura mater aufs neue die Vorzüge der von ihm
angegebenen Methode der temporären Schädelresection. Zugleich
weist Wagner darauf hin, dass die charakteristischen Symptome
des Durahämatoms — freies Intervall und dann die typischen Er-
scheinungen des fortschreitenden Himdrucks — dem Arzt die un-
bedingte Verpflichtimg auflegen, zum Zweck der Entfemimg des
Extravasats und zur Stillung der Blutung operativ einzugreifen.
Hetero- A. Fraenkel (Ueber Heteroplastik bei Schädeldefecten.
Plastik bei Aj^cJi f thn Chirurg. Bd. 50, H. 2, S. 407) empiiehlt zur Deckung
defecten ^^^ Schädeldefecten die CeUuloidheteroplastik namentlich dann, wenn
A. Fraenkel. es sich darum handelt, so rasch und so einfach als möglich zum
Ziele zu kommen. Offen daliegende traumatische Defecte, Schädel-
defecte bei Kindern, pathologische Defecte mit der Möglichkeit eines
localen Eecidivs eignen sich für die Deckung mittels Celluloidplatten.
Ganz besonders empfehlenswerth ist diese Methode aber da, wo
Schädellücken nach Trepanation wegen corticaler Epilepsie zu decken
sind. Die dichtgefligten glatten Celluloidplatten geben keinen An-
lass zur Bildung adhäsiver Processe mit der harten Hirnhaut imd
dadurch bedingter anatomischer Folgezustände, die selbst wieder zur
Ursache der corticalen Epilepsie werden können.
Chirurgie. 319
F. Krause (Erfahrungen überintracranielle Trigeminus- intra-
resection. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 50, H. 3, S. 469) hat sein J\^^^^}^^
Verfahren, die Aeste des Tngeminus in den schwersten und bisher resection,
angeheilten Fällen von Neuralgie innerhalb der Schädelhöhle zu ^- Krause.
reseciren, dahin erweitert, dass er auch das Ganglion Gasseri sammt
dem Trigeminusstamm mit entfernt. Die Operation wird dadurch
nicht complicirter, und die Ausfallserscheinungen nach Entfernung
jenes Nervenknotens verursachen nur überraschend geringe Störungen.
Dagegen scheint das radicale Vorgehen der Exstirpation des Ganglion
(rasseri nach den bisherigen Erfahrungen vor Rückfällen zu schützen.
Die zu dem gleichen Zweck von William Rose angegebene Ope-
ration leidet, abgesehen von anderen Nachtheilen, namentlich an einer
treringeren Uebersichtlichkeit des Operationsfelds.
Schimmelbusch (Ein neues Verfahren der Rhinoplastik Rliino-
nnd Operation der Sattelnase. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 50, „ J? ***[ ' ,
^ ® ' Schimmelbusch.
H. 4, S. 739) benutzt zur totalen Hhinoplastik ein der Oberfläche
der Nase entsprechendes Hautknochenstück, das dreieckig aus der
Mitte der Stirn genommen wird. Der abgelöste Lappen muss erst
m^anuliren, dann wird er auf die Wundfläche transplantirt. Ist dies
i^elungen, so wird der Länge nach in der Mitte die Knochenplatte
eingesägt und durch Zusammenfalten der beiden Hälften die Nase
erhalten. Dieser so geformte Lappen wird nun in den Defect ein-
geheilt, und zwar so, dass die Hautbekleidung nach aussen, die
transplantirte Fläche nach der Nasenhöhle zu sieht. Das Septum
wird häutig gebildet, der Stimdefect durch Lappenverschiebung ge-
deckt. Bei dieser Methode der Rhinoplastik, die mit gewissen Modi-
ticationen auch bei Sattelnase anzuwenden ist, tritt keine Schrumpfung
ein, Profilhöhe und Lumen bleiben erhalten.
Kraske (Ein Beitrag zur Methode der Uranostaphylo- ürano-
plaatik. Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 14, H. 2, S. 577) hat in einem ^\*P^,yi^"
Falle von angeborener, ungewöhnlich breiter Spaltbildung des harten Kraske.
Gaumens und des ganzen Velums die hypertrophischen unteren
Xasenmuscheln , die den ziemlich steil aufsteigenden Spalträndem
fast unmittelbar auflagen, zu einem plastischen Verschluss der Spalte
verwendet. Die Operation glückte in überraschender Weise.
Senger (lieber den Versuch einer blutlosen Oberkiefer-
resection durch temporäre Constriction der isolirten
Carotin. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 22) hat durch
820 Wagner.
Blutlose Versuche bei Thieren unzweifelhaft bewiesen, dass eine unmittelbare
Oberkiefer- XJmschnürunff der Carotis auf eine Zeit von 1 — 3 Stunden ohne lede
resectioD, . .
Senger. Gefahr für dieselben vorgenommen werden kann, wenn man bestimmte
kleine Vorsichtsmaassregeln beobachtet. Darauf hin hat Senger bei
einem 42jährigen Kranken die Oberkieferresection durch unmittel-
bare Constriction der isolirten Carotis externa mit Umgehung der
Tracheotomie ziemlich blutlos ausgeführt. Reactionslose Heilung.
Von Seiten des Gehirns oder der Carotis traten keine krankhaften
Erscheinungen auf. Weitere Erfahrungen müssen lehren, ob man
die unmittelbare Arterienconstriction auch auf andere Körpert heile
erstrecken kann, bei denen der Esmarch'sche Schlauch nicht an-
wendbar ist.
Oesohwülste Kopfstein (Beitrag zur Kenntniss der Geschwülste der
der Carotis. Carotisdrüse. Wiener klin. Rundschau Bd. 9, Nr. 6—8) entwirft im
Ko fetei* Anschluss an eine eigene Beobachtung ein Bild von den sehr seltenen Neu-
bildungen der Glandula carotica (Luschka) oder des Nodnlus caroticus
(Marchand), eines der medialen Fläche der Carotis interna dicht oberhalb
der Bifurcation aufliegenden länglichen Körperchens. Die von einer fibrösen
Kapsel eingeschlossenen, eiförmigen, sehr zellenreichen alveolären Tumoren
entwickeln sich ohne veranlassende traumatische oder entzündliche Ein-
flüsse. Ihr Wachsthum ist sehr langsam und beläuft sich meist auf eint'
längere Reihe von Jahren. Im ganzen sind es gutartige Geschwülste, die
nicht recidiviren, keine Metastasen machen und ihre Kapsel nicht durch-
brechen. Obwohl die Geschwülste die Gabelung der Carotis fast voll-
ständig einschliessen und manchmal eine namhafte Dislocation wichtiger
Nervenstämme herbeiführen, sind die Beschwerden der Kranken meist ge-
ring. Dies erklärt sich auch dadurch, dass in allen bisherigen Fällen die
Exstirpation rechtzeitig vorgenommen wurde. Letztere ist meist sehr
schwierig und gibt wegen der fast unvermeidlichen Carotisunterbindun«?
eine zweifelhafte Prognose.
Kehlkopf- Rotter (Zur Totalexstirpation des Kehlkopfes. Berliner
^*'*^P^*^'°"'kUn. Wochenschr. Bd. 30, Nr. 6) hat bei einem 72jährigen Kranken
mit Erfolg den carcinomatösen Kehlkopf exstirpirt und diesen durch
einen künstlichen, nach eigenen Angaben construirten Kehlkopf er-
setzt, dessen Hauptvorzug darin besteht, dass er nicht, was bei dem
Gussenbauer'schen nicht Selten vorkommt, auf die Speiseröhre zu
drücken vermag. Der Kranke fungirt noch immer als Sachver-
ständiger vor Gericht.
Mikulicz (Ueber die Exstirpation des Kopfnickers beim
musculären Schiefhals, nebst Bemerkungen zur Patho-
Chiniigie. 321
logie dieses Leidens. Centraibl. f. Chinirg. Bd. 22, Nr. 1) em- Mnsculärev
pdehlt in allen schwereren Fällen von mnscularem Schief hals ^ in sohUfhals»
denen der Kop&icker sehr betrachtlich verkürzt ist und keinen
fancdonellen Werth mehr hat, den Mnskel in toto zu exstirpiren.
Bei der verhältnissmassig einfachen Operation hat man sich nur
vor der Verletzung der V. jugnlaris interna und des den Muskel
durchsetzenden Astes des X. accessorius in Acht zu nehmen. Mi-
kulicz hat bisher 17mal die Exstirpation des Muskels vorgenommen,
[*mal total, 8mal partiell; von den partiellen Exstirpationen ist er
aber mehr und mehr abgekommen, weil der übrig bleibende Eeat
des Muskels doch die Neigung hat sich zu verkürzen. Als einzigen
Kachtheil der Methode in kosmetischer Einsicht ist die durch den
Wegfall des Mukels entstehende Abflachung des Halses anzusehen.
In allen von Mikulicz untersuchten Fällen von sog. angeborenem
Caput obstipum handelte es sich um einen ganz eigenartigen chro>
nischen £ntzündungsprocess — Myositis iibrosa — , der den Muskel
difEus ergreift. Die Kop&ickergeschwulst ist von Anfang an ent-
zündlich.
Lorenz (Zur Therapie des musculären Schiefhalsos. Lüitmz,
Centraibl. f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 5) wendet sich gegen die von
Mikulicz in den schwersten Fällen von musculäroni ScliiofhalH
empfohlene Totalexstirpation des contracten Kopfnickers. Nach der
svmptomatologischen Definition ist der Schief hals eine die excentrinclie
Verlagerung des Kopfes nach der Seite der Convexität bedingende
myopathische Cervicalskoliose mit vollständiger dorsolumbaler und
sehr mangelhafter occipitaler Compensation. Die Hauptaufgabe ein<jr
radicalen Therapie bildet demnach die Beseitigung der (Jervical-
skoHose durch das von Lorenz genauer beschriebene modellirende
Redressement der Halswirbelsäule, für das die operative Behand-
lung des Kopfnickers, am besten die offene Myotomie, nur ein Vor-
bereitungsact ist.
Köster (lieber musculären SchiefhaU. Deut«(;he mi*d, Woch<*n- KobI«^i.
Schrift Bd. 21, Nr. 8) ist durch genaue mikroskopische UnUtrHiutUüni^ün zu
tler üeberzeugung gekommen, dass es sich bei dem miwoulären HchirjfhalM}
um eine fibröse Degeneration — Dystrophia fibrosa — dau Mtiskels handelt,
»lie wahrscheinlich auf Vorgänge im intrauterinen Lebun xurürk'/ufühnMi
i'rt. Jedenfalls ist der Process nicht als die Folge ainnH Trsiuiiia inini
partum anzusehen.
Tilmann (Die klinische Bedeutung der Halsrippen. DeuUche JUlHrli^puii,
Zeitschr. f. Chinirg. Bd. 41, H. 4 u. 5, S. 330) berichU^t über die Kjwtir- Tllumim
pation einer linken Halsrippe bei einer 44jährigen Näherin. Die H<'H<hwer'""
Jalnbach der praetischeii ICedicin. IS96, 21
322
Wagner,
Halsrippen,
Bernhardt,
Ehrich.
Sohild-
drüsen-
fnnction,
Kocher.
im linken Arm schwanden allmählich, doch bestand noch 4 Monate
später Atrophie der Damnenballen- und Unterarmmusculatur.
Bernhardt (Ueber das Vorkommen und die klinische Be-
deutung der Halsrippen beim Menschen. Berl. klin. Wochenschr.
Bd. 82, Nr. 4) und Ehrich (Zur klinischen Symptomatologie der
Halsrippen. Beiträge z. Min. Chirurg. Bd. 14, H. 1, S. 199) theilen je
zwei neue Beobachtungen von Halsrippen beim Menschen mit, bei denen
Störungen der Circulation in der Art. subclavia und Druckerscheinungen
des Plexus brachialis vorhanden waren.
Kocher (Die Schilddrüsenfunction im Lichte neuerer
Behandlungsmethoden verschiedener Kropfformen. Cor-
respondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 1) hat ebenfalls bei Kropfkranken
Versuche mit Schilddrüsenfiitterung vorgenommen und namentlich in
einzelnen Fällen von difPusem oder difPiis tuberösem Colloidkropf
Wirkung erzielt. Die Kröpfe verkleinerten sich im Dicken- und
im Breitendurchmesser, weniger im Längendurchmesser; die ver-
kleinerten Kröpfe erschienen derber, aber die einzelnen Knollen in
lockerer Verbindung mit einander. Von einem Verschwinden des
Ejropfes, dessen Form dieselbe wie früher geblieben war, konnte
nicht die Bede sein. Die Hauptwirkung hatte sich zumeist geltend
gemacht in dem hyperplastischen Schilddrüsengewebe, das die eigent-
lichen colloiden Ejioten umschliesst. Bei den Spitalskropfkranken
war der Erfolg der Schilddrüsentherapie viel auffallender, als bei
den ambulanten. Eine grosse Bolle scheint hierbei die Entziehung
des Wassers, der Ersatz desselben durch Milch, Wein und Kaffee
zu spielen. Kocher ist deshalb vorsichtig in weitgehenden Schlüssen
betreffs der Schilddrüsentherapie. „Was sich damit erzielen lässt,
lässt sich mittels Abstinenz von ungekochtem Wasser aus Kropf-
gegenden und mittels zeitweiliger Jodtherapie auch erreichen.^
Kropf. Bruns (Weitere Erfahrungen über die Kropfbehand-
^!u*s"And-^ lung mit Schilddrüsenfütterung. Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 22,
m
Bmns.
drüsen- H. 1, S. 303) hat im ganzen 60 Kropf kranke mit Schüddrüsenfütterung
ftitterung, behandelt. Es wurden ledigUch gutartige Parenchymkröpfe dieser
Behandlung unterzogen. 14 Kranke sind vollständig geheilt, 20 be-
deutend, 9 wenig gebessert; bei 17 Elranken ist nur ein geringer
oder gar kein Erfolg zu verzeichnen. Der Erfolg der Schüddrüsen-
fütterung tritt schon nach 8 — 14 Tagen ein und ist nach 3 — 4 Wochen
vollendet. Die für diese Behandlung geeignetsten Fälle sind die
einfach h3rperplastischen Strumen bei jugendlichen Lidividuen; bei
Erwachsenen wird ein wesentlicher Erfolg mehr und mehr zur
Ausnahme.
Cfainirgie. SiS
Kocher «ihiii ■ vo^ngc mber 39 Fiile Ton op»«civ WltduidehiHa 0^«»¥«u\i»
Morbaa Bas«d«3iriL F^ stets ist Heihiii^ odi?r B<»K^:$«eruu$ iHn- j* m ^ i^*f
gecretoi. Als ^irmmhnaJkode onpdehh «r die Ligatur der Svküvi- H»»«a«>vu.
■IrüaiaMirtaäaL beim^ Herbeifaiiraiig von Atrophie der Pröa«eÄ* uuvl K^*^Nf.
Furcht vor Cache3da $trami{ari\'a nur drei
Mikulicz ilTeber Thvmasfutteriiiig bei Kropf und Tkyvam»
Bmsedo w^aeherKrankheit. BerL kün. Wochenschr. Bii 22, Xr, 16> '[^»^^^*»«
aas T^osacht, zur Fätterang bei Kröpfen eine andere Drilse au ver* «»a M\^rb«9>
wenden, da- entwickhmgsgeschichtlich und functionell eine gewi:föo B»»»<lv^\ifiK
Vowvndts^iaik mit der Schflddrase nicht abzusprechen ist> u^UuUoh ^^^
die Thymus. In 11 Fällen, in denen sich schon ein Vrtheil über
ien Erfolg dieser Therapie abgeben lässt, war der Erfolg der Thv-
mnafiltierung dors^be oder wenigstens ein ähnlicher wie der dei*
Schüddräaenfutterang. Zur Yerfuttemng wurde ausschliesslich frische,
rohe Hanunelthymus in Gaben von 10 — 25 g Smal wöchentlich ge«
reicht. Störende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. In
einem Falle von Morbus Basedowii wurde der Kropf durch dio
Thjmusfuttenmg nicht wesentlich beeinflusst, dagegen ti^at eine auf-
fallende Besserung sammtHcher Allgemeinersoheinungeu eiu,
p. KraaUeiten der Bmst und Wirbelsäule*
Th. Eölliker (Zur Frage des angeborenen HoohstandeH do8 Anffebovttuiu'
Schulterblattes. CentralbL f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 27) fand btn der HochBtanil
Operation eines Falles von angeborenem Hochstande des Schulterblatt «h, ^)i\tte»H
dass die vermeintliche, den Hochstand verursachende Exostose am oberen Th. Külllkor.
medialen Schulterblattwinkel der Schulterblattwinkel selbst war. Der innen*
obere Schulterblattwinkel war etwas länger ausgezogen als normal und,
was wesentlich ist, nach vorn umgebogen, so dass er leicht eine nach dem
Schlüsselbein hin gekrümmte Exostose vortäuschen konnte. Nach der
Resection des Knochens Hess sich sofort das Schulterblatt um ein beträcht-
liches Stück weiter nach unten schieben. Was die Aetiologie des Leiden n
anbetri£Ft, so schliesst sich Kölliker der SprengeTschen Ansicht an, die
das angeborene Leiden auf eine bei zu geringer Fruchtwassermenge dureli
die Üteruswandungen erzwungene Verdrehung des Armes nach hinten zu-
rückführt. Die Vorbildung des Schulterblattes ist erst secundärer Natur.
V. Eiseisberg (TJeber einen Fall vonlnciHion doH IIorz-inciiii»)n d«'H
beuteis wegen eitriger Pericarditis. Wiener klin. Wochen- ^^® *"**'*' "^*^^"'
Schrift Nr. 2) hat bei einem Kranken mit traumatischer eitriger • " ** 'f*
Pericarditis, bei dem sich trotz 3maliger Punction die Eiteransamm-
324 Wagner.
lung immer wieder erneuerte, den Herzbeutel breit incidirt und
drainirt. Heilung. Die bacteriologische Untersuchung des Eiters
ergab Beinculturen von Bacterium coli commune.
Entstehung Heidenhain (lieber die Entstehung von organischen
^°" Herzfehlern durch Quetschung des Herzens. Deutsche Zeit-
Herzfehlern schrift f. Chirurg. Bd. 41, H. 4 u. 5, S. 286) hat durch eingehende
durch Herz- litterarische Studien festgestellt, dass stumpf einwirkende äussere
quetschung, Qe^^hjen leichte Quetschungen des Myocards mit eventuell folgender
L. Heidenhain. . _, . .,.,__••
Herzmsufncienz sowie Klappenzerreissungen im linken Herzen mit
nachfolgender Elappeninsufficienz hervorrufen können. Die seltenen
Fälle, in denen nach einer Quetschung der Herzgegend Klappen-
stenose entstanden ist, lassen sich nur durch nachfolgende entzünd-
liche Veränderungen '(schleichende Endocarditis) an der Klappe er-
klären.
Operative F. Krause (lieber operative Behandlung der Lungen-
Behandlung gangrän, namentlich bei gesunder Pleura. Berl. klin. Wochen-
g^ngrän schrift Bd. 32, Nr. 16) bespricht diejenigen seltenen Formen von
F. Krause. Lungengangrän und Lungenabscess , die, central in einem Lappen
gelegen, die Pleura gar nicht in Mitleidenschaft gezogen, oder nur
zu Adhäsionsbildungen zwischen beiden Blättern gefuhrt haben. Li
diesen Fällen bereitet die Diagnose und namentlich die genaue
Localisation wegen des tiefen Sitzes der Erkrankungsheerde zu-
weilen grosse Schwierigkeiten (Probepunction !). Die operative
Behandlung beginnt mit der subperiostalen Besection einer oder
mehrerer Rippen. Dann muss man sich erst Klarheit darüber ver-
schaffen, ob Verwachsungen zwischen beiden Blättern der Pleura be-
stehen oder nicht. Li letzterem Falle muss man durch Naht und
Jodoformgazetamponade erst künstlich Adhäsionen erzeugen, ehe
der Pleuraraum eröffaet wird. Nach 8 — 10 Tagen kann man auf
feste Verwachsungen rechnen. Die Durchtrennung des Lungen-
gewebes wird je nach der Dicke mittels Komzange, Messer oder
Paquelin'schen Brenner vorgenommen. Ausspülungen mit sterilem
Wasser, Drainage bis zum Abschluss des Bronchialsystems gegen
die Lungenhöhle; Verband.
Enderlen (Ueber Stichverletzungen des Rückenmarks,
experimentelle und klinische Untersuchungen. Deutsche
Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 40, H. 3 u. 4, S. 201) hat durch sorgsam
ausgeführte Experimentaluntersuchungen an Kaninchen nachgewiesen,
i
Chirurgie. 325
dass die Degeneration des Rückenmarkes sich nicht auf die direct stichver-
von dem stechenden Instrumente getroffenen Partieen beschränkt, i®<^zungen
sondern sich in wechselnder Ausdehnung auch noch auf die seitlich mark es
gelegenen Theile erstreckt. Einer ausgedehnteren Verletzung folgt Enderlen.
auch eine ansgebreitetere Degeneration. Im Laufe der Zeit nimmt
die Anzahl der gequollenen Axencyünder ab; der Eintritt der Quel-
long ist schon 2 Stunden nach der Verletzung nachweisbar. Eine
Regeneration der nervösen Elemente des Rückenmarkes findet nicht
statt, nur bei der Glia und den bindegewebigen Theilen kann man
von einer Regeneration reden. Für die Sjrmptomatologie der Rücken-
marksstichverletzungen beim Menschen ergibt sich aus diesen Ver-
suchen, dass durch die diesen Verletzungen folgende seitliche Quel-
lung und Erweichung die klinisch-functionellen Lähmungserschei-
nungen meist ausgedehnter sein werden, als es der rein anatomischen
Grenze der Verletzung entspricht. Schwinden im weiteren Laufe
gewisse Lähmungserscheinungen, so ist dies theilweise nur auf Rück-
gang der Rückenmarksquellung zu beziehen, theilweise auch auf
vicarürende Functionen erhalten gebliebener collateraler Leitungs-
bahnen.
Kümmell (Ueber die traumatischen Erkrankungen der Trau-
Wirbelsäule. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 11) hat be- m*^l«c»»e
reits 1891 auf eine traumatische Erkrankung der Wirbel hingewiesen, kang der
die er nach der Eigenthümlichkeit ihrtr Erscheinimg als rareficirende Wirbelsäule,
Ostitis der Wirbelkörper bezeichnete. Diese von verschiedenen Seiten *oinieii.
als eine tuberculöse Spondylitis mit besonderem Verlaufe angesehene
Erkrankung ist namentUch in ihrer Beziehung zu unseren Unfall-
gesetzen von Wichtigkeit, da ihre Ursache stets ein Trauma bildet,
sei es, dass eine directe Gewalt die Wirbelsäule trifft, sei es, dass
ein schwerer Gegenstand auf die Schultern oder den Nacken des
Kranken herunterfällt, oder dass beim Herausspringen aus einem in
Bewegung befindlichen Wagen der Oberkörper nach hinten gerissen
wird und so eine Quetschung der Wirbel eintritt. Das Traimia
hinterlasst in seiner sofortigen Wirkung nach wenigen Tagen meist
kaum noch Sparen, und erst nach Monaten anscheinend völliger
Gesundheit entwickelt sich ein rareficirender Process in den Wirbel-
körpem, der mit einem SubstanzQchwund endigt. Niemals kommt
es bei diesem Process zur Eiterung. Wahrscheinlich handelt es sich
in den meisten Fällen um eine durch das Traimia hervorgerufene
Compression der Wirbelkörper, wodurch diese so in ihrer Ernährung
gestört werden, dass es zu einer Erweichung und Resorption oder
326 Wagner.
Trau- Atrophie der sich berührenden Wirbelkörperflächen mit fortschreiten-
matische ^ Druckschwund kommt. Die Diagnose dieses rein localen Leidens
£rkran- , ... , , t» . i
kung der bereitet keine sehr grossen Schwierigkeiten und lässt unter Bertick-
Wirbelsäule, giciitigQiig ^q^ wichtigsten Momente, Einwirkung eines Trauma bei
einer sonst gesunden Person mit rasch vorübergehenden Schmerzen,
dann später auftretender Gibbusbildung mit den sich daran an-
schliessenden localen und fortgeleiteten Schmerzen, auch meist eine
Verwechslung mit einer tuberculösen Spondylitis, eventuell mit einer
anderen Wirbelerkrankung ausschliessen. Die Therapie ist um so
dankbarer, je früher man die Kranken vor dem Eintritt tief ergehenden
Schwundes der Wirbelkörper in Behandlung bekommt. Sie besteht
in horizontaler Bettlage mit Extension am Kopfe, später in einem
geeigneten Corset bezw. Stützapparat. Dadurch erzielt man einen
Stillstand des rareflcirenden Processes und eine schliessliche An-
kylosirung der betroffenen Ejiochenpartie.
8. Krankheiten des Unterleibes.
a. Magendarmkanal.
Magen- Mikulicz (Bericht über 103 Operationen am Magen.
"^ MiMici^' Archiv f. kUn. Chirurg. Bd. 61, H. 1, S. 9) berichtet über 103 Ope-
rationen am Magen, die er während seiner klinischen Thätigkeit an
102 Kranken ausgeführt hat. 24 Kranke starben im Anschluss an
die Operation. Die günstigsten Operations- und Dauererfolge er-
gaben sich bei den nicht carcinomatösen Processen; während beim
Oesophagus- und Magencarcinom die Dauererfolge noch viel zu
wünschen übrig lassen. Durch die Gastrostomie beim Oesophagos-
carcinom wurde das Leben der Kranken durchschnittlich um 4^/s
bis 6 Monate verlängert. Seit wir durch die WitzeFsche Methode
in der Lage sind, eine vollkommen schlussfiähige Magenfistel anzu-
legen, wird die Operation von den Kranken als grosse Wohlthat
empfunden, da ihnen die Qualen des Hungertodes erspart bleiben.
Die durchschnittliche Lebensdauer nach der Gastroenterostomie wegen
Pyloruscarcinom betrug 9 V« Monate, nach der Pylorusresection durch-
schnittlich 16^4 Monate; 4 überlebende Kranke sind 24 — 5 Monate
recidivfrei. Die Pylorusresection verdient demnach in allen Fällen
von Pyloruscarcinom, in denen sie leicht durchführbar ist, vor der
Gastroenterostomie den Vorzug.
Th. Rosenheim, Th. Bosenheim (Ueber die chirurgische Behandlung
der Magenkrankheiten. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21,
Nr. 1 — 3) hebt hervor, dass die Resection des krebsigen Pylorus nur
Chirurgie.
327
in den leider noch niclit sehr zahlreichen Fällen von Frühdiagnose
des Krebses angezeigt ist, während es sich in den übrigen zur
Operation kommenden Fällen von Pyloruscarcinom fast stets nur um
die verhältnissmässig wenig gefahrliche PaUiativoperation der Gastro-
enterostomie handeln kann. Diese ist namentlich auch bei schweren
Stagnationen des Mageninhaltes anzuempfehlen. Bei den gutartigen
Verengerungen des Pylorus kommen die Besection, die Pyloroplastik
und die Gastroenterostomie in Frage. Letztere ist für alle Fälle,
in denen es sich um Stagnation des Mageninhaltes handelt, das
souveräne Verfahren. Die Pyloroplastik kommt namentlich bei Aetz-
stricturen in Betracht; die E*esection ist bei gutartigen Verengerungen
möglichst zu vermeiden, nur dann, wenn man die Entstehung eines
Narbencarcinoms befürchtet, ist diese gefährliche Operation gerecht-
fertigt (vergl. S. 201).
Rosenheim (Ueber einige operativ behandelte Magen- Rosenheim,
kranke nebst Bemerkungen über Milchsäur egährung.
Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 15 u. 16) berichtet unter
anderen FäUen auch über ein Pyloruscarcinom bei einer 48jährigen
Frau, dessen Entstehung aus einem Geschwür zweifellos war und
nach dessen Besection (zur Zeit 3 Monate nach der Operation) die
Kranke das Bild vollkommener Gesundheit bietet (vergl. S. 194).
Talma (Die Indicationen zu Magenoperationen. Berl. Talma,
klin. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 25 u. 26) empfiehlt dringend bei Car-
cinom der Cardia und des untersten Theiles des Oesophagus mög-
Uchst wenig zu sondiren und frühzeitig die Gastrostomie nach
Witz el's Methode vorzunehmen. Das Herunterschlucken von Nähr-
mitteln befördert die Entwickelung des Krebses, während der Ge-
brauch des neuen Magenmundes den Process sehr günstig beein-
flusst. Von dem Krebse an und bei dem Pylorus gilt, mutatis
mutandis , das Nämliche. Namentlich bei denjenigen Pyloruskrebsen,
die sich aus einer alten Geschwürsnarbe entwickeln, ist die Gastro-
enterostomie mit oder ohne Ausschaltimg des Pylorus die indicirte
Operation. Die Pylorektomie verdient hier keine Empfehlung.
Schuchardt (Die Behandlung der durch rundes Magen- Schuchardt,
geschwür veranlassten Perforationsperitonitis. Arch. f. Min.
Chinirg. Bd. 50, H. 3, S. 616) operirte zwei Kranke mit durch rundes
Magengeschwür veranlasster Perforationsperitonitis. Die eine Kranke, die
4 Tage nach dem Eintreten der Perforation operirt wurde , genas. In
beiden Fällen bestand diffuse Peritonitis im freien BauchfeUraume ohne
jede Spur von Verwachsungen.
Pariser (Zur Behandlung des frei in die Bauchhöhle Pariser,
perforirten Ulcus ventriculi. Deutsche med. Wochenschr.
328
Wagner.
Magen-
chirargie,
Pariser,
Kocher,
V. Eiselsberg,
Wöiner,
Bd. 21, Nr. 28 n. 29) hat gefunden, dass von 43 operativ behandelten
Kranken mit frei in die Baachhöhle perforirtem Magengeschwür lO
genesen sind.' Von ausschlaggebendem Einfluss anf den Erfolg der
Operation sind der frohe Zeitpunkt des Eingriffes (spätestens
10 Standen nach der Perforation); die schnelle und gute Erreich-
barkeit des perforirten Geschwüres ; der Eüllnngszostand des Magens
und das Verhalten seines Inhaltes in Bezog anf Zersetzungen; das
Vorhandensein nur einer Perforation. Ohne chirurgische Behand-
lung können frei in die Bauchhöhle perforirte Magengeschwüre nur
dann heilen, wenn zur Zeit des Durchbroches der Magen völlig leer
ist. Dann kommt es zu keiner allgemeinen deletären, sondern zu
einer nur ganz umschriebenen heüsamen Peritonitis, die Verklebungen
der Perforation, Verwachsungen und Anhefbmgen zor Polge hat.
Pariser hat 15 solcher Heilongsfalle , daronter eine eigene Beob-
achtung, zusammengestellt.
Kocher (Methode und Erfolge der Magenresection
wegen Carcinom. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 16
bis 18) empfiehlt aufs neue seine Methode der Magenresection wegen
Carcinom, die in der Gastroduodenostomie mit Verschluss des
Magens nach Bicsection der krebsigen Partie besteht. Er verfugt zur
Zeit über 16 solche Besectionen mit nur 2 Todesfällen. 9 Operirte
sind noch am Leben, darunter 4, bei denen nach der Operation mehr
als 1^2 Jahre verflossen sind.
V. Eiselsberg (Ueber Ausschaltung inoperabler
Pylorusstricturen nebst Bemerkungen über die Je-
junostomie. Archiv f. klin. Chirurgie Bd. 50, H. 4, S. 919) räth
bei inoperablen Magentumoren, die starke Schmerzen und Blutungen
bedingen, die Gastroenterostomie mit der Pylorusausschaltung zu
combiniren, dergestalt, dass neben der Gastroenterostomie noch der
Magen proximal vom Tumor durchtrennt wird und diese zwei
Schnittflächen in sich selbst blind vernäht werden. Der Tumor ist
dadurch vor einer directen Berührung mit dem Mageninhalt bewahrt,
ohne dass der Gallenabfluss hierbei beeinträchtigt wird. v. Eisels-
berg hat diese Operation bisher zweimal mit Erfolg ausgeführt.
Wölfler (üeber die Gastroanastomose beim Sanduhr-
magen. Beiträge z. klin. Chirurg. Bd. 13, H. 1, S. 221) berichtet über
eine dßjährige Kranke, die seit 14 Jahren am Magen litt und bei der sich
bei der Laparotomie der Magen durch eine Narbeneinschnürung in zwei
ungleiche Hälfben getheilt fand, von denen jede ektatisch war. Die Ex-
cision der Narbe und nachfolgende Gastrorrhaphie erschien zu eingreifend;
deshalb legte Wolf 1er eine Anastomose zwischen den beiden Säcken den
Sanduhrmagens an. Heilung, rasche Gewichtszunahme der vor der Operation
Chirurgie. 329
nicht ganz 86 kg wiegenden Kranken, keine Schmerzen mehr. Die eigen-
thOmlichen Beschwerden, die die Kranke vor der Operation hatte, erklären
sich wohl hauptsächlich daraus, dass der noch nicht genügend hypertrophische
cardiale Magentheil bei der Verdauung die Hubhöhe für die Nahrungs-
mittel bis zu der nach oben gelegenen Stenose nur mit Mühe überwinden
konnte.
Cahn (Gastroenterostomie wegen schmerzhaften Magen- Calm,
geschwürs ohne Stenosen er scheinungen. Berl. klin. Wochenschr.
Bd. 32, Nr. 28) hat bei einem Kranken mit Magengeschwür, bei dem an-
daaemde, nicht zu beseitigende Schmerzen zu lebensgefährlichem Kräfte-
verfall geführt hatten, mit günstigem Erfolge die Gastroenterostomie ge-
macht, obwohl ein mechanisches Hindemiss für die Entleerung des Magens
nicht bestand.
F. Fischer (Mittheilung über Magenfistelbildung. F. Fischer,
Archiv f. klin. Chirurgie Bd. 50, H. 3, S. 562) hat in vier FäUen
von Oesophagosstenose, in denen der Magen so zusammengeschrumpft
war, dass er sich nicht vor die Bauchwunde bringen liess, die Er-
nährong durch schräg durch die angenähte Magenwand durchgebohrte
Pravaz'sche Canülen vorgenommen. Dadurch, dass eine allmählich
starker genommene Hohlnadel stets an derselben Stelle der Magen-
wand schräg eingeführt wird, bildet sich in der Magenwand ein
Kanal, durch welchen sich nach 5 — 6 Wochen leicht eine Hart-
kaatschnkcanüle einfuhren lässt. Die Fistel schliesst vollkommen
über derselben, so dass selbst bei sehr starker Füllung des Magens
nichts aus der Fistel heransfliesst, da nach herausgezogener Canüle
die Fistelränder fest zusammenfallen. Wird die Oesophagusstrictur
wieder durchgängig,, so heilt die Fistel spontan.
Schdnwerth (Ueber Gastrostomieen. Münch. med. Wochenschr. Schönwerth,
Bd. 42, Nr. 19) berichtet aus der Münchener chirurgischen Klinik über
12 Gastrostomieen, von denen 11 wegen Carcinoma oesophagi, 1 wegen
Struma maligna ausgeführt wurden. Mit einer Ausnahme wurde die Ope-
ration stets mittels des Fenger'schen Schnittes unterhalb und parallel de«
linken Rippenbogens und Einnähung einer Magenfalte in die Bauchwunde
vorgenommen. Die Schlussfähigkeit der Fistel war nur in einem Falle
«ehr gut.
Lindner (Ueber Gastrostomie nach Frank. Berl. klin. Lindner.
Wochenschr. Bd. 32, Nr. 8) hat in letzter Zeit neunmal die Gastro-
stomie nach der Methode von Frank ausgeführt: Schnitt zur Er-
öffiiung der Bauchhöhle, Vorziehen einer möglichst grossen Magen-
falte, Fixirung derselben in der Peritonealööhung , Anlegen einer
zweiten Incision mehrere Querfinger oberhalb des Rippenrandes, Ünter-
niinining der so gebildeten Hautbrücke, Hindurchziehung der Magen-
falte unter derselben, Eröffnung der letzteren und Einnähen in den
330
Wagner.
oberen Schnitt. Die Erfolge dieser Operationsmethode sind sehr zu-
friedenstellend, namentlich leiden die Kranken in den ersten Wochen
ausserordentlich viel weniger als früher. Die Wundheilung wird
durch kein TJeberfliessen von Speise- oder Magenflüssigkeit gestört,
die Continenz ist meist sehr gut.
Darmnaht,
Bier,
V. Frey,
rUinann,
Landerer.
Bier (Ueber circuläre Darmnaht. Archiv f. klin. Chir.
Bd. 49, H. 4, S. 739) glaubt auf Grund seiner experimentellen und
klinischen Erfahrungen, dass die alte L emb er t'sche Darmnaht für
die grosse Mehrzahl der Fälle das einfachste und sicherste Ver-
fahren ist und dass ein Bedürfniss für neue Erfindungen auf diesem
Grebiete absolut nicht vorliegt. Etwaige Misserfolge liegen nicht in
der Unvollkommenheit der Naht, sondern entweder in der mangel-
haften Uebung des Operateurs oder in der Schwere der Erkrankung
des Patienten, die keine Darmnahtmethode aus der Welt zu schaffen
vermag. Wem in schwierigen Fällen die einfache L emb er t'sche
Naht nicht sicher genug dünkt, der mag immerhin die doppelreihige
Czerny'sche Naht wählen.
V. Frey (Ueber die Technik der Darmnaht. Beitr. z.
klin. Chirurgie Bd. 14, H. 1, S. 1) gibt eine umfassende, mit vielen
guten Abbildungen versehene Beschreibung von 77 verschiedenen
Darmnahtmethoden. Mit dem Murphy'schen Knopfe hatte er bei
Thieren und Menschen gute Erfolge. Hinsichtlich der glatten und
genauen Aneinanderlagerung der Schichten, wie sie sich in Durch-
schnitten der Narbe verschieden lange Zeit nach der Operation zeigt,
ist die Murphy'sche Methode allen anderen überlegen. Auf Grund
von vier Beobachtungen am Menschen (Operationen von Wolf 1er),
sowie von Thierversuchen hält v. Frey die Enteroanastomose nach
Darmresection zur Zeit für die beste und sicherste Darmvereinigungs-
methode.
Ullmann (Zur Technik der Darmnaht. Gentralblatt f.
Chirurgie Bd. 22, Nr. 2) empfiehlt eine besondere Art von Darm-
naht, welche wie keine andere Methode Schnelligkeit mit Sicherheit
verbindet. Eine Beschreibung dieses zuerst von einem australischen
Arzte, WydenhamMaunsell, theoretisch angeregten Verfahrens
ist ohne Abbildungen kaum zu verstehen.
Landerer (Zur Technik der Darmnaht. Gentralblatt f.
Cliirurgie Bd. 22, Nr. 13) hat bei seinen Versuchen, ohne die Nach-
theile des Murphy-Knopfes eine ebenso schnelle Vereinigung der
beiden Darmenden zu erzielen, durchlochte, in SubUmatlösung des-
inficirte Cylinder genommen, die er sich in verschiedener Grösse
Chirurgie.
331
aas Kartoffeln und nickt zu alten gelben Buben schnitzte, an beiden
Enden abschrägte und in der Mitte mit einem circulären Einschnitt
versah. Auf diesen Cylinder werden nun beide Darmstücke auf-
gebunden und mit Hülfe einer Schnümaht in die Bille hineingezogen.
Die beiden Darmstücke kommen mit den serösen Plächen zur Be-
rährong. Man kann annehmen, dass die vegetabilischen Cylinder
5 — 6 Tage vorhalten, Zeit genug, um eine genügende Yerklebung
eintreten zu lassen; nach 8 — 10 Tagen fand Landerer von den
Cvlindem nichts mehr vor. Von einer Stenose des Darmlumens an
Stelle der Operation war nichts zu merken. Landerer hat diese
Operation bisher nur an der Leiche und an Hunden geübt.
ßasumowsky (Die Bildung der seitlichen Darm- Darm-
anastomose mittels Kartoffelplatten. Archiv f. klin. Anastomose,
-^ , Kasamowsky,
Chirurgie Bd. 50, H. 4, S. 747) hat in emem Falle von Darmresec-
tion bei einem eingeklemmten, der Gangrän verdächtigen Bruche
mit günstigem Erfolge eine seitliche Darmanastomose mittels Kar-
tofPelplatten angelegt.
Wiener (Murphy's Anastomosenknopf und seine Leistungen. Wiener,
Centralbl. f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 4) zählt eine grössere Anzahl von Fällen
aaf, in denen im letzten Jahre von verschiedenen amerikanischen Chirurgen
nach Murphy's Methode operirt wurde: 10 primäre Darmresectionen hei
eingeklemmten Hernien ohne Todesfall; 16 Darmfisteln ohne Todesfall;
12 innere Einklemmungen mit 2 Todesfällen; 26 Darmresectionen wegen
meist maligner Tumoren mit 3 Todesfällen im Anschluss an die Operation ;
«^ Cholecjstoduodenostomieen mit nur 1 Todesfall; 21 Gastroenterosto-
mieen mit 4 TodesfUllen.
Murphy (An analysis of the cases operated upon Murphy.
with the Murphy hutton up to date. Lancet, 27. April) hat
die hisher mit seinem Knopfe ausgeführten Operationen zusammen-
gestellt: 91 Darmresectionen mit 15 Todesfällen, 39 Cholecystoentero-
stomieen wegen Gallensteinen mit 1 Todesfall; 8 Cholecystoentero-
stomieen wegen bösartiger Geschwülste mit 7 Todesfällen; 1 Chole-
cystoenterostomie wegen Gallenblasengangrän tödtlich; 28 Gastro-
enterostomieen mit 8 Todesfällen. Von den 167 Operirten starben
also im ganzen 32; doch nur bei 4 Todesfallen glaubt Murphy,
dass der Knopf an dem ungünstigen Ausgange Schuld gewesen sei.
Aus den bisherigen Erfahrungen ergibt sich, dass die durch den
Knopf veranlasste Narbe sich nicht verengert. Sogleich nach der
Operation soll flüssige Nahrung gegeben und durch ein leichtes Ab-
föhrmittel baldigst Stuhlgang herbeigeführt werden. Ist der Knopf
nach 3 — 4 Wochen noch nicht abgegangen, so untersuche man den
332
Wagner.
Mastdarm, weil der Knopf oft oberhalb de$ Sphincters liegen
bleibt.
Weitere Fälle von Operationen mit dem Murphy-Knopfe
Darm- sind von James Murphy, Morton, Donald Day (Brit. med.
J^mVe^M^/r' ^®^^^' 20. April), von Swain (Lancet, 23. März), von Thomson
Morton, ' (Petersburger med. Wochenschr. Bd. 20, Nr. 27), v. Brenner
l>on^d Day, (Wiener klin. Wochenschr. Bd. 8, Nr, 44 u. 45) u. A. mitgetheilt
worden.
König (Zur modernen Technik der Darmresection
und Anastomosenbildung [Murphy's Knopf etc.]. Central-
blatt f. Chirurgie Bd. 22, Nr. 4) sieht den Hauptvorzug von Murphy 's
Knopfmethode und anderen ähnlichen Verfahren darin, dass die
Darmresection rascher ausgeführt werden kann. Für manche Fälle
ist dies ein Vorzug, wennschon König bestreitet, dass nach etwas
länger dauernden Darmoperationen die Kranken oft an Shok zu
Grunde gehen; er hat jedenfalls bei seinen vielen Darmoperationen
den Tod aus dieser Ursache noch nicht zu beklagen gehabt. König
empfiehlt vorläufig noch die alten sicheren Operationsmethoden.
Swain,
Thomson,
Brenner,
König.
DarmauB-
Bchaltiing,
Reiche],
Obalinski,
Hochenegg,
Reichel (Ueber die Berechtigung der Darmaus-
schaltung mit totalem Verschluss des ausgeschalteten
Darmstückes. Centralblatt f. Chirurgie Bd. 22, Nr. 2) wendet
sich gegen den von Obalinski aufgestellten Satz, dass man
beim Menschen berechtigt sei, jedes beliebige Darmstück total
auszuschalten. Namentlich die von diesem aufgestellte neue In-
dication für die Darmausschaltung mit Verschluss — wenn eine
directe Vereinigung der nach der Darmresection entstandenen Darm-
lumina angestrebt wird, diese jedoch wegen Adhäsionen und der-
gleichen nicht in genügender Weise an einander gebracht werden
können — ist unter keinen Umständen berechtigt. In einer Ent-
gegnung weist Obalinski (Centralbl. f. Chirurgie Bd. 22, Nr, 6) dar-
auf hin, dass die von Reichel bekämpfte Indication der totalen
Darmausschaltimg sich nur auf den Dickdarm bezieht, für den auch
dieser die Möglichkeit einer Ausschaltung mit vollständigem Ver-
schlusse zugibt.
Hochenegg (Chirurgische Eingriffe bei Blinddarm-
erkrankungen. Wiener klin. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 16 — 20)
betrachtet im Gegensatz zu Obalinski und v. Baracz die totale
Darmausschaltung mit totalem Verschlusse des ausgeschalteten Stückes
und Versenkung an jedem Darmabschnitte als zu gefährlich ; sie ist
aber auch unzweckmässig, weü man dem kranken Darme nicht mehr
Chirurgie.
833
beikominen kann. Die totale Darmausschaltung nach 8 alz er mit
Einnahung der Lichtungen der ausgeschalteten Darmpartie in die
Baachwiinde bleibt namentlich bei besonders schweren, mit Eiterung
und Fistelbildung complicirten Fällen vorbehalten, sowie in jenen
Fällen, in denen die Ausschaltung nur die vorbereitende Operation
zur Ezstirpation des Erankheitsheerdes vorstellen soll. In weniger
schweren Fällen ist die partielle Darmausschaltung, die Ueocolo-
stomie, zu versuchen. In einer sehr polemisch gehaltenen Erwide-
rung (ibid. Nr. 28) vertheidigt v. Baracz seine Operation der
totalen Darmausschaltung mit totalem Verschluss des ausgeschalteten
Darmstückes.
V. Erlach (Ein Fall von Fistula ileo-vaginalis durch
Darmausschaltung geheilt. Wiener klin. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 24)
hat bei einer 40jährigen Kranken, bei der sich im Anschluss an die Ex-
t^tirpation des carcinoniatösen Uterus eine carcinomatöse lleovaginalfistel
{gebildet hatte , eine 30 cm lange , mit dem Carcinom verwachsene Darm-
schlinge vollkommen ausgeschaltet. Vereinigung des zuführenden Darm-
rohres mit dem abführenden; glatte Heilung. 10 Monate nach der Operation
Tod an Carcinommarasmus. Section nicht gestattet.
V. Baracz,
V. Erlach.
Rydygier(ZurBehandlungderDarminvaginationen. Darm-
Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie Bd. 42, H. 1 u. 2, S. 101) kommt i^^^a&i«»-
auf Grund einer kritischen Durchsicht von 152 Fällen von Darm- Rydygier.
invaginationen zu folgenden Schlussfolgerungen: In acuten Fällen
soll möglichst früh zur Operation geschritten werden, sobald die un-
blutigen therapeutischen Maassregeln, gehörig ausgeföhrt, ohne Erfolg
geblieben sind. Kach gemachter Laparotomie ist zunächst die Des-
invagination zu versuchen ; die Operation der Wahl ist die Resection
des Invaginatum allein. Die Resection der ganzen Invagination hat
da Platz zu greifen, wo die invaginirende Scheide stärkere Ver-
änderung ihrer Wände zeigt und Perforation droht. Bei der chro-
nischen Invagination ist ebenfalls zuerst die Desinvagination zu ver-
suchen, sonst aber die Besection des Invaginatum vorzuehmen.
Aufrecht (Zur Pathologie und Therapie der Para- Biinddarm-
typhlitis. Therap. Monatsh. Bd. 9, Nr. B) will die grosse Mehrzahl ^"^^ ^^^•'^-
aller Paratyphlitiskranken der internen Behandlung gewahrt wissen. Chirurgie,
Seine Heilungsresidtate sind günstiger als diejenigen von Murphy, Aufrecht.
der jeden sicher diagnosticirten Fall von Entzündung des Processus
vermiformis der sofortigen Operation unterwirft. Bei der vom er-
krankten Processus vermiformis ausgehenden phlegmonösen Ent-
zündung des Bindegewebes hinter dem Colon ascendens hält auch
334 Wagner.
Blinddarm- Aufrecht ein schletuiiges chirurgisches Eingreifen für erforderlich,
und Wurm- g^j^gt nur beim Vorhandensein grösserer Eitermassen im Bauche und
Chirurgie, hei nachweisbarem Abscesse. Bei Ileus empfiehlt sich zunächst eine Be-
Aufrecht, handlung mit Morphiuminjectionen ; nur wenn sich die Erscheinungen
sehr rasch zu grosser Heftigkeit steigern, muss sofort operirt werden.
Treves, Treves (Observations on a further series of cases
of relapsing typhlitis treated by Operation. Brit. med.
Joum., 9. März) fügt seinen 14 früher mitgetheilten PäUen von
operativer Behandlung der recidivirenden Perityphlitis 18 weitere
hinzu. Die Entfernung des Wurmfortsatzes wurde stets erst nach
Ablauf der entzündlichen Erscheinungen vorgenommen. Nur ein Fall
endete tödtlich.
Baxker. A. Barker (A note on the technique of removal of the
vermiform appendix. Brit. med. Joum,, Nr. 1790) hat folgen-
des einfache Verfahren der Exstirpation des Wurmfortsatzes in bis-
her 7 Fällen erprobt gefanden : Nach Isolirung des Appendix, Unter-
bindung und Ablösung seines Gekröses durchtrennt man am ersteren
Serosa und Muscularis circulär, zieht unter Zurückschiebung dieser
Häute den Schleimhautschlauch hervor, unterbindet und trennt ihn
nahe seinem Abgange vom Blinddarm ab und unterbindet dann über
den sich zurückziehenden Stumpf den wieder zurückgestreiften Serosa-
und Muscularisschlauch.
GeschwttlBte Körte (Zur chirurgischen Behandlung der G e-
^^J^ schwülste der Ileocöcalgegend. Deutsche Zeitschrift fiir
gVge^l! Chirurgie Bd. 40, H. 5 u. 6, S. 523) hat 16 Fälle von Geschwülsten
Körte. der Ileocöcalgegend beobachtet imd davon 9 ELranke mit Exstirpa-
tion des Erankheitsheerdes bebandelt (4 Oarcinome, 4 Tuberculosen,
1 Aktinomykose). Von den Operirten ist keiner an den Folgen des
Eingriffes gestorben. Von den operirten Carcinomkranken ist einer
3 Vs Jahre gesund, obwohl die Geschwulst sehr ausgedehnt war ; bei
2 anderen Kranken sind 13 V« resp. 10^2 Monate seit der Operation
verflossen ; bei beiden besteht aber die Wahrscheinlichkeit eines Reci-
dives. Von den wegen Tuberculose Operirten ist ein Patient 2 Jahre
7 Monate gesund, bei einem zweiten und dritten ist die Operation
noch jungen Datums; die vierte Kranke, ein 14jähriges Kind, erlag
10 Vs Monate nach der Exstirpation einer ausgedehnten Lungen-,
Darm- und Bauchfelltuberculose, Der wegen Aktinomykose Opeiirte
erlag 8\'2 Monate nach der Exstirpation des Beocöcaltumors, welche
auf die irrthümliche Diagnose maligner Neubildung hin gemacht
wurde, den weitergehenden Zerstörungen durch den Strahlenpilz.
Chirurgie. ' 335
Schede (Ueber die Besection des Mastdarmes bei Mastdarm-
den stricturirenden Geschwüren desselben. Archiv f. ^^l'?'*^®'
klin. Chirurgie Bd. 50, H. 4, S. 835) empfiehlt auf Grund von
15 Operationsfällen, von denen 14 in endgültige Genesung ausgingen,
bei den stricturirenden Mastdarmgeschwüren die Besection vorzu-
nehmen. Nur bei ganz schwierigen Operationsfällen und bei sehr
heruntergekommenen Kranken ist die Colotomie, eventuell wenigstens
als PräUminaroperation, angezeigt.
C.Koch (ZurOperation desMastdarmkrebses. Münch. c. Koch.
med. Wochenschr. Bd. 42, Nr. 6 u. 7) hat bei der Operation des
Mastdarmkrebses sehr günstige Erfolge mit der nach v. Bergmann
modificirten sacralen Methode erzielt. Seine fünf Kranken genasen,
der erste ist jetzt nahezu 2 Jahre recidivfrei geblieben.
Nicoladoni (260 Badicaloperationen nach Bassini Radical-
nebst einer eigenen Methode der conservativen Ver- op®^****^'*
. der
Lagerung des Leistenhodens. Wiener med. Presse Bd. 36, unterleibs-
Xr. 10 — 17) ist ein grosser Anhänger der Bassini'schen Badical- Brüche,
Operation und hat bisher 260 Kranke nach dieser Methode operirt.
Li den früheren Fällen hat er, namentlich bei subaponeurotischer
Entwickelung des Kryptorchismus , die Badicaloperation immer mit
der Castration des Hodens verbunden, in dem Gedanken, dass der
Samenstrang für einen Scrotalsitz des Hodens zu kurz sei. Es ist
jedoch überraschend, wie sehr der Leistenhoden beweglich wird, wenn
sein Samenstrang einmal aus dem Processus vaginalis gelöst ist und
wie weit sich dieser ohne übermässige Spannung dehnen lässt. Li
seinen letzten OperationsfäUen hat deshalb Nicoladoni nach Be-
freiung des Samenstranges bis in die Apertura interna hinein den
Processus vaginalis nach sorgfaltigem Ausstreichen seines Inhaltes
im Niveau der Arteria epigastrica unterbunden und diesseits der
Ligatur abgetrennt. Hieran schliesst sich unmittelbar die tiefe
Naht der Bauchmusculatur mit dem Ligamentum Poupartii. Dann
wird der aufwärts vom Hoden gelegene Antheil des Processus
vaginalis entfernt und von seinem distalen Antheüe nur so viel ab-
getragen, dass die davon zurückbleibenden Beste genügen, den Hoden
mit einer Tunica testis zu versehen. Der abwärts vom Hoden he-
gende und mit seiner Epididymis inm'g verbundene Best des Pro-
cessus vaginalis wird jedoch geschont und zu einer Art von Guber-
nacolum verwendet, mit dessen Hülfe der Testikel an seinem neuen
Platze dauernd festgehalten werden soll.
Beresowsky (Ueber Badicaloperation nicht einge-
336
Wagner.
Radical- klemmter Brüche und ihre Endresultate. Deutsche Zeit-
operation gchrift f. Chirurgie Bd. 40, H. 3 u. 4, S. 295) berichtet über das
Unterleibs- Kocher'sche Material von Kadicaloperationen nicht eingeklemmter
brüohe, Brüche. Dasselbe umfasst 192 Patienten mit 220 Brüchen. Alle
BereeowBky, tranken sind genesen, und alle sind aus der Klinik ohne Bruchband
entlassen worden, da keine Vorwölbimg beim Husten und bei An-
spannung der OperationssteUe vorhanden war. Für die beste Me-
thode der Badicaloperation der Hemiae inguinales obliquae hält
Beresowsky die modificirte Yerlagerungsmethode von Kocher,
• die in ihrer Technik einfach und gefahrlos ist und bezüglich der
Becidive dieselben günstigen Kesultate aufweist, wie die anderen
gegenwärtig besten Methoden von Mac Ewen und Bassini.
w. Kramer, W. Kramer (Ueber die Resultate und die Ausführung
der Radicaloperation besonders grosser TJnterleibsbrüche.
Arch. f. klin. Chirurg. Bd. BO, H. 1, S. 188) hat durch eine grössere
statistische Arbeit den Nachweis erbracht, dass auch bei besonders
grossen, d. h. über zweimannsfaust- und noch grösseren Hernien die
Radicaloperation günstige Erfolge aufzuweisen hat. Jedenfalls bessert
sich fast stets nach der Operation die Möglichkeit, einen wieder-
kehrenden Bruch durch ein Bruchband zurückhalten zu können.
Natürlich sind auch die Gefahren der Radicaloperation besonders
grosser Hernien beträchtlicher, so dass hier ganz besonders eine
strenge Auswahl der zu operirenden Fälle für die Zukunft ge-
boten ist.
Fabriciufl. Fabricius (Ueber die operative Behandlung von Crural-
hernien. Wien. klin. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 31 u. 32) theilt die
Schenkelbrüche in folgende drei Arten ein: 1. Die Geschwulst
tritt unter dem Rande des Proc. falciformis minor durch eine OeShung
des oberflächlichen Blattes der Fascia lata hervor (kleine Hernien);
2. die Bruchgeschwulst liegt direct im Gefasstrichter; 3. die Brach-
pforte ist so gross, dass der ganze Raxmi vom Proc. falciformis
minor bis zu den grossen Gefassen von der Bruchgeschwxdst aus-
gefüllt ist. Die Bedingungen für eine erfolgreiche Radicaloperation
bestehen in der Beseitigung des Schenkeltrichters und in einer mög-
lichst festen Fixation des Poupart'schen Bandes am horizontalen
Schambeinaste. Fabricius näht das Poupart^sche Band an den
inneren Rand des horizontalen Schambeinastes; hierbei incidirt er
den oberen Rand des Proc. falciformis minor und die Fasern des
Lig. Poupartii an dessen Insertion am Tuberculum pubicum so weit,
bis sich dieses leicht zurückdrängen und an das Lig. Cooperi an-
nähen lässt.
Chirurgie. 337
Tenderich (lieber Tuberculose der Hernien. Deutsche Tubercuiose
Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 41, H. 1 u. 3, S. 220) beschreibt aus ^^t^^^I^^^J^J^^'''
Greifswalder chirurgischen Klinik drei Fälle von Hemientuberculose.
Im ganzen bietet die Casuistik 22 hierher gehörige Fälle. Am
hanfigsten werden die Leistenbrüche beim männlichen Geschlecht
von der Tuberculose betroffen. Die Krankheit ist vor der Operation
nur selten sicher zu diagnosticiren.
Kroenlein (Klinische und topographisch-anatomische Pankreas-
Beiträge zur Chirurgie des Pankreas. Beitr. z. klin. Chirurg, c^^rnrgie,
Bd. 14, H. 8, S. 663) exstirpirte bei einer 63jährig6n Frau ein primäres
Angiosarkom des Pankreaskopfes. 7 Tage nach der Operation starb
die Kranke, und zwar ergab die Section als einzige Todesursache
eine scharf begrenzte Gangraena coli transversa in bedeutender Aus-
dehnung. Dieses Ereigniss veranlasste Kroenlein, der Ursache
di^er Dickdarmgangrän genauer nachzugehen, und er konnte fest-
stellen, dass diese auf die Continuitätsunterbindung der Art. colica
media, nahe ihrem Abgange aus der Art. mesenterica superior
zurückgeführt werden musste.
b. Leber, Gallenblase.
Sendler (Zur Pathologie und Chirurgie der Gallen- Gallen-
blase und Leber. Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 40, H. 3 u. 4, ^^laseji- und
Leber-
8. 366) will die innere Therapie bei Gallenblasenleiden, wenn sie Chirurgie,
nicht von Erfolg begleitet ist, nicht zu lange ausgedehnt wissen. Je Sendler.
früher ein Gallenblasenleiden zur Operation gelangt, desto leichter
wird diese im allgemeinen sich gestalten, imd desto rascher und
gründlicher wird die Heilung zu erreichen sein. Eine Operation ist
bei der regulären Cholelithiasis schon nothwendig, wenn sich die
KolikanfaUe häufig und in kurzen Pausen wiederholen. Zeichen von
Steinverschluss der GaUengänge und auftretendes Fieber drängen
noch mehr dazu. Das letztere lässt in den meisten Fällen auf In-
fection und Eiterbildung schliessen. Acut aufgetretener Icterus bietet
keine Contraindication, ebenso wenig chronischer Icterus. Tritt im
Verlaufe der Kolikanfälle überhaupt kein Icterus ein und wird dabei
auch kein Steinabgang in den Stühlen beobachtet, so ist zu ver-
muthen, dass sich in der Gallenblase grosse Steine befinden, die die
Gänge nicht durchwandern können und deshalb möglichst bald zu
entfernen sind. Die acute infectiöse Cholecystitis, die durch Ruptur
der Gallenblase oder -Gänge herbeigeführte Perforativperitonitis, so-
wie der Gallensteinileus erfordern sofort nach gestellter Diagnose
Jahibnch der practisohen Medidn. 1896. 22
338
Wagner.
Gallen- die Laparotomie. Auch beim chronischen Hydrops der Gallenblase
^hehlr-^ ist die Operation zu empfehlen, da dieser mit verschwindenden Aus-
Chirurgie, nahmen auf Verschluss des Ductus cysticus beruht und eine Bück*
Sendler. bildung deshalb nicht zu erwarten ist. Auch wenn keine ftbr die
Cholelithiasis charakteristischen Beschwerden vorliegen, aber Schmerz-
anfälle auftreten, die auf intraabdominale Strangbildungen infolge
eines abgelaufenen Grallensteinleidens schliessen lassen, ist die Laparo-
tomie angezeigt. Die Wahl der Operationsmethode ist im Einzelfalle
abhängig zu machen von dem pathologischen Befände. Die Chole-
cystektomie schafft, wo sie am Platze ist, die klarsten Verhältnisse ;
die Cystendyse passt nur für wenige uncomplicirte PäUe und wird
auch hier vielleicht besser durch die einzeitige Cholecystotomie mit
folgendem Nahtverschluss der Gallenblase und Einheftung derselben
in die Bauchwunde ersetzt. Für die meisten Fälle ist die einzeitige
Cholecystotomie mit zeitweiliger Anlegung einer GaUenblasenbauch-
fistel die geeignetste Operation, da sie eine Nachbehandlung der
erkrankten Gallenblasenschleimhaut gestattet und etwa übersehenen
Steinen die Ausgangspforte offen hält. Bei infectiösen Erkrankungen
empfiehlt sich die zweizeitige Operation. Gallengangsteine sind in
die Gallenblase zurückzuschieben oder durch directen Einschnitt zu
entfernen. Den Folgen des Choledochusverschlusses ist durch die
Cholecystenterostomie in wirksamer Weise zu begegnen.
Meermann, Meermann (Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege.
Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 13, H. 2, S. 319), der sich auf das grosse
Material der Heidelberger chirurgischen Klinik stützt, ist ebenfalls
für möglichst frühzeitige Operation. Bei wenig erkrankter Wand,
bei galligem, schleimigem oder hydropischem Inhalte der Gallenblase
ist die Cholecystendyse die typische Operation, die die günstigste
Prognose gibt. Li der Mehrzahl der FäUe ist die einzeitige Chole-
cystostomie am Platze.
Kocher. Kocher (Ein Fall von Choledochoduodenostomia interna
wegen Gallenstein. Correspondenzbl. f. Schweiz. Aerzte Nr. 7) hat
bei einem 36jährigen Kranken einen im Choledochna sitzenden taubenei-
grossen Stein, der nicht zertrümmert werden konnte, dadorch extrahirt,
dass er das Duodenum quer spaltete und dann durch die hintere Duodenal-
wand auf den Stein einschnitt. Naht etc., Heilung.
c. Milz.
Spien»
ektomie,
Hahn,
Hahn (Ueber Splenektomie bei Milzechinococcus.
Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 28) empfiehlt beim Echino-
coccus und bei den Blutcysten der Milz die Splenektomie vor-
Chirurgie.
339
Mainzer,
zunehmen, vorausgesetzt, dass keine festeren und ausgedehnteren
Adhäsionen mit Magen, Darm, Bauchwand und Zwerchfell vorliegen.
Ist dies der Fall, so ist an Stelle der Splenektomie die Einheftung
und die sofortige Incision der Cyste oder die zweizeitige Eröfbung
vorzunehmen. Von sieben Splenektomieen wegen Echinococcus, dar-
imter ein Fall von Hahn, sind fünf glatt geheilt. Der Ausfall einer
gesunden oder durch Druck atrophischen Milz scheint von einem
gesunden Organismus ohne alle nachtheiligen Folgen leicht über-
wunden zu werden.
Mainzer (Wandermilz und Splenektomie. Ann, d. städt.
aUgem. Krankenh. z. München für 1893, S. 254) hebt als ätiologisch
wichtig hervor, dass es sich in den meisten Fällen von Wandermilz
um ein vergrössertes Organ handelt, und zwar ist diese Vergrösse-
rung primärer Natur (namentlich Intermittens-Milz). Die Beschwerden
von Seiten einer £rei beweglichen Milz sind meist nicht so gross,
als wenn sie durch Adhäsionen fixirt, an einem Funkte liegt, wo sie
fortwährend einen Zug oder Druck auf wichtige Organe ausübt. Bei
Malariawandermilz kann man eine medicamentöse Behandlung ver-
suchen. Ist die dislocirte Milz nicht sehr gross und noch frei be-
weglich, so sucht man sie durch passende elastische Bandagen in
ihrer Lage zu erhalten. Bei sehr grossen, nicht repomrbaren Milzen
ist nur von einer operativen Behandlimg Erfolg zu erwarten. Von
32 Splenektomieen wegen Wandermilz — Mainzer theilt einen hier-
her gehörigen neuen Fall aus der Angerer'schen Klinik mit —
endeten nur 4 tödtlich.
M. Range (Exstirpation einer Wandermilz mit Axendrehung
des Stieles, Berliner Min. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 16) hat bei einer
21j3hrigen Kranken die um ihren Stiel gedrehte Wandermilz mit glück-
lichem Erfolge entfernt. 4 Wochen nach der Operation war der Blutbefund
wieder aimähemd normal, keine Lymph- oder SchUddrüsenschwellung.
Rydygier (Die Behandlung der Wandermilz durch spienopexis,
Splenopexis. Wien. khn. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 24) hat unter Rydygier.
48 Fällen von idiopathischer Milzvergrösserung und Wandermilz, in
denen die Splenektomie vorgenommen wurde, 15 = 81,2 '^/o Todes-
falle gezählt. Dies beweist hinlänglich, dass die Splenektomie auch
bei der Wandermilz nicht ungefährlich ist; ganz abgesehen davon,
dass es für den Körper nicht ohne Belang sein kann, ob man ein so
wichtiges Organ entfernt oder nicht. Rydygier hat deshalb in
einem kürzlich beobachteten Falle von Wandermilz von der Splen-
ektomie abgesehen und mit günstigem Erfolg eine Splenopexis vor-
genommen. Er bildete . sich durch Ablösen des parietalen Peritoneal-
M. Range.
340
Wagner.
Spienopexis, blattes von der inneren Bauchwand eine Tasche, in die er die Milz
Rydygier, hineinsteckte. Das Lig. gastro-lienale wurde an den Rand der Tasche
festgenäht, und nur wenige Befestigungsnähte wurden durch das Milz-
parenchym selbst gelegt. 3 Monate nach der Operation befand sich
die Milz noch an der normalen Stelle.
Kouwer, Kouwer (Die Behandlung der Wandermilz durch Spieno-
pexis. Wien. klin. Wochenschr, Bd. 8, Nr. 48) hat bereits vor 4 Jahren
in zwei Fällen eine Befestigung der Wandermilz vorgenommen, und zwar
wurde die Milz unten und etwas nach aussen von der Niere fixirt. Bei der
ersten Ejranken hat sich diese Fixation nun bereits 4 Jahre voll bewährt,
die Kranke ist arbeitsfähig und hat keine Wandermilz mehr. Im zweiten
Falle misslang das Verfahren aus besonderen Ursachen.
Plücker, Plücker (Ueber Spienopexis bei Wandermilz. Centralbl.
f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 40) ist ebenfalls der Ansicht, dass bei der
Wandermilz die Splenektomie durch die Spienopexis verdrängt werden
soll. Er beschreibt ein von Bardenheuer mit Erfolg angewendetes
Verfahren von eirtraperitonealer Lagerung und Fixirung der Milz,
das sich gegenüber der Rydygier'schen Methode durch vollkommene
Gefahrlosigkeit und leichtere Technik auszeichnet.
Sykoff. Sykoff (Ueber die Behandlung der Wandermilz mit Spleno-
pexie. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 51, H. 3, S. 637) hat auf eine An-
regung von L. V. Lewschin hin bei Thieren Versuche angestellt, die
Milz in ein Netz aus sterilisirtem Gatgut zu hüllen und das letztere an die
Bauchdecken mit Nähten anzuziehen. Für diese Fixation ist es genügend
die Hälfte oder den mittleren Theil der Milz anzunähen.' Neben den Catgut-
fäden bilden sich Gewebsstränge , welche dann die dauernde Fixirung der
Müz Übernehmen; letztere bleibt vollkommen functionsfähig.
d. Harnorgane.
Cysto- Nitze (Ueber cystoskopische Diagnostik chirurgischer
ßkopische Nierenerkrankungen mit besonderer Berücksichtigung des
^ Harnleiterkatheterismus. Berl. klin. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 16
u. 17) zeigt an einer Beihe von instructiven Fällen, dass die Cysto-
skopie mit Sicherheit die Frage beantworten kann, ob die Blase oder
die Niere der Sitz der Erkrankung ist, ob zwei functionirende Nieren
vorhanden sind und aus welchem Harnleiter bei Hämaturie und
Pyurie das pathologische Secret stammt. Mittels des von Nitze
angegebenen Harnleiterkatheterismus gelingt es nun aber auch, den
Harn jeder Niere gesondei*t aufzufangen und chemisch zu unter-
suchen.
Ballowitz (üeber angeborenen, einseitigen, vollkommenen
NierenmangeL Virchow's Arch. Bd. 141, S. 309) hat 213 Fälle von
chirur-
gischer
Nieren-
erkran-
kungen,
Kitze.
Chirurgie. 341
angeborenem, einseitigem/ yollkommenem Nierendefect gesammelt. 117mal Angeborener
wnrde derselbe links, 88mal rechts beobachtet. Namentlich bei dem mann- einseitiger
N ie r OD'
liehen Geschlechte wird die linke Seite entschieden häufiger vom Nieren- man gel
defect betroffen, als die rechte. Ueberhaupt findet sich der congenitale Ballowitz.
Nierenmangel beim männlichen Geschlechte fast noch einm:ü so häufig, als
beim weiblichen. Die gleichzeitig beobachteten Defectbildungen der Ge-
schlechtsorgane treten so gut wie ausschliesslich auf der Seite des Nieren-
mangels auf und betreffen in erster Linie das System der Ausführungs-
gänge, selten die Keimdrüsen selbst, wenn auch die letzteren häufig hypo-
plastisch oder atrophisch sind; sehr selten, \md dann auch nur bei dem
weiblichen Geschlechte, ist der gesammte Genitalapparat unentwickelt.
Gueterbock (Beiträge zur Lehre von den Nierenver- Nierenver-
letzungen. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 51, H. 2, S. 225) hat bei Q^g^rt^^iT'
seinen auf ein grosses Material sich stützenden Untersuchungen ge-
funden, dass die circumrenalen Verletzungen sehr viel häufiger
vorkommen, als die der Nierensubstanz selbst. Erstere können zur
Lockerung der Niere in ihrer Kapsel und secundär zur Insufficienz
des Nierenstieles und somit zur traumatischen Wanderniere
fuhren. Die subcutanen Nierenverletzungen entstehen häufig
infolge von plötzlicher Baumbeschränkung der Bumpf höhle. Dieselbe
mnss in erster Linie die Längenausdehnung als die grösste Dimension
des Organs beeinträchtigen und zu einer gewaltsamen Annäherung
seiner beiden Pole zu einander fuhren. Bei besonderer Intensität
des Vorgangs kann es zur Aufhebung des molecularen Zusammen-
hangs und zur Zermalmung und Zerstörung des Parenchyms der
ganzen Niere oder eines grösseren Abschnitts derselben kommen.
Findet keine vollständige Aufhebung des molecularen Zusammen-
hangs statt, so kommt es nur zu einfachen oder mehrfachen Bissen.
Häufig besteht ein grosser und mehrere kleinere Bisse; die günstigste
Stelle für die grösseren Bisse ist die der geringsten Breite des
Organs, entsprechend dem Hilus renalis.
Küster (Zur Entstehung der subcutanen Nierenzer- Subcutane
reissung und der Wanderniere. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 50, Nieren-
H. 3, S. 676) hebt hervor, dass aUe bisherigen Erklärungsversuche ^^^
der subcutanen Nierenzerreissungen anatomische, physiologische oder Wand er-
physikalische Unmöglichkeiten enthalten. Nach Küster beruhen fast V-^l^'
alle Nierenverletzungen auf dem Zusammenwirken zweier Momente:
1. einer stossweisen Adductionsbewegung der beiden unteren Bippen
nach der Bichtung der Wirbelsäule; 2. einer hydraulischen Pressung
der in Niere und Nierenbecken enthaltenen Flüssigkeiten. Es handelt
342 Wagner.
sich also um eine Sprengwirkung. Diese kann hervorgerufen werden
durch Stoss oder Schlag, aber auch durch eine plötzliche, stossweise
Contraction der Bauchmuskeln, die ihren Ursprung an den unteren
Rippen nehmen (Nierenzerreissung durch Muskelzug). Was die Ent-
stehung der Wandemiere anbelangt, so sind alle die ätiologischen
Theorieen unhaltbar, die nicht ungezwungen erklären, warum die
Wandemiere in überwiegend grosser Zahl bei Frauen und zumeist
rechtsseitig vorkommt. Eine Erklänmg findet aber diese Thatsache
nur durch die von Bartels und Heller vertretene Theorie der
Schnürwirkungen. Letztere bestehen in plötzlich oder langsam zu
Stande kommenden Verengerungen des unteren Abschnitts des Brust-
korbs. Dasselbe Trauma aber, das bei Männern Nierenzerreissungen
hervorruft, bedingt bei Frauen Lageveränderungen der Niere nament-
lich deswegen, weil die starke Vorwölbung der Hüften mit ihrem
dicken Fettpolster imd femer die weibliche Kleidung (Corset) einen
starken Schutz gewähren, der beim Manne fortfällt.
Nieren- Graser (Beitrag zur Pathologie und chirurgischen
Chirurgie, Therapie der Nierenkrankheiten. Deutsches Arch. f. klin. Med.
Graser,
Bd. 55, S. 465) theilt unter anderen Nierenfallen eine Beobachtung mit,
wo eine im rechten Hypochondrium befindliche Pyonephrose sich bei der
Operation als eine von der angeboren verlagerten linken Niere aus-
gehende Geschwulst erwies. Gras er fand in der Litteratur 200 Fälle
von angeborenen Verlagerungen der Niere; 16 Fälle überzähliger
Nieren; 116 Fälle von Nierenmangel. „Der angeborene Mangel einer
Niere ist so häufig, dass man bei allen Operationen, die eine Ent-
fernung der Niere nahelegen, ernstlich mit dieser Möglichkeit rechnen
muss."
Hildebrand, Hildebrand (Beitrag zur Nierenchirurgie. Deutsche Zeit-
schrift f. Chirurg. Bd. 40, H. 1, S. 90) bespricht an der Hand des reichen
Materials der Göttinger chirurgischen Klinik die daselbst ausgeführten
Nierenoperationen (26 Nephrektomieen , 31 Nephrotomieen , Nephro-
rhaphieen etc.). Li 12 Fällen handelte es sich um Geschwulstbildnngen
in der Niere. Die Nephrektomie, die bei 7 Kindern wegen der
Grösse der Geschwulst auf transperitonealem Wege ausgeführt werden
musste, erzielte bei Kindern keinen definitiven Heilerfolg. Von den
Erwachsenen ist eine Frau noch 1 Jahr 8 Monate nach der Operation
gesund. Hydronephrotische, eitrige und calculöse Sacknieren sind
in allen Fällen, in denen man über den Zustand der zweiten Niere
nicht vollkommen genau unterrichtet ist, zunächst nur mittels Nephro-
tomie zu behandeln, an die man dann später eventuell die secund&re
Chirurgie.
343
Exstirpation anschliessen kann. Bei der Nierentuberculose, die sicher
öfter, als man bisher amsunehmen geneigt war, primär ist, kann die
Nephrektomie günstige Erfolge erzielen. Die Besultate der Nephro-
rhaphie bei Wandemiere waren befriedigend.
Bodenstein (Beiträge zur Chirurgie der weiblichen Bodenstein.
Harn Organe. Oentralbl. f. d. Krankheiten d. Harn- u. Sex.-Org.
Bd. 6, Nr. 1) berichtet über eine Anzahl interessanter Nierenoperationen
aus der Sänger'scher Klinik und stellt für die Operation von Nieren-
steinen folgende Sätze auf: Liegt bei Nephrolithiasis der Stein frei
im Nierenbecken, so ist er durch Incision desselben, eventuell mit
theilweiser Incision der Niere, ganz oder verkleinert zu entfernen.
Das ist die Normaloperation. Nur wenn der Stein durch das nicht
oder wenig erweiterte Nierenbecken hindurch nicht direct erreicht
werden kann, kann der Sectionsschnitt der Niere in Frage kommen.
Die Nierenbeckennaht verspricht nur dann Erfolg, wenn keine Eite-
rung und Infection vorhanden ist. Die Suturen bei Naht des Nieren-
beckens sind im Gegensatz zu denen bei Naht des Nierenparenchyms
fest zu knüpfen. Eine „ideale Nephrolithotomie" kann erzielt werden,
wenn nach Schluss der Wunde der Niere, resp. des Nierenbeckens
auch die äussere Wunde vollständig geschlossen wird. Durch die
Ureterenpalpation von der Scheide her ist man bei Frauen in zweifel-
haften Fällen in den Stand gesetzt, zu bestimmen, welche der beiden
Nieren von dem Steinleiden befallen ist.
Perthes (üeber Nierenexstirpationen. Deutsche Zeit-
schrift £ Chirurgie Bd. 42, H. 3, S. 201) berichtet über 22 Nieren-
exstirpationen, die von Trendelenburg seit 1885 an der Bonner
chirurgischen Klinik ausgeführt worden sind. 3 Kranke starben in-
folge der Operation. Die Nephrektomie wurde 15mal transperitoneal,
7mal extraperitoneal ausgeführt. Während zur Operation wegen
Pyonephrosen und Hydronephrosen 3mal die abdominale und nur
Imal die lumbale Methode gewählt wurde, wurde in sämmtlichen
Pällen von Pyelonephritis und Tuberculose extraperitoneal vor-
gegangen; sämmtliche Fälle von malignen Tumoren (12) dagegen
üelen der Laparotomie anheim. Trendelenburg vertritt den
Standpunkt, vergrösserte Nieren transperitoneal, nicht vergrösserte
extraperitoneal zu exstirpiren.
Nieren-
exBtir-
pation,
Perthes.
Jordan (Die Nierenexstirpation bei malignen Tu-
moren. Beitr. z. klin. Chir. Bd. 14, H. 3, S. 587) berichtet über
9 Nephrektomieen wegen maligner Tumoren, die seit anfang 1890
344
Wagner.
Nephrek-
tomie bei
malignen
Tumoren,
Jordan.
— bei
Hydro-
nephrose,
Postnikow.
Trauma-
tische
Psendo-
hydro-
nephroee,
Tnffier u.
Levi.
auf der Czerny'schen Klinik ausgeführt wurden. Während von
12 früher operirten Kranken 9 dem Eingriffe als solchem erlagen,
haben die letzten 9 Operirten die Exstirpation der Niere sämmtlich
gut überstanden. Der Hauptgrund für diese auffallende Besserung-
der Resultate liegt wohl zum grössten Theile in der Vervollkomm-
nung der Technik, der fast ausschliesslichen Anwendung der extra-
peritonealen Schnittmethode, endlich in der Vermeidung einer Schädi-
gung der zurückbleibenden Niere durch die beschränkte Application
antiseptischer Mittel. Von den 9 Tumoren, die zur Nephrektomie
gelangten, waren 8 Sarkome und 1 proUferirendes Cystadenom. Die
Kranken standen im Alter von 13 Monaten bis 50 Jahren. 7 Kranke
starben V< — 2^/4 Jahre post operat. an Becidiv. 2 Kranke sind noch
am Leben, l^/s resp. 5^4 Jahre nach der Nephrektomie.
Postnikow (Hydroureter cum Hydronephr osi, Nephrek-
tomie. Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 49, H. 3, S. 675) entfernte in einem
Falle von Hydronephrose , bei dem sich im stark erweiterten Ureter eine
Anzahl festsitzender Steine vorfanden, ausser der Niere auch den Ureter
bis 2 cm über der Blaseneinmündung. Die Operation wurde transperitoneal
ausgeführt.
Tuffier und Levi (Des 6panchementsuro-h6matique»
p^rir^naux k la suite de contusions du rein. Ann. de»
malad, des org. g6nito-urin. Bd. 13, H. 3) unterscheiden streng
zwischen folgenden drei Arten von traumatischen Hydronephrosen :
1. abgekapselte perirenale TJrinergüsse (traumatische Pseudohydro-
nephrose Monod), verhältnissmässig häufig; 2. Hydronephrose in-
folge einer durch Trauma entstandenen Beweglichkeit der Niere,
viel seltener; 3. echte traumatische Hydronephrose infolge narbiger
Verengerung des Ureters, ausserordentlich selten. Ausser den Fällen
v4n reinem Urbaerguss in das perirenale Gewebe kommen aber auch
solche vor, in denen der Erguss aus einem Gemisch von Urin und
Blut gebildet wird. Diese urohämorrhagischen Ergüsse, die fluc-
tuirende, schmerzhafte Geschwülste in der betreffenden Nierengegend
bilden, brechen nsich 10 — 14 Tagen wieder in das Nierenbecken
durch unter gleichzeitiger Entleerung reichlicher Mengen blutigen,
fast schwarzgefarbten Urins (sog. „verspätete Hämaturie"). Die
lumbale Anschwellung verschwindet hierbei allmählich vollständig.
Diese verspätete Hämaturie ist also als ein spontaner Heilungs-
process anzusehen und bedarf keines operativen EingriiFes.
Krause (Intraperitoneale Einpflanzung des Ureters in
die Harnblase. Centralbl. f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 9) hat bei einer
Chirurgie. 345
39jährigen Frau, bei der sich nach einer sehr schwierigen vaginalen Uterus- üreteren-
exstirpation eine linksseitige üreterscheidenfistel gebildet hatte, den linken i™'
Ureter intraperitoneal in die Harnblase eingepflanzt und durch das Gelingen ^p*^* *°"'
der Operation die Frau vor dem Verluste der Niere bewahrt.
Pozzi (Observation de greffe de Tur^tere dans la vessie, Pozzi.
etc. AnnaJ. des mal. des org. g^nito-urin. Bd. 13, H. 5) hat das obere Ende
des bei einer schwierigen Laparotomie durchschnittenen Ureters mit Erfolg
in die Blase eingepflanzt (Ureteroneocystotomie). Reactionslose Heilung.
Burckhardt (Zur Frage der primären Blasennaht. Blasennaht,
CentralbL f. die Krankh. der Harn- u. Sexualorg. Bd. 6, Nr. 7) em- B^ckhardt.
pfiehlt auf Grand seiner Erfahrungen, die Blasennaht im Anschluss
an die Sectio alta bei Neubildungen, Steinen und Fremdkörpern
immer auszuführen. Gelingt sie, so wird der Verlauf bedeutend ab-
gekürzt; gelingt sie nicht, so wird doch für die ersten Tage nach
der Operation die Wunde vor der Einwirkung des meist zersetzten
Urins geschützt. Bei ausgedehnter Blasentuberculose ist die Naht
zu unterlassen. Als Nahtmethode eignet sich am besten die Drei-
etagennaht der Blasenwand mit vorläufiger Tamponade und nach-
folgender Secundämaht der Bauchwunde. Als Nähmaterial ist aus-
schliesslich Catgut zu verwenden.
B.ehn (Blasengeschwülste bei Fuchsinarbeitern. Blasen-
Archiv f. klin. Chir. Bd. 50, H. 3, S. 588) hat die noch spärHche geschwüiste
. . rw, boi Fuchsin-
Aetiologie der Blasengeschwülste um eine interessante Thatsache arbeitem,
vermehrt. Er fand nämlich, dass die Einathmung von den bei der Rehn.
Fuchsinfabrikation entstehenden Anilindämpfen zu Störungen in dem
Hamapparate führe, die sich namentlich in vermehrtem Ham-
drange äussern. Bei langjähriger Beschäftigung in dem Fuchsin-
betriebe können sich infolge des dauernden Beizes Blasengeschwülste
entwickeln. Drei solche Beobachtungen theilt Behn genauer mit.
e. Geschlechtsorgane.
S.Baumgarten (Seit 11 Jahren bestehende Luxatio penis Lnxatio
ans bisher in der Litteratur nicht beschriebener Ursache. penis,
Reposition auf blutigem Wege. Phalloplastik. Deutsche med.
Wochenschr. Bd. 21, Nr. 48) vermehrt die bisher bekannten fünf Fälle
von Penisluxation um eine neue Beobachtung. Die Luxation war bei dem
zur Zeit der Beobachtung lljährigen Knaben durch die rituelle Circum-
cision entstanden. Reposition auf blutigem Wege. Phalloplastik, Heilung.
Bach (Ueber die Behandlung der Hydrocele mit
Function und Injection concentrirter Carbolsäure.
346 Wagner.
Hydrocelen- Beitr. z. klin. Chir. Bd. 14, H. 3, S. 795) bevorzugt auf Grund der
behandlung, ijj ^^j. Bruns'schen Klinik gemachten Erfahrungen bei der Hydro-
celenbehandlung die Injection von concentrirter Carbolsäure (Methode
von Levis) gegenüber derjenigen von Jodtinctur. Erstere ist ein
geringfügiger schmerzloser Eingriff, der nicht einmal die Unter-
brechung der gewohnten Thätigkeit verlangt; die Jodtinctur erregt
anhaltende und heftige Schmerzen und verlangt 1 — 2 Wochen Bett-
ruhe. Etwaige Recidive werden durch eine nochmalige Carbol-
injection fast stets sicher behoben.
ProBtat- Nienhaus (Zur Frage der Prostatektomie. Beitr. z.
Menhaas' ^^' ^^^' ^^' ^^' ^' ^» ^- ^^^^ berichtet über 11 FäUe von late-
raler Prostatektomie nach der Methode v. DitteTs. Sechs
Kranke sind als absolut geheilt zu betrachten. Diese Operation ist
dann indicirt, wenn die Behinderung des Urinabflusses durch ver-
grösserte Seitenlappen der Prostata oder durch die gleichmässig all-
gemein vergrösserte Vorsteherdrüse bewirkt wird. Die Operation
soll gemacht werden, bevor die Blasenschleimhaut der Sitz tief-
greifender katarrhalisch-entzündlicher Processe geworden und bevor
der Tonus der Blasenmusculatur vollständig verschwunden ist.
Castration White (The results of double castration in hyper-
beiProBtata-trophy of the prostate. Ann. of surgery, July) hat 111 Fälle
trophie, ^^^ doppelseitiger Castration bei Prostatahypertrophie gesammelt.
White, Die Castration gewährt eine bessere Aussicht auf Wiederher-
stellung der normalen Bedingimgen, als irgend eine andere Be-
handlungsweise. In 87,2 ''/o der Fälle folgte eine schnelle Atrophie
der Prostata auf die Operation, und bei 60 ^/o der Operirten
stellte sich die Contractionsfähigkeit der Blase rasch und vollständig
wieder her. 20 Kranke starben, aber nur 7 Todesfälle können der
Operation als solcher zugerechnet werden. Irgend welche schäd-
liche Rückwirkungen auf die geistige und körperliche Beschaffen-
heit sind auch nach länger dauernder Beobachtung (bis l*/a Jahre)
nicht bemerkt worden.
Faoids, Faulds (Castration for enlarged prostate. Brit. med.
joum., 4. May) berichtet gegenüber den bisherigen meist recht
günstigen Resultaten der Castration wegen Prostatahypertrophie über
6 Kranke, von denen 1 an Hemiplegie, 4 andere an acuter Manie
kurze Zeit nach dem operativen Eingriffe starben. Bei einem dieser
letzteren Kranken war vorsichtshalber nur eine einseitige Castration
vorgenommen worden, aber auch dieser Patient starb wenige Tage
Chirurgie.
347
nach der Operation in einem Zustande von „mental aberration". Nur
1 Kranker überstand die Operation glücklich, doch ist sie bisher
noch ohne Einfluss auf die Störungen der Urinentleerung geblieben.
H. Fenwick (Observations on the effects of double H. Fenwick,
castration [White's Operation] upon the enlarged pro-
state. Brit. med. joum., 16. March) hat in 9 Fällen von Prostata-
hypertrophie die doppelte Castration ausgeführt. Seiner Meinung
nach ist es zweifellos, dass in vielen Fällen von seniler Prostata-
vergrösserung eine langsame Schrumpfang des Prostatagewebes nach
doppelseitiger Castration eintritt. Weitere Untersuchungen müssen
zeigen, bei welchen Formen von Prostatitis eine derartige Schrumpfung
mit Sicherheit zu erwarten ist. Ob ein Prostatiker nach der Ca-
stration von der Anwendung des Katheters befreit wird, hängt
allein von der Beschaffenheit der Blasenmusculatur ab.
Swain (Castration for prostatic hypertrophy. Brit.
med. joum., 5. Jan.), Kümmell (Die operative Heilung der
Prostatahypertrophie. Berl. Klinik Nr. 86), Boeckmann Boeckmann,
(Northwestern Lancet, I.Juni), Lütken8(EinFall vonProstata- Lütkens.
hypertrophie durch Castration geheilt. Deutsche med.
Wöchenschr. Bd. 21, Nr. 5), Faisst (Zur Behandlung der
Prostatahypertrophie durch die Castration. Beitr. zur
klin. Chir. Bd. 14, H. 3, S. 789), Watson (Report of cases of
castration for the relief of prostatic hypertrophy,
with remarks. Best. med. and surg. journ. Bd. 132, Nr. 16) u. A.
theilen ebenfalls durch die Castration günstig beeinfiusste Fälle von
Prostatahypertrophie mit.
Swain,
Kümmell,
Faisst,
Watson.
Isnardi (Heilung der Hypertrophie der Prostata Durch-
mittels Durchschneidung und Ligatur des Vas defe- schneidung
des Vas
rens. Centralbl. f. Chir. Bd. 22, Nr. 28) empfiehlt in Fällen vonjeferens bei
ProBtata-
Prostatahypertrophie, an Stelle der Castration die Durchschneidimg
des Vas deferens imd die Ligatur der beiden Enden vorzunehmen.
Bei einem 72jährigen Prostatiker hat Isnardi durch diese einfache
Operation voUen Erfolg erzielt. Stafford (ibid. Nr. 40) hat durch
Unterbindung des Samenstranges eine Verkleinerung der Prostata
imd auch einige Erleichterung beim Harnlassen erzielt. Absterben
des Hodens wurde nicht bemerkt.
hyper-
trophie,
Isnardi,
Stafford.
4, Krankheiten der Extremitäten.
J. Wolff (üeber die Operation der Ellbogengelenk-
ankylose. Berl. klin. Wöchenschr. Bd. 32, Nr. 43 u. 44) empfiehlt
348 Wagner.
Ellbogen- die Arthrolysis cubiti, d. h. die Durchtreimiing aller die Bewegung
geienk- hindernden Stränge und Brücken in offener Wunde , ohne Resection
Br u K y 1 V 8 9t ^^
Woiff. der Gelenkenden, nicht nur in Fällen von straff fibröser Ankylose^
sondern auch bei knöcherner Ankylose. Hier werden Humerus und
Ulna in der Linie der ursprünglichen Gelenkspalte von einander
getrennt; die Gelenkenden selbst werden unberührt gelassen. Miss-
glückt die Operation, so tritt nur wiederum Ankylose ein ; die Ent-
stehung eines Schlottergelenkes ist bei der Arthrolyse ausgeschlossen.
Von 4 Operationen bei knöcherner Ankylose erzielte Wolff 2nial
sehr günstige Erfolge.
Finger- Ledderhose (Ueber Folgen und Behandlung von
""^^^l^^^^^J'^'Fing V. Volkmann's kHnische Vortr. N. F.
Nr. 121) legt dar, in wie einschneidender Weise bei den Finger-
verletzungen die Art der Behandlung das functionelle Resultat be-
einflusst, welche nachträglichen Störungen auf Bechnung der Be-
handlung zu setzen und wie solche zu vermeiden sind. Es handelt
sich bei diesen Störungen hauptsächlich um gewisse Veränderungen
der Fingerhaut, sog. Glanzhaut, imd um Beschränkung der Gelenk-
beweglichkeit, die meist neben einander auf gemeinsamer Grundlage
zu Stande kommen, doch auch isolirt oder zusammen aus verschieden-
artigen Ursachen sich ausbilden können. Ledderhose unter-
scheidet verschiedene, allerdings oft in einander übergehende Formen
der Glanzhaut nach Fingerverletzungen, und zwar die hypertrophische
und sklerotische und die atrophische Glanzhaut, deren klinische
Merkmale durch jene Bezeichnungen treffend charakterisirt sind.
Die hypertrophische imd sklerotische Glanzhaut tritt besonders deut-
lich in den Fällen auf, in denen primär nach Verletzungen oder
auch erst im Anschluss an Amputationen imd Exarticulationen an
den Fingern imgenügende Hautbedeckung des Stumpfes vorhanden
war. Die in solchen Fällen kaum vermeidliche langdauemde Ent-
zündung, die Fixation durch Verbände, sowie gewisse Folgezustände
der Narbe selbst veranlassen hier die Glanzhaut. Die atrophische
Glanzhaut findet sich namentlich als Folge von Inactivität und Nerven-
verletzungen. Eine theilweise oder vollständige Rückkehr der Stö-
rungen zur Norm ist bei Aufhören der ursächlichen Momente und,
falls der Process der Glanzhaut nicht allzuweit fortgeschritten war,
nach mehr oder minder langer Zeit möglich, in manchen Fällen
nicht mehr zu erwarten. Prophylaktisch ergibt sich: Vermeidung
aller dem Knochen adhärenten Narben imd Bedeckimg der Knochen-
stümpfe mit reichlicher normaler Haut. Unbekümmert um die resul-
Chirurgie. 349
tirende Lange des betreffenden Fingers muss so viel vom Ejiochen
entfernt werden, bis eine hinreichende, freibewegliche Bedeckung
des Stumpfes mit Haut und Subcutangewebe erreicht ist. Sehr
wichtig ist ferner ein möglichst aseptischer Verlauf der Wunden.
Jordan (Die Behandlungsmethoden bei Verletzungen Verletzung
der Schenkelvene am Poupart'schen Bande. Beitr. z. *®'
klin. Chir. Bd. 14, H. 1, S. 279) stellt auf Grund eigener und vene am
fremder Erfahrungen für das Verhalten des Chirurgen gegenüber Ligamentum
Verletzung der Schenkelvene am Poupart'schen Bande folgende V^*^ "'
Sätze auf: Die Furcht vor eintretendem Brande nach Unterbindung
der Vene ist auf Grund des bisherigen klinischen Materiales un-
begründet. Die Unterbindung darf bei absoluter Indication ihrer
Anlegung (d. h. in Fällen von ausgedehnter, insbesondere circulärer
Verletzung, sowie bei Verwachsung der Vene mit bösartigen Ge-
schwülsten) unbedenklich ausgeführt werden. Handelt es sich nur
um partielle Continuitätstrennungen , so ist die Unterbindung mög-
lichst zu vermeiden, namentlich dann, wenn durch stattgehabten,
sehr beträchtlichen Blutverlust und dadurch eingetretene Herz-
schwäche das Zustandekommen des Collateralkreislaufs nicht mit
voller Sicherheit angenommen werden kann. In letzterem Falle ist
die Naht der Venenwunde das zweckmässigste und sicherste Ver-
fahren.
Perthes(Ueber dieOperationderUnterschenkelvaricen Ligatur der
nach Trendelenburg. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 16) Vena
sanhena
hat von 63 Kranken, die wegen Unterschenkelvaricen nach der magna bei
Methode Trendelenburg's — Unterbindung und Durchschneidimg Unter-
der V. saphena magna — operirt wurden, 41 längere Zeit (6 Monate s®"®"*^®^'
bis 9 Jahre) nach der Operation entweder selbst untersucht oder Perthes.*
von ihnen so klare briefliche Aussagen erhalten, dass ein Zweifel
nicht möglich war. Von den 41 Kranken erwiesen sich 32 bei der
Revision als dauernd geheilt. In 9 Fällen wurden Recidive der
Varicen beobachtet; 2mal beruhten sie auf einer deutlichen Kegene-
ration des Stammes der Saphena, in anderen Fällen waren es mehrere
Aeste, die sich erweitert imd so einen Collateralkreislauf um die
UnterbiadungssteUe ausgebildet hatten. In manchen Fällen wurde
durch die Wiederholung der Unterbindung Heilung erzielt. Ausser-
dem wird man durch Besection eines Stückes der Saphena der
Begeneration des Stammes noch wirksamer vorbeugen können, als
durch blosse Ligatur.
350
Wagner.
Behandlung Faisst (Ueber die Unterbindung derVena saphena
der Varicen, j^ nach Trendelenburff bei Unterschenkelvaricen.
Beitr. z. klin. Chir. Bd. 14, H. 1, S. 153) berichtet von sehr gunstigen
Erfolgen, die auf der Bruns'schen Klinik mit dei Trendelen-
burg'schen Operation bei Unterschenkelvaricen erzielt worden sind.
Fast in allen Fällen wurden die subjectiven Beschwerden gehoben,
die etwaigen Geschwüre heilten.
Goxa vara,
Kocher,
Hoftneiflter,
Lensser.
Kocher (Zur Coxa vara. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 40,
H. 3 u. 4, S. 411) hebt hervor, dass die von Müller-Hofmeister
zuerst beschriebene und als Coxa vara bezeichnete Belastongs-
deformität nicht nur auf rachitischer Grundlage zu beruhen braucht,
sondern auch durch verschiedene andere Erweichungsprocesse im
Schenkelhalse zu Stande kommen kann, sei es locale Osteomalacie,
seien es chronische Formen granulöser und vasculöser Ostitis, tuber-
culöser oder nicht tuberculöser Natur — vorausgesetzt, dass die zu
Grunde liegenden pathologischen Veränderungen die Patienten nicht
hindern zu gehen imd zu stehen. Kocher möchte diese AfPection
als statische Abwärtsbiegung des Schenkelhalses oder Coxa adducta
bezeichnen, im Gegensatze zu der von den übrigen Belastungs-
deformitäten zu unterscheidenden Coxa vara, die ausser durch den
Druck der von oben her wirkenden Körperlast wesentlich durch
passive Fixation des Hüftgelenkes bei ermüdeten Muskeln, ^peciell
durch Spannung des Lig. ileo-femorale zu Stande kommt. Diese
Form der Verbiegung setzt das Vorhandensein einer im Wachsthum
befindlichen Epiphysenlinie voraus.
Hofmeister (Zur Aetiologie der Coxa vara. Beiti^e zur
klin. Chirurg. Bd. 13, H. 1, S. 289) hat einen Fall von Coxa vara unter-
sucht, der auf einer ziemlich vorgeschrittenen puerperalen Osteo-
malacie beruhte. Man muss also der rachitischen und statischen
Coxa vara als dritte Form die osteomalacische gegenüberstellen.
Leusser (Ueber Coxa vara. Münch. med. Wochenschr. Bd. 42,
Nr. 30 u. 31) theilt einen typischen Fall von Coxa vara rachitiaehen
Ursprungs mit.
Gang bei Trendelenburg (Ueber den Gang bei angeborener Hüft-
angeborener gelenksluxation. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21, Nr. 2) hat
luxation ^^"*ch einwandsfreie Untersuchungen nachgewiesen, dass die sehr
Trendelenburg, mangelhafte oder ganz ausgefallene Function des Glutaeus medius
und minimus und der dadurch bedingte Mangel der activen Abduction
im Hüftgelenk die Ursache des watschelnden Ganges bei angeboraner
Luxation ist. Aus dieser Thatsache zieht Trendelenburg ftr die
Chirurgie.
351
Behandlung des Leidens folgende Schlüsse : Bei doppelseitiger Luxa-
tion haben nur diejenigen Apparate einige Wirkung, bei denen der
fest an das Becken anschliessende und auf den Trochanteren auf-
rahende breite Beckenring jederseits eine Achselstütze trägt oder
als steifes Corset sich nach oben bis in die Achsebi fortsetzt. Von
den Schienenapparaten für die einseitige Luxation entspricht die
Sched ersehe Abductionsschiene am meisten der Anforderung, die
Beckenhälfte der Gangseite in die Höhe zu heben und zu tragen.
Was endlich die zur Heilung der Luxation angegebenen Operations-
verfahren betrifft, so wird man nur von der Reposition (Hoffa,
Lorenz), nicht von der Fixation (König) einen wirklichen Erfolg
erwarten können. Wegen der grösseren Muskelschonung ist die
Lorenz'sche Operation vorzuziehen.
Lorenz (lieber die unblutige Behandlung der ange- Behandlung
bereuen Hüftverrenkung mittels der functionellen Be- ^®^
lastungsmethode. Centralbl. f. Chir. Bd. 22, Nr. 33) stellt der flif^tgeienk-
unblutigen Behandlungsmethode der angeborenen Hüfbverrenkung inzation,
folgende Aufgaben: Herabholung des nach oben dislocirten Schenkel- Lorenz,
kopfes in das Pfannenniveau mittels forcirter manueller oder in-
Strumenteller Extension in Narkose des Kranken. Reposition des
Kopfes in die Pfannentasche auf dem Wege starker Abduction, event.
anter Beihülfe der Elexion. Einpressung des in die Pfanne ein-
gelassenen Schenkelkopfes gegen den Pfannenboden durch Druck-
verbände zunächst bei extremer Abductionsstellimg, Allmähliche
Verminderung der letzteren, so dass der Kranke stehen und gehen
kann und sich den Schenkelkopf mit jedem Schritt tiefer in die
Pfanne hineintritt. Lorenz hat diese Methode bisher in 13 Fällen
erfolgreich geübt. Das älteste Kind, bei dem ihm eine beiderseitige
^Sinrenkung gelungen ist, hatte das 6. Lebensjahr um 3 Monate
überschritten. Ein besonderer Vortheü dieser Belastungsmethode
ist der, dass im Ealle des Misslingens einer zweifellosen verlässlichen
Reposition in Narkose von der weiteren Verfolgung des Behandlungs-
planes sofort Abstand genommen und Patient der operativen Be-
handlung zugeführt werden kann.
Heusner (Beitrag zur orthopädischen Behandlung der Heusner.
angeborenen Hüftluxation. Archiv f. klin. Chirurg. Bd. 50,
H. 3, S. 636) verwendet zur orthopädischen Behandlung der an-
geborenen Hüftverrenkung Schienenhülsenapparate, die mit voll-
ständigen Corsets in Verbindung stehen. Statt der starren Achsel-
stucke haben sich serpentinenartig gebogene Stahldrahtfedem , die
352
Wagner.
Behandlung den Bewegungen des Oberkörpers einigermassen folgen, sehr be-
^^^ währt. Zum Aufrichten des Beckens wird die Federkraft in Grestalt
angeborenen q - ,/. n , . ,
Hüftgelenk- der SSpiralteaem benutzt.
Uxation, Dolega (Zur orthopädischen Behandlung der ange-
Dolega, borenen Hüftverrenkung. Deutsche med. Wochenschr. Bd. 21,
Nr. 37) bringt fiir die orthopädische Behandlung eine Hessing'sche
Hülsenextensionsschiene unter gleichzeitiger Anwendung der Schede-
schen Abductionsschraube mit einem gutsitzenden OeUuloidcorset in
Verbindung. In den Fällen, bei denen nur eine symptomatische
Besserung angestrebt werden kann, genügt es, wenn die Hülsen
lediglich den luxirten Oberschenkel umgreifen.
KöUiker, Kölliker (Fortschritte in der Behandlung der ange-
borenen Hüftverrenkung. Schmidt's med. Jahrbb. B. 247, H. 2)
empfiehlt die orthopädische Behandlung der Hüftverrenkung nach
Mikulicz mit Aussen- oder Innenrotation je nach der Natur des
Falles. Die Lorenz'sche Operation hält er für indicirt bei schlechtem
Gange mit starker Verkürzung, bei Schmerzen im Gelenk beim
Gehen, bei geringer Abductionsmöglichkeit, bei entzündlichen Processen
im Gelenk, bei Combination der durch einseitige Hüftverrenkong
verursachten statischen Skoliose mit rachitischer Skoliose.
Lorenz, Lorenz (Die blutige Reposition der angeborenen Hüft-
verrenkung. V. Volkmann's klin. Vorträge, N. F., Nr. 117) be-
gründet seine Methode der blutigen Reposition der angeborenen
Hüftverrenkung auf die Myopathologie dieser Erkrankung und kommt
dabei zu folgenden Ergebnissen : Die pelvitrochanteren Muskeln sind
nicht verkürzt, sondern verlängert, bilden also kein Repositions-
hindemiss. Die pelvifemoralen Muskeln sind theils verkürzt, theils
verlängert. Die pelvicruralen Muskeln sind entsprechend der Ver-
schiebung des Kopfes verkürzt. Die Loren z'sche Operationsmethode
ist ausgezeichnet durch absolute Muskelschonung. Die Durchscbnei-
dung der von Hoffa geopferten pelvitrochanteren Muskeln ist zu
vermeiden wegen der Bedeutung derselben für den normalen Gang.
Die Erhaltung der Tubermuskeln ist wichtig, weil nach ihrer Los-
lösung der N. ischiadicus der Zerrung durch Extension preisgegeben
ist. Das Operationsergebniss kann nicht vollkommen sein, weil die
Gelenkconstituentien nicht normal zu gestalten sind. Eine Ver-
kürzung bis zu 2 cm kann bestehen bleiben, bedingt durch abnorme
Gestaltung des Schenkelhalses. Der ftinctionelle Erfolg hängt von
der Behebung der Muskelinsufficienz, besonders der Glutäabnuskeln
ab. Bei einer Beugungsmöglichkeit bis zu 90 ^ und Abductionsf^hig-
i
Chirurgie. 353
keit des Hüftgelenkes ist das Besultat günstig, aber auch bei ein-
tretender Ankylose kann der Gang vorzüglich sein.
Hoffa (Die Endresultate der Operationen der ange- Hoi&,
borenen Hüftgelenksverrenkungen. Berliner Klinik Nr. 84)
theüt seine Erfahrungen mit, die er bei der Operation von bisher
112 angeborenen Hüfbgelenkluxationen gemacht hat. Diese 112 Ope-
rationen wurden an 82 Patienten vorgenommen, und zwar handelte
es sich um 60 doppelseitige und 52 einseitige Operationen. 7 Kranke
starben, jedoch nur 4 im directen Anschluss an die Operation. Bei
den letzten 47 Operationen ereignete sich kein Todesfall. Auch
durch die bestgelungene Operation können völlig normale Verhält-
nisse an dem neuen Hüftgelenke nicht hergestellt werden; vielmehr
zeigt sich dann das Bild, wie man es bei der Coxa vara findet:
Trochanter major meist etwas über der Roser'schen Linie; nicht
selten ausgeprägte Adduction und Aussenrotation des tadellos re-
ponirten Beins. Bierzu kommt eine 1 — 3 cm betragende Verkürzung
des Beins. Auch die Beweglichkeit des neugebildeten Gelenks
ist naturgemäss etwas beschränkt. Hoffa eröffiiet das Gelenk jetzt
von der Seite und vermeidet ebenso wie Lorenz Muskeldurchschnei-
dungen. (Siehe auch Leser [Einige Erfahrungen zur operativen Leser.
Behandlung der angeborenen Hüftgelenkluxation. Berliner
klin. Wochenschr. Bd. 32, Nr. 45 u. 46].)
König (Bemerkungen zur Behandlung der Tuberculose Behandlang
des Kniegelenks etc. Archiv f. klin. Chirurg. Bd. 60, H. 2, S. 417) ^®^ ^'^^«-
hebt hervor, dass die pathologische Anatomie der Gelenktuberculose tubercuioee
und insbesondere der Knietuberculose eine vollkommen einheitliche König.
Behandlung dieser Krankheit unmöglich macht und dass vielmehr
die Methode der Behandlung von FaU zu Fall entschieden werden
muss. In einem 18jährigen Zeiträume sind in der Göttinger chirurgi-
schen Klinik 720 Kniegelenkstuberculosen behandelt worden. Von
615 Kranken, über die Schlussnachrichten eingegangen sind, leben
noch 410. Gestorben sind 205, davon 140 an Tuberculose. Von
498 Fällen waren 267 ostale, 241 synoviale. Conservativ, eventuell
mit Carbol- oder Jodoforminjectionen, behandelt wurden 191 Kranke,
operativ 512 Kranke, und zwar 150 mittels Arthrektomie, 300 mittels
Hesectionen, 91 mittels Amputationen. Von 269 Resecirten haben
139 gut brauchbare Glieder.
Veit (Ueber die Spontanheilung rachitischer Verkrüm-
mungen. Archiv f. klin. Chirurg. Bd. 60, H. 1, S. 130) hat bei
Jahrbnoh der practischen Medioin. 1896. 23
354 Wagner.
Spontan- seinen sorgfältigen Untersuchungen gefunden, dass alle — auch
h eilung schweren Fälle von rachitischen Verkrümmungen der Gliedmaassen
'^°Unt*e\^ ^' ^^^ spontan strecken können, wenn die Tendenz zum Wachsthum resp.
Schenkel- zur Entwickelung des ganzen Skeletts besteht. Auf das Wachsthum
verkrüm- ^^g ganzen Körpers ist der Hauptnachdruck zu legen, entwickelt sich
Veit, ©in rachitisch verkrümmtes Kind aus jener bekannten unpropor-
tionirten rachitischen Körperform heraus, so strecken sich auch seine
krummen Glieder; thut es das nicht, so bleibt es krumm. Schwere
rachitische Verkrümmungen können bis zum 6. Lebensjahre völlig
spontan verschwunden sein; bis dahin ist also eine exspectative
Behandlung das Richtige. Sind jedoch Kinder nach dem 6. bis
7. Jahre noch erheblich krumm, so bleiben sie es auch, und hier
tritt jetzt die Chirurgie in ihre Rechte. Prognostisch ungünstig
siad die Fälle von rachitischem Zwergwuchs und manche Fälle von
0-Beinen. Hier kann man schon vor dem 6. Lebensjahre operativ
eingreifen.
Kamps. Zu ähnlichen Resultaten gelangt auch Kamps (Ueber die
spontane Geradestreckung der rachitischen Unterschenkel-
Verkrümmungen. Beiträge z. klin. Chirurg. Bd. 14, H. 1, S. 243).
Arthrodese Samter (Ueber Arthrodese im Fussgelenk. Centralbl. f.
i™ Chirurg. Bd. 22, Nr. 21 u. 32) empfiehlt im Hinblick auf die schwanken-
Fussgeienk, ^^^ fimctionellen Resultate, die bisher bei der Arthrodese im Fusse
erzielt worden sind, principiell das Talocruralgelenk gleichzeitig mit
dem Talocalcanealgelenk durch einen hinteren Längsschnitt anzu-
irischen und den Calcaneus, wenn nöthig, gerade zu stellen, da ein
solches Vorgehen von vornherein die Ferse, den Hauptstützpunkt
des Fusses, in feste Verbindung mit dem Unterschenkel zu bringen
verspricht. Die lückenlos knöcherne Vereinigung zwischen Ferse und
Unterschenkel gewährleistet eine dauerhafte Fixirung und Tragfähig-
keit des Fusses, auch wenn noch massige Grade von Gontractoren
übrig geblieben sind. Die so operirten Kranken Samter's können
in leichten Filzschuhen und Pantoffeln herumgehen, sie brauchen nach
der Operation nicht dauernd Schnürstiefel zu tragen, wie die von
Karewski, Karewski (ibid. Nr. 25) operirten Kranken, bei denen das Talo-
calcanealgelenk nicht versteift wurde.
Karewski. Karewski (Ueber Arthrodese des Fusses bei Paralyse.
Centralbl. f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 36) hebt demgegenüber in einer
weiteren Mittheüung hervor, dass einzig und allein die sehr seltene
Schlottrigkeit der Verbindung zwischen Talus und Calcaneus das
Recht gebe, diese Articulation zu vernichten. Es ist durchaus nicht
Chirurgie. 355
gleichgültig, ob man einem Kranken, der gelähmt ist und dem man
die Beweglichkeit zwischen Tibia und Calcaneus genommen hat, um
ihn gehfahig zu machen, nun auch noch die Bewegb'chkeit zwischen
Talus und Calcaneus beseitigt. Gerade die Motilität im unteren
Gelenk ist im Stande, die Function im oberen einigermassen zu
ersetzen, so dass der Gang eine Elasticität behält, die selbstverständ-
lich dann verloren gehen muss, wenn man dem Kranken beide
Ejiochen mit dem Unterschenkel verlöthet, d. h. ihm eine gänzlich
mibewegliche Stelze macht.
Kraske (TJeber die Luxation der Peroneussehnen. Central- Luxation der
blatt f. Chirurg. Bd. 22, Nr. 24) hat die Luxation der Peroneussehnen bis- Peroneus-
her nur viermal gesehen. Sie entsteht meist dadurch, dass der Fuss, der Kraske '
nach innen umzukippen droht, durch eine heftige Contraction der Waden-
beimnuskeln in der richtigen Stellung erhalten werden soll. Die Diagnose
der Verletzung ist sehr leicht; sehr schwierig und unsicher dagegen eine
erfolgreiche Behandlung. Meist wird die Luxation habituell ; fixirende Ver-
bände erzielen dann keine Heilung mehr. Das sicherste Mittel besteht in
der Methode von König, mittels eines vom Malleolus entnommenen
Periofitknochenlappens ein neues Betinaculum zu bilden.
In dieser Weise hat auch Er am er (Centralbl. f. Chirurg. Bd. 22, Krämer.
Nr. 27) einen Kranken dauernd geheilt.
Hoffa (Zur Aetiologie und Behandlung des Plattfusses. Behandlung
Archiv f. klin. Chirurg. Bd. 51, H. 1, S. 40) empfiehlt seine Methode J®^
der Plattfussbehandlung, die in der Combination manueller mechano- Hoffa,
therapeutischer Maassnahmen (täglich 2malige Massage), Gymnastik,
forcirte Bedressionen) mit dem Liegenlassen passender Einlagen,
sog. Plattfufissohlen besteht. Hoffa hält die von ihm construirten
für ganz besonders wirksam; sie stellen gewissermassen das Schema
eines normalen Eusses dar und zwingen den ganzen Fuss auf einer
Art schiefer Ebene aufzutreten. Die Erfolge, die durch eine der-
artige mehrwöchentliche Behandlung erzielt werden, sind die], dass
der ursprünglich unbrauchbare, schmerzhafte Plattfuss wieder völlig
schmerzfrei und functionstüchtig wird.
Obalinski (Eine Modification des Gleich'schen Ope- Obaiinski.
rations Verfahrens beim Plattfuss. Wiener med. Presse Bd. 36,
Nr. 41) hat das Gleich'sche Operationsverfahren beim Plattfuss, bei
dem, Dach subcutaner Tenotomie der Achillessehne, durch ein schräges
Dnrchsägen des Fersenbeins und Verschieben der hinteren Hälfte
nach unten und innen ein ausreichender Pussbogen gebildet wird,
in einem Falle mit gutem Erfolge ausgeführt. Um keine Narbe
356
Wagner.
Tnberonlose
des
Caloaneas,
Finotti.
an der Eusssohle zu bekommen, legte Obalinski den von Gleich
empfohlenen Bügelschnitt in umgekehrter Weise an.
Finotti (Ueber Tuberculose des Calcaneus. Deutsche Zeit-
schrift f. Chirurg. Bd. 40, H. 5 u. 6, S. 450) hebt hervor, dass wegen der
ziemlich freien Lage des Calcaneus die tuberculose Erkrankung dieses
Knochens meist auf denselben beschränkt bleibt und nur öfters auf die
über ihn hinweglaufenden grösseren Sehnenscheiden übergreift. Am häufig-
sten erkrankt die markweiche, an Gewissen arme Spongiosa im vorderen
Theile des Calcaneus, während ein Durchbruch meist an der am wenigsten
widerstandsfähigen lateralen Seite stattfindet. Sehr häufig findet sich Se-
questerbildung. Weil die Erkrankung lange Zeit auf den Knochen selbst
beschränkt bleibt, bietet die Prognose bei Tuberculose des Calcaneus bei
dessen partieller oder totaler Exstirpation bessere Resultate, als die tuber-
culöser Erkrankungen der anderen Fusswurzelknochen. Bei Erwachsenen
empfiehlt sich die totale Exstirpation, durch welche das Gehvermögen kaum
beeinträchtigt wird.
Hammer- Nicoladoni (Der Hammerzehenplattfuss. Pes malleus
zehenplatt- ^algus. Wien. klin. Wochenschr. Bd. 8, Nr. 15) bezeichnet als Hammer-
Nicoladoni. zehenplattfass eine eigenthümliche Difformität des Fusses, bei der ein Fe»
valgus durch eine in frühester Jugend erworbene plantare Contractur den
Metatarsophalangealgelenkes der grossen Zehe bedingt ist. Er weist über-
zeugend nach, dass die im jugendlichen Alter erworbene und fixirte Ham-
mergrosszehe und der Plattfuss in einem sich gesetzmässig bedingenden
Verhältnisse stehen. Eine plantare Contractur der grossen Zehe muss da-
her möglichst frühzeitig behoben werden, um einen damit behafteten Fuss
vor einer sonst unausbleiblichen schweren Difformität zu bewahren.
HalUz
valgas,
MöUer.
Möller (Beitrag zur operativen Behandlung des Hallux
valgus. Jahrbb. der Hamburger Krankenanstalten Bd. 3, S. 306)
empfiehlt för alle Fälle von uncomplicirtem Hallux valgus die Schede-
sehe Operation. Die auf der Prominenz des ersten Metatarsus-
köpfchens befindlichen Schwielen und Schleimbeutel werden excidirt
und der vorspringende Theil des Knochens in der Längsrichtung
abgemeisselt. Correctur der fehlerhaften Stellung der Zehe durch
Verbände, eventuell nach Durchschneidung der Extensorsehne. In
vielen Eällen ist das functionelle Besultat gut, wenn auch die Correctur
nicht vollkommen gelingt. Vorhandene Geschwüre, Schleimbeutel-
vereiterungen müssen erst vorher zur Heilung gebracht werden.
Bei Vereiterung des Metatarsophalangealgelenkes ist die Resection
des Metatarsusköpfchens nach Hüter vorzunehmen.
Rössler (Zur Kenntniss der Achillodynie. Deutsche
Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 42, H. 3, S. 274) konnte durch klinische und
Chirurgie.
357
anatomische Untersuchungen die Annahme Schüller's erhärten, dass
die von Albert zuerst beschriebene „Achillodynie" auf einer stärkeren
chronischen Entzündung des constant vorkommenden, zwischen Achilles-
sehnenansatz und Tuber calcanei gelegenen vorderen Schleimbeutels
beruht. Diese chronischen Entzündungsvorgänge sind in gleiche
Linie mit der Arthritis deformans der Gelenke zu stellen. Bö ssler
möchte die Bezeichnung „Achillodynie" durch „Achillobursitis
anterior" ersetzen.
Aohillo-
dynie,
RÖBsler.
Lehrbücher und Monographieen.
Dur ante, Trattato di patologia e terapia chirurgica generale e speciale.
Bd. 1. Rom.
Albert, Diagnostik der chirurgischen Krankheiten. 7. Aufl. Wien.
Landerer, Chirurgische Diagnostik. Wien.
Lejars, Le^ons de Chirurgie. Paris.
Leser, Die specieUe Chirurgie in 50 Vorlesungen. 2. Aufl. Jena.
Rotter, Die typischen Operationen und ihre üebung an der Leiche. 4. Aufl.
München.
Klaussner, Yerbandlehre für Studirende und Aerzte. 2. Aufl. München.
Helferich, Atlas und Grundriss der traumatischen Fracturen und Luxa-
tionen. 1. u. 2. Aufl. München.
Phocas, Lebens cliniques de Chirurgie orthop^dique. Paris.
Kellgreen, Zur Technik der schwedischen manuellen Behandlung. Berlin.
Kleen, Handbuch der Massage, üebersetzt von Dr. G. Schütz. 2. Aufl.
Leipzig.
Kellgreen, Zur Technik der schwedischen manuellen Behandlung. Berlin.
Kocher und T a v e 1 , Vorlesungen über chirurgische Inf ectionskrankheiten.
1. Theil. Basel.
Starr, Himchirurgie. üebersetzt von M. Weiss. Wien.
Bernard, Tentatives chirurgicales dans le traitement de la m^ningite
tuberculeuse. Paris.
Williams, A monograph on diseases of the breast. London.
P^an, Diagnostic et traitement des tumeurs de Tabdomen et du bassin.
Paris.
E. Sonnenburg, Pathologie und Therapie der Perityphlitis. Berlin.
Bamaye, Du traitement chirurgical de Tappendicite a r^p^tition dans
Tintervalle des crises. Paris.
Hawkins, On diseases of the vermiform appendix. London.
Qn^nn et Hartmann, Chirurgie du rectum. Paris.
Glantenay, Chirurgie de Tur^töre. Paris.
Lefert, La pratique des maladies des voies urinaires dans les höpitaux
de Paris. Paris.
Röchet, Chirurgie de Furöthre, de la vessie, de la prostate. Paris.
358 Wagner.
Nannotti e Baciocchi, Sugli effetti della laparotomia nelle peritoniti
tubercolari. Pisa.
König, Die specielle Tuberculose der Knochen und Gelenke. I. Das Knie-
gelenk. Berlin.
Polaillon, AfPections chirurgicales des membres. Paris«
Lorenz, PaÜiologie und Therapie der angeborenen Hüftverrenkung auf
Grundlage von 100 operativ behandelten Fällen. Wien.
Ihle, Eine neue Methode der Asepsis. Stuttgart
Polaillon, Statistique et observations de Chirurgie hospitaliöre. Paris.
Le Fort, Oeuvres publikes par F. Lejars. T. 1. Paris.
IV.
Grebnrtshlilfe nnd Grynäkologie.
Von Dr. GsemplQ^ Frauenarzt in Berlin.
I. Geburtshulfe.
1. Schwangrerschaft.
a. Allgemeines.
Als ein wichtiges diagnostisches Zeichen der frühesten Diagnose
Schwangerschaftsperiode beschreibt Hegar-Freibnrg (Deutsche <^er
med. Wochenschr. Nr. 35) die Zusammendrückbarkeit des unteren schaff
Abschnitts des Corpus uteri, welche sich schon in sehr frühem Hegar.
Stadium, zuweilen schon in der 4. Woche nachweisen lässt. Bei
der combinirten Untersuchung, am besten vom Rectum aus, fühlt
man, dass der mediale Theü des Uterus sich zu einer dünnen Ge-
websschicht zusammendrücken lässt, welche auffallend gegen das
walzenförmige Collum und das dicke Corpus contrastirt. Ein weiteres
von Hegar aufgefundenes neues Phänomen, welches für die Diagnose
der Schwangerschaft in früher Zeit wichtig ist, besteht darin, dass
man an der vorderen Uteruswand mit den von der Scheide und den
Bauchdecken untersuchenden Fingern eine Falte bilden kann. Beide
Phänomene erklären sich aus der physikalischen Beschaffenheit der
Uteruswand, ihrer grossen Erweichung in der Schwangerschaft und
der Compressibüität des Eies. Das letztere Zeichen ist gefährlich,
da es zur Ablösung des Eies fuhren kann.
Gossmann-München (Zur Casuistik der typischen Schwanger-
schaft sniere. Münch. med. Wochenschr. Nr. 26) schildert einen Fall, bei
welchem in der Mitte der fünften Schwangerschaft schwere Circulationa-
»töningen mit Albununurie auftraten und mit der Beendigung der Schwanger-
360
Czempin.
Schwanger- schaffe wieder verschwandeii. In den folgenden acht Schwangerschaften
sohaftsnierei-^ederholten sich regelmässig diese Erscheinungen, so dass zweimal die
künsÜiche Frühgeburt nothwendig wurde. Trotzdem traten nach Be-
endigung der Schwangerschaft keine Erscheinungen chronischer Nephri-
tis auf.
GoBsmann.
Endo- Emanuel, Wittkowski und Veit (Zeitschr. f. Geburtsh. u.
dirVd *1h8 ^y^^^^l- ^^- ^2» ^®^ ^) ^tersuchten in einem Falle von Abort des
Inder ^* Monats die Decidua auf Mikroorganismen. Die Patientin
Schwanger- hatte 2^/3 Jahre vorher schon einmal abortirt, und Emanuel hatte
^ ^ j damals Kokken in der Decidua gefunden. Auch im vorliegenden
Falle fand er alle Zeichen der Entzündung im Gewebe, Infiltration
mit Kundzellen und zwischen diesen grosse Mengen von Bacillen.
Wittkowski, Wittkowski untersuchte die Mikroorganismen genauer bacterio-
logisch. Die zuletzt gefiindenen Bacillen hatten einige Aehnlichkeit
mit Bacterium coli commune, aber auch wesentliche Verschiedenheiten
von demselben. Veit sieht diesen Fall als einen neuen Beweis
bekannten Ansichten an, dass die Endometritis in der
Veit.
seiner
Schwangerschaft die Folge einer bereits vorher bestandenen Endo-
metritis und die Ursache des Aborts sei.
Zwei Fälle von Fruchttod im letzten Schwanger-
schaftsmonat infolge stumpfer Gewalteinwirkung be-
Pruchttod schreibt Fr. Westphalen-Kiel (Monatsschrift f. Geburtsh. u.
Gynäkol. Bd. 2, Heft 3).
Im ersten Falle Ausgleiten auf der Strasse und Aufschlagen mit dem
Unterleib auf einen Stein. Befund: Bluterguss in der Nabelschnurscheide,
beide Arterien unverletzt, die Vene communicirt frei mit dem Blutheerd.
Ursache : Anscheinend Torsion der kurzen Nabelschnur durch die plötzliche
Lageveränderung der Frucht, Blutstauung in derselben, Zerreissung da-
durch, Bildung eines Blutgerinnsels und Compression der Gefässe des Nabel-
stranges. Im zweiten Fall Stoss gegen den Unterleib. Völlige Plaoentar-
ablösung mit starker innerer und geringer äusserer Blutung. Verlauf in
beiden Fällen für die Mütter günstig.
- in der
Schwanger
Schaft
dnrch
Trauma,
Westphalen.
Plattes
Becken,
Ahlfeld.
Nach Ahlfeld -Marburg (Die Diagnose des einfach platten
Beckens an der Lebenden. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol.
Bd. 32, Heft 3) ist das einfach platte Becken ausserordentlich selten ;
ganz überwiegend sei das platte Becken ein rachitisches. Er selbst
hat unter 2800 Geburten nur 13mal ein einfach plattes Becken dia-
gnosticirt. Er kommt auf Grund von Untersuchungen zu dem
Resultat, dass in der überwiegenden Mehrzahl der platten Becken,
Geburtsbülfe und Gynäkologie. 361
aach wenn keine Zeichen von Bacbitis am Körper sonst vorhanden
sind, dennoch letztere Erkrankung das ätiologische Moment dieser
Beckenverändemng ist.
b. Extrauterinschwangerschaft.
Ein Pall von Extrauterinschwangerschaft durch äussere
Ueberwanderung des Eies beschreibt Euch s-Liegnitz (Deutsche Aenssere
med. Wochenschr. Nr. 45). ^t^"-
. Wanderung
Es handelte sich um eine 35jährige Il-para. Seit 5 Jahren bestand des Eies
eine Geschwulst in der linken ünterbauchgegend, welche von Fuchs durch Fuchs,
die Laparotomie entfernt wurde und sich als ein subseröses linksseitiges
Fibroid des Uterus erwies. Mit dem Tumor wurde die Tube entfernt ; rechts
wurde das entartete Ovarium ebenfalls entfernt und demgemäss die rechte
Tube und das linke Ovarium zurückgelassen, '/a Jahr später erkrankte
Patientin. Es ging keine Schwangerschaftsdecidua ab, während sich eine
Haematocele retrouterina bildete, welche mit der Zeit spontan zurückging.
Alle Umstände sprechen für äussere Ueberwanderung des Eies.
F. Schwarz -Fünfkirchen beobachtete Ruptur einer 2 Monate Tuben-
schwangeren Tube mit Hämatocelenbildung und Durchbruch in die ruptur,
Harnblase. Natürlich war vor dem Durchbruch eine Zersetzung des Blut- Schwarz,
tmnors eingetreten. Patientin machte eine sehr schwere Pyämie durch, genas
aber. (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 37.)
H. Löhlein-Giessen (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23) warnt uterus-
dringend vor Ausschabung des Uterus bei ektopischer a^sBcha-
Schwangerschaft oder auch nur bei Verdacht derselben. In zweigjj^yj^^^Qyi^.
Fällen schloss sich die Ausbildung einer Hämatocele resp. die Ver- schwanger-
grösserung einer schon bestehenden an die Operation an. Der erste ^*^vf '**
Fall verlief durch Verjauchung der Hämatocele tödtlich.
c. Operative Eingriffe während der Schwangerschaft.
Eine doppelseitige Ovariotomie in der Schwanger-
schaft nahm Fr. Merkel-Nürnberg (Münch. med. Wochenschr. o?ariotomie
Nr. 37) vor. , l"" *^'
S c II w a D CT 6 r*
Es waren in der 16. Woche der siebenten Schwangerschaft, nachdem schaft
beiderseits neben dem Uterus cystische Tumoren von Kindskopf- resp. Faust- Merkel.
grQflse constatirt worden waren, peritonitische Erscheinungen aufgetreten.
Bei der Operation fand sich Axendrehung des rechtsseitigen Tumors. Dieser,
sowie der linksseitige parovariale Tumor wurde entfernt und von dem
gleichfalls cystischen linken Ovarium die Hälfte resecirt. Die Schwanger-
schaft wurde nicht durch die Operation beeinflusst ; eine vor der Operation
362 Czempin.
vorhandene, während der Schwangerschaft entstandene geistige Störung
— Melancholie — schwand nach der Operation.
Ovariotomie Ru b e s ka-Prag (Beitrag zur Complication der
Inder Schwangerschaft. Monatsschr. f. Greburtsh. u. Gynäkol. Bd. 2,
Schwanger- ° . j •>
Schaft, Heft 3) beschreibt mehrere Fälle von Ovariotomie während der
Rubeska. Schwangerschaft.
Zweimal waren Störungen der Gravidität durch die Tumoren an und
für sich nicht vorhanden, und war die Indication lediglich durch die Ge-
schwulst gegeben. In dem einen Falle traten 24 Tage nach der Operation
Wehen und Geburt eines unreifen Kindes ein, im anderen verlief die
Schwangerschaft ungestört. In einem Falle war die Geschwulst als absolutes
Geburtshinderniss anzusehen (Adhäsionen im Douglas) und wurde in Bück-
sicht hierauf während der Schwangerschaft entfernt. Es war ein Cysto -
carcinom. Am 30. Tage nach der Operation, am Endtermin, spontane
Geburt. Die Mutter starb 3 Monate später an Recidiv. In zwei Fallen
kamen die Geschwülste als absolutes Geburtshindemiss während der Geburt
zur Diagnose. Im ersten Falle gelang die Reposition der Geschwulst in
Chloroformnarkose. Im zweiten Falle gelang dies nicht. Die Cyste wurde
deshalb per vaginam incidirt. Die Geburt verlief normal, aber die Cyste
verjauchte im Wochenbett und wurde mit Glück durch ein combinirtes
Operationsverfahren exstii-pii-t.
Einen Fall von Kaiserschnitt nach Porro in der
Porro- Schwangerschaft wegen malignen Ovarialtumors theilt Voigt (Zeit-
operativen gchrift f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 32, H. 3) aus der Prochownik-
Schwanger- schen Privatklinik in Hamburg mit.
Schaft, Es handelte sich um eine Complication von Zwillingsschwangerschaft
Voigt. Qjj^ einem grossen malignen Ovarialtumor. Der Tumor führte zur Bildung
von Ascites, zu Compressionserscheinungen und zu einem absoluten Hinder-
niss für den Austritt des Kindes. Es wurde die Ovariotomie in der
Schwangerschaft geplant. Bei der Operation fand man einen soliden, bös-
artigen, vielfach verwachsenen Ovarialtumor. Da gleichzeitig die Geburt
begann, schritt Prochownik zur Sectio caesarea und schliesslich zum
Porro. Zwillinge todt. Mutter starb am 9. Tage post operationem.
Voigt glaubt in Rücksicht auf die Aehnlichkeit der Geschwulst
mit einem in Degeneration befindlichen Corpus luteum die Entstehung
derselben aus einem gelben Körper annehmen zu können, bei wel-
chem nicht, wie gewöhnlich, die charakteristischen Luteinzellen vom
Centrum aus unter Bildung von Fibriimiassen und Blutaustritten
aufgelöst wurden, sondern in den Randzonen selbständig abnorm
wucherten.
H. Fehling- Halle (Monatsschr. f. Geburtsh. u. GynäkoL Bd. 2,
Heft 5) führte die Totalexstirpation einer am CoUumkrebs
Geburtshülfe und Gynäkologie.
363
erkrankten Gebärmutter im 7. Monat der Schwanger- Sectio
8chaft aus. caesarea und
Zuerst wurde die Sectio caesarea vorgenommen, der Uterus supravaginal exstirpation
amputirt, der Stumpf provisorisch vernäht, die Bauchhöhle provisorisch ge- in der
schlössen, dann der Collumstumpf per vaginam exstirpirt und nach glück- Schwange r-
licher Vollendung der Operation die Bauchwunde definitiv geschlossen.
sohaft,
Fehling.
Einen Fall von traumatischer Uterusruptur in der
Schwangerschaft beschreibt Reusing (Centralbl. f. Geburtsh. u.
Gynäkol. Nr. 2) aus der Würzburger Frauenklinik.
Er betraf eine 23jährige Erstgeschwängerte, welche in der Mitte des
8. Monats ca. 4 m tief herabgefallen war. Ohne dass die Bauchdecken
verletzt waren, war durch den Fall eine Ruptur des schwangeren Uterus
und Austritt des Kindes in die Bauchhöhle erfolgt. Durch die Laparotomie
wurde das Kind entfernt, der in der Vorderfläche des Fundus verlaufende
Länggriss, in dem die Placenta sass, vernäht. Reconvalescenz verlief gut.
Reusing fügt aus der Litteratur noch drei ähnliche Fälle hinzu.
Trauma-
tische
Uterus-
ruptur,
Reusing.
Leopold-
Spörlin,
2. Pathologie und Therapie der Geburt.
a. Untersuchung der Gebärenden.
Die Leitung normaler Geburten nur djurch äussere
Untersuchung ist von Leopold-Spörlin an dem reichen Ma- Aeussere
terial der Dresdener Frauenklinik geschildert worden. Gegen die Unter-
inzwischen erhobenen Bedenken, nämlich dass die äussere Unter- ^^^
suchung bei fetten oder ödematösen Bauchdecken, grosser Empfind- Gebärenden,
lichkeit und reichem Fruchtwasser im Stich lasse, femer dass das
Verhalten des Beckens und der Weichtheüe unaufgeklärt bleibe, dass
der Vorfall und das Vorliegen kleiner Theile oder der Nabelschnur
nicht erkannt werden könnte, hat nun Leopold in Gemeinschaft
mit seinem Assistenten Orb (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49,
Heft 2) von neuem seine Aufmerksamkeit gerichtet. Es wurden
1693 Geburten beobachtet, von denen 1334 ohne Kunsthülfe ver-
liefen. Von letzteren sind 57,5 ^/o ohne innere Untersuchung zu Ende
geführt, und 90,2 ®/o derselben hätten nur durch äussere Untersuchung
geleitet werden können, wenn nicht des Unterrichts wegen die
Vaginaluntersuchung hätte vorgenommen werden müssen. Li drei
Viertel der innerlich nicht untersuchten FäUe wurde das Tieferrücken
des Kopfes und damit der Fortschritt der Geburt genau festgestellt,
in einer zweiten Reihe von Geburten — 110 Fälle — beHef sich die
ftrocentzahl der ohne Kunsthülfe verlaufenen Geburten ohne vaginale
Untersuchung auf 87,5 **|o, eine Zahl, welche leicht auf 90,6 °|o zu
Orb.
364 Czempin.
bringen gewesen sein würde. Nur in 1,7 •/o der Fälle der ersten
Geburtsreihe kamen diagnostische Irrthümer vor, ohne dass dadurch
ein ungünstiger Ausgang für Mutter und Kind herbeigeführt
worden wäre.
Die äussere Untersuchung der Gebärenden hat
Aenssere E>. Müllerheim (Monographie. Berlin, Oscar Coblentz) in der
Unter- Strassburger Frauenklinik an einem grossen Material geprüft. Er
der ^^^ besonderen Werth auf die sorgfältige Betastung des unteren
Oebärenden, Uterinsegmentes. Handelt es sich um eine SchädeUage, so ergibt
die Abtastung der sich deutlich markirenden Vorsprünge der Stirn
und des Kinnes wertvolle Aufschlüsse, sowohl im Beginn der Geburt
wie bei dem weiteren Fortschreiten derselben. Müllerheim zeigt,
dass sowohl die Lage des Kindes, ob erste oder zweite Schädellage,
ob erste oder zweite Unterart, aus der Betastung des Kinnes con-
statirt werden könne, ebenso wie auch aus dem seitlichen Stand des
Kinnes und der Stellung des Kopfes zu den Schultern die vordere
oder hintere ScheitelbeineinsteUung gemuthmasst werden kann. Auch
die Stimlage und Vorderhauptslage lehrt Müllerheim aus der Ab-
tastung des Kinnes erkennen. Müllerheim glaubt mit Eecht, dass
die äussere Palpation sowie eine scharfe Beobachtung des allge-
meinen Körperbaues sowie des Beckens im besonderen weitgehende
Schlüsse über den Geburtsverlauf erlaubt. Die äussere Untersuchung
der Kreissenden wird zwar die innerliche Untersuchung nicht über-
flüssig machen, sie aber immerhin einschränken können.
Rectale E. Eiess-Strassburg (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 1894,
Unter- jq^j. 17) jg^ ^^j. Ansicht, dass die vaginale Untersuchung der
Buchung, tt- > n ^ ^ •% > i i ?i.
E. Riesa. Kreissenden durch die rectale ersetzt werden müsse. Euier-
seits gestatte die rectale Untersuchung eine vollkommene Orientirang
in normalen Fällen imd weise ausreichend auf etwaige pathologische
Verhältnisse hin, andererseits sei selbst nach der rectalen Unter-
suchung eine sichere Desinfection der Hände möglich, um noth-
wendige geburtshülfliche Eingriffe vornehmen zu können. Mit Recht
haben diese Anschauungen keine Beachtung gefunden.
Desinfection Eeinicke- Leipzig (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, Hef); 3)
^t5?.*?^^' untersuchte in der Zweiferschen Klinik die Erfolge der ver-
Reinicke, ,
schiedenen Eeinigungsmethoden der Hände durch Bacterien-
prüfung. Er fand, dass Beinigung der Hände mit heissem Wasser
imd Seife und Bürste während 3 — 5 Minuten, dann Bürsten in
Spiritus (90''o) und Abspülen mit aseptischer Flüssigkeit mit grosser
Geburtshülfe und Gynäkologie.
365
Wahrscheinlichkeit absolute Keimfreiheit bewirke. Die von Krön ig
dagegen erhobenen Einwände, dass wahrscheinlich die Alkohol-
waschnng die Haut derart verändert, dass die Keime auf der Haut
sitzen bleiben und zum Zweck der bacteriellen Untersuchung sich
schwer entfernen lassen, trotzdem aber inficiren können, hält er fiir
falsch. Die gegentheiligen Untersuchungen von Krönig zeigen nur,
dass die lebendige Hand sich gegenüber der künstlichen Infection
anders verhält als der bacterieUe Versuch.
Ahlfeld (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 51) prüfte die Frage
von neuem und fand, dass 3 Minuten dauerndes Waschen, Beini-
gang, Kürzung und Glättung der Nägel, Abreiben der Hand mit
einem handgrossen ElanelUappen und 96°/oigem Alkohol im Stande
ist, bei einer gut beschaffenen Hand eine keimfreie Untersuchung
vorzunehmen. Bei Personen mit rauhen, schwer zu desinficirenden
Händen, femer nach Berührung mit virulentem Material bei Ein-
föhren der ganzen Hand in den Genitaltractus ist ausgiebige Waschung
mit Bürste und Seife, 5 Minuten langes Abreiben mit Alkohol noth-
wendig, eventuell ist auch noch ein Desinfectionsmittel anzuschliessen.
Nothwendig ist für die Sterilisirung der Gebrauch von Alkohol.
Ahlfeld.
b. Geburtscomplicationen.
Eine siebenmalige Nabelschnurumschlingung um den
Hals des Kindes als Geburtshindemiss sah Wygodzki-Wüna
(Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 48).
Es gelang die Expression des Kopfes nach Kristeller. Die Nabel-
schnur war 168 cm lang, siebenmal um den Hals und einmal um die linke
Schulter geschlungen. Das Kind war abgestorben, die definitive Entwicke-
long gelang erst nach Durchschneidung der Nabelschnur.
Nabel-
schnur-
umschlin-
gnng,
Wygodzki.
Während in einer früheren Publication (cf. dieses Jahrb. Jahr-
gang 1895, S. 358) Hofmeier den Nachweis zu führen suchte, dass
die Complication von Uterusmyom mit Schwangerschaft
und Geburt selten zu schwerwiegenden Folgen führe, ist Klein- Myom bei
Wächter (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 32, Heft 2) der gj^^j^^^^^^^
Ansicht, dass der Geburtsverlauf bei myomatösem Uterus stets ge-
fahrdrohend sei. Er theilt die Geburtsgeschichte einer 30jährigen
Erstgebärenden mit.
Nach einem sehr lange dauernden, aber spontanen Geburtsverlauf trat
tuunittelbar post partum eine schwere uterine Blutung auf, welche schliess-
lich auf Tamponade stand, jedoch 1 Stunde später den Tod der Frau her-
beiföhrte. Die Section wies ein grosses intraparietales Myom der hinteren
366 Czempin.
Funduswand nach, welches die mangelhafte Zusammenziehung des Uterus
bedingt hatte, während es sich gleichzeitig um tiefen Sitz der Plaoenta
handelte.
Geburt bei P- Strassmann- Berlin machte in einem eingehenden Vortrage
Antefixatio (Zur Kennijniss des Schwangerschafts- und Greburts-
P strassmann Verlaufes bei antefixirtem Uterus. Archiv f. Geburtsh. u.
Gynäkol. Bd. 50, H. 1) auf die Gefahren aufinerksam, welche bei den
modernen Retroflexionsoperationen auftreten können, sei es, dass die-
selben von der Scheide oder von den Bauchdecken aus vorgenommen
werden. Theoretisch ist die Alexander-Adam'sche Operation
der Verkürzung der runden Mutterbänder die beste, da sie keine
neue pathologische Fixation bedingt, sondern nur die natürlichen
Befestigungen des Uterus verstärkt. Bei der Ventrifixur (nach
Olshausen, Czerny, L e o p o 1 d u. a.) wird eine neue Befestigimg
hinzugefügt. Geburten sind bei diesen Methoden beobachtet worden,
die meisten verliefen normal, doch sind auch Störungen, Fixation der
vorderen Wand des Uterus und Verdünnung derselben beschrieben
worden, welche beweisen, dass die Fixation eine fibröse, der Deh-
nung nicht fähige sein kann. Strassmann sah in einem nach
Czerny-Leopold ventrifixirten Fall, dass das Tiefertreten des
Uterus behindert war und die Narbenstelle bei jeder Wehe in schmerz-
hafter und gefahrdrohender Weise eingezogen wurde. Nach Ent-
wickelung des Bandes mittels Zange trat eine Nachblutung durch
Behiaderung der Retraction des Uterus ein. Die höchste Fixurstelle
war 11 cm über der Symphyse. Bei späterer Untersuchung zeigte
es sich, dass die hintere Uteruswand an der Fixation betheiligt war.
In der Litteratur ist auch ein Kaiserschnitt nach Ventrifixur be-
richtet (Gubaroff), dessen dringende Indication indessen Strass-
m a n n nicht anerkennt. Bei der intraperitonealen Vaginifixor
(Dührssen) liegt ein Theü des Uterus extraperitoneal und ist narbig
fixirt. Beim Wachsthum des Uterus treten hier Narbenbeschwerden
imd Schmerzen auf. Es kann leicht zum Abort kommen, 25 "/o der
D ü h r s s e n'schen Fälle, während Strassmann bei Pessarbehandlung
nur 16^0 Aborte sah. Trennen sich die Narben, so kann es nach der
Geburt zum Recidiv der Retroflexion kommen (bei Dührssen 3mal
unter 12 untersuchten Wöchnerinnen). Bleibt die Vaginifixur fest, so
entwickelt sich die hintere Wand stärker, die vordere wird dicker,
bleibt im Becken fixirt und wird zum Geburtshindemiss; die Portio
weicht st-ark nach hinten aus), es kommt zu abnormen Kindeslagen,
Nabelschnurvorfall et<?. In dem ersten von Strassmann berichteten
Geburtshülfe und Gyn'äkologie. 367
Fall trat 5 Monate nach der von Dührssen ausgeführten Vagini-
fixm* Conception ein. Blasenbeschwerden, Schmerzen in der Schwanger-
schaft, Querlage, Nabelschnurvorfall. Die Portio befand sich ober-
halb des Promontoriums. Es bestand eine nicht reponirbare fbdrte
Aussackung der vorderen TJteruswand im Becken. Sehr schwere
Wendimg mit anschliessender Blutung, die nur durch Compressiv-
verband zu stiQen war. — Im zweiten Falle war die gleiche Aus-
sackung der fixirten vorderen Uteruswand vorhanden, so dass ein
völliges Geburtshindemiss vorlag. Es wurde (G-usserow) die Sectio
caesarea noth wendig, welcher die Frau erlag. Die Schwierigkeiten
bestehen in der Unmöglichkeit der Reposition des fixirten Uterus-
segmentes, der Schwierigkeit der Wendung wegen Gefahr der
Scheidenzerreissung , Unmöglichkeit der spontanen Geburt. Dem-
gemäss fuhren die Beobachtungen solcher Geburtsfälle zu der For-
derung, mit den fixirenden Operationen des Uterus vorsichtig zu sein,
namentlich bei Frauen, welche noch innerhalb des geschlechtsreifen
Alters sich befinden.
A. Mackenro dt-Berlin theüt ebenfalls seine Erfahrungen über Mackenrodt.
die Vaginofixation und Kolpoköliotomie in Beziehung
zu Schwangerschaft und Geburt mit (Monatsschr. f. Geburts-
hülfe u. Gynäkol. Bd. 2, H. 5 ff.). Auch er sah schwere Störungen
der Geburt durch die feste Fixation des Corpus an die vordere
Scheidenwand eintreten. Die mechanischen Verhältnisse waren die
gleichen, wie in den von Strassmann (s. o.) beschriebenen Fällen.
Mackenrodt sieht die Gefahren in der Verwendung unresorbir-
baren Materials (Silkworm) zur Fixirung. Im ferneren verwirft
er die alten Methoden, sowohl die seine, wie die Dührssen'sche
und tritt für die Vesicofixation ein. Ebenso sah Graefe- Halle Graefe.
(Ueber schwere Geburtsstörungen infolge von Vagino-
fixatio uteri. Ibid. H. 6) einen Fall.
Abdomen stark in die Breite gedehnt, Querlage der Frucht. Portio
hoch oben im Kreuzbein liegend, kaum zu erreichen, spitzwinklig gegen
das ganz nach unten gerichtete untere Uterinsegment abgeknickt. Sehr
bald Auftreten eklamptischer Anfälle, weswegen G r a e f e die wegen des Geburta-
hindernisses an und für sich geplante Sectio caesarea ausführte. Es lag der
Uterus mit der vorderen Wand fast völlig im Becken, so dass der Schnitt
wesentlich im Fundus und in der hinteren Wand angelegt wurde. Lebendes
Kind. Heilung.
Kurz hinter einander kamen in der Berliner Universitäts-Frauen-
klinik zwei Fälle von spontaner Uterusruptur zur Be-
obachtung, welche A. Gessner (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol.
368 Czempin.
Uterus- Nr. 2) mittheilt. Im ersten Falle handelt es sich um eine Sechst-
ruptur, gebärende, die immer leicht geboren hatte. Es bestand eine ab-
gewichene Steisslage, welche sich nach dem Blasensprunge in eine
Querlage mit Armvorfall umwandelte. Unmittelbar nach einigen
Würge- und Brechbewegungen erfolgte die TJterusruptur, ohne dass
eine Blutung und eine Veränderung des mütterlichen Pulses eintrat.
Die Euptur hatte das hintere Scheidengewölbe betroffen, welches
vollkommen vom unteren TJterinsegment abgetrennt war. Es gelang
das Kind per vias naturales zu entfernen. Trotz fester Tamponade
des Bisses und der Scheide und Anlegung eines festen Gompressiv-
verbandes bestand eine starke Nachblutung, so dass die Laparotomie
vorgenommen wurde. Bei derselben zeigte sich, dass der B.is8 das
Peritoneum des Beckens nicht eröffnet hatte, sondern nur ein Häma-
tom des Ligamentum latum sinistrum vorhanden war. Die Bauchhöhle
wurde deshalb wieder geschlossen, Patientin genas. — Der zweite Fall
war eine typische TJterusruptur durch Hydrocephalus. Der Riss be-
traf das ganze untere Uterinsegment rechts und vom, Hess aber den
äusseren Muttermund intact. Nach Perforation des Kopfes war die
Extraction des Kindes leicht. Die EisssteUe wurde mit Gazestreifen
nach der Scheide hin drainirt. Die Blutung war sehr gering ge-
wesen. Auch diese Patientin genas. G essner hält die Entschei-
dung, ob es sich um eine complete oder incomplete Buptur handelt,
von grosser Bedeutung für die einzuschlagende Therapie. Für die
incomplete Ruptur ist sicher die exspectative Therapie vorzuziehen,
während für die complete ein operatives Vorgehen eher am Platze
ist. G essner hatte in den genannten und in drei noch weiteren
Fällen, darunter zwei completen Rupturen guten Erfolg durch die
Tamponade und festen Druckverband.
H.W. Freund, H. W. F r e u n d - Strassburg (Festschrift z. 50jährigen Jubiläum
d. Gesellschaft f. Geburtsh. u. Gynäkol. in Berlin), welcher seine
früheren und einige neuerdings berichtete FäUe von Zerreissung
der Gebärmutter und des Scheidengewölbes einer Nach-
prüfung unterzogen hat, spicht sich im Gegensatz hierzu gegen die Tam-
ponade bei den von ihm als „Combinationsrisse" bezeichneten Ver-
letzungen aus, d. h. solche, bei welchen die Platten des Ligamentum
latum breit eröfihet worden sind und die sich von der Cervix nach
der Scheide hin fortsetzen. Die Wirkung der Tamponade hält er
für unsicher und ein actives Vorgehen seines Erachtens dringend in-
dicirt. Hierfür kommt entweder die Laparotomie oder die Naht des
Gervixrisses von der Scheide aus in Frage. Freund hält die Zahl
derartiger Uterusrupturen für erheblich grösser als gewöhnlich an-
Geburtshtilfe und Gynäkologie,
369
genommen wird, besonders bei Mehrgebärenden, bei welchen durch
Läsionen bei früheren Geburten narbige Veränderungen des Collums
bestehen.
Que isner -Bromberg theilt einen geheilten Fall von üterus-
ruptur mit. Neuntgebärende, stets normale Entbindungen, ohne auf-
fallige Symptome Ruptur des Uterus, Muttermund völlig erweitert, links
im Fundus ein Längsriss von 10 — 12 cm. In diesem liegt der rechte Fuss
und die Nabelschnur. Kopf überm Beckeneingang, Wendung gelingt leicht,
keine Blutung, keine Tamponade, schwerer Sandsack auf den Uterus, mit
Binden befestigt, Heilung.
Eine 4jährige Eetentio in utero eines Skelettes der
im 7. Monat der Schwangerschaft abgestorbenen Frucht
beschreibt Resnicow- Elisabethgrad (Centralblatt f. Geburtsh. u.
Gynäkol. Nr. 9).
Anscheinend durch Typhus war die Frucht abgestorben. Die zuerst
eintretenden Wehen hörten auf, mit der Zeit trat ein dauernder Abfluss
stinkenden Eiters ein, der jahrelang andauerte, die Kranke stark her-
unterbrachte und zeitweilig mit Fieber und Schüttelfrösten verbunden war.
Ab und zu gingen Knochentheile ab. Die Adnexa und Parametrien waren
völlig frei. Nach Dilatation des Uterus wurde das Skelett entfernt. Die
Kranke genas. Aus der Litteratur theilt Resnicow einige ähnliche
Fälle mit
Queisner.
Retention
der todten
Frucht,
Resnicow.
von
Gesichts-
lagen,
Grossmann.
c. Geburtshülfliche Operationslehre.
1. Fehlerhafte Lagen.
Grossmann-München (Zur manuellen Umwandlung vonumwandiung
Gesichts- in Hinterhauptslage. Mtinch. med. Wochenschr.
Nr. 23) beschreibt zwei Fälle von Gesichtslage nach dem Blasen-
Sprung. Während er den ersten Fall exspectativ behandelte und
dabei durch Druck Brandgeschwüre und fieberhaftes Wochenbett
folgen sah, machte er im zweiten Fall den Versuch zur manuellen
Umwandlung der Gesichts- in Hinterhauptslage. Während die rechte
Hand das Hinterhaupt umfasste und die Defiexion auszugleichen
Buchte, wurde mit der linken äusseren Hand durch das untere Uterin-
segment hindurch die lordotisch verkrümmte Halswirbelsäule ge-
streckt, gleichzeitig das Hinterhaupt mit der inneren Hand etwas
nach abwärts gezogen. Die Correction gelang mit einem B.uck, und
der Kopf trat in Hinterhauptslage ein.
Mermann-Mannheim (Centralblatt f. Geburtsh. u. Gynäkol.
Xr. 36) führte bei verschleppten Querlagen dieEvisceration des
Jahrbuch der practischen Medicin. 1896. 24
870 Czempin.
todtön Kindes aus. Für dieselbe benutzt er die Siebold'sche
Scbeere, mit welcher er ein Loch in den Bippenraom schneidet, unter
Anziehung des vorgefallenen Armes der Frucht. In dieses Loch
dringt die Hand des Operateurs, nimmt die Brusteingeweide heraus,
durchbohrt das Zwerchfell und entleert von hier aus die Bauchhöhle.
Die Extraction des so entleerten Kindes war stets leicht, entweder
conduplicato corpore darch Zug mit der im fötalen Bauch liegenden
Hand oder durch Extracdon am Fuss der Frucht.
2. Zange. Kflnstliche Frühgeburt. Placenta praevia.
ing«D' ^- Schick -Frag (DieZangenoperationen während der
rationsn, Jahre 1891 — 94 an der deutschen geburtah. Klinik in Prag [Frof.
*^*^ V. Eosthorn]. Mouatsschr. f. Geburtsh. n. Gyn&kol. Bd. 1, H. 6).
In 2920 GefanrtsiUUen kam die Zange 106mal zur Anwendung, bei
I-paren in 71,7 *|<i, bei Mehrgebärendeu in 28,3*10. Die Indication
von Seiten der Kutter betrug 41,6 •/» , Qefabren far das Kind in
52,83 '!<•, für beide in 6,6 °|. der Fälle. Verletzungen kamen in 60 »o
der Fälle vor, in 11,3 '/o traten atonische Blutungen anf. 1,8'/« der
Wöchnerinnen erkrankten am Puerperalfieber. Die Geaammtmortalitat
betrug 4,7 °/«, an Puerperalfieber 0,9 °/o in der Klinik inficirter Frauen.
In 63,21 °|e wurden Knaben , in 36,79 "ja Mädchen entwickelt. Die
Durchschnittslänge der Kinder betrug 50,8 cm , das Gewicht durch-
schnittlich 3303g. 4 Kinder erkrankton, 16 zeigten Verletzungen,
11,32 "/o starben, von diesen 3,7°/» durch die Zange. 8,6°/ii aller
Zangen wurden am hochstehenden Kopfe angelegt. Von diesen starb
1 Mutter, 66,1 */i» der Kinder! Schick hält deshalb den Münoh-
meyer'schen Satz fiir richtig, dass die Zange die blutigste der
geburtshülflichen Operationen bildet, deshalb auf das nothwendigste
Haass einzuschränken und ein Hinneigen zur conservativen Bichtnng
zu empfehlen sei.
0. Bouthner (Zur Frage der Einleitung der künst-
licli'H Frühgeburt bei Beckenenge. Archiv f. Gebtu-ts-
btüfe u (iynSkologie Bd. 48, H. 2) theilt die in der Bemer Klinik
üblicbi' Muthode mit. Maassgebend für die Indicationstellung ist
die Bi-^'iiiimung des Missverhältnisses zwischen Kopf und Becken.
Dieses Mi^sverhältniss ist meist kein sehr grosses, es handelt sich
viehnL'liv um geringe Grössenunterscliiede. Die Frage, ob Erst- oder
||g]irgu1 nirnnde , die Anamnese der früheren Geburten spielt keine
nur eine untergeordnete Rolle. Die geringen Miasverbältnisse
Geburtshülfe und Gynäkologie,
371
genau za erkennen, ermöglicht nach Beuthner nur die P. Müll er-
sehe Methode der Impression des kindlichen Kopfes ins Becken.
Diese wird in Narkose vorgenommen, das Kind eventuell durch
äussere Wendung in Schädellage gebracht und mit beiden Händen
unter Controlle eines von der Schei(^ her explorirenden Untersuchers
in den Beckeneingang gepresst. Wenn der kindliche Schädel mit
seiner grössten Gircumferenz bei starkem und längerem Druck
von aussen (auf die Schädelbasis) eben noch den Beckeneingang
paasirt, soll die künstliche Prühgeburt eingeleitet werden. Beuthner
ist der Meinung, dass dies Verfahren eine möglichst genaue Be-
stimmung des Zeitpunktes zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt
gibt, weit besser als die muthmaasslichen Schätzungen der Entwicke-
lung der Erucht hinsichtlich der Zeit der Schwangerschaft.
Ahlfeld-Marburg (Das Peter Müller'schelmpressions-
verfahren. Monatsschr. f. G-eburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 6)
unterzog dieses Verfahren einer Nachprüfung und macht eine B.eihe
theoretischer und in praxi bestätigter Einwände. Nicht immer ist
die bei dem Verfahren dem Kopfe künstlich gegebene Stellung die
geeignete, welche letzterer eventuell durch die Naturkräfte erhält.
Der Kopf hat bei langsamem Eintritt unter der Geburt Zeit, sich den
gegebenen Verhältnissen anzupassen. Demnach ist die Thatsache,
dass ein kindlicher Schädel sich nicht in das Becken einpressen
lässt, noch kein Beweis gegen die Möglichkeit eines spontanen
Dnrchtritts bei eingeleiteter Frühgeburt. Dies konnte Ahlfeld
practisch bestätigen. Er hält deshalb an der von ihm angegebenen
Methode der Abschätzung der Kindsgrösse aus der Länge der
intrauterinen Fruchtaxe zwecks Einleitung der künstlichen Früh-
geburt fest.
Ahlfeld.
In einem Falle vonPlacenta praevia centralis beabsichtigt
Nij hoff- Amsterdam (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 8),
die Placenta zu durchbohren und die combinirte Wendung auf den
Fuss zu machen. Ersteres gelang leicht, dagegen konnte Nijhoff
das Amnion nicht durchbohren. In der Hofihung, dass die Frucht-
blase sich in diesen Biss drängen würde und gleichzeitig als Dila-
tator und intrauteriner Tampon wirken würde, tamponirte Nijhoff
die Scheide und wartete ab. Die Blutung hörte völlig auf, und
ca. 24 Stunden später wurde das Kind lebend geboren. Auch in
der Nachgeburtsperiode war die Blutung gering. Die Placenta zeigte
einen grossen Biss, durch welchen sie fast vollständig in zwei Theile
getheüt war. Interessant ist in diesem Fall, dass die Placenta mit
Placenta
praevia
centralis,
N^hoff.
372
Czempin.
der Uteraswand in Verfoindang blieb nnd somit die Placentarathmung
nngestört fortdauerte und keine neae Blutung statt&nd.
Kaiser-
• chBitt,
Sänger,
DroMl>ftdi,
Iloffmami.
3. Kaiserächnitt, Porro-Operation.
Sang er- Leipzig (Monatsacbr. f. Grebnrtsh. a. GjnäkoL Bd. 1,
H. 1) beschreibt einen Kaiserschnitt, dessen Ursache sehr inter-
essant ist.
Die Patientin hatte eine ektopische Schwangerschaft mit Bildung einer
Hämatocele dorchgemacht. Bei einer neaen Schwangerschaft bildete ein
difFoser Tnmor im Dooglas ein abeolntes Gebnrishindemiss ; nach dem
Kaiserschnitt (lebendes Kind) fand es sich, daas der Tumor aus fibrösen
Schwielen des g^eschmmpften froheren extranterinen Fruchtsackes bestand,
dass beide Abdominalostien der Tuben verschlossen waren, aber an der
linken Tube ein accessorisches Abdominalostium sich befand, durch welches
das Ei in den Uterus gelangt war.
Drossbach- Neuhaus a. I. (Münch. med. Wochenschr. Nr. 22)
führte einen Fall von Sectio caesarea bei osteomalacischem
Becken aus. Conj. diag. 9. Exitus 48 Stunden post operationem.
Ein Sectio caesarea in mortua führte A. Hoffmann-
Darmstadt (Centralbl. f. Geburtsh. u. GynäkoL Nr. 50) aus.
Es handelte sich um eine 36jährige IV-para, welche im Beginn de^
8. Schwangerschaftsmonats unter den Erscheinungen schwerster Eklampsie
erkrankte und 2 Stunden danach starb. 10 Minuten nach dem letzten
Athemzuge führte Hoffmann die Sectio caesarea aus und entwickelte
ein lebendes unreifes Kind, welches 25 Stunden später an Lebensschwäche
starb.
k
Porro- Monpro'fit (Arch. prov. de chir. Nr. 10) führte ebenfalls einen
Operation, Kaiserschnitt bei absolutem Geburtshindemiss wegen Myom aus.
Monpronti c» ./
Die Diagnose war bereits im 6. Schwangerschaftsmonat gestellt worden.
Es handelte sich um eine 28jährige I-para. Mit Wehenbeginn wurde
operirt. Das Myom sass im Becken eingekeüt und war mit dem Uterus
durch einen daumendicken Stiel yerbunden. Das Myom wurde abgebunden,
der Uterus vernäht und erhalten. Mutter und Kind genasen.
Guermonprez- Lille (Gaz. med. de Paris Kr. 32) machte bei
einer 34jährigen Schwangeren einen Kaiserschnitt, da das Becken
durch Myom ausgefüllt war. Nach der Entwickelung des Kindes
führte er die Totaleicstrrpation aus, welche infolge starker Blutungen
grosse Schwierigkeiten bot. Die von der hinteren Wand ausgehenden
Myome waren stark vascularisirt imd im Becken adharent. Die
Kranke genas.
VtaÄj Tschudy (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, Heft 3) be-
Ouermonprez,
Geburtshülfe und Gynäkologie.
373
schreibt einen sehr interessanten Fall Porro'scher Operation bei
Uterus didelphys.
hl diesem Falle war 9 Jahre vorher in der Züricher Frauenklinik von
Frankenhäuser wegen Hämatocele und Haematometra sinistra eine
Operation ausgeführt worden. Auf dieser Seite trat Schwangerschaft ein.
Trotz 3tagiger Wehenthätigkeit eröfinete sich der Muttermund, der sich
links und vom von der Portio vaginalis des rechten Uterus im Scheiden-
gmnde befand, nicht im mindesten. Die Gefahr der üterusruptur ver-
anlasste die baldige Ausführung der Sectio caesarea. Kind asphyktisch,
starb bald; die Mutter machte eine ungestörte Reconvalescenz durch.
4. Symphyseotomie.
Gasnistik
der
Engatröm,
A. Pinard,
0. Engström theilt eine Symphyseotomie mit:
31jährige Zweitgebärende, erste Geburt, Beckenendlage, beschwerliche
Extraction des Kopfes, todtes Kind, ca. 4100 g. Conj. vera ca. 7,8, Kopf ^™^ ?^®
über dem Beckenausgang. Symphyseotomie. Extraction mit Tamier's Zange,
geringe Blutung. Die Diastase der durchschnittenen Knochenenden während
der Extraction betrug nur 3 cm. Das Puerperium verlief normal , bis auf
einen kleinen Abscess heilte der Schnitt gut. Das Kind wog nur 3200 g.
Mädchen, Schädelknochen sehr weich, löffelformige Depression an der
rechten Sutura coronalis.
A. Pinard-Paris (Ann. de Gyn6col. et d'0bst6tr. Nr. 1), der
begeisterte Vertreter der Symphyseotomie in Frankreich, theilt 49 FäUe
der an der Baudelocque'schen Klinik von 1892 — 94 ausgeführten
Symphyseotomie mit. Seine Grundsätze sind vollkommenes Ver-
werfen der künstlichen Frühgeburt, der hohen Zange, der Perforation
des lebenden Kindes : Ausführung der Symphyseotomie in allen Fällen,
in denen beim Auseinanderweichen der knöchernen Theile der Raum
von 7 cm nicht überschritten zu werden braucht, um ein lebendes
Kind zu entwickeln; Porro-Operation in allen Fällen von absoluter
Beckenenge. Im letzten Jahre wurde 22mal operirt. Zweimal
trat der Tod durch Septikämie ein, in einem dritten durch Ileus; von
allen 49 Symphyseotomieen wurden 45 Frauen geheilt und 44 Kinder
lebend geboren.
Dayot (ibidem Nr. 3) beschreibt eine Symphyseotomie bei
platt rachitischem Becken. Diagonalis 9,8. Die Symphyse klafft
auf 4,5 cm. Spontangeburt des Kindes. Langsame Consolidation
der Symphyse, aber guter Gang.
Crimail (ibid. Nr. 9) : 23jährige Zweitgebärende. Erste Entbindung:
Embryotomie. Kyphoskoliose vom 5. Lebensjahre an. Coi\j. diagonalis 95 mm,
Körperhöhe 129. Vergebliche Zangenversuche. Symphyseotomie, Diastase
55 mm. V> Stunde später Zange. Kind lebend, gute Heilung.
Dayot,
Crimail.
374
Czempm.
Rector (Medical Record, Maj 18): Zweitgebärende. Erste Oeburt
schwer, Kind todt. Bei der jetzigen Entbindung vergebliche Zangenvenucbe
mit der gewöhnlichen und Tamier'a Zange. Ligamentum arcuatum *rarde
nicht durchachiiitten , riss aber beim Zangeaverauch ein, gleichzeitig die
vordere Scheidenwand. Multiple Fractur der Basis des Hinterhauptbeines
beim Kinde; dasselbe lebt nur 6 Stunden. Heilung glatt, Gang schlecht
durch nngenflgende Verheilung der Enochenenden.
Da vis -Philadelphia (ibidem) verlor einel-para nach Sympliy-
seotomie durch Sepsis. In einem anderen Falle fOhrte er die
Porro'eche Operation ans mit günstigem Ausgang für llutter und
Kind. Er hat fünf Symphyseotomieen gemacht und stete die Kinder
gerettet. Zwei Mütter starben. Er hält die Symphyseotomifi fUr
indicirt bei Frauen, die durch lange Geburtsarbeit erschöpft sind
und nur leichte Beckenverengemng haben, während bei bedeaten-
dem Missverhältnisa zwischen Becken und Kindskopf, bei mangel-
hafter Entwickelung der Scheide und Vulva der Sänger'sche Kaiser-
schnitt indicirt ist. Bei Unverheiratheten will er, um weiteren
illegitimen Schwangerschaften vorzubeugen, den Kaiserschnitt nach
Porro ausfuhren.
H. Meyer (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 85) beschreibt eine
Symphyseotomie aus der GOttinger EUnik. V-paxa, bisher zwei lebende
Kinder durch künstliche Frühgeburt, diesmal Symphyseotomie , weil der
rechtzeitige Termin zur Frühgeburt verstricken war. Coaj. diag. 9,5 cm,
die übrigen Maaase 25; 26,5; 31,5; 17 cm. Klaffende Symphyse 5— 6 cm.
0(icv;ili''>n niilii siOir schwierig, Naht mit Drahtauturen, welche das Periost
iiiilfiis?L'ii. liutr Heilung.
mphyseotomie nicht ohne dauernde schädliche Folgen
n sein kann, beweist ein von Geuer-Köln {Centralbl.
r,vQäkol. Nr. 43) mitgetheilter Fall von osteoptasti-
luas eines nach Symphyseotomie stehen ge-
i mphysenapaltea, welcher von Frank operirt
it der Symphyseotomie war folgender: 24jährige I-para mit
i-'i'p-tandener Rachitis. Conj. diag. 8 V». veraca. 6'A. externa
iiilt'Uage. Trotz starker Wehen nach dem Blasensprung blieb
(li's Kopfes aus , deshalb Symphyseotomie. Entwickelung
>h fangen anlegung, Gewicht 2820 g- Tiefe Scbeidendamm-
/.i'rreissung der Scheide bis ina vordere ScheidengewOlbe und
uüt ili-r U[>>'v.itii>Ti!>wimdecoiamunicirend. Uterustamponade, Vereinigung der
S>pn|>hjrwD>-iid'-ii durch Silberdraht, Fieber, klaffende Symphyse, Decubitu».
■hien SchambeinBÄt. Die Heilung der Wunde dauert« 2 Mo-
Db Syinjili.vse klaffte 3 cm. Gehversuche sehr schmerzhaft und un-
Geburtshülfe und Gynäkologie. 375
beholfen. Bildung eines breiten Hautlappens nach dem linken Schambein-
aste und Abmeisselung des linken queren Schambeinastes im oberen Theil
in der Breite von 8 cm. Nach entsprechender Anfrischung wurde der Defect
in den Enochenspalt eingenäht. Sehr gute Heilung, die Gehversuche waren
bereits nach 14 Tagen besser, das Becken um ca. iVs cm dauernd weiter
geworden.
Bei drei neuen, inzwischen von Frank ausgeführten Sym-
physeotomieen wurde gleichzeitig durch einen eingefügten Haut-
knochenlappen der Beckenring erweitert. Das Resultat war ein
vorzügliches.
Binaud (Mercr. m6dic. Nr. 14) war ebenfalls genöthigt, nach- Binaad.
dem infolge einer Abscessbildung der Symphysenspalt dauernd klaffte,
die Knochenstümpfe anzufrischen und von neuem zu nähen. Es
trat hierbei Heilung ein, welche jedoch durch Eiterung der Wunde
und Cystitis in die Länge gezogen wurde.
5. Eklampsie.
Nach der vonDührssen angegebenen Behandlungsmethode
der Eklampsie hat Zweifel (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Operative
Nr. 27—29) vom Jahre 1892 an alle in der Leipziger Universitäts- ^^^^^^^^^e
Frauenklinik vorkommenden Fälle behandelt. Er theilt 129 da- Eklampsie,
selbst beobachtete FäUe mit. Die Methode von Dührssen beruht Zweifel.
auf der Idee, durch schnelle Entleerung des Uterus in operativer
Weise die Eklampsie zu coupiren und demgemäss so früh wie mög-
lich zu operiren. Durch Einfidirung von Gummiblasen wird die
noch nicht erweiterte Cervix zum Verstreichen gebracht, durch tiefe
Einschnitte die Cervix eröfihet, durch tiefe Licisionen in die Scheide
und den Damm erstere für den Durchtritt des Kindes geöffnet.
Zweifel constatirt allerdings, dass seit der Anwendung dieser
Methode die Mortalität eine ganz bedeutend geringere geworden ist,
von 32,6 ""lo der Jahre 1887—1892 auf 15 «/o von letzterer Zeit ab.
Trotzdem hält Zweifel die grundsätzlichen Voraussetzungen von
Dührssen nicht für richtig. Zunächst bestreitet er nach seinen
Beobachtungen, dass mit der Entleerung des Uterus die Eklampsie-
anfalle aufhören; in 66*^/0 seiner FäUe blieben sie aus, in 34°/o nicht.
Er legt den Gedanken nahe, dass da, wo die Entbindungen besonders
eingreifend waren, die gesetzten Beize mehr AnfäUe nach der Geburt
bedingten als die schonende Entbindung. Die Dührssen'sche
Forderung, möglichst sofort nach dem ersten Anfalle zu entbinden,
ist in praxi schwer zu erfüllen, da bei den schweren FäUen die
Erampfanfälle sich schnell auf einander häufen, während in leichteren
376 CzempiiK
Operative FäUen oft nach dem ersten Anfall Standen vergingen, ja die Ent-
Behsndiang i^ju^img spontan oder operativ beendet wurde, ohne dass ein neuer
Eklampsie, Anfall eintrat. Nicht die Entleerung des Uterus an sich, sondern
Zweifel. der Umstand begünstigt die Prognose der activen Therapie der
Eklampsie, wie schonend die Entleerung vorgenommen wurde. Die
tiefen Cervixschnitte, die Dilatation der Cervix mit eingeführten
Gummiblasen und die tiefen Scheidendammin cisionen sind das Wesen
des Dührssen^schen Verfahrens. Letztere hat Zweifel niemals
angewandt. Die Cervixincisionen wurden häufig angewandt. Er
hält sie für günstig für die schnelle Entleerung des Uterus, aber
fiir recht gefahrlich hinsichtlich der Nachblutung. Nicht für un-
möglich hält Zweifel es, dass ein guter Theil der günstigen
Wirkung des Verfahrens weniger auf die schnelle Entleerung des
Uterus zu schieben sei, als auf die durch diese Einschnitte hervor-
gerufene Blutentziehung. Er würde deshalb für die practischen
Aerzte empfehlen, lieber einen ungefährlichen Aderlass zu machen
und von dem Dührssen'schen Verfahren nur das Durchziehen von
Gunmiiblasen mit folgendem oberflächlichen Einschneiden der Cervix-
rander zu wählen. Den Kaiserschnitt bei Eklampsie verwirft
Zweifel völlig. — Die Mortalität der Sander war 33 •'o. — Die
operative Behandlung soll stets in Narkose vorgenommen werden. —
Besonderen Werth legt Zweifel noch auf einige Vorbeugungsmaass-
regeln. Bei den Vorboten der Eklampsie: Kopfschmerzen, Magen-
schmerzen, Oedeme, Albuminurie in der Schwangerschaft etc. em-
pfiehlt Zweifel Milchdiät und ausschliessliche Pflanzenkost. Bei
Schwangerschaftsnephritis ist die künstliche Frühgeburt einzuleiten.
Dringend ist zu widerrathen, eklamptischen und bewusstlosen Kranken
irgend etwas einzuflössen, da die Gefahr der Schluckpneumonie und
Lungengangrän bei Eklampsie an und für sich schon sehr gross ist.
Morphium wird nur bei sehr grosser Unruhe gegeben. Dagegen
empfiehlt Zweifel den Magen mit der Schlundsonde auszuspülen
und Lösungen von Pflanzensäuren, Citronen-, Essigsäure in den
Magen zu giessen, um diuretisch zu wirken. — Bei noch erhaltener
Cervix wurden, wie erwähnt, die Dührssen'schen tiefen Cervix-
incisionen angewandt, doch räth Zweifel, stets vorher jederseits
zwei Klenmien anzulegen und zwischen ihnen durchzuschneiden, um
die Blutung zu beherrschen. Nachblutxmgen aus diesen Kissen sei
man stets gewärtig. Gegen diese ist Naht resp. Anlegen von Ellemmen
oder Andrücken von sterilen Wattebäuschen nöthig. Die Jodoform-
gazetamponade der Uterushöhle stillt die Cervixblutxmg nicht. Dir
haftet auch die Gefahr der Jodoformintoxication an, sie ist daher
Geburtshülfe und Gynäkologie. 377
durch die Tamponade mit steriler Gaze, wo sie noth wendig ist, zu
ersetzen. Die strengste Asepsis ist bei den operativen Maassnahmen
geboten, da Infectionen die Fortdauer der Anfälle unterhalten.
A. V. Gubaroff-Dorpat (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Sympto-
Nr. 5) sah in sechs Fällen von Eklampsie günstigste Erfolge für matische
die Mütter von einer mehr symptomatischen allgemeinen Behand- ^^^
lung. Von einer Chloroformnarkose wurde nur bei operativen geburts- Eklampsie,
hülfKchen Eingriffen Gebrauch gemacht; Morphium und Chloral- '^^ önbaroff.
klystiere wurden in mittleren, aber ziemlich häufigen Dosen ange-
wandt. Den Hauptwerth legte Gubaroff auf die äusserlichen Mittel,
welche Haut- und Nierenthätigkeit anregen sollten: feuchte, warme
Einwickelungen, mehrmalige Abreibungen mit warmer Essig-, Salz-,
AlkohoUösung und Zufuhr erhitzter Luft. Für reichliche Ent-
leerung des Darms wurde durch salinische Abführmittel Sorge ge-
tragen, die häufig verminderte Hamsecretion durch andauernde locale
Application von Hitze (mit warmem Wasser gefüllten Gummibeutel)
an die Lendengegend mit Erfolg angeregt. In einem schweren Fall
wurde der Aderlass bis zur Entleerung von 600 g Blut zweimal hinter
einander vorgenommen.
Aus der Wiener Klinik (Schauta) wird ein Fall von Eklampsie
bei Mutter und Kind von G. Woyer (Centralbl. f. Geburtsh. u. Eklampsie
Gynäkol. Nr. 13) mitgetheilt, der besonderes Interesse durch die ^ ei Mutter
angewandte Therapie verdient. Woyer.
Es handelte sich um eine 1-para, die bereits bewusstlos in die EQinik
gebracht wurde. Die Anfälle bestanden seit 2 Stunden, Trachealrasseln,
Cyanose, Sopor; 9 7oo Eiweiss, vielfache Cylinder im Urin, leichte Oedeme
der unteren Extremitäten. Die Frucht lag in erster Schädellage, die Cervix
war erhalten, noch Über 27« cm lang, für einen Finger durchgängig; die
Blase stand, der Schädel über dem Beckeneingang. In den nächsten
2 Standen verschlechterte sich der Zustand durch zwei neue schwere An-
fälle, während die Wehenthätigkeit eine sehr geringe war. Für die Be-
handlung kam nur die Sectio caesarea in Frage; doch wurde ein Versuch
gemacht, durch einen in den Uterus eingeführten Kolpeurynter nach dem
Vorschlage von Dührssen die Geburtswege zu erweitem. Dies gelang mit
überraschender Schnelligkeit ; in ca. 20 Minuten fiel der Ballon heraus, die
Cervix war vollständig, der Muttermund nahezu verstrichen. Es wurde die
Blase gesprengt, auf den Fuss gewendet, das Kind extrahirt. Die Ent-
bindung dauerte V« Stunde. Nach der Entbindung wurden die Anfälle
geringer, die Frau genas. Das Kind starb wenige Stunden später nach
mehrfachen, den eklamptischen Krämpfen ähnlichen Krampfanfällen. Die
Section des Kindes fiel negativ aus.
378
Czempin.
Ureter- In einem Falle von Eklampsia gravidarum, welcher zur Section
verschluss gelangte, fanden A. Favre und G. Pfyff er-Chaux-de-Fonds (Virchow's
Ekl i ^^^' ß^' 11^» H. 2) den rechten Ureter durch Narhenstränge in der Höhe
Favre n. * ^^^ Linea innominata vollständig verschlossen, beide Nieren erkrankt» rechts-
Pfyffer. seitig das Nierenbecken dilatirt.
Puerperale
Neuritis
und Poly-
neuritis,
Ettlenburg,
Stembo.
8« Pathologie und Therapie des Woehenbettes«
A. Eulenburg-Berlin (lieber puerperale Neuritis und
Polyneuritis. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8 u. 9) theilt 4
von ihm selbst beobachtete Fälle neben 34 aus der Litteratur ge-
sammelten mit. Es handelte sich in einigen Eällen um Neuritis ein-
zelner Nerven („Arm-", „Handtypus" der puerperalen Neuritis),
in 1 Eall um schwere diffuse Polyneuritis. Eulenburg hält die
Bezeichnung „Schwangerschaftsneuritis" für die richtigere, da manche
Fälle bereits in der Schwangerschaft beginnen. Selbst in schweren
Fällen ist auf eine Besserung zu rechnen; bei frischen Fällen empfiehlt
er subcutane Carbol- oder Garbol-Morphiuminjectionen; bei atro-
phischen Lähmungen Elektricität, Massage, Gymnastik.
Auch L. Stembo-Wilna (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 29)
theilt einen Fall von Schwangerschaftspolyneuritis nach
unstillbarem Erbrechen mit.
Puerperale R. Wanner (Münch. medic. Wochenschr. Nr. 16 u. 17) theilt
Gangran zwei seltene Wochenbettcomplicationen aus derGiessener
des —^
Unter- Klinik mit. Erstens Gangrän des Unterschenkels infolge von Em-
schenkeiB, boUe der A. Poplitea in Anschluss an eine Cruralphlebitis, zweitens
«««Jl«-- Pyonephrose mit letaler Exacerbation im Wochenbett. Letztere war
nepurose, •' ^
Wanner. anscheinend schon vor der Entbindung vorhanden gewesen, war aber
durch eine intrauterine Garbolausspülung ezacerbirt.
Gornntin,
Ludwig u.
Savor.
Cornutin wurde von H. Ludwig und R. Savor-Wien
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 22 u. 23) geprüft und mit den Wir-
kungen des Ergotins verglichen. Das Mittel ist zuerst von Robert
zur Anregung der Wehenthätigkeit empfohlen, aber in Bücksicht
auf die Gefahr für die Frucht wieder verlassen worden. Auch bei
der Behandlung der Atonie in der dritten Geburtsperiode hat Cor-
nutin in schweren Fällen im Stich gelassen. Sehr unangenehm
war, dass nach vorübergehenden guten Gontractionen des Uterus
schnell eine starke Erschlaffung folgte. Auch für gynäkologische
Fälle erwies sich das Mittel wenig günstig.
GeburtehÜlfe und Gynäkologie. 379
Ueber einen mit Tizzoni's Antitoxin behandelten Fall
von Tetanus puerperalis berichtet Wulkow (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 36) aus der zweiten mediciuischen Klinik in Prag Antitoxin
(v. Jaksch). Es handelt sich um eine 23jährige Il-para, Placenta l»ei Tetanus
praevia, 10 Tage nach der Entbindung Trismus, welchem sich bald wnikow.
Tetanus anschloss. Temperatur bei der Aufnahme 38,9. Das Anti-
toxin ist aus dem Blutserum immunisirter Hunde dargestellt. Es
wurden mehrmals tägHch bis zu 5 Injectionen von 0,2 g in Wasser
aufgelöst verwendet. Im ganzen hatte sie 18 Injectionen bekommen.
Sie starb am 4. Tage nach der Einlieferung. Im Lochialsecret der
Leiche wurden keine Tetanusbacillen gefunden, ebenso wenig waren
während des Lebens im Blut und im Uterussecret Tetanusbacillen
vorhanden. Es ist dies auch nicht auffällig, da nach Kitasato
die Tetanusbacillen bald verschwinden.
F. V. Winckel-München (Therap. Monatsh., April) machte bei Laparotomie
einer diffus eitrigen puerperalen Peritonitis die Laparo- bei eitriger
. , puerperaler
tomie. Erstere war durch Verschlimmerung eines puerperalen para- Peritonitis,
metritischen Exsudates entstanden. Es wurde 1 Liter Eiter ent- v. Winckei.
leert, die Bauchhöhle mit Kochsalzlösung ausgespült und mit Jodo-
formgaze nach dem unteren Wundwinkel drainirt. Patient wurde
bis auf eine Fistel geheilt.
4. Krankheiten der Nenireborenen,
Pincus-Danzig (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäk. Bd. 31, H. 2) Geburts ver-
untersuchte die Geburtsverletzungen desM. sternocleido- letzungen
mastoideus. Im ganzen sind 173 Fälle veröffentlicht. Das Leiden g t e r n o-
entsteht meist durch mechanische Verletzungen während der Geburt, cieido-
dnrch den Druck der Zangenspitze, die Extraction des nachfolgenden ™*^*^ ^^^'
Kopfes, auch bei spontaner Entwicklung einer Beckenendlage, als
Polgezustand der Torsion des Kopfes durch fest um den Hals ge-
schlungene Nabelschnur etc. Meist ist der nach hinten gelegene
Kopfiiicker afficirt sowohl bei Schädel- wie bei Beckenendlage. Aus
dem Befände eines Hämatoms des Muskels darf forensisch noch
nicht auf eine während der Geburt stattgefundene Gewalteinwirkung
geschlossen werden.
Ein Sacralteratom als absolutes Geburtshinderniss fand Fötales
Sa er al*
G. Heinrich-Bremerhaven (Gentralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. teratom,
Nr. 46). Heinrich.'
380 Czempin.
Vagitus Schaller (Zur Casuistik des Yagitus uterinus. Zeitschr.
uterinuB, f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 31, H. 2) hörte bei einer Wendung bei engem
c aller. ßecken das Kind 15 — 20 Secunden im Uterus schreien. Während das Kind
schrie, bestand der placentare Kreislauf unverändert fort. Die vorzeitige
Athmung war durch die Reizung der Haut des Kindes bei der Wendung
hervorgerufen worden, die zum Schreien erforderliche Luft während der
Einführung der ganzen Hand in den Uterus mit hineingeströmt.
II. Gynäkologie.
1. Allgemeines.
Der Zusammenhang von Morbus Basedowii mit Ver-
änderungen der weiblichen Geschlechtsorgane wurde zu-
erst von Kleinwächter einer genaueren Untersuchung unterzogen.
Genital- Theilhaber-München (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, H. 1)
erkran- prüfte in 4 Fällen die gleiche Frage und kommt unter gleichzeitiger
Morbus Benutzung der entsprechenden Litteratur zu der Ansicht, dass
Basedowii, schwere Störungen in den Genitalorganen , starke Blutverluste,
* Schwangerschaft, Puerperium, Lactation bei besonders disponirten
Individuen Morbus Basedowii hervorrufen können. Indessen ist auch
sehr häufig der Morbus Basedowii die Ursache der Atrophie des
gesammten Genitalapparates. Nach den Beobachtungen von T heil-
habe r kann indessen in diesen Fällen mit der Besserung des Grund-
leidens auch der Uterus sowie die Geschlechtsfunction wieder völlig
zur Norm zurückkehren.
J. A. Dol6ris- Paris (Nouv. Arch. d'obst^tr. Nr. 7) wendet
sich gegen die Ansicht derer, welche vermeinen, durch eine ent-
sprechende g3niäkologische Behandlung die Basedow'sche £j:ank-
heit zum Verschwinden zu bringen oder doch günstig zu beein-
flussen (Jouin).
Jouin. Jouin-Paris (Uteruskrankheiten und Morbus Base-
dowii. Gaz. med. de Paris Nr. 17) hält die Basedo wasche £j:ank-
heit als im Zusammenhang stehend mit der Menopause und den
pathologischen Zuständen der Gebärmutter, derart, dass erstere die
Folge der letzteren sind. Er hat 43 Fälle beobachtet, bei welchen
die Genitalerkrankungen der Base d o waschen Krankheit vorangingen
und bei denen die Besserung der Locala£Pectionen stets von einer
beginnenden Besserung der Allgemeinerkrankung gefolgt war. Der
Zusammenhang ist nach ihm ein sehr häufiger, verbirgt sich jedoch
meist in einer abgeschwächten Form der B a s e d o w'schen Elrank-
heit, welche er eingehend beschreibt.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 381
Stie(ia(Cliloro8e undEntwickelungsstörung. Zeitschr. Genital-
f. Geburtsh. u. Gynäk. Bd. 32, H. 1) hat an der Freiburger Universitäts- erkran-
Frauenklinik 23 Fälle von Chlorose nach allen Hinsichten untersucht. Chlorose *
Die erbliche Belastung spielt in der Hälfte aller Kranken eine be- Stieda.
deutende Bolle, insofern als Lungentuberculose in den FamiHen der-
selben vorhanden war, sechs Patienten selbst in frühester Kindheit
an sog. scrophulösen Krankheiten gelitten hatten. Die Menstruation
war in aUen Fällen unregelmässig und schwach, die Personen klein
und von gracilem Körperbau, das Becken in der Mehrzahl der Fälle
von ausgesprochen kindlichem Typus, die äusseren Genitalien in-
fantil, Uterus und Ovarien häufig verkümmert. Er ist der Ansicht,
dass die Chlorose eine Entwickelungsstörung ist, welche neben
Hemmungsbildungen in den verschiedensten anderen Organen ein-
hergeht, ohne dass ein causaler Zusammenhang der einzelnen unter
einander besteht.
Beobachtungen über den Einfluss der Influenza
auf den weiblichen Sexualapparat stellte R. Müller- —bei
München (Münch. med. Wochenschr. Nr. 41) an. Er beobachtete in"^enza,
Muller.
einschliesslich einer Beihe früher beobachteter Fälle 157mal Innuenza,
138 bei Nichtgraviden, 21 bei Schwangeren. Von letzteren wurde
die Schwangerschaft 17mal durch die Erkrankimg unterbrochen, und
nur 4 überstanden die Krankheit. Von den 138 Nichtschwangeren
hatten alle bis auf 3 Störungen in den Genitalfunctionen, es traten
Metrorrhagieen resp. Menorrhagieen, bei Wöchnerinnen protrahirte
blutige Lochien ein; bestehende Sexualleiden verschlimmerten sich.
Verursacht werden diese Zustände durch das Auftreten einer hämor-
rhagischen Endometritis, wie bei den schweren Infectionskrankheiten,
Cholera, Typhus etc.
Forchheimer (Americain Joum. of obstetr., Mai) betrachtet den — bei Ver-
Zusammenhang der Verdauungsorgane mit dem Uterus, dauungs-
° ^ . . Störungen,
Der Uterus kann von den Verdauungsorganen in vielfacher Weise Forchheimer.
beeinflusst werden, mechanisch durch das Nervensystem, chemisch
durch die Einwirkung des Verdauungsprocesses auf das Blut und
durch den Einfluss desselben auf den allgemeinen Stoffwechsel. Unter
anderem machte er Versuche, ob die Mucosa des Uterus excreto-
rische Kraft für organische und anorganische Stoffe besitzt wie
andere Drüsen und Schleimhäute. Bei einer Patientin wurden grosse
Dosen Jodkalium gegeben und das Uterussecret durch in den Cer-
vicalkanal eingeführte Pipetten gesammelt. Das Secret zeigte schon
382
CzempÜL
am 3. Tage ganz entschiedene Jodreaction — seiner Ansicht nach
ein Beweis des Einflosses von Yerdanungsstörangen, speciell von
Leberaffectionen und hamsanrer Diathese anf den Utems.
Intern
wirkende
Hämo-
MtAtiea,
Heffter.
Brauchbar*
keit der
UteruB-
katheter,
Roeslng.
A. Heffter-Leipzig (Die intern wirkendenHämostatica
in der Gynäkologie. Monatsschr. f. Gebnrtsh. n. Gynak. Bd. 1,
H. 2). Die hämostatische Wirkung des Seeale cornutumist durch
vielfältige Erfahrungen sichergestellt. Sie kommt zu Stande durch die
Herbeiführung von Uteruscontractionen — diesen Erfolg bewirkt das
Comutin. Die zweite Wirkung ist Gefassverengerung durch cen-
trale Beizung. Diese Wirkung kommt durch das Comutin und die
Sphacelinsäure zu Stande. Sklerotin- (Ergotin-)säure hat dagegen
nach H e f f t e r keine hämostatische Wirkung. Die Seealepräparate,
welche also erstere Sto£Pe enthalten, können allein wirksam sein.
Heffter empfiehlt Comutin-Kobert von Gehe & Co. — Ustilago
Maidis, Cortex radicis Gossypii und Cortex Viburni
haben keine eigentliche hämostatische Wirkung ; Hamamelis vir-
ginica verdient erneute pharmakologische Prüfung. Hydrastis
und Hydrastinin verdienen mit Kecht Anwendung. Sie wirken
hämostatisch, ohne Wehen zu erzeugen. Bei puerperalen Zustanden
sind sie demnach wirkungslos. Salipyrin hat sich bisher laut
einigen Berichten bewährt.
R 0 e 8 i n g-Halle (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäk. Bd. 49, H. 2) stellte
experimentelle Untersuchungen über die Brauchbarkeitverschie-
dener Uteruskatheter an. Dieselben wurden derart ausgeführt,
dass eine Eeihe von lebensfrischen, durch die Totalexstirpation ge-
wonnenen Uteri zunächst mit Ferro cyankaliumlösimg und darauf mit
verdünntem Liq. ferri sesquichlor. ausgespült wurden. Durch die
Blaufärbung der Uterusmucosa ergab sich ein Bild von der Be-
netzung mit den Flüssigkeiten. Je bequemer die Abflussvorrichtung
an den Instrumenten war, um so weniger und unsicherer fand die
Bespülung des Endometriums statt. Die sicherste Bestreichung aller
Mucosast eilen erreicht mEin durch die Einführung des Medicamentes
mittels Playfair.
Eine neueArt derPräparirungdes Catgut empfiehlt
Prüparirung Vollmer-Berlin (Gentralbl, f. Geburtsh. u. Gynäk. Nr. 46) nach An-
' *Y Umer*^** ^^^^^^^ ^'^^ Kossmann. Er empfiehlt Einwickeln der Catgutrollen in
Füesspapier, 248tündiges Einlegen in eine 2 ^/o ige Formaldehydlösung,
Ausdiniokeu der Flüi^sigkeit zwischen Fliesspapier und Einbringen der
Gebiirtshülfe und Gynäkologie.
383
Päckchen in einen Trockenschrank und Verdunsten des Restes der
Flüssigkeit bei einer Temperatur von etwa 60 °. Vor dem Gebrauch
muss dieses Gatgut eine kurze Zeit in einer sterilen Flüssigkeit liegen,
um wieder geschmeidig gemacht zu werden.
2. Speclelles«
a. Aeussere Genitalien und Scheide.
J. Neumann-Wien (Wiener klin. Rundschau Nr. 19 u. 20) be- Aphthen der
schreibt die Aphthen am weiblichen Genitale. Es hat diese ö^J^itaiien,
«... • T •! • Neumann.
Anection ein um so grösseres Interesse, als die Krankheit zu aus-
gedehnten Zerstörungen der ergriffenen Gewebspartieen führen kann,
und leicht Verwechslungen mit venerischen Geschwürsformen ent-
stehen. Die Elrankheit befallt vorzugsweise jugendliche und unter
schlechten hygienischen Verhältnissen lebende Individuen. Im Ge-
folge der Aphthen treten nicht selten unter Fieber toxische Exan-
theme auf, und zwar in der Form der pustulösen, papulösen und
nodösen Erytheme.
Morain (Revue intemat. de m6d. et de chir. prat. Nr. 15) be-
handelt essentiellen Pruritus vulvae mit heissen Waschungen
Morgens und Abends (45 — 50 ° R.) mit Zusatz von 1 **/o Chloral oder
aromatischem Essig, Betupfen der Vulva mit 10^/oiger Goacaän-
lösung, Einreibungen mit Mentholsalbe, Betupfen mit 4°/ooiger alko-
hoHscher Sublimatlösung. Für schwere Fälle empfiehlt er constante
oder faradische Ströme, eventuell auch Excision der erkrankten
Stellen.
Pruritus
vulvae,
Morain.
Ueber Exstirpation der Vagina berichtet R. Olshausen
im Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 1. Er operirte in letzter
Zeit 3 Fälle von ausgedehntem primärem Vaginalcarcinom nach einer
eigenen Methode: er spaltete den Damm der Quere nach und ar-
beitete sich stumpf zwischen Rectum und Vagina in die Höhe bis
zum Douglas. In dem einen Falle wurde der erkrankte Uterus mit
exstirpirt, hier wurde deshalb der Douglas hinter der Vagina er-
öffnet, der Uterus nach hinten umgestülpt und beiderseits von den
Tuben nach der Cervix fortschreitend in den Ligamenten abge-
bunden. Wurde die Exstirpation des Uterus nicht beabsichtigt , so
wurde die hintere Scheidenwand soweit wie möglich nach den Seiten
abgelöst und dann seitlich die Scheidenwand mit der Scheere aus-
geschnitten. Die Operation ist natürlich nur bei circumscriptem
Carcinom
der
Scheide,
Olshausen.
384
Czempin.
Garcinom
der
Scheide,
Olshaasen,
Döhrssen,
Thorn.
Garcinom möglich. Leider sind die Dauererfolge bei der Operation
des Scbeidenkrebses sehr ungünstige; von 16 operirten Fällen ist
nur ein einziger innerhalb 2 Jahren noch recidivfrei geblieben.
Olshausen hofft, dass der in den letzten 3 PäUen gewählte Weg
vom Damme aus bessere Chancen für die Dauererfolge geben würde.
In einem Falle von umschriebenem Scheidencarcinom und gleich-
zeitigem Garcinom der Gervix operirte Dührssen (ibid. Nr. 9)
derart, dass er durch eine tiefe Scheidendammincision auf der ge-
sunden Seite das Operationsgebiet freilegte und die Neubildung von
hier aus entfernte — W. Thorn (ibid. Nr. 9) operirte 2mal unter
der Benutzung des perinealen Weges. Er betont die Vortheile dieses
Weges für die tiefer sitzenden Neubildungen; dagegen hält er die
Methode wegen des damit verbundenen erheblichen Blutverlustes
für nicht geeignet bei den höher sitzenden Garcinomen. Für diese
empfiehlt er ebenfalls die Spaltung der Scheide und des Dammes
bis in die Nähe der Neubildung und die Auslösung der Scheide
unterhalb der Neubildung, während die sacrale Methode in An-
wendung kommen wird, bei hochsitzendem Scheidencarcinom mit
Ergriffensein der Gervix und des parametranen Bindegewebes.
b. Endometrium und üterusparenehym.
Regene- Werth (Untersuchungen über die Regeneration der
ration der Schleimhaut nach Ausschabung der üteruskörperhöhle,
Schleimhaut -^ch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, H. 3) hatte fiinf Uteri am 5.
Werth. resp. 7. und 16. Tage nach der Ausschabung exstirpirt. Die Organe
wurden in Querscheiben zerlegt, conservirt und mit v. Gieson'scher
Eärbung behandelt untersucht. Als Träger des Gewebsersatzes con-
statirte Werth das fibrilläre Bindegewebe; bei Ausschabung bis
auf die Musculatur liefert dieses das Ersatzgewebe, auch erfahren die
Muskelbündel selbst eine bindegewebige Umwandlung. Das fibrilläre
Bindegewebe ist vergänglich und weicht in wenigen Tagen nach
hyaliner Umwandlung einem zelligen Bindegewebe mit grossen Spindel-
zellen und sternförmigen Zellen. Anscheinend stammt dies Gewebe
aus Bindegewebskeimmaterial, welches für gewöhnlich nicht nach-
weisbar zwischen den Muskelzellen existirt. Eolgt nach ergiebiger
Ausschabung der Schleimhaut eine Aetzung mit Liquor ferri sesqui-
chlorati, so findet sich eine stärkere Beaction des Gewebes. Es erfolgt
die Bildung einer flachen Schicht wirklichen Granulationsgewebes über
der in bindegewebiger Umwandlung begriffenen Musculatur. Drüsen
entstehen überall nur da, wo Drüsenstümpfe zurückgeblieben sind.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 385
Wirkliche vom jungen Oberflächenepithel ausgehende Drüsenneu-
bildung hat Werth nicht gefunden. Das Deckepithel entwickelt
sich aus den Drüsen der sich regenerirenden Schleimhaut, dieselbe
war schon am 5. Tage vollkommen ausgebildet. Für die Frage des
Beddivs scheinen etwa stehengebliebene Inseln der alten patho-
logischen Schleimhaut belanglos zu sein. Vielmehr spielt die Be-
schaffenheit des Wundgrundes hier eine wichtige Bolle. Waren z. B.
die Drüsen stark in die Muscularis hineingewuchert, so ist nach der
Ausschabung noch eine gründliche Aetzung nothwendig.
M. Wie dehold- Wilhelmshaven (Monatsschrifk f. Geburtsh. u. Metritis
Gynakol. Bd. 1, H. 4) wandte zur Behandlung gewisser Fälle ^^'^^^jj^^^^^
von Metritis chronica, bei welchen andere Maassnahmen nicht
zum Ziele führten, auch das Nervensystem hochgradig erregbar
war, den galvanischen Strom an. Die Bauchelektrode wurde ober-
halb der Symphyse aufgelegt und in die Scheide eine Elektrode
eingeführt, deren Oberfläche dauernd durch Glycerin befeuchtet er-
halten wird.
Nei SS er -Breslau (Aerztl. Sachverständ.-Ztg. Nr. 12) gibt den Gonorrhoe,
dringenden BÄth, in jedem Falle von gonorrhoischer Erkrankung, ^' Weisser,
der möglicherweise jemals forensisch gestreift werden könnte, die
mikroskopische Secretuntersuchung zu Hülfe zu nehmen. Zwar
ist ein negativer Befund kein sicherer Beweis für das Nichtvor-
handensein einer gonorrhoischen Infection; der positive Befund da-
gegen ist das wichtigste Hülfsmittel, um dem Sachverständigen einen
bestimmten Ausspruch imd dem Bichter ein bestimmtes UrtheÜ zu
ermöglichen. Er belegt dies durch einige instructive Beispiele.
M. Madiener-München (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Madiener.
Nr. 50) untersuchte in der Klinik des Prof. Amann einen durch
die vaginale Hystero-Salpingo-Oophorektomie exstirpirten Uterus,
dessen vor kurzem eingetretene gonorrhoische Infection klinisch
zweifellos war. Die Diagnose Metritis gonorrhoica wurde
durch genaue mikroskopische Untersuchungen bestätigt. Es fanden
sich nicht nur, wie dies bisher auch andere Untersucher gezeigt
haben, Gonokokken in der Uterusschleimhaut, sondern er konnte
sie mitten in dem Gewebe des Uterus nachweisen. Somit ist der
Beweis, dass der Gonococcus vom Endometrium in die Musculatur
emzudringen und dort Entzündungen hervorzurufen im Stande sei,
geliefert. Madiener macht darauf au&erksam, dass höchst wahr-
scheinlich die isolirte Erkrankung des Perimetriums ohne gleich-
Jahrbach der practischen Hedicin. 1896. 25
386 Czempin.
zeitige Adnezerkrankung durch Wanderung der Gonokokken in das
Perimetrium zu Stande kommt.
Bacteriologische Studien zur Frage der weiblichen
Gonorrhoe, Gonorrhoe stellte P. Kiefer-Berlin (Monatsschr. f. Geburtsh.
^®'®'' u. Gynäkol. Bd. 3) an. Den häufigsten Befund bildet der Gono-
coccus, gegen den die übrigen Mikroorganismen, Staphylo-, Strepto-,
Pneumokokken und das Bacterium coli weit zurücktreten. Das
Eindringen der Gonokokken in die Peritonealhöhle über die Tuben
hinaus kommt spontan anscheinend sehr selten vor, das Eindringen
derselben bei Operationen in die Bauchhöhle gibt bekanntlich im
allgemeinen eine gute Prognose.
Klein, G. Klein-München (Die Gonorrhoe des Weibes. Münchener
med. Wochenschr. Nr. 23 u. 24) gibt eine exacte Uebersicht über
den zeitigen Stand unseres Wissens in dieser Frage: Reinzüchtong
des Gonococcus, Nachweis desselben, sein Verhalten zu den ver-
schiedenen Geweben, seine Verbreitungswege, Metastasen, Misch-
infection und Latenz der Gonokokken, femer Winke über die
0. Schäffer. Therapie. — O. Schaf fer-München (ibid. Nr. 28 u. 29) untersuchte
die Bedeutung der Silbersalze für die Therapie der Gonor-
rhoe. Er fand, dass das Argentum nitricum am schnellsten die
Mikroorganismen aus dem Hamröhrensecret zum Verschwinden bringt.
c. Lageveränderungen des Uterus.
Ventro- Aus der Züricher Universitäts-Frauenklinik stellt B. £. Bion
fixstio nteriqj^Q^^g.jyiggert. Bern) die Resultate der Ventrofixatio uteri zu-
3ion, ' sammen. 42 Fälle wurden operirt; der Methode nach Leopold-
Czernj (Annähxmg des Fundus durch 2 — 3 Seidensuturen durch die
ganze Dicke der Bauchwand und den Fundus uteri) wurde der Vorzug
gegeben. In 3 FäUen trat Schwangerschaft mit normalem Verlauf
darnach ein, ohne dass nach der Geburt und dem Wochenbett eine
Störung der erzielten Fixation stattfand. Unter den 42 FäUen ist
ein Misserfolg, Exitus durch Jodoformintoxication. 14mal wurde bei
einer Retroflexio, 16mal bei doppelseitiger Adnexerkrankung mit
Betroflexio, 7mal bei einseitiger Erkrankung der Adnexe und 5mal
bei Prolaps operirt.
Einen neuen Anhänger findet die Alexander'sche Operation
Alexander, jj^ Q Küstner-Breslau (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 7). Er
Op^r^tioD, ^^^^1^1^ dieselbe in der typischen Weise aus: beiderseits Einschnitt in
Kttstner, der Bichtung des Ligamentum Pouparti, Aufsuchen und Spalten des
Geburtshülfe nnd Gynäkologie.
387
Leistenkanals, Isolirung des Lig. rotundum, dann Resection und
Vem&bnng des letzteren. Im ganzen operirte Küstner in 30 PäUen;
einmal wurde das Ligament der einen Seite nicht gefunden. Die
Erfolge waren gut; ein Pessar wurde nicht eingelegt.
Kumma-G^nf (ibid. Nr. 14) hat 14mal die Alexander'sche
Operation ausgeführt, 4mal bei Prolaps, lOmal bei Betroflexio
uteri Von den ersteren waren innerhalb 1 — 3 Jahren 1 Fall recidiv
geworden, von den letzteren 2, von den geheilten ist 1 Fall schon
6^« Jahre in Beobachtung.
Eine intraperitonealeKürzung der runden Mutterbänder
bei Verlagerung der Gebärmutter machte M. Mann-Buffalo
(Med. News, März 23). Er zieht es vor, wenn bei Gelegenheit
anderer Operationen die Bauchhöhle geöffiiet worden ist und sich
eine Verlagerung findet, oder wenn es sich um eine E^troflesio
fixata handelt oder eine Erkrankung der Anhänge vorliegt, die
Alexander-Adam'sche Operation nach Eröffiiung der Bauchhöhle
vorzunehmen. Die Mutterbänder werden einzeln gespannt, mit einem
Häkchen in die Höhe gehoben, in drei gleiche Theile gefaltet und
diese drei Falten dicht an der Gebärmutter, an den Bauchdecken
und unter einander mit Silkworm vernäht.
Kumma,
M. Mann.
Vagino-
fixation,
P. Müller,
P. Müller -Bern (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1,
H. 4) spricht sich in einem kleinen Aufsatz über die Vagino fixation
des retrovert(irten Uterus sehr anerkennend aus. Er hält die
Operation für sehr einfach und fuhrt sie stets ohne Eröffiiung des
Peritoneums aus. Er operirte 43mal, stets mit gutem Erfolg.
A. Mackenrodt-Berlin (Monatsschr. f. Geburtsh. u. G^äkol. Mackenrodt
Bd. 2, H. 5) ist mittlerweile zu der Ansicht gelangt, dass die früher von
ihm so warm empfohlene und [mehrfach modificirte Vaginofixation
zu verwerfen sei; die Resultate sind unbefriedigend, da immer noch
lO^/o S.ecidive eintreten. Er schlägt deshalb als Ersatz die von
der Scheide aus auszuführende Vesicofixation vor, d. h. Ver-
nähung des möglichst durch Besection verkürzten Blasenperitoneums
mit dem Fundus uteri, schichtweise Anheftung der vom Collum ab-
gelösten Blasenwand auf das Corpus uteri bis zum inneren Mutter-
mund.
V. Hochenegg (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 16) hatte
die sacrale Methode auch bei fixirter Betroflexio angewandt.
In dem betreffenden Falle war der Uterus derart retrofiectirt und fixirt,
dass es zu Verlegung des Bectums und Kothanhäufung gekommen
388 Czempin.
Sacraie war. Nach Losung der sehr starken Verwachsungen wurde in dem
Operation yQjj Freund angegebenen Sinne die Cervix mit dem Peritoneum des
Retrofiexio ^e^izbeins fixirt. Patientin machte eine schwere, durch Eiterretention
V. Hochenegg. complicirte ßeconvalescenz durch.
In zwei Fällen von irreponibler Inversio uteri machte
Operation Dures, wie Franchommes (Joum. des Sciences m^d. de Lille Nr. 22
i)ei Inversio u. 24) berichtet, die Hysterectomia vaginalis uteri. Die Ex-
Dnres' stirpation geschah derart, dass zuerst das Scheidengewölbe, dann
Pranchommea. das Peritoneum eingeschnitten und die vordere XJteruswand gespalten
wurde. Die Bander der Oeffiiung wurden breit aus einander ge-
halten, durch diese die Adneza und Ligamente nach aussen gezogen
und abgebunden. Dann wurde die hintere Uteruswand gespalten,
die seitlichen Scheidengewölbe versorgt und so eine Uterushälfte
nach der anderen abgetragen.
d. Das Fibromyom des Uterus.
Unter- P. Kuhn -Kopenhagen (Nord. med. Arkiv H. 3) führte die in
bindnng der anderen Ländern bereits obsolet gewordene Unterbindung der
bei Myom Arteriae uterinae bei Fibroma uteri in sechs Fällen aus. Ein
Kuhn. thatsächlicher Erfolg in Bezug auf Verkleinerung der Geschwulst und
Nachlass der Blutungen trat nur einmal auf. Li den anderen Fällen
war der Erfolg nur ein sehr unsicherer, zum Theil ein völlig
negativer.
Thyreoidin Jouin (Mercred. m^d. Nr. 81) gab Myomkranken 4 — 8mal täglich
bei Myomen, 0,15 Schilddrüseneztract. Er glaubt 3mal Yermindening der Blutungen
Jouin. ^^^ 2inal deutliche Verkleinerung des Tumors beobachtet zu haben und
i-Äth zu weiteren Prüfungen.
Stiel. Ho f m e i e r -Würzburg (Centralbl. f. Q^burtsh. u. Oynäkol. Nr 44)
Versorgung ij^bt in der Frage der Stielversorgung bei Myomopera-
nach ^y*^™°'^iQn^ij hervor, dass er bereits 3 Jahre vor Chrobak die Methode
tomieen, vm.^^^ j j /», ■•
Hofmeier, der „retroperitonealen Stielversorgung vorgeschlagen und ausgeführt
hat. Allerdings legte er auf die von Chrobak hervorgehobene
Licongruenz der peritonealen, den Cervixstumpf bedeckenden Lappen
keinen Werth und hält sie practisch für bedeutungslos. Zur Des-
infeotion des Cervizstumpfes verwendet Hof m ei er nicht mehr den
Thermocauter, sondern irrigirt in den letzten Tagen vor der Opera-
tion Scheide und Uterushöhle, letztere mittels Braun'scher Spritze
mit 20°/oiger Alkohol-Carbolsäurelösung. Der Stumpf selbst bleibt
Geburtshülfe und Gynäkologie.
389
offen, nachdem durch seitliche Umstechungen die Arteriae uterinae
und die tiefer abgehenden Aeste derselben geschlossen sind. Etwaige
Nachblatnngen werden ebenfalls durch Querligaturen geschlossen.
Den Gununischlauch hat Hofmeier in seinen so behandelten 13
letzten Pällen fortgelassen. Die Heilung war stets eine gute, bis auf
eine einer Peritonitis erlogene Kranke.
EdgarKurz- Florenz (ibid.) macht gegenüber der über die Stiel- Karz,
Versorgung bei Myomen bestehenden Streitfrage darauf aufmerksam,
dass abgebundenes Gewebe nicht nothwendig der Nekrose anheim-
hRem muss, dass vielmehr nur durch die Einschränkung in der Er-
nährung eine Schrumpfung, ein Schwund des abgebundenen Gewebes
ohne Eiterung und Sepsis eintritt.
Runge -Göttingen (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 49) Range,
verzichtet bei der supravaginalen Amputation auf die Bedeckung des
Stumpfes mit Peritoneum und legt den Hauptwerth auf eine exacte
Blutstillung : Naht des ausgeschnittenen Cervicaltrichters in der Tiefe
mit feinen Suturen, darüber grössere die Stumpfränder zusammen-
ziehende Suturen, welche das Peritoneum mitfassen, ohne dass auf
die genaue Adaptirung desselben besonderer Werth gelegt wird. Er
hatte unter 27 Operationen 26 glatte Heilungen, einen Todesfall an
Pneumonie.
Einen sehr complicirten Vorschlag macht S. Stock er-Luzem stocker.
(ibid.). Nach einer complicirten Vemähimg des Stumpfes mit dem
Peritoneallappen invertirte er den Stumpf durch den hinter dem-
selben geöffiieten Douglas's'chen Baum nach der Scheide. Ein Fall
mit Heilung.
Den grössten Fortschritt in der operativen Entfernung
des myomatösen Uterus stellt die von A. Martin (Berl. klin. Abdominale
Wochenschr. Nr. 29)angegebeneTotalezstirpation per coelio- J.^^^\.
/•~*© o ^ ^ r f exstirpation
1 0 m i a m dar. Martin beschreibt sein Verfahren und berichtet über b e i M y o m,
81 derart operirte FäUe. Nach Hervorwälzung der Geschwulst durch A. Martin,
den Bauchschnitt werden die beiderseitigen Ligamente bis zum GoUum
hinab abgebunden, dann das hintere Scheidengewölbe von der Scheide
aus mittels Komzange stumpf eröffiiet, die Cervix im hinteren Theil
ausgelöst, dann werden die seitlichen Scheidengewölbe unterbunden.
Die Portio wird mittels einer Kugelzange nach der Bauchhöhle zu-
gezogen und zuletzt die Blase vom Collum uteri stumpf abgelöst.
Nach Auslösung des Uterus hat Martin 4dmal das Peritoneum des
Beckenbodens offen gelassen, von diesen starben 30,3 ^/o, 54mal das
I^eritoneum des hinteren Douglas mit dem Peritoneum der Blase ver-
390
Czempin.
Schuchardt,
Cushing,
Abdominale näht, nachdem sämmtliche ligatur&den zur Scheide herausgeleitet
exsUrpation^^^^®^ waren. Von diesen starben 9,5 °/o. In einer dritten Gruppe,
bei Myom, den berichteten 81 Fallen wurde 24 Stunden vorher die Scheide
Martin, mit Sublimatgaze tamponirt und unmittelbar vor der Operation mit
Seifenwasser, Alkohol und Sublimat desinficirt. Von diesen starben
nur 7,4 */o.
Schuchar dt- Stettin (Ueber die Totalexstirpation der
myomatösen Gebärmutter von der Bauchhöhle aus.
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1 , H. 3) ist ebenfalls ein
Anhänger dieser Methode (Martin). Er hat fünf Fälle operirt mit
einem Todesfall.
Eine sehr lesenswerthe referirende Schilderung der Entwicko-
lung der abdominalen Hysterektomie und Totalexstir-
pation des Uterus in Amerika gibt E. W. Gushing-Boston
(Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 6). Im ganzen fand
er in der amerikanischen Litteratur 1584 abdominale Myom-, Ejrebs-
imd Adnexoperationen mit 222 Todesfällen = 14 ^/o. Genaue Angaben
sind nur von 1086 Fällen vorhanden, ebenfalls mit 14 ^/o TodesMlen;
im einzelnen vertheilt sind zu nennen: supravaginale Amputationen
mit extraperitonealer Stielbehandlung 431 mit 13 ^/o Todesfallen, mit
intraperitonealer Stielbehandlung 31 (38,7 °/o Todesfälle), infiraperi-
tonealer Stielbehandlung (Ohrobak) 245 mit 8,5 °/o Mortalität.
Abdominale Totalexstirpationen wegen Myom 266 (14,3 ^fo Mortalität),
Krebs 79 (29,1 «/o Mortalität), Salpingitis 40 (7,5 ^/o).
Richelot- Paris (Gaz. des höp. Nr! 29) beschreibt seine Me-
thode der totalen Hysterektomie bei Fibrom. Die Methode
ist der in Deutschland durch A. Martin eingeführten identisch,
nur findet die Ablösung unter Anlegung von Klemmen statt. Zuerst
wird durch Laparotomie der Tumor freigelegt und nach oben ge-
wälzt, dann unter Beihülfe der von der Scheide aus eindringenden
Hand das Scheidengewölbe von oben her erö&et und von der
Scheide her dann die Klemmen zur Versorgung der Ligamente ein-
geführt.
H. Delag^niöre-Le Maus (Heber abdominale Total-
exstirpationen bei fibrösen Uterustumoren. Nouv. arch.
d'obst^tr. et de gyn^col. Nr. 6) verwirft die combinirten Operations-
methoden, welche gleichzeitig von der Scheide und vom Bauch aus
vorgehen wegen der Möglichkeit der Infectionsgefahr. Er wendet
die vaginale Hysterektomie bei kleinen Tumoren an, welche die
Symphyse nur zwei Querfinger überragen, und bei genügend be-
quemem Zugang zum Becken, bei grösseren Geschwülsten operirt er
Richelot,
Belagöniöre.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 391
von den Bauchdecken aus. Zum Abschluss des Beckenbodens bildet er
aus dem Peritoneum der vorderen Uteruswand eine Manschette, welche
über das eröffiiete Scheidengewölbe genäht wird.
J. Veit (Verhandl. d. Deutsch. Gesellsch. f. Gynäkol.) bespricht Vaginale
die Fortschritte der vaginalen Operation von Uterus- pP®""^''®"
° j. . **®* Myomen,
myomen. Er warnt davor, ohne strenge Indication Myome zu j. Veit,
operiren. Bei bedeutender Grösse der Geschwülste ist die vaginale
Operation ungeeignet, bei Einklemmung im Becken soll principiell
vaginal operirt werden, und zwar möglichst nur durch Enucleation
des oder der Tumoren. Die Totalexstirpation soll nur aus techni-
schen Gründen in Frage kommen, wenn die Blutstillung Schwierig-
keiten bereitet oder wenn zu multiple Geschwulstbildung besteht.
Lässt sich die untere Peripherie des Tumors nicht ins Becken hinein-
drücken, so liegt hierin die Ghrenze der vaginalen Operation gegen
die Laparotomie. Muss man wegen Blutung operiren, so soll man,
wenn es irgend geht, die Enucleation der in diesen Fällen meist
schon submucös oder polypös sitzenden Geschwülste versuchen. Für
die Enucleation von der Vagina empfiehlt Veit die Spaltung der
vorderen Wand der Cervix und des unteren Uterinsegmentes nach
Ablösung der Blase ohne Eröffnung des Peritoneums.
Graefe -Halle (Münch. med. Wochenschr. Nr. 23) ist Gegner öraefe.
der Colpohysterotomia anterior medialis zur Entfernung sub-
mucöser Uterusmyome. Er zieht die alte Methode, energische
Erweiterung des Cervicalkanals mit Laminaria und mit Hegar'schen
Stiften, vor. Wenn die Zerkleinerung und Ausschälung von Myomen
bei dieser Methode nicht gelingt, so ist immer noch die mediale
Spaltung möglich. Bei multiplen Myomen, bei welchen die Methode
von verschiedenen Seiten (Ohrobak) Widerspruch erfahren hat,
kann, wie Graefe hervorhebt, trotzdem ein günstiger Einflusä ein-
treten: bei intramuralen Myomen lassen nach der Düatation die
Schmerzen nach, bei multiplen Myomen tritt oft ein Aufhören der
Blutungen bei Entfernung mehrerer submucöser Myome ein.
Hermes berichtet über die Erfolge der Oastration bei Castration
Myomen (Archiv f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38, H. 1) an der*>«i^yomen,
Hand von 30 durch Fehling ausgeführten Operationen und 38 von
Kaltenbach openrten Fällen. Fehling hatte 10**/o, Kalten-
bach 4,2 °/o. Unter den genesenen Fällen trat in 78,4 °/o früher
oder später die Menopause ein , in 17 */o hielten die Blutungen un-
regelmässig an, in 4^/o regelmässig, in 94 V ^^^ Fälle schrumpfte
der Tumor, in einem Falle wuchs er trotz der Menopause weiter.
392 Czempin.
In emem Anfeatz, betit^: ^Totalexstirpation statt Oa-
Castration stration", behandelt H. Fritsch-Bonn (Dentsche med. Wochen-
^*^^^Jy^*"» Schrift Nr. 24) die Frage, ob bei operativ zu behandehiden Erkran-
kungen der weiblichen Genitalorgane der Eingriff von der Scheide
ans dem vom Abdomen her vorgezogen werden soUe. Er zieht bei
entzündlichen Adneztomoren, bei diagnosticirter Pyosalpinx die La-
parotomie vor, dagegen empfiehlt er die Totalezstirpation für alle
Fälle, in welchen er firüher die Castration ausführte, da er bei letz-
teren Operationen manche Misserfolge zu verzeichnen hatte. Ganz
besonders gilt das von den Castrationen wegen Myom und all-
gemeiner nervöser und dysmenorrhoischer Beschwerden. Bei der
Castration sind es besonders die Stumpfexsudate, welche den Er-
folg der Operation illusorisch machen ; auf der anderen Seite ist die
Möglichkeit von Bauchhemien immer in Betracht zu ziehen, auch
ist die Prognose bei vaginalen Exstirpationen eine bessere. Auch
bei üterusmyomen ist sie eventuell unter Zuhülfenahme von Keil-
ausschneidungen eine zu empfehlende Operationsmethode.
e. Das Carcinom des Uterus.
Radioale Jacobs-Brüssel (Annales de Flnstit. St. Anne Nr. 2) veröffent-
Behandiung |^^j^^ seine Erfolge bei radicaler Behandlung des XJteruscarcinoms.
des Uterus- , ^ ®
carcinoms, Er ist der Ansicht, dass man nach dem 55. Jahr mit der palliativen
Jacobs, Behandlung ebenso gute Resultate erhält wie mit der Totalexstir-
pation, da in diesem Alter der Verlauf der Krankheit ein sehr lang-
samer ist. Von 46 Operationen sind nur 8 definitiv geheilt, 22 Kranke
haben Recidiv bekommen, 6 Kranke sind erst vor kurzem operirt,
10 sind gestorben. Seine Dauererfolge sind im allgemeinen un-
günstig. Von 17 Frauen, welche jünger als 40 Jahre waren, ist nur
eine nach Jahresfrist ohne Becidiv geblieben.
Gibt schon dieser Beitrag einen Beweis, dass die Ansichten über
die Badicalbehandlung des Uteruskrebses, wie sie sich seit Jahr-
zehnten in Deutschland ausgebildet haben, erst allmählich und schwer
Lewen. Eingang in anderen Ländern finden, so zeigt ein von A. H. N. Lewers-
London veröffentlichter Aufsatz (Untersuchung der Vorzüge
der vaginalen Hysterektomie und der supravaginalen
Amputation der Cervix bei Cervizcarcinom. Lancet,
6. Juli), dass auch in England die radicalen Operationen gegenüber
den bisher übUchen palliativen Behandlungsweisen Eingang sich ver-
schaffen. Lewers hat 26 Fälle von Cervixcarcinom mit supra-
vaginaler Amputation, 23 Fälle mit vaginaler Hysterektomie aus-
Geburtahülfe und Gynäkologie. 393
geführt. Unter diesen letzteren iiguriren allerdings 6 Fälle von
primärem Carcinom des Uteruskörpers. Er kommt zu folgenden
Schlüssen: Ist die Erkrankung noch in einem Stadium, in welchem
durch operative Behandlung Heilung erwartet werden kann, so bietet
die supravaginale Amputation der Cervix gerade so gute Chancen
wie die vaginale Totalexstirpation, welch letztere indessen eine etwas
grössere Operationsgefahr mit sich bringt. Ist dagegen die Er-
krankung so weit vorgeschritten, dass sie nicht mehr vollständig
mittels supravaginaler Amputation geheilt werden kann, so ist auch
von der Totalexstirpation in den seltensten Fällen etwas zu erwarten.
Im grossen Oanzen neigt Lewers indessen mehr zur vaginalen
Totalexstirpation, besonders in Rücksicht auf die Gefahr, dass bei
Carcinom der Cervix auch der Uteruskörper mit erkrankt sein
könne.
A. Erosener-Krakau (Nouv. arch. d'obst^tr. et de gyn^col. Thermo-
Nr. 7) spricht sich für die Exstirpation mittels Thermocauters aus, ^^^^^ **®*
eine Methode, welche Prof. de Jordan zu gleicher Zeit mit Macken- exstirpation.
rodt angewandt hat, nur mit dem Unterschied, dass ersterer noch Rosener.
Klemmen liegen lässt. Die Ausbrennung hat den Hauptzweck, die
so oft auftretenden Recidive, welche besonders durch die Inoculirung
von Krebskeimen in das gesunde Gewebe durch die Hände und In-
strumente des Operateurs stattfinden, zu vermeiden.
Ein FaU von Fistula ileo- vaginalis carcinomatosa
wurde von v. Erlach- Wien (Wiener kUn. Wochenschr. Nr. 24) mit Fistula
Glück operirt. ^l®°-„
•■^ vaginalis
Die Fistel anstand nach Exstirpation des Uterus wegen Carcinoms der^ach Uterus-
Portio. Die Heilung war reactionslos verlaufen. 5 Monate nach der Ope- exstirpation,
ration trat in der Scheide ein carcinomatöses Geschwür auf, welches all- ^- ^rlach.
mählich sich vergrösserte und zu einer Dünndarmfistel führte, v. Er lach
machte die Laparotomie, schnitt den adhärenten Tbeil der Dünndarm-
Schlinge aus und vereinigte das abführende und zuführende Ende der
Darmschlinge. Das ausgeschaltete Darmstück hatte eine Länge von 30 cm.
Der Verlauf war glatt. Patientin starb 1 Jahr später infolge des Carcinoms.
Matthieu sah nach einer vaginalen Hysterektomie eine Darm-
schleichend auftretende Darmocclusion durch Abklemmung einer Dünn- occlusion
darmschlinge an der Narbe. Die Patientin bekam 3 Monate nach der ^^^^ Total-
f. ,. ^_ .. , rti »1. . . 1 T^ , ■• ■*▼ , exstirpation,
Operation dyspeptische Störungen, Indisposition und Erbrechen. Nach Matthieu.
15 Monaten starb sie. Bei der Section fand sich eine kleine Dünndarm-
sehlinge 6 cm lang mit der Hysterektomienarbe verlöthet und um ihre Axe
gedreht.
394
Czempin.
Hornkrebs
des üterns-
körpers,
Flaischlen.
N. Flaischlen- Berlin (Zeitschrift f. Gebortsh. u. Gynäkol.
Bd. 32, H. 3) berichtet über einen Fall von primärem Horn-
krebs des Corpus uteri. Bisher sind in der Litteratur drei FäUe
beschrieben worden. Die Matrix der Neubildung wurde durch das
mehrschichtige Plattenepithel gebildet, welches bei der alten Frau
— 54 Jahre — die ganze Uterushöhle auskleidete und dessen Ent-
stehung Flaischlen auf eine Metaplasie des Cylinderepithels
zurückführt.
Einen Fall von doppeltem üteruscarcinom beschreibt
Doppeltes Paschen -Bonn (Universitätsklinik) (Centralbl. f. Geburtsh. u. GjnSkol.
Uterus- Nr. 40). Es fand sich ein Carcinom der Cervix und eine Durchsetzung der
^p^^ h °™' Corpusmusculatur mit Carcinomknoten, von welchen beim Abtasten nichts
zu fühlen war. Diese Fälle müssen darauf hinweisen, die hohe Portio-
amputation definitiv durch die Totalexstirpation des Uterus zu ersetzen.
Ovarial-
abscess,
Langer.
f. Erkrankungen der Ovarien.
Langer-Prag (Archiv f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 39, H. 1)
beschreibt fünf Fälle von solitärem Ovarialabscess, welche
er als Corpus luteum-Abscesse anspricht. Er ist der An-
sicht, dass die Mehrzahl der solitären Ovarialabscesse aus den frü-
heren Stadien des Corpus luteum durch Infection entstanden sind.
Ovarial-
resection,
Matthaei.
Matthaei (Ueber Ovarialresection. Zeitschr. f. Geburtsh.
u. Gynäkol. Bd. 31, H. 2) theilt sechs Fälle aus der Berliner Frauen-
klinik mit, in denen bei Ovarialgeschwülsten der einen und theil-
weiser Erkrankung des Ovariums der anderen Seite makroskopische
Eeste des letzteren zurückgelassen wurden. Von diesen sechs Kranken
haben fünf nach der Operation von neuem concipirt und lebende
Kinder geboren.
k
g. Chronisch eitrige Erkrankungen der Uterusadnexa.
Intraaterine R. Pichevin (Nouv. arch. d'obst^tr. et de gyn. Nr. B) spricht
Tiierapie *>ei yQ^ ^euem der intrauterinen Therapie bei periuterinen Ent-
Zündungen das Wort. Diese Behandlungsweise, welche in Deutsch-
land wohl völlig obsolet geworden ist, in Amerika zuweilen noch
Yertheidiger findet, besteht in Dilatation und Ausschabung. Er er-
kennt selbst an, dass die langsame, allmähliche Dilatation mit
Laminaria schlecht ertragen wird, und dilatirt deshalb in einer Sitzung
in Narkose. Daran schliesst er die Ausschabung und noch einige
Adnez-
erkran-
Geburtshülfe und Gynäkologie.
395
Zeit fortgesetzte Jodoformgazetamponade. — Dol^ris (ibid. Nr. 4)
ist ebenfaÜB ein Anhänger der conservativen, intrauterinen Behand-
lung von Adnexerkrankungen. Er warnt davor, in acuten schmerz-
haften Stadien und bei infectiösen Processen zu operiren. — P. Petit
(ibid. Nr. 2 — 4) vertritt den gleichen Standpunkt. Er berichtet
über 190 Fälle von kleineren gynäkologischen Eingriffen wegen
Erkrankungen des Endometriums, unter welchen sich zahlreiche
Fälle von Adnexerkrankungen befinden.
Dol6riB,
Petit.
Die vaginale Radicaloperation bei doppelseitigen
chronischen, eitrigen, resp. entzündlichen Adnexerkran-
kungen empfiehlt L. Landau-Berlin (Berl. klin. Wochenschr. Nr 38)
von neuem unter Bericht der von ihm bisher operirten Fälle. Be-
kanntlich hat Landau das in Frankreich benutzte „Klemmverfahren^,
d. h. die Exstirpation des Uterus mittels Klemmen an Stelle der Ligatur
aufgenommen. Er openrte 112mal wegen maligner Neubildung mit
8 Todesfallen, 56mal bei Myomen mit 4 Todesfällen, 2mal wegen
acuter puerperaler Sepsis mit multiplen Eiterheerden im Becken mit
1 Todesfall. Von 109 Fällen von Adnexerkrankungen starb einer
an septischer Peritonitis. Den Hauptwerth der Methode legt Landau
darauf, alles Erkrankte in erster Linie freizulegen, hervorzuholen,
zu stielen und auszuschneiden. Li anderer Weise geht die Methode
vorwärts bei fixirtem Uterus. Hier ist eine Freilegung im ganzen
nicht möglich, hier muss wie beim Nahtverfahren in erster Linie
der Blutung vorgebeugt werden. Die Operation lässt sich denmach
in vier Gruppen theilen : Die erste, bei welcher der Uterus als Ganzes
aus seinem Bett entwickelt wird, vorderer und hinterer Douglas
eröffiiet, die Adnexa hervorgezogen und abgeklemmt, und dann diese
mit dem Uterus ausgeschnitten werden. Bei der zweiten Gruppe
wird nach Freilegung der Cervix der Uterus an der Vorderwand
aufgeschnitten und durch Weiterspaltung desselben unter gleich-
zeitigem Höherklettem mit Muzeux'schen Zangen die Auslösung der
Adnexa ermöglicht. Bei der dritten Gruppe, bei besonders schweren
Adnexerkrankungen, wird der Uterus total in der Medianlinie ge-
spalten, und die Anhänge der entsprechenden Uterushälfte werden
bimanuell ausgelöst. Bei der vierten Gruppe handelt es sich um die
Gastratio uterina im Sinne P^an's und Segond^s, d. h. die unregel-
massige Zerstückelung des Uterus.
Die P6an'sche Operation (Hysterectomie övacuatrice) hat
auch in der Klinik zu Leyden (Prof. Treub) Eingang gefunden.
R. Brower (Inaug.-Dissert. Zürich) beschreibt das Verfahren und
Radical-
operation
bei Adnex-
erkran-
kungen,
L. Landau,
R. Brower.
396
Czempin.
drei in der genannten Klinik operirte Fälle. Zwei Fälle betrafen
parametrale Eiterbeerde mit Heilung, ein FaU eine Puerpera mit
Pyämie und Beckenabscessen, welcher an allgemeiner Sepsis starb.
Badioai- Dübrssen (Arcb. f. Gebnrtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, H. 2) wendet
Operation gi^j^ \j^ einem Aufsatz: „lieber die Technik und Indication
erkran- ^®^ vaginalen Hysterektomie, speciell bei schwerer Adnex-
kangen, erkrankung^^ gegen die von Landau inaugurirte Methode der
Diihrssen, Klemmenbehandlung. Den Hauptwerth legt er auf die Scheiden-
dammincision bei enger Vagina und bei fixirtem oder vergrössertem
Uterus, eventuell werden auch noch bei engscheidigem Gewölbe
multiple oberflächliche Einschnitte des Scheidenwundrandes vor-
genommen oder wird durch eine grössere Spaltung der vorderen
Scheidenwand mit Ablösung des Scheidenlappens von der Blase nach
Mackenrodt das Operationsfeld erweitert. Diese VorbereitungB-
operation ermöglicht nach Dührssen auch bei kindskopfgrossem
Uterus ohne Zerstückelung desselben und ohne Anwendung von
Klemmen die Exstirpation. Einen grösseren Werth als auf die
vaginale Totalexstirpation bei schweren Adnexerkrankungen legt
Dührssen auf die von ihm zuerst jsielbewusst durchgeführte vagi-
nale Laparotomie durch das vordere Scheidengewölbe. Diese Methode
verdient seiner Ansicht nach den Vorzug, weil durch dieselbe der
Uterus und eventuell ein Stückchen eines gesunden Ovarialrestes
und damit der Patientin die Menstruation erhalten werden kann.
Jacobs, Jacobs-Brüssel (Med. Eec, Jimi 15) beschreibt seine von der
Scheide ausgeführte totale „Castration^\ d. h. Entfernung des Uterus
und der Ovarien. Ln ganzen hat er 391mal operirt mit 12 Todes-
fallen = 2,9**/o. 45mal wurde wegen Gebärmutterkrebs operirt mit
1 Todesfall, 38mal wegen Uterusfibroid , darunter 23mal einfache
Hysterektomie ohne Todesfall, 15 Hysterektomieen mit Zerstücke-
lung mit 2 Todesfällen. 3mal operirte er wegen Extrauteriu-
schwangerschaft. Diese Fälle verliefen alle 'glücklich. Er operirte
stets im frühesten Stadium, ehe starke Lageveränderungen eintraten.
19mal operirte er wegen vollständigen Vorfalls der Geschlechtsorgane
mit 1 Todesfall; 272mal veranlassten Erkrankungen der Uterus-
anhänge die Operation mit 6 Todesfällen = 2,2 '^/o. In 157 Fällen
schwerer Eiterungen musste Jacobs 21 mal kleinere oder grössere
Theile der Uterusanhänge zurücklassen, ohne dass eine Nachoperation
nöthig gewesen wäre. Unter 403 Hysterektomieen hat Jacobs
5 Darmflsteln, 3 Blasenfisteln, 1 Ureterfistel beobachtet. 6mal ope-
rirte Jacobs wegen Beckenneuralgie und Tuberculose mit 5 Heilungen.
Küstner, O. Küstner- Breslau (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 12 u. 13)
Geburtshülfe und Gynäkologie. 397
stellt die leitenden Gesichtspunkte für die operative Be-
handlung der chronisch entzündeten Adnexa uteri und
der Beckeneiterungen dar. Er führt eine Beihe von Grund-
typen der Adnexerkrankung auf: gonorrhoische — eitrige — Tuben-
entzündung mit oder ohne Eierstocksentzündung, puerperal-septische
Infection mit oder ohne Gewebseiterung im Parametrium oder Ovarium
und eitriger Perimetritis; trockene adhäsive Perimetritis bei fixirter
Eetroflexio; dasselbe mit hämorrhagischen Ueberresten bei früh ab-
gelaufener ektopischer Schwangerschafb. Er warnt davor, frische
gonorrhoische Adnexerkrankungen operativ zu behandeln, da gerade
hier eine Spontanausheilung möglich ist. Bei Lageveränderung ist
er für conservative Behandlung, d. h. Beseitigung der Pseudomembran.
Um festzustellen, ob Adnextumoren pathogenen Eiter enthalten, wird
der Urin auf Indican untersucht, resp. die Probepunction der Tumoren
mit bacterieller Untersuchung vorgenommen. Ist bei der Operation
Eiter gefunden, so wird er mikroskopirt und, falls er nicht steril
ist, nach Mikulicz tamponirt. Im grossen und ganzen ist Küstner
mehr für die Cöliotomie als für die P^an-Segond-Landau'sche
Vaginaloperation. Letztere will er besonders bei fixirter Betroflexio
nicht mehr zeugungsfähiger Frauen anwenden, bei welchen die Lösung
der Adhäsionen nicht gelungen war.
Schauta-Wien (Ueber Adnexoperationen) hebt bei Ge- Sohauta.
legenheit des Wiener Congresses seinen augenblicklichen Stand-
punkt für die Adnexoperationen hervor. Bei gonorrhoischer Er-
krankung der Adnexe soUen dieselben immer, auch wenn die Adnexe
der einen Seite sich als scheinbar gesund erweisen, beiderseits ent-
fernt werden. Mit ihnen soU gleichzeitig der Uterus exstirpirt
werden, bei kleinen Geschwülsten per vaginam, bei grösseren durch
die Laparotomie.
Die Colpotomia anterior, d. h. die Eröffnung der Bauchhöhle
von der Scheide aus zwischen Blase und Uterus findet ihre besonderen
Anhänger inDührssen,A. Martin und Kossmann-Berlin (Deutsche Colpotomia
med. Wochenschr. Nr. 48). Letzterer beschreibt die Technik ein- *'^*®'^^®'^ ^®^
gehend in einem Aufsatz: „Vaginifixura uteri und Elytro- erkran-
cöliotomie" (Beitr. z. Geburtsh. etc, Festschr., gewidmet Aug. kungen,
Martin, Berlin, S. Karger). Die Operation besteht im wesentlichen K^'»«™*'^-
darin, dass ein Einschnitt in die vordere Scheidenwand gemacht
wird, die hintere Blasenwand vom Uterus abgelöst und der nach vom
gedrängte Uterus an die Scheidenwand genäht wird. Durch die
Eröffiinng der Excavatio uteri lag es nahe, kleinere Geschwülste, sub-
398
Czempin.
erkran-
kangen,
Kossmann,
A. Maitiii.
Coipotomia seröse Myome des Uterus und kleinere Tumoren der Adnexe durch
anterior bei ^Q SO gebildete Oeffiiung zu entfernen. Gegenüber den schweren
Bedenken der Vaginifixur bei noch innerhalb der Geschlechtsreife
stehenden Frauen beschreibt Kossmann drei FäUe, in denen
Schwangerschaft eingetreten ist. Indess sind diese FäUe noch nicht
zur Geburt gekommen, so dass eine sichere Entscheidung über den
dauernden Einfluss auf Schwangerschaft und Geburt aus denselben
nicht gezogen werden kann.
Einen eingehenden Vortrag hielt A. Martin -BerHn (Verhand-
lungen d. Deutschen Ghesellschaft f. Gynäkol., Leipzig) auf dem
Wiener Congress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie über
die Bedeutung der Coipotomia anterior für die Operationen
an den Beckenorganen. Er berichtete über 60 Fälle. 14mal
operirte er zur Beseitigung uteriner Neubildungen, 7mal bei B>etro-
flexio (vaginale Fixation), 36mal wegen Perimetritis adhaesiva, dmal
wegen Oophoritis chronica. Sind die Tuben und Ovarien an den
seitlichen und hinteren Beckenbändem festgewachsen, so liegt hier
die Grenze des Verfahrens. Myome von mehr als Faustgrösse durch
diese Operation anzugreifen, räth Martin dringend ab.
Conser- Jacobs (Ann. de Tlnstit. St. Anne, Juni 15) hat in 17 Fällen
vatiye ^^ conservative Adnexoperation per vaginam ausgeführt.
Operation ^^ handelte sich um solche Fälle, bei welchen die Adnexa sehr tief
per vaginam, lagen. Der Douglas'sche Baum wurde quer mit dem Thermocauter
Jacobe. durchschnitten, nachdem die Portio mit einem Muzeux hervorgezogen
war. Das Peritoneum wird mit dem Finger erö£&iet, der eingeführte
Zeigefinger löst die Verwachsungen und holt die Organe herunter. In
einigen Fällen wurden kleine, cystisch entartete Ovarien ignipunctirt.
Die Erfolge waren unsicher. Zur Exstirpation werden die Klemmen
benutzt, die Oeffiiung im Peritoneum durch Gaze offen gehalten. Er
operirte 2 Extrauterinschwangerschaften, 15 Fälle von Erkrankungen
der Tuben, resp. Ovarien ohne TodesfalL
lieber Zerreissung des Mastdarms bei abdominaler Pyo-
Mastdarm- salpinxoperation und deren Behandlung berichtet M. Sänger-
^*'^be""* ^^P^^^^^*^^^^-^-^^'^^^^^^-^y^*^°^*'^^-^'^)' Nach der Auslösung
Pyosaipinx- ^^^ schwer auf dem Beckenboden adhärenten linksseitigen Pyosalpinx
Operation, zeigte es sich, dass das Ercctum auf der vorderen Seite durch einen
*^* ca. 5 cm breiten Riss quer verletzt worden war. Die Naht war
wegen der narbig entzündlichen Verwachsung der Stelle sehr schwer.
Die Stelle wurde dann nach der Mikulicz'schen Methode tamponirt.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 399
Es trat Heilang und allmähliclier Verschluss der Fistel ein. In der
Epikrise dieses Falls macht Sänger auf die verschiedenen Möglich-
keiten des chirurgischen Verfahrens bei dieser Art von Neben-
Verletzung aufinerksam. Die sorgfältige unmittelbare Naht des !Risses
ist die am nächsten liegende Methode. Sie verlangt indessen hin-
sichtlich der Möglichkeit mangelhafter Heilung eine prophylactische
Drainage nach Mikulicz. Nach dem Vorgehen einiger Operateure
kann auch oberhalb der Nahtstelle ein abgeschlossener Baum künst-
lich aus Peritonealfalten der umliegenden Organe geschaffen werden.
Das idealste Verfahren erscheint Sänger indessen das von Howard
A. Kelly (Johns Hopkins Hospital Eeports, Febr.) in einem gleichen Kelly.
Fall ersonnene und mit Glück durchgeführte Verfahren. Derselbe
durchschnitt die Flexura sigmoidea quer, umsäumte deren Bänder
mit langen Knopfiulhten unter Langlassung der Fäden. Diese wurden
mittels einer vom Anus her eingeführten Komzange erfasst und so
in das zu einem Schlitz verengte Rectum hineingezogen, dass dessen
Bander gut an die invaginirte Flexur anschlössen. Das Verfahren
erlaubt einen völligen Schluss der Bauchhöhle.
b. Harnfisteln.
Thomas A. Emmet (Amer. Joum. of obstetr., Mai) beschreibt Vesico-
eine unheilbare Vesicovairina If ist el, bei welcher alle Weichtheile vaginal-
fisteln
des Septum vesico- vaginale fehlten. Er benutzte zum Schluss des Emmet,'
Defectes den Uterus selbst, der Best der Fistel musste nach der Sectio
alta von oben her geschlossen werden. Er vermied es, eine Harn-
röhre aus Weichtheilen zu bilden, welche Muskelfasern an und für
sich nicht enthielten, da er einen practischen Erfolg von derartigen
Plastiken sich nicht versprach, und legte der Patientin eine Bauch-
fistel an. — In ähnlicher Weise verfuhr W. A. Freund-Strassburg w. A. Freund,
(Samml. klin. Vortr., N. F. Nr. 118) in zwei Fällen, welcher bei
grossen Blasendefecten nach einer sehr geistreichen Methode eben-
falls den Uteruskörper zur Deckung des Defects heranzog.
F. Schauta (Ueber die Operation fixirter Blasen- Sohanta.
scheidenfisteln. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1)
schildert die Schwierigkeiten der Fisteloperationen derjenigen Fisteln,
bei welchen der eine Fistelrand vollkommen fehlt und die Fistel
unmittelbar an das Periost des einen absteigenden Schambeinastes
in eine Narbenmasse übergeht. Es gelang ihm in zwei mitgetheilten
Fällen dadurch die Fistelränder beweglich und einer operativen Ver-
einigung zugänglich zu machen, dass er die Weichtheile des be-
400
CzempiiL
treffenden Schambeinastes , die Scheidenwand und mit ihr die Um-
gebung der Fistel mit dem Finger und dem Elevatorium von der
Hinterwand des Knochens abloste. Dadurch gelang die Naht und
nach einer Nachoperation die Heilung.
Ureter-
yaginal-
fiBteln,
KeUy,
Bamm,
Foamel,
Howard Kelly (Johns Hopkins Hosp. Bull., Febr.) operirte
eine nach Uterusexstirpation entstandene Uretervaginalfistel.
Er machte die Laparotomie und legte den oberen Theil des Ureter»
und der A. iliaca coimuunis frei, resecirte ihn infolge der stark narbigen
Verwachsung und nahte ihn in die Blase ein, welche zu diesem Zweck von
den horizontalen Schambeinästen losgelöst wurde. Heilung.
Einen weiteren Beitrag zu den Harnleiter fisteln bringt
E. Bu mm -Basel (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 4).
Es handelte sich um eine rechtsseitige Ureterscheidenfistel nach
schwerer Zangengeburt. Das Verfahren bestand zunächst in einer 8 Wochen
dauernden Vorbereitungscur zur Lockerung der starren Fistelränder. Dann
wurde in einer ersten Sitzung möglichst nahe der üreterenfistel eine
künstliche Blasenscheidenfistel angelegt. In einer zweiten Sitzung wurde
die Blasenwand mit der Ureterenwand vernäht, in einer dritten Sitzung
der Rest der Blasenfistel geschlossen. Der Erfolg war ein sehr günstiger.
Die Häufigkeit der Ureterenverletzung bei der vaginalen
Totalexstirpation mittels ELlammem betont auch Fournel (Gaz.
des höpit. Nr. 49) und sieht den Grund darin, dass die die Klammer
anlegende rechte Hand die ELlammer dieser Seite unwillkürlich zu
weit nach rechts hinüberschiebt, während die linke, den Uterus nach
unten ziehende Hand unwillkürlich eine Drehung des Uterus mit
seiner rechten Kante nach hinten hervorruft.
Ureterenverletzungen sind mit der Zunahme der vaginalen
Operationen heute häufiger als früher, dementsprechend auch die zur Hei-
lung der Verletzung ausgeführten Operationen häufig und in ihrer Technik
Westermark. sehr interessant. F. Weste rmark- Stockholm (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 7)
sah sich bei einem ausgedehnten Cervixcarcinom , welches er nach der
sacralen Methode operirte, genöthigt ein Stück der Blasenwand und einen
Theil des linken Ureters zu reseciren. Nach Entfernung der Neubildung
wurde die Blasenwunde bis auf eine kleine Oeffhung verschlossen, in welch
letztere der centrale Ureterstumpf eingenäht wurde. Die Heilung erfolgte
nach Wunsch. Im ganzen hat Westermark ISmal vom Kreuzbein aus
den Uterus exstirpirt, dabei Smal den Ureter verletzt In einem Fall
wurde die directe Naht mit Erfolg vorgenommen, im anderen die ent-
sprechende Niere resecirt.
Geburtshülfe und Gynäkologie.
401
i. Seltenere Neubildungen:
Sarcoma deciduocellulare, Myoma sarcomatoaum, Dermoidcyste.
Sarooma
deoiduo-
cellulare,
Ahlfeld,
Marchand,
Ahlfeld (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, Heft 3)
beschreibt einen Fall von Sarcoma uteri deciduocellulare bei
Tubenschwangerschaft.
Es handelte sich um ein 17jähriges Mädchen. Auf der vorderen
Scheidenwand bestand eine hühnereigrosse, zerfallene, blutende Neubildung,
welche mikroskopisch dem Sarkom der Chorionzotten ähnelte. Ausserdem
bestand eine Tubenschwangerschaft. Die Patientin erkrankte nach der
Auslöffelung einer zweiten Metastase der Scheidenwand tödtlich an Sepsis.
Die histologische Beschreibung dieses Falles gibt F. Marchand-
(xiessen (Ueber die sog. „decidualen" Geschwülste im An-
schluss an normale Geburt, Abort, Blasenmole und Ex-
trauterinschwangerschaft. Monatsschr. f. Geburtsh. u. GynäkoL
Bd. 1, Heft 5 u. 6). Was die Ursache der Blasenmolenbildung be-
trifft, so hält Marchand es für das wahrscheinlichste, dass die
frühzeitig entstehenden allgemeinen Molen auf ein schon im Ovarimn
pathologisch verändertes, in irgend einer Weise geschädigtes Ei
zurückzuführen sind, welches doch noch einer gewissen Entwicklung
fähig geblieben ist. Die wichtigste dieser primären Veränderungen
des Eies ist wohl diejenige seiner epithelialen Theile, durch welche
vielleicht schon ftühzeitig eine hydropische Beschaffenheit des
Chorionbindegewebes herbeigeführt wird. Die epithelialen Elemente
sowohl des Ektoderms als des Syncytiums zeichnen sich schon früh
durch eine abnorme Wucherungsfähigkeit aus, durch welche sie
geradezu die Bedeutung maligner Geschwulstelemente erhalten. In
dem bindegewebigen Theil des Chorions überwiegen aber die degene-
rativen Processe die activen Wucherungsvorgänge.
Tannen (Arch. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 49, H. 1) beschreibt
einen neuen Fall von Sarcoma uteri deciduocellulare. Die Krank-
heit ist, wie alle bisher beschriebenen Fälle zeigen, ausserordentlich bös-
artig. Die klinischen Erscheinungen begannen ca. V* J^hr nach der Aus-
stossung einer 3monatlichen Blasenmole. Die Patientin ist die fünfte von
den in der Litteratur beschriebenen, welche radical operirt ist, und die
zweite, welche noch lebt. Sie ist 9 Monate post operationem noch ohne
Reeidiv.
Kuppenheim-Pforzheim (Centralbl. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Nr. 34) Kuppenheim.
schildert einen Fall von Sarcoma deciduocellulare. Die Krankheit
hegann nach einer Frühgeburt. Der Uterus wurde vaginal exstirpirt, Patientin
genas ; 1 Jahr nach der Operation noch gesund. Die Diagnose wurde mikro-
skopisch festgestellt und von autoritativer Seite bestätigt.
Jihrbnch der piactischen Medicin. 1896. 26
Tannen,
402 Czempin.
Sarooma E. Fränkel (Arch. f. Geburtah. u. Gynäkol. Bd. 48, Heft 1)
decidno- beschreibt ebenfalls eine nach Blasenmole auftretende maligne
oollularo
E. Fränkei! Geschwulst des Uterus.
Hier handelte es sich um ein Carcinom, das IV' Jahre nach digi-
taler Entfernung der Beste einer Blasenmole die ersten Symptome machte.
Die Kranke wurde operirt und ging an Metastasen zu Grunde. Höchst
wahrscheinlich ist das Carcinom vom Epithel der Chorionzotten aus-
gegangen.
Myoma Pick-Berlin (Zur Lehre vom Myoma sarcomatosum und
sarcoma- ^-[y^j, ^[q g^g Endotheliome der Gebärmutter. Arch. f.
Pick. G^burtsh. u. Gynäkol, Bd. 49, Heft 1).
Es handelte sich um eine combinirte Geschwulst, welche sich mikro-
skopisch als Myom erwies, das in den peripherischen Partieen in starker
sarkomatöser Entartung begriffen war. Pick wies den directen üeber-
gang von Muskelzellen in Sarkomzellen nach. Ausserdem fand sich in
der Mucosa ein zweiter, vollsiUndig isolirter geschwulstbildender Process,
der sich als Carcinosarcoma auswies, das von den Endothelien der Lymph-
gefässe ausgegangen war.
Eetroreotaie Schulz e-Wittenberge (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 22) be-
Dermoid- gehreibt einen Fall von retrorectaler Dermoid cysto und ihre
Cyste, , , . "^ .
Schnize. Exstirpation. Die Geschwulst stülpte die äussere Haut zwischen
After und Steissbeinspitze stark vor. Die Ausschälung gelang leicht.
Lehrbücher und Mono|graphieen.
P. Zweifel, Lehrbuch der Geburtshülfe. 4. Aufl.
P. Strassmann, Schemata zur Eintragung der äusseren und inneren
geburtshülflichen Untersuchung. Berlin.
K. Ab el , Die mikroskopische Technik und Diagnose in der gynäkologischen
Praxis. Berlin.
G. Leopold, Geburtshülfe und Gynäkologie. 2. Band der Arbeiten aus
der kgl. Frauenklinik in Dresden. Leipzig.
F. Schauta, Lehrbuch der gesammten Gynäkologie. 1. Lfg.
H. Eisenhart, Die Wechselbeziehungen zwischen internen und gynäko-
logischen Erkrankungen. Stuttgart.
Graefe, Ueber SteriHtät Wien.
A. Eoblank, Beitrag zur Lehre von der üterusruptur. Stuttgart.
A. Martin, Die Krankheiten der Eileiter.
A. Zentzer und M. Bourcart, Die Heilgymnastik in der Gynäkologie
und die mechanische Behandlung von Erkrankungen des Uterus und
Geburtshülfe und Gynäkologie. 403
seiner Adneza nach Th, Brandt. Deutsch bearbeitet von M. Dolega.
Leipzig.
R. Ziegenspeck, Anleitung zur Massagebehandlung (Th. Brandt) bei
Frauenleiden. Berlin.
J. Donat, Die gynäkologische Untersuchung. Leipzig.
J. W. Ballantyne, The diseases and deformities of the foetus. Edin-
burgh.
H.Fehling, Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. 8. umgearb. Aufl,
von G. Wal eher.
Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie. Festschrift, August Martin
gewidmet. Berlin,
V.
Augenlieilknnde.
Von Professor Dr. G« Horstmann in Berlin.
1« ülgemeines, Heilmittel, Instrumente«
Aetiologie Perles (Experimentelles zur Lehre von den Infectionskrank-
dor heiten des Auges. Virchow's Arch. Bd. 140, S. 209) hat die Frage, ,wie
InfectionB- yej-jujt^ei^ aich ^ie verschiedenen Bacterienformen bei künstlicher Ein-
kr&nküeiteii
des Auges bringung im Auge**, einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Ausser
Perles. Tuberkelbacillen wurden alle möglichen Arten von Beinculturen in die vordere
Kammer und den Glaskörper geimpft. Am interessantesten ist der Ver-
such mit dem Friedländer'schen Bacillus, er erwies sich als hochgradig
virulent. Die minimalste Spur von Pneumobacillen, in den Glaskörper ge-
bracht, erzeugt Panophthalmie und etwa nach 16 Stunden Ruptur des Aug-
apfels; ähnlich, nur etwas weniger stürmisch, wirkt der FraenkeTsche
Pneumococcus. Von der unverletzten Bindehaut aus kam keine Infection
zu Stande. Der schwere Eiterungsprocess blieb regelmässig local. Die
mit virulenten Fr aenkel- Weich selb au mischen Pneumokokken geimpften
Kaninchen gingen hingegen in wenigen Tagen an Allgemeininfection mit
den Lanzettkokken zu Grunde; erst als die) Pneumokokken in Eiern ge-
züchtet wurden, gelang es, einen so schwachen Virulenzgrad zu erzielen,
dass intraoculare Impfung Panophthalmie bewirkte, das Leben jedoch er-
halten bHeb.
Aetiologie Auf Grund sorgfältiger experimenteller Untersuchungen glaubt Bach
der (Bacteriologische Untersuchungen über die Aetiologie der
Keratitis Keratitis und Conjunctivitis eozematosa nebst Bemerkungen zur
Junctivitis Eintheilung, Aetiologie und Prognose der HomhautgeschwÜre. v. Graefe*s
eozematosa, Arch. f. Ophthalm. Bd. 41, H. 2, S. 159) annehmen zu können, dass die
Baoh. ekzematösen Augenerkrankungen hervorgerufen werden durch den Staphjlo-
coccus pyogenes aureus. Er war im Stande durch Implantation von pyo-
genen Bacterien arteficiell typische Phlyctänen in der Hornhaut und Binde-
Augenheükunde. 405
haat des Kaninchens und Menschen zu erzeugen. Er nimmt einien directen
Zusammenhang an zwischen dem Ekzem des Auges und dem anderer Eörper-
stellen, hervorgerufen durch den gleichen Erreger.
Der Diplococcus pneumoniae vermag eine bedeutende Rolle in der Patho-
genese der Augenerkrankung zu spielen, wie Bach (Experimentelle Aetio-
üntersuchungen über die Bedeutung des Pneumoniecoccus in logische
der Pathologie des Auges. Arch. f. Augenheük. Bd. 31, S. 196) ^^^' ^I^^HH^q.
gewiesen hat. Bringt man denselben in die vordere Kammer, so kommt coccns am
es entweder zur eitrigen Iridocyclitis oder zur typischen Panophthalmie. Auge,
In den Glaskörper eingeimpft, erzeugt er Panophthalmie oder Glaskörper- ^"^•
abscess mit langsamer Atrophie des Auges. Nicht selten konunt es zur All-
gemeininfection. In die Tenon*sche Kapsel, überhaupt in die Orbitalhöhle
gebracht, bringt der Diplococcus eine phlegmonöse Entzündung hervor, die
Becundär zur Infection und Zerstörung des Bulbus Veranlassung geben kann.
Der Process kann ausheilen, es kann aber auch Allgemeininfection eintreten.
Eine directe Beziehung des Pneumoniecoccus zur sympathischen Ophthalmie,
insofern als derselbe als Erreger derselben anzusehen wäre, besteht nicht.
Nach den Untersuchungen von Bach (Bacteriologische Unter- Wirkung
Buchungen über den Einfluss von verschiedenen, speciell anti- anti-
septischen Verbänden auf den Keimgehalt des Lidrandes und septischer
Verbände
Bindehautsackes. Arch. f. Augenheük. Bd. 31, S. 179) sind wir nicht ^^g Auges
im Staude, durch einen längere Zeit hindurch angelegten antiseptischen Bach.
Verband mit einiger Sicherheit die Lidränder oder den Bindehautsack steril
zu machen. Loa Gegentheil, es findet auch unter sog. antiseptischen Ver-
bänden eine grössere oder geringere Keimvermehrung statt. Gleichgültig
war es, ob ein Sublimatverband oder ein Verband mit Hydrargyrum oxy-
c/anatnm angelegt war. Die Keimvermehrung bei den antiseptischen Ver-
bänden blieb oft nicht in irgend einer auffallenden Weise hinter der Keim-
Termehrung bei einfach feuchten oder trockenen Verbänden zurück.
Ohne neue EjrankengeBchichten mitzutheilen, gibt Darier (En- Subcon-
core les iniections soTis-conjonctivales. AnnaL d^Ocul. Bd. 112, j'mctivaie
8. 381) einen gedrängten TJeberblick über den gegenwärtigen Stand injection^
der Frage der snbconjunctivalen Sublimatinjectionen. Die ver- Darier,
schiedenen Theorieen über die Absorption, die Einwände gegen diese
Methode, die Indicationen nnd die Gontraindicationen sind vollständig
ans einander gesetzt.
Bull (Die Frage der Wirksamkeit subconjunctivaler Injec- Bull,
tionen von Sublimat bei Augenleiden. New York med. Joum.
1895, Jan.) hat sabconjunctivale Injectionen von Sublimat in den-
jenigen Fällen versucht, für welche es empfohlen worden ist, und
er halt es zweifellos fiir nützlich. Aber die grossen Schmerzen,
406
HontinaniL
Sohmidt-
Rimpler,
Snbcon- welche seinem Gebrauche fast immer folgen ^ bilden einen grossen
sWumal' Hemmflohuh för seine Anwendung. Die einzigen Päüe, in welchen
injectionen, ^^ Sublimatinjectionen eine bestimmte Wirkimg dorch Milderang
Bon, schwerer S3rmptome nnd Abkürznng der Dauer des Processes aus-
zuüben scheinen, wären die von Scleritis und acuter Iridochorioiditis
nicht syphilitischer Art.
Schmidt-Rimpler (üeber subconjunctivale Sublimat-
injectionen. Therapeut. Monatshefte S. 113) hat 60 Patienten
nach dem Vorgang von Darier mit subconjunctiyalen Sublimat-
injectionen behandelt. Er fand, dass dieselben bei Hypopyonkeratitis,
Homhautulcerationen und diffuser Keratitis ohne Einfluss waren.
Dagegen hatten sie einen solchen bei Iritis und vielleicht bei Chorio-
retinitis. Bei den infectiösen Verletzungen blieben sie wirkungslos.
Schulte, — Schulte (Die therapeutischen Erfolge der subconjuncti-
valen Sublimatinjectionen. Zehender's klin. Monatsbl. f.
Augenheilk. Bd. 33, S. B3) injicirte 1 — 1 '/< Theilstriche einer 1 : 1000
kochsalz£reien Sublimatlösung und fand, dass sie bei Erkrankungen
der Chorioidea, der Eetina, der Sehnerven, des Glaskörpers und bei
Meliinger, iridocyclitischen Processen gute Dienste leistete. — Mellinger
(Klinische und experimentelle Untersuchungen über subconjuncti-
vale Infectionen und ihre therapeutische Bedeutung. Arch. f.
Augenheilk. Bd. 29, S. 238) fand dieselben fbr vortheilhaft bei
Affectionen der Cornea und Uvea. Der [wohlthätige Einfluss der-
selben ist als eine Folge einer anregenden Wirkung auf die Lymph-
circulation anzusehen. Subconjunctivale Sublimatinjectionen (1 : 2000)
haben durch Erregung einer adhäsiven Entzündung eine Oblitera-
tion des subconjunctivalen Baumes zur Folge und sind bei häufiger
Anwendung oft von heftigen Schmerzen begleitet. Gleich günstigen
therapeutischen Einfluss haben subconjunctivale Injectionen von Koch-
Gatmann. salz ohne den Nachtheil jener. — Gutmann (Ueber subconjuiic-
tivale Injectionen. Ibid. S. 250) ist der Ansicht, dass bei keiner
der bis jetzt gemachten Beobachtungen ein unzweifelhafter Beweis
vom Erfolg der Sublimatinjectionen erbracht sei. Er selbst hatte
dieselben bei 11 Fällen von Affectionen der Cornea und Uvea aus-
geführt, ohne jemals auch nur eine vorübergehende eclatante Besse-
rung gesehen zu haben.
Form-
aldehyd,
Oukita,
Guaita (B Formolo in ottalmojatria. Annal. di Ottalm. Bd. 23,
S. 360) hält, nach den von ihm bis jetzt gemachten Beobachtungen,
das Formol für ein sicher wirkendes Antisepticum. Starke Lösungen
tödten die Mikroben, und schon schwache Lösungen verhindern die
b.'
Augenheilkunde. 407
Entwickelong der Gulturen. Durch Irrigation mit der 2°/ooigeii
Lösung entsteht Aseptik der Bindehaut, die oft bis zu 24 Stunden
andauert, was Verf. von den anderen Antisepticis, selbst vom Subli-
mat, nicht behaupten kann.
Barabaschew (Ueber Tormaldehyd. Wjestnik Ophth. 1895, Barabaschew.
Nr. 2) gibt zunächst eine ausführliche Uebersicht über die Litteratur
der antiseptischen Eigenschaf ben wie der medicinischen Anwendung
des Pormaldehyds. Er gebraucht dieses Mittel jetzt schon ein Jahr
und hält es für das beste Antisepticum in der Augenpraxis.
Schwache Lösungen (^«ooo — V«>oo) ^^^ vollkommen wirksam, geben
unbedeutende Beizerscheinungen im Auge und können dauernd ge-
braucht werden. Stärkere Lösungen reizen stark und sind deshalb
nach Cocamisirung anzuwenden. Bei Ermüdung der Augen träufelt
sich Barabaschew ein paar Tropfen einer schwachen Lösung in die
Augen und fühlt danach eine angenehme Erfrischimg. Bei Trachom
schwinden die katarrhalischen Erscheinungen,' und die Kömer
scheinen abzunehmen. Eine Lösung von ^looo mit vorhergehender
Cocainisimng kürzt bei Blennorrhoea adulterorum und neonatorum
bedeutend die Dauer des Processes ab. Bei Ulcus corneae serpens
und anderen infectiösen Keratitiden sah Barabaschew nach Instil-
lationen einer Lösung von V^ooo eclatanten Erfolg. La einem Falle
von recidivirendem katarrhalischem Herpes corneae gab eine leichte
Abschabung der Cornea und eine nachträgliche Auswaschimg mit
einer Lösung (mit Cocainisirung) von Pormaldehyd unmittelbare
Heilung. Atropin, Eserin und andere Augentropfen in einer Lösung
von V«ooo blieben 2 Monate und auch länger steril. Zur Desinfection
der Listrumente ist das Formaldehyd sehr tauglich.
Groenouw (Ephedrin-Homatropinlösung, ein Mydriaticum Ephedrin-
von rasch vorübergehender Wirkung. Deutsche med. Wochenschr. l^omatropin,
Nr. 10) verwendete versuchsweise in fast 100 Fällen Ephedrin,
hydrochl. 1,0, Homatrop. hydrochl. 0,01, Aq. dest. 10,0. 2 — 3 Tropfen
bewirken nach SVs Minuten Erweiterung der Pupüle, welche nach
einer halben Stunde das Maximum erreicht, nach einer weiteren
lialben Stunde wieder abnimmt und nach 4 — 6 Stunden wieder
verschwunden ist. — BiOaction der Pupüle auf Licht ist voll-
kommen aufgehoben. Die Accommodation wird nicht beeinflusst.
Keine Reizerscheinungen, keine Nebenwirkungen. Hiermit ein
für diagnostische Zwecke vollkommen ausreichendes, sehr brauch-
bares Mydriaticum. Obige Mischung erwies sich als zweck-
mässig.
'408 Horstmann.
Gaiiicin, Mellinger (Gallicin, ein neues Präparat der GaUnssäure und
MeUinger. g^j^Q Anwendung in der Augenheilkunde. GorrespondenzbL f.
Schweizer Aerzte Nr. 8) hat mit Gallicin, einem Methyläther
der Gallussäure, an 200 Krankheitsfällen Versuche gemacht. Das
üittel, in Pulverform 1 — 2mal täglich in den Conjunctivalsack ge-
stäubt, empfiehlt sich bei Katarrhen der Bindehaut mit consecutivem
Ekzem und mit Follikelbildung, femer bei phlyctänulärer Entzündung
und Keratitis superficialis.
2. Anatomie und Physiologie«
Histologie Greeff (Die Eetina der Wirbelthiere. Untersuchungen
der Retina, j^j^j ^^j^ Golgi-Cajal'schen Chromsilbermethode und der Ehrlich-
scheu Methylenblau&rbung. Wiesbaden, J. F. Bergmann) hat sich
der mühevollen Arbeit unterzogen, die bahnbrechenden, wenig zu-
gänglichen Arbeite4 Ramon y Cajal's über die Retina zu über-
setzen, übersichtlich zusammenzustellen und hie und da mit er-
läuternden Anmerkungen zu versehen. Sehr erwünscht ist die vom
TTebersetzer beigegebene Einleitung, die Methoden (Golgi-Cajal
und Ehrljilch) betreflFend und die Litteratur Übersicht. Die vortreff-
lichen Originalabbildungen erhöhen den Werth dieses willkommenen
Buches. Die einzelnen Kapitel geben Aufschluss über die B«tma
der Knochenfische, Frösche, Reptilien, Vögel und Säugethiere. Es
ist ein unentbehrliches Buch für jeden, der sich gegenwärtig über
die Anatomie der Retina belehren will.
Faser- Pribytkow (lieber den Verlauf der Fasern des Sehnerven
verlauf des ^^^ ^qj^ Ort ihrer Endigung in den subcorticalen Centren.
Prib^nkow*' Moskau) gelangt bei seinen anatomischen Studien über den Fasemverlauf
des Sehnerven an enucleirten thierischen und menschb'chen Augen zu
folgenden Resultaten : Bei Meerschweinchen ist die Sehnervenkreuzung eine
vollständige; beim Kaninchen, dem Hunde, der Katze und dem Menschen
nur eine partielle. Die Zahl der gekreuzten Fasern ist grösser als die der
ungekreuzten. Die gekreuzten und ungekreuzten Fasern bilden im Tractus
opticus keine gesonderten Bündel; im Chiasma gibt es auch keine be-
sonderen Bündel sich kreuzender und ungekreuzt bleibender Fasern im Sinne
eines Fasciculus dexter et simster imd einer Conunissura cruciata Hannoveri.
In den Sehnerven des Hundes und der Katze haben die ungekreuzt bleiben-
den Fasern in Form von Bündeln eine laterale oder dorsolaterale Lage»
Die sich kreuzenden Fasern nehmen den grösseren ventromedialen Theil der
Nerven ein. Die Commissura arcuata anterior von Hannover existirt
nicht. Beim Menschen und bei höheren Säugethieren (Hund, Katze) ist die
Vertheilung (Lagerung) der gekreuzten und ungekreuzten Fasern in den
Augenheilknnde. 409
Sehnenren eine gleiche. Im vorderen Abschnitte des Sehnerven nach Ein-
tritt der Art. centralis retinae in den Nerv theilen sich die ungekreuzten
Fasern in zwei nicht scharf gesonderte Bündel : einen dorsalen (dorsolateralen)
und einen ventralen (ventrolateralen). In der Mittellinie des Chiasma liegen
ausschliesslich die sich kreuzenden Fasern. Die Sehnervenfasem endige|n
beim Meerschwein und Kaninchen zum grössten Theile im vorderen Zwei-
btlgel, ein geringerer Theil geht mit dem Tractus peduncularis transversus
zum Tegmentum, und ein sehr geringer Theil endigt im Corpus genicula-
tom eztemum. Bei der Katze und dem Hunde endigt der grösste Theil
im Corpus geniculatum extemum, der geringere im vorderen Zweihügel,
ond ein sehr geringer Theil zieht in den Tractus peduncularis transversus.
Wahrscheinlich endigt ein Theil der Fasern auch im Pulvinar. Der Oculo-
motoriuskem steht in keiner directen Verbindung mit Sehnervenfasem.
Pupillare Fasern ziehen mit dem Tractus opticus, wenigstens bis zur Ab-
zweigung von letzterem der in den vorderen Arm des Vierhügels ziehenden
Bündel; den Ort der Endigung der Pupillarfasem konnte Verf. nicht fest-
stellen. Die Existenz von Sehnervenfasem, die von der Retina direct zur
Hirnrinde ziehen, ist nicht nachgewiesen. Das Stratum zonale des Vier-
hügels ist nicht die Fortsetzung der Sehnervenfasem. Eine centrale Kreuzung
der Sehnervenfasem im Vierhügel existirt nicht.
Gutmann (Ueber die Natur des Schlemm'schen Sinus und Anatomie
»eine Beziehung zur vorderen Kammer, v. Graefe's Arch. f. Ophth. *®*
Bd. 41, H. 1, S. 28) hat an 35 frischen menschlichen Leichenaugen und an^^j^^j^ Sinus
6 Affenaugen Iigectionsversuche vorgenommen, um festzustellen, ob die Gatmami,
vordere Kammer in offener Verbindung mit dem Venensystem stehe. Er
wandte hauptsächlich Tusche und Berliner Blau an. So gelang es ihm
jedesmal den Schlemm^schen Venenkranz und die damit zusammenhängen-
den Aeste der vorderen Ciliarvenen mit Leichtigkeit von der vorderen
Kammer aus zu füllen. Demnach scheint zum mindesten am Leichenauge
die vordere Kammer — entgegen der Ansicht Leber*s — mit dem Raum-
system des Grenzgewebes und mit dem Sohle mm'schen Sinus unmittelbar
zu communiciren.
Leber (Der Circulus venosus Schlemmii steht nicht in offener Leber.
Verbindung mit der vorderen Kammer. Ibid. S. 235) hat zur Klarlegung
eben dieser Frage seine vor 24 Jahren aufgestellte Behauptung, dass die
vordere Kammer nicht in offener Verbindung mit dem Venensystem stehe,
durch neue Versuche bestätigt. Er meint, dass die Versuche anderer
(Gntmann) nur deswegen gegen seine Behauptung zu sprechen scheinen,
weil es sich bei diesen lun einen Filtrationsvorgang handle. Die in die
vordere Kammer unter einem gevnssen Druck ii\jicirten Farbstoffe gelangen
mitunter durch Filtration und nicht durch offene Communication in den
Circulus venosus Schlemmii.
Griffith (Critidsm conceming recent views as to the secretory
fnnction of the ciliary body. Ophthalm. Rev. Bd. 13, S. 247) gibt
410 Horstmann.
Fanction zuerst einen ausführlichen Bericht über die Structur der Gegend des Corpus
des ciliare. Er kommt zu dem Schluss, dass der Humor aqueus von der ge-
1 lar- falteten Oberfläche des Corpus ciliare abgesondert wird und nicht von den
QrmatL Drüsen des Corpus ciliare. Die Theorie von der glandulären H;yperpla8ie
in cjclitischen Membranen, wie sie von Alt aufgestellt und von Collins
angenommen worden ist, hält Verf. für absurd und der allgemeinen Patho-
logie widersprechend. Der Ansicht Nicati^s, dass der Humor aqueus von
der ChoriocapiUaris abgesondert wird, welche zwischen zwei impermeable
Häute eingeschlossen ist, innen die Lamina vitrea und aussen die Sattl er-
sehe intravasculäre Membran (Tapetum), hält derYerf. entgegen, dass eine
intensive chorioideale Erkrankung die intraoculare Tension nicht alterirt,
was bei Cyclitis wohl der Fall ist. Femer ist es die Frage, ob die Bruch-
sche Membran wirklich impermeabel ist und ob die Sattler*sche Membran
bei dem Menschen wirklich vorhanden ist.
Functionen Weinland (Neue Untersuchungen über die Functionen der
^, .^V . Netzhaut nebst einem Versuch einer Theorie über die im Nerven
Netzhaat,
Weüiiand. wirkende Kraft im allgemeinen. Tübingen) hat in einer ausführlichen,
sehr interessanten Arbeit versucht, eine einheitliche Theorie über
die Functionen der Netzhaut zu liefern, indem er die Anatomie zum
Ausgangspunkte nimmt. Verf. zerlegt die Aufgaben der Betäna in
drei verschiedene Thätigkeiten: die erste ist die Umsetzung des
Lichtes in eine andere Bewegung, die im Nervenrohr weiter geleitet
werden kann. Die zweite ist die Weiterleitung dieser Bewegung
nach dem Bjtb.. Die dritte ist die Regulirung der zur Umsetzung
zugelassenen Lichtmasse. Ln Anschluss an die Abhandlung dieser
drei Abschnitte und die zugehörigen Apparate wird noch die Frage
nach der überhaupt im Nerven wirkenden Kraft und die Möglich*
keit von Lichtempfindung von Seiten des Auges ohne Lichteinwirknng
erörtert. Verf. fasst die Resultate der umfangreichen Untersuchung
in eine grosse Reihe von Sätzen zusammen. So unterscheidet er unter
anderem nur einen SehstofF im Auge und verlegt denselben in die
Pigmentzellen des äusseren Blattes der Netzhaut. Die durch das
Licht bewirkte Umsetzung dieses Stoffes findet in einem geschlossenen
Räume, dem Umsatzraume, zwischen der Glaslamelle und der äusseren
Grenzhaut (Siebhaut) statt. Li diesem Räume befindet sich das
Becherepithel und die durch die Siebhaut eintretenden Zapfen und
Stäbe, zwischen diesen ist eine dünne Flüssigkeitsschicht, so dass sie
ftioh ungehindert gegen einander verschieben können. Die chemische
thnsotzung des Sehstoffes durch das Licht verursacht Yolumsver-
(indorung in den Bechern, diese wirkt als Druck auf die entgegen-
ütoUondon Zapfen. Je nach Helligkeit und Farbe ist die Litensität,
Ui^tfkiohoutlich die Anstiegscurve des Druckes verschieden. Neben
Augenheilkunde. 411
diesem den Drack aufiiehmenden und zum Gehirn leitenden Zapfen-
System besteht ein zweites zurückleitendes, das Stabsystem. Das
Stabsystem erhält seine Impulse unmittelbar vom Zapfensystem des-
selben Auges und vom Gehirn durch centrifiigale Fasern (Vierhügel).
Das Stabsystem dient hauptsächlich zur Pigmentregulirung im Um-
satzraum, die Pigmentregulirung adaptirt das Auge für Helligkeits-
grade. Das Kömerpigment regulirt die Sehschärfe, indem es das
dazwischen fallende Licht absorbirt, es entstehen dadurch möglichst
scharf umschriebene Lichtbilder auf der Netzhaut. Auch die Länge
der Zapfen ist hinsichtlich der Sehschärfe von Belang. Bei der
Naharbeit finden in der Povea infolge der grossen Nähe der Licht-
quelle fortgesetzt verhältnissmässig grosse Schwankungen in der
Intensität des einwirkenden Lichtes statt. Dadurch kommt es zu
fortgesetzten starken Stössen auf die Wände des Umsatzraumes (auch
Ghorioidea und Sclera). Diese Stösse können, weim die Scleralkapsel
nicht sehr fest ist (in der Jugend), diese zum allmählichen Ausweichen
nach aussen bringen. Dadurch kommt es zu einer Verlängerung
des Bulbus, zu Ektasieen der Sclera und Ghorioidea, sowie zu Er-
krankungen des betreffenden Maculabezirkes. So entsteht nach des Ver-
fassers Anschauung die gewöhnliche, durch Ueberthätigkeit der Augen
hervorgerufene Myopie (?). In der plexiformen Schicht von Ramon
y Cajal findet die Uebergabe des durch den Zapfen zugeführten
Druckes auf die Ganglienzellen statt. Diese Uebergabe erfolgt an
mehrere Ganglienzellen für jeden Zuleitstamm. Nach der Peripherie
der Netzhaut zu nehmen die Uebertragungen allmählich an Feinheit
ab, daher die Abnahme des Earbenwahmehmungsvermögens in der
Netzhautperipherie. Die Farbenblindheit ist eine zweifache, echte
und scheinbare. Erstere beruht hauptsächlich auf einer Herabsetzung
der Feinheit der Uebertragungen, die scheinbare auf einer Aenderung
des Sehstoffes. Das Mischungsgesetz der Farben ist der Ausdruck
for die Addition der Formen der Anstiegscurven , die sich bald zu
einer resultirenden Ourve (neue Farbe) vereinigen, bald bei ihrer
Addition eine gerade Linie (weiss, complementäre Farben) bilden.
Die Contrasterscheinungen entstehen durch das Beharrungsvermögen
der Ganglienzellen, welche einen Einfluss auf die sie gleichzeitig
neben einander treffenden Druckbewegungen üben. Die Nachbilder
entstehen entweder dadurch, dass die Ganglienzelle nicht augenbHck-
Hch in ihre Ursprungsform zurückkehrt (positives Nachbild) oder
bei der allmählichen Rückkehr der GangHenzelle in ihre Euhelage
(farbiges Nachbild) in der Complementärfarbe oder infolge der
Pigmentbewegung, die das Stabsystem hervorruft (negatives Nach-
412 Horetmann.
bild). Bas Bild geht in Drack umgesetzt in den Nervenröhren des
Nervus opticus zum Gehirn.
8« Befractions- nnd Accommodationsanomalieen«
Sehleistung Unter Sehleistung versteht Triepel (Ueber Sehleistung bei
^*Mo^^^*' Myopie, v. Graefe's Archiv f. Ophthahn. Bd. 40, H. B, S. BO) die
Fähigkeit, Gegenstände zu erkennen, die sich auf der Retina im
Zerstreuungskreise abbilden. Zu diesem Zwecke untersuchte er
888 Augen, bei denen zum Theü reine Formen von Myopie con-
statirt wurden, zum Theil Myopie, complicirt mit regelmässigem
Astigmatismus, oder einfach myopischer Astigmatismus nachzuweisen
war, ohne Correction durch Gläser. Er fand bei Myopen im Alter
von 9 — 20 Jahren, dass dem grösseren Alter die bessere Sehleistung
entspricht. Bas Tragen von Brillengläsem zum Bück in die Feme
verschlechtert die Sehleistung, möglicherweise wird sie verbessert
durch Tragen von Gläsern bei der Arbeit. Astigmatismus ver-
, schlechtert die Sehleistung des myopischen Auges, immerhin bleibt
die Sehleistung besser, als wenn alle Meridiane des brechenden
Systems die Brechkrafb des am stärksten brechenden Meridians
hätten.
staphyioma Nach den Untersuchungen von Schnabel und Herrnheiser
und MvoüU (^®^®^ Staphyioma posticum, Conus und Myopie. Zeitschr.
Schnabel a. ' f. Heilkunde. Bd. 41) schwankt die Axenlänge der meisten Augen
Herraheiaer. u^^ niedriger und mittlerer Myopie in der Eegel innerhalb derselben
Grenzen wie die Axenlänge emmetropischer Augen. Wesentlich
anders ist das Verhältniss bei höheren Graden von Myopie, von
10 Dioptrieen und mehr. Auch bei ihnen besteht keine constante Be-
ziehung zwischen Axenlänge und Myopiegrad. Bie Höhe und Breite
dieser Augen ist in der Begel grösser als bei emmetropischen. Die
Form derselben gestaltet sich verschieden, je nachdem die Ver-
grösserung des Bulbusstückes hinter dem Ansatzkreise der geraden
Augenmuskeln eine totale oder partielle ist. Nur ein kleiner Theil
dieser Augen zeigt scharf umschriebene Ektasieen; das Scleralstöck
zwischen Opticus und Obliquus inferior ist stets vergrössert und
hat ein geblähtes, blasenwandähnliches Aussehen, während das Seiend-
stück vor den Sehnen immer normale Bimensionen besitzt, wodurch
sich solche Bulbi von den durch Brucksteigerung vergrösserten
unterscheiden. Bei allen myopischen Augen aber findet sich eine
verminderte Resistenz der Sdera. Oft liegt der Zwischenscheiden-
Augenheilkunde. 413
raom nicht in, sondern hinter der Sclera. Die Duralscheide des
Opticus setzt sich in beträchtlichem Abstände von der Oberfläche
der Sehnerven an die hintere Fläche der inneren Scleralschicht an,
wodurch das vordere Ende des Zwischenscheidenramns eine ganz
abnorme Form und Weite gewinnt. Allen Myopiegraden gemeinsam
kommt der Conus zu. Er fehlt nur ausnahmsweise den myopischen
Angen und ist in nicht myopischen Augen nur selten zu finden.
Der sichelförmige Conus, er mag nach aussen oder unten liegen,
entsteht, wenn die vorderen Aderhautschichten von der Axe des
Sehnerven weiter abliegen und die innere Scheide sich in die Ebene
der Augenhäute umlegen muss, um zum Rande der Lamina elastica
chorioideae gelangen zu können, wo dann ein Theil der dem Seh-
nerven zugewendeten Fläche der inneren Scheide sichtbar wird. Im
Bereiche des Conus fehlt die Netzhaut; der Conus gehört daher
stets zum bHnden Fleck und zeigt kein Pigmentepithel. Bei grossem
sichelförmigem Conus findet sich 'eine Gestaltsveränderung der Papille
durch Superposition der Chorioidea. Der ringförmige Conus ist durch
seine anatomische Grundlage vom sichelförmigen vollständig ver-
schieden. Hierbei ist der Durchmesser des Sclerochorioidealkanals
und des von ihm umschlossenen Sehnervenkanals abnorm gross, der
Dorchmesser der Papille aber normal. Infolge dessen liegt zwischen
den Papillengrenzen und dem Papillenrande ein ringförmiger Streifen
des Querschnittes des von den äusseren Augenhäuten umschlossenen,
Yon den Bändern der Lamina cribrosa durchzogenen Sehnervenstückes.
Dieser Ring zwischen dem Rand der Papille und dem Rand des Cho-
rioidealkanals bildet den ringförmigen Conus. Die mächtigen, buchtig
begrenzten weissen Felder in hochgradig myopischen Augen sind ent-
weder überhaupt keine Coni, oder sie setzen sich aus Coni und entzünd-
lich veränderten Partieen der inneren Augenhaut zusammen. Alle Coni
sind angeboren und können mit fortschreitendem Wachsthum des Auges
an umfang zunehmen. Myopische Augen sind in der Regel durch
Conus und eine besondere ScleralbeschafPenheit, oder bloss durch den
Conus und die Abnormität der Sclera ausgezeichnet. Alle myopischen
Angen sind durch die geringere Resistenz der Sclera um den Opticus
ausgezeichnet, was als die angeborene Disposition zur Myopie be-
zeichnet werden muss. Die Augen, welche in der Schule myopisch
werden, besassen dieses Verhalten, ehe sie myopisch geworden sind,
sind aber nicht krank. Jeder Fall von tjrpischer Myopie entsteht
durch eine Wachsthumsanomalie des Auges. Diese führt je nach
der Ausprägung des Bildungsfehlers in den äusseren Augenhäuten
eine relativ zu grosse Länge des Auges herbei oder ein Staphyloma
414 Horetmann.
staphyioma postdcum. Der Glaube, dass die Myopie der Schulkinder durcli
postioum Entwickelung eines Staphyioma posticimi entstehe, dass jede der-
Schnabel u. ' artige Myopie im Stande sei, einen hohen Qrad zu erreichen und die
HermheiBer. Existenz des Auges zu bedrohen, ist ein falscher, ebenso auch die
Lehre vom myopischen Process, der Sclerochorioiditis, der Neuritis
der Myopen und dem Accommodationskrampf. Die Entstehung das
Staphyioma posticum kann nicht verhütet werden, ebenso nicht der
ITebergang der Schulmyopie in die hochgradige Myopie, weü sie
auch gar nicht stattfindet. Nur dann wäre die Schulmyopie ein
wirkliches TJebel, wenn sie zu den hohen Graden heranwachsen
könnte. Doch das Auge, das in der Schule myopisch wird, erwirbt
kein Staphyioma posticum und kann es nicht erwerben.
4« Anomalieen der Muskeln und Herren«
Schiel- Nach den Erfahrungen von Schweigger (Die Erfolge der
8^we"°"' Schieloperation. Archiv f. Augenheilk. Bd. 29, S. 166) ist bei
convergirendem Schielen mit normalem Binocularsehen der endgültige
Erfolg der Tenotomie am schielenden Auge in der Mehrzahl der
FäUe nicht genügend. Bei periodischem Schielen ohne Doppelsehen
empfiehlt es sich zimächst, die einfache Tenotomie auszufuhren. "PHn
nicht genügender Erfolg kann durch die Operation am anderen Auge
vervollständigt werden. Eür die einfache Tenotomie des Internus
am abgelenkten Auge bei permanentem Schielen eignen sich nur
die Fälle, in welchen die durchschnittliche Ablenkung nicht mehr
als etwa 4 mm beträgt. Bei grösserer Ablenkung muss die Ver-
nähung des Antagonisten mit ausgeführt werden. Durch eine beider-
seitige Tenotomie der Intemi kann man eine Ablenkung ausgleichen,
welche etwa 5 mm beträgt. Ist der Erfolg ein zu geringer, so ist
die Verlagerung am Platze. Ein Erfolg der Tenotomie des Extemus
kann nur in den Fällen von Divergenz beobachtet werden, wo noch
normales binoculares Einfachsehen besteht, besonders also beim perio-
dischen divergirenden Schielen. In denjenigen Fällen von Insu£Gcienz
der Intemi, wo ohne divergirendes Schielen eine mangelhafte In-
nervation zur Convergenz vorhanden ist, genügt, wenn die Con-
vergenzinnervation nur verringert, aber nicht vollständig verloren
ist, die Verwendung prismatischer Brillen. Diejenigen Fälle aber,
in welchen gleichzeitig divergirendes Schielen vorhanden ist, erfordern
operative Abhülfe. — Aus der Thatsache, dass die Beseitigung des
convergirenden oder divergirenden Schielens häufig genügt, auch
Augenheilkunde.
415
eine gleichzeitige Höhenablenknng verschwinden zu lassen, lässt sich
die Kegel ableiten, dass bei gleichzeitiger Höhenablenknng stets die
Seitenablenkung zunächst beseitigt werden muss. Bleibt aber dann
noch eine Höhenablenkung bestehen, so muss sie ebenfalls operativ
in AngrijBT genommen werden. — Entsteht Schielen in einem Lebens-
alter, in welchem normales binoculares Einfachsehen bereits zur
Gewohnheit geworden ist, so sind meistens Doppelbilder nachzuweisen,
mid die Schieloperation ergibt dann normale binoculare Verschmel-
zimg. Bei weitem in den meisten EäUen entsteht aber Schielen
in einem Lebensalter, in welchem das normale binoculare Einfach-
sehen noch nicht in den festen Bestand der physiologischen Ge-
wohnheiten übergegangen ist, und wenn dann auch die Schielope-
ration eine Stellung schaffit, welche normale binoculare Verschmelzung
ermöglicht, wird doch ein normales binoculares Einfachsehen nicht
mehr erlernt.
Melville (A new method of tying the sutures in ad-
vancement of the ocular muscles. Arch. of Ophthalm. Bd. 24,
S. 376) verfahrt bei der Vorlagerung folgendermassen : Nach Ein-
fadelung werden die Enden des Fadens zusammengeknüpft, so dass
der Eaden eine grosse Schlinge bildet. Nun sticht man dicht an
der Cornea durch Conjunctiva und die oberste Schicht der Sclera
ein und aus, parallel dem Verlauf des Muskels\ zieht den Faden
halb durch und führt dann rückwärts die Nadel durch die Faden-
schlinge am Ende. Wird jetzt angezogen, so ist das umstochene
Stück Conjunctiva und Sclera sehr fest gefasst. Oberhalb und unter-
halb des Muskels wird ein solcher Faden eingelegt. Li gewohnter
Weise wird nun der Muskel frei präparirt und durchschnitten. Die
Nadeln werden nun nach rückwärts in den Muskel eingestochen, in
einer Entfernung entsprechend dem Grad des Schielens, und schliess-
lich werden die beiden Fäden von oben [nach unten mit einander
geknotet.
Fergus (An Operation for the advancements of a rectus
muscle. Ophthabn. Rev. Bd. 14, S. 163) legt zwei Einschnitte
parallel zu dem Rand des Muskels und zieht zwei Suturen durch
Muskel und Conjunctiva nahe am Canthus in der gewöhnlichen
Weise. Diese werden nun über Muskel und Conjunctiva festgeschnürt
imd die letztere dann durch den Schnitt durch den Muskel mit
durchtrennt. Die Nähte werden nun nach vom durch den sehnigen
Ansatz des Muskels und dann durch die Conjunctiva nach oben und
miten von Cornea durchgezogen und angezogen.
Helyüle,
Fergus.
416
Ho
5. Srkraakui^B der Lider, des Thriaenapparates, der Orbita
iiBd Hebeabiklea.
Um festzustellen, ob das Chalazion auf taberculöser Basis beruht,
Aetioiogie impfte Landwehr (Zur Aetiologie des Chalazion. Ziegler's
^^^, Beitr. z. pathoL Anat. u. allgenL PathoL Bd. 16, K 2, 8. 255) den
Landwehr.' Inl^t von sieben Chalazien auf Thiere über. In keinem Falle ge-
lang es aber, Impftabercolose beim Yersachsthiere henrorzumfen.
Da indessen von verschiedenen Aatoren Tnberkelbacillen in Chalazien
gefunden worden sind, so ist anzunehmen, dass nur in einer kleinen
Reihe von Fällen das Chalazion als tuberculöses Prodact anzusehen
ist, in der Mehrzahl aber dasselbe sich nicht auf der Basis der Tnber-
culose entwickelt.
Behandlang Bayer (Die moderne Behandlung der Dacryocystitis.
der Dacryo- CorrespondenzbL d. Vereins deutscher Aerzte in Reichenberg Nr. 3)
cystitis,
Bayer,
De Bono,
Alaimo-
Harohetti,
AhlstrÖm.
spricht sich gegen die Sondinmg der Thränenwege als Hauptmittel
der Behandlung bei Dacryocystitis chronica aus und empfiehlt den
practischen Aerzten folgendes Verfahren: Das untere Thranen-
röhrchen wird gespalten, ein adstringirendes Augenwasser wird ein-
geträufelt und ein fleissiges Ausdrücken des Inhalts des Thränen-
Sackes den Patienten ans Herz gelegt. In einer Anzahl von Fällen
soll man mit diesem gelinden Verfahren ausreichen. Ist dem nicht
so, so nimmt man eine Probesondirung vor, um sich zu überzeugen,
ob eine Strictur vorliegt. Dabei leistet das Cocain vorzügliche
Dienste, insbesondere dadurch, dass es die Operation weniger schmerz-
haft gestaltet. Ist keine Strictur vorhanden, so verstärkt man in
diesem Fall die Behandlung, indem man mit der Anel'schen Spritze
Zink- oder Argentum nitricum-Lösung durchspritzt. Bei bestehender
Knochenaffection hat die Einspritzung von Jodoformglycerin (1 : 10)
vortrefiFliche Dienste geleistet.
De Bono und Alaimo-Marchetti (Le iniezioni iodate
nella cura delF dacriocistiti croniche. Arch. di Ottalm. Bd. 2,
Nr. 6, S. 195) haben bei alten Thränensackleiden , besonders bei
Ektasie des Sackes, mit grosaem Erfolg Einspritzungen einer Jod-
lösung gemacht. (Jod 0,50, Jodkali 5,00, Wasser 50,00.) Man soll
aber dabei trachten, dass die Flüssigkeit nicht in den Bindehautsack
gelangt.
AhlstrÖm (Om exstirpation af tarsäcken. Eira 1894,
Nr. 16) stellt folgende Indicationen für die Exstirpation des Thränen-
Augenheilkunde. 417
Sackes auf: 1. Bei Operationen am Bulbus, wenn die Zeit nicht für
eine andere Behandlung ausreicht. 2. Wenn die conservative Be-
handlung nicht hilft. 3. Bei Ektasie des Sackes, selbst wenn der
Kanal permeabel ist. 4. Bei Tuberculose des Sackes. 5. Bei Ob-
literation des Kanals. 6. Bei Mstula sacci lacrymalis, wenn jede
andere Behandlung misslingt.
Bei einfachem Thränenträufeln ohne Infection der Thränenwege,
bei denen eine Uebersecretion von Thränen vereint mit zunehmen-
der Functionsunfähigkeit von Orbicularis, Thränenpunkten und
Thränensack die ganze Krankheit bildet, sowie bei ekzematöser
Keratitis mit sehr starkem Thränenfluss empfiehlt Hegg (Die Ex- Behandlung
stirpation der Thränendrüse bei Thränenträufeln. Corre- „, *.?®
spondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 22) die Exstirpation der palpe- t rauf eins,
bralen Thränendrüse nach Wecker. Hegg.
Panas (Des pseudoplasmes malins de l'orbite. Arch. Geschwülste
d'Ophtalm. Bd. 15, Nr. 9) ist der Ansicht, dass viele für Lymphome, ^^p^^'**'
Sarkome und Syphilome gehaltene Neubildungen der Orbita durch
Mikroorganismen oder auf dem Boden einer durch Toxine erzeugten
Dyskrasie entstanden und als infectiöse Tumoren aufzufassen seien.
Die Syphilis ist wohl eine dieser Dyskrasieen, aber nicht die einzige.
Panas stützt diese Ansicht auf mehrere eigene und fremde, zum
Theil ausserhalb des Gebietes der Augenerkrankungen liegende Be-
obachtungen, von denen folgende kurz erwähnt seien. Beiderseitiger
Exophthalmus, anscheinend durch. Orbitalsarkom bedingt, bei einem
ozanakranken , nicht syphilitischen Mann heilte durch Arsenik voll-
ständig. — Eine junge nicht syphilitische Frau erkrankte, nachdem
ihr „sarkomatöse^^ Polypen aus der linken Nasenhöhle entfernt
worden waren, an linksseitigem Exophthalmus, verursacht durch eine
Zellgewebsinduration der Orbita. Dieser Tumor war ebenso wenig wie
die Polypen sarkomatös. Erhebliche Besserung durch Arsenik. Eine
symmetrische Geschwulst beider Oberkieferknochen bei einem 15jäh-
rigen Knaben heilte ebenfalls durch das gleiche Mittel. — Bei einem
anscheinend sarkomatösen Tumor der Orbita ist also zunächst eine
allgemeine Behandlung zu versuchen mit Jod, Arsenik oder den
Toxinen. Das Aufsuchen des Ausgangspunktes der Infection: Nase
mit Nebenböhlen und Pharynx, sowie die bacteriologische Bestim-
mung der Toxine geben einen Fingerzeig für Diagnose und Therapie.
Die Chirurgie, welche hier oft erfolglos ist, kommt erst in zweiter
Linie.
Jahibach der practischen Medioin. 189& 27
418 Horstmann.
Auf Grund der Beobachtung von 24 eigenen, sowie der bis jetzt
Stirnhöhlen- veröffentlichten fremden Fälle von Erkrankung des Sinus frontalis
erkran- gj^^ Kuhnt (Ueber die entzündlichen Erkrankungen der
Kohnt ' Stirnhöhlen und ihre Folgezustände. Wiesbaden, F. J. Bergmann)
eine genaue Beschreibung dieser AfPection. Zunächst bespricht er das
klinische Bild derselben, die ätiologischen Momente, die pathologische
Anatomie, die Diagnose, die Complicationen an der Augenhöhle, dem
Sehorgan und Gehirn, sowie die Therapie. Den Schluss der Arbeit
bilden die Krankengeschichten der 24 selbst beobachteten Fälle, von
denen 14 operativ behandelt worden waren.
6. Erkrankungen der Gonjnnetiray Cornea nnd Selera.
Behandlung Nach Kaltes (Traitement de Tophtalmie des nouveau-
^«^ . n6s. Arch. d'Ophtahn. Bd. 14, S. 780) Erfahrungen ist die aus-
neonatorum giö^ig© Reinigung und Desinfection des Conjunctivalsackes das
Kalt. Nöthigste bei der Behandlung der Blennorrhoea neonatorum und
genügt zur Heilung. Er hat daher einen Trichter aus Ebonit an-
fertigen lassen, dessen ausgebogener Brand in den Conjunctivalsack
eingeführt wird, so dass er von den Lidern umschlossen wird. Aus
dem mit dem Trichter durch einen Gummischlauch verbundenen
25 — 80 cm hoch über dem Auge gehaltenen Irrigator fliessen 2 Liter
einer Lösung von Kali hypermanganicum und reinigen den
Bindehautsack, dessen Falten durch den Flüssigkeitsdruck ausgeglichen
sind, aufs gründlichste. Das Verfahren wird bei leichten FäUen
Morgens und Abends, bei schweren 3— 4mal tägHch angewandt und
erfordert jedesmal 7 — 8 Minuten. Li den Zwischenzeiten wird alle
2 Stunden eine etwas stärkere Lösung eingeträufelt. Die Anwendung
soll bereits am 1. Tage geschehen, Homhautgeschwüre, deren
Grund sich zeitweise braun färbt, bessern sich schnell; die dabei
entstehende weisse Trübung des Homhautgewebes ist ohne Be-
deutung. Li allen schweren Fällen war bereits nach 4 — 5 Tagen
erhebliche Besserung vorhanden. Die Behandlung muss in allmäh-
lich abgeschwächter Weise bis zum völligen Verschwinden der
Absonderung fortgeführt werden. Heüung erfolgt innerhalb 7 bis
10 Tagen. Diese Behandlung ist nach Verf. 's Ansicht ungefährlich
und unter Aufsicht des Arztes von jeder Hebamme oder geübten
Wärterin leicht auszuftihren.
Parinaud (Gonjonctivite lacrymale k pneumocoques
des nouveau-nes. Annal. d'Ocul. Bd. 112, S. 369) erinnert an die
Augenheilkunde. 419
Thatsache, dass die Geburtshelfer und die Hebammen eine voll- Gutartige
kommen gutartige, aber oft sehr langdauemde Bindehautentzündung x^^.^^.'*^^*
der Neugeborenen kennen ^ die von den Augenärzten weit seltener Neu-
beobachtet wird. Wenn dies der Fall ist, wird die Ursache der geborenen,
Conjunctivalaffection meist in einer Obstruction des Thränennasen- ^n^'* •
kanals geftmden. Diese Conjunctivitis tritt in den ersten Tagen
nach der Geburt auf und äussert sich durch spärliche, schleimig-
eitrige Secretion ohne Schwellung der Lider und ohne Chemosis.
Die Conjunctiva bulbi ist zuweilen leicht injicirt und die Lidconjimc-
tiva wird bald sammetartig. Morgens sind die Augen meist verklebt.
Ein leichter chronischer Schnupfen gesellt sich meist diesen Sym-
ptomen bei. Die Affection heilt oft in 8 oder 4 Wochen imter dem
Einfluss von Borsäurewaschungen oder ohne jegliche Therapie.
Zuweüen heilt sie auf einem Auge und dauert auf dem anderen
Auge fort. In diesem FaUe findet man den Thränennasenkanal
verstopft.
Die bacteriologische Untersuchung .hat gezeigt, dass man in
allen diesen Fällen den Pneumococcus im Conjunctivalsecret findet,
sei es, dass man dasselbe direct untersuche oder mit demselben
Culturen anlege. Der Gonococcus und der Week'sche Bacülus sind
dagegen nie gefanden worden. Die Verstopfung des Nasenkanals
ist wahrscheinlich secundär, sei es, dass sie in der Nase ihren
Ursprung nehme, sei es, was weniger wahrscheinlich, <^ass die Ent-
zündung sich von der Conjunctiva auf die Thränenwege fortpflanze.
Peters (Zur Behandlung der Bindehautkatarrhe. Zehender's Behandlung
klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 83, S. 370) empfiehlt bei Binde- . ^^/^f^^.^j^
hautkatarrhen in Verbindung mit Hautekzem, bei chronischen Ka- peters
tarrhen ohne letzteres, sowie der sog. Blepharitis angularis das
Einstreichen einer Salbe, die aus 0,2 — 0,6 Ichthyol, ammon., 0,B Amyl.
tritic, ebenso viel Zinc. und VaseL Amer. 2,5 besteht, in den Con-
jimctivalsack.
In acht FäUen von Conjunctivitis crouposa konnte Schirmer Diphtherie
(Zum klinischen Bild der Diphtheriebacillen-Conjunctivitis. **®^
v. Graefe's Arch. f. Ophthalm. Bd. 40, H. B, S. 160) den Zusammen- und Serum-
hang mit Diphtherie nachweisen und fast überall den Löffler'schen therapie,
Bacillus finden. Er ist der Ansicht, dass die Conjunctivitis crouposa Schirmer.
durch diesen Bacillus erzeugt wird.
Die bacteriologische Untersuchung hat das so lang gesuchte
licht auf die pseudomembranösen Affectionen der Conjimctiva
420
Horstmann.
Moraz,
Coppez,
geworfen. Vom Standpunkt der bacteriologischen Eintheilung aus
Diphtherie wirft Morax (La conjonctivite dipht^rique, son traitement
r. /^'x. par le s^rum antitoxique. Annal. d'Ocul. Bd. 113, S. 238) einen
Oonjunctiva *^ ^ . ' ^
undSerum- E.ückblick auf die früheren Glassificationsversuche und zeigt, dass
therapie, es unerlässlich ist, mit den von der Oonjunctiva erhaltenen Culturen
Thierimpfungen vorzunehmen, um den Pseudodiphtheriebacülus von
dem wahren Diphtheriebacillus zu unterscheiden. Unter Anwendung
dieser Yorsichtsmaassregehi hat er entgegen Uhthoff und Fränkel
den Diphtheriebacillus nie auf der gesunden Oonjunctiva nachweisen
können und ebenso wenig bei anderen Affectionen der Oonjunctiva
als der pseudomembranösen Oonjunctivitis. Vier Krankengeschichten
geben interessante klinische, ätiologische und bacteriologische That-
sachen über die pseudomembranösen Oonjunctivalaffectionen. Bei
wahrer diphtheritischer Oonjunctivitis erhält man durch die Serom-
therapie überraschende Besultate,
Ooppez (Un cas de dipht^rie oculaire gu6ri par la s^ro-
th6rapie. Annal. d'OcuL Bd. 112, S. 341) schreibt den Ein-
spritzungen von Behring'schem Heilserum einen günstigen Einfluss
zu auf die Oonjunctivitis diphtheritica« Bei einem einjährigen Mäd-
chen war die locale Anwendung von Oleum cadinum ohne Einfluss
geblieben auf eine diphtheritische Oonjunctivitis mit fest anhaftenden
Membranen. Eine einzige Einspritzung brachte schnelle Besserung
und baldige Auflösung des diphtheritischen Exsudates. Die bacterio-
logische Untersuchung ergab reichliche DiphtheriebaciUen und spär-
liche Streptokokken.
In dem Fall von Hoppe (Ein Fall von Augen- und £.achen-
diphtherie, behandelt mit Behring's Heilserum. Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 12) -handelte es sich um einen 2jährigen
Jungen, der an Buchen- und Augendiphtherie litt. Die Oomea war
getrübt. Nach Injection des Behring'schen Heüserums schwanden
die diphtheritischen Erscheinungen, auch die Hornhaut hellte sich
allmählich wieder auf.
Königshöfer (Ein Fall von Diphtheritis der Oonjunc-
tiva, behandelt mit Behring's Heilserum. Oorrespodenzbl. d.
württemb. ärztl. Landesvereins Nr. 13) beobachtete bei einem 2jäh-
rigen Kinde Diphtherie der Oonjunctiva an beiden Augen mit rechts-
seitiger schwacher Ulceration der Oomea. Es wurde zweimal das
Behring'sche Serum injicirt. 2 Tage nach der zweiten Injection
begann die Heilung.
Bei einem 1^2 jährigen Knaben trat Diphtheritis conjunctivae
Recken, beiderseits mit rechtsseitigem Ulcus corneae auf. Recken (Beh-
Hoppe,
Königshöfer,
Augenheilkunde. 415
eine gleichzeitige Höhenablenkung verschwinden zu lassen, lässt sich
die Begel ableiten, dass bei gleichzeitiger Höhenablenkung stets die
Seitenablenkung zunächst beseitigt werden muss. Bleibt aber dann
noch eine Höhenablenkung bestehen, so muss sie ebenfalls operativ
in Angriff genommen werden. — Entsteht Schielen m einem Lebens-
alter, in welchem normales binoculares Einfachsehen bereits zur
Grewohnheit geworden ist, so sind meistens Doppelbilder nachzuweisen,
rmd die Schieloperation ergibt dann normale binoculare Verschmel-
zung. Bei weitem in den meisten Fällen entsteht aber Schielen
in einem Lebensalter, in welchem das normale binoculare Einfach-
sehen noch nicht in den festen Bestand der physiologischen Ge-
wohnheiten übergegangen ist, und wenn dann auch die Schielope-
ration eine Stellung schafft, welche normale binoculare Yerschmelzrmg
ermöglicht, wird doch ein normales binoculares Einfachsehen nicht
mehr erlernt.
Melville (A new method of tying the sutures in ad- Meiville,
vancement of the ocular muscles. Arch. of Ophthalm. Bd. 24,
S. 375) verfahrt bei der Vorlagerung folgendermassen : Nach Ein-
fadelung werden die Enden des Fadens zusammengeknüpft, so dass
der Faden eine grosse Schlinge bildet. Nun sticht man dicht an
der Cornea durch Conjunctiva und die oberste Schicht der Sclera
ein und aus, parallel dem Verlauf des Muskels^ zieht den Faden
halb durch und führt dann rückwärts die Nadel durch die Faden-
schlinge am Ende. Wird jetzt angezogen, so ist das umstochene
Stück Conjunctiva und Sclera sehr fest gefasst. Oberhalb und unter-
halb des Muskels wird ein solcher Faden eingelegt. Li gewohnter
Weise wird nun der Muskel frei präparirt und durchschnitten. Die
Nadeln werden nun nach rückwärts in den Muskel eingestochen, in
einer Entfernung entsprechend dem Grad des Schielens, und schliess-
lich werden die beiden Fäden von oben [nach unten mit einander
geknotet.
Pergus (An Operation for the advancements of a rectus Fergus.
muscle. Ophthalm. Rev. Bd. 14, S. 163) legt zwei Einschnitte
parallel zu dem Rand des Muskels und zieht zwei Suturen durch
Muskel und Conjunctiva nahe am Canthus in der gewöhnlichen
Weise. Diese werden nun über Muskel und Conjunctiva festgeschnürt
imd die letztere dann durch den Schnitt durch den Muskel mit
durchtrennt. Die Nähte werden nun nach vom durch den sehnigen
Ansatz des Muskels und dann durch die Conjunctiva nach oben und
imten von Cornea durchgezogen und angezogen.
414 Horstmann.
Staphyloma posticum. Der Glaube, dass die Myopie der Schulkinde
poBtionm Entwickelung eines Staphyloma posticum entstehe, dass j
Schnabel n. ' Bjrtige Myopie im Stande sei, einen hohen Grad zu erreichen
Hermheiser. Existenz des Auges zu bedrohen, ist ein falscher, ebenso
Lehre vom myopischen Process, der Sclerochorioiditis, der
der Myopen und dem Accommodationskrampf. Die Entstel
Staphyloma posticum kann nicht verhütet werden, ebenso *
Uebergang der Schulmyopie in die hochgradige Myopie,
auch gar nicht stattfindet. Nur dann wäre die Schulm^
wirkliches Uebel, wenn sie zu den hohen Graden herai
könnte. Doch das Auge, das in der Schule myopisch wirc
kein Staphyloma posticum und kann es nicht erwerben.
4, Anomalieeii der Mnskeln nnd Nenren,
Schiel- Nach den Erfahrungen von Schweigger (Die Erf
sohw^" OT* Schieloperation. ArcHv f. Augenheilk. Bd. 29, S. 16
convergirendem Schielen mit normalem Binocularsehen der
Erfolg der Tenotomie am schielenden Auge in der Me?
Fälle nicht genügend. Bei periodischem Schielen ohne D
empfiehlt es sich zunächst, die einfache Tenotomie auszuft
nicht genügender Erfolg kann durch die Operation am anc
vervollständigt werden. Für die einfache Tenotomie dt
am abgelenkten Auge bei permanentem Schielen eignei
die Fälle, in welchen die durchschnittliche Ablenkung
als etwa 4 mm beträgt. Bei grösserer Ablenkung mu>
nähung des Antagonisten mit ausgeführt werden. Durch
seitige Tenotomie der Intemi kann man eine Ablenkung
welche etwa 6 mm beträgt. Ist der Erfolg ein zu gerix
die Verlagerung am Platze. Ein Erfolg der Tenotomie d
kann nur in den Fällen von Divergenz beobachtet werde
normales binoculares Einfachsehen besteht, besonders also
dischen divergirenden Schielen. In denjenigen Fällen von
der Intemi, wo ohne divergirendes Schielen eine man
nervation zur Convergenz vorhanden ist, genügt, wer
vergenzinnervation nur verringert, aber nicht voUstän«'"
ist, die Verwendung prismatischer Brillen. Diejenigen '
in welchen gleichzeitig divergirendes Schielen vorhanden i
operative Abhülfe. — Aus der Thatsache, dass die Bes
convergirenden oder divergirenden Schielens häufig g
io^afaeöbsde.
4;
üefieg^ aiieEL sis kl g]flirhieiriggr^'~
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ii«k eme EfiAoifaileBkimg besteheiL sc* m
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417
Idie Zeit nicht für
3 conservative Be-
3, selbst wenn der
ackes. 5. Bei Ob-
ymalis, wenn jede
L der Thränenwege,
int mit zunehmen-
ränenpunkten und
ie bei ekzematöser
It Hegg (Die Ex- Behandlung
iiträufeln. Corre- «,,5jf«.n
Tnranen-
tirpation der palpe- träufelns,
Hegg.
le Forbite. Arch. Geschwülste
der Orbita,
'M^
viele für "Lymphome,
•n der Orbita durch
"ch Toxine erzeugten
on aufzufassen seien,
ber nicht die einzige,
iie und fremde, zum
ikungen liegende Be-
seien. Beiderseitiger
m bedingt, bei einem
•3 durch Arsenik voU-
u erkrankte, nachdem
Nasenhöhle entfernt
verursacht durch eine
war ebenso wenig wie
^ durch Arsenik. Eine
chen bei einem 15jäh-
le Mittel. — Bei einem
ist also zunächst eine
>d, Arsenik oder den
PS der Infection: Nase
^cteriologische Bestim-
!)iagnose und Therapie.
'kommt erst in zweiter
I
27
Panas.
424
HorstmanxL
Inter-
stitielle
Keratitis
bei
Syphilis,
Tronsseaa,
Bosse.
achtungen sucht Trousseau (LaK^ratite interstitielle dans
la Syphilis acquise. Annal. d'Ocnl. Bd. 114, 8. 206) das kli-
nische Bild der interstitiellen Homhautentzün(king bei acquirirter
Syphilis festzustellen. Diese Erkrankung befallt die Frauen häufiger
als die Männer und fast immer einseitig. Unter den 11 eigenen
PäUen Trousseau' s finden sich 8 Frauen und 3 Männer; 9 der
11 Fälle waren einseitig. Die Becidive sind selten, im Gegensatz
zu der interstitiellen Keratitis der hereditären Syphilis. Die Hom-
hautaffection erscheint fast immer nach dem Ende des 1. Jahres,
von der Infection an gerechnet, und vor dem Anfang des 3. Jahres.
In je 2 Fällen war dieselbe von Syphiliden der Bindehaut und der
Lider begleitet. Die Kranken zeigten keine besonders ausgesprochene
Kachexie. Der Beginn und die Fortschritte der Hornhauttrübung
sind schwankend, die Vascularisation ist weniger vollständig als die
bei hereditärer Syphilis beobachtete, die Heilung meist eine voll-
ständige und rasche, unter dem Einfluss der Quecksilberbehand-
lung.
Bosse (Ueber die interstitielle Keratitis hereditär-
luetischer Natur und ihren Zusammenhang mit Gelenkaffec-
tionen. Inaug.-Diss. Berlin) macht auf den Zusammenhang der inter-
stitiellen Keratitis mit hereditär - luetischen Gelenkaffectionen auf-
merksam. Letztere befallen in weitaus grösster Zahl der Fälle das
Kniegelenk. Das in d7°/o constatirte Zusammenfallen beider Er-
krankungen kann durch übereinstimmenden anatomischen Bau der
Gelenkknorpel und der Hornhaut erklärt werden. Die Ernährung
dieser beiden Theile wird nicht direct von den Blutgefässen besorgt,
sondern nur von der Gewebsflüssigkeit , die sich in den von Binde-
gewebszeUen nicht vollständig ausgefüllten Safblücken der Gewebe
befindet, die ihrerseits wieder mit Blut- und Lymphzellen zusammen-
hängen.
fugax,
Fnchs.
Episcleritis Bei der Episcleritis periodica fugax besteht nach Fuchs (Ueber
^VL*??i*^** Episcleritis periodica fugax. Wiener klin. Wochenschr.
Nr. 35) eine heftige Entzündung der Conjunctiva bulbi, besonders
aber des darunter liegenden episcleralen Gewebes. Secretion ist
nicht vorhanden, auch tritt keine Knotenbildung in der Sclera auf,
vielmehr schwindet die Affection ohne Spuren zu hinterlassen nach
wenigen Tagen, um aber in ziemlich regelmässigen Zwischenräumen;
welche von einigen Wochen bis zu einigen Monaten variiren, wieder
aufzutreten. Die Dauer des Leidens beträgt in der Regel mehrere
Jahre. Die Therapie ist in den meisten FäUen machtlos. Am häufig-
Augenheilkunde. 417
Sackes auf: 1. Bei Operationen am Bulbus, wenn die Zeit nicht für
eine andere Behandlung ausreicht. 2. Wenn die conservative Be-
handlung nicht hilft. 3. Bei Ektasie des Sackes, selbst wenn der
Kanal permeabel ist. 4. Bei Tuberculose des Sackes. 5. Bei Ob-
Hteration des Kanals. 6. Bei Fistula sacci Iacr3nnali3, wenn jede
andere Behandlung misslingt.
Bei einfachem Thränenträufeln ohne Infection der Thränenwege,
bei denen eine Uebersecretion von Thränen vereint mit zunehmen-
der Functionsunfahigkeit von Orbicularis, Thränenpunkten und
Thränensack die ganze Krankheit bildet, sowie bei ekzematöser
Keratitis mit sehr starkem Thränenfluss empfiehlt Hegg (Die Ex- Behandlung
stirpation der Thränendrüse bei Thränenträufeln. Corre- „, ^.?®
/% ri \ Thranen-
spondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 22) die Exstirpation der palpe- t rauf eins,
bralen Thränendrüse nach Wecker. Hegg.
Panas (Des pseudoplasmes malins de Torbite. Arch. Geschwülste
d'Ophtahn. Bd. 15, Nr. 9) ist der Ansicht, dass viele für Lymphome, ^^^n^g'**'
Sarkome und Syphilome gehaltene Neubildungen der Orbita durch
Mikroorganismen oder auf dem Boden einer durch Toxine erzeugten
D3rskrasie entstanden und als infectiöse Tumoren aufzufassen seien.
Die Syphilis ist wohl eine dieser Dyskrasieen, aber nicht die einzige.
Panas stützt diese Ansicht auf mehrere eigene und fremde, zum
Theil ausserhalb des Gebietes der Augenerkrankungen liegende Be-
obachtungen, von denen folgende kurz erwähnt seien. Beiderseitiger
Exophthalmus, anscheinend durch Orbitalsarkom bedingt, bei einem
ozanakranken , nicht syphilitischen Mann heilte durch Arsenik voll-
Btändig. — Eine junge nicht syphilitische Erau erkrankte, nachdem
ihr „sarkomatöse^^ Polypen aus der linken Nasenhöhle entfernt
worden waren, an linksseitigem Exophthalmus, verursacht durch eine
Zellgewebsinduration der Orbita. Dieser Tumor war ebenso wenig wie
die Polypen sarkomatös. Erhebliche Besserung durch Arsenik. Eine
symmetrische Geschwulst beider Oberkieferknochen bei einem 15jäh-
rigen Knaben heilte ebenfalls durch das gleiche Mittel. — Bei einem
anscheinend sarkomatösen Tumor der Orbita ist also zunächst eine
allgemeine Behandlung zu versuchen mit Jod, Arsenik oder den
Toxinen. Das Aufsuchen des Ausgangspunktes der Infection: Nase
mit Nebenhöhlen und Pharynx, sowie die bacteriologische Bestim-
mung der Toxine geben einen Fingerzeig für Diagnose und Therapie.
Die Chirurgie, welche hier oft erfolglos ist, kommt erst in zweiter
Linie.
Jahrbuch der practischen Medicin. 189& 27
414 Horstmaim.
Staphyioma posticum. Der Glaube, dass die Myopie der Schulkinder durch
postionm Entwickelung eines Staphyioma posticum entstehe, dass jede der-
Schnabei n. ' BTÜge Myopie im Stande sei, einen hohen Gbrad zu erreichen und die
Hermheiser. Existenz des Auges zu bedrohen, ist ein falscher, ebenso auch die
Lehre vom myopischen Process, der Sclerochorioiditis, der Neuritis
der Myopen und dem Accommodationskrampf. Die Entstehung des
Staphyioma posticum kann nicht verhütet werden, ebenso nicht der
Uebergang der Schulmyopie in die hochgradige Myopie, weü sie
auch gar nicht stattfindet. Nur dann wäre die Schulmyopie ein
wirkliches XJebel, wenn sie zu den hohen Graden heranwachsen
könnte. Doch das Auge, das in der Schule myopisch wird, erwirbt
kein Staphyioma posticum und kann es nicht erwerben.
4, Anomalieen der Muskeln und Nenren«
Schiel- Nach den Erfahrungen von Schweigger (Die Erfolge der
Schw^^OT* Schieloperation. Archiv f. Augenheilk. Bd. 29, S. 16B) ist bei
convergirendem Schielen mit normalem Binocularsehen der endgültige
Erfolg der Tenotomie am schielenden Auge in der Mehrzahl der
EäUe nicht genügend. Bei periodischem Schielen ohne Doppelsehen
empfiehlt es sich zunächst, die einfache Tenotomie auszuführen. Ein
nicht genügender Erfolg kann durch die Operation am anderen Auge
vervollständigt werden. Für die einfache Tenotomie des Internus
am abgelenkten Auge bei permanentem Schielen eignen sich nur
die EäUe, in welchen die durchschnittliche Ablenkung nicht mehr
als etwa 4 mm beträgt. Bei grösserer Ablenkimg muss die Yer-
nähung des Antagonisten mit aufgeführt werden. Durch eine beider-
seitige Tenotomie der Intemi kann man eine Ablenkung ausgleichen,
welche etwa 5 mm beträgt. Ist der Erfolg ein zu geringer, so ist
die Verlagerung am Platze. Ein Erfolg der Tenotomie des Extemus
kann nur in den FäUen von Divergenz beobachtet werden, wo noch
normales binoculares Einfachsehen besteht, besonders also beim perio-
dischen divergirenden Schielen. In denjenigen FäUen von Insu£6cienz
der Intemi, wo ohne divergirendes Schielen eine mangelhafibe In-
nervation zur Convergenz vorhanden ist, genügt, wenn die Con-
vergenzinnervation nur verringert, aber nicht vollständig verloren
ist, die Verwendung prismatischer Brillen. Diejenigen Fälle aber,
in welchen gleichzeitig divergirendes Schielen vorhanden ist, erfordern
operative Abhülfe. — Aus der Thatsache, dass die Beseitigung des
convergirenden oder divergirenden Schielens häufig genügt, auch
Augenheilkunde. 415
eine gleichzeitige Höhenablenkniig verschwinden zu lassen, lässt sich
die Kegel ableiten, dass bei gleichzeitiger Höhenablenkung stets die
Seitenablenkung zunächst beseitigt werden muss. Bleibt aber dann
noch eine Höhenablenkung bestehen, so muss sie ebenfalls operativ
in Angriff genommen werden. — Entsteht Schielen in einem Lebens-
alter, in welchem normales binoculares Einfachsehen bereits zur
Gewohnheit geworden ist, so sind meistens Doppelbilder nachzuweisen,
und die Schieloperation ergibt dann normale binoculare Verschmeiß
znng. Bei weitem in den meisten Pällen entsteht aber Schielen
in einem Lebensalter, in welchem das normale binoculare Einfach-
sehen noch nicht in den festen Bestand der physiologischen Ge-
wohnheiten übergegangen ist, und wenn dann auch die Schielope-
ration eine Stellung schafft, welche normale binoculare Verschmelzung
ermöglicht, wird doch ein normales binoculares Einfachsehen nicht
mehr erlernt.
Melville (A new method of tying the sutures in ad- Melvüle,
vancement of the ocular muscles. Arch. of Ophthalm. Bd. 24,
S. 375) verfahrt bei der Vorlagerung f olgendermassen : Nach Ein-
fadelung werden die Enden des Fadens zusammengeknüpft, so dass
der Faden eine grosse Schlinge bildet. Nun sticht man dicht an
der Cornea durch Conjunctiva und die oberste Schicht der Sclera
ein und aus, parallel dem Verlauf des Muskels\ zieht den Faden
halb durch und führt dann rückwärts die Nadel durch die Faden-
schlinge am Ende. Wird jetzt angezogen, so ist das umstochene
Stück Conjunctiva und Sclera sehr fest gefasst. Oberhalb und unter-
halb des Muskels wird ein solcher Faden eingelegt. Li gewohnter
Weise wird nun der Muskel frei präparirt und durchschnitten. Die
Nadeln werden nun nach rückwärts in den Muskel eingestochen, in
einer Entfernung entsprechend dem Grad des Schielens, und schliess-
lich werden die beiden Fäden von oben [nach unten mit einander
geknotet.
Fergus (An Operation for the advancements of a rectus Fergus.
muscle. Ophthalm. Rev. Bd. 14, S. 163) legt zwei Einschnitte
parallel zu dem Band des Muskels und zieht zwei Suturen durch
Muskel und Conjimctiva nahe am Canthus in der gewöhnlichen
Weise. Diese werden nun über Muskel und Conjunctiva festgeschnürt
und die letztere dann durch den Schnitt durch den Muskel mit
durchtrennt. Die Nähte werden nun nach vom durch den sehnigen
Ansatz des Muskels und dann durch die Conjunctiva nach oben und
unten von Cornea durchgezogen und angezogen.
428 Horstmann.
10. Krankheiten der Netzhant nnd des SelinerTen«
Behandlung Aus dem Studium von 38 Fällen schliesst Bull (Neuere Er-
^®' fahrungen über die Behandlung der Netzhautablösung,
abiösung, Trans. Amer. Ophthabn. Soc. 1894), dass es noch immer keine
Bnii, besseren Mittel für die Behandlung der Netzhautablösung gibt, als
die alten Methoden, die durch Bettruhe, Atropin, Verband und inner-
liche Anwendung irgend eines Mittels die Absorption subretinaler
Flüssigkeit herbeiführen. Zur letztgenannten Indication hält er Pilo-
carpin nicht für am besten, sondern zieht kleine Dosen von Natron
bicarbonicum und Kali jodatum vor. Die Function kann uns vorüber-
gehende Erleichterung verschaffen, und Trennung von Trübungen
und Glaskörper darf man nur dann machen, wenn sie nicht vasculär
sind. Er verurtheilt Schöler's Methode gänzlich.
Deutflchmann, Deutschmann (Ueber ein neues Heilverfahren bei
Netzhautablösung. Beiträge z. Augenheilk. Bd. 20, S. 1), ein
Anhänger der Leber'schen Ansicht, dass die Netzhautablösung durch
einen Zug von Seiten des schrumpfenden Glaskörpers hervorgerufen
werde, durchschneidet mit einem zweischneidigen Linearmesser die
Sclera, Chorioidea und Eetina zunächst an der Stelle der Ablösung,
schiebt das Messer quer durch den Glaskörper vor, bis es auf der
anderen Seite an die Bulbuswand anstösst, und zieht es dann mit
ganz vorsichtig im Glaskörper nach beiden Seiten hin leicht schnei-
dender Bewegung wieder durch die Eingangsöffnung zurück. Hier-
durch wird das subretinale Exsudat entleert, die Netzhaut an ver-
schiedenen Stellen eingeschnitten, etwaige Glaskörperstränge, die
die Netzhaut halten, durchtrennt und auch die präretinale Flüssig-
keit abgelassen. Auf diese Weise wird es ermöglicht, dass sich die
Netzhaut wieder an die Aderhaut anlegt ; die Blutung hält die letztere
mit ersterer verklebt. Die Operation wird öfters wiederholt, bis der
gewünschte Erfolg eingetreten ist. Ausserdem injicirte Deutsch-
mann bei sehr schweren Fällen Kaninchen entnommenen Glas-
körper, der mit sterilisirter '/^^/oiger Chlomatriumlösung verdünnt
ist, in den präretinalen Baum; danach trat wiederholt dauernde
Wiederanlegung der Netzhautablösimg ein.
Tenon. Terson (Quelques consid6rations sur l'application de 1*6 lec-
trolyse k douze cas de d^collement de lar^tine. Annales
d'Ocul. Bd. 114, S. 22) wendet die monopolare, positive Elektrolyse
vermittelst einer feinen Nadel aus Iridiumplatin bei fiischer Netz-
hautablösung an. Die Stromstärke ist 5 Milliamperes, die Dauer der
Sitzung eine Minute. Die Einstichöffiiung einer feinen, mit dem
Augenheilkunde. 429
positiven Pol in Verbindung stehenden Nadel schliesst sich leicht,
im (regensatz zu der von der negativen Nadel hervorgebrachten
OefBiung. Die negative und die bipolare Elektrolyse sind daher zu
verwerfen. Bei einer 8 Tage alten Netzhantablösung wurde eine
vollkommene Heilung erhalten, mit einer später (nach 9 Monaten)
auftretenden Hemeralopie. In acht Fällen, die 2 — 8 Wochen alt
waren, wurde dreimal eine vorübergehende, für einmal eine dauernde
Verbesserung des Sehvermögens erzielt. Mit Ausnahme von zwei
Fällen der letzteren Kategorie (je zwei Sitzungen) war die Elektro-
lyse in jedem Pall nur einmal angewendet worden. Im ganzen sind
17 Fälle behandelt worden.
Hirschberg (lieber Netzhautentzündung bei ange- Xetzhant-
borener Lues. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26 u. 27) gibt «>»*2*»d"ng
eine ausführliche Beschreibung der von ihm, und zwar meist bei con gen italer
Kindern von 5 — 18 Monaten bei angeborener Lues beobachteten Ent- Syphilis,
Zündungsvorgänge der Netzhaut. In frischen Fällen fand er Seh- ^
nerveneintritt und Umgebung getrübt, namentlich aber helle Stipp-
chen in der Retina^ die sich später zum Theil pigmentirten, femer
donkelgraue Färbung in der Netzhautmitte, sowie in der Peripherie
helle rosafarbene, später weisse, scheckige oder dunkle Heerde. Zu-
weilen fand sich auch die areolare Form. Häufiger als diese frischen
Veränderungen fand er bei Schulkindern ältere abgelaufene, und
zwar meist mit diffuser Hornhautentzündung verbunden. Der letz-
teren war die Netzhautentzündung meist voraufgegangen. Nach Ab-
lauf der Hornhautentzündung konnte er regelmässig Veränderungen
durch Netz- und Aderhautentzündung nachweisen. Die Quecksilber-
behandlung erzielte in frischen Fällen erhebliche Besserung,
11, Augenerkrankviigreii Im ZosamMenluiBir mit sositfgreii
KSrperkrankkelteB«
Hertel (Beziehungen der Akromegalie zu Angenerkran- Akrom^^fcalM
kungen. v. Graefe's Archiv f. Ophthalm. Bd, 41, H. 1, S. 187; fand ""^ ^ö«""
tmter 174 Fällen von Akromegalie 91, also 53*« mit Störungen de» knn^^n,
Sehorgans complicirt. Einzelne Affectionen, wie Conjunctivitis*, (:Jla«- M*jrt^K
körpertrübungen und Refractionsanomalieen sind rein zufällige Be-
fiuide. Andere dagegen stehen in unmittelbarer Beziehung zu dem
Bilde der Akromegalie. Hierher gehören eine abnorme Verdickung
der Lider, und zwar des Tarsus, ebenso wie der Haut, femer eine
starke Prominenz der Orbitalränder, so dass die Bulbi tief im Innern
430 Horstmann.
Akr Omegaliedes Schädels ruhend erscheinen. Ein anderes Mal besteht dagegen
undAugen- Exophthalmus. Eine dritte Gruppe von Erscheinungen wird durch
k"nge"; die an den peripherischen Nerven vorgefundene gleichzeitige Hyp«r-
Hertei. plasie bedingt. Hierher zählen Schmerzen in den Augen, Supra-
orbitalneuralgieen , vermehrte Thränenabsonderung, Hyperplasie der
Thränendrüse , Nystagmus, Paresen im Gebiet des Oculomotorius,
Aufhebung der Gonvergenzbewegung und Störungen in der Function
der inneren Oculomotoriusäste. Der N. abducens war niemals be-
troffen. Die vierte Gruppe umfasst die Affectionen des optischen
Apparates. Die Schädigungen werden eingeleitet durch Neuritis nervi
optici mit Uebergang in Atrophie, femer durch Druck von der Um-
gebung her, der schliesslich zur Atrophie fuhrt. Ursachen sind
Knochenverdickungen, vor allem aber die bei der Akromegalie oft
vergrösserte Hypophysis cerebri. Es entsteht klinisch in letzterem
Fall die ca. elfmal publicirte temporale Hemiopie. Fünfinal wurde
eine Stauungspapille constatirt. Die Abnahme des Sehvermögens bis
zur Amaurose gehört zu den subjectiven Fundamentalsymptomen der
Akromegalie.
Monocnlare Lagrange (De la Diplopie monoculaire chez les hy-
^*P^°J*^®. ^®*st6riques. Revue d'Ophtalm. Nr. 1) gibt uns eine ebenso voll-
Lagrange.' ständige, als kritisch gut ausgearbeitete Monographie der mon-
ocularen Diplopie bei Hysterischen. Den Anlass zu dieser Arbeit gab
die persönliche Beobachtung eines Falles hysterischer monocularer
Diplopie, der sich durch die Details seiner Symptome von der Mehr-
zahl dieser Fälle unterscheidet und sich unmöglich auf optische
Weise erklären lässt. Ein 12jähriges Mädchen zeigt ohne äussere
Ursache, nachdem lancinirende Kopfschmerzen, Empfindlichkeit des
linken Auges, Schlaflosigkeit vorausgegangen sind, plötzlich eine
ausgesprochene permanente Diplopie des rechten Auges. Dieses Auge
ist vollkommen normal, emmetropisch, seine Sehschärfe ist aber auf
ein Fünftel herabgesetzt, und es besteht die für Hysterie charakte-
ristische Dyschromatopsie. Die Conjunctiva bulbi ist vollkommen
anästhetisch. Das falsche Bild steht höher als das wahre. Welches
auch die Entfernung des Objectes ist, die Entfernung der beiden
Bilder bleibt constant 4 — 5 cm. Die Affection heilt schliesslich durch
Suggestion. Die hysterische monoculare Diplopie ist doppelter Art:
die Mehrzahl der Fälle entsteht auf optische Weise. Durch unregel-
mässige Brechung, meist infolge unregelmässigen Accommodations-
krampfes, werden auf der Netzhaut zwei oder mehrere Bilder ge-
formt. Neben dieser „optischen" oder „peripherischen" hysterischen
Angwtheilknnde« 431
monocülaren Diplopie, die meistens eine Polyopie ist, besteht eine
centrale hysterische Diplopie. Bei dieser ist der Brechnngsapparat
des Auges vollkommen normal und die Diplopie wahrscheinlich Folge
einer fimction^en Störung in den Sehcentren. Für die feineren Unter-
schiede der Symptomatologie beider Affectionen verweisen wir auf das
OnginaL Die centrale hysterische Diplopie ist schon im Jahre 1864
dnrchDachesne de Bonlogne beschrieben nnd erklart worden ond
vor ihm (1864) dnrch Fallot. In neuerer Zeit ist sie zu Gunsten
ilirer Zwillingsschwester, der peripheren hysterischen Polyopie, in
den Hintergrund gedrängt worden. Es ist das Verdienst Lagrange's,
die beiden AfFectionen genan vergehen und jeder derselben den ihr
zukommenden Platz angewiesen zu haben.
Dodd (Diabetic retinitis. Archives of OphthaL Bd. 24, Diabetische
S. 106) fuhrt aus, dass bei späterem Diabetes meist Albuminurie auf- **i!^l^*^'
tritt und deshalb von manchen Autoren die dabei auftretende Re-
tinitis als durch die Albuminurie und nicht durch den Diabetes be-
dingt aufgefasst wird. £r hat deshalb aus der litteratur die Falle
Ton reiner ßetinitis diabetica ohne Albuminurie gesammelt, denen er
drei selbst beobachtete Fälle hinzufugt. Die Retinitis diabetica tritt
unter verschiedenen Bildern auf. Meist findet sich die von Hirsch-
berg genannte B.etLnitis centralis punctata diabetica: kleine helle
Flecke besonders am hinteren Pol des Fundus. Dann kommen auch
grossere in dem ganzen Augraihintergrund zerstreute Flecke vor.
Niemals fliessen die weissen Flecke zu einem Haufen zusammen, wie
bei der Albnminnrie. Endlich kommt auch noch eine rein hämor-
rbagische Form der Retinitis vor.
Heinzel (Einige weitere Fälle von Amblyopie in der Lac- Amblyopie
tationsperiode. Beiträge z. Augenheilk. Bd. 21, S. 31) bringt *'**.
drei Fälle von Amblyopie in der Lactationsperiode , aus denen im Heinzel.
Verein mit seinen früheren Beobachtungen hervorgeht, dass ge-
legentlich zur 2ieit der Milchsecretion Störungen von Seiten des Seh-
organs vorkommen, die, meist auf beiden Augen aufoetend, alle
6rade der Sehstorung bis zur Amaurose zeigen können. Die Pa-
pille bietet verschiedene Bilder, je nachdem der Sitz der auf Toxine
zurückgeführten Entzündung in der Papille oder retrobulbär gelegen
ist. In der Regel findet man zuletzt eine partielle Sehnervenatrophie,
aber mit nur geringer Verminderung des Sehvermögens.
432 Horstmann.
Lehrbücher und Monographieen.
Rochon-Duvigneaud, Pröcis i conographique d'anatomie nonnal de
Toeil. Paris.
H. V. Helmholtz, Handbuch der physiologischen Optik. 9. u. 10. Lfg.
Hamburg und Leipzig.
C. Schweigger, Sehproben. 3. verbesserte Aufl. Berlin.
L. Weiss, Schriftprobentafeln zur Bestimmung der Sehschärfe in der Feme.
Wiesbaden.
E. Fuchs, Lehrbuch der Augenheilkunde. 5. verbesserte Aufl. Leipzig
und Wien.
R. Greeff, Lehrbuch der Ophthalmoskopie (Bearbeitung und Erweiterung
von C. Schweig ger's Vorlesung über den Gebrauch des Augen-
spiegels). Wiesbaden.
Gl. du Bois-Rejmond, Klinische Augenheilkunde. 1. Theil. AbeFs med.
Jahrbücher, Leipzig.
P. Sil ex, Gompendium der Augenheilkunde für Studirende und Aerzte.
3. verbesserte Aufl. Berlin.
Trousseau, Traitement des maladies des yeux. Paris.
A. Neisser, Stereoskopischer medicinischer AÜas. Sammlung photograpbi-
scher Bilder aus dem Gesammtgebiete der klinischen Medicin, der
Anatomie und der pathologischen Anatomie. 1. Folge der Abtheilung
Ophthalmologie. Gassei.
H. Magnus, Augenärztliche Unterrichtstafeln. Für den akademischen und
Selbstunterricht. Heft 7: A. Yossius, Die wichtigsten Geschwülste
des Auges. 14 Tafeln mit Text. Heft 8: A. Yossius, Das Staphylom
der Gomea und Sclera. 8 Tafeln mit Text. Heft 9; W. Gzermak,
Die topographischen ^Beziehungen der Augenhöhle zu den umgeben-
den Höhlen und Gruben des Schädels. 14 Tafeln mit Text. Breslau.
YL
OhrenkrankheiteiL
Von Dr. H* Koek, Ohrenaizt in Braanschweig.
A« ABAt#Mle bb4 Pkjiiol^gie«
Randall (Statistische Stadien über das Foramen Rivini and Topo-
über die Gehörgangsaxe, in ihren Beziehangen za der intra- ^«"»pliiiche
tympanalen Chirurgie. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 40, H. 1) anter/mchte ^^^ ohrs
die Richtung des knöchernen Gehörgangs an 100 macerirten .Schädeln und Raadall,
fand als mittlere Abweichung der Gehörgangsaxe 10* nach oben und
10^ nach Tom. Unter den Fallen mit einem kleineren Steigungswinkel als
10** war das orale Fenster frei sichtbar in 14*.«, zum Theü sichtbar in
45% und ganz verborgen in 41*/«: bei Schädeln mit einem SfceigungK-
wiokel über 10* stellten sich diese Zahlen auf S9,48 und 13 7«* D^m
Foramen Rivini muss nach Verf. stets als ein pathologisches Product
angesehen werden, vieUeicht als das Ren-ultat einer unbeachtet vorüber ge-
gangenen Mittelohreiterung. Während unter 260 Tronmielfellen von er-
wachsenen Personen, welche niemals über Otorrhoe oder Ohrenschmerzen
geklagt hatten, eine Oeffnung am oberen Pole dei« Trommelfell O^mal vor-
handen war, konnte eine solche bei Kindern bi>* zu 14 Jahren unter
94 Trommelfellen nur 9mal nachgewiesen werden und niemaU bei Kindern
in den ersten 4 Lebensjahren.
Das vorläufige Resultat der Untersuchungen Matte's ül>er die Frage Ursprung
nach dem Ursprung der Fasern des Nervus acusticus (Arch. f. dei
Ohrenheilk. Bd. 39, H. 1) lässt sich dahin zu^jammenfa^sen, dans im Stamme ^«'vu»
des Nervus acusticus zwei Arten von Ner\'enfasern. sen^orij^che und sensible, Matt«-
za unterscheiden sind. Erstere, die die Mehrzahl bilden, stammen von
Zellen des Ganglion vestibuläre, die sich anatomisch wie Spinal-
ganglienzellen verhalten; sie senden einmal einen centripetalen Fortsatz
ins verlängerte Mark. Der zweite Fortsatz dringt nach der Peripherie vor,
um sich unter dem Bilde freier Nervenendigung an den Endapparaten dtth
Jahrbach der practisdieD Medidn. 1996. 28
434
Koch.
Ursprung häutigen Ohrlabyrinths fächerartig auszubreiten. — Die sensiblen, centri-
^®* petal verlaufenden Nervenfasern nehmen ihren Ursprung von den an der Peri-
acusticus P^^rie gelegenen Neuroepithelzellen, die aber nicht, wie Angers annimmt-,
Matte. mit den Ganglienzellen des Ganglion vestibuläre eine einzige morphologische
Einheit bilden, sondern durch das Ganglion hindurchziehen, um mit col-
lateralen Endbäumchen an centralwärts gelegenen Kernen ihr Ende zu
finden.
Gortrsche
Membran,
Cojme u.
Cannieu.
Coyne und Cannieu (Recherches sur T^pith^lium sensoriel de Torgan
auditif. Annal. des malad, de ToreiUe Nr. 5) behandeln das sensorielle
Epithel der Cristae und Maculae acusticae sowie des Cortrschen Organs.
Ebenda geben dieselben Autoren (Recherches sur la membrane de Corti)
eine kurze Zusammenfassung sowohl ihrer neueren Untersuchungsresultate
betreffs des Gortrschen Organs, als auch der alten bekannten und durch
ihre Untersuchungen ebenfalls wieder bestätigten Thatsachen.
labyrinths,
Matte,
Bernstein,
Physiologie Matte (Experimenteller Beitrag zur Physiologie des Ohrlaby-
des Ohr- rinths. Pflüger's Arch. Bd. 57) gelangte bei seinen Versuchen an Tauben
durch Sondirung und Exstirpation zu dem Resultate, dass nur die Bogen-
gänge statische Organe sind, die Otolithen (gegen Breuer u. s. w.)
akustische. Verf. stellte ferner gegenüber R. Ewald fest, dass der Stamm
des Nervus acusticus selbst sicher durch Schallwellen nicht erregt wird.
Bereits 2 — 3 Wochen post operationem tritt eine ausgebreitete, secundäre,
aufsteigende Degeneration der Acusticusfasem bis zu den centralwärts ge-
legenen Centren ein.
Bernstein (Ueber die specifische Energie des Hörnerven, die
Wahrnehmung binauraler (diotischer) Schwebungen und die Beziehungen
der Hörfunction zur statischen Function des Ohrlabyrinths. Pflüger^s
Arch. Bd. 57) bestätigt zunächst die Beobachtungen und Schlüsse Mattete.
Ueber die Beziehungen der Hörfunction zur statischen Function des Ohr-
labyrinths äussert sich Verf. dahin, «dass das gemeinschaftliche Princip,
auf welchem die Thätigkeit des statischen und des Hörorgans beruht, offen-
bar darin beruht, dass beide Organe Nervenendapparate ei^thalten, welche
durch Flüssigkeitsbewegungen in Erregung versetzt werden. Die Entwicke-
lungsgeschichte des Gehörorgans im Thierreich lässt darauf schliessen, dass
der Otolithenapparat die ältere und unvollkommenere Bildungsform des
Organs ist, aus welchem durch Vervollkommnung otolithenfreie Apparate
entstanden sind, einerseits die Bogengänge für die statische Function, anderer-
seits die Schnecke für die Hörfunction."
Strehl (Beiträge zur Physiologie des inneren Ohres. Pflüger 's Arch.
f. d. ges. Physiol. Bd. 61, S. 205) kommt^ was das Hören der labyrinth-
losen Tauben anbelangt, zu dem Resultate, dass solche Thiere unzweifel-
hafte »Schallreactionen* zeigen, letztere aber nicht durch die Acusticiis-
stümpfe, sondern vielleicht durch tactile Wahrnehmung der vibrirenden
Bewegung hervorgerufen werden. Bei den Untersuchungen über den Zu-
Strehl,
Ohrenkrankheiten. 435
sammenhang des galvanischen Schwindels mit dem Labyrinth
fand Verf. im Gegensatze zu Ewald, dass labyrinthlose Frösche und Tauben
bei galvanischer Durchströmung des Kopfes deutliche Reaction zeigen,
welche er als eine Folge der directen Einwirkung auf das Gehirn und nicht
auf das Labyrinth ansieht. Bezüglich des statischen Sinnes nimmt Verf.
an, dass derselbe nur bei Vögeln eine Bedeutung besitze, hält dagegen die
Bedeutung des Labyrinthes für die statische Function des Menschen für
äusserst gering und führt das abweichende Verhalten der Taubstummen in
Bezug auf Locomotion und Haltung auf erziehliche Mängel, grössere Aengst-
liohkeit und Befangenheit zurück.
Stern (Taubstummensprache und Bogengangsftinction. Pflüger's Btem.
Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 60, S. 124) untersuchte eine grosse
Anzahl von Taubstummen, die seiner Zeit schon in Bezug auf
Drehschwindel, Nystagmus, galvanischen Schwindel und ihr loco-
raotorisches Verhalten geprüft waren, auch auf ihre Sprach-
fähigkeit, und zwar mit Bücksicht auf Deutlichkeit und Geläufig-
keit der Sprache ; hierbei zeigte es sich, dass sich in jeder Versuchs-
gruppe unter den normal reagirenden ein weit grösserer Procentsatz
von gut Sprechenden befand, als unter den abnorm reagirenden, und
hieraus kann vielleicht geschlossen werden, dass ein Zusammenhang
zwischen der Fähigkeit des articulirten Sprechens und der Fähig-
keit, normal zu reagiren besteht, vielleicht im Sinne der £w aid-
schen Tonustheorie.
B. Untersnchungsmethoden.
Alderton (Stimmgabeluntersuchungen mit Gabeln mittlerer Stimmgabe i-
Höhe an über 600 Fällen. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 26, H. 4) «'^*«^-
liefert in einer ausführlichen Arbeit ein gutes Bild über die Resul- Alderton.
täte seiner Stimmgabeluntersuchungen bei den einzelnen Ge-
hörsaffectionen. Zur Verwendung kamen c = 128 Schwingungen,
c^ = 256 Schwingungen, c' := 512 Schwingungen, c' = 1024 Schwin-
gungen und c* = 2048 Schwingungen.
Die von Werhovsky angestellten Prüfungen der Hör- Hördauer,
dauer im ganzen Verlaufe der Tonscala bei Erkrankungen Werhovsky.
des mittleren und inneren Ohres (Zeitschr. f. Ohrenheilk.
Bd. 28, H, 1) ergaben Resultate, welche durchaus mit den bisherigen
Ergebnissen der Functionsprüfung des Ohres im Einklänge stehen.
Ohlemann (Beitrag zn Schuluntersuchungen des Ge-
törorganes. Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 39, H. 1) bespricht die
Utersuchungen hauptsächlich vom Standpunkte des Schularztes und
436 Koch.
Gehör- schlägt deshalb zur Vereinfachung derselben eine Eintheilong in
Prüfungen i^öhere, mittlere und geringere Grade der Hörfahigkeit vor; je nach-
kindern, dem Flüstersprache verstanden wird bis zu 1 m, von 1 — 5 m und
Ohiemann, 5 — Q ^ j grössere Räume dürften wohl wenig vorkommen. Aus dem-
selben Grunde der Vereinfachung befürwortet Ohlemannals zweck-
mässigste und beste Prüfungsmittel die Taschenuhr und die Flüster-
sprache. Unter 354 Schülern des königl. Gymnasiums zu Minden
zeigten 74 einen Gehörsdefect , und zwar 58 eine geringe, 15 eine
mittlere, 1 eine höhere Gehörsbeeinträchtigung.
Jousiain. Unter 2072 von Jouslain (Statistique de Paudition dans
les ^coles primaires de l'arrondissement de Saint-Jean d'Ang^ly.
Rev. d. Laryngol. Nr. 14, S. 673) untersuchten Kindern im Alter von
5 — 15 Jahren hörten 257 die Uhr nur bis zu 50 cm und 394 nur
bis zu 1 m.
Webe r's eher Nach Barth (Ueber die sog. Lateralisirung bei Knochenleitung.
^Bmüi°^' Ber. üb. d. IV. Vers. d. Deutschen otolog. Gesellsch. Monatsschr.
f. Ohrenheilk. Nr. 7) ist das Lateralisiren bei Knochen-
leitung entweder ein subjectives oder ein objectives. Letz-
teres ist ausschliesslich bedingt durch Veränderungen in der
Leitung und in der Resonanz. Bei dem subjectiven Herüber-
hören kommt ausser diesen zwei Punkten zuerst noch eine einseitige
Erkrankung des percipirenden Apparates in Betracht; ausserdem
spielen aber wahrscheinlich auch noch andere Momente mit. Der
Weber'sche Versuch beruht also auf complicirten Verhält-
nissen imd kann daher nur mit Kritik angewendet zu brauchbaren
Untersuchungsergebnissen führen.
Schall- Alt (Versuch zur Bestimmung eines Schallleitung s-
leitungs- hindernisses. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 11) empfiehlt einen
be Stimmung, Versuch, der sowohl an Stelle, als auch zur Ergänzung des Weber-
Alt, sehen Versuches in der Diagnostik verwendet werden kann und
darauf beruht, dass, wenn man bei geschlossenem Munde einen Ton
summt und hierbei ein Ohr mit dem Finger verschliesst , der Ton
nur in dem verschlossenen Ohre percipirt wird. Bei Patienten nun,
bei denen der We herrsche Versuch nach einem Ohre lateralisirt
wird, wird der Ton nur in diesem Ohre gehört.
Aus den Beobachtungen Brunner^s (Zur diagnostischen Ver-
werthung der oberen und unteren Tongrenze, sowie des
Rinn e'schen und S c h w a b a c haschen Versuches. Zeitschr. f. Ohren-
Ohrenkrankheiten. 487
heilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) sei hervorgehoben, äasa auch Aenderungen Obereund
in der Spannung des Mittelohrapparates im Stande sind, die obere _, ^^^^^^
Tongrenze zu beeinflussen, und dass andererseits nicht so ganz selten Brnnner.
bei deutlichen Mittelohrleiden mit etwas collabirtem und theilweise
adhärentem Trommelfell eine intacte untere Tongrenze gefunden
wird.
Zwaardemaker (Akustische Eisenbahnsignale und Aknttische
Gehörschärfe. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 28, H. 1) kommt zu Eisenbahn-
' Signale and
folgenden Schlusssätzen: Höracbärfe,
1. Beim Indiensttreten soll für Locomotivführer und Heizer Zwaardemaker,
jedenfalls auf einer Seite ein im grossen Ganzen normales Gehör
gefordert oder jedenfalls nur eine leichte Herabsetzung zugelassen
werden.
2. Jedes 2. — 5. Jahr sollen die Beamten mit der continuir-
liehen Tonreihe untersucht und deren Hörfeld bestimmt werden.
Die Fähigkeit, die akustischen Signale noch in genügender Ent-
fernung hören zu können, wird dann aus dem Hörfelde beurtheüt.
3. Die Gehörschärfe für die Sprache soll für in Dienst sich be-
findende Beamte keinesfalls unter 1 m FlQstersprache (einfach ab-
gewandte) heruntergehen.
Bloch (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) empßehlt zur ConNtatl-
Ermittelung einseitiger completer Taubheit folgendes «"»"«f
Verfahren: Die beiden langen Enden eines gegabelten Hörschlauches comvlntar
werden von hinten her in die beiden Gehörgänge des zu Unt^^r- Taubheit,
suchenden eingesetzt. Auf das Verbindungsstück setzt man die ''J'"'*'«
schwingende Gabel auf. Bei einseitiger completer Taubheit kann
der Ton nur in dem noch functionirenden Ohre gehört werrlen.
Bei Verschluss des zu diesem fuhrenden Schenkels hört die Ton-
Wahrnehmung auf. Bei Verschluss des zu dem tauben Ohre
leitenden Schlauches wird im Gegentheil der Ton im anderen Olir
lauter gehört und bei Aufhebung des VerschluH.sf^H wieder leiser.
Ist aber noch ein merklicher Rest von Perceptionsvennrigcn vor-
handen, so wirkt der Verschluss nach diesem Ohre entgegengOHf jtzt :
der Ton wird leiser und ins andere Ohr verlegt, mit der Auf-
hebung des Verschlusses wieder lauter und rückt in den Kopf
hinein.
Okuneff (Die diagnostische Bedeutung der Veränderung der
Knochenschallleitung zur Erkenn! ni.ss tiefliegender Erkrankun
438
Koch.
Percntsion des Warzenfortsatzes bei eitrigen Entzündungen des Mittelohres
des Warzen- qq^q ^qj* Stirn- und Oberkieferhöhle und sämmtlicher Knochen des
fortsatzes,
Okoneff,
Weygandt.
Körpers. Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 38, H. 3 u. 4) urgirt die Wichtig-
keit der Percussion des Warzenfortsatzes, indem dieselbe
unter anderem besonders in zweifelhaften Fällen eine frühere Tre-
panation gestattet und so eine bessere Prognose liefert. Ein Vorzug
des Verfahi*ens ist auch seine Verwerthbarkeit bei Kindern und bei
Kranken in bewusstlosem Zustande. Eine begrenzte stabile Däm-
pfung der Knochenschallleitung längs dem Aussenrande des Processus
mastoideus in verticaler Richtung soU ein sicheres Merkmal der
Thrombose des Sinus transversus sein.
Dahingegen spricht Weygandt (Percussion und Auscultation
des Ohres. Dissert. inaug. , Marburg) auf Grund der behufs Nach-
prüfung auf der Marburger otiatrischen Poliklinik vorgenommenen
Untersuchungen diesen Untersuchungsmethoden fast jeden practischen
Werth ab.
Ohrlupe,
MtOler.
Müller (Ein Beitrag zur Diagnostik der endotympanalen Ad-
häsivprocesse. Wiener med. Blätter Nr. 21) beschreibt eine neue
0 h r 1 u p e zur Erleichterung der Diagnose in Fällen von Synechieen
imd Adhäsionen in der Trommelhöhle.
C. Krankheiten des äusseren Ohrs.
Hämatom Randall (Zeit^chr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 1) berichtet Über einen
d e s L o b n 1 u 8 , YaX\ von doppelseitigem Hämatom des Lobulus,* entstanden durch hef-
tigen Zug an den Lobuli selbst oder an den Ohrringen behufs Erweckung
aus einem epileptischen Anfalle.
Randall.
Lupus durch
Ohrlöcher- Fournier (Ref. Deutsche Medicinalzeitung Nr. 66) beobachtete zwei
stechen, Fälle von Uebertragung von Lupus durch Stechen der Ohrlöcher.
Fournier.
Periauri-
culäres
subcutanes
phleg-
monöses
Oedem,
QelU.
Gell^ (Des oedömes phlegmoneux sous-coutan6s peri-otiques. Ann. des
mal. de Toreille Nr. 6) macht auf ein eigenthümliches acutes schmerzhaftes
periauriculäres Oedem aufmerksam, das oft denFacialislähmungen
vorausgebt, immer einseitig ist und sich über die ganze Gesichtsseite
ausdehnt. Das Oehörgangslumen ist stark verlegt. Das Auftreten von
Schwindel und Geräuschen deutet auch auf ein Tiefergreifen hin. Häufig
sind Schwellungen der Pharynxschleimhaut dabei. Aetiologisch kommen
nervöses Leiden, Gicht, Infection in Betracht. Differentialdiagnostisch
kommen Entzündungen im Canalis Fallopii, Entzündungen des äusseren
und mittleren Ohres, Erysipel, Ekzem und Warzenfoi-tsatzerkrankungen in
Frage. Charakteristisch für dieses Oedem ist jedoch das spurlose Ter-
Ohrenkrankheiten. 439
schwinden in 8 — 12 Tagen; es hinterlässt jedoch zuweilen Schwerhörigkeit
oder Facialislähmong.
Cocheril (De la restauration du pavillon de roreille. Rev. Ohrmasche i-
de laryngol. , d'otolog. Nr. 3 u. 4) liefert eine mit zahlreichen Ab- ??***i^'
bildungen ausgestattete sehr ausfuhrliche Arbeit über Ohrmuschel-
plastik bei sämmtlichen Processen, die zu der Operation Ver-
anlassung geben können.
Brück (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 7, S. 153) berichtet über einen Syphilis des
Fall von doppelseitiger syphilitischer Erkrankung des äusseren 6e- äusseren
hörgangs, Condylomata lata, bei einem 27jährigen Patienten. Die Syphilis Brück *
des äusseren Ohres ist selten. So fand Despr^s unter 1200 Syphilitikern
nur 5mal breite Condylome des äusseren Gehörgangs, Bück unter 4000
Ohrenkranken SOmal Syphilis des äusseren Ohrs, darunter ebenfalls 5mal
Condylomata lata, und B. Baginsky unter 20000 Ohrenkranken deren nur
4mal im ganzen, obigen Fall mit eingerechnet.
U vk 0 ti 8 c hfi
Herzog (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) beschreibt einen Otitis
FaU von hartnäckiger Otitis externa diffusa infolge von Y erticillium externa
Graphii. diffusa,
Herzog.
Bei schweren Stenosen des knorpeligen Grehörganges
mit starker Hypertrophie der Weichtheüe, aber von nicht zu grosser
Aasdehnung genügt nach Gorradi (Des st^noses rebeUes de la Behandlung
portion cartilagineuse du conduit auditif externe et de leur traite- ^ hg
ment. Annales des malad, de l'oreille Nr. 4) die circuläre Excision. stenose,
Bei stärkerer Ausdehnung jedoch muss der Gehörgang behufs Ex- Corradi.
cision der tiefsten Partieen am Ansätze an den knöchernen Gehör-
gang losgelöst werden.
D* Krankheiten des mittleren nnd inneren Ohrs.
Gestützt auf die Resultate von Versuchen, sowie auf die Be-
obachtung einiger FäUe aus der Praxis kommt Corradi (Die Per- Trau-
foration des Trommelfells durch indirecte Ursache, besonders von manische
dem gerichtsärztlichen Standpunkte aus. Archiv f. Ohrenheilk. Perforation,
Bd. 39, H. 4) zu folgenden Schlüssen: Während die Trommel- Corradi.
fellperforationen durch indirecte Ursache infolge von Luft-
druck im äusseren Gehörgang ihren Sitz gewöhnlich mehr oder
weniger gegen die Mitte hin haben, in der Nähe des unteren Endes
des Hammergriffs, haben diejenigen durch indirecte Ursache,
infolge von Kopfschlägen ohne Knochenfractur ihre Stelle oft gegen
den Hand hin, so dass sie überhaupt als von einer thatsächlichen
440
Kocb.
Gehör-
organs-
verletasun-
Trennmig des TrommelfeUs von dem knöchernen Rahmen abhängig
anzusehen sind. Diese Perforationen durch indirecte Ursache infolge
von Schlägen auf den Kopf ohne Knochenfractur sind jedenfalls
sehr selten und setzen eine beträchtliche Kraft voraus bei dem Stosse,
von welchem sie verursacht sind. Gewöhnlich entsprechen sie jenem
Segment des knöchernen Bahmens, welches gegen die geschlagene
Kopfstelle gewendet ist.
Ueber Verletzungen des Gehörorgans infolge von Unter-
kieferläsionen und deren Würdigung als UnfaUverletzungen
Unterkiefer-'^P^c^^ Haug mit Bezug auf drei selbst gesehene Fälle in der
läsionen, Monatsschr. f. UnfaUheilk. Nr. 1.
Haug.
Teichmann (Ueber den Einfluss von Schwerhörigkeit auf die
Arbeits- und Erwerbsfahigkeit. Aerztl. Sachverständ.-Zeitg. Nr. 7)
betrachtet die Verletzungen oder Krankheiten des Gehör-
organs vom Standpunkte der socialen Versicherungsgesetze:
1. des Krankenversicherungsgesetzes, 2. Unfallgesetzes, 3. der In-
validitätsversicherung. Zu Nr. 2 werden folgende Procentsätze vor-
geschlagen : Bei Hörweite für laute Sprache bis zu 1 m 25 ^/o Er-
werbsfehigkeit ; von 1—5 m 22 °/o ; von 5—10 m 11 ^/o ; von 10—20 m
5^/o Erwerbsfehigkeit. Bei Nr. 3 handelt es sich um die Beur-
theilung, ob hochgradige, mittlere oder geringe Gehörsbeeinträch-
tigung vorliegt. Bei Fällen mittleren Grades wird volle Erwerbs-
unfähigkeit beim Vorhandensein noch anderer Gebrechen attestirt
werden können.
Aus den Untersuchungen Ferreri's (Die Alterationen des
Mittelohres im Greisenalter. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4),
die an über 200 Greisen angestellt sind, soll hervorgehen, dass als
Ursache der Schwerhörigkeit oder Taubheit im Greisenalter
nicht Involutionsprocesse, sondern nach ihrer Frequenz die Geruminal-
ansammlungen , die hyperplastischen Formen des Mittelohrkatarrhs,
die Folgen von Mittelohreiterungen, die chronischen Mittelohreite-
rungen und schliesslich die seltenen Acusticusläsionen zu betrachten
sind. Nach Politzer dagegen ist in der Mehrzahl der Fälle eine Ver-
knöcherung der Labyrinthkapsel vorhanden*
Schwer-
hörigkeit
und sociale
Versiehe-
rangt-
gesetze,
Teichmann.
Schwer-
hörigkeit
im Greisen-
alter,
Ferreri.
Gegen die sog. Autophonie, die durch tonische Contrac-
tion des Tensor veli erzeugt wird, aber auch durch Narbencontrac-
Äatophonie, tion oder Inanitionsatrophie entstehen kann, hat Kays er (Zur
Kayser. Pathologie und Therapie der objectiven Ohrgeräusche. Archiv f.
Ohrenkrankheiten. 441
Ohrenheilk. Bd. 39, H. 2 u. 3) Verstopfimg der Tnbenmündimg
durch ein indifferentes Fett mit Erfolg angewendet. Die c Ioni-
schen Zuckungen des Tensor veli erzeugen die Tnbarcrepi-
tation, und stehen diese localisirten Mnskelkrämpfe , wie auch
z. B. der Tic convuLsiT etc., in naher Beziehung zur Chorea und
Hvsterie. Ausser den hierbei üblichen Mitteln erweist sich zuweilen
ein Druck auf das Gaumensegel, den Warzenfortsatz, den Nervus
vagus wirksam. In drei Fällen wurde dauernde Heilung erzielt
durch das Einfuhren eines Katheters durch die ganze knorpelige
Tube. Zaufal zieht bei Autophonie und allen Erscheinungen, die
auf krampfartige Zustande der Gaumenmusculatur zurückzufuhren
sind, seit Jahren die Massage des intrapharyngealen Tuben-
theils in Verbindung mit der Dehnung der Tubengaumenmusculatur
durch den Finger mit Erfolg in Anwendung.
Bosenbach (Mechanischer Schutz vor störenden Gehörs- Watte>
erregungen. Münch. med. Wochenschr. Nr. 33) empfiehlt als am T**f'*"r .
zweckmässigsten, um sehr laute (rerausche bis auf ein Minimum ab- störenden
zoschwächen, recht fest gerollte, nicht ganz kleinfingerdicke Watte- Gcransehen,
Vaselincylinder, die 2 — 2*« cm in den Gehörgang eingeführt **"
werden. Die Yaselinmenge darf nicht zu reichlich sein.
Garzia (Die Bedeutung der Sjrphilis bei gewissen Ohrenkrank- Syphili-
Leiten. Zeitechr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) weist darauf hin, *»«<^*»«
. . , Mittelohr-
wie die Ursache der langen Dauer mancher eitrigen Mittelohr- eitemng,
entzündungen in einem auf Syphilis beruhenden cariösen Gania.
Process zu suchen ist; in diesen Fällen ergibt die specifische Be-
handlung sehr gute Resultate.
Gehörsstörungen bei Tabes sind nach Gollet (Les Ohr-
troubles auditiä du tabes et la reaction du nerf auditif . Bef. Annal. ®'^5"!^"°^
bei Tabes,
des mal de l'oreille 1894, Nr. 12) sehr häufig, haben ihren Sitz ckillet.
meistentheils im SchalUeitungsapparat und beruhen auf trophischen
Stönmgen infolge Erkrankung des Trigeminus.
Käst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 44, S. 187) berichtet über einen Taubheit bei
Fall von chromscher Lencaemia lienalis mit acuter Taubheit auf Lc'ik&niie,
beiden Ohren binnen 24 Stunden. Es handelte sich um eine 35jährige Frau.
Das Grebörvermögen war absolut aufgehoben; auch die Knochenleitung.
Trommelfelle beiderseits intact Im Augenhintergrund eine kleine Blutung.
Auf Grundlage eines eigenen Materials von 262 Individuen,
welche in blutsverwandtschaftlichem Verhältnisse standen, mit
442
Koch.
Heredität namentlicher Berücksichtigung von 27 Vätern und 35 Kindern, 24
der Ohren- Müttern und 29 Kindern, und 146 Geschwistern, betont Eitelberg
'''Eateiberg'"' (^'e^er Ohrenerkrankungen bei Verwandten. Wiener med. Wochen-
schrifb Nr. 20 u. 21) die Heredität nicht nur der chronischen
Nasen-, Bachen- und Mittelohrkatarrhe, sondern auch der eitrigen
Mittelohrentzündungen. Es ist daher in hereditär belasteten Fami-
lien mit verdoppelter Vorsicht über die Gehörsperception der Kinder
zu wachen.
Aetiologie
der acuten
Otitis
media,
Lermoyez n.
Helme,
Pes u.
Gradenigo,
Pes n.
Oradenigo.
Nach den bacteriologischen Untersuchungen von Ler-
moyez und Helme (Les staphylocoques et Totorrh^e. Ann. des
mal. de Foreille, Jan.) werden die acutenMittelohrentzündungen
meistens durch einen Mikroorganismus, imd zwar nur durch einen,
hervorgerufen. Am häufigsten finden sich Streptokokken und
Pneumokokken. Erst später treten andere Mikrobenarten auf,
Staphylokokken und namentlich der Staphylococcus albus; deren
Erscheinen zeigt nach den Verff. den Uebergang in das chronische
Stadium an. Sie dringen meistens vom Gehörgang durch die
Trommelfellperforation und nicht durch die Nase ein imd können
zwar im Gehörgange schon vorhanden sein, werden aber gewöhnlich
erst durch Verbandstoffe, namentlich Watte, eingeführt. Um diesen
Uebergang in das chronische Stadium zu vermeiden, ist eine strenge
Asepsis der Nase und des Mundes, der Instrumente imd der Ver-
bandstoffe nothwendig. Um die Wattetampons gut zu sterilisiren,
empfehlen die Verff. als einfaches Mittel folgendes Verfahren: Der
Watteträger wird in eine Alkohol-Borsäurelösung getaucht und an-
gezündet; dadurch wird die Watte in wenigen Secunden sterilisirt,
ohne ihre hydrophile Eigenschaft zu verlieren.
Im Gegensatz zu Lermoyez und Helme sind Pes und Gra-
denigo (Les staph3'locoques pyog^nes dans les otites moyennes
aigus et chroniques et en particuHer de leur mode de traitement.
Annal. des malad, de Toreille Nr. 7) zu der Ueberzeugung gelangt,
dass im allgemeinen die primäre und secundäre Infection des Mittel-
ohrs naso-pharyngealen Ursprungs ist und dass nur sehr selten die
secimdäre Infection vom Gehörgange aus durch die Trommelfell-
perforation hindurch stattfindet. Die von den Verff. geübte Be-
handlung ist in diesem Jahrbuch 1895 mitgetheilt.
Pes und Gradenigo (Beitrag zur Lehre der acuten Mittelohrent-
zündungen infolge des Bacillus pyoeyaneus. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 26,
H. 2 u. 3) äussern sich im Anschluss an zwei eigene Fälle dahin, dass nach
den gegenwärtigen Kenntnissen angenommen werden kann, dass der Bacil-
Ohrenkrankheiten.
443
lus pyocyaneus allgemeine Infectionen hervorzurufen vennag und dass
unter den localen Infectionen, welche er zu erzeugen pflegt, die acuten
Mittelohrentzündungen hervorzuheben sind.
Kutscher (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 10) berichtet über einen
Fall von Otitis media acuta bei einem 27« jährigen Knaben im Verlaufe
eine» Rachendiphtherie, wo der Diphtheriebacillus mit Sicherheit als
der Erreger der Mittelohreiterung angesehen werden musste. Sowohl in
den primären diphtherischen Heerden, als auch im Ohreiter fanden sich
die Diphtheriebacillen fast in Reincultur.
Otitis
media
diph-
theritica,
Kutscher.
Das Charakteristische der von Körner (Eine neue Form der Influenza-
influenzaotitis. Zeitschr. ft Ohrenheilk. Bd. 27, H. 1) beobachteten
drei Fälle von Influenzaotitis bestand darin, dass erst ziemlich
spät nach dem spontanen Durchbruch des Exsudats oder nach der
Paracentese an die Stelle der an mehreren, bisweilen zahlreichen
Punkten durch das Trommelfell hindurch gewucherten Paukenhöhlen-
schleimhaut — in Form stecknadelkopfgrosser, kupferrother, granu-
lirender Stellen — ringförmige Hämorrhagieen traten, in Gestalt von
nicht geschlossenen braunrothen Bingen.
Eitelberg (Wiener med. Presse Nr. 24 u. 25) liefert einige
Beiträge zur Influenzaotitis, zumal ihrer nervösen Form, imd
ihrer Complication mit Facialisparalyse.
Otitis,
Kömer,
Eitelberg.
Kretschmann (Ueber eine Form von Paukenhöhleneiterung. Pauken-
Monatsschrift^ f. Ohrenheilk. Nr. 7) behandelt diejenigen Eiterungen, ej^^r^"
welche in dem unteren Abschnitt der Paukenhöhle, vom Verf. Kretschmann.
als Recessus hypotympanicus bezeichnet, ihren Sitz haben.
Da dieser Raum in der Regel einen sinuösen Bau zeigt, werden sich
hier häufig eitrige Processe etabliren, deren Anwesenheit nur bei
Fehlen des Trommelfells im ganzen oder wenigstens in seinem un-
teren Abschnitt festgestellt werden kann ; sonst muss sondirt werden.
Von derartigen Patienten wurde häufig ein spannendes Gefühl
in der Gegend der Mitte des Musculus sternocleidomastoi-
deus angegeben.
Müller (Wiener med. Wochenschr. 1894, Nr. 43—45) kommt Behandlung
bezügHch der abortiven Wirkung der frühzeitigen ^ara-^^J»^'^*^«^^^^^^^
centese auf die acute Mittelohrentzündung zu folgendemparacentpue
Kesome: In allen Fällen, wo eine ganz fiische, nicht compli- de»
cirte Mittelohrentzündung (kein Allgemeinleiden, Tuber- ^'°g*j,^^^^'
culose, Diabetes etc.) vorüegt, ist die Paracentese unverzüglich Müller.
auszuführen. Dieselbe hat dann eine antiphlogistische und schmerz-*
444 Koch.
stillende Wirkung. Die Paracentese wirkt abortiv oder gestaltet zu-
mindest den Verlauf des Processes günstiger und begünstigt die
Restitutio ad integrum. Die Nachbehandlung ist in der Regel eine
rein exspectative. Contraindicirt ist die Paracentese be-
sonders bei hochgradiger Tuberculose, bei schwerem Diabetes (über-
haupt bei constitutionellen Erkrankungen). Bei Tuberculose is^ die
Paracentese zu unterlassen, wenn Aussicht besteht, den spontanen
Durchbruch des Exsudats hintanzuhalten, oder wenn die Eiterung
eine so stürmische ist, dass der spontane Durchbruch unmittelbar
bevorsteht. Bei schwerem Diabetes macht Verf. die Paracentese nur
ex indicatione vitali.
«
Trocken- Haug (Zur Polymyositis infectiosa ex otitide. Archiv f.
behandiung, Ohrenheilk. Bd. 39, H. 2 u. 3) theilt drei FäUe mit, in denen es sich um
Muskelmetastasen, um Muskelabscesse innerhalb der Muskel-
substanz und der Fascie handelt, die im Verlaufe einer vulgären acuten
eitrigen Otitis media ohne causalen Nexus mit einer All-
gemeinin fection sich entwickelt hatten. Haug wendet schon
seit 1V2 Jahren bei der acuten Mittelohreiterung nur die absolut
trockene Behandlung an; hierbei soll der Verlauf der Erkrankung
um die Hälfte abgekürzt werden und Complicationen von Seiten des
Warzenfortsatzes viel seltener auftreten. Luftdouche wird innerhalb
der ersten 14 Tage überhaupt nicht geübt.
Hessler. Ziemlich dieselben Grundsätze fuhrt auch He ssler aus (Die
Behandlung der acuten Mittelohr- und Warzenfortsatz-
eiterungen. Archiv für Ohrenheilk. Bd. 39, H. 3 u. 4), welcher
ebenfalls für die Trockenbehandlung plaidirt und die Luftdouche im
entzündlichen Stadium nur zu diagnostischem Zwecke verwendet
wissen will, ob die Trommelfellöffnung noch genügend weit ist; tritt
nach der Douche noch Eiter aus, so besteht Eiterverhaltung, und es
muss die Paracentese gemacht werden. Das Ohr soll möglichst oft mit
Watte ausgetupft, aber wegen eventueller Eiterretention nicht mit
Watte verschlossen werden. Ist die Trepanation des Warzenfort-
satzes indicirt, so erfolgt nur die typische Aufmeisselung nach
Schwartze. Der Eisbeutel wird nur im Anfange der Erkrankung,
Jodanstrich überhaupt nicht mehr angewendet. Die Oeffiiimg im
Knochen soll 5 — 8 mm betragen. Aus- und Durchspülungen sind zu
vermeiden. Am besten ist lose Tamponade mit sterilisirter Gaze;
der Gang selbst bleibt frei; Verbandwechsel alle 2 — 3 Tage, wobei
das in der Tiefe sitzende Secret mit sterilisirter Gaze abgewischt
wird. Bei dieser Behandiung schliesst sich die Knocheniistel von
Ohrenkrankheiten. 445
aussen. Der Patient darf erst am 3. fieberfreien Tage das Bett
verlassen; bei pyämischen Zuständen muss erst der Puls wieder
ganz normal geworden sein.
Koll (Das Nosophen in der rhinologischen und otologischen Nosophen,
Praxis. Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 29) erzielte mit dem Noso-
phen, in nicht zu grosser Menge eingestäubt, sowohl bei
der acuten als auch chronischen Mittelohreiterung, sowie bei den
Erkrankungen des Meatus extemus recht günstige Erfolge. Zur
Ausspülung des Ohres wurde eine 0,2 — 0,5 "/o ige Lösung des Anti-
nosins (Natronsalz des Nosophens) verwendet.
Voss (Die Behandlung der Facialislähmung nach Behandlang
acuter Otitis media. Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 39, H. 4) em-*«^'^ Facialis-
c-, • t lähmung
pfiehlt, wenn die sonstigen üblichen Mittel in Stich lassen, gestützt nach acute r
auf einen Fall mit Ausgang in Heilung, die Ausräumung der in Otitis media,
diesen Fällen möglicherweise hyperämischen Spongiosa, als Grrund
des Fortbestehens der Lähmung, bis in die Nähe des Antrum, ohne
letzteres zu eröffiien. Verf. ging hierbei von den Besserungen aus,
die Facialislähmungen bei chronischer Otitis nach Aufmeisselungen
erfahren.
Lake (Remarks on facialis paralysis in recent Otitis media and Lake,
the treatment of acute Otitis, when the hearing power is threatened.
Joum. of laryngol. Ref Centralbl. f. Chir. Nr. 35) weist darauf hin,
wie relativ häufig Facialislähmungen bei acuten Pauken-
höhleneiterungen der Kinder vorkommen und fuhrt die Ursache
auf die unvollkommene Ausbildung der knöchernen Wand des Facial-
kanals zurück. Um die Lähmung zu heben und das Gehör zu
schützen, empfiehlt Lake , möglichst frühzeitig das Antrum mastoideum
zu öffiien. Bei langjährigen Lähmungen wurde oft noch durch den
galvanischen Strom volle Heilung oder wenigstens bedeutende Besse-
rung erzielt.
Aus dem Berichte Barnick's (Jahresbericht aus Prof. Haber- Behandlung
mann's Klinik f. Ohren-, Nasen- u. Halskranke an der Universität ^f'
in Graz für die Zeit vom 1. October 1893 bis 30. September 1894.Q^^jg|jjg^i^.
Archiv für Ohrenheilk. Bd. 38, H. 3 u. 4) seien die günstigen Re- Paraffin-
sultate in der Behandlung der Mittelohrkatarrhe durch Paraffin- *"^ß^H^^"'"'
injectionen, 0,5 Jodoformparaffin jeden 3. Tag, hervorgehoben.
Besonders waren es die schon seit Jahren bestehenden katarrhali-
schen Mittelohrprocesse , sowohl die hyperplastischen mit subacuten
446 Koch.
Nachschüben, als auch die mit geringer Secretion einhergehenden
Formen, die günstig beeinflusst wurden.
Behandlung Ebenso wandte auch Alt (Ueber die Anwendung des Vase-
^f^ linum liquidum bei der Behandlung einiger Mittelohraffectionen.
Otitis media Cö^^^bl- ^' gösanmit. Therap. H. 6) bei 250 Kranken die Vas elin-
mit ^aseiin- iniectionen in systematischer Weise an und fand ebenfalls, dass
injec lonen, ^^g^Hj^jj jj^f chronischen veralteten Katarrhen des Mittelohrs mit
Alt,
positivem Binne'schen Versuch sich viel empfehlenswerther erwiesen,
als der einfache Katheterismus. Sowohl bezüglich der Hörschärfe
als auch der quälenden subjectiven Beschwerden wurde nahezu in
allen Fällen eine beträchtliche Besserung erzielt. Bei Sklerose wurden
nur geringe Erfolge gewonnen.
Deistanche. Delstanche (Das flüssige Vaselin in der Behandlung der
Mittelohrerkrankungen. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4)
rühmt im Oegensatz zu Alt die schönen Erfolge der Injectionen
von einfachem oder jodoformirtem Vaselin — 3 — 4 g — auch bei
der Otitis media purulenta acuta, die manchmal eine ausgeprägte
Abortivwirkung hatten.
— mit Das Princip des von Hang (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5)
^V^' angegebenen Verfahrens zur mechanischen Behandlung eines
verddn- ® ^ . ....
nungs- Theilesder chronischen nicht eitrigen Mittelohraffec-
ap parat, tionen (Massage des Trommelfells und seiner Adnexe) bestellt in
einer bei absolutem Abschluss des Gehörganges erfolgenden ab-
wechselnden Luftverdünnung und Luftverdichtung. Der namentlich
zur systematischen Selbstbehandlung bestimmte Apparat besteht aus
einem derben ^jt m langen Grummischlauch, der an dem einen Ende
einen hohlen hölzernen Zapfen trägt, welch letzterer in einem ge-
wöhnlichen, an seinem Gehörgangsende mit einem Stückchen Gummi-
schlauch überzogenen Ohrtrichter von Hartgummi steckt. Das andere
Ende trägt eine kleine durchbohrte Holzolive. Der Ohrtrichter muss
fest in das Ohr hineingedreht und nun mit dem Munde eine stark
saugende Bewegung vorgenommen werden, ungefähr 10 — 20mal
hinter einander und 2mal des Tages. Nie darf ein Schmerzgefühl
empfanden werden. Nur bei thatsächlich bestehender Verminderung
der functioneUen Beweglichkeit des Hammerambossgelenks oder ab-
normer Fixation des Steigbügels ist das Verfahren angezeigt; ins-
besondere eignen sich die Anfangsformen der Sklerose. Ist nach
4 Wochen noch kein Nutzen ersichtbar, so ist mit der Behandlung
unbedingt aufzuhören.
Hang.
Ollrenkrankheiten.
447
Lucae (Weitere Mittheilongen über die mit der federnden Druck- — mit
sonde gemachten Erfahrungen. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 39, H. 2 u, 3) ^«dernder
untersuchte 46, diagnostisch meist zweifelhafte Fälle — ob periphere Lucae.
oder Acusticuserkrankung — , die nur mit der Drucksonde be-
handelt wurden, bezüglich der Heilresultate zu dem Ausfall des Kinne-
sehen Versuches und der Perception der musikalischen Töne und
fand, dass von letzteren mit einer einzigen Ausnahme die höchsten
Töne noch relativ gut gehört wurden. Es ergab sich, dass gerade
die Fälle mit positivem Binne (20) mit einer Ausnahme sämmtlich
sehr gebessert wurden; hieran schliessen sich die ebenfalls ge-
besserten Fälle, wo Rinne vor der Behandlung negativ und dann
positiv ausfiel (8), während von den übrigen 18 mit constantem
negativem Rinne 12 gebessert wurden. Auch in 2 Fällen von un-
zweifelhaftem Labyrinthleiden war die Drucksonde von entschiedenem
Nutzen.
Okuneff (Ueber die Anwendimg des Acidum trichloraceticum
bei chronischen eitrigen Entzündungen des Mittelohres. Monatsschr.
f. Ohrenheilk. Nr. 1) empfiehlt auf das eindringlichste die Behand-
lung der chronischen Ohreiterungen mit Trichloressigsäure.
Nach Anästhesirung der Paukenhöhle mit 10 — lB*^/oiger Coca'mlösung
wird ein kleiner Säurekrystall an die Schlinge eines gewöhnlichen
Eisendrahtes angeschmolzen und die zu ätzende Stelle leicht berührt;
sodann rasche Ausspülung, Austrocknung imd Einblasen von Aristol,
Borsäure u. dergl. Die Procedur wird 1 — 2mal wöchentlich vor-
genommen xmd kommt zur Anwendimg: 1. bei chronischer Mittel-
ohreiterung mit grosser Perforation, 2. bei kleineren Granulationen
auf dem Trommelfell und im Gehörgange, 3. um trockene, über-
häutete Perforation zur Vernarbung zu bringen. Besonders letzteren
Punkt urgirt Verf. und nennt es wirklich ein Verbrechen, wenn man
wenigstens bei Kindern nicht nach diesem Ziele strebt; hier darf
die Aetzung nur alle 8 — 9 Tage stattfinden. Unter 42 Fällen er-
zielte Verf. 38mal das Aufhören der Eiterung, also bei 90 ''/o. Ver-
narbung der Defecte und Perforationen bei 23 ^jo .
Couetoux (Du pansement de l'otite moyenne purulente chronique.
AnnaL des malad, de Foreille Nr. 10) hebt namentlich die Ueber-
legenheit des Qö'^/oigen Alkohols vor dem 90"/oigen in der Be-
handlung der chronischen Mittelohreiterung hervor.
Acidum
trichlor-
aceticum,
Okuneff.
950/0 ig er
Alkohol,
Couetoux.
Hoover (Teinture d'iode dans le traitement des inflammations Jodtinctur,
suppuratives chroniques de ToreiUe. Ref. Rev. de laryngol. Nr. 21) Hoover.
448 Koch.
empfiehlt die Jodtinctur, mittels Watteträger applicirt, ziir Behand-
lung der chronischen Otorrhoe.
Bei Ausfall der Oehörsperception auf einem Ohre
Hör Übungen, warnt Alt (Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 5) die Patienten dringend
^^^' davor, ihr schlechteres Ohr zu vernachlässigen. Anstatt nur mit
dem guten Ohre zu hören, wie es in solchen Fällen meistens geschieht,
soUen sie sich im Gegentheil möglichst anstrengen, mit dem schlech-
teren Ohre zu hören. Femer ist zu empfehlen, das bessere Ohr
öfters am Tage (16— 20mal) für kurze Zeit (2—3 Minuten) mit Wolle
und mit dem Finger zu verstopfen und für das schlechtere Ohr
Hörübungen in der Weise anzustellen, dass aus möglichst grosser
Entfernung aus einem Buche vorgelesen und jedes Wort nach-
gesprochen wird. Verf. hofft auf diese Weise bei noch nicht zu
weit vorgeschrittenen Fällen günstige Resultate zu erzielen.
Warzen- Knapp (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) discutirt
fortsatz- ^jg Indicationen der Warzenfortsatzoperationen bei acuter
Operationen, ...
Knapp. eitriger Mittelohrentzündung, mit vier erläuternden Fällen.
In seinen Beiträgen zur Ohrenchirurgie (Deutsche med.
Excision Wochenschr. Nr. 46 — 57) will Haug an der Hand eigener Beob-
deröchör- achtungen ein Bild von der Richtung geben, in der sich in letzter
Hang. Zeit die Therapie einiger der wichtigsten Ohrkrankheiten bewegt.
Zuerst wird die Excision von Hammer und Amboss abgehandelt.
Dieselbe wird hauptsächlichst aus zwei Gründen ausgeführt: I. zur
Heilung von Eiterungen und 11. zur Hörverbesserung. Ad Nr. I
kommen in Betracht: 1. die Excision cariöser Oehörknöchelchen
vom Gehörgange aus, 2. die Excision gesunder Gehörknöchelchen
vom Gehörgange aus wegen Caries im Kuppelraum, 8. Excision von
Gehörknöchelchen bei Warzenfortsatzeröffhung. Eine zahlreiche
Casuistik ülustrirt den segensreichen Erfolg dieser Methoden. Sodann
folgt die Excision des gesunden Hammers zur Hörverbesserung und
zur Hebung von Geräuschen. Während die Hammerexstirpation
wegen Eiterung zugleich auch sehr häufig geradezu enorme Hör-
verbesserungen ergibt, werden zwar auch hier bei der namentlich
in Betracht kommenden Sklerose zuweilen Hörverbesserungen erzielt,
aber der Erfolg ist unsicher, und das Hauptgewicht liegt bei dieser
Operation in der Erleichterimg der subjectiven Beschwerden. Die
Amboss- und Hammer-Ambossexstirpation gibt schlechte Resultate
bezüglich Hörverbesserung. Den Schluss der Arbeit bildet die
OfarenknBldKeiteii. 449
Kachbehandlang der radicalen Warzenfortsatzanfmeisse-
Inng mit sofortigem Verschluss und den dabei in Betracht
kommenden Lappenbildongen mkd Nahtmethoden.
Anstatt der Exdsion des TrommelfeUs mitsammt dem Hammer
und Amboss soll nach Burnett (Chirurgische Behandlung des chroni-Excision des
fichenPaukenhöhlenschwindels, oft falschlichMeniere'sche Krank- ^"^«sses»
heit genannt. Transactions of the Amencan otological Society. Arch.
f. Ohrenheilk. Bd. 38, H. 1 u. 2) die Entfernung des Ambosses
allein und sogar nur diejenige seines langen Fortsatzes genügen
behu& Besserung des Gehörs, des Ohrensausens und des Schwindels.
Die Besserung beruht auf der Entlastung des Steigbügels von dem
Druck des Tensor tympanL
Karutz (Ein Fall Ton StapesextractioiL Zeitscbr. f. Ohrenheilk. Stapes-
Bd. 27, H. 3 u. 4) extrahirte einer Patientin den Stapes wegen Sklerose, extraction,
Ton unangenehmen Zufällen nach der Operation war nur kurzdauernde
Polsverlangsamnng und 8 Tage langer ziemlich starker Schwindel zu be-
merken. Das Tronmielfell war nach 5 Tagen geschlossen. Die erzielte Hör-
Verbesserung war nach 8 Monaten wieder verschwunden, dagegen dauernde
Besserung der snbjectiven Gehörsempfindungen.
Zaufal (Zur Hautplastik in Verbindung mit der radiccden Haatplastik
Freüegung der Mittelohrräume. Prager med. Wochenschr. Nr. 10) „. ^®/ ^
berichtet über fünf Pälle, die nach der Körner'schen Plastik be- Operation,
handelt wurden und deren Besultate sehr für diese Methode sprechen ; Zanfai,
nur für grössere Cholesteatome dürfte letztere nicht genügen.
Die Methode S tacke's (lieber eine Methode der Plastik zur Stacke,
Deckung der bei der operativen Freilegung der Mittelohrräume ent*
blössten Knochenflächen. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 9) besteht
darin, dass mehrere Lappen gebüdet werden. Ein Hautlappen, mit
der Basis nach oben, wird bis über die Linea temporalis abpräparirt
und nach oben umgeschlagen, sodann ein Periostlappen von der
Linea temporalis nach unten bis zur Lisertion des Knopfnickers
mittels Baspatoriums abpräparirt und nach unten umgeschlagen.
Der längere Hautlappen wird von oben, der kürzere Periostlappen
von unten eingepflanzt. Ist der Periostlappen zu klein, so wird
Periost von einem Hinterhauptslappen mit herangezogen. Die be-
stehenbleibende Fistel kann nach Jahren osteoplastisch gedeckt
werden.
Passow's Verfahren (Eine neue Transplantationsmethode für
die Badicaloperation bei chronischen Eiterungen des Mittelohres.
Jalirbiich der practischen Mediain. 1896. 29
450 Koch.
H au tp las tik Berlin) besteht darin, dass die obere Wand der Knochenwxmde
Mtt'Y h ^^^ grossen Theil durch den äusseren Gehörgang bedeckt wird,
Operation, die untere und eine kleinere oder grössere Fläche der hinteren
Passow, Wand in ihrem äusseren Theil durch einen Hautlappen vom Halse
her, die Wundfläche an der Ohrmuschel selbst durch die um-
geklappte Haut hinter dem Ohrmuschelansatz. Die vordere Wand
ist mit dem hier in situ gebliebenen äusseren Gehörgang überzogen.
Der Yortheil der Methode besteht also darin, dass die Wundfläche,
die durch Granulationsbildung heilen muss, erheblich eingeschränkt
und somit eine schnellere Epidermisirung ermöglicht wird. — Be-
treffs der Einzelheiten der Technik muss auf das Original verwiesen
werden.
Mann. Mann (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 48) wandte in einigen
Fällen mit gutem Erfolge die v. Mangel dt'sche Transplantations-
methode (s. S. 804) bei der Eadicaloperation an, gibt eine genaue
Beschreibung seines Vorgehens und stellt dieser Behandlungsmethode
eine sehr günstige Prognose.
Ohr- Brück (lieber eine unter dem Bilde einer Ohrenerkrankung
er kr an nn^g yeriai^fende Neurose des Eiefergelenks. Deutsche med. Wochen-
gelenks- Schrift S. B30) theilt fünf Fälle mit, wo eine Ohrenerkrankimg durch
nenrose, einen falschlich in das Ohr verlegten irradiirten Schmerz, von einer
firuck
Kiefergelenksneuralgie herrührend, vorgetäuscht wurde. Sämmt-
liche Fälle, stets einseitig, betrafen das weibliche Geschlecht jüngeren
oder mittleren Alters, zum Theü. von ausgesprochen nervösem Cha-
rakter, und wurde immer rasche Heilung erzielt durch Arsen mit
Eisen oder einem Nervinum, sowie auch anscheinend durch psychische
Einwirkung.
Hyperostose Steinbrügge (Zur Hyperostose des Felsenbeins. Zeitschr.
des Felsen- £ Ohrenheilk. Bd. 26, H. 4) beharrt auf seiner Anschauung von der
steinbrägge. Osteosklerose, dass dieselbe einen Schutz gegen das Vordringen der
Eiterung nach den Meningen und dem Gehirn abgibt.
Carcinom Danziger's Patientin mit Garcinom des Gehörorgans (Monats-
des Ohrs, gchrift f. Ohrenheilk. Nr. 5 u. 10) war eine 54 Jahre alte Frau, die seit dem
anoger. |q i^ebensjahre an doppelseitiger Otorrhoe litt. Das Carcinom sass links-
seitig und war wahrscheinlich von der Schleimhaut des Mittelohres aus-
gegangen.
Sarkom des
«, ^-^*^^«^l«!. Kirchner (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 8 u. 4) beschreibt einen
Kirchner. ^*^ von Sarkom des Processus mastoideus bei einem Manne, der
Ohrenkrankheiten . 451
viele Jahre an eitriger Mittelohrentzündung gelitten hatte. Das Neoplasma
war primär in den Zellen des Processus mastoideus entstanden.
Tnberoulose
Knapp (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 26, H. 2 u. 3) berichtet über des Warzen-
einen Fall primärer Tuberculose des Warzenfortsatzes. fortsatzes,
Knapp.
L entert (Pathologisch-histologischer Beitrag zur Cholesteatom- Ch ole-
frage. Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik zu HaUe a. S. Archiv f. %*«»*o™'
. Leiitert.
Ohrenheilk. Bd. 89, H. 4) unterscheidet auf Grund seiner Unter-
suchungen folgende Entstehungsarten der Cholesteatome: 1. durch
Einwachsen von Epidermis in die Paukenhöhle und weiterhin in
das Antrum und die pneumatischen ZeUen und Auskleidung dieser
Kämne, so dass für die Degenerationsproducte kein Ausweg vor-
handen ist (Hab ermann); 2. durch Abschnürung eingewanderten
Plattenepithels resp. Implantation durch Trauma (Betentionstumoren) :
a) in Granulationen, so dass es nach Art der Kaufmann'schen
Enkatarrhaphieen zu einem geschlossenen Sack anwachsen muss ; b) in
einer eröffiieten Ejiochenzelle durch Granulationen, welche weiterhin
die Zelle überdachen und von beiden Flächen mit Epidermis über-
zogen werden, welch letztere somit zu einem geschlossenen Sack
auswachsen muss („primäres^' Cholesteatom oder Eecidiv oder arte-
ficieU nach Operationen wegen Caries) ; c) in einer eröffiieten Ejiochen-
zelle, welche durch den Operateur mit einem Hautlappen bedeckt
wird, wonach das in der Zelle zurückgebliebene Epithel zu einem
Sack auswachsen kann (recidiv-arteficielles Cholesteatom).
Scheibe (Bildungsanomalieen im häutigen Labyrinth Tanbstumm-
bei Taubstummheit. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 2) be- ^f**?"*^
A. . . hautiges
richtet über einen weiteren Fall, der dafür spricht, dass Entwicke- Labyrinth,
lungshemmungen sich allein auf die häutigen Theile des Labyrinths Scheibe.
beschränken können.
Ebenda (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 2) liefert Scheibe Taabstumm-
auch einen histologischen Beitrag zur Taubstummheit durch heit und
Otitis interna. Während die knöcherne Labyrinthkapsel fast über- interna,
all intact ist, sind die häutigen Gebilde grösstentheils zu Grunde Scheibe.
gegangen und ist das Lumen des Labyrinths in beträchtlicher Aus-
dehnung ausgefüllt von neugebildetem Bindegewebe und Knochen-
sabstanz.
Politzer (Heutiger Zustand der pathologischen Anatomie
des Labyrinths. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) theilt
452 Koch.
Fat ho- die pathologisch -anatomischen Veränderungen in drei Kategorieen :
A**^r mf ^' Hyperämie, 2. Blutergüsse, 8. primäre resp. secundäre Labyrinth-
des entzündung und beschreibt ausführlich unter Berücksichtigung der
Labyrinths, verschiedenen ätiologischen Momente die Anatomie und Folgezustände
Politzer. ^ . i tt .
der emzelnen Kategoneen.
Labyrinth- Asher's Arbeit (Ueber den Druck im Labyrinth, vornehmlich
druck bei ^ i Hirntumor. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 27, H. 6 u. 6), an der
Hirntumor, , . .
Asher. Hand eines nach jeder Eichtung hin genau untersuchten Falles,
liefert einen werthvoUen Beitrag zur Lösung der Frage des Einflusses
eines abnorm erhöhten intracraniellen Druckes auf das
Labyrinth. Dass nur in einer geringen Zahl von Hirntumoren
Hörstörungen beobachtet werden im Gegensatz zu der Häufigkeit
der Veränderungen am Augenhintergrunde, erklärt sich daraus, dass
das Ohrlabyrinth die Einwirkung erhöhten intracraniellen Druckes
viel besser und länger zu compensiren im Stande ist, als das Auge.
Ueberden Mendel (Ueber den Schwindel. Deutsche med. Wochenschr.
Schwindel, j^j.. 23. Vereinsbeü. Nr. IB) betrachtet den Schwindel als einen
Symptomencomplex , der in einer durch eine abnorme Function der
Augenmuskeln bedingten krankhaften Störung des Körpergleich-
gewichts besteht. Der Orund dafür ist in einer Circulationsstorung
im Gebiete der Augenmuskelkeme zu suchen. Auch der Moniere-
sehe Ohrschwindel, sowie der Schwindel bei Otitis media dürfte nacli
Mendel hierauf beruhen.
Heni^re'aohe Nach Grub er (Ueber Morbus Menierei. Monatsschr. f. Ohren-
Erkrankung. iieilk. Nr. 6) soUen mit „Morbus Menierei" nur die primär im
™ *'* Labyrinth auftretenden Processe bezeichnet werden, welche die be-
kannte Trias hervorrufen, und er ist der Ueberzeugung, dass die-
selben viel häufiger durch secretorische oder exsudative Processe
als durch Hämorrhagieen bedingt sind und dass hierbei nament-
lich auch die Adnexa des Labyrinths, die Wasserleitungen,
und ganz besonders der Eecessus Cotugni eine grosse Holle
spielen.
Sehr eingehende Untersuchungen über die Gleichgewichts-
störungen bei Ohrenkranken hat v. Stein (Zeitschr. f. Ohren-
heilk. Bd. 27, H. 2, 8 u. 4) angestellt. Die Gleichgewichtsstörungen
treten hauptsächlich bei Labyrinthleiden auf; da sie aber auch bei
totaler Taubheit fehlen können, muss ein bestimmter Nervenzweig
Ohrenkrankheiteii. 453
nur for die Grehörsempfindniigen vorhanden sein. Sie werden femer Qieieii-
öfters bei acnten und chronischen IGttelohrleiden, seltener bei solchen s^^^cJ»*»-
des äusseren Ohres beobachtet nnd sind dann häufig nur vorüber- bei Ohr-
gehender Natur. Bei chronischen Mittelohrleiden schwankt ihre erkran-
Intensität sehr. Bedingt werden sie hier wahrscheinlich durch er- '^^^^^
höht^i liabyrinthdmck, Hyperämie resp. Entzündung des Laby-
rinthes, oder ^eichzeitig durch alle drei Ursachen. Die Mehrzahl
der Patienten leidet an Coordinationsstörungen ohne eine Spur von
SchwindeL £s werden sodann die Merkmale, wie sich diese Co-
ordinationsstörungen von den durch andere Ursachen bedingten unter-
scheiden, genau beschrieben, femer darauf hingewiesen, wie im
allgemeinen ein Parallelismus zwischen subjectiven Gehörsempfin-
dungen und Gleichgewichtsstörungen sich nicht feststellen lässt,
jedoch sehr starke Geräusche oft von Störungen begleitet sind, wie
starke Geräusche ohne Gehörsschwächung mit gleichzeitig gut mar-
kirten Coordinationsstörungen mehr für ein Labyrinthleiden sprechen,
und wie auf diese Weise noch unter Umständen eine Diagnose er-
möglicht wird, wo die anderen Methoden im Stiche lassen. Nach
ausfuhrlicher Aufzählung der verschiedenen in Betracht kommenden
C^mbinationen zwischen Luft-, Ejiochenleitung, Coordinationsstörungen
nnd subjectiven Geräuschen und der daraus zu folgernden diagno-
stischen Schlüsse folgt die Localisation der Coordinationsstörungen.
Hieran schliesst sich die Aufzählung der verschiedenen Combinationen
der Symptome einer Labyrintherkrankung. Li prognostischer Hin-
sicht äussert sich Verf. dahin, dass, je stärker, permanenter oder
mannichfaltiger die Gleichgewichtsstörungen bei peripheren Ohren-
leiden mit Schwächung des Gehörs sind, desto weniger Hoffiiung
auf eine Herstellung des Gehörs vorhanden ist. Eine grosse Anzahl
ausführlicher Ej-ankengeschichten büden den Schluss.
Die Otitis interna kann nach Gradenigo (Die allgemeine Allgem ein-
Behandlung bei der Otitis interna. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, Behandlung
■^^ der Otitis
H. 3 IL 4) erworben oder erblich sein. Die erworbene ist öfter mit interna,
Syphilis oder Eheumatismus verbunden. Bei den syphilitischen Formen Gradenigo.
gibt eine früh eingeleitete specifische Behandlung sehr oft glänzende
Eesultate. Bei den rheumatischen Formen wirkt nur die Hydro-
therapie nebst einer Localbehandlung günstig. Bei der Otitis interna
nach Otitis media bei Tuberculosen ist eine Besserung nur bei
Hebung des Allgemeinzustandes möglich. Bei Gewerbelabjointhitis
gibt die Jodmedication gute Eesultate. Die vom Verf. als para-
tuböTculöse oder parasyphilitische bezeichneten, auf Erblichkeit be-
454 Koch.
ruhenden Formen werden von der inneren Behandlung wenig be-
einflusst.
A.iigemein* Gell6 (Die allgemeine Behandlung der Ohrenkrankheiten. Zeit*
behandiung j^^^ £ Ohrenheilk. Bd. 27, H. 3 u. 4) bespricht zuerst die Pro-
der Ohren* . , ...
k rank hei ten,pliylazis mit Hinweis auf die multiplen Infectionswege beim Fötus,
OeiiÄ. \^q{ jeiji Neugeborenen und beim Elind; dann folgt die Heredität,
die infectiösen Processe der Mutter während der Schwangerschaft,
die hygienischen und diätetischen Fehler. Die Behandlung der
Otitis acuta kann anfangs eine abortive sein, insbesondere in
Fällen von Oto-Osteoperiostitis infectiosa (Influenza), wo
eine allgemeine Behandlung, obwohl nicht so erfolgreich, doch
nicht unnützlich bleibt. Die verschiedenen Indicationen bei der
Otitis grippalis, rheumatica, guttosa etc. werden ausfuhr-
lich abgehandelt. Bei der Otitis media chronica muss die all-
gemeine Behandlung auf die ätiologischen Momente begründet sein:
Tuberculose, Scrophulose, Syphilis, Diabetes etc. Bei der Otitis
chronica mit Schwindelanfallen muss die nervöse XJeberreizbarkeit
der Nervencentra und des Labyrinthes zu modificiren versucht werden.
Auch die Formen mit subjectiven Gehörsstörungen können durch
verschiedene allgemeine Mittel behandelt werden. Das letzte Kapitel
ist der Schwerhörigkeit im allgemeinen gewidmet und deren Be-
handlung mit Suggestion, Hypnotismus und Elektricität. Verf. schliesst
damit, dass, obwohl die allgemeine Behandlung nicht zu unter-
schätzen ist, doch dieselbe erst in zweiter Linie steht und die Local-
behandlung bei allen Formen von Ohrenerkrankungen die Haupt-
sache ist.
Pilocarpin Shirmunsky (Pilocarpin bei Erkrankungen des Mittelohres
^®! imd des Labyrinthes. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 2) resumirt
erkrankung, ^^^* ^- -^^^ ^^^ frischen Erkrankungen des Labyrinthes, welches
Shinnunsky. Ursprungs sie auch sein mögen (syphilitischen, traumatischen oder
secxmdären) kann man erfolgreiche Wirkung von subcutanen Pilo-
carpininjectionen erwarten, und zwar um so sicherer, je zeitiger
die Behandlung begonnen wird. 2. Bei veralteten Lab3n:inthaffec-
tionen und bei sog. trockenen Mittelohrkatarrhen, wo sich bereits
persistente Veränderungen gebildet haben, sind sowohl subcutane,
wie directe Lijectionen von Pilocarpin in die Paukenhöhle auf den
Process von gar keinem Einfluss.
Cochleae Goldstein's Fall (Exfoliation der Cochlea, des Vestibulum
Ooldstein.' und den Canalis semicircularis. Wien. med. Presse Nr. 87 u. 38)
Ohrenkrankheiten. 455
beansprucht namentlich deshalb Interesse, weil durch sorgfältige und feine
Proben auf der afficirten Seite ganz entschieden Grehörsempfindungen con-
statirt werden konnten.
Meier (Zur Fortleitung otitischer Eiterungen in die Schädelhöhle durch Otitis che
den Canalis caroticus. Arch. f. Ohrenheilk- Bd. 37, H. 1 u. 2) theilt die Eiterung
Krankemreschichte von drei Fällen mit, in denen die Section die directe ^^ ana is
^^ . caroticus,
Fortleitung der Ohreiterung durch den carotischen Kanal in Heier.
die Schädelhöhle feststellte, und betont, dass diese Fortleitungsbahn bisher
noch nicht die gebührende Berücksichtigung gefunden habe.
Basirend auf den Krankheitsverlauf und den Sectionsbefond von Meningitis
zwei Fällen, darunter einer aus der eigenen Praxis, sowie unter *®'°** otica,
Zogmndelegung einer Beihe ähnlich verlaufener, aber zum Theil
geheilter, aus der Litteratur zusammengestellter Fälle gibt es nach
Levi (lieber Meningitis serosa im Gefolge chronischer Ohrentzün-
dung. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 26, H. 2 u. 3) auch eine oti-
tische Meningitis serosa.
Yulpius (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 2) berichtet über drei Epidnrale
Falle von acuten eitrigen Influenzaotitiden mit epiduralen Ab- ^^*,^*"®'
sc essen, welche letztere sich durch keine besonderen Zeichen zu erkennen
gegeben hatten und erst bei der Eröffnung des Warzenfortsatzes entdeckt
inirden. Alle drei FaUe endeten in Heilung.
Vnlpios.
Jansen (Optische Aphasie bei einer otitischen eitrigen Ent- Optische
Zündung der Hirnhäute am linken Schläfenlappen mit Ausgang in ^V^^^^e bei
Heilung. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 35) gibt die Schilderung eines Falles Hirnhaut-
Ton umschriebener eitriger Entzündung der Hirnhäute und der Rindensub-entzü n dang,
stanz an der unteren Fläche des linken Schläfenlappens im Anschluss an Jansen,
eine chronische Mittelohreiterung. Durch die Trepanation wurde die Heilung
herbeigeführt. Der Fall ist besonders interessant durch die festgestellte
partielle optische Aphasie beim Fehlen motorischer Sprachstörungen. Wichtig
i»t femer die Beobachtung der Nackensteifigkeit bei extra- und intraduraler
Eiterung an den Hirnhäuten am Boden der mittleren Schädelgrube, wie
sie sich sonst nur bei diffuser eitriger Cerebrospinalmeningitis oder bei
Eiterheerden in der hinteren Schädelgnibe findet.
Zur Beantwortung der Frage, wie häufig linksseitige otitiöche
Temporalabscesse sensorische Aphasie verursachen, konnte
Schmiegelow (Beitrage zur Diagnose und Behandlung der oti-
tischen Himabecesfle. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 26, H. 4) 54 Fälle, J
darunter 2 eigene, zosammenstellen, wo entweder die Operation oder -^^^
456 Koch.
Sensorisohe die Section den Temporalabscess bewiesen hatte. Von diesen
Aphasie und 54 Fällen boten 23 Fälle (42<*/o) mehr oder weniger ausgesprochene
oti tische Sprachstörungen dar, und kann das sensonsche Sprachcentrum so-
Temporal- wohl durch Druck von innen (temporale Gehimabscesse), wie von
Schtniegelow, Ä^^^ö^^ (epidurale Abscesse) beeinflusst werden. Da diese Aphasie
nicht immer stationär oder von fortschreitendem Charakter ist, son-
dern rein transitorisch sein kann, so deutet dies darauf hin, dass
dieselbe nicht durch eine directe Läsion des Sprachcentrums, sondern
von secundären Veränderungen in dem den Abscess umgebenden.
Gehimgewebe und speciell in den Leitungsbahnen, welche mit dem
Sprachcentrum in Verbindung stehen, bedingt wird. ~ Bei Abscessen
im Schläfenlappen will Schmiegelow immer zuerst den Processus
mastoideus geöffiiet wissen, um darauf durch Wegmeisselung der
Decke im Gehörgange und Processus mastoideus das Gehirn anzu-
greifen. Bei Worttaubheit soll stets die Possa media geöfPnet werden.
Aphasie bei Nach H. Oppenheim (Ueber den Charakter der Aphasie beim
\^f. ' otitischen Abscess des linken Schläfenlappens. Kurze Mittheüunii.
seitigem -^-^ ^
Schläfen- Portschr. d. Med. Nr. 18) beruht die bei den otitischen Eiterheerden
läppen- des linken Schläfenlappens auftretende Sprachstörung auf der Läsion
Oppenheim. ^®^ sensorischen Sprachcentrums oder auf der Unter-
brechung der Bahnen, welche dieses mit anderen Bindengebieten,
verknüpfen.
otitische Der eine der von Knapp mitgetheilten Fälle (Geschichte und Autopsie
Hirn- zweier tödtlich verlaufenen otitischen Hirnkrankheiten: 1. eines fy-
Enapp ' pischen Schläfenlappenabscesses und 2. eines acuten otitischen Retropharyn-
gealabscesses mit eitriger Leptomeningitis der Yorderlappen. Zeitschr.
f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 1) verdient deshalb besonderes Interesse, weil
er zeigt, dass vom Ohre aus ein Retropharyngeal abscess durch den
Canalis pro tensore tympani in dem die Tuba umgebenden Gewebe ent-
stehen kann — vielleicht mit consecutiver Meningitis durch Fortpflanzung
von dem Abscess aus mittelst der im Kanäle des Tensor tympani zahlreich
vorhandenen Knochenlücken.
Otitisohe In dem Fall von Treitel (Ein Fall von multiplem otiti-
Hirn- gchem Hirnabscess nebst einer Statistik aus dem path.-anat.
ftuScesse
Treitel. ' Institut zu Berlin. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27, H. 1) fand sich
ein Abscess im rechten Temporallappen, ein apfelgrosser Abscess
im hinteren Theile des Temporallappens und dem angrenzenden
OccipitaUappen, ausserdem in letzterem noch mehrere kleinere Ab-
scesse. Unter 6000 in der Berliner Charit6 ausgeführten Sectionen
'
*-s «
Würden 21 G^ünaiiaDeaBt rfenmösL. öi—jt T nn.^t: ^jl
leidoi. XTnses' ^^-^r^ 7 Hizssi^kaoeägisL ^vrz* ^nr- 'ha h.ilo. ^il
haft ist« da er ix Scr äsn. ina-ü^i. r»ir* s:r^«:reL
Grmdez:iz: Benz« xcr ix*rL :r*iit:_-t:x -~ i-rxrr:i £*r l.*^i»jLL.xjir
den und nicLi ^rbLT^sn^sr. TiTtv. Zrs: ie^rr-rr-^L 2?- ±^ "rea?»!
die OhiTänic* r^ l~.r^. \*z£ itn. -errsr-sr^iL ii^-^r-^ i^n. SiJLiLiL —
Unter 68 YiZä^ Tic Misroi-mi* ":»e:':*il-T'i^-*- Ttfri. hl jrczr-rfL ^*iir^
operiit mit 3 T>5esS*Z-t:i. i: Xifüzi^rn* iZii I ■r-^rtr^rZinbs.ÄSt
und 8 HeihrngaL.
Picqne «Ih; xr&fDcZj^^i iie* i:»i>=j§ :>ir4r:r^"ii '••'^•^^' ■ '* *^i Pai^r»*.
otites moTcimes.
wenn Störan^^^eai vct*äz:->
den Warzenforisatz za T^-^:. fcri -ri.':r:?^"f — it-^ ■>Tlirr^7-=.p •.;=.«!
dagegen rath er raers« lar Er::Eiiz^ i±s WArzr:rj:':rÄirz>t^ 'iizi ersr.
wenn nach 48 Sroniai n->:i k^i=.^ B=Ä?«^r:=^ 21 :1 zrziz'., dcTi H^^rri
im Gehirn von der W:ir.ie a-i^ a:^iz:is-i:Ji'rr- — R=i i-er E^is-
cuBsion über diesen Y^rtra^? ä^irZ'^ s£:L Borger &zi ife SriTe
Picqne'a, während die Chinirrai B::it:-rr, Sch'srarz. Cham-
pion niere ach dahin äosserrec. dks« \rrizi Aiizrrr.rrZL T:n Gehim-
erscheinmigen znersc die llr':?r.';r,g de» Wirzi=iir:rtsatZ'es vorgeconi-
men weiden aolle, nnd dann erst abrnwArren 5*=L h-cTir man weiter
vorgehe.
Nach T- Bergmann iTTeber einige F.:rtö«:hr:ue im Gebiete der t.
Himchimrgie. CentralbL f. Chir. Xr. 27» ist es hr:i der Schwierigkeit der
Diagnose zwischen Hirn- mid ep-itvmpaniachem Absce&s norhwendig,
den operativen Eingriff so einzurichten, dass er beide zugleich zu
treffen vermag, und zwar znerst den epirvmpaniächem Zwei senk-
rechte Linien, die eine vor dem Ohre von der Basis des Tragus
gegen die Pfeihoaht, nnd die andere ihr parallel vom hinteren Um-
fange des Warzenfortsatzes gezogen, begrenzen das Operationsfeld.
458 Koch.
Behandlung Durch Ablösung der Ohrmuschel nach unten nebst Haut und Periost*
♦ •*• ^1, « trichter des äusseren Gehörganges wird ein etwa zwei Finger breiter
Ovitiscnon
Hirncompli- Abschnitt der Schuppe freigelegt, aus dem nun entsprechend der
cationen, Lage des Tegmen tympani ein viereckiges Stück ausgemeisselt werden
' kann. Von hier aus kann dann auch ohne Gefahr das Antrum mastoi*
deum eröffnet, eventuell auch in die Fossa sigmoidea eingedrungen
werden. Ferner kann von obiger Schädellücke auch der Sinus trans-
versus durch Abmeissehi des Knochens in dem hinteren unteren
Winkel erreicht werden. Soll der Sinus von der äusseren Flache
des Warzenfortsatzes eröffnet werden, so wird dieselbe bis zum Zu-
sammenfluss der Lambda-, Parietal- und Mastoideabiaht freigelegt,
und gewährt das sich hier findende Emissarium wichtige Anhalts-
punkte für die Diagnose und die Richtung des Meisseis, indem
hervorquellende Eitertröpfchen den perisinuösen Abscess anzeigen,
ein Thrombus in ihm auch ein sicheres Anzeichen einer Thrombose
des Sinus cavernosus ist. Findet sich nach Eröffnung der Fossa
sigmoidea der Sinus von Eiter umspült, so empfiehlt es sich, der
Eröffiiung xmd Entleerung des Sinus die XJnterbindimg der Vena
jugularis vorauszuschicken. — Bei einem eventuellen Kleinhim-
abscess wird der Warzenfortsatz noch weiter nach hinten und unten
bis zur oberen Grenze der Linea arcuata aufgemeisselt.
Jansen, Jansen (lieber die Operationsmethoden bei den verschiedenen
otitischen Gehimcomplicationen. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 9) fand
unter 184 intracraniellen Eiterungen, die während der letzten 3 Vs Jahre
auf der Berliner Königl. Ohrenklinik zur Beobachtung kamen, 144mal
extradurale Abscesse, 35mal Sinus transversus-Thrombose und 5mal
Himabscesse. Von extraduralen Abscessen lagerten IGlmal die Eite-
rungen in der hinteren Schädelgrube, 38mal in der mittleren, 14mal
in beiden. In Fällen mit zweifelhafber Diagnose muss somit zunächst
die hintere Schädelgrube im Anschluss an die Aufmeisselung des
Warzenfortsatzes eröffnet werden. Nach Darlegung der Operations-
methode bespricht Verf. die epitympanischen Eiterungen, bei denea
häufig die Entfernung des Tegmen tympani vom Warzenfortsatz aus
genügt; bei grösserer Ausdehnung empfiehlt Jansen die Eröffnung
der mittleren Schädelgrube nach den Vorschlägen v. Bergmannes,
aber im Anschluss an die Aufineisselung des Warzenfortsatzes. Eine
ausführliche Besprechung widmet Jansen einer dritten Form von
extraduralen Abscessen, die vom Vorhof durch die Kanäle an die
hintere obere Kante durchbrechen und deren Prognose infolge ihrer
tiefen Lage ungünstig ist. Hier muss die mittlere Schädelgrube von
der Schuppe aus geöffnet werden und sowohl die obere wie die
Meier.
OhreokranUieiteii. 459
hintere Wand des Warzentheils bis an den LabTrinthnerv fortge-
nonunen werden. Bei dem destractiven Charakter der Labyrintheite-
mng in diesen Fällen empfiehlt Jansen anch noch die Eröffiinng
des Vorhofes im Ansohlnsa an die Freflegong des extradnralen Ab-
scesses nnd beschreibt die Methode. Dieselbe Operationsmethode
empfiehlt Jansen bei denjenigen KLeinhimabscessen, bei denen die
Eiterung ans dem Yorhofe resp. den Kanälen aof das Hirn fort>
geschritten ist, nnd weiterhin anch bei denen, bei welchen eine
Vorhofseitenmg mit Sicherheit diagnosticirt werden kann. Nach
dieser Methode, aber ohne das Labyrinth anzugreifen, sind anch
zweimal Abscesse im Schläfenlappen, einmal mit gutem Erfolg, ein-
mal mit vorübergehendem, operirt worden. Bei Sinusthrombose
kann der Sinus entweder von der mittleren oder von der hinteren
Schädelgrube angesucht werden ; soweit die septische Beschaffenheit
reicht, wird er incidbrt und die äussere Wand fortgeschnitten. Beim
üebergreifen des septischen Thrombus auf die Jugularis ist die
Unterbindung der letzteren angezeigt.
Aus dem Bericht von Grunert und Meier (Jahresbericht über Gnmert n.
die Thätigkeit der Königl. Üniv.-Ohrenklinik zu Halle a. S. vom
1. April 1894. Arch. f Ohrenheilk. Bd. 38, H. 3 u. 4) sei Folgendes
hervorgehoben. Die Hammer-Ambossextraction wurde nur
relativ selten ausgeführt. Von den acht operirten FäUen sind vier
dauernd geheilt. In dem einen Falle trat nach der Operation Dipla-
cusis binauralis auf, und dürfbe diese Entstehungsart sowie auch
die Functionsprüfimg für den SchaUleitungsapparat als Vermittler
der Diplacusis sprechen. Von intracranieUen Folgeerkrankungen
wurde je ein FaU von eitriger Sinusphlebitis imd Schläfenlappen-
abscess dauernd geheut. Von subduralen Abscessen wurde eine
ganze Anzahl operirt und geheilt. Unter den ausführlich mitge-
theüten Todesfällen ist ein Fall sehr lehrreich, in welchem die letale
Meningitis durch das Eindringen des abgleitenden Raspatoriums
durch den dünnen, weichen, rachitischen Ejiochen in das Schädel-
innere veranlasst wurde. Bei der epikritischen Besprechung eines
Falles, der zuerst auf eine Meningitis hinwies, bei weiterer Beob-
achtung jedoch auf einen Schläfenlappenabscess hinzudeuten schien,
wird die schon viel discutirte Frage erörtert, ob der Himabscess
im Schläfenlappen vom Tegmen tympani oder von der Schläfen-
schuppe aus eröfinet werden soll, und äussern sich die VerfF. auf
Grund ihrer Beobachtimgen bei diesem Falle dahin, dass die Trepa-
nation auf den Schläfenlappen von der Schuppe aus unvergleichlich
übersichtlicher sei als vom Tegmen tympani aus. Daher scheint es
460
Koch.
Qmnert n.
Heier,
Schwartze,
Behandlung dringend empfehlenswerth , principiell an dem ersteren Wege beim
.^®'. Eingehen auf den Schläfenlappen in allen den Fällen festzuhalten, wo,
Hirncompii- wie zumeist, die Diagnose nicht absolut sicher ist und nicht bei
cationen, ^^j. Freilegung der Mittelohrräume eine Fistel im Tegmen tympani
sich findet, welche dann eine directe Wegleitung in den Hirn-
abscess abgibt. Ausserdem wird so mit viel grösserer Wahrschein-
lichkeit eine Infection der Meningen und der Himsubstanz vermieden
werden können für den Fall, dass sich kein Abscess findet. Ist aber
von der Schuppe aus ein Abscess gefunden und entleert und er-
fordert seine Lage eine tiefere Drainage, als die Oeffiiung der Schuppe
sie ermöglicht, dann wird es angebracht sein, noch nachträglich eine
Gegenöffiiung durch das Tegmen tympani anzulegen.
Nach diesem Princip ist auch von Seh wart ze (Otogener
Hirnabscess des rechten Schläfenlappens. Heilung durch.
Operation. Mittheilungen aus d. Kgl. Universitäts-Ohrenklinik zu
Halle a. S.) der schon oben erwähnte geheilte Fall von Schläfen-
lappenabscess , eine 35jährige Frau betreffend, operirt worden.
Schwartze erklärt allerdings in der Epikrise das Vorgehen vom
Tegmen tympani aus nur dann für verwerflich, wenn der Abscess
nicht bis an die Oberfläche des Schläfenbeins heranreicht, sondern
noch von einer Schicht gesunder Himsubstanz umgeben und von ge-
sunden Hirnhäuten bedeckt wird. — Die Diagnose eines Hirn-
abscesses intra vitam wird nach dem erfahrenen Autor erst dann
vollkommen sicher, „wenn wir bei der Operation den Eiter abfliessen
sehen, und nur wo eine vollständige und lange Zeit controUirte
Heilung des Grundleidens erreicht ist, darf man von Dauerheilung
eines otogenen Himabscesses sprechen^^ Im Falle des Verf. 's war
die letzte Controlle genau 1 Jahr nach der Entlassung erfolgt.
Eulenstein (Mittheilungen über den tiefen Hirnabscess bei
acuten Erkrankungen im Schläfenbein, nebst Bericht über einen
operativ geheilten Fall von Grosshimabscess. Monatsschr. f. Ohren-
heilk. Nr. 3) stellt die bisher pubUcirten 18 Fälle von Hirnabscess
bei acuter Otitis media zusamn^en und fügt noch einen neuen
hinzu, der einige interessante Besonderheiten bietet. Der Sitz des
Abscesses entsprach in allen Fällen der erkrankten Schläfenbeinseite,
6mal rechts, 11 mal ünks, Imal fehlt die Angabe. 3mal handelte es
sich um multiple Abscesse. Von den 11 operirten Fällen sind 6 ge-
heilt. — Bei dem eigenen Falle hatte sich die Percussion des Processus
mastoideus als ein vorzügliches diagnostisches Hülfsmittel erwiesen,
da bei der fehlenden Ohreiterung, bei der Intactheit der Bedeckungen
des Processus mastoideus nur aus der Aetiologie (Influenza), dem Sitzo
Eulenstein,
Ohrenlcraukheiteu. 461
der Schmerzen im Znsanunenliaiig mit dem Percueaionsresultat die
Diagnose auf Erkrankimg dea Warzenfortsatzes gestellt werden
konnte. Zu keiner Zeit bestand Somnoleoz, nie Fieber, dagegen im
Beginn, als ein bisher noch nicht beobachtetes Frühsymptom, ein
8 Tage dauernder Singultas, ferner eine augenfällige Herabsetzung
der Körpertemperatur und Gehörsherabsetzung auf der entgegen-
gesetzten Seite.
Femer wurden Gehimahscesse mit glücklichem Erfolg operirt:
von Winter und Deanesly {Cerebral abscess successfully treated Winter i
by Operation. The Lancet 1894, 9. Dec.)- IGjähriger Patient. Links- ^*"*"'^
seitige acute Mittelohreitening. Der Abscess eass im Cerebellum.
Moore (A caae of abscess in tempore -sphenoidal lobe secondary Moota,
to middle ear suppuration; recovery. The Lancet, 30. April). 9jähriges
Mädchen. Linksseitige chronische Hittelohreiterung. Abscess im
Temporo-Spheno idallappen .
Im Falle von PoUak (Beitrag zur Kenntniss der otitischen PoU»k
Himabscesse. Wien. med. Wochenschr. 1894, Nr. 47), einen 14jähFigen
Euahen betreffend, war der Abscess im Scbläfenlappeo spontan nach
Eröfßinng des Warzenfortsatzes durchgebrochen.
Hessler (Ueber die otitische Pyämie. Arch. f. Obrenheilk. Bohandl
Bd. 38, H, 1 u. 2) stellt die Pyamie durch Osteophlebitis allein, ohne ^^^^^ll^
Mitbetheiliguug des Hirnsinus, nicht in Abrede. Im Gegensatz zu Pyämi
Körner jedoch, der die Aufnahme der osteophlebitischen Eiterstoffe Hewie;
direct ins Blut geschehen lässt, möchte sie Heaslor insofern durch
Mitwirkung des Sinus stattfinden lassen, als die pblebitischen oder
periphiebitischen Processe in den kleinen Venen, welche den Warzen-
fortsatz durchziehen, sich längs derselben bis in den Sinus fort-
setzen. Der Sinus selbst wird nun nicht oder nur streckenweise am
Kande zur Thrombose kommen, aber die in das Lumen frei hinein-
ragenden osteophlebitischen Pfropfe werden von dem Blutstrom fort-
geschwemmt. Die Prognose ist eine günstige, die Fälle heilen fast
alle, mit und ohne Operation am primär erkrankten Ohr und an den
secundären Metastasen.
Langenbnch (Unterbindung der Vena jugularis wegen Otitis pyaemi< ;.. Lingent'
Deutsche med. Woohenachr. Nr. 23). 17jährige Patientin mit reehtaseitit,'.!-
cbroniscfaer Mittelohreitening. Aufineiaaelung dea Processua maetoideua. Ki-m
Eiter. Der Sinus entleert aiucheinend ganz uonnalea Blut, Die freigeli»'''
Vena jogularis, frei von Thromben, wird doppelt unterbunden. Suforlii" :■
AofhSreo der Schüttelfröste, jedoch noch später Metaataseu im Ellbotf' n
und Handgelenk. Verf. lägst dahin gestellt, ob diese Metastasen erst n«ch
Coterbindung der Vene oder schon vorher enstanden sind; doch will
J
462
Koch.
Langenbuch in Zukunft auch die Vena mediana colli und die Jugularis
externa unterbinden, um noch sicherer einer Resorption pyämischen Ma-
terials vorzubeugen.
Behandlung Vos8 (Ein Beitrag zur operativen Behandlung der Sinusthrom-
oti tischen ^^^e. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 39, H. 2 u. 3) liefert fünf Kranken-
Sinus- geschichten von operirter Thrombose des Sinus transversus
thrombose, ^ Anschluss an Otitis media, und zwar in drei Fällen an eine acute
Voss, ,
Mittelohrentzündung trotz sachgemässer Behandlung. Drei Fälle ge-
nasen. Der Sinus soll sofort untersucht werden, sobald der geringste
Verdacht auf Thrombose vorhanden ist. Die Vena jugularis soll
stets unterbunden werden, und zwar ehe am Sinus gearbeitet wird.
Der eine Fall, ein 3^2 jähriges Mädchen mit rechtsseitiger chronischer
Mittelohreiterung betreffend, zeigt, dass auch eine 'Lungenmetastase
einen günstigen Ausgang nicht absolut ausschliesst. Der andere ge-
heilte Fall betraf ein 13jähriges Mädchen mit linksseitiger chroni-
scher Mittelohreiterung,
Weitere operativ glücklich geheilte Fälle von Thrombose des Sinus
Secker Walker, transversus und otitischer Py&mie berichten: Secker Walker (A case of
double mastoid diseaae with septic thrombosis of the lateral sinus. The
British med. Journal, 13. April). 24jährige Patientin mit doppelseitiger
chronischer Mittelohreiterung. Eröffiiung des linken thrombosirten Sinus.
Milligan, William Milligan (Thrombosis of the intracranial sinuses secondary
to suppiurative diseases of the middle ear. The Lancet, 20. April). 25j&h-
riger Mann mit rechtsseitiger chronischer Mittelohreiterung. Doppelte
Unterbindung der Vena jugularis. — Derselbe Autor theilt auch einen Fall
mit von Thrombose des Sinus cavernosus infolge rechtsseitiger acuter Mittel-
ohreiterung bei einem 3jährigen Mädchen. Nach Herausnahme des rechten
Augapfels wegen eines retroocularen Abscesses: Heilung.
Reinhard, Reinhard (Beitrag zur operativen Behandlung der otitischen Sinus-
thrombose mit allgemeiner Pyämie. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 13).
Erster Fall. 24jähriger Patient mit rechtsseitiger chronischer Mittelohr-
eiterung (cf. Jahrb. 1895, S. 419). — Zweiter Fall, löjähriger Patient mit
linksseitiger chromscher Mittelohreiterung. Unterbindung der Vena jugu-
laris. — In einer Anmerkung weist Verf. auf einen dritten Fall hin, der
ebenfalls auf der Genesung begriffen ist.
Poulsen, Poulsen (Ein Fall von purulenter Sinusthrombose nach chronischer
Otitis media. Oeffuung des Sinus; Heilung. Ref. Deutsche Medinalzeitung
Nr. 71). 15jähriger Patient; linksseitige chronische Mittelohreiterung. Ob
die Vena jugularis unterbunden werden soll oder nicht, dafür lässt sich
nach Verf. bis jetzt eine allgemeine Regel nicht aufstellen.
Pitts, Pitts (Otorrhoea; lateral sinus thrombosis; Operation; recovery).
9jähriger Knabe ; rechtsseitige chronische Mittelohreiterung. Unterbindung
der Vena jugularis.
Ohrcukmikheheii. 463
Passow (Ein Fall Ton penannösem Abscess and Sinosthromboee mit
Ausgang in Heihing. BerL klin. Wc»dien>chr. Xr. 48 >. 2DJäiiriger Mann:
reditsBeitige chronische Mitteiohreitemn^. Ton IntereMae var hier das
Verhalten der Kniephänomene; de fehlten ror der Entleerung des Eiters
ans der Schadelhöhle nnd waren am anderen Tage leicht zu erzielen.
Abbe (Schwere Prämie nnd Jugnlariäthromboee. Xew York med. Abbe.
Record. 27. Jnli). 3^)ährige Patientin: linksgeitige acTite Minelohreiterang.
Unterbindung der Vena jngnlaris.
Crockett lEin Fall von operatirer Eröfiiinng des Sinus lateralis mit Crockett,
Bemerkungen über acht unoperirte Falle. TraiLSäction.« of the American
otol<^. eocietr. Areh. f. Ohrenheilk. Bd. 40. H. 1 ». 54jähnge Frau ; rechte
seitige chronische Mittelohreitenmg.
Gifford Nash iTwo case^ of $epticaemia dae to middle ear disesLae: Nash,
Operation: recovery. The Lancet. 3. AGga?t». Erster FalL 12jähriger Knabe:
chronische Mittelohreiterung. Im Warzenf ortatz kein Eiter: keine Throm-
bose des Sinus. — Doppt?l*«:ritige Plearapneumonie. — Zweiter Fall.
15jähriger Knabe. Linksseitige ciLroni^-ke Mittelohreiterung. Sabdnral-
abscess und Thrombose des Sinu« lateralis. — Unterbindung der Vena
jugulans.
Bück (Ein Fall Ton acuter Hittelohrentzündong mit Aa^gang in eitrige Badk,
Periphlebitis und Thrombo^ des Sinus lateralis. Operation. Heilang.
Transactions of the American otoL societr. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 40.
H. 1). 54jäliriger Mann: links^tige aeute Mittelohrenträndang.
Moos (Zwei Fälle von otitischer Himerkrankung. Sinanhrom böse und Ifoc«,
Abscess. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 27. H. 3 u. 4». 2T;ährige Frau ; rechts-
seitige acute Mitteiohreitenmg. UnterbindoEg d*^ Vena jngnlaris.
In dem Falle von Spira iITeber Sinusthrom^o^e und Prämie im An* Spira,
Bchluss an Otitis media snpporatiTa. Wiener klin. Rond-chau Xr. 33 — 3oi
war die Pyamie die Folge der Verletzung de* Sinm bei Eröffnung de<j
Warzenfortsatzes.
Lehrbücher und Monographieen.
F. Bezold, üeberschau über den gegenwartigen Srand der Ohrenheil-
kunde. Nach den ErgebmA*en meiner 24jihngen *tatIytL'.<:hen B^;-
obachtnng. Wiet^baden.
Barkner, Behandlung der bei Infertion*krankh*^ten vorkoirimenden Obr-
affectionen. Separatab^irrik aa* dem Haryi'o a' h '1er -peciellen T>ie-
rapie innerer Krankh*^iten. Herai-gege'^^en von Penzoldt und
Stintzing. Bd. 1. S. o79 — 605.
Bürkner, Behandlung der bei Erkranknngen der .\thrri»jngi»organe vor-
kommenden Ohrenkrankheiten. Hand'o^':h der -pe^ieJIen Therapie
innerer Krankheiten, heraa-^gegeoen ron Pf:nzoi*\t ijnd h t i n t x i n g,
Bd. 3, S. 589—591.
464 Koch.
H a u g , Die Grundzüge einer hygienischen Prophylaxe der Ohrentzündongen
mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen hygienischen Maass-
nahmen. Haug's „Klinische Vorträge aus dem Gebiete der Otologie
und Pharyngo-Rhinologie". Jena.
Eitelberg, lieber die vom Gehörorgane ausgelösten allgemeinen und
localen Reflexerscheinungen. Haug's Klinische Vorträge.
P. Rohr er, Die Intoxicationen, speciell die Arzneiintoxicationen in ihrer
Beziehung zu Nase, Rachen und Ohr. Haug*8 Klinische Vorträge,
Eulenstein, Die Folgekrankheiten der eitrigen Mittelohrentzündungen,
ausschliesslich der durch acute Eiterungen entstandenen Warzenfort-
Satzerkrankungen. Haug's Klinische Vorträge.
Stetter, üeber die chronische trockene Entzündung des Trommelfells,
eine in das Behandlungsbereich des practischen Arztes fallende häufige
Erkrankung. Haug's Klinische Vorträge.
Hegetschweiler, Die phthisische Erkrankung des Ohres, auf Qnind
von 89 Sectionsberichten Bezold's. Wiesbaden.
G. Gellä, Des pressions centrip^tes (^preuve de Gell^). Etüde de s^m^co-
logie auriculaire, Th^e de Paris.
Schmaltz, Die Beziehungen der acuten Mittelohrentzündung zum Ge-
sammtorganismus. Bresgen's Sammlung zwangloser Abhandlungen
aus dem Gebiete der Nasen-, Ohren-, Mund- und Halskrankheiten.
Halle a. S.
V. Frankl-Hochwart, Der Meniere'sche Symptomencomplex« Die Er-
krankungen des inneren Ohres. Wien.
Jankau, Die Hygiene des Ohres und die Prophylaxe der Ohrerkrankungen.
143 Seiten Text mit 6 Abbildungen. Leipzig.
Steuer, Die häufigsten Ohrenkrankheiten im Bilde. Nebst Anleitung zur
Untersuchung des Gehörorgans. 63 Seiten Text mit 15 Holzschnitten
und 43 Abbildungen in 16f arbigem Chromodruck. Leipzig.
Katz, Stereoskopischer Atlas des menschlichen Ohres nach durchsichtigen,
makroskopischen Präparaten. 10 stereoskopische Photographieen in
Mappe. Berlin.
E. Reinhardt, Die chirurgische Eröffnung der Mittelohrräume. Greifswald.
Hang, üeber das Cholesteatom der Mittelohrräume. Ein üeberblick über
den gegenwärtigen Stand der Cholesteatomfrage nebst einigen
eigenen neuen Beobachtungen zur Genese dieser Bildung. Jena.
Jansen, Erfahrungen über Sinusthrombosen nach Mittelohreiterungen wäh-
rend des Jahres 1898« Sanmilung klinischer Vorträge.
YU.
Krankheiten der Nase, des Nasenrachenraiuns,
des Mnndes, des KeMkopfs, der Luftröhre.
Von Dr. J. Michael in Hamburg.
1. Allgemeines.
a. Neue Instrumente und Methoden.
Bark -Liverpool (Journal of laryngol. Nr. 2) erfand ein Mund-
speculum das durch Federkraft geöffnet wird. Kretschmann
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 5) wendet bei hypertrophischen Ton-
sillen, die sich mit dem Tonsillotom nicht fassen lassen, Morcellement
an und beschreibt ein geeignetes Instrument. Schliess (Therap.
Monatsh. Nr. 4) empfiehlt, Knochen, die in den Larynx gelangt sind, mit
Säuren zu tractiren. Sind Knochen im Magen, so sollen verdünnte
Säuren getrunken werden. Leus (Wien. med. Wochenschr. Nr. 18)
beschreibt ein neues selbsthaltendes Nasenspeculum. Casselberry
(Journal of laryngol. Nr. 8) empfiehlt Elektrolysis zur Beseitigung
der Cristen und Spinen das Septums und bespricht ausführlich die
Technik dieser Methode. Egidi (Supplemente al policlinico) gibt ein
vereinfachtes Einfuhrungsinstrument für Intubationscanülen an.
Dasselbe kann zugleich als Extractor benutzt werden. Binck-Elber-
feld beschreibt in der Deutschen med. Wochenschr. Nr. 25 eine neue
Spritze zu submucösen Injectionen in die Larynxschleimhaut,
£ sohle (Therap. Monatsh., Juni) ein Sichelmesser zur Schlitzung der
Krypten in hypertrophischen Tonsillen. Hei dt (Annales pour les mal.
des oreilles, März) empfiehlt Elektrolyse für Nasenoperationen. Eben-
daselbst beschreibt Ziem eine Nasendouche, die ohne Oefahr für
Jahrbuch der practischen Hedicin. 1896. 30
4G(i Michael.
die Ohren verwendet werden kann. Winckler beschreibt im Archiv
f. Laryngol. Bd. 3, H. 1 u. 2, eine Curette zur Operation der Zungen-
tonsillen, Zwaardemaker (ebenda) ein verbessertes Ringmesser,
Wolf eine elektrische Trep.hine für rhinologische Zwecke.
Eine neue elektrische, ausserordentlich zweckmässige Lampe con-
Elektrische struirte Kirstein (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 29). Das optische
K*^M^' System derselben besteht aus Convexlinse, durchbohrtem Planspiegel
und Sehscheibe, fö,cherförmig mit einander verbunden. Die Lampe
ist sowohl als Stativlampe wie als Stimlampe zu verwenden und
verbindet die Vortheile der directen Beleuchtung (einfache Ein-
stellung) mit denen der indirecten (die Sehaxe in das Centrum des
Lichtstrahlenbündels zu bringen).
Die wichtigste larjmgologische Neuigkeit dieses Jahres ist:
AutoBkopie, Kirstein, Die Autoskopie des Kehlkopfs und der Luftröhre
(Besichtigung ohne Spiegel. Berlin 1896), worin der Autor seine im
Mai dieses Jahres zuerst demonstrirte Methode, soweit sie bis jetzt
vervollkommnet ist, ausführlich beschreibt. Mit Spateln, die dem
Reich er tischen Kehlkopf heber nachgebildet sind, ist es dem Verf.
gelungen, den Kehlkopf direct zur Anschauung zu bringen. Zur
Beleuchtung dient eine ebenfalls vom Verf. construirte elektrische
Lampe, jedoch ist auch Reflectorbeleuchtung für die Untersuchung
brauchbar. Die Besichtigung der hinteren Larynxwand in unver-
kürztem Bilde, ein gründlicherer Einblick in die Gegend der Bifor-
cation und der beiden Hauptbronchien sind Leistungen dieser Methode,
welche mit dem Kehlkopfspiegel nicht erreicht werden können und
für welche sie sich einen dauernden Platz erobern wird. Erst wenn
die Technik mehr durchbildet und allgemein verbreitet ist, wird es
sich herausstellen, inwieweit die Autoskopie mit dem Kehlkopf-
spiegel concurriren oder diesen verdrängen wird.
stroboskop, Oertel-München (Arch. f. Laryngol. Bd. 3, H. 1 u. 2) hat das
Oertei. ^^^ ^^im im Jahr 1878 construirte Laryngostroboskop wesentlich
verbessert und theüt die Ergebnisse der mit demselben vorgenommenen
Untersuchungen mit: Beim Gesang werden die Töne des Brust-
registers durch die Schwingungen der Stimmbänder in ihrer ganzen
Länge und Breite hervorgebracht, während die Töne im Falsett-
register durch Längstheilung der Stimmbandfläche in aliquote Theile
unter Bildung von Knotenlinien entstehen. Bei Krankheitszuständen
zeigte die Untersuchimg mit dem Listrumente manche interessante
KrantheJigi ocr Xe-»*-- firf iL./>eii' t**
Phänomene. Sowohl iur oie Ply^iiLi'p^
liefert die larrngaftixrboskopiicli- UnT-jir?!::!
•- Arzüri
t i •- —
Koll «Beri- kiin, \rc«c-li"er:5.2lr. Xr. 2-^ -eiLir.rllT X;«>-:i}:rn &2> X.sv^iit^
Antisepticiim bei XasenkraziLLerrcs . el«eT^:» Li-even MZziiL- med. ,^^'~*
Wochenschr. Nr. 22i- Händ-el flii. Nr. 3^ ti. -t! liznc'S^ilrT '»ei Li^rrstifii,
Laiynxtubercnlose «s. S. 145 u. o7S*. EiaätL
2. KmklMiteB 4^ Ijoe ni ihrer lehcaMhlM.
Kav.'»er (Arch. f. Larvn^:! B-L 3. H. 1 :i. 2 lu: dir Sji:dr.:-::r.\cbr*
Methode der Untersuchasg der Xa-rr^äThr^uns ?>- J^Lr'-'U.h IS^o.
S. 425) dahin TervoUkomcirrt . ■iav^ rr ■!:> grrWMLn-L'rn A:i:-ii:^^.ke «iTiroh
Momentphotographie fixiit.
Bei seinen UßtersU'jhuii^en üb^r drE. Wcz d-^s Luftsiroin- d::rch
die Nase kam Scheff «Klin- Zrit- und ^tr^itfras^rrn Xr. iSi zu dem
Resultate, dass es nur einen weiten und tindemis^Ictaen Weg durL-h diese
Höhle gibt und das dies der mittlrTr-H- Xa-^erüMiifir i^t. Der Zu^ani: zum
unteren Na^ngang. der an und für ?ich wefentli-h enger i«t als d»fr miniere,
wird durch das Vorderend<* der unteren Mu-ehel verlegt. Im oWreu Ab-
schnitt der Nasenhöhle treten die Wände nah aneinander, und die Widen
oberen Muscheln bilden weitere Hindernisse.
Sdirif.
Bergen grün (Petersb. med. Wochenschr. Xr. 40» schildert ein-
gehend die Allgemeinveränderungen, die sich an Xasen-
verengernngen ansehliessen, als Katarrhe der Bes^tirationsorgane,
Gesichtsekzeme, Hör- und Sprachstörungen und ner\'öse Symptome.
Ein ähnliches Thema behandelt Fink iBresgen's Sammlung H. 2).
Beim Schnupfen der Kinder kommt ätiologisch Erkältung tmd Ein-
dringen von Mikroorganismen in Betracht. Die Folgen sind theüs
durch die Verlegung der Nasenlichtung, theüs durch die quantitative
imd qualitative Veränderung der Secretion bedingt. Ausser den be-
kannten Störungen bringt Verf. auch Laryngismus und Keuchhusten
zur Nasenverengerung in Beziehung. Gerber behandelt denselben
Gegenstand in seiner Antrittsvorlesung (Berlin 1896) und betont
besonders die Verbildungen des Brustkorbs, die sich im Anschluss
an Nasenverengerungen entwickeln.
Aus dem Aufsatz von Waldow: Ueber Kiefermissbildungen
bei Verlegung der Nasenathmung (Arch. f. LarjTigol. Bd. 3,
H. 3) ist die interessante Thatsache hervorzuheben, dass der sog.
Xasen-
stenosen.
Bergen ginn.
Fink.
Gerber,
WaWow.
468 Michael.
gothisclie Gaumen, den man a priori bei jeder früh erworbenen, lang
bestehenden Nasalstenose erwarten sollte, sich nur in Begleitung
adenoider Vegetationen des Nasenrachenraums, niemals bei Stenose
aus anderen Ursachen findet.
Nasen- Die Untersuchungen Hopman's (Arch. f. Larjmgol. Bd. 3, H. 1
Hopman ^' ^^ liefern das Ergebniss, dass Enge und anderweitige Un-
regelmässigkeiten der Choanen und des oberen Bachenraums
nicht nur auf syphilitischer resp. geschwüriger Basis, sondern
häufig auch durch fehlerhafte Anlage entstehen infolge von an-
geborenen oder früh erworbenen Wachsthumsstörungen.
Eisen'bahft- B. Fraenkel- Berlin (Arch. f. Laryngol. Bd. 3, H. 3) beschreibt
schnupfen, ^^gj^ acuten Schnupfen, der manche Personen bei ieder Eisen-
B. Fraenkel. /. , p n
bahn fahrt befällt, so lange, wie diese dauert, besteht, aber ausser
dieser Zeit keine charakteristischen Symptome aufweist. Aetiologisch
muss Staub und Rauch beschuldigt werden. Prophylactisch empfiehlt
sich Wattetragen während der Eisenbahnfahrt und Injection schwacher
Argentum nitricum-Lösungen.
Mikro- St. Clair Thomson und Hewlett (Medicochirurgical trans-
organismen ^ctions Bd. 78) untersuchten die Nase auf Mikroorganismen,
in der
Nase, Si® kamen zu anderen Resultaten als Löwenberg und Hajek.
St. Clair Man muss nämlich zwischen Naseneingang und Nasenschleimhaut
H^Tt? unterscheiden. In dem mit Vibrissae und Talgdrüsen erfüllten Theil
der Nase findet man zahlreiche Mikroorganismen, während die Nasen-
schleimhaut selbst von denselben fast vollständig frei ist.
Tuberkel- Strausa (Bull, de l'acad. med.) fühi*te einer gröaaeren Anzahl gesunder,
baoillen ^^ Krankenhäusern thätiger Personen sterilisirte Wattebäuschchen in die
eesunden Nase ein und konnte mit denselben Tuberculose an Meerschweinchen her-
Nase, vorrufen, ein Beweis, dass virulente Bacillen längere Zeit in der ge-
Strauss. sunden Nase verweilen können, ohne Local- oder AUgemeininfection hervor-
zurufen.
Hydrorrhoea nasalis wird im Anschluss an drei beobachtete
Hydrorrhoea Fälle von Fink (Wiener med. Presse Nr. 42 ff.) besprochen. Die
nasalis, Schleimhautabsondenmg wird vom Trigeminus ausgelöst, jedoch nicht
von seinem Stamme, sondern von den feinsten Endästen aus. In
einem der Fälle des Verf. 's wurden in einer Stunde 40 ccm Flüssig-
keit entleert. Dieselbe war wasserklar, hatte ein specifisches Ge-
wicht von 1003 und enthielt 0,83 ®/o Rückstand, der fast ganz aus
ClNa bestand. Sind locale pathologische Zustände vorhanden, so
Krankheiten der Nase, des Rachens etc.
469
sind diese za beseitigen; wo diese fehlen, behandle man mit Aristol
und anderen secretbeschränkenden Mitteln.
Monre-Bordeanx (Arcbivos latinos de Rinologia etc., Jan.) gibt
an, dass das Ulcus perforans simplex septi narium wesentlich
hantiger vorkommt, als meist angenommen wird. Er behandelt das-
selbe durch Umschneidung der Perforationsränder mit einer Loch-
zange.
Bei Ozaena beobachtete Strübing-Greifswald (Münch. med.
Wochenschr. Nr. 39 u. 40) häufig ein Uebergreifen des Processes
auf den Kehlkopf, in welchem sich ebenfalls zahlreiche Borken vor-
fanden. Auch in diesen konnten die von Abel beschriebenen
Ozaena-Bacülen gefunden werden.
Löwenberg-Paris (Archivos latinos, Aprü) hat im Pasteur-
schen Institut Untersuchungen über den Erreger der Ozaena an-
gestellt mit folgendem Resultat: der Coccobacillus der Ozaena ist
ein Mikroorganismus sui generis, ist exquisit pathogen und wird
in allen Fällen von Ozaena angetroffen.
Ulcus septi
narium»
Moore.
Ozaena,
Strübing,
Löwenberg.
AlsVarix der Nasenmuscheln beschreibt Win grave (Lancet,
15. Juni) eine eigenthümliche Form von Hypertrophie der Muschel-
enden, die sich durch höckerige Form und starken Gefassreichthum
auszeichnet. Die Behandlung besteht wie bei den anderen Formen
in der Abtragung der erkrankten Partieen mit der kalten oder galvano-
caastischen Schlinge.
Als Rhinitis sicca anterior bezeichnet Siebenmann
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 44) einen eigenthümlichen , bisher
wenig beachteten Krankheitszustand des Naseneingangs. Nach des
Verf. 's Erfahrungen leiden 10 "'o aller Nasenkranken an diesem
Symptomencomplex. Das Secret vertrocknet am Naseneingang zu
Borken und verfilzt sich mit den Vibrissae. Als Endstadium des
acuten Nasenkatarrhs geht dieser Zustand häufig in Heilung über.
Geschieht dies nicht, so nimmt die Schleimhaut eine grauliche Fär-
bung an. Der Patient wird durch Spannung der Borken veranlasst
sie zu entfernen; dadurch entstehen dann hartnäckige, häufig reci-
divirende Blutungen. Allmählich epidermisirt dann die Schleimhaut.
Weitere Misshandlungen der Schleimhaut können zur Perforatior
des Septums fuhren; bisweilen reagirt dieselbe auch durch Wuch'
rung, und es bildet sich der sog. blutende Septumpolyp. "P"'
Varix der
Nasen-
muBcheln,
Wingrave.
Rhinitis
sicca
anterior,
Siebenmann.
470 Michael.
Rhinitis können Perichondritis des Septums und Erysipelas faciei im An-
V^^."" schluss an die Krankheit auftreten. Auch mikroskopisch konnte
anterior, . . ^
Siebenmann. Verf. an excochleirten Stücken die Degeneration der Schleimhaut
nachweisen. Die Diagnose wird gesichert durch das gefimisste Aus-
sehen, die klebrige Beschaffenheit und die eigenthümliche Schleim-
hautfärbung. Ein begleitendes Ekzem der umgebenden Haut kann
das Krankheitsbild bisweilen verdecken. Die Therapie besteht in
Kurzschneiden der Vibrissae, Salbenbehandlung und, wo Scrophulose
vorliegt, einer entsprechenden Allgemeintherapie. Gegen das Nasen-
bluten empfiehlt Verf. Betupfen mit übermangansaurem Kali in
Substanz.
Käsen- W i n k 1 e r - Bremen (Wiener med. Wochenschr. Nr. 41 — 47 ) hält
Operationen, ^-^ theilweise , resp. gänzliche Entfernung der unteren
Winkler, i i • \q • • i.
Muscheln indicirt:
1. bei allen schweren Stenosen, hervorgebracht durch breite Ver-
wachsungen der unteren Muscheln mit dem Septum, sobald mildere
Methoden erfolglos angewendet sind;
2. bei solchen Stenosen, deren Beseitigung bereits durch Caustica
vergeblich versucht ist und wo auf Besserung der vorhandenen S}Tn-
ptome nur durch Elimination der Nasenverstopfung gehoü^ werden
kann;
3. bei Nasenstenosen durch papillomatöse Degeneration der
unteren Muscheln, wenn durch dieselbe Erscheinungen (z. B. an den
Augen) bedingt sind, die nur durch Besserung der Circulations-
verhältnisse in der Nase beseitigt werden können.
Die Operation wird mit Messer, Knochenzange und Scheere aus-
geführt unter Cocainnarkose. Die Blutung wird durch Jodoform-
gaze gestillt. Wie viel von der Muschel zu entfernen, hängt von
der Natur des einzelnen Falles ab.
Leimoyez. Eür intranasale Operationen gibt Lermoyez (Annales
pour les mal. des oreilles, März) folgende beherzigenswerthe Vor-
schriften: Jede Nasenoperation, auch die einfachste, kann meningi-
tische Symptome im Gefolge haben und daher fiir den Patienten sehr
gefährlich werden. Man soll deshalb nur dann operiren, wenn eine
Affection vorliegt, die dem Patienten ernstere Störungen verursacht
imd wenn man mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass
der operative Eingriff die Symptome beseitigen wird. Kinder, Greise,
Herzkranke und Hämophile sind möglichst zu verschonen. Wäh-
rend einer acuten Rhinitis und während der Menses soll nicht operirt
werden. Es soll mit peinlicher Asepsis vorgegangen werden. Bei
KruikLeiuü der Xistc üt> Kj,lt-ii> rit.
471
sehr grossen Operatäonen ir^ajdrT man ChLc'TC'i^jrm an, Wi kleinen
Eingriffen Cocain. Die KintrmrnT.g vt.»n AVarre nauh drr Operati.'ii
ist stets zweckmässig wt*gen ihrer cc«irkj»riniirenden und t:»cx'liisiven
"Wirkung. Nervöse Personen reÄgiren am die Kinfulirnng der Wane
bisweilen mit KopfsclimerÄen , Ef»ij'Lora und Seilst-' 'nuigen. I>ann
muss man auf die Tamjx»nade Verzicht Iristen und briiar.dvlT «iaim
mit Insu£Bationen geeigneter Pulver.
h. Ntrl'trnhrihlen.
Zahlreiche Publicationen beschäftigen dich auch mit den Em-
pyemen der Stirnhöhle und deren operativer Beseitigimg. Per
vias naturales wird hier wenig erreicht ; wo Indicationen fiir die Er-
öffnimg der Höhle vorliegen, muss dieselbe von der Stirn aus in
Angriff genommen werden. Ton der Wundhöhle aus lä^st sich dann
allerdings das Foramen nasofrontale zur Drainage zuweilen rer-
werthen. Luc (Journal o£ laryngol. Xr. 8> theüt vier Fälle mit, in
denen durch Eröffiitmg und Ausräumung der Stirnhöhle Empyeme der-
selben geheilt wurden. Moure (Journal ol laryngol. Xr. S) versucht
durch Entfernung eines Theils der Mittelmuschel sich den Zugang
zur Stirnhöhle frei zu machen« mehr zur Feststellung der Diagnose
als zur directen Behandlung, die von vom aus vorzunehmen ist.
Lichtwitz-Bordeaux (Bresgen's Sammlung H, 7) bespricht die
Folgezustände der Eiterungen in den Nebenhöhlen und
bezeichnet als solche üblen Geruch aus der Nase, Eiteransammlung
im Nasenrachenraum, Exophthalmus, Ohrenkatarrhe, Kopfschmerzen,
Entzündungen und Erysipele der Gesichtshaut , Störungen in den
Respirations- und Circulationsorganen, Fieber, Schlafsucht und melan-
cholische Zustande. — Ln Anschluss an drei Fälle, von denen einer
letal verlaufen ist, beschreibt Ripault(Ann. des mal. de Toreille etc.,
Nov.) die auf der Klinik von Gouguenheim übliche Behandlung
der Stirnhöhlenempyeme. Es wird die vordere "Wand auf-
gemeisselt, sehr sorgfaltig mit dem scharfen Löffel alles Krankhafte
entfernt und dann bis zur vollständigen Heilung drainiii:. Schech
(Archiv f. Larjrogol. Bd. 3, H. 1 u. 2) bespricht die Diagnose des
Leidens. Für die Kopfschmerzen, die sich auch bei Erkrankungen
anderer Nebenhöhlen finden, ist es charakteristisch, dass sie durch
Beklopfen der vorderen und unteren Wand der Stirnhöhle wesent-
lich verstärkt werden; ebenso ist die Haut h^^erästhetisch. Ein
besonders wichtiges Zeichen ist die Auftreibung der Höhle, die in
manchen Fällen ausserordentlich grosse Dimensionen annimmt. Die
Empyem
der
Stirnhohle.
Lttc\
Moure,
Licht wiiz.
Ripault,
Schech,
472
Michael.
Empyem
der
Stirnhöhle,
Ziem,
M. Schmidt,
Grünwald.
Behandlung von der Nase aus ist fast stets aussichtslos; ge-
waltsame Versuche, den Eingang per vias naturales zu erzwingen,
sind weder ungefährlich noch erfolgreich. Die einzig wirksame Me-
thode ist die EröfBtiung von der Stirn aus mit nachfolgender Aus-
kratzung der Schleimhaut.
Ziem-Danzig (Journal of laiyngol. Nr. 12) befürwortet fiir
die Eröffnung der Nebenhöhlen die Anwendung des zahnärztlichen
Bohrers. Sowohl für die Stirnhöhle als auch für die anderen Neben-
höhlen soll dies Instrument in erster Linie angewendet werden. Bei
der Stirnhöhle bedient er sich desselben zur Probepunction von der
Gegend der Augenbrauen aus. Ist der Befund negativ, so lässt man
die Oefihung sich schliessen, ist Eiter vorhanden, so dient sie als
Ausgangspunkt für weitere Eingriffe.
In einer Discussion auf dem Congress süddeutscher Laryngo-
logen macht Moritz Schmidt auf die Gefahren der grossen Opera-
tion aufmerksam, während Grün wald glaubt, dass gerade zaghafte
Eingriffe die Propagation des Eiters begünstigen, während kühne
Eröffnungen der Nebenhöhlen, besonders nach Amputation des vor-
deren Endes der Mittelmuschel leicht ausführbar und erfolgreich
sind.
Fremd-
körper der
Highmors-
höhle,
Baratoux.
Nachblutung
bei
Kröffnung
der
Highmors*
höhle,
Sheppegrell.
Behandlung
der
Highmors-
höhlen-
eiterung,
N. Mackenzie,
Bos^orth,
Ziem.
Die Litteratur über die Erkrankungen der Highmorshöhle
ist sehr reichhaltig, jedoch ohne wesentlich Neues zu bringen.
Baratoux (Progr^s m^d., 6. April) erzählt von zwei Fremdkörpern,
die er aus Highmorshöhlen entfernt hat, in einem Fall einen orange-
grossen Wattetampon, der nach einer Zahnoperation zur Stillung der
Blutung eingeführt war, und im zweiten einen Laminariastift, durch
den die Oeffiaung in der Alveole erweitert werden sollte. — Shepp e-
grell (Journal of laryngol. Nr. 9) beobachtete bei einem im übrigen
gesimden Patienten nach Eröffnung der Highmorshöhle von der Alveole
aus eine höchst bedrohliche Nachblutung, die er sich nur durch An-
nahme einer angiomatösen Entartung der Höhlenschleimhaut erklären
zu können glaubte. — In der British laryngological Association fand
über die Behandlung der Höhleneiterung eine Discussion statt (Joum.
of larjoigol. Nr. 9), in welcher Northrup Mackenzie die Forde-
rung aufstellt, streng aseptisch zu operiren und stets den Inhalt der
Highmorshöhle bacteriologisch zu untersuchen. Bosworth hält für
die Eröffnung der Siebbeinhöhlen den zahnärztlichen Drillbohrer für
das zweckmässigste Instrument. Im übrigen bringt die sehr aus-
führliche Discussion nichts wesentlich Neues zu Tage. Ziem
(Joum. of laryngol. Nr. 10) empfiehlt die Eröffiaimg der Highmorshöhle
Krankheiten der Nase, iles Rachens etc. 473
mit einem Drillbohrer von der Alveole aus oder vom Raum zwischen
zwei Alveolen.
Burger (Volkmann's Vorträge Nr. 111) gibt ein neues Symptom Diagnose des
lur Empyem der Kieferhöhle an. Er fand, dass bei der Durch- Empyems
leuchtung der Höhle der Patient auf der freien Seite eine Licht- Highmors-
empfindung im Auge bekommt, welche auf der kranken Seite fehlt. höhle.
Zahlreiche anatomische und bacteriologische Einzelheiten bezüg- ^^^ '
lieh der Empyeme der Highmorshöhle und ein sehr reich-
haltiges Litteraturverzeichniss derselben bringt die Arbeit von
Dm ocho WS ky- Warschau (Archiv f. Laryngol. Bd. 3, H. 3). Dmochowsky.
Nolteni US-Bremen (Wiener med. Presse Nr. 21) beobachtete Seröse
in 37FäUen seröse Erkrankung der Oberkieferhöhle. Bei Erkrankung
der
der Punction entleerte sich eine klare, bernsteingelbe, schnell ge- Highmors-
rinnende Flüssigkeit. Da die Symptome nicht immer sicher sind, höhle,
so empfiehlt sich eine Probepunction von der Nase aus mit dem ^ ^
Kraus e'schen Troikart. Darauf wird der Inhalt mit einer Klyso-
pompe entleert. Für seröse Erkrankung pflegt dies einmal geübte
Verfahren zu genügen.
Delavan (Journal of laryngol. Nr. 8) bespricht ausführlich die Siebhein-
Operation des erkrankten Siebbeins und ihre Indicationen. ^^u^f" ^"^'
Wenn bei acutem Schnupfen sich Symptome von Retention in den
Nebenhöhlen einstellen, so genügt eine geeignete Behandlung der
Xasenschleimhaut, um Abschwellung und damit Freiwerden der Aus-
führungsgänge zu erzielen. In chronischen Fällen jedoch muss die
Siebbeinhöhle selbst in Angriff genommen werden. Zu diesem Zweck
wird ein Theil der Mittelmuschel resecirt, etwaige polypöse Neu-
bildungen entfernt und dann mit einem Bohrer oder scharfen Löifel
der Eingang in die Siebbeinhöhlen erzwungen. Aus der Höhlung
werden hypertrophische Schleimhaut und etwa vorhandene Se-
quester entfernt und dann mit desinficirenden Pulvern und Gaze-
tamponade nachbehandelt. Man soll jedoch nicht vergessen , dass
diese radicale Operationsmethode ein ziemlich gefährlicher Eingriff
ist, der nur in dringenden Fällen gewagt werden soll. Ist jedoch
der Eingriff gut überstanden, so sind irgendwelche functionelle Nach-
theile nicht zu befürchten.
S« Krankheiten des Mundes, des Rachens nnd des Nasenrachenraums.
Sigel- Berlin (Arch. f Laryngol. Bd. 3, H. 1 u. 2) gibt eine aus-
führliche und reich illustrirte Beschreibung der Mundseuche der
474 Michael.
Mund- Menschen (Maul- und Klauenseuche der Thiere). Selbst ein kurzer
seuclie, Auszug, der nur das Wesentlichste wiedergäbe, würde den Kaum
hier überschreiten ; deshalb beschränken wir uns darauf, auf die vor-
treffliche Arbeit zu verweisen.
Leuko- Ed. Schiff- Wien (Wiener klin. Rundschau Nr. 8) hält die
^q*h'ff' Leukoplakia oris nicht für so unzugänglich für die Therapie,
wie dies von anderen Seiten geschieht. Er hat bei der Behandlung
mit Lapis und Chromsäure gute Resultate erzielt. Es ist allerdings
wichtig, die Krankheit möglichst früh in Behandlung zu nehmen,
da die Umwandlung in Carcinom in Anbetracht der exorbitanten
Epithelentwickelung erfahrungsgemäss eine recht grosse ist.
Syphi- Li even- Aachen (Münch. med. Wochenschr. Nr. 22) hat nach
litische Trennungder syphilitischen Verwachsungen des weichen
Verwach- o j r &
sungendes Oaumens mit der harten Rachenwand von der Choane aus mit
weichen Hülfe eines Katheters einen dünnen Gummiballon an die Stelle det»
L^eve"*' gesetzten Defectes eingeführt, diesen durch einen Schlauch von
vom aus aufgeblasen und durch dies relativ wenig belästigende Ver-
fahren gute Resultate erzielt.
Mandel- Lemariet-Beaujou (Ann. des mal. de Toreille etc. Nr. 5) hat
Geschwülste, jj^^jy,Qj,Q gestielte Mandelgeschwülste untersucht und kam zu dem
Resultat, dass dieselben entweder eine accessorische Tonsille dar-
stellen oder dass ein Lappen der Tonsille oder die ganze hyi>er-
trophirt und sich in eine gestielte Geschwulst verwandelt.
Mandelstein, Ein sehr grosser Mandelstein wurde von Botey (Archivos
Botey, latinos, Febr.) aus einer stark geschwollenen schmerzhaften Mandel
entfernt,
ßeausoleil. C. Beausoleil (Mercredi m6dical, April 24) bekam einen Patienten
in Behandlung, der seit langer Zeit an starkem Fieber und Schling-
beschwerden litt. Die rechte Tonsille war stark geröthet und ge-
schwollen. Auf eine Incision entleerte sie neben Blut und Eiter
auch einen grossen Stein, nach dessen Entfernung sämmtliche Be-
schwerden bald verschwanden.
Chronischer j^q^ chronischen Rachenkatarrh, seine Ursachen und
katarrh, seine Behandlung bespricht Fink (Haug's klin. Vorträge Bd. 1, H. 5).
Fink,
Pharyngitis, Garel-Lj'^on (Ann. des mal. de Toreille, Februar) beobachtete eine
Garel. eigenthümliche Form von Pharyngitis, welche sich durch Chroni-
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 475
cität, hochgradige Empfindlichkeit der Schleimhaut, sehr »tarke
Hyperämie, die sich bis hinab auf die Stimmbänder erstreckt, und
durch eine gewisse Trockenheit auszeichnet. In allen Fällen, es
waren 21 , wies die Untersuchung des Urins Zucker oder Ei weiss
nach. Welchen dieser beiden Stoflfe man finden wird, lässt sich aus
dem Anblick der Pharyngitis im voraus nicht bestimmen. Stets
hat dieselbe jedoch einen pathologischen Urinbefund begleitet. Sie
ist oft das erste Symptom des betreffenden schweren Allgemeinleidens
und ihre Kenntniss deswegen von besonderem Interesse.
In einem Aufsatz, der die Veränderungen der Sprache bei
angeborenen Gaumendefecten behandelt, betont Gutzmann Sprache bei
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 39) insbesondere die Wichtigkeit, com- ^*«™^"-
plicirende Störungen, die durch Nasalstenosen, Katarrhe oder Neu- Gutzmann.
bildungdn des Rachens und Kehlkopfes hervorgerufen werden, einer
eingehenden Berücksichtigung zu unterziehen.
Ritter (Deutsche Medicinalztg. Nr. 78) macht darauf aufmerk- Angina
sam, dass Kinder mit cariösen Zähnen häufig an recidivirenden „ «ach
^ . Zahncaries,
Anginen leiden. In mehreren Fällen aus der Praxis des Verf. 's Ritter,
verschwand diese Disposition, nachdem einige cariöse Zähne ent-
fernt waren.
Eine wichtige Quelle für tuberculöse Infection des Mundes Mund-
fand J ar un t o WS ky- Posen (Münchener med. Wochenschr. Nr. 18) *^ ®5^" ^^^
gelegentlich der Untersuchung des Inhaltes einer cariösen Zahn- Zahncaries,
höhle. In derselben befanden sich zahllose Bacillen, ein Beweis Jaruntowsky.
dass derartige Höhlen Brutstätten für Tuberculöse bilden können
und schon aus diesem Grunde sorgfältig behandelt werden müssen.
Tidey- London (Journal of laryngol. Nr. 8) hat die Beob- Septische
achtung gemacht, dass septische Tonsillitis in vielen Pällen ^^^ ^'
von septischer Pneumonie gefolgt wird, und glaubt, dass derartige
Erkrankungen in derselben Weise aufzufassen sind wie z. B. Masern
und Scharlach, als eine Infection des ganzen Organismus, die an ein-
zelnen Organen zu Tage tritt. Die verursachenden Mikroorganismen
sind bei dieser Affection Streptokokken.
Der kürzlich verstorbene Entdecker der adenoiden Vegetationen, Wil-
helm Meyer in Kopenhagen, hat noch in diesem Jahre seinen letzten
interessanten Beitrag zur Kenntniss dieser Neubildungen geschrieben (Ho-
spitals tidende Nr. 6). Er hatte über die Verbreitung derselben folgende
Mittheilungen gesammelt. Bei den Eskimokindern in Grönland findet man
im Alter von 8 — 14 Jahren fast .stets Vegetationen mindestens in 75 7« ^^^
476 Michael.
Statistik Kinder, ebenso sind in Nord-Dacota die Indianerkinder meistens damit be-
^®' haftet. Chinesen und andere mongolische Völkerschaften, auch Mischlinge
Veireta- ^^^ Portugiesen und Mongolen zeigen häufig die Affection; selten wird sie
tionen, dagegen bei den Siamesen gefunden. In Sumatra fand man sie nur bei
Wilhelm Meyer. 3^2 Vo der eingeborenen Bevölkerung, auf der Insel Saparoa nur in 0,7*^/0.
Verf. kommt zu dem Resultat, dass die kaukasische ebenso wie die mongo-
lische Rasse zu Vegetationen disponirt ist; dass das kalte Klima der Ent-
wickelung derselben günstiger ist als das warme. Um zu erfahren, ob die
Krankheit von jeher bestanden, hat Verf. zahlreiche Büsten und Porträts aus
früherer Zeit auf den charakteristischen Gesichtsausdruck untersucht. Unter
berühmteren Persönlichkeiten konnte er sie mit Sicherheit constatiren bei
Canova, bei Karl V. und bei Franz II. von Frankreich. In der Gallerie
des Vatican finden sich einige Porträts mit ganz frappantem Ausdruck von
Vegetationen. An den Statuen griechischer Bildhauer, die ihre Modelle
zu idealisiren pflegen, findet man sie nie oder selten, häufiger bei römischen.
Jedenfalls ergibt diese Forschung das Resultat, dass die Vegetationen von
jeher bestanden haben.
Spontane Bekanntlich verschwinden meist die adenoiden Vegetationen
^^^^^^'^^'"'^^nach dem 12. Lebensjahr. Ueber die Vorgänge bei ihrer Rückbüdung
adenoiden hat d'Aguanno (Bolletino dell. mal. et delP orecchio etc., Oct.) Unter-
Vegeta- suchungen angestellt und ist zu dem Resultat gelangt, dass dieselbe
d'Aguanno. ^^^ Veränderungen in den Wandungen der ernährenden Gefasse
beruht.
In jedem Jahre werden eine Anzahl Todesfälle berichtet, die
bei der Operation adenoider Vegetationen oder Tonsillotomieen in der
Narkose vorgekommen sind. Das verhindert eine Anzahl Autoren
nicht, immer wieder zu empfehlen, diese Operationen unter Anwendung
narkotischer Mittel vorzunehmen, angeblich, weil dann gründlicher ope-
rirt werden kann. Bei der absoluten Harmlosigkeit dieser Geschwülste
hat das gründliche Operiren gar keinen Zweck, wenn es auf Kosten
Behandlung der Sicherheit des Patienten geschieht. Wilson (Med. Chron., Febr.)
, *^®y, wendet gar drei Anästhetica zu gleicher Zeit an, erst Lachgas, dann
adenoiden . ~, o j
Vegeta- Aether und schliesslich Chloroform. Hopman-Köln (Bresgen's
tionen, Samml. H. 5 u. 6) entfernt in einer Sitzimg in der Narkose Tonsillen
Hopman ^^^ Vegetationen. Unter 1106 Fällen hatte er nur einen Todesfall.
Baar, Baar (Lancet, Sept. 5) empfiehlt ebenfalls die Narkose, obgleich
Tesicr, ihm verschiedene Todesfälle bekannt sind. Tesier (Th^se de Paris)
empfiehlt Bromäthyl für Nasenoperationen. Er gibt Kindern bis zu
8 Jahren 5 g, älteren 10 g. £r bezeichnet diese Methode als neu;
weshalb ist nicht ersichtlich, denn dieselbe ist bereits vielfach er-
probt und verfügt sogar schon über eine Anzahl Todesfalle.
Krankheiten der Nase, des Rachens etc.
477
He pl er -Halle empfiehlt zur Beseitigung der adenoiden Kepler,
Vegetationen das neue Pharyngotom von Schütz (Münch. med.
Wochenschr. Nr. 24), Krebs (Ther. Monatsh., Juni) das Baginsky- Krebs,
sehe oder das Gottstein'sche Bingmesser.
Hobbs (Journal of Larjoig. Nr. 2) empfiehlt, für die Operation Hobbs.
der adenoiden Vegetationen anstatt der Zangen ein pincettartiges
Instrument anzuwenden.
4. Krankheiten des Kehlkopfs.
Eine sehr dankenswerthe Arbeit ist die sorgfältige Untersuchung
über Singstimme der Kinder von Paulsen-Kiel (Arch. f. Physiol. Singstimme,
Bd. 61), die Verf. an den Kindern der Kieler stadtischen Schulen angestellt Paulsen.
hat. An dieser Stelle kann dieselbe nur der Aufmerksamkeit der Interes-
senten empfohlen werden.
Haring (Journal of laryngol. Nr. 8) hat gefunden, dass bei lieber- Ueber-
anstrengung der Stimme die freien Stimmbandränder convex sind und *"^^'®^^^"^
sich mit ihrer Convexität bei der Phonation in der Mitte berühren , wäh- w»^«« '
rend vom und hinten ein Spalt bleibt. Auf das Vorhandensein des Spaltes
in der vorderen Partie ist deswegen zu achten, weil derselbe für die Dif-
ferentialdiagnose von Paralyse der Arytaenoidei von Wichtigkeit ist. Diese
Convexität der Stimmbandränder ist für den üeberanstrengungszustand
ebenso charakteristisch wie die Convexität für Katarrhe und Neurosen.
Haring.
Chiari (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 27) nimmt an, dass
Prolaps der Ventriculi Morgagni ausserordentlich selten vor-
kommen, dass dieser Zustand in den meisten der beschriebenen Fälle
durch Tumoren oder Bindegewebshypertrophieen vorgetäuscht sei.
Ein neuerer von ihm beobachteter Fall erwies sich mikroskopisch
als ödematöse Schleimhautfalte.
Ventrikel-
prolaps,
Chiari.
In Fällen von Verwachsungen und Verengerungen im Syphiii-
Rachen und Kehlkopf nach Lues machte P. Heymann ^^If^^®
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 30) die Erfahrung, dass es zwar Stenosen,
gelingt, das Fortschreiten von Ulcerationen durch geeignete Therapie P- Heymann,
zu vermeiden, dass es jedoch nicht möglich ist, den Process der
Vemarbung irgendwie zu beeinflussen. Wir sind daher gezwungen,
den Verlauf dieses Processes abzuwarten und dann die gebildeten
Stenosen in zweckmässiger Weise durch Messer, Galvanocauter oder
Bilatatorien nach Möglichkeit zu beseitigen.
Co rradi- Verona (Ann. des mal. de Poreille etc., Sept.) empfiehlt
bei Stenosen des Larynx die Dilatation mit Laminarien.
Bie Stäbchen werden in ähnlicher Weise eingeführt wie die Schrotte r-
478
Michael.
Behaiidluug sehen Bolzen. Sie haben den Vortheil, dass sie sich leicht einfuhren
^®' lassen und nicht wie metallene Dilatatoren, welche einen relativ
Stenosen, dicken Durchmesser besitzen müssen, um erweiternd zu wirken, Ver-
Corradi. letzungen der Schleimhaut hervorbringen.
Herpes
laryngis,
Secretan.
Secretan (Annal. pour mal. des oreilles etc. Nr. 8) beschreibt
im Anschluss an mehrere Fälle den Symptomencomplex des Herpes
laryngis. Bei einem Prodromalfieber, welches über 40° in die
Höhe gehen kann, folgt die Eruption zahlreicher Bläschen auf der
Larynxschleimhaut. Die Bläschen verschwinden nach einigen Tagen
wieder. Die Krankheit geht stets in Heilung über.
P a c h y-
dermia
laryngis,
Habermann.
Hab ermann -Graz (Prager Zeitschr. f. Heilk. Bd. 16) bat 14 Prä-
parate von Pachydermia laryngis anatomisch untersucht und
kommt zu folgenden Resultaten: In allen Fällen fanden sich hyper-
trophische Veränderungen des Bindegewebes derMucosaund Submucosa
des Stimm- und Taschenbandes. Oft finden sich polypenartige oder
papilläre Auswüchse einzelner Partieen. Am Processus vocalis findet
man starke Proliferation des Bindegewebes, die jedoch an den
Bändern desselben stärker ist als in der Mitte, so dass hier eine
Delle entsteht. Diese Anordnung ist wahrscheinlich durch Druck
der Spitzen des Processus vocalis gegen einander bei der Phonation
erzeugt. Oft entspricht die Delle an der einen einer Vorwölbung an
der anderen Seite. Das Plattenepithel war an manchen Stellen in
eine Homschicht verwandelt. In einigen Fällen wurden Geschwüre
und Oedeme beobachtet.
Thost (Monatsschr. f. Ohrenheilk.) bespricht den Infectionsmodus
bei der Kehlkopftuberculose. Er glaubt, dass eine Infection durch
tuberculose ^® Blutbahn relativ selten ist, dass dagegen der gewöhnliche Weg
Thost, der ist, dass das tuberculose Sputum in die Larynxschleimhaut ein-
dringt und dieselbe inficirt. Anämische Gefangene und Beconvales*
centen sind für diese Infection besonders empfänglich,
(ileitaraann. Eine Publication Gleitsmann^s (New York medical Journal,
Oct. 19) über denselben Gegenstand ist durch das ausserordentlich
Klinisches reichhaltige Litteraturverzeichniss bemerkenswerth. Bonfiglio
Bild der lieferte in den Archivii ital. di laringoL, Ott. eine ausfuhrliche Be-
Larynx- , i t j • -r-i n
t ab er cui ose, Schreibung der primären Larynxtuberculose. In drei Fällen
Bonflgiio. fand Verf. eine manifeste Larynxtuberculose, ohne dass sich in
anderen Organen irgend eine Veränderung nachweisen liess. In
zwei der Fälle fanden sich Geschwüre auf den Stimmbändern, und
im dritten handelte es sich um einen Tumor. Derselbe wurde ex-
Pathogenese
der
Krankheiten der Nase, des Rachens etc.
479
Heryng,
Krause,
stirpirt und durch histologisch-bacteriologische Untersuchung die
Diagnose sicher gestellt.
In der British laryngological Association (Joum. of laryngol. Nr. 8)
besprachen Krause und Heryng die von ihnen seiner Zeit inaugu- Behandlung
rirte Localbehandlung der Larynxtuberculose. Krause ^^^
Larynx-
meint, dass man in der Wahl der Fälle nicht so zurückhaltend zutaijerculose,
sein brauche, wie das von manchen Autoren empfohlen wird, denn
auch diejenigen, deren Lungenstatus so ungünstig ist, dass eine
Heilung nicht mehr erwartet werden kann, finden durch die chirur-
gische Behandlung Erleichterung ihrer localen Beschwerden. An
der Technik der Operation haben die Erfahrungen der letzten Jahre
nichts geändert; doch haben dieselben gezeigt, dass man sehr tief
imd ausgiebig operiren kann. Recidive kommen im Larynx seltener
vor als in den Lungen. Heryng hebt die Hauptindicationen der
Behandlung hervor. In erster Linie ist es die Dysphagie, welche uns
veranlassen soll, operativ einzugreifen. Eine zweckmässige diäteti-
sche und klimatische Behandlung soll der operativen stets folgen.
Tuberculöse Ulcera können spontan heilen, doch wird diese Heüung
durch Entfernung des Krankhaften unterstützt. Die Operation ist
besonders indicirt bei Erkrankung der Epiglottis, bei hartnäckigen
tubercidösen Tumoren, bei partieller Erkrankung des Kehlkopfs;
contraindicirt sind die Eingriffe bei acuter Miliartuberculose. Bei
hochgradigen Stenosen ist die Tracheotomie voranzuschicken. Vor
der Operation wird Cocain, nach derselben Py oktanin applicirt. Fast
die ganze obere Larynxpartie ist der Behandlung zugänglich. Der
Erfolg der Operation hängt ab von der localen Ausbreitung, dem
Allgemeinzustand, dem Lungenstatus, dem Alter, dem Temperament
und der Beschäftigung des Kranken, ö^r Geschicklichkeit des Ope-
rateurs. Die Prognose ist immer zweifelhaft zu stellen. Gleitsmann Gleitsmann,
schliesst sich im wesentlichen den ausgesprochenen Anschauungen
an, ebenso In g als, während Wright sich skeptisch verhält. Ein
grosser Theil der ferneren Redner schliesst sich den ausgesprochenen
Anschauungen von Krause und Heryng an.
Hajek (Centralbl. f. Ther. Nr. 2) empfiehlt die Curettage, um
local begrenzte Heerde auszuräumen, geschwulstförmige stenosirende
Massen zu entfernen. Sie eignet sich jedoch nur für Patienten mit
gutem Allgemeinzustand und localer Begrenzung im Larynx. Zu-
weilen erweist sich die Tracheotomie sehr segensreich. Ueber die
Larynxspaltung liegen noch nicht genügend Erfahrungen vor.
Einen seltenen Fall von Heilung einer fortgeschrittenen Larynx-
tuberculosezeigteA.RosenberginderBerl. med.Gesellsch., 6. Febr.
Ingals,
Wright,
Hajek.
480 Michael.
Behandlung Im Jahre 1887 kam Patient in Behandlung mit ausgedehnten Ulce-
^ ^®^ rationen, welche die hintere Larynxwand, beide Taschen- und Stimm-
Larynx- , .
tubercuiose, bänder einnahmen. Die Diagnose wurde durch Bacillenbefund be-
A. Rosenberg, stätigt. Die Behandlung bestand in Mentholinhalationen und -Pinse-
lungen. Jetzt befindet sich Patient vollständig wohl. Beide Taschen-
bänder sind narbig so sehr retrahirt, dass man die Stimmbänder in
vollständiger Breite sehen kann. Die Stimmbänder sind an den
Rändern ebenfalls narbig verändert. Patient lebt in dürftigen Ver-
hältnissen imd kann als Lehrer seinen Kehlkopf nicht schonen.
Subgiot- Ferreri (Archivio ital. di otologia Heft 2) beschreibt die sub-
1 18 che crlottischen benignen Tumoren. Diese Tumoren sind, wenn sie zur
benigne ^ ® . .
Tumoren, Beobachtung kommen, stets grösser als die Stimmbandtumoren.
Ferren. "Dies liegt daran, weil dieselben, solange sie klein sind, keinerlei Sym-
ptome machen imd erst wenn sie Athembeschwerden verursachen,
die Patienten veranlassen, ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen.
Die beobachteten Geschwülste waren theils Mjrxome, theils Fibrome.
In den beiden von ihm beobachteten Fällen war Verf. im Stande
per vias naturales zu operiren, doch war in manchen anderen Fällen
die Tracheotomie und Spaltung des Kehlkopfs zur Entfernung des
Neoplasmas nothwendig. In einem dritten vom Verf. beobachteten
Falle von subglottischem Fibrom (Archiv, di otologia etc. Heft 4)
war die Schwangerschaft von ausgesprochenem Einfluss auf die Ent-
wickelung des Timiors. Patientin war schon in zwei früheren
Schwangerschaften heiser gewesen; doch hatte sich dies später von
selbst verloren. Bei ihrer dritten Schwangerschaft erkrankte sie in
der Mitte der Zeit an Heiserkeit und Athemnoth, als deren Ursache
sich ein schnell wachsendes Fibrom ergab. Es gelang, sie bis zum
Ende der Gravidität mit Intubation hinzuhalten. Einige Wochen
nach der Entbindung entfernte Verf. den Tumor mit der schneiden-
den Zange.
Larynx- Powers und White (Medical Record Nr. 12) bringen eine Zu-
ex9tirpationga,ji,jienstellung von 309 Fällen partieller oder totaler Larynx-
bei malignen x • . • i« m -x i -n-n
Tumoren, exstirpation wegen maligner Tumoren mit sechs neuen Fallen.
Powers u. 101 Fälle = 32 ®/o starben infolge der Operation durch Shok, Hämor-
^^ *»»te, rhagie, Pneumonie, septische Infection oder Erschöpfung. Bei Total-
exstirpation betrug die Mortalität 36 ^/o, bei partieller nur 27*'o,
Nur 10°|o der Ueberlebenden waren nach 3 Jahren noch recidiv-
frei. Von letzteren bekamen nur wenige später Recidive nach Ab-
lauf von 3 Jahren.
Krankheiten der- Nase, des Rachens etc. 481
Pean berichtet über einen Fall (Bulletin de Tacademie de m^de- P^an.
eine Nr. 3), in welchem wegen malignen Tumors des Larynx
auch die untere Hälfte des Pharynx und die obere Partie des
Oesophagus entfernt wurde. Durch eine zweckmässige Prothese
wurde ein bezüglich der Sprache und des Schluckens zufrieden-
stellendes Resultat erreicht.
Rhino-
Baurowicz-Krakau (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 22) hat sklerom bei
zahlreiche Fälle von sog. Chorditis inferior hypertrophica Chorditi»
untersucht und stets Rhinosklerombacillen gefunden. Baurowicz
Roemisch-Freiburg i. Br. (Arch. f. Lar3Tigol. Bd. 2, H. 3) fand Becnrrens-
in 39 Fällen von Recurrenslähmung 13mal ein abnormes Ver- lai»mniig,
halten der Epiglottis. Beim ruhigen Athmen wurde einmal eine
zuckende Bewegung des Kehlkopfs nach der gesimden Seite gesehen.
Bei der Phonation wurde eine ähnliche Bewegung verbunden mit
einer Erhebung des Kehldeckels 11 mal beobachtet (Schrötter sah
in einem Falle eine zuckende Bewegung nach der kranken Seite
hinK Als Ursache dieser Bewegung musste eine Contraction des
M. aryepiglotticus der gesunden Seite bei Ausfall dieses Muskels
auf der gelähmten Seite angesehen werden. Dass nur bei einem
bestimmten Procentsatz der Fälle die Erscheinung auftritt, deutet
darauf hin, dass die Innervationsverhältnisse des Kehlkopfs bei ver-
schiedenen Individuen derselben Species verschieden sein können.
Roemisch (Arch. f. Laryngol. Bd. 3, H. 1 u. 2) bespricht sehr Roemisch.
ausführlich das Verhalten des Aryknorpels bei Recurrens-
lahmungen. Das wichtigste Resultat ist, dass die Zuckungen des
Aiyknorpels der gelähmten Seite durch Zug der gesunden Seite,
durch den Interarytänoidmuskel übertragen, au.sgelö.st werden.
S c h e i e r (Wiener med. Presse Nr. 23 u. 24) beschreibt einen c o o rd i n a-
Fall von Coordinationsstörung des Kehlkopfs, welche dem tion»-
Bilde der seiner Zeit von Michael beschriebenen Dyspnoea spastica Kahlkopf«,
entspricht. Die betreffende Patientin brauchte jedoch nicht wie der rti:h»MT.
erwähnte Fall tracheotomirt zu werden, doch blieb sie eben falls
trotz aller angewandten Mittel ungeheilt.
Die Casuistik der posttyphösen Lähmungen wurden durch
Lublinski (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 20j um mehrere Fälle po*»-
vermehrt, von denen zwei die Tracheotomie erforderlich macht«;n. 'yi'Ji"*"
In den anderen Fällen trat nach einigen Wochen Heilung ein. Kn i^hmun«
waren einseitige oder doppelseitige PosticiMlährnungen. t.iWlri»hi.
Jabibach der pnctbehem Jfedidii. HM. 3}
482 Michael.
Diphtherie-
mittel:
Mangan- 5. Krankheiten der Luftröhre.
saures
^**'°°' Durch die Serumtherapie (welche von anderer Seite bearbeitet
Gatrin. r \
Magnesium- ^^^^ ^^t die Zahl der anderen unfehlbaren Diphtheriemittel gegen
Sulfid, das vorige Jahr wesentlich vermindert. Catrin (Bulletin des höp.,
Martin. j^- 27^ empfiehlt mangansaures Natron, Martin (Lancet, Febr. 9)
super oxyd, Magnesiumsulfid, Navratil (Wiener med. Wochenschr. Nr. 4) Wasser-
Navratil. stofFsuperoxyd , Wall 6 (Deutsche Medicinalztg. Nr. 10) Salaktol,
Wall6. ' Draer (Wiener klin. Rundschau Nr. 10) Sozojodol.
Sozojodol,
Draer. Buchholz (Petersb. med. Wochenschr. Nr. 24) beobachtete in
Nach-
blutungen zwei Fällen von Tracheotomie nach Diphtherie tödtliche Nach-
*>«> blutungen. In beiden Fällen fand er bei der Section eine Per-
.^_. * foration des Truncus anonvmus durch Canül endruck,
tomie,
Buchholz. Kobler (Wiener klin. Rundschau Nr. 12 — 18) stellt in einer
ausgezeichneten Arbeit zahlreiche eigene und fremde Beobachtungen
Fremd- über Fremdkörper in der Trachea und in den Bronchien
körper in zusammen und gelangt zu folgenden Schlüssen bezüglich der Therapie:
Kobler. ' ^^^ Fehlen von krankhaften Erscheinungen ist das Vorhandensein
eines Fremdkörpers an und für sich keine Indication zur Einleitung
von Extractionsversuchen, doch soll das betreffende Individuum stets
unter wachsamer Aufsicht des Arztes sein. Treten durch den Fremd-
körper irgend welche krankhafte Symptome auf oder haben sich con-
secutive Zustände eingestellt und ist das Vorhandensein des Fremd-
körpers noch erwiesen, d. h. nicht etwa anzunehmen, dass er schon ex-
pectorirt sei, oder ist er frei beweglich und damit die Gefahr des
Hineingelangens in die Glottis gegeben, so ist die Tracheotomie vorzu-
nehmen, an welche dann Expulsionsversuche durch Hustenreize und
Brechmittel, eventuell Extractionsversuche anzuschliessen sind.
In einem Fall von syphilitischer Stenose der Trachea
Sy p h i 1 i- und des linken Hauptbronchus vermochte Sei f f e r t - Würzburg ( Münch.
tische j^^^i Wochenschr. Nr. 31) durch Katheterisation der Luftröhre und
Tracheal-
Btenoae, des linken Bronchus eine bedeutende Besserung zu erzielen. Verf.
Seiffert. verwendete Schlimdsonden mit unten abgerundetem Ende, welche
er 32 cm von den Schneidezähnen aus einfuhren konnte.
Trauma- CoUey (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 40) hat in einem
tische Falle von traumatischer Strictur der Trachea einige Ringe
Strictur der . ® ^
Trachea, derselben resecirt und dann genäht. Der Fall ist geheilt. Versuche
coUey. an Thieren ergaben, dass es am zweckmässigsten sei, die Trachea
in Bajonettform auszuschneiden, so dass die vorderen Hälften der
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 483
oberen mit den hinteren der unteren Einge durch Naht vereinigt
werden können.
ijihaiigr. Krankheiten der Schilddrüse und Myxödem.
Eine sehr ausfuhrliche Schilderung des Myxödems bringt
Pel (Volkmann's klin. Vorträge Nr. 23). Die Krankheit entsteht Krankheits-
häufiger beim weiblichen Geschlecht. Das Alter von 30 — 50 Jahren ^iiddes
ist am meisten geiährdet. Die grössere Häungkeit der Krankheit pei.
in manchen Gegenden ist bisher nicht erklärt. Beim Zusammen»
treffen des Myxödems mit anderen Krankheiten handelt es sich nur
um zufälliges Zusammentreffen. Woher die der Krankheit zu Grunde
hegende Atrophie der Schilddrüse kommt, ist unbekannt. Die
fxmctionellen Störungen sind depressiver Natur, als Benommenheit,
Torpidität und Gedächtnissschwäche. Die auffallendsten Erschei-
nungen treten an der Haut auf. Sie schwillt an, wird hart und ge-
spannt. Das Gesicht bekommt einen ganz charakteristischen Aus-
druck. Die Haare sind trocken, spröde und fallen leicht aus. Der
therapeutische Gebrauch von Schilddrüse ist ausserordentlich zuver-
lässig in seiner Wirkung.
Durch die therapeutische Verwendung der Schilddrüse gewannen
auch die durch übermässigen Gebrauch derselben hervorgebrachten
Erscheinungen grosses Interesse. B u s c h a n (Deutsche med. Wochen- Schild-
schrifb Nr. 44) hat derartige Versuche an sich angestellt, aber ob- drüsen-
gleich er relativ grosse Mengen der Drüse zu sich nahm, die Myxödems,
Erscheinungen von Thyreoidismus nicht bekommen. Ei führte das Buschan,
auf seine Lebensweise (er geniesst wenig Fleisch und gar keine
AlkohoUca) zurück. Er begründet diese Anschauung auf die Ana-
logie mit Thierversuchen , welche ergaben, dass alle von der
Thyreoidea abhängigen Erscheinungen bei Pflanzenfressern gar nicht
oder nur in geringem Maasse auftreten. Bei Katzen tritt nach Ex-
stirpation der Schilddrüse sofort Tetanie ein, wenn man sie mit
Fleisch futtert, während man durch Milchfütterung die Anfälle hintan-
halten kann.
In einem dauernd geheilt gebliebenen Fall von Myxödem beob-
achtete Ewald (Berl. medicin. Gesellsch., 10. Juni) das Auftreten von Ewald.
Zucker im Harn seit dem Beginn der Behandlung mit Thyreoidtabletten.
Auch nach dem Aussetzen der Behandlung erhielt sich der Zucker-
gehalt. Er ist jetzt 1,7 °/o , steigt aber zeitweilig trotz einer im
ganzen antidiabetischen Diät auf 6 ^/o. Die Glykosurie, es handelt sich
um rechtsdrehenden Zucker, macht durchaus keine Erscheinungen.
484 Michael.
Patient ist in jeder Beziehung vollständig wohl. Bisweilen auf-
tretendes Druckgefiihl über den Augen wird durch den Gebrauch
von ein bis zwei Tabletten schnell beseitigt.
Schild- Kocher (Schweizer Corresp.-Bl. Nr. 1) fand, das« die Fütterung
dräsen- mit Schilddrüse bei Myxödem und Cachexia strumipriva vorzügliche
Myxödem** Erfolge gibt. Auch 90 °/o der Kröpfe kann man durch diese Be-
Rocher. handlung verkleinern, indessen ist die Zahl der mit Jod zu beein-
flussenden Fälle ebenso gross. Die Thyreoideabehandlung hat des-
halb hier keinen besonderen Vorzug. Beim Morbus Basedowii ist
umgekehrt ein Ueberfluss an Schilddrüsensecretion die Ursache der
Symptome. ELier kann man daher durch Verkleinerung der Drüse
Besserung erzielen. Bei der Fxothyreopexie (der Verlagerung der
die Trachea comprimirenden Schilddrüse) wird durch Druck auf die
Drüse während der Operation zuweilen der Organismus mit Schild-
drüsensecret überschwemmt. Dadurch entstehen bisweilen den
Basedo waschen ähnliche Symptome, welche erst nach einiger Zeit
wieder verschwinden.
Ueber die Schilddrüsentherapie siehe auch S. 568.
Thyreoiditis Holger Mygind (Journal of laryng. Nr. 3) beschreibt im
aontft, Anschluss an einen beobachteten Fall die Symptome der seltenen
Thyreoiditis acuta. Ueber die Aetiologie ist nichts Sicheres be-
kannt; die Krankheit tritt nach Erkältungen oder ohne jede nach-
weisbare Ursache auf; sie wird meistens in den Jahren von 20 bis
40 beobachtet. Da es keinen zur Section gekommenen Fall gibt,
lässt sich über die pathologische Anatomie wenig sagen. Die
Krankheit beginnt mit starkem Fieber. In wenigen Tagen schwillt
die Schilddrüse auf beiden Seiten bis zu Hühnereigrösse. Die
Haut erscheint meist nicht infiltrirt, zuweilen ist sie geröthet; die
Localtemperatur scheint erhöht. Die Schwellung verschwindet in
wenigen Tagen, lässt aber häufig nachweisbare verhärtete Partieen
in der Drüse zurück. Die subjectiven Symptome sind Dysphagie,
Dyspnoe, Heiserkeit und Husten, zuweilen auch Stauungserscheinungen
durch Compression der grossen Halsgefässe. Die Diagnose ist leicht,
weil die Erscheinungen sehr charakteristisch sind; die Behandlung
hat in Antiphlogose zu bestehen.
Jeanselme. Nach Jeans elme (Gaz. des h6p., Febr. 2) entsteht Strumitis
stets durch Infection. Dieselbe wird im Anschluss an fast sämmt-
liehe Infectionskrankheiten beobachtet, geht je nach ihrer Intensität
direct in Heilung oder in Vereiterung oder in Gangrän über.
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 485
Lehrbücher und Monographieen.
Stoerk, Die Erkrankungen der Nase, des Rachens und des Kehlkopfes.
Wien.
Bresgen- Frankfurt a. M., Krankheiten und Behandlungsweisen der Nasen-,
Mund- und Rachenhdhle, sowie des Kehlkopfs und der Luftröhre.
3. Aufl. Wien.
Fl atau -Berlin, Nasen-, Rachen- und Kehlkopfkrankheiten. Berlin.
Grünwald- München, Lehre von den Nafleneiterungen. 2. Aufl.
Joal- Paris, Respiration en chant. Paris.
Botey-Barcelona, Estudios clinicos sobre laringologia, otologia y rinologia.
4. fasciculo: Inglaterra. Madrid.
Onodi-Pest, Innervation des Kehlkopfs. Wien.
Seiffert und Kahn, AÜas der Histopathologie der Nase, der Mundrachen-
höhle und des Kehlkopfs. Mit 77 Bildern auf 40 chromolithographirten
Tafeln und 8 Holzschnitten im Text. Wiesbaden.
Schnitzler, Klinischer Atlas der Laryngologie und Rhinologie mit Text
von Kajek und A. Schnitzler. 7. (Schluss-)Lieferang. Wien.
Braumüller.
Kahnt, Ueber entzündliche Krankheiten der Stirnhöhle und ihre Folge-
zustände. Wiesbaden.
vm.
Haut- und venerisclie Erankheiten.
Von Dr. Max Joseph in Berlin.
A. Hautkrankheiten.
I. Anatomie und Physiologie.
In ihren eingehenden Untersuchungen zur Kenntniss des Eleidins in
E 1 e i d i u , normaler und pathologisch veränderter Haut kommen D r e y s e 1 und 0 p p 1 e r
Dreyselu. (^rch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 30, H. 1) zu einer Bestätigung der Be-
^^ ^' Schreibungen Buzzi's. Auch nach ihren Beobachtungen ist das EleTdin
eine Substanz von zähflüssiger Beschaffenheit, die sich überall im Stratum
lucidum der menschlichen Haut, in der Begrenzung der Haarbälge und
an den die Homschicht durchsetzenden Partieen der Schweissdrüsenaus-
führungsgänge, in Gestalt von feinen Tropfen und Tröpfchen und grösseren
Lachen findet. In den Schleimhäuten ist das Eleidin nur an den lieber-
gangsstellen zur Haut und auch da nur in ganz geringer Menge zu con-
statiren. Kurze Alkoholhärtung hat auf die Färbbarkeit und Gonsistenz de»
Klel'dins keinen wesentlichen Einfluss. Seine Darstellung in alkoholgehärteter
Haut ist demnach am einfachsten. Die Färbung gelingt am besten in Pikro-
carminammoniak und sulfosaurem Nigrosin. Das EleÜdin wird durch die
Färbung gewissermassen fixirt und zeigt nach derselben gewissen chemischen
Einwirkungen gegenüber eine wesentlich vermehrte Widerstandsfähigkeit.
Der Gehalt der Epidermis an Elei'din ist nicht immer proportional dem an
Keratohyalin , an normaler Haut ist er im allgemeinen abhängig von der
Dicke der Homschicht und daher am grössten an den Fussaohlen und an
den Fingerbeeren. Bei ihren zahlreichen Untersuchungen an pathologisch
veränderter Haut fanden die Verfasser, dass bei reinen Hyperkeratosen
eine Vermehrung des Elel'dins wie des Keratohyalins vorhanden ist. Bei
Krankheiten, welche wesentlich mit Verhomungsanomalieen einhergehen.
Parakeratosen, geht das EleYdin vollständiger und zeitiger zu Grunde als
das Keratohyalin und ist nie gefunden worden, wenn die Kerne im Stratum
Haut- und venerische Krankheiten. 487
oomeum ihre ("arbbarkeit bewahrt hatten, auch wenn Keratohyalin an
solchen Stellen nachweisbar war. Im Molluscum contagiosum ist auch das
Eleidin, ebenso wie das Keratohyalin, und zwar zwischen keratohyalin-
haltiger und eigentlicher Homschicht sehr stark vermehrt.
Bei seinen Untersuchungen über die normale und pathologische
Histologie des ünterhautfettgewebes kommt L. Heitzmann Fettgewebe,
(Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 32) zu dem Schlüsse , dass die Fettkugel Heitzmann.
keineswegs eine einzige und einfache ZeUe darstelle. Sie ist im Gegentheil
daä Product einer ganzen Anzahl von Protoplasmakörpern. Die Mastzellen
hält er für die Vorläufer der Fettkugelbildung. Er hält es für möglich,
dass durch die Mastzellen die Bildung von Fettkugeln eingeleitet werde
in ähnlicher Weise, wie bei dem Ossificationsprocesse häufig eine Kalk-
ablagerung in einzelnen Protoplasmakörpern vorausgeht.
II. Pathologie und Therapie.
1. Entzündliche Dermatosen.
TJeber das Verbältniss von Schuppenflechte zu Ge-
lenkerkrankungen berichtet Eger (Berl, klin. Wochenschrift Psoriasis,
Nr. 27) im Anschluss an die früheren Mittheilungen Gerhardt's '^^^'
(cf. dieses Jahrb. 1895, S. 451). Er konnte drei einschlägige Beob-
achtungen sammeln. In dem einen Falle trat die Gelenkaffection
und die Schuppenfiechte auf im Gefolge einer schweren nervösen
Erkrankimg, Verstinmiung , wüthender Kopfschmerzen mit Brech-
reiz, welche letzteren den Kranken auch später neben Schlaflosig-
keit häufig heimsuchten. In der zweiten Beobachtung litt die Mutter
an Paralysis agitans, die Schwester an verschiedenen Nerven-
störungen. Während diese beiden Patienten durch eigenartige Ge-
lenkaffectionen ihre Zusammengehörigkeit zu den Gerhardt'schen
und Bourdillon'schen Beobachtungen erweisen, tritt bei dem
dritten Falle eigenthümlicherweise eine schwere, in ihrer Eigenart
ganz an die Bourdillon'schen Psoriasiskranken erinnernde Ge-
lenkkrankheit bei der Mutter der Kranken auf, sie bleibt von Pso-
riasis, der an dieser leidende Sohn dagegen von der Gelenkaffection
frei. Während in den Gerhard tischen Fällen die Psoriasis dem
Gelenkleiden voranging, trat bei diesen Kranken die arthritische
Affection zuerst auf. Bei dem einen ging sie viele Jahre, bei dem
anderen wenige Wochen oder Tage der Psoriasis voraus. Die grosse
Hartnäckigkeit der rheimiatischen Erkrankung, das Freibleiben des
Herzens und die gänzliche Erfolglosigkeit der Salicylpräparate traten
488 Joseph.
auch hier wieder als pathognomonisches Symptom in den Vorder-
grund.
Ueber einen sehr interessanten Fall von vaccinaler Pso-
Psoriasis riasis berichtet Rioblanc (Annal. de Dermat. et deS3rphil. Nr. 10).
vaccinalis, -ß^j einem Soldaten verwandelten sich nach der Impfung zuei-st die
Rioblanc. , p •
Pusteln in Psoriasisplaques, kurze Zeit darauf entstand eine all-
gemeine Psoriasis vulgaris, die unter Arsengebrauch abheilte.
Psoriasis- Nach Bulkley's Statistik (Transactions of the medical society
Verbreitung, q£ ^j^^ state of New York) machte die Psoriasis etwa 4*/o aller Haut-
krankheiten aus. Männer und Frauen waren etwa zu gleichen
Theilen betroffen, meist im Alter von 20 — 35 Jahren. Nur in 56
von 366 Fällen bestand Heredität. Therapeutisch empfiehlt er den
innerlichen Gebrauch von Alkalien neben localer Behandlung.
Psoriasis- Ref. (Deutsche Aerzte-Zeitung Nr. 15) gibt eine Uebersicht
behandlung, ü^^r 333 von ihm behandelte Fälle von Psoriasis. Die Er-
krankung beginnt mit Vorliebe während der Entwickelungsjahre,
sowie des mittleren Lebensalters aufzutreten, verschont blieb nur
das allererste Kindesalter. Am erfolgreichsten wirkt das Chrys-
arobin (1:10 Traumaticin) , als Ersatz empfiehlt sich für den Kopf
und das Gesicht eine 10"/oige Pyrogallolsalbe. Der Pyrogallussaure
am nächsten in der Schnelligkeit des Erfolges steht das GaUanol
oder Gallussäureanilid in Form einer 10^/oigen Traumati cinlösung
oder 10^/oigen Salbe. Am langsamsten wird die Psoriasis durch die
weisse Präcipitatsalbe beeinflusst. Innere Mittel, vor allem Arsen»
sind nicht zu vernachlässigen.
Die von Bramwell zuerst vorgeschlagene Behandlung der
-Thyreoidea- Psoriasis mit Thyreoideaextract wurde von Thibierge
extract (Annal. de Dermat. et de Syphil. Nr. 8 u. 9) an 11 Fällen sorg-
Psoriasis ^^tig geprüft. Die Behandlungsdauer schwankte zwischen 18 und
Tiiibierge, 54 Tagen.' Die Resultate der Behandlung waren durchaus negativ,
häufig trat überhaupt keine Wirkung ein, mitunter war sie so lang-
sam, dass Arzt und Patient die Geduld verloren. Verf. will daher
diese Behandlung nur auf diejenigen Fälle beschränkt wissen, in
welchen jede andere Methode fehlschlug.
Preece, P r e e c e (The British med. Journ., 80. März) behandelte eine 26jährige
Dame, welche an einer sehr weit ausgebreiteten Psoriasis litt, ebenfalls mit
Thyreoideaextract. Die Psoriasis war in der Familie erblich, und die Pa-
tientin hatte, so lange sie sich erinnern konnte, daran gelitten. Es wurden
zuerst 4 Tabletten täglich gegeben, und nach 1 Woche war bereits merk-
liche Besserung zu constatiren, man stieg bis auf 6 Tabletten. Hierbei
stellte sich Kopfschmerz und Schwindel ein, so dass die Dosis auf 1 Tablette
Haut- und venerische Krankheiten. 489
täglich vermindert werden musste. Dann stieg Verf. wieder bis auf 6 Ta-
bletten, worunter schliesslich Heilung eintrat.
Im Gegensatze dazu sah Purdon (The Dublin Journ. of med. science Purdoti.
Nr. 1) wiederum von der Anwendung der Thyreoidtabletten bei Psoriasis
schlechte Erfolge.
Wohl der jüngste aller bisher beobachteten Psoriasisfälle ist ein von Psoriasis
Rille beschriebener (Wien. med. Wochenschr.). Das Kind kam im Alter bei Neu-
von 5V« Wochen zur Beobachtung und nach Angabe der Mutter soll schon ^* p^n "^"*
am 5. oder 6. Lebenstage die Psoriasis aufgetreten sein.
In den meisten Fällen von Nephritis resp. Albuminurie bei
Ekzem ist ein toxisch wirkendes Medicament als Ursache der Nieren-
veränderung anzusehen. Nur ziemlich vereinzelt wird darauf hin-
gewiesen, dass auch die HautafFection an sich im Stande sei,
eine Nephritis zu erzeugen. Und doch kommt letztere wohl nicht
ganz selten vor. Daher veröffentlicht C. Brubns (Mehrere Fälle Ekzem und
von acuter Nephritis bei Ekzem. Berl. klin. Wochenschrift Nephritis,
... . . . . Brunns.
Nr. 28) aus der medicinischen Klinik zu Leipzig sechs Kranken-
geschichten, in denen im Gefolge des Ekzems eine acute, bestimmt
nicht auf medicamentösen Einflüssen beruhende Nephritis beobachtet
wurde. Die Ekzeme waren theils primäre tbeils Scabiesekzeme.
Die Nephritis wurde während der Ekzembehandlung in ihrer Ent-
stehung von Anfang an und meist auch in ihrem Verlaufe bis zur
Heilung genau beobachtet. Es handelt sich hierbei um acut ent-
standene Nephritiden, die zum Theil mit Sicherheit, zum Theil mit
grösster Wahrscheinlichkeit auf die HautafFection an sich und nicht
auf dabei verwandte Medicamente zurückzufuhren waren. Ueber
die Art dieser Entstehung einer Nephritis als Folge einer Haut-
erkrankung sind wir allerdings noch vollkommen im unklaren.
Verf. glaubt mit einiger Wahrscheinlichkeit, dass bei der Entstehung
der Ekzemnephritis eine gewisse Disposition des Individuums mit-
spiele. Denn während sehr viele Kranke mit universellem Ekzem
gar keine Nierenstörung zeigen, acquiriren andere eine Nephritis,
bei denen die Ekzeme sich gar nicht einmal über den ganzen Körper
zu erstrecken brauchen.
Qalezowslii.
Galezowski (Annal. de Dermatol. et de Sjrphü. Nr. 4) weist Ekzem-
mit Recht auf die schwere Heilbarkeit der Ekzeme an den J^herapie,
Augenlidern hin. Bei grosser Reizbarkeit der Haut verwendet
er mit grossem Erfolge Calomel rein und gemischt mit Acid. boric.
pulv. Bei mehreren Kranken musste er den Gebrauch von Flüssig-
keiten und Salben unterlassen, da beide immer Beizung hervorriefen;
490 Joseph.
hier benuzte er Douchen resp. Spray von folgender Lösung : Naphthol
0,06, Acid. carbol. 10,0, Aq. destiU. 100,0.
Impetigo Bei dem von B. Schulze (Arch. f. Dermatol. u. Syphil. Bd. 30)
herpeti- beobachteten Falle von Impetigo herpetiformis handelte es sich um
B. Schulze, die zweite Erkrankung derselben Person. Auffallenderweise war die
erste Erkrankung in den letzten Monaten der sechsten Schwanger-
schaft aufgetreten imd hatte über die siebente hinaus angehalten.
Erst bei der neunten Gravidität trat eine neue Erlu*ankung auf,
während der Verlauf der dazwischen liegenden achten und die Ge-
burt des achten Kindes keinerlei Beschwerden oder Krankkeits-
Symptome hervorrief. Die Schleimhaut war intact. Die sonst mit
Vorliebe befallenen Inguinalfalten waren frei, ebenso die Ellbogen
und Füsse, sowie der behaarte Kopf. Eine wesentliche Besserung
trat sofort nach der Geburt des Kindes, welches übrigens voll-
kommen gesund blieb, ein. Es erfolgte später Heilung.
Behandlung In einem Falle von Pityriasis rubra sah Scatchard (The
^V . British med. Joum., 30. März) bei einer 72jälirigen Frau einen guten
rubra mit Erfolg von der Thjn'eoidbehandlung. Infolge der Hauterkrankung,
Thyreoid- >^elche im Verlaufe ungefähr eines Jahres sich fast über den ganzen
Scatchard. Körper ausgebreitet hatte, waren Appetitmangel, Gewichtsverlust und
psychische Depression eingetreten. Nachdem vielfach therapeutische
Massregeln fehlgeschlagen hatten, bekam die Patientin ^t — 1 Th3n*eoid-
tablette von 5 g, Imal täglich nach der Hauptmahlzeit. Schon nach
12 Tagen stellten sich Zeichen der Besserung ein, 2 Monate später
war die Haut normal. Nur der Allgemeinzustand hatte selir ge-
litten, besserte sich aber unter Gebrauch von Strychnin und Wein.
Complica- Ueber Complicationen der Vaccination berichtet L.Frank
Vaccination (J^^^^"^- ^^ cutan. and genito-urin. diseases, April). Die nach Vacci-
Frank. nation zu beobachtenden Krankheiten kann man zweckmässig in solche
theilen, welche der Vaccine an sich und solche, die einer Misch-
infection zur Last gelegt werden müssen. Zu den ersteren gehören
ausser den localen Erscheinungen auch solche, welche den ganzen
Körper betreffen: Erythema vaccinicum und Urticaria. Das erstere
erscheint am 1. oder 2. Tage nach der Impfung, oder am 8. resp.
9. Tage nach dem Reiben der Impfpusteln. Im ersteren Falle ist
es einer Scarlatina traumatica analog zu betrachten, im letzteren
hängt es von der Resorption eitrigen Inhaltes der Pusteln ab. Das
Erythem geht mitunter mit Fiebererscheinungen einher. Urticaria
Haut- und veneri-^h^ Krankheiten. 491
kommt gar nicht selten zur Beobachtung. Infolge einer Mischinfection
entstehen Impetigo contagiosa, Fnranculose nnd Errsipelas.
G, Lewin (Beriin. klin- Wochenschr. Nr. 37i plaidirt fnr die Keratosis
Identität des Liehen raber acmninatns (Kaposi) und der Pityriasis '''*'^*'"'*^*'**
pilaris rubra (Besnier), indem er die för die Differenzirnng an-
geführten klinischen und anatomischen Ergebnisse für belanglos er-
klärt. Er schlägt für diese Krankheitsfälle die Bezeichnung der
Keratosis universalis multiformis vor und bestreitet die Existenz des
Liehen ruber Hebrae, da es eine ohne Anwendung von Arsen ab-
solut tödtliche, bei Anwendung desselben aber stets heilbare Krank-
heit nicht gebe.
e
Zur Behandlung der Acne faciei empfiehlt Pospelow (La Behandian
Sem. ixL^d. Nr. 28) die Massage. Dieselbe wird Abends ca. 15 bis ^«*' ^o*«.
20 Minuten ausgeführt. Darnach wird das Gesicht gewaschen und
mit Beispuder bestreut. Morgens nur 10 Minuten massirt und wieder
mit Reispuder bedeckt.
Gegen Acne vulgaris empfiehlt Boeck (Monatsh. f. pract, —mit
Dermatol. Bd. 16, H. 5) das Entenwalöl, Oleum chaenoceti, in fol- E»*«nwalöl,
gender Mischung: Camphorae, Acid. salicjl. ana 0,3 — 0,5, Sulf.
praecip. 10,0, Zinci oxydat. 2,0, Sapon. medic. 1,0, Ol. chaenoceti 12,0.
An der Hand zweier eigener Beobachtungen berichtet Ehrmann Folliculitis,
( Arch. f. Dermatol. u. Syphü. Bd. 32) über EolliculitisCSycosis) Ehnnann.
nuchae sclerotisans und ihre Bedeutung nebst Bemerkungen
über Haargruppenbildung. Als erster hatte Ferd. Hebra eine be-
sondere Sycosisform am Hinterhaupte und im Nacken an der Haar-
grenze beschrieben. Hierbei zeigten sich theils einzeln stehende,
theils linear an einander gereihte erbsen- bis bohnengrosse , sehr
harte, theils schwach geröthete, theils normal gefärbte Knoten, die
stets von mehreren büschelförmig vereinten Haaren durchbohrt waren,
<lie selbst dem stärksten Zuge nicht wichen, sondern im Centrum
der einzelnen Knoten festsassen. Bei dieser Erkrankung, welche
wesentlich von der Dermatitis papillaris capillitii (Kaposi) unter-
schieden ist, gelang Ehrmann der Nachweis, dass der ganze
Process durch Staphylokokken erzeugt wird. Diese führen zu einer
tiefgreifenden sklerosirenden Entzündung der Nackenhaut, weil die
Haarfollikel vermöge ihrer anatomischen Besdiaffenheit ungemein
weit und tief in das Unterhautzellgewebe führten. Diese von ihm
492 Joseph.
als Folliculitis oder Sycosis nuchae sclerotisans bezeichnete Affection
gelang ihm dui*ch elektroljrtische Zerstörung der Haarbälge zu heben.
Behandlung Bei Fissura ani empfiehlt Williger (Centralbl. f. Geburtsh.
derFiBsur» ^ Gynäkol. Nr. 18) Ichthyol.
Ichthyol. ^1® Frostmittel verwendet C. Boeck (Monatsh. f. pract. Dermat,
Frostmittcl, Bd. 21. H. 4) Folgendes: Ichthyoli, Resorcini, Tannini ana 1,0,
Boeck. Aquae 5,0. S. Zum Einpinseln Abends, darauf Salbenmull. Büerdurch
wird die Haut schmutzig schwarz verfärbt. Daher empfiehlt sich
besser Folgendes : Besorcini 2,0, Mucilag. Gummi arab., Aquae ana 5,0,
Talci pulv. 1,0. M. D. S. Zum Einpinseln Abends.
2. Circulationsstörungen der Haut.
Epidermo- In seinen „Dermatologischen Mittheüungen^* beschreibt J. Hoff-
lysisbnlloiajQ^i^Q (Münch. med. Wochenschr. Nr. 3 u. 4) zunächst einen jener
hereditarift / •»
J. Hoffmann.' seltenen Fälle von hereditärer Neigung zu traumatischer Blasen-
bildung, wie sie zuerst Golds c heider beschrieben und später von
Köbner als Epidermolysis bullosa hereditaria bezeichnet wurde.
Es handelte sich um einen 20jährigen Glaser, bei welchem sich die
Blasenbildung zuerst im 2. Lebensjahr an Händen und Füssen eingestellt
hatte. Weniger der Druck gegen eine Stelle der Haut erzeugte die Blasen
als vielmehr das Reiben eines harten Handwerkszeugs etc. Bevorzugt
wurden jene Stellen, an welchen die Kleidungsstücke dem Körper fest an-
lagen und bei jeder Bewegung rieben. Die Abhebung der oberen Epi-
demiisschichten erfolgte im Verlaufe von 12 — 24 Stunden ohne subjective
Erscheinungen. In der weiteren Verwandtschaft dieses Mannes bot ein
jetzt 87jähriger Landwirth die gleichen Störungen. Auffällig war, dass bei
diesen beiden Kranken die Nägel fehlten.
Das Leiden war also exquisit erblich. Doch wird es immer
nur von denjenigen Personen, Männern oder Frauen, auf die Nach-
kommen übertragen, welche selbst damit behaftet sind. Bleibt ein
Glied der Familie frei, so bleiben es auch seine Nachkommen. Dieser
abnorme Zustand der Haut verliert sich dann niemals wieder.
Grosse Aehnlichkeit bot mit dieser Beobachtung ein anderer
Pemphigus -Kranker, ein 36j ähriger Mann, welcher aber wohl
als ein auf hereditärer Grundlage entstandener chronischer Pem-
phigus aufgefasst werden muss. Auch diese Affection tritt sehr
selten auf. Neben der Heredität war besonders auff^g in diesem
Falle das Bestehen der Blasen während 43 Jahren, die leichte Ver-
schiebbarkeit imd Löslichkeit der obersten Epidermisschicht beim
Anfassen wie bei der elektrischen Untersuchung des Kranken und
Haut' und Tenerische Krankheiten. 493
schliesslich der afebiile chronische Verlauf. Aach hier fehlten übrigens
alle Zehennagel.
Auch Elliot (Joum. of cut. and genito-nrin. diseases, Jan.) be- Epidermo-
schreibt zwei Fälle von Epidermolysis bullosa, in denen lysis
wiederum Heredität zu constatiren war. In dem ersten Falle traten £]|Jq(. '
die Blasen ohne vorherige Höthung nach Druck, Heiben, Gehen,
Rudern etc. besonders stark im Sommer auf, wo auch die Hyper-
idrosis sehr stark entwickelt war. In dem zweiten Falle bestand
die Affection schon seit der Kindheit. Beide Male wurde durch die
Behandlung kein Erfolg erzielt. Verf. hält den ganzen Process nach
dem Resultat der histologischen Untersuchung einer Blase für einen
entzündlichen: das Stratum comeum war unverändert, die Epithel-
schicht der Blasendecke zeigte granuUrte Zellen, die untere Seite
der Decke war gebildet von grösseren granulirten kernlosen Zellen.
Der Blaseninhalt war kömig mit Fibrinfasem ausgefüllt, ohne Leuko-
cyten oder irgend welche Zellenformen. In der Umgebung der
Blasen war keine Kemtheilung. Der Papülartheil des Coriums bildete
den Grund der Blase, entweder ganz entblösst oder noch bedeckt mit
Epithellagen. Die Papillen waren geschwollen, ödematös, die Blut-
gefässe dilatirt, geringe perivasculäre Infiltration. Damach erklärt
sich der Verf. die Blasenbildung als die Folge einer plötzlichen
reichlicheren Exsudation von Serum bei einer ererbten Reizbarkeit
der Hautgefasse. Die Flüssigkeit dringt in das Bete ein, welches
schon durch die Hyperidrosis gelockert ist, und wenn sie bis zu
dem am wenigsten widerstandsfähigen Theile desselben vorgedrungen
ist, erzeugt sie Blasen.
Das Bestehen einer Urticaria pigmentosa seit über 20 Jahren
beschreibt Morrow (Joum. of cut. and genito-urin. dis., Nov.). Noch Urticaria
immer Hess Sich an den gelbKch pigmentirten Flecken eine deutliche P ^ 8^ °*®°*o^'*»
Urticaria erzeugen. In diesem Falle war übrigens auch die Schleim-
haut des Rachens und Gaumens befallen.
Ueber Arzneiexantheme liegen wieder eine grosse Reihe Mit-
theilungen vor: Friedheim (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) Arznei-
beschreibt als eine sehr seltene Form solche nach innerlichem Ge- ^'^»"tJieme:
Diffiii&liR
brauche von Digitalis. Die Quecksilberexantheme, welche nach Auf- Friedheim '
streuen von Spuren von Calomel auf Erosionen und auf Ulcera ad
genitalia auftreten, sind nicht so selten.
Einen seltenen Fall von Arzneiexanthemen nach einer einmonat-
lichen Behandlung mit Jodkalium berichtet du Castel (Annal.
492 Joseph.
als Folliculitis oder Sycosis nuchae sclerotisans bezeichnete Affection
gelang ihm duixh elektrolytische Zerstörung der Haarbälge zu heben.
Behandlung Bei Pissura ani empfiehlt Williger (Centralbl. f. Geburtsh.
'^^anT"'''* ^- ^y^äkol. Nr. 18) Ichthyol.
Ichthyol. -^ Frostmittel verwendet C. Boeck (Monatsh. f. pract. Dermat.
Frost mittel, Bd. 21. H. 4) Folgendes: Ichthyoli, Resorcini, Tannini ana 1,0,
Boeck. Aquae 5,0. S. Zum Einpinseln Abends, darauf Salbenmull. Hierdurch
wird die Haut schmutzig schwarz verfärbt. Daher empfiehlt sich
besser Folgendes : Resorcini 2,0, Mucüag. Gummi arab., Aquae ana 5,0,
Talci pulv. 1,0. M. D. S. Zum Einpinseln Abends.
2. Circulationsstörungen der Haut.
Epidermo- In seinen „Dermatologischen Mittheilungen ^^ beschreibt J. Hoff-
lysisbulloiajQ^i^Q (Münch. med. Wochenschr. Nr. 3 u. 4) zunächst einen jener
J. Hoffmann.' seltenen Fälle von hereditärer Neigung zu traumatischer Blasen-
bildung, wie sie zuerst Golds cheider beschrieben und später von
Köbner als Epidermolysis bullosa hereditaria bezeichnet wurde.
Es handelte sich um einen 20jährigen Glaser, bei welchem sich die
Blasenbildung zuerst im 2. Lebensjahr an Händen und Füssen eingestellt
hatte. Weniger der Druck gegen eine Stelle der Haut erzeugte die Blasen
als vielmehr das Reiben eines harten Handwerkszeugs etc. Bevorzugt
wurden jene Stellen, an welchen die Kleidungsstücke dem Körper fest an-
lagen und bei jeder Bewegung rieben. Die Abhebung der oberen Epi-
dermisschichten erfolgte im Verlaufe von 12 — 24 Stunden ohne subjective
Erscheinungen. In der weiteren Verwandtschaft dieses Mannes bot ein
jetzt 87jähriger Landwirth die gleichen Störungen. Auffällig war, dass bei
diesen beiden Kranken die Nägel fehlten.
Das Leiden war also exquisit erblich. Doch wird es immer
nur von denjenigen Personen, Männern oder Frauen, auf die Nach-
kommen übertragen, welche selbst damit behaftet sind. Bleibt ein
Glied der Familie frei, so bleiben es auch seine Nachkommen. Dieser
abnorme Zustand der Haut verliert sich dann niemals wieder.
Grosse Aehnlichkeit bot mit dieser Beobachtung ein anderer
Pemphigus- Kranker, ein 36jähriger Mann, welcher aber wohl
als ein auf hereditärer Grundlage entstandener chronischer Pem-
phigus aufgefasst werden muss. Auch diese Affection tritt sehr
selten auf. Neben der Heredität war besonders auffUUig in diesem
Falle das Bestehen der Blasen während 43 Jahren, die leichte Ver-
schiebbarkeit imd Löslichkeit der obersten Epidermisschicht beim
Anfassen wie bei der elektrischen Untersuchung des Kranken und
Haut- und venerische Krankheiten. 493
schliesslich der afebrile chronische Verlauf. Auch hier fehlten übrigens
alle Zehennägel.
Auch Elliot (Joum. of cut. and genito>urin. diseases, Jan.) be- Epidermo-
8chreibt zwei Fälle von Epidermolysis bullosa, in denen ^y^^*
wiederum Heredität zu constatiren war. In dem ersten Falle traten ^m^^ '
die Blasen ohne vorherige Röthung nach Druck, Reiben, Gehen,
Radem etc. besonders stark im Sommer auf, wo auch die Hyper-
idrosis sehr stark entwickelt war. In dem zweiten Falle bestand
die Affection schon seit der Kindheit. Beide Male wurde durch die
Behandlung kein Erfolg erzielt. Verf. hält den ganzen Process nach
dem Resultat der histologischen Untersuchung einer Blase für einen
entzündlichen: das Stratum comeum war unverändert, die Epithel-
ßchicht der Blasendecke zeigte granulirte Zellen, die imtere Seite
der Decke war gebildet von grösseren granulirten kernlosen Zellen.
Der Blaseninhalt war kömig mit Fibrinfasem ausgefüllt, ohne Leuko-
cyten oder irgend welche Zellenformen. In der Umgebung der
Blasen war keine Kemtheüung. Der Papülartheil des Coriums bildete
den Grund der Blase, entweder ganz entblösst oder noch bedeckt mit
Epithellagen. Die Papillen waren geschwollen, ödematös, die Blut-
gefässe dilatirt, geringe perivasculäre Infiltration. Damach erklärt
sich der Verf. die Blasenbildung als die Folge einer plötzlichen
reichlicheren Exsudation von Serum bei einer ererbten Reizbarkeit
der Hautgefässe. Die Flüssigkeit dringt in das Rete ein, welches
schon durch die Hyperidrosis gelockert ist, und wenn sie bis zu
dem am wenigsten widerstandsfähigen Theile desselben vorgedrungen
ist, erzeugt sie Blasen.
Das Bestehen einer Urticaria pigmentosa seit über 20 Jahren
beschreibt Morrow (Joum. of cut. and genito-urin. dis., Nov.). Noch Urticaria
immer Hess sich an den gelblich pigmentirten Flecken eine deutliche P ^smento 8 a,
Urticaria erzeugen. In diesem Falle war übrigens auch die Schleim-
liaut des Rachens und Gaumens befallen.
lieber Arzneiexantheme liegen wieder eine grosse Reihe Mit-
theilungen vor: Friedheim (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) Arznei-
beschreibt als eine sehr seltene Form solche nach innerlichem Ge- ^!^*°*^®™®-
L .... . Digitalis,
brauche von Digitalis. Die Quecksilberexantheme, welche nach Auf- Friedheim.
streuen von Spuren von Calomel auf Erosionen und auf Ulcera ad
genitalia auftreten, sind nicht so selten.
Einen seltenen Fall von Arznei exanthemen nach einer einmonat-
Hehen Behandlung mit Jodkalium berichtet du Castel (Annal.
498
Joseph.
Sklero-
dactylie,
Wolters.
Sklero-
dermie,
Friedbeim.
Lapas
erythema-
tosus,
Danlos,
Vollmer.
Haut-
atrophie,
EUiot,
Bronson.
und Streckseiten der Extremitäten. Mit der Besserung der All-
gemeinerkrankung bildet sich auch das Exanthem zurück.
4. Regressive Ernährungsstörungen.
Ueber einen Fall von Sklerodactylie der unteren Extremität
berichtet Wolters (Arch. f. Dermatol. u. Syphil.). Die Exarticulation
der gangränösen grossen Zehe gab ihm Veranlassung zu eingehenden
histologischen Untersuchungen. Dabei zeigte sich neben einer
lacunären Atrophie des Knochens sowohl in diesem wie in der Haut
besonders an den Gefässen das Bild der interstitiellen Entzündung.
Das Periost war im fibrösen Gewebe völlig aufgegangen. Die Gelenk-
knorpel waren noch nicht alterirt.
Eriedheim (Münch. med. Wochenschr. Nr. 19) berichtet über
einen Fall von Sklerodermie, der durch Hauthämorrhagieen aus-
gezeichnet war. Dieselben kommen sehr selten in der Symptomato-
logie des Skleroderma vor.
Dan los (Annal. de Dermatol. et de Syphil., Mai) beobachtete
eine junge Dame mit Lupus erythematosus, welche tuberculös war
und deren älterer Bruder von Jugend auf an Lupus vulgaris faciei
gelitten hatte. Vollmer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 38) sah
in einem Fall von Lupus erythematosus discoides im Gesicht einen
sehr guten Erfolg von Hg-Pflastermull und der Lassar'schen Schäl-
paste. Letztere blieb jeden Morgen eine Stunde auf dem Gesicht
liegen.
Ueber einen Fall von idiopathischer Hautatrophie berichtet
Elliot (Joum. of cutan. and genito-urin. diseases, April). Die Krank-
heit entwickelte sich im Laufe von ca. 15 Jahren, indem der Process
langsam vom Knie nach oben fortschritt. Die Haut war in diesem
Bereiche vollständig atrophisch, ausserordentlich trocken, runzlig,
schlaff, dunkelroth, schuppig, ohne Haare. Die Venen waren er-
weitert. Der Process schien damit zu beginnen, dass eine purpur-
rothe cyanotische Zone sich allmählich weiter ausbreitete. Hierbei
wurden zunächst die Venen erweitert und varicös, die Haare fielen
aus. Ln Bereiche der Erkrankung bestand weder Hyper- noch
Anästhesie.
Eine ähnliche sehr ausgedehnte symmetrische Atrophie
der Extremitäten beschreibt Bronson (Joum. of cutan. and
genito-urin. diseases, Jan.). Bemerkenswerth war in diesem Falle, dass
der Haarwuchs verschwunden war und in den atrophischen Bezirken
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^t>ie Heilung erfolgt
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494 Joseph.
Arznei- de Dermat. et de Syphil. Nr. 3). Es traten im Gesicht und am ganzen
exantheme: Queren Theile des Körpers Blasen auf. Aus diesen entwickelten
kalium, sich theilweise Granulationen, theilweise Geschwüre, die mit pigmen-
du Castel. tirten Narben abheilten.
-Bromo- J. Müller (Monatsh. f. pract. Dermatol. Bd. 20, H. 8) beschreibt
form, einen Fall von Exanthem nach Bromoform- und Wolters (Therap.
J. Müller. , . .
— Sulfonal, Monatsh. Nr. 12) nach Sulfon algebrauch. Em merkwürdiges Anti-
Wolters, p V r i n exanthem beobachtete Morel-Lavallee ( Annal. de Dermatol.
vrin et de Syphil.). Es traten rothe erhabene Flecke jedesmal auf, die
Morel-Lavallee. urticariaähnlich aussahen und stark juckten. Später wiederholten
sich die Flecke an denselben Stellen, besonders am Hals und am
Epigastrium, wo ein besonderer Druck der Kleidung ausgeübt
wurde. Es traten aber auch einige neue hinzu. Die alten Flecke
recidivirten schliesslich in Blasen- und dann in Geschwürsform, um
mit Pigmentflecken abzuheilen.
Ueber zwei Fälle von Ray naud's eher Erkrankung berichtet
Raynauds Cranston Nash (Joum. of cutan. and genito-urin. diseases, Juli).
Er krank 11 11 g, jjj ^^^ ersten handelte es sich um einen 23jährigen Mann, bei welchem
die ophthalmoskopische Untersuchung die spasmodischen Contractionen
der Arterien des Augenhintergrundes ergab, wie sie für die Ray na ud-
sche Erkrankung charakteristisch sind. Es wurde Galvanisation des
Rückenmarks eingeleitet, der positive Pol auf die Cervical- und der
negative auf die Lumbaigegend aufgesetzt. Nach 6 Tagen mit drei
AppUcationen täglich war der Patient geheilt. In dem zweiten Falle
handelte es sich um einen 35jährigen Mann. Auch hier zeigte die
ophthalmoskopische Untersuchung die spasmodischen Arteriencontrac-
tionen. Da bei diesem Patienten die Anamnese Syphilis und der
ophthalmologische Befund die Zeichen der syphilitischen Endarteriitis
ergab, so wurde eine specüische Therapie eingeleitet, welche nach
kurzer Zeit ebenfalls Heilung ergab.
3. Progressive Ernährungsstörungen.
Keloiil, Die Keloidbildung in einem Falle Block's (Joum. of cutan.
and genito-urin. diseases, März) war ganz ungewöhnlich, denn sie
trat bei einem 14jährigen Mädchen am Bücken in Form zweier
Geschwülste nach Verbrennung durch Blitzschlag auf.
Dubreuilh (Annal. de Dermatol. et de Syphil., Mai) geht auf
das klinische Studium und die Anatomie der bisher selten be-
Ha^- "HIL i T'-^>rzi^:lr ii^^iZL
4<*o
schriebenen Warzen an der F-sssilIe r-in- Sie ri-t^-ic^iicn durcL
Druck und sind am Cap^nt drrs ersr-rzi c»drT drrri<:ii UrtAiars^us oder
am Hacken, den Stützpankt<*ii dt^ Fufi**». geir'r.y.McL ]c<.aH>irr. Die
Entfernung geschieht am beeren nir ier C:ircrTre. AiiS5>er der Ter-
dickung der Homschichten ergab ä:ii nur eine gelinge Wnoherang
in der Curis nnd den Papillen, eice Al-naiane der elÄsrischen Fasern
und eine 'wnchemde Basalschicht- Der aüdÄhliche Uebergang am
Rande der Warzen in das gessunde Gewel»e ist gegeii::l»er den Verrucae
planae juveniles charakteri^^tisch.
Ueber eine Hyperkeratose an Han«id^che und Fusssohle bei
einer Dame, die ausser einem zeirweüigen Genihl Ton Todtsein der
Finger keine sonstigen Symptome daHK»t. berichtet Hallo peau
(Annal. de DermatoL et de SyphiL, Mait. Die Atfection begann etwa
im Alter von 20 Jahren und war hauptsächlich an den Gelenkbeugen,
und zwar um die Ausfuhrungsgänge der Schweissdrüsen localisirt.
E.S bestand keine Hyperidrosis. Das Leiden stimmt mit der von
Mibelli beschriebenen Porokeratose, nur die Localisation ist difFerent.
Es ist merk^iTürdig, wie häufig die Schweis,>drüsenausfuhrungsgänge
an kerato tischen Processen bet heiligt sind.
Hyper-
keratose.
üaUopeaa.
Einen sehr interes^anten Fall von Xaevus linearis tichthvosis
linearis) unius lateris beschreibt A. Alexander (DermatoL Zeitschr.) Xaevus,
bei einem 7jährigen Knaben. Die Aflfection war im strengsten Sinne Alexander,
des Worts halbseitig. Der Fall hat ein hervorragendes theoretisches
Interesse, und Baschko glaubt in einigen Bemerkungen, welche er
zu diesem Falle macht, folgende Erklärung dafür geben zu können :
An den Stellen, wo beim Embryo zwei gegen einander wachsende
Hantbezirke auf einander stossen, beginnt an der unteren, der Cutis
zugewandten Epidermisfläche eine lebhafte Proliferation, die sich in
dem Hervorsprossen von Epithelleisten kundgibt. Diese DüFerenzi-
nmg der Grenzfläche zwischen Cutis und Epidermis schreitet dann
von den Grenzen der einzelnen Hautbezirke allmählich über deren
ganze Fläche vor. Treten nun aus irgend welchem Grunde Störungen
in der normalen Entwickelung dieser Gebilde ein, welche eine ex-
cessive Bildung derselben zur Folge haben, so ist es erklärlich,
wenn gerade die Grenzlinien, welche ja den Ausgangspunkt der
BiiFerenzinmg darstellen, mit Vorliebe Sitz derartiger Störungen sind.
Nobbs (The British med. Joum., 80. März) sah bei einem ichthyoniM,
46jährigen Mann, welcher seit seiner Kindheit an Ichthyosis gelitten Nobb«.
496 Joseph.
hatte, einen auffälligen Erfolg von der Thyreoidbehandlung.
Dieselbe wurde 6 Monate lang fortgesetzt.
Um ein histologisches ünicum handelte es sich in einem Falle von
Schweig 8- Andry (Annal. de Dermat. et de Syphil. Nr. 7). Bei einer kleinen, etwa
drüsen, kirschkemgrossen, harten und runden Geschwulst, welche über der linken
Augenbraue sass, handelte es sich um Bindegewebswucherung um die
Schweissdrüsen herum, während die Schweissdrüsen selbst nicht gewuchert
waren.
Von verschiedenen Seiten wii'd neuerdings die Ansicht vertreten,
dass das Ulcus rodens von den Schweissdrüsen ausgeht. Einen
Adeno- Beitrag zu dieser Frage liefert Eordyce (Adeno-Oarcinoma of the
^p^m"°™' ^^^ originating in the coil glands. Joum. of cutan. and genito-
urin. diseases, Febr.). Er beobachtete bei einem BBjährigen Manne
ein Ulcus rodens. Der Tumor war halb so gross wie ein kleines
Ei und nicht deutlich gegen die Umgebung abgrenzbar. Die histo-
logische Untersuchung ergab, dass die Cutis von Bändern und Massen
von drüsenartigem Aussehen durchzogen war. Dieselben waren
von kleinen epithelialen Zellen gebildet und reichten bis an die Epi-
dermis heran. Die letztere war imverändert mit Ausnahme der
Ulceration. Nach unten durchsetzten sie das Bindegewebe. Cysten-
ähnliche Hohlräume, umsäumt von einer einfachen Schicht epithelialer
Zellen, boten das Aussehen vergrösserter Schweissdrüsen. Stellen-
weise war die Membrana propria durchbrochen, und die epitheliale
Neubildung ging auf das Bindegewebe über. Die Hohlräume waren
ausgefüllt mit jungen Zellen. Es bestand also eine vollkommene
Drüsenstructur in der Neubildung.
Talgdrüsenadenome mit theilweise hyaliner Entitrtung der
Adenoma Gefässe, des Bindegewebes und der Zellen beobachtete Bar low
sebaoeum, (Adenomata sebacea. Bibl. med.) bei einem 50jährigen Arbeiter auf
dem Kopfe. Verf. deiinirt das Adenom als eine functionsuntüchtige
und vom Muttergewebe verschiedene Drüsenneubildung, welche neben
der EpithelproUferation und dem bindegewebigen Stroma nocb eine
deutliche Kapsel besitzt. Die Talgdrüsenadenome können wahrschein-
lich verkalken resp. ossiiiciren, gelegentlich aber auch carcinomatö^
degeneriren.
iiailopeau u. Hallopeau und Lere d de (Annal. de Dermat ol. et de Syphil.,
Leredde. Mai) bemühen sich, unter Zustimmung Besnieres undBarth^lemy's,
an der Hand eines Falles von Adenoma sebaceum nachzuweisen,
dass diese Affection mit dem Naevus vasculosus ven^ucosus identisch
ist. Der Beginn in der Kindheit, eine gewisse Sjanmetrie sprechen
Haut- und venerische Krankheiten. 493
schliesslich der afebrile chronische Verlauf. Auch hier fehlten übrigens
alle Zehennägel.
Auch EUiot (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, Jan.) be- e pider mo-
ächreibt zwei Fälle von Epidermolysis bullosa, in denen lysis
Mriedemm Heredität zu constatiren war. In dem ersten Falle traten ^m^^ *
die Blasen ohne vorherige Röthung nach Druck, Beiben, Gehen,
Rudern etc. besonders stark im Sommer auf, wo auch die Hyper-
idrosis sehr stark entwickelt war. In dem zweiten Falle bestand
die AfPection schon seit der Kindheit. Beide Male wurde durch die
Behandlung kein Erfolg erzielt. Verf. hält den ganzen Process nach
dem Resultat der histologischen Untersuchung einer Blase für einen
entzündlichen: das Stratum comeum war unverändert, die Epithel-
schicht der Blasendecke zeigte granulirte Zellen, die untere Seite
der Decke war gebildet von grösseren granulirten kernlosen Zellen.
Der Blaseninhalt war kömig mit Fibrinfasem ausgefüllt, ohne Leuko-
cyiien oder irgend welche Zellenformen. In der Umgebung der
Blasen war keine Kemtheilung. Der Papülartheil des Coriums bildete
den Grund der Blase, entweder ganz entblösst oder noch bedeckt mit
Epithellagen. Die Papillen waren geschwollen, ödematös, die Blut-
gefässe dilatirt, geringe perivasculäre Infiltration. Damach erklärt
sich der Verf. die Blasenbildung als die Folge einer plötzlichen
reichlicheren Exsudation von Serum bei einer ererbten Reizbarkeit
der Hautgefclsse. Die Flüssigkeit dringt in das Rete ein, welches
schon durch die Hyperidrosis gelockert ist, und wenn sie bis zu
dem am wenigsten widerstandsfähigen Theile desselben vorgedrungen
ist, erzeugt sie Blasen.
Das Bestehen einer Urticaria pigmentosa seit über 20 Jahren
beschreibt Morrow (Joum. of cut. and genito-urin. dis., Nov.). Noch Urticaria
immer liess Sich an den gelblich pigmentirten Flecken eine deutliche l^^smentosa,
__ Morrow.
Urticaria erzeugen. In diesem Falle war übrigens auch die Schleim-
haut des Rachens und Gaumens befallen.
Ueber Arzneiexantheme liegen wieder eine grosse Reihe Mit-
theilungen vor: Friedheim (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) Arznei-
beschreibt als eine sehr seltene Form solche nach innerUchem Ge- ^^*°***®?®*
brauche von Digitalis. Die Quecksilberexantheme, welche nach Auf- Friedheim.
streuen von Spuren von Calomel auf Erosionen und auf Ulcera ad
genitalia auftreten, sind nicht so selten.
Einen seltenen Fall von Arzneiexanthemen nach einer einmonat-
Uchen Behandlung mit Jodkalium berichtet du Castel (Annal.
492 Joseph.
als Folliculitis oder Sycosis nuchae sclerotisans bezeichnete Affection
gelang ihm dui'ch elektrolytische Zerstörung der Haarbälge zu heben.
Behandlung Bei Pissura ani empfiehlt Williger (Centralbl. f. Geburtsh.
"^"/i m"ir* ^' ^y^^^^l- ^^' 1^) Ichthyol.
Ichthyol. -Als Frostmittel verwendet C. Boeck (Monatsh. f. pract. Dermal.
Frostmittci, Bd. 21. H. 4) Folgendes: Ichthyoli, Eesorcini, Tannini ana 1,0,
Boeck. Aquae 5,0. S. Zum Einpinseln Abends, darauf Salbenmull. Hierdurch
wird die Haut schmutzig schwarz verförbt. Daher empfiehlt sich
besser Folgendes : Eesorcini 2,0, Mucilag. Gummi arab., Aquae ana 5,0,
Talci pulv. 1,0. M. D. S. Zum Einpinseln Abends.
2. Circulatio 11 s Störungen der Haut.
Epidermo- In seinen „Dermatologischen Mittheilungen^^ beschreibt J. Hoff-
lysis hnlloiajQg^Qi^ (Münch. med. Wochenschr. Nr. 3 u. 4) zunächst einen jener
J. Hoffmann.' seltenen Fälle von hereditärer Neigung zu traumatischer Blasen-
bildimg, wie sie zuerst Golds ch eider beschrieben und spater von
Köbner als Epidermolysis bullosa hereditaria bezeichnet wurde.
¥j8 handelte sich um einen 20jährigen Glaser, bei welchem sich die
Blasenbildung zuerst im 2. Lebensjahr an Händen und Füssen eingestellt
hatte. Weniger der Druck gegen eine Stelle der Haut erzeugte die Blasen
als vielmehr das Reiben eines harten Handwerkszeugs etc. Bevorzugt
wurden jene Stellen, an welchen die Kleidungsstücke dem Körper fest an-
lagen und bei jeder Bewegung rieben. Die Abhebung der oberen Epi-
demiisschichten erfolgte im Verlaufe von 12 — 24 Stunden ohne subjective
Erscheinungen. In der weiteren Verwandtschaft dieses Mannes bot ein
jetzt 87jähriger Landwirth die gleichen Störungen. AuffUllig war, dam bei
diesen beiden Kranken die Nägel fehlten.
Das Leiden war also exquisit erblich. Doch wird es immer
nur von denjenigen Personen, Männern oder Frauen, auf die Nach-
kommen übertragen, welche selbst damit behaftet sind. Bleibt ein
Glied der Familie frei, so bleiben es auch seine Nachkommen. Dieser
abnorme Zustand der Haut verliert sich dann niemals wieder.
Grosse AehnUchkeit bot mit dieser Beobachtung ein anderer
Pemphigus -Kranker, ein 36j ähriger Mann, welcher aber wohl
als ein auf hereditärer Grundlage entstandener chronischer Pem-
phigus aufgefasst werden muss. Auch diese Affection tritt sehr
selten auf. Neben der Heredität war besonders aufftlUig in diesem
Falle das Bestehen der Blasen während 43 Jahren, die leichte Ver-
Bchiebbarkeit und Löslichkeit der obersten Epidermisschicht beim
Anfassen wie bei der elektrischen Untersuchung des Kranken und
Haut- und venerische Krankheiten. 493
schliesslich der afebrile chronische Verlauf. Auch hier fehlten übrigens
alle Zehennägel.
Anch Elliot (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, Jan.) be- E pider mo-
ächreibt zwei Fälle von Epidermolysis bullosa, in denen lysis
wiederom Heredität zu constatiren war. In dem ersten Falle traten j^^^^^ '
die Blasen ohne vorherige Röthung nach Druck, Beiben, Gehen,
Rudern etc. besonders stark im Sommer auf, wo auch die Hyper-
idrosis sehr stark entwickelt war. In dem zweiten Falle bestand
die Affection schon seit der Kindheit. Beide Male wurde durch die
Behandlung kein Erfolg erzielt. Verf. hält den ganzen Process nach
dem Restdtat der histologischen Untersuchung einer Blase für einen
entzündlichen: das Stratum comeum war imverändert, die Epithel-
Schicht der Blasendecke zeigte granulirte Zellen, die imtere Seite
der Decke war gebildet von grösseren granulirten kernlosen Zellen.
Der Blaseninhalt war kömig mit Fibrinfasem ausgefüllt, ohne Leuko-
cyten oder irgend welche Zellenformen. In der Umgebung der
Blasen war keine Kemtheüung. Der Papillartheil des Coriums bildete
den Grund der Blase, entweder ganz entblösst oder noch bedeckt mit
Epithellagen. Die Papillen waren geschwollen, ödematös, die Blut-
gefässe dilatirt, geringe perivasculäre Infiltration. Damach erklärt
sich der Verf. die Blasenbildung als die Folge einer plötzlichen
reichlicheren Exsudation von Serum bei einer ererbten Reizbarkeit
der Hautgefasse. Die Flüssigkeit dringt in das Bete ein, welches
schon durch die Hyperidrosis gelockert ist, und wenn sie bis zu
dem am wenigsten widerstandsfähigen Theile desselben vorgedrungen
ist, erzeugt sie Blasen.
Das Bestehen einer Urticaria pigmentosa seit über 20 Jahren
beschreibt Morrow (Joum. of cut. and genito-nrin. dis., Nov.). Noch Urticaria
immer Hess sich an den gelblich pigmentirten Flecken eine deutliche l^^s™®***^^**»
Urticaria erzeugen. In diesem Falle war übrigens auch die Schleim-
haut des Ilachens und Gaumens befallen.
Ueber Arzneiexantheme liegen wieder eine grosse Reihe Mit-
theilungen vor: Friedheim (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) Arznei-
beschreibt als eine sehr seltene Form solche nach innerlichem Ge- ^'^*°**^®?®-
Digitalis,
brauche von Digitalis. Die Quecksilberexantheme, welche nach Auf- Friedheim,
streuen von Spuren von Calomel auf Erosionen und auf Ulcera ad
genitaUa auftreten, sind nicht so selten.
Einen seltenen Fall von Arzneiexanthemen nach einer einmonat-
Uchen Behandlung mit Jodkali um berichtet du Castel (Annal.
Mattoni*8
Moorsalz,
Ehnnann.
506
Joseph.
liehst eingedickten, wässrigen Heidelbeerextract bei einzebien rönnen
von Ekzemen sehr gute Erfolge. Eine specifische Einwirkung, wie
man zuerst glaubte, hat es aber nicht.
Ehrmann (Wien. med. Blätter Nr. 22) sah bei einigen hyper-
keratotischen Hautkrankheiten (Liehen pilaris, Ichthyosis, Keratosis
palmaris und plantaris, sowie bei chronischen, inveterirten, circuin-
scripten Fällen von Psoriasis vulgaris) gute Erfolge von Bädern mit
Mattoni's Moorsalz.
Lehrbücher und Monographieen.
Verhandlungen der Deutschen dermatologischen Gesellschaft. Vierter Con-
gress. Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Professor
N e i s s e r. Wien. Braumüller.
Brocq et Jacquet, Pr^cis 61^mentaire de Dermatologie. Maladies en
particulier. 2. u. 3. Theil. Paris.
G. L e w i n und J. H e 1 1 e r , Die Sklerodermie. Eine monographische Studie.
Berlin.
Internationaler Atlas seltener Hautkrankheiten, herausgegeben von Unna,
Morris, Leloir und Duhring. Lfg. 11 u. 12.
Neisser, Stereoskopischer medinischer Atla«. Lfg. 3 u. 4.
Joseph, Lehrbuch der Hautkrankheiten. 2. Aufl. Leipzig.
Philippson und Török, Allgemeine Diagnostik der Hautkrankheiten,
begründet auf pathologische Anatomie. Wiesbaden.
Beiträge zur Dermatologie und Syphilis; Festschrift gewidmet Georg
Lewin zur Feier seines 50jährigen Doctoijubiläums. Berlin.
F. J. Rosenbach, lieber die tieferen eiternden Schimmelerkrankungen
der Haut und über deren Ursache. Wiesbaden.
H. Radcliffe Crocker, Atlas of the diseases of the skin. Bd. 5 u. 6.
Edinburg und London.
B. Venerische Krankheiten.
1. Gonorrhoe.
Aehnlich wie seiner Zeit die Crede*ache Methode zur Ver-
hütung der gonorrhoischen Conjunctivitis glänzende Erfolge erzielt
hat, so schlägt jetzt Blokusewski (Zur Verhütung der gonorrhoi-
schen Infection beim Manne. Dermatol. Zeitschr.) ein Verfahren zur
Verhütung der gonorrhoischen Urethralinfection vor. Es sollen mög-
lichst bald, bis etwa ^4 Stunde nach dem Coitus, 2—3 Tropfen
Haut- und venerische Krankheiten. 507
einer 2 "/o igen Argent. nitr. -Lösung nach vorangegangenem Uriniren Prophylaxe
in die Fossa navicularis eingeträufelt werden. Das Uriniren soll ^ ^^^^
Gonorrhoe,
stossweise mit intermittirendem Auflegen des Fingers auf die Urethral- Blokusewski,
mündimg erfolgen. Die Lösung ist in einem besonderen portativen
Tropfglas mit Gummiplatte in jeder Apotheke (2 Mk.) erhältlich und
von dem Patienten stets bei sich zu führen. Da dieses Verfahren
für die gesunde Urethra durchaus unschädlich, vom theoretischen
Standpunkt aus aber als sehr zweckmässig bezeichnet werden muss,
so empfiehlt N e i s s e r (Ueber Versuche zur Verhütung der gonorrhoi- a. Neisser.
sehen Urethralinfection. Deutsche Med.-Zeitg. Nr. 69) dasselbe zu
möglichst allgemeiner Einfuhrung in der Hoffnung, dass hierdurch
die Zahl der Gonorrhöen ganz erheblich gemindert werde.
Li der Reincultur der Gonokokken erreichte H. Hei-Gonokokken-
man (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, Sept.) die besten J'^J*.'*^'
Resultate mit dem Exsudate acuter Pleuritiden und bediente sich zur
Färbung einer 2°/oigen alkoholischen Methylenblaulösung.
Mit der von Steinschneider angegebenen Modification des
Wert heimischen Verfahrens zur Reincultur von Gonokokken er-
zielte Wright (The Americ. Joum. of the medical sciences, Febr.) Wright.
in sieben Fällen von gonorrhoischer Urethritis, in acht Fällen von
Ophthalmia purulenta, in vier Fällen von Pyosalpinx und in einem
Falle von Vaginitis bei einem Kinde positive Erfolge. Er macht
darauf aufinerksam, dass man nur in den frischen Fällen von Gonorrhoe
Erfolg mit den Reinculturen hat.
In seinen forensischen Gonorrhoefragen bespricht Neisser Gonorrhoe
(Aerztl. Sachverständigen -Zeitung Nr. 12) folgenden sehr inter- (^o^;^';»^««*^^'
essanten Fall: Ein junger Mann war wegen Körperverletzung an-
geklagt worden, weil er ein junges Mädchen, das er mehrfach zum
Beischlaf verführte, mit Tripper angesteckt haben sollte. Der Haus-
arzt hatte nur nach klinischen Gesichtspunkten das Gutachten ab-
gegeben, dass das junge Mädchen an Gonorrhoe leide. Neisser
gibt nach genauester Erwägung aller in Betracht kommenden Um-
stände den wohl zu beherzigenden Eath, stets, sobald die Gonorrhoe-
frage in irgend einer Weise forensisch gestreift wird, die mikro-
skopische Secretuntersuchung zu Hülfe zu nehmen. Wenn dieselbe
trotz sorgfältiger und sachgemässer Untersuchung negativ ausfällt.
80 wird sie freilich in vielen Fällen die gewünschte , klare und un-
zweideutige Entscheidung nicht geben können, ein negativer Befund
ist kein sicherer Beweis für das Nichtvorhandensein. Fällt sie aber
508 Joseph.
positiv aus, dann ist sie das wichtigste Hülfsmittel , um dem
Sachverständigen einen bestimmten Ausspruch und dem Richter ein
bestimmtes Urtheil zu ermöglichen.
lieber die Häufigkeit des Vorkommens von Gonokokken und
anderen Bacterien im Secrete der Cervix uteri bei scheinbar
Gonokokken gesunden Prostituirten berichtet M. Kopytowski (Archiv f.
bei Pro- Dermatol. u. Syphil. Bd. 32). Er untersuchte das Secret aus dem
Kopytowski* Cervicalkanal bei den Prostituirten am Tage ihrer Entlassung aus
dem Spital. Die Zahl der Untersuchungen belief sich auf 163, von
denen in 92 Fällen Gonorrhoe klinisch festgestellt worden war, in 71
dagegen die Kranken an anderen Affectionen litten und kh'nisch
Gonorrhoe nicht diagnosticirt wurde. In 9 Fällen der ersteren Ka-
tegorie und in 5 der zweiten Reihe wurden Gonokokken gefunden.
Hieraus erhellt, dass die aus dem Hospital entlassenen und klinisch
hinsichtlich der Gonorrhoe für gesund erklärten Prostituirten in der
That nur relativ gesund sind. Die Zahlen sind wahrscheinlich, wie
Verf. sehr richtig bemerkt, noch zu niedrig gegriifen, weil er aus
äusseren Gründen keine Bacterienculturen anlegen konnte.
Pryor. Auch Pryor (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, März)
untersuchte 197 Prostituirte und fertigte von diesen 600 mikro-
skopische Präparate an. Er fand in der Cervix uteri in 31,3 **|o Gono-
kokken, davon bestanden in 17 Fällen keine Symptome. In der
Vagina zeigten zwar 180 Ausfluss , es wurden aber nur 7mal Gono-
kokken gefunden. In der Urethra wurden 112mal Gonokokken gefunden,
davon hatten 21 eitrigen Ausfluss und 91 nicht. Die Mehrzahl der
Fälle von eitriger Urethritis und Endometritis cervicahs ist fiir
gonorrhoisch zu erklären. Verf. behandelt die chronisch gonorrhoische
Urethritis im Harnröhrenspeculum mit Argent. nitr., für die Cervix
verwendet er Jodtinctur, doch widersteht der gonorrhoische Cervix-
katarrh ungemein lange der Behandlung. Besonders bemerkenswerth
ist noch, dass Verf. einmal die von Rosinski beschriebene Stoma-
titis gonorrhoica neonatorum beobachtet hat.
In der Therapie der Gonorrhoe spielen in der letzten Zeit
die Argentumverbindungen eine hervori'agende Rolle. Unter ihnen
Behandlung zeigt nach Schaff er (Münch. med. Wochenschr. Nr. 28 u. 29) das
der Argentamin die grösste Desinfectionskraft gegenüber den Gono-
mit kokken und die stärkste Tiefenwirkung. Allerdings reizt es mit-
A Igen tarn in, unter ziemlich stark. Es wird in Lösungen von 1:3000 verwandt,
soll aber das Argentum nitricum nicht verdrängen, sondern ab-
wechselnd mit diesem verwandt werden.
Haut- und venerische Krankheiten.
509
— mit
Argoniii,
Liebrecht,
R. Meyer,
Auch nach Aschner's (Wiener med. Wochenschr. Nr. 13 — 18) Aschner.
Erfahrungen ist das Argentamin, eine Aethylendiaminsilber-Phosphat-
lösang, ein vorzügliches gonokokkentödtendes Mittel. Die Eiter-
secretion ist zwar zunächst eine etwas vermehrte, lässt aber im Ver-
laufe von 3 — 4 Tagen auffallend nach. Daher ist der zum Schluss
auftretende schleimige spärliche Ausfluss erst nach Anwendung von
Adstringentien fortzubringen.
Demgegenüber versuchten B. ö h m a n n \md Liebrecht (Therap.
Monatsh., Juni) Silberverbindungen herzustellen, welche durch Ei-
weiss nicht gefällt werden. Dies gelang ihnen in folgender Weise:
Wenn man eine Lösung der Natriumverbindung des Caseins mit
Argent. nitr. versetzt und die Mischung mit Alkohol fäUt, so stellen
die entstandenen Niederschläge nach dem Trocknen ein feines,
weisses Pulver dar, welches sie als Argon in bezeichnen. Nach den
Untersuchungen E.. Meyer's (Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh.,
20. Oct.) besitzt dasselbe verschiedenen Bacterien gegenüber, speciell
den Gonokokken, eine wirksame Desinfectionskraft. Es dringt zwar
nicht erheblich in die Tiefe der Gewebe ein, bildet aber weder mit
Eiweiss noch mit den Chloriden einen Niederschlag und wirkt auch
in starker Concentration , im Gegensatz zum Argentamin, weder
ätzend noch reizend. Daher wandte es Jadassohn (Archiv f.
Dermatol. u. Syphil.) in einer Concentration von 1,5 — 2% an. Es
eignet sich gerade wegen seiner nicht ätzenden Eigenschaften zur
Behandlung acuter Gonorrhöen der Urethra anterior und posterior
des Mannes, der Urethra imd des Uterus der Erau. Adstringirende
Eigenschaften dagegen scheinen dem Argonin zu fehlen, und daher
müssen zur rein antikatarrhalischen Behandlung gelegentlich andere
Mittel zu Hülfe genommen werden.
Von der Janet'schen Methode sahen Valentine (Joum. of
cut. and genito-urin. diseases, Juni) und Cennston (ibid., Oct.),
sowie Frank gute Erfolge. Die Gonokokken verschwanden meist
nach der zehnten Lrigation, und die durchschnittliche Dauer der
Gonorrhoe betrug 15 Tage. Complicationen stellten sich nur
selten ein.
Ries (Therap. Monatsh. Nr. 9) erinnert an die vorzügliche
Wirkung, welche die von Ultzmann zuerst empfohlene Behand-
lung der chronischen Urethritis gonorrhoica anterior und posterior Spülungen,
und der Urethrocystitis gibt. Sie besteht im wesentlichen in der Ries
Durchspülung der Urethra mit einer lauwarmen Lösung von Argent.
nitr. 1:1000.
Fried lieb (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 25) empfiehlt bei
Jadassohn.
— mit
Janet's
Methode,
Valentine,
Cennston,
Frank.
— mit
ültzmann-
scheu Durch-
510 Joseph.
Behandlung der Gonorrhoe ein einfaches Instrument zum Einführen von Salben
der jj^ ^^ Harnröhre.
Gonorrhoe
mit Salben- Ghotzen (Archiv f. Dermatol. u. Syphil.) empfiehlt noch einmal
Instrument, (Jas schon früher von ihm im Jahre 1892 eingeführte Alumnol, ein
— *mTt STilfosaures Naphthol- Aluminium. Er verwendet eine 1 — 2^/oige
Alumnol, Alumnollösung für die vordere und eine 5 °/o ige Lösung für die hin-
Chotzen. f^^e Harnröhre. Bei weiblichen Patienten kamen Ö'^/oige Alumnol-
stäbchen nach folgender Vorschrift zur Verwendung: Alumnol 0,25,
Amyl. oryzae 2,0, Sacch. 3,0, Ungt. Glycerini 0,5, Mucilag. gtt. III,
Aq. dest. gtt. Vm. M. f. baciU. Nr. X.
Cystitis Allen (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, April) behandelt
^°"^"^°^^*' die Cystitis, namentlich die gonorrhoische, welche meist den Blasen-
hals beMlt, mit Kaliumpermanganat. Eine grosse Ultzmann-Spritze
(150 ccm) voll, die einen elastischen Katheter trägt, spritzt er in die
Blase und lässt sie gleich wieder ausfliessen. Dann spritzt er 60 bis
90,0 ein und lässt sie darin, solange der Patient es verträgt. Die
Concentration ist demnach 1 : 4 — 5000. Nach der ersten Injection
folgt' binnen 4 — 6 Tagen die zweite von 1 : 3000, die folgenden sollen
1 : 2000 genommen werden,
«oldberg. B. Goldberg (Centralbl. f. innere Med. Nr. 26) berichtet von
einem Falle von Cystitis chronica gonorrhoica, die mehrere
Jahre bestand und von der Patientin durch eine heftige Influenza
plötzlich und gänzlich befreit wurde.
Die innerliche Anwendung des Cantharidins bei cystitischen
Cantharidin Beschwerden räth Freudenberg (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 23)
^KL^dL'bOTß'' ^^ folgender Form; Cantharidini 0,001, Alkohol ad solv. 1,0, Aq.
dest. ad 100,0. D. S. 3 — 4mal täglich einen Theelöifel zu nehmen und
in einem Weinglase Wasser zu verdünnen.
Tripper- Balzer (Annales de Dermatol. et de Syphil., Mai) berichtet über
rheumatis- ^^^^^ günstige Resultate, welche er bei der Behandlung des Tripper-
ßalzer. rheumatismus mit Terpentinbädem (Sapon. virid. 200,0, Essent.
terebinth. 100,0) erhalten hat. Diese Mischung wird beim Be-
reiten des Bades demselben zugesetzt. Die Bäder sollen möglichst
heiss sein.
Als eine neue Behandlung der Epididymitis und Orchitis
Kpididy- empfiehlt Tuttle (Joum. of cut. and genito-urin. diseases, Oct.) die
°J**!*' locale Anwendung von Guajacol. Die Temperatur sinkt schnell,
und die Schmerzen lassen bedeutend nach. Man pinselt entweder
Haut- und venerische Krankheiten. 511
reines Guajacol oder eine Salbe (2 — 3 : 30) auf. Es wird dem Verf.
nur entgangen sein, dass diese Methode nicht neu ist, sondern be-
reits früher von Balz er und Lacour empfohlen wurde.
Prostataabscesse sind selten und dann meist durch Go-
norrhoe hervorgerufen. Von den 30 Abscessen, welche Casper Prostat a-
(BerL klin. Wochenschr. Nr. 21) beobachtete, war dies 25mal der ^^cmbot^'
Fall, indess nur einmal konnten Gonokokken nachgewiesen werden.
Die Eröffnung des Abscesses erfolgt zuweilen vom Perineum, meist
vom Rectum aus nach gründlicher Desinfection.
Xäcbst der Urethritis ist die häufigste blennorrhagische Aifection
beim Weibe die Bartholinitis. Bergh (Monatsh. f. pract. Der- Bartholi-
matol. Bd. 21 , H. 8) fand die linke Seite häufiger ergriff*en als die ^^^^^
rechte. Meist ist nur der Ausföhrungsgang , sehr selten die Drüse
selbst betroffen. Die Behandlung besteht zunächst in Einspritzungen
von l*/oigen Argent. nitr.-Lösungen in den Gang; Abscesse müssen
früh eröffnet werden.
2. Venerische Helkosen.
Audry (Monatsh. f. pract. Dermatol. Bd. 20, H. 5) hat inBacillen des
einer nicht ulcerirten Drüse nach Ulcus moUe die Unna'schen Ba-^^^^* ™^^^®'
Audry.
ciUen in den Lymphspalten nachgewiesen. Dieselben lagen stets
im Protoplasma der Rundzellen und waren meist nicht in Ketten-
form vorhanden. Es ist dies der erste Fall, wo die Bacillen in
einem Bubo gefunden wurden, bevor derselbe vereitert.
Die Behandlung des Ulcus molle beginnt A. Neisser (Berl. Behandlung
klin. Wochenschr. Nr. 36) damit, dass er mit einem watteumwickelten uicus^moile
Stäbchen den ganzen Geschwürsgrund und specieU die unterminirten mit
Ränder mit reiner Carbolsäure auswischt. Ref. kann auch^*^^°if^^r®»
nach seinen eigenen Erfahrungen bestätigen, dass diese Aetzung den
Vortheil gegenüber anderen Methoden hat, dass sie absolut schmerz-
los ist und häufig das Auftreten von Recidiven verhindert. Auf das
Ulcus wird dann Jodoform aufgestreut, wobei man sich hüten muss,
dass auch nur eine Spur auf die Kleidungsstücke gelangt, oder als
Ersatzmittel Europhen resp. Thioform. Neisser macht dann noch
auf die Beziehung der Ulcus moUe-Infection zu tertiären Syphilis-
formen aufmerksam. Es kommt nicht selten vor, dass Personen
einige Tage nach dem letzten Coitus Ulcera zeigen, die zunächst als
typische Ulcera mollia imponiren, allmählich aber das Bild eines
512 Joseph.
serpiginösen Syphilids mit Heilung auf der einen, Fortschreiten
des Unterminirungs- und Zerstörungsprocesses auf der entgegen-
gesetzten Seite annehmen. In diesen Fällen war also das Ulcus
moUe provocatorisch der Ausgangspunkt eines tertiären Sj'philis-
recidivs, dessen Heilung prompt unter Jodkalium erfolgte.
Behandlung Die von Welander (Wiener klin. Rundschau) empfohlene Be-
des Ulcus ]iaii(iiuiig des Ulcus moUe mit localen Applicationen von warmem
warmem Wasser (41® C.) kann keinen Anspruch auf allgemeine Einfuhrung
Wasser, machen.
Welander. ^^. ^j^^j-piden und phagedänischen Schankern empfiehlt
— mit Feibes (Dermatol. Zeitschr. , Sept.) folgendes Verfahren : Der Schanker
Sublimat etc. ^jj.^ gründlich mit Sublimat gewaschen, die Fetzen der unter-
X 6LD68« __^
minirten Ränder mit der Scheere abgetragen, die Wunde cocainisirt,
mit Sublimat abgerieben, mit Watte getrocknet und mit Ungt.
leniens bedeckt. Einige Stunden nach der Operation und die folgen-
den Tage nimmt man folgende Salbe : Argent. nitr. 0,2 — 0,5, Balsam,
peruv. 4,0, Ungt. Wilson. 15,0.
— mit Trostorff (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 50) empfiehlt das
^"^Tro^torff'"' Jodoformin (geruchloses Jodoform) beim Ulcus moUe.
Condyloma Vollmer (Archiv f. Dermatol. u. Sj^h. Bd. 30) weist, ebenso
acuminatum,^g schon vor ihm Reissner, auf das fast regelmässige Vorhanden-
Tlümm.' sein von Nerven in den spitzen Condylomen hin. Thimm (Reichs-
Med.-Anzeiger Nr. 13 — 15) berichtet aus des Ref. PoUklinik über
die vorzüglichen Erfolge, welche wir bei der Behandlung der Condy-
lomata acuminata mit For malin erhalten haben.
8. Syphilis.
a. Haut und Schleimhaut.
Ursprung Ashmead ( Joum. of cut. and genito-urin. diseases, Oct.) glaubt ,
^ ^^^5. . dass in Bolivia und Peru die Lues schon vor Columbus existirt habe.
Syphilis,
Aahmead. Zur Prophylaxis der venerischen Krankheiten unter den
Prophylaxis Arbeitern macht Havas (Wiener med. Presse Nr. 32) folgende Vor-
^. ^®5, . schlage: 1. Einheitliche Regulinmg der Prostitution, 2. die Be-
Syphilis, j p .
Havas. lehrung und Auf klänmg der Arbeiter über das Wesen der Lues und
der venerischen Erkrankungen dui'ch populär gehaltene billige Bro-
schüren, 3. in den Bestimmungen der Krankenkassen sind die Lues
und die venerischen Erkrankungen den übrigen Erkrankungen gleich-
zustellen, 4. die unentgeltliche Behandlung dieser Erkrankung in den
Spitälern und unbeschränkte Aufnahme der einer spitalsmässigen Be-
handlung Bedürftigen.
Haut- und venerische Krankheiten. 513
Nach den Beobachtungen Fournier's (Le Bulletin m^. Nr. 9) Tonsiiiar-
sind die Tonsillarschanker etwa^ ebenso häufiir wie die an der Schanker,
r» /• j j« • ^ ..... . Foumier.
Zunge auftretenden und zeigen sich meist einseitig. Ausnahmsweise
hat Bnlkley sogar dmal einen doppelseitigen Tonsillarschanker
gesehen. Im Gegensatze zu dem letzteren Beobachter, welcher die
rechte Tonsille häufiger als die Unke betroffen sah, fand Fournier
den Schanker auf der linken Tonsille 40- und auf der rechten nur
12mal.
Boeck (La sem. med. Nr. 37) empfiehlt bei syphilitischen Chromsäure
Schleimhautläsionen des Mundes Pinselungen mit 10^/oiger ^ei syphiii-
wässriger Ghromsäurelösung und unmittelbar darauffolgende Aetzungg^jjigjmjjj^^^
mit Lapisstift. Diese gemischte Cauterisation empfiehlt er auch bei läsionen,
Behandlang des Ulcus moUe, besonders wenn sie Neigung haben, Boeck.
phagedänisch oder serpiginös zu werden.
Bei den mercuriellen Exanthemen, über welche 0. Rosen- Mercurieiie
thal (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 23) berichtet, handelt es sich meist EJ^antheme,
um eine Folliculitis, Ekzeme und Erytheme. Seltener sind multi-
forme Hautausschläge, pemphigusähnliche Flecke und Hämorrhagieen ;
letztere sind wahrscheinlich durch Embolieen veranlasst. Unabhängig
von der Art der Anwendung des Quecksilbers ist nur maassgebend
die Disposition auf der einen und die Dosis auf der anderen Seite.
C. Berliner (Monateh. f. pract. Dermatolog. Bd. 20) beobachtete N abel-
einen sehr interessanten Fall von Ulcus durum des Nabels, dessen sohanker,
genauer Infectionsmodus sich nicht eruiren Hess. ^^ ^^^'
Albers (Gesellsch. d. Charite-Aerzte, 16. Mai) stellte einen 28jährigen Danmen-
Mann mit einer syphilitischen Infection durch Biss in den Daumen schanker,
vor. Patient wurde von einem Gegner in den linken Daumen gebissen, die Albere.
Wunde verheilte, aber nach 2 — 3 Wochen röthete sich die Bisswunde und
zeigte einige Tage darauf eine gelbliche Pustel, welche Patient selbst er-
ö&ete. Nur blieb die Wunde offen, und in der nächsten Zeit bemerkte
Patient, dass die Achseldrüsen anschwollen. Später wurde constitutionelle
Lues festgestellt. Lewin macht im Anschluss hieran darauf aufmerk-
sam, dass hier nicht der Speichel das inficirende Virus enthält, sondern die
in den Mundorganen vorhandenen breiten Condylome. Er möchte noch
einmal die allgemein herrschende Ansicht bekämpfen, dass bei diesen
Fingeraffectionen immer die Cubitaldrüsen anschwellen. An den Fingern
befinden sich zwei Arten von Lymphgef ässen : die Vasa lymphatica super-
ficialia münden in die Axillardrüsen, die profunda in die Cubitaldrüsen.
lat also die Verletzung oberflächlich, so schwellen die Axillardrüsen an, bei
tieferen Verletzungen die Cubitaldrüsen.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1896. 33
514
Joseph.
Extra-
genitale,
Infection,
Joseph.
Seine eigenen Erfahrungen über extragenitale Syphilis-
in fection stellt Kef. {Beitr. zur DermatoL u. Sjphil. Festschr.
gewidmet G. Lewin) zusammen. Er verfugt über 50 eigene Beob-
achtungen. Die Sklerosen der Lippen nehmen den bei weitem
grössten Theil der extragenitalen PrimäraBFecte ein. Meist waren
Frauen betroffen. Bei einer solchen beobachtete er ein eigenthüm-
Uches Exanthem an der Brust, einen isolirten Koseolafleck, ringsum eine
circuläre Pigmentatrophie und dann einen . grossen unregelmässigen
Kranz von Papeln. Den Lippenkranken am nächsten stehen die
an den Tonsillen, dann die Zunge, am Kinn, der Nase, am Anus
und am Bauche. Ein Fall von Reinfectio syphilitica wurde beob-
achtet. Der Verlauf war meist ein gutartiger.
Leuko-
plakie,
Lydston.
Lydston (Joum. of cutan. and genito-urin. diseases, März) hält
die Leukoplakie nicht für einen specifischen syphilitischen Process,
sondern glaubt vielmehr, dass die Lues eine gewisse Grundlage
für dieselbe schaBPe, vielleicht auf dem Wege trophoneurotischer
Störungen. Oft ist auch eine zu starke Quecksüberbehandlung an-
zuschuldigen, ebenso Tabak, Alkohol, stark gewürzte Speisen und
Caustica. Wegen der Gefahr der Umwandlung zu malignen Ge-
schwülsten hält er bei hartnäckigen Fällen die radicale Entfernung
für angezeigt.
Papeln
der Gon-
junotiva,
Staerlin.
Während man bisher die syphilitischen Schleimpapeln
der Conjunctiva zu den grössten Seltenheiten rechnete, fand
Staerlin (Monatsh. f. pract. DermatoL Bd. 20, H. 1) xmter 200 Syphi-
litikern bei 21, das sind 10,5 "/o Schleimpapeln der Conjunctiva.
Gewöhnlich wurden auch an anderen Körperstellen Papeln gefunden
imd dadurch die Diagnose wesentlich erleichtert. Es zeigten sich
dunkelbläuliche, bisweilen blass- oder graurothe, leicht gekörnte
Knötchen, die nur unbedeutend über die Oberfläche emporragten.
Die Grösse derselben schwankte zwischen Stecknadelknopf- und
Erbsengrösse. Bevorzugt wurde die Conjunctiva der Unterlider,
besonders der Uebergangsf alten.
Schanker Ch^misse (Annal. de DermatoL et de Syphil. Nr. 1) berichtet
nach ^Y)eT einen Fall von multiplen Schankern nach Tätowirunc.
Tätowirnnff
ch^miBse. ' ^i^ Bereiche der tätowirten Stellen entstanden 14 Tage, nachdem die
Farbe mit Speichel zwecks Tätowirung verrieben worden war, fünf
charakteristische Primäraffecte mit harten, indolenten Drüsen in der
Achselhöhle imd nach weiteren 4 Woche Boseola.
Haut- und venerische Krankheiten. 515
Holth (Arch. f. Augenheilk. Bd. 30) berichtet über einen sehr Lids chanker,
interessanten Fall von hartem Schanker am Augenlide, welcher Hoith.
durch Autoinoculation entstanden war. Ein Matrose inficirte sich
am 26. October, Mitte November wurde ein schon längere Zeit be-
stehender Schanker hart. Ende November flog dem Patienten ein
kleines Stück Kost in das Auge, Patient rieb fortwährend und be-
kam einen harten Lidschanker.
Nach seinen Beobacbtungen über die Autoinoculation des
primären syphilitischen Geschwüres gelangt A. Zarewicz (Arch. Auto-
f. Dermatol. u. Syph. Bd. 32) zu der Ueberzeugung, dass die Sklerose ^''z^!^^^^^"'
nicht die Folge einer schon bestehenden allgemeinen Infection ist,
sondern dass erst von hier aus die allgemeine Infection vor sich geht.
Daher empfiehlt er eindringlichst in jedem Falle die Excision.
Aus des Ref. Poliklinik veröffentlicht Thimm (Deutsche med. Wochen- Makro-
schrift Nr. 24) einen sehr seltenen und interessanten Fall von Makro- cheilie,
cheilie, bedingt durch syphilitische Erkrankung der
Lippenschleimdrüsen. Es sind bisher nur sieben Fälle beobachtet,
in welchen die Makrocheilie als ein Folgezustand von entzündlichen Affec-
tionen bestand. Bei der 55jährigen Frau waren Ober- und Unterlippe
gleichmässig verdickt, und unter dem Gebrauche von Jodkalium war nach
4 Wochen von der Entstellung des Gesichtes kaum mehr etwas zu bemerken.
Wahrscheinlich lag hier eine specifisch syphilitische Affection der Lippen-
schleimdrüsen vor.
b. Viscerallues.
Einen Fall von Haematoma durae matris auf syphilitischer
Basis berichtet R. Hahn (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6). Es Syp hin-
ist dies ausser einem von Beck früher veröffentlichten der einzige tisch es
bisher beobachtete, welcher im Anschlüsse an acquiriii^e Lues zu ^^^
Stande kam. Bei hereditärer Lues hat B.umpf diese Pachymenin- Duramater,
gitis interna haemorrhagica erwähnt. n^hw.
O. Palm er (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5) stellte an der SyphiUs-
Abtheüung von Engel-Reimers in Hamburg Untersuchungen über ''^l^^^^^
die Residuen recenter Syphilis bei Weibern bezüglich ihrer
Häufigkeit und ihrer diagnostischen Bedeutung an. Er constatirte, dass
während der ersten 2 Jahre nach Entstehen der Krankheit bei den
nicht, wie die Prostituirten, regelmässig und gründlich behandelten
Weibern ein sehr charakteristisches Ensemble vorhanden ist, nämlich
Chlorose in 80*/o, Drüsenschwellungen in 70°/o, Schilddrüsenver-
516
Joseph.
Syphilis-
residuen.
Palmer.
^össerung in 45 ®/o , hypertrophische mit gitterartigen Karben ver-
sehene Tonsillen in 60*/o, areoläre Alopecie in 36*/o, femer auf
der äusseren Haut Leukoderma in 70°/o, Pigmentflecke als Residuen
von papulosquamösen und pustulösen Exanthemen in 55 ^/o, Karben
von breiten Condylomen und hypertrophische Perinealfalten in 50 •/o.
Gegen das Ende des zweiten Jahres ändert sich aber das Bild sehr
rasch, und es bleibt alsdann von all diesen Kesiduen für die folgen-
den Jahre nur noch das Leukoderma übrig, dagegen konunen in
80 ^/o der FäUe die Plaques opalines hinzu. Man kann also sagen,
wo man jenes Ensemble von Kesiduen findet, handelt es sich durch-
schnittlich immer um Syphilis, die nicht älter ist als höchstens
2 Jahre, und man kann femer behaupten, je jünger, mithin je ge-
meingefährlicher die Syphilis ist, desto vollständiger ist der vorhin
beschriebene Complex charakteristischer Stigmata vorhanden.
Syphili-
tische
Neuritis,
Oaucher.
Labyrinth-
Syphilis,
MöUer.
Eine primäre syphilitische Keuritis kommt im frühen
Stadium der Lues ausserordentlich selten vor. Gaucher (Annal. de
Dermatol. et de Syphü. Kr. 4) stellte einen solchen vor. Hier zeigten
sich bereits 4 Wochen nach Auftreten des PrimäraBFectes sensible
und motorische Störungen im Gebiete des Ulnaris ; die übrigen Arm-
nerven waren nicht afficirt. Die specifische Behandlung führte be-
deutende Besserung herbei. Es fand sich keine Exostose oder
Periostitis.
Auf Grund einer ganzen Reihe eigener Beobachtungen lenkt
Verf. die Aufmerksamkeit auf die intensive Störung des Gleich-
gewichtes, welche sich bei Labyrinthsyphilis oft schon früher als
alle übrigen Symptome einstellt. Zur differentiellen Diagnose ist es
wohl bemerkenswerth, dass bei Labyrinthaffectionen die Perception
für hohe Töne im allgemeinen bedeutender vermindert ist als für
tiefe; bei Affectionen des Mittelohrs ist es umgekehrt.
Syphili-
tischer
lüteras,
Roque u.
Devic.
Ueber einen sehr seltenen Fall von Icterus gravis im zweiten
Stadium der Syphilis mit tödtlichem Ausgang berichten Roque
und Devic in Lyon (Wiener med. Blätter Nr. 1).
Eine 27jährige bisher immer gesunde Frau hatte im Alter von 14 Jahren
einen leichten Emotionsicterus durchgemacht, der ohne Complicationen bald
verschwand. Sie wurde von ihrem Manne inficirt, dieser zeigte am 10. Januar
die Initialerscheinungen, sie selbst am 25. Januar. Im März und April
traten bei ihr Roseola und Plaques muqueuses auf. Im Juli empfand Pa-
tientin vollständige Appetitlosigkeit und Eräfteverfall, Meteorismus und ein
wenig Ascites. Temperatur 39,5 und leichtes subicterisches Colorit der
Haut- und venerische Krankheiten. 517
Haut. Die Leber klein und nicht schmerzhaft. Im Urin neben deutlicher
Albuminurie eine enorme Verminderung des Harnstoffes (5,0 pro die), die
Gegenwart von ürobilin und schliesslich das Vorhandensein einer alimen-
tären Glykosurie zu constatiren. Diagnose: Icterus gravis. P]s bildete sich ein
typhöser Zustand heraus , auf der allgemeinen Decke waren zahlreiche
Hämorrhagieen zu sehen, und nach 10 Tagen Exitus letalis durch abun-
dante Intestinalblutungen. Bei der Autopsie fand man typische Hepatitis
gummosa, die Leber wog nicht mehr als 640 g.
Diese schwere parench3n[natöse Erkrankung der Leber trat im
secundären Stadium der Lues auf. Vielleicht hat der frühere Emotions-
icterus in der Leber Veränderungen gesetzt, welche das Auftreten
einer so seltenen Localisation der secundären Lues begünstigten.
Hervorzuheben ist, dass zu einer Zeit, wo die Diagnose noch nicht
sicher zu stellen war, sich Symptome vorfanden, welche auf eine tiefe
Alteration der Leberthätigkeit hinwiesen (Verminderung der Ham-
stoffmenge, Anwesenheit von ürobilin und alimentäre Glykosurie).
c. Hereditäre Lues.
lieber ein bisher wenig beachtetes Symptom der hereditären
Lues berichtet Krisowski (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 41) aus Narben hei
des Ref. Poliklinik, Es zeigen sich bei der hereditären Syphilis ^»«^ditärer
. . Lues,
sehr häuüg radiär gestellte Narben rings um den Mund. Diese Krisowski.
linearen Narben strahlen in der Kegel in unregelmässiger Stemform
von der Mundöfhung aus und können sowohl symmetrisch als auch
unsymmetrisch sein. Sie bleiben gewöhnlich das ganze Leben hin-
durch bestehen und sind zuweilen so zart, dass man genau zusehen
muss, um sie überhaupt als solche zu erkennen. Sie entstehen in-
folge ulceröser syphilitischer Processe, welche der Heilung wegen der
fortwährenden Bewegungen des betroffenen Organes lange widerstehen.
Diese linearen, radiär um den Mund gestellten Narben sind für
hereditäre Lues charakteristisch.
d. Therapie der Syphilis.
Spiegier (Wien. med. Blätter Nr. 11) macht den Vorschlag, Behandlung
auf Personen, die im Beginne der Incubation sind, Blutserum von ^®y ^yp^*^*^
Individuen, welche an gummösen Residuen einer alten Syphilis leiden, therapie
zu übertragen. Auf diesem Wege müsse es möglich sein, in einem Spiegier,
frühen Incubationsstadium den Ausbruch der Allgemeinsyphilis zu
coupiren.
Gilbert und Fournier (La semaine m^dicale S. 181) führten Gilbert u.
aerotherapeutische Versuche bei Lues in der Weise aus , dass sie Foumier.
518
Joseph.
Behandlung das Blut von tertiär Sj^hilitischen oder Blut von Thieren über-
'^^^^^P*^*^*'* trugen, welche vorher mit dem Blute von Syphilitikern geimpft waren.
Gilbert u. Der Erfolg war nicht constant, Besserung trat zwar häufig ein, aber
niemals Heilung aller Symptome, so dass der Misserfolg dieser
Methode ein mehr oder weniger vollkommener war. Trotzdem halten
die Ver£F. noch weitere Versuche für nöthig, um ein endgültiges
Urtheil fallen zu können.
Fournier.
— mit
Ueberstrei-
ehungen
von Salbe,
Welander.
Welander (Dermatol. Zeitschr.) berichtet über 369 Syphilitiker,
welche mit den von ihm empfohlenen Ueberstreichungen von
Mercurialsalbe behandelt wurden. Er fand das Verfahren sehr
wirksam, bequem und angenehm, da FoUiculitiden gar nicht vor-
kamen. Quecksilber wurde in grösseren Kugeln im Urin noch lange
Zeit nach der Cur nachgewiesen. Die Ueberstreichungen wurden
im Bette vorgenommen, Patient bleibt 10 — 14 Stunden danach warm,
aber ohne zu schwitzen, liegen.
— mit
intra-
venöser
Injection
von
Snblimat,
Görl.
Dinkler
Görl (Münch. med. Wochenschr. Nr. 20) hatte dieBaccell i'sche
Methode der intravenösen Injection mit Sublimat an einigen Patienten
versucht. Als ein besonderer Nachtheil dieser Methode ist hervor-
zuheben das schnelle Eintreten von Recidiven. Aus diesen wie aus
verschiedenen anderen Gründen werden sich wohl dieBaccelli'schen
Injectionen nur für bestimmte Ausnahmefälle eignen, als Behand-
lung in jedem Fall, \vie es Baccelli will, wird sie sich kaum in
die Praxis einführen.
Auch Dinkler (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 18—20) hat in
der Heidelberger Klinik acht Männer und eine Frau nach der An-
gabe B a c c e 1 1 i^s mit intravenösen Sublimatinjectionen behandelt. Nach
diesen Erfahrungen war man schliesslich ganz davon abgekommen,
bei weiblichen Individuen ohne besonders weite und auf grössere
Strecken hin oberflächlich liegende Venen intravenöse Injectionen
zu versuchen. Auch beim männlichen Geschlecht sind fettleibige
Individuen fast ausnahmslos imbrauchbar, femer müssen alle die-
jenigen ausgeschaltet werden, bei denen nach 6 — 10 Injectionen der
ganze Vorrath brauchbarer Hautvenen erschöpft ist. Schliesslich ist
aber Verf., wie alle übrigen, welche diese Methode nachgeprüft
haben, davon abgekommen. Die Gründe dafür sind: 1. das Auf-
treten thrombotischer Processe, welche eine imausbleibUche Conse-
quenz der intravenösen Sublimatinjectionen bilden ; 2. was am meisten
ins Gewicht fllUt, ist die Gefahr des Recidives bei dieser Methode,
welche hier eher grösser ist als bei der bisher vorzugsweise ge-
Haut^ und venerische Krankheiten. 519
brauchten Einreibungscur. Daher glaubt er, dass die intravenösen
Injectionen wegen ihrer schnellen Wirkung bei den rapide fort-
schreitenden Formen der Haut- und Schleimhautsyphilide, so wie vor
allem bei den schweren Fällen von Lues des Centralnervensystems
zur Einleitung der antisjphilitischen Behandlung warm empfohlen
werden können. In ganz verzweifelten Fällen dürfte sich vielleicht
auch eine gleichzeitige Anwendung der Inunctions- und Injectionscur
rechtfertigen lassen.
G. Lewin (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12 — 14) betont den hohen — mit
Werth seiner subcutanen Sublimatiniectionscur gegenüber den Sublimat,
" . . . G. Lewin
Übrigen Darreichungen von Quecksilber. So versichert er, bei keinem
der von ihm mit seiner Methode behandelten Patienten sei im Ver-
laufe von ca. 32 Jahren eine irgendwie intensive Stomatitis aufgetreten.
Auch kein Fall von ausgesprochener Enteritis kam vor. Ueber
Schmerzen klagten einzelne mehr oder weniger, doch hat er nur
ausnahmsweise die Cur deshalb unterbrechen oder gar aufgeben
müssen.
Man hat in letzter Zeit versucht, statt der täglichen geringen
Sublimatinjectionen lieber seltenere, aber grössere Dosen zu geben.
Allgeyer und Sprecher (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 38) AUgeyer u.
veröffentlichten aus der Hautklinik in Turin einen Fall von Queck- Sprecher,
silberintoxication mit Scharlacherythem nach solcher hochdosirten
Sublimatinjection. Hier trat die Intoxication nach einer einzigen
Injection von 5 cg ein. Sie zeigte sich in ihrem gewöhnlichen Bilde,
von besonderem Literesse waren jedoch das typische Scharlacherythem
und die hochgradige Angina, die sich als specielle Reaction des
Organismus hinzugesellten.
Die Berechtigung der vor dem Ausbruche der secundären Sy-
philissymptome inaugurirten specifischen Behandlung bildet seit längerer
Zeit eine Streitfrage in der Syphilidologie. Während von einzelnen
Seiten behauptet wird, dass infolge der frühzeitigen Behandlung sehr
schnell schwere Veränderungen in den centralen wie in den peri-
pheren Theilen des Nervensystems auftreten, glaubt A. Deutsch
(Der Einfluss der frühzeitigen antiluetischen Behandlung auf das Nervea-
Nervensystem. Arch. f. Dermatol. u. Syphil. Bd. 28) nach seinen in *'^**®™ .^®*
Schwimme r's Klinik angestellten Beobachtungen gerade das Gegen- Deutsch. '
theil erweisen zu können. Nach ihm hat gerade die frühzeitige
Behandlung ihre volle Garantie in Bezug auf ihre günstige Wirkung,
denn während durch die spätere Behandlung Veränderungen, wenn
520 Joseph.
auch fimctioneller Natur, entstehen, die das Nervensystem eventuell
zu organischen Veränderungen pradisponiren, verhindert die früh-
zeitige Behandlung die nachtheiligen Zufalle. Das letzte Wort wird
aber trotz dieser Ausfuhrungen noch nicht in der Frage gesprochen
sein, wann die antisyphilitische Behandlung zu beginnen hat.
Lehrbücher.
van Niessen, Der Syphilisbacillus. Wiesbaden.
Y. Düring, Klinische Vorlesungen über Syphilis. Hamburg.
IX.
Einderkrankheiteii.
Von Privat-Docent Dr. H. Nenmann in Berlin^).
A. Phy8iologie.
Olshausen hatte als Hülfsursache für den ersten Athemzug Erste
die Compression des Thorax beim Durchtritt durch die untere Vagina an- Athmung,
gesprochen (s. Jahrb. 1895 , S. 476 , ferner Berl. Min. Wochenschr. Nr. 6, ^l»^^«"'
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 13) und war hierbei auf Widerspruch bei
Runge gestossen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 5, Arch. f. Gynäkol. Bd. 50).
Die experimentellen Versuche von Zuntz und P. Strassmann, die
allerdings an Leichen angestellt sind (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 17) geben
Runge Recht, insofern sich die atelektatische Lunge nicht durch Com-
pression des Thorax zur Ausdehnung bringen lässt, sondern nur durch
Manipulationen, welche direct eine Inspiration veranlassen.
Runge,
Zantz u.
Strassmann.
Schfld.
Walter Schild (Zeitschr. f. Hygiene Bd. 19, Nr. 1) forschte im Erste
Darminhalt Neugeborener nach Bacterien und fand den Inhalt Baoterien
des Rectums unmittelbar nach der Geburt stets steril. Die erste Infection *"L .*^™*
geschieht unabhängig von der Nahrung durch verschiedene Bacterienarten,
worunter sich auch peptonisirende befinden. Die Zeit dieser ersten Infection
schwankt je nach der Aussentemperatur und fällt in den Sommermonaten
frühestens auf die 4., spätestens auf die 20., meist aber auf die 10. bis
17. Stunde nach der Geburt. Die Eingangspforten dieser Bacterien sind
der Mund und der Anus, und zwar schlagen die in den früheren Stunden
auftretenden den letzteren Weg, die späteren beide Wege ein. Die
Quellen, denen diese Bacterien entstammen, sind theils die Luft, theils
das Badewasser, dagegen nur ausnahmsweise die Wäsche oder die Vagina
der Mutter. Das Sterilisiren der Kindemahrung hat einen absoluten Werth
nur in Bezug auf die Abtödtung pathogener Bacterien.
^) Die Abschnitte »Rachitis" und »Diphtherie** sind von meinem Assi-
stenten Herrn Dr. Michael Cohn bearbeitet.
522
Neumann.
Analyse der
Frauen-
milch,
E. Pfeiffer,
Heubner,
Camerer.
Emil Pfeiffer (Verhandl. d. 11. Vers. d. Gesellßch. f. Kinderheilk.)
gibt 100 neue Analysen von ausgebildeter menschlicher Milch aus
allen Monaten des Stillens nebst 2 Analysen von Colostrum. Der Gesammt-
durchschnitt ergibt Trockensubstanz 11,778, Eiweisskörper 1,944, Fett 3,107,
Zucker 6,303, Salze 0,155. Der Eiweissgehalt übertriflft also den von Hof-
mann (s. vorigen Jahrg. S. 476) ermittelten nicht unerheblich. Analysen
dieser Art sind für die Bestimmung des Nährwerthes einer künstlichen Er-
nährung wichtig. Nach Pfeiffer würden 100 ccm menschliche Milch
63,1 Rohcalorieen haben und insofern von der Marktmischmilch (mit 67,4 Roh-
calorieen) nicht wesentlich abweichen.
Hingegen bekräftigt Heubner (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40, H. 1
bis 3) gegen Pfeiffer unter Bezugnahme auf neuere Untersuchungen
seine Angaben über den erheblich niedrigeren Eiweissgehalt der Frauen-
milch, wie er sie nach Hof mann gemacht hatte (s. Jahrb. 1895, S. 477).
und findet auch von Seiten Camerer's (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40.
H. 2 u. 3) Unterstützung.
Auf die Ergebnisse der mühevollen StofFwechseluntersuchungen
Kindlicher Camerer's (Der Stoffwechsel des Kindes von der Geburt bis
zur Beendigung des Wachsthums. Tübingen 1894) kann hier nicht
genauer eingegangen werden. Immerhin geben wir die Körper-
gewichte und täglichen Gewichtszunahmen: A für 97 Frauenmilch-
kinder und B für 28 künstlich ernährte Kinder; infolge der Ver-
besserung der Emährungsmethoden sind die letzteren Zahlen höher
als für 31 vor 10 — 20 Jahren beobachtete Fälle.
Stoff-
wechsel,
Camerer,
Bei der
Geburt
Am Ende der Wochen
1
2
4
8
12
16 20
24
28
82
36
40
44
48
52
Gewicht
8150
8410
8560
8980
4810
5ÖS0
«220
«800
7810
7740
8170
8630
8880
9220
»510
9880
A
Tägl. Za-
nähme
81 29 26 21 21 18 15 15 16 9 12
Gewicht
8470
3390
8500 8810
4430
5090
5800
6550
7180
7650
8140
8600
8880
9710
B
Tägl. Za.
nähme 1)
2
1 2
1 2
2 2
4 9
5 2
1 1
6 1
6 1
5 i
i ^
'i
r
1) Vom Ref. berechnet.
Lange. J. Lange (Ueber den Stoffwechsel der Säuglinge bei
Ernährung mit Kuhmilch. Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 39) fasst
seine Resultate in folgender Weise zusammen: Die N- Ausnutzung
der Kuhmilch ist, wenn letztere gehörig zubereitet (d. h. verdünnt,
mit Milchzucker versetzt imd sterilisirt) ist, eine annähernd ebenso
vollkommene, wie die der Muttermilch (95,46 ''.'a gegenüber 98,8 "/o);
Kinderkrankheiten. 523
die Menge der ausgeschiedenen Kothfixa ist beim dyspeptischen
Säugling etwa doppelt so gross wie beim gesunden Säugling; dem-
entsprechend ist auch die 24stündige N-Menge der Fäces bei Dys-
pepsieen grösser, dagegen ist der procentuale N-Gehalt der dys-
peptischen Ausleerungen etwa um ebenso viel kleiner, als bei
normaler Function des Magendarmtractus. Der mit Milch ernährte
Säugling befindet sich nicht im Stickstoffgleichgewicht, sondern er
behält N in grösserer Menge zurück, und zwar meist bedeutend
mehr als der gleichzeitigen Gewichtszunahme entspricht; dieses Stick-
stoffdeficit kann nach Lange vielleicht am ehesten dadurch erklärt
werden, dass der ausserordentlich schnell wachsende Körper des
jungen Kindes eine erhebliche Menge von Zellen neu bildet und
hierzu den Stickstoff zurückbehält, ohne dass Lange in Abrede
stellen will, dass ein kleiner Theil desselben vielleicht auf Kechnung
der vermehrten Darmarbeit oder durch Bildung freien Stickstoffs
(durch Darmbacterien) erklärt werden kann.
Durch einige neue Versuche zeigt Bendix (Berl. klin. Wochen- Vcrände-
schrift Nr. 16) wiederum, dass durch einmaliges Sterilisiren bei mng der
100® eine chemisch nachweisbare Modi fication in der Zusammen- durch
Setzung der Milch nicht stattfindet. Auch die Verluste an Eiweiss sterilisiren.
und Fett, die durch wiederholtes Sterilisiren eintreten, fallen nicht Bendix.
flir die Ernährung in die Waagschale.
Nach den Erfahrungen NorbertAuerbach's (Therap. Monatsh. , s t e r i l i s i-
Januar) reicht zur sicheren Sterilisirung der Milch 80 Minuten rung.
langes Kochen oder kurzes Erhitzen auf 115" im allgemeinen aus;
bei letzterem Verfahren wird die Milch in Aussehen und Geschmack
weniger verändert. Bei der häuslichen Herstellung der Kindermilch
empfiehlt Auerbach, das Deficit an Fett durch Zuf ügung von Kahm Häusliche
zu ergänzen; zu diesem Zweck bewahii; man eine Milchmenge, die un- Herstellung
gefahr der Hälfte der zur Säuglingsemährung nothwendigen Kuhmilch j^jj^^jg^^jU^jj
gleichkommt, in einer flachen Schüssel 2 Stunden kühl und ohne sie Auerbach,
zu bewegen auf, schöpft dann den gebildeten Rahm ab und ver-
mischt ihn mit der Tagesmenge unabgerahmter Milch. — Hingegen
empfiehlt Wilhelm Steffen (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40) folgen- w. steflfen.
des : Er mischt Milch und Kalbsbrühe zu gleichen Theilen und gibt
zu 100 g der Mischung 1 Theelöffel Sahne und 3,8 g Milchzucker ;
die Brühe wird aus V* Pfund Kalbfleisch auf ^Z? Liter Wasser ge-
kocht. Steffen rühmt diese Mischxmg nach klinischen Erfahrungen
und auf Grund des Experiments, nach dem sie in feinere oder zum
524 Neumann.
mindesten weichere Gerinnsel als mit Wasser verdünnte Milch durch
den Magensaft verwandelt wird.
Gärtner'Bche Escherich (Mittheil. d. Vereins d. Aerzte in Steiermark Nr. 1)
Pettmilch, rühmt die Bekömmlichkeit der Gärtner'schen Fettmilch bei
Kindern mit gesunden Verdauungsorganen; dieselbe ist femer an-
gezeigt bei Kindern mit hartnackiger Verstopfung, hingegen zu ver>
meiden bei acuten, mit Diarrhöen verlaufenden Verdauungsstörungen.
Popper, Hingegen ergaben die von Popper (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 19)
an der Monti'schen Poliklinik angestellten Emährungsversuche mit
Gärtner's Fettmilch kein besonders glänzendes Resultat.
Backhaus. Backhaus (Berl. kHn. Wochenschr. Nr. 27) schlägt folgende
Methode vor: £s wird die Milch durch Centriftigiren in Rahm und
Magemuich zerlegt; aus der Magermilch wird dann ein Theil des
Caseins durch Labferment ausgefällt, das erzielte Milchserum wird
unter vermindertem Druck auf vier Fünftel des Volums condensirt;
dann wird so viel Kahm zugesetzt, dass der Casem- und Fettgehalt
demjenigen der Frauenmilch entspricht. Es wird durch discontinuir-
liches Erhitzen sterilisirt. Diese Mischung I wird für ältere Kinder
durch zwei andere Mischungen ergänzt, welche aus Magermilch^
Wasser, Kahm und Milchzucker hergestellt werden. Die Abgabe
der Milch erfolgt in Portionsflaschen. BilligstenfaUs würde der Liter
Milch 30—40 Pfg. kosten.
Ausnutzung Heubner (Berliner klin. Wochenschr.) liess durch Carstens
des Mehls, Versuche über die Ausnutzung des Mehls im Darm iunffer
Säuglinge anstellen und fand, dass dieselbe eine sehr vollständige
ist. Der ausschliesslichen Ernährung mit Mehlen würde jedoch unter
anderem schon der Umstand entgegenstehen, dass ein Säugling nicht
die zu seiner Ernährung nöthige Menge zu sich nehmen könnte;
immerhin sind die Mehlsuppen (besonders aus Reis- und Hafermehl)
bei Verdauungsstörungen zum vorübergehenden Ersatz der Milch
sehr geeignet.
Ausnutzung Bendix (Therap. Monatsh., Juli) untersuchte die Ausnutzung
der ^jj^j Verwendbarkeit der Schokoladen fette beim Kinde. Die
ladenfette. H a u 8 w a 1 d t'sche Kraftschokolade, welche 2,1 "/o freie Oelsäore ent-
Bendix. hält, wurde ebenso wie eine gewöhnliche gute Schokolade (benutzt
wurde die deutsche Hildebrandt'sche) sehr gut ausgenutzt; die
Elinder nahmen sie in erheblichen Mengen zu sich; Uebersättigung,
die sich nach 3 — 4 Wochen einzustellen pflegte, erforderte vorüber-
gehend Verminderimg der Tagesdosen. Bendix empfiehlt die An-
Kinderkrankheiten.
525
Infection
der Neu-
geborenen:
Nabel-
wendung der Schokolade zur Hebung der Ernährung bei Schwäche-
zuständen verschiedener Art.
B. Pathologie und Therapie.
I. Krankheiten der Nengeboreaen.
Die Angaben über die Häufigkeit septischer Erkrankungen
beim Neugeborenen und im besonderen über die Häufigkeit von
Nabelin fectionen in Anstalten fallen günstiger als bisher aus.
Grosz (Jahrb. f. Eünderheilk. Bd. 40) sah auf der zweiten geburts-
hülfliehen Klinik in Budapest einen ganz normalen Heilungsprocess
des Nabels freilich nur in 21,6*^/0, unter den pathologischen Zu-
ständen war feuchte Gangrän des Nabelschnurstumpfes am häufigsten, erkrankung
Temperatursteigerungen von 38® und mehr kamen aber — in den
ersten 10 Lebenstagen — nur bei 6,8 */o der Kinder zur Beobachtung ;
unter den betreffenden 26 Fällen war dabei 8mal die Heilung des
Nabels scheinbar normal. An sicherer Sepsis starb nur 1 Kind. Der
Nabel wurde drei Finger weit von der Bauch wand unterbunden, nach
dem Bade in ein sterilisirtes Leinwandläppchen eingehüllt und mit
einer Leinenbinde festgehalten; der Verband wurde zweimal täglich
erneuert (bei Durchnässung auch öfters).
In der Provinzial-Hebammenlehranstalt in Danzig fieberten von
100 Neugeborenen, wie Hermes (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 17) mit- Hermes,
theilt, noch weniger, nämlich nur zwei. Der Nabel wird hierbei ent-
sprechend den Vorschriften des Preussischen Hebammenlehrbuches
behandelt: Abnabelung vier Querfinger breit vom Nabel mit in
S'j'oigem Carbolwasser bewahrtem leinenen Bändchen; Einhüllung
des Nabelschnurrestes in Watte, welche mit 4"/oiger Carbolvaseline
bestrichen ist; Vermeidung der Infection durch die Pflegende. Die
Mumification wird hierbei verzögert, so dass der Nabelschnurrest
später abfallt, als bei eintrocknenden Methoden.
Am günstigsten sind aber die Resultate der Nabelbehandlung
auf der Univeraitäts-Frauenklinik in Breslau, indem hier Keilmann Keilmann.
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21) bei 400 Neugeborenen über-
haupt keine Temperatursteigerungen feststellen konnte. Hier wird
der Stumpf mit desinficirtem Leinbändchen so unterbunden, dass er
nur in Länge von 2 — 3 cm stehen bleibt; nach dem ersten Bade
wird er sorgfaltig getrocknet, mit Watte versorgt und durch Nabel-
bind« fixirt. Das Wesentliche ist aber, dass, abgesehen von dem
ersten Bad, das Baden der Kinder unterbleibt; hierdurch sah Keil-
mann in Uebereinstimmung mit den Angaben von Doktor (s. voriges
526
Neumann.
Infection
der Nea-
geborenen:
Nabel-
erkranknng,
Keilmann,
Schrader,
Sdüiep.
Sepsis,
Finkelstein.
Strepto-
kokken-
diphtherie,
Epstein.
Jahrb.) nicht nur eine bessere oder viebnehr ideale Nabelheilnng,
sondern auch, bei Vergleich mit den gebadeten Kindern, einen ge*
ringeren Gewichtsverlust und eine schnellere und regebnässigere Aus-
gleichung desselben. Dass sich die Unterlassung des Bades, ab-
gesehen vom ersten Reinigungsbad, auch in der Privatpraxis durch*
fuhren lässt, erfahren wir aus einem Vortrag von Schrader
(Centralbl. f. Gynäkol. 1894, Nr. 46); derselbe schlägt den Nabel-
schnurrest in ein trockenes Leinwand- oder Mulllappchen, der Verband
wird für gewöhnlich nicht gewechselt ; die Nabelbinde wird nicht zu
fest angelegt und beim Trockenlegen öfters aufgebunden, damit die
trocknende Luft hinzutreten kann; wenn nöthig, wird durch Auf-
pudem von Dermatol ausgetrocknet.
Hingegen bezweckt Schliep (Therapeut. Monatsh., Juni) eine
schnelle Mumification des Nabels dadurch, dass er täglich zweimal den
Nabelschnurrest mit 2"/oiger Höllensteinlösung bepinselt; hierbei
schrumpft die Nabelschnur schnell ein, wird lederartig trocken und
fallt meist am 3. — 4. Tage tadellos ab.
Infolge der im Vergleich zu früher grösseren Seltenheit von
septischen Zuständen bei Säuglingen schreitet die bacteriologiache
Dm'chforschung dieser Verhältnisse nur langsam fort.
Finkelstein (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 23) beobachtete
bei einem 9 Tage alten Kinde einen innerhalb 12 Stunden ver-
laufenden eigenthümUchen Process, der durch Cyanose mit Ictems,
Gefassspasmen und Gangrän charakterisirt war; das Blut war dunkel
und zäh; im Urin neben viel Eiweiss Hämatoidinkömchen. Die
Krankheit musste als acute Streptokokkensepsis aufgefasst
werden; die Mutter starb an puerperaler Sepsis.
Bei einem 8tägigen S3rphilitischen Kinde mit hämorrhagischer
Diathese wurde ferner ein Kapselbacillus gefunden, daneben Bacillus
pyocyaneus ß, Verf. fasst eine Gruppe von hämorrhagischen Erkran-
kungen zusammen, deren Ursache in KapselbaciUen zu suchen ist;
er zögert jedoch mit Recht, in Hinsicht auf andere Befunde die
hämorrhagischen Erkrankxmgen auf ein einziges Bacterium zurück-
zufuhren; Hämorrhagieen können thatsächlich aus verschiedenster
Ursache — unter anderem auch durch den Bacillus pyocyaneus, wie
dies das Experiment zur Genüge zeigt — veranlasst werden.
Epstein (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 39) beschreibt eine Strepto-
kokkendiphtherie bei einem 3 Wochen alten Kinde, von der er
annimmt, dass sie eine secundäre Localisation einer allgemeinen Sep-
tikämie sei; er glaubt, dass die bestehende Gastroenteritis Veran-
lassung ti\r die Streptokokken war, vom Darmtract aus einzudringen.
Einderkrankheiten. 527
II. Allgemeine eonstltntlonelle Krankhelteii«
1. Rachitis.
Hagenbach-Burckhardt (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 21) Aetioiogie
versucht, ohne neue Thatsachen beizubringen, die Hypothese zu ^®f .
vertheidigen , dass es sich bei der Bachitis wahrscheinlich um Hagenbach-
eine chronische Infectionskrankheit handle. Er erinnert anParrot, ßurckhardt.
der die Krankheit mit der Syphilis, an Oppenheim er, der sie
mit der Malaria in Zusammenhang brachte, femer an Kassowitz,
der von einem im Blute circidirenden Reiz spricht, sowie an Vol-
land, der bereits die Existenz specifischer Mikroben als wahrschein-
lich hinstellt. Als Beweis für die Infectionstheorie gelten Hagen-
bach-Burckhardt die bekannten Thatsachen, dass die Bachitis
hauptsächlich infolge verdorbener Luft entsteht, dass sie im Winter
daher häufiger ist, dass sie mit der Erhebung über der Meeres-
fläche allmählich abnimmt, Erscheinungen, die sich mit der An-
nahme eines InfectionsstofPes sehr gut erklären lassen. Mit Bezug
auf die geographische Verbreitung erinnert er an die auch sonst
viel Analoges darbietende Tuberculose. Die vornehmliche Locali-
sation am Knochensystem würde die Bachitis mit den anderen chro-
nischen Infectionskrankheiten des Kindesalters, mit der Syphilis und
Tuberculose, gemein haben. Als Beweis könne endlich gelten das
Vorkommen einer acuten, mit Fieber einhergehenden Bachitis, sowie
die Häufigkeit des Milztumors. Der Einwand, dass man Thiere
einfach durch Entziehung von Kalk in der Nahrung rachitisch
machen könne, sei deshalb nicht stichhaltig, weil die Knochen-
veränderungen noch nicht das gesanmite klinische Bild der Krank-
heit ausmachen; xmd was die fötale Bachitis anlangt, so sei ihre
Identität mit der später entstehenden nicht erwiesen. Die bisher
angenommenen ätiologischen Factoren würden nach dieser Theorie
nnr prädisponirende Momente für das Zustandekommen der Infection
darstellen.
Die vorjährige Angabe Büdel's, dass bei der Bachitis eine Kalk st off-
Störung der Kalkresorption vom Darmkanale aus nicht be- Wechsel bei
stehe, dass mithin eine verminderte Kalkresorption nicht die Ursache R^y
der Krankheit sein könne, bestätigt B e y (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 35) durch erneute Stoffwechselversuche. Er fand femer, dass
die Darreichung von Phosphor-Leberthran (0,01 : 100,0, 3mal täglich
1 Theelöffel) den Kalkgehalt des Urins bei Bachitis erheblich steigert
und denmach die Kalkresorption vom Darmkanal aus zu begünstigen
528 Neumann.
scheint. Gereinigter Leberthran an sich zeigte diese Wirkung in
viel geringerem Maasse, Phosphor allein that es fast gar nicht.
Häufigkeit In Biga leiden, wie Mey (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 28)
„ ,f^. berichtet, 70 — 90% aller Kinder an Kachitis, was wohl mit den
Rachitis, ' . is ^ 't ■»•
Mey. schlechten Wohnungsverhältnissen und der rauhen Lun;, welche die
Kinder viele Monate hindurch an das Zimmer fesselt, zusanmien-
hängt.
Tetanie bei Tetanie fand Szegö (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40) nur bei
Rachitis, g^jj^eren Rachitikem. Unter 205 FäUen von florider RAchitis traf
Szego.
er das Facialisphänomen 104mal, das Trousseau'sche 20mal und
46mal alle beide an. In 106 der Fälle war Laryngospasmus mit
oder ohne Eklampsie vorhanden; imter diesen gelang es 83mal das
Spontan- , , ^ ' '^ ^
heiUng Facialisphänomen, 18mal das Trousse aussehe, 25mal beide aus-
rachitischer zulösen.
V ^ r k r ft Ol«
mangen ^^® Frage über die Spontanheilung rachitischer Ver-
Indicationenkrümmungen haben Veit (Arch. f. kUn. Chir. Bd. 50) und Kamps
für osteo- (Bruns, Beiträge zur klin. Chir. Bd. 14) zu lösen gesucht. Vergl. Ab-
Veit, ' schnitt „Chirurgie", S. 354.
Kamps.
2. Barlow'sche Krankheit.
Bei dem steigenden Interesse fiir diesen noch räthselhaften
KrankheitsbegrifP geben wir eine Schilderung desselben, wie sie
Barlow'sche Barlow selbst (übersetzt von Ludwig Elkind, Centralbl. f.
^Barlow** ' ^^^* M^edicin Nr. 21 u. 22) neuerdings entwirft. Die Krankheit
kann nach zurückgelegtem 4. Lebensmonat zu jeder Periode des
Kindesalters einsetzen, beginnt jedoch am häufigsten zwischen dem
9. und 18. Monat. Bei dem etwas blassen Kind zeigt sich auf ein-
mal ohne nachweisbare Ursache eine heftige Unruhe, welche jedoch
das Eigenthümliche hat, nur bei Bewegung zu entstehen; sie ist
diurch einen Schmerz in den unteren Extremitäten veranlasst, welche
zunächst auf der einen, dann auch auf der anderen Seite eine nicht
scharf begrenzte Schwellung wahrnehmen lassen; sie werden zu-
nächst nach oben gezogen gehalten, während sie später nach aussen
gedreht imd unbeweglich, wie in einem Zustand von Pseudoparalyse
liegen. Auch stellt sich jetzt eine grosse Schwäche der Wirbelsäule
ein. Weiterhin entsteht an einer Scapula oder auch an beiden eine
leichte Schwellung, und es können femer auch die oberen Extremi-
täten, wenn auch in geringerem Grade als die unteren erkranken.
Die Gelenke bleiben dauernd frei, hingegen können in schweren
Fällen Spontanfracturen in den Epiphysenlinien entstehen, und zwar
Kinderkrankheiten. 529
am häufigsten in den oberen und unteren Epiphysen des Femur,
sowie in der oberen Epiphyse der Tibia, seltener am oberen Ende
des Humerus ; Fractoren am Femur in einiger Entfernung von der
Epiphyse bilden eine Ausnahme. In dieser Periode kann der Thorax
eine auffallende Veränderung in der Art erleiden, dass das Stemum,
die angrenzenden Knorpel und die entsprechenden Bippenenden nach
hinten eingesunken erscheinen, ,,gleichsam als ob sie von vom her
durch einen Stoss zerbrochen und nach hinten getrieben wären".
Gelegentlich lässt sich auch an den Schädel- und Gesichtsknochen
eine Verdickung finden. Ziendich plötzlich kann eine Vortreibung
des einen und am nächsten oder zweiten Tag auch des anderen
Bulbus auftreten, mit einer ödematösen und etwas sanguinolenten
Schwellung des Oberlides ; die Conjunctiva zeigt kleine Ekchymosen
oder bleibt ganz normal.' — Während des Krankheitsverlaufes ent-
wickelt sich eine hochgradige Anämie ; schliesslich ist die Hautfarbe
erdfahl oder gelb, und es entstehen Sugillationen. Die Abmagerung ist
nicht charakteristisch, hingegen die allgemeine Schwäche, durch
Muskelschwund bedingt, sehr beträchtlich. Die Temperatur ist nur
vorübergehend, während die Knochen befallen werden, erhöht. Die
Betheiligung des Zahnfleisches hängt von der Zahl der vorhandenen
Zähne ab; es kann die Nahrungsaufnahme durch die MundafPection
erschwert werden ; gelegentlich finden auch Blutungen aus der Nase
statt. Appetit und Verdauung bleibt meist gut. Bei vorgeschrittener
Kachexie können zufallige CompUcationen zum Tode fähren, oder die
Krankheit nimmt einen chronischen, recidivirenden Verlauf ; im all-
gemeinen dauert sie — unbehandelt — 2 — 4 Monate. Langsam nimmt
Schwellung und Spannung an den Knochen ab, und es fallen der Muskel-
schwund und die neugebildeten Schwarten sehr ins Auge, die erst
nach Monaten resorbirt werden. Die Fracturen in den Epiphysen
heilen ohne wesentliche Deformität, diejenigen in der Diaphyse unter
üppiger Callusbildung ; gleichzeitig bessert sich die Beweglichkeit
und der übrige Symptomencomplex. Der Urin enthält oft Spuren von
Eiweiss und Blut sowie grobe harnsaure Concremente. Milz ist nur
selten vergrössert. Herz imd Lungen zeigen klinisch nichts Besonderes.
TTeber den pathologisch - anatomischen Befund gehen wir hier kurz
hinweg : er zeigt bekanntlich eine hochgradige Osteoporose und Blu-
tungen. Bei der Differentialdiagnose verwirft Bar low einen
engeren Zusammenhang mit der Rachitis und anderen Krankheiten
und bekräftigt seine Ansicht, dass es sich um infantilen Scorbut
handle; gerade bei diesem sind auch die beschriebenen Knochen-
läsionen (einschliesslich der Fractur) und die subperiostalen Blu-
Jahrbnch der practischen Medicin. 1896. 34
530 Neumann.
Bari ow'8 che tiingen schon früher beobachtet worden. Auch die Aetiologie
Krankheit, gp^icht für Scorbut: keines der erkrankten Kinder erhielt die Brust,
Barlow, '^ , '
vielmehr wurden alle künstlich ernährt (condensirte Milch, Mehl-
präparate etc.); es sind besonders die Eänder aus besseren Ständen
heimgesucht, weil die Kinder der Aermeren schon ziemlich früh
neben der Milch von der Kost der Erwachsenen (im besonderen
Kartoffeln) erhalten. Als antiscorbutische Diät schlägt Barlow
vor: frische Milch, mit Milch zubereitetes Kartoffelpüree, täglich
1 Esslöffel Fleischsaft, oder 1 Esslöffel Orangen- oder Traubensaft,
mit Wasser verdünnt. Der Erfolg zeigt sich nach 2 — 3 Tagen und ist
überraschend. Wird die Diät hingegen nicht geändert, so sind alle
übrigen Mittel ohne Wirkung. Gelegentlich zeigt sich, in Ueber-
einstiramung mit der Erfahrung bei Erwachsenen, dass die Kinder
die- antiscorbutische Diät auf die Dauer nicht vertragen. Zuweilen
tritt die Orbitalhämorrhagie als einziges oder wesentliches Symptom
des infantilen Scorbuts auf, das Gleiche ist mit der Hämaturie
der FaU.
Hischsprunp, Im Gegensatz zu Barlow meint Hirschsprung (Jahrb. für
Kinderheilk. Bd. 41), dass sich hinter der Möller'schen oder Bar-
1 0 w'schen Krankheit als constitutionelles Leiden die Rachitis ver-
stecke, und zwar in der Weise, dass sich in den chronischen Verlauf
derselben eine acute Form interponire. Die FäUe, auf welche sich
Hirschsprung stützt, haben allerdings manche Eigenthümlich-
keiten, die seine Meinung stützen, während andererseits die hämor-
rhagische Diathese bei ihnen ganz fehlt (ausser einem Fall, wo sie
terminal auftrat) und ebenso die Mundaffection nicht oder nur in
geringer Intensität zur Beobachtung kam. Wo die Mundaffection
bei der Barlo waschen Krankheit auftritt, möchte sie Hirsch-
sprung zu einer stärkeren rachitischen Erkrankung des Kiefer-
knochens in Beziehung setzen. — Der Anschauung von Hirschsprung
Fürst, kommt die von Fürst (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 18) nahe; dieser
hält dafür, dass die Annahme eines infantilen „Scorbuts" eine durch-
aus willkürliche sei und dass ein solcher nicht einmal in Epi- und
Endemieen von Scorbut beobachtet sei ; was die B a c h i t i s betreffe,
.so bekämen zwar rachitische Kinder nur höchst selten Barlo wasche
Krankheit, aber fast alle Fälle von Barlow'scher Krankheit litten
an leichter oder mittelschwerer Rachitis; er ist geneigt, die Bar-
1 0 w'sche Krankheit für eine hämorrhagische Form der Bachitis an-
zusehen.
Der Barlow'sehen Schilderung entspricht mehr als diejenige von
F\ eu.leiib« 1 ff. HirHchsprung ein von A. F r e u d e n b e r g (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 19)
Kinderkrankheiten. 531
beobachteter Fall; bemerkenswerth ist hier, dass während nur die rechte
untere Extremität eine starke Schwellung erfuhr, eine lähmungsartige
Schwäche auch im anderen Bein und vorübergehend auch in den oberen
Extremitäten eintrat. Ein eclatanter Erfolg wurde in diesem Fall durch
die Darreichung frischer Bierhefe (zuerst 5mal täglich 1 Messerspitze, später
Ümal täglich 1 Theelöffel) erzielt; das blutende Zahnfleisch wurde mit
frischem Citronensaft bepinselt.
III. Chronische InfectlonskrAiikhelten.
1. Tuberculose.
H. Kossei (Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Bd. 21) kommt Tuberculose
bezüglich der Tuberculose im frühen Kindesalter zu dem i™ fJ^^hen
Schluss, dass sie mit seltenen Ausnahmen durch Infection seitens der h. Kossei
Umgebung entsteht. Die bacteriologische Diagnostik betreffend , so
Hess sich nur selten das Sputum im Rachen an einem Wattebausch
auffangen ; hingegen Hessen sich in mehreren Fällen die verschluckten
Tuberkelbacillen in den Fäces nachweisen , einige Male fanden sich
die Bacillen in dem Eiter einer tuberculösen Otitis, bezw. in dem
Secret einer tuberculösen Pharynxerkrankung. Probeinjectionen mit
Tuberculin wurden in folgender Weise vorgenommen: bei Säuglingen
wurde mit 0,2 mg, sonst mit 1 mg begonnen und, wenn keine Beac-
tion eintrat, später 5 mg und weiterhin 10 mg injicirt; erfolgte Fieber-
reaction (es wurden nur fieberlose Kranke injicirt), so wurde, um
sicher zu gehen , die gleiche Dosis nach der Entfieberung noch ein-
mal wiederholt. Von 63 Kindern im Alter von 1 — 10 Jahren re-
agirten auf die Injection mit Tuberculin 28; nur bei 4 von ihnen
liess sich klinisch Tuberculose feststellen , so dass K o s s e 1 40 "/.»
latente Tuberculose annimmt. Eine wirksame Prophylaxe kann man
erst erwarten, wenn sich bei Laien und Aerzten die Ueberzeugung
von der Uebertragung durch Ansteckung Bahn gebrochen hat. Diese
Ueberzeugung wird auch kaum durch die Versuche von Bar und Bar u. R6noii.
Renon (Rev. mens, de mal. de Tenf., Novembre) zu erschüttern
sein; diese stellten mit freilich nicht ganz einwandsfreier Methodik
fest, dass ausnahmsweise von Müttern mit schwerer Tuberculose
Bacillen auf den Fötus übergehen; sie verimpften Blut der
Vena umbilicalis (vom Placentarende entnommen) in 5 Fällen und
erzielten 2mal Tuberculose der Versuchsthiere.
Zapper t (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40) theilt eine Reihe von Lähmuiu^eu
Fällen mit, in denen als erstes Symptom oder im Verlauf einer ^^^i
tuberculösen Meningitis Halbseitenlähmungen auftraten; >ienineitis
es Hessen sich bei der Section Erkrankungsheerde an der Convexität, Zappert
532
Neumann.
oder in der Kapselregion, oder an der Basis einer Hemisphäre nach*
weisen.
TuberculöBe In Frankreich war die Injection von Naphtolum camphoratum
PeritonitiB, ^^j^ Function bei tuberculöser Peritonitis empfohlen; nach
Netter.
einem Todesfall, über den Netter (Bull, et M^m. de la Soc. med.
des Höpit. de Paris) berichtet, wird man hiervon Abstand nehmen.
Syphili-
tische
Oculomo-
torius-
lähmang,
Zappert.
Syphili-
tische sym-
metrische
Oangrän,
Krisowski.
Syphili-
tische
Periostitis,
Trousseaa.
2. Syphilis.
Zappert (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 19) sah bei einem 5jährigen
Mädchen, das in seinem ersten Jahre hereditäre Lues gehabt hatte,
eine Lähmung des linken Oculomotorius; dieselbe hatte sich plötzlich
eingestellt, nachdem es vor 8 Tagen mit Erbrechen, Kopfschmerz
und Misslaunigkeit erkrankt war. Die Lähmung, welche das Auge
im äusseren Augenwinkel einstellte, Beactionslosigkeit der Pupille
auf Licht und Accommodation , sowie Ptosis zur Folge hatte, ver-
schwand unter antisyphüitischer Behandlung im Verlauf von 3 Monaten.
Krisowski (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40) beobachtete bei
einem ca. 2jährigen Knaben symmetrische Gangrän, welche, wie
die Heilung unter einer Liunctions- und Jodkalium cur bewies, mit
Becht auf hereditäre Syphilis zurückgeführt wurde.
Wegen seiner diagnostischen Wichtigkeit tragen wir noch eine
Beobachtung Trousseau's aus dem Jahre 1894 nach (Refer. in
Bev. mens, des maladies de l'enf., Juillet). 2 \/2 jähriges Kind, welches
seit 14 Tagen traurig und abgeschlagen war, Nachts aufschrie, die
Hände zum Kopf führte, bekam Krämpfe, nach denen tiefes Coma
eintrat. Auffällig war hierbei, dass das rechte Auge starken Ex-
ophthalmus mit Böthung imd Schwellung der Conjunctiven zeigte.
Da der Vater syphilitisch war, wurde, obgleich Mutter und Kind
anscheinend nicht inficirt waren, die Diagnose auf eine syphilitische
Periostitis der Orbita gestellt und in der That in wenigen Tagen
durch specifische Cm* Heilung erzielt.
IT. Acute Infectlonskrankheiten.
Allgemeines.
Ehrlich hatte im Thierexperiment gezeigt, dass von iiumunisirten
Müttern die immunisirenden Stoffe nur in geringem Grade durch Vererbung,
Säugungs- in höherem Grade durch Säugung auf das Kind übergehen. H. Neu mann
immnnität, (Deutsche med. Wochenschr.) untersuchte, wie weit auch beim Menschen
eine Säugungsinmiunität fOr die im Säuglingsalter häufigsten Infectionskrank-
heiten zu beobachten ist. Während die Brustkinder dm-chmaeerter Mütter
Keamann.
Kinderkrankheiten.
533
ebenso leicht an Masern erki*anken, wie diejenigen nicht durchmaserter
Mütter, besteht für den Keuchhusten allerdings eine gewisse Säugungs-
immunität, so dass die Brustkinder von Müttern, welche den Keuchhusten
hatten, weniger leicht an ihm erkranken, als wenn die Mütter ihn nicht
durchgemacht haben.
1. Diphtherie.
Grössere epidemiologische Studien über Diphtherie ver-
danken wir Nil Filatow (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 39), der eine
an interessanten Details reiche Schilderung von der Ausbreitung der
Krankheit im Süden Busslands entwirft, und Spengler (Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 40), welcher sich eingehend mit der Diphtherie-
bewegung im Königreich Sachsen beschäftigt. Aus der Zusammen-
stellung Hecker's (Münch. med. Wochenschr. Nr. 18) über die
Diphtheriesterblichkeit in den grösseren Städten Deutschlands wäh-
rend der Jahre 1883 — 93 erfahren wir, dass die Diphtheriemortalität
daselbst im Abnehmen begriffen ist.
Einen Einblick in die Art, wie Diphtherieepidemieen unterhalten und
verbreitet werden, gewähren die Beobachtungen von A a s e r (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 22). Erwähnt sei Folgendes : Gelegentlich einer Diphtherie-
epidemie in einer Kaserne nahm er, da trotz sorgfältigster Infection die
Epidemie nicht erlosch, Massenuntersuchungen des Halsschleims der ge-
sunden Insassen vor. Er fand dabei unter 89 Personen bei 17, d. h. 19°/o der
Gesunden virulente Diphtheriebacillen. Nach Isolirung dieser 17 Fälle kam
keine Neuerkrankung mehr vor. Von den 17 bekam 1 schon am nächsten
Tage eine schwere Diphtherie . 2 andere bekamen Angina lacunaris , die
übrigen blieben gesund, zeigten aber während der Zeit, in der sie Bacillen
im Halse hatten, eine starke Röthung der Schleimhaut des Halses.
Seine bereits im vorigen Jahre erhobenen Bedenken gegen die
mrsächliche EoUe des Löffler'schen Bacillus macht Hansemann
(Virch. Arch. Bd. 139) von neuem geltend. Er stützt sich dabei im
wesentlichen auf folgende drei Thatsachen: 1. auf die mangelnde
Constanz des Vorkommens der Stäbchen bei der Diphtherie; 2. auf
das Auftreten derselben bei anderen Gelegenheiten ; 3. auf den eigen-
thümHchen Ausfall der Thierversuche. In geschickter W^eise wider-
legt C. Fraenkel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) diese Ein-
wände, indem er den ersten Punkt mit der Mangelhaftigkeit unserer
üntersuchungsmethoden und den zweiten mit den verschiedenen
Virulenzgraden der Bacillen (ihr Vorkommen bei Ehinitis fibrinosa)
oder der verschiedenen Disposition der Menschen (Vorkommen bei
Gesunden) erklärt. Dass die Diphtherie spontan bei Thieren nicht
auftritt, sei die Folge des Mangels der Infectionsbedingungen ; im
übrigen aber biete die experimentell erzeugte Diphtherie in vielen
Epidemio-
logie der
Diphtherie,
Nfl Filatow,
Spengler,
Hecker,
Aaser.
Aetiologie
der
Diphtherie,
Hansemann,
C. Fraenkel.
584 Neiimann.
Stücken die grösste Aehnlichkeit mit der des Menschen dar. — Eine
bedeutsame Stütze für die Anschauung, dass in der That die echt«
Bretonneau'sche Diphtherie nur durch den Löf Herrschen Bacillus
Aetiologie hervorgerufen werde, bilden die Angaben KosseTs (Charite-Annalen,
, ^®^ . 20. Jahrg.) aus dem Koch'schen Institut. Hier gelang unter den
Diphtherie, -i n. i -i-v. i i • r» tt' i • r*^« -r^ n
H. Kossei. wegen angebucher Diphtherie aufgenommenen ümdem m 243 Fällen
der Bacillennachweis , und 22mal , also in nur 8 **/o , fiel die wieder-
holte Untersuchung der Krankheitsproducte negativ aus. In 21 Fällen
der letzteren Gruppe wurden aus den Belägen Streptokokken ge-
Pseudo- züchtet, die wohl als die Erreger dieser Pseudodiphtherieen zu
diphtherie. gelten haben. Dass beide Gruppen in der That ätiologisch ver-
schieden waren, geht auch aus Folgendem hervor : Von den 243 posi-
tiven Fällen endeten 51 ^=^ 21 ''/o tödtlich: von den 22 Kindern starb
keines. Betheiligung des Larynx kam bei letzteren zwar 4mal vor,
die Erscheinungen bildeten sich aber hier immer von selbst zurück.
Nie wurden Lähmungserscheinungen oder Nephritis beobachtet. Da-
gegen kam es mehrmals zur Complication mit Bronchialkatarrh oder
sogar Bronchopneumonie.
Patho- Katzenstein (Münch. med. Abhandl., München 1895) beschreibt
logische (jJQ secundären Veränderungen in den Organen an 9 Fällen von
der primärer E-achendiphtherie und 1 Fall von Croup. Am Herzen
Diphtherie, fand sich fettige Degeneration oder trübe Schwellung der Musculatur,
Katzenst^'in. Wucherung der GefässendotheHen , sowie starke Verdickung und
structuiiose Beschaffenheit der Gefässwände. Letzterer Veränderung
schreibt Katzenstein eine gewisse Bedeutung für das Zustande-
kommen des Herztodes bei Diphtherie zu. Interstitielle Wucherungen
traf er 3mal an. Die Befunde an der Lunge, Leber, Milz, Nieren
gewähren kein besonderes Interesse, da sie im allgemeinen von den
üblichen Angaben nicht abweichen. Direct schädliche Wirkungen
von Heilseruminjectionen , die in mehreren der Fälle angewandt
waren, konnten nicht constatirt werden. Nur das in 2 Fällen be-
obachtete, sonst sehr seltene Auftreten von nekrotisirender Pneu-
monie ist Katzenstein geuoigt, in einen gewissen Zusammenhang
mit der Serumtherapie zu bringen.
Bei der anatomischen Untersuchung zweier Fälle von post-
Püstdlph- (liphth er i tischen Lähmungen fand Preisz ( Deutsche Zeitschr.
iherltisoho j- Kervonheilk. Bd. 6) degenerative Processe in den peripheren Nerven
Preisz "'^^^ ^'* ^^^^ Ganglienzellen im Vorderhom des Rückenmarks. Ausser-
dem waren die vorderen und hinteren Wurzeln erkrankt, und die
(^oU'schen Stränge zeigten aufsteigende Degeneration. Im Gegen -
Hasche. satz hierzu stoUte Hasiln» Münch. med. Wochenschr. Nr. 11) die
Kinderkrankheiten. 535
anatomische Untersuchung in einem Falle von ausgedehnter post-
diphtheritischer Lähmung merkwürdigenveise mit absolut negativem
Eesultate an.
Es handelte sich um einen 9jähngen Knaben, welcher nach Diphtherie
Gaumensegel- und Stimmbandparese sowie arhythmische Herzaction bekam ;
dazu gesellte sich eine Lähmung verschiedener Augenmuskeln und eine
motorische Schwäche und Ataxie der Kxtremitäteumusculatur. Die genaue
mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks, der Medulla oblongata,
zahlreicher peripherer Nei-ven (Vagus, Recurrens, Oculomotorius , Ischia-
dicus etc.) und Muskeln ergab normale Verhältnisse, resp. Verändeiningen so
geringfügiger Natur, dass sie noch als in der Breite des Normalen liegend
anzusehen waren.
Einen Beitrag zur Pathogenese des Herztodes bei Diph-
therie liefert die Arbeit von Beck imd Stapa (Wien. klin. Wochen- Pathogenese
Schrift Kr. 18). Durch hämodynamische Thierversuche wiesen die dßhtheri-
Autoren nach, dass unmittelbar nach intravenöser oder subcutaner sehen
Einführung des Diphtheriegiftes in den Organismus Störungen der Herztodes,
Blutcirculation nicht auftreten; Blutdruckhöhe und Frequenz der
Herzschläge bleiben zimächst normal. Erst später stellten sich, und
zwar plötzlich, analog den Erscheinungen beim Menschen, frühestens
^'i Stunde vor dem Tode, rasche Herabsetzung des Blutdrucks und
Verlangsamung und Unregelmässigkeit des Pulses ein. Die Circu-
lationsstörungen sind, wie weiter nachgewiesen werden konnte, nicht
die Folge einer Lähmimg des Athmungs- oder vasomotorischen Cen-
trums, sondern beruhen auf einer plötzlichen Herzlähmung. Diese
kommt ihrerseits wohl zu Stande infolge von Ernährungsstörungen
in den den Herzmuskel innervirenden Herzcentren.
Das Problem der persönlichen Disposition, resp. der natürlichen
Immunität gegenüber der Diphtherie hat eine mehrfaciie Bearbeitung
erfahren. Zunächst berichtet Wassermann (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 19) Immunität
ausfuhrlicher über die von ihm aufgefundene und bereits im vor- gege'^uber
1 1 1 T»i ^ T^r ^ Diphtherie,
jähngen Bericht erwähnte Thatsache, dass das Blut gesunder Menschen Wassermann,
nicht selten diphtheriegiftzerstörende Eigenschaften besitzt. Eine Be-
stätigung erfährt dieser Befund durch Orlowski (Deutsche med. Orlowski,
Wochenschr. Nr. 25), welcher gleichfalls festzustellen vermochte,
dass bei einer nicht geringen Zahl von Kindern, welche angeblich
niemals an Diphtherie gelitten haben, das Blutserum eine das Diph-
theriegift abschwächende und selbst neutralisirende Wirkimg besitzt.
Und zu einem analogen Ergebnisse gelangten auch Rudolf Eis chl Rudolf Fischlu.
und v. Wunschheim (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 41) bei Unter- ^^^^»'^^*^«*'°
536 Neumaiin.
Immunität suchung der Frage, worauf die geringe Disposition Neugeborener^
D ^Wh"^^"^ an Diphtherie zu erkranken, beruhe. Zu ihren Experimenten be-
R. FiBchlu/ nutzten sie das Blut, das beim Abnabebi aus dem placentaren An-
V. Wunschheim, theil der durchschnittenen Nabelschnur hervorspritzt. Es zeigte
sich, dass das Blutseinim der Neugeborenen auf Diphtheriebacillen
nicht in nennenswerthem Maasse bactencid wirkt, dass es dagegen
bei räumlich getrennter Injection im Stande ist, Meerschweinchen
vor der Infection mit der mehrfach tödtlichen Dosis vollvirulenter
Diphtheriecultur zu schützen. Auch bei Injection von Diphtherie-
gift gelang es, die Thiere sehr oft vor der Intoxication zu schützen,
wenn die Dosis des Serums hoch genug gewählt war. Damit war
der Nachweis eines Schutzkörpers im Blute der Neugeborenen er-
bracht, dessen antitoxische Eigenschaften noch durch eine Reihe
von Mischversuchen nach der Ehrlich'schen Methode sicher gestellt
wurden. Unter 82 untersuchten Fällen fand sich der Schutzkörper
in 68 oder 83°fo, während nur 14 oder 17**/o ihn nicht enthielten,
was mit den von Wassermann für die Erwachsenen gefundenen
Zahlen fast vollkommen übereinstimmt. Das Vorhandensein des
Schutzkörpers im Blut ist mithin als eine angeborene Eigenschaft
anzusehen. Die Frage nach seiner Herkunft und seiner Specifität
lassen die Autoren oifen.
Diagnose Fe er (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 21) bespricht
• h^h ' öi'^gß^®^*^ <ii6 Schwierigkeiten, welche es unter Umständen macht,
Feej ' lediglich aus dem localen Befunde die echte Diphtherie mit Löffler-
schen Stäbchen von venvandten AfiPectionen zu unterscheiden. Die
lacunäre Angina ist meistens nicht baciUär; trotzdem fand Feer
früher unter 1 1 Fällen 2mal, und seither unter ca. 25 Fällen wiederum
2mal virulente Diphtheriebacillen. Als Unterscheidungsmerkmal gibt
er an: „Streicht man bei der gewöhnlichen lacunären Angina mit
einem festen Wattebausch über die gelben Massen, welche in den
Krypten der Tonsillen sitzen, so bleibt meist (nicht immer) Eiter
oder weicher Brei daran haften. Ist dagegen die lacunäre Angina
bacillärer Natur, so sind die frischen Beläge nicht eitrig, sondern
derb, fibrinhaltig." In einem Theil der Fälle bilden sich noch später
confluirende Membranen. Eine grössere Ausdehnung der Membranen,
besonders über die Tonsillen hinaus, spricht ausserordentlich für
echte Diphtherie. Indessen kommen einerseits Fälle mit ganz gering-
fügigen Auflagerungen vor, die man ohne bactenologische Unter-
suchung nicht für Diphtherie halten würde; und andererseits gibt
es Fälle mit unzweifelhaften Membranen ohne Löffler*sche Bacillen.
Die Membranen sind bei letzterer Gruppe zwar weniger fibrinreich.
Kinderkrankheiten .
537
aber makroskopisch nicht von wahrer Diphtherie zu unterscheiden.
Schliesslich existiren Fälle von katarrhalischer Angina, von Koryza,
LarjTigitis etc., deren diphtherische Natur auf klinischem Wege erst
spät oder gar nicht erkennbar ist. In solchen zweifelhaften Fällen
ist mithin die bacteriologische Untersuchung zur Diagnosenstellimg
nicht zu umgehen. Oft wird schon das mikroskopische Präparat
Aufscbluss geben; am sichersten entscheidet die Cultur, für welche
das Löffle r'sche Blutserum immer noch den besten Nährboden dar-
stellt. Die Gewinnung desselben wird bedeutend erleichtert, wenn
man seine Sterilisation mit Chloroform vornimmt. Ein leicht herstell-
barer und meist ausreichender Ersatz für Blutserum ist das gekochte
Hühnereiweiss. Auch Silberschmidt (Münch. med. Wochenschr. Süberschmidt,
Nr. 9) erklärt das Blutserum für den geeignetsten Nährboden bei
der Diagnosenstellung, da andere Mikroorganismen auf demselben
schlechter oder gar nicht wachsen, während er Glycerinagar zu
diesem Zwecke für unzuverlässig hält. Dass das blosse mikro-
skopische Präparat an sich schon sehr werthvoll für die Diagnose
sein kann, lehren die Beobachtungen Plaut's (Deutsche med. Wochen- Plaut,
Schrift Nr. 18), bei denen sich im Ausstrichpräparate in Ueberein-
stimmung mit dem klinischen Bilde Diphtheriebacillen fanden, während
das Culturverfahren und selbst der Thierversuch zeitweise fehlschlug.
Bei der hohen Wichtigkeit, welche die bacteriologische Diagnose
der Diphtherie nicht nur in Bezug auf die Therapie, sondern auch
bezüglich der Anzeigepflicht, der Isolirung des Erkrankten, des Fem-
haltens der Geschwister und der Desinfection der Wohnung besitzt,
erweist sich die Nothwendigkeit, Centralstellen einzurichten, welche
diese Untersuchung für den Practiker ausführen, immer dringender.
V. Esmarch (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1) schlägt zu diesem v. Esmarch.
Zweck vor, dass die Aerzte kleine Papierpacketchen, die als Inhalt
ein Stück steriHsirten Schwamm von Erbsengrösse berherbergen
und sorgfältig zusammengefaltet sind, bei sich tragen sollen, um bei
einem verdächtigen Fall mit dem an einer Pincette oder Komzange
befestigten Schwämmchen etwas von der Oberfläche der Mandeln
abzuwischen; es soll dann, wieder in das Papier eingewickelt, per
Post nach der Untersuchungsstelle gesandt werden. Für Königsberg
hat V. Esmarch eine derartige Einrichtung getroffen.
Die Angaben über die Dauer der Incubation bei Diphtherie
lauten sehr verschieden. Carstens (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 35) Incubation
konnte bei einem Kinde, dessen zwei andere Geschwister bereits um die- ^®'
selbe Zeit an Diphtherie erkrankt waren, durch täglich vorgenommene J^*P"*°®^*®'
bacteriologische Untersuchung des Mundschleims feststellen, dass an dem
538 Xeomann.
Tage, an dem sich zum ersten Mal Bacillen zeigten, auch schon die ersten
Klagen der Patientin laut wurden. Am nächsten Tage war bereits ein
Belag auf der einen Mandel, hohes Fieber und Milztumor vorhanden. Die
Incubation betrug hier also höchstens 24 Stunden.
Annrie bei Goodall (The Lancet Nr. 3727) lenkt die Au^erksamkeit auf
Diphtherie, ^^ Vorkommen von Anurie in schweren, tödtlich verlaufenden
Goodall. ....
Fällen von Diphtherie. Dieselbe ist nicht mit einer acuten Nephritis
in Zusanmienhang zu bringen, da die Nieren bei der Section normal
erscheinen oder wenigstens nur sehr geringfügige Veränderungen
aufweisen ; auch ist sie nicht als Folge von Herzschwäche anzusehen,
sondern sie beruht wohl auf einer unmittelbar schädigenden Wirkung
des Diphtheriegiftes auf den Theil des Nervensystems, welcher die
Urinabsonderung beeinflusst.
Septische V. Bänke (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 41) schlägt vor, den Be-
Diphtherie« griff der sog. ^septischen Diphtherie** ganz fallen zu lassen und
statt dessen besser von ^Diphtheria foetida"* oder „Diphtheria gravis^
zu sprechen. Er weist nämlich nach, dass das Heilserum in diesen
Fällen sich ebenso wirksam zeigt wie bei den übrigen Fällen, dass
der bacteriologische Befund auch keinen wesentlichen Unterschied
erkennen lässt, dass femer die pathologisch-anatomischen Verände-
rungen bei dieser Gruppe keinerlei Uebereinstimmung mit denen bei
gewöhnlicher Sepsis darbieten und dass endlich auch der Fieber-
verlauf völlig abweicht von dem Typus, welchen sonst die septico-
pyämischen Erkrankungen meist innezuhalten pflegen.
Prognose Die Untersuchung des Harnsediments hält Bernhard
der (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 19) für das beste Mittel, um die Schwere
Bernhard. ' ^^^ einzelnen Falles von Diphtherie im voraus zu beurtheilen. Er
stellt folgende Sätze aui*: „Zeigt das Sediment schon im Anfang der
Erkrankung die charakteristischen morphotischen Bestandtheüe in
reichlicher Menge (gequollene, getrübte, fettig metamorphosirte, zer-
bröckelte Nierenepithelien , hyaline und granulirte Cy linder, freie
Fetttropfen, Leukocyten, selten rothe Blutkörperchen), so ist die
Voraussage ungünstig zu stellen. Es wird entweder Exitus ein-
treten oder im günstigsten Falle erst nach langem Krankheitslager,
nach schweren Herz- und Lähmungserscheinungen die Genesung.
Tritt das Sediment erst in der 2. Woche der Erkrankung auf, so
wird die Prognose etwas günstiger, doch werden auch hier häufig
Lähmungen und oft genug der Tod eintreten."
Die überwiegende Mehrzahl aller therapeutischen Arbeiten
bezüglich der Diphtherie bilden Berichte über die practische An-
wendung des Heilserums und die mit demselben erzielten Resultate.
Kinderkrankheiten. 539
Von zahlreichen Krankenhäusern und Privatärzten des In- und Aus- Therapie der
landes liegen bereits Erfahrungen über die Wirkung des Mittels vor, ^ipn**»«rie:
und die Litteratur über die Heilserumtherapie hat schon einen solchen
Umfang angenommen, dass wohl jedes medicinische Journal dies-
bezügliche Arbeiten enthält und eine specieUe Aufzählung der ein-
zelnen Berichte im engen Rahmen dieses Referats ganz unmöglich
ist. Die Litteratur findet sich übrigens unter anderem im Jahrb. f.
Kinderheilk. Bd. 41 referirt vor. Auch in verschiedenen ärztlichen
Versammlungen stand die Heilserumtherapie im verflossenen Jahre
auf der Tagesordnung, so im Frühjahr auf dem Congress für innere
Medicin und im Herbst in der Section für Kinderheilkunde auf der
Naturforscherversammlung zu Lübeck, woselbst Heubner imd Solt- Heubner,
mann die Referate erstatteten. Femer wurde sie zum Gegenstand Soitmann,
grosser Sammelforschungen gemacht, unter denen die vom kaiser-
lichen Gesundheitsamt, sowie die von der Deutschen medi-
cinischen Wochenschrift veranstalteten besondere Erwähnung
verdienen. Eine Besprechung erfuhren die bisherigen Resultate der
Statistik durch Behring selbst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 38)
auf der Lübecker Versammlung. Li besonderen Monographieen haben
schliesslich von deutschen Pädiatern Escherich (Diphtherie, Croup, Escherich,
Serumtherapie. Wien 1895), A. Baginsky (Die Serumtherapie der A. Baginsky,
Diphtherie. Berlin 1895) und Heubner (Klinische Studien über
die Behandlung der Diphtherie mit dem Behring'schen Heilserum. Behring.
Leipzig 1895) ihre hierher gehörigen Erfahrimgen niedergelegt.
Fassen wir das Ergebniss der gi'ossen Statistiken, sowie der Einzel-
berichte zusammen, so lauten dieselben im grossen und ganzen sehr
ermathigend, zum Theil sogar äusserst günstig. Die Zahl der An-
hänger der Serumtherapie wird allmählich eine immer grössere, die
der Gegner immer kleiner. Nach einer Zusammenstellung von
Heubner haben sich von 80 Autoren 61 günstig, 16 zweifelhaft imd
3 ungünstig über das Mittel ausgesprochen. Das kann jedenfalls
zur Zeit bereits als feststehend gelten, dass keine andere Behand-
langsweise der Diphtherie bisher so günstige Resultate gezeitigt hat,
wie diese. Bewiesen scheint es ferner zu sein, dass die Gesammt-
sterblichkeit an Diphtherie in grossen Städten, wie Berlin, London,
Paris, seit der Einführung der Heilserumtherapie eine merkliche
Abnahme erfahren hat. Was die Einwirkung auf den localen
Process anlangt, so wii*d das rasche Abstossen der Membranen und
die Verhütung eines Uebergangs auf den Larynx bei frühzeitiger
Behandlung fast allgemein hervorgehoben. Auffällig sind femer die
günstigen Erfolge der Behandlung bei Kindern in den beiden
540 Neumann.
Therapie derersten Lebensjahren, sowie bei den Fällen sog. septischer Diph-
Diphtherie: therie. Auch die Prognose bei Tracheotomirten undintubirten
scheint durch das Serum in günstigem Sinne beeinflusst zu werden.
Als unangenehme Nebenwirkungen wurden wie im Vorjahr Haut-
ausschläge und Gelenkschwellungen mehrfach beschrieben; da diese
Wirkungen indessen wohl nicht dem Antitoxin als solchem zukommen,
so steht zu erwarten, dass ihr Auftreten sich in Zukunft ganz wird
vermeiden lassen, nachdem es in den Höchster Fabriken gelungen
ist, ein so kräftiges Serum herzustellen, dass bereits 1 ccm desselben
die einfache Heildosis enthält, mithin die Menge der erforderlichen
Injectionsflüssigkeit eine sehr geringe ist.
Die Berichte über den Werth der Immunisirung sind noch
zu spärlich, als dass sie ein definitives Urtheil zuliessen. Recidive
nach Heilserumtherapie sind jedenfalls öfters beobachtet worden.
Von localen Mitteln bei der Behandlung der Diphtherie er-
Locaie fahrt das Wasserstoffsuperoxyd durch Neudörfer (Wien. med.
BehandlunR, ^Q^jjQjjg^jy, Nr. 2 u. ff.), der Liquor ferri sesquichlorati von
Neudöxfer, . .
Rosenthal, neuem durch Eosenthal (Therap. Monatsh., November) eine warme
Empfehlung.
Beim Kapitel der T räch eotomie verdient nachträglich wenig-
stens eine Erwähnung die aus dem Jahre 1894 stammende inter-
Tracheo- essante Arbeit von Hagen-Bose (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg.)
tomie, über die ersten 12 Jahre der Diphtheriebaracke im Berliner Kranken-
hause Bethanien. Aus dem Landkrankenhause zu Hanau berichtet
Ambrosius. Ambrosius (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 40) über 99 Tracheo-
tomieen mit 46 Heilungen. Er empfiehlt besonders die Tamponade
nach Langenbuch mit Jodoformgaze und die Ausräumung der
Trachealmembranen mit nachfolgender Sublimatauspinselung der
Luftröhre.
Intubation, Bei der Intubation sah van Hes (Deutsche Zeitschr. f. Chirurg,
van Hes. g^ 42) unter 64 Fällen 28 = 44 «'/o Heilungen , gegenüber 47 *» o
Heilungen bei der Tracheo tomie. Er hält sie indicirt in Fällen, wo
die Diphtherie auf Bachen und Kehlkopf beschränkt ist, femer bei
erschwerter Entfernung der Canüle nach primärer Tracheotomie.
Contraindicirt ist sie dagegen bei Kindern aus den beiden ersten
Lebensjahren j sowie bei Complication mit Lungenerkrankungen.
Kinderkrankheiten.
541
2. Scharlach.
Es tritt im Verlauf der Scharlachnephritis zuweilen auch eine
Herzerweiterung mit ihren schweren Folgeerscheinungen auf.
Steffen (Ueber einige wichtige Krankheiten des kindlichen Alters) Behandlung
sah von dreisten Dosen von Seeale comutum überraschende Erfolge; ^®f scaria-
^ tinösen
80 gab er einem 6jährigen Knaben 2stündlich 0,5 Seeale comutum Herz-
und Hess auf diese Weise mit dem besten Erfolg innerhalb 6 Tagen Erweiterung,
7e 1 • 1 Steffen.
.5 g verabreichen.
3. Typhus.
Steffen (Ueber einige wichtige Krankheiten des kindlichen Typhus-
Alters) wendet bei Typhus gern das Thallinum sulfuricum an; er ^^^^^^ ^"'*^'
verabreicht jedesmal, sobald die Temperatur über 39,0 steigt, kleineren
Klndem 0,1 — 0,05, älteren 0,125 — 0,26 g; hierbei starben von
91 typhuskranken Kindern 5.
4. Keuchhusten.
Uli mann (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 40) redet in der Behand- Behandlung
des Keuch-
hustens mit
Luftcur,
ÜUmann.
long des Keuchhustens einer energischen Freiluftcur das Wort,
mit der er, ohne wesentliche Anwendung von Medicamenten, gute
Erfolge hatte.
Rüssel Wells und Gerard Carret (The Lancet, June 8)
haben in der Poliklinik des Great Ormond-street Hospital in 823 FäUen
von Keuchhusten das Cocain, muriaticum verabreicht und geben
an, einen guten Erfolg erzielt zu haben ; die durchschnittliche Dauer
des Keuchhustens betrug hierbei nur 3 Wochen, Krankheitsgefühl
und Anorexie schwanden bald, die Anfälle wurden seltener, der
Schlaf besser; die Anfälle verschwanden, um nicht zurückzukehren.
Abgesehen von leichter Diarrhoe kamen keine Nebenwirkungen des
Cocains zur Beobachtung; es wurde gegeben (in wässriger Lösung)
3— 4mal im Tag: beim Erwachsenen 1 Gran, bei einem Kind von
5—6 Jahren */« Gran, von 2 — 3 Jahren '/« — V» Gran, von 3 und 8 Mo-
naten */i6 Gran.
Stooss (29. med. Bericht über die Thätigkeit des Jenner^schen
Kinderspitals in Bern) verwendete das Antispasmin, mit dem
Demme Versuche begonnen hatte, in ca. 2(X) Fällen gegen Keuch-
husten imd war von ihm befiiedigt, obgleich er es nicht als Speci-
ficum ansieht; das Antispasmin wurde kleineren Kindern in 0,2°/oiger
Losung — jeweils sofort nach einem Anfall 10 g — verabfolgt. Auch
bei dem quälenden Husten Masernkranker bewährte es sich.
— mit
Cocain,
Wells u.
Carret.
— mit
Anti-
spasmin,
Stooss.
542 Neumann.
5. Parotitis epidemica.
Dass nach Parotitis epidemica eine tödtliche Nephritis anf-
Nephritis tritt ^ igt selten. Le Roy (Rev. mens, des mal. de l'enf., Avril) be-
^Le Roy ' schreibt einen solchen Fall, der 1 Monat nach ganz leichter Primär-
erkrankung bei einem 9jährigen Mädchen zur Beobachtung kam.
6. Blennorrhoe.
Metastasen Haushalter (Rev. mens, des mal. de Tenf., Oct.) beobachtet«
Blennorrhoe ^^^ einer Epidemie von Blennorrhoe der Neugeborenen eine meta>
Haushalter, statische Entzündimg im rechten Knie- und linken Handgelenk; aus
der Gelenkflüssigkeit Hessen sich Gonokokken cultiwen. Haus-
halter macht darauf aufmerksam, dass das Elnie gerade beim Neu-
geborenen fast regelmässig betroffen ist und dass die Krankheit
ohne schwere Beeinträchtigung des All<]cemeinbefindens in längstens
1 Monat auszuheilen pflegt.
7. Acuter Gelenkrht^umatismus.
Arthviti'i »Joukovskv berichtet von einem Fall von acutem Gelenk-
rtcnta. rhoumatismus bei einem Kind von 2 Monaten (Ref. Rev. mens. d.
.to«kov>K>\
luaL tlo Tonf,, Nov.K der wegen des frühen Lebensalters bemerkens-
wortli scheint. Nach einer Erkältung bekam das Kind plötzlich
Fiober, und es stellten sich successive Schwellungen und Schmerzen
iu den vei*schiedensten Gelenken ein, die unter Natrium salicvlicum
schnell verschwanden. Die Mutter hatte seit einiger Zeit an Rheuma-
tismus gelitten.
y. Krankheiten der Cirenlationsorirane.
In .Vnlehnung an die l>ekannten -\rbeiten. welche sich niit der Be-
stimmunjf der Blutdichte und ihrer klinischen liiHleutung beschäfliifen, hat
H hH »U c h t o M o n t i ( U e b e r V e r ä n d e r u n <r e u der H l u t d i c h t e bei Kindern.
h^\ Kiiulovn, \rrh. f. Kinderheilk. Bd. 18) eine jf rosse KW he rntersuchungen ausgeführt.
^'*'"**' die wc>entlich frühere KeMiItate >»estätij?en. Die Blutdichte beträgt beim
Neiijrebt>renen im Mittel 1,060, sinkt bis zum 2. Monat auf 1,050 und be-
ginnt sich im 6. Monat zu erhöhen (1.052): im 2.— 10. Jahre ist sie im
Mittel 1.054. Von der Aufführung der einzelnen ttruppen absehend, haben
wir den Kindruck, dass starkes Fieber die Blutdichte allsremein steigert;
in einzelnen Fallen ging allerdings die Steijjerung der Blntdichte dem
Fieber schon um mehrere Stunden voraus. Verminderung der Blut-
ilichte wird im alljfemeinen l>ei anämischen Zustanden verschiedener Art
biMdMichtet; bei Besserung nahm Blutdichte und Köq>ergewicht entsprechend
Kinderkrankheiten. 543
zu. Anders bei der Nephritis: hier besteht geringere Blutdichte, welche
mit Heilung unter Abnahme des Körpergewichtes wieder ansteigt. Im
allgemeinen geht Blutdichte und Hämoglobingehalt parallel; bei der Chlo-
rose aber sinkt nur der Hämoglobingehalt; ferner kommt Incongruenz
unter sehr verschiedenen Verhältnissen vor, in welchen durch Fieber,
Kachexie, Hydrämie etc. complicirte Verhältnisse geschaffen werden.
Berggrün studirte die Fibrinausscheidung beim gesunden Fibrinaus-
und kranken Kinde (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 18, H. 3 u. 4). Das Scheidung
Kinderblut scheidet reichlicher Fibrin aus als das Blut der Erwachsenen ; v a
Kinder,
während der Verdauung nimmt der Fibringehalt noch zu. Eine Vermeh- Berggrün.
rung des Fibrins fand Berggrün besonders ausgeprägt bei Lungentuber-
culose, bei croupöser Pneumonie und bei eitriger Pleuritis, eine Verminderung
in einem von fünf Fällen chronischer Nephritis, femer in einem Fall von
acutem Gelenkrheumatismus. Die Bestimmung der Trockenrückstände liefert
eine werthvolle Ergänzung der Blutuntersuchung, insofern die Abweichungen
von der Norm als Gradmesser für die Schwere der jeweiligen Erkrankung
dienen können ; die Herabsetzung der Werthe ist aber nicht für eine specielle
Erkrankung charakteristisch.
Potain und Vaquez (La Semaine m6d. S. 413) treten der Wachs-
Frage von der Waclisthumshypertrophie des Herzens, von * "™*'
der in Frankreich viel die Rede ist, kritisch näher. Sie finden ziemlich trophie des
erhebliche individuelle Differenzen in dem Flächeninhalt der Herz- kindlichen
dämpf ung bei Gesunden; am besten lässt er sich zu dem Thorax- Potain u
umfang in eine constante Beziehung bringen. Verhältnissmässig zu Vaquez.
gross war die Herzdämpfung bei Soldaten, in dem Maasse, als
sie besonders häufig und lange gymnastischen Uebungen oblagen;
femer, abgesehen von noch bestehenden pathologischen Zuständen,
bei rachitischer Thoraxdeformität. Herzklopfen, Kopfschmerzen,
Beschleunigung und Unregelmässigkeit des Pulses, wie sie während
des Wachsthums häufig vorkommen, waren stets auf andere Ursachen
als auf Herzvergrösserung zui'ückzuführen.
Tl. Krankheiten der Terdaniingrsorgrane.
Der Vortrag, den H. Hirschsprung (Jahrb. f. Kinderheilk.
Bd. 39) im voiigen Jahre auf der Naturforscherversammlung über
Darminvagination hielt, verdient eine etwas genauere Wieder-
gabe. Hirschsprung sah die Darminvagination bei 61 Kindern
64mal; das Verhältniss der Knaben zu den Mädchen war 2^2:1;
46 Kinder waren noch kein Jahr alt, von ihnen standen die meisten
544 Neumaim.
Darm- in der zweiten Hälfte des 1. LebenssemesterSi danach in der ersten
in Vagina- Hälfte des 2. Semesters; das jüngste Kind war 7 Wochen alt.
Hirachsprung. Bemerkenswerth ist, dass von den Kindern des 1. Lebensjahres
85°/o noch die Brust erhielten und die Kinder in der Regel sehr
gut ernährt waren; allerdings bestanden trotzdem bei einer grossen
Zahl functionelle oder katarrhalische Störungen des Darmes. Als
Dünndarminvagination fasst Hirschsprung die Invaginatio
ilei und die Invaginatio ileo-colica zusammen, während er die Invaginatio
ileo-coecalis und die Invaginatio coli als Dickdarminvagination be-
zeichnet. Von den genauer verarbeiteten Dünndarminvaginationen,
welche zu *®/ii Eander unter 9 Monaten betrafen, verliefen alle tödlich;
die Geschwulst, meist in der rechten Bauchseite gelegen, ist nur
selten nachweisbar; der Verlauf ist nicht so stürmisch, wie es
sonst geschildert wird — wahrscheinlich im Zusammenhang mit
dem zarten Alter; im Gegentheil können die Symptome so gering-
fügig sein, dass selbst der Erfahrene sie zunächst verkennt. Am
charakteristischsten verlaufen die Dickdarminvaginationen, und zwar
speciell die überhaupt am häufigsten vorkommenden ileo-cöcalen
Invaginationen. Bei völliger Gesundheit plötzlicher Beginn; nach
einer Defäcation andauernd reichliche Schleim- und Blutausleerungen ;
leicht nachweisbare, meist voluminöse Geschwulst in der linken
Bauchhälfte (meist in Bügelform); man findet die Geschwulst nicht
selten im Mastdarm, seltener ausserhalb des Afters. Die In-
vaginatio ileo-coecalis lässt sich von der Invaginatio coli sicher nur
unterscheiden, wenn man eine doppelte anstatt einer einfachen Oeff-
nung an der Geschwulst im Mastdarm palpiren kann. Zur ge-
nauen Feststellung muss man in jedem Fall chloroformiren, in der
Narkose versucht man dann gleich durch Massage während etwa
10 Minuten die Invagination zu lösen (Hirschsprung erzielte
hiermit 4 Heilungen). Bei Dünndarmstenose schreitet man — wenn
die Massage erfolglos bleibt — sofort zur Operation, bei Dick-
darmstenose versucht man in diesem Falle erst noch Wasserein-
giessung; bei sicherer Beocöcalinvagination empfiehlt hiemach
Hirschsprung ebenfalls sofort die Operation vorzunehmen, während
man bei einfacher Invaginatio coli die Wassereingiessung wieder-
holt versuchen kann. In Rücksicht darauf, dass die in den letzten
10 Jahren ausgeführten 5 Laparotomieen alle ungünstig verliefen,
stellte Hirsch Sprung die Indication zur Operation in dieser vor-
sichtigen Weise. Zuweilen genügt schon eine Enterotomie zur Her-
stellung der Durchgängigkeit. Hirse hsprung hatte 60 ^| o Heilungen
bei seinen Invaginationen.
Kinderkrankheiten.
545
Im Anschluss an die Schilderung eines Falles von angeborener
Verstopfung, welche bei dem 3jährigen Mädchen zweimal zur Darm-
occlnsion führte, spricht sich Marfan (Revue des mal. de l'enf., Angeborene
April) dahin aus, dass — abgesehen von den Fällen angeborener
Verengerung im Darmrohr — die gewöhnliche Ursache eine zu starke
SchUngenbildung des S romanum sei; erst secundär trete die Dilatation
und Hypertrophie des Colon ein. Auf die therapeutischen Vor-
schläge, die Marfan für die Behandlung der congenitalen sowie
der alimentären Verstopfung macht, gehen wir hier nicht genauer ein.
Ver-
stopfung,
Marfan.
Seibert (New Yorker med. Monatsschr. Bd. 7) findet nicht
nur immer bei chronischem Darmkatarrh Nierenentzün-
dung, sondern sah auch im Verlauf von acutem Gastrointestinal-
katarrh mehrfach solche acut einsetzen; in aUen Fällen, wo das
Fieber länger als 3 Tage anhielt, fand er Eiweiss. Auf Nephritis
deutet Fieber, graue Hautfarbe, die schon nach einer Woche auf-
tretende Anämie sowie grosse Unruhe; Oedeme sind selten. Thera-
peutisch empfiehlt Seibert Entleerimg des Darms, Beseitigung des
Katarrhs, Zuführung grösserer Mengen Wassers, femer Thee, Kaffee,
Natrium salicylicum u. dergl. mehr. Alkohol verwirft er.
Künkler (Allg. med. Centralztg. Nr. 13 u. 14) sah gute Erfolge
von der Darreichung des Tannigens, wenn er dasselbe nach
Ablauf der ersten acuten Erscheinungen bei Darmaifectionen gab.
Drews (Allg. med. Centralztg. Nr. 35 u. 36) rühmt es für jedes
Stadium der Darmkrankheiten ; er gibt 3 — 4mal täglich 0,2 — 0,3, bei
Kindern über einem halben Jahr sogar einfach 3mal täglich eine
Messerspitze.
Ungar lässt durch seinen Schüler Schmitz (Jahrb. f. Kinder-
heilk. Bd. 39) wiederum die Naphthalinbehandlung der
Oxyuren in empfehlende Erinnerung bringen. Er gibt 0,15 bis
0,4 Naphthalin in 10 Dosen, und zwar hiervon täglich 4mal 1 Pulver.
Wiederholung in 8 — 14 Tagen 3- und mehrmal. Wenn unter 46 Fällen
20 rückfällig wurden, so ist das Resultat dieser Behandlung kaum
als ein glänzendes zu bezeichnen.
Nephritis
bei Darm-
katarrh,
Seibert.
Tannigen
bei Darm-
katarrh,
Künkler,
Drews.
Oxyuren,
Schmitz.
Schoenfeldt (Arcli. f. Kinderheilk. Bd. 19) theilt mit, dass
Karewski ausser den früheren 9 Fällen jetzt noch 16mal £* a d i c a 1-
operationen bei Leistenbrüchen von Kindern vorgenommen
hat. Ebenso wie in der ersten Serie keine B,ückfalle eintraten,
Jahrbuch der practischen Medicin. 18D6. 35
546
Neumann«
Hernio-
tomie,
Schoenfeldt.
konnte auch bei der neuen Serie nach einer durchschnittlichen
Heilungsdauer von 10 Tagen ein dauernder Erfolg constatirt werden.
Vom 6. Lebensjahre an wendet Kare wski nicht mehi* seine eigene
Methode an (Zusammendrehen des frei präparirten Bruchsackes und
Tamponade des Kanals durch den restirenden Stumpf), sondern die
Methode von Kocher oder von Henry O'Hara.-
Imita-
torische
Hysterie,
Szegö.
yn. Krankheiten des Nerrensjstems«
Szegö (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 41) theilt eine Beihe von
epidemisch (in Anstalten) oder vereinzelt auftretenden Fällen von
bewusster oder unbewusster Nachahmung mit. In den Epidemieen
handelt es sich um die imbewusste Nachahmung von Klanglauten
verschiedener Art.
Hydro-
cephalus,
V. Hanke.
Spastische Zustände aller Extremitäten, besonders wenn ausser-
dem öfter eklamptische Anfälle auftreten, deuten nach v. Ranke
(Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 39) schon in seinen Aufangsstadien bei
noch nicht vorhandener Vergrösserung des Schädels auf Hydro-
c e p h a 1 u ß.
Derselbe (ibid.) theilt einen Fall von Hydrocephalus mit,
den er mit Jodinjection im Anschluss an die Function behandelte.
Obgleich das Kind die starke Beaction überstand und aus anderem
Grunde starb, ermuthigt der Sectionsbefund nicht zur Nachahmung.
Lehrbücher und Monographieen.
A. Steffen, Ueber einige wichtige Krankheiten des kindlichen Alters.
Abhandlungen und Beobachtungen aus dem Stettiner Kinderspital.
Tübingen.
O. H e u b n e r , Klinische Studien über die Behandlung der Diphtherie mit
dem Behring'schen Heilserum. Leipzig.
Escherich, Diphtherie, Croup, Serumtherapie. Wien.
B a g i n 8 k y , Die Serumtherapie der Diphtherie. Berlin.
X.
Elimatologie und Balneologie
(einschliessl. Hydrotherapie).
Von Dr. Felix Beetz in München.
AUgremeines.
Die 16. Versammlung der balneologischen Gesellschaft zu Berlin H y g i e u e d e r
(8. — 11. März) hat beschlossen, den Einzelstaaten die Berücksich- <^"*'orte.
tigung folgender Forderungen als für Cur orte maassgebend zu em-
pfehlen: 1. gründliche Entwässerung des Bodens imd Beseitigung
der AbfallstoiFe, 2. BeschaiFung einwandfreien Trinkwassers, 3. Sorge
für reines Eis, 4. Errichtung eines Krankenhauses fiir Infections-
krankheiten , 5. einer Desinfectionsanstalt , 6. eines Leichenhauses,
7. Erlass einer Baupolizeiordnung, 8. Schaffung eines Ortsgesundheits-
rathes, in dem ein Arzt Sitz imd Stimme hat. Seitens des Ministers
wurde die baldige Einbringimg eines Gesetzes zum Schutze von
Heilquellen gegen Abbohrung u. s. w. in Aussicht gestellt.
lieber künstliche Mineralwässer undSalzmischungen Künstliche
hat O. Liebreich der balneologischen Gesellschaft (9. März) Be- Mineral-
W 81 S S P I*
rieht erstattet: Wenn auch die Chemie in der Synthese einzelner q Liebreich.
Körper Grosses geleistet hat, so ist doch die Analyse gemischter
Salze bis in die feinsten Einzelheiten nicht thimlich. Jede Analyse
von Mineralwässern zeigt ein gewisses Manko, welches zur Zeit nicht
erklärlich ist. Die neuerdings gefundene Dissociation der Salze in
ihren Lösungen lässt es verständlich erscheinen, warum eine Nach-
ahmung nicht möglich ist. Vielleicht ist die Wirkimg vieler Mineral-
wässer dadurch zu erklären, dass die Vereinigung kleiner Gaben von
Arzneimitteln kräftiger wirkt, als eine grössere Dosis eines einzelnen
548 Beetz.
Mittels, wie dies auch von Lepine für verschiedene Arzneimittel
Sa n do w'h nachgewiesen werden konnte. — 0. Dornblüth tritt gegenüber den
Mineral- Bestrebungen, die Sandow'schen Mineralwassersalze als
wassersalzc
o. Dombläth. minder werthig aus der Praxis zu verdrangen, in der Deutschen med.
Wochenschr. Nr. 29 wegen deren Billigkeit, Reinheit und Zuver-
lässigkeit für die Beibehaltung derselben ein; bei sämmtlichen
Sandow'schen Brunnensalzen ist jetzt die Zusammensetzung an-
gegeben, und zwar nicht in den berechneten Zahlen der Quellen-
analysen, sondern in den Werthen der ofiBcinellen Salze.
Kohlen- V. Pettenkofer veröffentlicht in der Zeitschrift für Kranken-
'**p"^V^®'*'pflege Nr. 1 eine Abhandlung zu Gunsten der Quaglio'schen
Kohlensäurebäder gegenüber den Keller'schen. Die letzteren
werden durch Einleiten flüssiger Kohlensäure bereitet. Bei ersteren
wird Salzsäure dem Bade zugesetzt, in welchem sich doppeltkohlen-
saures Natron befindet. Der Patient sitzt also in schwach alkali-
schem Wasser. Wenn nun allmählich die Säure ins Bad gelangt,
so wird in allen Poren der Haut Kohlensäure frei und die Wirkung
' der freien Kohlensäure auf die Haut wird hierdurch gesteigert. Dass
hierbei, wie Keller behauptet, sich so viel Kohlensäure über dem
Wasserspiegel ansammeln könnte, dass hierdurch die Luft irrespirabel
würde, hält v. Pettenkofer für unmöglich.
Pbysio- Ueber physiologische differente Bäderwirkung hat Stifler-
logische Stehen (Deutsche Medicinalztg. Nr. 36 u. 37) der balneologischen Gesellschaft
tlifferente ijgrichtet. Stifler hat vor, während und nach dem (rebrauche von ver-
Bade r-
wirkung schiedenen Bäderarten an einer gesunden Versuchsperson Pulscurven auf-
Stifler, genommen. Er erhielt bei dem Süsswasserbade nur eine leichte Depression
der Ordinate, bedingt durch den grösseren Druck des Bademediums. Im
Moorbade nimmt die Höhe der Ordinate ab, die Abscisse zu, bei allmäh-
lichem Sinken des Blutdruckes. Im Moorbade nimmt anfangs die Frequenz
und die Tiefe der Inspiration zu; dadurch wird der venöse Zufluss durch
beide Hohlvenen befördert und damit eine ausgiebige Diastole des He^zen^
erzielt. Das Schlagvolum des Herzens wird grösser bei verminderter Energie
desselben. Im kohlensauren Stahl bade fand sich Zunahme der Höhe der
Ordinate und Abnahme der Länge der Abscisse, beides bei gesteigertem
Blutdrucke; hier steigt im Gegensatz zum Moorbade der arterielle Druck
über den venösen. Die Dnickditlerenz zwischen Arterien und Venen wir«I
grösser, und um so energischer wird die Thätigkeit des Herzens.
Frey-Baden-Baden (Wie wirkt vermehrte Flüssigkeitsaufnahme,
specit'll des Badener Thermalwassers auf Diurese und Diaphorese? Vortrag
hfim 14. Balneologeucongress. AUgem. med. Centralztg. Nr. 24) suchte bei
Klimatologie und Balneologie. 549
seinen Experimenten zunächst den Wasserkreislauf unter normalen Ver- Flüssig-
hältnissen zu studiren. Wenn dem Körper 2000 g Wasser zugeführt wurden, l^eits-
80 schied er etwa 1300 im Harn wieder aus. Der Rest des Wassers ver-„„j ninvoo«
lässt den Körper durch die Haut und die Lungen und zum Theil durch Frey,
den Darm. In der Ausscheidung der Flüssigkeitsmenge beim Trinken von
Badener Thermalwasser an Stelle des gewöhnlichen Wassers machte sich
kein wesentlicher Unterschied geltend; aber letzteres wird schon nach
8 — 12 Stunden ausgeschieden, ersteres dagegen erst nach 24 Stunden. Man
muss zwei verschiedene Functionen der Nieren unterscheiden : 1 . die flüssige
Ausscheidung der Endproducte des Stoffwechsels, 2. die Ausscheidung des
überflüssigen Wassers, welche stets dem Ueberschuss an Wasser, den wir
trinken, entspricht. Die erstere Function wird durch gewöhnliches Wasser
gar nicht beeinflusst; dagegen bewirkt das Badener Thermalwasser eine
45 7o betragende Vermehrung der täglichen Hamsäureausscheidung. Die
Hamstoffausscheidung bleibt unbeeinflusst. Aus diesen Versuchsergebnissen
geht hervor, dass das Badener Thermalwasser in den Stoffwechsel des Or-
ganismus eingreift, und durch die vermehrte Hamsäureausscheidung erklärt
sich sein erfahrungsgemäss günstiger Einfluss auf die verschiedenen Fonnen
harnsaurer Diathese. Warmes und kaltes Thermalwasser wirken in gleicher
Weise. Welche Bestandtheile des Thermalwassers diese Wirkung auf
Diurese bezw. Diaphorese hervorrufen, ist einstweilen noch unbekannt.
Klimatologrie.
Meissen-Hohenhonnef (Deutsche Medicinalzeitung , 5. Sept.) Höhenklima
macht gegenüber der Thatsache, dass neuestens so hoher Werth. ^ ^"^
auf die Zunahme der rothen Blutkörperchen in höheren get^ung des
Regionen gelegt wird, darauf aufmerksam, dass es nicht angehe, Blutes,
auf eine einzelne Erscheinung, die noch dazu nicht ganz sicher sei, Meissen,
weitgehende Schlüsse zu bauen. Es handle sich auch um viel zu ge-
ringe Höhenzahlen. Nach den Untersuchungen vonLoewy vermag
selbst Verdichtung der Luft auf den doppelten Atmosphärendnick
und Verdünnung bis auf den halben weder Sauerstoifaufnahme noch
Kohlensäureausscheidung zu ändern.
Ueber Einwirkung des Höhenklimas auf die Zusammen-
setzung des Blutes schreibt G-rawitz (Berl. klin. Wochenschr. E. Grawitz.
Nr. 33 u. 34). Uebereinstimmend wird von den Forschem ange-
geben, dass mit der Erhebung über dem Meere die rothen Blut-
körperchen eine beträchtliche Zunahme zeigen und dass diese Zu-
nahme mit dem Niedersteigen in die Ebene wieder verschwindet.
Von vornherein waren diese Erscheinungen nicht wahrscheinlich.
Denn beim Eintreten der Vermehrung hätte auch eine Leukocytose
550 Beetz.
Höhenklima vorhanden sein müssen, was nicht der Fall war; ebenso fehlte die
^^^ bei massenhaftem Zugrundeeehen von Blutkörperchen sonst auf-
Setzung tretende Hämoglobinurie, Anhäufung von Galle in der Leber und
des Blutes, Icterus. Die imzweifelhafte Vermehrung der Blutkörperchen erklärt sich
■ aber hinreichend durch die vermehrte Wasserabgabe und damit durch
die Eindickung des Blutes. Grawitz hat durch das Thierexperi-
ment bewiesen, dass nicht nur dieses der Fall ist, sondern dass auch
die Blutkörperchen an der Wasserabnahme participiren und hier-
durch kleiner werden. Dies erklärt auch das mehrfach beobachtete
Auftreten der Mikrocyten. Ein derart concentrirtes Blut gibt die
beste Anregung des Stoffwechsels.
Koppe. Koppe (Münchener med. Wochenschr., 17. September) hat in
Reiboldsgrün wieder Blutkörperchenuntersuchungen vor-
genommen. Schon am Tage nach der Ankunft dortselbst fand er
die Zahl der Blutkörperchen vermehrt ; in den ersten Tagen des Auf-
enthalts in Reiboldsgrün schwankt die Zahl der Blutkörperchen sehr,
um dann höher zu bleiben, als sie in der Niederung war. An den
Tagen, an welchen die Zählung wenig Blutkörperchen ersehen lies»,
finden sich viele derselben im Stadium der Abschnürung, weshalb
Koppe annimmt, dass ein Theil der fertigen normalen Elemente
durch Abschnürung in je mehrere kleine Theile zerfällt.
lieber die Volumsveränderung der rothen Blutkörperchen
Voluin- bei der Athmung berichtet v. Limbeck (Allgem. med. Centralztg. Nr. 17).
V er an de- ß^i Einleitung von Kohlensäure nimmt das Volum der Blutkörperchen
gj^^ zu infolge von Eintritt von Walser und Kochsalz aus dem Serum in die
körpercheii. Körperchen. Es steigt dann deren absolutes und fällt ihr relative« Ge-
V. Limbeck. wicht. Neuerliche Oxydation lässt das Volum der Blutkörperchen auf die
ursprüngliche (rrösse nchrumpfen.
Höhenklima Aug. Ladendorf- St. Andreasberg (Deutsche Medicinalzeitung,
Tube^rk 1- ^^' ^^^^^^ ^^^ ^®^^ ^ Jahren den Bacillengehalt des Aus-
baciilen, wurfs seiner Patienten controUirt und auch bei jenen FäUen,
A Ladendorf. welche einen üblen Verlauf genommen haben, stets Verminderung
des Bacillengehaltes wahrgenommen. Mit der Abnahme der Bacillen
geht eine regelmässig auftretende Eormveränderung derselben einher.
Das einzelne Stäbchen vergrössert sich, die Körnchen treten aus
einander, die Einschnürimgen zwischen denselben werden tiefer,
und zuletzt tritt Zerfall der Körperchen ein. Bringt man den Aus-
wurf eines Phthisikers unter verminderten Luftdruck, so sind die
Veränderungen der Bacillen die nämlichen, wie eben beschrieben.
Klimatologie und Balneologie.
551
J. Lazarus, Bergfahrten und Luftfahrten in ihrem Bergfahrten
Einflüsse auf den menschlichen Organismus (Berl. klin. *°^
___ _ ,- ^^/-x,s-rr ,1 T» Luftfahrten,
VVochenschr., 5. u. 12. October). Kronecker hat zur Beantwor- j Lazarus.
tung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Bau und
Betrieb einer Bahn auf die Jungfrau ohne Gefahrdung von Menschen-
leben möglich sei, zehn Personen verschiedenen Alters von Zermatt
aus 2000 m in die Höhe tragen lassen. Bei allen war der Puls in
der Höhe bedeutend frequenter als im Thale; die Pulscurve zeigte,
dass die Spannimg der Arterien beträchtlich abgenommen hatte;
ebenso war die Vitalcapacität vermindert. Diese Symptome traten
gleichzeitig bei den Personen mit farbstoiFreichem Blute, wie bei
Blutarmen auf. Bei allen war der Appetit vermindert. Das auf-
fallendste Symptom war aber der schädliche Einfluss geringer Muskel-
bewegungen. Zwanzig Schritte auf der sanft ansteigenden und be-
quem gangbaren Fimfläche genügten, um wahren Fieberpuls zu
erzeugen. Besser als die in Bern heimischen Personen bewegten
sich die in Zermatt wohnenden. Dagegen fand A. Lo ewy (s. oben) in
der pneumatischen Kammer, dass er selbst eine Verdünnung der
Luft um 300 mm entsprechend einer Höhe von 4400 m , innerhalb
20 Minuten eingetreten, ohne besondere Störung vertrug, während
dieselbe bei einer Versuchsperson zu bedrohlichen Erscheinungen
führte. Ebenso hat Boussignault in dem hochgelegenen Bogota
an sich keinerlei Störungen empfanden, und dies ist auch bei den
Luftschiffem der Fall , wenn sie schnell bis 4000 m gelangen. Der
Gegensatz, welcher zwischen beiderlei angeführten Beobachtungen
liegt, gleicht sich aus, wenn man das psychische Moment mit in Be-
tracht zieht. Danach wird man, wenn die hoch hinauf führenden
Bahnen in der That ins Leben treten sollten, Neurastheniker, aber
auch Leute mit Störungen der Circulation und Respiration vor dem
Gebrauche dieser Bahnen warnen müssen.
E. Henoch schildert in der Berl. klin. Wochenschr. Nr. 44 das
Meraner Klima. Obwohl gegen Nordwinde nicht geschützt, im
Gegentheil von diesen im März und April oft stark durchbraust , ist
Meran im Winter äusserst windstill und beansprucht in dieser Be-
ziehung, sowie was Staubfreiheit der Luft anlangt, den ersten Platz
unter den klimatischen Winteraufenthaltsorten. Nur die langdauemde
Trockenheit wird zuweilen lästig empfunden. Schneefrei ist dagegen
Meran nicht ; der Schnee bleibt aber nicht liegen, imd ist überhaupt
der Winter kurz. Gut würde es sein, wenn die Gurgäste Meran nicht
immer schon im Mai verlassen würden, da dieser Monat, wie auch der
Meran,
Henoch.
552
Beetz.
Merao,
Henoch.
Juni prächtig und nicht so heiss sind, wie man allgemein glaubt. Als
grosser Yorzng verdient hervorgehoben zu werden, dass in Heran im
Gegensatz zu den weiter südlich gelegenen Curorten ordentliche Oefen
gefunden werden. Henoch tritt dem von vielen Aerzten getheilten
Vorurtheil entgegen, als ob Heran durch die grosse Anzahl der dort
sich aufhaltenden Phthisiker einen deprimirenden Eindruck mache.
Die Art der Besucher hat sich im letzten Jahrzehnte sehr geändert.
Durch das Entstehen der geschlossenen Anstalten werden schwerere
Kranke dorthin gezogen, während die hierher vorzüglich passenden
Abgearbeiteten und Neurastheniker in starker Zunahme begriffen sind.
('orsioa,
Fürbringer.
Sanatorien.
P. Fürbringer (Maitage in Corsica. Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 14 u. 15). Die Mitteltemperatur an der Küste be-
trägt 18 ® C. : im Sommer 24 *, im Winter 11,5 **. Die Winterisothermen
beschreiben hohe Bögen um die Nordküste der Insel, und so kommt
es, dass Corsica, dessen Centrum noch nördlich von Rom und Barce-
lona liegt, doch mit Sicilien zu concurriren vermag und selbst Capri
nicht die Milde von Corsica erreicht. Kranke mögen die Seefahrt
von Nizza aus, nicht ab Livomo, unternehmen ; für die Seekrankheit
besonders Empfindliche fahren besser mit den grossen Dampfern der
transatlantischen Gesellschaft von Marseille ab. Ausser der in den
deutschen Beisehandbüchem angegebenen Eisenbahnstrecke Bastia-
Corte existiren noch Vivario-Ajaccio , Bastia-Ghisonaccia (nördliche
Hälfte der Ostküste) und Ponte Leccia-Calvi im Nordwesten. Die
schöngelegene Gebirgsstadt Corte eignet sich in erster Linie zum
Sommer- und Wintercurort, besonders für Neurastheniker und Lungen-
kranke. Nur für wirklich Pflegebedürftige ist noch nicht aus-
reichend gesorgt. Das herrliche Ajaccio wird leider nur als Winter-
station benutzt; als es Fürbringer im Mai besuchte, war es von
Kranken leer, und doch beruhen die Vorzüge Ajaccios gegenüber
denen der Riviera nicht lediglich auf der Erhöhung der Winter-
temperatur, sondern auf der Milderung der Extreme. Wer sich nicht
an das Brunnenwasser halten will, der findet als angenehmes Tisch-
getränk ein einheimisches Mineralwasser, den Orezzaner Eisensäuer-
ling, dessen Eisengehalt etwa dem des Schwalbacher Stahlbrunnens
entspricht.
Die Gesellschaft der französischen Sanatorien errichtet im Ein-
verständnisa mit der Municipalität von Ajaccio unweit der Stadt drei
Sanatorien für Schwindsüchtige : eines am Meeresstrande, eines in 1000 und
eines in 1600 m Höhe. Kin Theil der zu en-ichtenden Pavillons wird der
Amiendirection der Stadt zur Verfügung gestellt; diese unterscheiden .«dch
Klimatologie und Balneologie. 553
von jenen für zahlungsfähige Patienten nur durch die weniger luxuriöse
Ausstattung.
Honigmann- Wiesbaden (Aegypten als klimatischer Aegypten,
Curort. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 34) hat sich in Be- Honigmann,
gleitung eines Patienten den Winter über in Helouan aufgehalten
und dort eine grosse Anzahl Phthisiker beobachten können. Am
besten befinden sich jene, welche an beginnenden Katarrhen und
Infiltrationen, oft sogar mit geringer Höhlenbildung litten, auch
wenn Blutungen vorangegangen waren. Diese empfinden die Luft-
trockenheit auch subjectiv als directe Wohlthat. Binnen kurzem
hört Husten und Auswurf auf, und alle übrigen Begleiterscheinungen
gehen rasch zurück. Während man sich an der Riviera alljährlich
auf eine Beihe von Tagen gefasst machen muss, an denen Kälte und
Regen den Patienten in seine zugigen und schlecht geheizten Zimmer
treibt, kann man für Unterägypten einen dauernden Aufenthalt im
Freien mit mildem Sommerklima garantiren, bei einer Luft, die „ein-
zuathmen eine Wohlthat ist, von einer Wärme, die trotz hoher Hitze-
grade nie unbehaglich wird".
Ausser den Phthisikem sind in erster Linie Nierenkranke als
solche zu nennen, welche hierher passen, „Die bei diesen er-
zielten Erfolge sind geradezu auffällig; vor allem sinkt die Albu-
minurie bei den meisten Patienten schon in den ersten Tagen des
Aufenthaltes ganz erheblich." Der Grrund mag nur in der ausser-
ordentlichen Steigerung der Hauttemperatur liegen. Die Hautgefässe
sind hierbei stark erweitert, ohne dass es bei der Trockenheit der
Luft zum wirklichen Schwitzen kommt, weil die Feuchtigkeit sofort
wieder verdunstet. Femer sind noch Rheumatiker und Neurasthe-
niker als Hauptcandidaten für Aegjrpten zu nennen ; gerade die letz-
teren bedürfen aber besonders des Rathes eines mit den dortigen
Verhältnissen wohl vertrauten Arztes, um in der Wahl des Cur-
aufenthaltes gegen Fehlgriffe geschützt zu sein.
Graebner (Cannes eine maritime Winterstation für
Kinder. St. Petersb. med. Wochenschr. Nr. 35). Die Seehospize sind
in der Regel nur den Sommer über geöffnet; die meisten derjenigen,
welche ihre Thätigkeit im Winter nicht einstellen, sind so weit nörd-
lich gelegen, dass der Genuss frischer Luft nur in beschränktem
Maasse und das Baden im Meer monatelang gar nicht möglich ist. Zur
Heilung schwererer tuberculöser Gelenk- oder Knochenaffectionen ist
aber eine längere Dauer der Curzeit nöthig. Hierzu bietet das Dolfus-
554 Beetz.
Cannesals sehe Asyl in Cannes Gelegenheit, eine Wohlthätigkeitsanstalt des
maritime bekannten Grossindustriellen dieses Namens und eines Genfer Vereins.
Station, Hier können die Pensionäre den ganzen Winter im Meere baden, imd
Graebner. hier halten sie sich nur Nachts im Hause auf. Ein Vergleich mit
anderen Anstalten, insbesondere mit Banyuls s. m. zeigt, dass in
Cannes die Erfolge schneller eintreten, femer, dass die Wintercur in
Cannes sehr wohl durchführbar ist. — Den Gegensatz zu der erfolg-
reichen Behandlung der scrophulösen Kinder in der Dolfus'schen An-
stalt zeigt das Dispensaire Lemwal in Nizza. Hier werden die Kinder
ängstlich vor der Berührung mit ftischer Luft oder dem Meere ge-
schützt, und sind die Eesultate geradezu klägliche, ebenso, wie dies
auch in Familien der Fall ist, welche mit ihren kranken Kindern
zum Ueberwintem nach Cannes kommen und die in der Heimath ge-
wohnte Lebensweise mit ihrer Bequemlichkeit und ihrem Luxus nicht
ablegen wollen. Cannes eignet sich wegen seines vorzüglichen
sandigen Badestrandes besser zum Baden, als Nizza, Branlieu oder
Mentone.
Winter- Hu ch z er m e ye r - Oeynhausen (Winter euren. Deutsche
euren, Med.-Ztg. Nr. 93 u. 94). Man leugnet die günstigen Wirkungen des
Aufenthaltes Kranker in freier Luft nicht, aber man schätzt dies
nicht so hoch, dass man die richtige Folgerung zöge, diese Wir-
kungen müssten das betreffende Leiden bessern, wenn es besserungs-
fähig ist, und erträglicher machen, wenn es imerträglich ist. Pur
die Lungenleidenden ist die Frage durch Daves etc. gelöst. Für
Rheumatismen sorgen Wiesbaden und Aachen. Dass viele Formen
von Neuralgieen Abhängigkeit von thermischen und barometrischen
Schwankungen zeigen, ist bekannt ; solche Patienten empfinden aber
ihre Verschlimmerung mit eben so grosser , wenn nicht grösserer
Heftigkeit im Zimmer, als beim Aufenthalte im Freien. Wintercuren
hält Huchzermeyer für indicirt 1. bei verlangsamter oder im-
voUkommener Reconvalescenz nach acuten und subacuten Krank-
heiten (dies hat die besten Erfolge, während eine Nichtberück-
sichtigung Schaden stiftet) ; 2. bei functionellen chronischen Störungen
in verhältnissmässig gesunden Körpern nach jahrelanger abnormer
Lebensweise; 3. bei organischen Erkrankungen, bezw. bei vor-
geschrittenen Stadien der zweiten Gruppe. Im Literesse der £nt-
wickelung von Wintercurorten liegt die Trennung der Lungen-
kranken von allen anderen. Das Sanatorium in Oeynhausen, sowie
sein Curhaus ermöglichen dort die Wintercur; im vorigen Winter
wurden schon 2746 Bäder verabreicht.
Klimatologie und Balneologie. 555
L. Fürst -Berlin (Deutsche Med.-Ztg., 13. Mai) plaidirt für die Freiluft-
Errichtung von Hallen, welche nach der Seite des Meeres offen ^^^*\*^°'^®°
. , . . am Meeres-
und nach der Landseite gegen die Sonne geschützt sind. In diesen strande,
soll Meerwasser maschinell zerstäubt und als Inhalation gebraucht L. Fürst.
werden können.
Auf der Naturforscherversammlung in Lübeck zeigte v. Ziems- Klima-
s e n , wie die frühzeitige geeignete Behandlung der Tuberculosen „ ^^^ ^?l®
. , . ^ , Behandlung
im eigensten Interesse der Versicherungsanstalten liegt, wie die der
hanseatischen Versicherungsanstalten zuerst erkannt haben. Wenn Tuber-
die 31 bestehenden Versicherungsanstalten, zu denen noch die 8 Zu- v^Ziemssen
gelassenen kommen, jedes Jahr nur 250 der klimatischen Behand-
lung überweisen, so kommt schon eine recht imponirende Zahl heraus.
Am wichtigsten ist, dass gerade die in den ersten Anfängen der
Krankheit befindlichen Fälle, ja selbst nur die verdächtigen in
frühzeitige Behandlung kommen. Es ist ganz unmöglich, dass jede
Versicherungsanstalt ein eigenes Sanatorium baut; vielmehr werden
es viele vorziehen, die vorhandenen zu benutzen.
Glax-Abbazia (Zur Klimatotherapie des Morbus Ba- Klimato-
öedowii. AUg. med. Centralzeitg. Nr. 31) betont den günstigen Er- ^*^l[*^^^
folg des Seeklimas von Abbazia in fünf Fällen von Morbus Basedowii; Bas^dowü,
die Behandlung bestand in Halbbädem mit Seewasser von 24° R. ^l«"^-
bis 18° abnehmend, Galvanisation am Halse und täglicher Appü-
cation des Leiter'schen Wärmeregulators auf das Herz wähi*end einer
Stunde.
Balneologrle.
H. Neumann rühmt in der AUg. med. Centralztg. (Nr. 3) die Brücken au
ausgezeichnete diuretische Wirkung der Wernarzer Quelle in ^^^^^
Brückenau bei Erkrankungen der Nieren imd besonders loideu,
bei Scharlachnephritis und Schwangerschafbsniere. Auch bei Diabetes Neumann,
mellitus mit Eiweissausscheidung hat er gute Erfolge gesehen. Ek
müssten deshalb Diabetiker, bei welchen Eiweiss im Harne beob-
achtet wird, nicht wie bisher Karlsbad und Neuenahr aufsuchen.
Gegen letzteren Satz wendet sich G. K ü h n - Neuenahr (AUg. medic. Xeuenahr,
Centralztg. Nr. 7), der den Neuenahrer Quellen einen günstigen ^"^^•
Einfluss auf die Abnahme von Eiweiss- und Zuckerausscheidung zu-
schreibt und betont, dass es ein Fehler sei, Karlsbad mit Neuenahr
zu verwechseln. Letzteres gehöre zu den alkaHschen Säuerlingen mit
hervortretendem Gehalt an Natriumbicarbonat und Kohlensäure,
und Fresenius habe in ihm neuerdings Arsen in verhältnissmässig
grösserer Menge nachgewiesen.
haller
Quelle.
556 Beetz.
Friedrichs- Eine neue Bitterquelle ist in Friedricbshall erbohrt
worden. Dieselbe enthält in 1000 Gewichtstbeilen Na^2S^4 ^j^ —
MgS04 5,9 — NaCl 7,3 — MgCl2 4,7 und soll sich durch grössere
Wirksamkeit und besseren Geschmack vor der alten Quelle vortheil-
haft auszeichnen.
Bali er bei Grödel-Nauheim hat in der balneologischen Gesellschaft am
Arterio- g März über Bäder bei Arteriosklerose vorgetragen. Von
Sklerose, . . , .
Grödel. der Ansicht ausgehend, dass Bäder, wie sie gewöhnlich bei Kreis-
laufstörungen zur Anwendung kommen, eine Blutdrucksteigerung her-
beiführen und deshalb die Gefahr des Berstens etwaiger Miliar-
aneurysmen vorliegt, hat man die Arteriosklerose als Contraindication^
speciell für die kohlensäurehaltigen Soolthermen aufgefasst. Nach
G r ö d e Ts Erfahrungen ist dies nicht richtig. Bei den kühlen COy-
Soolbädem, wie sie in Nauheim verordnet werden, tritt zu Beginn
des Bades eine Steigerung des Blutdruckes ein. Diese wird aber
sehr bald durch eine compensatorische Erweiterung der inneren Ge-
fässbezirke ausgeglichen. Sehr rasch schwindet auch durch eine
Reizung der Kohlensäure die Contraction der Hautgefasse. Pur die
Verwendung der Thermalsoolbäder stellt Grödel folgende Indi-
' cationsgruppen auf: 1. Bekämpfung der die Sklerose begünstigenden
Krankheiten, wie Gicht, Gelenkrheumatismus, Neurasthenie. 2. Directe
Einwirkimg auf die bei Entstehung der Arteriosklerose in Betracht
kommenden Störungen der Einzelorgane, Besserung der Blutbeschaifen-
heit. 3. Förderung der Compensation bei den durch Arteriosklerose
bedingten Kreislaufstörungen. Apoplektiker sind nie vor Ablauf eines
Jahres der Badecur zu unterwerfen.
Kohlensaure F. Baur, Beitrag zur Wirkung kohlensäurehaltiger Sool-
Sooibader |jäder bei chronischem interstitiellem Morbus Briachtii
bei Morbus ,
UtI frhtii, (Münch. med. Wochenschr. Nr. 32). Die Badebehandlung er-
Banr. folgte nach den für chronische Herzleiden bestinmiten Principien:
vorsichtiger Beginn mit 2 ^/o igen kohlensäurefreien Soolbädem und
allmähliche Steigerung der wirksamen Bestandtheile , des Chlor-
natriums, Chlorcalciums und der Kohlensäure bis zur schliesslichen
Anwendung der stark kohlensäurehaltigen Sprudelbäder. Die Tempe-
raturen schwankten zwischen 35 und 32® C. In der Kegel zeigte sich
schon nach den ersten Bädern eine Hebung des Allgemeinbefindens ;
Hand in Hand mit derselben ging eine erfreuliche Steigerung der
körperlichen Leistungsfähigkeit ; auch die Diurese erfuhr eine Steige-
rung. Die Albumenausscheidung schwankte, war aber nie vermehrt,
Klimatologie und Balneologie. 557
sondern meist vermindert. Am raschesten verschwanden die sub-
jectiven Herzbeschwerden. Der Schwerpunkt der Bäderbehandlung
liegt nach Verf. in ihrer tonisirenden Wirkung auf das Herz.
E. Hirsch-Nauheim, Behandlung der Bleichsucht mit Kohlensaure
CO-2-haltigen Soolbädern (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31). »ooibäder
Die Bleichsucht verursacht ausser der Veränderung in der Blut- sucht
beschaffenheit Störungen der Circulation, Veränderungen am Herzen, E. Hirsch.
sensible und psychische Anomalieen und Störungen in der sexuellen
Sphäre. Da der Herzmuskel schwacli und widerstandslos und der
Herzschlag unregelmässig und matt ist, so müssen CO^-haltige Koch-
salzbäder, die eine kraftvolle Arbeit des Herzens hervorrufen, nicht
nur die Herzmuskelinsufficienz heben, sondern damit auch tiefe und
regelmässige Athemzüge herbeiführen. Die Centren der Qefäss- und
Uterusnerven liegen räiunlich nahe. Ein Beiz, der das erstere trifft,
muss auch beim zweiten zur Geltung kommen, und Contractionen der
Gebärmutter müssen kräftigend auf dieses Organ einwirken.
Die Versuche CarlDapper's (Untersuchungen über die Wir- Kissinger
kunfi^ des Kissinger Mineralwassers auf den Stoff- Mineral-
w&sscri in
Wechsel des Menschen. Berlin, klin. Wochenschr., 15. August) stoff-
über den Eiweissumsatz bei Gebrauch des Kissinger Bakoczy- und wechsoi,
des Bitterwassers ergaben, dass der Eiweissumsatz nicht gesteigert »pper.
wurde; nicht einmal die öfter beschriebene Steigerung der Ham-
stofifausfuhr in den ersten zwei Tagen der Trinkcur trat ein. Ent-
fettungscuren können also so geleitet werden, dass starke Abgabe
von Körperfett ohne Gefahrdung des Eiweissvorrathes erreichbar ist.
Umgekehrt zeigte sich, dass der Fettverlust durch den Koth unter
dem Gebrauche des Kissinger Wassers, selbst bei Heranziehung be-
deutender Mengen desselben, nicht gesteigert wird. Man erhält
selbst dann normale Ausnutzungswerthe der Nahrung, wenn durch
die Wässer reichliche dünne Entleerungen herbeigeführt werden.
Die experimentellen und klinischen Beobachtungen Gurwitsch's ContrexC-
(Petersb. med. Wochenschr., 1. Beilage) über den Einfluss des künst- ville und
Ausschei'
liehen und natürlichen Contrexeville-Wassers (Source de pa- düng der
villon) auf die Ausscheidung von Harnsäure und über die Harnsünre,
Hehandlung der Nephrolithiasis mit diesem Wasser führten
zu folgenden Schlusssätzen: 1. Die durchschnittliche tägliche Ham-
menge steigt bei Anwendung des Contrex6vüle-Wassers. Diese Stei-
gerung bleibt nach der Beendigung der Ciu* noch eine Zeitlang be-
stehen. 2. Mit Vermehrung der Hammenge beobachtet man ein Sinken
558 Beetz.
des specifischen Gewichtes. 3. Die absolute Menge der Hamsani'e
nimmt in der MehrzaU der Fälle ab.
Die Resultate waren bei Anwendung des natürlichen wie des
künstlichen Wassers gleich. Wenn schon die dinretische Wirkung
des Wassers und seine Fähigkeit, den Procentgehalt der Harnsäure
zu verringern, von gutem Einflüsse auf die Nephrolithiasis sein
müssen, so kommt noch hinzu, dass der Harn unter dem Einflüsse
des Contrexeville- Wassers die Fähigkeit erlangt. Harnsäure zu lösen.
Eiseuwässer J. Fridberg (Petersb. med. Wochenschr., Beilage S. 27) kommt
'*"* bezüglich der Wirkung der Eisenwässer, des Ferrum sulfuri-
HämoglobiD, ^, , ^-i-rr i^- ii
Fridberg. cum und des Hämogallols auf den Hämoglobingehalt
und die Zahl der rothen Blutkörperchen imBlute An-
ämischer zu folgenden Resultaten: Pyrophosphorsaures Eisen-
wasser, Schwalbacher Stahlbrunnen und Pvrmonter wirken weder
günstig, noch ungünstig auf das Blut Anämischer. Ferrum suHuri-
cum bedingt in der Mehrzahl der Fälle eine unbedeutende Erhöhung
des Hämoglobingehaltes und der Zahl der Erythrocyten. Daher
bessert sich auch der Zustand der Patienten nach Anwendung des
Mittels. Hämogallol hat eine deutliche günstige Wirkung auf das
Blut Anämischer, indem es einerseits Hämoglobin und rothe Blut-
körperchen vermehrt und andererseits die Zahl der Leukocyten
herabsetzt.
Schlamm- Nach W e i 8 z - Pistyin (Pester med.-chirurg. Presse Nr. 14 u. 15)
bäder und nehmen Schwefel- und Schlammbäder in der conserva-
tnberculose,*^^®^ -^^^^^^^^^S ^^^ Knochen- und Gelenktuberculose
Weisz. den ersten Platz ein. Bei nicht eiternden und nicht mit Zerfall
drohenden TJebeln gelingt es in vielen Fällen durch den systemati-
schen Gebrauch derselben die Erankheit zum Stillstand zu bringen.
Auch bei eitrigen Processen erzielt man wesentliche Besserung, wenn
nicht Heilung. Die genannten Bäder bilden eine kräftige Stütze der
chirurgischen und orthopädischen Behandlung; träge Operations-
wimden, monatelang offen bleibende Fisteln und Geschwüre heilen
xmter schneller Abnahme des zuerst reichlich fliessenden Secretes.
Ausgeschlossen von der balneotherapeutischen Behandlung sind nur
hochgradig empfindliche Gelenke, besonders wenn der Patient stark
fiebert.
W. Predtetschenski (lieber einige Blutveränderungen
unter dem Einflüsse von Moorbädern. Petersb. med. Wochen-
Klimatologie und Balneologie. 559
sckrift Beil. 3) hat das Blut bei Patienten, welche mit den Szakki- Moorbäder
Moorbädern (s. d. Jahrb. 1894, S. 788) behandelt worden waren, unter- ^»^ Blut-
' verande-
sucht. Er fand, dass unter dem Einflüsse des Moors sowohl das rung,
specifische Gewicht des Blutes, als auch die Menge des Hämoglobins Predtetachenski.
zunahmen. Das Maximum des Ansteigens des specifischen Gewichts
betrug 0,019, des Hämoglobins 21 ^/o; die Zahl der rothen Blut-
körperchen nahm rasch zu. Die Alkalescenz des Blutes, welche bei
allen Patienten mit chronischem Gelenkrheumatismus die normalen
Werthe nicht erreichte, stieg unter dem Einflüsse der Moorbäder
an, und dieses Resultat blieb auch nach Beendigung der Cur be-
stehen.
«
Nach Bluemchen (Beobachtungen über Öandbäder. Zeit- Sandbäder,
Schrift f. Krankenpflege Nr. 11) macht die gelinde Wirkung die Bluemchen,
Sandbäder, welche sich am besten zur Behandlung von chronischen
Rheumatismen, Arthritis, chronischen Nephritiden und Exsudaten
eignen, auch bei Kranken mit Herz- oder Lungenaffectionen brauchbar.
Die andersartigen Bäder werden weniger gut und weniger lange er-
tragen, weil sich die Körpertemperatur des Badenden im Wasser,
im Dampf und in der Luft viel mehr erhöht, als im heissen Sande;
Wärmeverlust durch Leitung oder Strahlung erleidet der Badende
in keinem der medicinischen Bäder, welche höher temperirt sind,
als sein Körper. Im Sandbade ist die Verdunstung vom Gesicht
aus ganz uneingeschränkt; ebenso die Wärmeabgabe durch die Ath-
mung. Letzteres trifft übrigens auch bei den Kastendampfbädern zu.
Nach E. Grawitz (Ueber Sandbäder. Deutsche Medicinal- E. Grawitz
Zeitung, 18. März) unterscheidet sich das heisse Sandbad von dem
einfachen heissen Wasserbad durch den sehr hohen Temperaturgrad.
Bei Temperaturen unter 40 ° C. fühlen sich die Kranken im Sand-
bade nicht wohl. Am besten bekommt ihnen eine Temperatur von
50** C. Ln Sandbade kommen die Patienten sehr bald zu profusem
Schwitzen ; die Körpertemperatur steigt schnell, aber selten über 1 ".
Der Patient kann V2 — 1 Stunde im Bade bleiben; die hier ab-
gegebene Schweissmenge beträgt 1 — IV2 kg. Dass der Körper im
Bade nicht überhitzt wird, liegt daran, dass der heisse Sand, welcher
den Körper umgibt, alsbald mit Schweiss durchtränkt wird und dass
infolge dessen dem Körper nicht mehr viel neue Wärme zugeführt
wird, während im Wasserbade immerfort neue heisse Partieen des
Wassers mit dem Körper in Berührung kommen; femer daran, dass
die Kranken mit dem Sandbade in die kühle Aussentemperatur ge-
bracht werden. Infolge dessen sind sie viel weniger Congestionen
560
Beetz.
zum Kopf ausgesetzt und im Stande, durch Atlimen in kühler Luft
den Körper abzukühlen und dabei reichlich Wasser abzugeben. Der
Erfolg der genannten Bäder bei Arthritis deformans, chronischen
Gelenkrheumatismen und hydropischen Ergüssen ist auffällig.
Heisse J. Traugott (Behandlung der Chlorose mit warmen
Luftbäder Luftbädern. Blätter f. klin. Hydrotherapie Nr. 4) versuchte bei
bei Chlorose, . . . «
Traugott. einer Anzahl von Ghlorotischen heisse Luftbäder, um zu sehen,
welcher Antheil bei den therapeutischen Versuchen mit Aderlass
und Dampfbad der Diaphorese zukomme. Es wurden 44 Chlorotische
auf diese Weise behandelt; keine der Patientinnen nahm Eisen,
Arsen oder dergleichen. Bei allen aber wurde eine rasche und
dauernde Besserung erzielt, und bei allen war eine Zunahme des
Hämoglobins, eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen und Er-
höhung des specifischen Gewichtes des Blutes zu constatiren. Auch
verschwanden die Herz- und Gefassgeräusche.
Uydria-
tische
Therapie
und Stoff.
Wechsel,
Strasser.
Hydrotherapie.
Alois Strasser berichtet in der Wiener Klinik (Bd. 4) über
das Verhalten des Stoffwechsels bei hydriatischer
Therapie. Strasser hat diese Frage an zwei Männern geprüft :
einem Neurastheniker und einem an langsam fortschreitender Lateral-
sklerose Leidenden. Beide wurden durch einige Tage auf Stick-
stoffgleichgewicht gesetzt. Dann bekam der Erstere um 9 Uhr früh
eine Abreibung von 12 ® R. , um V« 12 Uhr eine kalte Regendouche,
Nachmittags ein Halbbad von 20 ^ R. mit Abkühlung bis auf 20 • R.
Jeder Procedur folgte ein Spaziergang bis zur Erwärmung. Der
zweite Patient erhielt früh um 8 Uhr eine Abreibung bis zur Er-
wärmung, um 12 Uhr einen fliessenden Rückenschlauch von 12 ^ R.
durch eine halbe Stunde. Nachmittags 4 Uhr ein Halbbad von 22 ® R.
mit Abkühlung auf 20 ® R. Auch hier folgt jeder Procedur Be-
wegung, soweit dieses beim Zustande des Patienten möglich war.
Die Stickstoffausscheidung war nun während der Badeperiode in
beiden Eällen gegenüber der Vor- und Nachperiode ausgiebig ge-
steigert. Die Harnsäureausscheidung war während der Badezeit
ebenfalls sehr gesteigert, imd diese Steigerimg hielt noch in der
Nachperiode an. Ebenso war auch die Ausscheidung der Phosphor-
säure sowohl absolut, als im Verhälti^iss zum Gesammtstickstoff
während der Badezeit sehr gesteigert. Die Extractivstoffe zeigten
indessen ganz geringe Werthe, woraus Strasser schliesst, dass
der weitaus grössto Theil des Stickstoffs zur Bildung normaler End-
Klimatologie und Balneologie. 561
producte des Stoffwechsels verwendet worden ist, so zwar, dass fiir
Extractivstoffe nur mehr ein sehr geringer Bruchtheil übrig ge-
blieben ist und dass durch die hydriatische Therapie der Stoff-
wechsel qualitativ und quantitativ im Sinne einer normalen Thätig-
keit des lebenden Organismus gesteigert wird.
Bornstein- Landeck hat der balneologischen Gesellschaft in Heisse
BerHn über die Wirkung heisser Bäder auf den Stoff- Bäder und
Wechsel vorgetragen. Bornstein hat an sich selbst Versuche Wechsel
mit Bädern von 40 — 42 ® C. , die allmählich bis 45 ° C. gesteigert Bornstein.
wurden, bezüglich des subjectiven Befindens sowie der Functionen
des Organismus angestellt. Bornstein nahm tägUch ein Bad und
blieb 17 — 20 Minuten in demselben. Es wurde täglich dieselbe genau
bestimmte Nahrung eingenommen, und die Ausscheidungen wurden
analysirt. Die Körpertemperatur betrug vor dem Bade in der Mund-
höhle 34 ^ C, stieg im Bade auf 38,5 ® C. und ging dann auf die Norm
zurück. Der anfangs beschleunigte Puls wurde allmählich langsamer.
Frösteln nach dem Bade wurde nicht beobachtet. Schon nach
3 Minuten trat der Schweissausbruch ein. Die Stickstoffausscheidung
im Harn betrug am 3. Tage 14.47 g, sank dann auf 13,71 g und
stieg dann wieder an. Im Gesichtsschweiss fanden sich 0,46 g
Stickstoff. Die Verminderung im Harn und Koth ist eine Folge
der vermehrten Schweisssecretion.
J. Lefevre (La puissance et la resistance thermogenetique Körper-
de Forganisme humain dans un bain d'une heure ä la tempera- temperatur
turede7degr^8. Ref. im Centralbl. f. imiere Med. Nr. 45) hat einen gesunden ' "* ^ * J* ® "*
Mann in ein Bad von 7,4® C. gesetzt und die Beeinflussung der Körper- Leftvre.
temperatur durch fortlaufende Messungen in der vom Wasser nicht be-
rührten Achselhöhle festgestellt. Es ergab sich, dass während der ersten
12 — 15 Minuten die Temperatur unverändert blieb und dann langsam sank.
Nfu;h einer halben Stunde erreichte die Schnelligkeit des Sinkens bei 87®
ihr Maximum; dann sank die Temperatur fast unmerklich, bis sie nach
einer Stunde 36® erreichte.
Winckler bespricht in denBlättem für klinische Hydrotherapie Aberg'sche
(Nr. 7) die Aberg'sche Eiswassercur. Diese besteht in dem Eiswasser-
c n r
folgenden Verfahren: 1. Stufe der Cur: der Eumpf des Patienten winckier.
wird mittels eines Schwammes mit Wasser von 0 ® gewaschen. Der
Nacken wird hierbei besonders gekühlt. 2. Stufe: der Kopf des
Kranken wird in einer Badewanne Übergossen, sodann auch der
Rumpf. 3. Stufe: Vollbäder von 7—13*'. Nach jeder Procedur wird
Jahrbuch der practischen Medicin. I89(j. 3(3
562
Beetz.
Improvi-
Hirtes
Dampfbad,
Winterniiz.
der Körper sehr gut abgetrocknet: anfangs bleibt der Patient danach
im Bette, spater mnss er sich Bewegung machen. In der kalten
Jahreszeit müssen die Zimmer sehr gut geheizt sein, nm Rheoma-
tismen zn vermeiden. Aberg rühmt die Erfolge der etwas ener*
gischen Behandlung sehr.
Winternitz beschreibt in den Blättern fiir klinische Hydro-
therapie Nr. 1 eine einfache Vorrichtung, um ein Dampf-
bad zu improvisiren. Eine gewöhnliche Badewanne erhält einen
Holzrost; auf diesen setzt sich der Patient. Die Wanne wird durch
eine Wolldecke zugedeckt. Nun lässt man heisses Wasser unten zu-
strömen und in kurzer Zeit ist der im Bade Ruhende in voller
Transspiration.
Wasser-
drack-
Tnassa^e,
Lahmann.
L ah mann (Blätter f. klin. Hydrotherapie Nr. 11) hat zur
^ W asserdruckmassage^ eine Badewanne mit einem höher oder
tiefer stellbaren Schaufelrade montirt, das durch seine Drehungen eine
tüchtige Durchschüttelung der Decken und Organe des Unterleibes
vorzunehmen gestattet, welche je nach der Schnelligkeit der Drehungen
mehr oder weniger nachdrucklich ist.
Kalte Brei- Be'dford Brown (Blätter f. klin. Hydrotherapie Nr. 1) empfiehlt
umachläge, kalte Breiumschläge als Antipyretica beihohemPieber. Die-
selben werden ähnlich gemacht, wie das in diesem Jahrbuche
(1893, S. 627) angegebene Eiskataplasma. Leinsamenmehl wird mit
kochendem Wasser zu einem weichen Brei verrührt, dieser durch
Eiswasser gekühlt und in erforderlicher Orösse als Stammumschlag
verwendet.
Warme Alfred Högerstedt (St. Petersb. med. Wochenschr. Nr. 1 ff.)
Vollbäder experimentirte an Patienten mit chronischen Circulations-
r i ^nn io Störungen über die an denselben beobachteten Wirkungen warmer
tions- Vollbäder von 30 ^ R. Der thermische IndifFerenzpunkt des Bades
«torungen, jj^^ y^gj ^^^3^ Temperatur von 34— 3B* C. Der Wärmeverlust,
welchen ein gesunder und nicht besonders fetter Mensch in einem
solchen von 15 — 25 Minuten Dauer erleidet, entspricht ungefähr dem
normalen mittleren Wärmeverlust. In den von Högerstedt beob-
achteten Fällen steigt im warmen Bade die Leistungsfähigkeit des
linken Ventrikels; dank dieser gesteigerten Leistung vermag der
linke Ventrikel die während des Bades angestiegenen und nur lang-
»am abgeklungenen Widerstände im Venenstrom zu überwinden. (Aber
Klimatologie und Balneologie. 563
im warmen Bade befand sich ein ^osser Theil des Blutes gar nicht
im Venensystem, sondern in den erweiterten Hautcapillaren. Ref.)
F. S. Woroschilski (Allg. med. Centralztg. Xr. 49) hat nach fleisse
dem Vorgange A u f r e c h t's zwei Fälle von schwerer Cerebro- B&derbei
Spinalmeningitis mit eclatantem Erfolge mit 32® warmen gpinal-
Waaaerbädern behandelt und fordert zu weiteren Beobachtungen auf. meningitis,
Woroschilski.
Schütze (Borlachbad - Kosen) hat am 8. März der balneologischen Hydria-
Gesellschafb über die hjdriatische Behandlung der Gonorrhoe vor- tische
getragen. Schütze spült mit einem canellirten Röhrchen den Penis von ®®^*5*^^^'*s
fi A IT
hinten her aus und bringt die Fälle ohne Medicamente zur Heilung. - Öie Gonorrhoe
Dauer der Behandlung ist etwas länger, als bei den alten Methoden. Schütze.
W. Raiford (Bruchreposition unter Hydrotherapie. Americ. Brach-
med. surg. Bill. Bd. 6, Nr. 8) lässt Patienten mit HernienvorfeU die Rücken- reposition
läge mit leichter Beckenhochlagerung einnehmen, die Schenkel in einem u"^!^^
etwas mehr als rechten Winkel gebeugt. Kaltes Wasser wird nun sanft, therapie
aber reichlich von oben auf die Bruchgeschwulst und den Unterbauch ge- Raiford.
gössen, während der Operateur die Reposition vollzieht.
L. Buxbaum (Die hydriatische Behandlung der Hydria-
Diarrhoe. Blätter f. klin. Hydrotherapie Nr. 9). Die Diarrhoe ent- tische
steht entweder durch die abnorme Beschaffenheit der Nahrungs- ^^^
mittel, welche eine vermehrte Darmsecretion oder stärkere peristal- Diarrhoe,
tische Bewegungen verursachen, oder sie beruht auf einem krank- Bu^ijaum.
haften Zustande der Darmschleimhaut selbst. Femer kann dieselbe
durch Lanervationsstörungen und durch ungleiche Blutvertheilung
bedingt sein. Zur Behandlung des ersten Falles, der abnormen
Beschaffenheit der Nahrungsmittel, ist die peristaltische Bewegung
zu beschleunigen, was durch kurz dauernde kalte Sitzbäder erreicht
wird. Das Umgekehrte hat zu geschehen, wenn diese Bewegungen
an sich zu schnell sind; dies geschieht durch langdauernde Halb-
oder Sitzbäder nur wenige Ghrade unter der Körpertemperatur, oder
durch feuchte Einwickelungen, eventuell mit Winternitz' Magen-
schlauch. Bei chronischen Hyperämieen mit Katarrhen des Darmes
ist Ableitung nach aussen, d. h. Hyperämisirung der Haut noth-
wendig. Dies geschieht durch kräftige Abreibung mit grobem, in
kaltes Wasser getauchtem, gut ausgewundenem Laken, länger
dauerndes kühles Sitzbad mit Frottirung der eingetauchten Körper-
partieen, Leibbinde. Die nervöse Diarrhoe der Neurastheniker be-
darf keiner sehr erregenden Proceduren; hier eignet sich das von
24 ° auf 22 *» abgekühlte Halbbad.
564 Beetz.
Lehrbücher und Monographieen.
Barwinsky, Anleitung zur hydropathischen Behandlung der acuten In-
fectionskrankheiten. Leipzig.
Fr. Schilling, Hydrotherapie für Aerzte. 2. Aufl.
W.J. vanBebber, Hygienische Meteorologie für Aerzte und Naturforscher.
Stuttgart.
J. Herrnheiser, Verzeichniss der Cui-orte und Sommerfrischen Deutsch-
böhmens. Prag.
Herm. Reimer, Klimatische Wintercurorte. 4. Aufl. Berlin.
Cornel Preysz, Die Seebäder, deren Wirkung und Gebrauch. Budapest.
F. Wolff, Einfluss des Gebirgsklimas auf den gesunden und kranken
Menschen. Wiesbaden.
Enrico Barocchini, Sanatoria nel cantone dei Grigioni (la Puglia
medica).
H. Heinzelmann, Gardone-Riviera. München.
J. Betons, La eure de Bareges. Paris.
J. Beysse, Thermalquellen von Aachen und Burtscheid, Festschrift der
36. Versammlung deutscher Ingenieure.
Leop. Badt, Mineralwasser von Assmannshausen bei Gicht und Nieren-
concrementen. Wiesbaden.
Ewich, Andauernder Gebrauch alkalischer Wässer. Köln.
W. Gastl, Giesshübl-Sauerbrunn, seine Curmittel und Indicationen.
H. Helmkampff, Die Salzquelle und die Moorbäder von Bad Elster bei
Retardationen des Stoffwechsels. Leipzig.
E. Ludwig, Schwefelbad Ilidze bei Sarajewo in Bosnien. 4. Aufl. Wien.
Marc, Vortchriften über Wildungen. Ebenda.
Frhr. Jul. v. Oefele, Bad Neuenahr, ärztliche Gesichtspunkte. München.
Oeynhausen und seine Indicationen, Festschrift von den Aerzten des Bades.
H. Zelle, Kohlensäurehaltige Bäder. Dresden.
XI.
Arzneimittellelire und Toxikologie').
Von Prof. W. F. Loebisch, Director des Universitäts-Laboratoriums
für angewandte medicinische Chemie in Innsbruck.
Seramtheraple.
Den bedeutendsten Antheil an den therapeutischen Bestrebungen
des verflossenen Jahres müssen wir der Serumbehandlung und der
Organotherapie zuerkennen. Zunächst war es das Behring'sche
Diphtherieheilserum, dessen Wirksamkeit allenthalben geprüft wurde,
dann aber war eine grosse Anzahl von Forschem mit Untersuchungen
beschäftigt, welche dahin zielen, die Serumtherapie auch für
andere Infectionskrankheiten verwerthbar zu machen. Die schon
im vorigen Jahre begonnenen Bestrebungen, die Antitoxine des
Tetanus, des Typhus, der Cholera asiatica, des Erysipels, der In-
fection mit Staphylokokken etc. herzustellen und deren Wirksamkeit
experimentell festzustellen, wurden eifrig fortgesetzt und haben die
Aussichten für eine allgemeinere Anwendung der Immunisirungs-
therapie gekräftigt. Doch der Practiker wird sich einstweilen noch
mit dem grossartigen Fortschritt begnügen, welchen die ärztliche
Kunst bei der Behandlung mit Diphtherie errungen hat, und wir
verweisen bezüglich der übrigen damit im Zusammenhange stehen-
den Ergebnisse der bacteriologischen Forschung auf die bezüglichen
Abschnitte dieses Berichtes (Bacteriologie, Innere Medicin, Kinder-
heilkunde, Chirurgie, OeffentUche Gesundheitspflege).
Einen eingehenden Bericht über die Leistungen und Ziele
der Serumtherapie veröffentlicht Behring (Deutsche med.
*) Bezüglich Toxikologie vgl. den Abschnitt , Gerichtliche Medicin".
566 Loebisch.
Leistungen Wochenschr. Nr. 38 u. £f.). In diesem behandelt er zunächst aus-
und Ziele f(i}u.iiQ)j ^q Statistik der Behandlung der Diphtherie mit Heilserum,
therapie, wie sie sich aus der Sammelforschung und aus der Krankenhaus-
Behring. Statistik ergibt. Als erreichbares Ziel der Serumtherapie stellt er
eine Verminderung um 75 "/o der Gesammtmortalität eines Landes
an Diphtherie hin. Um den Werth des Diphtherieheilserums vol-
lends zu würdigen Y muss man jedoch auch die immunisirende
Leistungsfähigkeit desselben in Betracht ziehen. Das nächste Ziel,
Einführung das sich Behring stellt, ist die Einführung der allgemeinen
„ ®'. Immunisirung. Zu diesem Behuf e muss die dem scesunden
allgemeinen . ° , . . ^ t*****^**
immuni- Menschen einzuspritzende Flüssigkeit vollkommen unschädlich sein.
sirung. j)iq nicht selten beobachteten Nebenwirkungen, bestehend in Aus-
schlägen und Schmerzen, müssen ausgeschaltet werden. Das kann
erreicht werden, wenn man das zu Lnmunisirungszwecken dienende
Serum, bevor es in die Fläschchen gefüllt wird, auf seine Neben-
wirkungen prüft. Da man nun fiir die Lnmunisirung etwa die
Hälfte der in einer heilenden Dosis vorhandenen Antitoxineinheiten
anwenden muss, so konnte das obenerwähnte Postulat noch nicht
durchgeführt werden. Seitdem hat sich unter Mitwirkung von Prof.
Ehrlich die Production der Farbwerke in Höchst an Heilserum
in der Weise gesteigert, dass sie im Stande sind ohne jede Schwierig-
keit jeden Monat 100000 Heildosen abzugeben, im Jahre also mehr
als eine Million. Von grösster Wichtigkeit ist aber die qualitative
Verbesserung des Heilserums; Bisher kam durchschnittlich ein
Senmi zur Verwendung, welches die einfache Heildosis in 5 ccm
enthält. Gegenwärtig sammeln die Farbwerke Vorräthe von solchem
Serum, von welchem in 1 ccm die einfache Dosis unter die Haut
gespritzt wird. Diejenige Lnmunisirungsdosis , welche Behring
für erforderlich und genügend erachtet, ist demnach schon in einem
halben Cubikcentimeter enthalten.
Ueber schädliche Nebenwirkungen des Diphtherie-
Neben- heilserums berichten P. Marcuse (Deutsche med. Wochenschr.
Wirkungen ^r. 35) und Zielenziger (ibidem). Li beiden Fällen traten die
Diphtherie- von SO zahlreichen Beobachtern schon mitgetheilten Erscheinungen,
Serums, Urticaria-, masem-, scharlachähnliches Exanthem, unter Tempe-
zieienziger rat^irerhöhung mit Gelenkschmerzen, Albuminurie auf. In zwei FäUen
des letzteren Autors trat nach dem Abblassen des Ausschlags Becidiv
ein, von denen das eine tödtlich. verlief. Gleiche Erfahrungen theilt
A. Thomas. A. M. Thomas (Med. record., 15. Juni) aus einem grossen Material
mit. Doch sprechen sich sämmtliche Autoren über die günstige
Arzneimittellehre und Toidkologie. 567
Wirkung des Heilserums zur Herbeiführung einer Immunität gegen
Diphtherieinfection für eine gewisse Zeitdauer, als auch für die offen-
kundige Unschädlichkeit seiner Anwendung selbst bei Kindern im
zarten Alter aus.
Organotherapie (Sehüddrttsen, ThjmnS) Nierenextract^
Nebennierenextraety Prostata).
C. A. Ewald (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2 u. 3) bezeichnet Schild-
die Thyreoideabehandlung bei Myxödem und Cachexia^ urusen-
•^ . . . behandlung :
strumipriva als einen gesicherten Besitz der Therapie. In einem bei Myxödem
sehr ausgeprägten FaU von Myxödem beobachtete er, dass die Ein- und
C^ A o h A X i H
spritzung von frisch bereiteten Schüddrüsen fast weniger wirksam ^^^^^.p^.^,^
war als die Einfuhrung von 1 — 2 ThjTreoideatabletten pro die durch c. a. Ewald,
den Magen. Stoffwechseluntersuchungen ergaben, dass während der
Behandlung weder eine Abgabe noch ein bemerkenswerther Ansatz
von Eiweiss stattfand. Besonders interessant war das Auftreten
von Melliturie unter dem Gebrauch der Tabletten; sie hat die
Besserung des Zustandes nicht verzögert. A. D e n n i g (Münch. A. Dennig,
med. Wochenschr. Nr. 17) hat Stoffwechselversuche an drei Personen
ausgeführt, die 6, 4 und 12 Tage englische Thyreoideatabletten (je
1 Tablette = 0,3 g Schilddrüsensubstanz) erhielten. Die Gewichts-
abnahme betrug in den einzelnen Fällen 4,5, 3,7 und 5,0 kg. Nach-
dem Verf. im Selbstversuch 11 Tage lang täglich 2 — 3 Tabletten
genommen hatte, konnte er, und zwar am Ende des Versuches,
einen reducirenden Körper nachweisen, welcher auch mit Phenyl-
hydrazin krystallisirte, jedoch optisch inactiv war. Ob diese Zucker-
art mit der von Ewald nach Einnahme von Tabletten beobachteten
identisch ist, bleibt noch dahingestellt.
Infolge der nicht ganz übereinstimmenden Resultate der Stoff-
wechselversuche bei Fütterung mit Schilddrüsen von Vermehren,
Ewald und Dennig stellten L. Bleibtreu und H. Wendelstadt L. Bleibtreu,
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 22) solche Versuche an, um die Frage zu H- Wendelstadt.
lösen, ob bei der Fütterung von Schilddrüsenbestandtheilen der zur Be-
obachtung kommende Gewichtsverlust, der ja unzweifelhaft zum Theil auf
vermehrter Wasserabgabe beruht, nicht auch durch Abgabe von Eiweiss-
substanz mit bedingt ist. Es ergab sich aus den Tabellen, dass, nachdem
durch eine gleichbleibende Nahrung ein annäherndes Stickstoffgleichgewicht
hergestellt war, mit dem Einsetzen der Schilddrüsenfütterung (3 Tage je 3,
7 weitere Tage je 4 Tabletten) eine Steigei-ung der Stickstoffausfuhr be-
gann, welche sich in einer negativen Stickstoff bilanz documentirte. Die
bezüglichen Beobachtungen ergaben auch, dass dieses Deficit während der
568 Loebisch.
Schilddrusenfüttening keineswegs auf einer Stdrung der Resorption der Ei-
Weisskörper oder der Fette im Darmkanal beruht.
Schild- L ebre ton (La Presse medicale Nr. 1) heilte infantiles Myxödem,
drttsen- an welchem ein ISjähriges Kind seit seinem 3. Lebensjahre litt, sehr schnell
behandlang: dm-ch Einführung von tlkglieh einem Lappen einer Schilddrüse. Als Neben-
' f t'\ Wirkung konnte nur eine Aufregung wenige Stunden nach der Mahlzeit
Myxödem, während der Perioden der Behandlung nachgewiesen werden. Dabei hatte
Lebreton. die Behandlung jeweilig einen 9 Monate lang dauernden Erfolg, wonach
die«^elbe wiederholt werden musste.
— bei Morin (Therap. Monatsh. S. 593) hat in der Annahme, dass
Tubercuiose, jjj einer Anzahl von Fällen die Schilddrüsenfimction in einem solchen
Maasse gemindert ist, dass sie einen Znstand der Prädisposition zur
Ttiberculose erneuert, ohne dass sie beträchtlich genug vermindert
wäre, um zum M3rxödem zu fuhren, den Versuch gemacht, die ver-
schiedenen Formen der Tuberculose mit Schilddrüsenextract zu
behandeln. Bei B a s e d o w'scher Krankheit verwendete er Hammel-
schilddrüse; tiir die Tubercolösen die Pil. extr. thyreoid., wie sie
Kocher für die Behandlimg der Cachexia thyreopriva empfohlen
hat. Bei vorgeschrittener Tuberculose blieb der Erfolg aus. Doch
schien es, dass bei beginnender Lungentubercolose, bei tubercnlösen
Drüsen und bei noch nicht eiternden Knochentuberculosen die Zu-
fi\hrung von Schilddrüse eine gewisse Besserung erzeugte. (Ange-
sichts des gesteigerten Verbrauches an Eiweiss und Fett während
der Schilddrüsentherapie wären die Versuche nur mit grosser Vor-
sicht wieder aufzimehmen.)
Die Bedeutung der Schilddrüsentherapie in der Nervenheilkunde
bei enirtert Leo Stiegnitz (New York. med. Monatsh. H. 6). Beim
«'»ptlnis- Orptinismus ist die Wirkung der Schilddrüse um so deutlicher, jo
^i^ffii!tj; jün^pr der Cretin ist, d. h. je weniger lang die Entwickelung des
(Vntrnlnervensystems aufgehalten wurde. Man darf jedoch hoffen,
rlnPM man es künftig beim congenitalen Myxödem durch die
friUin und fortgesetzte DaiTcichung des Mittels zur Entwickelung
eiiiPR eigontlichen cretinoiden Zustandes überhaupt nicht kommen
tnB9('n wird. Bei B a s e d o Wischer Krankheit wird der Zustand
\\\\\'v\\ Schilddrüsenextract verschlimmert. In drei Fällen des Verf.'s
>ii\hiti^ti die Tachycardie, die Herzschwäche, der Tremor, die allge-
v^^M«p Hchwäche und die nervöse Unruhe zu, in einem FaUe er-
-'vjittM» profuse Seh weisse und Durchfalle. Bei Akromegalie er-
..* u^\ Putnam, Solis-Cohen, Farson subjective Besserung ohne
V« ..w,^t'ung des objectiven Symptomenbildes. Stiegnitz sah in
Arzneimittellehre und Toxikologie. 569
zwei Fällen trophischer Erkrankung der Fingernägel und in einem Schild-
Falle von Scleroderma circumscriptum bedeutende Besserung unter , drüsen-
^ behandluug
Behandlung mit Schilddrüsenextract. Beinhold versuchte bei kröpf- beiGeistes-
leidenden Geisteskranken die Schilddräsenfutterung. Die Kröpfe ^Krankheiten,
sind verschwunden, die psychopathischen Erscheinungen wurden ®*° °
jedoch nur wenig beeinflusst.
Byron Bramwell (Brit. med. Joum., 1. Juni) gelang es einen - *>ei
Fall von Tetanie mit Schilddrüsenextract zu heilen. «^^^^'''^'i
B. Bramwell.
Von englischen Autoren, welche Thyreoidt ab letten bei Haut-
krankheiten versuchten, sahen gute Erfolge Scatchard (Brit. - bei Haut-
med. Joum., 30. März) bei Pityriasis rubra; Nobbs (ibid.) bei*^^*^^^^«^*®»^'
allgemeiner Ichthyosis; Preece (ibid.) bei Psoriasis einer seit NobbT '
der Kindheit daran leidenden 26jährigen Dame. Im letzteren Falle Preece,
musste die Behandlung wegen sehr heftiger Kopfschmerzen öfters
unterbrochen werden. Bei Sklerodermie eines 2^/4 jährigen Kindes,
welche ätiologisch auf eine durchgemachte Diphtherie zurückgeführt
wird, fand J. P. Marsh (Medic. News, 20. April) die Schilddrüsen- Marsh.
medication entschieden günstig, ohne vollständige Heilung zu be-
wirken. Als unangenehme Nebenwirkung trat eine deutliche Aende-
rung des Charakters mit Streitsucht auf.
B^cl^re (La Presse m^dicale Nr. 3) beobachtete bei Thier-Uebie Neben-
versuchen, dass ein mit Schilddrtisenstücken gefuttertes Thier am Wirkungen
Ende des 10. Tages starb. In Anbetracht der klinischen Er- drüsen-
fahrungen räth er, mit grosser Aufmerksamkeit das Verhalten des behandiung
Pulses zu verfolgen. Es kann während der therapeutischen An- ^Thyreoidis-
wendung der Schilddrüse und selbst noch nach mehrtägigem Aus- Beci^re,
setzen derselben plötzlich der Tod eintreten. Es wird nämlich die
Herzthätigkeit so sehr erregbar, dass die geringste Anstrengung eine
Erhöhung der Pulsfrequenz von 70 auf 160 Schläge bewirken kann.
Es soll also die Dosirung des Mittels in jedem einzelnen Falle durch
vorsichtiges Probiren bestimmt werden.
Da die im Handel vorkommenden Thyreoideapräparate zum
Theil von Schilddi^üsen stammen, die sich bei ihrer Verarbeitung in
mehr oder minder hochgradiger Fäulniss befinden, hielt es Otto
Lanz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 37) für möglich, dass es sich o. Lanz.
beim sog. Thjnreoidiflmus nicht um eine specifische Schilddrüsen-
wirkung, sondern um eine Art Fleischvergiftung handle. Die dahin
gerichteten Versuche ergaben jedoch, dass die Thiere auch beim
570 Loebisch.
Neben Darreichen entsprechender Gaben frischer Schiiddrnsen zu Gnmde
Wirkungen gejjgn^ Immerhin kann die GifWirknng infolge Yerarbeitong zer-
dräsen- setzten Drüsenmaterials die specifische Wirkung der Schilddrose
behandlang, — die Hyperthyreosis — compliciren. Letztere äussert sich je nach
^''^^ der Provenienz des Drüsenmaterials und nach der Art des Versuchs-
thieres in verschiedener Intensität. Bei weiblichen Thieren scheint
das toxische Frincip, das den Thyreoidismus auslöst, entweder schon
im Uterus, oder durch die Milch der Mutter auf die Jungen zu
wirken. Die Schilddrüse vom Schwein und ihre Präparate wirken
in ganz gleicher Weise wie die vom Schaf und Rind. Aus den Er-
gebnissen der Thierversuche, welcke O. Lanz (Correspondenzbl. f.
Schweizer Aerzte Nr. 10) zur Feststellung der Wirkung des
Schilddrüsensaftes durchführte, heben wir die folgenden Thai-
sachen hervor: Die subcutane Injection von Schilddrüsensaft bewirkt
Atrophie der normalen Schilddrüse. Die Schilddrüsenpräparate haben
cumulative Wirkung: Während vom Kaninchen eine einmalige In-
jection von 5 ccm ohne Erscheinungen ertragen wird, kann der Tod
nach 4tägigem Aussetzen von Injectionen erfolgen, mit welchen all-
mählich auf 5 ccm angestiegen wurde. Auf thyreoidektomirte Thiere
wirkt die Schilddrüsensaftinjection nicht deletär, sondern lebens-
verlängemd ein.
Gegen den Missbrauch der Thyreoidintabletten, nament-
lich gegen deren Anwendung zur raschen Entfettung von Seiten des
A Euienbnrg, weiblichen Fublicums wendet sich Eulenburg (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 31). Bei einer Dame, die auf Anrathen des Apo-
thekers über einen Monat hindurch täglich je 6 Pastillen genommen
hatte, traten neben beträchtlicher Abmagerung (17 Pfund in 2 Monaten)
schwere Störungen der Herz- und Nierenthätigkeit und Erscheinungen
einer offenbar hydrämischen BlutbeschafiFenheit auf. Der Vertrieb
der Thyreoideatabletten und ähnlicher Präparate sollte dem Hand-
verkauf entzogen werden, eine Forderung, die von ärztUcher Seite
allgemeine Zustimmung gefunden hat.
Gegen die Annahme, dass im SchilddrÜsensafte ein gefährliches «Herz-
Becker, gift* enthalten sei, führt Becker (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 37)
einen Fall ins Feld, wobei ein 2Vsjährige8 Eönd nicht weniger aL)
90 Stück Thyreoidintabletten (ä 0,3) «auf einmal ** verzehrte , ohne dass
irgend welche beängstigende Symptome darnach aufgetreten wären. Es
zeigte sich in den folgenden Tagen weder Abnahme des Körpergewichts,
noch enthielt der Urin Eiweiss oder Zucker. Auch 4 Wochen später war
das Kind so wohl wie früher. Becker hält demgemäss die unter Thy-
reoidismus zusammengefassten Erscheinungen für rein nervOser Natur, auf
Suggestion, Einbildung, Angst vor dem räthselhaft wirkenden Mittel be-
Arzneimittellehre und Toxikologie.
571
Schilddrüse:
Thyreo-
protei'd,
Notkin.
ruhend. Wie erklart aber Be c k e r die Ergebnisse der Thierversuche, die doch
an einer Giftwii'kung der Thyreoidea keinen Zweifel lassen? Auch hat er
selbst nicht gesehen, dass die Tabletten wirklich vom Kinde verschluckt
wurden. Die Beobachtung fusst auf den Versicherungen des Dienst-
madchens.
J. A. Notkin (Wiener med. Wochenschr. Nr. 19 u. 20) stellte Bestand
aus Schilddrüsen einen zur Gruppe der Proteide gehörenden Körper t heile der
dar, welcher sich durch seine Reactionen von allen bis nun bekannten
Eiweisskörpem unterscheidet. Das chemisch reine Thyreoproteid
ist giftig. Das Vergiftungsbild erinnert lebhaft an die Erscheinungen
der thyreopriven Kachexie. Das Thyreoproteid wird sehr langsam
im Organismus zersetzt, resp. aus demselben ausgeschieden und be-
sitzt daher eine cumulative Wirkung. Auf ein Thier, dessen Schild-
drüse resecirt, dessen functionsfähige Drüsenmasse also verkleinert
worden ist, wirkt das Thyreoproteid schon in Dosen giftig, welche
gesunde Thiere ohne Schaden vertragen. Lässt man dagegen
der resecirten Schüddrüse Zeit zu hypertrophiren , so verhält sich
das Thier wie ein gesundes. Notkin hält das Thyreoproteid nicht
für ein Secret der Schilddrüse, sondern für ein Product des all-
gemeinen Stoffumsatzes. Es ist höchst wahrscheinlich das Gift,
welches sich nach der Schilddrüsenexstirpation im Körper anhäuft und
die Erscheinungen der thyreopriven Kachexie verursacht; dasselbe
wird vom eigentlichen Schilddrüsensecret, welches ein eigenartiges
Ferment (Enzym) enthält, zerstört resp. entgiftet. Die Bedeutung
der Schilddrüse besteht also darin, dass sie das Blut vom Thyreo-
proteid reinigt, letzteres in ihren Bläschen sammelt, durch ihr speci-
fisches Secret entgiftet und dann in sozusagen gereinigtem Zustande
zur weiteren Ausnutzung dem Organismus zurückgibt.
S. Fraenkel.
Sigmund Fraenkel (Wien. med. Blatt. Nr. 48) gelang es, im Thyreo-
Laboratorium des Hofraths Ludwig-Wien aus dem wässrigen Ex- s"V^°*|J";
tract der Schilddrüse nach Abscheidung der Eiweisskörper und
Leimsubstanzen eine Base zu isoliren, welche er Thyreoantitoxin
nennt und für den physiologisch wirksamen Bestandtheil der
Thjnreoidea hält. Diese Base von der Zusammensetzung CriH|iN305
ist im Wasser und Alkohol löslich, in Aether und Aceton unlöslich.
Sie wird aus ihren Lösungen durch Jodquecksilberjodkalium, Phos-
phorwolframsäure und andere Alkaloidreagentien gefällt. Die Ver-
suche mit dem Thyreoantitoxin ergaben, dass demselben ebenso
wie dem Extract der Thyreoidea (Seh äff er, Haskowetz), eine
blutdruckemiedrigende und pulsbeschleunigende Wirkung zukommt.
572 Loebisch.
Subcutane Injectionen von l^/oiger Losung der neuen Base waren
im Stande, die bei thyreoidektomirten jungen Katzen auftretenden
Krämpfe wieder zum Stillstand zu bringen. S. Fraenkel glaubt
alle therapeutischen Eigenschaften der Schilddrüse aus den Eigen-
schaften des Thyreoantitoidns erklären zu sollen, indem die ^Be-
l schleunigung des Pulses zur Erklärung der Wirkung der Thyreoidea
auf die Resorption und den GesammtstofiPwechsel ausreichen muss"^.
In hohem Grade interessant ist die Entdeckung einer organischen
Jodverbindung als normalen Bestandtheils der menschlichen Schüd-
Thyrojodin, drüse von E. Baumann (Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 21, H. 4).
umann. pj^g^ Jodverbindung, das Thyrojodin, bildet den wirksamen Be-
standtheil der Schilddrüse, und letztere erscheint uns demnach als
ein Organ, welches eine besondere selective Fähigkeit für Jod hat.
Zugleich vermittelt uns die Entdeckung die Einsicht der Wirksam-
keit des Jods bei Hypertrophie der Schilddrüse.
Bereitung Bezüglich der Bereitung der Schilddrüsentabletten theilt
der Schild- jj^ königliche Hofapotheke zu Dresden (Münch. med. Wochenschr. Nr. 24)
tabletten folgendes Verfahren mit: Es werden, um das richtige Material zu erhalten,
auf dem Schlachthofe die Schilddrüsen von einem daselbst angestellten
Thierarzte den frisch geschlachteten Thieren entnommen. Sodann werden
dieselben zur Abtödtung etwaiger Culturen schnell mit Alkohol abgespült
und zwischen Fliesspapier getrocknet. Da die Drüsen eine ziemliche zähe
Epidermis besitzen, ist das Eindringen des Alkohols in das Innere derselben
so gut wie ausgeschlossen. Von allen Fetttheilen sorgfältig befreit, um
späteres Ranzigwerden zu vermeiden, werden die Drüsen nunmehr klein
gewiegt und bei 30 ^ C. schnell im Vacuum vollständig getrocknet. Die so
getrockneten Schilddrüsen, in welchen alle wirksamen Bestandtheile un-
verändert erhalten sind, werden unter Zugabe von Milchzucker zu Tabletten
comprimirt, deren jede 0,3 g frischer Schilddrüse entspricht.
Nach E. Merck (Pharm. Journal and Transact., 30. März) werden die
Thyreoidintabletten nach folgender Verschreibung bereitet: Glandul.
thyreoideae sicc, Kaolini ana 82,0, Vanillini 1,65, Mucil. ti'agacanth. q. s. ut
f. pill. Nr. XXX. Consperge. S. 2 — 5 Pillen täglich zu nehmen.
Von dem Gedanken ausgehend, dass der beim Kropf wirkende
Bestandtheil der Schilddrüse auch in anderen Organen vorhanden
Thymusbel sein könne, versuchte Mikulicz (Berl. klin. Wochenschr. Nr. IC)
Kropf und Hammelthymus in zehn Fällen von Kropf, einmal bei Basedow-
scher scher Krankheit. Es wurde ausschliesslich frischer, roher Hammel-
Krankheit, thymus dreimal wöchentlich 10 — 15 g anfangs, später 25 g feingehackt
K. Mikulicz. ^^£ ßj.^^ verabfolgt. Resultate sehr günstig. Selbst der Fall von
Basedo w'scher Krankheit besserte sich erheblich, zwar nicht in Bezug
Arzneimittellehre und Toxikologie. 573
auf den Rückgang des Kropfes, sondern merkwürdigerweise hinsicht-
lich des Exophthalmus und vor allem des subjectiven Befindens.
Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass die Einspritzung des
Glycerinextraets der Niere die toxische Kraft des ausgeschiedenen Urins
steigert. M. Bra (Compt. rend. des seanc. de la soc. de biol. Nr. 26) hat Nieren-
nun ausgehend von der , Analogie der epileptischen Erscheinungen mit den extra et
paroxystischen Manifestationen mancher Vergiftungen* Epileptikern tag- „ *. j * * **.
lieh zwei Dessertlöffel eines Extractes verabreicht, welches durch 248tündige ' m. Bra.
Maceration zerkleinerter Schweinsniere in der gleichen Menge Glycerin und
durch nachherige Filtration hergestellt worden war. In der Mehrzahl der
Fälle sollen die Anfälle leichter und seltener geworden sein, solange das
Kxtract verabreicht wurde (??).
Thierversuche, von Oliver in Gemeinschaft mit Prof. Schäfer Neben-
(Brit. med. Association, Juni) ausgeführt, ergaben, dass die Neben- t^^^t^
nieren eine Substanz enthalten, welche auf den Tonus der Blut- Morbus
gefasse und auf das vasomotonsche Centrum einen mächtigen Ein--^^^***®"*"^*^-
fluss ausübt; sie bewirkt nämlich erhebliche Contraction der Blut- schäfer
gefasse, und die Herzaction wird durch Beizung des vasomotorischen
Centrums verlangsamt. Demnach sind die Nebennieren als Drüsen
aufzufassen, deren Secret einen mächtigen Einäuss auf die glatten
und quergestreiften Muskelfasern ausübt. Die Einwirkung des Magen-
saftes verändert das in den Nebennieren enthaltene wirksame Princip
in keinerlei Weise, das im Vacuum getrocknete Pulver ist ebenso
wirksam wie die frische Drüse oder ein aus dem Organ bereitetes
Extract. Beim Menschen verwendete Oliver Tabletten aus ge-
trocknetem Nebennierenpulver zu 0,18 — 0,30 (der fünffachen Menge
des frischen Organs entsprechend) zwei- bis dreimal täglich, am besten
nach den Mahlzeiten genommen. Auch bei längerer Darreichung
traten keine unangenehmen Erscheinungen auf, nur selten musste
bei allzugrosser Puls verlangsamung das Mittel ausgesetzt oder die
Dosis herabgemindert werden. Ein Fall von Morbus Addisonii
besserte sich imter der Behandlung mit diesen Tabletten ganz auf-
fallend, die Bronzefarbung wurde geringer, die Muskelkraft hob sich.
Wurden die Tabletten ausgesetzt, so trat wieder der frühere Zu-
stand ein. Oliver verwendete die Tabletten auch bei asthenischen
Zuständen', bei Menopause, Neurasthenie, Anämie, um den Tonus
des vasomotorischen Apparats zu steigern. In manchen Formen von
Anämie, welche vielleicht mit den Nebennieren in Connex standen,
nahm der Hämoglobingehalt des Bluts rasch zu. Bei Diabetes
mellitus wurde in einigen Fällen Herabminderung der Zucker-
574 Loebisch.
ausscheidung erzielt, auch bei Diabetes insipidüs war die Wirkung
eine günstige. Da beim Morbus Basedowii eine Vermebrong der
Tbyreoideasecretion angenommen wird und das Secret der Neben-
nieren eine antagonistische Wirkung entfaltet, so durfte sich nach
den Autoren dessen Anwendung vielleicht auch in diesem Falle
günstig erweisen.
ToxiBchc D. Gourfein (Compt. rend. de Tacad. des sciences, August 5) be-
SubBtaiiz gt&tigt die schon früher festgestellte Thatsache, dass man aus der Kapsel
K^eraer der Nebennieren (vom Rind. Ha^el oder Kalb) eine in Alkohol lösliche
Neben- toxische Substanz extrahiren kann, welche, Thieren subcutan ii^icirt> con-
nieren, stant Erscheinungen hervorruft, welche hauptsächlich das Nervensystem be-
Gourfein. treffen. Der Tod erfolgt nach kurzer Zeit, und der Sectionsbefund ist r—
abgesehen von BlutüberfülIuDg der Lungen — negativ.
Toxische Nach L. A. Gluzinski (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 14) ruft die
Wirkung intravenöse Iiyection des Glycerinextractes der Nebenniere Paraplegie und
(1 6 s I'f e b e n*
«•«-«« Schwinden der Sensibilität der hinteren Extremitäten hervor: in der vor-
nieren- ^ ^ r »
extractR, deren Körper hälfte zeigen sich leichte Krämpfe, die sich bis zum Opistho-
Gluzinski. tonus steigern können. Die Respiration wird beschleunigt, der Blutdruck
zuerst stark erhöht, die Pupillen erweitert; das Thier stirbt nach einigen
Minuten unter Dyspnoe und allgemeiner Lähmung. Eine subcutane In-
jection tödtet nur, und zwar erst nach einigen Tagen, wenn grössere Dosen
des Extractes zur Anwendung gelangt waren. Das Nebennierenextract be-
einflusst das Centralnervensystem. •
Die Verabreichung roher thierischer Prostata bei Prostata-
Prostata beihypertrophie versuchte Reinert (Bericht über den XTTT Congi*.
Prostata- f innere Med. Centralbl. f. innere Med. Nr. 21). Aus dem Ver-
hyper-
trophie, gleich der vor und nach der Behandlung in Plastilin aufgenommenen
Reinert. Modelle ergab sich eine erhebliche Verkleinerung des Organs während
der Cur, dementsprechend besserten sich auch die subjectiven Be-
schwerden der Kranken und deren Allgemeinbefinden.
Arzneimittel.
Kohlensünre.
Durch rectale Anwendung von Kohlensäuregas erzielte
A. Rose (New York med. Joum., März) beachtenswerthe Heilerfolge
bei Dysenterie, Hyperemesis gravidarum, Keuchhusten, Prostatitis
und Impotenz. Zur Anwendung dient folgender einfacher Apparat:
Eine Flasche mit weitem Halse, durch deren Stöpsel ein Glasrohr
mit daran befestigtem Gummischlauch geht, wird etwa zu einem
Drittel mit Wasser gefüllt, in diesem wird Natnum bicarbonicam
Arzneimittellehre und Toxikologie. 575
aufgelöst und kurz vor dem Gebrauche Acidum tartaricum crystalli- Kohlensäure
satum zugefügt. An dem Gunmiischlauch findet sich das ins Rectum ^^^
einzuführende Ansatzstück. Am deutlichsten waren die Erfolge bei Erbrechen'
Dysenterie und beim Erbrechen der Schwangeren. Gegen letzteres her-
hat Schücking die rectale Anwendung des kohlensäurereichen ^®^/*'*?*''"'
Wassers von Pyrmont schon 1885 mit Erfolg versucht. husten.
A. Rose.
Kali ehlorieam.
Die Beobachtungen Brandenburg's (Berl. klin. Wocbenschr. Kalium-
Nr. 27) in einem Falle, in dem eine 28jährige Frau zu Selbstmord- clilorat-
zwecken etwa 40gKaliumchloratin Lösung getrunken hatte, bieten Brandenburg.*
wegen des gründlichen Studiums des Falles Interesse. Der Fall
endete letal. Nur in den beiden ersten Tagen konnte Methämo-
globin im Blut und im Urin nachgewiesen werden, wenn auch die
Lösung des Hämoglobins noch weitere Fortschritte machte. Die
Zahl der rothen Blutkörperchen nahm im * Laufe der Vergifbung
dauernd ab (von 4,3 Millionen auf 1,6 Millionen), während die farb-
losen Blutkörperchen eine beträchtliche Vermehrung erfuhren. Der
Trockenrückstand des Bluts fiel allmählich auf 66 "/o des normalen.
Gleichzeitig sank die Zahl der rothen Blutkörperchen auf 35 ^/o der
normalen. Die Schädigung der Nieren verrieth sich schon am
1. Tage durch den Gehalt des Harns an Eiweiss imd Cylindem.
Sie begann am 5. Tage bestimmend auf den Krankheitsverlauf (Auf-
treten von Goma) einzuwirken. Der Sectionsbefund war der schon
von anderen Beobachtern geschilderte. Auffallend waren die Pigment-
anhäufungen in den Nierenkanälchen , vom zerstörten Blutfarbstoff
herrührend. Für die subacuten Formen der Vergiftung dürfte auch
in therapeutischer Beziehung auf die parenchymatöse Degeneration
des Nierenparenchyms ein grösseres Gewicht gelegt werden, welche
in Verbindung mit dem schlechten Zustande des Herzens eine hin-
reichende Thätigkeit der Niere zu verhindern fähig ist. Für die
Therapie empfiehlt Brandenburg möglichste Entfernung des Giftes
aus dem Magen, Stärkung der Herzkraft durch Excitantien, die
stockende Nierenfunction ist durch gelinde diuretische Mittel, etwa
CofPem, aufzubessern, dabei zugleich durch Erregung der Schweiss-
secretion und Ableitung auf den Darm mit grossen Dosen Alkali-
salzen die Niere zu entlasten. Nächstdem wäre an die Transfusion
von normalem Blut zu denken. Da nach v. Mering schon Zusatz
geringer Mengen von Natriumcarbonat die Zersetzung des Blutes
durch Kaliumchlorat bedeutend verlangsamt, würde die Zufuhr
576 Loebisch.
grösserer Mengen von Natriumcarbonat, welche die Alkalescens des
Blutes steigern, von Nutzen sein. Die therapeutische Anwendung
des Kali chloricum ist zu meiden bei Kohlensäureanhäufung und
Verminderung der Alkalescenz im Blute ; bei Erkrankung des Herzans
und der Nieren und bei Zuständen, bei denen, wie bei Chlorose,
die Thätigkeit der blutbildenden Organe herabgesetzt ist.
Jodsäure.
Seine vorjährigen Untersuchungen über die klinische Verwerth-
Jodsaare barkeit der Jodsäure fortsetzend hat J. Buhemann (Deutsche med.
Salze, Wochenschr. Nr. 37) diesmal die Verbindimgen der Jodsäure mit
. Metallen (Lithium, Strontium, Silber, Quecksilber) und mit Alkaloiden
(Atropin, Chinin, Code'in, Hyoscin, Strychnin) untersucht und sie
sämmtlich therapeutisch brauchbar befunden. Besonders wirksam
zeigte sich das Argentum jodicum in Gaben von 5 — 10 mg als
Adstringens bei acuten Diarrhöen, chronischen Entzündungen und
Darmblutungen. Zugleich hat es den Vorzug, dass es die Magen-
functionen nicht stört. Jodsaures Lithium in subcutaner Li-
jection zu 0,1 g war bei harnsaurer Diathese und bei Nierenkoliken
von gut^r Wirkung. Es sistirte die massenhafte Ausscheidung
krystallinischer Harnsäure. Lmerlich gab er das Mittel monatelang
in Pillen zu 0,15 — 0,2 g dreimal täglich bei eingewurzelter Gicht.
Hydrargyrum jodicum erwies sich, in JodkaU gelöst, in Gaben
von 1 cg jodsaurem Quecksilberoxyd in Form von subcutanen In-
jectionen prompt bei Syphilis wirksam. Er verschreibt: Hydrarg.
bijodic. 0,115, Kai. jod. 0,08 auf 10 Aqu., also 0,01 jodsaures Queck-
silber in der Spritze. Es genügten meist 20 — 30 Lijectionen zu
0,01 — 0,015. Die Lösung hält sich monatelang unzersetzt. Von den
Alkaloiden wird namentlich die antineuralgisch6 Wirkung des Codelns
durch die Verbindung desselben mit Jodsäure gesteigert ; es scheint
sich die Wirkung des Säureradicals zu der der Base zu summiren;
es wurde das Codeinum jodicum als subcutane Injection von
0,03 — 0,05 verwendet. Das Hyoscinumjodicum wirkt bei interner
wie bei subcutaner Application zwei- bis dreimal so stark als die
Halogenverbindungen dieses Alkaloids. Bei Iritis und Keratitin
wirkte es in 0,05 — 0,06 '*/oiger Lösung als Mydriaticum, ohne zu reizen.
Auch das jodsaure Atropin ist in */t — l^lt^joiger Lösung in der
oculistischen Praxis gut zu verwerthen. Die Lösung hält sich recht
lange keimfrei. Das jodsaure Chinin zeigte in Dosen von 0,05
bis 0,1, sowohl innerlich als subcutan injicirt, einen sichtbaren neuro-
Arzneimittellehre und Toxikologie. 577
tonischen Einfluss. "Es wurde auch bei Neuralgieen versucht. Doch
war eine grössere Wirksamkeit der Verbindung gegenüber anderen
Chininsalzen nicht deutlich sichtbar. Ruhemann hebt als Vorzüge
der jodsauren Salze deren leichte Löslichkeit hervor, welche die
subcutane Anwendung derselben gestatten, femer die Wirksamkeit
der Jodcomponente, welche theils als schmerzlinderndes Agens, wie
beim jodsauren Codem, theils als antibacterielles Mittel bei An-
wendung des jodsauren Silbers im Darm zur Geltung kommt.
Ligrnosulflt.
Lignosulfit ist ein neues, zur Behandlung der Lungentuber-
culose und anderer Krankheiten der Athmungsorgane durch Inhala-
tionen von Franz Hartmann empfohlenes Präparat. Dasselbe Ligno sulfit-
wird aus der sauren schwefeligsauren Kalk enthaltenden Kochflüssig- ^^^*'**^°^®'*
keit gewonnen, mit welcher die Fichtenstämme bei der Herstellung p Hartmann'.
der Cellulose nach dem sog. Sulfitverfahren behandelt werden.
Es gehen bei diesem Verfahren in die Kochflüssigkeit die aromati-
schen Bestandtheile des Holzes, sowie die anorganischen und organi-
schen Salze desselben über, und es ist wahrscheinHch , dass eine
etwaige günstige Wirkimg des Lignosulfits auf die Athmungsorgane
auf den Gehalt desselben an aromatischen Bestandtheilen in Ver-
bindxmg mit schwefeliger Säure zurückzuführen ist. In Hallein
bei Salzburg ist ein Zimmerverdunstungsapparat in Thätigkeit, durch
welchen die Luft des Krankenzimmers mit Dämpfen von Lignosulfit
gefüllt wird. Zugleich ist ein von Dr. Kellner erfundener auto-
matisch wirkender Apparat in Anwendung, durch welchen der Ge-
halt der Luft an schwefeliger Säure im Inhalatorium jederzeit leicht
bestimmt werden kann. Dermalen bestehen ausser in HaUein auch noch
in Meran, Ems, Mentone, Cannes, Eeichenhall Inhalatorien, welche
Lignosulfit anwenden. In Ermangelung eines Verdunstungsapparates
kann man das Lignosulfit auf einem Teller oder noch besser auf
Tannenzweigen, die auf einer Schüssel aufgehäuft sind, verdunsten
lassen. Wenn die Flüssigkeit nicht genügend stark riecht, so wird
sie durch Zusatz von frischem Lignosulfit verstärkt. Die Einath-
mungen waren bisher bei Lungentuberculose , Bronchialkatarrh,
Keuchhusten von guter Wirkung (s. Litter atur). Das wirksame
Princip des Lignosulfits bildet ohne Zweifel die schwefelige Säure,
welche auch als solche in Form von Inhalationen schon früher gegen
Phthise angewandt wurde.
Jahrbuch der pracfcischen Medioin. 1896. 37
578 Loebisch.
Salpetrigre Sänre.
Vergiftnng, Eine Vergiftung durch Einathmung von salpetriger Säure mit
• Pawl- letalem Ausgange wurde von Gustav Paul (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 38)
beobachtet. Der S^ährige Arbeiter reinigte die Bleikammem einer Schwefel-
säurefabi ik in üblicher Weise zugleich mit anderen Arbeitern. Zu Hause an-
gelangt, musste er die ganze Nacht husten; 3 Tage später erfolgte der Exitus.
Die Section ergibt acutes Lungenödem ; die linke Lunge bindegewebig mit
dem Thorax verwachsen. Der Todesfall bei einem Arbeiter infolge Reini-
gimg der Bleikammern war der erste in der renommirten alten Fabnk.
Ks wurde daher für den Eintritt des acuten Lungenödems, dessen Symptome
das Krankheitsbild beherrschten, ausser der Einwirkung der salpetrigen
Säure auch die bei der Obduction vorgefundene ausgedehnt« bindegewebige
Verwachsung der linken Lunge wesentlich mitverantwortlich gemacht. E.**
machen eben die giftigen Dämpfe ihre verderblichen Einflüsse auf eine ihrer
freien Beweglichkeit und Ventilationsfähigkeit beraubte Lunge intensiver
geltend, als auf gesunde Respirationsorgange.
BorsAure.
Bei Beschwerden, welche durch Anhäufen von Gasen im Darm
hervorgerufen werden (Au%etriebensein des Leibes, Aufstossen von
Gasen, ungenügende Stuhlentleerung) hat Flatau Insufflationen von
insuffla- Borsäure in den Mastdarm empfohlen. Merkel (Münchener med.
n^™^-™** Wochenschr. Nr. 52) hat diese Therapie in mehreren Pällen sehr
in den wirksam gefunden. Es wurden jedesmal 2 — 4 g Borsäure mittels
Mastdarm öummiballons durch ein ziemlich weites Ansatzrohr möglichst hoch
bfi i
Darmleiden öingeblasen und dieser Vorgang 2 — 6mal wöchentlich durch einige
Merkel. Zeit eingehalten. Nach Aussetzen der Medication traten in vielen
Fällen Recidive ein; nach öfterer Wiederholung der Cur ver-
schwanden die Beschwerden meistens dauernd.
Borsäure- Einen Fall von Borsäurevergiftung schildert J. Schwyzer
Vergiftung, (New Yorker medicin. Monatsschr. Nr. 8). Ein mit Arteriosklerose und
' Myocarditis chronica behafteter Mann nahm wegen eines Blasenkatarrhs
15 g Borsäure (statt 15 Gran). Nach wenigen Stunden Collaps, Herzaction
Hchwach, Anurie, nach 36 Stunden Exitus. Die Section ergab acute De-
generation von Niere und Leber. Verf. schliesst aus dem Befunde, dass bei
Vorhandensein einer chronischen Nephritis Borsäure intern nicht gereicht
werden sollte; bei alten Patienten mit Prostatahypertrophie. Cystitis und
l'yelitiH iHt BorHäure nur in kleinen Dosen anzuwenden.
Arzneimittellehre und Toxikologie.
579
Lithiumsalze.
In einer experimentellen Arbeit zeigt Mendelsohn (Deutsche Diuretische
med. Wochenschi*. Nr. 41), dass die therapeutisch so vielfach an-^*^,^^?^ ^®^'
gewendete hamsäurelösende Wirkung der Lithiumsalze wesentlich salze
auf deren Fähigkeit, die Diurese zu steigern, zurückzuführen ist. M- Mendelsohn,
Von allen in dieser Richtung geprüften Salzen zeigte sich das
Lithium citricum am wirksamsten. Beim Menschen, sowohl beim
kranken als beim gesunden, wirkten Gaben von 0,1 täglich 3 — 4mal
ausgesprochen diuretisch. Besonders deutlich war dies auch bei
einem Kranken mit Nierensteinen der Fall. Dass hierbei nicht etwa
die Säurecomponente die Wirkung erzeugte, ist dadurch erwiesen,
dass auch das Chlorlithium diuretisch wirkte.
In der Sitzung des Vereins für innere Medicin in Berlin vom
1. Juli demonstrirte Jastrowitz eine Brausepulvermischimg von Jastrowitz,
saurem weinsaurem Lithium (Bitartrate of Lithia), welches
gegen Gicht häufig gebraucht wird und von guter Wirkung sein
soll. Es wird zu einem Theelöifel voll , d. i. ca. 3,5 g in einem
halben Glase Wasser mehrmals des Tages gegeben.
Polakow rühmt das Lithiumbromid als sicheres Diureti- Poiakow.
cum bei acuter, aber auch bei parenchymatöser Nephritis, ebenso
bei Schwangerschaftsnephritis. In acuten Fällen ist die Wirkung
ausgesprochener als in chronischen. Es wurde in folgender Weise
gegeben: Lithii brom. 1,5 — 2,0, Natr. bicarb. 4,0, Aq. dest. 240,0,
Tinct. Menth, pip. gtt. 2. S. 3—4 Esslöffel in 24 Stunden.
Kalk.
Grube (Münch. med. Wochenschr. Nr. 21) beobachtete an einem
von ihm aufgegebenen Diabetiker, dass er nach einem halben Jahre
gesund und kräftig aussah. Der Patient theilte mit, dass er tägUch
1 Theelöffel gepulverter Eierschalen nehme, die ihm von einem
Leidensgenossen angerathen wurden. Die Untersuchung ergab im
auffallenden Gegensatze zu dem Allgemeinbefinden 2 — 3 ®/o Zuckei*
im Harn. Bei einem anderen Patienten, der andauernd viel Zucker
ausschied und sein Sehvermögen fast völlig eingebüsat hatte, ver-
suchte nun Grube ein den Eierschalen analog zusammengesetztes
Pulver aus kohlensaurem und neutralem phosphorsaurem
Kalk (täglich 3,5 + 0,5 g) und erzielte den gleichen Erfolg der
Besserung des Allgemeinbefindens und beträchtlicher Gewichts-
zunahme trotz Fortdauer der Zuckerausscheidung. Verf. hält es für
möglicb, dass die Zufuhr des bei Diabetes in grosser Menge aus-
Kalk bei
Diabetes
mellitus^
K. Grube.
580 Loebisch.
geführten, durch die Nahrung aber keineswegs ersetzten Kalkes auf
das Allgemeinbefinden günstig wirkt, und weist auf die zwischen
Osteomalacie und Diabetes bestehenden Analogieen hin.
ArseB.
Chronische H. Schlesinger (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 44) demon-
Arsen- ^^j,^,^ ^^j^^j^ -p^^j ^^^ Pigmentation der Haut infolge Arsenik-
intoxicatiou, ^ c i • -ci i •
Tl. Schlesinger, göhrauchs. Es wurde wegen Drüsentumoren bol. arsenic. J*owlen
gegeben.
In diesem Falle waren Hände und Füsse etwas weniger pigmentirt
als der übrige Körper. Die Schleimhäute sind gar nicht pigmentirt. Dies
dürfte für die Differentialdiagnose gegenüber dem Morbus Addisonii und
der Argyrie von Werth sein, da bei beiden auch die Schleimhäute mit
afficirt sind. Die Pigmentation trat 3 Wochen nach Begrinn der Arsen-
medication auf und nahm bei Fortsetzung derselben stetig zu. Die Menge
des eingenommenen Arseniks betrug bis zum Beginne der Braunfärbung
beim vorgestellten Patienten 0,125 g (auf Acidum arsenicosum berechnet).
Seit Beginn der Erkrankung hat der Patient 0,464 g Acidum arsenicosum
zu sich genommen. Sonstige Erscheinungen von Arsenikintoxication fehlen
bei dem Kranken. Die Therapie der Erkrankung, welcher eine individuelle
Disposition zu Grunde liegt (namentlich jüngere, auch weibliche Individuen
werden leicht davon befallen), besteht im frühzeitigen Aussetzen der Arsen-
medication.
Bezüglich der Wirkung des Arseniks auf die Rückbildung der
Drüsentumoren macht Schlesinger auf Grund seiner Beobach-
tungen auf der Klinik Schrötter darauf aufmerksam, dass in
einigen Fällen erst nach lange fortgesetzter Arsenmedication die
Rückbildungsvorgänge in den Drüsen plötzlich auftreten und sich
Hehr rasch vollziehen. Im vorgestellten Falle hielt der therapeutische
Effect nur kurze Zeit an. Man muss also bei diesen AjBPectioneu
die Arsenmedication, auch wenn monatelang kein EiFect eintritt, un-
entwegt fortsetzen.
Kupfer.
Noch in neuester Zeit ist die Giftigkeit der per os eingefiihrten
Kupferverbindimgen bestritten worden. Die sanitätspolizeiliche Be-
wirk uug <ieutung der Frage regte W. Filehne (Deutsche med. Wochenschr.
a«s Kupfers, ^^- 1^) zur neuerlichen Untersuchung derselben an. Dabei erwiesen
w. Filehne. sich weinsaures Kupferkalium und -Natrium , also Verbindungen,
Welche entstehen, wenn Traubensaft, Most oder gegohrener Wein
^it Kupfer und Legirungen desselben oder mit Kupfersalzen in
erührung kommen, bei interner, wie bei intravenöser und subcutaner
Arzneimittellehre und Toxikologie. 581
Einverleibung bei Kaninchen als giftig. Bezüglich der Todesursachen
ergaben Filehne's Untersuchungen vollständige Uebereinstimmung
des Kupfers mit den anderen Schwermetallen: Schädigung des Blutes,
fettigen Zerfall der LeberzeUen, Degeneration der Zellen in den
Nierenkanälchen. Auch beim Hunde waren diese Veränderungen
durch innerliche Darreichung von Kupfersalzen zu erzielen. Die
schwere Anämie, die im Vergiftungsbilde zu Tage tritt, spricht nicht
gegen die blutbildende Eigenschaft, die jetzt dem Kupfer zuge-
schrieben wird, im Gegentheil, sie beweist die besonderen Beziehungen
zwischen Kupfer und Blut. Es wirken also Kupfersalze, in nicht
Erbrechen erregender Dosis eingeführt, auch beim Menschen ge-
sundheitsschädlich. Insbesondere ist Wein vor nachträglicher Be-
rührung mit Kupfer zu bewahren. (Bei Besprengung der Weintraube
mit Bordeauxbrühe entsteht eine organometalHsche Kupferverbindung,
in welcher das Kupfer erst nach dem Veraschen nachweisbar
wird.)
Kobert (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 u. 3) behandelt in Kupfer-
historischer Darstellung das Kupfer in pharmakologischer Beziehung. k*?°/'
Die parasiticide und tonisirende Wirkung des Kupfers zeigt sich auch
bei dessen Anwendung in Form der oben erwähnten Bordeauxbrühe
gegen die Peronospora des Weinstockes. Nicht nur der Pilz wird
durch die Kupferlösung getödtet, dieselbe wirkt auch wachsthum-
befördemd auf die Bebe. Nach Tschirch geht das Kupfer in den
lebenden Organismus der Pflanze über und wird vom Chlorophyll
chemisch gebunden. In Organen des Menschen wurde durch genaue
Untersuchung Kupfer wiederholt gefunden. Im Versuchen mit intra-
venösen Einspritzungen von Kupferoxydnatrium beobachtete Kobert,
dass das Blutserum wenige Stunden nach der Injection wieder völlig
kupferfrei war, dagegen fand sich Kupfer in den Blutkörperchen
(Kupferhämoglobin nach Kobert). Kobert fordert zu Versuchen
mit Kupfer bei Tuberculose, Chlorose, Lues u. s. w. auf und em-
pfiehlt hierfür das Kupferhämol von E. Merck, dessen Cu-Gehalt
2 ®'o Kupfer beträgt. Die Verordnung lautet : Bp. Haemoli cu-
prati 0,1, Pastae Cacao arom. 0,5. M. f. pulvis. Dispens, dos. tal.
Nr. 20. D. S. 3mal täglich 1 Pulver.
Eisen.
Die Eisentherapie erfuhr auf dem 13. Congi'ess für innere Me-
dicin zu München eine eingehende Erörterung. Der Standpunkt des
Theoretikers wurde von Bunge vertreten. Ausgehend von den Er-
582 Loebisch.
Eisen- gebnissen der Untersuchungen von Glycinski, Hamburger,
therapie, gchmiedeberg, F. Voit, welche darthun, dass anorganische
Eisenverbindungen entweder gar nicht oder wenigstens nicht in er-
heblicher Menge aus dem Magen- und Darmkanal zur Resorption
gelangen, suchte Bunge nach organischen Eisenverbindungen, welche
im Körper resorbirbar sind, als solche diesem Eisen zuführen, welches
dann zum Aufbau des Hämoglobins dienen kann. Derartige resorbir-
bare organische Eisenverbindungen fand Bunge im Eidotter in Eorm
eines sog. Nucleoalbumins, welches er Hämatogen nennt, weil es eine
Vorstufe des Hämoglobins büdet. Auch in der Milch, femer in den
vegetabilischen Nahrungsmitteln finden sich resorbirbare organische
Eisenverbindungen. Auffallend ist der geringe Gehalt der Milch an
Eisen, die doch alle zum Aufbau eines jungen Organismus noth-
wendigen Stoffe in hinreichender Menge enthalten sollte. Dieses
Manco wird aber für das neugeborene Individuum dadurch gedeckt,
dass es bei seiner Geburt einen ausserordentlich reichen Beserve-
vorrath an Eisen, welches dem mütterlichen Placentarkreislaufe ent-
stammt, mit auf die Welt bringt. In Bezug auf künstlich hergestellte
organische Eisenpräparate, wie das Ferratin, warnt er aus der Re-
sorbirbarkeit solcher Präparate auf die Assimilirbarkeit zu schliessen.
Daraus, dass das Ferratin resorbirt wird, folgt nicht, dass es auch
zur Hämoglobinbildung das Material bildet. Als die günstigste Art,
dem Körper Eisen zuzuführen, erscheint Bunge die mittels einer
passenden eisenreichen Nahrung, d. h. vorzugsweise der Darreichung
von Vegetabilien. Es ist möglich, dass diejenigen Recht haben, welche
die Erfolge der Eisentherapie auf Suggestion zurückfuhren. — Der
Quincke. zweite Referent, Quincke, bespricht zunächst den inneren Stoff-
wechsel des Eisens im Körper, wonach er drei Zustände des im
Körper enthaltenen Eisens unterscheidet: 1. Organeisen oder cellu-
läres Eisen, 2. gelöstes circulirendes Eisen, 3. Reserve- oder Vor-
rathseisen. Die Eisenpräparate selbst bespricht er in sechs Gruppen:
l. Ferrocyanverbindungen und Ferridverbindungen haben keine Eisen-
wirkungen. 2. Gleichartiges Blut. 3. Gelöstes Hämoglobin. 4. Gitronen-
saure und pflanzensaiu*e Eisensalze ; sie coaguliren Eiweiss nicht und
zeigen dadurch ein abweichendes Verhalten auch im Körper. 5. Un-
lösliche Eisensalze; sie können auch vom Unterhautzellgewebe aus
zur Resorption kommen. 6. Die meisten übrigen Eisensalze; sie
bilden in Magen und Darm Eisenalbuminate. Wie Thierversuche
und nocli besser die therapeutischen Erfahrungen am Menschen be-
weisen, kommen diese im normalen Körper nur wenig, mehr jedoch
im anämisohou Körper zur Resorption und werden assimilirt. Die
Arzneimittellehre und Toxikologie. 583
gebräuchlichen Eisenoxydulsalze sind sehr brauchbare Präparate.
Daneben auch die £isenalbuminate. Bei der Dosirung ist der wirk-
liche Eisengehalt der Präparate genauer wie bisher zu berück-
sichtigen. Auch subcutan kann Eisen angewendet werden. Ueber
die Hämoglobinpräparate fehlen genügende Erfahrungen, um ein
sicheres Urtheil abgeben zu können.
Asa foetida.
Angeregt durch Empfehlimgen italienischer Aerzte versuchte
Nicolas Warman (Therap. Monatsh. S. 18) Asa foetida in der Asa foetida,
geburtshülflichen und gynäkologischen Praxis, dabei be- Warman.
obachtete er eine sedative Wirkung des Mittels auf die Innervation
des Uterus. Bei Abortus imminens, wo keine Indication zu
irgend welchem Eingriff besteht und wo Schröder ruhige Rücken-
lage mit grossen Opiumdosen empfohlen hat, bewirkt Asa foetida einen
ruhigen Verlauf der Lösung des Uterusinhaltes, wobei es zu keinen
heftigen Blutungen kommt. In diesen Fällen reicht man es vortheü-
haft in Klysmen (25 — 30 Tropfen Tinct. asae foetid. in 2 — 3 Esslöffeln
Wasser) ; doch wirkt es keinesfalls mehr den Abortus verhütend, so-
bald die Verbindung des Fötus mit dem mütterlichen Organismus
gelockert ist. Erfolgreicher war die Wirkung bei Abortus habitualis.
Hier verordnet Verf. nach Tur azza: Gummi resinae Asae foetid. 6,0.
Fiant pilulae 60. 2 Pillen täglich und nach und nach bis 10 Pillen
täglich mit allmählicher Verminderung bis zu der Geburt zu nehmen.
Ueberdies empfiehlt Warman das Mittel bei chronischer Ob-
stipation der Frauen, und zwar mit der Begründung, dass nicht
die damiederliegende Peristaltik erregt wird, sondern dass der reflec-
torische Reiz, der die Obstipation verursacht, gehoben wird, so dass
der Stuhl dann von selbst eintritt. Das Mittel galt schon früher in
kleinen Dosen als die Verdauung fördernd, in grösseren Dosen die
Darmperistaltik erregend, hauptsächlich aber als Antispasmodicum.
Die Angaben Warman's passen also zum Theil in den alten
Rahmen.
Atropin.
C. Binz (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 46) schildert mehrere Fälle
von arzneilicher Vergiftung durch irrthümliches Einspritzen von
Atropin, wobei das Vier-, ja Zehnfache der Maximaldosis zur An-
wendung kam. In den mitgetheilten Fällen konnte die drohende
A tropin vergiftimg durch sofortige Injection von Morphium ver-
584 Loebisch.
Antagonis- mieden werden oder auch die schon auftretenden Ersefaeinongen der
™^' Intoxication ebenfalls durch Morphinminjectionen rückgängig ge-
Atropin und macht werden. Binz möchte ans den Erfahrungen die Vorschrift
Morphium, ableiten, dass der Arzt sich keine l*/oige, sondern nur eine einpro-
miliige Lösung von Atropin vorrathig halten solL Taucht der Arzt
seine Spritze in die zehnfach weniger starke Liösung und injicirt damit
1 mg Atropin unter die Haut, so werden wohl bei den meisten Men-
schen Erregungszustände auftreten, jedoch nicht in dem Maasse, dass
sie Bedenken erregen und das Ansehen des Arztes stark schädigen.
Zugleich betont er neuerdings den therapeutischen Antagonismus von
Atropin und Morphium, der namentlich bei gleichzeitiger oder sehr
rasch auf einander folgender Beibringung sich am Menschen noch
klarer ausprägt, als bei Thierversuchen.
Digitoxin.
Masius fand das Digitoxin (Merck) bei Pneumonie, bei Herz-
fehlem und bei Typhus abdominalis als kräftiges Herztonicum wirk-
sam. Unter 26 behandelten Fällen trat Erbrechen nach Verab-
reichen von 3 bezw. 4's mg nur 6mal ein. Nach Aussetzen des
Mittels erholte sich der Magen bald. In einer grosseren, sehr sorg-
Digitoxin, faltig durchgeführten Versuchsreihe prüfte Wenzel unter der Lei-
^^"•'' tung von ITnverricht (Centralbl. f. klin. Medicin Xr. 19> das-
selbe Präparat in schweren Fällen von Herzklappenfehlem, Myo-
carditis und Nephritis. Er gab das Mittel per Klysma. Es wurde
nach einem jedesmaligen Reinigungsklystier zuerst 3mal am Tage.
später nur 2mal, zuletzt nur Imal ein 15 g einer Lösung : Digitoxin 0,01,
Alkohol 10,0, Aq. dest. ad 200,0 auf 100,0 Wasser enthaltendes,
lauwarmes Klystier gegeben. Der Kranke erhielt somit pro dosi
0,00075 Digitoxin, die Tagesdosis überschritt noch um einige Zehntel-
miUigramm die von Schmiedeberg, Binz. Lewin u. a. auf
2 mg festgestellte Maximaldosis pro die. Diesmal wurde an toxischen
Nebenwirkimgen nur bei zwei sehr herabgekommenen Individuen
Erbrechen beobachtet, welches nach Aussetzen des Mittels sofort auf-
hörte. Sämmtliche ELranken reagirten auf das Digitoxin, welches
Wenzel tYur ein mächtiges Caidiacum erklärte das selbst dann noch
wirksam ist, wenn andere Medioamente, selbst das Digitalisinfas ver-
«m^^tMi. Die diun^tische Wirkung ist ausgezeichnet. Durch die An-
WMiduu^ des Digitoxins per Klysma können die Störungen von Seiten
d<^ Di^^tionstn^otus sehr reduoirt. fa^ ganz vermieden werden.
Auoh %l i'* o r i u \ Aunales de la Societe medico-chirurgicale de Liege,
Arzneimittellehre und Toxikologie. ' 585
Mai), der das Digitoxin in einer Pneuinonieepidemie in grösserem Corin.
Maassstabe versuchte, spricht sich sehr günstig über das Mittel aus.
Er gab es in etwas hohen Dosen, indem er bei Erwachsenen eine
Lösung von 3 — 4 mg Digitoxin Merck in Chloroform imd Al-
kohol ana mit Aq. dest. ad 200,0 auf 3mal binnen 24 Stunden ein-
nehmen liess. Für Kinder von 10 — 15 Jahren 2 — 3 mg, für Kinder
bis 1 Jahr ^[2 mg pro die. Erbrechen zeigten 6 °/o der Patienten ;
je concentrirter die Lösung, desto leichter tritt dasselbe auf, doch warnt
Corin vor zu sehr fractionirten Dosen. Li Litervallen von 48 Stun-
den konnte die Dosis von 3 mg mehrmals wiederholt werden. Cu-
mulativwirkung trat nie auf. Corin betont die Nothwendigkeit, das
Mittel rechtzeitig und iu gehöriger Dosis zu verabreichen.
Ephedrin und Pseudoephedrin.
Nach den im pharmakologischen Institute von Prof. J. Dogiel
an der Universität Kasan theils an Fröschen, theils an curaresirten
Katzen imd Hunden ausgeführten Untersuchungen E. Grabens Ephedrin
(Therapeut. Monatsh. S. 556) enthält sowohl das nach der russischen ^\, ^®? °'
, . , epnearin,
Pharmakopoe bereitete Infusum Ephedrae vulgaris stark wirkende, sehr Grabe,
ähnliche, doch nicht vollkommen identische Körper, von denen bis
jetzt die Alkaloide Ephedrin- Nagai, Pseudoephedrin-Merck und
Ephedrin- Spehr isolirt und pharmakologisch untersucht wurden.
E. Grrahe fasst die gemeinschaftliche Wirkung des Infuses und der
genannten Alkaloide in folgende Sätze zusammen: kleine Gaben
(0,2 — 0,3 ccm einer l°/oigen wässrigen Lösung der salzsauren Alka-
loide) per OS, subcutan oder intravenös applicirt, verursachen ein
bald vorübergehendes Steigen des Blutdruckes, Verlangsamung der
Herzcontractionen bei gleichzeitiger Verstärkung zu Anfang und
nachheriger Abschwächung der letzteren, als Folge einer Parese der
Vagusendignngen und wahrscheinlich auch der glatten Muskelfasern
des Herzens selbst. Grössere Gaben (3 — 6 ccm einer wässrigen
1 — 2®/oigen Lösung) verursachen ein Sinken des Blutdruckes infolge
der Abnahme des Gefässtonus. Diese Erscheinungen werden bei
Fröschen von einer in mehrfachem Sinn aufzufassenden Arhythmie
fast aller sich contrahirenden Elemente des Herzens begleitet. Stets
wird eine vom Grade der Vergiftung in ihrer Stärke abhängende
Parese der Vagi hervorgerufen, und schliesslich bietet sich als con-
stante Erscheinung eine beträchtliche Pupillenerweiterung mit massiger
Accommodations- und Refractionsbeeinträchtigimg, welche hauptsäch-
lich infolge von Sympathicusreizung , doch auch theilweise wahr-
586 Loebiacb.
scheinlich infolge einer leichten Parese der Oculomotoriusendigungen
des Sphincter pupillae und schliesslich auch noch möglicherweise
infolge einer Parese der Musculatur der Iris selbst hervorgerufen
wird.
CTti sinTergriftiiiigr*
lieber drei Fälle von Cyüsinvergifbung infolge Genusses der
Frucht des Goldregens (Cytisus Laburnum) bei 4jährigen Zwil-
lingsbrüdem und einem 3jährigen Mädchen, von denen ein Fall letal
Cytisin- endete, berichtet W. Saake (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23).
^*^s' k**"^ "^^® Vergiftung trat in allen Fällen unter dem Bude eines acuten, sehr
intensiven Brechdurchfalls auf, verbunden mit Temperatursteigerung,
clonischen Krämpfen des grössten Theiles der Körpermuskeln, Pu-
pillenerweiterung, gefolgt von einem auffallenden Schwund der Ex-
tremitätenmusculatur. In sämmtlichen Fällen bestand Anurie resp.
Oligurie. Allgemeine Prostration. Schmerzen geringfügig. In allen
drei Fällen haben die Kinder das Gift um wenigstens 14, im Fall 2
sicher um 24 Stunden vor Beginn des Erbrechens genossen. In der
Incubationszeit fehlten aufföllige Symptome. Bei der Section lallt
die Anämie der Organe des Intestinaltractes im Gegensatze zur
starken Hyperämie der Kopfhöhle auf. Die Therapie bestand in
Darreichung eines Emeticums und eines Abführmittels, innerlich 0,1
Acid. tannic. , kalte Compressen auf den Kopf, zur Anregung der
Herzthätigkeit Excitantien.
SchwaiiimTergiftniigren.
Schwamm- Prof. Tappeiner (Münch. med. Wochenschr. Nr. 7) berichtet
vergif- ^^YyQY einige im August und September des Jahres 1894 in München
Tappeiner, vorgekommene Vergiftungen mit dem KnoUenblätterschw^amm
(Agaricus bulbosus s. Amanita phalloides). Von 18 Fällen endeten
5 tödtlich. Dieser Schwamm wird häufig mit dem Champignon ver-
wechselt, und die meisten der in neuerer Zeit zur Kenntniss ge-
langten Schwammvergiftungen sind auf seine Rechnung zu setzen.
Die Vergiftungssymptome treten auffallenderweise spät, erst nach
10 — 12 Stunden auf. Sie verliefen in den beobachteten Fällen als
choleriformer Anfall ohne bedeutende cerebrale Symptome mit Aus-
gang in Genesung und in gastrointestinalen Erscheinungen, die
wenig ausgesprochen waren oder bald zurücktraten, dafür aber starke
nervöse Symptome, Delirien, Convulsiowen mit Ausgang in Tod in
«inigen Fällen. Zwei letale Fälle setzten bereits nach 4 Stunden mit
Arzneimittellehre und Toxikologie. 587
heftigen gastroenteritischen Erscheinungen ein, auf welche bald
ein comatöser Zustand folgte. Dabei war auffallend eine starke
Pnlsverlangsamung und Anurie, während in den anderen Fällen der
Urin keinerlei auffällige Erscheinungen darbot. Das giftige Princip
des EjioUenblätterschwammes ist nach Kobert eine eiweissartige
Substanz, das P h a 1 1 i n. Dieses bewirkt sehr energisch die Auflösung
der Blutkörperchen und eine fettige Entartung und Infiltration der
Leber, wie man sie nur bei Phosphorvergiftung zu sehen bekommt.
Während die Leber normal einen Fettgehalt von 8,9 — 25,5 */o auf das
wasserfreie Organ berechnet aufweist, hatte sie in zwei Fällen nach
den Bestimmungen von Tappeiner 53,6 bezw. 68,9 */o Fettgehalt.
Therapeutisch erwiesen sich nach Entleerung des Magens und Darms
als Excitantien die Campherinjectionen vortheilhaft.
Eine Keihe beherzigenswerther Vorschläge, um Vergiftungen
durch Pilze zu verhüten, welche die genauere Kenntniss der
essbaren Pilze zur wesentlichen Voraussetzung haben, veröffentlicht
Hasemann (Med.-chir. Centralbl. 1895). Hasemann.
Sallgenin.
Das Saligenin war den Chemikern schon längst als ein Spal-
tungsproduct des in der Weidenrinde vorkommenden Glykosids
Salicin bekannt. Dieses Glykosid, welches unter der Einwirkung
von Emulsin, Hefe und Fäulnissbacterien in SaHgenin und Glykose
zerfallt, wurde schon im Jahre 1876 von Senator als Antipyreticum
bei fieberhaften Krankheiten (9 — 10 g bei Erwachsenen) verwendet.
Nach Einnahme desselben lässt sich im Harn Salicylsäure nach-
weisen. L. Lederer (Münch. med. Wochenschr. 1894, S. 619) macht Saligenin,
nun aufmerksam darauf, dass die von vielen anderen Autoren er- ® ^^^'
probte Wirkung des Salicins nur auf dem darin enthaltenen Saligenin
beruht; es ist nämlich letzteres der Alkohol der Salicylsäure (Salicyl-
alkohol), welcher im Organismus in saHcyKge Säure (Salicylaldehyd)
und weiter in Salicylsäure übergeführt wird. Wird Salicin inner-
lich genommen, so treten thatsächlich im Urin neben unverändertem
Salicin Saligenin, salicyUge Säure, Salicylsäure und SaUcylursäure
auf. Leder er schlägt nun vor, statt des Salicins direct Saligenin
zu geben. Diesem Vorschlage stand bis jetzt der hohe Preis des
Präparates entgegen. Nun gelang es der Fabrik Dr. F. v. Hey den
Nachf., das Saligenin aus Carbolsäure und Formaldehyd synthetisch
darzustellen. Da aber bei der Darreichung von Salicin nur eigent-
lich 43 •' 0 desselben als Saligenin zur Wirkung gelangen, so schlägt
588 Loebisch.
Saiigenin, Lederer vor, am Krankenbette den Versuch zu machen, statt des
Lederer. Salicins das nunmehr wohlfeile Saligenin therapeutisch zu verwerthen.
Einer Tagesgabe von 8 — 12 g Salicin würde 3,4 — 5,2 g Saligenin ent-
sprechen. Nach unserer Meinung müsste, da das Saligenin im
Organismus zu salicyUger Säure und diese weiter zu Salicylsäure
oxydirt wird, erst durch Thierversuche und dann durch Versuche
am Menschen ein Unterschied in der Wirkung zwischen Saügenin
und Salicylsäure constatirt werden. Lässt sich ein solcher Unter-
schied zu Ungunsten des Saligenins, wie es höchst wahrscheinlich
ist, nicht finden, dann würde die Praxis an dem Saligenin erst dann
ein Interesse haben, wenn es im Preise niedriger als die Salicyl-
säure wäre.
PapaYD«
Gegen Dyspepsie der Anämischen bei beginnender Phthise,
Papain, nach chronischem Bronchialkatarrh fand Edward G. Younger
E. G. Younger. (^rpjjQ Lancet, April 27) das Papain wirksam. Er verordnete
0,06 Papain mit 0,3 verdünnter Salzsäure und 35 g Chloroform-
wasser. Diese Mixtur dreimal täglich nach dem Essen zu nehmen.
Gantharidin«
Cantharidin Cantharidin wurde neuerdings von Freudenberg (Wien. klin.
bei Cystitis, -^Q^jljgjjg^jjjj. ;^j, 23) bei cystitischen Beschwerden gonorrhoischen
Urspnmgs mit Erfolg versucht. Von 56 Fällen kamen 32 zur völ-
ligen Heilung. Er empfiehlt es daher zur neuerlichen Prüfung. Es
wurde in folgender Weise gegeben: Cantharidin (Merck) 0,001,
Alkohol ad solvend. 1,0, Aq. dest. ad 100,0, 3 — 4mal täglich 1 Thee-
löffel einnehmen. Tritt nicht in den ersten 3 — 4 Tagen deutliche
Bessenmg ein, so gebe man das Mittel nicht weiter. In diesen
Dosen treten geschlechtliche Erregungen, Albuminurie nicht auf;
als Nebenwirkungen wurden nur je einmal Hautjucken, masem-
förmiges Exanthem und vorübergehende Rückenschmerzen beobachtet.
Ausgeschlossen ist das Cantharidin nui' in jenen Fällen, wo über-
haupt von inneren Mitteln nichts zu erwarten ist, also z. B. bei
stärkerem Residualham. Das Mittel ist sehr billig.
Cantharidin- P. Oennaro Petteruti (11 policlinico 1894, November; Therap.
saures Kali Monatsh., Februar) hit unter drei Fällen sicher nachgewiesener Lungen-
®* M ^^^^ tuberculose durch Injectionen mit der L i e b r e i c h'schen Lösung von can-
Petterutii tharidinsaurem Kali bei zweien eine völlige Heilung, bei einem dritten er-
hebliche Besserung erzielt. Die Beobachtung erstreckte sich auf 8 Jahre.
Abuminurie trat nie auf, Urobilinausscheidung in grosser Menge bei den
ersten fünf Injectionen.
Arzneimittellehre und Toxikologie. 589
O. Liebreich (Therap. Monatsh. S. 167) berichtet über Liebreich.
neuere günstige Erfahrungen, die er mit dem Cantharidin bei Lupus
und Tuberculose gemacht hat. Diese Erfolge bestätigen seine
Theorie des Nosoparasitismus , welche für die durch den Tuberkel-
bacillus gesetzte Schädigung schon das Bestehen einer Erkran-
kung voraussetzt. Beim wahren Parasitismus kann die Zelle
schon allein durch Vernichtung des Parasiten gesunden. Beim Noso-
Parasitismus reicht die Abschwächung oder Tödtung des betreffenden
Parasiten keineswegs zur Heilung hin; diese ist nur möglich, wenn
die Lebensthätigkeit der Zelle gehoben wird. Bei Lupus und der
Kehlkopfbuberculose tritt eine sichere Besserung nach Cantharidin ein.
So wurde ein kleiner Lupus vulgaris durch 42 Dosen (zusammen
-8,38 mg) ohne Narbenbildung geheilt. Die Nieren zeigten sich bei einem
hochgradig phthisischen Mädchen mit Lupus, welches Cantharidin
während 2'/« Jahre erhalten hatte, bei der Section nach genauesten
Untersuchungen (Hansemann) normal. Doch muss genau beob-
achtet und bei Nierenreizimgen das Mittel ausgesetzt werden. Auch
bei Sklerodermie und Pityriasis rubra pilaris sah er gute Erfolge.
Liebreich wendet das Cantharidin in letzterer Zeit nicht mehr in
Form von subcutanen Lijectionen an, sondern per os. Die zu inner-
hchem Gebrauch bestimmte Lösung wird folgendermassen herge-
stellt (Therap. Monatsh. S. 165): Man löse genau gewogenes 0,1 g
Cantharidinum crystallisatum in 500 ccm Tinctura Aurantii corticis.
Man verfährt am besten so, dass man zuerst 0,1 g in 300 ccm der
Tinctur bei massiger Wärme in einem */s Liter-Kolben auflöst und
nach dem Abkühlen auf '/a Liter auffüllt. Die Lösung wird, wenn der
Alkoholgehalt der Tinctur richtig ist, vollkommen klar. Die Lösung
darf den Patienten nicht selber in die Hand gegeben werden. Zum
Gebrauch wird je nach dem Falle ^i» — '/2 — 1 ccm! der Lösung
aus einer Pravaz-Spritze gemessen in ein kleines Glas Wasser ge-
gossen, das etwa 20 — 30 ccm Wasser enthält. Die opalescirende
Lösung hat einen angenehmen Geschmack, man lässt die Patienten
etwas Wasser nachtrinken und einen Bissen Brod nachessen.
Urotropin (Uexametliylentetramln).
Dieser Verbindung, welche sich beim Eindampfen einer am-
moniakalischen Formaldehydlösung bildet, kommt nach Arthur Ni-
colaier (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 34) die Fähigkeit zu, die
Hamsecretion zu vermehren und das Ausfallen von Harnsäure bezw.
von hamsauren Salzen aus dem Urin zu verhindern. Das Urotropin
590
Loebisch.
Gystitis,
Nicolaier.
Urotropin ist eine einsäurige Base und bildet farblose weisse Kry stalle^
gegen welche sich in Wasser und Alkohol leicht lösen. Es geht nach
steine und innerlicher Darreichung sehr rasch in den Harn über; bereits nach
V« Stunde lasst es sich durch Bromwasser, mit dem es einen orange-
gelben Niederschlag von Urotropindibromid gibt, nachweisen. 0,5 g
des Mittels waren nach etwa 13 Stunden, 1 g nach etwa 27 Stunden
mit dem Harn vollständig ausgeschieden. Die wichtigste Eigenschaft
des Mittels ist, dass der Harn bei seiner Darreichung die saure
Keaction behält und überdies die Pähigkeit erhält, hamsaure
Concremente aufzulösen. Diese Eigenschaft würde ihm einen
Vorzug geben vor dem Piperazin, Lycetol und Lysidin, welche
zwar in wässriger Lösung Harnsäure zu lösen vermögen, im Harn
aber diese Eigenschaft nicht besitzen (Mendels ohn). Eine weitere
wichtige Eigenschaft des Urotropins ist die, dass es die Entwicke-
lung von Bacterien, besonders der der ammoniakalischen Harn*
gährung und des Bacterium coli hemmt. In zwei Fällen von Gystitis,
in denen der Urin stark ammoniakalisch war, sah Nicolaier nach
Anwendung des Urotropius den Harn sauer werden, auch das vorher
sehr reichlich abgeschiedene Sediment verringerte sich ganz erheblich.
Nicolaier gibt das Mittel dermalen in Tagesgaben von 1,0 — 1,5, in
Wasser gelöst Morgens auf einmal zu nehmen. In dieser Dose
wird das Mittel sehr gut vertragen. Man kann bei Erwachsenen
bis zu 6 g täglich geben, doch stellte sich bei dieser grossen Gabe
Brennen in der Blasengegend, das meist nach dem Urinlassen auf-
trat, zeitweise auch vermehrter Harndrang ein. Wurde das Mittel
weiter gegeben, so traten im Sediment des Harns zahlreiche Ueber-
gangsepithehen, zuweilen auch rothe Blutkörperchen auf.
InhaUtioBsanftsthetiea (Chloroform, Aether, Bronftthjl).
Bromäthyl.
Hennike,
Nach Werner Hennike (Inaug.-Dissert. aus d. pharmakolog.
Instit. zu Bonn) Uegt die Gefährlichkeit der Inhalationsanästhetica
für die Narkose vor allem in der Grösse des Spielraums, der gegeben
ist durch die Höhe derjenigen Concentration, welche noch in kurzer
Zeit durch Athmungslähmungen direct zum Tode fuhren, imd jener,
welche gerade ausreicht, um eine brauchbare Narkose herbeizufuhren
respective zu erhalten. Für die Gesammtbeurtheilung kommen jedoch
noch andere Momente in Betracht. Für den Aether besonders die
reizende Einwirkung auf die Luftwege und die weniger gute und
weniger ruhige Narkose, für Bromäthyl die gefahrlichen Nach-
wirkimgen. Die bei den Versuchen mit Bromäthyl beobachtete
Arzneimittellehre und Toxikologie. 591
Nachwirkung leitet H. D res er davon her (Arch. f. exp. Patholog. Dreser.
u. Phannakolog. Bd. 36, H. 3 u. 4), dass nicht alles inhalirte Brom-
äthyl wieder ausgeathmet wird, sondern dass ein Theil im Organis-
mus zurückgehalten wird, der später zerlegt wird, und dass die dabei
gebildeten intermediären Producte eine energischere Wirkung äussern
als das Bromäthyl selbst. Er konnte sowohl im Harn von Kaninchen
nach Bromäthylinhalationen als im Harn von sieben chirurgischen
Patienten, welche für kurzdauernde Operationen mit Bromäthyl nar-
kotisirt wurden, recht beträchtliche Mengen Brom nachweisen.
Zur Bereitung einer gleichmässigen Aqua Chloroformii em-
pfiehlt Serree (Therap. Monatsh., Juli) folgendes Verfahren, welches Aqua
darauf beruht, dass sich 1 Th. Chloroform in 140 Th. Wasser löst. Chioro-
, formii,
Man schüttelt 1 Th. Chloroform mit 200 Th. Wasser in einer nur serrte.
zu */♦ geföUten Flasche 8 — lOmal je 3 Minuten lang kräftig durch
und bewahrt die so erhaltene Chloroformlösung in gut verschlossenen
Gefassen am kühlen Orte auf.
Carbolsftnre.
Noch immer gibt die medicamentöse Anwendung der Carbol-
säure zu Vergiftungen Anlass. Herlyn (Deutsche med. Wochen- Vergiftung
Schrift Nr. 41) schildert einen Pall, in welchem eine 3°/oige Carbol- "V^..
C arbolsäure-
lösung statt zu einer Scheidenausspülung als Kly stier benutzt wurde, kiy stieren,
Kaum merkte die Prau, dass die Flüssigkeit (200 g) in den Darm Herlyn,
eindringt, war sie auch alsbald im tiefsten CoUaps. Erst durch wieder-
holte Aetherinjectionen kam sie wieder zum Bewusstsein ; schleimig-
blutige Diarrhöen. R. C. Lucas imd W. A. Lane (Lancet, 1. Juni) Lucas u.
beobachteten Vergiftungen bei einem 15- und bei einem 6 '/«jährigen ^*'*®'
Knaben, denen sie die zur Operation vorbereiteten Körpertheile mit
in 5^/oiger Carbollösung eingetauchten Compressen einen halben Tag
lang umwickelt hatten. Schwerer Collaps mit niedrigen Tempera-
turen, extrem schwachem Puls führte in ein 4- bezw. Sstündiges
Coma mit aufgehobenem Comealreflex über, während die Reaction
der Pupillen erhalten blieb. Zuckungen der Augenlider und geringe
tetanische Contractionen an Händen und Armen ; die Urinausscheidung
vorübergehend unterdrückt. Excitantien von gutem Nutzen. In
einem Falle reactiver Fieberanstieg bis 40,3 ^. Erbrechen und Carbol-
ham 2 — 3 Tage hindurch. Oscar Silbermann (Deutsche med. o. Silbennann.
Wochenschr. Nr. 41) theüt aus dem Malteserkinderhospital zu Breslau
drei Fälle von Carbolsäurevergiftung mit. Fall 1 betrifft einen
dreiwöchentlichen Knaben, der wegen Phlegmone der Haut 2*^/oige
592 Loebisch.
Vergiftung Carbolsänrewasserumschläge als Hausmittel erhielt. Exitus letalis.
^ ."IV. Fall 2, ein sechswöchentliches Mädchen, welches von der Mutter
uarooisaiire- ^ '
klystieren, 3®/oige Carbolumschläge erhielt; der dritte Fall betrifft einen 6jäh-
o. Silbermann, rigen Knaben, der eine Citronenlimonade mit einer 3*^/oigen Carbol-
säure verwechselte und etwa einen EsslöflFel der Lösung trank. Be-
züglich der Theorie der Phenolvergiftung leitet 0. Silbermann
die Erscheinungen von der Schädigung, welche das Blut durch das
Phenol erfahrt, her. Es schädigt in erster Keihe die Leukocyten;
bei den rothen Blutkörperchen entwickelt sich am häufigsten
Schrumpfung, und nur selten, bei schwächlichen Individuen, kommt
es zur Auslaugung des Hämoglobins, Hämoglobinämie bezw. Icterus
als Zeichen einer Blutdissolution. Die Blutschädigung ist es auch,
welche die Veränderungen in den einzelnen Organen hervorruft.
Enterol.
Ausgehend von der Thatsache, dass bei der Darmfaulniss im
menschlichen Organismus ausser Indol, Scatol und Phenol die iso-
meren Kresole ständig als Gegenproduct der Darmfiäulniss gebildet
werden und dass unter allen diesen Körpern gerade die Darmkresole
(las wirksamste Princip der „natürlichen Darmantiseptik" darstellen,
Enteroiais hat P OS s- Potsdam (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 47) zunächst
Darm- ^^^ Mischunffsverhältniss dieser Darmkresole bestimmt (die Methode
desinficiens, ...^«., . ., \
Foss. luerfür gibt \eri. nicht an, auch ist durch mchts bewiesen, dass
das Mischungsverhältniss ein constantes ist) und dann aus chemisch
reinen isomeren Kresolen das Enterol dargestellt, welches jene im
selben Mischungsverhältnisse enthalten soll, in dem sie im mensch-
lichen Organismus vorkommen. Das Enterol krystallisirt bei Zimmer-
temperatur und verliert diese Eigenschaft erst, wenn es in feuchter
Luft 5"/o Wasser aufgesogen hat. Es ist, in einer Verdünnung von
mindestens 0,1 zu 100,0 genommen, fiir einen kräftigen Erwachsenen
in Dosen von 1 — 2,5 — 5 g pro die absolut ungiftig, ohne unange-
nehme Beize und sonstige Nebenerscheinungen. Bei grösseren Dosen
tritt eine graugrünliche Verfärbung des Urins auf, welche analog
Avie bei der Carbolsäure darauf hinweist, dass ein Theil der das
Enterol bildenden Kresole nicht in ätherschwefelsaure Salze umge-
wandelt wurde. Foss zieht aus seinen therapeutischen Versuchen
den Schluss, dass das Enterol in genügender Gabe ein ganz zuver*
lässiges Mittel zur Desinfection des Darminhaltes selbst bei den
schwersten Infectionen darstellt. Ueberdies wird der Harn bei
innerem Gebrauch des Enter ols in grossen Dosen leicht antiseptisch
Arzneimittellehre und Toxikologie. 593
und nn^hig zu gähren« Er fand es wirksam bei Cholera nostras,
bei Cholera infantum, bei acutem und chronischem Darmkatarrh,
auch besonders bei der trockenen Form des letzteren, zur Desinfection
des Harns bei frischen und subacuten Fällen von Blasen- und Nieren-
beckenkatarrh. Bei dem durch Stauung, Tumoren oder Steine unter-
haltenen chronischen Blasenkatarrh mit tiefen Veränderungen der
Schleimhaut und der Muscularis gelang die Heilung nicht inmier;
doch eignete es sich zu Ausspülungen bei diesen Affectionen. Die
von Foss bisher angewendeten Präparate sind 1. das Enterol, mit
Spuren Jonon versetzt, welches verdünnten Lösungen den üblen Geruch
nimmt; 2. Enterolkapseln 4 0,25; 3. Enterolpülen k 0,1; 4. Enterol-
abfuhrpillen und Enteroleisenpillen (die gebräuchlichsten Formen mit
Enteroizusatz). In diesen Pillen ist der Enterolgeruch durch einen
zweckmässigen Ueberzug verdeckt, und dieselben sind durchaus an-
genehm zu nehmen. Die Dosirung siehe oben ; bei Cholera infantum
wurde es in Lösung von 0,1 — 0,26 : 100,0, 1 — 2stündlich 1 Thee-
löffel, mit Eiweisswasser oder Reiswasser verdünnt gegeben. Sämmt-
liche Enteroipräparate sind durch Dr. Kade's Oranienapotheke (Berlin)
zu beziehen.
Greolin.
Auf Grund der bisherigen Litteratur zeigt R. Friedländer Creoiin-
(Therap. Monatsh., März), dass die dem Creolin bei seiner Ein-*^*®*/®^*^'^'
fährung nachgerühmte Eigenschaft j dass es absolut ungifbig sei,
nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Zwar sind Neben-
wirkungen des Creolins nicht eben gefahrlich, doch mahnen sie
ebenfalls zur Vorsicht. Schon der Geruch, den in Schalen unbedeckt
stehende l'/2°/oige Creolinlösung verbreitet, bewirkte selbst bei ganz
gesunden Personen Kopfschmerzen, Zunahme der Pulsfrequenz von
70 auf 100 — 120, starkes Klopfen der Hals- und Schläfearterien, bei
einer Person sogar Erbrechen (Stille, Ihlienworth, Cramer).
Sehr häufig wird das Auftreten von Ekzemen, starkem Juckreiz,
scharlachähnlichem Ausschlag nach mehrtägiger Anwendung 1- bis
2^/oiger Creolinlösung zu Umschlägen gemeldet. Dabei kam es zur
Beschleunigung und Kleinheit des Pulses, hochgradiger Unruhe ; der
Uiin war dunkelbraun wie Carbolham. Nach dem Aussetzen der Um-
schläge cessirten die Erscheinungen nach 1 — 2 Tagen (Wackez,
Bischofswerder und Cramer). Zahlreiche Versuche an Thieren
machen es unzweifelhaft, dass durch Resorption einer grösseren
Menge von Creolin lebensgefahrliche, selbst tödtliche Litoxicationen
hervorgerufen werden können. Die bisher bei Selbstmordversuchen
Jahrbuch der praotischen Medicin. 1896. 3S
594
Loebisch.
Creoiin- löit Creolin (250 g) mid bei versebentlicbem .Genuas von 70 g beob-
i]itoxicatioii,|^hteten Symptome der Yergiftong abneln in einzehien Theilen der
. Fnedisii er, Q^j^i^iy^^if^^Qj^ ^md zeigen folgende Symptome : CoUaps mit Verlast
des Bewnsstseins, Pols kamn inblbar, Atbmnng dyspnoisch, Tempe>
rator mn mehrere Grade erniedrigt, Erbrechen grünlich gefärbter
Massen, die Creolingemch zeigen, dünne grünbranne, ebenfalls nach
Creolin riechende Stühle. Der Urin dunkel olivengrün, enthalt etwas
Eiweiss. Bei sofortigen Gegenmaassregeln, Magenausspülungen,
Analepticis, tritt Besserung schon nach Stunden ein; nur Erbrechen
und Durchfalle halten mehrere Tage an, ebenso kann im Harn der
Eiweissgehalt zunehmen mit nachtraglichem Aufixeten von Blut-
körperchen, Nierenepithelien und Hamcylindem. 2 Tage nach dem
Selbstmordversuch wurden Vergrösserung der Milz und Leber, Icterus,
später chronische Krämpfe in den oberen Extremitäten constatirt.
Erst nach 20 Tagen wurde der Patient geheilt entlassen. — Intoxi-
cation nach Ausspülung der Blase wegen starker Blasenblutung mit
Gramer, einer V» */oig6ii Creolinlöstmg beobachtete Cr am er. — Einen neuer-
lichen EaU von Creolinvergiftung infolge eines Selbstmordversuches
bei einer 60jährigen Frau, die 75 g Creolin getrunken hatte, schildert
Eritz Pinner (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 41).
Bereits 2 Standen nach dem Genüsse schweres Coma mit Zeichen der
Herzschwäche. Den raschen Übergang des Giftes in die Blutbahn beweist
der positive Ausfall der Tribromphenolreaction in dem 2 Stunden nach dem
Genüsse des Creolins der Blase entnommenen Urin. Nach erfolgter Magen-
aiisspülung schwanden die bedrohlichen Symptome bald. Die Ausscheidung
der Creolinreste durch die Niere dauerte 6 Tage, die nervösen Erschei-
nungen, die während der Intoxication vorhanden waren, schwanden nach
Verlauf von 14 Tagen.
Pinner.
Katrlum sozojodolienm.
Zur Prophylaxis und Therapie der Diphtherie schlagt
Natrium S. Schwarz (Wien. med. Wochenschr. Nr. 43) InsufSationen von
sozojodoli- Natrium sozoiodolicum in folgender Form vor: Kindern unter 9 Jahren
cum gegen u o
Diphtherie, Natrii sozojodolic. 3,0, Flor. sulf. 6,0, Saccharin 1,0; Kindern von
s. Schwarz. 2 — 4 Jahren: Natrii sozojodolic, Flor. sulf. ana mit Hinzusetzung von
Saccharin, und Kindern üher 4 Jahren: Natrii sozojodol. pulverisat.
subtiliss. mit etwas Saccharin verrieben. Zur Neutraüsirung etwa
verschluckter Membranfetzen stündliche Verabreichung eines Ess-
löffels einer KaU chloricum-Solution (1 — 1,5 : 180,0). Ausserdem Robo-
rantia und zur Vermeidung der postdiphtherischen Lähmungen vom
Anfang der Behandlung an, 2— 3mal täglich Extr. nucis vomic. in
Arzneimittellehre und Toxikologie,
595
verschiedenen Dosen. Die Gesammtmortalität sank unter dieser Be-
handlung auf 8 — 10°/o. rieber und Prostration schwinden rasch.
Auch prophylactische Gurgelungen mit 2*/oiger Sozojodol-Natrium-
losung hatten den besten Erfolg.
Elchengrün»
Iven,
Jodoform nnd Ersatzmittel: Airol, Dermatoly Earophen,
Loretln, Vosoplien.
Jodoformin (geruchloses Jodoform). Eine von der chemi- Jodoformin,
sehen Eabrik L. G. Marquardt dargestellte Verbindung des Jodo-
forms mit einem schwach antiseptischen Körper (FormaHn). Es
bildet ein geruchloses, fein vertheütes, weisses Pulver, welches sich
durch Einwirkung des Lichtes leicht gelb färbt. Es hat einen
Jodoformgehalt von 75 ^/o, ist in Wasser unlöslich, schmilzt unter
plötzlicher Zersetzung bei 178^, spaltet bei Einwirkung von Säuren
und Alkalien Jodoformale, lässt sich mit Glycerin zur Emulsion und
mit wasserfreien Materialien zu Salben verarbeiten. Wie Eichen-
grün (Therap. Monatsh. S. 487) und Iven (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 36) ausfuhren, zersetzen die Wundsecrete das Jodo-
fonnin so, dass sich Jodoform abspaltet, wonach das Jodoformin
antiseptisch dem Jodoform vollständig gleichwerthig ist. Die Ab-
spaltung des Jodoforms hört mit Ablauf der Secretion, also bei ein-
tretender Heilung, auf, weshalb der Geruch nach Jodoform stets
ein minimaler ist. Trostorff (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 50)
fand es bei Ulcus moUe von guter Wirkung, der Jodoformgeruch
trat erst beim Wechsel der Watte um die Eichel herum und beim
Waschen der erkrankten Theile auf. In Uebereinstimmung mit den
oben angeführten Autoren wird der Mangel an Beizerscheinungen
bei Anwendung des Mittels hervorgehoben. Trostorff benutzte es
bei chronischer Gonorrhoe, um nach vorausgegangener anderweitiger
Behandlung im TJrethroskop die Schleimhaut der Harnröhre — Epi-
theldefecte, Infiltrate im submucösen Bindegewebe — durch Ein-
pudern der Fartieen mit Jodoformin zur Heilung zu bringen.
Trostorff.
Airol. Das von der chemischen Fabrik Hoffmann, Traub
u. Co. in Basel dargestellte Präparat ist eine Verbindung von Wis-
muth, Jod und Gallussäure, Wismuthoxyjodidgallat, und wird
als Ersatzmittel des Jodoforms „wegen seiner Geruchlosigkeit und
XJngififcigkeit" empfohlen. Es stellt ein graugrünes, voluminöses,
geruch- und geschmackloses Pulver dar, welches Hchtbeständig ist
und der feuchten Luft ausgesetzt in ein rothes Pulver — eine noch
Airol.
596
Loebisch.
Airol, basischere Wismuthoxyjodidverbindung mit geringerem Jodgehalt —
übergeht; auch auf Wunden färbt es sich offenbar unter Jodabgabe
gelb. Es ist in Wasser und Weingeist unlöslich, in Alkalien und
in verdünnten Säuren unter theilweiser Zersetzung löslich. Mit
wenig Wasser und Glycerin büdet es eine haltbare Emulsion, mit
Howaid, Vaselin und wasserfreiem Adeps haltbare Salben. R. u. W. Howald
empfehlen es besonders als Streupulver, bei Brandwunden, frischen
Veiei, Wunden, Quetschungen, Ulcus molle. Veiel (V. Congress d. Derma-
tologie in Graz, Wien. med. Presse Nr. 48) fand es bei Unterschenkel-
geschwüren, besonders bei vorhandenen Ekzemen, bei eingewachsenem
Nagel, als schmerzstillendes, reinigendes Wundmittel brauchbar. Eine
Hägier, grössere Versuchsreihe an chirurgischen Kranken führte C. S. Hägler
(Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 13) aus. Er wendete das
Airol meist in trockener Form mit dem Bläser oder imprägnirt in
G-azestoff an. Das feine Pulver lässt sich überallhin gleichmässig
vertheilen. Bei tuberculösen Abscessen wurde es als 10^/oige Emulsion
in gleichen Theilen Wasser und Glycerin in die Abscesshöhlen
Fahm. injicirt. J. Eahm (ibidem Nr. 8) gab das Mittel auch innerlich zu
0,2 pro dosi gegen Diarrhöen. Auch hier wurde Besserung con-
statirt.
Dermatol,
Wiemer.
Zu den Lobrednem des Dermatols gesellt sich 0. Wiemer
(Therap. Monatsh. S. 15), der das Mittel in der operativen Chirurgie
versuchte. Nach ihm begünstigt es den Heilungs verlauf namentlich
finscher Wunden durch seine austrocknende Wirkung ausserordent-
lich, jede Beizerscheinung von Seite der Gewebe fällt dabei weg;
sind jedoch bereits Zersetzungsvorgänge in der Wunde eingetreten,
so ist ein Erfolg nicht zu erwarten. Die von Wiemer benutzte
lO^/oige Dermatolgaze bietet den Vorzug, dass sie in strömendem
Wasserdampf sterilisirt werden kann.
Die einzige angebliche Dermatolvergiftung erwidmte bisher
Weis m Uli er (Berl. Min. Wochenschr. 1891, Nr. 61); nunmehr
theilt 0. Wiemer einen PaU mit, den er als typische Dermatol-
vergiftung betrachten möchte.
Bei einer Frau, bei der nach der Laparotomie carcinomatös degenerirte
Ovarialcysten mit seoundärem Uebergreifen auf Mesenterium und Darm-
eerosa gefunden wurden, kam es zu Darmperforation. Es wurde nun die
circuläre Resection eines Stückes des Darmrohres ausgeführt. Es wurden
für die Operation 8—10 g Dermatol verbraucht. 8 Tage nach der Ope-
ration traten heftiger Darmkatarrh, Eiweiss im Urin und eine Stomatitis
auf, die sich durch Schwellung des Zahnfleisches, der Zunge, der Wangen-
schleimhaut, Lockerung sämmtlicher Zähne und SchwarzfÄrbung des Zahn-
Arzneimittellehre und Toxikologie. 597
fleisches charakterisirte. Diese Schwaxzfärbung blieb noch wochenlang
nach dem bald erfolgenden Rückgang der übrigen Symptome bestehen.
Es handelte sich hier um eine typische Wismuthvergiftung, wie
sie auch bei Anwendung von Wismuthsubnitrat zur antiseptischen
Wundbehandlung beobachtet worden ist.
Wegen der Reizlosigkeit und seiner Ungiftigkeit empfiehlt Saal- Enrophen,
feld (Therap. Monatsh., Nov.) das Europhen, namentlich fiir die Saalfeld.
Kinderpraxis. Ein Puder aus Talcum mit Zusatz von 6 — 10 ^'/o Eu-
rophen und 6 •/. Lanolinum anhydricum war bei Intertrigo wirksam.
Ueberdies bestätigt er die Heilwirkung des Mittels bei Ulcus molle.
Als Pulver oder als 10 — 20 ^/o ige Salbe bewirkte es bei gummösen
Oeschwüren rasches Nachlassen der Schmerzen und des Brennens.
Bei pustulösem Ekzem und Polliculitiden bewährte sich lO^'/oiges
Europhen-Lanolin ; bei Balanitis Europhenstreupulver (1 : 4 Talcum
oder besser Borsäure).
Das Loretin wird wieder von B. Korff nach Erfahrungen auf Loretin,
der Abtheilung des Prof. Schinzinger (Münch. med. Wochenschr. ^°^*
Nr. 28) wegen seiner Geruchlosigkeit, Ungiftigkeit und Reizlosigkeit als
Wundheilmittel empfohlen. Verf. hat diesmal den hohen bactericiden
Werth des Loretins gegenüber anderen Desinficientien experimentell
dargethan.
Das von Classen und Lob dargestellte Nosophen ist analog
dem Jodoform ein organisches Jodsubstitutionsproduct. Es enthält
61,7 °/o Jod und stellt ein gelbliches, in Wasser, Alkohol und Säuren
unlösliches, in Aether leicht lösliches, geruchloses Pulver dar vom
Charakter einer schwachen Säure; mit Alkalien bildet es leicht lös-
liche Salze von blauer Farbe ; das Natronsalz wird unter dem Namen
„Antinosin" in den Handel gebracht. Wegen seiner Geruch-
losigkeit und Ungiftigkeit wird es als Ersatzmittel des Jodo-
forms empfohlen. Die Versuche von C. Binz und N. Zuntz (Fort- Nosophen
schritte der Medicin Nr. 14) ergaben zunächst, dass das Nosophen (Tetrajod-
dem Organismus jedenfalls weniger gefahrlich ist als das Jodoform, phthalein),
Unmittelbar ins Blut als Natronsalz eingespritztes Nosophen wird Antinosin,
in ziemlicher Menge in den Darmkanal ausgeschieden; in den zuntz.*
Harn geht es nur dann reichlich über, wenn dieser alkalisch
reagirt; wohl wirkte die intravenöse Anwendung des Natronsalzes
schädlich, doch kommt diese für den practischen Gebrauch nicht in
Betracht. Es verhindert gleich dem Jodoform die Eiterung, in-
dem es auf die Leukocyten direct lähmend wirkt und somit deren
Auswanderung aus den Gefassen hintanhält. Den Einfluss des Noso-
598
Loebisch.
O. Lassar,
Seifeit,
phens auf die Wundheilung im Vergleich mit dem des Jodoforms,
Nosophen, Dermatols, Europhens und Aristols prüften N. Zuntz und
E ^1^' E. R. W. Frank (Dermatol. Zeitschr. Bd. 2, H. 4). Das Nosophen
erzielte selbst bei inficirten Wunden trotz der nachweisbaren Gegen-
wart von pathogenen Bacterien im Gewebe gute Wimdheilung, und
zwar im directen Gegensatz zu den Vergleichswunden. Bei den
reinen Wunden war der Heilungsvorgang ein glatter, während die
Vergleichspräparate mehr oder weniger starke Reizung der Wunde
und deren Umgebung verursachten. Auch diese Forscher heben die
Geruchlosigkeit des Mittels und das Fehlen toxischer Erscheinungen
hervor. 0. Lassar (Dermat. Zeitschr. Bd. 2, H. 4) fand Nosophen
bei Ulcus moUe, Herpes progenitaUs, Balanitis, femer bei kleineren
Flächenwunden und in Ueberhäutung begriffenen Granulationen, über-
dies bei Cystitis, wo eine InsufBcienz der Blasenmusculatur vorlag,
in Form von Ausspülungen (1 Theil Natronsalz zu 400 — 500 Theilen
Wasser) von prompter Wirkung. Er hebt den exsiccatorischen
Charakter des Pulvers hervor, welche unter Umständen auch zur
Secretretention führen kann ; Exustenbildung ist daher zu vermeiden :
andererseits kann die Schleimhaut der Nase durch Einführung von
Nosophen rasch zur Abtrocknung geführt werden. Seifert (Wien,
klin. Wochenschr. Nr. 12) wandte es in Form von Einblasungen bei
Rhinitis hypersecretoria an, femer zur Nachbehandlung nach Aetzungen
mit Chromsäure und Trichloressigsäure. Das Nosophen soU nur in
V. Koorden, sehr dünner Schicht aufgetragen werden, v. Noorden (Münch. med.
Wochenschr. Nr. 22) empfiehlt die lO^joige Nosophengaze als Er-
satz der Jodoformgaze in jenen Fällen, wo letztere wegen ihres
penetranten Geruches aus socialen Gründen zu meiden ist ; doch hat
sie sich auch bei tuberculösen Hautgeschwüren und namentlich bei
Tamponade innerhalb der Mund- und benachbarten Höhlen brauchbar
erwiesen.
Auf Grund der eingangs erwähnten Versuche an Thieren und
am Menschen, welche die Unschädlichkeit des Nosophens auch bei
innerlicher Darreichung erwiesen, versuchte Rosenheim (Sitzung
der Berl. med. Gesellsch., Allg. med. Centralztg. Nr. 62) das Mittel in
zahlreichen Fällen von chronischem Darmkatarrh in Gaben zu 0,3 bis
0,5 täglich 3mal. Zu diesem Zwecke empfiehlt er insbesondere das Wis-
muthsalz des Tetrajodphenolphthaleins (das Eudoxin),in Dosen von 0,3
bis 0,5 g 3 — 5mal nach dem Essen zu nehmen. Das Mittel wurde vom
Magen gut vertragen, bei empfindlichem Magen besser Tannigen; es war
bei Tuberculose und Amyloid ebenso wirkungslos wie alle anderen
Mittel; doch schien es im Darm in einigen Fällen desinficirend zu
£udoziii,
Rosenheim.
Arzneimittellehre und Toxikologie. 599
wirken, das Kollern und An^etriebensein hörte auf. Die wassrige
Losung des Katriumsalzes (1 — 3:1000) versuchte Bosenheim zu
Magenausspülungen; in einem Falle traten Beizerscheinungen auf,
sonst wirkte die Lösung desinficirend. Ob das Nosophen je die Be-
deutung des Jodoforms in der Wundbehandlung erreichen wird, ist
kaum wahrscheinlich, inunerhin kann es wegen seiner Geruchlosig-
keit in vielen EäUen als dessen Ersatzmittel Anwendung finden.
Salophen — Acetylparamidophenolsalicylsaure — ist eine dem
Salol analoge ätherartige Verbindung, in welcher mit der Salicylsäure
statt des Phenybnestes der weit weniger gifidge, dem Phenacetin ver-
wandte Best des Acetylparamidophenols verbunden ist. In Deutsch-
land seit 1891 namentlich von Siebel, P. Guttmann, E.Koch,
K. Osswald, Dräsche und Holzschneider als ein Ersatzmittel
des Natriumsalicjlates bei Individuen, welche letzteres nicht ver-
tragen, empfohlen, hat Huot (s. Litteratur) neuerdings das Verhalten Haloph<*n.
des Salophens im Organismus an Thieren versucht und schliesslich '
dessen therapeutische Wirkung bei acutem Gelenkrheumatismus, bei
Chorea und verschiedenen Neuralgieen klinisch geprüft. Er fand
im Selbstversuche, dass das Mittel, welches bekanntlich nur im alka-
lischen Darmsäft zerlegt wird, bei Einnahme von 5 g auf einmal
nur zu 67,57*0 ausgenutzt wird. Schon Siebel wies daraufhin,
dass, wenn die Dosis von 5 — 6 g überschritten wird, die Ausnutzung
des Mittels eine unvollständige wird. Huot möchte es daher nur
in täglichen Gaben von 3 — 4 g und in Anbetracht der allmühlichen
Zersetzung, die es im Darm erfährt, in 6 Dosen getheilt darreichen.
Auch er hält das Salophen for ein Ersatzmittel des NatriumsaHcylates
bei Gelenkrheumatismus und wirksam bei Behandlung der üliorea und
von Neuralgieen- B. Drews (CentralbL f. innere Med. Nr. 47) em- l^r«wM
pfiehlt Salophen zur Behandlang der nervösen Form der In-
fluenza. Er gibt bei hefidgen Anfällen dieses Leidens bei Er-
wachsenen zuerst eine Dosis von 2.0 Salophen und läsHt dann in
2— 3stündigen Intervallen je 1.0— o— 6 g pro die nehmen, bei ge-
ringerer Intensität der Symptome auch bei schwächeren Personen.
Frauen genügen oft Dosen von 0,5 — 0,75 in 2— 3«tiindlichen Pau«on ;
bei Kindern 0,3 — 0,5 pro dosi je nach dem Alter und 4 — 5 g pro die.
Unangenehme Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
600 Loebisch.
Plienacetiii.
Einen Fall von Phenacetinvergiftung mit tödtlichem Ausgange
Phenacetin- schildert G. Krönig (Berl. kHn. Wochenschr. Nr. 46). Der 17jährige
^ ^ ^if ä'* ^ ° ^' I^öi^l^g ^^^ DÜt der Wahrscheinlichkeitsdiagnose Sepsis ins Kranken-
haus, dabei fiel aber die eigenthümlich fahlgelbe, ins Aschgrau
spielende Hautförbung auf. Die an dem bereits moribunden Patienten
vorgenommene Blutuntersuchung ergab den Befand einer in den ver-
schiedensten Stadien befindlichen Lösung der rothen Blutkörperchen,
wie sie auch nach Vergiftung mit chlorsaurem Kali so häufig be-
schrieben wurde. Nach den Erfahrungen Krönig's bedingt die
Sepsis derartige Veränderungen an den rothen Blutkörperchen keines-
wegs. Weitere Erkundigungen ergaben nun, dass der Patient, der
schon vor 3 V« Wochen erkrankt war, als einziges Medicament bis zur
Ueberführung ins Spital Phenacetin genommen hatte, und zwar 1,0 g
pro dosi und 4mal des Tages statt, wie der Arzt verordnete, nur 2mal.
Bei der Section waren das Blut und die blutreichen Organe sämmt-
lich auffallend braun gefärbt. Auch zeigten sämmtliche Organe eine
für die kurze Zeit auffallige faule Zersetzung. Krön ig weist auf
die in der Litteratur verzeichneten Fälle von unangenehmen Neben-
wirkungen nach 1 — 2 g Phenacetin hin. v. Jaksch beobachtete
bei Eändem schon nach Darreichung von 0,1 — 0,2 g Phenacetin pro-
fuse Schweisse mit intensiver Cyanose, ja sogar CoUapssymptome.
Er bringt den Bath Eürbringer's bezüglich der Anwendung der
neuen Antipyretica in Erinnerung, nämlich jedesmal erst mit kleinsten
Dosen dieser Mittel die Reaction des betreffenden Patienten zu er-
forschen, bevor man zu gewöhnlichen Dosen übergeht.
Lactophenin.
Dieses von v. Jaksch im vorigen Jahre empfohlene Antipyre-
ticum hat sich seitdem in zahlreichen Versuchen als ein dem Phen-
acetin ebenbürtiges Mittel bewährt. Jedoch auch hier machen sich
mit zunehmender Anwendung die unangenehmen Nebenerscheinungen
Lactophenin. geltend. Strauss (Therap. Monatsh., Sept.) theilt 3 Fälle mit, in
Strauss, denen nach Anwendung von 3mal täglich 1 g Icterus auftrat, welcher
auch nach dem Aussetzen des Mittels noch längere Zeit fortdauerte.
Köibi, Kölbl (Wiener med. Presse Nr. 42) berichtet von CoUapserschei-
nungen nach Anwendung des Mittels selbst in kleinen Anfangsdosen,
und widerräth dessen Anwendung in der Trauen- und Kinderpraxis.
Senflt. Dem gegenüber beruft sich Senfft (Wiener med. Presse Nr. 60) auf
Arzneimittellehre und Toxikologie. QQl
die übereinstimmend günstigen Erfahrungen . zahlreicher anderer
Autoren und glaubt die beobachteten üblen Nebenwirkungen daher
leiten zu sollen, dass das Mittel entweder in zu grossen Einzeldosen
oder häufig regelmässig selbst dann noch 4 — 5mal täglich fort-
gegeben wird, wenn die Temperatur den für die Verabreichung von
Antipyretica zu supponirenden Grad nicht erreicht hat. In der Kinder-
praxis verabreicht er es bis zu einem Jahre nur bis 0,05 g, von da
ab bis zum 14. Lebensjahre wurden Dosen nach der für das Eindes-
alter gebräuchlichen Scala verwendet: im 2. Lebensjahr '/s, im 3. V«,
im 4, '/s, im 7. — 12. '/a, im 12. — 14. Lebensjahre V« Dosis fiir Er-
wachsene.
Amygdophenln«
Das Amygdophenin, wie das Phenacetin ein Derivat des
Paramidophenols , bei welchem jedoch in der NH^-Gruppe an die
Stelle eines Wasserstofiatoms ein Mandelsäurerest eingefügt ist und
das Wasserstoffatom der Hydroxylgruppe durch Aethylcarbonat ver-
treten wird, wurde von R. Stüve (Centralbl. f. innere Med. Nr. 46) Amygdo-
auf der Abtheilung v. Noorden's (Frankfurt a. M.) therapeutisch ^g*****"*
versucht. Das Mittel, ein grauweisses krystallinisches Pulver, das
sich im Wasser schwer löst, zeigte sich namentlich als Antirheu-
maticum sowohl bei Gelenkrheumatismus mit fieberhaftem als mit
nicht fieberhaftem Verlauf wirksam. Als Antipyreticum waren
die Resultate weniger sicher, als Antineuralgicum zeigte es häufig
Erfolg. Es wurde in Gaben von 1,0 ein- oder mehrmal täglich bis
zu Tagesmengen von 5 — 6 g verordnet. Ueble Nebenwirkungen soll
das Mittel keine haben.
Apoljsin.
Dieses von L. v. Nencki und J. v. Jaworski (Gaz. lekarska, Apoiysin,
Mai. Allg. medicin. Centralzeitung Nr. 60—62) empfohlene Anti- J'f^^^^^
pyreticum und Antineuralgicum ist in seiner chemischen Constitution
mit dem Phenacetin verwandt. Während letzteres durch die Substi-
tution eines Atoms Wasserstoff der NH2-Gruppe durch den Essig-
säurerest im Paraphenetidin entsteht, enthält das Apoiysin an der-
selben Stelle den Rest der Citronensäure. Es stellt ein weissgelb-
liches, krystallimsches Pulver von schwach säuerlichem Geschmacke
dar, welches sich in kaltem Wasser 1 : 55 löst, in heissem Wasser
in allen Verhältnissen. Es schmüzt bei 72* C. Li Alkohol und
ebenso in Glycerin ist es leicht löslich. Bei einer grossen Anzahl
acuter fieberhafter Krankheiten bewirkte das Apoiysin eine Tempera-
turverminderung von 1 — 1,8° C. mit gleichzeitiger Linderung der
J
602
Loebisch.
Apoiysin, Schmerzen. Bei Neuralgieen wurden die schmerzhaften Anfalle in
V. Nencki, üj^er Dauer abgekürzt , häufig auch zum Schwinden gebracht. Bei
leerem Magen imd Dyspepsia acida ist die Anwendung des Mittels,
welches de norma erst im Darm in seine Oomponenten gespalten
werden soll, contraindicirt. Unangenehme Nebenwirkungen wurden
bis jetzt nicht beobachtet. Das Mittel wurde bisher in Pulverform
gegeben, einigemal auch in Verbindung mit Bromiden, auch mit den
Salzen des Coffeins. Die antipyretische Dosis beträgt 3 g pro die in
stündlichen Gaben von 1 g. Bei Kindern 3mal täglich 0,2 — 0,4 g.
Die Unschädlichkeit des Mittels gestattete, dasselbe bei Puerperal-
fieber bis zu 6 g pro die zu geben. Bei Neuralgieen während des
Anfalles 0,5, 1,0 — 1,5. In Bezug auf die Verschiedenheiten in der
Zusammensetzung des Apolysins und des Citrophens (s. d.) sei an
dieser Stelle nur bemerkt, dass sie sich zu einander verhalten, wie
Lactophenin zum milchsauren Paraphenetidin. Die ätherartige Bin-
dung, in welcher das Phenetidin im Apoiysin sich findet, bewirkt,
dass letzteres in alkalischen Flüssigkeiten nur schwer zerlegt wird,
andererseits ist das Apoiysin in saurem Magensafb leichter spalt-
bar wie das Phenacetin, wodurch es im Nachtheil gegen letzteres ist
Hildebrandt. (Hildebrandt, Centralbl. f. innere Med. Nr. 45).
Gitrophen.
Citrophen, Eine von Benario (Deutsche medicin. Wochenschr. Nr. 26)
Benario, empfohlene Verbindung des Paraphenetidins mit Oitronensänre ;
ein weisses Krystallpulver , welches bei 181° schmilzt. Nach
Benario besitzt es einen säuerlichen Geschmack und löst sich
in etwa 40 Theilen kaltem und in 50 Theilen siedendem Wasser.
Seifert, Nach Seifert (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 32) schmeckt es nicht
sauer und löst sich erst in etwa 13 000 Theilen kalten Wassers. Es
setzt die fieberhafte Körpertemperatur herab und besitzt analgetische
Wirkung wie Phenacetin. Es wurde in Einzeldosen von 0,5 — 1,0,
in Tagesdosen bis 6,0 gegeben. Wegen seiner Zusammensetzung
zeigt es eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Apoiysin ; ihre Kenntniss
ist insofern von practischem Interesse, als die Verschiedenheit im
chemischen Bau der beiden Substanzen tins über die verschiedene
Hildebrandt, therapeutische Wirksamkeit derselben aufklärt. Wie H. Hilde-
brandt (Centralbl. f. innere Med. Nr. 45) zeigte, ist im Apoiysin ein
Molecül Phenetidin mit einem Molecül Citronensäure unter QjO-Aus-
tritt verbunden, während im Citrophen drei Molecüle Phenetidin mit
einem Molecül Citronensäure, hier jedoch ohne Wasseraustritt, zu-
sammenhängen. Es ist also im Apoiysin das Phenetidin inniger gebunden
Arzneimittellehre und Toxikologie.
603
als im Oitroplien, welch' letzteres als citronensaures Salz des Pheneti-
dios aufge£as8t werden kann. Das von B e n a r i o wegen seines hohen
Gehaltes an Phenetidin an Stelle des Phenacetins nnd Lactophenins
als Antipyreticum empfohlene Gitrophen ist aber gerade wegen der
lockeren Bindung des Phenetidins in demselben nach den Erfahrungen
von Treupel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33) und Hilde- Treupel,
brandt's keineswegs ein imschadlich wirkendes Mittel. Wohl wirkt
es wegen des grossen Gehaltes an Phenetidin energisch antipyre-
tisch, jedoch auch aus der gleichen Ursache, hesonders aber auch
wegen der lockeren Bindung des letzteren im Molecül zugleich im
höheren Maasse toxisch. Man wird also einstweilen von der An-
wendung des Mittels am Krankenbette Abstand nehmen.
Ferripjrin.
Das vom Apotheker Witkowsky hergestellte Ferripyrin Ferripyrin,
enthält auf ein Molecül Eisenperchlorid drei Molecüle Antipyrin, Witkowsky,
somit 12 **/o Eisen , 24 % Chlor und 64 °/o Antipyrin ; es stellt ein
orangerothes Pulver dar, das sich in kaltem Wasser leichter wie
in heissem Wasser löst. Das Mittel soll vor dem Eisenchlorid
den Vorzug haben, dass es auf die Schleimhäute keine Aetzwirkung
ansübt, und wurde als Hämostaticum und Adstringens empfohlen.
Hedderich (Münch. med. Wochenschr. Nr. 1) versuchte es auf der
Klinik von Jurasz in Heidelberg zur Stillung von Blutungen
aus gefässreichen Tumoren der Nase und des Nasenrachenraumes in
18— 20*/oiger Lösung. Mit dieser wurden Wattetampons getränkt
nnd letztere an die blutende Fläche gelegt. Das Ferripyrin kann
auch als Pulver benutzt werden. Witkowsky glaubt es zur inner-
lichen Anwendung bei Magenblutungen fiir Erwachsene in Dosen
von 0,5 (mit Elaeosacch. Menthae), ferner zuinjectionen bei Gonor-
rhoe in 1 — 1, 5 °/o igen Lösungen empfehlen zu sollen. W. Cubasch
(Wiener med. Presse Nr. 7) wendete das Ferripyrin bei chlorotischen
und anämischen Zuständen und den mit diesen einhergehenden Neur-
algieen, Dyspepsieen mit befriedigendem Erfolge an. Er verordnet
wässerige Lösung von 0,3 — 0,6 °/o, und zwar in Einzeldosen von 0,5
3— 4mal täglich ; bei chronischem Darmkatarrh, wo das Mittel
adstringirend wirken soll, in etwas höheren Gaben zu 0,1 — 0,2 pro
dosi, 2 — 3mal täglich, gleichzeitig mit Tct. opii simpl. oder Tct. colomb.
comp. Es ist bekannt, dass Eisenchlorid und Antipyrin zwei wirk-
same Mittel sind, und es ist wohl möglich, dass ihre im Ferrip3rrin
vorliegende Vereinigung fiir manche FäUe eine günstige Applications-
fonn derselben darbietet.
Hedderich,
Cabasch.
604
Loebisch.
Argonin,
Röhmaim,
R. Heyer,
JadaBsohn.
Argonin (ArgentnmeaseYn).
Diese von Eöhmann und Liebrecht aus Silber und Casem
(Höchster Parbwerke) dargestellte Metalleiweissyerbindung wird
als lösliches Silberpräparat (4,28 ^/o Silber enthaltend) empfohlen,
welches weder mit Kochsalz noch mit Eiweiss noch in beides ent-
haltenden Flüssigkeiten Niederschläge erzeugt und überdies, wie
R. Meyer's Versuche (Zeitschrift f. Hygiene Bd. 20) ergeben,
gegenüber Bacterien, speciell Gonokokken gegenüber, eine bedeutende
Desinfectionskraft äussert. Wohl hat es in wässriger Lösung eine
geringere desinficirende Ejaft wie Argentum nitricum und Argent-
amin. In eiweisshaltigen Flüssigkeiten nimmt die desinficirende
"Wirkimg aller drei Mittel ab, jedoch relativ am geringsten beim
Argonin, so dass die bactericide Kraft des Argonins sich der des
Argentamins nähert. Einen Vorzug des Argonins bildet, dass es
keine Aetzwirkungen besitzt , also die Schleimhaut im Gegensatz zu
den beiden oben genannten Silberpräparaten nicht reizt. Das Ar-
gonin ist ein weisses Pulver, leicht in heissem, schwer in kaltem
Wasser löslich ; die Lösung ist schwach opalescirend, reagirt neutral
und soll in dunkeln Gefässen aufbewahrt werden. Durch Zusatz von
Alkalien wird die Lpsung aufgehellt. Das Silber lässt sich im Ar-
gonin durch die gewöhnlichen Silberreagentien nicht nachweisen.
Jadassohn (Archiv f. Dermatol.) empfiehlt das Mittel in 1 ,5 — 2 ^/oiger
Lösung vorzugsweise zur Behandlung acuter Gonorrhöen der Urethra
anterior und posterior des Mannes, der Urethra und des Uterus der
Frau; adstringirende Eigenschaften scheinen dem Mittel zu fehlen,
es eignet sich daher keineswegs zur antikatarrhalischen Behandlung.
Nikotianaseife.
seife,
Hentzel,
P. Taenzer.
Deutschland exportirt jährlich riesige Mengen Tabakslauge nach
Argentinien, wo dieselbe zur Behandlung räudiger Schafe dient.
Nikotiana- Apotheker Mentzel in Bremen hat eine Tabakslauge enthaltende
Seife mit 10 % Tabakextract und etwa 0,7 °/o Nikotin hergestellt.
P. Taenzer (Monatsschr. f. pract. Dermatol. Nr. 12) hat die braun-
schwarze, mit Bergamottöl parfiimirte Seife insbesondere gegen durch
thierische Parasiten hervorgerufene Hautkrankheiten empfohlen, na-
mentlich gegen Krätze, überdies auch als juckstillendes Mittel. Nach
bisherigen Mittheilungen dürfte namentlich bei Kindern Vorsicht in
der Anwendung der Seife empfohlen sein. Ein damit behandeltes
Kind wurde von Erbrechen und Pulsänderung befallen.
**iLJtitr* HDl - .MTt^ru.g^t. ^fc^^^^fc
Fr. Hart mann. R-r »io*- Stäii-Erzzis^-inäsi- Ezr E-il:^:^ >itr L:23;i?fa>
Inhalationea ir:x T.'.gra:tyi''r:, WS^r,
August in Hnot. I*e rA^tä:-- rz aiZ:-Tlr:sf- PäH?w
Kobert, Arbeiten des f-b&gTTAJg :I :'z£i4!b^* lTi?uZT;n«s ir; IVcrj^l. St;an$auiH
£. Labbee. Les n>eidiea2:iez:3» =^>'=T<ejk:=x. P^risw
0. Liebreich und A. LacgA^rd. C: in^iesdiisn der AixneiTerordnnng.
Berlin.
0. Liebreich, unter MinriTkszvg tmi ÜArtin llendelsohn und
Arthur Würzl-^rg. EnerklojÄdie der Therapie. L u. 3. Lfsr.
BerUn.
W. F. Loebisch, Die n-rceren Aizneiraiuel in ihrer Anwendung und
Wirkung. 4. Aufl. Wien,
Sabli, Ueber die Thoapie de* Tetanus und über den Werth der Semui-
thoapie. BaseL
0. Scbmiedeberg, Grundriß der Arzneimittellehre. 3. umgearbeitete Aufl.
Leipzig.
H. Tappeiner, Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverordnung^-
lehre. 2. neu bearbeitete Aufl. Leipzig.
William H. Welch, The treatment of diphteria bj Antitoxin. Trans-
actions of the Association of American Physicians. Toi. 10.
xn.
Grericlitliclie Medicin.
Von Prof. Dr. Fr« Strassmann, Director der ünterrichtsanstalt für
Staatsarzneikunde in Berlin.
!• Zweifelhafte geschlechtliche Yerhältnisse«
Gonokokken. L. Wachholz und J. Nowak (Zur Lehre von der foren-
Waehholz u. gig^hen Bedeutung der Gonokokkenbefunde in alten
Flecken. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätsw.
3. F. Bd. 9, H. 1) glaubten einen Fleck am Unterrocke eines Dorf-
mädchens, der ihnen zur Begutachtung überwiesen war, als wahr-
scheinlich von Trippereiter herrührend bezeichnen zu müssen, weü
sie mikroskopisch Diplokokken fanden, die sich morphologisch und
mikrochemisch den Gonokokken entsprechend verhielten. Zwei Impf-
versuche ergaben negatives Resultat, Culturversuche nur täuschende
BeAinde durch die von Bumm gezüchteten Diplococci albicans
tardissimus und subflavus. Trotzdem Hessen sich auch diese Be-
funde noch für die Annahme der Anwesenheit echter Gonokokken
verwerthen, da sich mikroskopisch nach Gram entf&rbbare, in Zellen
gelagerte Diplokokken gefunden hatten und da echte Gonokokken
durch Austrocknung bekanntlich schnell ihre Fortpflanzungsfähigkeit
verlieren, somit erstere als echte Gonokokken in den Culturen nicht
aufgehen durften. Die Annahme der Gutachter fiel mit der gerichts-
ärztlichen Besichtigung beider in Frage kommenden Personen, die
vollkommen gesunde Genitalien ergab. Wie die Untersuchung statt-
ge^inden hat, wird leider nicht gesagt und es muss deshalb noch
zweifelhaft bleiben, ob es berechtigt ist, wenn die Verff. zu folgenden
Schlüssen kommen: 1. Man ist nicht berechtigt, in forensischen FäUen
auf Grund des morphologischen und mikrochemischen Verhaltens
allein Gonokokken zu diagnosticiren. 2. Da durch Austrocknen
Gerichtliche Medicin. (J07
Gonokokken ihre Portpflanzungsfahigkeit schnell verlieren, somit
Impf- und Culturversuche ergebnisslos werden, ist die Untersuchung
alter Plecke auf Gonokokken von vornherein aussichtslos.
Corrado (Giomale di med. legale Bd. 2) beobachtete bei einer 55jäh- Lactation
rigen Frau Fortdauer der Lactation bei gleichzeitig fast atrophischen o*»ne voran-
Bnistdrüsen. Die Milchabsonderung hatte seit der ersten Schwangerschaft ^^oeburT^
im 20. Jahre nie ganz aufgehört. Ihr letztes Kind nährte sie 5 Jahre, Corrado.
und 16 Jahre nach dessen Geburt — im Alter von 46 Jahren, — begann sie,
nach dem Tode ihrer Tochter, ihrer Enkelin die Brust zu geben und nährte
sie 4 Jahre. Die Milch zeigte bei der Untersuchung die Beschaffenheit des
Colostrum.
2. Yergiftnngen.
Fr. Strassmann (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20) verbreitet Anatomie
sich über den anatomischen Nachweis forensischer Ver- «j,®*^«!!!'
giitnngen,
giftungen. Bei denjenigen Giften, die eine wesentlich locale Wir- Fr. strassmanii.
kung ausüben, finden sich zwar durchweg eigentliche Aetzung, ent-
zündliche Beaction und Blutungen, doch ist die Ausdehnung dieser
Processe, die Art, wie sie sich combinirenl, bei den einzelnen Sub-
stanzen eine verschiedene, und es entstehen so bestimmte anatomische
Bilder, die fiir die verschiedenen Aetzgifbe charakteristisch sind, wenn
sie auch nicht in jedem Falle gefunden werden. Bei stärkeren Lösungen
von Carbol und Sublimat, bei arseniger Säure in Substanz finden
wir die Wand des Verdauungsapparates in grösserer oder geringerer
Ausdehnung verätzt: trübe, weiss, hart; mikroskopisch zeigt sich die
Verätzung fast ausnahmslos auf die obersten Schichten beschränkt,
auf derselben aufliegend ein Exsudat, das die Weigert'sche Fibrin-
reaction gibt, das auch noch in die Oeffnung der Drüsen hineinreicht
und dieselben erweitert hat, das stellenweise auch das oberflächliche
Epithel blasenförmig abgehoben hat. Da die gerinnungshemmende
Wirknng der lebenden Epithelzellen fortgefallen ist, ist die Gerinnung
des gesetzten Exsudates natürlich. Unter diesen verschiedenen Ver-
giftungen ist wieder die durch Phenol an ihrem Geruch kenntUch,
die durch arsenige Säure durch das Auftreten der Veränderung
in Form kleiner Flecken und durch den Befund von ArsenikkrystaUen
in den Membranen resp. auf den nach Ablösung der nekrotischen
Massen gesetzten Geschwüren. Bei Aufiiahme von Schwein furter
Grün zeigt sich eine graugrüne Verfärbung der Magenwand; bei
Arsenlösungen können sich die localen Veränderungen auf einfache
entzündliche Böthung und Schwellung beschränken ; ebenso bei Auf-
nahme verdünnter Carbol- und Sublimatlösungen; beim Sublimat
308 Strassmann.
Anatomie treten noch die bekannten durch die Ausscheidung des Giftes an den
der Ver- Schleimhäuten bewirkten Veränderungen hinzu. Aehnliche Pem-
giftniigeii, ,
Fr. Strassmann. Wirkung des Carbols hat man erst neuerdings beschrieben: Bronchitis
und Bronchopneumonie bei Einverleibung per os (Lang er h ans),
Hämorrhagieen und Geschwüre im oberen Darm bei Carbolklystieren
(Ungar). Für die Sublimatvergiftung theilt der Autor einen Fall
ausführlicher mit, bei dem es im Verlaufe der Vergiftung zu einem
Abort kam und sich nun die Diphtherie nicht wie sonst am Dick-
darm, sondern an den durch den Abort in den Genitalien gesetzten
Wundflächen localisirte.
So complicirt die Veränderungen sind, die die Schwefelsäure
imd die ihr bis auf einzelne Punkte (Xanthoproteinreaction) ähnlichen
anderen Mineralsäuren verursachen, so kann man doch für die inner-
halb der gewöhnlichen Zeit (24 — 48 Stunden) acut zum Tode fuhrenden
Veränderungen ein typisches Büd festhalten. Im Magen und zimächst
auch im Dünndarm zeigt sich die Schleimhaut schwarz höckerig,
theils verdickt, theils verdünnt; mikroskopisch sieht man grosse
Extravasate, die die Schleimhaut, die Submucosa, auch Theile der
Muscularis erfüllen, während zu gleicher Zeit Theile der Magen-
wand, meistens der grösste Theü der Mucosa abgeschmolzen ist.
Es handelt sich bei dieser Abschmelzung zunächst um rein mecha-
nische Vorgänge, die abgestorbenen Massen werden bei den Magen-
bewegungen oder durch die Verdauung abgelöst; entzündliche Vor-
gänge sieht man dabei zunächst noch nicht. In dieser Beziehung
besteht ein Gegensatz zwischen Säuren und Laugen, insofern bei
letzteren die Ablösung der Aetzschorfe zwar zum Theil auch mechanisch
geschieht, in der Hauptsache jedoch auf entzündlichem Wege, und
damit abhängig ist von dem gleichzeitigen Auftreten entzündlicher
Eeaction um die Schorfe. Damit entsteht hier ein abweichendes
mikroskopisches Bild. Ein fernerer Unterschied wird bedingt durch
die braunrothe Farbe der Blutungen bei Laugenvergifkungen im Gegen-
satz zu der auch mikroskopisch deutlichen schwarzbraunen bei den
Säurevergiftungen. Es wird weiter ausgeführt, wie schnell hier
secundäre Entzündung sich einstellt; es wird eine Speiseröhre
demonstrirtf, die nach einer in 24 Stunden zum Tode flüirenden
Laugenvergiftung zwar noch einzelne nekrotische Fetzen, im ganzen
aber eine gereinigte Wundfläche in Gestalt einer auf der Musctdaiis
aufliegenden Granulationsschicht zeigt. Es werden Beispiele ftir die
gewöhnliche Localisation der schwersten Veränderungen im Fundus,
wie fiir die ausnahmsweise am Pylorus auftretenden, vorgeführt,
sowie ein Beispiel einer Narbenstrictur nach Laugenvergiftong
Gerichtliche Medicin. 609
an ihrem gewöhnlichen Sitze, dem unteren Drittel der Speise-
röhre.
Auch die Ozalsäurevergiftung zeigt bei der Section in den
häufigsten Fällen am Magen die Combination von Blutungen und
Abschmelzung, welche die Mineralsäuren erkennen lassen; nur sind
hier die Extravasate nicht so erheblich wie bei jener. Charakteristisch
ist der Befund von KrystaUen Oxalsäuren Kalkes, zumeist in Porm
abgebrochener Säulen auf der Schleimhaut, wie auch in den in der-
selben vorhandenen Blutungen.
Die Wirkung des den Laugen nahestehenden Cyankali beschränkt
sich auf eine starke Entzündung ; man findet reichliche Absonderung
blutigen Schleimes auf der difPos gerötheten Schleimhaut, mikro-
skopisch starke Hyperämie, Hämorrhagieen; auch kleinzellige Wuche-
rung kann trotz des schnellen Todes nachweisbar sein. Durch
Weiterwirkung der alkalischen Substanz nach dem Tode kommt es
zur AufqueUung und blutigen Imbibition der obersten Schleimhaut-
schichten, die auch mikroskopisch zu erkennen ist. Gewöhnlich ist
die Farbe des Blutes im Magen und in der Magenwand eine
hellrothe — mitunter ist Cyanhämatin im Magenblute nachweis-
bar — , manchmal auch eine braunrothe bei G-ebrauch von zersetztem
Cyankali.
V. Würthenau (Inauguraldissertation, Berlin) hat auf Ver- Dosis
anlassung des Ref. Thierversuche über die Frage angestellt, wie es letalis
sich bei gleichzeitiger Einverleibung mehrerer Gifte mit Qiften
der Dosis letalis verhält. Dieselben wurden im Anschluss an einen v. Würthenau.
Fall ausgeführt, in dem diese Frage von Interesse war; es soUte
eine Sabina- und Colchicummischung gereicht werden; beide Gifte
waren nicht in der tödtlichen Menge in der Mixtur enthalten, doch
in einer die Hälfte derselben übersteigenden Quantität, und es erschien
möglich, dass bei der vielfach ähnlichen Natur der beiden eine
Summation ihrer Wirkungen stattfinde, so dass diese Mischung doch
eine tödtliche Folge hätte haben können. Die Versuche Würthenau's
ergaben indess nicht das erwartete Resultat; Mischungen der zwei
Gifte mussten beide in fast letaler Dosis enthalten, um den Tod zu
bewirken. Auch bei einander so nahestehenden Giften, wie den
einzelnen Alkoholarten (Aethyl-, Propyl-, Amylalkohol) trat eine ein-
fache Summation nicht ein, sondern es musste in Mischungen von
jedem mehr als die Hälfte der tödtlichen Gabe gereicht werden.
Bei einander entgegenwirkenden Giften ist das Yerhältniss selbst-
verständlich ein entsprechend anderes.
Jahrbach der pracUschen Medioiii. 1896. 39
610
Strassmann.
Vergiftnng C. Binz (Arzneiliche Vergiftung vom Mastdarm und
per anum et yQjj ^^j. Scheide aus und deren Verhütung. Berliner klin.
Binz. Wochenschr. Nr. 3) bringt einige Fälle, in denen medicamentöse
Vergiftungen bei Anwendung von Klystieren, Suppositorien, Vaginal-
kugeln eintraten, weil die resorbirende Wirkung der Mastdarm- und
Scheidenschleimhaut, obwohl sie wissenschaftlich längst festgestellt
ist, den verordnenden Aerzten unbekannt geblieben war. Es recht-
fertigt sich hiemach die kürzlich vom Gesundheitsamt beantragte,
vom Btindesrath beschlossene Ausdehnung der Gültigkeit der Maximal-
dosen auf diese Art von Medicationen.
Hedderich,
Phosphor- Hedderich (Ueber Leberatrophie bei acuter Phosphor-
vergiftung, Vergiftung. Münch. med. Wochenschr.) theilt aus ErVs Klinik einen
Fall von Phosphorvergiftung mit, der, bis das Geständniss des Selbstmord-
versuchs erfolgte, für acute gelbe Leberatrophie angesprochen wurde. Da-
für sprach das deutliche Kleinerwerden der Leber, das allerdings mit ein-
tretender Genesung später einer Zunahme wieder Platz machte, die Schwere
der Cerebralsymptome, besonders der etwa 6 Tage anhaltende tiefe Sopor.
Phosphor wurde nicht nachgewiesen, erklärlicherweise, da die Patientin
erst ziemlich spät das Krankenhaus aufsuchte. Im Harn fanden sich weder
Leucin, noch Tyrosin, noch Fleischmilchsäure. Aehnliche Fälle protrahirter
Phosphorvergiftung, in denen im Verlauf der 2. Woche Verkleinerung ein-
trat, haben schon früher A. Fraenkel, Erman u. a. beschrieben. —
Interessant ist das bei acuter Phosphorvergiftung seltene Vorkommniss,
dass Patientin drei Zähne verlor.
Nach den von Smita (Friedreich's Blätter Jahrg. 46) in Ludwig's
Laboratorium angestellten Untersuchungen schwankt der Phosphorgehalt
der Zündhölzchen zwischen 0,000167 und 0,00178, zumeist zwischen
0,0005 imd 0,001, so dass, da wir die Dosis letalis auf 0,1 berechnen dür-
fen, ein Packet von 100 Streichhölzern zur Vergiftung mitimter ausreichen
kann.
Haberda. F. Haberda (Friedreich*s Blätter Jahrg. 46) theilt drei Fälle einer
bisher noch nicht häufig beobachteten Erscheinimg bei subacuter Phos-
phorvergiftung mit, nämlich von Hautgangrän an den Füssen, offenbar
bedingt durch die Herzschwäche und durch die Alteration der Blutgefässe,
welche die Phosphorvergiftung setzt.
Smita,
Kohlenoxyd-
naohweis,
R. Scholz.
Eudolf Schulz (Zeitschr. f. Medicinalb. Bd. 8, Nr. 20) em-
pfiehlt, übereinstimmend mit den Erfahrungen des Ref., zum Kohlen-
Oxydnachweis besonders die KunkePsche Tanninprobe neben
der Spectraluntersuchung , die sie an Leistungsfähigkeit eher noch
übertrifft. Sie wird so angestellt, dass 20^/oige Blutlösung in Wasser
Gerichtliche Medicin. 611
xmd S^'oige Tanninlösung zu gleichen Theilen vermischt werden. Die
entstehende rothe Parbe bleibt bei CO-£lat bestehen, während sie bei
kohlenoxyd&eiem mehr und mehr in eine braune übergeht.
R. Gurrieri (Giomale di med. leg. Bd. 2) hat die bekannten Chloro-
Versuche von Dolbau fortgesetzt. Es gelang ihm unter neun ^ormirung
Personen vier direct aus dem Schlafe, ohne dass sie inzwischen er- Wiiien,
wachten, in die Chloroformnarkose überzuföhren. Gurrieri,
Wachholz (TJeberVeränderungender Athmungsorgane Carboi-
infolge vonCarbolsäurevergiftung. Deutsche med. Wochen- ^^JL^^^^^/^^*
. . Wachholz.
schrifb Nr. 9) beobachtete zwei Carbolvergiftungen , bei denen es
ebenso wie in den fiüher von Langerhans beschriebenen PäUen
zur Entwickelung einer Bronchopneumonie gekommen war. Durch
Thierversuche bestätigte er die von Langerhans ausgesprochene
Vermuthung, dass die Ursache dieser Erscheinung die Ausscheidung
des Carbols durch die Lungen sei; die Untersuchung des Lungen-
destillats ergab stets Phenolgehalt. Die Menge des durch die
Lunge entleerten Giftes nimmt zu mit der aufgenommenen Masse
und mit der Dauer des Lebens nach der Intoxication.
Die bisher beobachteten Lysolvergiftungen hatHaberda Lysoi-
zusammengestellt (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 16 u. 17). Reines ^^^u'^'^^'
Lysol hat bei innerlichem Gebrauche Vergiftungen bewirkt, in denen
ähnUche Allgemeinerscheinungen, wie bei der Carbolvergiftung be-
obachtet wurden und auch braune Verätzungen an der äusseren
Haut, der Schleimhaut des Verdauungs- und Bespirationsapparates
sich zeigten« Ein TheelöfFel hat Kinder im ersten Lebensjahr ge-
tödtet. Den Tod eines Erwachsenen sah Pägerlund nach 100 g;
es ist das der einzige bisher bekannte Pall von Selbstmord durch
Lysol. Um gewaltsame Tödtung handelt es sich in einem von Ha-
ber da selbst beobachteten Pall. Alle anderen Male lag der Lysol-
vergiftung eine Verwechselung zu Grunde.
Die sechs Pälle von Nitrobenzolvergiftung (Berl. klin.
Wochenschr. S. 187), die Schild auf Aufrecht's Abtheilung imNitrobenzoi-
Magdeburger Krankenhaus beobachtete, betrafen durchweg weibliche ^*'|Ä^j "^^^
Lidividuen ; zweimal war Nitrobenzol zum Zwecke des Selbstmordes,
viermal als Abortivum genommen worden; dreimal trat der Abort
wirklich ein, und die Patientinnen genasen ebenso wie die beiden
Selbstmörderinnen von ihrer schweren Vergiftung ; der vierte endete
012 Strassmann.
tödtlich, bevor Zeichen einer beginnenden Austreibongsthätigkeit der
Gebärmutter sich eingestellt hatten. Neben den bekannten Erschei-
nungen der Nitrobenzolvergiftung ist bemerkenswerth, dass Schild
vorübergehende Steigerung der Patellarreflexe, Pussclonus und einmal
Icterus sah.
strychnin- C. Ipsen (Zur Differentialdiagnose von Pflanzenalka-
nachweis, loiden und B acte rien giften. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med.
u. öffentl. Sanitatswesen 3. F., Bd. 10, S. 1) weist durch Versuche
nach, dass das Strychnin aus Gemischen, in welchen es mit den
Stofiwechselproducten einer Anzahl pathogener Mikroorganismen, be-
sonders dem ihm physiologisch so ähnlichen Tetanotoxin vorhanden
ist, so rein abgeschieden werden kann, dass sämmtliche Einzel-
reactionen damit sich vornehmen lassen. Er fuhrt die Thatsache
zurück auf die grosse Widerstandsfähigkeit des Strychnins einer-
seits, die geringe des Tetanotoxins speciell andererseits.
8. Andere gewaltsame Todesarten; Leiehenerselieinniigen.
ErhängungB- Neue Versuche von A. Tamassia (Atti delB. istituto veneto
*od. -ßj ß^ fahrten zu dem gleichen Ergebniss, wie die früheren, näm-
lich zu dem, dass die blosse Hirnanämie infolge Gompression der
Halsgefässe den Tod beim Erhängen nicht herbeiführt. Tracheo-
tomirte Thiere sterben nicht, wenn sie erhängt werden, auch nicht,
wenn die Garotiden, die Jugulares, die Vagi unterbunden und die
Vertebrales comprimirt werden. Dagegen stirbt das aufgehängte nicht
tracheotomirte Thier stets unter Erstickungserscheinungen infolge
Verschlusses der Athemwege; der Tod tritt nur schneller ein, wenn
die grossen Blutgefässe des Halses und die Nerven zugleich unter-
bunden werden, und es zeigen sich im letzteren Falle zugleich Sym-
ptome von Seiten der Vagi.
Erhängen Reineboth (Yierteljalirsschr. f. gerichtl. Med. Bd. 9) beobachtete er<
bei Tra che 0- folgreichen Selbstmord durch Erhängen bei einem Mann, an dem wegen
r''° hoth Cardnose von Oesophagus, Schilddrüse, Pharynx und Lymphdrüsen de^
Halses die Tracheotomie ausgeführt worden war. Der Strick* lag oberhalb
der Canüle, zwischen Kinn und Canülenöfifhung ; letztere war vollkommen
frei. Es kann also beim Erhängen der Tod auch erfolgen durch Gom-
pression der grossen Gefässe und Nerven des Halses bei freien Luftwegen.
Freilich betraf der vorliegende Fall einen schwerkranken Mann — es fand
sich noch Lungenbrand und jauchige Pleuritis; doch gelang es Reineboth
Gerichtliche Medicin.
613
— wie schon früher Misuracca — , auch Thiere auf diese Weise zu
todten. Die Bauer der Erhängung beträgt unter diesen Umständen beim
Kaninchen das Dreifache der gewöhnlich nothwendigen Zeit.
nung,
Messerer,
Ueber einen interessanten Fall von fahrlässiger Tödtung eines
Geisteskranken durch Verbrennung hatte das Medicinalcomite München
(Referent Messer er) ein Obergutachten abzugeben (Friedreich's Blätter Tod durch
Jahrg. 46). Ein Wärter hatte einen Geisteskranken nach dem Bade mit Verbren-
Salicylspiritus abzureiben ; dieser fing Feuer, und der Kranke erlitt tödtliche
Brandwunden. Es bestand der Verdacht , dass der Pfleger sich einen
Cigarrenstummel hatte anzünden wollen und dabei den Spiritus entflammt
hatte, während er selbst glauben machen wollte, der Spiritus hätte sich
dadurch entzündet, dass der Kranke denl Dampfcylinder des Badezimmers
zu nahe gekommen sei. Die Versuche des Medicinalcomites ergaben die
Unmöglichkeit dieser Behauptung; der Spiritus, der selbst durch glühende
Körper von 700 — 800 ° C. nicht zu entzünden ist, während der Heizcylinder
unter den fraglichen Umständen nur 127 ° besitzt, konnte nur durch oflFene
Flamme in Brand gesetzt worden sein. — Der angeklagte Wärter wurde
verurtheilt.
Brouardel (Ann. d'hygiöne Bd. 34) berichtet unter Beifügung in-
teressanter Abbildungen über die gelegentlich des Brandes der Komischen
Oper in Paris gemachten Erfahrungen. Rein durch CO-Vergiftung waren
von den 68 Opfern 27 Personen getödtet worden. Sie lagen in Massen
auf einander, mit Rauch bedeckt, aber Kleidung und Körper unverbrannt.
Lungen stark congestionirt, CO im Blute, keine Blutcylinder in den Lungen-
gef&fisen, die erst bei höheren Hitzegraden durch Kochen des Blutes ent-
stehen. 7 Personen waren der Hitze erlegen und mehr oder weniger ver-
brannt. CO fand sich auch hier im Blute; in den Lungengefössen Blut-
cylinder. Die immer an bestimmten Stellen eintretende Verkohlung der Glied-
maassen erklärt Verf. dadurch, dass an diesen Stellen die Haut zuerst platzt
und dadurch das tiefere Gewebe schneller der Zerstörung ausgesetzt wird.
Die üeberlebenden zeigten alle Benommenheit und völlige Amnesie ; ausser-
dem einzelne Aphonie und Hämorrhagieen aus Lunge, Nase, Darm, Gebär-
mutter, welche Verf. als Selbsthülfe des sich des veränderten Blutes ent-
ledigenden Organismus auffasst.
Brouardel.
Kratter.
Julius Kratter (Der Tod durch Elektricität. Leipzig Tod durch
und Wien 1896) hatte mehrfach Gelegenheit, tödtliche wie nicht ^^®^^'',^^^^***»
tödtliche Vemnglückungen durch Elektricität zu beobachten und zu
begutachten ; er hat weiterhin in ausgedehntem Maasse Thierversuche
behufs Ergänzung der am Menschen gesammelten Erfahrungen
angestellt, und er hat schliesslich die gesammten, meist an wenig
zugänglichen Stellen der ausländischen Litteratur niedergelegten ex-
perimentellen und klinischen Untersuchungen anderer Forscher über
314 Strassmann.
Tod durch das gleiche Thema verwerthet. Auf Grund des gesammten Materials
Eiektricit&t.gQigjjgi- q^ etwa zu folgenden Schlüssen. Thiere, deren Nerven-
system weniger empfindlich ist, sind schwerer durch Elektricität zu
tödten, Kaninchen und Meerschweinchen ertragen elektrische Ein-
wirkungen, durch welche sicher ein Hund, dessen Gewicht 20mal
so gross ist, und höchst wahrscheinlich auch ein Mensch blitzartig
schnell getödtet wird. Die Gefahr der tödtlichen Einwirkung steigt
mit der Dauer der Contactzeit, während sie mit der Erhöhung der
Spannung nicht entsprechend zunimmt. Die unmittelbare Wirkung
bestand bei den Thierversuchen stets in einer tetanischen Contrac-
tion aller Muskeln und sofortigem Aussetzen der Athmung, die
sich in den nicht tödtlichen Versuchen nach einiger Zeit wieder
einstellt. Das Herz schlägt während des Eespirationsstillstandes fort,
wenn auch verlangsamt. Der Blutdruck steigt, wie die Beobachtung
am Kymographion zeigt, schnell in die Höhe, um dann terrassen-
förmig abzusinken. — Bei den nicht tödtlichen elektrischen Ver-
unglückungen ist augenblickliche Bewusstlosigkeit ein wenn auch
nicht ausnahmsloses, doch fast stets beobachtetes Symptom, es folgen
ihnen gewöhnlich tage- und wochenlang dauernde nervöse Erschei-
nungen, Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Palpitationen, seltener moto-
rische Lähmungen und Sensibilitätsstörungen. Der Leichenbefund
bei Mensch und Thier zeigt als regelmässige Erscheinimgen die all-
gemeinen Erstickungssymptome, besonders die Ekchymosen unter der
Pleura, dem Pericard, Endocard u. s. w. ; in den Lungen kommt es
nicht selten bis zur Entwickelung eines wirklichen Oedems. Die
Befunde im centralen Nervensystem sind in der Kegel negativ ; auch
die histologische Untersuchung desselben (ebenso die des Blutes)
lieferte keine Resultate. Nur in einzelnen Fällen entstehen kleine
punkt- und streifenförmige Blutaustretungen in den Wandungen des
vierten Ventrikels und in den Meningen. Mitunter ist der Weg, den
der elektrische Strom im Körper gemacht hat, durch Blutungen be-
zeichnet, welche sich insbesondere an den Scheiden der grossen Ge-
fasse und Nerven finden können; ausnahmslos sind die Eintritts-
stellen imd wohl auch immer die mitunter mehrfachen Austrittsstellen
durch Verbrennungen der verschiedensten Grade gekennzeichnet.
Selten sind schwerere Verletzungen, unter denen besonders grossere
meningeale Blutungen zu nennen sind. Der Tod durch Elektricität
beruht nach alledem in einer schweren fonctionellen Schädigung des
Centralnervensystems , besonders des Respirationscentrums, infolge
deren es zur inneren Erstickimg kommt. Gegen die im Staate Ne-w
York bekanntlich eingeführte Hinrichtung durch Elektricität spricht
Gerichtliche Medicin. gX5
sich Kratter unter eingehender Würdigang der vorliegenden Be-
richte entschieden ans. Das VerfieJiren ist ein unsicheres, wenn man
nur einen einmaligen, wenige Secnnden andauernden Stromschluss
anwendet; es wird nur dadurch sicher, dass man den elektrischen
Strom so oft und so lange anwendet, bis der Tod wirklich ein-
getreten ist; damit wird aber das Verfahren ein barbarisches. Den
Schluss des höchst lesenswerthen Werkes, aus dessen Inhalt wir
hier nur einiges herausgegriffen haben, bildet eine Besprechung der
practischen Schutzmaassregeln.
Filomusi-Guelfi (Giomale di med. legale Bd. 2) zeigt, dass Unngertod,
die Atrophie der Thymusdrüse bei Säuglingen nur eine Theü- ^^°"'''®*-^''®^^'
erscheinung der allgemeinen Atrophie ist und deshalb für die Dia-
gnose des Todes durch mangelbafte Ernährung ohne irgend welche
specifische Bedeutung ist.
Das von Schjerning in der Festschrift zur lOQjährigen Stif- Tod durch
tungsfeier des Friedrich-Wilhelms-Institutes (Berlin) nütgetheüte^y^''^^?^^®'''
gerichtsärztliche Gutachten dürfte in der That ein Unicum be-
treffen.
Bei einer Felddienstübung stürzte in den Reihen der Angreifer, als
dieselben etwa 320 m vom Gegner entfernt waren , ein Soldat nieder ; er
war offenbar mit einem scharfen Geschoss durch den Kopf geschossen. Es
fand sich bei der Section eine diesem Geschoss entsprechende Einschuss-
öffiiung in Helm, Haut, Schädel, während die Ausschussöifiiungen grösser
waren ; das Geschoss hatte anscheinend Ablenkung erfahren und den Schädel
als Querschläger verlassen. Im übrigen beschränkten sich die Schädel-
verletzimgen auf einzelne Fissuren. Zur Ermittelung des Thäters war es
von wesentlicher Bedeutung, ob der Schuss mit einer scharfen Patrone ab-
gegeben war, oder ob das scharfe Projectil auf eine Platzpatrone aufgesetzt
worden war, also nicht mit voller Pulverladung geschossen worden war.
Schjerning bejaht die letztere Alternative, da'^nach seinen bekannten
Schiessversuchen im ersteren Falle, bei voller Ladung, auf die gedachte
Entfernung hin eine viel schwerere Zertrümmerung des Schädels hätte ein-
treten müssen.
Rudolf Schulz (Zeitschr. f. Med.-Beamte Bd. 8, Nr. 11) hat einen Verbren-
jener höchst seltenen Fälle beobachtet und beschrieben, in denen es beim nun g bei
Tode durch Erschiessen infolge Entzündung der Kleider durch die '^n^ a^llx^^
Pulverflamme zu ausgedehnten Verbrennungen der Leiche kommt. Dio
Beobachtung betraf einen Selbstmörder, der sich einen unmittelbar tödt-
liehen Brustschuss beigebracht hatte.
616 Strassmann.
Mord durch A. Haberda (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. Bd. 10) gibt einen
Hammer- Bericht über den vielbesprochenen Fall des durch seinen Sollicitator E. er-
"®^^*^®' mordeten Advocaten Dr. R. in Wien. Die anfängliche Vermuthnng eines
Selbstmordes wurde von Hof mann zurückgewiesen, nachdem die Obduction
als Todesursache eine Anzahl schwerer Verletzungen des Schädels nach-
gewiesen hatte, die ihrer Form nach offenbar von Hammerschlägen her-
rührten. Ein Hammer fand sich aber bei der Leiche nicht, er wurde erst
später an dem Orte gefunden, wo ihn der Mörder nach seinem Gestllndniss
fortgeworfen hatte. Interessant ist, dass der Verstorbene mit schweren
Schädelwunden, Gehimverletzungen und einer Zerreissung des Längsblut-
leiters, aus der eine intensive Blutung erfolgt war, noch 4Vs Stunden lebte ;
femer dass sich neben den durch Gegenwehr entstandenen Quetschwunden
auf dem Handrücken auch eine Schnittwunde über der Radialis und eine
Stichwunde in der Magengrube fanden, die der Mörder dem Schwerverletzten
offenbar beigebracht hatte, um einen Selbstmord zu fingiren. Zu diesem
Zwecke hatte er ihm jedenfalls auch das zusammengeklappte, hierbei benutzte
Radirmesser in die Westentasche gesteckt. Bemerkenswerth ist femer, dass
der Hammer, wahrscheinlich weil er neu und ganz glatt polirt war, nur
wenig Blutspuren aufwies und dass auch an dem Thäter nur geringe Blut-
spuren zurückblieben. Es erklärt sich dies daraus, dass, wie die im gerichÜich-
medicinischen Institute von Wien an Blutlachen und an lebenden Thieren
angestellten Versuche ergeben haben, das Blut bei Schlägen mit einem
Hammer und ähnlichen Werkzeugen, wenn die Schläge nicht senkrecht ge-
führt wurden, in der Regel und grösstentheils in der Richtung der Schläge,
somit vom Thäter weg oder nach den Seiten spritzt, weshalb der Thäter mehr
BlutBpnren oder weniger verschont bleiben kann. Fiotrowski hat diese VerhäÜnisse
beiKopfver- weiter verfolgt. (Ueber Entstehung, Form, Richtung und Ausbreitung der
letzungen, ßlutspuren nach Hiebwunden des Kopfes. Mit 15 Tafehi. Wien 1896.)
Piotrowski.
Trauma- Frey er- Stettin (Zeitschr. f. Med.-Beamte Bd. 8, Nr. 22) fand an der
tische exhumirten, hochfaulen Leiche einer 15 Tage früher gestorbenen Frau, die
Gallenstein. j2 Tage vor ihrem Tode durch Fusstritte gegen den Leib misshandelt
zertrünme- a o
rnne worden war und seitdem bis zum Tode gekränkelt hatte, einen der drei
Freyer. grösseren in der Gallenblase befindlichen Steine in zahlreiche Bröckel
zertrümmert. Im übrigen war der Befund wegen vorgeschrittener Fäulniss
negativ. Verf. hält eine spontane Zerbröckelung dieses einen Steines für
unwahrscheinlich und nimmt an, dass in seinen, wie in anderen Fällen,
die GaUensteinzertrümmerung als forensisches Zeichen einer stattgehabten
Misshandlung gelten könnte.
Tranma- W. Asher gibt im 8. und 9. Bande der Vierteljahrsschrift für
D'^'b^t^' gerichtliche Medicin auf Grund der bisherigen Beobachtungen und
Asher. ' eines selbstgesehenen Falles eine Darstellung des klinischen Bildes
des traumatischen Diabetes.
Gerichtliche Medicin. 617
An derselben Stelle verö£Pentlicht P. Guder eine klinisch-foren- Trauma und
dsche Studie über den Zusammenhang zwischen Trauma und'^^^®'®'*^^^®'
^ Guder.
Tnberculose. Beide Arbeiten liefern eine erschöpfende Samm-
lung und kritische Würdigung des einschlagenden Materials und
bieten deshalb eine vortreffliche Grundlage für die Bearbeitung
zweifelhafter Fälle.
Dufour (Annales d*hygiene Bd. 34) berichtet einen eigenthümlichen Trauma-
Fall traumatischer Neurose nach heftiger Erschütterung des linken tische
Hypochondriums gelegentlich eines Wagenzusammenstosses. Seit dem Un- Neurose,
fall, dem zunächst etwas Bluthusten folgte, bestand Dyspepsie mit häufiger
Regurgitation der Speisen, von denen ein grosser Theil auf diese Weise
ohne Erbrechen wieder entleert wurde. Der Patient kam sehr herab; er
zeigte stark gesteigerte Reflexerregbarkeit des Rachens ; der Magensaft war
fast salzsäurefrei.
Die Geburtsverletzungen der Neugeborenenund deren
forensische Bedeutung hat Paul Dittrich (Yierteljahrsschr. f. oeburtsver-
gerichtl. Med. Bd. 9) behandelt. Wir sehen hier ab von den schwe- letzungen
. * . . . der Neu-
reren Verletzungen, die durch geburtshülfliche Eingriffe bewirkt geborenen,
werden, weü dieselben für die Lehre vom Kindesmord ohne prac- Dittrich.
tische Bedeutung sind. Wohl aber möchten wir hervorheben, dass
Dittrich neue Beweise dafür bringt, dass auch bei spontan be-
endeter Geburt und bei festen und normal dicken Knochen sich
Fissuren an den Scheitelbeinen finden können, wenn das Verhältniss
des Kindskopfes zum mütterlichen Becken ein ungünstiges ist.
Dittrich hat auch erneut einen jener seltsamen Fälle von ange-
borenem Hautdefect am Scheitel eines Neugeborenen beobachtet, wie
sie schon früher Hof mann beschrieben und abgebildet hat.
H. Schlesinger (Friedreich's Blätter Jahrg. 46) sah unzweifelhafte Katalep-
kataleptische Todtenstarre bei zwei an Tetanie infolge Magenerkran- tische
kungen leidenden Personen. Beide Male gingen die generalisirten Muskel- ° ^^'
krämpfe direct in die kataleptische Todtenstarre über ; beide Male trat der Schlesinger,
Tod infolge Erstickung ein; in beiden Fällen waren auch vor dem Tode
Campheräthereinspritzungen mehrfach injicirt worden. Die den Eintritt
der Todtenstarre beschleunigende Wirkung des Camphers hat früher
A. Pal tauf experimentell bewiesen. — Einen ferneren Fall, in dem
kataleptische Todtenstarre angenommen werden musste, theilt Wahncau Wahncau.
(Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. Bd. 10) mit.
Ranke (Friedreich's Blätter Jahrg. 46) berichtet einen neuen Fall Sarggehurt,
von Sarggeburt bei einer an Eklampsie verstorbenen, im 7. Monat Ranke,
schwangeren Person.
618
Strassmann.
Leichen-
zerstücke-
lung,
£. Hichel.
Eduard Michel (Yierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. Bd. 10)
hat eine sehr fleissige ZusammensteUimg der bisher in der Litterator
niedergelegten Fälle crimineller Leichenzerstückelung ge-
liefert. Wir machen auf die Arbeit aufinerksam; sie entzieht sich
ihrer Natur nach einem Referat.
Zurech-
nungs-
fähigkeit,
Schaefer.
4. Zweifelhafte Geisteszustände.
Im Anschluss an drei Fälle geminderter Zurechnungsfahigkeit
infolge geringgradigen Schwachsinns spricht Schaefer (Deter-
minismus und Zurechnungsfahigkeit mit drei Gutachten über Ex-
hibition. Yierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätswesen
3. F., Bd. 10, S. 99) für eine Umänderung des § 51 unseres Straf-
gesetzbuchs nach der Seite des Determinismus hin. Er weist
nach, dass der Paragraph in seiner jetzigen Gestalt noch ganz auf der
alten, mit unserer heutigen Naturanschauung nicht mehr vereinbaren
Lehre von der Willensfreiheit beruht, dass er dadurch nicht nur der
persönlichen Ueberzeugung des Einzelnen einen Zwang auflegt, son-
dern auch der Praxis nicht mehr genügt. Infolgedessen ist auch
schon das Strafgesetzbuch in sich nicht consequent, indem es ge-
minderte Zurechnungsfähigkeit im allgemeinen nicht anerkennt,
andererseits aber Grade der Zurechnungsfähigkeit je nach dem Alter
und Strafminderung bei Kindsmord schafipfc. Am besten zeigen die
Uebergangsfälle zwischen Gesundheit und Ej*ankheit, wie wenig wir
wissenschaftlich mit §61 auskommen, in welchem zwar nach den
Motiven zum Entwurf des Strafgesetzbuchs frei gesund, unfrei krank
bedeutet, ein Uebergang zwischen frei und unfrei aber nicht an-
erkannt wird, wie er zwischen Bjankheit und Gesundheit doch sicher
besteht. So ist auch in praxi der Einzelne gezwungen, in diesen
Fällen deterministisch zu denken, thut es bewusst oder unbewusst,
ohne es aber auszusprechen. Weiter zeigt Verf., dass der Deter-
minismus sehr wohl geeignet ist, menschliche Verantwortlichkeit,
einen Schuldbegriff, freilich nicht im alten Sinne, und eine Strafe
zu begründen, von nicht geringerem sittlichem Werth, wie früher.
„Verantwortlichkeit ist nicht Freiheit, sondern natürliche Noth-
wendigkeit, und Strafe ist das natürliche Mittel, durch welches zu-
gleich die Gemeinschaft geschützt und der Einzelne befähigt wird,
den Forderungen der Gemeinschaft gerecht zu werden." — Wir
müssen es uns versagen, näher auf den sehr interessanten Aufsatz
einzugehen, und möchten jedem das Studium desselben rathen, der
Gelegenheit hat, mit der Frage sich practisch zu beschäftigen.
Gerichtliche Medicin. 619
Ein in FriedreicVs Blättern (Jahrg. 46) Teroffentlichtes Gatachten zwangs-
Krafft-Ebing's betrifft eine 16jährige in mässigein Grade imbecille Per- vorBtel-
Bon, die wiederholt mit dem Beginn der Menstroation nnter dem Einfloss langen,
Ton ZwangsTorstellangen Brandstiftnngen aosgeföhrt hatte.
An derselben Stelle berichtet Ast mehrere Fälle von Gewaltthaten Melancholie,
Melancholischer; ein Gatachten über einen weiteren derartigen Fall Ast,
(Mord des Kindes nnd Yersnchter Selbstmord) hat Leppmann (Aerztl. Sach- Leppmann.
Terständigenzeitnng Nr. 20) veröffentlicht.
E. Siemerling (Württembergisches Correspondenzbl.) gibt auf sittliche»
Ghrond reicher Erfahrung eine Uebersicht über das Vorkommen von Verbrechen
Sittlichkeitsverbrechen, natürlichen, contraren und perversen Btörang,
Sexoalacten bei den verschiedenen Formen der Psychosen, besonders Siemerling.
bei pathologischen Hanschznstanden, bei Imbecillitat nnd erblicher
Degeneration überhaupt, bei neurasthenischen Zuständen.
M. Koppen (Charite-Annalen Bd. 19) veröffentlicht als Beitrag Qnernlauten-
zur forensischen und klinischen Beurtheilung des sog. Querulanten- wahn,
wahns zwei Beobachtungen über Querulanten, die sich in das Oe-
biet der raisonnirenden Form der chronischen Paranoia einreihen.
Feige hat im 9. und 10. Bande der Yierteljahrsschrift für ge-ßpiiep tische
richtliche Medicin in dankenswerther Weise eine umfassende Dar- l*«yc^oien,
Stellung der Geistesstörungen der Epileptiker gegeben.
An derselben Stelle hat Bef. vier Fälle seiner Beobachtung mit-Fr.Strasimant».
getheüt, in denen ein Mordversuch, ein Diebstahl, wiederholte Ex-
hibition und wiederholte Sachbeschädigung (Bespritzen von Damen-
kleidem mit Tinte) im epileptischen Stupor bezw. Dämmerzustand
ausgeführt worden waren. Mehrere Fälle traumatischer Epilepsie
mit consecutiver Geistesstörung^ die forensisch zu beurtheilen waren,
hat Siemerling (Tübingen 1895 j bekannt gemacht und zugleich siemerliuK.
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 42 u. 43) eine generelle Darstellung der
transitorischen Bewusstseinsstörungen der Epileptiker in forenHischer
Beziehung gegeben. — Endlich hat Thiele (Zeitschr. f. Medicinal- Thl«l.'.
beamte) einen höchst eigenthümlichen Fall unbegründeter Selbst-
anschuldigung bei einem Epileptiker veröffentlicht.
A. Cramers Gatachten über Mord im Zustand dan pathologi-
schen Rausches (Münch. med. Wochenschr. Nr. 16) betrifft einen wenig
beföhigten, mangelhaft entwickelten, aber nicht schwachMinnigen Menschen,
der auch sonst keine Spuren von Gei^te^ikrankheit zeigte. Kr war nar.li
dem Mord (Erdrosselung seiner Geliebten) bewusstlos und «chwer berauscht
aufgefunden worden. Es wurde in glaubhafter Weise Amnesie für den
620 Strassmann.
Fat ho- Vorfall angegeben. Gramer nimmt einen pathologischen, keinen gewöhn-
logiBoher liehen Rausch an, theils aus diesem Grunde, theils weil die That mit
(^^e ' grosser Muskelenergie ausgeführt sein musste. Erklärt wird das Eintreten
dieses Zustandes durch das schnelle Trinken reichlicher Mengen Schnapses
bei dem an Herzpalpitationen leidenden Mann, der zudem durch voran-
gegangenen Beischlaf und seelische Aufregungen (Aufforderung der Frau,
ihn zu ermorden) geschwächt war.
Lehrbücher und Monographieen.
Brouardel, La mort et la mort subite. Paris.
Der Process Czynski. Stuttgart.
Dragendorff, Die Ermittelimg der Gifte. 4. Aufl. Göttingen.
van Erkelens, Strafgesetz und widernatürliche Unzucht. Berlin.
Haberda, Die fötalen Ereislaufwege der Neugeborenen. Wien.
Hitzig, üeber den Querulantenwahnsinn. Leipzig.
Kratter, Tod durch Elektricität. Leipzig und Wien.
Officieller Bericht Über die zwölfte Hauptversammlung des Preussischen
Medicinalbeamtenvereins. Berlin. (Enthält unter anderem : Bein-
hauer, Ueber den Standpunkt des ärztlichen Sachverständigen bei
Anklagen wegen Wochenbettfiebers ; Becker, üeber die gerichtlich'
medicinische Beweisführung bei Unfallverletzten; Mittenzweig,
Ueber criminellen Abort.)
Piotrowski, Blutspuren bei Kopfverletzungen. Wien.
Raffalo wisch, Homosexualiiftt. Berlin.
F. Strassmann, Lehrbuch der gerichtlichen Medicin. Stuttgart
xnL
Oeffentliches Cresimdheitswesen.
Von Regierungs- und Medicinalrath Dr. Wemich in Berlin.
A. Gesundheitslehre und Gesundheitspflege.
1. Klima; Lnft, Sonnenlieht; Haarbedeeknng, Kleidnng,
Jedermann, der seit den ersten Veröffentlichungen des Ge-
sundheitsamtes die zurücktretende Bedeutung des klimatischen Moments
für die practische Hygiene verfolgt hat, empfindet vielleicht ein
gewisses Bedürfiiiss, noch einmal ein zusammenfassendes Büd der
traditionellen „Wettereinflüsse^ vor sich zu haben. Ein solches ge-
währt Dr. W. J. V a n B e b b e r ^s Buch über die hygienischeMeteo-
rologie (Stuttgart). Wenig Neues und nur dürftige Ausblicke bieten
die mit den Krankheitszuständen sich beschäftigenden, aus A. H i r s c h,
Lombard, Flügge, Payer stammenden Abschnitte „Hygiene der
Tropen", „Hygiene der gemässigten Zonen", „Hygiene der kalten
Zonen". Hier fragt man vergebens, an welchen Punkten sich Meteo-
rologie und Hygiene noch berühren, und möchte wünschen, dass
Verf. dem Physiologen und Pathologen das Wort gelassen hätte. Die
Wiedergabe der Hauptabschnitte wird die Leser am besten darüber
Orientiren, was sie in dem sehr gewissenhaft gearbeiteten Buche
Bebber's zu finden erwarten können. Er behandelt in Abschnitt I
die „Physikalischen Eigenschafken der Luft", in n die „Bestand-
theile der Luft", in DI die „Temperatur", in IV die „Niederschläge",
in V die „Gewitter", in VI „Luftdruck und Wind", in VH „Wetter
und Küma", in VD! „Das Klima".
lieber klimatische Erholungscuren, insbesondere den
Einflnss der Feriencolonieen auf kranke Kinder hat Schmid-
Elima,
van Bebber.
Sohmld-
Monnard.
622
Wemich.
Monnard (Zeitschr. f. Krankenpfl. Nr. 6) für Halle die Ergebnisse
geprüft (Athmmig, Gewichtszunahme, Farbe, Mnskelelasticität etc.).
Hieran schliesst sich eine werthvolle Kritik betreffend die Erholungs-
plätze (Gebirge, Meer, Soolbadeorte, Wälder).
Licht, W.Kruse(UeberdiehygienischeBedeutung desLichts.
^ ^me, ^^g ^^^ hygienischen Institut zu Bonn. Zeitschr. f. Hygiene u. In-
fectionskrankh. Bd. 19, H. 2).
Rubner, Rubner (TJeber die Sonnenstrahlung).
Gramer^ Gramer (Die Messung der Sonnenstrahlen in hygienischer
Hinsicht).
Rubner (Ueber den Einfluss der Sonnenstrahlung auf Stoff-
Zersetzung, Wärmebildung und Wasserdampfabgabe bei Thieren.
Arch. f. Hyg. Bd. 20, S. 309—364).
In erster Linie erschien es Rubner von Bedeutung, den EinfluBS der
Sonnenstrahlung auf den menschlichen und thierischen Organismus zu
studiren mit Hinsicht auf den Wärmewerth. Durch Gramer wurden die
Mittel geprüft, vermöge deren am einfachsten mit einer der Aufgabe an-
gemessenen Genauigkeit die Sonnenstrahlmig in absolutem Maass bestimmt
werden könnte. In zweiter Linie war dann unter genau bekannten Strah-
lungsverhältnissen Stoffzersetzung und Athmung beim Thiere zu prüfen.
Ein unter Zuziehung des Poui 11 e tischen Pyrheliometers geaichtes Vacuum-
thermometer nach Arago-Davy schien zur Messung der Sonnenstrahlung
verwendbar. Stellte man mit den Sonnenversuchen die Sonnenausschluss-
versuche in Vergleich, so ergab sich : Ein der Sonnenstrahlung ausgesetztes
Thier zeigt eine Vermehrmig der Gesammtwärmeproduction und eine sehr
gesteigerte Wasserverdampfung; — die Wlb^neregulation eines sich son-
nenden Thieres wird durch einen Ueberschuss der Sonnen- über die Schatten-
temperatur um 18° ebenso beeinflusst wie durch einfaches Steigen der
Lufttemperatur um rund 9^ Somit reagirt erst auf einen ganzen Grad
Ueberschuss von Sonnentemperatur über die Schattentemperatur der thie-
rische Körper mit derselben Zersetzung wie bereits auf einen halben Grad
einfacher Lufttemperaturerhöhung. Die Schlussfolgerungen gelten für iQimata
mit hohen Schattentemperaturen (imser sommerliches Klima); für ein
Klima von energischer Strahlung combinirt mit niedriger Schattentempe>
ratur (wie etwa Daves) hätte sich der Vorgang des erwärmenden Einflusses
der Strahlung innerhalb des Gebietes der chemischen Wärmeregulation
abgespielt.
E. V. Esmarch. E. V. Esmarch (Ueber Sonnendesinfection. Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 16, H. 2). Den gewöhnlichen Desinfectionsmitteln bleiben,
wie V. Esmarch in Erinnerung bringt, manche zu desinficirende
Stücke unzugängUch; er rechnet hierzu Ledersachen, Polstersitze,
foumirte Möbel, Pelze und weist auf die vielfachen Versuche hin.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 623
laut deren die Sonne sich als ein wirksames Mittel zur Abtödtung
von Bacterien erwiesen hat. Demgemäss stellte er eigene Experimente
mit der Besonnnng der vorher genannten Sto£Pe an und kam in die
Lage, durch eine Tabelle wohlangeordneter Versuche nachzuweisen,
dass den Sonnenstrahlen eine desinficirende Wirkung zwar zukommt,
aber nicht für die Praxis, da den tiefer sitzenden Bacterien und
Keimen gegenüber die Sonnendesinfection im Stiche lässt.
Rubner (Einfluss der Haarbedeckung auf Stoffver- Natürliche
brauch und Wärmebildung. Arch. f. Hyg. Bd. 20, S. 365. — , .. \'','? ,
" •'^ ' künstliche
Die mikroskopische Structur unserer Kleidung. Arch. f. Hyg. Haut-
Bd. 23, H. 1. — Thermische Studien über die Bekleidung des Bedeckung,
Menschen. Arch. f. Hyg. Bd. 23, H. 1: Feuchtigkeit und Wärme- ^^^''^'''
leitung. — Die äusseren Bedingungen der Wärmeabgabe von feuchten
Kleiderstoffen. Arch. f. Hyg. Bd. 33, H. 1).
Die mikroskopische Structur der Kleidung wird bei 20 — 50facher Ver-
gröBserung an Schnitten untersucht, welche letztere, quadratcentimetergrossen
Zeugstücken (in Aetheralkohol , dann 24 Stunden in zähflüssiger Celloidin-
lösnng durch Aufkleben auf Kork, durch Erhärten in 60°/oigem Alkohol prä-
parirt) entnommen, durch das Mikrotom in der Grösse von 50 |i hergestellt, mit
Anilinöl und Xylol behandelt und in Canadabalsam eingelegt werden. Um die
mikroskopischen Ansichten verständlich zu bezeichnen, unterscheidet Rubner
die Lufträume in Fadenrämne (in den einzelnen Fäden selbst). Zwischen-,
fadenräume und Contacträume (kleine Lufträume in Berührung mit be-
nachbarten Gegenständen). Beispielsweise würden dichte glatte Gewebe "
fast nur Contacträume aufweisen; Faden- und Zwischenfadenräume fast *
gar nicht.
Zur Messung der Oberflächentemperatur an bekleideten und
unbekleideten Stellen sowohl als auch an den einzelnen Kleidungs-
stücken selbst dienten Thermoelemente aus Eisen ujid Neusilber, die
in Verbindung standen mit einem Spiegelgalvanometer. Die Ober-
flächentemperaturen erwiesen sich verschieden, je nach den Schwan-
kungen der Wärmeproduction im Organismus selbst und je nach den
Schwankungen der die Wärmeregulation beeinflussenden Momente
der Anssenwelt. Stieg die Aussentemperatur von 16 ° auf 26,5 ®, so
stieg die Kleidungstemperatur von 26,6 ^ auf 29,7 ®, die Temperatur
der nackten Stellen um 4,3°. Je höher die Temperatur, desto ver-
schwindender ist die Differenz zwischen Kleidungs- und Haut-
temperatur. Das Anlegen mehrschichtiger Kleidung erhöht successive
die Haattemperatur, so das Anlegen von Hemd, Weste, Bock von
27,9'' anf 31,1°. Die Behaglichkeitsgrenze liegt nahe bei 33°.
624 Wernich.
2, Hygiene des Wohnens; kfingtliche Erwärmnngr) Belenchtang,
Lflftnng«
Logir- Common lodging houses, casual wards and shelters (Sanit. Record,
häuser, Angust 23). Es werden verschiedene Lücken aufgedeckt, welche
infolge der Begriffsbestimmung über Logirhäuser niederen Banges
besonders in dem Strafverfahren über unterlassene Desinfection zu
Tage getreten sind.
Haus- Röchling (Technische Einrichtungen für Wasserversor-
entwäflse- ^^ Kanalisation in Wohnhäusern. Mit 27 Abbildungen.
rung, o o ^ ...
H. Aifr. Roch- Braunschweig. Friedrich Vieweg & Sohn).
i"*ß» A. Unna (Die Ausführung der Hausentwässerung mit
Rücksicht auf die hygienische Bedeutung der Kanalgase. Centralbl.
f. allg. Gesundheitspfl. Bd. 14, H. 11 u. 12).
£. GottsohUch. Gottschlich (Die hygienische Bedeutung des Ha usschwamms.
Aus dem hygienischen Institut zu Breslau. Zeitschr. f. Hyg. u.
Infectionskrankh. Bd. 20, H. 3).
Eine ausfuhrliche Studie über die Kohlenoxydgasvergif-
tung vom medicinal- und sanitätspolizeilichen Standpunkte ver-
Heizung undöffentlichte Störmer (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl.
^jj^^jj^jg^"^ 'Sanitätswesen Bd. 9, H. 1 — 3). In der gross angelegten Arbeit werden
oxydgas- die Eigenschaften der einzelnen CO-haltigen Gasgemische analytisch
Vergiftung, ^^j^^ ^ ihren Beziehungen zur Heiz- und Stubenlufb, die Schädlich-
keit der Ofenklappen, die Verstopfungen der Rauchrohre und der
offenen Kohlenbecken nebst den Bedenklichkeiten der Carbon-Natron-
öfen und alle Möglichkeiten verborgener Kohlensäureentstehungen
betrachtet. Vom Leuchtgas und seinen drohenden Gefahren, der
Möghchkeit,- dass dieses Gas geruchlos werden und noch gi£tig
wirken könne, wird ein anschauliches Bild geliefert. Die mehr*
fachen Fälle, in denen die warme Luft in Häusern aufsaugend auf
das in den Erdboden ausgeströmte Gas wirkte, werden analysirt. —
Von actuellem Interesse ist der Abschnitt über Wassergas und seine
Abarten. Die Verwendung derselben in der Industrie scheint nicht
gefährlicher als die des Leuchtgases zu sein. Von den Gruben-
und Minengasen werden ausfuhrliche Analysen mitgetheilt. Es ist
auf den verschiedenen Gehalt der Pulverdämpfe an CO Rücksicht
zu nehmen, der bei den einzelnen Pulversorten verschieden aus-
fallt. Auch bei den deletären Wirkungen der Dämpfe anderer Spreng-
stoffe ist der CO-Gehalt von Wichtigkeit. — Was nun die Häufig-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 625
keit der CO- Vergiftungen betrifft:, so dürfte sie sehr gross — ja,
die CO-Vergiftnng dürfte mit ihrem Antheil von 36 '/o von allen
Vergiftungsarten die hanfigste sein. Ln ganzen prenssischen Staate
betrogen alle Yergift^ongsfaile 1890 273, 1891 337. Davon waren
im Jahre 1890 172, 1891 180 Kohlendnnst- nnd Leuchtgasvergif-
tongen. Die Wassergasvergiftxmgen sind in New York am hanfigsten
(1886 35 Fälle). CO-haltige Grubengase haben in Preussen stets
eine bedeutende Zahl von ünglücksüülen hervorgebracht, derdn Höhe
mit 275 auf das Jahr 1885 fieL Eine Berliner Statistik zeigt die
Verunglückungen durch Kohlenoxydgas und Leuchtgasvergiftungen
seit 1865 in langsamer Abnahme.
Geelmuyden (Ueber die Yerbrennungsproducte des Verbren-
Leuchtgases und deren Einfluss auf die Gesundheit. Arch. f. n^ngs-
^ prodiictc
Hyg. Bd. 22, H. 2) hat in seiner Arbeit nach verschiedenen mit be- des Leucht-
sonderen Methoden angestellten Vorversuchen (es handelt sich um gas es,
das Gas in Christiania) die Luft in mit Gas übermässig stark be- ^^^'^y^®'^-
leuchteten Wohnzimmern geprüft. Er kommt zu dem Schluss, dass
eine Verunreinigung der Luft bis zu 1 °/o bei Gasbeleuchtung niemals
oder nur unter exceptionellen Verhältnissen in unseren Wohnräumen
zu Stande kommen dürfte. Ein Kohlensäuregehalt von 0,6, ja 0,8 ^/o
wird in schlecht ventüirten Zimmern allenfalls, in gut ventilirten
jedoch schwerlich ein höherer als 0,2 — 0,3,*^/o eintreten können. Der
Gehalt an schwefliger Säure wird kaum höher steigen als bis zu
0,001 — 0,0015 VoL-Proc. — Die mit der Gasbeleuchtung unumgäng-
lich verbundene Wärmestrahlung ist geringer als die bei der Kerzen-
beleuchtung entstehende. Wendet man grosse Brenner an, so ist
sie auch weniger hoch als die , von Petroleumlampen ausgehende.
Es liegen also keine Gründe vor, die Gasbeleuchtung für die Ge-
sundheit schädlicher anzusprechen als die Beleuchtung mit anderen
Substanzen, durch deren Verbrennung Licht erzeugt wird. — Auch
werden noch gärtnerische Experimente angefahrt, die zeigen, dass
es sehr wohl möglich ist, selbst die meisten Palmenarten, welche über-
haupt in Wohnzimmern gedeihen, auch in solchen Zimmern zu ziehen,
in denen Gas gebrannt wird.
In ähnlichen Bahnen bewegen sich die umfänglichen Unter- The Lancet
suchungen, welche The Lancet, special analytical and sanitary Com- ^»^oratory.
mission unter dem Titel „Ine ande sc ent System of Gas Light-
in g" (Lancet, Jan. 6) veröffentlicht hat. Ausgegangen wurde hier
von der Leuchtkraft und dem Gasverbrauch seitens der verschiedenen
Brennerconstructionen.
Jahrbuch der practiBcheii Medicin. 1896. 4Q
626 Wemich.
Oasgiüh- W. Oentsch (Gasglühlicht. Dessen Geschichte, Wesen und
licht Wirkung. Stuttgart).
W. Gentsch. ^ o /
3« Reinhaltmngr des Erdbodens in den Wohnplfttzen nnd in ihrer
Umgrebnngr*
In seinem kurzen Vortrage über die Gräberfauna (Ann. d'hyg. publ.,
Begräbnis s- Januar) führt Mögnin hauptsächlich die älteren Untersuchungeergebnisse
platze, Bergeret's unter näherem Eingehen auf die Larven der in Frage kom-
' menden Coleopteren, Lepidopteren und einiger sonstigen Inseotenfamilien
auf. Er neigt dazu, im ganzen acht grössere Gruppen von Leichenverzehrem
zu unterscheiden.
Städtische Hinkeldeyu (Die Nothwendigkeit weiträumiger Be-
^^°^^P^***®' bauung bei Stadterweiterungen und die rechtKchen und technischen
Mittel zu ihrep^ Ausführung. Deutsche Vierteljahrsschr. f. ö£Pentl. Ge-
sundheitspflege Bd. 27, H. 1).
In einer grösseren Arbeit „The drainage of villages"
spinks. versucht Spinks (Sanit. Becord, Sept. 20 fiP.) eine genaue Definition
aller in der Public health act 1875, Part m vorkommenden Be-
griffe, besonders in Bezug auf Röhren, Böhrensysteme, deren Con-
struction, Mussverunreinigung, Jauche und ihre Verwerthung, Be-
rieselung von Privatländereien; auch in Bezug auf Nebenapparate
von Kanalnetzen, Fortbewegung ihres Inhaltes, Ventilation und Ein-
steigschächte, dabei mögliche Constructionsfehler etc.
Schnee- Weyl (Ueber Schneebeseitigung. Hyg. Bimdschau. Dis-
beseitigung, cussionen i. d. Gesellsch. f. öffentl. Gesundheitspfl.).
Weyl. ^ '
Müll- Beincke, Andreas Meyer (Beseitigung des Kehrichts
b e 8 e i t i g u n g, ^^^ anderer städtischer Abfiüle, besonders durch Verbrennung. Viertel-
Andreas Meyer, ja™3schr. f. öffentl. Gesundheitspfl. Bd. 27, H. 1).
Die Müllverbrennung in England und die in Berlin
Böhm u.Grohn. anzustellenden Versuche (Reisebericht von Böhm, Stadtrath
und Grohn, Begierungsbaumeister. Berlin). Das von Strassen,
Marktplätzen und aus den Häusern stammende Müll besteht J be-
kanntlich aus Asche, imvollständig verbrannter Kohle, vegetabilischen
und animalischen Besten, besonders Fischen, Fleischresten, Gemüse-
resten, aus Papier, Abfallen der Textilindustrie, Scherben, metallischen
Dingen, Stroh (Bettstroh), Leder, Sand, Bauschutt, Strassendung
und anderen Sachen. Wie die Beseitigung am bequemsten, billigsten
und am hygienisch zweckmässigsten zu bewerkstelligen ist, darüber
ist eine Klärung der Anschauungen noch nicht eingetreten. Die
Oeffentliches Gesundheitswesen. 627
^Kosten setzen sich nämlich zusammen ans dem Kapital fiir Gmnd-
erwerb, Verzinsung und Amortisation. Es ist Kohle nothwendig
zum Anheizen des Ofens und, sofern das MüU nicht von selbst brennt,
auch zum Unterhalten der Verbrennung. Ca. 20 '/o des Anlage-
kapitals sind nothwendig als Aufbesserungskosten, und die Her-
stellung der Anlage als eine concessionsmässige , insbesondere die
Anlage des Rauchverzehrers von Jones würde die Verbrennung jeder
Tonne Mülls xna ca. 30 °/o vertheuem. Die Anlage einer Zelle, deren
sechs auf 50000 Einwohner erforderlich sind, kostet 14000 M. Ham-
burg ist mit dem Bau imd der Einrichtung einer Eeihe von Zellen
bereits vorgegangen. Für Berlin bringt der Bericht von Böhm
und Gr ohn ein grundlegendes, wenn auch noch nicht in allen Theilen
abgeschlossenes Material. Die Verff. stellen sich früheren, den gleichen
Gegenstand behandelnden Berichten (Th. Weyl) etwas skeptisch
gegenüber und weisen insbesondere darauf hin, dass das kohlenreiche
England in seinem MüU stets mindestens 10 ^/o unverbrannter Kohle
habe, während Berliner Müll davon höchstens 1 °/o aufweise, und dass
infolge dessen der hiesige Müll nicht ohne Zusatz von Kohle brennen
würde. Dazu komme, dass die feine Asche der hier üblichen Bri-
quettes die Brennbarkeit der übrigen StofiFe des Mülls zu paralysiren
im Stande wäre und somit die Ausnutzung der Wärme und die
Bentabilität der Nebenanlagen sehr fraglich sein würden. — That-
sächlich brennen die meisten Sorten des Berliner Mülls nicht ohne
perpetuirlichen beträchtlichen Kohlenzusatz.
Zur Gesundheitspflege auf dem platten Lande for-
mulirt Scholtz (Deutsche Vierteljahrsschr. f. ö£Pentl. Gesundheits- Hygiene
pflege Bd. 27, H. 2) eine Beihe von bestimmten Forderungen, näm- ^i*^ ^
lieh: die Einführung ländlicher Bauordnungen, welche auch die schoitz.
Hygiene so weit berücksichtigen, dass sie bei der Bauanlage ge-
setzliche Mindestforderungen bezüglich bewohnter Räume festlegen,
auch Bestimmungen trefiPen hinsichtlich der Benutzungen der B.äume
und nicht weniger auch Bedacht nehmen auf die Assanirung der
nächsten Umgebungen ländlicher Wohnstätten (Einrichtungen der
Gehöfte) ; eine dauernde und systematische Ueberwachung der Schul-
gesundheitspflege unbeschadet einer besonderen Regelung der Vor-
beugongmaassnahmen beim Auftreten ansteckender Krankheiten; eine
durchgebildete Beaufsichtigung des Fleischverkehrs auf dem Lande
zum Schutz gegen Schädigungen der Gesundheit und gegen materielle
üebervortheilung. Nöthig ist hier eine allgemeine und in verschiedenen
Instanzen zur Controlle stehende Fleischbeschau (nicht bloss Trichinen-
628
Weniich,
WasBer-
gesetze,
Thomson,
Smartf
Büsing,
Wemioh.
schau) ; Einsetzung permanenter Sanitätscommissionen auch in kleinen
ländlichen Orten.
4. Hygrienische Wasserwirthsohaft.
Eine Reihe wohlerwogener Hülfsgesetze zur Durchfuhrung der
„drainage and plumbing Regulations^' 1892 brachte Thom-
son in seiner Perth health lecture (Sanit. Record, 16. Febr.) zur
Besprechung.
Eine interessante ParaUele zwischen den Anschauungen der
deutschen bacteriologischen Schule und den englischen Bericht-
erstattern über die Frage der Wasserverunreinigung und
Wasserreinigung zieht die Arbeit von Smart (Sanit. Kecord,
13. April), um zu dem Ergebniss zu gelangen, dass im Augenblick
sich die Lehre von den Wasserbacterien in einem zu chaotischen
Zustande befinde, um als Grundlage für die Aufstellung allgemeiner
Birectiven dienen zu können«
Bemerkungen über Wasserschutz unter Bezugnahme
auf den Entwurf eines preussischen iWassergesetzes
machten nach verschiedener Richtung Büsing und Wernich
(Beil. zur hygienischen Rundschau Bd. B, Nr. 18). Ersterer will den
Schutz der Gesetze nicht allein für die offen fliessenden, sondern
auch für die Grundwasser in Anspruch nehmen. Wahrscheinlich
wird in der Heranziehung der letzteren die Zukunft des Wasser-
versorgungsproblems liegen. Es ist erwünscht, dass neben wirth-
schaftlichen Interessen des Wasserschutzes auch die gesundheitlichen
zu ihrem Recht kommen. Der unberechtigte Unterschied zwischen
Quell- und Grundwasser wäre fallen zu lassen. — Wernich be-
tonte den Schutz und die Regelung der Wassergewinnung, auch
besonders unter Fetsetzung genauer Bestimmungen über das Eigen-
thumsrecht der Wasserflächen und Wasseremten und Hess sich über
die Forderung aus, das gereinigte Wasser und die Thätigkeit der
Wasserwerke in dieser Richtung unter das Nahrungsmittelgesetz zu
stellen. Es sei aber auch ein Schutz der Wasserwerke gegen das
Verdict der „Verseuchung" zu erstreben und für diese Zwecke die
Gründung eines deutschen Wasserwerkrechts im Auge zu behalten.
FiuBs- Rubner (Hyg. Rundschau Nr. 20), Beitrag zur Kenntniss der
verunreini- Flu SS Verunreinigung durch anorganische Stoffe.
Rubnw, Stubben (Oentralbl. f. aUg. Gesundheitspfl. Bd. 14, H. 11
Stubben, u. 12). Die Lösung der Wasserversorgungs-, Entwässerungs-
und Reinigungsfrage in Paris.
Oeffentliches Gesondheitswesen.
629
Rfinsdi,
Fischer,
G. Kabrhel (Arch. f. Hyg. Bd. 22, H. 4), Experimentelle Filtration,
Studien über Sandfiltration. ^' ^»^rhel.
Beinsch (CentralbL f. BacterioL Bd. 16, Nr. 22). Die Bacterio-
logie im Dienste der Sandfiltrationstechnik.
Fischer (Yortr. in d. Qtes. f. off. Gesnndheitspfl. Hyg. ßund-
schaa Nr. 7). Das Sandplattenfilter und seine Anwendung zur
centralen Wasserversorgung der Städte.
Jolin (Zeitscbr. f. Hyg. Bd. 17, S. 517). Einige Untersuchungen joiin.
über die Leistungsfähigkeit der Kieseiguhr filter (System Nordt-
meyer-Berkefeld).
Köttsdorfer (Zeitschr. f. Nahrungsmittel-TJnters., Hygiene u. Köttsdorfer,
Waarenkunde Bd. 9, Nr. 8). Versuche über die Wirksamkeit des
Berkefeld-Filter.
Wilm (Orig.- Artikel in d. Hyg. Rundschau Nr. 10). Unter-
suchungen über die Leistungsfähigkeit von Baumstämmen als Bac-
terienfilter.
Wilm (Hyg. Rundschau Nr. 10). Ueber Filtration von See-
wasser durch Holzstamme.
Wüm.
Wüm.
Sickenberger (Chem. Ztg. Bd. 14, S. 35). Zur chemischen
Reinigung des Trinkwassers.
A. Lode (Oesterr. Sanitätsw., Beil. zu Nr. 22). Die Gewinnung
von keimfreiem Wasser durch Zusatz von Chlorkalk (Traube-
sches Verfahren). Vorgetragen in der Sitzung der österreichischen
Gesellschafii für öffentliche Gesundheitspflege in Wien.
Bassenge (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 20, H. 2, S. 227). Zur Her-
stellung keimfreien Trinkwassers durch Chlorkalk.
Cayley (Lancet, 12. Febr. Cholera- und Typhus-Erfahrungen).
Filters in conneadon with the spread of disease.
Schardinger (Centralbl. f. BacterioL Bd. 16, Nr. 21). Beitrag
zur hygienischen Beurtheilung des Trinkwassers.
Dupont (Ann. d'hyg. publ., Juillet). 20 mg „Permanganate de
chaux" auf einen Liter Seinewasser möchte Dupont für genügend
halten, um letzteres steril und gutem Quellwasser gleich zu machen.
Die Annales d'hygiene publique et de m6d. legale (December)
bringen einige günstige Versuchsreihen Pouchet's über Kanal-
wasserreinigung durch den Process Howatson: eine Mischung
von Eisenoxyd (Ferrozon) mit Kieselsäure, Kalk, Aluminium, Mag-
nesia mit noch einigen alkalischen Zusätzen.
Willonghby. Sewer or Drain (Sanit. Record, 20. April).
Schwierige technische Details der Erneuerung der Londoner Kanali-
Chemisc,lie
WaBser-
reinigung,
Sickenberger,
A. Lode,
Bassenge,
Cayley,
Scheurdinger,
Dupont,
Pouchet,
Willonghby.
630
Wemich.
Ghemisohe
Wasser-
reinigung,
Ludwig n.
HülsBuer,
Iv&noff.
sationsnetze mit besonderer Rücksichtnahme auch auf die Kosten-
fragen.
Ludwig und Hülssner (Mit 4 Kth. Tafehi, Stuttgart). Die
Reinigung der Kanalwässer.
Iv4noff (Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Bd. 15, H. 1,
S. 86). Versuche über die Desinfection der städtischen Ab-
wässer mit Schwefelsäure.
Der eifrige Vorkämpfer für Reinlichkeit und Volksbäder, S. Baruch
Simon Baruch. ^ New York (Sanit. Record, July 19), hat es zunächst fttr New York City
durchgesetzt, dass das Gesetz über öffentliche Badeanstalten, welches
jede Stadt über 50000 Einwohner zur Anlegung solcher verpflichten soll,
eine Ausführung — einstweilen in Gestalt von Brausebädern — erfährt.
Yolksbäder,
5« Nahrnngsmittel-Hygiene und -Beanfsichtigmng,'
Verpackung Bonhoff (Hyg. Rundschau Nr. 7). Eine Verpackung von
NahrungB- flüssigen und halbflüssigen Nahrungsmitteln behufs Steril-
mitte in, erhaltung derselben nach Oefinen der Qeflisse.
Bonhoff.
Fleisch-
beschau,
Marx,
Nooard.
Marx (Deutsche Vierteljahrsschr. f. öflFentl. Gesundheitspfl. Bd. 27,
H. 4) verbreitete sich über Fleischbeschau und die Nothwendig-
keit ihrer Einfuhrung für alles zur Ernährung der Menschen bestimmte
Schlachtvieh vor und nach dem Schlachten. Als Gfrundlage der
Forderung dienen die Beweise des Zusammenhanges bestimmter
Zoonosen (Milzbrand, B.otz etc.) mit schweren Erkrankungen bei
Menschen und kurze Analysen von Massenerkrankungen nach Fleisch-
vergiftung, welche Marx an einer Beihe bekannter imd vielbe-
sprochener Vorkommnisse anstellt.
Nocard (De Femploi de la viande de cheval dans certains sau-
cissons. Ann. d'hyg. publ., Avril) empfiehlt als sicherstes Reagens
auf die aus Pferdefleischwürsten extrahirte Bouillon
Jodwasser.
Alkohol,
Prinsing.
F. Prinzing, Trunksucht und Selbstmord und deren gegen-
seitige Beziehungen (Berlin). Der allgemein bekannte und zugestandene
Zusammenhang, dass Alkoholisten häufig Selbstmörder werden, be-
durfte an sich keines Beweises. Auch die Trennung, welche Verf.
macht: in Selbstmorde im Zustande geistiger Umnachtung gegen-
über Selbstmorden der geistig Gesunden — ist misslich und psycho-
logisch unwahr. Hier ist von einer wirklichen Gegenüberstellung
nicht zu reden. Wo, wann, warum wird der Trinker zum „geistig
TJmnachteten" ? — Bei 18*/o Selbstmördern, meint Verf. im fiinften
Oeffentliches Gesundheitswesen. Q31
Kapitel, bleiben die Motive nnbekaimt; aber tragen nicht noch viel
mehr Procente der angeblich ansgemachten Motive das Zeichen der
XJnwahrscheinlichkeit an sich? — Die am Schlnss angestellten
Tabellen (sie sind vielfach bereits in ähnliche Erörterungen über-
gegangen) ,,Motive der Selbstmörder^ reden hierüber eine beredte
Sprache. Die zwei Karten von Deutschland, in welche einerseits
die Frequenz des Selbstmordes, andererseits die Menge des von der
Bevölkerung consumirten Alkohols einsohra£firt sind, ähneln sich in
Sachsen, Schlesien, Brandenburg. Sie differiren stark in Schleswig-
Holstein, wo viel Selbstmorde und wenig Alkohol zusammentreffen,
und nicht weniger in Preussen und Pommern, wo wenig in Suicidium
gemacht und gleichzeitig massenhaft Alkohol consumirt wird. So
haben Prinzin g's Beweise manche Lücke.
Dräer (Centralbl. f. allg. Gesundheitspfl. Bd. 14, H. 11 u. 12). Künstliche
Die Bacterien der künstlichen Mineralwässer, speciell ^Jl"*
' * Wasser,
des Selterswassers und der Einfluss der Kohlensäure auf dieselben, Dräer.
sowie auf Choleravibrionen.
A. Jolles (Centralbl. f allg. Gesundheitspfl. Bd. 14, H. 11 u. 12). Margarine,
Ueber Margarine. Eine hygienische Studie. * *^ ^^'
Sidney (British, med. Joum. S. 1392), Cheese and butter Hygiene dei
as possible carriers of typhoid and cholera infeotion. ^^^ Milch
Vorschläge zur Eegelung der sanitäts- imd marktpoUzeilichen pro du et e.
ControUe der Marktmilch in Wien macht Kammer er (Oesterr. Sidney,
Sanitatswesen Nr. 14). Es soll die Ausfuhr von Milch in fremde
Gemeinden von einer besonderen Genehmigung der zuständigen Auf-
sichts-(Polizei-)Behörden abhängig gemacht und die Milchwirth-
schaften unter thierärztliche ControUe gestellt werden. Nicht mehr
als den Werth einer Voruntersuchung sollte die ControUe durch dit;
Marktbeamten haben, welche gleichwohl in den zur Vorfügung
stehenden geläufigen TJntersuchungsmethoden gründlich zu schulen
mid mit einer eingehenden, aUe vorkommenden Fälle gründlich be-
rührenden Instruction auszurüsten sein würden. Auf ihre ControUü
hätte dann stets noch die wirkUch fachmännische seitens eincH
Nahrungsmittel-Chemikers zu folgen (städtischer Angestellter an der
Spitze eines städtischen TJntersuchungsamtes). — Eine Enquete von
Pachmännem hätte die Grenzwerthe für die maassmöglichen Be-
standtheile resp. fiir die Marktfähigkeit der einzelnen Rahm- und
Milcbsorten festzulegen. Conser\''irende Zusätze zur Milch seien zu
632
Wemich.
Hygiene der verbieten, das Pasteurisiren dagegen zu gestatten, vielleicht zu
Milch, fördern. Schüler sollten in den Schulen, das Publicum durch die
Presse in steter Wiederholung darauf geführt werden, nur gekochte
Milch zu gemessen. Für die Säuglingsemährung sollten humanitäre
Vereine etwa in der Weise Sorge tragen, dass sie sterilisirte Milch
zu den der unbemittelten Erlasse geläufigen Preisen abgeben Hessen.
Aber auch Belehrungen über Beinhaltung der Geschirre etc. müssten
hier gewissermassen erziehlich mitwirken. Beim Milchverkaufen
durch kleine Betriebe wäre die Beschränkung einzuführen, dass die
Müch — zur Verhütung der Verpanschung und der Weiterbehand-
lung an unreinen Orten — nur in geschlossenen Behältern zugeführt
und gehalten würde.
Rubner, Rubner (Hyg. Bundschau Nr. 22). Notiz über die Unter-
scheidung gekochter und ungekochter Milch.
Eine „Verbesserung bei den Vorrichtungen zur Herstellung
A. Stutzer, sterilisirter Milch" sieht Stutzer (Hyg. Bundschau Nr. 24) in
einem anderweitigen rationellen Ersatz der Verschlussvorrichtungen
mit Gummi. Für die Au&ahme riechender Stoffe ist die Milch sehr
empfindlich; schon beim Beginn der Erhitzung nimmt sie den
Gummigeschmack an, noch mehr, sobald Dämpfe aus der Milch im
Maschenhalse kreisen, den Gummiverschluss berühren und verdichtet
in die Müch zurückfliessen. Die Einschaltung eines Aluminium-
ventils vor der Gummikappe wäre im Stande, den Missständen vor-
zubeugen, da ein solches leicht genug ist, sich während des Sterili-
sirens spontan zu heben und die Dämpfe austreten zu lassen.
A. Stutzer (Vortr. in d. 25. Generalversamml. d. Niederrh.
Vereins f. öffentl. Gesundheitspfl., Bonn). Die Milch als Kinder-
nahrung und Vorschläge zu einer neuen, den Eorderungen der
Hygiene und Volkswirthschafb besser entsprechenden Verkaufsweise
der Milch.
Backhaus. Backhaus (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 26 u. 27). Ueber Her-
stellung von Kindermilch. (Vergl. auch die im Abschnitt „Kinder-
krankheiten" über Milch handelnden Arbeiten.)
6. Hygricn« des schulpflichtigen Kindesalters.
Schulränme, In geschlossenen Schulräumen stellten Buete und Enoch
Ruete, (Münch. med. Wochenschr., 21. u. 28. Mai) bacteriologische
Untersuchungen an. Das Minimum der vorgeftmdenen Keime
belief sich auf 1500, das Maximum auf 3000000 im Cubikmeter.
268000 Keime im Cubikmeter SchuUuft dürften den Durchschnitt
Oeffentliches Gesundheitswesen. 633
bilden. Weshalb so angemein verschiedene Ergebnisse erhalten
wurden, vermögen Verff. nicht zn erklaren. (£s handelte sich nm
winterliche Untersuchungen.) 18 Bacterienarten wurden isolirt und
gezüchtet. Mit einem pathogenen Bacülns wurden Yerimpfungen
angestellt, die bei verschiedenen Yersuchsthi^-en schwankende Re-
sultate ergaben.
Die hygienischen Anforderungen an ländliche Schulen
suchte Solbrig (Frankfurt a. M.) zu fisiren. Seine Abhandlung Solbrig,
berücksichtigt nur ländliche Schulen. In ihrer ersten Hälfte enthält
sie die Anforderungen, welche die Gesundheitspflege an den Bau
imd die innere Einrichtung der Schulgebäude und an die Ertheilung
des Unterrichts zu stellen hat, in der zweiten gibt sie für vier Kreise
im Kegierungsbezirke liegnitz eine Beschreibung der Schulverhält-
nisse ähnlich derjenigen, welche vor zwei Jahren zuerst Langer-
hans fiir den Kreis Hankensbüttel geliefert hat. Die übersicht-
liche und erschöpfende Darstellung dürfte denjenigen Collegen wül-
kommen sein, welche ländliche Schulen zu revidiren haben.
Zur Schulhygiene in Rumänien äussert sich Felix (Zeitschr. f. Felix.
Scbulgesundheitspfl. Nr. 12) in mehrfach kritischen Bemerkungen. Nicht
genügende Ventilation und zu seltene Reinigung, nicht mustergültige Zu-
stände in manchen Internaten bilden die Hauptpunkte. Dazu fehlt es an
Erfüllung des Programms der Haushaltungslehre, welche vielfach nur auf
dem Papier figurirt Die nämliche Klage wie in Deutschland, dass die un-
bemittelten Mädchen ohne jede Ausrüstung mit nützlichen Kenntnissen in
das practische Leben treten, wird auch dort gehört. Lehrcurse für Haus-
haltung, Hauswirthschaft , Kochkunst, Wäschereinigen etc. sind dringend
zu fordern.
Abbildungen für den hygienischen Unterricht in Schulen
bespricht Otto Janke (Zeitschr. f Scbulgesundheitspfl. Nr. 11). Unterriohts-
Eine Grösse, um alle Details zu erkennen, Tafeln, die nur le ein ^®.^V^'
' ^ ^ ' ' «* Stande,
Object bringen, Colorirung, nichts Unschönes oder Verletzendes dar- o. Janke
zustellen: das wären die an anatomische Abbildungen zu stellenden
Torderungen, für deren Erfüllung einige neuerdings erschienene
Werke (Fiedler, Wenzel, Klika, Ebenhöch) als Beispiele an-
geführt werden. Für anschauliche Belehrung auf einem anderen
•wichtigen Gebiet werden Kalle's Nahrungsmitteltafeln als Beispiel
aufgeführt.
Eine Schulüberbürdung ia ziemlichem Maass als wirklich
vorhanden anzuerkennen, zeigt sich Lagneau (Du surmenage intel-
lectuel dans les ecoles et de la nervosit6. Ann. d'hygi^ne publ. etc.,
634
Wemich.
bärdang,
LagTieau,
Jä^er,
Eulenborg,
Schttiüber- FövT.) durchaus geneigt. Dmi zufolge sind Nervosität, Neurasthenie,
Geisteskrankheiten als Folgen unverkennbar. Auch den körperlichen
Störungen zeigt er volle Beachtung; die Prüfung der Abhülfen ist
etwas im Tone gar zu allgemeiner Betrachtungen gehalten.
Jäger (Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspfl. Nr. 26
u. 27). Schulhygienische Untersuchungen zur Beurtheilung der
Ueberbürdungsfrage.
Noch einmal „Zur Schulüberbürdung" äussert sich Eulen-
burg (Deutsche med. Wochenschr., 28. November), und zwar specieU
zu dem Verhältniss zwischen Unterrichtspausen und Ermüdung und
körperlichen Belastung durch das Hin- und Herschleppen der Schul-
bücher. 4175 — 5200 g werden tagtäglich mehrere Male auf dem
Bücken lljähriger Knaben transportirt, die dadurch förmlich zu
Schleppkulis herabgedrückt werden. Auch die schlecht abgestimmten
Verhältnisse der Stundenpläne zu dem Confirmandenunterrichtsbesuch
und die unpractische Legung der Sommerferien werden in den Be-
reich dieser Kritik gezogen.
Schulbank-
frage,
F. Dornblüth,
Goetze,
Rettig,
F. Dornblüth (Zeitschr. f. Schulgesundheitspfl. Bd. 8, S. 154).
Goetze's Sitz- und Stehschulbank.
Goetze (Nochmals meine Sitz- und Stehschulbank. Zeitschr. f.
Schulgesundheitspfl. Bd. 8, S. 271).
W. Rettig's neue zweisitzige Schulbank (Verlag d. Leipz.
Lehrmittelanstalt) hat keine beweglichen Theile und beansprucht
keine grössere Saaltiefe als die der mehrsitzigen Bänke. Es
wird dies dadurch erreicht , dass die Pultbreite 120 cm hält , die
Sitzbreite für die Person nur 36 cm , so dass auf jeder Seite des
Sitzes 12 cm frei bleiben und dem Zwischengange zu Oute
kommen, dass die Stirnwand der Bank nicht am Ende der Pult-
platte, sondern am Ende der Sitzbank angeordnet ist und dass
endlich die Pultplatte für einen Schüler bei dieser Bank ohne
Nachtheil um 2 cm verkürzt werden konnte. Die Bank ist femer
am Boden derartig befestigt, dass sie umgelegt und dadurch der
Saalboden für die Reinigung freigelegt werden kann. Die Be-
festigung wird auf der vom Eenster abgewendeten Seite durch zwei
Gelenkstücke mittels Schlüssels auf einer am Boden festgeschraubten
Schiene bewerkstelligt; die Umlegung, welche bequem eine Person
besorgen kann, erfolgt um die Längsaxe des Zimmers. Ausserdem
hat die neue Bank einen durchbrochenen Rost zum Aufsetzen der
Füsse, der bei allen Grössennummem 19,5 cm über dem Boden steht,
sie ist nach deutschem System erbaut und mit engem Lehnenabstand
Oeffentliches Gesondheitswesen. 635
•
und schmaler Sitzbank versehen. Ob die zahlreichen Vorzüge des
Systems in pädagogischer, banlicher, wirthschaftlicher und saniUlrei'
Beziehung, welche der Verf. am Schlüsse seiner lesenswertheu Bro-
schüre aufzählt, ihatsächlich vorhanden sind, das kann nur der Ver-
such lehren.
A. Hermann (Zeitschr. f. Schulgesundheitspfl. Bd. 8, S. 518 A Hennimu.
bis 520). Ein zum Sitzen imd Stehen eingerichtetes Schulpult
mit aufklappbarem Tischblatt, Sitz> und Fussbrett.
Einige Worte über die Kinderheilstätten an den deutschen
Seeküsten veröffentlicht M. Salomon, der Generalsecretär des Vertohip
Unternehmens in der Zeitschr. f. Krankenpfl. (Nr. 8). Er geht auf j.. ig^^Klii
die Transporte, die Dauer der Curperiode (6 Wochen), die Kosten- Btation,
frage und die Curerfolge näher ein. ^* ftÄlüiwon.
Ueber die dauernden Erfolge der Feriencolonieen verbreitet
sich ein ausfuhrlicher Bericht von Goepel (Deutsche Vierteljahrs- Feri«»-
Schrift f. off. Gesundheitspfl. Bd. 27, H. 2). Auf einen lOjährigen ""^^J^" [,«""'
Zeitraum erstreckten sich die auf 363 — besonders jüngere — Kinder
bezüglichen Beobachtungen. Aus den Messungen und Wägungen
der Colonisten im Vergleich zur gleichaltrigen sonstigen Jugend (sie
sind in der Arbeit durch Curven veranschaulicht) ergibt sich als
eine Einwirkung der Ferienaufenthalte eine Zunahme der Körper-
lange und des Körpergewichts über den Durchschnitt hinaus. Hier-
bei wurden die Altersperioden absichtlich nicht mit eingerechnet,
in welchen eine raschere Entwicklung ohnehin normalerweise auf-
zutreten pflegt. Bereits zurückgebliebene Kinder näherten sich den
normalen wieder unter Einfluss der Ferienaufentlialte. So laochte
deren Wirkung der Verf. ansehen wie einen AccuiiiulÄi<<;r d«r
„Wachsthumsenergie", der Kraft zur Anbildung von Organg^i weJxj.
Was die am günstigsten beeinflussten fehlerhaften Conntitutiuneu
und Körperconstitutionen betrifft, so möchte Goepel aln HtArAm
nennen: körperlich Zurückgebliebene, allgem^ein schwäch! i<;lj (j<; baute
(mit oder ohne Scrophulose), mit Bpitzenkatarrh BtihaivaUi o<i<;r H*fiiHi
tubercolöser Anlage Verdachtige, EeconvaleK^^int/j« von Ht^iwurtiu
acuten Krankheiten. Dass eine grossere AnzM ju;^<?jjdji<;h(;r lü'ij
viduen unter der Nachwirkung der rerieiiaul'<;jjtijLuJur au<;li di^; Kr
werbsfahigkeit gewinnen, darf kaum aiige^sweiiWlt w<:ri-<j<;jj.
In seanem sehr beachten« werthen A uiüuiz ,.ß <; r u f *> w a )i 1 i - ij d
Sehkraft"* (Zeitschr. f. ScLvJgf;«{imditeitH;.»fi., W^i; mac}jt Kanfl
mann den Vorschlag, d^u aub Vü!.k*ibob'jleii Ai>gehendeü ^^
636 Wernich.
Berufswahl schein auszustellen. An der Sehkraft Geschwächte sollten die Berufe
„ ^J^^ ,, als Feuerarbeiter, Mechaniker, Schriftsetzer etc. meiden (s. auch
l::S unter „Arbeiterhy^e")-
F. Dorabiüth. r. Dornblüth (Viertel] ahrsschr. f. öflF. Gesundheitspfl. Bd. 27,
H. 1). Intemats-Erziehung und Schulhygiene.
Zahnpflege, Ros6 (Zeitschr. f. Schulgesundheitspfl. Bd. 8, S. 65 — 87). Die
Ros6. Zahnpflege in den Schulen.
7. Arbeiterhygieno«
Ueber den Einfluss der Arbeitszeit auf die Gesundheit
der Arbeiter im allgemeinen hat sich in gründlicher Weise
Arbeitszeit E. Roth verbreitet (Deutsche Vierteljahrsschr. f. öflFentl. Gesund-
Gesundheit heitspflege Bd. 27, H. 2). Die Arbeitsdauer muss um so kürzer sein,
E. Roth, je anstrengender — körperlich und geistig — und je gefährlicher
die gewerbliche Beschäftigung ist; — je weniger entwickelt und je
weniger widerstandsfähig der Organismus des Arbeiters ist (Frauen,
sowie jugendliche Arbeiter unter Heraufsetzung der Altersgrenze
für die letzteren auf das 18. Lebensjahr); — Maximalarbeitsdauer
von 10 Stimden (Ausnahmen für solche Betriebe, welche eine genaue
Umgrenzung der Arbeitszeit nicht zulassen); — Einschränkung der
Ueberstundenarbeit ; — Vor- und Nachmittagspausen für jugendliche
Arbeiter mit Ausfüllung durch Turn- und Bewegungsspiele ; — auch
für erwachsene Arbeiter ausser 1 stündiger Mittagspause noch Arbeits-
unterbrechungen einer 4fltündigen ununterbrochenen Arbeitsdauer
und einer mehr als 8stündigen Tagesarbeit. Auf Hausindustrie und
Handwerk wären ähnliche gesetzliche Schutzmaassnahmen zu er-
strecken.
Arbeiter- Erst aus dem Jahre 1893 liegen (Deutsche med. Wochenschr.,
kranken- 21. März), den umfangreichen Vorarbeiten entsprechend, die Ergeb-
rung in nisse der Arbeiterkrankenversicherung in Berlin vor. Die
Berlin, niedrigsten ErkrankungszifPem weisen auf: die Gastwirthsinnung
A^r^ toltedt ^^''^)' ^^® Schneider (14,7 °/o), die Weber (16,9 ^/o). Die meisten
Berlin. Kranken hatten zu verpflegen : die Pferdebahn-Krankenkassen (96,4,
resp. 8B,5 ®/o der Angestellten), die Steinsetzer (71,3 °/o), die Städtische
Parkdeputation (63,9 °/o). Die höchsten Sterbeziffern lieferten: die
Glaser (2,17 */o), die Dachdecker (2,11 ®/o), die Cigarrenmacher (mit
2,04 °/o). Die weiblichen Kassenmitglieder lieferten allgemein einen
etwas niedrigeren Zugang der absoluten Zahl nach, beanspruchen
aber durchschnittlich 3,67 Tage mehr zur Heilung als die Männer.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 637
Als Berufe, die von solchen jungen Leuten ergriffen werden
sollten, bei denen eine Schwächung der Sehkraft anlässlich des
Schulabganges attestirt wird (s. vorigen Abschnitt), bezeichnet Ka uff- Sehkraft
mann die Beschäftigung als: Landwirth, Gärtner, Gastwirth, Bäcker, „ V^ ^i
. . p. ,. ' Berufswahl,
Küfer, Schweizer (Molkereiberuf), die Wäschebranche, Pferde- und Kauffinann.
Viehzucht, Vertrieb von Landes- und Rohproducten, Mälzerei und
einige ähnliche.
Hinsichtlich der viel ventilirten Frage: Unter welchen Voraus-
setzungen sind die sog. Ueberanstrengungen des Herzens
directe oder indirecte Folge eines Betriebsunfalls? (Monatsschr. f.
Unfallbeilkunde Nr. 8) gelangt Schindler nach seinen Ermittlungen ü e b e r-
dazu, nach der Terminologie von Fräntzel anzunehmen, dass lieber- » i» s t r e n g u n g
^ ... des Herzens,
anstrengungen des Herzens nur diejenigen Veränderungen des letz- Schindler.
teren genannt werden sollten, welche unmittelbar nach einer ein-
maligen oder in kurzen Zwischenräumen mehrmals erfolgten, be-
stimmt nachweisbaren ausserordentlichen Kraftanstrengung entstehen
und sofort zur Arbeitseinstellung infolge der stürmischen Herzthätig-
keit und grössten Athemnoth zwingen. Diese Herzveränderungen
erfüllen den Begriff des Betriebsunfalles.
Dagegen sind hierher nicht zu rechnen und sind keine Be-
triebsunfälle jene als selbständige Ermattung des Herzens
zu verstehenden Veränderungen, welche nach gewohnheitsmässigen,
jahrelang hindurch fortgesetzten Kraftleistungen imd schwerer Arbeit
sich einstellen, ob auch immerhin plötzlich. Denn dass auch solche
sehr acut (seltener allmählich) bei Gelegenheit der gewöhnlichen
Arbeit nach Jahren — also ohne Unfall — in die Erscheinung treten
können, ist erwiesen.
Li der Monographie von Magnus: Die Einäugigkeit in ihren Einäugig-
Beziehungen zur Erwerbsfähigkeit (Breslau), findet man alle Be- ^ ^** ^u ^
Ziehungen der Einäugigkeit, sei es nach der Seite, wie und wann fähigkeit,
der Defect zu Stande kommt, sei es, wie er ertragen (sozusagen Magnus,
überwunden und compensirt) wird oder in wie hoher Quote er zum
Berufswechsel treibt, vollständig erschöpft und ausgetragen. Der
gesammte Verlust, den der einäugig Gewordene erleidet, setzt sich
aus der Schmälerung des Jahresverdienstes und der Schmälerung
der Concurrenzfahigkeit zusammen. Wechselt aber der Betroffene
seinen Beruf (gewöhnlich Eisenbranche), so verliert er noch an-
nähernd das Doppelte mehr, als wenn er seinen Beruf beibehält.
Hierzu ist um so mehr zu rathen, als die in den ersten Zeiten nach
638
Wemich.
Eintritt der Einäugigkeit vorhandenen optischen Störungen (mon-
oculärer Sehact) später vom Einäugigen hesser heherrscht werden.
Inwieweit dies geschehen, muss durch eine erneuerte Untersuchung
— etwa 1 Jahr nach dem Heilvorgang — eruirt, dann auch erst
die Beute fiir den Unfall endgültig festgestellt werden.
Prophylaxis Havas (Die Prophylaxis der venerischen Krankheiten
^f , unter den Arbeitern. Vortrag, gehalten auf dem 8. internationalen
veneriscnen ^' ^ ^
Krankheiten, Congress für Hygiene und Demographie zu Budapest. Wiener med.
Havas. Presse Nr. 32).
Milzbrand,
A. Lewin,
H. Eppinger.
Schwind-
sucht der
Arbeiter,
Sommerfeld.
A. Lewin (Ueber den Milzbrand beim Menschen. Centralbl.
f. Bacteriol. Bd. 16, Nr. 17 u. 18).
H. Eppinger (Die Hadernkrankheit, eine typische Inhala-
tions-Milzbrandinfection beim Menschen unter besonderer Berück-
sichtigung ihrer pathologischen Anatomie und Pathogenesis. Jena
bei G. Fischer, 1894).
Ueber Schwindsucht der Arbeiter, ihre Ursachen, Häufig-
keit und Verhütung stellte Th. Sommerfeld (Zeitschr. d. Central-
stelle f. Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 12 — 18) eine Reihe beachtens-
werther Thatsachen zusammen.
Antheil von SchwindsuchtstodesfWen an
1000
SterbeÜUlen
Berufe ohne Staubentwickelung
Berufe mit Staubentwickelung
und zwar Berufe mit Entwickelung mineralischen
Staubes
metallischen Staubes
von Kupferstaub
von Eisenstaub
von Bleistaub
organischen Staubes
von Leder- und Fellstaub
von Wolle- und Baumwollestaub
von Holz- und Papierstaub
von Tabakstaub
Durchschnitt
MännUche Bewohner Berlins über 15 Jahre . .
4,98
381,0
480,0
403,43
470,58
520,5
403,7
501,0
537,08
565,9
554,1
507,5
598,4
478,9
332,8
Oeifentliches Gesundheitswesen. 639
Ueber Schleifer, Feilenhauer, Steinmetzen, Steinbildhauer, Glas-
arbeiter, Porzellanarbeiter, Kalköfenarbeiter, Gipsöfenarbeiter, Achat-
schleifer, Diamantschleifer, Kohlenbergwerksarbeiter, Bäcker, Müller
finden sich für den Specialinteressenten noch weitere nicht nnwesent-
liche Daten. Die Mittel, der grossen Schwindsuchtssterblichkeit ab-
zuhelfen, werden gefunden in Vorsicht bei der Berufswahl, guter
Ventilation, grossen Arbeitsräumen, Staubverhütung, Reinlichkeit,
Beachtung der Cornet'schen Spuckvorschriften, Sanatorien.
Den Berufskrankheiten der Buchdrucker hat Hei- Krankheiten
mann (Conrad's Jahrb. f. Nationalökonomie und Statistik Bd. 10) der Buch-
eine neue Darstellung gewidmet. Rheumatismen, die häufige Krank- q. Heimann,
heitserscheinungen sind, dürften (ebenso wie Magenkrankheit, Nerven-
leiden) als Theilerscheinungen der Bleikrankheit zuweilen gelten.
Doch wird die Häufigkeit der letzteren gegenwärtig etwas über-
schätzt. Auch die Differentialdiagnose sowohl der Neurasthenie als
des Alkoholismus gegenüber den Bleieinwirkungen ist nicht ohne
Schwierigkeiten. Auf die Augenerscheinungen wie auf die Krampf-
adem geht die Arbeit näher ein. Die Disposition zu Tuberculose
ist durch das Vorhandensein von Bleistaub erheblich gesteigert. Die
Schädlichkeit desselben — auch sofern er durch ungereinigte Hände
und mit denselben eingeführte Speisen in die Verdauungsorgane ein-
geführt wird — kann durch Staubabsaugung und Reinlichkeit be-
deutend verringert werden.
Folgende Vorschriften und Regeln für die Ziegeleiarbeiter be-
gründet Dr. H. Berger (Die Gesundheitsverhältnisse der Hygiene
Ziegeleiarbeiter. Sep.-Abdruck aus d. Deutschen Vierteljahrs- arbeiter,
Schrift f. öfFentl. Gesundheitspfl« Bd. 17, H. 1) nach der Einsicht, H. Berger.
welche er in die Technik des Ziegeleibetriebes gewann, in seiner
Arbeit näher:
, An Krämpfen jeder Art Leidende und Trunksüchtige sind in Ziegeleien
wegen der Gefahr von Verletzungen durch mechanische Gewalt nicht zu
beschäftigen. Arbeitsuchende schwacher Constitution, mit schwacher Brust,
überhaupt solche, deren Gesundheit nicht sicher ist, sind vor der Annahme
thunlichst ärztlich auf ihre Gesundheit zu untersuchen und eventuell ab-
zuweisen, wenn sie der Gefahr von Lungenerkrankungen in besonderem
Maasse ausgesetzt zu sein scheinen. Den Arbeitern ist wöchentlich zweimal
Mittags Fleischkost zu beschaffen. Auf Ziegeleien ist für Beschaffung guten
Trinkwassers Sorge zu tragen. Die Arbeiter sind anzuhalten, zweimal
monatlich ein Bad oder eine Douche zu nehmen, entweder in einem nahen
freien Gewässer oder in einer Badeeinrichtung der Ziegelei. Eine Dampf-
640 Wemich.
Hygiene derbadeeinrichtung empfiehlt sich besonders wegen der häufigen rheumatischen
Ziegelei- Affectionen der Ziegler. Die Schlaf räume sollen mindestens 12 cbm Luft-
arbeiter, yg^m^ uji^j 4 qm Bodenfläche für den Mann gewähren, die Zahl der in einem
Räume zulässigen Bewohner ist behördlich zu fixiren, der Standort der
Betten ist thunlichst zu markiren, jeder Arbeiter soll ein Bett für sich
haben, das Uebereinanderstellen der Betten ist verboten. Für jeden Schlaf-
raum ist einer der Arbeiter als Aeltester zu bestimmen, welcher für Ord-
nung zu sorgen hat und für Unordnung verantwortlich ist. Genügendes
Waschgeräth ist zu stellen; Betten, Fussböden und Wände sind gehörig
rein zu halten, auch die Fenster gehörig zu lüften, eventuell ist im Winter
zu heizen. Aborte müssen in genügender Anzahl vorhanden sein und rein
gehalten werden, nur auf ihnen darf die Nothdurft verrichtet werden; Zu-
widerhandlungen sind durch Ordnungsstrafen zu ahnden. Verbandstoffe
sind in der Ziegelei vorräthig zu halten, ebenso Mittel zur Wiederbelebung ;
ein Aufseher soll mit den ersten Maassnahmen bei UnföUen vertraut sein.
Neu ankommende Arbeiter aus seuchenverdächtigen Gegenden sind in der
ersten Zeit genau zu beobachten. Bei Ausbruch von Infectionskrankheiten
ist sofort strengste Isolirung nothwendig und dem betreffenden Medicinal-
beamten alsbald Anzeige zu erstatten. Die Einrichtung eines kleinen
Lazareths und für den Fall des Ausbruchs ansteckender Krankheiten einer
kleinen Baracke empfiehlt sich sowohl im Interesse der Arbeitnehmer als
der Arbeitgeber."
Kalium- Eine kurze, aber überzeugende Darstellung der Art und Weise,
Chromat- ^^ gj^j^ ^^^ ^^j, Einwirkung des Kaliumchromat- und Kalium-
staub, , . , r>t '
Paul Müller, bichromatstaubes, aber auch des verstäubenden Chlomatnoms
und Chlorkaliums (weniger Chlormagnesiums) bei den betreffenden Ar-
beitern die perforirenden Geschwüre der Nasenscheidewand entwickeln,
gibt Paul Müller (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl.
Sanitätswesen H. 4).
•
Argyrie, L. Schubert (Ueber die Argyrie bei Glasperlenver-
L. Schubert., süberem. Zeitschr. f. Heük. Bd. 16).
Die Veränderungen der Lunge bei Steinmetzen haben durch
Steinmetzen- Beck (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öfFenÜ. Sanitätswesen
Arno^Bwk. ^* ^^ ®"^® durch bunt illustrirte Bilder veranschaulichte Darstellung
erfahren. Der pathologische Process nimmt seinen Ausgang von
den Lymphge&ssen, die durch dauernde "Reizung eine enorme Endothel*
abschilferung, demnächst eine ObUteration eingehen, zu welcher
letzteren natürlich auch die eingeathmeten Steinstaubmassen bei-
tragen und nicht weniger die an der unwegsamen Stelle sich stauende
Lymphe. Das Bild erinnert in äusserlicher Aehnlichkeit an die
Oeffentliches Gesundheitswesen.
641
Tuberkelbildung, beaonders da, wo die Heerde eine wachsende Aus-
dehnung erfahren, aucli wo der bindegewebige Einschluss und wo die
Abkapselung der Staubgebilde bereits etwas weiter vorgeschritten
ist. Wird mehr und mehr eine ausgiebige Compression des Lungen-
gewebes herbeigeführt, so ist ausgedehntes Emphysem mit seinen
ungünstigen Ausgangen die unvermeidliche Folge.
tx «* jy i A n A Hai*
Bremond (Note sur les ouvriers employes dans les raf^eries petroieum-
raffinerieen,
Bremond.
de petrole. Rev. d'hyg. Nr. 2, S. 166—172).
Aus einer Becapitulation der bedeutsamsten Arbeiten auf dem Ge-
biete der Bleivergiftungen möchte S tu 1er in seiner Abhandlung Blei-
(Ueber die Bleivergifkmg der Maler, Anstreicher und Lackirer. ^^''^Jl'""^'
Deutsche Vierteljahrsschr. f. öffentL Gesundheitspfl. Bd. 27, H. 2)
nachstehende Forderungen und Abhülfemaassregeln betont wissen.
Die Beschäftigung mit Bleifarben birgt Gefahren in sich für den
unvorsichtigen und unsauberen Arbeiter. Die Gefahren sind durch
Beobachtung folgender Vorschrifiben zu vermeiden: Das Abkratzen
alter Bleifarben von Wänden und Gegenständen darf nur nach vor-
herigem Aufweichen durch Seifenlauge vorgenommen werden. Das
Schleifen darf nur auf nassem Wege erfolgen. Die Stiele der Werk-
zeuge sind von anhafbenden Farbenresten rein zu halten. Das Lecken
am Pinsel ist verboten. Bei stäubenden Arbeiten sind Nase und
Mund durch Vorbinden reiner Tücher zu schützen. Nach Be-
endigung derselben müssen ausser den Händen auch Haar, Gesicht,
Nasenlöcher abgewaschen werden. Hierzu empfiehlt sich neben dem
Gebrauch von Wasser, Seife und Bürste eine wässrige Lösung von
weinsaurem Ammoniak, womit auch der Mund gespült werden soll.
Vor jedem G^nuss von Nahrungsmitteln und Getränken ist diese
Reinigung vorzunehmen. Bei der Arbeit darf nicht geraucht werden.
Die Arbeit ist nur in hierzu ausschliesslich bestimmtem Arbeitsanzuge
zu verrichten, der vor Beginn der Arbeit anzulegen, nach Beendigung
derselben auszuziehen ist. Bei jedem, auch dem leichtesten Unwohl-
sein hat sich der Arbeiter an einen Arzt zu wenden.
Lehmann (Ueber giftfreies Bleiweiss. Hyg. Bundschau Nr. 21). Lehmann.
8. Hygriene des Yerkefers, der Gefängrnlssey der Krankenanstalten.
In dringender Weise wird von Thomas (Sanit. Record, Nov. 8)
auf Einfuhrung einer methodischen Reinigung und Inspection innen
verschmutzter und hygienisch bedenklicher Eisenbahnwaggons hin-
Jahrbnch der practischen Medicm. 1896. 41
Eisen-
bahnen,
Thomas.
642 Wernich.
»
gewiesen. Auf vielen englischen Bahnen ist keine Person für diese
Aufgaben verantwortlich angestellt, und dieselben werden demnach
nicht in Angrüf genommen«
Schiffe, Nocht (Bemerkungen zur Schiffshygiene. Hyg. Bundschau
Kocht. jjj, 14)
Rettungs- Die Apparate von der Bopp^s zur Bettung aus Wasserge-
apparate aus^g^j^j. (g^j. ^ Polytechnischen Gesellschaft) sind wiederholt in Ham-
S;; bürg in der Aussenalster einem grösseren Kreise von Sachverständigen
von der Kopp, mit bestem Erfolg vorgeführt worden, unter anderem auch der See-
berufsgenoBsenschafb. Zwei der Apparate bestehen hauptsächlich
aus einem Gummibeutel, welcher mit einer MetaUhülse durch einen
kurzen Gummischlauch verbunden ist. Die Metallhülse dient zur
Aufnahme des Glasfläschchens mit Chlormethyl, letzteres läuft in
eine feine Spitze aus. Femer enthält der Boden der Metallhülse
die Zerbrechungsvorrichtung. Letztere besteht aus einem Stift,
welcher an einem Ende ein Messerchen trägt. Eine Spiralfeder
trachtet das Messerchen gegen die Glasspitze zu treiben und diese
zu zerbrechen. Sie wird gespannt gehalten durch einen Papierring.
Wird letzterer nass, so tritt die Zerbrechungsvorrichtung augenblick-
lich in Wirksamkeit, [und das sofort verdampfende Chlormethylgas
bläht den Gummibeutel auf. Die einzelnen Vorgänge folgen einander
so rasch, dass der Verunglückte 2 Secunden, nachdem er ins Wasser
tauchte, durch den Apparat getragen wird. Gegen] vorzeitiges
Nasswerden des Binges durch Begen, Sturzseen etc. ist entsprechend
Vorsorge getroffen. Sollte das Gas langsam aus dem Ballon ent-
weichen — was aber erst nach 6 — 8 Stunden eintritt — , so kann
der Verunglückte sets wieder Lufb hineinblasen; zu diesem Zweck
befindet sich am Gummiballon ein mit Hahn und Bückschlagsventü
versehener Schlauch. Die Bettungsapparate, welche bestimmt sind,
am Körper getragen zu werden, haben die Form einer Jacke oder
eines grösseren Opemglasetuis. An Stelle der selbstthätigen Zer-
brechungsvorrichtung kann bei den beiden Apparaten auch eine
solche benutzt werden, welche erst durch den Druck auf einen Knopf
in Thätigkeit tritt. Ein dritter Apparat hat die Bestimmung,
einem Verunglückten zugeworfen zu werden. Der Gummibeutel
Hegt zusammengerollt in einer Blechkapsel. Sobald letztere ins
Wasser geworfen wird, öffiiet sie sich selbstthätig. Der Gummi-
beutel quillt heraus und nimmt eine ringartige Form an. Dieser
Apparat hat gegenüber den Bettungsringen, wie sie sonst gebraucht
Oeffentliches Gesundheitswesen.
643
werden, den grossen Vorzug, dass er viel kleiner und handlicher
ist, als jene, daher er auch bedeutend weiter geworfen werden kann.
Er besitzt genügend Tragfähigkeit für zwei Personen. Der Wurf-
apparat ist verbunden mit einem selbstthätigen Leuchtapparat,
so dass er auch als Nachtrettungsboje benutzt werden kann.
Kolb (Beobachtungen über Tuberculose in Gefängnissen. öefängnisse,
Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Bd. 19, H. 3). - ^*'^^-
üeber die Entwickelung des modernen Krankenhausbaues
hat sich Rubner (Zeitschr. f. Krankenpflege Nr. 2) geäussert. Von den
HumanitHtsanstalten des Alterthums, den mönchischen Krankenstiftungen,
wie den vermeintlichen Musteranstalten der Renaissancezeit sind ent-
sprechende Beispiele gegeben und der Wendepunkt scharf gekennzeichnet,
von welchem ab man lernte die zu stellenden Forderungen zu definiren
und zu begründen nach Maass und Zahl.
In einer durch Klarheit und Anschaulichkeit ganz besonders
ausgezeichneten Darstellung (Zeitschr. f. Krankenpflege Nr. 10 und
Vortrag in der Deutschen GeseUsch. f. öffentl. Gesundheitspflege) hat
H. Schmieden die Fortschritte und Erfahrungen im
Krankenhausbau abgehandelt. „In welcher Art von Gebäuden
sollen die Kranken untergebracht werden?" So hat die erste Frage
zu lauten, die zweite dann sich der Nothwendigkeit von Absonderungs-
gebäuden zuzuwenden, deren Einstellung natürlich den ganzen Plan
wesentlich beeinflusst. „Jedes Land hat dabei seine Eigenart."
Aussenwände, Decken, Fussböden, Beheizung, Treppen, Verbindungs-
gänge, ihre Vortheile und Nachtheile finden sich überall zum vollen
Verständniss gebracht.
Kranken-
häuser:
Kranken-
hausbau,
Rubner,
Schmieden.
W. Key (The Ventilation of hospital and the treatment flospitai-
of infected air. Lancet, 11. Mai, auch Sanit. Record, 17. Mai). Ver- ''®^' ^^y'''''
schiedene Methoden, um den Luftwechsel in Ej*ankensälen zu be-
schleunigen.
Zur Lösung des schwierigen Problems des Krankentransports,
speciell in dem Sinne, dass in Grossstädten aufaahmebedürftige Kranke
nicht wegen Ueberfüllung a limine zurückgewiesen und auf die Suche
gefahren werden, hat J. Schwalbe (Deutsche med. Wochenschr., Kranken-
25. Juli) für Berlin den Vorschlag gemacht, in den Polizeirevieren j^g^^^,^^*'
Tafeln aufzuhängen, die mit dreimal täglich zu berichtigenden Zahlen-
angaben der in den wichtigsten Krankenhäusern freien Betten aus-
zustatten wären — etwa durch Vermittelung einer telephomschen
644 Wemich.
Centsralstation. Die Prüfung des Projects befindet sich noch in der
Schwebe.
städtische Ein wichtiges Specialgebiet wird von v.Ziemssen beschritten,
Reconvaies- ^^enn er sich (Zeitschr. f. Krankenpflege Nr. 3) über die Bedeu-
anstaiten ^^^g städtischer Reconvalescentenanstalten auslässt.
V. Ziemssen. Von den Gefahren, welche den Genesenden, so lange sie sich in den
Krankenhäusern aufhalten, in Gestalt der Infectionen drohen, wird
ausgegangen, aber auch dargethan, wie mangelhaft in so manchen
Lebenslagen für den Genesenden fürgesorgt ist, der in schnellem
XJebergang aus dem Schutz des Krankenhauses entlassen wird. Das
Krankenversicherungswesen wirkt ohne Heimstätten für Genesende
kaum halb. Die Reihenfolge der gerade diese Pflege Beanspruchen-
den dürfte (vom Dringlichsten angefangen) sein: acute Krankheiten,
Verletzungen (auch die durch Operationen), Wochenbett, dann von
den chronischen Leiden die Ernährungsstörungen ; chronische Nerven-
leiden. Auszuschliessen wären: Geisteskrankheiten, Epilepsie, An-
steckungskrankheiten (S3rphilis), ekelerregende Haut- (auch chirur-
gische) Krankheiten, übelriechende Affectionen, acuter und chronischer
Alkoholismus. lieber die Vorzüge städtischer und ländlicher Re-
convalescentenanstalten lässt sich noch discutiren.
B. Bekämpfung der Infectionskrankheiten.
1. AUgremeine Maassnahmen.
Sanit&ts- Mitscha, lieber die Organisation des öffentlichen
J*^* Sanitätsdienstes in Oesterreich, (Hygien. Rundschau Nr. 23).
Mitscha, ' ^^^ Gedanken, die in Preussen von den Gemeinden zu besolden-
den Communalärzte zur Bekämpfung der seuchenartigen Krank-
heiten mehr heranzuziehen als bisher, regte E. Roth an (Deutsche
E. Roth, Vierteljahrsschr. f. öfPentl. Gesundheitspflege Bd. 27, H. 3). Beim
Vertrage müssten nicht bloss die armenärztlichen Functionen, sondern
Mitwirkungen sanitätspolizeilichen Charakters aller Art, auch die
Schulgesundheitsaufsicht gefordert und entsprechend honorirt werden.
Hambaiger Unter den allen sich in Hamburg niederlassenden Aerzten
Senat. statutarisch auferlegten Pflichten, wie sie vom 1. Januar 1895 an
beobachtet werden müssen und eventuell mittels hoher Geldstrafen
(bis zu 1000 Mk.) eingeschärft werden, befinden sich — als in Be-
ziehung zu diesem Abschnitt: 1. alle Fälle ansteckender Krank-
heiten auf dem Medicinalbureau zu melden ; 2. Todesbescheinigungen
Oeffentliches Gesimdheitsweseii. 645
auszustellen; 3. von jedem fnr emen Geisteskranken ausgestellten
Aufiaahmeattest der Polizeibehörde ohne Verzog Anzeige zu machen ;
4. über die unter seiner Leitung stattgehabten Entbindungen
allwöchentlich der Aufsichtsbehörde für die Standes-
ämter durch Einsendung der Geburtsbescheinigungen Anzeige
zu machen.
In Berlin endigten die Vorarbeiten für die Anstellung vouGesandheits-
G esun dh ei ts auf Sehern (welche für Becherchen und Bericht- aufseher,
erstattungen über ungesunde Wohnungen^ Haltekinder, Ausbrüche an- General-
steckender Krankheiten angestellt werden sollten) mit der definitiven Sanitäts-
Weigerung der Stadtbehörden, subalterne Beamte mit so aus- B«"*^^*-
gedehnten Befugnissen in die Wohnungsverhai tn isse der Bürger ein-
dringen zu lassen.
Sanitary Inspectors: their general powers and duties Gesundheit s-
(Gegenstände der systematischen Haus-zu-Haus-Inspectionen [Sanit. . *e^**i^*^j
Record Nr. 29]). '"^ °^ *° '
England.
In England macht die Durchfuhrung der Anzeigepflicht im Anzeige-
Sinne der „Infectious disease(notification)act^ Schwierig- ^^^^J^i^Vh^
keiten (Lancet, 19. Jan.). Schon der Begriff Ausbruch (sc. einer
„gefahrlichen Seuche^), an welchen die Verpflichtungen des Medical
of&cer of health überall angeknüpfib werden, kann verschieden ge-
deutet werden und wird thatsächlich umstritten. Die Zahl der
Reisen und Besuche, durch welche der Beamte zu seinen Pest-
stellungen und Ordres gelangt, scheint weiter ia Frage gestellt zu
sein; auch viele Anordnungen und Verbote scheinen zu Misshellig-
keiten gefuhrt zu haben. Selbst ob der Medical officer unbedingt
nöthig habe, das Krankenzimmer eines Infectionskranken selbst zu
betreten, wurde Gegenstand von Zweifeln. Die vollständige Har-
monie zwischen dem beamteten und dem behandelnden Arzt wird
als nothwendig gefordert, scheint aber nicht überall gesichert zu
sein. Als einer der Hauptübelstände wird die Multiplicität der
Atteste und Meldungen betrachtet, wie sie über den nämlichen
Kranken bei der subsidiären Meldepflicht, welche das Gesetz vor-
schreibt, leicht vorkommen kann.
Unter den Maassnahmen, welche auf dem platten Lande den In- isolirung,
fectionskrankheiten gegenüber für erforderlich und finicht-
bringend erachtet werden, meint B6do in (Ann. d'hyg. publ., April)
646
Wemich.
der Isolirung den Vorzug geben zu sollen. Er denkt dabei an
ganz kleine Isolirhäuschen, in denen nur für den Kranken selbst ein
zweckentsprechender Raum einzurichten wäre.
Die heutige Dampfdesinfection im Lichte der Wirklich-
keit (Deutsche Yierteljahrsschr. f. öfPentl. Gesundheitspflege Bd. 27,
Dampf- H. 1) stellt Schmidtmann dar. Er wendet sich, gestützt auf Er-
de sinfec- fahrungen im Beg.-Bez. Oppeln, gegen verschiedene modern gewor-
schmidtmaim, dene Anforderungen. So gegen die, dass jede Desinfectionskammer
unter allen Umständen zwei gegenüberstehende Thüren haben müsse.
Femer gegen die, dass die Kammer in öffentlichen Desinfections-
anstalten oder solchen, die vom Publicum mitbenutzt werden, eine
Innenlänge von 2 m und einen Nutzungsraum von 2 cbm haben müsse.
Der Umstand, dass einmal ausnahmsweise eine grössere Sprungfeder-
matratze zur Desinfection gelange, kann die Beschaffimg eines
grossen kostspieligen Apparates nicht rechtfertigen. Dies geschieht
vielmehr nur unter der Voraussetzung, dass sich die Nothwendigkeit
voraussehen lässt, eine grössere Menge inficirter Objecte binnen kurzer
Zeiträume zu desinficiren. AnschafPungs- und Betriebskosten müssen
mit der voraussichtlichen Benutzung in Verhältniss gesetzt werden.
(Im Oppelner Bezirk stellten sich die Kosten für eine Desinfection
bei den grossen Apparaten auf 1,80, bei den mittleren auf 1,20, bei
den kleineren auf 0,80 Mk.) Die Vortheile der mit gespanntem
Dampf arbeitenden Apparate treten dort weniger in die Erscheinung,
wo es auf eine besondere Schleunigkeit bei der einzelnen Desinfec-
tion nicht ankommt. Diese Apparate bedürfen auch eines geschulten
Personals, und nur da, wo für ein solches Vorsorge getroffen werden
kann, arbeiten sie zuverlässig. Demgemäss hält Verf. die Ausbildung
der Desinfectoren mit für die wichtigste Seite des ganzen Des-
infectionsthemas.
Oehmichen (Beiträge zur Desinfectionslehre. Arbeiten
aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt Bd. 11, H. 2).
Eür Interessenten des Desinfectionsthemas bildet der zu-
sammenfassende Ueberblick, den Priestley unter dem Titel „Dijs-
infectors and Disinfectants 1874 — 9B: A Contrast" (Sanit. Record,
5. Juli) mit entsprechenden Abbildungen bietet, des Belehrenden eine
Fülle.
Oehmichen,
Priestley.
Neuer
Desinfec-
tion s-
apparat,
Vogel,
A. Vogel (Ein neuer Desinfectionsapparat mit stark-
strömendem, gespanntem Wasserdampf, nebst Bemerkungen über die
Bedeutung der Strömung, Spannung, Temperatur des Dampfes bei
Oeffeiitli'^fa«^ G«$%in«ibei&?v«««ii. ^7
der Desinfection. Zeitschr. £ Hygiene n. InfecdoDiskraiikheiteii Bd. 19.
H. 2).
Thoinot (XJne noavelle emde k desmienion par U vapeur Ttioüiot.
humide soos pression — emde de MM. Vaillard & Besson. Ann.
d'hyg. publ. etc., April i. Cylindrisclier Ofen mit Doppelmantel and
circolirendem Dampf: 110 — 112* za erreichen-
Willonghby iPractical disinfection Sanit. Becord, 6. u. woioBghby.
13. Dec). Kritik älterer Methoden nnd Vorschläge für schwer xn
desinficirende Bäume mid Objecte.
Desinlee-
M. n. A. J oll es (Weitere Untersnchmigen über die Des- tions-
infectionsfähigkeit von Seifenlösnngen. Zeitschr. f. Hyg. ^"»»8'^*»^
u. Infectionskrankh. Bd. 19, H. 1). lösan^en,
M. a. A. JoUes.
2. MajwsBAluieB f^tgtm efanelse iBfectioBSkrarnkheiten.
a. Tuberculose.
Bollinger (Ueber Schwindsnchtssterblichkeit in ver- Statistik
schiedenen Städten Deutschlands nebst Bemerkuniren über„ ^ ^^^'^.
^ Tttbereulose.
Häufigkeit der Bindertuberculose. Mänchener med. Wochenschr. BoUini:«r
Nr. 1 u. 2).
Einige Untersuchungen von Staub auf Tuberculose-
bacillen (Zeitschr. f. Hyg. u. Infectionskrankh. Bd. 19, H. 1) theilt
Kirchner mit. Gelegenheit dazu bot der im Garmsonlazareth Tuberkel«
Hannover bestehende Brauch, die Stationen von Zeit zu Zeit zu ^»olUen iui
wechseln, so dass auch die Tuberculosestation von Zeit zu Zeit Um- Kiix^hn(»i\
Züge hält. Ein Anlass fand sich auch noch in dem Verdacht, der
auf eine Feldwebelwohnung wegen mehrfacher auf einander folgender
Tuberculoseerkrankungen gefallen war. So lange Kirchner Stücke
verunreinigter Schwämme den Probethieren (Meerschweinchen) direct
imter die Haut verimpfte, erfolgten viele Todesfälle infolge von
Wundkrankheiten. Nach Einspritzung aufgeschwemmter Bouillon-
culturen blieben die Thiere am Leben und gesund. Eins von acht ging
ein, weü es mit Material geimpft war, welches vom Speiglas
stammte — nicht vom aufgefangenen Staube. Der Staub der ver-
schiedenen Krankenzimmer — auch der Tuberculosestation — war
von Tuberkelbacillen frei. Die Luft in dergleichen Zimmern wie der
von ihr getragene Staub ist ungefährlich, wenn nur eben der Aus-
wurf in zweckmässiger Weise aufgefangen und beseitigt wird. Im
Gregenfalle finden sich die Bacillen natürlich nicht allein im Spoi-
648
Wemich.
glase, sondern auch an den Aussen- und Unterflächen desselben, auf
der Platte der Nachttische und Nachtschränke, an Händen, Gesicht^
Betten und Wäsche des Kranken, und zwar im infectionstüchtigen
Zustande. Eine für die Speigefässe angeordnete Desinfection ist so-
nach auch auf ihre Standorte und ihre nächste Umgebung aus-
zudehnen.
Prophylaxe G. Cornet (Die Prophylaxis der Tuberculose und ihre
Tubercuiose,-^®®^***®- Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20, S. 430). Nach einer
Cornet. Zwischenzeit von mehreren Jahren, die seit seinen ersten Publi-
cationen über den nämlichen Gegenstand verflossen sind, fühlt Verf.
sich berechtigt, eine durchschnittliche Berechnung der Tuberculose-
gefahr zu unternehmen. Die Ubiquität des Tuberculosebacillus , zu
deren Annahme man sich früher — bald nach der Entdeckung —
geneigt fand, beruhte auf falscher Auffassung. Femer ist aber auch
der Tuberculose nicht sein ganzes Leben lang krank und nicht be-
ständig ein Producent virulenten Sputums. Die Gelegenheit schon^
mit Tuberculosen zusammen zu treffen, ist verschieden nach den
Altersgruppen; die davon abzuleitende Gefahr aber ist verschieden
je nach der Art des tuberculös erkrankten Organs und nach der
Weise, wie der Kranke die Reinlichkeit beobachtet. Aus diesen
Gründen ist die Verhütung keine aussichtslose, sondern eine dank-
bare Aufgabe. Gornet sieht seine Erfolge am überzeugendsten dar-
gethan durch die Statistik der Strafanstaltsziffem (146,6 : 10000
1881—82; 81,2 : 10000 1893—94) und der Ziffern aus preussischen
Irrenanstalten (200 : 10000 1880; 150 : 10000 1891). Cornet geht
so weit, die Summen der durch die prophylactischen Maassnahmen
vor dem Tod an Tuberculose bewahrten Menschen (in Preussen
allein) für die Jahre 1887 — 93 auf 70000 zu berechnen, und be-
müht sich. Einwände, die sich auf anderweite hygienische Ver-
besserungen stützten (Erhöhung des Luftcubus, bessere Diät etc.) zu
entkräften.
Volksheil-
stätten,
O. Liebe,
Volksheilstätten für *L|ungenkranke (Breslau, S. Schott-
länder, 8^, 111 Seiten). Als zusammenhängende und umfangreichste
Darstellung des vielbehandelten Gegenstandes erheischt die Schrift
„Beiträge zur Volksheilstättenfrage^ (Hygien. Eundschau Nr. 17)
von G. Liebe eine auszügliche Wiedergabe. Wichtig ist für den
Interessenten schon die Litteraturzusammenstellung, welche nicht
weniger als 129 Nummern umfasst. Dann findet man die Tuber-
culose nach Häufigkeit, volkswirthschaftlicher Bedeutung, nach üeber-
OeffenÜiches Gesundheitswesen. g49
tragungsarten, Disposition, nach Verhütungs- und Heilungsmaass-
nahmen, wie Heilerfolgen abgehandelt. Die besonderen Schwind-
auchtsanstalten und die Volkssanatorien bilden weitere Gegenstände
der Darstellung. Das „Wo" dieser eigenartigen Einrichtungen möchte
Verf. dahin entschieden wissen, dass die Seeküste gemieden, das
Hochgebirge bevorzugt werde, 100 — 200 Kranke wären die geeignete
Belagziffer; besondere constructive oder sonstige Eigenarten wären
zu meiden. Die Verwaltung der Volk^sanatorien gehört unter ärzt-
liche Leitung. Neubauten würden Umbauten (gleichviel aus welcher
ursprünglichen Kategorie) vorzuziehen sein. Hinsichtlich der Diät
möchte Liebe noch mehr grundlegende Stoffwechselbeobachtungen
abwarten.
Eine neue Heilstätte für Lungenkranke (Deutsche med. a. Eoienbarg,
Wochenschr., 7. Nov.) soll für weniger bemittelte Kranke aus dem
Stande der Gelehrten, Lehrer, Künstler und Schriftsteller in der
Umgebung von Berlin errichtet werden.
Ueber die Lungenheilstätten der Invaliditätsversiche-
rungsanstalten stellte Ascher (Deutsche med. Wochenschr., 9. Mai) Ascher.
allerlei beachtenswerthe kritische Materialien zusammen. Der Kosten-
punkt wird nicht weiter berührt; dagegen die Schwierigkeiten der
Auswahl, die mehrfachen Verantwortlichkeiten der behandelnden
Aerzte und die reellen Ourerfolge durchgesprochen. Dass die meisten
der jetzt in Ours befindlichen Attestformulare fiir die Beurtheilung
des Curerfolgs (besonders des dauernden) wenig verwerthbar sind,
wird offen anerkannt. Neben der Behandlung muss die hygienische
Erziehung des Patienten nicht unbeachtet bleiben.
b. Diphtherie.
P. H. Bryce (Practical difficulties of medical healthüifferentiai-
officers and physicians in dealing with suspected Diagnose
. . . . der
cases of diphtheria. The Journal of the American association, Diphtherie,
3. November) redet einer verschärften DifPerentialdiagnose gewisser P- H. Bryce.
Schlundaffectionen gegenüber der wahren Diphtherie das Wort und
möchte mindestens die (selten tödtlichen) nicht diphtherischen
Anginen und die der Diphtherie nur verwandten anderweitig
bacteriellen Invasionen, die aber eine recht hohe Sterb-
lichkeit haben, von der durch Diphtheriebacillen hervorgerufenen
classischen Diphtherie, alle drei Erkrankungsformen natürlich
auch vom Larynxcroup streng geschieden wissen. Die Bacülen-
diagnose hat ihren besonderen Werth bei jenen nach der Gestaltung
650 Wemich.
Differential- der Membranen oft so zweifelhaften Fällen , welche durch ihr Ver-
diagnose bringen in eine Diphtherieabtheilung erst in die Gefahr gerathen,
Diphtherie Löffle rasche Bacillen zu acquiriren und damit in eine der so oft
p. H. Bryce. tödtlichen Mischinfectionen umgewandelt zu werden. Wie gross
diese Gefahr mitunter bei Scharlachanginen werden könne,
wisse jeder Practiker. — Es scheint Bryce sicher, dass man die
Kenntniss der complicirenden Mikroben noch weiter werde vertiefen
und ausdehnen können. Seien besonders die Gesundheitsbeamten
allmählich noch sicherer in derselben vorgeschritten, so werde man
die vorher erwähnten zweifelhaften anginösen Formen nicht mehr in
die Diphtheriepavillons bringen, man werde hinsichtlich ihrer Dauer,
ihrer Herstellung, ihrer Behandlung mit Antitoxin imd besonders auch
über ihre Ansteckimgsfähigkeit ganz andere Ansichten gewinnen als
jetzt. Dass die Fragen in Betreff der Isolirung, des Sohulverbots, der
Desinfection im Anschluss hieran vielfach neu zugespitzt werden
müssten, leuchtet ein.
Immunität, Kuprianow (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 16, Nr. 10 u. 11), Ex-
Kuprianow. perimentelle Beiträge zur Frage der Immunität bei Diphtherie. Aus
dem hygienischen Institute zu Greifswald.
Prophylaxe, Livius Fürst (Grundzüge einer systematischen
L Fürst \ o j
Diphtherieprophylaxis. Klinische Zeit- und Streitfragen
Bd. 8, H. 6. Wien, Holder 1894, 37 S.). — Derselbe (Die kli-
' nische und bacterielle Frühdiagnose bei diphtherie-
verdächtigen Anginen. Berliner Klinik, März. 30 S.). Fürst,
der in den beiden überschriftlich genannten Monographieen eine
reiche Erfahrung auf dem diagnostischen und therapeutischen Felde
an den Tag legt, sucht und findet eine wesentliche Seite der Diph-
therieprophylaxe in der „abhärtenden Pflege". Abnorme Bioize müssen
von der kindlichen Rachenschleimhaut abgehalten, die Gebote der
Reinhaltung des Mundes aufs peinlichste befolgt werden. Auch
schlägt er vor, die mechanische Entfernung etwa inhalirter Keime
täglich zu wiederholen und macht Vorschläge, mittels nicht toxi-
scher Mittel eine chemische Aufhebung der Entwickelungs-
iahigkeit der doch noch sitzengebliebenen Keime anzustreben.
Resultate
der
Heilserum- „Sammelforschung über die Heilserumtherapie der
therapie, Diphtherie." (Veranstaltet von der Deutschen medicin. Wochen-
Wochen- Schrift. R-echenschaftsbericht in „Vereinsbeilage" derselben, Nr. 21
Schrift, des Jahrganges 1895.) Aus allen Theilen Deutschlands ging ein Ma-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 651
terial von 10312 Diphtheriefallen ein, unter denen 58B3 mit Heil-
serum, 4479 ohne solches behandelt wurden. Auf die mit Heilserum
behandelten 5833 Fälle entfielen an Todesfallen 559 = 9,6 ^fo ; auf
die ohne Heilserum behandelten 4479 Fälle dagegen 656 = 14,7 ®/o.
Die Sterblichkeit der mit Antidiphtherin behandelten Diphtherie-
erkrankungen (welche übrigens zu sonstigen Diphtheriezeiten fast
ausnahmslos bedeutend höher geschätzt wurde) bleibt also nach dieser
Berechnung um 5,1 ®/o hinter den anderweitig behandelten zurück.
A. Baginsky (Die Serumtherapie der Diphtherie) a. Baglnsky.
hat das Aronson'sche wie das Behring'sche Heilmittel auf Grund
eines umfassenden Beobachtungsmateriak einer unbefangenen Be-
urtheüung imterworfen, auch die einzelnen Krankheitsfalle klinisch
erörtert und steht nicht an, es auszusprechen, dass die Serum-
therapie zu den grössten Errungenschaften der Medicin auf thera-
peutischem Gebiete gehört.
c. Blattern.
Landmann (Hyg. Rundschau Nr. 21), Bacteriologische Unter- Impfstoff,
suchungen über den animalischen Impfstoff. E. Hart, Report e^hmi"'
on vaccination as a brauch of preventive medicine (Lancet,
March).
L. Stumpfs Ergebnisse der Schutzpockenimpfung impf-
im KönigreichBayern im Jahre 1894 (Münch. med. Wochenschr. ^**il**^^'
* "^ ^ L. Stumpf.
12., 19. u. 26. Nov.) zerfallen in einen Zahlentheil (138369 Impf-
pflichtige, 123334 Wiederimpfpilichtige wurden geimpft) imd einen
technischen Theil, der sich mit Qualität und Quantität der Thier-
lymphe und der Antiseptik der Impfung beschäftigt.
d. Typhusgruppe.
Zu einer erneuten Durchprüfung der gegen den Flecktyphus
geeigneten Vorbeugungsmaassnahmen gaben Pietrusky (Viertel- Prophylaxe
iahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätswesen H. 4) die mehr-„ ,^®^ ^
^ ^ '' ^ Flecktyphus,
fachen in Oberschlesien beschriebenen Ausbrüche dieser Krankheit pietrusky.
Veranlassung. Die Einschleppung durch Landstreicher und Bettler
scheint sicher — nicht weniger die stärkere Verbreitung durch das
Einliegerwesen und durch massenhafte Zusammendrängung in Schlaf-
stellen. Als Gelegenheitsursachen treten unzweckmässige Ernährung
imd Unsauberkeit in den Vordergrund. Demgemäss schlägt Pie-
trusky zur Vorbeugung Assanirung der Wohnungen, Aufsicht über
das Schlafetellenwesen auch im kleinen, Bekämpfung des Vaga-
652
Wemich.
bundenthums , Sorge für Krankentransportmittel, geeignete Des-
infectionen neben den bereits im 1835er B/egulativ befohlenen Maciss-
regeln vor.
Aetioiogie A Report on the possible conveyance of certain water-
^®®. borne diseases, especially typhoid fever, by oysters and
typhus. other molluscs.
e. Wochenbettfieber.
Die „Zeitschrift für Krankenpflege" (1895, H. 1) bringt in einem
Wochenbett- Aufsatz Goldberger's über die Wochenbettpflege nach den
G^db*^'* in der Königl. Frauenklinik zu Dresden (Prof. Leopold) üblichen
Grundsätzen eine sehr lesenswerthe Darstellung der Maassnahmen,
mittels deren dort den Hauptgefahren des Wochenbettes entgegen-
gearbeitet wird: neben der Nachblutimg besonders der Infection.
Um von der Infectionspforte , den äusseren Genitalien, jede An-
steckung fern zu halten, werden dieselben mit steriler Watte be-
deckt, welche durch einen Schutzverband (dreieckiges Tuch) fixirt
wird. Ohne die Hände mit den Lochien in Verbindung zu bringen,
kann der die Behandlung Leitende den unteren Zipfel des Tuches
zurückschlagen, die Genitalien besichtigen, die gebrauchte Watte
mittels einer langen Prncette entfernen.
Poten, W. A. Poten, Director der Provinzial - Hebammen - Lehr-
und Entbindungsanstalt zu Celle (Berlin, 32 S.) tritt mit dem Ge-
danken vor die OefPentüchkeit, den Hebammenschülerin^en statt
mechanischer Anlemung Begriffe und Ueberzeugungen bei-
zubringen : er will dies in erster Reihe für die Lehre vom Wochen-
bettfieber , der Puerperalinfection , erreichen und legt dar , wie er
mittels mikroskopischer Demonstrationen jenen die Entstehung der
Fäulniss und „verwandter Processe" verständlich macht. Auch die
Wirkung antiseptischer Mittel wird „unter steter Vorführung des
Experiments besprochen ; es werden practische Desinfectionsübungen
mit Dämpfen und kochendem Wasser angeschlossen, die in ihrem
Erfolg durch Anlegung von Culturen wiederum controllirt werden".
Erst wenn die Schülerinnen auf diese Weise gehörig vorbereitet
sind, wendet sich Poten zur Besprechung der infectiösen Krank-
heiten. Es ist zu hoffen, dass die vorgeschlagene Unterrichtsmethode
bis zur Ausgabe und Veranstaltung eines neuen Hebammen-Lehr-
buchs einer fruchtbaren Discussion seitens der Fachmänner unter-
zogen werden wird. Letzteren, aber auch der zahlreichen Gruppe
unserer Lehrer, welche sonst noch dem Hebammenwesen ihre wohl-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 653
wollende Aufinerksamkeit schenkt, möchten wir das Studium der
kleinen Monographie hierdurch empfohlen haben.
Die maassgebenden Erörterungen, welche über die Einschränkung
der inneren Untersuchung in der Geburtshülfe (Hebammenpraxis)
zwischen beiden Autoren in der Deutschen medicinischen Wochen-
schrift ausgetragen wurden (1894, Nr. 51 — 1895, Nr. 30), ergänzt
Sperling durch eine Fortsetzung (1895, Nr. 52). „Die innere SperUng.
Untersuchung von Seiten der zur strengen Durchfuhrung der Anti-
sepsis nicht fähigen Hebammen erschien mir als das gi'össte XJebel
fiir die Hygiene des Wochenbettes."
Poten, Versuche über die Desinfection der Hände. Desinfection
(Monatsschr. f. Geburtshülfe u. Gynäkologie Bd. 2, H. 2, August.) *®^ Hände,
Die Desinfection desFingers undderHand vorgeburts- '
hülflichen Untersuchungen und Eingriffen. (Ausd. Univ.-
Frauenkl. in Marburg. Von Geh. Med.-EathProf F. Ahlfeld. Deutsche
med. Wochenschr., 19. Dec.) Während Poten nach seinen Versuchen
dem Alkohol den Hauptantheil an gelungenen Handreinigungen und
Handdesinfectionen wegen seiner epidermislösenden und schrumpfen-
den Wirkung beilegt, schreibt Ahlfeld folgende Vorbereitung für Ahlfeld,
die Alkoholdesinfection vor. Nach Kürzung, Glättung und Reinigung
der Nägel erfolgt eine 3 Minuten dauernde Waschung der Hände in
sehr warmem Wasser mit Seife, unter Benutzung einer Bürste oder
auch ohne diese. Abspülung der Hand in klarem Wasser. Abreiben
der Hand, ganz besonders aber des Fingers, der zur Untersuchung
benutzt werden soll, in 96®/oigem Alkohol mit handgrossen Flanell-
läppchen. Es ist durch geeignete drehende und stopfende Be-
wegungen des zu sterilisirenden Fingers dafür Sorge zu tragen,
dass der Alkohol unter den Nagelfalz eindringe. Der so sterilisirte
Finger nimmt nun, ohne mit etwas bestrichen zu werden, die Unter-
suchung vor. Diese Methode genügt, wenn es sich um eine geburts-
hülfliche Untersuchung mit einem Finger handelt. Sie genügt aber
nur unter den Vorbedingungen, dass der Untersuchende eine glatto
Haut, kein tiefes Nagelbett u. s. w., kurz, eine zur Keimfreimachun^
geeignete Hand hat, und dass er nachweislich nicht mit Hohr viru-
lenten Mikroorganismen zu thun gehabt hat. Ist eine dioHor Vor-
bedingungen nicht erfüllt, oder muss der Arzt die Hand in d'w.
Genitalien einfuhren, so bedarf en einer verschärften Handroinigung,
die in folgenden Proceduren zu bestellen hat : Ausgiebige WuHchun^
der Hand und des Armes mit Bürste und Seife in Hehr warmem
Wasser, mindestens 5 Minuten hindurch. Die Nägel Hiud vor und
654 Wemich.
noch einmal während der Waschung zu reinigen. Abbürsten der
Hand und des Armes oder Abreiben mit Flanell in 96°/oigem Alkohol
durch 5 Minuten. Jeder einzelne Finger ist besonders zu reinigen,
wie dies bei der einfachen Desinfection für den untersuchenden
Finger vorgeschrieben ist. Die so sterüisirte Hand wird dann direct
zur Untersuchung oder zum Einfuhren in die Genitalien bei geburts-
hülflichen Operationen benutzt.
Seiner reichen Erfahrung über die Organisation des Heb-
Organi- ammenwesens gibt Schatz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 41)
sationdes ^ einem auf der 67. Naturforscherversammlung gehaltenen Vortrage
Wesens Ausdruck. Däss man das Lempensum für die Schülerinnen nur auf
Schatz. das wirklich Nothwendige beschränkt, ist wenigstens in einigen Heb-
ammenlehrbüchem schon angestrebt worden — oder erreicht. Die
practischen Uebimgen in Desinfection und (äusserer) Untersuchung
an Schwangeren und Gebärenden, wie in Handreichungen für die Ge-
bärenden und die Assistenz für den Arzt scheinen noch nicht durch-
weg so viel angestellt zu werden, wie es die Schwierigkeit der Er-
lemimg verlangt. Weniger einig als bezüglich der Hebammen-
schulen ist man bezüglich der Auswahl der Schülerinnen.
Viele wollen nur Frauen besserer Stände oder besserer Bildung zu-
lassen, manche nur unverheirathete. Die sich nicht verheirathenden
Mädchen sind nur zum kleinen Theil zu Hebammen wirklich branch-
bar, Frauen nur dann, wenn sie sonst tüchtig, aber unglücklich ver-
heirathet oder verwittwet sind. Beides trifPt nicht häufig zusammen.
„Die Wittwen, welche sich am meisten melden oder angemeldet werden
und welche wir so häufig nur aus Mitleid aufiiehmen, machen uns
gewöhnlich die grösste Noth. Genau genommen haben wir also trotz
der vielen Klagen nach weiblichem Broderwerb gar kein genügend
grosses Material für die Ausbildung genügend vieler, wirklich guter
Hebammen. So viel man auch darauf sehen soll, möglichst gutes
Material zu beschaffen, so wird dieses doch auch künftig im all-
gemeinen immer ungenügend bleiben.^*
Die Nachexamina, wie solche in Baden und Freussen ein-
gerichtet sind, können das Hebammenwesen auch nicht wesentlich
fördern. Solche Examina, bei denen in Baden wenigstens zehn, in
Freussen fünf Hebammen mit einem Mal geprüft werden, können
gar kein richtiges Bild von den Fähigkeiten der Hebamme, noch
viel weniger ein solches von ihrer practischen Thätigkeit geben.
Sie könnten als Mittel zur Aufbesserung der Kenntnisse nur in-
sofern dienen, als sie einige Hebammen zum Nachlesen anregen.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 655
Die wirkliche Ausführung des Examens aber bringt eine etwaige
Furcht vor ihm bald zum Schwinden, und damit auch die An-
regung zum Selbststudium. Zudem erfolgen die Examina für die-
selbe Hebamme nur aUe 3 Jahre einmal. Die Nachexamina sind
nicht einmal geeignet, die Gandidaten für etwaige Nachcurse aus-
zuwählen; denn ganz leidliche Hebammen mit nicht gutem Mund-
werk würden dabei sehr schlecht fahren. Zuletzt hat man regel-
mässig wiederkehrende zwangsweise Nachcurse in der Hebammen-
schale empfohlen. Solche Curse müssten doch wenigstens alle 10 Jahre,
besser noch alle 5 Jahre eine Hebamme treffen. Eine Hebammen-
schule müsste bei lOjährigem Turnus jährlich die doppelte, bei
ojährigem Turnus die vierfache Anzahl der von ihr jährlich neu
ausgebildeten Hebammen aufnehmen. Dies wäre aUerdiQgs nicht
unmöglich, besonders bei solchen Hebammenschulen, welche im Jahre
nur einen Cursus abhalten. Aber die Kosten und die Störung im
Lande durch solche Einrichtung würden doch recht gross sein, und
für die besseren Hebammen würden längere Nachcurse überflüssig
sein, während sie bei nur massig langer Dauer für die schlechten
Hebammen nicht genügen würden. Es müsste also je nach der
Qualität der Hebamme ein Unterschied gemacht werden. Dies würde
practische Schwierigkeiten und recht häufig auch grosse Ungerechtig-
keiten mit sich bringen. Hebammen mit gutem Wissen und gutem
Mundwerk, aber mit geringer Zuverlässigkeit und schlechten Resul-
taten in der Praxis würden leicht solchen mit geringerem Wissen,
aber grosser Zuverlässigkeit und guten Resultaten vorgezogen und
die letzteren länger zurückgehalten werden.
Schatz verlangt eine möglichst grosse Anzahl von Aufsichts-
ärzten, so bei 400 Hebammen Mecklenburgs 60 Aufsichtsärzte. -Da-
mit die Aufsichtsfiihrung durch die zahlreichen Aufsichtsärzte
möglichst gleichmässig geschieht, erhalten diese neben der Hebammen-
ordnung besondere Instructionen, und werden die öeburtslisten der
Hebammen mit Erinnerungen und sonstigen Bemerkungen der Aerzte
versehen an die medicinische Centralbehörde eingesandt und dort
superrevidirt. Daraufhin oder auch auf jede besondere Anfrage erhält
der Aufsichtsarzt jede gewünschte Auskunft. Fälle von Puerperal-
fieber oder anderen ansteckenden Krankheiten in der Praxis der
Hebamme müssen sofort direct gemeldet imd die Hebammen mit
ihren inficirten Kleidern und dem Instrumentarium zur kostenlosen
Desinfection in die Hebammenschule gesandt werden. Dort wird
diese Gelegenheit benutzt, um die Hebamme und ihr Instrumentarium
wieder einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Wiederholen sich
656
Wemich.
Wesens,
Schatz.
Organi- Infectionsfölle bei derselben Hebamme, so wird diese so lange in
sation des ^^p Hebammenschule zurückgehalten und in der Desinfection geübt,
bis eine neue Infection ausgeschlossen erscheint. Zeigt sich eine
Hebamme unfähig und die Belehrung durch den Aufsichtsarzt nicht
genügend, so wird sie bei der Gewerbecommission angezeigt, um
entweder ganz suspendirt oder zu einem Nachcursus in der Heb-
ammenschule verurtheilt zu werden.
Die Erfolge dem Wochenbettfieber gegenüber waren befriedi-
gende. Denn die Sterblichkeit desselben ist seit einem Jahrzehnt
um 2^/0 in Mecklenburg herabgegangen; das wiU sagen: es sind
pro Jahr auf 18000 entbundene Frauen jährlich im Durchschnitt
18 weniger gestorben.
Scharlach-
Über-
tragung,
Grasset.
Hasern-
f. Einige sonstige einheimische Inf ectionskrankheiten.
Zur Scharlachübertragung auf dem Wege einer Brief-
sendung veröffentlicht Grasset (Ann. d'hyg. pubL, Aoüt) einen
jener charakteristischen FäUe, in denen bei absolut isoHrter Lage
des Hauses, absoluter Unmöglichkeit irgend eines sonstigsn Contacts
der alleinige Träger nur ein vom Scharlachkranken übersandter Brief
sein kann, in welchem aber dieser Kranke hier noch grössere Stücke
der bei ihm abgegangenen Epidermisfetzen mit übersandt hatte
(4 cm Durchmesser). Der Brief war am 21. November eingegangen,
der Krankheitsausbruch war am 30. November erfolgt.
Zur Prophylaxe der Masern hält Caspar (Vierteljahrsschr.
Prophylaxe, f. gerichtl. Med. u. öffentl. San.-Wesen H. 2) eine behördliche lieber-
Caspar«
wachung dieser Krankheit für geboten und das Laissez aller ihr
gegenüber — auch die geflissentliche Herbeiziehung durch fortgesetzte
Berührung von Geschwistern zum Zweck der Durchseuchung der
ganzen Familie — für bedenklich. Eine besondere Betrachtung ist dem
Wohnen der Lehrerfamilien in den Schulhäusern gewidmet. Be-
gräbnissfeierlichkeiten, Confirmandenunterricht, Besuch gemeinsamer
Schulen durch Kinder aus verschiedenen Ortschaf ben spielen bei den
Masern und ihrer Verbreitimg sehr erheblich mit. Der Hauptumzugs-
termin der ländlichen Arbeiter, 0 st er n, ist von schlagender Bedeutung
für die Steigerung der Krankheit. Eine Uebertragung der Masern
durch leblose Objecte (Briefe, Bücher, Schulhefte) mag als möglich
zugestanden werden. 80 ergeben sich zwanglos die vorbeugenden
Maassnahmen: Beschränkung des Verkehrs masemkranker mit ge-
sunden Kindern ; Desinfection verseuchter Taglöhnerwohnungen, Vor-
Oefirntl:.;Lr- •>:-?i=i Tl-rri-^e-rn. t>o7
sieht im Postverkehr: SchnIscLlüsse : üf-z^- z::j:^ Tind Desinfection
der Schulen; Beschränkung der LeicLr^rjcha^iaTellTiT. gen.
amt.
Als gesnndheitspolizeiliche lfaasscaiizL.€n gegen Ent^ehnng nnd
Verbreitung von Malariaerkrankcngen empfehlt Guttmann Wechsel-
(Vierteljahrsschr. f.'gerichtL Med. u. ö3eiitl San--Wesen H. 3» unter p (J^j^^^
Hinweis auf ihr parasitäres Wesen und ^e Ht: ] tsbed ingnugen ihrer
Entstehung: Sanirung des verdächtigen Bodens. Beschaffung un-
verdächtigen Trinkwassers, Meiden constatirter Malariaheerde ; femer
für Uebersiedelnde die Wahl der erprobt besten Jahreszeit, Aptimng
der Lebensweise durch Aneignung der geläufigen und erprobten
Lebensbedingungen ; Erhöhung der Widerstands&hig^eit des Körpers
(eventuell auch durch Arsoigenuss}: Vermeidung unreinen Wassers,
Schlafens auf dem Boden, Xachtaufenthalts im Freien ; endlich auch
prophylactischen Chiningebrauch«
g. Cholera-
Die „Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt" schliessen Choiera-
die Sonderdarstellungen über die Cholera mit einem Rückblick auf ^j^^ej-ijciieg
das Jahr 1894 ab (Berlin, Springer). Mit dem 20. Januar 1894 er- Gesundheits-
reichten auch die im Beg.-Bez. Oppeln noch gemeldeten sporadischen
FäUe ein Ende — die Cholera war im Gebiete des Reiches erloschen.
Ihre ausserdeutschen Schauplatze waren Bussisch-Folen und einige
imiere Gouvernements, demnächst (jralizien. Aber auch in Frankreich
(Departement Finistere), in Belgien und in den Niederlanden (Maas-
gebiet, Provinz Limburg, Amsterdam) war noch immer eine nicht
unbedeutende Anzahl sporadischer Fälle bemerkbar. Westlich der
Elbe wurden nun im Laufe des Sommers 1894 im ganzen 35 FäUe
(mit 13 Todesfallen) festgestellt; die der russischen Gh-enze benach-
barten Verwaltungsgebiete Preussens hatten von Einschleppungen
mehrfach zu leiden. So der Reg.-Bez. Oppeln Ende Mai und August.
Es kam hier zu 190 tödtlichen Cholerafällen (Maximum: September).
Eine Gruppe von 12 Erkrankungen (6 Todesfälle) im Reg.-Bez. Liegnitz
brachte Heerdbildungen oder Verschleppungen nicht hervor. — Ver-
einzelten Charakter zeigten die in Westpreussen von Ende Juni ab
zur Meldung gelangten Erkrankungen (131 Todesfalle), mit Aus-
nahme der in den Orten Tolkemit imd Tiegenhof gehäuften Fälle.
Im Gebiet der Netze hatte Nakel, in Ostpreussen hatte Niedczwedczen
(Kreis Johannisburg) eine Epidemie. BerKn hatte einen (zugereisten)
Fall. Kurz vor Jahresschluss (1894) starb noch ein aus Helsingör
gekommener Matröse in Einlage (Danziger Niederung). In den zwei
Jahrbach der practischen Medicin. 189ü. 42
658 Wemich.
Cholera- Karten ist der Unterschied zwischen den Verhältnissen des Gholera-
stBtistik. jalires 1873 und des Jahres 1894 bildlich dargestellt. Die Gesammt-
zahl der im Jahre 1873 in den 12 Begierungsbezirken : Königsberg,
Gnmbinnen, Danzig, Marienwerder, Potsdam, Frankfurt, Stettin,
Posen, Bromberg, Breslau, Liegnitz und Oppeln, sowie in der Stadt
Berlin gezählten Erkrankungen an Cholera belief sich laut den Nach-
weisungen im 6. Hefte der Berichte der Choleracommission für das
Deutsche Reich (Berlin 1879) auf 43550 neben 22986 Todesfällen;
es erkrankten demnach 364,0 und starben 192,1 von Himderttauseud
der in den erwähnten Landestheilen damals vorhandenen 12 Millionen
Einwohner. Im Jahre 1894 wurden in denselben Gebieten mit Aus-
nahme des Regierungsbezirks Posen, der von der Cholera verschont
blieb, unter rund 13 Millionen Einwohnern 960 Erkrankungen (d. i.
7,3 auf 100000 Lebende) und 470 Todesfälle (3,6) festgestellt. Wäre
die Bevölkerung in demselben Verhältniss wie 1873 von der Seuche
heimgesucht worden, so hätte die Zahl der Erkrankungen sich um
46766, die der Todesfälle um 24717 höher belaufen.
Epidemio- Origine hydrique du chol^ra (La semaine m^dicale, XVI-
logie» ann^e, 1). Analyse einiger bekannter gewordener Choleraepidemieen,
wie sie sich an Elussläufen abspielten.
Lehrbücher und Monographieen.
H. Albrecht, Handbuch der practischen Gewerbehygiene mit besonderer
Berücksichtigung der Unfallverhütung. Lfg. 4. Berlin.
Th. WeyTs Handbuch der Hygiene. Jena.
Lfg. 17 : Asyle, niedere Herbergen, Volksküchen u. s. w. von M. Knauff.
Mit 18 Abbildungen im Text. — Schiffshygiene von D. Eulen-
kamp ff in Bremen. Mit 17 Abbildungen im Text.
Lfg. 18: Gewerbehygiene. Theil 2: Specielle Gewerbehygiene. Abthei-
lung 1 : Hygiene der Berg-, Tunnel- und Hüttenarbeiter von
Dr. med. Ab. Füller, C. Meissner, 0. Säger.
Lief. 19: Oeffentlicher Kinderschutz von H. Neumann. Mit 7 Ab-
bildungen.
A. Pfeiffer, Verwaltungshygiene. Ein Handbuch der öffentlichen Ge-
sundheitspflege für Verwaltungsbeamte. Berlin,
M. Rubner, Lehrbuch der Hygiene. Systematische Darstellung der Hy-
giene und ihrer wichtigsten üntersuchungsmethoden. Zum Gebrauche
für Studirende der Medicin, Physikatecandidaten , Sanitätsbeamte.
Aerzte, Verwaltungsbeamte. Mit 273 Abbildungen. 5. Aufl. Leipzig,
und Wien.
M. Pistor, Das Gesundheitswesen in Preussen nach deutschem Reichs- und
preussischem Landrecht. Bd. 1. 1. Abtheilung. Berlin, 288 S.
Oeffentliches Gesundheitswesen. (j59
Jnles Arnould, Nouveaux elements d'hygiöne. Troisieme edition publice
avec le concours de MM. E. Arnould et H. Surmont. Avec
260 figures dans le texte. Paris. Gr. 8. 1224 pag.
Walther Lange, Der Barackenbau, mit besonderer Berücksichtigung der
Wohn- und Epidemiebaracken. Mit 138 Textabbildungen und 23
Tafeln. Leipzig.
Jahresbericht des chemischen Untersuchungsamtes der Stadt Breslau für die
Zeit vom 1. April 1893 bis 31. März 1894. Breslau.
M Q n k und Uffelmann, Ernährung des gesunden und kranken Menschen.
3. Aufl. Bearbeitet von J. Munk und C. A. Ewald. Wien und
Leipzig. 591 S.
RobertKoppe, Das Alkoholsiechthum und die Kurzlebigkeit des modernen
Menschengeschlechts. Moskau. 50 S.
Leo Burgerstein und Dr. Aug. Netolitzky in Wien, Handbuch
der Schulhygiene. Mit 154 Abbildungen im Text. Jena. 16. Lfg.
von WeyTs Handbuch der Hygiene. 429 S.
R. Wehmer, Gnmdriss der Schulgesundheitspflege. Unter Zugrunde-
legung der fürPreussen gültigen Bestimmungen bearbeitet. Mit 17 Ab-
bildungen. Berlin.
0. Janke, Ueber den Unterricht in der Gesundheitslehre. Hamburg und
Leipzig. 168 S.
L. Becker, Lehrbuch der ärztlichen Sachverständigenthätigkeit für die
Unfall- und Invaliditätsgesetzgebung. Berlin. 356 S.
Julius Eratter, Der Tod durch Elektricität. Eine f orensisch-medicinische
Studie auf experimenteller Grundlage. Mit 7 Abbildungen im Text,
3 Curven- und 8 lithographischen Tafeln. Leipzig und Wien. 159 S.
B. M. L er seh, Geschichte der Volksseuchen nach und mit den Berichten
der Zeitgenossen, mit Berücksichtigung der Thierseuchen. Berlin.
455 S.
Sachregister.
A.
Abdominal typhufi, Aetiologie des 652.
Aberg'sche Eiswassercur 562.
Abscesse, epidurale 456.
Abscess, Typbusbacillen in 13.
Acetonurie 217.
Acbillodynie 357.
Acne, Behandlung der 491.
Acne, Entenwalöl bei 491.
Addison^sche Krankheit, Nebennieren-
extract bei 573.
Adductorenreflexe 49.
Adenocarcinom der Haut 496.
Adenocarcinom der Leber 42.
Adenoide Vegetationen, Behandlung
476, 477.
Adenoide Vegetationen , Statistik
475.
Adenoide Vegetationen , spontane
Rückbildung 476.
Adenoma sebaceum 496.
Adenome des Darmes 30.
Aderlass und Blutdichte 287.
Adhäsion, Daim- 206.
Adnexerkrankungen, Colpotomia an-
terior bei 397.
Adnexerkrankungen, intrauterineThe-
rapie bei 394.
Adnexerkrankungen , Radicalopera-
tion 395.
Adnexoperation , conservative , per
vaginam 398.
Aegypten 553.
Aether und Chloroform 298.
Aethylidenmilchsäure und Fettsäuren
im diabetischen Harn 276.
Airol (pharmakologisch) 595.
Airol gegen Unterschenkelgeschwüre,
eingewachsene Nägel , Blasenbil-
dung, eiternde Wunden 505.
Akromegalie 108.
Akromegalie und Augenerkrankun-
gen 429.
Akromeg^e , Schilddrüsenbehand-
lung bei 568.
Aktinomykose, Gehirn- 257.
Aktinomykose, Lungen- 150, 257.
Aktinomykose, Jodkali bei 257.
Aktinomykose des Magens 200.
Albuminnachweis 213.
Albuminurie, cyklische 215.
Albuminurie, functionelle 215.
Albumosurie 219.
Albnmosurie bei Osteomalacie 295.
Aleuronatcakes 280.
Alexander- Adam'sche Operation 386.
Algedometer 48.
Alkalescenz des Blutes 288.
Alkaptonurie 218.
Alkohol und Selbstmord 680.
Alkohol bei Diabetes 280.
Alkoholherz 170.
Alkohol bei Herzkrankheit 181.
Alkoholismus bei Kindern 126.
Alkoholismus und toxische Psychosen
124, 126.
Alkoholismus, Heilanstalten für 125.
Alkoholmissbrauch 124.
Alopecie 499.
Alumnol bei Gonorrhoe 510.
Amaurose, urämische 227.
Amblyopie bei Lactation 431.
Anmesie nach Erhängungsversnch
120.
Amöben bei Dysenterie 22, 266.
Amöben bei Endometritis 23.
Amputation nach Gritti 307.
Amputationsstümpfe, tragföhige 307.
Amygdophenin 601.
Amygdophenin bei Rheumatismus
265.
Sachregister.
661
Amyloid, Resorption des 26.
Amyloid, Sarkom bei 30.
Anämie und Chlorose 290.
Anämie bei Neurosen 290.
Anämie, pemiciöse 291.
Anämie, pemiciöse, Behandlung der,
mit Knochenmark 292.
Anämie, pemiciöse, Eisengehalt der
Organe bei 291.
Anämie, pemiciöse, Pathogenese der
291.
Anämie , pemidöse , Rückenmarks-
erkrankung bei 69, 292.
Anämie, pemiciöse, Transfusion bei
292.
Anästhesie, Local- 302.
Anästhesirung und Narkose 298.
Anaigen bei Malaria 255.
Analgesie des Ulnarisst-ammes bei
Paralyse 128.
Analgesie, ülnaris- 129.
Analgesie der Unterschenkel bei pro-
gressiver Paralyse 129.
Aneurysma der Arteria hepatica 209.
Aneurysma der Mesaraica superiorl85.
Aneurysma, Perforation eines Aorten-
in die Vena cava superior 184.
Aneurysmen, Aorten- und Syphilis
184.
Aneurysmen, Genese der 39.
Angina, nichtdiphtherische 17.
Angina pectoris, Behandlung 180.
Angina pectoris bei Gicht und Dia-
betes 175.
Angina und Polyarthritis 264.
Angina nach Zahncaries 475.
Ankylose des Ellenbogengelenks 348.
Antefixatio uteri, Geburt bei 366.
Antin osin 597.
Antipyrin, Exantheme 494.
Antispasmin bei Keuchhusten 541.
Antistreptokokkenscrum 263.
Antitoxinausscheidung 261.
Antitoxine 240.
Antitoxin bei Tetanus puerperalis 379.
Antitoxin, Thyreo- 571.
Anurie bei Diphtherie 538.
Anzeigepflicht in England 645.
Aorta, Stenose der 184.
Aortenaneurysma, Perforation in die
Vena cava superior 184.
Aortenaneurysmen und Syphilis 184.
Aortenklappen, Anomalie 38.
Aortenruptur 39.
Aphasie, optische, bei eitriger Hirn-
hautentzündung 456.
Aphasie, sensorische, und otitische
Temporalabscesse 455.
Aphthen der Genitalien 383.
Apolysin 601.
Apoplexie 102.
Aqua Chloroformii 591.
Aqua oxygenata bei Lungenschwind-
sucht 146.
Aquaeductus Sylvii, Tumoren in 61.
Arbeiterkrankenversicherung in Ber-
lin 636.
Arbeiterschwindsucht 638.
Arbeitszeit und Gesundheit 636.
Area Celsi 21.
Argentamin bei Gonorrhoe 508.
Argonin 509, 604.
Argyrie 640.
Arhythmie, reflectorische 167.
Aristol bei Lungenschwindsucht 146.
Arsenintoxication, chronische 580.
Arteria hepatica, Aneurysma der
209.
Arteriae uterinae, Unterbindung der,
bei Myom 388.
Arteriitis syphilitica 38.
Arteriosklerose 102.
Arteriosklerose, Bäder bei 556.
Arthritis acuta 542.
Arthritis s. auch Polyarthritis.
Arthrodese im Fussgelenk 354.
Arzneiexantheme : Digitalis 493, Anti-
pyrin, Bromoform, Jodkalium, Sul-
fonal 494, Quecksilber 513.
Arzneimittellehre , Lehrbücher der
605.
Asa foetida 583.
Aspergillus in der Lunge 21.
Asthma und Nasenkrankheit 149.
Asthma, Behandlung mit Coffein 149.
Ataxie, Friedreich's hereditäre 81.
Athemgeräusch , Erklärung des 135.
Atbmung, erste 521.
Athmungsorgane , Lehrbücher der
Krankheiten der 159.
Atrophie, acute gelbe der Leber 41
Atrophie, Haut- 498.
Atrophie, Knochen- 45.
Atrophie, Leber- bei acuter Phos
phorvergiftung 610.
Atropin und Morphium , Antagonis
mus 583.
Augenerkrankungen und Akromega
He 429.
Augenheilkunde, Lehrbücher der 432
Auge, Infectionskrankheiten , Aetio
logie 404.
G62
Sachregister.
Augenkrankheiten, ätiologische Be-
deutung des Pneumococcus 405.
Auge, Wirkung antiseptisoher Ver-
bände 405.
Ausschabung, Uterus- bei Extrauterin-
schwangerschaft 361.
Autoinoculation 515.
Autophonie 440.
Autoskopie des Kehlkopfes 466.
B.
Bacillen, Cholera-, Cultur der 244.
Bacillen des Ulcus molle 511.
Bacterien der Lymphe 254.
Bacterien, Morphologie der 1.
Bacterien, Scheiden- 2.
Bacterien, Aufnahme der, durch
Wunden 3.
Bacterien, Aufnahme der, in den
Körper 3.
Bacterien, intravitale Aufnahme der,
aus dem Darme 3.
Bacterien , postmortale Aufnahme
der, Tom Darm aus 3.
Bacterien im Blut und Harn 2.
Bacterien, choleraähnliche 244.
Bacterien im Darm des Neugebore-
nen 2.
Bacterien im Darm der Leichen 2.
Bacterien, erste, im Darm 521.
Bacterien, erbliche Uebertragung 2.
Bacterien , extracellulare Vernich-
tung 7.
Bacterien in der Leiche 10.
Bacteriologie, Lehrbücher der 45.
Bacterium coli, Gasbildung durch 9.
Bacterium coli, putride Bronchitis
durch 10.
Bacterium coli und Cholerabacillus 15.
Bacteriurie 235.
Bad, kaltes, Körpertemperatur im 562.
Bäder, heissa, und Stoffwechsel 561.
Bäder, heisse, bei Cerebrospinal-
meningitis 562.
Bäder, Kohlensäure- 548.
Bäder, warme, bei Circulations-
störungen 181.
Bäder, warme Voll-, bei Circulations«
Störungen 561.
Bäderwinning ^ physiologische diffe-
rente 548.
Balneologie, Lehrbücher der 564.
Barlow'sche Krankheit 294, 528, 530.
Bartholinitis 511.
Basedow'sche Krankheit 99, 102.
Basedow'sche Krankheit , Biyson's
Zeichen bei 101.
Basedow'sche Krankheit, chirurgische
Behandlung 101.
Basedow'sche Krankheit, Einfluss der
Schwangerschaft auf 100.
Basedow*sche £[rankheit , familiäre
Erkrankung 100.
Basedow'sche Krankheit , G^nital-
erkrankungen bei 380.
Basedow*8che Krankheit, Klimato-
therapie 553.
Basedow'sche Krankheit, Läsion des
Strickkörpers 100.
Basedow'sche Krankheit , Muskel -
dystrophie 101.
Basedowsche Krankheit, Myxödem
bei 101.
Basedow'sche Krankheit, operative
Behandlung 323.
Basedo wasche Ejrankheit, Schilddrü-
sentherapie bei 100.
Basedow'sche Krankheit , Thymus-
fütterung bei 100, 323, 572.
Becken, plattes 360.
Begräbnissplätze 626.
Bembrüche, Gehverband 308.
Beinschiene 316.
Ber^- und Luftfahrten 551.
Ben-Beri, eine Malariakrankheit 22.
89.
Berufswahl und Sehkraft 636, 637.
Blaflenbildang, Airol bei 505.
Blasengeschwülste bei Fuchsinarbei-
tem 345.
Blasennaht 345.
Bleichsucht, kohlensaure Soolbäder
bei 557.
Bleilähmungen 90.
Bleiliniment 505.
Bleivergiftung 641.
Bleiweiss 641.
Blennorrhoe, Metastasen bei 542.
Blindheit, präataktische bei Tabes 80.
Blutalkalescenz 288.
Blutalkalescenz bei Infection 4.
Blutalkalescenz und Leakocy tose 289.
Blut, Bacterien im 2.
Blutbefand bei Diabetes 276.
Blutbefund bei Leukämie 293.
Blutbildung in Milz und Knochen-
mark 289.
Blutbildung, Siderosis und Leuko-
cytose 289.
Blutdichte und Aderlass 287.
Sachregister.
663
Blutdichte bei Girculationsstörungen
165.
Blutdichte bei Kindern 542.
Blutdichte in den Tropen 287.
Blutdruckmessung 164.
Blutdruck bei Urämie 228.
Blut, Fibrinausscheidung im, der
Kinder 543.
Blutgase 287.
Blutgerausche , Entstehung der 161.
Blutgerinnung 24.
Blut, Glykogen im 273.
Blut, Harnsäure im, und Harn 286.
Blut, Harnsäure im, bei Nephritis
228.
Blutkörperchen 290.
Blutkörperchen, rothe 24.
Blutkörperchen, rothe, Regeneration
der 27.
Blutkörperchen, rothe, Respiration
der 288.
Blutkörperchen, rothe, Yolum der
287.
Blutkörperchen, weisse 24.
Blutkörperchen, Volumveränderung
550.
Blutkörperchenvolum im Fieber 288.
Blutpigment, Bildung von 26.
Blut, Salz des 287.
Blutserum, bactericide Kraft des
240.
Blutserum s. auch Serum.
Blutserumtherapie , Geschichte der
239.
Blut bei ungenügender Ernährung
288.
Blutung, Magen- 198.
Blutvei&iderung und Moorbäder 559.
Blutzerfall, Veränderungen des Harns
durch 217.
Blutzerfall, Harnsäure und Xanthin-
basen bei acutem 285.
Blutzusammensetzung und Höhen-
klima 549.
Borsäure, Insufflationen von, in den
Mastdarm 578.
Borsäurevergiftung 578.
Brechdurchfall, Nephrolithiasis nach
230.
Breiumschläge, kalte 563.
Bromäthyl 590.
Bromoform, Exantheme 494.
Bronchialstenose und Bronchopneu-
monie 138.
Bronchiektasieen , Behandlung mit
Carbolinjectionen 149.
Bronchiektasieen , tympanitisch-me-
tallischer Schall bei 136.
Bronchitis fibrinosa chronica 138.
Bronchitis, putride, Aetiologie 138.
Bronchitis, putride, Bacterium coli
bei 10.
Bronchopneumonie und Bronchial-
stenose 138.
Bronzediabetes 277.
Bronzekrankheit, geheilt durch Ne-
bennierenextract 102.
Brown-Sequard*8che Lähmung 71.
Bruchreposition unter Hydrotherapie
562.
Brückenau bei Nierenleiden 555.
Brustfellgeschwülste 157.
Brust, Krankheiten der 323.
Bryson'sches Zeichen bei Basedow-
scher Krankheit 101.
Buchdrucker, Krankheiten der 639.
Bulbärparalyse, progressive 66.
Bulbä]7>aralyse, Pseudo- 67.
Bulbärparalyse , Typus Erb - Gold-
fiam 66.
C.
Cachezia strumipriva, Schilddrüsen-
behandlung bei Myxödem und 567.
Gaissonarbeiter, Krankheit der 70.
Gakes, Aleuronat- 280.
Calcaneus, Tuberculose des 356.
Calomel bei Hydrops 230.
Ganalis caroticus und otitische Eite-
rung 455.
Gannabis indica bei Dermatosen 504.
Gannes, maritime Winterstation 554.
Gantharidin bei Gystitis 236, 510, 588.
Gantharidin bei Lungenschwindsucht
145.
Gantharidinsaures Kali bei Lungen-
phthise 588.
Garbolinjectionen bei Bronchiekta-
sieen 149.
Garbolinjectionen bei Lungengangrän
149.
Garbolsäure, Behandlung des Ulcus
moUe mit 511.
Garbolsäure - Klystiere , Vergiftung
durch 591.
Garbol Vergiftung 611.
Garcinom in Dermoidcysten 3.
Garcinom s. auch Adenocarcinom.
Garcinom, Ohr- 450.
Garcinom, Uterus- 44, 392, 894.
Garcinom, Uterus-, doppeltes 394.
664
Sachregister.
Carcinom, Scheiden- 383.
Garcinomgenese 32.
Carcinomübertragung 33.
Garcinomparasiten 33.
Garcinom s. auch Krebs.
Gardia, Inspection der, und Gastro-
skopie 188.
Garotisdrüse, Geschwülste der 320.
Gasei'nsalben 504.
Gastration bei Myomen 391.
Gastration bei Osteomalacie 296.
Gastration bei Prostatahypertrophie
346.
Gatguteiterung 310.
Gatgut, Präparirung des 382.
Gauda equina, Krankheiten der 70.
Gentraineryensystem, Histologie des
50.
Gentralnervensystem , Regeneration
des 28.
Gerebrospinalmeningitis, Diplococcus
intracellularis bei 19.
Gerebrospinalmeningitis , heisse Bä-
der bei 562.
Ghalazion, Aetiologie des 416.
Ghalicosis 34.
Ghemotaxis 25.
Ghinin bei Influenza 271.
Ghinin bei Schwarzwasserfieber 256.
Ghirurgie, Lehrbücher der 357.
Ghloral bei Tetanus 261.
Ghlorinchinin bei Typhus 251.
Ghloroform und Aether 298.
Ghloroformü, Aqua 591.
Ghloroformnarkose , Harnbefunde
nach 299.
Ghloroformirung wider Willen 611.
Ghloroformtod 300.
Ghlorose, Gastroptose bei 291.
Ghlorose, Genitalerkrankungen bei
381.
Ghlorose, heisse Luftbäder bei 560.
Gholera 13.
Gholera, Aetiologie 242.
Gholera, Diagnose der 13, 14.
Gholera, Mischinfection bei 245.
Gholeraniere 223.
Gholera, PfeifTer's specifische -Reac-
tion 242.
Gholeraserum 6.
Gholera, Therapie 245.
Gholeraähnliche Bacterien 244.
Gholerabacillen, Gultur der 244.
Gholerabacillus und Bacterium coli 15.
Gholerabacillus und Proteus 15.
Gholera, Swine plague, bog 4.
Gholeratoxin 244.
Gholeravibrionen, Tenacitat der 244.
Gholesteatome 31, 451.
Ghorditis inferior, Rhinosklerom bei
481.
Ghorea hereditaria 104.
Ghorea, Pathogenese 104.
Ghromatopsie bei Hysterie 98.
Ghromsäure bei syphilitisch. Schleim-
hautläsionen 513.
Ghylopericardium 182.
Ghylothorax 154.
GiliarkÖrper, Function des 410.
Gilien der Bacterien 1.
Girculationsstörungen, Blutdichte bei
165.
Girculationsstörungen, warme Bäder
bei 181, 561.
Girrhose, Leber- 42.
Gitrophen 602.
Glavicula, temporäre Resection der
305.
Goagulationsnekrose 223.
GocaYn bei Keuchhusten 541.
Goccidium oviforme 23.
Gochlea, Exfoliation der 454.
Goffei'n bei Asthma 149.
Goffeinsulfosäure, toxische Glykosurie
durch 274.
Golibacillen, Differentialdiagnose zwi-
schen, und Typhusbacillen 12, 248.
Golitis 208.
Golitoxinaemia cerebrospinalis 63.
Golloidbüdung 36.
Golpotomia anterior bei Adnexerkran-
kungen 397.
Goma diabeticum 277.
GompensationsstÖrung des Herzens,
Ursache der 38.
Gondyloma acuminatum 512.
Gonjunctiva, Diphtherie der, und
Serumtherapie 419.
Gonjunctiva, Papeln der 514.
Gonjunctiva, Sublimatii^jection 405.
Gonjunctivitis, Behandlung der 419.
Gonjunctivitis , gutartige, der Neu-
geborenen 419.
Gonjunctivitis follicularis und Tra-
chom 422.
Gonstanter Strom bei Typhus 251.
Gontrex^ville und Ausscheidung der
Harnsäure 557.
Gonus medullaris 72.
Gomutin 378.
Gorsica 552.
Gorti'sche Membran 434.
Sachregister.
665
Coxa vara 350.
Creolinintoxication 593.
Creidsisinus, Schilddrüsenbehandluiig
bei 568.
Curorte, Hygiene der 547.
Cylinder im eiweissfreien Harn 220.
Cyste, Flimmer- 40.
Cyste, Gras- im Darm 40.
Qrste der Leber 41.
Cystenniere 43.
C^stinurie 230.
Cystitis, bacterielle 235.
Cystitis, Cantharidin gegen 236, 510,
588.
Cysiitis gonorrhoica 510.
Cystitis, ürotropin gegen 589.
Cystoskopie 237, 303, 340.
CytisinvergiftuDg 586.
D.
Dacryocystitis, Behandlung der 416.
Dampfbad, improvisirtes 563.
Dampfdesinfection 646.
Darm, Adenome des 30.
Darmadhäsion 206.
Darmanastomose 331.
Darm, Antiperistaltik 203.
Darmansschaltung 332.
Darm, Bacterien, erste, im 521.
Darmdesinfection bei Typhus 250.
Darmdesinficiens, Enterol als 592.
Darm, Flagellaten im 209.
Darm, Gascysten im 40.
Darmgeschwüre 41.
Darminnervation 204.
Darminvagination 333, 543.
Darmkatarrh, Eudoxin bei 208.
Darmkatarrh, Nephritis bei 545.
Darmkatarrh, Nosophen bei 208.
Darmkatarrh, Tannigen bei 545.
Darmlänge 205.
Darm, Mastdarmemährung 202.
Darm, Mastdarmgeschwüre 41.
Darm, Mastdarmresorption 204.
Darmocclusion nachTotalezstirpation
des Uterus 393.
Darm, physikalische Untersuchung
205.
Darm, Polypenbildung im 209.
Daumen, Schanker am 513.
Decidua, Geschwülste der 31.
Delirien, Initial- bei Typhus 117.
Dementia paralytica, Frequenz der
127.
Dermatitis herpetiformis 501.
Dermatol 596.
Dermatomyositis acuta 312.
Dermatomyositis chi'onica 84.
Dermoidcysten, Carcinom in 31.
Dermoidcyste, retrorectale 402.
Descemet! tis 425.
Desinfection, Dampf- 646.
Desinfection der Hände 303, 364, 653.
Desinfectionsapparat, neuer 646.
Desinfectionsfähigkeit von Seifen-
lösungen 647.
Desinfection, Wund- 3.
Diabetes, Aetiologie 275.
Diabetes, Aethylidenmilchsäure und
Fettsäuren im Harn 276.
Diabetes, Alkohol bei 280.
Diabetes, Angina pectoris bei Gicht
und 175.
Diabetes, Blutbefund 276.
Diabetes, Bronze- 277.
Diabetes, Coma 277.
Diabetes decipiens 276.
Diabetes, Diätetik 279.
Diabetes, Epilepsie bei 277.
Diabetes, gastrische Krisen bei 276.
Diabetes, Hämochromatose bei 278.
Diabetes, Kalksalze bei 280, 579.
Diabetesniere 224.
Diabetes, Operation bei 281.
Diabetes und Pankreas 41, 274, 281.
Diabetes, Retinitis bei 431.
Diabetes, traumatischer 616.
Diabetes u. traumatische Neurose 275.
Diabetes, Uraniumnitrat bei 280.
Diabetes, Xanthoma bei 497.
Diabetes insipidus, Behandlung mit
Nebennieren 281.
Diaphanoskopie 302.
Diaphorese bei Hydrops 229.
Diarrhoe, hydriatische Behandlung
563.
Diarrhoe, Nephritis nach 224.
Diathese, hämorrhagische 294.
Digitalis, Arzneiexanthem bei 493.
Digitalis bei Pneumonie 140.
Digitoxin 181, 584.
Digitoxin bei Pneumonie 140.
Diphtherie, Aetiologie 533.
Diphtherie, Anurie bei 538.
Diphtheriebacillen , ätiologische Be-
deutung 16.
Diphtheriebacillen bei Gesunden 16.
Diphtheriebacillen in Hautwunden 17.
Diphtheriebacillen nach der Heilung
16.
666
Sachregister.
Diphtheriebacillen in Wasser 17.
Diphtheriebacillen in Winterkälte 17.
Diphtherie, Behandlung mit: Man-
gansaurem Natron , Magnesium-
sulfit, Salaktol, Sozojodol Wasser-
stoffsuperoxyd 482, mit Heilserum
539, Natrium sozojodolicum 594,
locale Behandlung 540, Intubation
540, Tracheotomie 540,
Diphtherie der Conjunctiva und
Serumtherapie 419.
Diphtherie, Diagnose 586.
Diphtherie, Differentialdiagnose der
649.
Diphtherie, Epidemiologie der 532.
Diphtherieheilserum, Nebenwirkun-
gen 566.
Diphtherieheilserum -Therapie 419,
650.
Diphtherieheilserum und normales
Pferdeserum 5.
Diphtherieheilserum - Injection , Ver-
änderungen der Organe bei 17.
Diphtherieimmunität 6, 535, 650.
Diphtherieimmunisirung 5.
Diphtherie, Incubation der 587.
Diphtherie, Lähmung nach 88,
534.
Diphtherieniere 224.
Diphtherie, Otitis media acuta bei
443.
Diphtherie, Pathogenese des Herz-
todes nach 535.
Diphtherie, pathologische Anatomie
534.
Diphtherie, Prognose der 539.
Diphtherieprophylaxe 650.
Diphtherie, Pseudo- 534.
Diphtherie, septische 538.
Diphtherie, Streptokokken- 18.
Diphtherie, Streptokokken- bei Neu-
geborenen 526.
Diphtherie, Tracheotomie, Nachblu-
tungen 482.
Diphtherie, Veränderungen der Or-
gane bei 17.
Diplegia cerebralis spastica 52.
Diplococcus intracellularis 19.
Diplopie, monoculare, bei Hysterie
430.
Disposition 4.
Diurese und Flüssigkeitsaufnahme
549.
Diuretica bei Herzkranken 179.
Diuretin bei Herzkrankheiten 180.
Diuretin bei Hydrops 230.
Diuretin, toxische Glykosurie durch
274.
Divertikel des Magens 40, 201.
Drainage bei Laparotomie 806.
Drucksonde, federnde bei Otitis media
445.
Dura mater, Hämatom der 515.
Dura spinalis, Tumor der 72.
Dysenterieamöben 22, 266.
Dysenterie, Kohlensäure bei 575.
Dysenterie, Steptokokken bei 267.
Dyspepsie, Papain gegen 588.
Dyspnoe, Wesen der cardialen 166.
£.
Ecchondrosis physalifora 32.
Echinococcus in Gehirn 58.
Echinococcus im Herz 176.-
Echinococcus in der Leber 209.
Echinococcus in der Milz 209, 838.
Ei, äussere Ueberwanderung des 861.
Einäugigkeit und Erwerbsfähigkeit
637.
Eisenbahnhygiene 642.
Eisentherapie 582.
Eisenwässer und Hämoglobin 558.
Eiswassercur 562.
Eiter, Morphologie des 25.
Eiterung 809.
Eiterung durch : Gonokokken 9, un-
bestimmte Mikroben 9, Tjrphus-
bacillen 9.
Eiterung, Catgut- 310.
Eiterung, Highmorshöhlen-, Behand-
lung 473.
Eiterung, künstliche, bei malignen Ge-
schwülsten 314.
Eiterung, otitische, und Canalis ca-
roticus 455.
Eiweiss, Fettbildung aus 281.
Eiweiss s. Albumin.
Eklampsie 44.
p]klampsie bei Mutter und Kind 377.
Eklampsie, operative Behandlung 375.
Eklampsie, symptomatische Behand-
lung 377.
Eklampsie, Ureterverschluss bei 878.
Ekzem, Myrtillin bei 506.
Ekzem, Nephritis nach 224, 489.
Ekzemtherapie 487.
EleYdin 480.
Elektricität, Tod durch 613.
Elektrolyse, Wirkung der 240.
EUenbogengelenksanKylose 348.
Sachregister.
667
Embolie 69.
Embolie, künstliche 49.
Embolie der Pulmonalarterie 188.
Empyem der Highmorshöhle, Dia-
gnose des 473.
Empyem, metapneumonisches 153.
Empyem der Stirnhöhle 471.
Encephalitis 54.
Encephalitis, Influenza- 269.
Endocarditis 37, 167.
Endocarditis bei Gonorrhoe 168.
Endocarditis bei Tnbercolose 88.
Endometritis, Amöben bei 28.
Endometritis decidualis in der
Schwangerschaft 360.
Endotheliom 29.
Entenwalöl, bei Acne 491.
Enteritis phlegmonosa 40.
Enterol als Darmdesinficiens 592.
Enuresis nocturna 237.
Eosinophile Zellen 290.
Ephedrin 585.
Ephedrinhomatropin 407.
Epidermolysis bullosa hereditaria 492.
Epididymitis 510.
Epidurale Abscesse 456.
Epilepsie 94.
Epilepsiebehandlung, Flechsig'äche
Methode 95.
Epilepsiebehandlung mit Bromstron-
tium 96.
Epilepsiebehandlung, chirurgische 96,
317.
Epilepsie, Bewusstseinsstörungen bei
122.
Epilepsie bei Diabetes 277.
Epilepsie, Geistesstörung bei 619.
Epilepsie, Gliose bei 95.
Epilepsie, Nierenextract gegen • 578.
EpDepsie, Reflex- 96..
Epilepsie, senile 95.
Episderitis periodica fugax 424.
Erblichkeit s. Vererbung.
Erhängen bei Tracheotomie 612.
Erhängungstod 612.
Erhftngungsversuch , Amnesie nach
120.
Erwerbsfähigkeit und Einäugigkeit
637.
Erysipel 262.
Erysipel, Complication des, mit Pneu-
monie 262.
Erysipel, Gasabscesse nach 9, 262.
Erysipel, Serum therapie des 5.
Erysipeltoxine bei malignen Ge-
schwülsten 814.
Eudoxin 598.
Eudoxin bei Darmkatarrh 208.
Europhen 597.
Europhen, Ersatz für Jodoform 508.
Evisceration bei verschleppten Quer-
lagen 370.
Exantheme, Arznei-: Digitalis 498,
Antipyrin, Bromoform, Jodkalium,
Sulfonal 494, Quecksilber 518.
Exostosenbildung, multiple 318.
Extrauterinschwangerschaft, Uterus-
ausschabung bei 361.
F.
Facialislähmung 92.
Fadalislähmung , Behandlung der,
nach acuter Otitis media 446.
Facialisparese nach Influenza 271.
Fäces, Harnsäure und Xanthinbasen
in den 284.
Faserverlauf des Sehnerven 408.
Felsenbein, Hyperostose des 450.
Feriencolonieen 685.
Ferment, glykolytisches 281.
Ferripyrin 603.
Fettbildung aus Ei weiss 281.
Fettgewebe der Unterhaut 487.
Fettleibige, Herzarhythmie bei 172.
Fettmilch, Gärtner'eche 524.
Fibrinausscheidung im Blut der
Kinder 548.
Fibroadenom des Magens 200.
Fibromyom des Uterus 388.
Fieber, Blutkörpervolum im 288.
Fieber, Einfluss der infectiösen, auf
den Puls 241.
Fieber, Einfluss des, auf Infections-
krankheiten 241.
Fiebererzeugung 28.
Fieber, Organentartung bei 28.
Fieber, Schwarzwasser- 255.
Fieber, Texas- 246.
Filtration 629.
Fingergymnastik, Apparate für 816.
Fingerverletzungen 348.
Fissura ani, Behandlung mit Ichthyol
492.
Fistula ileovaginalis nach Uterus-
exstirpation 898.
Flagellaten im Darmcanal 209.
Flammentachographie 164.
Flecktyphus, Serumbehandlung 258.
Flecktyphusprophylaxe 650.
Fleischbeschau 680.
668
Sachregister.
Flimmercyste 40.
Flüssigkeitsaufnahme und Diurese
549.
Flussverunreinigung 628.
Folliculitis 491.
Formaldehyd bei Augenkrankheiten
406.
Frauenmilch, Analyse 522.
Fremdkörper in den Luftwegen 137.
Fremdkörperriesenzellen 26.
Friedreich's hereditäre Ataxie 81.
Friedrichshaller Quelle 556.
Frostmittel 492.
Frucht, todte, Retention der 369.
Frühgeburt, künstliche 370.
Fuchsinarbeiter , Blasengeschwülste
bei 345.
Furunculose bei Influenza 270.
Fussgelenk, Arthrodese im 354.
Fuss, Platt-, Behandlung 355.
Fusssch weisse 501.
G.
Gärtnerische Fettmilch 524.
Gallenblaseneiterung 249.
Gallenblasen- und Leberchirurgie 337.
Gallensteinzertrümmerung , trauma-
tische 616.
Gallicin 408.
Ganglienzelle, Granula der 113, 114.
Gangrän, Haut- 499.
Gangrän, Lungen- nach Influenza 270.
Gangrän, puerperale, des Unter-
schenkels 378.
Gangrän, symmetrische 102.
Gangrän, symmetrische, bei Syphilis
532.
Gangrän bei Typhus 249.
Gasbildung durch Bacterium coli 9.
Gasbildung bei Erysipel 9.
Gasbildung in der Leber 209.
Gascysten im Darm 40.
Gasgährung im Magen 195.
Gasglühlicht 626.
Gastrische Krisen bei Diabetes 276.
Gastroptose 197.
Gastroptose bei Chlorose 291.
Gastroskopie 188.
Gaumendefecte, Sprache bei 475.
Gaumen, weicher, syphilitische Ver-
wachsung des 474.
Gebärende, äussere Untersuchung der
363.
Gebärmutter s. Uterus.
Geburt bei Anteflxatio uteri 366.
Geburt, Myom bei 365.
Geburtshülfe , Lehrbücher der 402.
Geburt, Sarg- 617.
Geburtsverletzungen 379.
Geburtsverletzungen der Neugebore-
nen 617.
Gefängnisse, Tuberculose in 643.
Gefässerkrankung, Neuritis durch 88.
GefUssreflex, bulbo medullärer 48.
Geflügeltuberculose 11.
Gehirn, Aktin omykose des 257.
Gehirn, Echinococcus im 58.
Gehimerkrankung bei Influenza 18.
Gehimerkrankung, otitische 457.
Gehimgewicht 111.
Gehirnhistologie 112.
Gehirnnerven 90.
Gehirn s. auch Hirn.
Gehirn, elektrische Reizversuche am
114.
Gehirn, Trauma des 56.
Gehörgang, äusserer, Syphilis des 439.
Gehörgangsverletzung durch Unter-
kieferläsion 440.
Gehörgangsstenose, Behandlung der
438.
Gehörknöchelchen, Excision der 448.
Gehörprüfungen an Schulkindern 436.
Gehörschärfe und akustische Eisen-
bahnsignale 437.
Geisteskrankheiten , Schilddrüsen-
behandlung bei 569.
Geistesstörung und Sittlichkeits-
verbrechen 619.
Gelbsucht s. Icterus.
Gelenk, Ellenbogen-, Ankylose 348.
Gelenkerkrankungen bei Influenza
310.
Gelenkinhalt bei Gelenkrheumatis-
mus 20.
Gelenkknochenhypertrophie, pulrao-
näre 148.
Gelenkrheumatismus, Aetiologie des
263.
Gelenkrheumatismus , Kokken im
Harn 20.
Gelenkrheumatismus s. auch Poly-
arthritis.
Gelenktuberculose 311.
Genitalien, Aphthen der 383.
G enitalerkrankungen beiChlorose 381 .
Genitalerkrankungen bei Influenza
381.
Genitalerkrankungen bei Morbus
Basedowii 380.
Sachregister.
6G9
Geschlechtskrankheiten, Lehrbücher
der 506.
Geschwülste der CarotiBdrüse 320.
Geschwülste, Hirn-, Operation 318.
Geschwülste, Genese der 32.
Geschwülste, maligne, Behandlung
durch Eiterung 314.
Geschwülste, maligne, Behandlung
durch Eiysipeltozine 314.
Geschwülste, traumatische Ursache
der 32, 313.
Geschwülste, Transparenz 302.
Gesichtsfeldstörungen 51.
Gesichtslage, Umwandlung von 369.
Gesundheitsaufseher in Berlin 645.
Gesundheitsanfseher in England 645.
Gesundheitswesen, öffentliches, Lehr-
bücher für 659.
Gicht 283.
Gicht, Angina pectoris bei Diabetes
und 175.
Gicht, Behandlung mit Lysidin 286.
Gicht, Behandlung mit Lithium 286.
Gicht, Hams&ureconcretionen in Ge-
lenken 286.
Gicht und Xanthinbasen 285.
Gifte, Dosis letalis bei mehreren 609.
Glaukom, Behandlung des 426.
Glaukom nach Stardiscission 426.
Gliose bei Epilepsie 95.
Glykogen im Blute 273.
Glykogen und Zucker, Muskelarbeit
273.
Glykolyse 273.
Glykosurie, alimentäre 275.
Glykosurie, physiologische 214.
Glykosurie, toxische, durch CoffeYn
274.
Glykosurie, toxische, durch Cofiein-
sulfosäure 274.
Glykosurie, toxische, durch Diuretin
274.
Glykosurie, toxische, durch Queck-
silber 274.
Glykosurie, toxische, durchThyreoidea
274.
Glykosurie, toxisöhe, durch Tuberculin
274.
Gonokokken 606.
Gonokokkencultur 507.
Gonokokken, Eiterung durch 9.
Gonokokken bei Prostituirten 508.
Grenitalerkrankungen bei Verdauungs-
störungen 381.
Gerichtliche Medicin, Lehrbücher der
620.
Gonorrhoe 385.
Gonorrhoe, Behandlung mit: Alum-
nol 510. Argentamin 508, Argonin
509, Janet's Methode 509, Ultz-
mann'schen Durchspülungeu 509,
Salbeniustrument 510, Hydrothera-
pie 562.
Gonorrhoe (forensisch) 507.
Gonorrhoe, Cystitis bei 510.
Gonorrhoe, Endocarditis bei 168.
Gonorrhoe, Hemiplegie bei 55.
Gonorrhoe, Prophylaxe der 507.
Granula der Ganglienzelle 113. 114.
Granula, Natur der 113.
Greisenaiter, Schwerhörigkeit 440.
Gritti'sche Amputation 307.
Grosshimhemisphäre, Entfernung der
49.
Grosshirn u. psychische Phänomene
50.
Guajacol bei Lungenschwindsucht 146.
Guajacol bei Typhus 251.
Gynäkologie, Lehrbücher der 402.
H.
Haarmange] 499.
Hämatochylurie 235.
Hämatom der Dura mat<er 62, 515.
Hämatom der Dura mater, Behand-
lung 318.
Hämatom, intradurales 72.
Hämatom der Ohrmuschel 438.
Hämatoporphyrinurie 216.
Hämaturie bei Malaria 254.
Hämochromatose 26.
Hämochromatose bei Diabetes 278.
Hämoglobinbestimmung 288.
Hämoglobin und Eisenwässer 558.
Hämoglobin bei Lungenschwindsucht
146.
Hämoglobinurie 216.
Hämophilie 294.
Hämostatica, intern wirkende 382.
Hallux valgus 356.
Halsrippen 321.
Hammerzehenplattfuss 356.
Harn, Bacterien im 2.
Hambefunde nach Chloroformnar-
kose 299.
Harnblase, Anästhesirung der 236.
Harnblase s. auch Blase.
Harn, Cylinder im eiweissfreien 220.
Harn, diabetischer, Aethylidenmilch-
säure und Fettsäure im 276.
670
Sachregister.
Hamleiterfisteln 400.
Hamleiterkatheterismus 237, 303.
Harn, Leukocytenzählung im 221.
Hamorgane, Lehrbücher der Krank-
heiten der 237.
Harn, Pentose im 278.
Hampigmente 220.
Harn, salpetrige Säure im 219.
Harnsäure 212, 213.
Harnsäure Diathese, Kalksalze bei
232.
Harnsäure im Blut bei Nephritis 228.
Harnsäure im Blut 286.
Harnsäure im Harne 283, 286.
Harnsäure, Löslichkeit der 231, 283.
Harnsäure und Nudein der Nahrung
284.
Harnsäure und Xanthinbasen in den
Fäces 284.
Harnsäure und Xanthinbasen bei
acutem Blutzerfall 285,
Harnsäure, Reaction auf, mit Phos-
phormolybdänsäure 283.
Hamsäureconcretionen in gichtischen
Gelenken 286.
Hamsäuresteine, Urotropin gegen 589.
Harnsäure, Ausscheidung der, und
Contrex^viUe 557.
Harnsäure u. Xanthinbasen bei Leuk-
ämie 292.
Harnsäure und Leukocytose 289.
Hamsecretionsvorgang 212.
Hamsedimente 219.
Hamsedimente, Conservirung der 221.
Hamsedimente, Färbung der 220.
Harn, Sulfonal im 218.
Harn, Veränderungen durch Blut-
zerfall 217.
HamTcrdÜnnung 214.
Hamwege, Krankheiten der 235.
Hausentwässerung 624.
Hantatrophie 498.
Hautbedeckung, natürliche und künst-
liche 623.
Haut^n^n 499.
Hautmeision, subenidermale 305.
Hautjucken, GannsÜDis indica bei 504.
Hautkrankheiten, Lehrbücher der 506.
Hautkrankheiten , Schilddrüsenbe-
handlung bei 569.
Hautreflexe, gesteigerte bei Tabes 78.
Hauttransplantation 304.
Hautwarzen 29, 495.
Hebammenwesen, Organisation des
654.
Heilanstalten 552, 644, 648.
Heilserumtherapie der Diphtherie 650.
Heilserum , Diphtherie- , Nebenwir-
kungen 566.
Heilserum s. auch Serum.
Heilstätten für Kinder 635.
Heizung und Beleuchtung 624,
Hemianopsie bei Hysterie 98.
Hemiatrophie des Gesichts 103.
Hemicrame 103.
Hemiplegie, gonorrhoische 55.
Hemisystolie 168.
Hernien, Tuberculose der 337.
Hemiotomie bei Kindern 546.
Herpes laryngis 478.
Herpes tonsurans 502.
Herpes zoster 89, 500.
Herpes zoster bei Malaria 254.
Herz, Alkohol- 170.
Herzaffection bei Influenza 268.
Herzaffection der Masturbanten 175.
Herzarhythmie bei Fettleibigen 172.
Herzbeschwerden, prämenstruale 174.
Herz, Echinococcus im 176.
Herz, Erkrankung der Vorhöfe 171.
Herzerweiterung, angiospastische 174.
Herzerweiterung, scarlatinöse , Be-
handlung der 541.
Herzfehler durch Quetschung des
Herzens 173, 324.
Herz, Fragmentation des, bei Typhus
250.
Herzgeräusche, accidentelle diastoli-
sche 169.
Herzgewicht bei Tuberculosen 37.
Herzhypertrophie, idiopathische 172.
Herz, kindliches, Wadisthumshyper-
trophie des 543.
Herzklappenfehler, complicirter 168.
Herzklappenfehler 167.
Herzkranke, Diuretica bei 179.
Herzkrankheit, Behandlung mit Al-
kohol 181.
Herzkrankheit , Widerstandsgymna-
stik 181.
Herzmuskelerkraukungen 170.
Herzmyxom, polypöses 176.
Herz, Neubildungen 176.
Herzparasiten 176.
Herz der Phthisiker 141.
Herzpolypen 171.
Herzschwäche bei Infectionskrank-
heiten 242.
Herzspitzenstoss, Lehre vom 161.
Herzsyphilis 175.
Herz , thrombenähnliche Bildungen
des 37.
Sachregister,
G71
Herztod, diphtherischer, Pathogenese
des 535.
Herztone, Entstehung und Zahl derl60.
Herztöne, mechanische Registrirung
der 163.
Herztuberculose 172.
Herz, üeberanstrengung des 637.
Herz, Wirkung der Vagusdurchschnei-
dung auf das 37.
Heteroplastikbei Schädeldefecten 318.
Highmor8hdhleneiterung,6ehandlung
472.
Highmorshöhle, £mpyem, Diagnose
des 478.
Highmorshöhle, Fremdkörper der 472.
Highmorshöhle, Nachblutung bei Er-
öffnung der 472.
Highmorshöhle, seröse Erkrankung
der 473.
Hinken, intermittirendes 88.
Himabscesse, otitische 456.
Hirnblutung 53.
Himchirurgie 57, 317.
Himdruck und Stauungspapille 51.
Himgeschwülste, Operation 318.
Hirnhautentzündung, eitrige, optische
Aphasie bei 456.
Hirnkrankheiten bei Otitis 456.
Himnerven, centraler Verlauf der
111.
Himsyphilis 58.
Hirntumor, Labyrinthdruck bei 452.
Hirn s. auch Gehirn.
Höhenklima un d Tub erkelbacillen550.
Höhenklima und Zusammensetzung
des Blutes 549.
Höhlen wunden, starrwandige,Behand-
lung 307.
Hördauer 435.
Hog Cholera 4.
Homkrebs des Uteruskörpers 394.
HospitalTentilation 643.
Hüftgelenkluxation, angeborene, Be-
handlung 351.
Hüftgelenkluxation, angeborene,Gang
bei 350.
Hühnerei, Eommabacillen im 15.
Hungertod 615.
Hydriatische Behandlung derDiarrhoe
563.
Hydriatische Behandlung der Gonor-
rhoe 562.
Hydriatische Therapie und Stoff"-
wechsel 560.
Hydrocelenbehandlung 346.
Hydrocephalus 546.
Hy dronephrose, Pseudo-, traumatische
344.
Hydronephrose, Nephrektomie bei344.
Hydrops, Diaphorese bei 229, Diuretin
bei 230, Calomel bei 230, mecha-
nische Behandlung 229, Pilocarpin
bei 229, Sonnenbäder bei 229.
Hydrops s. auch Wassersucht.
Hydrorrhoea nasalis 469.
Hydrotherapie, Bruchreposition unter
562.
Hyperidrosis 501.
Hyperkeratose 495.
Hyperostose des Felsenbeins 450.
Hypertrophie , idiopathische , Herz-
172.
Hypertrophie der Prostata, Behand-
lung der 347.
Hypertrophie, Prostata-, Castration
bei 346.
Hypertrophie , pulmonäre Gelenk-
knochen- 148.
Hypertrophie, Wachsthums-, des kind-
hchen Herzens 543.
Hypertrophie, wahre Muskel- 85.
Hypoleukocytosis, toxische 241.
Hysterie 97, Oedem bei 98, Selbst-
beschädigung bei 98, Simulation
von Syringomyelie bei 98, mon-
oculare Diplopie bei 430, Simulation
von Tabes dorsalis bei 99.
Hysterie, imitatorische 546.
Hysterische Schmerzen 97, Mamma
97, Stottern 98, Stummheit 98,
Hemianopsie 98, Chrom atopsie 98.
I.
Ichthyol, Behandlung der Fissura
ani mit 492.
Ichthyosis 495.
Icterus, infectiöser 20, 210.
Icterus, syphilitischer 516.
Ileocöcalgegend, Geschwülste der 334.
Immunisirung, Einführung der all-
gemeinen 566.
Immunisirung durch Serum 4, durch
Schlangengift 5, gegen Diphtherie 5.
Immunisirungsversuche bei Typhus
252.
Immunität 6, künstliche, bei Diphthe-
rie 650, natürliche bei Diphtherie 6,
bei niederen Wirbel thieren 7, Säu-
gungs- 532.
Impetigo herpetiformis 490.
(572
Sachregister.
Impf Statistik 651.
Impfstoff 651.
Impfang, Präventiv- 246.
Indicanurie 219.
Infectionskrankheiten , Blutalkales-
cenz bei 4.
Infectionskrankheiten , Einfluss des
Fiebers auf 241.
Infectionskrankheiten, Herzschwäche
bei 242.
Infectionskrankheiten , Lehrbücher
der 271.
Infection bei Neugeborenen: Nabel-
erkrankungen 525, Sepsis 526,
Streptokokkendiphtherie 526.
Influenza, Behandlung mit: Chinin
271, Salophen 271.
Influenzaencephalitis 269.
Influenza, Facialisparese nach 271.
Influenza, Furunculose bei 270.
Influenza, Gefässverschlüsse bei 268.
Influenza, Gehimerkrankung bei 18.
Influenza, Genitalerkrankungen bei
381.
Influenza, Herzaffection bei 268.
Influenza,Eehlkopf affectionen bei 27 1 .
Influenza, Knochenaffectionen bei 270.
Influenza, Knochen- und Gelenk-
erkrankungen 310.
Influenza, Lungenabscess nach 148.
Influenza, Lungengangrän nach 148,
270.
Influenza, nervöse 270.
Influenzaotitis 92, 443.
Influenza, pathologische Anatomie 18.
Influenzazunge 270.
Inhalatorien, Freiluft- am Meeres-
strande 555.
Initialdelirien bei TVphus 117.
Instrumentenkochgef^ 316.
Intoxication s. auch Vergiftung.
Intubation 540.
Inversio uteri, Operation bei 388.
Iritis, Pathogenese der 425.
Irrenanstalten, Verfügung betreffend
die Privat- 181.
Irresein, inducirtes 118.
Ischias 92.
Iscliias, Muskelwogen bei 93.
Ischias scoliotica 93.
Isolirung 645.
J.
Janet'sche Methode bei Gonorrhoe 509.
Jodkali bei Aktinomykose 257.
Jodkalium, Exantheme 494.
Jodoform, Europhen für 503.
Jodoformin 595.
Jodoformin, Behandlung des ülcas
moUe mit 512.
Jodsaure Salze 576.
Jucken, Cannabis indica gegen 504.
K.
Kaiserschnitt 372.
Kaliumchloratvergifbung 575.
Kaliumchromatstaub 640.
Kalk bei Diabetes mellitus 280, 579.
Ealkstoffwechsel bei Rachitis 527.
Kapselbacillus 8.
Kataleptische Todtenstarre 617.
Katheterismus der Harnleiter 237.
Kehlkopf affectionen bei Influenza 27 1 .
Kehlkopf, Auteskopie 466.
Kehlkopf, CoordinationslSlimung des
481.
Kehlkopf exstirpation 320, 481.
Kehlkopf krankheiten, Lehrbücher der
485.
Kehlkopflähmungen nach Typhus
89, 481.
Kehlkopflampe 466.
Kehlkopfheurose, klimakterische 94.
Kehlkopfstenose, Behandlung 478.
Kehlkopfstenose, syphilitische 477.
Kellnerlähmung 92.
Keloi'd 494.
Keratitis und Coigunctivitis eczema-
tesa, Aetiologie 404.
Keratitis, eitrige 423.
Keratitis, interstitielle, bei Syphilis
424.
Keratitis, parenchymatöse 423.
Keratese, Hyper- 495.
Keratosis universalis 491.
Keuchhusten, Behandlung mit: Anti-
spasmin 541, Cocain 541, Kohlen-
säure 575, Luftcur 541.
Kiefergelenksneurose und Ohrerkran-
kung 450.
Kiefernekrose, Tabes dorsalis mit 79.
Kinder, Alkoholismus bei 126.
Kinderheilstätten 635.
Kinderkrankheiten, Lehrbücher der
546.
Kindermilch, häusliche Herstellonff
523.
Kissinger Mineralwasser im Stoff-
wechsel 557.
Kleinhimerkrankungen 62.
Sachregister.
673
Kleinhirahemisphäre, Entfernung der
49.
Kleinbirntumor 30.
Klima 621.
KUmatische Behandlung der Tuber-
culosen 555.
Elimatologie, Lehrbücher der 564.
Klimatotherapie des Morbus Base-
dowii 553.
Klystier, Oel- bei Obstipation 209.
Kniegelenkstuberculose, Behan dlung
353.
Knochenatrophie 45.
Knocbenerkrankungen bei Influenza
270, 310.
Knochenimplantation 45.
Knochenmark, Biologie des 45.
Knochenmark, Behandlung der per-
niciösen Anämie mit 292.
Knochenmark, Blutbildung in Milz
und 289.
Knochenmark, Regeneration des 27.
Knochentuberculose und Schlamm-
bäder 558.
Körpertemperatur im kalten Bad 562.
Kohlenoxydnachweis 610.
Kohlenoxydvergiftung 624.
Kohlenoxjd Vergiftung , Lähmung
nach 90.
Kohlensäure bei: Dysenterie 575,
Erbrechen der Schwängern 575,
Keuchhusten 575.
Kohlensäurebäder 548.
Kohlensaure Soolbäder bei Bleidi-
sucht 557.
Kohlensaure Soolbäder b^ Morbus
Brightü 556.
Kommabacül^ft in Aquarien 14.
Kommabacülen, Lebensdauer der —
in Fäcahen 14.
Kommabadllen und FaolniM 14.
KommabaciUen, Giftbildang der 15.
KommabadUen im Hühnerei 15.
Kopfverletzung, Blutspuren bei 616.
KothunterBUchiuig 20^.
Krankenhausbau 643.
Krankentransport 643.
Krebs, Hom-, des Vtunuk'fgyan
394.
Kiebs, Lungen- a6, 14SP.
Krebs, Nieren- 293.
Krebs, PankreM- 210.
Krebsseram bei BialigBieii Oe4<.r«wij,'
sten 314.
Krebs 8. auch CaieuMmii.
Krebs und Taberralo«*
Jahrbnch der igatxxtf'.t^^ K» ...< vi >^flr^
Kreislaufsorgane , Lehrbücher der
Krankheiten der 185.
Kreislaufstörungen,Müchcurenbeil 77 .
Kreosotal bei Lungenschwindsucht
146.
Kropf, Schilddrüsenfütterung bei 322.
Kropf, Thymus bei 572.
Kropf, Thymusfütterung bei, und
Basedow'scher Krankheit 323.
Kuhmilch, Veränderungen der, durch
Sterilisiren 523.
Kupferhämol 581.
Kupfer, toxische Wirkung 580.
L.
Labyrinthdruck bei Hirntumor 452.
Labyrintherkrankung, Pilocarpin bei
454.
Labyrinth, pathologische Anatomie
des 452.
Labyrinthsyphilis 516.
Lactation, Amblyopie bei 431.
Lactation ohne vorhergegangene Oe*
burt 607.
Lactophenin 601.
Lähmungen, Blei- 90,
Lähmung, Ooordinatioas- des Kohl-
kopfes 481.
Lähmungen, Facialis-, nach acut«'»*
Otitis media, Behandlung 44<(.
Lähmungen, Kehlkopf-, nacTi Typhun
89, 481.
Lähmung, Kellner- 92.
Lähmungen nach Kohl(fnoxy(| Vergif-
tung 90.
Lähmungen, Malaria- 89.
Lähmung d^m N. poronaeuN 129«
LähmoDg, Oculomotoriu«- ^).
Lähmung, OculomoUiriuM- b<'i Hyplu-
lis 5^2.
Lähmung, paroxyiirnaU; familütnf 09.
Lähmung, |i<Mi/)iphtb«ri<(/:h«i 8H, UM-
Uihrijung, lUwMrt^u^ i'M
Lähmisng<;n \m iii^iom^MVir»» Ma^h»
gitis XM.
Likstfiry'nihit i'aralyx« ^,2.
IjApHrfßUßmUi, i;rairt*^«f tmt ti(Hi
r*rfif>/fiiij« ftV9
674
Sachregister.
LarjDxezstirpation bei malignen Tu-
moren 480.
Larynxtuberculoße, Pathogenese 478,
ElinischesBild 478,Behandlung479.
LaryDxtuberculose, Lignosaifitbei467.
Larynx s. auch Kehlkopf.
Lateralsklerose, amyotrophische 82.
Leber, acute gelbe Atrophie der 41.
Leber, Adenocarcinom 42.
Leberarterie, Unterbindung der 41.
Leberatrophie und acute Phosphor-
vergiftung 610.
Leber, Cysten der 41.
Lebercirrhose 42.
Lebercirrhose, Milz bei 39.
Leber, Echinokokken in der 209.
Leber, Gasbildung 209.
Leber- und Gallenblascnchirurgie 337.
Leberleiden und Nephritis 226.
Leber, Regeneration der 28.
Lehrbücher und Monographieen der
Arzneimittellehre und Toxikologie
605.
Lehrbücher der Krankheiten der
Athmungsorgane 159.
Lehrbücher der Augenheilkunde 432.
Lehrbücher der Bacteriologie 45.
Lehrbücher der Chirurgie 357.
Lehrbücher der Constitutionskrank-
heiten 297.
Lehrbücher der Gehurtshülfe und
Gynäkologie 403.
Lehrbücher für öffentliches Gesund-
heitswesen 659.
Lehrbücher der' gerichtlichen Me-
dicin 620.
Lehrbücher der Krankheiten der Ham-
organe 237.
Lehrbücher der Krankheiten der Haut
506.
Lehrbücher der Inf ectionskrankheiten
271.
Lehrbücher der Kinderkrankheiten
546.
Lehrbücher der Klimatologie und
Balneologie 564.
Lehrbücher der Krankheiten der
Kreislaiiforgane 185.
Lehrbücher der Krankheiten der Nase,
des Rachens etc. 485.
Lehrbücher der Nervenkrankheiten
109.
Lehrbücher der Ohrenkrankheiten
468.
Lehrbücher der pathologischen Ana-
tomie 46.
Lehrbücher der Psychiatrie 132.
Lehrbücher der Syphilis 520.
Lehrbücher der venerischen Krank-
heiten 506.
Lehrbücher der Krankheiten der Ver«
dauungsorgane 210.
Leichenzerstückelung 618.
Leiomyom des Uterus 28.
Lepra 502.
Lepra, Erblichkeit 265.
Lepra, Metabolität 265.
Leuchtgas, Verbrennungsproducte des
625.
Leukämie, acute 293.
Leukämie, Behandlung mit Schild-
drüse 294.
Leukämie, Blutbefund bei 293.
Leukämie, Harnsäure und Xanthin*
basen bei 292.
Leukämie, Mitosen bei 292.
Leukämie, Nervensystem bei 293.
Leukämie, Priapismus bei 293.
Leukämie und Pseudo- 292.
Leukämie, Taubheit bei 441.
Leukocyten, Emigration der 25.
Leukocyten und Serumwirkung 7.
Leukocytenzählung im Harn 221.
Leukocytenzerfall 213.
Leukoc^tolyse 288.
Leukocytose 288.
Leukocytose und Blutalkalesceuz 289.
Leukocytose, Siderosis und Blutbil-
dung 289.
Leukocytose und Harnsäure 289,
Leukoplakie 514, 574.
Licht (hygienisch) 622.-
Lidschanker 515.
Lignosulfitbei Larynxtiiberculose467.
Lignosulfit bei Lungenschwindsucht
145, 577.
Linsenkapselabhebungen 427.
Lithium 231.
Lithiumsalze, Diuretische Wirkung
der 579.
Lobulus, Hämatom des 438.
Logirhäuser 624.
Loretin 597.
Lues, hereditäre, Narben bei 517.
Lues s. Syphilis.
Luftbäder, heisse, bei Chlorose 560.
Luft- und Bergfahrten 551.
Luftcur bei Keuchhusten 541.
Luftverdünnungsapparat bei Otitis
media 444.
Lumbalpunction 63.
Lungenabscess nach Influenza 148.
Sachregister.
675
LungenaktiDomykose, primäre 150,
257.
Langen alveolen, Poren der 35.
Lnnge, Aspergillas fumigatus in der
21.
Lungen blntang 142.
Lunge, congenitaler Mangel einer 134.
Lungenentzündung, indurative 147.
Lungengangrän 148.
Lungengangrän, operative Behand-
lung 324.
Lnngengangrän nach Influenza 270.
Lungengangrän , Behandlung mit
Carboliigectionen 149.
Lungengeschwülste 149.
Lungen^eschwülste, Diagnose der 150.
Lungeninduration 147.
Lungeninfarct, hämorrhagischer 25.
Lungenkrebs 36, 149.
Lungenphthise , cantharidinsaures
Kali bei 588.
Lungenschwindsucht, Balneotherapie
144.
Lungenschwindsucht , Behandlung
mit : Tubercaloseheilserum 144,
Gantharidin, Lignosulfit, Pfeffer-
münzöl, Tubercolin 145, Aristol,
Aqua oxygenata, Guajacol, Hämo-
globin, Ereosotal, Nucleün, Peru-
balsam , Phenosuccin , Zimmt-
säure 146.
Lungenschwindsucht s. auch Phthisis
und Tuberculose.
Lunge bei Steinmetzen 640.
Lungentuberculose, Histologie der 35.
Lupus 502.
Lupus erythematosus 498.
Lupus durch Ohrlöcb erstechen 439.
Lupus der Zunge 503.
Luxation der Peroneussehnen 355.
Lnxatio penis 345.
Lymphcyste 29.
Lymphdrüsen, subpleurale 36.
Lymphe, Bacterien der 254.
Lymphom, malignes 30.
Lysolvergiftung 611.
Magen, Aktin omykose 200.
Magenbewegungen 191.
Magenblutung 198.
Magenchirurgie 326.
Magendivertikel 40.
Magen, Druck Verhältnisse im 190.
Magendouche 202.
Magen darchleachtung 196, 291.
Magenkrankheiten , elektrische Be-
handlung 202.
Magen, Fibroadenom 200.
Magengährungen 195.
Magengeschwür 40.
Magengeschwür, traumatisches 198.
Magengeschwür , mykotisch • pepti-
sches 199.
Magenkrankheiten, Kautabletten bei
202.
Magenkrankheiten, chirurgische Be-
handlung 201.
Magenkrankheiten , Mastdarmemäh-
rung bei 202.
Magen, Milchsäure im 193.
Magen, Milchsäuregährung 194.
Magennearose 199.
Magen, Salzsäurebestimmung 192.
Magen, Sanduhr- 40, 201.
Magenschleimhautstückchen , Ab-
lösung von 196.
Magenschleimhautstückchen , Unter-
suchung von 195.
Magen, schleimige Degeneration 196.
Magen, Secretion und Resorption im
192.
Magen, Tractionsdivertikel 201.
Ma£rocheilie 515.
Malaria 254.
Malaria, Herpes zoster bei 254.
Malarialähmungen 89.
Malarialähmungen, Beri-Beri bei 89.
Malariatherapie : Anaigen 255, heisse
Einpackungen 255, Schwefelräuche-
rungen 255.
Malaria, tropische 22.
Mallein 259.
Malum occipitale, halbseitige Zungen-
atrophie 66.
Mamma, hysterische 97.
Mandelgeschwülste 474.
Mandelstein 474.
Margarine 631.
Masernprophylaxe 656.
Massage, Wasserdruck- 563.
Mastdarmchirurgie 335.
Mastdarmemährung 202.
Mastdarmgeschwüre 41.
Mastdarm, lusufflationen von Bor-
säure in den 578.
Mastdarm resorption 204.
Mastdarm, Vergiftung des, von der
Scheide aus 610.
Mastdarmverletzung bei Pyosalpinx-
operation 398.
676
Sachregister.
Masturbanten, Herza£Pection bei 175.
Mattonrs Moorsalz 506.
Mechanische Behandlung von Hydrops
229.
Megaloblasten 290.
Mehl, Ausnutzung von 524.
Melancholie 619.
M^niere'sche Krankheit 61, 62, 452.
Meningitis cerebrospinalis , heisse
Bäder bei 562.
Meningitis, Diagnose der 64.
Meningitis gummosa 65.
Meningitis, Pachy-, cervicalis hyper-
trophica 74.
Meningitis serosa otica 455.
Meningitis tuberculosa, Diagnose 65.
Meningitis tuberculosa^ Lähmungen
bei 531.
Meningomyelitis 73.
Meran, Klima 551.
Mercurielle Exantheme 513.
Mesarai'ca superior, Aneurysma der
185.
Metabolität der Lepra 265.
Metastasen bei Blennorrhoe 542.
Metritis chronica 885.
Metritis gonorrhoica 385.
Milchcuren bei Kreislaufstörungen
177.
Milch, Frauen-, Analyse 522.
Milch, Kuh-, Veränderungen durch
Sterilisiren 523.
Milchproducte, Hygiene der 631.
Milchsäure im Magen 193.
Milch, Tuberkelbacillen in der 12.
Milz, Blutbildung in, und Knochen-
mark 289.
Milz, Echinokokken in der 209,
838.
Milz bei Lebercirrhose 39.
Milz, Regeneration der 28.
Milzbrand 638.
Milzbrandbacillen 258.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Trichinose 8.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Prodigiosus 8.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Staphylococcus 4.
Milzbrand, Serum bei 6.
Milzbrandtoxin 258.
Milzbrand, Yerbreitungsmodus des
258.
Mineralwässer, künstliche 547, 631.
Mineralwassersalze, Sandow^s 548.
Mischinfection bei Cholera 245.
Mischinfection von Trichinose und
Milzbrand 3.
Mischinfection von Milzbrand und
Prodigiosus 3.
Mischinfection von Milzbrand und
Staphylococcus 4.
Missbildung 34.
Mitosen bei Leukämie 292.
Mitralgeräusch , Localisation des
systolischen 168.
Mitralinsufficienz, Venenpuls bei 168.
Mittelohreiterung bei Syphilis 441.
Mittelohrentzündung s. auch Otitis
media.
Mittelohroperation, Hautplastik bei
449.
Molluscum contagiosum 494.
Moorbäder und Blutveränderung 559.
Moorsalz, Mattoni's 506.
Morbus Addi8onii,Nebennierenexiract
bei 578.
Morbus Basedowii s. Basedow^ache
Krankheit.
Morbus Brightii, kohlensaure Sool-
bäder bei 556.
Morbus Weilii 267.
Mord durch Hammerschläge 616.
Morphium und Atropin, Antagonis-
mus zwischen 588.
Morphologie des Eiters 25.
Müllbeseitigung 626.
Mumps, Nephritis nach 542.
Mundseuche 474.
Mundtuberculose 11.
Mundtuberculose nachZahncaries 475-
Muskelarbeit, Glykogen und Zucker
278.
Muakelatrophie, spinale 86.
Muskel dystrophie bei Morbus Base-
dowii 101.
Muskelgeschwulst an den Nieren 283.
Muskelhypertrophie^ wahre 85.
Muskel, KranUieiten der 84.
Muskelwogen bei Ischias 98.
Myasthenia gravis 85.
Myelitis, infectiöse 78.
Myelitis, Polio-, anterior chronica 81.
Myelom 29.
Myelomeningitis 78.
Myoclonie 104.
Myom, abdominale8,Totalex«iiirpation
bei 889.
Myom, Castration bei 391.
Myom bei Geburt 865.
Myoma saroomatosum 402.
Myom, Thyreoidin bei 388.
Sachregister,
677
Myom, Unterbindung der Art. ute-
rinae bei 388.
Myom, vaginale Operation 391.
Myomotomie, Stiel Versorgung nach
388.
Myopie, Sehleistnng bei 412.
Myopie, Staphyloma posticum und
412.
Myositis, Dermato-, chronica 84.
Myositis, ossificans 84.
Myositis, Poly-, suppurativa 312.
Myotonia 105.
Myronin bei Hautkrankheiten 505.
Myrtillin bei Ekzem 506.
Myxödem, Erankheitsbild der 489.
Myxödem bei Morbus ßasedowii 101.
Myxödem , Schilddrüsenbehandlung
bei, und Cachexia strumipriva 567.
Myxödem, Schilddrüsentherapie 102,
483.
Myxom, polypöses, im Herz 176.
Nabelerkrankung bei Neugeborenen
525.
Nabelschanker 513.
Nabelschnurumschlingung 365.
Nachblutung bei Eröffnung der High-
morshohle 472.
Nägel, eingewachsene, Airol bei 505.
Naevus 495.
Nahrungsmittelverpackung 630.
Narben bei hereditärer Lues 517.
Narkose, Aetherchloroform- 299.
Narkose, Aether-, und Pneumonie 301 .
Narkosenlähmungen 302.
Narkose, neue Methode 300.
Nasenathmung 467.
Nase, Tuberkelbacillen in der ge-
sunden 468.
Nasenkrankheit und Asthma 149.
Nasenkrankheit, Nosophen bei 467.
Nase, Lehrbücher der Krankheiten
der etc. 485.
Nasenmuschel, Varix der 469.
Nase, Mikroorganismen 468.
Nasenoperationen 470.
Nasenstenose 467.
Natrium sozojodolicum gegen Diph-
Üierie 594.
Nebennieren, accessorische 44.
Nebenniere bei Diabetes insipidus 281.
Nebennierenerkrankungen 43.
Nebennierenextract bei Morbus Addi-
sonii 573.
Nebennierenextract , toxische Wir-
kung des 574.
Nebennieren, toxische Substanz in der
Kapsel der 574.
Neben nierentumor 233.
Nekrose, Coagulations- 223.
Nephrektomie bei Hydronephrose 344.
Nephrektomie bei malignen Tumoren
344.
Nephritis, alkoholische 225.
Nephritis, bacterielle 42.
Nephritis nach Diarrhoe 224, 545.
Nephritis, eitrige 232.
Nephritis nach Ekzem 224, 489.
Nephritis, Harnsäure im Blut bei
228.
Nephritis nach Hautwunde 224.
Nephritis und Leberleiden 226.
Nephritis nach Mumps 542.
Nephritis, parenchymatöse 222.
Nephritis nach Quecksilber 225.
Nephritis bei Schwangerschaft 226.
Nephritis, Symptomatologie 228.
Nephritis, syphilitische 225.
Nephritis, Therapie 228.
Nephritis s. auch Nierenentzündung.
Nephrolithiasis 230.
Nephrolithiasis nach Brechdurchfall
230.
Nephrolithiasis s. auch Nierensteine.
Nephrotyphus 250.
Nervenkrankheiten, Lehrbücher der
109.
Nervensystem bei Leukämie 293.
Nervensystem bei Syphilis 519.
Nervus acusticus, Ursprung des 433.
Nervus cutaneus femoris externus,
Parästhesie 93.
Nervus peronaeus, Lähmung des 129.
Netzhautablösung, Behandlung der
428.
Netzhautentzündung bei congenitaler
Syphilis 429.
Netzhaut, Functionen 410.
Neuenahr 555.
Neugeborene, Bacterien im Darm
der 2.
Neugeborene , Geburtsverletzungen
der 617.
Neugeborene, gutartige Conjunctivi-
tis der 419.
Neugeborene, Nabelerkrankung 525.
Neugeborene, Sepsis 526.
Neugeborene , Streptokokkendiph-
therie 526.
Neuralgie der Niere 234.
678
Sachregister.
Neuralgie, Trigeminus- 91.
Neurasthenie 93.
Neuritis ascendens, Behandlung 309.
Neuritis durch Gefäsaerkrankung 88.
Neuritis optica als Symptome der
Tabes 78.
Neuritis des Plexus brachialis 92.
Neuritis, puerperale 86.
Neuritis, syphilitische 516.
Neurom 30.
Neurom des Rückenmarks 73.
Neurose 93, 174.
Neurosen, Anämie bei 290.
Neurose des Eiefergelenkes 91, 450.
Neurose, klimakterische Kehlkopf- 94.
Neurose, Magen- 199.
Neurose, traumatische 94, 617.
Neurose, traumatische u. Diabetes 275.
Niere, bewegliche 234.
Niere, Cholera- 222.
Niere, Diabetes- 224.
Niere, Diphtherie- 224.
Niere, elastische Fasern der 212.
Niere, Lage der 211.
Niere, Muskelgeschwulst 233.
Niere, Neuralgie 234,
Nierenchirurgie 341.
Nierenentzündung s. auch Nephritis.
Nierenerkrankungen u. Paralyse 130.
Nierenextract gegen Epilepsie 573.
Nierenexstirpation 343.
Nierenkrankheit und Psychose 118.
Nierenkrebs 233.
Nierenleiden, Brückenau bei 555.
Nierenmangel 34, 341.
Nierenpalpation 214.
Nierensteine s. Nephrolithiasis.
Nierentuberculose 43, 232.
Nierenverletzungen 342.
Nierenwassersucht 222.
Niere, Wander- und Perityphlitis 234.
Niere, Wander- und subcutane Nieren-
zerreissung 343.
Nierenzerreissung , subcutane und
Wandemiere 343.
Niere, Schwangerschafbs- 359.
Nikotianaseife 604.
Nitrobenzol Vergiftung 611.
Nosophen 597, 598.
Nosophen bei Darmkatarrh 208.
Nosophen bei Nasenkrankheiten 467.
Nosophen bei Otitis media 447.
Nosophen bei Wunden 504.
Nucl^in 212.
Nuclein u. Harnsäure der Nahrung284.
Nucll»in bei Lungenschwindsucht 146.
0.
Oberkiefer, Tumor des 31.
Oberkieferresection, blutlose 320.
Obstipation, Insufflationen von Bor-
säure in den Mastdarm bei 578.
Obstipation, Oelklystiere bei 209.
Oculomotoriuslähmung 90.
Oculomotoriuslähmung bei Syphili£
532.
Oedem bei Hysterie 98.
Oedem, periauriculäres 439.
Oesophagoskopie 187.
Oesophagoskopie , therapeutincher
Wert der 189.
Oesophagusdivertikel 180.
Oesophagus, Neurosen des 190.
Oesophagus, Polypen des 190.
Oesophagustuberculose 40, 190.
Ohr, Carcinom 450.
Ohr, topographische Anatomie des
433.
Ohrenkrankheiten, Allgemeinbehand-
lung 454.
Ohrenkrankheit, Heredität der 442.
Ohrenkrankheiten und Taubstumm-
heit 451.
Ohrenkrankheiten, Lehrbücher der
463.
Ohrerkrankungen , Gleichgewichts-
störungen bei 453.
Ohrerkrankung und Kiefergelenks-
neurose 450.
Ohrerkrankung bei Tabes 441.
Ohrgeräusche , Wattevaselincylinder
bei 441.
Ohrlabyrinth s. auch Labyrinth.
Ohrlabyrinth, Physiologie des 434.
Ohrlöcherstechen, Lupus darch 438.
Ohrlupe 438.
Ohr, Mittel-, Eiterung, syphilitische
441.
Ohrmuschelplastik 439.
Onychomycosis 501.
Operationstisch 316.
Ophthalmia neonatorum, Behandlung
der 418.
Ophthalmie, sympathische 425.
Orbita, Geschwülste der 417.
Osteomalacie , Albumosurie bei 295.
Osteomalacie, jugendliche 295.
Osteomalacie, Yerkennung der 296.
Osteomalacie, Therapie: Castration
296, Phosphor 296.
Osteomyelitis 310, 311.
Osteotomie, Indicationen für 528.
i>7i>
otitische Eitanng
ticus 45d.*
Otitiscfae Gehimabeceaae. Apfiaäe bei
455.
Otitische ffiTTia>>nrpiiP<F 55. 456.
Otitische Hirnbankiirite« 45ö. 457.
Otitische Mom^itis sana 455.
Otitische Prämie 461.
Otitis, Inflaema- 92, 443.
Otitis interna, Allgemeinbefajuidhni^
453.
Otitis interna. Taabstammheh imd
451.
Otitis media,aciite, AeCiologie der 442.
Otitis meclia, acnte, Behandlung der
Faoialisläh mung nach 447.
Otitis media, Behandinng mit Loft-
verdännongsapparat 444.
Otitis media, federnde Drockionde
445.
Otitis media, Paraoentese des Trom-
melfells 445.
Otitis media^ Trockenbehandlnng445.
Otitis media, chronische, Behandlung
mit : Acidnm trichloraoeticam 447,
95**/oigem Alkohol 447, Jodtinctor
447, Paraffininjedionen 443, Vase-
lininjectionen 444.
Otitis media diphtheritica 443.
Otitis media s. aoch Mittelohrent-
zündung.
Otitis externa, mykotische 439.
Orarialabscess 394.
.OTarialresection 394.
Ovariotomie in der Schwangerschaft
361.
Oxalurie 230.
Oxyuren 545.
Ozaena 469.
P.
Pachjdermia laryngis 478.
Pachymeningitis cervicalis hyper-
trophica 74.
Paget^s Krankheit 497.
Pankreaschimrgie 337.
Pankreas und Diabetes 41, 274, 281.
Paokreaskrebs 210.
Papain gegen Dyspepsie 588.
Papeln der Conjunctiva 514.
Papilloma neuropathicum 500.
Paracentese des Trommelfells bei
Otitis media 445.
Parästhesie des N. cutaneus femoris
extemus 93.
I
C»^iis sEied^ 44S.
^zalTse. Analjc^ssi^ d^ Flnarisstam-
B«s b«i it:sr
Paralyse. proer>?ssiT«« AetioIo«:W diM'
1^'
Panirse. proosnüssiTe, AaaLc^e^ der
Pauralrse, progressire« Diäurnots^ iukI
Sjmptomatolocie der 1S<X
ParalTae. Frühform der pro^nessiT^n
12S
Paraljse, proewssire bei Syphilis l^T,
Paraly^, LandnrVhe S:?.
PaialTse und Nienenerkraaknn^n
13CL
Paralyse, spastische spinäilo S4v
Paramvoclonus liH.
Paranoia, s^^undan? 124.
Paiapleuritis primär« 15$.
Paratyphlids ;vk>.
Parotitis bei Pneumv^nie 141.
Pathologische Anatomie« Lehrbücher
der 46.
Paukenhöhleneiterong 44^
Pentose im Harn 278.
Peptonurie 130, 21S.
Percussionstechnik , Instrumente fur
136.
Pericarditis. eitrig 1S8,
Pericarditis, eitrijje. Iwoi^ivMi Wi
328.
Pencsurditis. urämische ^6.
Pericarditis, Zeichen der 1S2.
Pericardium, Chylo- 1S5.
Periostitis, syphilitische 5S3.
Peritoneum, Resorption von\ 4^.
Peritonitis, eitrige puer|>er;ile » l*«»
parotomie bei 379«
Peritonitis, tuberculöse »V^J«
Perityphlitis 334,
Perityphlitis, Beliandlung der '^><V
Perityphlitis, rheumatische iMS,
Perityphlitis und Wuudenueiv *J:^4,
Peron&us, Lälimuiig des lihK
Peronäussehnen, laixAtio« der S.NN,
Perubalsam bei LuwgtHisohwi«tUuoht
146.
Petroleuniraffinerieeu, Hvjjieue der
641.
Pfeffermünzöl bei Lungenach wind»
sucht 145.
Pferdeserum und Diphtheriescrum 5.
Phagocytose bei Rauschbniiul 7.
Phagocytoae bei Vibrion scptique 7.
Pharyngitis 474,
676
Sachregister.
MaBturbanten, HerzaJQPection bei 175.
Mattoni^s Moorsalz 506.
Mechanische Behandlung von Hydrops
229.
Megaloblasten 290.
Mehl, Ausnutzung von 524.
Melancholie 619.
Meniere'sche Krankheit 61, 62, 452.
Meningitis cerebrospinalis , heisse
Bäder bei 562.
Meningitis, Diagnose der 64.
Meningitis gummosa 65.
Meningitis, Pachy-, cervicalis hyper-
trophica 74.
Meningitis serosa otica 455.
Meningitis tuberculosa, Diagnose 65.
Meningitis tuberculosa, Lähmungen
bei 581.
Meningomyelitis 78.
Meran, Klima 551.
Mercurielle Exantheme 518.
Mesaraica superior, Aneurysma der
185.
Metabolität der Lepra 265.
Metastasen bei Blennorrhoe 542.
Metritis chronica 385.
Metritis gonorrhoica 385.
Milchcuren bei Kreislaufstörungen
177.
Milch, Frauen-, Analyse 522.
Milch, Kuh-, Veränderungen durch
Sterilisiren 528.
Milchproducte, Hygiene der 631.
Milchsäure im Magen 198.
Milch, TuberkelbaciUen in der 12.
Milz, Blutbildung in, und Knochen-
mark 289.
Milz, Echinokokken in der 209,
338.
Milz bei Lebercirrhose 39.
Milz, Regeneration der 28.
Milzbrand 638.
Milzbrandbacillen 258.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Trichinose 8.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Prodigiosus 8.
Milzbrand, Mischinfection von, und
Staphylococcus 4.
Milzbrand, Senun bei 6.
Milzbrandtoxin 258.
Milzbrand, Verbreitungsmodus dos
258.
Mineralwässer, künstliche 547, 681.
Mineralwassersalse, Sandow^s 548.
Mischinfection bei Cholera 245.
Mischinfection von Trichinose und
Milzbrand 8.
Mischinfection von Milzbrand und
Prodigiosus 3.
Mischinfection von Milzbrand und
Staphylococcus 4.
Missbildung 84.
Mitosen bei Leukämie 292.
Mitralgeräusch , Locaüfiation des
systolischen 168.
Mitralinsufficienz, Venenpuls bei 168.
Mittelohreiterung bei Syphilis 441.
Mittelohrentzündung s. auch Otitis
media.
Mittelohroperation, Haatplastik bei
449.
Molluscum contagiosum 494.
Moorbäder und Blutveränderung 559.
Moorsalz, Mattoni's 506.
Morbus Addisonii,Nebennierenextract
bei 573.
Morbus Basedowii s. Basedow'sche
Krankheit.
Morbus Brightii, kohlensaure Sool-
bäder bei 556.
Morbus Weilii 267.
Mord duixih Hammerschläge 616.
Morphium und Atropin, Antagonis-
mus zwischen 588.
Morphologie des Eiters 25.
Müllbeseitigung 626.
Mumps, Nephritis nach 542.
Mundseuche 474.
Mundtuberculose II.
Mundtuberculose nach Zahncaries 475.
Muskelarbeit, Glykogen und Zacker
273.
Muakelatrophie, spinale 86.
Muskel dystrophie bei Morbus Base-
dowii 101.
Muskelgeschwulst au den Nieren 233.
Muskelhypertrophie, wahre 85.
Muskel, Krankheiten der 84.
Muskelwogen bei Ischias 93.
Myasthenia gravis 85.
Myelitis, infectiöse 73.
Myelitis, Polio-, anterior chronica 81.
Myelom 29.
Myelomeningitis 73.
Myoclonie 104.
Myom, abdominaleSfTotalexstiipation
bei 389.
Myom, Castration bei 391.
Myom bei Geburt 365.
Myoma saroomatosum 402.
Myom, Thyreoidin bei 388.
Sachregister.
()81
Psendohydronephrose, traumaÜfiche
344.
Pseudoleukämie 292.
Psoriasis 487.
PsoriasisbehaBdlung 488.
Psoriasis bei Neugeborenen 489.
Psoriasis, Thyreoidea bei 489.
Psoriasis vaccinalis 488.
Psoriasisverbreitung 488.
Psychiatrie, Lehrbücher der 132.
Psychose, epileptische 619.
Psychose, Erblichkeit der 116.
Psychose und Nierenkrankheit 118.
Pychose, polyneuritische 118.
Psychose, Thyreoidbehandlung 132.
Psychose, toxische und Alkoholismus
124, 126.
Psychose, Tnberculinbehandlung bei
131.
Pulmonal arterie, £mbolie der 183.
Puls, Einfluss der infectiösen Fieber
auf den 241.
Pulsrhythmus 167.
Pulswaage 164.
Pupillen, willkürliche Erweiterung 52.
Putride Bronchitis durch Colibacillen
10.
Pyämie 8.
Prämie, otitische 461.
Pyelitis, Behandlang 232.
Pygopagus 34.
Fyocyaneusculturen bei Typhus 251.
Pyonephrose 378.
Pyopneumothoraz, operative Behand-
lung des 157.
Pyosalpinxoperation , Mastdarmver-
letzung bei 398.
Quecksilber, Exantheme bei 513.
Quecksilber, Nephritis nach 225.
Quecksilbersalbe bei Ulcera cruris 505.
Quecksilber, toxische Glykosurie durch
274.
Querlage, Evisceration bei verschlepp-
ter 370.
Querulantenwahn 119, 619.
R.
Rachenkatarrh, chronischer 474.
Rachen, Lehrbücher der Krankheiten
des 485.
Rachitis, Aetiologie 527.
Rachitis, Häufigkeit der 528.
Rachitis, Kalkstoifwechscl bei 527.
Rachitis, Spontanheilung von Ver-
krümmungen 354, 528.
Rachitis, Tetanie bei 528.
Rausch, pathologischer 619.
Raynaud^sche Erkrankung 102, 494.
Reconvalescentenan stalten 644.
Rectum, Plattenepithelkrebs des 32.
Recurrenslähmung 481.
Reflexe 48.
Reflexe, Adductoren- 49.
Reflexe, Gefäss-, bulbomedulläre 48.
Regeneration der rothen Blutkörper-
chen 27.
Regeneration des Centralnerven-
systems 28.
Regeneration des Knochenmarks 27.
Regeneration der Leber 28.
Regeneration der Milz 28.
Regeneration der Uterusschleimhaut
28.
Reizversuche, elektrische, am Gehirn
114.
Resection, Oberkiefer-, blutlose 820.
Resection, temporäre, der Clavicula
305.
Resection, Trigeminus-, intracranielle
319.
Resorbin 503.
Respirometer 186.
Retina, Histologie der 408.
Retinitis, diabetische 431.
Retroflexio, sacrale Operation 388.
Rettungsapparate aus Wassergefahr
642.
Rhabdomyom der Nierengegend 28.
Rheumatismus, Tripper- 510.
Rheumatismus s. auch Muskelrheuma-
tismus und Gelenkrheumatismus.
Rhinitis sicca anterior 469.
Rhinoplastik 319.
Rhinosklerom bei Chorditis inferior
481.
Rindenerregbarkeit, Einfluss der Ent-
zündung auf die 115.
Rotz, Diagnose 258.
Rückenmarksabscess 74.
Rückenmark, Comprcssion des 70.
Rückenmark, elektrische Erregbar-
keit des 68.
Rückenmarkshemmungscentren 50.
Rückenmark, Krankheiten, des bei
pemiciöser An&mie 69, 292.
Rückenmark, Neurom des 73.
Rückenmark, secundUre Degeneration
68.
682
Sachregister.
Rückenmark, Stichverletzungen 70,
325.
Rückenmark, Tumor des 72.
Ruhr, Therapie 267.
Ruhr 8. auch Dysenterie.
S.
Sacralteratom, fötales 379.
Säugungsimmunität 532.
Salben 504.
Salbeninstrument bei Gonorrhoe 510.
Salbeüberstreichungen bei Syphilis
518.
Salicyl bei Polyarthritis 265.
Saligenin 587.
Salophen 599.
Salophen bei Influenza 271.
Salpetrige Säure, Vergiftung mit 578.
Salze des Blutes 287.
Salze, jodsaure 576.
Sanatorien 552, 644.
Sandbäder 559.
Sandbäder, heisse, bei Hydrops 229.
Sandow's Mineralwassersalze 548.
Sanduhrmagen 40, 201.
Sanitäts- und Meldedienst 644.
Sarcoma deciduocellulare 401.
Sarggeburt 617.
Sarkom mit Amyloid 30.
Schädeldefecte, fleteroplastik 318.
Schädelgrube, Tumor in der hinteren
61.
Schallleitungshindemis, Bestimmung
desselben 436.
Schanker, Daumen- 513.
Schanker, Lid- 515.
Schanker, Nabel- 513.
Schanker nach Tätowirung 514.
Schanker, TonsiUar- 513.
Scharlach, Herzerweiterung, Behand-
lung bei 541.
Scharlachübeiiragung 656.
Scheidenbacterien 2.
Schenkel, Unter-, Verkrümmungen,
Spontanheilung rachitischer 354.
Schenkelvene, Verletzung der 849.
Schief hals, musculärer 321.
Schieloperation 414.
Schienenhülsenapparate 316.
Schiffshygiene 642.
Schilddrüse,Be6tandth6ileder,Thyreo-
proteid 571.
Schilddrüsenbehandlung bei Akro-
megalie 568.
Schilddrüsenbehandlung bei Base-
dow'scher Krankheit 101, 102.
Schilddrüsenbehandlung bei Cretinis-
mus 568.
Schilddrüsenbehandlung , Gefahren
der 282, 569.
Schilddrüsenbehandlung bei Geistes-
krankheiten 569.
Schilddrüsenbehandlung bei Haut-
krankheiten 569.
Schilddrüsenbehandlung bei Kropf
322.
Schilddrüsenbehandlung bei Leuk-
ämie 294.
Schilddrüsenbehandlung beiMyxödem
und Cachexia strumipriva 567.
Schilddrüsenbehandlung des Myx-
ödems 488.
Schilddrüsenbehandlung bei Tetanie
569.
Schilddrüsenbehandlung bei Tubercu-
lose 568.
Schilddrüsenfunction 322.
Schilddrüsentabletten, Bereitung der
572.
Schilddrüsentheorie 99.
Schlammbäder und Knochentubercu-
lose 558.
Schlangengift, Immunisirung durch 5.
Schleimhautläsionen , syphilitische,
Chromsäure bei 513.
Schleimhaut, Uterus-, Regeneration
der 384.
Schlemm'scher Sinus, Anatomie des
409.
Schneebeseiti^ung 626-
Schnupfen, Eisenbahn- 468.
Schokoladenfette, Ausnutzung der524.
Schulbankfrage 634.
Schulkinder, Gehörprüfungen 436.
Schulräume, Hygiene der 632.
Schulterblatt, angeborener Hochstand
des 323.
Schulüberbürdung 633.
Schwammvergiftungen 586.
Schwangere, Kohlensäure bei Er-
brechen der 575.
Schwangerschaft, Diagnose 359.
Schwangerschaft, Einfluss der, auf
Basedow'sche Krankheit 100.
Schwangerschaft, Endometritis deci-
dualis in der 360.
Schwanger8chaft,Extrautei*in-,Utem8-
ausschabung bei 361.
Schwangerschaft, fVuchttod in der.
durch Trauma 360.
Sachregister.
683
Schwangerschaft, Ovariotomie in der
361.
Schwangerschaft, Porro-Operation in
der 362.
Schwangerschaftsnephritis 226, 359.
Schwarzwasserfieber 255.
Schwarzwasserfieber, Chinin bei 256.
Schwefelräucherungen bei Malaria
255.
Schweissdrusen 496.
Schwerhörigkeit im Greisenalter 440.
Schwerhörigkeit und sociale Yer-
sicherungsgesetze 440.
Schwindel 53, 452.
Schwindsucht der Arbeiter 638.
Schwindsuchtssterblichkeit 12.
Schwindsucht s. auch Lungenschwind-
sucht.
Scorbut 294.
Sehhügel 50.
Sehkraft und Berufswahl 636, 637.
Sehleistung bei Myopie 412.
Sehnenscheidenafi^ectionen bei Poly-
arthritis 264.
Sehnerv, Faserverlauf 408.
Sepsis bei Neugeborenen 526.
Septikämie 8.
Serum, Cholera- 6.
Serum, Immunisirung und Heilung
durch 4.
Serum, Pneumokokken- 5-
Serum bei Milzbrand 6.
Serum s. auch Heilserum.
Serumeins pritzung 240.
Serumtherapie bei Diphtherie 539, 650.
Serumtherapie, Diphtherie der Con-
junctiva und 419.
Serumtherapie des Erysipels 5.
Serumtherapie, Flecktyphus 253.
Serumtherapie, Erebs- bei malignen
Geschwülsten 314.
Serumtherapie, Leistungen und Ziele
566.
Serumtherapie^ Pneumokokken 5.
Serumtherapie bei Syphilis 517.
Serumtherapie bei Tetanus 260, 261.
Siderosis 34.
Siderosis, Leukocytose u. Blutbildung
289.
Siebbeinerkrankung 473.
Singstimme 477.
Sinus, Schlemm*scher, Anatomie 409.
Sinusthrombose 462.
Sittlichkeitsverbrechen und Geistes-
störung 619.
Sklerodactylie 498.
Sklerodermie 103, 498.
Sklerose, inselförmige 76.
Soor 20.
Speiseröhre, Tuberculose der 190.
Speiseröhre s. auch Oesophagus.
Sphygmomanometer, neues 163.
Spiegelschrift 60.
Spina bifida occulta 34.
Spitzenstoss des Herzens, Physiologie
der Bewegungen 162.
Splenektomie 338.
Splenopexis 339.
Sporenbildung 1.
Sprachcentrnm, Störungen des 59.
Sprosspilze, pathogene 21.
Sputum , Tuberkelbacillennachweis
im 136.
Staphylococcus , Mischinfection von
und Milzbrand 4.
Staphyloma posticum und Myopie 412.
Stardiscission, Glaukom nach 426.
Stauungspapille und Hirndruck 51.
Steinmetzenlunge 640.
Stenose der Aorta 184.
Stenose, Gehörgangs-, Behandlung
438.
Stenose, Nasen- 467.
Sterilisiren , Veränderung der Kuh-
milch durch 523.
Stimmbandlähmung bei Typhus 249.
Stimme, Ueberanstrengung 477.
Stimmgabeluntersuchungen 435.
Stirnhöhle, Empyem 471.
Stirnhöhlenerkrankung 418.
Stimlappen, Function der 50*
Stimlappen, Zerstörung beider 114.
Stofi^wechsel und heisse Bäder 561.
Stoffwechsel, kindlicher 522.
Stomatitis 39.
Stottern, hysterisches 98.
Streptococcus, Arten des 8.
Streptokokkendiphtherie 18.
Streptokokkendiphtherie bei Neu-
geborenen 526.
Streptokokken bei Dysenterie 267
Streptokokken , erbliche Uebertra-
gung 2.
Striae 601.
Stroboskop, Laryngo- 466.
Struma 36.
Strychninnachweis 612.
Stummheit, hysterische 98.
Sublimat, Behandlung des Ulcus molle
mit 512.
Sublimatinjectionen, intravenöse, bei
Syphilis 518.
684
Sachregister.
Sublimatinjection , subconjunctivale
405.
Sublimat bei Syphilis 519.
Sublimatvergiftung 27.
Sulfonal, Exantheme 494.
Swine plague, hog cholera 4.
Symphyseotomie 373.
Symphyseotomie , Nachoperationen
nach 374.
Syphilis des äusseren Gehörganges
439.
Syphilis und Aortenaneurysmen 184.
Syphilis, Arteriitis 33.
Syphilis, Behandlung mit: Serum 517^
Salbeüberstreichungen 518, Subli-
matinjectionen, intravenösen 518,
Sublimat 519.
Syphilis, congenitale, Netzhautent-
zünduDg bei 429>
Syphilis, Herz- 175.
Syphilis, Icterus bei 516.
Syphilisinfection , extragenitale 514.
Syphilis, interstitielle Keratitis bei
424.
Syphilis, intestinale 41.
Syphilis, Eehlkopfstenose bei 477.
Syphilis, Labyrinth- 516.
Syphilis, Lehrbücher der 520.
Syphilis, Mittelohreiterung bei 441.
Syphilis, Nephritis bei 225.
Syphilis, Nervensystem bei 519.
Syphilis, Neuritis bei 516.
Syphilis, Oculomotoriuslähmung bei
532.
Syphilis, Periostitis nach 532.
Syphilis, progressive Paralyse bei 127.
Syphilis, Prophylaxe 512.
Syphilisresiduen 515.
Syphilis, Schleimhautläsionen, Chrom-
säure bei 513.
Syphilis, symmetrische Gangrän bei
532.
Syphilis und Tabes 77.
Syphilis, Trachealstenose bei 482.
Syphilis, Ursprung 512.
Syphilis, Verwachsung des weichen
Gaumens 474.
Syphilome, Diagnose 313.
Syringomyelie 74.
Syringomyelie, Simulation von 98.
T.
Tabes dorsalis, Aetiologie 78.
Tabes dorsaliSjBehandlung : Einübung
coordinirter Bewegungen 80.
Tabes dorsalis, Analgesie des Ulnaris
bei 80.
Tabes dorsalis, präataktische Blind-
heit 80.
Tabes dorsalis, Diagnose 80.
Tabes dorsalis, gesteigerte Haut»
reflexe bei 78.
Tabes dorsalis mit Eiefemekrose 79»
Tabes dorsalis, Neuritis optica als
Symptom der 78.
Tabes dorsalis, Ohrerkrankung bei
441.
Tabes dorsalis nach Trauma 78.
Tachycardie 79, 175.
Täto wirungen, Behandlung der 503.
Täto wirung, Schanker nach 514.
Tannigen bei Darmkatarrh 545.
Taubheit, complete, Constatirung
einseitiger 437.
Taubheit bei Leukämie 441.
Taubstummheit und häutiges Laby-
rinth 451.
Taubstummheit und Otitis interna
451.
Tetanie bei Erwachsenen 107.
Tetanie im Eindesalter 107.
Tetanie bei Rachitis 528.
Tetanie, Schilddrüsenbehandlung bei
569.
Tetanus 106.
Tetanusbacillen, Einfluss des Sonnen-
lichtes auf 18.
Tetanusbacillen, Virulenz der 19.
Tetanus, Chloral bei 261.
Tetanusgift 260.
Tetanus puerperalis, Antitoxin bei
379.
Tetanus, rheumatischer 19.
Tetanusserum, Behrinp^'sches 260.
Tetanusserum, Tizzoni'sches 261.
Tetanus, Therapie des 107.
TetrajodphenolphthaleTn 597.
Texasfieber 246.
Thermocanter bei Utemsexstirpation
393.
Thränendrüsen , Behandlang bei
Thränenträufeln 417.
Thrombose, Sinus- 462.
Thymus bei Kropf und Basedow-
scher Erankheit 572.
Thyreoantitoxin 571.
Thyreoidbehandlung bei Psychose
132.
Thyreoidbehandlung, Stoffwechsel bei
282.
Thyreoideaextract s. Schilddrüse.
Sachregister.
685
Thyreoidea, toxische Glykosurie durch
274.
Thyreoidextract bei Pityriasis rabra
490.
Thyreoidin bei Myomen 388.
Thyreoidismus 36, 569.
Thyreoiditis acuta 484.
Thyreoproteid 571.
Thyrojodin 572.
Tod durch Elektricität 613.
Tod durch Erhängen 612.
Tod durch Erschiessen 615.
Tod durch Hunger 615.
Tod durch Verbrennung 613.
Todtenstarre, kataleptische 617.
Tongrenze, obere iind untere 437.
Tonsillarknochen 40.
Tonsillarschanker 513.
Tonsillitis, septische 475.
Toxicität des Urins 222.
Toxikologie, Lehrbücher der 605.
Toxin, Cholera- 244.
Toxine und Körpertemperatur 241.
Toxische Psychose 124.
Trachea, Fremdkörper in der 482.
Trachealstenose, syphilitische 482.
Trachea, traumatische Strictur der
482.
Tracheotomie bei Diphtherie 540.
Tracheotomie, Erhängen bei 612.
Tracheotomie, Nachblutungen 482.
Trachom, Aetiologie des 422.
Trachom, Behandlung des 422.
Trachom und Conjunctivitis follicu-
laris 422.
Trachom, Histologie des 421.
Trachom, Statistik des 423.
Transcorticale Bewegungsstörungen
60.
Transfusion bei pemiciöser Anämie
292.
Transparenz von Greschwülsten 802.
Transplantation, Haut- 304.
Transsudate, Diagnose von Neubil-
dungen aus ^58.
Trauma, Akromegalie und 108.
Trauma, Fruchttod in der Schwan-
gerschaft durch 360.
Trauma des Gehirns 56.
Trauma und Geschwulstbildungen
313.
Trauma und Tuberculose 617.
Traumatischer Diabetes 616.
Traumatische Gallensteinzertrümme-
rung 616.
Traumatische Neurose 94. 617.
Traumatische Neurose und Diabetes
275.
Traumatische Strictur der Trachea
482.
Traumatische Trommelfellperforation
439.
Traumatische Uterusruptur 363.
Trichinose, Mischinfection von, und
Milzbrand 3.
Trichomonaden 23.
Trichophytia blepharociliaris 502.
Trigeminusneuralgie 91.
Trigeminus, Physiologie des 47.
Trigeminusresection , intracranielle
319.
Trinkerheilanstalten 125.
Tripperrheumatismus 510.
Trommelfellperforation, traumatische
439.
Tubenruptur 361.
Tubercufin, toxische Glykosurie durch
274.
Tuberculose Meningitis, Lähmungen
bei 531.
Tuberculinbehandlung bei Psychosen
131.
Tuberculose Peritonitis 532.
Tuberculin bei Lungenschwindsucht
145.
Tuberculose, Behandlung der Knie-
gelenks- 353.
Tuberculose des Calcaneus 356.
Tuberculose, Endocarditis bei 38.
Tuberculose, Exsudation bei 35.
Tuberculose in Gefängnissen 643.
Tuberculose, Geflügel- 11.
Tuberculose, Gelenk- 311.
Tuberculose der Geschlechtsdrüsen 1 1 .
Tuberculose der Hernien 337.
Tuberculose, Herz- 172.
Tuberculose im frühen Kindesalter53 1 .
Tuberculose bei Kindern 11, 531.
Tuberoulose, klimatische Behandlung
bei 555.
Tuberculose, Knochen-, Schlamm-
bäder bei 558.
Tuberculose und Krebs 88.
Tuberculose , Laiynx- , Behandlung
479.
Tuberculose, Larynx-, Lignosulfit bei
467.
Tuberculose, Larynx-, Pathogenese
478.
Tuberculose, Mund- 11.
Tuberculose, Mund-, bei Zahnoaries
475.
686
Sachregister.
Tuberculose, Nieren-, 43, 232.
Tuberculose, Oesophagus- 40, 190.
Tuberculose, Pathogenese der 141.
Tuberculose, Peritonitis bei 532.
Tuberculose, Prophylaxe der 141,
648.
Tuberculose, Schilddrüsenbehandfamg
bei 568.
Tuberculose und seröse Pleuritis 153.
Tuberculose der Speiseröhre 40, 190.
Tuberculosestatistik 647.
Tuberculose und Trauma 617.
Tuberculose des Warzenfortsatzes 45 1 .
Tuberculose s. auch Lungenschwind-
sucht und Phthisis.
Tuberkelbacillen , erbliche Ueber-
tragung 3.
Tuberkelbacillen in der Marktmilch
12.
Tuberkelbacillen in der gesunden
Nase 469.
Tuberkelbacillen und Höhenklima
550.
Tuberkelbacillen, Pleomorphismus
der 10.
Tuberkelbacillen im Sputum 136.
Tuberkelbacillen im Staub 647.
Tumor im Aquaeductus Sylvii 61.
Tumor der Dura spinalis 72.
Tumor, endothelialer 29.
Tumor, Hirn-, Labyrinthdruck bei 453.
Tumor, Kleinhirn- 30.
Tumor, Nebennieren, 233.
Tumor des Oberkiefers 31.
Tumor, Pia- 29.
Tumor s. auch Geschwülste.
Tumor des Rückenmarks 72.
Tumor in der hinteren Schädelgrube
61.
Tumor, subglottischer benigner 480.
Tumor im Vierhügel 60.
Tunica vaginalis, freie Körper der 44.
Thymusfütterung bei Basedow^scher
Krankheit 100.
Thymusfütterung bei Kropf und Base-
dow^scher Krankheit 323.
Thyphus abdominalis 12, 246, 651,652.
Typhus abdominalis , Behandlung
durch Bäder 250, Blutserum von
Typhusrecon valescenten 252, Darm-
desinfection 250 , Chlorin-Chinin
251, Constanten Strom 251, Guaja-
col 251 , Immunisirungs versuche252,
Pyocyaneusculturen 251.
Typhus abdominalis, Fragmentation
des Herzens bei 250.
Typhus, Austern als Infectionsträger
des 247.
Typhus bei Kindern, Behandlung 541.
Typhusbacillen , erbliche üebertra-
gung 3.
Typhusbacillen im Stuhl 12.
Typhusbacillen, DifPerentialdiagnose
zwischen, und Colibacillen 12, 248.
Typhusbacillen in Abscessen 13. •
Typhusbacillen im Wasser 13.
l^phusbacillen bei Eiterungen 248.
Typhusbacillen im Urin 248.
Typhusdiagnose 247.
Typhus, Gangrän bei 249.
Typhus, Initialdelirien bei 117.
Typhus, intrauterine Infection 248.
Typhus, Kehlkopf lähmungen nach 89,
249, 481.
Typhus, Nephro- 250.
Typhusreconvalescenten , Blutserum
von 252.
Typhusstatistik 246.
Typhus ezanthematicus 253.
Typhus exanthematicus s. auch Fleck-
typhus.
Ueberanstrengung des Herzens 637.
ülcera cruris, Quecksilber bei 505.
Ulcus durum des Nabels 513.
Ulcus s. auch Schanker.
Ulcus moUe, Bacillen des 511.
Ulcus moUe, Behandlung mit: Oar-
bolsäure 511, warmem Wasser 512,
Sublimat etc. 512, Jodoformin 512.
Ulcus septi narium 469.
Ulnaris, Analgesie des, bei Tabes 80.
Ulnarisstamm , Analgesie des, bei
Paralyse 128, 129.
Ultzmann*sche Durchspülungen bei
Gonorrhoe 509.
Unterhautfettgewebe 487.
Unterkieferläsion , Gehörgangsver-
letzungen durch 440.
Unterleibsbrüche , Rfidicaloperation
der 335.
Unterrichtsgegenstände, Hygiene der
633.
Unterschenkel, Analgesie der» bei
progressiver Paralyse 129.
Unterschenkelgeschwüre, Airol bei
505.
Unterschenkel, puerperale Gangrän
des 378.
Unterschenkelverkrümmungen, rachi-
tische, Spontanheilung 354.
Sachregister.
087
Urämie, Amaurose bei 227.
Urämie, Blutdruck bei 228.
Urämie, Pericarditis bei 36.
Uraniumnitrat bei Diabetes 280.
Uranostaphyloplastik 319.
Ureterenimplantation 345.
Ureterenverletzungen 400.
Ureteritij) cystica 43.
Ureterraginalfistel 400.
Ureterverscbluss bei Eklampsie 378.
Urethritis 236.
Urin, Blutfarb- und andere Stoffe im
216.
Urin, Tozicität des 222.
Urin, Tjphusbacillen im 248.
Urin von Variolakranken , Toxicität
des 253.
Urin 3. auch Harn.
Urobiline 217.
Urotropin 231.
Urotropin gegen Harnsäuresteine und
Cystitis 589.
Urticaria pigmentosa 493.
Uterus, antefixirter, Geburt bei
366.
Uterusausschabung bei Extrauterin-
Schwangerschaft 361.
Uteruscarcinom 44, 392.
Uteruscarcinom, Behandlung 392.
Uteruscarcinom, doppeltes 394.
Uterusexstirpation, Fistula ileovagi-
nalis 393.
Uterusexstirpation in der Schwanger-
schaft 363.
Uterusexstirpation, Thermocauter bei
393.
Uterus, Fibromyom 388.
Uterus, Inversio des, Operation bei
388.
Uterus, Involution des 44.
Uteruskatheter , Brauchbarkeit der
382.
Uteruskörper, Hornkrebs 394.
Uterus, Lageveränderungen 386.
Uterus, Leiomyom 28.
Uterus, retrovertirter, Vaginofixation
387.
Uterusruptur 368.
Uterusruptur, traumatische 363.
Uterusschleimhaut, Regeneration der
28, 384.
Y.
Vaccination, Complicationen der 490.
Vaginalcarcinom 383.
VaginaleOperationen beiMyomen891 .
Vaginalfistel, Vesico- 399.
Vaginalfistel, Ureter- 400.
Vaginofixation des retrovertirten Ute-
rus 387.
Vagitus uterinuB 380.
Vaffusdnrchschneidung, Wirkung auf
das Herz 37.
Varicen, Ligatur der Vena saphena
magna bei 349.
VarioJakranke, Toxicität des Urins
von 253.
Varix der Nasenmuscheln 469.
Vaselininjectionen bei chronischer
Otitis media 444.
Vena anonyma, Ruptur der 185.
Vena cava superior, Perforation eines
Aortenaneurysma in die 184.
Venenpuls bei Mitralinsuf fielen z 168.
Ventrikelprolaps im Kehlkopf 477.
Ventrofixatio uteri retroflexi 886.
Verbrennungen 503.
Verbrennung bei Erschiessen 615.
Verbrennungen, Todesursache bei 24.
Verbrennung, Tod durch 613.
Verdauungsorgane, Lehrbücher der
Krankheiten der 210.
Verdauungsstörungen, Genitalerkran-
kungen bei 381.
Vererbung der Epidermolysis bullosa
492.
Vererbung der Lepra 265.
Vererbung derOhrenhrankheiten442.
Vererbung der Psychosen 116.
Vererbung der Streptokokken 2.
Vererbung der Tuberkelbacillen 3.
Vererbung der Typhusbacillen 3.
Vergiftung, Arsen-, chronische 580.
Vergiftung durch Blei 641.
Vergiftungen, Anatomie der 607.
Vergiftung durch Borsäure 578.
Vergiftung durch Carbol 611.
Vergiftung durch Carbolsäurekly-
stiere 591.
Vergiftung durch Creolin 593.
Vergiftung, Cytisin- 586.
Vergiftung durch Kaliumchlorat 575.
Vergiftung durch Kohlenoxydgas 90,
624.
Vergiftung durch Lysol 611.
Vergiftung durch Nitrobenzol 611.
Vergiftung durch Phenacetin 600.
Vergiftung per anum et vaginam 610.
Vergiftung , Phosphor- , Leberatro-
phie bei 610.
Vergiftung mit salpetriger Säure 578.
688
Sachregister.
Vergiftungen, Schwamm- 586.
Vergiftung s. auch Intoxication.
Verstopfung, angeborene 545.
Vesicovaginalfistel 399.
Vierhügel, Tumoren im 60.
Volksheilstätten 648.
Vollbäder, warme, bei Girculations-
Störungen 561.
1¥.
Wachsthumshypertrophie des kind-
lichen Herzens 548.
Wärme, Hygiene der 622.
Wandermilz 339.
Wandemiere 234.
Wanderniere und Perityphlitis 234.
Warzen 29, 495.
Warzenfortsatzoperationen 448.
Warzenfortsatz, Percussion des 438.
Warzenfortsatz, Tuberculose 451.
Wasserdruckmassage 563.
Wassergesetze 627.
Wasserreinigung, chemische 629.
Wassersucht, Nieren- 222.
Wasser, Typbusbacillen im 13.
Weber'scher Versuch 436.
Wechselfieber 657.
Weil'sche Krankheit 267, 268.
Widerstandsgymnastik bei Herz-
krankheit 181.
Wintercuren 554.
Wirbelsäule, Krankheiten der 323.
Wirbelsäule, traumatische Erkran-
kung 325.
Wochenbettfieber 652.
Wohnplätze, städtische 626.
Wunden, Aufnahme der Bacterien
durch 3.
Wunden, Behandlung inficirter 304.
Wnnddesinfection 3.
Wunden, Diphtheriebacillen in Haut-
17.
Wunden, eiternde, Airol bei 505.
Wunden, Nephritis nach Haut- 224
Wunden, Nosophen bei 504.
X.
Xanthinbasen 284.
Xanthinbasen und Gicht 285, 286.
Xanthinbasen u. Harnsäure in den
Fäces 284.
Xanthinbasen und Harnsäure bei
acutem Blutzerfall 285.
Xanthinbasen u. Harnsäure bei Leuk-
ämie 292.
Xanthoma diabeticorum 497.
Xeroderma pigmentosum 497.
Z.
Zahncaries, Angina nach 475.
Zahncaries, Mundtuberculose bei 475.
Zangenoperationen 370.
Ziegelarbeiterhygiene 689.
Zimmtsäure bei Lungenschwindsucht
146.
Zuckerproben im Urin 214» 278.
Zunge, Influenza- 270.
Zunge, Lupus der 503.
Zungenatrophie , halbseitige , bei
Malum occipitale 66.
Zurechnungsfähigkeit 618.
Zwanffsvorstellungen 128, 619.
Zwercnfellphänomen 134.
Autorenregister.
Aaaer 16, 533.
Abadie, d* 255.
Abbe 468.
Abel K. 402.
Abel, R. 14, 15, 17, 244.
Abei^ 562.
Achard 3. 76.
Agaanno, d^ 47f>.
Ahlfeld 360, 365, 371, 4Ca.
Ahlström 42-3, 416.
AUümo-Marchetti 416.
Alberg 107.
Alben 500, 513.
Albert 357.
Albertoni 294.
Albrecht, H-, 658.
Alderton 435.
Alexander. A. 495.
Allen 214, 510.
Allgeyer 519«
Alt 436, 444, 448.
Alzheimer 128.
Amann 136.
AmbroflinB 540.
Anderson 233.
Andry 496.
.\nton 128.
Arens 14.
Arnold 9, 45, 262.
Amould, Jules 659.
Aschaffenbnrg 117, 120.
Ascher 649.
Aschner 509.
Aschoff 150, 209, 257.
Asher 452.
Asher, W. 616.
Ashmead 502, 512.
Askanazy, S. 40, 180, 230, 290, 294.
Ast 619.
Jahrbuch der practischen Hedidn. 1896
Anche 2-53.
Atjott 511.
AthtUcJi 118. aC*4, 523-
Anfrecht 170, 223. 22-5, 333.
Ansdier. E. 277.
B.
Baar 476.
Babes 19, 22, 172.
Bacx^lli 272.
, Bach 34.5. 404.
Bac-bns 17-3.
i Badocschi 35S.
Backhaus .324. 632.
Badt, Leopold 564.
Bärri 423.
Bagindr^, A. 539, 546, 651.
, Baldwin 102. 145.
Balfoor 145.
Ballantvne, J. W. 403.
Ballet 99.
Ballowitz 34, 341.
Balzer 510.
Banti 20. 36, 38, 210, 267.
Bar 3, 531,
Barabaschew 407.
Baracz, y. 333.
Baratoux 472.
Bardach 5.
Bardeleben, t. 308.
Bargebuhr 154, 182.
Barkas 271.
Barker, A. 334. '
Barlow, Th. 294, 496, 528, 580.
Bamick 443.
Barocchini, Enrico 564.
Barrs, A. G. 292.
Barth 45, 436.
Baruch, Simon 630.
Barwinsky 564,
44
690
Autorenregister.
Bary 103.
Basch, S. V. 163, 164.
Bassenge 629.
Bastionelli 271.
Bathhurst 101.
Baudet 79.
Bauer 29.
Baumann, E. 572.
Baumgarten 45, 271.
Baumgarten, S. 345.
Baur, F. 556.
Baurowicz 481.
Bayer 416.
Beaucamp 296.
BeauBoleil, G. 474.
Bebber, W. J. van 564, 621.
Bechterew, v. 94, 107, 115.
Beck 535.
Beck, Arno 640.
Beck, C. 304, 305.
Becker 217, 570, 620.
Becker, L. 659.
BecUre 569.
Beco 3, 4, 10.
B^doin 645.
Behrend 82.
Behring 6, 244, 539, 566.
Bein, Ö. 139.
Beinhauer 620.
Below 256.
Benario 602.
Benda, C. 113, 497.
Bendix 523, 524.
Benedikt 84.
Beneke 31.
Beresowsky 386.
Berg 246.
Bergengrün 467.
Berger 209.
Berger, H. 639.
Berggrün 543.
Bergh 511.
Bergmann, v. 317, 457.
Bergmann, A. v. 310.
Bergmann, J. 202.
Berkart, J. B. 286.
Berliner, C. 513.
Bernhard 357, 538.
Bernhardt 78, 93, 322.
Bernstein 434.
Bertrand 109.
Besson 7.
Betons, J. 564.
Betschart, E. 150.
Beumer 252.
Beuthner, 0. 370.
Beysse, J. 564.
Bezold, F. 463.
Bial 195.
Bialacour 195.
Bianchi 114.
Biedert, Ph. 210.
Biedl 47.
Bienfait 100.
Bier 307, 311, 330.
Biemacki, E. 287.
Binaud 375.
Binz, C. 583, 597, 610.
Bion, R. E. 386.
Biondi 26, 38.
Birch-Hirschfeld 46.
Bishop 216.
Blachader, A. D. 295.
Blech 246.
Bleibtreu, L. 282, 287, 567.
Bleuler 95.
Bloch 437.
Block 494.
Blokusewski 507.
Bluemchen 559.
Blumenfeld, F. 143.
Blumenthal 279.
Boas, J. 194, 210.
Bodenstein 342.
Bock 132.
Boeck 491, 513.
Boeck, C. 492, 505.
Boeckmann 347.
Boedecker 67.
Boedeker 120, 128.
Böhm 32.
Bogrouz 100.
Böhm 626.
Bohnstedt 34, 75.
Bois-Reymond, Gl. du 432.
Bollinger 12, 35, 46, 139, 647.
Bona, Hubert 225.
Bondzynski, St. 292.
Bonfiglio 478.
Bongers 192.
Bonhoff 630.
Bono, de 416.
Bordet 7.
Borgherini 77.
Bonssow 25.
Bernstein 561.
Borst 168.
Böse 15, 245.
Bosse 424.
Bostroem 37.
Bosworth 472.
Botey 474, 485.
I
n91
Botkin, E. 24, 28a
Bonlay 249.
Bourcart, IL 402.
Bomigeois 425.
Booiiet 605.
BoornTille 138.
Bozzi 36.
Bra, M. 573.
Braatz 302, 316.
Bramaon, t. 318.
Bramwelt B. 109. 569.
Brandenburg 575.
Brasseit 124.
Braolt 503.
Biazü 208.
Bremer 276.
Bremond 641.
Brenner, t. 332.
Bresgoi 4^5.
Breslaner, £. 504.
Bret 157.
Breuer 110.
Brieger 12, 247.
Brisand 99.
Bristowe 130.
Brock 2a 2«>2, 233.
Brocq 506-
Broers 44.
Bronson 498.
Brouardel 159, 613, tc'.-.
Brower, B. 395.
Brown, Bedfoid 563.
Bnioe 132.
Broce, A. 184.
Brack 91, 439, 450.
BrnhnE, C. 224, 4^k
Branner 310. 437.
Brons 10, 70. 133.
Bnmg. P. 315. 316, 322.
Bnxnion, Laad^ 1^.
BroEh 104.
Biyce, P. H. 649.
Buchholz 482.
Back 463.
Bacqae 100.
Badaj 41.
Bürkner 463.
Busing 628.
Bujwid 9.
Balkler 48*.
BaU 4Ct5. 428.
Bomm, EL 400.
Bange 1, 582.
Borger 47:^.
Boig^vtein, Leo 659.
Barkhardt 345.
Bcrr Cl. ^ 2yfL
BDS!äie-Hi»a&*2JifcUi««ii. T. d. 296.
Bist :k. 5Ü^
CLiu. 2'/2. >J2&-
C ailTTtgrt-e 5.
Ci4lD*TCTC 2- 3.
Ckil !»•»*•- 111.
CLii.i*-L 4-:>4.
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272.
Cii*;>*;r. L. 2>^2. 2^^'7, 2%. fJOa, 511
Lu-f^or . 1/L 4i«4, 4i^7.
Cäk^-VT:. L i::,5.
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CiiT^*^- ^;2';«.
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Cer*jt»'^j*f 2*5-
CriaLi»eiiieB«e 7-!».
Ci-StX'iiutua 1^1.
C'iiar'.ot l*'^j.
Cnarriu 2*...:J.
Ctatin 1.S7.
riLemisse -!»14.
Cr.ihT 8. 477.
'L'.'tz«! -SlO.
Cxiri«?VjiiiJiii05 2v3.
CtiTOötek 20, Ä63.
Clark, W. 281.
Ciaj-ke. J. H. 185.
CiauBeen 14, 244.
Clement :>3.
Colt»ett ^.
Cocherü 43?
692
Autorenregister.
Cohen, Ali 244.
Cohn, H. 426.
Cohnheim, P. 195.
CoUela 118.
CoUet 441.
CoUey 482.
Gollins 95.
Gomte 48.
Coppez 420.
Corin, J. 140, 585.
Comet, G. 141. 648.
Corradi 438, 489, 478.
Corrado 607.
Couetouz 447.
Courtois-Snffit 216.
Coyne 434.
Gramer 594, 622.
Gramer, A. 619.
Grimail 373.
Crockett 463.
Gsillag 89.
Gubasch, W. 603.
Gunningham 100.
Gurnow 22, 266.
Gurschmann 206.
Gushing, E. W. 390.
Gzempin, A. 306.
Gzemy 314, 315.
D.
Daiber 238.
Dallemagne 2.
Damaye 357.
Danilewsky, B. 289.
Danlos 498.
Danziger 450.
Dapper, Garl 557.
Darier 405.
Darier, J. 503.
Dauber 168, 204.
Daunice 278.
Davis 374.
Day, Donald 332.
Dayot 373.
Deanesly 461.
Dehio 113, 138, 171, 229.
Deichert 40.
Dejerine 75, 80, 106, 132.
Delageniöre, H. 390.
Delavan 473.
Delepine 14.
Delorme 309.
Delstanche 444.
Demantk^ 176.
Demetriades 17.
Dennig, A. 65, 274, 282, 567.
Dercum, Francis 109.
D^teindre 38.
Deucher 16.
Deutsch, A. 519.
Deutschmann 428.
Devic 516.
Dieckhoff 41.
Dieudonne 272.
Dinkler 518.
Dinkwater 500.
Dittrich, Paul 617.
Dmochowski 9, 41.
Dodd 431.
Döderlein 2.
Dohle 38, 184.
Dönitz 15.
Doering 256.
Dolega 352.
Doleris, J. A. 880, 395.
Donat 297.
Donat, J. 403.
Domblüth, F. 634, 636.
Domblüth, 0. 548.
Douglas 91, 500.
Dräer 15, 482, 631.
Dragendorff 620.
Drake-Brockmann, H. 295.
Dreike 205.
Dreser, H. 591.
Drews, R. 271, 545, 599.
Dreyer 504.
Dreysel 486.
Drobnik 82.
Drossbach 372.
Drummond. W. B. 292.
Dubreilh 89.
Dubreuilh 495, 501.
Duchesne 249.
Dührssen 384, 396.
Duenschmann 33.
Düring, v. 520.
Dufour, 617.
' Duhring 506.
; Dunbar 13, 242.
I Dunffem, v. 15.
: Dunin 297.
. Dupont 629.
Durante 357.
Dures 388.
E.
Ebstein 89, 175, 196, 198, 275, 500.
EdebohLi 234.
AntoresregiBter.
0.93
Eger 487.
Egger 70.
Egaet 8.
Ehrich 322.
Ehrmaim 491, 506.
Eichengrdn 595.
Eichhorat 84, 153, 159, 230.
Einhoin 191, 196.
Eiseisberg, t. 183, 323. 326.
Eisendi&ht 299.
fasenhart, H. 402.
Eitelberg 92, 271, 442, 443. 4*4.
Eldredge 503.
Elliot 493, 498,
Elsenberg 225.
Eimer 12, 247.
Emanuel 360.
fjnizierich 315.
Emmet, Th. A. 399.
Enderlen 70, 325.
Engel, W. 236.
Engström 373.
Enoch 245, 632.
Enriquez 99.
Eppinger, H. 636.
Epstein 526.
Eqnet 272.
Erlach. ▼. 333, 393.
Erkelens, yan 620.
Ernst 30.
Esdierich 524. 539. 546.
Esmarch, t. 313.
Esmarch, E. ▼. 537, 622.
Enlenbni^, A. 86, 96, 106, 159, 282,
317, 378, 570, 634, 649.
Enlenstein 460, 464.
Ewald, C. A. 102, 274, 292, 483, 567.
Ewich 564.
Ewing, J. 241, 289.
Ejkman, C. 287.
F.
Fabridus 336.
Fahm, J. 596.
Fajersztajin 68.
Faisflt 347, 350.
Falk 35.
Falkenberg 128.
Faulds 346.
Favre, A. 378.
Federow 77.
Feer 536.
Fehling, H. 362, 403.
Feibes 512.
Feige 619.
Feit 246.
Felix 633.
Fenwick, H. 347.
Fenifick, W. S. 210.
Fere, Ch. 9.=>,
Fexgns 415.
Ferren 440. 480.
Ferner 1.
Fiedler, A. 152.
Filatow, Nil .533.
Filehnc, W. 580.
Filomnsi^nelfi 615.
Fink 467, 468, 474.
Finkelßtein -526.
Finottd 356.
Fiocca 22. 2ö6.
Firket 176.
Fiflchel 221.
Fischer 629.
Fischer, F. 329.
Fischer, H. 296.
Fischl, Rndolf 6. 535.
Flaischlen, N. 394.
Flatau 485.
Flechsig 95.
Fleiner 197, 199.
Flexner 13.
Fodor 4.
Fodor, ▼. 228.
Foges 260.
Foote 247.
Forchheimer 381.
Fordyce 496.
Fomario 81.
Fornet 251.
Fort, Le 358.
Foss 592.
Foth 259.
Fonmel 400.
' Foumier 438, 513, 517.
I Foiwell, A. 185.
' Fraenkel, A. 147, 293, 294, 318.
FraenkeU 6. 468.
Fraenkel, C. 16, 272, 533.
Fraenkel, E. 41, 402.
Fraenkel, S. 571.
Franchommes 388.
Franck, Fran^ois lO*^.
Francke 92.
Francotte 130.
Frank 374.
Frank, E. R. 504, 509, 598.
I Frank, L. 490.
Franke, F. 270. 310.
Frankland 13, 248.
j
694
Autorenregister.
Frankl-Hochwart, v. 464.
Frazer 208.
Frederickee 259.
Frenkel 80.
Freud 93, 110.
Freudenberg, A. 236, 510, 530, 588.
Freudentfaal 264.
Freudweiler 39.
Freund, H. W. 3, 240, 248, 368
Freund, W. A. 399.
Frey 549.
Frey, v. 330.
Freyer 616.
Freyhan 269.
Freysz 79.
Fridberg, J. 558.
Friedenwald 193.
Friedheim 103, 493, 498.
Friedländer, R. 593.
Friedland 44.
Friedlieb 510.
Friedmann 133.
Friedrich 241, 314.
Fritsch, H. 392.
Fuchs 108, 361, 424.
Fuchs, E. 432.
Fürbringer, P. 225, 303, 552.
Fürst, Livius 530, 555, 650.
Fürstner 106.
Fulda 85.
6.
Gärtner 524.
Galezowski 489.
Garel 474.
Garrod 216, 220.
Garstang 258, 259.
Garten 9.
Gaucher 516.
Gaudier 222.
Garzia 441.
Gasser 22, 266.
Gasti, W. 564.
Gayet, G. 294.
Geelmuyden 625.
Geigel, R. 159, 160, 161.
Gell6, G. 439, 454, 464.
GenUch, W. 626.
Georgiewski, K. N. 275, 293.
Gerber 467.
Gerhardt 229.
Gessner 368.
Gilbert 159, 517.
Girode 159.
Glantenay 357.
Glax 553.
Gleitsmann 478, 479.
Glogner 22, 89.
Gluzinski 142.
Gluzinski, L. A. 574.
Glynn 90.
Göbel 129.
Goepel 635.
Görf 518.
Goetze 634.
Goldberg, B. 221, 235, 510.
Goldberger 652.
Goldflam 69, 88.
Goldscheider 7.
Goldschmidt, E. 203.
Goldstein 455.
GoodaU 88, 538.
Goodbart 269.
Gossmann 226.
GottHeb, R. 292.
Gottschlich, E. 624.
Gottstein 107.
Gouget 226.
Gourfein, D. 574.
Gradenigo 442, 453, 457.
Graebner 554.
Graefe 367, 391, 402.
Graf, E. 274, 297.
Grabe, E. 585.
Graser 341.
Grassberger 245.
Grasset 656.
Grassmann 92.
Grawitz, E. 165, 288, 549, 559.
Greeff, R. 408. 432.
Greidenberg 98.
Griffith 410.
Grigorjeflf 26.
Grijns 287.
Grill, A. 200.
Gritti 307.
Grödel 556.
Groenouw 407.
Grohn 626.
Gromakowsky 5.
Grosglik 114.
Grossmann 359, 369.
Grosz 220, 240.
Grösz 525.
Grube, K. 80, 275, 276, 280, 281, 579.
Gruber 14, 452.
Grudieflf 146.
Grünwald 472, 485.
Grützner 203, 204.
Autorenregister.
695
Grunert 459.
GaeU 25, 40. ^
Guaita 40t>.
Gubaroff, A. v. 377.
Guder, P. 617.
Günther, C. 45, 271.
Gn^pin 232.
Gürber, A. 287.
Guermonprez 372.
Güterbock 237, 303, 342.
Gniccdardi 265.
Gnmprecht 260.
Gnrlt 298.
Gurrieri, R. 611.
Gurwitsch 557.
Gutmann 406, 409.
Guttmann, P. 657.
Gutzmaim 475.
Guyon 237.
Haasler 27.
Haberda 610, 611, 616, 620.
Haberkraut 202.
Habermann 478.
Hacker, ▼. 202.
Hägler, C. S. 596.
Händel 467.
Haenel 309.
Häusler 175.
Haffkine 246, 272.
Hagenbach-Borekhardt 527.
Hagen-Rose 540.
Hahn, E. 338.
Hahn, R. 515.
Hajek 479.
Halipre 499.
Hall 230.
Hallion 48.
Hallopeau 495, 496.
Hamburger, H. J. 24, 2^h.
Hammer 31.
Hampeln 184.
Hansemann 16, 35, 533.
Haring 477.
Harold 102.
Harris 221.
Hart, E. 651.
Hartmann 357.
Hartmann, F. 577, 605.
Härtung, H. 289.
Hasche 88, 534.
Hasebrock 181.
Hasemann 587.
Haskovec 101.
Haug 31, 440, 444, 445, 448, 464.
Hauser, G. 30, 33, 209.
Haushalter 542.
Havas 512, 638.
Hawkins 357.
Hecker 533.
Hedderich 603, 610.
Hedin 287.
Heffron 268.
Heffter, A. 382.
Hegar 359.
i Hegetschweiler 464.
] Hegg 417.
' Heidenhain, L. 173, 264, 324.
Heilbronner 113.
Heimann, G. 639.
Heiman, H. 507.
• Heindl 145.
Heine 130.
Heinrich, G. 379.
Heinzel 431.
Heinzelmann, H. 564.
Heitier 168.
Heitzmann, L. 487.
Helferich 357.
Heller 20, 36.
HeUer, J. 225, 506.
Heller, Richard 70.
Helm 211.
t Helme 442.
' Helmholtz, H. 432.
Hehnkampff, H. 564.
Hempe 133.
Hemmeter 191, 202.
Hennig 270, 271.
Hennike, Werner 590.
Henoch, E. 551.
Henüffen 4.
Hepler 477.
Herbig, MoUy UH.
Herda 307.
' Herlyn 591.
Herroan 22^;.
Hermann, A. f'f'io.
Hermen, O. .'iOl,
Herrn ^M, R. 525.
HermhfnMer 26^ 412.
HHrie\ 429, 4'//),
Hertn^ 75.
Heryng 479.
Herz .y>4
Herz/jg 4'/ßU,
Hes, van '>40.
. Hehler 44^;, 461.
696
Autorenregister.
Heubel, H. 40, 200.
Heubner, 0. 522, 539, 546.
Heukelom, Siegenbeck van 42.
Heusner 851.
Heusser 151, 257.
Heussner 501.
Hewlett 260, 468.
Heydenreich 101.
Heymann, P. 477.
Higier 93, 98, 99.
Hubert 39.
Hildebrand 30, 341.
Hildebrandt, H. 602.
mit 222.
Hindenbnrg, W. 292.
Hinkeldeyn 626.
Hintze 9, 26, 209, 278.
Hirsch, Bruno 605.
Hirsch, E. 557.
Hirsch, K. 40, 201.
Hirschberg 79, 429.
Hirschfeld, F. 217, 228, 277, 280.
Hirschl 127.
Hirschsprung, H. 530, 543.
Hitzig 10, 120, 133, 138, 148, 620.
Hlawaczek 106.
Hobbs 140, 250, 477.
Hoche 68.
Hochenegg, v. 332, 388.
Hochhaus 75.
Hochmann 9.
Hoeber 14.
Högerstedt, Alfred 181, 561.
Hoffa 316, 353, 355.
Hoffmann 93.
Hoffmann, A. 372.
Hoffinann, F. A. 159.
Hoffinann, J. 492.
Hofmeier 388.
Hofmeister 350.
Hohenemser 212.
Hollborn 21.
Hollmann 105.
Holmberg 95.
Holt 75.
Holth 504, 515.
Homen 74.
Honigmann 553.
Honl 11.
Hoor 422.
Hoover 447.
Hopmann 468, 476.
Hoppe 420.
Houl 259.
Howald, R. 596.
Howald, W. 596.
Huber, A. 197.
Huchzermeyer 554.
Hülssner 630.
Hueppe 272.
Hueppe, F. 45.
Hürthle, K. 163.
Htisler 167.
Hugg 101.
Hughes 136.
Hummel 257.
Huot, Augustin 599, 605.
Hutchinson, Woods 109.
I.
Ihle 316, 358.
Ingals 479.
Ingiani 245.
Ipsen, C. 612.
Isnardi 347.
Itzerott, G. 46, 272.
Ivanoff 630.
Iven 595.
Iwanicki 183.
J.
Jacob 109, 132.
Jacob, J. 174.
Jacob, P. 289.
Jacobi 274.
Jacobs 392, 396, 398.
Jacobsohn 68.
Jacobson, G. 501.
Jacoby, G. W. 277.
Jacquet 506.
Jadassohn 39, 509, 604.
Jäckh 11.
Jäger, H. 19, 20, 210, 268, 634.
Jaenselme 484.
Jaksch, V. 252, 275.
Janet 98, 509.
Jankau 464.
Janke, 0. 633, 659.
Janowski, 9, 25, 41, 90, 248.
Jansen 456, 458, 464.
Janson 41.
Janssen 29.
Jaruntowsky, v. 11, 475.
Jarussow 224.
Jastrowitz 579.
Jaworski, J. v. 601.
Jelinek 240.
Jenny 33.
Joachimsthal 34.
Jknxßi
Joal 485.
Joffroy 76.
JohanneaBen ^
Johnson 214.
Johnston 497.
Jolin 629.
JoUes 217.
Jolles, Ad. 631. 647.
JoUes, IL 647.
JoUy 85.
Jones 10.
Jones, Lloyd 102.
Jong, de ^
Jordan 844, ^49.
Joeef 488.
Joseph, M. 499. 9O6. -5 14
Jottkowitz 304.
Jooin 380, 388.
Jonkovsky 542.
Jonalain 436.
Julinsbiuger HS, 114^
Jniinka 251.
4t*
Kabrhe], 6. 629.
Eahlden, t. 17, 90. 44
Kahn 485.
Kalischer 67, 79, lOi.
Kalt 418.
Kamen, 19, 99.
Kammerer 207, 631.
Kampe 354, 528.
Kaneda 281.
Karewski 354.
Karlinski 245.
Karplus 90.
Karutz 449.
Käst, A. 293, 441.
Katz 464.
Kaizenstein 17, 534.
Kanffinann 636, 637.
Kaufmann 273.
Kaufmann, J. 194, 195, 205.
Kaurin 265.
Kaper 440, 467.
Keilmann 525.
Kellgreen 357.
Kelling 197. 206.
KeUy, H. A. 205, 399, 400.
Kempner 15.
Key, H. 643.
Kiefer, F. 386.
Kietz 184.
Eilliani 72.
King 251.
£'■;•;-. ^ :^r t:».
i ;';»^ X 't I.r '.:>
i'. -. --t:
i: .. 1 > 2:7, 5^^, '^hr,, 297.
i._ 44' 4<,T.
K'.pp.T. R.'i. vS9.
K:>|.ru>w-ki, M. 508.
Korff, B. 597.
Ko6«pI, H. 11, 531, 534.
Koecier 220.
Kossmann 397.
Kotlar 12.
Kouwer 340.
■ KrafftrEbing, v. 77, 127, 619.
: Kramer, w: 336, 355
Kraske 319, 355.
Kratter, Jul. 613, 620, 659.
Kraus 264.
Krause, F. 47, 308, 819, 324, 345.
Krause, P. 145, 479.
Krauss 2.
Krebs 477.
Krecke 97.
Krehl 28, 219.
KrotMchtnann 44'5.
698
Autorenregister.
Krieger, Georg 272.
Krisowski 517, 532.
Erönig 2.
Krönig, G. 600.
Kroenlein 818, 337.
Kromayer 29.
Kronacher 814.
Kronthal 104, 118.
Krückmann 26, 83.
Krüger 240, 284.
Krumbein 8, 272.
Krumbholz 258.
Krumm 171, 302.
Kruse, W. 622.
Krynsky 814.
Küchel 256.
Kühn, G. 555.
Kühnau, W. 289.
Kümmell 70, 325, 347.
Künkler 545.
Küster 342.
Küstner, 0. 386, 396.
Küttner 9.
Kuhn, P. 388.
Kuhnt 418, 485.
Kumagawa 281.
Kumma 387.
Kundrat, v. 300.
Kuppenheim 401.
Kuprianow 650.
Kurz, Edgar 389.
Kuskow 18.
Kutscher 443.
Kuttner 198.
L.
Laag, ter 236.
Labböe, E. 605.
Lachowicz 10.
Ladendorf, A. 550.
Lafon 218, 278.
Lagneau 633.
Lagrange 430.
Labmann 563.
Lake 446.
Lamacq 75.
Lamarol 267.
Lambert 252.
Lamy 69.
Landau, L. 895.
Landerer 312, 330, 357.
Landmann 254.
Landwehr 416.
Lane, W, A. 591.
Langaard, A. 605.
Lange 302.
Lange, J. 522.
Lange, Walther 659.
Langenbuch 461.
Langer 394.
Langerhans, E. 197.
Langerhans, P. 46.
Langermann, E. 210.
Langes 505«
Langguth 34.
Lanz, Otto 36, 99, 569.
Lapicque, L. 277.
Lapinsky 84.
Lardy 157.
Lassar, 0. 266, 598.
Latzko, W. 296.
Laudenbach, J. 28, 289.
Lauenstein 310.
Lazarus 247.
Lazarus, J. 551.
Leahy 22, 266.
Leber 409.
Lebreton 568.
Ledderhose 848.
Lederer, L. 587.
[jedermann 503.
Lefert 357.
Leftvre, J. 562.
Legrain 253.
Legry 234.
Lehmann 282, 641.
Lejars 357.
Leichtenstem 102.
Leimbach 80.
Leistikow 503.
Leloir 270, 506.
Lemariet 474.
Lemoine 17.
Lenhartz 159.
Lenhossek, y. 132.
Leo, H. 210.
L^on-Petit 159.
Leopold, G. 402.
LeopoId-SpOrlin 863.
Löpme, R. 281.
Leppmann 619.
Leray 11.
Leredde 496, 501.
Lermoyez 442, 470.
Lersch, B. M. 272. 659.
Leser 353, 357.
Leube, W. v. 159.
Leusden 44.
Leusser 350.
Leutert 27, 451.
Aatoroiregiäter.
0i>9
Levi 102, ^44. 455.
Levy, E. 3. 15, 152. 156, 248. 2dä.
258.
Lewers, A. H. X. 392.
Lewin, A. 638.
Lewin, E. 225-
Lewin, G. 491. 506, 519.
Lichtwitz 471.
Liebe, 6. 648.
Liebrecht 509.
Liebreich, O. 141, 159. 547, 589, 605.
Lieven 474-
Limbecl^ ▼. 288. 550.
Limoasier 214.
Lindner 329.
Lindt 34. 497.
Litten 134.
Lode, A. 629.
Loebiach, W. F. 605.
Löhlein, H. 361.
Löwenberg 469.
Löwenfeld, L. 94, 110.
Löwenthal 32.
Löwit 25.
Loewy, A. 241, 289.
Lombrofio 133.
Loomis, P. 175.
Lop 140.
Lorenz 321, 351, 352, 358.
Lubarsch, 0. 278.
Lnbinski 10.
Lublinski 89, 481.
Luc 471.
Lacae 445.
Lucas, R. C. 591.
Ludwig 630.
Ludwig, E. 564.
Ludwig, H. 378.
Lueck 229.
Lütkens 347.
Lutz, A. 294.
Lydston 514.
Lynn, Thomas 108.
Macfarlane 215.
Mackenrodi, A. 367, 387.
Mackenzie 101, 504.
Mackenzie, N. 472.
Madelung 305.
Mader 87.
Madiener, M. 369.
Mafi^cci 21.
Mager, Wilhelm 70.
Magnus, H. 432, 637.
Mainzer 339.
Mandowski 137.
Mangoldt, ▼. 304.
Mann 92, 450.
Mann, M. 387.
Maiagliano 144.
Marc 564.
Marcano 266.
Marcband, F. 31, 34, 41, 40L
Marchoux 6.
Marckwald 29.
Marcuse, P. 566.
Marfan 545.
Marie, P. 103,277, 281.
Marinesco 83, 103, 221.
Markusfeld 24.
Marmier 258.
Marmorek 5, 268.
Marsh, J. P. 569.
Marson 260.
Martin 233. 248. 251, 257, 48J.
Martin, A. 389, 398, 402.
Martius 134, 185, 196. 29L
Marx 630.
Masing 296.
Mathieu, A. 210.
Matte 433. 434.
Mattei 255.
Matthaei 394.
Matthes 219.
Matthieu 393.
Maupat^ 94.
Mazimowitsch 241.
Mayet 176.
Meder 41.
Meermann 338, 370.
Megnin 626,
Meier 455, 459.
Meine 218.
Meinert, E. 197.
Meissen 549.
Mellinger 406, 408.
Meltzer 208.
Meltzing 196, 291.
Melville 415.
Mendel 249.
Mendel, E. 102, 109, 129, 452.
Mendelsohn, M. 281, 236, 283, 286.
579, 605.
Mentzel 604.
Merkel, Fr. 361, 578.
Meslay 295.
Mesnil 7.
Messerer 613.
Mester 209.
J
700
Autorenregister.
MeUchnikoff 7, 243.
Mettler 249.
Meunier 502.
Mey 528.
Meyer 43, 130, 240.
Meyer. Andreas 626.
Meyer, E. 189.
Meyer, H. 104, 374.
Meyer, R. 509, 604.
Meyer, Wilhelm 475.
Mibelli 502.
Michel, E. 618.
Michelson 71.
Mies 111.
Mikulicz, E. 100, 101, 201, 320, 323,
326, 572.
Müler 246.
Miller, J. 192.
Milligan, WiUiam 462.
Millingen, van 423.
Milton 265.
Minski, P. R. 190.
Mintz 202.
Miralli^ 75.
Mitscha 644.
Mittenzweig 620.
Miyake 235.
Moeli 129.
Möller ä56, 516.
Moesly 38.
MoUi^re 229.
Monier 249.
Monprofit 372.
Monti 112, 542.
Moore 461.
Moos 463.
Morain 383.
Morax 420.
Moreau 126.
Morel-Lavall^e 494.
Morgan 138.
Morin 568.
Moritz 190.
Morris 233, 506.
Morrow 493.
Morton 332.
Moschcowitz 146.
Moscher 117.
Moss6 271, 278.
Mosso, A. 164.
Motachutkowsky 48.
Moure 469, 470.
Müller, 7, 76, 438. «
Müller, Fr. 161, 205.
Müller, J. 494.
Müller, Paul 72, 387, 640.
Müller, R. 381.
Müller, W. 293, 297.
Müllerheim, R. 364.
Munk 659.
Muormick 251.
Murphy 331.
Marray 108.
Muscatello 42.
Mutach 43.
Mygind, Holger 484.
N.
Nachod 299.
Näcke 93, 126.
Naegeli-Akerblom 140.
Nageottc, J. 73.
Nannotti 358.
Nash 494.
Nash, Gifford 463.
Nasse, 0. 273, 313.
Naunyn 95.
Nauwerck, C. 18, 30, 40, 199, 269.
Navratü 482.
Neftel 81.
Neisser, A. 369, 432, 506, 507, 511.
Neisser, P. 502.
Nemann 505.
Nencki, L. y. 601.
Netolitzky, Aug. 659.
Netter 532, 658.
Neuber 807.
Neudörfer 540.
Neufeld 245.
Neumann, Herm. 312.
Neumann, H. 532, 555.
Neumann, J. 383.
Newmark 79, 90.
Nicoladoni 335, 356.
Nicolaier, Arthur 231, 589.
NicoUe 499.
Niemann, F. 46, 272.
Nienhaus 346.
Niessen, van 520.
Nyhoff 371.
Nitze 303, 340.
Nobbs 495, 569.
Nocard 630.
Nocht 642.
Nolan 81.
Noltenius 473.
Nonne, M. 69, 81,292.
Noorden, W. v. 598.
Noorden, C. v. 195, 274, 279, 282.
290, 297.
Autorenregister.
701
Nothnagel, H. 210.
Notkin, J. A. 571.
NotthaflTt, V. 33.
Nowak, J. 606.
0.
Obalinski 332, 355.
Obennüller 12.
Obersteiner 112.
Obrastzow 205.
Odeye 100.
Oefele, Jul. v. 564.
Oehmichen 646.
Oertel 177, 466.
Oestreich 39.
Oettinger 73, 83.
OflPer 283.
Ohlemann 436.
Okuneff 438, 447.
Oliver 573.
OlofF 264.
Olshausen, R. 521, 383.
Onodi 485.
Openchowski, v. 67, 169.
Oppenheim 72, 456.
Oppenheimer 37, 100, 141,
Oppler 194. 486.
Orb 363.
Orlowski 6, 240, 535.
Orschansky 80, 129.
Ort 253.
Orth 42.
Oseretzkowsky 111.
Osler, W. 210.
Ott 213.
Owen 100.
P.
Pässler 100.
Pagenstecher 427.
Paget 85, 497.
Pailhas 83.
Pal 204.
Palleske 102.
Palmer, 0. 515.
Panas 417.
Pandl 48.
Pansier 98.
Parinaud 419.
Pariser 201, 327.
Park, Roswell 109.
Parson 568.
1
Paschen 394.
Passow 450, 463.
Pasteur 88.
Patrick 101.
Paul, G. 578.
Paulsen 477.
Paulus 214.
Pavlowsky 176.
P6an 357, 481.
Peiper 252.
Pel 260, 483.
Pentzoldt, F. 159.
Pepper 230.
Perles 404.
Pernice 223.
Peron, A. 295.
Perrero 19.
Perrin 501.
Perthes 343, 349.
Pes 442.
Peters 419.
Petersen 315.
Petit, P. 305.
Petruschky 8.
Pettenkofer, v. 548.
Petteruti, P. G. 145, 588.
Peytoureau 216.
Pfeiflfer, A. 658.
Pfeiffer, E. 230, 522.
Pfeiffer, R. 13, 243.
Pfeiffer, Th. 288.
Pfuhl 18.
Pfyffer, G. 378.
Philippson 506.
Phocas 357.
Phulpin 3, 93.
Pichevin, R. 394.
Pick 23, 227, 402.
Picqu6 457.
Pietrusky 651.
Pinard, A. 373.
Pincus 379.
Pineles 66.
Pinner, Fritz 594.
Pins, E. 158.
Piotrowski 616, 620.
Pistor, M. 658.
Pitts 462.
Plana 7.
Plaut 537.
Plehn, F. 255.
Plücker 340.
Phiyn, van der 236.
Podack 21.
Podwyssozki 23.
Poelchau 258.
702
Autorenregister.
Polaillon 358.
Polakow 579.
PolgarBudapest 296.
FoHtzer 452.
PoUak 461.
Ponfick 28.
Popper 524.
Port 209.
Posner 204, 232, 238.
Poepelow 491.
Posaelt 90.
Postnikow 344.
Potain 543.
Poten, W. A. 652, 653.
Pouchet 629.
Poulsen 462.
Pousson 233, 286.
Power 33.
Powers 480.
Pozzi 345.
Predtetschenski 559.
Preece 488, 569.
Preisz 534.
Preysz, Cornel 564.
Pribram, A. 159.
Pribytkow 408.
Prieetley 646.
Prince 78.
Prinzing, F. 630.
Prus, Jobann 76.
Pryor 508.
Purdon 489.
Futnam 568.
Queisner 369.
Quenu 357.
Quervain 249.
Quincke 206, 297, 582.
B.
Rabino witsch 21.
Rabow 605.
Radasewsky 171.
RadcliffeCrocker, H. 506.
Raffalowisch 620.
Raiford, W. 562.
Raimondi 255.
Randall 433, 438.
Ranke 617.
Ranke, v. 538, 546.
Ransom 6, 108, 244.
Raschke 295.
Rasumowsky 331.
Rathke 28.
Raymond 70, 75, 104.
Raynaud 494.
Recken 420.
Recklinghausen, v. 156.
Rector 374.
Rehn 345.
Reiche 224.
Reichel 306, 309, 332.
Reichmann, N. 192.
Reimer, Herrn. 564.
Reinbach 36.
Reineboth 168, 315, 612.
Reinecke 221.
Reinert 574.
Reinert, E- 290, 295.
Reinhard 462.
Reinhardt, E. 464.
Reinhold 569.
Reinicke 364.
Reinsch 629.
Remak. Ernst 66, 109.
Renon 3, 531.
Renki, de 146.
Resnicow 369.
Rethi 271.
Rettig, VV. 634.
Reusing 363.
Rey 527.
Rhyner 148, 270.
Ria 157.
Ribbert 32, 33.
Richardson 91.
Richelot 390.
Richmond 14.
Richter, P. F. 194, 213, 219, 241,
289.
Ricker 2, 3, 18, 28, 30.
Ridley 421.
Rieder. H. 158, 159, 172.
Rieger 130.
Ries 509.
Riess, E. 364.
Rille 489, 499.
Rimpler 406.
Rindfleisch, v. 136.
Rioblanc 308, 488.
Ripault 471.
Ritter, C. 189.
Ritter, P. 475.
Robei-tson 248.
Roche 96.
Röchet 357.
Rochon-Duvigneaud 432.
Röchling, H. Alfr. 624.
RSbmann 509, 604.
Roemisch 481.
Roeaing 382.
Röesler 357.
Rover 3, 262, 283.
Rohrer, F. 464.
Rokitansky 149.
Rollestoa 43.
Roniberg 242.
Ropp, V. d. 642.
Roque 214, 516.
Rose 636.
Rose, A. 575.
Rotenbscli, F. J. 506.
Roaeobacfa, O. 441.
Boaenberg, A. 479.
Bosenberg, P. 300.
Roaener, A. 393.
Roaenfeld, G. 283.
Rosenbeim, Th. 186, 187. 188. 190.
193. 194, 201, 326, 327, 598.
Rosenthal 540.
Roaenthal, 0. 513.
Roth 93, 250, 255.
Roth, F>. 636, 644.
fiotha 133.
Rotmami 145.
Rotter 320, 357.
Roy, Le 542.
Rubeska 362.
Rubner, M. 622, 623, 628, 632. 643,
658.
Rüedi, A. 164.
Raete 245. 632.
Ruhemann, J. 576.
Ruinpel 13, 243.
Rumpf 242, 251, 276.
Runge. M. 339, 889, 521.
Rjdygier 101, 257, 311, 333, 839.
Saake, W. 586.
Saalfeld 597.
Sabouraud 499.
Sacaze 224, 268.
SacharofF, N. 290.
Sachs, B. 109.
Sackur 155.
Sänger 65. 91.
Sänger, M. 372, 398.
Sahli 169, 206, 272, 605.
Salkoweki 278.
SalomoD, H. 635.
Samter 354.
Samuel 239.
SanareUi 13, 244.
Sandmerer 274.
Sanfelice 21.
Sarbo 113.
SftTor, R. 226, 235, 378.
Sawtscheako 33.
Scagliosi 228.
Scatcbard 490, 569.
Schäfer 16. 573, 618.
Schaffer. 0. 386.
Schaffer 68.
Schaller 380.
Schamberß 497.
Schamechin 37.
Schardinger 629.
Schatz 654.
Schaut«, F. 397, 399, 403.
Scbech 471.
Schede 335.
Scheer. v. der 22.
Scheff 467,
Scheibe 451.
Scheiber, S. 162.
Scheier 481.
Scherer 19.
Schetalow 105.
Schick 870.
Scbjeming 615.
Schiff 72.
Schiff, Ed. 474.
Schild 611.
Schild, Walther 2, 521.
Schilling, Fr. 564.
Schimmelbuach 3, 319.
Schindler 637.
Schirmer 419.
SchleBinger 73, 74, 88, 194, 202.
Schleainger, Hermann 110, 580. fi1
Schliep 526.
Schlodtheim 34.
Schmaltz 464,
Schmaus 35.
Schmej 146.
Schmid, Uana 237.
Schmid-Honoard. 621.
Schmidt, Ad. 23, 196.
Schmidt, M. 472.
Schmidtmann 646
Schmidtrßimpler 94, 421.
Schmiedeberg, O. 605.
Schmieden, H. 643.
Schmjegelow 455.
J
-4
704
Autorenregister.
Schmitz 545.
Schnabel 412.
Schneyfer, J. 289.
Schnitzler 106, 485.
Schoenfeldt 546.
Schönwerth 329.
Scholl 315.
Scholtz 627.
Schottmüller 17.
Schrader 526.
Schreiber, J. 93.
Schrötter, Hermann v. 70.
Schubert, L. 640.
Schuchardt 327, 890.
Schule, A. 68, 191, 192.
Schüler, Th. 315.
Schürmayer 209.
Schütze 562.
Schulte 406.
Schultheiss 304.
Schulz, Rudolf 610, 615.
Schulze 402.
Schulze, B. 490.
Schulze, Fr. 84, 93.
Schurz 229.
Schwalbe, J. 648.
Schwartz 302, 460.
Schwartz, F. 361.
Schwarz 33, 261.
Schwarz, S. 594.
Schweigger, C. 414, 432.
Schwyzer, J. 578.
Scott 149.
Scriba 235.
Secker Walker 462.
Secretan 478.
Seegen 278.
Seelig 44, 193.
Seelig, A. 293.
Seeligmüller, A. 96.
Seeligmüller, J. G. A, 107.
Seglas, J. 109.
Seibert 545.
Seifert 598, 602.
Seiffert 482, 485.
Semon 94.
Semple 248.
Senator 82, 155, 218, 222, 234, 287.
Sendler 337.
Senfft 600.
Senger 319.
Serieux 125.
Serr^e 591.
Sharp, G. 167.
Sheild 249.
Sheppegrell 472.
Sheridan 14.
Shirmunsky 454.
Sickenberger 629.
Sidney 631.
Siebenmann 469.
Siemerling, E. 122, 619.
Sigel 474.
Silbermann, 0. 591.
Silberschmidt 4, 16, 537.
Silex, P. 227, 426, 432.
Singer 20, 103, 263.
Sirleo 21.
Skerritt 149.
Smale, F. J. 288.
Smart 628.
Smita 610.
Snell 124, 129.
Snellen 425.
Sobemheim 6.
Sobieranski, v. 212.
Sölder, V. 106.
Solbrig 633.
Solis-Cohen 568.
Soltmann 539.
Sommerfeld, Th. 638.
Sonnenburg 206, 357.
Sonques, A. 84.
Sottas 106.
Souch^res 258.
Soumeau 216.
Spano 244.
Spengler, C. 137, 533.
Sperling 653.
Spiegier 517.
Spinks 626.
Spira 463.
Spitzer, W. 273.
Sprecher 519.
Springthorpe 148.
Spronck 244.
Stacke 449.
Staerlin 514.
Stafford 347.
Stalker 214.
Stapa 535.
Starlinger 68.
Starr 357.
Stavenhagen, A. 46, 272.
Steffen, A. 541, 546.
Steffen, Wilhelm 523.
Stein, V. 453.
Steinbrügge 450.
Steindler, L. 288.
Steinhaus 24.
Steinmetz 258, 304.
Stejskal, K. v. 217, 285.
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Stephan 213.
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706
Autorenregister.
Tschudy 372.
Tuffier 344.
Turner 224.
Tuttle 510.
ü.
üfiPelmann 659.
Ullmann 330, 505, 541.
Unna 504, 506.
Unna, A. 624.
ünverricht 105, 108.
Vagedes 261.
Vaillard 260.
Valentine 509.
Vaquez 543.
Veiel 505, 596.
Veit 354, 528.
Veit, J. 360. 391.
Veraguth 37.
Vierordt, H. 159,
Villani 184.
Vogel 250.
Vogel, A. 646.
Voigt 272, 362.
Voit 159.
Volkmann 29.
Volland 142.
Vollmer 382, 498, 512.
Voss 446. 462.
Vramican 83.
Vulpius 66, 93, 456.
Wachholz, L. 606, 611.
Wagner 131.
Wagner, W. 318.
Wahneau 617.
Waldow 467.
Walko 261.
Wall^ 482.
Walters 146.
Wanner, R. 378.
Warman, Nicolas 583.
Warthin 182.
Washbume 5.
Wassermann 6, 266, 535.
Wateon 232, 347.
Watton 91.
Weaver 233.
Wegele, Carl 210.
Wehmer, R. 659.
Weigert 132.
Weü 267, 296.
Weinland 410.
Weintraud, W. 212, 284.
Weiss 265.
Weiss, L. 432.
Weisz 558.
Weisz, E. 164.
Welander 512, 518.
Welch, W. H. 605.
Wells, Rüssel 541.
Wendeler 38.
Wendelstadt, H. 282, 567.
Wendt 423.
Wenzel 181, 584.
Werhovsky 23, 435.
Werner 114.
Wernich 628.
Wernicke 132.
Werth 384.
Wesbrook 18.
West, S. 280.
Westermark, F. 400.
Westphalen 360.
Weygandt 438.
Weyl, Th. 626, 658,
Whatelet 12.
While, Haie 208.
White 267, 346, 480,
Wichmann 98.
Wiedehold, M. 369.
Wieland 312.
Wiemer, 0. 596.
Wiener 331.
Wiener, H. 192.
Wücox 146.
Williams 226, 357.
Williamson 110.
Williamson, R. T. 280.
Willonghby 629, 647.
Wilm 15, 629.
Wüms 31.
Wilson 476.
Winands 40.
Winckel, F. v. 379.
Winckler 562.
Windscheid 97.
Winfield 89, 254.
Wingrave 469.
Winkler 470.
Winter 461.
Wintemitz, R. 288, 562.
Wissel, E. 195.
Withington, Ch. 153.
Witkowsky 603.
Wittkowski 360.
Antorenregifiter.
WitEenhansen 136.
Wölfler 828.
Wolf 16.
Wolf. K. 86, 149.
Wolff, F. 564.
Wolff, J. 348.
Woüenbei^ 121.
Wolters 494, 498.
WoroBchÜBki. F. 6. 562.
Worotynsky 98.
Woyer, G. 377.
Wnght 248, 479, 507.
Wfirihenan, t. 609.
Würabui^, Arthur 605.
Wulff 284.
Wulkow 379.
Wunsdilieim, v. 6, 42, 535.
WurtB 266.
Wjgodzki 865.
Yonnger, K G. 588.
Zancarol 22.
Zaogger 179.
Zappert 531, 532.
Zarewicz, A. 515.
Zaufaul 17, 449.
Zechmeister 258.
Zeehoisen, H. 4. 21H. 278.
Zeisig, A. v. 286.
Zelle, H. 564.
Zeller 9, 262.
Zenker 24.
Zenker, £. 40, 190.
Zenoni 24, 27.
Zentzer, A. 402.
Zemer 1G6.
Ziegelroth 287.
Ziegenspeck, H. 40H.
Ziegler 82, 46, 318.
Ziehen 182.
Zielenziger 566.
Ziem 472.
Zienueen, v. 228, 555. 644.
Zimmermann «U5.
Zinn 250.
Zoege-Manieufpl, v. 299.
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Zülch 501.
Zuntz. N. 504. 521. 597.
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Zweifel, P. 375, 402.
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