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Full text of "Jahrbuch der praktischen Medizin. Kritischer Jahresbericht für die Fortbildung der praktischen Ärzte. .."

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p 


TZ 


JAHRBUCH 


DER 


PßACTISCHEN  MEDICIN. 


BEGRÜNDET  VON  DB.  PAUL  BÖRNER. 


UNTER  MITWIRKUNG  VON 

Dr.  Felix  Beetz  in  München,  Dr.  A/^Gzempln  in  Berlin,  Dr.  Freyhan,  Assistenzarzt  am 
Stadt.  Krankenhause  Frledrichahaln  in  Berlin,  Medicinalrath  Prof.  Dr.  Fürbringer,  Direotor 
am  stidt  Krankenhause  Friedrichshain  in  Berlin,  Prof.  Dr. Horstmann  in  Berlin,  Dr.  M.Joseph 
in  Berlin,  Dr.  H.  Koch  in  Braonschweig ,  Dr.  Lewald,  Assistenzarzt  an  der  Irrenanstalt  der 
Stadt  Berlin zn Lichtenberg, Prof. Dr.  W. F.  L o e b  1  s c h in  Innsbruck, Dr.  J. Hichaelin  Hamburg, 
FrlTatdooent  Dr.  H.Nenmannin  Berlin,  Prof.  Dr.  B 1  b  b  e  r  t  in  Zürich,  Pri  vatdocent  Dr.  T  h.  B  o  s  e  n- 
helm  In  Berlin,  Prof.  Dr.  Seeligmüller  in  Halle  a.  S.,  Privatdocent  Dr.  Maximilian  Stern- 
berg In  Wien,  Stadtphysicus  Prof.  Dr.  Strassmannin  Berlin,  Privatdocent  Dr.  Paul  Wagner 

In  Leipzig,  Reg."  und  Medicinalrath  Dr.  Wernlch  in  Berlin 


HERAUSGEGEBEN  VON 

D»  J.  SCHWALBE 

IN  BERLIN. 


Jahrgang  1896. 


« • 


STUTTGART. 

VERLAG  VON   FERDINAND   ENKE. 

1896. 


i      • 


Druck  der  Union  Deuteche  Verlagsgesellschaft  in  Stuttgart. 


Vorwort. 


Die  allseitige  Anerkennung,  welche  die  im  Vorjahre 
geschaffenen  Reformen  des  Jahrbuchs  in  der  Fachpresse  und 
beim  Leserpublikum  —  hier  namentlich  aus  dem  gesteigerten 
Absatz  des  Werkes  ersichtlich  —  gefunden  haben,  ermuthigt 
mich,  den  beschrittenen  Weg  fortzusetzen.  Gemäss  dem  früher 
entwickelten  Programm  sind  in  diesem  Jahre  noch  mehr  als 
bisher  die  practischen  Gesichtspunkte  für  die  Gestaltung  des 
Gesammtinhalts  der  Hauptabschnitte  wie  für  die  Auswahl  und 
Darstellung  der  Einzelreferate  maassgebend  gewesen.  Besonders 
in  den  Kapiteln  „Innere  Medicin**,  „Geburtshülfe,  Gynäko- 
logie" und  „Oeffentliches  Gesundheitswesen**  ist  die  Zahl  der 
besprochenen  Abhandlungen  gewachsen,  haben  die  wichtigen 
Themata  eine  eingehendere  Bearbeitung  erfahren.  Andererseits 
ist  mehr  als  im  Vorjahre  der  Ausfall  von  selbständigen  Berichten 
über  „Anatomie"  und  „Physiologie"  durch  sorgfaltige  Berück- 
sichtigung der  für  die  practische  Medicin  werthvoUen  anatomischen 
und  physiologischen  Aufsätze  im  Rahmen  der  klinischen  Referate 
compensirt  worden. 

Trotz  dieser  Erweiterung  des  Materials  ist  es  der  Redaction 
mit  dankenswerther  Unterstützung  der  Herren  Mitarbeiter  ge- 
lungen, Umfang  und  Preis  des  Jahrbuchs  auf  seinem  niedrigen 
Niveau  zu  erhalten  und  damit  jedem  Arzt  die  Anschaffung 
eines  Werkes  zu  ermöglichen,  das  nunmehr  fast  zwei  Decennien 
bestrebt  und  nach  dem  Urtheil  competentester  Pachgenossen  wohl 
geeignet  ist,  dem  Practiker  die  für  seine  Weiterbildung  nothwendige 
Bekanntschaft  mit  den  bedeutungsvollen  Fortschritten  unserer 
Wissenschaft  zu  vermitteln. 


rV  Vorwort. 

Aus  der  Reihe  der  Mitarbeiter  sind  die  Herren  Prof. 
Dr.  Kolaczek,  Prof.  Dr.  Harnack  und  Regierungs-  und 
Medicinalrath  Dr.  A.  Pfeiffer  —  zumeist  nach  langjähriger, 
sehr  geschätzter  Thätigkeit  —  ausgeschieden.  Ihre  Referate 
haben  die  Herren  Prof.  Dr.  Loebisch,  Director  des  Univer- 
sitats-Laboratoriums  fQr  angewandte  medicinische  Chemie  in 
Innsbruck,  Regierungs-  und  Medicinalrath  Dr.  Wernich  in 
Berlin  und  Privatdocent  Dr.  P.  Wagner  in  Leipzig  über- 
nommen. Der  Abschnitt  «Constitutionskrankheiten''  ist  durch 
Herrn  Priratdocent  Dr.  M.  Sternberg  in  Wien  —  an  Stelle 
von  Herrn  Dr.  Frey h an  —  bearbeitet  worden. 


Berlin,  Mitte  April  1896. 


Julius  Schwalbe. 


Inhalt. 


I. 

Allgemeine  Pathologie   und  pathologische  Anatomie   (einscbliessL 
Baeteriologie).     Von  Prof.  Dr.  Hugo  Ribbert  in  Zürich.    S.  1—46. 

I.  Allgemeine    Aetiologie,    pflanzliche    und    thierische 
Parasiten,  Infectionskrankheiten.    S.  1. 

1.  Allgemeines.    S.  1. 

1.  Morphologie  der  Bacterien.    S.  1. 

2.  Verbreitung  pathogener  Bacterien  S.  2. 

3.  Erbliche  Uebertragung  der  Bacterien.    S.  2. 

4.  Aufnahme  der  Bacterien  in  den  Körper.    S.  3. 

5.  Mischinfection    S.  3. 

6.  Disposition,  Immunität  und  Heilung.     S.  4. 

2.  Einzelne  Infectionskrankheiten.     S.  8. 

1.  Septikämie,  Pyämie  und  verwandte  Erkrankungen.    S.  8. 

2.  Tuberculose.    S.  10. 

3.  Typhus.    S.  12. 

4.  Cholera.    S.  13. 

5.  Diphtherie.    S.  16. 

6.  Influenza.    S.  18. 

7.  Tetanus.    S.  18. 

8.  Cerebrospinalmeningitis.     S.  19. 

9.  Infectiöser  Icterus    S.  20. 

10.  Gelenkrheumatismus.    S.  20. 

11.  Sprosspilze.    S.  20. 

12.  Schimmelpilze.    S.  21. 

13.  Malaria.    S.  22. 

14.  Protozoen.    S.  22. 

H.  Allgemeine  Pathologie.    S.  23. 

1.  Fieber.    S.  23. 

2.  Blut,  Thrombose,  Erabolie.    S.  24. 

3.  Entzündung.    S.  25. 

4.  Pigment.    S.  26. 

5.  Degeneration.    S.  26. 

6.  Regeneration.    S.  27. 

7.  Neubildungen.    S.  28. 

8.  Missbildung.    S.  34. 

III.  Specielle  pathologischeAnatomie  derOrgane.    S.  34. 

1.  Respirationsorgane.    S.  34. 
Anhang.    Schilddrüse.    S.  36. 

2.  Circulationsorgane.    S.  36. 
Anhang.    Milz.    S.  39. 

3.  Verdauungsorgane.    S.  39. 

4.  Hamorgane.    S.  42. 
Anhang.    Nebenniere.    S.  43. 

5.  Geschlechtsorgane.    S.  44. 

6.  Bewegungsorgane.    S.  45. 


VI  Inhalt. 

n. 

Innere  Medicin,    S.  47—297. 

I.  Krankheiten  des  Nervensystems.    Von  Professor  Dr.  Se el ig- 
in all  er  in  Halle.    S.  47. 

A.  Allgemeines  (Anatomie,  Physiologie  etc.).    S.  47. 

B.  Krankheiten  der  Centralorgane.    S.  51. 

1.  Gehirn.     S.  51. 
Allgemeines.    S.  51. 
Localisation.    S.  59. 

a.  In  der  Hirnrinde  (und  Marklager).     S.  59. 

b.  Im  übrigen  Gehirn.     S.  60. 
Hirnhäute.    S.  62. 

2.  Krankheiten  des  verlängerten  Marks.     S.  ßQ. 

3.  Krankheiten  des  Rückenmarks.    S.  68. 

a.  Anatomie.    Physiologe.     S.  68. 

b.  Allgemeine  Pathologie.     S.  69. 

c.  Verletzungen.    Blutungen.     S.  70. 

d.  Tumoren.     S.  72. 

e.  Entzündungen.     S.  73. 

f.  Syringomyelie.     S.  74. 

g.  InselfÖrmige  Sklerose.    S.  76. 
h.  Tabes.     S.  77. 

i.   Friedreich's  hereditäre  Ataxie.     S.  81. 

k.  Poliomyelitis.     S.  81. 

1.   Amyotrophische  Lateralsklerose.    S.  82. 

m.  Landry'sche  Paralyse.     S.  82. 

n.  Spastische  spinale  Paralyse.     S.  84. 

0.  Krankheiten  der  Muskeln.    S.  84. 

C.  Krankheiten  der  peripheren  Nerven.     S.  86. 

Allgemeines.     S.  86. 
Gehimnerven.     S.  90. 
Rückenmarksnerven.    S.  92. 

D.  Neurosen.     S.  93. 

Allgemeines.    S.  93. 
Epilepsie.    S.  94. 
Hysterie.    S.  97. 
Die  übrigen  Neurosen.    S.  99. 

n,  2.  Psychiatrie.    Von  Dr.   Lewald,  Assistenzarzt  an  der  Irren- 
anstalt der  Stadt  Berlin  zu  Lichtenberg.     S.  111. 
I.  Normale  und  pathologische  Anatomie.     S.  111. 
IL  Physiologie.     S.  114. 

lU.  Specielle  Pathologie  der  Psychosen.     S.  116. 
IV.  Alkoholismus  und  toxische  Psychosen.     S.  124. 
V.  Dementia  paralytica    S.  127. 
VI.  Therapie.    S.  131. 

II,  3.  Krankheiten  der  Athmungsorgane.  Von  Dr.  J.  Schwalbe 

in  Berlin.     S.  134. 

1.  Anatomie,  Physiologie,  Untersuchungsmethoden.     S.  134. 

2.  Specielle  Pathologie.     S.  137. 

A.  Krankheiten  der  Bronchien.    S.  137. 

B.  Krankheiten  der  Lungen,     S.  138. 

1.  Bronchopneumonie.     S.  138. 

2.  Acute  fibrinöse  Pneumonie.     S.  139. 

3.  Lungenschwindsucht.     S.  141. 


Inhalt.  yn 

4.  Lungeninduration.    S.  147. 

5.  Lungenabscess.    S.  148. 

6.  Lungengangrän.    S.  148. 

7.  Asthma.    S.  149. 

8.  Lungengeschwülste.    S.  149. 

9.  Lungenaktinomykose.    S.  150. 

C.  KrankheUen  des  Brustfells,    S.  152. 

1.  Pleuritis.     S.  152. 

2.  Chylothorax.    S.  154. 

8.  Pneumothorax.    S.  155. 

4.  Brustfellgeschwülste.    S.  157. 

5.  Parapleuritis.    S.  158. 

II,  4.  Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  Von  Dr.  J.  Schwalbe 
in  Berlin.     S.  160. 

Ä,  Krankheiten  des  Herzens.     S.  160. 

1.  Allgemeines.    S.  160. 

a.  Physiologie.    Untersuchungsmethoden.     S.  160. 

b.  Allgemeine  Pathologie.    S.  165. 

2.  Specielle  Pathologie.    S.  167. 

a.  Endocarditis.     Klappenfehler.     S.  167. 

b.  Herzmuskelerkrankungen.     S.  170. 

c.  Neurosen.     S.  174. 

d.  Herzsyphilis.     S.  175. 

e.  Neubildungen.     S.  176. 

f.  Paraaiten.     S.  176. 
8.  Therapie.     S.  177. 

B.  KrankheUen  des  Pericards.     S.  182. 

C,  Krankheiten  der  Gefässe,     S.  183. 

a.  Krankheiten  der  Arterien.     S.  183. 

b.  Krankheiten  der  Venen.     S.  185. 

II,  5.  Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  Von  Dr.  Th.  Rosen- 
heim, Privatdocenten  an  der  Universität  Berlin.     S.  186. 

A.  Oesophagus.     S.  186. 

B.  Magen.    S.  190. 

C.  Darm.    S.  208. 

D.  Leber.     S.  209. 

E.  Pankreas.     S.  210. 

II,  6.  Krankheiten  der  Harnorgane  (ausschliessl.  der  chirur- 
gischen und  venerischen).  Von  Medicinalrath  Prof.  Dr.  Für- 
bringer  in  Berlin.     S.  211. 

A.  Anatomie,  Physiologie,  Untersuchungsmethoden,    S.  211. 

B.  Nierenkrankheiten.     S.  215. 

a.  Allgemeine  Pathologie.     S.  215. 
Albuminurie.     S.  215. 

Blutfarbstoffe  und  andere  Stoffe  im  Urin.     S.  216. 
Hamsedimente.    S.  219. 

b.  Specielle  Pathologie  der  Nierenkrankheiten.    S.  222. 

1.  Diffuse  Nierenentzündung.     S.  222. 

2.  Nephrolithiasis.    S.  280. 

3.  Eitrige  Nephritis.     S.  232. 

4.  Tuberculose  und  Neubildung.     S.  232. 

5.  Neuralgie  der  Niere.     S.  234. 

6.  Bewegliche  Niere.    S.  234. 

C.  Krankheiten  der  Harnwege.    S.  235. 


VTTT  Inhalt. 

n,  7.  Infectionskrankbeiten.    Von  Dr.  Freyhan,  Assistenzarzt 
am  Erankenhause  Friedrichshain  in  Berlin.    S.  289. 

A.  Allgemeines.    S.  239. 

B.  Spedelles.    S.  242. 

1.  Cholera.    S.  242. 

2.  Typhus  abdominalis.    S.  246. 

3.  Typhus  exanthematicus.    8.  253. 

4.  Variola.    S.  253. 

5.  Malaria.    S.  254. 

6.  Aktinomykose.    S.  257. 

7.  Milzbrand.    S.  258. 

8.  Rotz.    S.  258. 

9.  Tetanus.    S.  260. 

10.  Erysipel.    S.  262. 

11.  Gelenkrheumatismus.    S.  263. 

12.  Lepra.    S.  265. 

13.  Dysenterie.    S.  266. 

14.  Morbus  Weilii.    S.  267. 

15.  Influenza  8.  268. 

n,  8.  Constitutionskrankheiten.  Von  Dr.  Maximilian  Stern- 
berg, Privatdocenten  für  innere  Median  in  Wien.    8.  273. 

A.  Pathologie  des  Stoffwechsels,     8.  273. 

1.  Diabetes  mellitus.    8.  273. 

2.  Diabetes  insipidus.    8.  281. 

3.  Fettsucht.    8.  281. 

4.  Gicht.    8.  282. 

B.  Pathologie  des  Blutes.    S.  287. 

1.  Allgemeines.    8.  287. 

2.  Anämie  und  Chlorose.    8.  290. 

3.  Pemiciöse  Anämie.    S.  291. 

4.  Leukämie  und  Pseudoleukämie.    8.  292. 

5.  Hämorrhagische  Diathese.    8.  294. 

C.  Allgemeine  Constitutionskrankheiten.    8.  295. 

1.  Rachitis  s.  Abschnitt  Kinderkrankheiten. 

2.  Osteomalacie.    8.  295. 

III. 

Chlnirgle*    Von   Dr.  Paul  Wagner,  Privatdocenten  für  Chirurgie  in 
Leipzig.    8.  298-358. 

I.  Allgemeine  Chirurgie.    8.  298. 

1.  Narkose  und  Anästhesirung.    8.  298. 

2.  Untersuchungsmethoden.    8.  302. 

3.  Operations-  und  Verbandlehre.    8.  303. 

4.  Verletzungen.    8.  308. 

5.  Entzündungen  und  Infectionskrankbeiten.    S.  309. 

6.  Geschwülste.    8.  313. 

7.  Instrumente  und  Apparate.    8.  316. 

n.  8pecielle  Chirurgie.    8.  317. 

1.  Krankheiten  des  Kopfes  und  Halses.    8.  317. 

2.  Krankheiten  der  Brust  und  Wirbelsäule.    8.  323. 

3.  Krankheiten  des  Unterleibes.    8.  326. 

a.  Magendarm kanal.    8.  326. 

b.  Leber,  Gallenblase.    8.  337. 

c.  Milz.    S.  338. 


Inhalt.  JX 

d.  Hamorgane.    S.  340. 

e.  Geschlechtsorgane.    S.  345. 

4.  Krankheiten  der  Extremitäten.    S.  347. 

IV. 

OebnrtBhlllfe  und  Gynfikologie.    Von  Dr.  A.  Czempin,  Frauenarzt  in 
Berlin.    S.  859—403. 

I.  Geburtshülfe.    S.  359. 

1.  Schwangerschaft,    S.  359. 

a.  Allgemeines.    S.  359. 

b.  Ex&auterinschwangerschafb.    S.  861. 

c.  Operative  Eingriffe  während  der  Schwangerschaft  S.  861. 

2.  Pathologie  und  Therapie  der  Geburt.    S.  363. 

a.  Untersuchung  der  Gebärenden.    S.  363. 

b.  Geburtscomplicationen.    S.  865. 

c.  Geburtflhülfliche  Operationslehre.    S.  369. 

1.  Fehlerhafte  Lagen.    S.  369. 

2.  Zange.  Künstliche  Frühgeburt.  Placenta  praevia.  S.  370. 

3.  Kaiserschnitt,  Porro- Operation.    S.  372. 

4.  Symphyseotomie.    S.  373. 

5.  Eklampsie.    S.  375. 

3.  Pathologie  und  Therapie  des  Wochenbettes,    S.  378. 

4.  Krankheiten  der  Neugeborenen.    S.  379. 

II.  Gynäkologie.    S.  380. 

1.  Allgemeines.    S.  380. 

2.  Specielles.    S.  383. 

a.  Aeussere  Genitalien  und  Scheide.    S.  388. 

b.  Endometrium  und  üterusparenchym.    S.  384. 

c.  Lageveränderungen  des  Uterus.    S.  386. 

d.  Das  Fibromyom  des  Uterus.    S.  388. 

e.  Das  Carcinom  des  Uterus.    S.  392. 

f.  Erkrankungen  der  Ovarien.    S.  394. 

g.  Chronisch  eitrige  Erkrankungen  der  Uterusadneza.  S.  394. 
h.  Hamfisteln.    S.  399. 

i.   Seltenere  Neubildungen :  Sarcoma  deciduocellulare,  Myoma 
sarcomatosum,  Dermoid cyste.    S.  401. 

V. 

Anpenlieilkiinde.  Von  Prof.  Dr.  C.  Horstmann  in  Berlin.  S.  404—432. 

1.  Allgemeines,  Heilmittel,  Instrumente.    S.  404. 

2.  Anatomie  und  Physiologie.    S.  408. 

3.  Refractions-  und  Accommodationsanomalieen.    S.  412. 

4.  Anomalieen  der  Muskeln  und  Nerven.    S.  414. 

5.  Erkrankungen  der  Lider,  des  Thränenapparates,  der  Orbita 
und  Nebenhöhlen.    S.  416. 

6.  Erkrankungen  der  Conjunctiva,  Cornea  und  Sclera.   S.  418. 

7.  Erkrankungen  der  Iris,  des  Ciliarkörpers,  der  Chorioidea 
(einschl.  sympathischer  Ophthalmie)  und  des  Glaskörpers. 
S.  425. 

8.  Glaukom.    S.  426. 

9.  Erkrankungen  der  Linse.    S.  427. 

10.  Krankheiten  der  Netzhaut  und  des  Sehnerven.    S.  428. 

1 1 .  Augenerkrankungen  im  Zusammenhang  mit  sonstigen  Körper- 
krankheiten.   S.  429. 


X  Inhalt. 

VI. 

OkreBkrankheiten.  Von  Dr.  H.  Eoch,  Ohrenarzt  in  Braunschweig. 
8.  433—464. 

A.  Anatomie  und  Physiologie.    S.  433. 

B.  üntersuchungsmethoden.    S.  435. 

C.  Krankheiten  des  äusseren  Ohrs.    S.  438. 

D.  Krankheiten  des  mittleren  und  inneren  Ohrs.    S.  439. 

VII. 

Krasklieiteii  der  Nase,  des  Nasenraehenrannis ,  des  Mundes,  des 
Kehlkopfs  und  der  Luftröhre.  Von  Dr.  J.  Michael  in  Hamburg. 
S.  465—485. 

1.  Allgemeines.    S.  465. 

a.  Neue  Instrumente  und  Methoden.    S.  465. 

b.  Arzneimittel.    S.  467. 

2.  Krankheiten  der  Nase  und  ihrer  Nebenhöhlen.  S.  467. 

a.  Nase.    S.  467. 

b.  Nebenhöhlen.    S.  471. 

3.  Krankheiten   des   Mundes,    des   Rachens    und   des 
Nasenrachenraums.    S.  473. 

4.  Krankheiten  des  Kehlkopfs.    S.  477. 

5.  Krankheiten  der  Luftröhre.     S.  482. 

Anhang.    Krankheiten  der  Schilddrüse  und  Myxödem.   S.  483. 

VIII. 

Hant«  nnd  renerische  Krankheiten.  Von  Dr.  Max  Joseph  in  Berlin. 
8.  486—520. 

A.  Hautkrankheiten.     S.  486. 

I.  Anatomie  und  Physiologie.     S.  486. 
n.  Pathologie  und  Therapie.     S.  487. 

1.  Entzündliche  Dermatosen.     S.  487. 

2.  Circulationsstörungen  der  Haut.     S.  492. 

3.  Progressive  Ernährungsstörungen.     S.  494. 

4.  Regressive  Ernährungsstörungen.     S.  498. 

5.  Neuritische  Dermatosen.    S.  499. 

6.  Parasitäre  Dermatosen.     S.  501. 

7.  Chronische  Infectionskrankheiten  der  Haut.     S.  502. 

8.  Therapie.    S.  503. 

B.  Venerische  Krankheiten.     S.  506. 

1.  Gonorrhoe.    S.  506. 

2.  Venerische  Helkosen.    S.  511. 

3.  Syphilis.    S.  512. 

a.  Haut  und  Schleimhaut.     S.  512. 

b.  Viscerallues.     S.  515. 

c.  Hereditäre  Lues.     S.  517. 

d.  Therapie  der  Syphilis.     S.  517. 

IX. 

Kinderkrankheiten.  Von  Privatdocent  Dr.  H.  Neumann  in  Berlin. 
S.  521—546. 

A.  Physiologie.    S.  521. 

B.  Pathologie  und  Therapie.    S.  525. 

,  I.  Krankheiten  der  Neugeborenen.     S.  525. 

IL  II.  Allgemeine  constitutionelle  Krankheiten.     S.  527. 


Inhalt  XI 

1.  Rachitis.    S.  527. 

2.  Barlow'sche  Krankheit.    S.  528. 

in.  Chronische  Infectionskrankheiten.    S.  531. 

1.  Tuberculose.    S.  531. 

2.  Syphilis.    S.  532. 

IV.  Acute  Infectionskrankheiten.    S.  532. 
Allgemeines.    S.  532. 

1.  Diphtherie.    S.  533. 

2.  Scharlach.    S.  541. 

3.  Typhus.    S.  541. 

4.  Keuchhusten.    S.  541. 

5.  Parotitis  epidemica.    S.  542. 

6.  Blennorrhoe.    S.  542. 

7.  Acuter  Gelenkrheumatismus.    S.  542. 

V.  Krankheiten  der  Circulationsorgane.    S.  542. 
VI.  Krankheiten  der  Verdauungsorgane.    S.  543. 
VII.  Krankheiten  des  Nervensystems.    S.  546. 

X. 

Klimatologie  und  Balneologie   (einschliessl.  Hydrotherapie).     Von 

Dr.  Felix  Beetz  in  München.    S.  547—564. 

Allgemeines.    S.  547. 
Klimatologie.    S.  549. 
Balneologie.    S.  555. 
Hydrotherapie.    S.  560. 

XI. 

ArEneimlttellelire  und  Toxikologie.  Von  Prof.  W.  F.  Loebisch, 
Directer  des  Üniversitäts-Laboratoriums  für  angewandte  medicinische 
Chemie  in  Innsbruck.     S.  565 — 605. 

Serumtherapie.    S.  565. 

Organotherapie  (Schilddrüsen,  Thymus,  Nierenextra  et,  Neben- 
nierenextract,  Prostata).    S.  567. 
Arzneimittel.    S.  574. 
Kohlensäure.    S.  574. 
Kali  chloricum.    S.  575. 
Jodsäure.    S.  576. 
Li^nosulfit.    S.  577. 
Sdpetrige  Säure.    S.  578. 
Borsäure.    S.  578. 
Lithiumsalze.    S.  579. 
Kalk.    S.  579. 
Arsen.    S.  580. 
Kupfer.    S.  580. 
Eisen.    S.  581. 
Asa  foetida.    S.  583. 
Atropin.    S.  583. 
Digitoxin.    S.  584. 

Ephedrin  und  Pseudoephedrin.    S.  585. 
Cytisinvergiftung.    S.  586. 
Schwammvergiftungen.    S.  586. 
Sah'genin.    S.  587. 
Papain.    S.  588. 
Cantharidin.    S.  588. 


Xn  Inhalt. 

Ürotropin  (Hexamethylenietramin).    S.  589. 

Inhalationsanästhetica  (Chloroform,  Aether,  Bromäthjl).  S.  590. 

Carbolsäure.    S.  591. 

Enterol.    S.  592. 

Creolin.    8.  598. 

Natrium  sozojodolicum.    S.  594. 

Jodoform    und   Ersatzmittel:    Airol,    Dermatol,    Europhen, 

Loretin,  Nosophen.    S.  595. 
Salophen.    S.  599. 
Phenacetin.    S.  600. 
Lactophenin.    S.  600. 
Amygdophenin.    S.  601. 
Apolysin.    S.  601. 
Citrophen.    8.  602. 
Ferripyrin.    S.  603. 
Argonin.     S.  604. 
Nikotianaseife.    8.  604. 

XU. 

Gerichtliche  Medicin.     Von  Prof.  Dr.  Fr.  Strassmann,  Director  der 
Ünterrichtsanstalt  fQr  Staatearzneikonde  in  Berlin.    8.  606—620. 

1.  Zweifelhafte  geschlechtliche  Verhältnisse.    8.  606. 

2.  Vergiftungen.    8.  607. 

3.  Andere  gewaltsame  Todesarten;  Leichenerscheinungen.   8.  612. 

4.  Zweifelhafte  Geisteszustände.    8.  618. 

Xill. 

Oeifentliclies  Gesundheitswesen.     Von  Regierungs-  und  Medicinalrath 
Dr.  Wernich  in  Berlin.     8.  621—660. 

A.  Gesundheitslehre  und  Gesundheitspflege.    8.  621. 

1.  Klima;  Luft,  8onnenlicht;  Haarbedeckung,  Kleidung.    8.  621. 

2.  Hygiene  des  Wohnens;  künstliche  Erwärmung,  Beleuchtung, 

Lüftung.    8.  624. 

3.  Reinhaltung  des  Erdbodens  in  den  Wohnplätzen  und  in  ihrer 

Umgebung.    8.  626. 

4.  Hygienische  Wasserwirthschaft.    8.  628. 

5.  Nahrungsmittel-Hygiene  und  -Beaufsichtigung.    8.  630. 

6.  Hygiene  des  schulpflichtigen  Alters.    8.  632. 

7.  Arbeiterhygiene.    8.  637. 

8.  Hygiene  des  Verkehrs,  der  Gefangnisse,  der  Krankenanstalten. 

8.  641. 

B.  Bekämpfung  der  Infectionskrankheiten.    8.  644. 

1.  Allgemeine  Maassuahmen.    8.  644. 

2.  Maassnahmen  gegen   einzelne  Infectionskrankheiten.     8.  647. 

a.  Tuberculose.    S.  647. 

b.  Diphtherie.     8.  649. 

c.  Blattern.    S.  651. 

d.  Typhusgruppe.    8.  651. 

e.  Wochenbettfieber.    8.  652. 

f.  Einige  sonstige  einheimische  Infectionskrankheiten.  8.  656. 

g.  Cholera.    S.  657. 


I. 


Allgemeine  Pathologie  mid  pathologisclie  Anatomie 

(einschliessl.  Bacteriologie). 

Von  Prof.  Dr.  Hniro  Rlbbert  in  Zürich. 

I.  Allgemeine  Aetiologie,  pflanzliche  und  thierische  Parasiten, 

infectionskrankheiten  ^). 

1.  Allgemeines. 

1.  Morphologie  der  Bacterien. 

Für  die  Morphologie  der  Bacterien  sind  die  Untersuchungen 
Bunge's  (Fortschr.  der  Med.  Nr.  26)  über  die  Bildung  der  Sporen 
von  Interesse.  Er  fand,  dass  sie  sich  aus  allmählich  grösser  werden- 
den Körnern  im  Bacterienleibe  bilden.  Sie  haben  von  vornherein 
die  bekannten  Tinctionseigenschaften.  Ihre  Entstehung  hat  mit  den 
von  Ernst  beschriebenen  sporogenen  Körnern  nichts  gemein.  Diese 
können  neben  den  in  Entwickelung  begriffenen  Sporen  vorhanden 
sein.  Verf.  wendet  sich  auch  gegen  die  Deutung,  dass  jene  Körper 
die  ZeUkeme  sein  könnten.  Er  hält  die  Auffassung  Bütschli^s, 
dass  die  Bacterien  hauptsächlich  aus  Kemsubstanz  bestehen,  für 
die  wahrscheinlichere.  Ferrier  (Archives  de  med.  exper.  Nr.  1) 
suchte  die  Natur  der  bei  so  vielen  Bacterien  vorhandenen  Cilien 
festzustellen.  Er  kam  zu  dem  Eesultat,  dass  sie  aus  Protoplasma 
bestehen  und  ausgehen  von  einem  die  Bacterien  (d.  h.  den  Kern) 
rings  umgebenden,  schmalen,  hellen  Protoplasmasaum.  Demgemäss 
können  die  Cilien  wie  die  Fortsätze  von  Amöben  eingezogen  werden, 
so  dass  sie  je  nach  den  äusseren  Bedingungen  bald  fehlen,  bald  vor- 
handen sein  können. 


Sporen- 

bildung, 

Bunge. 


Cilien, 
Ferner. 


')  Vgl«  auch  „Infectionskrankheiten",  Abschnitt  11,  7. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    I89ti. 


1 


Ribbert. 


2.  Verbreitung  pathogener  Bacterien. 

Scheiden-  Krönig  (GentralbL  f.  Bacteriol.  S.  409)  hat  aufs  neue  ünter- 

^*^^"*"*  suchungen  über  das  Vorkommen  von  Keimen  in  der  Scheide 
Schwangerer  angestellt  und  zwei  Streptokokkenarten  nachgewiesen, 
die  er  aber  als  nicht  pathogen  bezeichnet  und  die  sich  durch  anaerobes 
Wachsthum  auszeichnen.     Er  hatte   sie   bei   seinen   früheren  Beob- 

Döderlein.  achtungen  vermisst,  während  sie  von  Döderlein  gefunden  worden 
waren.  Dieser  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  10)  hält  an  seinen 
finiheren  Anschauungen  fest  (s.  dieses  Jahrb.  1895),  denen  zufolge  bei 
Veränderungen  des  Vaginalsecretes,  die  er  als  pathologische  bezeichnet 
und  die  sich  durch  schwach  alkalische  oder  neutrale  Reaction  aus- 
zeichnen,  pathogene  Keime  vorkommen  können,   während  sie  sonst 

Bacterien  rasch  abgetödtet  werden.  —  Schild  (Zeitschr.  f.  Hygiene  Bd.  19) 
der  Ne"     studirte  das  Auftreten  von  Bacterien  im  Darm  Neugeborener  und 

geborenen,  fand,  dass  sie  10 — 17  Stunden  nach  der  Geburt  sowohl  durch 
Schfld.  ^Qjj  Mund  wie  durch  den  Anus  hineingelangen.  Auch  bei  steriler 
Nahrung  und  vor  Einnahme  von  Nahrung  überhaupt  können  dem- 
nach Bacterien   im  Darm   gefunden    werden.     Verf.    isoHrte   unter 

—  im  Darm    diesen  Bedingungen  sieben  Arten.  —  Dallemagne  (Archives  de  m6d. 

DaUema«ne "'  ®^P^^'  ^^-  2)  cultivirte  die  Bacterien  des  Darmes  von  Leichen  und 
sah,  dass  die  Flora  zwar  durch  einzelne  acute  Krankheiten  beeinflusst 
wird,  indem  deren  specifische  Erreger  überwiegen,  dass  aber  bald 
das  Bacterium  coli  commune  vorherrschend  wird.  —  lieber  das 
Vorkommen  von  Staphylokokken,  Streptokokken  und  Bac- 
terium  coli  im  Blut  und   über  ihr  Erscheinen   im  Harn  machte 

-imBlut    Krauss   (Wien.   klin.   Wochenschr.  Nr.  26)  bemerkenswerthe  Mit- 

**  Kranss'"'  ^^ö^^^g®^-  ^^  ^^^^  diese  Mikroben  auch  bei  Infectionskrankheiten 
specifischer  Art  und  warnt  deshalb  davor,  aus  ihrem  Auftreten  ätio- 
logische Schlüsse  zu  ziehen.  Ihr  Vorhandensein  beweist  nur,  dass 
jene  auf  der  normalen  Körperinnenfläche  vorkommenden  Organismen 
in  das  Blut  gelangt  sind  und  mit  dem  Harn  ausgeschieden  wurden. 

3.  Erbliche  Uebertragung  der  Bacterien. 

Den  üebergang  von  Streptokokken  durch  die  Placenta 

Erbliche     aufdenPötus  der  an  Streptokokkendiphtherie  verstorbenen  Mutter 

Ueber-       beobachtete  Ricker  (Centralbl.  für  patholog.  Anat.  Nr.  2).   Er  fand 

tragung  von  ^^  Kokken  in  Placenta  und  kindlicher  Leber.     In  ersterer  Hessen 
Strepto- 
kokken,     sich  keine  deutlichen  Veränderungen  nachweisen.  —  Bar  und  R6non 

Ricker.       (Semaine  med.  Nr.  34)  wiesen  durch   Experimente  in  zwei  Eällen 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.         3 

Tuberkelbacillen  im  Nabelvenenblut  der  Kinder  tuberculöser       —  von 
Mütter  nach.  —  Freund  und  Levy  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  538)    Tuberkel- 
konnten  in   der  Milz   und  dem  Placentarblut   eines  fünfmonatlichen  Bar  u.  Bönon. 
Fötus,   der  von  einer  an  Typhus   erkrankten  Mutter  ausgestossen       —  von 
wurde,  Typhusbacillen  nachweisen.  bacilien 

Freand  u.  Levy. 
4.  Aufnahme  der  Bacterien  in  den  Körper. 

lieber  die  Aufnahme  von  Bacterien  in  den  Körper  be- 
richtete Schimmelbusch  (Fortschr.  der  Med.  Nr.  1  u.  2).   Brachte       Wund- 
er Milzbrandbacillen  und  Streptokokken  in  frische  Wunden,   so  g^j^^j^^j^j^^^' 
vermochte   eine  sorgfältige  Desinfection   derselben   die  Thiere  nicht 
mehr  zu  retten.   Die  Mikroben  wurden  also  sehr  schnell  aufgenommen. 
Schimmelbusch  und  Ricker  (ibid.  Nr.  8  f.)  verfolgten  die  Frage    Aufnahme 

genauer  und  stellten  fest,   dass  Einbringen  von  Bacterien  in    «.^«ü. 
o  7  o  Bacterien 

tiefe  Gewebswunden  von  Thieren  ein  Auftreten  derselben  in       durch 

kürzester  Zeit  in  den  inneren  Organen  zur  Folge  hat.     Eine  locale     Wunden, 
T-w     «A.         .  1  .f         in*         T'T"-»«-  -I  1         SonunnielbUBch 

Desmfection  ist  aber  nicht  überflüssig,   da  ja  die  Menge  der  über-     ^  ßicker. 

tretenden  Mikroben  bedeutungsvoll  sein  kann.  Die  Versuche  gelten 

übrigens  nur  für  ganz  frische  Wunden.  —  Achard  und  Phulpin  Postmortale 

(Archives  de  m6d.  exp6rim.  Nr.  1)  untersuchten  das  postmortale  Ein-    ^^^  Darm 

dringen  der  Bacterien  vom  Darm  aus.   In  24  von  34  Fällen  konnten         aus, 

sie  den  Uebergang  des  Bacterium  coli  vor  allem  in  die  Leber  sehr     '^p^'f*.  "* 

schnell  nach  dem  Tode  nachweisen.  —  Beco  (Annales  de  l'Institut  intravitäie 

Pasteur  Nr.  3)  wies  bei  vergifteten  Thieren  ein  Uebertreten  von  Darm-    Aufnahme 

bacterien  schon  während  des  Lebens  nach.  .  War  der  Uebertritt  beim     *^^    ®™ 

Darm, 
Tode   noch  nicht  erfolgt,   so  trat  er  nachher  nur  sehr  langsam  ein.         Beco. 

5.  Mischinfection. 

Eine   Mischinfection    von    Trichinose    und   Milzbrand   be- 
schrieb Zörkendörfer  (Zeitschr.  f.  Heilk.,  Bd.  15).    Li  vier  Fällen  Trichinose 
fand  er  neben  den  Trichinen  stäbchenförmige  Organismen,  diemorpho-  jg-t  ^       ^ 
logisch  mit  den  Milzbrandbacillen  übereinstimmten,   in  einem  Falle  zörkendöifer. 
auch  analoge,  nur  erheblich  herabgesetzte  Lebenseigenschaften  auf- 
wiesen, vor  allem  aber  in  dieser  abgeschwächten  Form  geeignet  waren, 
Immunität   gegen    wirklichen   Milzbrand   hervorzurufen.     Auch    der 
Sectionsbefund,   der   acuten  Milztumor  und  flüssige  BlutbeschaiFen- 
heit  aufwies,  sprach  fiir  Milzbrand.  —  Roger  (Semaine  m6d.  Nr.  27)    Milzbrand 

iniicirte  bei  Kaninchen  und  Meerschweinchen  gleichzeitig  Milzbrand- „     Jt. 

.    .  .  ^  ^  ProdigioBus, 

bacillus  und  Prodigiosus.   Bei  den  Kaninchen  trat  eine  deutlich       Roger, 
krankheitsverlangsamende  Wirkung  für  den  Milzbrand  hervor,   ein- 


4  Ribbert 

zelne  Thiere  blieben  am  Leben,  bei  Meerschweinchen  war  gerade 

das  Umgekehrte  der  Pall.     Man  kann  also  nicht  ohne  weiteres  von 

Milzbrand    Thier  auf  Thier,   oder  von  Thier  auf  Mensch  schliessen.  —  Beco 

st^li^i       (Centralbl.    f.    pathol.   Anat.    Nr.  16)    cultivirte    Milzbrand    und 

coccuB,      Staphylococcus  gemeinsam  und  fand  nur  eine  leicht  hemmende 

Beco.         Wirkimg  des  letzteren   auf  jenen.     Im  Mäusekörper  wuchsen  nicht 

beide  Organismen  gleich  stark.   Blieb  der  eine  im  Wachsthum  zurück, 

so  vermehrte  sich   der   andere.     Insbesondere   entwickelte  sich  der 

Milzbrand  ungehindert,  wenn  der  Staphylococcus  nur  locale  Processe 

verursachte. 

6.  Disposition,  Immunität  und  Heilung. 

Blair  In  Bestätigung    früherer  Versuche   fand  Fodor    (Centralbl.   f. 

'^^*{^®^»°«"^  Bacteriol.  Bd.   13,  S.  231),   dass  eine  künstliche  Erhöhung  der  Al- 
infectlon,    kalescenz   des  Blutes   durch  Natriumcarbonat  die  Widerstands- 
Fodor.        kraft   gegen   Milzbrand   steigert,    femer,    dass    das    Blut   inficirter 
Kaninchen  deutlich  alkalisch  ist,  wenn  die  Erkrankung  gutartig  ver- 
Temperatur  läuft,    schwach  alkalisch  bei   tödlichem  Ausgang.   —  Zeehuisen 
und         (Archiv  f.   exper.  Pathologie  Bd.  85)   prüfte  bei   Tauben   den  Ein- 
Zeehuisen.  '  ^^^s    einer    Temperaturverminderung   gegenüber   Morphin-    und 
Apomorphinver giftung.   Abkühlung  sowohl  wie  Erhitzung  hatten 
eine   deutliche  Einwirkung,   beide  modificirten  das  ELranheitsbild  in 
mannichfacher,  hier  im  einzelnen  nicht  zu  besprechender  Weise.  — 
Organ-       Pur  die  relative  UnempfangUchkeit  einzelner  Organe  suchte  Henssen 
immunität.  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17,  Nr.  12)  die  Erklärung  in  der  hemmenden 
Wirkimg  ihrer  G e web s safte.   Er  cultivirte  die  Bacillen  der  Diph- 
therie,   der   Cholera    imd  des   Typhus   auf  frischem   Saft  gesunder 
Nieren  und  beobachtete  eine  Verminderung  ihres  Wachsthums. 

Das  Kapitel  der  Immunisirung  und  Heilung  durch  Serum- 
behandlung fand  naturgemäss  eine  ausgedehnte  Bearbeitung.  Hier 
können  nur  die  wichtigeren  Arbeiten  angeführt  werden,  während 
wegen  aller  Einzelheiten  der  beim  Menschen  zur  Anwendung  ge- 
langten Serumbehandlung  auf  spätere  Abschnitte  verwiesen  werden 
Swine       muss.  —  Silberschmidt  (Annales  de  l'Institut Pasteur  Nr.  2)  machte 

plagne,  bog  s^u^ej^  ^jj^j.  ^^Swine  plague,  hog  cholera  et  pneiunoent^rite  desporcs". 

Silberachmidt.  Er  führte  diese  drei  Erkrankungen  auf  denselben  Mikroorgamsmus 
zurück,  der  nur  quantitative  Virulenzunterschiede  zeigt.  Man  kann 
Kaninchen  durch  sterilisirte  Culturen  für  die  Dauer  mehrerer  Monate 
immunisiren.  Das  Serum  dieser  Thiere  erweist  sich  ebenfalls  brauch- 
bar zur  Immunisirung,  jedoch  ist  der  Schutz  nur  ein  vorübergehender. — 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.        5 

Washburne   (Jcumal  of  Pathol.  and  Bacteriol.  Bd.  3,  Nr.  2)  fand,     Pneumo- 
dass   man  Meerschweinchen  mit  filtrirten   Culturen  von  Pnenmo-     ^^okken- 
kokken   immunisiren   kann   und   dass    das    Serum   solcher    Thiere    Washburne. 
schützende  Kraft  besitzt.  —  Calmette  (Annales  de  Tlnstitut  Pastenr    immunisi- 
Nr.  4)  stellte  fest,  dass  man  mit  Schlangengift  eine  Veränderung  ^""^  durch 
des  Serums  hervorrufen  kann,  welche  zu  einer  antitoxischen  Eigen-        g^ft, 
Schaft  desselben  für   einzelne  Infectionen  fuhrt,   so   dass  man  also      Cahnette. 
mit  solchen  Giften  bis  zu  einem  gewissen  Grade  Thiere  gegen  bac- 
terielle  Infectionen  schützen  kann.   Jedoch  tritt  auf  diese  Weise  im 
allgemeinen  keine  so  prägnante  Wirkung  ein,  wie  bei  der  specifischen 
Immunisirung.     Immerhin  würde  daraus,   wie  Verf.  betont  und  wie 
ja  auch  schon  von  anderen  Seiten  hervorgehoben  wurde,  folgen,  dass 
die  Antitoxine  nicht  durch  Vernichtung  der  Toxine  wirken,  sondern 
so,  dass  sie  den  Körper  beeinflussen  und  widerstandsfähig  machen. 
Die  therapeutischen  Maassnahmen  gehen  freilich  stets  von  einer  speci- 
fischen Wirkung  aus.  —  Mar  morek  (Annal.  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  7)    Erysipel- 

berichtete  über  seine  Methoden  und  Erfolge  mit  der  Serumtherapie     ^^^^^^ 

.  .  ^  ^  Marmorek, 

des  Erysipels.    Er  immunisirte  Pferde  durch  Injection  steigender 
Menge  von  Streptokokkenculturen  und  erhielt  nach  Monaten  bis  zu  einem 
Jahre  therapeutisch  verwerthbares  Serum.   Mit  Toxinen  der  Kokken 
allein  gelang  es  nicht,  ein  genügendes  Serum  zu  erzielen.  Zahlreiche 
Versuche  am  Menschen  schienen  ihm  die  Wirksamkeit  des  Serums  zu 
ergeben.    Wenn  auch  die  Sterblichkeit  nur  von  5  auf  3,4  ®/o  fiel,  so 
zeigten  doch  einzelne  Eälle  eine  anfallende  Besserung.   Die  Methode 
bedarf  aber  noch  der  Vervollkommnung.  —  Gromakowsky  (ibid.)  Gromakowsky. 
machte  ImmunitätgegenErysipel  durch  intraperitoneale  Inj  ection 
abgeschwächter  Culturen  bei  Kaninchen  und  fand  ihr  Serum  wirk- 
sam für  andere  Kaninchen  und  für  den  Menschen.  —  Gegen  Diph- 
therie immunisirte  Bardach   (ibid.  Nr.  1)  Hunde  durch  steigende  Diphtherie- 
Dosen  sehr  virulenter  Culturen.     Sie  rufen  eine  Angewöhnung  der    i^^^'iisi- 
Zellen  und  Production  eines  Gegengiftes  hervor,  welches  den  übrigen      Bardach. 
Organismus  widerstandsfähig  macht.  Das  Serum  immunisirter  Thiere 
verleiht  anderen  eine  sofort  eintretende  Unempfanglichkeit.  —  Die 
Serumtherapie  bei  Diphtherie  fand  im  vergangenen  Jahre 
ausgedehnteste    Anwendung.      Ihre    Resultate    finden    in    anderen 
Kapiteln    eingehende   Besprechung.      Hier  seien  nur    noch    einige 
Arbeiten    allgemeinen   Inhalts    referirt.     Johannessen    (Deutsche  Diphtherie- 

med.   Wochenschr.   Nr.  51)   verglich  die  Wirkungen  von  Diph-    »erum  und 

,  •        •        j  normales 

therieserum   und   gewöhnlichem  Pferdeserum  mit  einander      pferde- 

und  fand,  dass  nachtheilige  Wirkungen  bei  beiden  eintreten  können.      serum, 

Die  Erscheinungen  bei  der  Diphtheriebehandlung  sind  also  auf  das     °  an»©«»©»- 


Ribbert. 


Natorliche 
Immunität, 
WaBsennaim, 


Oriowski, 


Fischl  n. 
V.  WanBcbheim. 


Cholera- 
serum, 

Behring  u. 
RanBom, 


Sobeniheim. 


Serum  bei 

Milzbrand, 

Marchooz. 


Serum  überhaupt  zu  beziehen,  nicht  auf  seine  specifischen  Eigen- 
Schäften.  Man  muss  daher  danach  streben,  die  antitoxische  Wir- 
kung desselben  so  zu  steigern,  dass  nur  geringe  Mengen  erforderlich 
sind.  Das  hat  Behring  mit  Erfolg  angestrebt.  Von  Interesse  sind 
femer  mehrere  Mittheüungen  über  schützende  Eigenschaften 
des  Blutserums  bei  Individuen,  die  Diphtherie  überstanden  hatten, 
und  solchen,  die  niemals  diphtheriekrank  waren.  Wassermann 
(Zeitschr.  f.  Hygiene  Bd.  19)  beobachtete,  dass  unter  17  Kindern, 
die  niemals  Diphtherie  durchgemacht  hatten,  11  ein  stark  antitoxisches 
Serum  lieferten,  von  34 Erwachsenen  thatendas  Gleiche  28.  Wasser- 
mann betrachtet  diese  Eigenschaft  des  Serums  als  eine  erworbene. 
Orlowski  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  25)  hatte  ähnliche  Re- 
sultate. Die  antitoxische  Wirkung  des  Serums  von  Diphtherie- 
reconvalescenten  muss  daher  nur  dann  auf  das  Ueberstehen  der 
Krankheit  bezogen  werden,  wenn  sie  nachher  stärker  ist  als  vor- 
her. Escherich  theilt  im  Anschluss  an  Orlowski's  Arbeit  einen 
solchen  Fall  mit.  Eischl  und  v.  Wunsch  he  im  (Zeitschr.  f.  Heilk. 
Bd.  16)  stellten  nun  fest,  dass  die  antitoxische  Wirkung  des  Serums 
nicht  erworben,  sondern  angeboren  ist.  Sie  konnten  sie  in  dem 
der  Nabelschnur  entnommenen  Blute  Neugeborener  dadurch  leicht 
nachweisen,  dass  das  Serum  Meerschweinchen  gegen  Diphtherie- 
infection  schützte.  Es  ist  das  um  so  interessanter,  als  nach  der  all- 
gemeinen Annahme  die  natürliche  Immunität  kein  schützendes  Senun 
liefern  soll. 

Neben  der  Immunisirung  gegen  Diphtherie  und  der  Serum- 
therapie derselben  wurde  auch  die  Cholera  in  Angriff  genommen.  — 
Behring  und  Bansom  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  29)  ge- 
wannen aus  Choleraculturen  ein  heftiges  Gift,  welches  dieselben 
Erscheinungen  wie  die  lebenden  Bacillen  hervorruft,  d.  h.  zunächst 
eine  bei  starken  Dosen  rasch  vorübergehende  Temperatursteigerung, 
dann  Temperaturabfall.  Mit  diesem  Gift  gelang  es,  Meerschweinchen, 
Hammel  und  Ziegen  zu  immimisiren.  Das  Serum  dieser  Thiere 
neutraüsirte  das  Gift  und  vermochte  Thiere  gegen  eine  spätere  In- 
fection  zu  schützen.  —  Sobernheim  (Hygien.  Rundschau  S.  146) 
prüfte  das  Blut  von  Cholerakranken  auf  immunisirende  Stoffe,  indem 
er  das  Seriun  bei  Meerschweinchen  intraperitoneal  injicirte  und 
24  Stunden  später  die  Thiere  inficirte.  Es  ergab  sich  eine  in  ihrer 
Stärke  schwankende  schützende  Eigenschaft  des  Serums.  Heü- 
versuche  blieben  erfolglos.  —  Ueber  die  Serumwirkung  bei  Milz- 
brand arbeitete  Marchoux  (Annales  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  11). 
Er  immunisirte  Thiere  durch  steigende  Dosen  in  Bouillon  gezüchteter 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.        7 

Bacillen  und  prüfte  ihr  Serum.  Es  zeigte  eine  ausgesprochene  Fähig- 
keit, andere  Thiere  zu  schützen,  es  hatte  aber  auch  heilende  Wirkimgen, 
insofern  Thiere  am  Leben  erhalten  werden  konnten,  die  bereits  drei 
Tage  vorher  mit  Milzbrand  geimpft  worden  waren.  Marchoux  be- 
zieht diese  Heilung  ebenso  wie  die  Widerstcüidsfahigkeit  immuner 
Thiere  auf  eine  Steigerung  der  Phagocytose. 

Ueber    die   Bedeutung    der    Phagocytose    berichtete   Plana PhagocytoBe 
(Annales  de  l'Institut  Pasteur  Nr.  4).     Er  sah  bei  einer  Variation  *»«iR*«8cl»- 
des  Bacillus  Ghauveaui  (Bauschbrand)  ausgesprochene  Aufiiahme  der       puna. 
Bacterien  in  Zellen.     Die  eingeschlossenen  Mikroben  waren  kleiner, 
ohne  Sporen  und  ohne  farbbare  Körper.  —  Mesnil  (ibid.  Nr.  5)  prüfte  Immunität 
den  Untergang  von  Milzbrandbacillen  bei  Fröschen  und  Fischen  und   ^^^x  \^Y*" 
fand,  dass  er  durch  Phagocytose  zu  Stande  kommt.    Bei  Fröschen       thiere, 
ist  dies  auch  noch  der  Fall,  wenn  sie  bis  auf  35®  C.  erwärmt  werden.       Mesnil. 
Nach  längerer  Dauer  dieser  Temperatur  werden  aber  die  Leukocjrten 
gelähmt,  und  dann  wuchern  die  Bacillen.   Bei  der  Phagocytose  spielen 
die  Makrophagen  der  Leber  eine  grosse  Rolle;  —  Besson  (ibid.  Nr.  3)  Phagocytose 

theilte  mit,  dass  die  polynucleären  Leukocyten  die  eingeimpften  Sporen         viorion 

^^  septiQne, 

des  Vibrion  septique  aufiiehmen  und  vernichten.  —  Dagegen  be-  Besson. 
richteten  Goldscheider  und  Müller  (Fortschr.  d.  Med.  Nr.  9),  Extra- 
dass  sie  nach  intravenöser  Iniection  verschiedener  Bacterien  zwar     ceil»»i*'e 

Bacterien- 

eme  Ansammlung  von  Leukocjrten  in  den  Capillaren  verschiedener  y  er  n  ich  tun  g, 
Organe  eintreten  sahen,  dass  aber  die  Bacterien  nur  zum  kleineren  Goldscheider  u. 
Theil  von  ihnen  aufgenommen  wurden,  vielmehr  extracellular  zu  ®'' 

Grunde  gingen.  —  Metschnikoff  (Annales  de  l'Institut  Pasteur  Metschnikoff. 
Nr.  6)  wiederholte  die  Versuche  Pfeiffer's,  der  gefunden  hatte, 
dass  intraperitoneal  einverleibte  Cholerabacillen  extracellular  zu 
Grunde  gingen,  daraus  einen  Einwand  gegen  die  Phagoc3^nlehre 
abgeleitet  und  angenommen  hatte,  dass  die  Endothelen  bactericide 
Substanzen  producirten.  Metschnikoff  sah  die  extracellulare  Ver- 
nichtung ebenfalls,  aber  auch  ausserhalb  des  Körpers,  also  ohne  dass 
Endothelien  oder  lebende  Leukocyten  in  Betracht  kamen.  Er  be- 
zieht die  Erscheinung  auf  Zerfallsproducte  absterbender  Leukoc3^n. 
Sie  bildet  aber  keineswegs  die  Begel,  vielmehr  erfolgt  der  Unter- 
gang der  Bacillen  meist  durch  Phagocytose.  —  Bordet   (ibid.)  Leukocyten 

suchte  zu  eruiren,  wie  denn  die  antitoxischen  Substanzen,   also  das  «»d  Serum- 

Wirkung 
Serum,  die  Immunität  herbeiführen.     Er. fand,   dass  sie  die  Leuko-       Bordet.  ' 

cyten  durch  Chemotaxis  zu  einem  Angriff  auf  die  Bacterien  ver- 
anlassen. Die  Phagocytose  wirkt  durch  die  in  den  Zellen  befind- 
lichen bactericiden  Stoffe,  die  auch  aus  ihnen  frei  werden  und  dann 
extracellular  wirken  können.     Mit   dem  Fortfall   der   antitoxischen 


8  Ribbert. 

Substanzen  fällt  auch  die  Stimulation  der  Leukocyten  fort.  —  lieber 

die  günstige   Bedeutung  der  Entzündung  für  den  Verlauf  von  In- 

Infection    fectionen  berichtete  Cobbett  (Journal  of  Bacteriology  Bd.  3,  H.  1). 

und         Er  fand,  dass  die  Streptokokkeninfection  bei  Kaninchen  locale  volle 

Cobbett.     *  ^^^  aUgemeine  geringere  Immunität  verleiht,  auch  wenn  die  Infection 

in  der  Bauchhöhle  vorgenommen  wurde.     Wird  ein  geheiltes  Ohr 

wieder  von  neuem  inficirt,    so    entsteht    sehr  schnell  Entzündung, 

weniger  schnell  nach  allgemeiner  Immunisirung.    Diese  Entzündung 

wirkt  schützend,  sie  bringt  die  Infection  rasch  zur  Heilung.    Ueber 

den  Modus  ihrer  Wirkimg  äussert  sich  Verf.  nicht  genauer. 


2.  Einzelne  Infectionskrankheiten. 

1.  Septikämie,  Pyämie  und  verwandte  Erkrankungen. 

Die  Frage  nach  der  Verschiedenheit  oder  IdentitätderStrepto- 
strepto-     kokkenvariationen  prüfte  Petruschky  (Centralbl.  f.  Bacteriol. 
C0  0CU8,      -Q^  27  ;^i..  16)  nach  klinischen  und  bacteriologischen  Gesichtspunkten. 
Es  kann  Eiterung  imd  Erysipel  zusammen  auftreten  und  die  Unter- 
suchimg ergab,  dass  hier  Streptokokken  von  gleicher  Virulenz  vor- 
handen sind.    Durch  zahlreiche  Beobachtungen  kam  so  Petruschky 
zu  dem  Resultat  der  Zusammengehörigkeit   der  Streptokokken  ver- 
schiedener Herkunft.     Doch  ist  die  Virulenz  eine  sehr  verschiedene 
und   ausserdem  abhängig  von  der  Widerstandskraft   des  Kranken 
De  Cerenville,  und  dem  Modus  der  Infection.  —  De  Cerenville,  Tavel,  Eguet 
Tavei,        .^JJ^  Krumbein   (Annales   Suisses   des  sciences   medicales   Nr.  11) 
Krumbein,     beschrieben  eine  durch  Streptokokken  veranlasste  Enteritis,  femer 
einen   kapselhaltigen   Streptococcus  aus   einem  Abscess   und  hoben 
drittens   hervor,    dass  die   Streptokokken  verschiedenster  Herkunft 
keine  durchgreifenden  Unterschiede  zeigen  und   dass  die  Trennung 
in  solche  mit  langen  und  solche  mit  kurzen  Ketten  nicht  brauchbar 
ist.  —  Petruschky   (Zeitschr.   f.  Hyg.   Bd.  18)   betonte   ebenfalls, 
dass    Streptokokken    ausser    Eiterung    auch    Erysipel    erzeugen 
können  und  umgekehrt.  Aus  den  verschiedensten  Krankheitsprocessen 
stammend  machen   sie   am  Kaninchenohr  Erysipel,  sofern  sie  nur 
die  geeignete  Virulenz  besitzen. 

R ap Bei-  Einen  neuen  Kapselbacillus  fand  C h i a r i  (Prag.  med.  Wochen- 

^*h*'lr**  *5chrift  Xr.  24 — 27)  in  einem  Falle  von  Pyämie,  die  von  einer  Er- 
krankung des  Urogenitalapparates  ausgegangen  war.  Der  Bacillus, 
dessen    Kapselbüdung    in    den    menschlichen    Erkrankungsheerden 


Allgemeine  Pathologie,  paÜiologische  Anatomie,  Bacteriologie.        9 

hervortrat,  war  auch  für  MeerBchweinchen  und  besonders  fiir  Mäuse 
pathogen. 

Ueber  die  eiterungerzeugende  Wirkung  verschiedener  Bac- 

terien  liegen  mehrere  Mittheilungen  vor.    Bujwid  (Centralbl.  f.  Bac-     Eiterung 

teriol.  Bd.  18,  Nr.  14  u.  15)  gewann  bei  einem  an  Gonorrhoe  leidenden  durch  Gono- 

Manne  aus  vier  nach  einer  Katheterisirung  entstandenen  Abscessen       Bujwid/ 

Reinculturen  von  Gonokokken.    Auch  Ho chmann  (Deutsche  med.     Hochmann. 

Wochenschr,  Nr.  51)  sah  einen  Gonokokkenabscess. —  Küttner  (Zeit-  — durchun- 

schrift  f.  Hyc.  Bd.  19)   züchtete  aus  dem  Bauchdeckenabscess  einer   ^•t*™™*^® 

....  .  j         Mikroben, 

Frau  einendemBacterium  coli  ähnlichenMikroorganismus,  der      Küttner, 

sich  von  ihm  aber  durch  verschiedene  biologische  Eigenthümlichkeiten 
unterschied  und  subcutan  verimpft  bei  Thieren  Eiterung  erzeugte.  — 
Garten  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  41)  konnte  aus  multiplen       Garten. 
Abscessen  des  Kückens  eiues  jungen  Mannes  einen  pleomorphen,  in 
Gestalt  langer  Päden,  Kokkenreihen  und  einzelner  Kokken  auftretenden 
Mikroben  züchten.  —  Dmochowski  imd  Janowski  (Ziegler's  Bei-     —  durch 
träge  Bd.  17)  stellten  fest,  dass  der  Typhusbacillus  in  allen  thieri-     Typhus- 
schen  Geweben   Eiterung    erzeugen   kann,    dass    auch    sterilisirte  Dmochowski' u. 
Culturen  die  gleiche  Wirkung  haben  und  dass  die  Abscesse  oft  erst     Janowski, 
nach   vielen   (20)  Tagen   entstehen.     Posttyphöse   Eiterungen   sind 
daher,  wenn  sie  nur  Typhusbacillen  enthalten,   nur  aus  ihrer  Ein- 
wirkung abzuleiten.     Eine  Mischinfection  kann  erst  secimdär   ent- 
standen sein,  wie  andererseits  allerdings  auch  zu  andersartigen  Eite- 
rungen Tjrphusbacillen  hinzutreten  können.  —  Janowski  (Centralbl.      Janowski. 
f.  Bacteriol.  Bd.  17,   Nr.  22)   cultivirte   aus   einer  Parotitis  puru- 
lenta,  die  nach  eruem  abgelaufenen,  nur  aus  unbedeutenden  Residuen 
in  der  Darmschleimhaut  erschlossenen  Typhus  entstanden  war,  den 
Typhusbacillus  in  B,eincultur. 

Zeller  und  Arnold  (Virchow's  Archiv  Bd.  139)  berichteten  über  Gasbildung 
einen  Fall,    in  welchem  sich   an   ein  Gesichtserysipel   multiple^®*  ^'y*^P®^' 
Abscessbildungen  mit  missfarbener,  übelriechender  Beschaffenheit      Arnold, 
und  Gasentwickelung  angeschlossen  hatten,  die  im  Verlauf  von 
IV«  Jahren  sich  immer  wiederholten.     Neben  Streptokokken  fanden 
sich  verschiedene  Bacillen.    Die  mikroskopische  Untersuchung  stellte 
ausgedehnte,   meist  graue  und  grauschwarze,   kömige   und   diffuse 
Pigmentirung   durch   eisenhaltiges    Pigment   fest,    dessen   Färbung 
offenbar  durch  Verbindung  mit  Schwefelwasserstoff  bedingt  war.  —     ""  durch 
Hintze  (Münch.  med.  Wochenschr.   Nr.  10)    fand  in  einer  Leber,        ^^^^ 
deren  Gallengänge  viele  Steine  enthielten  und  entzündet  waren,  aus-       Hintze. 


10  Ribbert. 

gedehnte  Gasbildung.     Durch   Cultur  gewann   er  das  Bacterium 
Putride      coli.  —  Hitzig  (Virchow's  Archiv  Bd.  141)  züchtete  aus  dem  Aus- 
Bronchitis, ypxr£  bei   putrider   Bronchitis    in   zwei   Fällen  je   einen   Mikro- 
Organismus,  den  er  zu  den  Golibacillen  rechnete  und  für  den  Er- 
Bacterien    reger  der  Erkrankung  hielt.  —  Beco  (Annales  de  l'Institut  Pasteur 
in  der       jjj.  g\  prüfte  das  Vorhandensein  von  Bacterium  coli  in  der 

Leiche,  '^ 

Beco,  Milz  und  fand  dasselbe  llmal  schon  gleich  nach  dem  Tode.  Es 
musste  also  schon  während  des  Lebens  dahin  gelangt  sein.  Thier- 
experimente  ergaben  ebenfalls,  dass  das  Bacterium  coli  mit  anderen 
Arten  schon  vor  dem  Tode  in  den  Körper  eindringen  kann.  Aus 
seiner  Gegenwart  darf  demnach  nicht  zu  viel  für  seine  pathogene 
Lachowicz.  Bedeutung  geschlossen  werden.  —  Lachowicz  (Arch.  f.  Augenheilk. 
Bd.  30)  fand  bei  Untersuchung  des  Conjunctivalsecretes  in  31  ®/o 
der  Augen  zahlreiche  verschiedene,  zum  Theil  pathogene  Bacterien- 
arten.  Sie  sind  aber,  wie  Experimente  ergaben,  völlig  indifferent 
fiir  die  Augen  und  verschwinden,  künstlich  eingeführt,  schnell  aus 
dem  Gonjunctivalsack. 

2.  Tuberculose. 

Pieo-  Die  von  Coppen  Jones  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17,  Nr.  1) 

morphismuB  ^^^^  die  Morphologie  des  Tuberkelbacillus  angestellten  Unter- 

dOF 

Tuberkel-    suchungen   haben   in  Ergänzung   früherer  Beobachtungen   ergeben, 
baeiiien,     dass  ausser  den  Stäbchen  an  der  Oberfläche  der  Culturen  auch  nicht 
°"^**        septirte  und  verzweigte  Fäden  vorkommen.    Sporen  finden  sich  nicht, 
sondern  nur  sporenähnliche  Gebilde.     Verf.  sah  auch  kolbenförmige 
Gebilde,  die  denen  des  Aktinomyces  ähnlich  waren,   die  aber  nicht 
als  degenerative  Eadenanschwellungen  zu  betrachten  seien  und  noch 
weiterer  Aufklärung  bedürfen.     Immerhin  stellen  alle  Befunde  den 
Bnms,        Tuberkelbacillus  dem  Aktinomyces  sehr  nahe.  —  Auch  Bruns  (ibid. 
Nr.  23)  fand  einen  entsprechenden  Pleomorphismus  des  Tuberkel- 
hacillus  in  Culturen,  die  5 — 6  Monate  alt  waren.     Er  stellte  eben- 
falls  die  Anwesenheit  verzweigter  Fäden  fest   und   sah   auch   die 
kolbenförmigen   Endanschwellungen,    die   er  für  Involutionsformen 
Labinski.      hielt.  —  Lubinski  (ibid.  Nr.  4  u.  5)  cultivirte  den  Bacillus  auf  sauren 
Nährböden  und  constatirte,  dass  die  Culturen  sich  aus  langen  Fäden 
zusammensetzten,  die  keine  Verzweigung  und  keine  Kolben  zeigten, 
die  aber  häufig  in  Kurzstäbchen  gegliedert  waren.    Verf.  sieht  auch 
darin  einen  Pleomorphismus,  dessen   Charakter   in  diesem  Fall 
durch  das  Nährmedium  bestimmt  ist. 

Leray  (Archives  de  m6d.  exp^rim.  Nr.  5)  verglich  die  patho- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      H 

logisch-anatomischen  Veränderungen  des  Kaninchenkörpers  bei  In-  Geflügei- 
fection  mit  menschlichen  Tuberkelbacillen  und  mit  denen  der* ^''®'®'' ^***®» 
Greflügeltuberculose.  Er  fand  zahlreiche  kleinere  und  grössere 
Unterschiede,  die  er  fiir  charakteristisch  hält.  So  sah  er  in  der 
Leber  als  Wirkung  der  Geflügelbacillen  viel  BiesenzeUen  entstehen, 
im  anderen  Falle  wenig,  dort  keine,  hier  ausgesprochene  Verkäsung; 
in  der  Lunge  riefen  die  menschlichen  Bacillen  zahlreiche  Knötchen 
aus  epitheKoiden  Zellen  und  Lymphocyten  mit  Erkrankung  der 
anstossenden  Alveolen,  die  Geflügelbacillen  spärliche  Knötchen  vor- 
wiegend aus  epithelioiden  Zellen  bei  geringer  Erkrankung  der  Nach- 
baralveolen  hervor. 

V.  Jaruntowski  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  18)  berichtete       Mund- 
über  einen  Fall  von  Mundtuberculose,  die,  hinter  dem  Weisheitszahn  ***^®'®?^^"®' 
beginnend,  auf  den  weichen  Gaumen  überging.     Ihre  Genese  wurde 
von    dem    cariösen  Zahn    abgeleitet,    in  welchem   sehr   zahlreiche 
Tuberkelbacillen  nachgewiesen  wurden. 

Jäckh   (Virchow's  Archiv  Bd.   142)   machte   aufs  neue  Unter-  Tnbercnlose 
Buchungen  über  den  Bacillengehalt  der  Geschlechtsorgane         ^^^ 
durch  Impfung  bei  Meerschweinchen  und  Kaninchen  und  fand,  dass      drüsen, 
im  Sperma  Bacülen  enthalten  sein  können.    Er  hatte  dreimal  in  fünf       Jäckh. 
FäUen  positives  Resultat.     Er  schliesst  aus  anderen  Gründen,   dass 
die  Bacillen  nicht  vom  Hoden  herrühren,  sondern  aus  der  Samen- 
blasenwand.   Auch  mit  Hoden  und  Eierstock  erhielt  er  einmal  ein 
positives  Ergebniss.     Er  untersuchte  auch  die  Jungen  der  Thiere, 
die  in  jenen  Experimenten  tuberculös  geworden  waren,  aber  ohne 
Erfolg. 

Kossei  (Zeitschr.  f.  Hyg.   Bd.  21)   stellte  ausgedehnte  Unter-  Tuberonlose 
suchungen  über  das  Vorkommen   von  Tuberculose   bei  Kin-^®^  Kindern, 

KoBsel 

dern  an,  und  zwar  zunächst  an  Leichen.  Bis  zu  einem  Jahre  fand 
er  6®/o,  vom  1. — 10.  Jahre  36®/o  tuberculös.  Durch  Tuberculin- 
impAing  wies  er  Tuberculose  in  40°/o  der  Fälle  nach.  Es  ist  der 
Ansicht,  dass  die  Tuberculose  der  ersten  Lebensjahre  fast  aus- 
nahmslos erworben  wurde,  und  dringt  daher  auf  geeignete  Schutz- 
maassregeln. —  Honl  (Acad.  des  sciences,  Prag)  beschrieb  einen  Honi. 
Fall  von  Tuberculose  bei  einem  15tägigen  Kinde.  Die  hochgradige 
Erkrankung  liess  sich  nur  verstehen,  wenn  man  ihre  Entstehung 
im  intrauterinen  Leben  annahm. 


12  Ribbert. 

Tuberkel-  ObermüUer  (Hygien.  Rundschau  Nr.  19)  prüfte  die  Markt- 

bacillen     jj^^ch  auf  ihren  Gehalt   an   Tuberkelbacillen  durch   experi- 
Marktmilch,  mentelle  Uebertragung  auf  Meerschweinchen.    Unter  40  mit  VoUmilch 
Obennüller.     geimpften  Thieren  gingen  3,  unter  26  mit  Bodensatz  centrifagirter 
Milch  inficirten  10  an  Tuberculose  zu  Gh'unde.     Danach  ist  die  In- 
fectiosität  der  Marktmilch  gross  und  eine  Abwehr  der  Gefahr  be- 
sonders durch  Untersuchung  der  Kühe  dringend  geboten. 

Schwind-  Bollinger  (Münch.  med.  Abhandlungen  Heft  59)  machte  Mit- 

suchts-       theilungen  über   die  Schwindsuchtssterblichkeit  in  Städten 
sterblich-  ^ 

keit,         a-i^  der  Hand  statistischen  und  pathologisch-anatomischen  Materials. 

Bollinger.  Es  ergab  sich  übereinstimmend  eine  Abnahme  der  Sterblichkeit,  die 
Bollinger  auf  die  prophylactischen  Maassregeln  und  auf  die  Assani- 
rung  der  Städte  bezieht.  Er  stellte  dem  gegenüber  die  aus  statisti- 
schen Angaben  unzweifelhaft  folgende  ausserordentliche  Zunahme 
der  Rindertuberculose  fest,  durch  die  natürlich  eine  erhöhte  Gefahr 
für  den  Menschen  bedingt  ist. 

3.  Typhus. 

Ueber  das  Vorkommen  der  Typhusbacillen  im  Stuhle  stellte 
Typhus-      Whatelet  (Annales  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  252)  aufs  neue  Unter- 
^*  ft*^^  V."  ^™  suchxingen  an  und  bestätigte  die  Schwierigkeit  ihres  Nachweises. 
Whatelet.      Er  fand  sie  unter  600  verdächtigen  Culturen   sicher  nur  zehnmal. 
Sehr  erschwerend  ist  die  Verdrängung  des  Typhusbacillus  durch  das 
rascher  wachsende  Bacterium  coh.    Die  seltene  Auffindung  im  Stuhle 
lässt  dem  Verf.  die  schon  früher  gemachte  Annahme  wahrscheinlich 
werden,   dass   der  Typhusbacillus   sich  meist  in  Milz   und  Lymph- 
drüsen ansiedele.  —  Zur  Differenzirung  j  ener  beiden  B  acterien- 
Differential- arten  machte  Kotlar  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17)  neue  ünter- 

diagnose     guchungen.      Er    züchtete    verschiedene    Mikroben    auf    einem    mit 
zwischen  ^ 

Typhas- und  ^Aii^6assaft    versetzten    Nährboden    und    fand,    dass    dieser    eine 

Coli  bacillen,  hemmende  Wirkung  hat.     Typhus-  und  Colibacillen  wuchsen  ganz 
'       verschieden,  erstere  bildeten  fettig  glänzende,   dicksahnige,  letztere 
mattglänzende,   trockene,   faltige  Häutchen.  —  Besser  ist  das   von 
Eisner,       Eisner  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  21)  angegebene  Verfahren.    Auf  Jod- 
kalium-Klartoffel-Gelatine wuchsen  die  meisten  anderen  Bacterien 
nicht,  gut  dagegen  das  Bacterium  coli  und  der  Typhusbacillus.    Aber 
die  Unterscheidung   beider  war   dadurch  leicht,    dass   der  letztere 
erheblich  langsamer  wuchs  und  kleinere  Culturen  bildete.     Elsner 
Brieger.       empfiehlt  die  Methode  für  Typhusstühle.  —  Brieger  (Deutsche  med. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      13 


Wochenschr.  Nr.  50)  schloss  sich  dieser  Empfehlung  an  und  betonte, 
dass  man  die  Bacillen  nur,  so  lange  das  !Fieber  besteht,  regelmässig 
findet.  Damit  ist  jene  Theorie  der  primären  LocaHsation  in  der 
Milzhinföllig.  —  Tlexner  (Journal  of  Pathology  Bd.  3)  beobachtete 
einenPall  von  septikämieähnlicher  Erkrankung  nach  Typhus 
und  konnte  in  zahlreichen  kleinen  Abscessheerden  der  Nieren  die 
Tjrphusbacillen  nachweisen.  —  Die  Lebensdauer  der  Typhus- 
bacillen  im  Wasser  prüfte  Frankland  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Nr.  19). 
Er  fand,  dass  sie  sich  in  gewöhnlichem  Themsewasser  25,  in  sterili- 
sirtem  75  Tage  hielten.  Der  Grund  ihres  rascheren  Untergangs  in 
jenem  lag  in  der  Anwesenheit  schädlicher  Bacterienproducte.  In 
sterilisirtem ,  an  organischer  Substanz  armem  Wasser  gingen  die 
Bacillen  rascher  zu  Grunde. 


Typhus- 

bacillen  in 

Absoessen, 

Flexner. 


Typhus- 

bacillen  im 

Wasser, 

Fiankiand. 


4.  Cholera. 


Die  grossen  Schwierigkeiten  der  Gholeradiagnose  haben  sich  auch 

im    vergangenen    Jahre    wieder    aus    mehreren    Arbeiten    ergeben. 

R.Pfeiffer  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  19)  ist  allerdings  der  Meinung,    Diagnose 

ein   sicheres  diagnostisches  Merkmal  zur  Unterscheidung  der*®'^  Cholera, 

Pfeiffer 
echten  Cholerabacillen  von  anderen  ähnlichen  gefunden  zu  haben.  ' 

Es  beruht  auf  der  specifischen  Immunisirung,  der  zufolge  die  gegen 
den  echten  KommabaciUus  geschützten  Thiere  Antikörper  bilden, 
welche  nun  wiederum  die  Wirkung  der  gleichen,  nicht  aber  die  aller 
der  anderen  morphologisch  und  biologisch  verwandten  Arten  auf- 
zuheben vermögen.  Durch  das  Impfexperiment  würde  demnach  die 
Unterscheidung  stets  möglich  sein.  —  Bumpel  (Berliner  klin.  Kumpel, 
Wochenschr.  Nr.  4)  betonte  dem  gegenüber,  dass  nach  seinen  Beob- 
achtungen an  den  Kommabacillen  der  Hamburger  Epidemie  eine  solche 
speci fische  Immunität  nicht  zu  erzielen  resp.  nicht  sicher  genug 
sei,  da  die  geschützten  Thiere  auch  andere  Arten,  wenn  auch  weniger 
gut  vertrügen.  Auch  der  Mangel  an  Phosphorescenz  bei  den  echten 
Bacillen  träfe  nicht  immer  zu.  In  zwei  unzweifelhaften  Culturen 
trat  nach  einiger  Zeit  diese  Erscheinimg  ebenfalls  auf.  Dun  bar  Danbar, 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9)  andererseits  erhielt  wieder  die 
gleichen  Resultate  wie  Pfeiffer,  also  eine  specifische  Immuni- 
sirung. Das  Auftreten  der  Phosphorescenz  in  den  RumpeTschen 
Culturen  sei  allerdings  auffallend,  aber  man  dürfe  aus  diesen  zwoi 
Fällen  nicht  zu  viel  schliessen.  —  Sanarelli  (Annales  de  l'Institut  Sanarelli. 
Pasteur  Nr.  3)  konnte  aus  dem  Darmkanal  von  Meerschweinchen 
zwölf  Arten   von  Vibrionen  isoliren,   deren  Unterscheidung  von 


14  Ribbert 

einander  und  von  dem  echten  Cholerabacillus  nicht  möglich  war. 
Auch    die  Angabe  Ffeiffer's  über  die   specifische   Immunisirung 
konnte  er  nicht  bestätigen.     Er  fand,  dass  jene  verschiedenen  Bac- 
terien  wechselseitigen  Schutz  bedingten.    Den  Gholeratod  bezieht  er 
nicht  auf  eine  Vergi^jung,  sondern  auf  Wasserverarmung  des  Blutes. 
Diagnose    —  Andererseits    kamen  Del^pine,    Sheridan   und  Bichmond 
der  Cholera,  (Journal  of  Bacteriol.  Bd.  3,  H.  2)  zu  dem  Resultat,  dass  bei  An- 
Sheridan'      Wendung    mehrerer   verschiedener   Proben    die   Diagnose 
Eichmond,     möglich  sei  und  die  Schwierigkeiten  hauptsächlich  daraus  erwüchsen, 
dass  die  Bacillen  nach  Pathogenität  und  Giftigkeit  grosse  Varietäten 
darbieten,  so  dass  auch  solche  Bacterien  echte  Kommabacillen  sein 
könnten,  denen  einzelne  für  charakteristisch  gehaltene  Eigenschafben 
Graber.       ganz  fehlten.  —  Grub  er  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  13  u.  14) 
hat  dagegen  wiederum  in  einem  zusammenfassenden  Au&atz  die  dia- 
gnostisch en  Schwierigkeiten  hervorgehoben  und  speciell  auch 
betont,  dass  dem  von  Pfeiffer  für  entscheidend  gehaltenen  Thier- 
versuch  diese  Bedeutung  nicht  zukomme.    Er  kam  zu  dem  Schluss, 
dass  wir  zwar  wissen,  dass  Kommabacülen  die  Krankheitserschei- 
nungen  hervorrufen,    dass    wir    sie  aber  nicht   mit   Sicherheit    als 
bestimmte  Arten  diagnosticiren  können,    so   dass   wir   nicht   sagen 
können,   ob  nur  eine  Art  in  Betracht  kommt  oder  mehrere  und  ob 
unsere  einheimischen  auch  dazu  gehören. 

lieber    die    Lebensdauer    der    Kommabacillen    in    den 
LebensdaaerFäcalien  berichteten  Abel  und  Claussen  (Centralbl.  f.  Bacteriol. 

der  Komma-  g^    ^fj   jj^,  ^\      g-^  fanden,  dass  die  Vibrionen  meist  in  den  ersten 
bacillen  in  '  r^        -,  , 

Fäcaiien,    20  Tagen  ZU  Grunde  gehen,  dass  eine  längere  Dauer  zu  den  Aus- 
Abel u.       nahmen  gehört.     In  manchen  Stühlen  waren  sie  bereits  nach  1  bis 
_  jjj  *      3  Tagen  verschwunden.  —  Ho  eher  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  S.  443) 
Aqnarien,    untersuchte,  wie  lange  die  Bacillen  sich  in  Aquarien,  also  in  Ver- 
Hoeber.       hältnissen,    die  den  in  der  Natur  gegebenen  nahe  kommen,  lebend 
erhalten.     Er  fand,  dass  kein  wesentlicher  Unterschied  gegenüber 
sonstigen  Gewässern  besteht. 

Komma-  Arens   (Münch.  med.  Wochenschr.   Nr.  44)  suchte  zu  eruiren, 

**  f"^*i*"  ""^^®  ^®  Kommabacillen  sich  bei  der  Concurrenz  mit  Eäulniss- 
Arens.  '  bacillen  verhalten.  Er  fand,  dass  sie  auch  bei  höheren,  dem  Bac- 
terienwachsthum  im  allgemeinen  günstigen  Temperaturen  den  Fäul- 
msspilzen  nicht  gewachsen  sind  und  verwerthet  dieses  Resultat  für 
die  Hamburger  Epidemie,  für  dieHueppe  angenommen  hatte,  dass 
das  unreine  Trinkwasser  und  die  damalige  hohe  Temperatur  die  Ver- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      15 

mehrong  der  Kommabacillen  begünstigt  habe.  Sie  hatten  im  G-egen- 
theil  rasch  absterben  müssen.  Verf.  nimmt  aber  an,  dass  das 
schlechte  Wasser  durch  Einwirkung  auf  den  Darm  eine  Disposition 
auch  fiir  wenige  etwa  in  ihn  hineingelangende  Bacillen  geschaffen 
habe. 

Ueber   das   Verhalten   der  Kommabacillen  im  Hühnerei 
liegen  drei  Arbeiten  vor.   Wilm  (Hygien.  Bundschau  Bd.  23)  stellte      Komma- 
zunächst  fest,   dass  die  Bacillen  im  Verlauf  von   15—16  Stunden  ^*.?*"®'' \°^ 
durch  die  Schale  in  das  Ei  eindringen  können.    In  demselben  leben       wflm, 
sie  weiter  und  bilden  nach  einigen  Tagen  Schwefelwasserstoff.  — 
Dönitz  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  20)  dagegen  fand,  dass  die  Bacillen       Dönitz, 
für  sich  allein  im  Ei  keinen  Schwefelwasserstoff  erzeugen,   sondern 
dass  dieser  nur  bei  Verunreinigungen  auftrat.  —  Zu  wieder  anderen 
Resultaten  kamen  Abel  und  Dräer  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17,  Abel  u.  Dräer. 
Nr.  2  u.  3).     Sie  sahen,   dass  die  Schwefelwasserstoffentwickelung 
bald  eintritt,  bald  nicht,   auch  wenn  lediglich  Kommabacillen  vor- 
handen waren.     Gleichzeitig  können  freilich  in  beiden  Fällen  Ver- 
unreinigungen vorhanden  sein.    Die  Verschiedenheiten  der  Resultate 
hängen  entweder  von  den  Cholerabacillen  oder  von  den  Eiern  ab. 

Ueber  die  Beziehungen  der  Virulenz  zur  Giftbildung 
bei  den  Kommabacillen  stellte  v.  Dungern  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  20)  Giftbildung 
Beobachtungen  an  und  fand,    dass  die  Giftigkeit   zweier  in   ihrer  ^V^  Komma- 
Virulenz  sehr  verschiedener  Culturen  die  gleiche  war.  v.  Dongern, 

Böse  (Annales  de  Flnstitut  Pasteur  Nr.  6)  prüfte  Harn  und        Böse. 
Blut  von  Cholerakranken   auf  ihre  Giftigkeit    und   konnte   mit 
diesen  Flüssigkeiten  bei  Thieren  tödtKche  Intoxicationen  hervorrufen. 
Er  bezieht  daher  die  V7irkung  der  Cholerabacillen  auf  die  Resorption 
von  Gifben  aus  dem  Darmkanal  (im  Gegensatz  zuSanarelli,  s.  o.). 

Kempner  (Centralbl.  f. Bact.  Nr.  1) brachte  den  Cholerabacil-     Cholera- 

lus   und  das  Bacterium  coli  commune  in  Culturen  zusammen   „°'^^.  **** 

...  ,        .         Bacterium 

und  sah,  dass  kein  Antagonismus  zwischen  beiden  vorhanden  ist^  coli, 

dass  sie  vielmehr  gut  neben  einander  wachsen.     Im  menschlichen  Kempner. 
Darm  beruht  daher  das  Verschwinden  des  Bacterium  coli  nur  auf 

der  Veränderung  des  Nährbodens.  —  Levy  und  Thomas  (Arch.  f.  Cholera- 

exper.  Pathol.  S.  109)  injicirten  dieselben  Bacterien arten  gemeinsam  ^pjot^^g*^ 

bei  Thieren  und  sahen  dadurch  keine  Aenderung  in  den  Infections-  Levy  u. 

bedingungen  des  Kommabacillus.    Durch  den  Proteus  wurde  dagegen  Thomas, 
die  Disposition  für  denselben  wesentlich  erhöht. 


16  Ribbert. 

5.  Diphtherie. 

Die  Frage  nach  der  ätiologischen  Bedeutung  des  Diph- 
theriebacillus   wurde    auch  im  vergangenen  Jahre  wieder  dis- 
Aetio-       cutirt.     Hansemann  (Virchow's  Archiv  Bd.  139)   bestritt  sie   aus 
logische     verschiedenen  Gründen,  unter  anderem  wegen  der  mangelnden  Constanz 
des         der  Stäbchen,   ihres  Vorkommens  in  der  Mundhöhle  Gesunder,  der 
Diphtherie-  ungenügenden  Ergebnisse   des   Thierexperimentes  u.  s.  w.     Diesen 
HMwmi^'     Ausführungen  trat  C.Fraenkel  (Deutsche  med.  Wochenschr. Nr.  1 1 ) 
c.  Fraenkel,    ausführlich    entgegen :    Der   inconstante    Befind    der    Stäbchen   bei 
Diphtheriekranken  beruht  in   erster  Linie  auf  Mängeln   des  Nach- 
weiseverfahrens.   Es  gibt  aber  auch  Diphtherie  ohne  Bacillen ;  solche 
FäUe  müssen  von  der  Stäbchendiphtherie  getrennt  werden.   Das  Vor- 
kommen bei  Gesunden  erklärt  sich  aus  der  mangelnden  Diaposition. 
Die  Thierversuche  sind  weit  günstiger  als  Hansemann  annahm. 
Wenn  dieser  die  Serumtherapie  verwirft,  so  muss  doch  darauf  hin- 
gewiesen werden,  dass  diese  auch  ohne  Rücksicht  auf  die  Specificität 
des  Diphtheriebacillus  fortgesetzt  werden  muss,   da  sie  im  Labora- 
toriumsversuch sich  bewährt  hat. 
Deucher,  Deucher  (Correspondenzbl.   f.   Schweizer  Aerzte  Nr.  16)   be- 

richtete über  klinische  Untersuchung  von  160  Diphtherie- 
kranken.     Er  fand  die  Bacillen  in  80*^/o,   die  Fälle  von  punkt- 
förmiger  Diphtherie,    von    Angina   lacunaris,    catarrhalis    imd    die 
Streptokokkendiphtherie  mit  eingerechnet.    Er  betonte,  dass  die  echte 
klinische  Diphtherie   durch   die  Löffler'schen  Stäbchen  verursacht 
werde  und  dass  seinen  Erfahrungen  nach  die  Complication  mit  Strepto- 
kokken nicht  die  meist  angenommene  ungünstige  Bedeutung  habe.  — 
Siiberschmidt.  Silberschmidt  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  9)  wies  in  125 Fällen 
31mal  die  Löffler'schen  Bacillen  nach,   die  nur  einmal  aus- 
schliesslich vorhanden,  in  den  anderen  Beobachtungen  vor  allem  mit 
Streptokokken  vergesellschaftet  waren.     Nach  Behandlung  mit 
Serum  schwanden  die  Bacillen  nicht  sofort,   sondern  konnten  noch 
am  31.  Tage  virulent  nachgewiesen  werden.     Die  Patienten  sollten 
daher  nicht   vor  Verschwinden    der  Bacillen   entlassen  werden.  — 
Diphtherie-  Auch  Schäfer  (Brit.  medical  joum.,  12.  Januar)  fand  die  Bacillen 
^*^ii'i*"     noch   lange   nach   der   Heilung,    ebenso    Wolff  (Zeitschr.  f.  Hyg. 
Heilung,     ^^-  19),   der  sie  besonders  in  den  Nebenhöhlen  der  Nase  nachwies 
Schäfer,       (einmal  noch  121  Tage  später)   und   auf  die  Lifectionsgefahr  durch 
_t  \       das   Nasensecret    aufmerksam    machte.   —  Aas  er    (Deutsche   med. 
Oesnnden,    Wochenschr.  Nr.  22)  fand  bei  Diphtherieepidemieen  die  Bacillen  auch 
Aaser.        \^q{  Individuen   (Soldaten  und  Kindern),   die  bis  dahin  ganz 


AllgeiueiDe  Pathologie,  pathologische  Anatomie.  Bakteriologie.       17 

gesund  waren  und  es  zam  grossea  Theil  auch  blieben,  während 
andere  »päter  erkrankten.  Einmal  sah  er  auch,  dass  ein  solches 
verschont  gebliebenes  Kind  die  Diphtherie  auf  seine  Geschwister 
übertrug, 

Ueber  das    Vorkommen   der  Bacillen   in  Hautwunden 
berichteten  Schottmüller  (ibid.  Nr.  17),  der  sie  in  eioer  bösartig  Diphtharie- 
aussehenden  Wunde   der  Inguinalfalte   bei  einem  Kinde   nachwiee,      ^t,    ^°   " 
dessen  Schwester   kurz  vorher  an  Rachendiphtherie  gestorben  war     wanden, 
und  welches  die  Bacillen  auch  im  Rachen  beherbergte;  femer  Zaufal  SohottmHller, 
(Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  10),  der  die  Bacillen  in  einer  Finger- 
wunde eines  an  Diphtherie  gestorbenen  Kindes  culturell  und  mikro- 
skopisch auffand. 

Was  die  Biologie  der  Diphtheriebacillen  angeht,   so 
stellte  Abel  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17,  Nr.  16)  fest,   dass  sie  Diphtherie- 
sich  in  Winterkälte  mehrere  Monate  lang  Im  Freien  halten  können,  Jl."''"""*" 
jedoch   ist  ein  schädigender  EinHuss   der  Art  bemerkbar,   dass   sie         ^^1,^1, 
in    dünner  Schicht  etwa  in   zwei  Monaten  absterben  und  wohl  nie- 
mals  einen  ganzen  Winter  aushalten  würden.  —   Demetriades        —in 
(Archives  de  m6d.  expör.  Nr.  &)  stellte  fest,  dass  die  Diphtherie-    p^*^^' 
bacillen  in  sterilisirtem  Wasser  nach  Verlauf  einer  grösseren 
Reihe  von  Tagen  absterben,  in  destillirtem  Wasser  rascher  als  in 
Quellwasser,  dass  auch  die  noch  lebenden  sehr  schnell  eine  Einbusse 
an  Virulenz  erfahren ,  dass  sie  diese  aber  in  geeigneten  Nährböden 
rasch  wieder  gewinnen. 

Die  anatomischen  Veränderungen  der  verschiedenen 
Organe    bei    Diphtherie    untersuchte    Katzenstein    (Münch.  Organe  bei 
med.  Abhandl.  H.  62).    Er  fand  im  Herzen,  in  der  Leber  und  Niere  Diphth«';!«, 

Kstzanstein, 
neben  weniger  wichtigen  Abnormitäten  trübe  Schwellung  und  fettige 
Degeneration,  also  Veränderungen,  die  auch  bei  anderen  Infectionen 
entstehen   und    auch   schon   früher    beschrieben   worden    sind.      Die 
Serumbehandlung  hatte  auf  die  Organbefunde  keinen  Einilusa,  weder 
einen  ungünstigen,  noch  einen  günstigen.  —  v.  Kahlden  (Centralbl.  Organe  bei 
f.  path.  Anat.  Bd.  6,  S.  122)  experimentirte  über  die  Wirkung  des  "*P,"^^.*"' 
Serums   auf  gesunde  Thiere  und  stellte  fest,   dass  es  auch  in    injection, 
weit  grösseren  Dosen,   als  sie  beim  J1i'iisi1ip:ii  aiiHOweiiiiet  wenieii,     '■  Ko.1jW^ii, 
keine  Erkrankung  bedingt,   insbesondiir  ini 

Lemoine  (Annales  de  l'Institut  P^i^toiu'  Nr.  12)  u 
grosse  Reihe  nicht  diphtheritischer  AiigtLien  i 
Streptococcus.     Da    er    aber    auch    aln   allei 
typischer  pseudomembranöser  Angina  gefunden  viir 
der   echten   Diphtherie   auch    eine   Stroptokokl 
JtÜDbach  der  practiaohen  HedJein.    IBSS. 


18 


Ribbert. 


Strepto- 

kokken- 

diphtherie, 

Ricker. 


scheiden.  Verf.  hofft  von  dem  Streptokokkenserum  günstigen  Einfluss 
auf  solche  Fälle.  —  Ricker  (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  Nr.  2)  unter- 
suchte einen  Pall  ausgesprochenster  weitverbreiteter  Diphtherie  bei 
einer  Erwachsenen,  ohne  irgendwo  Diphtheriebacillen  finden  zu  können. 
Dagegen  wies  er  ausserordentlich  zahlreiche  Streptokokken  nach; 
er  betont  daher  die  grosse  Bedeutung  und  das  häufige  Vorkommen 
dieses  Mikroorganismus  bei  Diphtherie. 


6.  Influenza. 

Eine  ausfuhrliche  Auseinandersetzung  über  die  anatomischen 
Patho-       Veränderungen  bei  Influenza  lieferte  Kuskow  (Virch.  Arch. 

logische     ß^  ji^gm      jjj.  theilte   die  anatomischen  Befunde  in  hämorrhagische 
Anatomie  ,     ,  ... 

der         ^^d  pyämische.   Charakteristisch  erschien  ihm  die  massig  vergrösserte 

Influenza,    oder  nicht  vergrösserte,  weiche  Milz  mit  schmutzig  violetter  Pulpa, 

US  ow.      Extravasaten  und  Nekrosen,  albuminöse  Trübung  von  Herz,  Leber, 

Nieren,  Hyperämie  der  B.espirationsschleiinhäute  imd  der  Lungen 

mit  Hämorrhagieen,  Thrombenbildung  u.  s.  w. 

Gehirn-  Nauwerck    (Deutsche    med.   Wochenschr.   Nr.  2B)    berichtete 

erkrankung^^^j.  zwei  Fälle  von  Erkrankung  des  Gehirns  bei  Influenza. 

bei  .  ° 

Influenza,   In  dem  einen  handelte  es  sich  um  multiple  Erweichungsheerde ,   in 

Nanwerck,     ^em   anderen   um   einen  hämorrhagischen  Heerd.     In  dem  zweiten 

konnten  durch  Cultur  und  mikroskopische  Untersuchung  Influenza- 

baciUen  nachgewiesen  werden,  so  dass  man  diese  Gehimerkrankungen 

nicht  mehr  als  durch  Toxine  bedingt  ansehen  darf.    Verf.  fragt,  ob 

nicht  auch  eine  Influenzaencephalitis  möglich  sein  würde,  ohne  dass 

an  der  Eintrittspforte  eine   Organveränderung  entstände.     Er  hält 

seine  Befunde   für   besonders   wichtig,  weil   der   erste  Beobachter 

Pfuhl.        Pfuhl  unter  ungünstigen  Verhältnissen  gearbeitet  hatte  und  seine 

Befunde  daher  nicht  nach  allen  Richtungen  gesichert  seien.    Pfuhl 

(ibid.  Nr.  29)    selbst   aber   betont,    dass    seine   früheren   Resultate 

durchaus  unzweifelhaft  gewesen  seien. 


7.  Tetanus. 

Den  Einfluss  des  Sonnenlichtes  auf  die  Tetanus- 
Einfluss  desbacillen  prüfte  Wesbrook  (Journal  of  Pathology  Bd.  3).  Erfand, 
dass  die  Bacillen  unter  ihm  rasch  absterben,  dass  aber  die  Anwesen- 
heit des  SauerstoflPs  dabei  erforderlich  ist.  Vor  der  endgültigen  Ver- 
nichtung der  Bacülen  durch  das  Licht  erfolgt  eine  Aufhebung  ihrer 
Pathogenität,  während  die  Sporen  noch  lebensfähig  sind  und  in  ge- 
eigneter Weise  cultivirt  ihre  Virulenz  wiedererlangen.  —  Ausgedehnte 


Sonnen- 

liohtes  auf 

Tetanns- 

bacillen, 

Wesbrook. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       19 


Studien  über  Tetanus  machte  Babes  (Annales  de  Bukarest).    Ueber  Virulenz  der 
66®  C.  erwärmte  Bacillen  verlieren  ihre  Virulenz,  erlangen  sie  aber     Tetanus- 

.  .  bacillen, 

bei  Weiterzüchtung   wieder.     Sie  wachsen   im  Körper  nur  an  der        Babes. 

Infectionsstelle  und  wirken  durch  ein  Gift.  Mit  Theilen  der  ver- 
schiedensten inneren  Organe  inficirter  Thiere  lässt  sich  bei  anderen 
kein  Tetanus  hervorrufen.  Jodlösung  ist  zuweilen  geeignet,  Tetanus 
bei  Hunden  zu  heilen.  Das  Serum  solcher  Thiere  hat  immunisirende 
Eigenschaften.  Auch  mit  dem  Tetanustoxin,  welches  mit  Jod  be- 
handelt wurde,  kann  man  Immunität  erzielen.  Das  Serum  der  natür- 
lich immunen  Hühner  hat  in  grossen  Mengen  eingeführt  schützende 
Kraft. 

Ueber  die  Aetiologie  des  rheumatischen  Tetanus  be- 
richteten Carbone  und  Perrero  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  18,  Nr.  7). 
Sie  fanden  bei  einem  an  ihm  zu  Grunde  gegangenen  Manne  starken 
Bronchialkatarrh.  Mit  dem  Secret  versuchten  sie  bei  Mäusen  Tetanus 
hervorzurufen.  Die  Culturen  ergaben  einen  anaerobiotisch  sehr  lang- 
sam wachsenden  Bacülus.  Bei  Luftzutritt  wuchs  er  lebhafter.  Die 
Virulenz  des  Bacillus  ist  unter  der  letzteren  Bedingung  geringer  imd 
Verff.  denken  daran,  ob  nicht  dieser  Umstand  die  verhältnissmässige 
Gutartigkeit  des  rheumatischen  Tetanus  erklären  könne.  —  Auch 
Kamen  (ibid.  Nr.  17  u.  18)  untersuchte  einen  solchen  Fall.  Ihm 
fiel  bei  der  Section  nur  eine  Kothstauung  im  Dickdarm  auf.  Er 
glaubte  hier  die  Infectionsstelle  finden  zu  sollen,  aber  Infection  und 
Cultur  gelang  nicht.  Es  bleibt  daher  fraglich,  ob  von  den  im  Darm 
mikroskopisch  nachgewiesenen  Köpfchenbacterien  die  Erkrankung 
ausgegangen  war. 


Bheuma- 

tisoher 

Tetanus, 

Carbone  u. 

PeiTero, 


Kamen. 


Jaeger, 


8.  Cerebrospinalmeningitia. 

Jaeger  (Zeitschr.  f  Hyg.  Bd.  19)  war  in  der  Lage,   10  Fälle Dipiococcus 

von  Meningitis  anatomisch  imtersuchen  zu  können.    Er  fand  in  dem       .f  ,'"**. 
^  .  cellularis 

bald  spärlichen,  bald  reichlichen  Exsudat  innerhalb  der  Zellen  emen         bei 

Dipiococcus,  der  mit  dem  Fraenkel'schen  Aehnüchkeit  hat,  aber  Meningitis, 

sich  durch  verschiedene  Merkmale  so  unterscheidet,  dass  er,  wie  es 

auch  schon  Weich  sei  bäum  gethan  hat,  als  eine  besondere  Species, 

Dipiococcus   intracellularis,    angesehen    werden    darf.      Er 

bildet  in  Culturen  kürzere  oder  längere  Ketten.    Verf.  hält  ihn  für 

den  Erreger  der  Cerebrospinalmeningitis.    Der  Dipiococcus  Fraenkel 

kann  gleichzeitig  vorhanden  sein.  —  Scherer  (Centralbl.  f.  Bacteriol. 

Bd.  17)  fand  den  Dipiococcus  intracellularis   ebenfalls,   und 

zwar  in  18  Fällen  regelmässig.   Er  liegt  in  den  Zellen  so,  dass  die 


Scherer. 


20 


Ribbert. 


Bilder  Aehnlichkeit  mit  denen  der  Gonorrhoe  gewinnen,  bei  welcher 
ja  die  Kokken  die  gleiche  Lagerung  aufweisen.  Sc  her  er  meint, 
dass  die  Infection  von  der  Nase  aus  erfolge  und  dass  weisse  Blut- 
körper die  Träger  des  Virus  seien. 


Fieberhafter 

Icterus, 

Banti, 


Jaeger, 


Banti. 


9.  Infectiöser  Icterus. 

Banti  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31)  fand  in  einem  Fall 
von  leichtem  fieberhaften  Icterus  in  dem  durch  Function  ge- 
wonnenen Milzblute  eine  bestimmte  Bacterienart ,  ein  kleines,  in 
Scheinfäden  auftretendes  Stäbchen,  welches  pathogene  Eigenschaften 
hatte,  sich  aber  mit  keinem  bekannten  Mikroorganismus  identificiren 
liess.  Banti  hält  das  Bacterium  daher  für  eine  besondere  Species  und 
nennt  es  Bacillus  icterogenes  capsulatus.  Dem  gegenüber 
meinte  Jaeger  (ibid.  Nr.  40),  dass  das  Stäbchen  vielleicht  mit  einer 
Proteusart  identisch  sei,  welche  er  als  Erreger  des  fieberhaften 
Icterus  angesprochen  hatte.  Aber  Banti  (ibid.  Nr.  44)  bleibt  bei 
seiner  Auffassung  stehen,  zumal  in  seinem  Falle  nicht  dieWeil'sche 
Krankheit,  sondern  ein  leichter  Icterus  vorgelegen  habe. 


10.  Gelenkrheumatismus. 

Kokkenim  Singer    (Wien.    kUn.    Wochenschr.    Nr.  25)    imtersuchte    bei 

Harn  bei     j^y  Fällen  von   acutem  Gelenkrheumatismus  den  Harn  und  fand  in 
Oelenk- 

rhenmatis-  ihm  regelmässig  Bacterien,  zehnmal  Staphylococcus  albus  und  in 
™^8,  den  anderen  Fällen  Staphylococcus  aureus  und  Streptokokken.  Er 
bringt  diese  Befunde  mit  der  Aetiologie  der  GelenkafFection  in  Zu- 
sammenhang. —  Dem  gegenüber  machte  Chvostek  (Wiener  klin. 
Wochenschr.  Nr.  40)  auf  die  Fehlerquellen  der  Untersuchungen 
Singer's  auftaerksam  und  verwies  auch  auf  die  oben  (S.  2)  referirte 
Arbeit  von  Kr  aus  s,  der  dem  Befund  von  Bacterien  im  Harn  keine 
Beweiskraft  beilegte.  Er  selbst  hatte  in  10  Fällen  bei  Untersuchung 
des  Gelenkinhaltes  ein  völlig  negatives  Resultat  und  meint  daher, 
dass  die  Gelenkerkrankung  durch  Toxine  verursacht  werde,  welche 
in  die  Gelenkhöhlen  ausgeschieden  würden. 


Singer. 

Uelenk- 

inhalt, 

Chvostek. 


Soor, 
Heller. 


11.  Sprosspilze. 

Ueber  den  Soor  machte  Heller  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med. 
Bd.  5B)  neue  Mittheilungen.  Er  beobachtete  in  17  Fällen  ein  Ein- 
dringen der  Fäden  in  das  Bindegewebe  und  12mal  ein  Einwachsen 
in  die  Blutgefässe,  in  denen  sie  oft  Thrombosen  hervorrufen.     Von 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       21 

hier  aus  können  sie  metastatisch  verschleppt  werden.  Es  scheint, 
dass  der  Soor  für  sich  allein  Epithelnekrose  hervorruft,  ob  er  aber 
auch  allein  für  sich  oder  nur  mit  Eitermikroben  Abscesse  erzeugt, 
ist  noch  unentschieden. 

Mehrere  Arbeiten  beschäftigen  sich   femer  mit  pathogenen 

Sprosspilzen  (Blastomyceten).  Busse  (Virch.  Arch.  Bd.  140)  hatte  Pathogen  er 

in    einem   tumorähnlichen   Granulationsprocess    des   Unterschenkels  Sprosspilz, 

Busse 
Hefepilze  aufgefunden,   deren  Züchtung  ihm  gelang.     Die  Patientin 

ging  nach  längerer  Zeit  an  multiplen  Abscessen  zu  Grunde,  in  denen 
die  Pilze  gleichfalls  gefunden  wiu'den.    Thierversuche  bestätigten  die 
pathogene  Eigenschaft  des  Mikroorganismus.    Es  fehlt-  aber  der  Be- 
weis,  dass   er  der  alleinige  Erreger  der  menschlichen  Erkrankung 
war.  —  Maffucci  und  Sirleo  (Centralbl.   f.   pathol.  Anat.   Nr.  8)     Maflhicci  u. 
fanden  bei  Meerschweinchen  einen  pathogenen  Blastomyceten,   der        Sirleo, 
geschwulstähnliche  Granulationsneubildungen  hervorrief,  in  den  Zellen 
und  ausserhalb  lag  und  bis  zu  den  nächsten  Lymphdrüsen  gelangte.  — 
Sanfelice  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  21)  züchtete  ebenfalls  eine  pathogene     Sanfelice, 
Blastomycetenform.    Bei  Meerschweinchen  erzeugte  sie  tumorähnliche 
Entzündungsheerde,  die  Sanfelice  ohne  weiteres  Geschwülste  nennt. 
Er   ist   der   Meinung,    dass    damit    die   Carcinomparasiten   überein- 
stimmten, die  bisher  fälschlich  für  Sporozoen  gehalten  worden  seien.  — 
Rabinowitsch  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  21)  konnte  sieben  Hefearten  Rabinowitsch. 
verschiedener  Herkunft  cultiviren,  die  für  Thiere  pathogen  waren.    Sie 
vermehrten  sich  in  den  Organen  und  liessen  sich  in  Ausstrichpräparaten 
leicht  von   den  Gewebszellen  unterscheiden.    Ihre  Wucherung  hatte 
aber  niemals  die  Bildung  von  Tumoren  zur  Folge. 

12.  Schimm'elpilze. 

In  der  wallnussgrossen  Höhle  der  Lungenspitze  einer  an  Bronchi- 
ektasie   leidenden   Frau   fand   Podack    (Virchow's  Arch.  Bd.  139)  Aspergillus 
mehrere  Pfropfe,  die  sich  aus  einem  Geflecht  von  Mycelfäden  und      Lunge 
bräunlichen  Fruchtkörpern   zusammensetzten.     Die  Züchtung   ergab       Podack. 
Aspergillus  fumigatus.    Die  in  jener  Höhle  bestehende,  in  den 
übrigen  fehlende  Ulceration  möchte  Verf.  als  die  Wirkung  des  Pilzes 
betrachten.  —  Hollborn  (Centralbl,  f.  Bacteriol.  Bd.  18)  glaubte  die  Area  Celsi, 
Ursache  der  Area  Celsi  in  einem  Fadenpilze  finden  zu  sollen,  dessen      'lo^oo™- 
Züchtung  ihm  gelang  und  der  mit  dem  Trichophyton   des  Herpes 
tonsurans  Aehnlichkeit  hat.     Er  nennt  ihn  Trichophyton  radens. 


22 


Ribbert. 


13.  Malaria. 

Tropische  Von   der   Scheer   (Virchow's  Arch.  Bd.  139)    unterschied  bei 

Malaria,     Untersuchungen  über   die  tropische  Malaria   zwischen  grossen 
von  der  Scheer.  t        ?  .  ■•  ^ii   •  t  .t 

Flasmodien  der  tertianen  und  quartanen  und  kleinen  der  quotidianen 

Formen.  Er  hält  die  letzteren  für  die  malignen,  beide  Formen  aber 
Beri-Beri,  für  gut  unterscheidbare  Species.  —  Glogner  (ibid.  Bd.  14)  konnte 
aiogner.  ^  vielen  FäUen  von  Beri-Beri  im  Milzblut  pigmentirte  Gebilde 
nachweisen,  die  mit  den  Malariaplasmodien  grosse  Aehnlichkeit  haben, 
sich  aber  doch  in  bestimmter  Weise,  durch  frühzeitige  und  charakte- 
ristische Pigmentirung  und  extraglobäre  Lagerung,  von  ihnen  unter- 
scheiden. In  mehreren  Fällen  fand  er  auch  Malariaplasmodien.  Jene 
Gebilde  hält  er  für  die  Ursache  der  Beri-Beri. 


14.  Protozoen. 


Gasser, 


Ueber  die  Aetiologie  der  Dysenterie  und  der  mit  ihr  ver- 
Amöben bei  bundenen  Leberabscesse  liegen  mehrere  Mittheilungen  vor.  Celli 
c^m  r^oc'^  und  Fiocca  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  17,  Nr.9  u.  10)  haben  62  Fälle 
tropischer  Dysenterie  untersucht  und  bei  ihnen  nur  zum  Theil 
Amöben  gefunden.  Ihr  Vorkommen  erklärt  sich  aus  ihrer  grossen 
Verbreitung.  Sie  kommen,  wenn  auch  weniger  häufig,  im  Darm  von 
Gesunden  vor.  Durch  Dysenteriestuhl  kann  man  bei  Katzen  amöben- 
freie Dysenterie  erzeugen.  Aetiologisch  bedeutsam  ist  vielleicht  das 
Bacterium  coli  in  einer  Varietät.  —  Auch  G  a  s  s  e  r  (Archives  de 
m6d.  exper.  Nr.  2)  studirte  153  FäUe  und  beobachtete  nur  in  der 
Hälfte  Amöben.  Er  fand  sie  häufig  auch  bei  Gesunden.  Bei  Katzen 
vermochte  er  dysenterieähnliche  Processe  durch  Injectionen  von 
sterilem  Sand  in  das  Rectum  hervorzurufen.  —  Leahy  (Lancet,  April) 
imd  Curnow  (ibid.,  Mai)  andererseits  constatirten  in  je  einem  Falle 
in  einem  Leberabscess  grosse  Mengen  lebender  Amöben,  während 
Zancarol  (Progr^s  medic.  Nr.  24)  wiederum  sich  gegen  die  Amöben 
aussprach  und  Streptokokken  als  die  Erreger  betrachtete.  —  Auch 
Babes  (Annales  de  Bukarest)  stellte  fest,  dass  in  den  von  ihm 
untersuchten,  der  tropischen  Dysenterie  sehr  ähnlichen  Fällen  von 
Enterohepatitis  suppurativa  die  Amöben  sehr  häufig  fehlten,  und  zwar 
im  Darm  sowohl  wie  in  den  Leberabscessen.  In  mehreren  Fällen 
fand  er  einen  bestimmt  chrakterisirten  stäbchenförmigen  Organismus. 
Er  sprach  sich  gegen  die  Amöben  aus  und  für  die  Bedeutung  jener 
Stäbchen  in  vielen  Fällen. 


Leahy  u. 
Camow, 


Zancarol, 


Babes. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      23 

Podwyssozki  (Bibliotheca  med.  D.  H.  4)  suchte  die  Ent-  Cocoidium, 
wickelungsgeschichte  des  Coccidium  ovi forme  und  sein  Ver-  Podwyssozki. 
halten  als  Zellschmarotzer  genauer  festzustellen.  Er  beschrieb  be- 
sonders genau  die  Sporulation  und  betont  die  Aehnlichkeit  der  dabei 
von  ihm  gesehenen  Gebilde  (Sporozoiten)  mit  den  Dingen,  die  man 
in  Carcinomen  als  Parasiten  beschrieben  hat  und  die  Verf.  eben 
auch  als  solche  anspricht  (s.  unter  Neubildung). 

Ad.  Schmidt  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  51)  gelang  es,  im      Tricho- 
Auswurf  dreier  Patienten   (mit  Keklkopfcarcinom,    Lungengangrän,    j^^V^^\. 
Bronchiektasie)  Trichomonaden  nachzuweisen. 

Pick  (Berl.  med.  Wochenschr.  Nr.  22)  wandte  sich  gegen  eine  Amöben  bei 
Mittheilung  Doria's,  der  zufolge  die  Endometritis  glandularis  durch         J*  .f.' 
Amöben  veranlasst  sein   sollte.     Er  wies  nach,   dass  die  fraglichen        piok. 
Amöben  degenerirte  Epithelien  sind. 


II.  Allgemeine  Pathologie. 

1.  Fieber. 

Krehl  (Arch.  f.  experim.  Pathol.  Bd.  35)  stellte  zahlreiche  Ex-      Fieber- 
perimente  über  die  fiebererzeugende  Wirkung  verschiedenster  «^^«««ang, 
Substanzen  (Bacterien  und  ihre  Gifte,    die  in  Form  der  abge- 
tödteten  Culturen  angewandt  wurden,  Eiweisskörper,  Enzyme,  Bouil- 
lon, Leucin,   Harnstoff  u.  s.  w.)   bei  verschiedenen  Thierarten  an. 
Bei  Vögeln   und   beim  Igel  konnte  überhaupt  kein  Fieber  hervor- 
gerufen werden.     Die   anderen  Thiere  reagirten  derselben  Substanz 
gegenüber  in  sehr  wechselnder  Weise.    Eine  bestimmte  Anschauung 
über  den  Charakter  der  in  den  EiweisskÖrpem  temperatursteigemd 
wirkenden  Substanzen  wurde  nicht  gewonnen.    Bemerkenswerth  war, 
dass    im   allgemeinen   die   bereits   zu   Versuchen   benutzten   Thiere 
leichter  reagirten  als  frische.  —  Werhovsky  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  18)      0 r g an- 
machte Untersuchungen    über   die  Wirkung    erhöhter    Eigen-    ®V*5*1J^"^ 
wärme  auf  den  Organismus.     Die  höhere  Temperatur  wurde  durch    werhovsky. 
Aufenthalt  der  Versuchsthiere  im  Wärmekasten  hervorgerufen.     Sie 
bewirkte   als  wichtigste  Erscheinungen  Siderosis   der  Milz,    Hämo- 
globinverlust des  Blutes,  Kemverlust  der  Nierenepithelien,  Verfettung 
der  Leber-,    Herz-  und  Nierenzellen.     Verf.   meint,    wegen  dieser 
Folgezustande  könne  das  Fieber   keine  zweckmässige  Erscheinung 
sein.     Er  hebt  aber  femer  hervor,    dass  er  die  Veränderungen  der 


24 


Ribbert. 


Gewebe  bei  Infectionskrankheiten  nicht  auf  das  Fieber  allein  be- 
ziehen will,  sondern  dass  hier  auch  die  bacteriellen  Gifte  in  Betracht 
kommen. 

2.  Blat,  Thrombose,  Embolle. 

Kotfae  Blut-  Hamburger  (Virch.  Archiv  Bd.  141,   S.  230)  machte  auf  die 

kdrperehen,  ausserordentlich  leicht  eintretende  Formveränderung  der  rothen 
Blutkörperchen  aufmerksam.  Auch  in  der  sog.  physiologischen 
Kochsalzlösung  verlieren  sie  ihre  biconcave  Gestalt  und  werden  rund. 
Weisse  Bla^  Doch  kann  eine  Rückkehr  in  die  normale  Form  eintreten.  —  Botkin 
körperchen,  ({bj^)  gtudirte  die  Art  des  extravasculären  Unterganges  der 
weissen  Blutkörperchen  und  fand,  dass  derselbe  nicht  in  einem 
plötzlichen  Tode  besteht,  sondern  langsam  und  unter  verschieden- 
artigen Veränderungen  des  Zellkörpers  erfolgt.  Verf.  vergleicht  die 
Befunde  mit  den  Zerfallsprocessen  im  lebenden  Blut  und  findet  eine 
weitgehende  Uebereinstimmung.  —  Zenoni  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  16) 
entzog  dem  Blut  durch  Defibrination  seine  weissen  Blutkörper  und 
studirte  das  Wiederauftreten  derselben  an  dem  wieder  in  den  Körper 
eingeführten  Blut.  Er  fand,  dass  hierbei  keine  Leukocytenform  vor 
den  anderen  prävalirt,  dass  also  die  polynucleären  nicht  aus  den 
mononucleären  hervorgehen,  sondern  selbständig  entstehen.  Die 
grossen  mononucleären  scheinen  sich  aus  den  kleinen  zu  entwickeln. 


Zenoni. 


Blut- 
gerinnung, 
Zenker. 


Die  intravasculäre  Blutgerinnung  macht  K.  Zenker 
(Ziegler's  Beitr.  Bd.  17)  zum  Gegenstand  seiner  Untersuchungen, 
über  die  nach  dem  Tode  des  Verf. 's  Haus  er  berichtete.  Er  be- 
stätigte des  letzteren  Beobachtungen,  dass  die  Fibrinabscheidung  in 
Abhängigkeit  steht  von  dem  Freiwerden  eines  Fibrinfermentes  aus 
Zellen.  Als  solche  wirken  vor  allem  die  Endothelien,  von  denen 
die  Fibrinfaden  ausstrahlen.  Ausserdem  sah  Zenker  in  Capillaren 
sehr  oft  die  Bildung  zierlicher  sternförmiger  Figuren  als  ersten  Aus- 
druck der  Gerinnung.  Die  Centren  dieser  Sterne  waren  Blutplätt- 
chen, die  also  wie  die  Endothelien  wirken.  Die  Leukocyten  sind 
bei  der  intravasculären  Fibrinausfällung  wenig  betheiligt. 


Ver-  Bei  Untersuchungen   über    die   Todesursachen   nach  Ver- 

m'^I^^/m^'    brennungen  gelangten  Markusfeld  und  Steinhaus  (Centralbl. 

JlCuKuSieiCi  u.  ^  

Steinhaus.  ^*  pathol.  Anat.)  zu  dem  Besultat,  dass  die  wichtigste  Erscheinung 
die  in  allen  Organen  nachgewiesene  Büdung  von  Blutplättchen- 
thromben ist.  Gehirn  und  Medulla  waren  hieran  besonders  be- 
theiligt. 


Angemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       25 

Gsell   (Dissert.   Zürich)    machte    experimentelle    Studien   über      Hämor- 
die  Entstehung    der  hämorrhagischen  Lungeninfarcte.     Er  rhagischer 

I  Y\  1  A.  IT  ^  T 

benutzte  weiches  Paraffin  zur  Embolie,  bekam  aber  im  allgemeinen  Qseii.  ' 
keine,  in  zwei  Heerden  dagegen  typische  Infarcte.  In  den  anderen 
Fällen  fehlte  die  Blutung,  welche  die  hjrperämischen,  atelektatischen, 
ödematösen  Heerde  erst  zu  Infarcten  gemacht  haben  würde.  Bei 
Menschen  muss  also  zur  Embolie  noch  etwas  Besonderes  hinzu* 
kommen,  damit  die  Infarcirung  entsteht.  Diese  nothwendige  Com- 
pHcation  ist  in  Circulationsstörungen  zu  suchen. 

8.  Entzfindnng. 

Ueber    die    chemotaktische    Wirkung    verschiedener 
Substanzen    stellte  Borissow   (Ziegler's   Beitr.   Bd.    16)   Unter-  Chemotaxis, 
Buchungen    an.      Die   meisten   angewandten    Stoffe   wirkten   positiv     ßorissow. 
chemotaktisch,   insbesondere  alle  bacteriellen.     Phosphor  imd  Arsen 
waren  unwirksam.    Junge  Thiere  reagiren  leichter  als  alte.    Die  an- 
gelockten Zellen  repräsentirten   stets  dieselbe  Leukocytenform.     Es 
fand   sich   also   kein  Unterschied  in  der  Art  des  Exsudates  bei  den 
verschiedenen  benutzten  Substanzen.  —  Löwit  (ibid.)  studirte  aufs  Emigration 
neue  das  Verhalten  der  Gefässwand  zur  Emigration.    Er         ^^^ 
sah,    dass    die    weissen   Blutkörperchen   durch    Stomata   hindurch-        Löwit. 
treten  könnten,   dass   diese   aber   zur  Emigration  nicht  erforderlich 
sind.    Er  meint,  es  könnten  auch  Stomata  vorhanden  sein,  ohne  dass 
es  zur  Emigration  zu  kommen  brauche.     Er  betrachtet  sie  aber  als 
wirkliche  Lücken   in   der  Kittsubstanz   und  nicht  etwa  nur  als  die 
von  Engelmann  so  genannten  Zellspuren,  die  nur  durch  Haften  der 
Leukocyten  an  der  Gefässwand  entstehen  sollten. 

Die  Morphologie  des  Eiters  verschiedenen  Ursprunges 
prüfte  Janowski  (Arch.  f.  exper.  Pathol.  u.  Pharmakol.).  Er  wollte  Morphologie 
das  Verhältniss  der  einkernigen  zu  den  mehrkemigen  Leukocyten  ^®^  Eiters, 
feststellen.  Meist  besteht  der  Eiter  nur  aus  polynucleären  Zellen, 
doch  fand  er  bei  Terpentineiter  vorwiegend  die  mononucleäre  Form, 
die  er  aber  ohne  weiteres  alle  als  Lymphocyten  ansieht,  ohne  an  fixe 
Elemente  zu  denken.  Da  er  in  den  Abscesswänden  gewöhnlich 
hauptsächlich  einkernige  Zellformen  fand,  schloss  er,  dass  diese  meist 
auswanderten  und  sich  erst  im  Gewebe  in  mehrkemige  umwandelten. 
Diese  Schlussfolgerungen  sind  indess  nicht  genügend  begründet.  — 
Die  Entstehung  und  Bedeutung  der  Fremdkörperriesenzellen 
besprach   Krückmann   (Virch.   Arch.   Bd.   138,   Supplement).     Er 


26  Ribbert. 

Fremd-      untersuchte   Carcinome,    in   denen  sich  Riesenzellen   um  verhorntes 

körper-      Epithel  bildeten,  Atherome,   Cholesteatome,    in   denen  dasselbe  der 

riesen-  ^  .... 

Zellen,       ^^  ^^i"  ^^^'     ^^  betont,   dass  die  RiesenzeUenbildung  eine  häufige 

Krückmann.  Erscheinung  sei.  Sie  kann  zu  Verwechselungen  mit  Tuberculose 
führen,  die  daher  jedesmal  bei  einem  Fehlen  von  Fremdkörpern  aus- 
geschlossen werden  muss.  Als  solche  können  verschiedene  aus  den 
Geweben  des  Körpers  hervorgehende  Substanzen  wirken.  Die  Riesen- 
zellen entstehen  sowohl  aus  einer  wie  aus  vielen  Zellen,  und  zwar 
besonders  aus  Endothelien,  nicht  aus  Leukocyten. 

4«  Pigment. 

Ueber  Hämochromatose,    die   Braunfärbung  verschiedener 
Gewebe  durch  ein  gelbes  Pigment  unter  pathologischen  Umständen, 
Hämo-       berichtete  Hintze  (Virchow^s  Archiv  Bd.  139).    Er  gelangte  zu  der 
ehr  omatose,  Ansicht,  dass  das  Hämofuscin  genannte  eisenfreie  Pigment  aus  einer 
eisenhaltigen  Vorstufe  hervorgeht  imd  dass  es  durch  die  specifische 
Thätigkeit  der  betreffenden  Zellen,  also  vor  allem  der  glatten  Muskel- 
fasern des  Darmes,  gebildet  wird.   Dafür  sprachen  auch  Experimente, 
in    denen    die   Darmmusculatur  braun   pigmentirt  wurde,    nachdem 
einige  Tage  vorher  Blut  zwischen  Serosa  und  Muscularis  des  Darmes 
eingespritzt  worden  war.     In  einem  Fall  von  Lebercirrhose  fanden 
sich  femer  eisenpigmenthaltige   Leukocyten  zwischen   den  Muskel- 
Bildung  von  fasern.  —  Etwas  anders  lauten  die  Resultate  einer  Arbeit  Bio ndi's 

BUtp        (Ziegler's  Beitr.   Bd.  18)   über   die  Ablagerune   eisenhaltigen 
pigment,  .  .  .  ..  .. 

Biondi.       Pigmentes.     Er  ist   der  Meinung,    dass    die  bei  physiologischem 

oder  pathologischem  Blutuntergang  erfolgende  Pigmentbildung  nur 
unter  Vermittelung  der  Leber  zu  Stande  kommt.  Sie  spaltet  das 
Hämoglobin  in  einen  eisenfreien  Gallenfarbstoff  imd  ein  eisen- 
haltiges Pigment,  welches  dann  erst  in  die  Organe  abgelagert  wird, 
wo  es  weitere  Umwandlungen  erfahren  kann. 

5.  Degeneration. 

Amyloid,  Grigorjeff  (Ziegler's  Beitr.   Bd.  18)   prüfte   die   Möglichkeit 

Grigoijeff.  einer  Resorption  des  Amyloids  an  Leberstücken,  die  er  unter 
die  Haut  und  in  die  Bauchhöhle  einbrachte.  In  das  Amyloid  drangen 
Zellen  und  Gefässe  ein  und  brachten  es  allmählich  zur  Resorption. 
Kleine  Stückchen  wurden  dabei  von  Riesenzellen  aufgenommen.  Die 
Reaction  des  Amyloids  bleibt  in  den  grösseren  Stücken  lange  er- 
halten, in  den  kleineren  dagegen  wird  sie  allmählich  schwächer,  so 
dass   die  Substanz   dadurch  Aehnlichkeit  mit  Hyalin  gewinnt.     Die 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       27 

nahe  Beziehimg  dieser  beiden  homogenen  Producte  wird  dadurch 
aufs  neue  illustrirt.  —  Leutert  (Fortschr.  d.  Med.  Nr.  4 — 11)  be-  Sublimat- 
schäftigte  sich  mit  der  Sublimatintoxication.  Er  führt  alle  Vergiftung, 
Organveränderungen  auf  die  directe  Giftwirkung  zurück.  So  lange 
der  Blutdruck  hoch  und  die  Giftmenge  nicht  zu  gross  ist,  wird 
das  Sublimat  durch  die  dann  allein  erkrankende  Niere  ausgeschieden. 
Sinkt  infolge  der  Herzbetheiligung  der  Blutdruck,  so  entstehen 
Stauungen,  die  sich  besonders  im  Darm  auf  der  Faltenhöhe  geltend 
machen  und  hier  wegen  der  stärkeren  Giftwirkung  Nekrose  hervor- 
rufen. Die  Verkalkungen  in  der  Niere  sind  nur,  wenn  sie  sehr 
hochgradig  auftreten,  für  die  Sublimatvergiftung  einigermassen  cha- 
rakteristisch. Aber  auch  dann  muss  man  an  die  Möglichkeit  einer 
der  anderen  acuten  Intoxicationen  denken,  bei  denen  eine  Ver- 
kalkung vorkommen  kann. 

6.  Regeneration. 

Ueber   das  Auftreten    kernhaltiger   rother  Blutkörper- 
chen nach  Aderlässen   berichtete  Zenoni  (Virch.  Arch.  Bd.  139).    Eegenera- 

Während  man  bisher  meist  annahm,  dass  nur  grössere  Blutverluste     *?®"  *®7 

,     .  ,  rothen  Blut- 

jene  Erscheinung  bewirkten,  sah  Zenoni  sie  schon  nach  einfacher i^örperchen, 
Venäsection    auftreten.    —    Dazu  stimmen  sehr  gut  die   B;esultate,       Zenoni, 
die   Timofejewski  (Centralbl.   f.  path.  Anat.  Nr.  3  u.  4)  erhielt,  Timofejewski, 
als  er  Faulflüssigkeiten  in  das  Blut  injicirte  und  das  arterielle  Blut 
genau  untersuchte.     Er  sah   sehr  zahlreiche  kernhaltige  rothe  Blut- 
körperchen  auftreten  und  beobachtete  an  ihnen  lebhafte  Theilungs- 
vorgänge.     Bemerkenswerth  ist  die  grosse   Schnelligkeit  ihres  Er- 
scheinens.   Sie  wurden  schon  wenige  Minuten  nach  der  Einspritzung 
nachgewiesen.    Wenn  sich  das  auch  anfangs  aus  einem  mechanischen 
Hineingelangen  aus  dem  Knochenmarke  erklären  Hesse,  so  ist  doch 
später  ihre  lebhafte  Vermehrung  nicht  zweifelhaft.  —  Die  Regene- 
ration des  Knochenmarkes  studirte  Haasler  (Archiv  f.  klin.    Regenera- 
Chir.  Bd.  50).     Am  B.ande  des  künstlich  gesetzten  Defectes  entsteht    g^ochen. 
eine  Wucherung  der  Reticulum-  und  perivasculären  Bindegewebszellen.       marks. 
Diese  dringen  in  die  Lücke  vor  und  erzeugen  ein  zellreiches,  weiches,       Haaaler. 
gallertiges  Bindegewebe.     In  dasselbe   dringen  später  aus  dem  an- 
grenzenden Marke  kernhaltige  rothe  Blutkörperchen  und  Markzellen 
ein.     Durch  Vermehrung  dieser  zelligen  Elemente  wandelt  sich  das 
junge  Bindegewebe    allmählich  wieder  in  rothes  Knochenmark  um. 
Seine  früheren  Untersuchungen  über  die  Regeneration  der 
Leber  schloss  P  o  n  f i  c  k  (Virch.  Arch.  Bd.  138,  Supplement)  durch 


28 


Ribbert. 


tioB  der 
Leber, 
Pomlek. 


einen  Aufsatz  über  die  histologischen  Verhältnisse  ab.  Er  fand  in  der 
Hauptsache  dieselben  Resultate,  wie  sie  M  e  i  s  t  e  r  (Jahrb.  1895)  kurz 
vorher  beschrieben  hatte.  Die  Acini  des  restirenden  Leberabschnittes 
vergrössem  sich  ausserordentlich  imd  zwar  durch  Neubildung  von 
Leberzellen  und  Gefassen.  Ponfick  glaubt  auch  knospenformige 
Seitenauswüchse  aus  Leberläppchen  gesehen  zu  haben. 


Regenera- 
tion der 
Hz, 


üeber  die  Regeneration  derMilz  liegen  zwei  Mittheilungen 
vor.  Während  Laudenbach  angibt  (Virchow's  Archiv  Bd.  141), 
bei  einem  Hunde  nach  Exstirpation  des  Organes  eine  totale  Rege- 
Laadenbach,  neration  gesehen  zu  haben,  theilt  Ceresole  mit  (Ziegler's  Beiträge 
Cerenole.  Bd.  17),  dass  seine  an  Kaninchen  gemachten  Versuche  keine  Wuche- 
rungen an  Lymphdrüsen,  Thyreoidea  und  Knochenmark,  aber  auch 
keinerlei  Regeneration  an  der  Milz  ergeben  haben.  Die  Wunden 
dieses  Organes  heilten  durch  Narbenbildung. 


Kegenerar  Die  Wiederbildung  der  Uterusschleimhaut  studirteRathke 

tion  der      (Yirchow's  Archiv  Bd.  142)  an  Mäusen.    Er  fand,   dass  unmittelbar 

\j  t  er  Q  B' 

■  ehieimhaiit,nach  der  Geburt  ein  Schleimhautdefect  nur  an  der  Placentarstelle 
Rathke.  besteht.  Die  Schliessung  desselben  erfolgt  dadurch,  dass  sich  die 
Randschleimhaut  theilweise  auf  den  Defect  legt  und  dass  ihr  Epithel 
über  ihn  herüberwächst.  Das  Epithel  der  übrigen  Schleimhaut  de- 
generirt  grösstentheils ,  von  den  erhaltenen  Resten  geht  dann  die 
Regeneration  der  gesammten  Fläche  aus. 


Regenera- 
tion des 
Central- 
nerven« 
Systems, 
Stroebe. 


üeber  die  neueren  Arbeiten  zur  Regeneration  des  Central- 
nervensystems  verfasste  Stroebe  (Centralbl.  f.  patholog.  Anat. 
Nr.  21)  ein  sehr  ausführliches  Referat,  aus  welchem  vor  allem  die 
Geringfügigkeit  der  Regenerationsvorgänge  gegenüber  den  an  den 
peripheren  Nerven  beobachteten  hervorgeht. 


Rhabdo- 

myom, 

Brock. 


7.  Nenblldnngren. 


Ein  Rhabdomyom  der  Nierengegend  beschrieb  Brock 
(Virch.  Arch.  Bd.  140).  Die  Muskelfasern  zeigten  die  bekannten 
embryonalen  Formen.  Von  der  Niere  war  die  Geschwulst  durch 
die  Kapsel  gut  getrennt.  Es  handelt  sich  also  um  ein  selteneres  Vor- 
kommniss  gegenüber  den  etwas  häufigeren  renalen  Tumoren.  — 
Leiomyom,  Die  Leiomyome  des  Uterus  machte  Ricker  (ibid.  Bd.  142)  zum 
Gegenstand  einer  Untersuchung.  Er  fand  in  ihnen  sehr  häufig  epi- 
theliale Gebilde,    Gänge  etc.,  die  er  auf  eine  Abschnürung  von  den 


Ricker. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       29 

Müller'schen  Gängen  zurückführt.  Er  schliesst  daraus,  dass  aus 
solchen  Vorgängen,  bei  denen  mit  dem  Epithel  auch  etwas  Muscu- 
latur  sich  trennte,  die  Myome  sich  entwickelten.  Er  konnte  auch 
ein  Sarkom  untersuchen,  das  in  einem  Myom  entstanden  war,  aber 
nachweisen,  dass  es  nicht  aus  einer  Wucherung  der  Muskelfasern, 
sondern  des  intermusculären  Bindegewebes  hervorging.  —  Eine 
Lymphcyste  des  Ligamentum  hepatogastricum  beobachtete  Tilger  Lymphcyste, 
(Virch.  Arch.  Bd.  139).     Die  Randpartieen  deuteten  auf  eine  Neu-  ^^' 

bildung  von  Lymphräumen  hin.   Verf.  fasst  die  Cyste  als  Ausdruck 
einer  Lymphangoitis   auf.  —  Die  Bedeutung  der  Endothelien  für 
die  Geschwulstbildung  ergibt  sich  aus  mehreren  Arbeiten.  Kromayer     Endothe- 
(Virch.  Arch.  Bd.  139)  fand  knötchenförmige  Neubildungen  der  Haut     ^H^^^^, 
zusammengesetzt  aus  Zellsträngen  mit  vielfachen  cystischen  Erweite- 
rungen, in  denen  colloide  Massen  lagen.  Er  nennt  sieEndothelioma 
tuberosum  colloides.  —  Bauer  (ibid.  Bd.  142)  studirte  aufs  neueHautwarzen, 
die  weichen  Warzen  der  Haut  und  kam  im  Gegensatz  zu  Unna  ***®^' 

zu   dem  Schluss,   dass   die  zelligen  Massen,   aus  denen  sie  sich  zu- 
sammensetzen, nicht  epithelialer  Natur  seien,  sondern  Wucherungen 
der   Endothelien    der  Lymphbahnen    darstellen.     Er  konnte  femer 
an  mehreren  Präparaten  die  nahe  Beziehung  der  Melanosarkome 
zu  diesen   endothelialen  Warzen  aufe  neue  demonstriren.  —  Volk-       Endo- 
mann  (Deutsche  Zeitschr.  für  Chirurg.  Bd.  41)  machte  ausgedehnte    rp^^^^g^ 
sorgfältige  Untersuchungen  über  endotheliale  Geschwülste,  be-     Volkmann, 
sonders  der  Speicheldrüsen  imd  der  Gaumengegend.   Die  Endothelien 
nehmen  vielfach  durchaus   epitheliale  Formen   an,   z.  B.  auch  eine 
cylindrische ,   und  es   ist  dann  nicht  leicht,   die  DifFerentialdiagnose 
gegenüber  dem  Carcinom  zu  stellen.   Die  Tumoren  zeigen  sehr  ver- 
schiedenartige  degenerative  Metamorphosen.     Sie   gehen   meist  von 
den   Endothelien  der  Lymphspalten,   seltener  der  Blutgefässe  aus. 
In    den   Speicheldrüsen   verbindet   sich   das  EndotheUom    gern  mit 
Knorpelbildung.   —    Marckwald    (Virch.   Arch.    Bd.  140)    beob-     Myelom, 
achtete    einen    endothelialen    Tumor   aller    Skelettknochen, 
dessen  Entwickelung   intra   vitam   unter   den  Erscheinungen    einer 
Osteomalacie   verlaufen   war.     Die   Neubildung   ging   aus  von   den 
Endothelien  der  Blutgefässe.     Die  Geschwulst  fallt  unter  die  Kate- 
gorie der  sog.  Myelome.  —  Ueber  einem  endothelialen  Tumor 
der  Pia  berichtete  Janssen  (Virch.  Arch.  Bd.  139).   Er  hatte  sich    Piatumor, 
an   der  rechten  Seite   der  Brücke  entwickelt  und  zwar  aus  den  die 
Bälkchen  der  Pia  überkleidenden  Zellen  und  aus  den  Perithelzellen 
der  Geiässe.   Wenigstens  Hess  der  histologische  Befund  sich  in  diesem 
Sinne   verwerthen.     Wie  ähnliche  Tumoren  zeigte  auch  dieser  Nei- 


30 


Ribbert. 


gung   zu    hyalinen  Metamorphosen   (Kugelbildung), 
klinisch  ziemlich  sicher  localisiren  lassen. 


Er  hatte  sich 


Sarkom  mit 
Amyloid, 
Hildebrand. 


Hildebrand  beschrieb  ein  Sarkom  des  Brustbeins  (Yirch. 
Arch.  Bd.  140),  welches  sich  aus  einem  Gerüstwerke  und  Bundzellen 
aufbaute  und  sich  durch  amyloide  Degeneration  auszeichnete. 
Sowohl  das  Zwischengewebe  wie  die  SarkomzeUen  selbst  zeigten  diese 
Umwandlung.  Letztere  bilden  in  sich  amyloide  Kugeln,  die  auch  eine 
radiäre  Streifung  annehmen  konnten. 


Malignea  Bicker  (Arch.  f.  klin.  Chirurg.   Bd.  50)   berichtete    über  einen 

Lymphom,    neuen  Fall  von  malignenLymphomen  auf  tub  er  culö  s  er 

Ricker.  *i        x: 

Basis.  Bei  einem  hereditär  belasteten  Knaben  wurden  im  Verlauf 
von  Jahren  ^zweimal  Lymphdrüsen  der  linken  Halsseite  exstirpirt. 
Dann  begannen  die  Lymphombüdungen  aufs  neue,  und  der  Patient 
ging  daran  zu  Grunde.  Die  Tumoren  boten  zum  grossen  Theil  das 
Aussehen  maligner  Lymphome,  aber  sie  enthielten  Verkäsungen  mit 
Bacülen.  Es  bestanden  femer  Metastasen  in  den  Lungen,  die  den 
typischen  Bau  einfacher  Lymphome  hatten,  aber  auch  BaciQen  auf- 
wiesen. 


Neurom, 
V.  Kahlden. 


Multiple  w[ahre  Neurome  wurden  durch  v.  Kahlden  (Ziegler's 
Beitr.  Bd.  17)  beschrieben.  Er  sah  bei  einem  an  Tuberculose  zu 
Grunde  gegangenen  Manne  knötchenförmige  Hervorragungen  bis 
zur  Grösse  einer  Erbse  zerstreut  im  Bückenmark.  Sie  setzten  sich 
aus  markhaltigen  Nervenfasern  zusammen  und  entwickelten  sich 
continuirlich  aus  verschiedenen  Strangabschnitten.  Ein  Knötchen 
hatte  die  Pia  durchbrochen,  v.  Kahlden  meint,  dass  es  sich  mn 
fötale  Anlagen  mit  Disposition  zum  Wachsthum  handle.  —  Eine 
geschwulstähnliche  Missbildung  am  Kleinhirn  eines  35jährigen  Mannes 
beschrieb  Ernst  (ibid.).  In  der  dorsalen  Seite  fand  sich  ein  blasig 
aufgetriebener  und  mit  Flüssigkeit  gefüllter  Defect.  Daneben  be- 
standen allerlei  sonstige  Unregelmässigkeiten  und  geschwulstähnliche 
Verlagerungen  von  Kleinhimtheilen,  die  mikroskopisch  sehr  an  das 
Neuroglioma  ganglionare  erinnerten.  Verf.  betrachtet  die  Verlage- 
rung als  die  Ursache  der  tumorähnlichen  Entwickelung. 


Ueber  Polyposis  intestinalis  adenomatosa  und  deren  Be- 
Adenome     ziehung  zur  Krebsentwickelung  berichtete  Haus  er  (Deutsches  Arch. 
des  Darms,  £   ^^}^    -^^^    Bd.  66).     Er  fand   neben  multiplen  polypösen  Erhe- 
bungen des  Magens  und  Darms   ein  Carcinom  des  Rectums.     Beide 


Kleinhirn- 

tamor, 

Ernst. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       31 

Erkrankungen  seien  selbständig.  Aber  die  chronische  Reizung,  welche 
das  Epithel  der  Polypen  andauernd  erfahrt,  machte  es  zu  einer  krebsigen 
Entartung  in  erhöhtem  Maasse  disponirt. 


Eine  ausfuhrliche  Arbeit  über  Dermoidcysten  und  Tera- 
tome, insbesondere  des  Ovariums  lieferte  Wilms  (Deutsches  Arch. 
f.  klin.  Med.  Bd.  55).  Er  stellte  fest,  dass  im  Gegensatz  zu  anderen 
Dermoiden  die  des  Ovariums  aus  einer  dreiblättrigen  Anlage  ent- 
stehen, aus  welcher  vor  allen  die  Epidermis  und  die  Gebilde  der 
Kopfregion  zur  Entwicklung  gelangen.  Die  Dermoidmissbildungen 
des  Eierstockes  sind  also  rudimentäre  Ovarialparasiten  und 
bilden  als  solche  eine  besondere  Gruppe.  —  Die  meningealen  Chole- 
steatome versuchte  Beneke  (Virch.  Arch.  Bd.  142)  aufs  neue  aus 
einer  Wucherung  der  Piaendothelien  abzuleiten,  nachdem  in  neuerer 
Zeit  mehr  die  Anschauung  einer  Keimaberration  vertreten  worden 
war.  Er  bezieht  sich  hauptsächlich  darauf,  dass  die  Zellauskleidung 
bei  Silberbehandlang  die  Endothelzeichnung  hervortreten  lasse,  was 
sonst  bei  Epithel  nicht  der  Fäll  sei.  —  Die  Cholesteatome  des 
Ohres  besprach  Haug  (Centralbl.  f.  patholog.  Anat.).  Er  schloss, 
dass  diese  Geschwülste  zum  kleineren  Theil  heteroplastischer  Natur 
sind,  entstanden  aus  einem  embryonal  verlagerten  Keim,  zum  grösseren 
Theil  aber  entstehen  durch  Hineinwachsen  von  Epidermis  aus  dem 
äusseren  Ohr.  Die  weiteren  Eigenthümlichkeiten  hängen  von  den 
mechanischen  Bedingungen  ab,  unter  denen  das  Epithel  in  der  Pauken- 
höhle und  ihren  Nebenräumen  wachsen  muss.  Auch  Stöcklin  (Diss. 
Zürich)  untersuchte  einen  solchen  Tumor,  ohne  die  Genese  zu  erörtern. 
Er  besprach  hauptsächlich  das  Wachsthum  und  stellte  fest,  dass  es 
durch  Vordringen  des  Bindegewebes  erfolgt,  welches  den  Knochen 
usurirt  und  so  Perforationen  erzeugen  kann.  —  Wichtige  Beob- 
achtungen über  deciduale  Geschwülste  theilte  Marchand  mit 
(Monatsschr.  f.  Geburtsh.  Bd.  1).  Man  hat  diese  Tumoren  bisher  als 
Sarkome  bezeichnet,  also  für  bindegewebiger  Natur  erklärt.  Marchand 
zeigte,  dass  sie  von  dem  Epithel  des  Syncytiums  und  der  ektodermalen 
Zellschicht  des  Chorions  ausgehen.  Durch  Eindringen  in  die  Blut- 
gefässe können  die  Geschwülste  Metastasen  machen.  —  Tauffer 
(Virch.  Arch.  Bd.  142)  besprach  die  primäre  carcinomatöse  De- 
generation der  Dermoidcysten.  Er  theilt  einen  solchen  Fall 
mit,  meint  aber,  dass  die  Dermoide  nicht  zu  der  Carcinombildung 
disponirt  seien,  sondern  dass  diese  eine  Seltenheit  darstelle.  — 
Hammer  (ibid.)  erörterte  eine  grössere  Reihe  von  Tumoren  des 
Oberkiefers,  ihr  klinisches  Verhalten  und  ihre  Structur.   Er  fand  in 


Dermoid, 
Wilms. 


Chole- 
steatom, 
Beneke, 


Haug, 


Stöcklin. 


Deciduale 

Oe- 

schwülste, 

Marchand. 


Carcinom   in 
Dermoid- 
cysten, 
Tauffer. 


Tumoren  des 

Oberkiefers, 

Hammer. 


32  Ribbert. 

Sarkomen   und   Carcinomen   mancherlei  Aehnlichkeiten  im   Aufbau 
und  meint,  dieselben  seien  durch  das  Wachsthum  unter  gleichen  Be- 
dingungen veranlasst.  —  EinenPlattenepithelkrebsdesRectums 
Platten-     beschrieb  Böhm  (ibid.  Bd.  140).     Langdauemde,    verschiedenartige 
epithel  kr  ebsp^^i^ungen   der  Rectalschleimhaut   hatten    zu    einer  Metaplasie    des 
Böhm       *  Cylinderepithels    in  Plattenepithel   geführt   und   auf  diesem  Boden 
hatte  sich  der  Exebs  entwickelt. 

Trauma  und  Zur  Aetiologie  der  Geschwülste  lieferte  Ziegler  (Münch. 

Geschwulst-  med.  Wochenschr.  Nr.  27)  einen  Beitrag.   Er  stellte  aus  der  chirurgi- 
Ziegler,  *     schen  Klinik  in  München  zusammen,  was  über  die  Einwirkung  von 
Traumen  auf  die  Geschwulstgenese  zu  eruiren  war  und  stellte  an  einem 
grossen  Procentsatz   die   ätiologische  Bedeutung  des  Traumas  unter 
Löwenthal,     anderem  auch  für  das Mammacarcinom  fest.  Auch  Löwenthal  (Archiv 
f.  klin.  Chirurg.)  gelangte  in  einer  umfangreichen,  800  NunuAem  um- 
fassenden Uebersicht,  welche  neben  den  in  der  Litteratur  bereits  ver- 
zeichneten 50  neue  Fälle  umfasste,  zu  dem  gleichen  Resultat.  Ueber  die 
Wirkungsweise  des  Traumas  bringen  beide  Autoren  nur  Vermuthungen. 
Genese  der  —  Ref.  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1 — 4)  versuchte  eine  neue 
Geschwülste  ßggp^jj^j^jjg  der  Geschwulstgenese.   Die  Zellen  unseres  Körpers 
wachsen  nur,  soweit  es  die  Einfügung  in  das  organische  Ganze  ge- 
stattet.    Werden  sie   aus   dem  Zusammenhang  getrennt,   ohne  eine 
Ernährungsstörung   zu    erleiden,    so    wachsen  sie  ungehindert  und 
bilden,   da  sie  nicht  mehr  durch  den  Organismus  in  Schranken  ge- 
halten werden,  Tumoren,  die  je  nach  der  völligen  oder  theilweisen 
Abtrennung  der  Zellcomplexe  bald  bösartig,   bald  gutartig  werden. 
Solche  Lösungen   aus   dem  Zusammenhange  kommen  oft  embryonal 
vor,  und  darauf  begründete  Cohnheim  seine  Theorie,  sie  entstehen 
Ecchon-      aber  auch  postembryonal.   Experimentell  konnte  Ref.  (Verhandl.  des 
h       ,y/       Congresses  f.  innere  Med.)  eine  Grundlage  für  seine  Anschauungen 
Ribbert.       beibringen.   Durch  Anstechen  einer  lumbalen  Zwischenwirbelscheibe 
bei  Kaninchen  brachte   er  den  aus  Chorda  bestehenden  Gallertkem 
zum  Hervorquellen.   Aus  dem  an  der  Vorderfläche  der  Scheibe  liegen 
bleibenden  Gallertgewebe  entwickelte  sich  eine  Neubildung,  die  durch- 
aus   der    Ecchondrosis    physalifora    des    menschlichen    Glivus 
Carcinom-    Blumenbachü  entsprach.   Auch  auf  das  Carcinom  übetrug  Ref.  (Virch. 
R^wf  ^*'      ^^^^'  ^^'  140)  seine  Vorstellung  von  der  Geschwulstgenese.     Denn 
die  von  ihm  früher  (s.  Jahrb.  1895)  vertheidigte  Histogenese  durch 
bindegewebige,    die  Epithelzellen    isolirende   Wucherung 
beruht  auf  der  Trennung  dieser  Zellen  aus  dem  Zusammenhang  und 
ihrer   selbständigen   Weiterwucherung.      Er   begründete    diese    An- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       33 

schaimng  aufs  neue  gegen  Haus  er  (ibid.  Bd.  141).  Dieser  wiederum       Hauser, 
machte    seinerseits   Bedenken    geltend.     Er  glaubt,  Anfangsstadien 
von  Magencarcinomen    gesehen   zu   haben,    aus   denen  ein   directes 
Tiefenwachsthum   des  Epithels  deutHch  hervorgehe.   Auch  v.  Nott-    v.  Nottbafft, 
hafft  (Deutsches  Archiv  Bd.  54)  beschrieb  drei  seiner  Meinung  nach 
im  Beginn  stehende  Carcinome,  die  ebenfalls  des  Ref.  Vorstellungen 
zu  widerlegen  geeignet  seien.     Auf  die  histologischen  Einzelnheiten 
kann  hier  immöglich  eingegangen  werden.     Ref.  (Das  pathologische      Ribbert. 
Wachsthum.     Bonn,    Cohen)   hat   sodann  in  einer  Monographie  die 
Genese  des  Carcinoms  im  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Wachs- 
thumsvorgängen   aufs  neue  besprochen.     Er  betonte,   dass  man  alle 
Erscheinungen  auf  die  Aufhebung  der  normalen  Gewebsspannung  zu- 
rückführen kann,  die  regenerativen  sowohl,  wie  die  hypertrophirenden, 
entzündlichen    und   geschwulstbildenden.      Er   begegnete    auch   den 
Einwänden   Hauser's    und    v.    Notthafft's.     Seine    Ausführungen 
können  hier  im  einzelnen  nicht  wiedergegeben  werden.  —  Gegen  seine 
im   letzten  Jahrbuch   erwähnte  Annahme,   dass  die  Tuberculose  zu- 
weüen  jene  epithelablösende  Bindegewebswucherung  erzeugen  könne, 
hat  sich  Krückmann  (Virch.  Arch.  Bd.  139)  und  Clemens  (ibid.)    Krebs  und 
gewandt.    Ersterer  betonte,  dass  im  Carcinom  oft  RiesenzeUen  vor-^^^.f^®^^***^» 
kommen,    die    als    Fremdkörperriesenzellen    aufzufassen    seien    und      Clemens, 
daher  nicht  mit  Tuberculose  verwechselt  werden  dürften.   Letzterer 
deutete  seine  FäUe  von  gleichzeitigem  Vorkommen  von  Carcinom 
und  Tuberculose  als  Secundärinfection  des  ersteren  durch  letztere. 
Auch  Duenschmann  (Journal  of  Pathology  Bd.  3,  Nr.  1)  beschrieb  Duenschmann. 
das  Vorkommen  von   Fremdkörperriesenzellen   in  Carcinomen, 
wie  es  Ref.  übrigens  auch  bereits  gethan  hatte. 

Die  histologischen  Verhältnisse  der  von  Hanau  vorgenommenen 
erfolgreichen  Uebertragungsversuche  mit  Carcinom  schilderte  Jenny   Carcinom- 
(Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51)  eingehender;  er  benutzte  ebenfaUs  die^^"*^*^"^"^' 
Gelegenheit,  um  sich  gegen  des  Ref.  Ansichten  auszusprechen. 

An  Versuchen,  in  Geschwülsten  Parasiten  nachzuweisen,  hat 

es  auch  im  vergangenen  Jahre  nicht  gefehlt.  Sawtschenko  (Biblioth.    Carcinom- 

med.  D.  4)  beschrieb  im  Anschluss  an  die  oben  erwähnte  Arbeit  von  i^"*l^'*°' 

Sawtschenko, 

Podwyssozki  wiederum  Sporozoen.   In  diesen  und  anderen  Unter- 
suchungen hat  man  es  aber  ebenso  wie  in  allen  früheren  mit  Degene- 
rationsproducten  zu  thun.    Schwarz  (Wien,  Braimiüller)  hat  dies      Schwarz, 
noch   einmal  aus   einander  gesetzt.     Power   (Journal  of  Pathology       Power. 
Bd.  3,  Nr.  1^  konnte  in  entzündlich  gereiztem  Epithel  Gebilde 
finden,   wie    sie   in   Carcinomen   beschrieben   wurden,    insbesondere 

Vacuolen  mit  rundlichen  Einschlüssen.     Bei  Untersuchungen   über 
Jahrbnch  der  practischen  Medicin.    1896.  3 


34 


Ribbert. 


Carcinom-    Paget's  Krankheit  kam  Lindt  (Dissert.  Bern)  zu  dem  Ergebniss, 
Parasiten,   ^^^^  ^^   q£^  g^g  Parasiten  angesprochenen  Gebilde  mit  stark  farb- 
barem Kern  und  einer  oft  doppelt  contourirten  Membran  als  degenerirte 
Epithelzellen  aufzufassen  seien. 


8.  Missbildnngr* 

pygopagus,  Marchand    (Ziegler 's   Beiträge    Bd.  17)    beschrieb    eingehend 

Marchand,     einen  menschlichen  Pygopagus.    Die  anatomischen  Verhältnisse 

führten  ihn  zu  dem  Schluss,  dass  er  durch  eine  Verwachsung  zweier 

ursprünglich   getrennter  Embryonalanlagen    entstanden  sein  müsse, 

die  sich  am  hinteren  Ende   einer  Keimscheibe  in  stark  divergenter 

Spina  bifidaBichtung  entwickelten.  —  Bohnstedt  (Virchow's  Archiv  Bd.  140) 

occulta,     schilderte  einen  neuen  Fall  von  Spina  bifida   occulta   sacralis 
Bohnstedt,        ...  . 

emes  20jähngen  Mannes,  bei  welcher  es  ebenfalls  zu  einer  Ver- 
lagerung von  Rückenmusculatur  in  den  Wirbelkanal  gekommen 
JoachimsthaL  war.  —  Auch  Joachimsthal  (ibid.  Bd.  142)  beobachtete  bei  einem 
9jährigen  Knaben  dieselbe  Missbildung,  die  sich  aber  hier  durch 
eine  laterale  Lage  des  Spaltes  auszeichnete.  —  Ballowitz  (ibid. 
Bd.  141)  machte  eine  Zusammenstellung  von  210  Fällen  von  ein- 
seitigem, vollkommenem  Nierenmangel  und  fand,  dass  derselbe 
weit  häufiger  links  als  rechts  beobachtet  wird  und  dass  das  männ- 
liche Geschlecht  etwa  doppelt  so  oft  wie  das  weibliche  betroffen  ist. 
Bei  letzterem  combiniren  sich  mit  dem  Defect  häufiger  als  bei 
ersterem  auch  Missbildungen  am  gleichseitigen  Genitalapparat. 


Nieren- 
mangel, 
Ballowitz. 


III.  Specielle  pathologische  Anatomie  der  Organe. 


Siderosis, 
Langgnth. 


1.  Bespirationsorgrane. 

L anggut h  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55)  hatte  Ge- 
legenheit, die  Lungen  eines  Arbeiters  zu  untersuchen,  der  in  einem 
Rotheisenbergwerk  gearbeitet  hatte.  Er  konnte  in  ihnen  grosse 
Mengen  eingeathmeten  Eisenstaubes  nachweisen.  Bisher  hatte 
man  angenommen,  dass  die  feuchte  Luft  eines  Bergwerkes  eine  Ver- 
stäubimg  und  Einathmung  von  solchen  Partikeln  nicht  wahrschein- 
lich mache.  Der  imtersuchte  Fall  lehrt  also  das  Gegentheil.  Auch 
in  der  Milz  und  Leber  wurden  Eisentheile  gefunden,  -j-  lieber  die 
ChalicoBis,  Inhalation  von  Sand  und  Kieselstaub  machte  Schlodtheim 
Schlodtheim.  (Centi-albl.  f  patholog.  Anat.  Nr.  16)  anatomische  Beobachtungen. 
Er  fand  die  Sandpartikel  sehr  häufig  bei  Menschen,  auch  wenn  ihr 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       35 

Beruf  keine  besondere  Gelegenheit  zur  Inhalation  solcher  Dinge  ge- 
geben hatte.  Die  Fremdkörper  fanden  sich  in  gleicher  Weise,  und 
zwar  als  glänzende  Splitterchen  in  Lunge  und  Bronchialdrüsen  wie 
die  Kohle. 

Durch   die  neueren  Beobachtungen  über  den   quer   durch    die 

Alveolarwand  erfolgenden  Zusammenhang  der  pneumonischen 

Alveolarpfröpfe  veranlasst,  bemühte  sich  Hansemann  (Sitzungs-    Poren  der 

bericht  d.   Acad.    d.   Wissensch.   v.   7.   Nov.)   festzustellen,    ob    die     ^^^e^^^- 

.  .  ,     alveolen, 

dabei  vorhandenen  Wandlücken  normale  Dinge   sind  oder  erst  bei    Hansemann. 
der  Entzündung  entstehen.     Es  gelang  ihm,   durch   eine  besondere 
Methode  klar  nachzuweisen,  dass  die  erstere  Annahme  zutrifft. 

Ueber  die  Todesursachen  bei  croupöser  Pneumonie  sprach 
sich  Bollinger   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  32)   aus.     Von  der       Todes- 
Ausdehnimg  der  Erkrankung  kann  der   Tod  nicht  abhängig  sein.  "^**°^®^  ^^'^ 
Dagegen  kommt  der  grosse  Verlust  an   Blutbestandtheilen   (rothen     Bollinger.  ' 
und  weissen  Blutkörperchen  und  Fibrin)  in  Betracht,  der  durch  die 
Büdung  des  Exsudats  erfolgt  und  der  wie  eine  traumatische  Blutung 
wirkt.     Die  Menge   des  Exsudats   betrug  im  Durchschnitt   1290  g, 
also  2,5  "/o ,  in  maximo   3,3 — 3,8  "/o  des  Körpergewichts.     Dieser  be- 
trächtliche Verlust  führt  zu   einer  Oligämie,   die  eine  ungenügende 
Ernährung   des    durch   das   Fieber    ohnehin   geschwächten  Herzens 
und    dadurch   den   Collaps   herbeiführt.   —   Das  Vorkommen    ex- 
sudativer   Processe    bei    der    Tuberculose    studirte    Falk  Exsudation 

(Virchow's  Archiv  Bd.  139).    Er  fand,  wie  in  allen  anderen  Organen,^  ^  ^®\ 

^  .  .  '  .  °  '  Tabercnlose, 

auch  in  der  Lunge  in  tuberculösen  Heer  den  stets  deutliche  Mengen         Falk, 
von  Fibrin,   ohne  dass   sich   andere  Mikroorganismen  als  Tuberkel- 
bacillen  nachweisen  Hessen.     Er  ist  der  Ansicht,  dass  man  zur  Er- 
klärung der  exsudativen  Vorgänge  nicht  nöthig  habe,   eine  Misch- 
infection  anzunehmen,  dass  sie  vielmehr  ebenfalls  durch  die  Bacillen 
hervorgerufen  würden.  —  Schmaus  (Verhandl.  d.  Congr.  f.  innere   Histologie 
Medicia)  suchte  mit  Hülfe  der  Färbung  des  elastischen  Gewebes  der  Lungen- 
zu  entscheiden,   ob   die  Ansicht,   dass   käsige  Processe  der  Lungen      schmaus. 
noch  eine  alveoläre  Structur  aufwiesen,  während  es  bei  tuberculösen 
Granulationsprocessen  nicht  mehr  der  Fall  sei,  Gültigkeit  habe.    Er 
fand  aber,    dass   sich   kein   durchgreifender  Unterschied   feststellen 
lasse,   so   dass   also  eine  Differenzirung  nach   den  genannten  Merk- 
malen nicht  möglich   sei.     Auch   die   acute   Miliartuberculose    zeigt 
keine  Verschiedenheiten.  —  K.  Wolf  (Fortschr.  d.  Med.  Nr.  18  u.  19) 
berichtete  über  31  Fälle   von   primärem  Lungencarcinom,   von 


36  Ribbert. 

Lungen-  denen  8  von  der  Lunge  selbst,  23  von  den  Bronchien  ausgingen, 
krebs,  Aetiologisch  schienen  ihm  atypische  Epithelabschnürungen  durch 
interstitiell  -  entzündliche  Processe  für  die  Lungenkrebse  und  in 
manchen  Eällen  Narben  der  Bronchialschleimhaut  nach  Pigment- 
durchbruch der  Lymphdrüsen  für  die  Bronchialcarcinome  von  Be- 
deutung zu  sein.  13mal  fand  sich  gleichzeitig  Tuberculose,  der  er 
in  3  Fällen  ätiologische  Wichtigkeit  zuschreibt. 

Subpleurale  Heller  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55)  wies  auf  das  Vor- 

Lymph-      kommen  subpleuraler  Lymphdrüsen  hin.    Er  fand  sie  besonders 
Heller.  *      deutlich,  mohnkom-  bis  linsengross,  bei  einem  15jährigen,  an  Diph- 
therie   verstorbenen   Idioten.      Sie    sind    für    die    Ablagerung    ein- 
geathmeten  Staubes  von  Bedeutung.    Aus  ihnen  gehen  eventuell  die 
subpleuralen,  derben  Knötchen  hervor. 

Anhang.     Schilddrüse. 

Ueber  das  normale  Verhalten  der  Schilddrüse,   über  die 
CoUoid-      Regeneration,   Colloidbildung  u.  s.  w.  machte  Bozzi   (Ziegler's  Bei- 
bildung,    ^j.äge  Bd.  18)  ausführliche  Untersuchungen.    Er  fand,  dass  das  CoUoid 
in  Zellen    gebildet    und    in   Gestalt    von   Tropfen    aus    ihnen   aus- 
gestossen  wird.     Durch  Lücken  zwischen  den  EpithelzeUen  tritt  das 
Colloid   aus   den  Follikeln  in  die   Lymphgefässe   über.  —  Eür   die 
Struma,      Struma  stellte  Reinbach  (ibid.  Bd.  16)  eine  andere  Art  der  CoUoid- 
Reinbach.      bildung  fest.    Die  wuchernden  und  desquamirenden  Zellen  gehen  bei 
der  Entstehung  der  homogenen  Substanz  völlig  zu  Gnmde. 

Bemerkenswerthe  Beobachtungen  über  die  Wirkung  des 
Thyreoidis-  Drüsenmaterials  der  Thyreoidea  machte  Lanz  (Deutsche  med. 
muB,  Wochenschr.  S.  597).  Er  prüfte  die  Angaben,  dass  nach  Ver- 
abreichung  von  Thyreoidintabletten  verschiedene  Vergiftungserschei- 
nungen beobachtet  wurden,  auf  experimentellem  Wege  und  fand 
Folgendes:  Der  Thyreoidismus  (d.  h.  jene  Vergiftung)  wird  theils 
durch  zersetztes  Drüsenmaterial,  theils  durch  die  specifische  Wirkung 
desselben  hervorgerufen,  ist  aber  in  letzterem  Falle  je  nach  Pro- 
venienz des  Materials  und  Art  des  Versuchsthieres  verschieden.  Das 
toxische  Princip  der  Thyreoidea  kann  durch  die  Placenla  oder  durch 
die  Milch  auf  alle  Föten  übergehen. 

2«  Gircnlationsorgrane. 

Pericarditis  Banti  (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  Nr.  5)  gewann  in  zwei  neuen 

Banti.        Fällen  von  Pericarditis  bei  Urämie  dasselbe  Resultat  wie  früher, 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       37 

d.  h.   er  vermisste   alle   Bacterien.     Er  hält   die  Aifection   also   für 
eine  rein  toxische,  für  eine  Pericarditis  uraemica.  —  Ueber  das  Ge- 
wicht des  Herzens  bei  Tuberculosen  machte  Oppenheimer       Herz- 
(Münch.   med.  Wochenschr.   Nr.  20)   Mittheüungen.     Er  fand,   dass  gewicht^bei 
es  sich  im  Vergleich  zum  Gesammtkörpergewicht  vor  der  Pubertät     culösen 
so  verhält,  wie  bei  normalen  Individuen,  dass  es  aber  von  da  ab  an  Oppenheimer. 
relativer  Grösse  zurückbleibt.    Das  Herz  des  Phthisikers  wäre  danach 
zu  klein,  und  die  Therapie  hätte  vor  allem  auf  eine  Kräftigung  des 
Herzens  auszugehen,   die  um  so  wichtiger  sei,   als   das   zu  geringe 
Gewicht  nicht  infolge  der  Tuberculose   sich  einstelle,   sondern  um- 
gekehrt zur  Tuberculose  disponire.  —  Schamschin  (Ziegler's  Bei-      Vagus- 
träge Bd.  18)  untersuchte  experimentell  die  Wirkung  der  Vagus-      ^^^-^ 
durchschneidung   auf  das  Herz.     Er   fand   keine  Atrophie   oder    schamschin. 
Hypertrophie  der  Muskelfasern  und  fasst  die  Wirkung  des  Nerven 
nicht  als   eine  trophische,   sondern  als   eine  regulirende,   die  Blut- 
zufuhr modificirende  auf.     Davon  sind  die  geringen  Veränderungen, 
die  er  fand,  abhängig,  nämlich  leichte  fettige  Degeneration,  besonders 
aber  kömige  Beschaffenheit  der  Zellen.    Er  studirte  femer  das  Herz 
bei  Diphtherie   und   sah  theils  eine  hyaline  und  wachsartige  De- 
generation  der  Muskelfasern,   theils  Fettentartung.     Er  machte  die 
toxische  Substanz   der  Diphtherie   für  die  Veränderung  verantwort- 
lich. —  Thrombenähnliche  Bildungen  im  Herzen  wurden  von 
Bostroem  (Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  55)  beschrieben.     Bei  einem  Thromben- 
neugeborenen  Kinde  fand  er  in  der  Wand  des  rechten  Vorhofs  eine     ähnliche 
ihn  fast  ganz  ausfüllende  geschwnlstähnliche  Prominenz,  die  sich  als^jg^jj^^^ens 
eine   Blutung   in  der  Wand  erwies.     Er  beschrieb  ferner  mehrere     Bostroem. 
Fälle  von  Varicen  der  Vorhöfe,  entstanden  in  der  Scheidewand.    Sie 
sprangen  als  kleinere  und  grössere  Knoten  in  das  Lumen  vor.    Die 
Litteratur  verzeichnet  zehn  Fälle.     Ein  solcher  Varix  war  in  einem 
weiteren  Falle  abgerissen  und  in  die  Pulmonalarterie  hineingetrieben 
worden.    Er  theilte  femer  die  Beobachtung  über  einen  als  Thrombus 
bezeichneten  Körper  mit,   der  sich  bei  genauer  Untersuchung  eben- 
falls  als  Varix   erwies.   —   Histologische   Untersuchungen  über  die 
Endocarditis   stellte  Veraguth   (Virchow's  Archiv  Bd.  139)   an.        Endo- 
Er  betonte  zunächst,  dass  es  auch  physiologische  Klappenverdickungen     carditis, 
gibt,  die  den  endocarditischen  gleichen,  bei  denen  aber  die  Structur 
der  Klappe,  von  der  Verdickung  der  einzelnen  Schichten  abgesehen, 
unverändert  ist.    Die  Endocarditis  selbst  beginnt  nicht  wie  in  anderen 
Geweben  mit  dem  Auftreten  von  Leukocyten,  da  ja  die  Gefässe  in 
der  Klappe  fehlen.     Das  erste  ist  vielmehr  eine  Vergrösserung  und 
Wucherung  der  fixen  Elemente.     Diese  Erscheinung  muss  also  zur 


38 


Ribbert. 


Entzündung  gerechnet  werden.    Erst  wenn  die  Klappe  durch  Hinein- 
wachsen von  Gefässen  vascularisirt  worden  ist,  treten  bei  fortdauernder 
Endo-        oder  neuer  Entzündung  auch  Leukocyten  auf.  —  Biondi  (Centralbl. 

car  1    8    ei  £    patholoß.    Anat.    Xr.  3    u.   4)    wandte    den    endocarditischen 
Tabercnlose,  .  . 

Biondi.  Efflorescenzen  bei  Tuberculosen  seine  Aufmerksamkeit  zu.  Er 
fand  niemals  Bacillen  in  der  Klappe  oder  in  dem  Thrombus,  auch 
fehlte  jede  zellige  Infiltration  in  ersterer.  Er  hält  die  Thromben 
auf  der  Klappe  fiir  marantische.  —  Als  Ursache  der  Compen- 
sationsstörungen  bei  Herzklappenfehlem  betrachtet  Banti  (ibid. 
Nr.  13  u.  14)  eine  bindegewebige  Wucherung  im  Myocard,  welche 
sich  als  Folge  der  durch  den  Klappenfehler  bedingten  venösen 
Stauung  ausbildet.  Diese  fuhrt  zunächst  zu  einer  Schädigung  der 
Muskelfasern,  dann,  wie  in  anderen  Organen,  ziu:  Bindegewebs- 
vermehrung.  Beide  Erscheinungen  verstärken  sich  durch  einen  Cir- 
culus  vitiosus  gegenseitig  immer  aufs  neue.  —  Deteindre  (Dissert. 
Zürich)  besprach  das  Vorkommen  von  nur  zwei  Aortenklappen. 
Er  konnte  mehrere  Fälle  mittheilen.  Die  auf  primäre  Bildungs- 
hemmung zurückzuführende  Anomalie  kann  folgenlos  bleiben,  aber 
auch,  wenn  zu  hohe  Ansprüche  an  die  weniger  widerstandsfähigen 
Klappen  gestellt  werden,  zu  einer  Insufficienz  führen.  Mit  ihr  ver- 
binden sich  gern  aneurysmatische  Ausbuchtungen  der  Aorta.  — 
Moesly  (ibid.)  untersuchte  in  einem  solchen  Falle  die  grössere  Klappe 
auf  Schnitten.  Er  sah  in  ihr  keine  AnomaHe  der  Schichten  und 
als  Rest  des  abnormen  embryonalen  Vorganges  nur  eine  leisten- 
förmige  Verdickung  auf  dem  inneren  Endocard.  Die  Anomalie  muss 
also  in  die  früheste  Zeit  der  Klappenbildung  verlegt  werden.  — 
Dies  nahm  auch  Ucke  (Virchow's  Archiv  Bd.  140)  an,  der  ebenfalls 
bei  einem  Erwachsenen  zweitheilige  Aortenklappen  beschrieb, 
ohne  daHs  die  Anomalie  im  Leben  nachzuweisen  gewesen  wäre. 


Ursachen 

der 

Compen- 

sations- 

Störung, 

Banti. 


Aorten- 
klappen, 
Deteindre, 


Moesly, 


Ucke. 


Wendeler. 


Arteriitis  Ueber  syphilitische  Arterienentzündung  berichtete  Wen- 

'^i&!!"liV,"'  ^^ler  (Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55).  Er  glaubt,  ein  Kriterium  für 
dieselbe  darin  gefunden  zu  haben,  dass  sich  oft  in  dem  verdickten 
Intimagewebe  in  der  Nähe  des  bleibenden  Lumens  eine  neue  elastische 
Membrana  fenestrata  bilde,  was  ohne  Syphilis  nicht  der  Fall  sei. 
Ein  Fehlen  dieser  neuen  Membran  beweise  freilich  nichts  gegen 
Lues.  —  Ueber  syphilitische  Erkrankung  der  Aorta  machte 
Dohle  (ibid.)  Mittheilungen.  Er  sieht  das  Charakteristicum  der- 
selben in  strahligen,  narbigen  Einziehungen  und  grubenformigen  Ver- 
tiefungen, neben  denen  Endarteriitis  bestehen  kann.  Jene  Verände- 
rungen   entstehen    durch   Retraction   bindegewebiger   Wucherungen 


Döhlfl. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       39 

der  Media.     Verf.  ist  ferner  der  Meinung,   dass   durch  die  Wider- 
standsherabsetzung,  welche  die  Media  infolge  der  Entzündung  er- 
leidet, Aneurysmen  bedingt  werden  können.  —  Zur  Bildung   der 
Aneurysmen  stehen  auch  die  Untersuchungen  H i  1  b e r t*s  ( Vircho w's   Genese  der 
Archiv  Bd.  142)  in  Beziehung.   Er  fand,  dass  die  elastischen  Lamellen  ^^®V^"™®'*' 
der   Intima    der   Aorta   und    der    Carotiden,    weniger   der   anderen 
Arterien  schon  bei  gesunden  Menschen  regelmässig  Unterbrechungen 
zeigen,   die   er  Rupturen   nennt,   dass  dieselben   aber  bei  häufigen 
Blutdrucksteigerungen   und   bei  Herzfehlem,    insbesondere   bei  In- 
sufficienz  der  Aorta  an  Umfang   zunehmen.     Dasselbe   tritt  ein  bei 
Störungen  der  Ernährung   der  Aortenwand,    die    zu   Sklerose  und 
Aneurysmen  führt.    Er  ist  demnach  geneigt,  bei  diesen  Erkrankungen 
in  jenen  Rissen  die  primäre  Erscheinung  zu  sehen.  —  Eine  Aorten-      Aorten- 
ruptur auf  tuberculöser  Grundlage  beschrieb  Kamen  (Zieg-      'uptur, 
1er 's  Beiträge  Bd.  17).     Die  Ruptur  fand  sich  4  cm  oberhalb   der 
Klappen  und  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  einer  tuberculösen,  ver- 
kästen Lymphdrüse.    Da,  wo  diese  der  Wand  anlag,  war  die  Media 
in  Bindegewebe  umgewandelt  und  in  der  Umgebung  zellig  infiltrirt.  — 
Experimentelle    Studien    über    Phlebitis    machte    Freudweiler    Phlebitis, 
(Virchow's  Archiv  Bd.  141).     Er  injicirte  nach   dem  Vorgange  des   Freudweiler. 
Ref.  in  Venen  eine  Jodlösung   und  stellte   die   dann   in   der  Wand 
eintretenden  Entzündungserscheinungen  fest.    Die  Latimaendotheüen 
wurden   gross   und  vermehrten    sich.     Dasselbe   thaten  die  Binde- 
gewebszellen der  Media.     Aus  den  Vasa  vasorum  erfolgte  eine  Emi- 
gration,  die  bis  in   das  Lumen  vorschritt.     Die  Heilung  führte  zur 
bindegewebigen  Verdichtung  der  Venenwand. 

Anhang.     Milz. 

Oestreich  (Virchow's  Archiv  Bd.  142)  fand  bei  Untersuchung     Milz  bei 

der  Milz  nach  Lebercirrhose,  dass  die  meist  verantwortlich  ge-       ^©ber- 

.  ,  oirrhose, 

machte   Stauung  nicht   die   ihr  zugeschriebene  RoUe  bei  den  Ver-     Oestreich. 

-änderungen   des  Organs  spielt.     Er  findet,   dass  zunächst  die  Milz 

imter  irritativen  Erscheinungen   erkrankt  und  dass  erst  später  sich 

Bindegewebswucherung  und  Atrophie  daran  anschliessen  kann.   Die 

Milzveränderungen  entstehen   daher  aus  dem  gleichen  Grunde  wie 

die  Lebercirrhose. 

« 

8.  Terdannngrsorgrano* 

Ueber  die  Stomatitis  aphthosastellte  Jadassohn  (Vortrag,  stomatitiB, 
Schles.  Ges.  f.  vaterl.  Cultur)  Untersuchungen  an.   Er  kam  in  Ueber-     ^^^^^^' 


40  Ribbei-t. 

einstiminung  mit  E.  Fraenkel  zu  dem  Schluss,   dass  die  Erkran- 
kung wie  die  Impetigo   der  Haut  für  gewöhnlich  durch  Staphylo- 
kokken veranlasst  werde.   —  Mehrere  Fälle  von  Knochen-  und 
Tonsillar-    Knorpelbildung    in    den    Tonsillen    beobachtete    Deichert 
knochen,     (Virchow's  Archiv  Bd.  141).     Er  betrachtete   die   Gebilde   als   ent- 
standen auf  Grund  einer   embryonalen  Abschnürung   vom    zweiten 
Kiemenbogen.     Dafür  sprach  auch  die  in   einem  Falle  vorhandene 
isolirte  Knochenbildung  am  Ligamentum  stylohyoideum.  —  Im  Sinus 
pyriformis  fand  Gsell  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  21) 
Flimmer-     eine  Cyste  mit  Flimmerepithel,  welche  er  aus  einer  Entwicke- 
<iy»tej       lungsstörung   der   vierten  Kiemenfurche   ableitete.    —   K.  Zenker 
Oesophagus-  (I^öiitsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  55)   beschrieb   einen  Fall  von 
tuberculose,  stricturirender    und    zwei   Fälle   von    fortgeleiteter    Oesophagus- 
Zenker.       tuberculose.   Die  erstere  muss  aus  einer Inoculation  von  Bacillen  in 
Sanduhr-     die  Schleimhaut  erklärt  werden.  —  Hirsch  (Virch.  Archiv  Bd.  140) 

«nagen,      secirte  einen  Fall  hochgradigen  Sanduhr magens  bei  einer  67jäh- 
Hirsch.  o         «=»  t?  u 

rigen  Frau.    Da  erhebliche  Narbenveränderungen  am  Magen  fehlten^ 
hielt  er  die  Veränderung  für  eine  congenitale. 

Magen-  Ein  Divertikel  des  Magens  beobachtete  He  übel  (Deutsches 

divertikel,  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  55).    An  der  kleinen  Curvatur  sass  ein  an 

Heubel 

den  Ductus  pancreaticus  angeheftetes,  1  cm  langes  Divertikel  mit  */«  cm 
grosser  Eingangsöffhung.  Es  ist  entstanden  zu  denken  auf  Grund 
primärer  Verwachsung  und  daran  anschliessenden  Zugs  an  der  Magen- 
wand. —  Ueber  ein  mykotisch-p optisches  Magengeschwür 
Magen-      machte  Nauwerck  Mittheilung  (Münch.  med.  Wochenschr  Nr.  3B 

geschwür,    ^    39)      ß^i  ^^^^  YaM  von  Endocarditis   bei  Polyarthritis  fand  er 
Nauwerck.      /.  ,  .  .  . 

folgende  Entwickelungsstadien   des   Geschwürs:   Capillarverstopfung 

durch  Kokkencolonieen,  Nekrose  von  Drüsen,  Geschwürsbildung  aus 

den  Nekrosen  und  Blutung  im  Hand  und  Grund.     Dieselbe  Genese 

dürfte  insbesondere  in  Fällen  primärer  Endocarditis  häufiger  eine 

RoUe  spielen,  doch  schliesst  Verf.  die  anderen  Entstehungsursachen 

Gascysten  nicht  aus.  —  Winands  (Ziegler 's  Beitr.  Bd.  17)  untersuchte  einen 

*™        ™'     Fall  von  Gascysten  des  Darms.     Die   Cysten  fanden   sich   in 
Winands.       ,       ^x  j  t    •  ...  o- 

der  Darmwand  und  in  peritonitischen  Verwachsungen.     Sie   waren 

keine  postmortalen  Fäulnisserscheinungen,  sondern  hatten  eine  selb- 
ständige Wand  und  bestanden  daher  schon  länger.   Dementsprechend 
fanden   sich   in   ihrer  Wand   wie  in  früheren   Fällen  Riesenzellen. 
Enteritis    Aetiologisch  ergaben  sich  keine  neuen  Anhaltspunkte.  —  Eine  En- 
monosa,      teritis  phlegmonosa  beschrieb  Askanazy  (Centralbl.  f.  pathol. 
Aakanazy.      Anat.  Nr.  8).    Im  Jejunum  fand  sich  auf  ^/s  m  Länge  eine  submucöse, 


-^^ 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       41 

bis  zur  Serosa  reichende  und  Peritonitis  veranlassende  Eiterung.   Sie 
vmrde   durch  die  pyogenen  Kokken  bedingt.     Aetiologisch  kam  ein 
indirectes    Trauma   in   Betracht,    an   das   sich  die  Erkrankung  an- 
schloss.  —  Einen  eigenthümUchen  Fall  von  intestinaler  Syphilis 
theilte  Buday   (Virchow's  Archiv  Bd.  141)   mit.     Es  fanden  sich  intestinale 
ausser   Leberveränderungen   geschwürige   Processe   im   Magen   und       ^^  ^   ^' 
Darm,   die  in  ersterem  an  Ulcera  rotunda,  in  letzterem  an  Typhus- 
geschwüre   erinnerten.     Die  Histologie  mit  ihrer  raschen  Neigung 
zu  Fettmetamorphose  des  die  Processe  begrenzenden  Gewebes  sprach 
aber  für  Syphilis.     Auffallend  war  femer  die  enorme  tumorähnliche 
Vergrösserung  der  mesenterialen  Lymphdrüsen.  —  An  der  Hand  von 
neun  Fällen  s  t  r  i  c  t  u  r  i  r  e  n  d  er  Mastdarmgeschwüre   kam 
E.  Fraenkel  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  24)  im  Gegensatz  zu    Mastdarm- 
anderen Beobachtern  zu  dem  Schluss,  dass  sie  auf  Syphilis  zurück-  ^^^^nk" 
zufuhren  seien,    während    er   die  von   anderen  Seiten   als   ein  ätio- 
logisches  Moment   angeführte  Drucknekrose   durch  Kothballen  nur 
als  eine  disponirende  Veränderung  gelten  lassen  will. 

Li  einer  ausführlichen  Arbeit  über  die  pathologische  Ana- 
tomie des  Pankreas  kam  Dieckhoff  (Festschr.  f.  Thierfelder)    Pankreas 
unter  anderem  bezüglich  des  Diabetes  zu  folgenden  Schlüssen :  Li  zahl-^         V^^ 
reichen  Fällen  ist  die  einzige  Ursache  des  Diabetes  eine  Pankreas-     Dieckhoff. 
erkrankung,  die  ihn  am  leichtesten  hervorruft,   wenn  sie  diifus  ist. 
Pankreaserkrankungen  fuhren  aber  nicht  immer  zum  Diabetes. 

« 

Li  Fällen  von  acuter  gelber  Atrophie  sahen  Meder  und  Acute  gelbe 
Marchand   (Ziegler's   Beitr.  Bd.  17)    ausgedehnte    Kegenerations-'^*'^®^^*®  ^^^ 
erscheinungen.      Diese    gingen   von    den   Gallengängen    aus ,    deren      Meder  u. 
wuchernde  Zellen  sich  in  ausgebildete  neue  Leberzellen  umwandelten     Marchand. 
und  in   einem  Falle   zur  Neubildung   von  Leberzellenbalken  geführt 
hatten,  in  einem  solchen  Umfange,  dass  daraus  makroskopisch  sicht- 
bare  Heerde    entstanden    waren.    —    Nach   Unterbindung   der 
Leberarterie  sah  Jansen  (ibid.)  multiple  kleinere  und  grössere       Unter- 
Nekrosen auftreten,  die  sich  theils  in  Cysten  umwandelten,  theils       t^v^.   ^^ 
zu  einer  Bindegewebswucherung  Veranlassung  gaben.   Durch  Nekrose      arterie, 
von  Gallengängen  entsteht  Gallen  Stauung.     Gallengänge  und  Leber-       Janson. 
Zellen  proliferiren.   Dmochowski  und  Janowski  (ibid.  Bd.  16)  be-   Cysten  der 
schrieben  einen  Fall  von  cystischer  Entartung  der  Leber  und  Nieren,  p^o^^o^g^i  u 
Erstere  ging  von  einer  Wucherung  und  Dilatation  der  Gallengänge     Janowski. 
aus.     Da  sich  auch  Bindegewebe  um  diese  entwickelte,  so  sprechen 
Verff.  von  einem  Fibroadenoma  cystoides. 


42  Ribbert. 

Adeno-  Siegenbeek  van  Heukelom  (ibid.  Bd.  16)  theilte  Beobach- 

carcinom    tungen   über  das  Adenocarcinom   der  Leber  bei   Cirrhose 
der  Leber,        ,  . 

Siegenbeek  van  ™^*-     I^i©   Geschwulstentwickelung   geht  meist  von  den  Leberzellen 

Heukelom.     aus,  ist  anfangs  trabeculär,  später  mehr  alveolär.   Der  Tumor  wächst 

durch   eine  Art  Infection  der  Nachbarschaft,   nicht  aus  sich  heraus 

Leber-       durch   Verdrängung.   —   De  Jong    (Dissert.    Leiden)   machte    aus- 

^d' "j  ^ * ^'  gedehnte  Untersuchungen  über  Lebercirrhose.  Die  Grösse  der 
Leber  lässt  keinen  Schluss  auf  die  interacinöse  oder  intraacinöse  Art 
der  Bindegewebswucherung  zu.  Die  neuen  Gallencapillaren  entstehen 
aus  einer  Umwandlung  von  LeberzeUenbalken.  Die  Cirrhose  ist  der 
Ausdruck  einer  Allgemeinerkrankung,  die  in  Darmprocessen  ihre 
Grundlage  hat.  Die  Milzvergrösserung  ist  zum  Theil  abhängig  von 
bindegewebigen  Wucherungsprocessen  in  ihr. 

Resorption  Die  Resorption   aus  der  Peritonealhöhle   erfolgt   nach 

vom         Muscatello  (Virchow's  Archiv  Bd.  142)  sehr  schnell,  wie  ja  auch 
Peritoneum,  ,  /-><  •  ■« 

Muscatello.     allgemein  bekannt,   durch  das  Centrum  tendineum  des  Zwerchfells. 

Dagegen  findet  nach  seinen  Untersuchungen  in  der  übrigen  Bauch- 
höhle keine  Resorption  statt.  Wenn  bei  Aufsaugung  von  Farbstoff- 
partikeln diese  auch  in  den  mesenterialen  Drüsen  erscheinen,  so  ge- 
langen sie  dahin  auf  einem  Umwege,  indem  sie  zunächst  durch  das 
Zwerchfell  nach  oben  und  ins  Blut  treten,  dann  in  Leber  und  Milz 
und  von  hier  aus  in  die  zugehörigen  Lymphdrüsen  gelangen.  An 
der  Resorption  sind  Leukocyten  lebhaft  betheiUgt. 

4.  Harnorg^ane. 

Im  Gegensatz  zu  v.  Wunschheim,  der  in  einem  im  ver- 
gangenen Jahre  referirten  Aufsatz  zu  dem  Resultat  gekommen  war, 
dass   die   ascendirende  Nephritis   sich  typisch  von  einer  auf 

Bacterielle  hämatogenem  Wege  entstandenen  unterscheide,  hat  Orth  (Ges.  der 
^OrUi  *'  ^^^^*  ^  Göttingen,  H.  1)  hervorgehoben,  dass  auch  durch  Aus- 
scheidung von  Bacterien  durch  die  Niere  das  Bild  einer  ascendirenden 
Erkrankung  entstehen  könne.  Die  sich  in  den  geraden  Harnkanälchen 
festsetzenden  Organismen  rufen  dieselben  streifenförmigen  Abscesse 

V  Wunschheim,  hervor,  v.  Wunschheim  (Prag.  med.  Wochenschr.)  hat  dann  seine 
Auffassung  wieder  vertheidigt  und  betont,  dass  eine  Unterscheidung 
deshalb  leicht  sei,  weil  bei  der  descendirenden  Form  wohl  inuner 
Bacterien  auch  in  Gefässen  des  Markes  zu  finden  sein  würden.  Er 
will  die  Ausscheidungsnephritis  durchaus  nicht  in  Abrede  stellen, 
nur  soll  sie  nicht  so  typische  Verhältnisse  erzeugen.    Orth  sah  eine 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       43 

Stütze  seiner  Darstellung  auch  in  der  folgenden  Arbeit,  in  welcher  Nieren- 
Meyer  (Virchow's  Arch.  Bd.  141)  die  Entstehung  der  Miliar- *"^®"'*^°^^' 
tuberculose  der  Niere,  insbesondere  der  Marksubstanz,  fest- 
zustellen suchte.  Er  fand  Bacillen  in  grosser  Menge  in  den  Ham- 
kanälchen,  und  da  er  ein  Eindringen  in  dieselben  aus  der  Umgebung 
ausschliessen  musste,  so  leitete  er  sie  von  den  Glomerulis  ab,  sah 
also  die  Erkrankung  als  eine  Ausscheidungstuberculose  an.  Durch 
die  normalen  Glomeruli  treten  freilich  keine  Bacillen  hindurch,  aber 
sie  brauchen  auch  keine  hochgradigen  Veränderungen  zu  zeigen.  — 
Ueber  die  Genese  der  Cy  stenniere  machte  Mutach  (ibid.  Bd.  142)  Cystenniere, 
Mittheilungen.  Er  konnte  zwei  typische  Fälle  congenitaler  Cysten-  Mutach. 
niere  untersuchen,  in  denen  kein  Nierenbecken  vorhanden  war.  Er 
stellte  fest,  dass  die  Cysten  zum  Theil  nicht  abgeschlossen  waren, 
sondern  durch  zwei  oder  mehrere  Kanälchen  mit  dem  scheinbar 
blinden  Ende  des  Ureters  in  Verbindung  standen,  dass  also  keine 
völlige  Markkegelatrophie  bestand.  Die  Reichlichkeit  und  Beschaffen- 
heit des  Bindegewebes,  die  Gegenwart  hyalinen  Ejiorpels  in  dem- 
selben veranlassen  den  Verf.  die  Cystenniere  als  eine  Entwickelungs- 
störung  aufzufassen,  die  sich  auf  Grund  der  Nierengenese  ja  leicht 
erklären  lässt.  —  v.  Kahlden  (Ziegler *s  Beiträge  Bd.  16)  berichtete  üreteritis 
über  die  Üreteritis  cystica.  Er  leitete  die  multiplen  Cysten  aus  ^  v*A\^*' 
Epithelverdickungen  ab,  die  sich  nachher  aushöhlen.  In  den  Cysten 
fand  er  grössere  und  kleinere  sich  mit  Eosin  intensiv  färbende,  vor- 
wiegend runde  Körper,  von  denen  die  kleinsten  ein  rothes  Blut- 
körperchen an  Grösse  nicht  erreichten.  Ferner  fand  er  kleinere, 
scharf  contourirte,  runde  und  sichelförmige  Gebilde,  die  sich  mit  Eosin 
nur  wenig,  mit  Hämatoxylin  zum  Theil  dunkel  färbten.  Verf.  hält 
alle  diese  Dinge  für  Entwickelungsstufen  eines  Protozoon.  In  zwei 
von  ihm  untersuchten  Fällen  zeigten  die  Gebilde  grosse  Verschieden- 
heiten, so  dass  Verf.  an  die  Möglichkeit  zweier  Protozoenarten 
denkt. 

Anhang.     Nebenniere. 


Rolleston  (Brit.  med.  Journal,  6.  April)  veröffentlichte  einen 
Aufsatz  über  die  Function,  Structur  und  Neubildungen  der  Neben- 
niere und  über  ihre  Beziehung  zum  Morbus  Addisonii.  Er  kam  zu 
dem  Schluss,  dass  diese  Krankheit  in  einer  ungenügenden  Function 
der  Nebenniere  ihren  Grund  habe,  ohne  entscheiden  zu  können,  ob 
dieser  Ausfall  eine  toxische  Beschaffenheit  des  Blutes  oder  eine 
allgemeine  Atonie    zur  Folge    habe.   —    Friedland    (Prager   med. 


Neben- 

nieren- 

erkran- 

kungen, 

RolleBton. 


44  Ribbert. 

Accesso-     Wochenschr.  Nr.  12)   sah    bei   gleichseitigem  Conflux   eines  Ureters 

risehe       ^^^^^  eines  Vas  deferens  accessorische  Nebennieren  in  beiden 

Neben- 

n leren,      Samensträngen,   ohne  diesen  Befund  mit  jener  MLssbildung  in  Zu- 

Friedland,     sammenhang  setzen  zu  wollen. 

5.  Qeschleehtsorgrane. 

Involution  Broers  (Virchow's  Arch.  Bd.  141,  S.  72)   untersuchte   die  In- 

des Uterus,  volution  des  puerperalen  Uterus  bei  Kaninchen  und  kam  zu 
dem  Schluss,  dass  die  Verkleinerung  desselben  post  partum  zunächst 
auf  einer  Ausstossung  von  Glykogen  aus  den  Muskelfasern,  auch 
der  Gefasswände  beruht.  Daran  schliesst  sich  fettige  Degeneration 
der  Muskelfasern  und  ebenfalls  Ausstossung  der  Fetttropfen.  Gly- 
kogen und  Fetttropfen  werden  resorbirt,  die  letzteren  ziemlich  lang- 
Eklampsie,  sam.  —  Leusden  (ibid.  Bd.  142)  studirte  zwei  Fälle  von  Eklampsie. 
Lensden.  j^^  bestätigte  das  Vorkonmien  von  Placentarriesenzellen  in  den  Lungen, 
von  hyalinen  Thromben  in  Lunge  und  Leber  und  Nekrosen  in  letzterer. 
Er  fasst  aber  die  RiesenzellenemboUe  nur  ala  ein  accidenteUes  Er- 
eigniss  auf.  Der  wesentlichste  anatomische  Befund  sei  die  Nieren- 
erkrankung, die  ihren  wichtigsten  Ausdruck  in  einer  Verlegung  der 
Capillarschlingen  der  Glomeruli  durch  hyaline  Massen  findet,  die  aber 
keine  Fibrinfarbung  geben.  Die  Hamkanälchen  zeigen  degenerative 
Zustände.  Verf.  stellt  die  Nierenaifection  im  Bilde  der  Eklampsie 
in  den  Vordergrund  imd  macht  sie  wie  die  anderen  Organerkrankungen 
abhängig  von  toxischen,  im  Blute  kreisenden  Substanzen,  deren  Her- 
Uterus-      kunfb  allerdings  unaufgeklärt  ist.  —  Seelig  (ibid.  Bd.  142)  berichtete 

carcinom,    ^^^j.  ^[q  Ausbreitung  des  Uteruscarcinoms  im  Bereiche  des 
Se6li<?.  . 

Genitaltractus.    Das  Carcinom  wuchert  hauptsächlich  in  den  Lymph- 

geßissen,  und  zwar  stets  continuirUch,  nicht  metastatisch,  aber  viel- 
leicht auch  auf  Gnmd  einer  Implantation  bei  Operationen.  Das 
Portiocarcinom  beginnt  meist  in  den  tieferen,  der  CoUumkrebs  meist 
in  den  oberen  Schleimhautschichten.  Gelangt  der  Tumor  an  Drüsen, 
so  werden  sie  durch  ihn  verdrängt.  —  Ueber  die  freien  Körper  der 
Freie        Tunica  vaginalis  stellte  Sultan  (ibid.  Bd.  140)  Untersuchungen  an. 

Körper  der  gj.  fa^^  in   derselben  in   einem  FaUe    10000—12  000  Körper,    die 

Tnnica  . 

vaginalis     ^^^^  ^^^  ZeUschuppen,  Detritus  und  concentrisch  geschichteten  Ge- 

Snltan.  bilden  zusammensetzten.  Letztere  hatten  ein  kugeliges  hyalines 
Centrum.  Er  leitet  sie  ab  aus  hyalin  degenerirten  Scheidenzotten, 
da  er  an  einzebien  von  ihnen  noch  ein  centrales  Gefäss  nachweisen 
konnte,  welches  sich  in  anderen  Zotten  in  jenen  Centralkörper  um- 
gewandelt hatte.    Die  Lmenfläche  der  Tunica  zeigte  im  übrigen  theils 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       45 

fibrinoide  Degeneration,  theils  mehrschichtigen  Endothel-  oder  Epi- 
dermisüberzug. 

6.  Bewegrnngrsorgrane« 


Stoeltzner  (Virchow's  Arch.  Bd.  141)  berichtete  über  zwei  Fälle 
vorgeschrittener  Knochenerweichung  einer  wegen  Fractur  ver- 
tical  sospendirten  Extremität  bei  rachitischen  Kindern.  Den  einen 
Fall  konnte  er  untersuchen.  Die  suspendirte  Extremität  zeigte  bei 
Heilung  der  Fracturen  erhebliche  Atrophie  der  gesammten  Knochen- 
substanz. Die  rachitischen  osteoiden  Zonen  und  die  kalkhaltigen 
Theile  waren  erheblich  reducirt,  letztere  unter  Mitwirkung  von 
Riesenzellen.  An  der  Atrophie  hatten  verminderte  Apposition  und 
verstärkte  Resorption  Antheil.  Ursächlich  kam  die  durch  die  Sus- 
pension bedingte  Anämie  in  Betracht,  durch  welche  nach  Ansicht 
des  Verf. 's  Knocheneinschmelzung  bedingt  wird.  —  Barth  (Ziegler's 
Beiträge  Bd.  18)  beobachtete  den  Verlauf  einer  Implantation 
lebenden  und  todten  Knochens  in  Kjiochenwunden.  Er  fand, 
dass  völlig  aus  dem  Zusammenhang  getrennte  Theile  stets  dem 
Untergang  verfallen  und  günstigstenfalls  durch  neuen  Knochen  er- 
setzt werden.  Todter  Knochen  wirkt,  in  Defecte  eingebracht,  an- 
regend auf  die  regenerativen  Wucherungsprocesse  und  auf  die  Ossi- 
iication  des  neuen  Gewebes.  Auch  Schwammstücke  haben  eine 
ähnliche,  aber  geringere  Wirkung.  Dass  jene  besser  wirkt,  liegt  an 
dem  Kalkgehalt  des  implantirten  Stückes.  Soll  die  Heilung  gut  vor 
sich  gehen,  so  müssen  die  eingepflanzten  Kjiochen  dem  Defectrande 
anliegen.  —  In  einer  Arbeit  zur  Morphologie  und  Biologie 
der  Zellen  des  Knochenmarks  zeigte  Arnold  (Virchow's 
Archiv  Bd.  140)  neben  vielen  histologischen  Einzelheiten,  dass  in  das 
Mark  eingeführte  Fremdkörper,  meist  an  Zellen  gebunden,  und  dass 
auch  Knochenmarkriesenzellen  in  das  Blut  übertreten  können. 


Knochen- 
atrophie, 
Stoeltzner. 


Knocben- 
implanta- 

tion, 

Barth. 


Knochen- 
mark, 
Arnold. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

1.  Bacteriologie. 

Baumgarten,  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von 
den  pathogenen  Mikroorganismen,  umfassend  Bacterien,  Pilze  und 
Protozoen.     Harald  Bruhn.    Braunschweig.     Bericht  für  1893. 

C.  Günther,  Einführung  in  das  Studium  der  Bacteriologie.  4.  Aufl. 
Leipzig. 

F.  Hueppe,  Naturwissenschaftliche  EinfÜhnmg  in  die  Bacteriologie.  Wies- 
baden. 


46  Ribbert. 

A.  Stavenhagen,  Einführung  in  das  Studium  der  Bacteriologie.    Stuttgart. 
G.  Itzerott  und  F.  Niemann,  Mikrophotographischer  Atlas  der  Bacterien- 
kunde.    Leipzig. 

2.  Pathologische  Anatomie. 

Birch-Hirschfeld,  Lehrbuch  der  pathologischen  Anatomie.  2.  Bd., 
2.  Hälfte.    Leipzig. 

Ziegler,  Lehrbuch  der  allgemeinen  und  speciellen  pathologischen  Ana- 
tomie.   8.  Aufl.    2.  Bd.    Specielle  pathologische  Anatomie.   Jena. 

Langerhans,   Grundriss  der  pathologischen  Anatomie.    2.  Aufl.   Berlin. 

0.  Bolllinger,  Atlas  und  Grundriss  der  pathologischen  Anatomie.  1.  Heft. 
Circulationsapparat.     München. 


n. 


Innere  Medicm. 


Kraase, 


1.  Krankheiten  des  Neryensystems. 

Von  Professor  Dr.  Seeligrmllller  in  Halle. 

A.  Allgemeines^). 

(Anatomie,  Physiologie  etc.) 

Krause  (Physiologie  des  Trigeminus  nach  Untersuchungen  Physiologie 
an  Menschen,  bei  denen  das  Ganglion  Gasseri  entfernt  worden  ist.  Münch.  .  ^®*, 
med.  Wochenschr.  Nr.  25  u.  ff.)  hat  an  den  von  ihm  operirten  Kranken 
Folgendes  constatirt:  dieAusfaUserscheinungen  sind  nicht  bei  allen  Operirten 
gleich ;  die  verschiedenen  Gefühlsqualitäten  bieten  nie  die  gleichen  Grenzen. 
Die  Anästhesie  wird  nach  Ausdehnung  und  Intensität  allmählich  kleiner. 
Auch  der  Geschmack  ist  auf  der  operirten  Seite  für  Süss,  Sauer  und  Salzig 
in  den  vorderen  zwei  Drittheilen  der  Zunge  beträchtlich  herabgesetzt  und 
ebenso  die  Geruchswahmehmung.  Neben  Lähmung  der  vom  dritten  Quintus- 
aate  versorgten  Muskeln  sind  auch  die  vom  Facialis  innervirten,  weil  sie 
ihrer  Sensibiliät  beraubt  sind,  beeinträchtigt  (sensomobile  Lähmung),  nament- 
lich in  der  unteren  Hälfte  des  Gesichts.  Infolge  von  Verlust  des  Muskel- 
gefühls macht  sich  eine  gewisse  Ataxie  bei  allen  mimischen  Bewegungen 
bemerkbar.  Trophische  Störungen  traten  nicht  am  Auge  ein,  da  der 
eventuelle  Schmutz  u.  dergl.  durch  den  synergischen  Lidschluss  auch  am 
anästhetischen  Auge  entfernt  wird;  die  Thränenabsonderung  dagegen  war 
in  allen  Fällen  auf  der  operirten  Seite  dauernd  vermindert. 

Biedl  (lieber  die  spinale  sog.  aufsteigende  Trigeminus- 
wurzel.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  33)  findet  zunächst  die  Bezeich- 
nung , aufsteigende"  Trigeminuswurzel  nicht  richtig,  da  die  Leitungsrichtung 
eine  absteigende  sei.  Richtiger  sei  die  Bezeichnung  „spinale"  oder  „Ro- 
lando'sche  Wurzel".  Anatomisch  hat  Verf.  durch  Thierversuche  nach- 
gewiesen,  dass   die   spinale  Wurzel  nach  complicirtem  Verlaufe  bis   zum 


Biedl. 


')  Vgl.  auch  Abschnitt  II,  3  S.  111  ff. 


48 


Seeligmüller. 


zweiten  Cervicalnerven  herabreicht,  da«8  ihre  Degenerationsrichtung  ab- 
steigend ist,  ebenso  ihre  Leitung.  Die  Fasern  sind  durchaus  sensibel,  doch 
finden  sich  auch  vasodilatatorische  Fasern  für  das  Gesicht  in  ihr. 


Algesio- 
meter, 

MotBclmt- 
kowBky. 


Motschutkowsky  (Ein  Apparat  zur  Prüfung  der  Schmerz- 
empfindung der  Haut.  —  Algesiometer.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  4) 
gibt  ein  Instrument  an ,  das  10  cm  lang  und  von  cylindrischer  Form  ist 
und  aus  8  Theilen,  einem  oberen  verdickten,  in  15  gleiche  Theile  zer- 
legten, einem  mittleren  Abschnitte  und  dem  1  cm  langen  Endgliede  be- 
steht, durch  dessen  1  mm  weite  Oeffiiung  mittels  Drehen  des  oberen  ver- 
dickten Theiles  sich  eine  Nadel  beliebig  weit  hervorschrauben  lässt.  Beim 
Fortschreiten  der  Umdrehung  um  je  einen  Theilstrich  tritt  die  Nadelspitze 
0,1  mm  vor.  —  Es  wird  bis  zur  ersten  wahrnehmbaren  Schmerzempfindung 
geschraubt.  In  der  ziffermässigen  Darstellung  der  Schmerzempfindung  be- 
steht der  Hauptvorzug  des  Instrumentes. 


Bulbo-  Hallion  und  Comte  (Arch.  de  Physiol.  norm,  et  path.  Nr.  1)  hatten 

medullärer  bereits  früher  bei  Gesunden  einen  bulbomedullären   Gefässreflex 
Gefäss- 


rcflcx, 

HaUion  u. 

Comte. 


Reflexe, 
Pandl. 


untersucht,  der  wesentlich  in  einer  eigenartigen  Verengerung  der  peripheren 
Gefasse  sich  zeigt,  sobald  man  die  Haut  mechanisch  reizt.  Diesen  Reflex 
haben  sie  sowohl  bei  Hysterischen  von  völlig  anästhetischen  Hautzonen  aus- 
lösen können,  als  auch  bei  der  B a s e d o w'schen  Krankheit;  bei  der  Sy- 
ringomyelie  dagegen  wurde  der  Reflex  in  den  anästhetischen  Gebieten  fast 
vollständig  oder  gänzlich  vermisst;  bei  spinaler  Kinderlähmung  trat  am 
gelähmten  Arme  Gef ässerweitemng ,  am  gesunden  die  normale  Gefäas- 
verengerung  ein,  bei  traumatischer  Neuritis  fehlte  der  Reflex  in  der 
anästhetischen  Zone. 

Pandl  (Der  corticale  Mechanismus  der  Reflexphäno- 
mene. Pflüger's  Arch.  Nr.  9)  findet  den  Satz,  dass  das  Rückenmark  (sub- 
corticale  Centren)  der  Sitz  der  Reflexphänomene  seien,  auf  Grund  physio- 
logischer und  pathologischer  Beobachtungen  nicht  richtig.  Besondere 
Beachtung  schenkt  er  den  „raschen"  Reflexen,  den  Sehnen-  und  Pupillar- 
reflexen. 

Namentlich  frische  Hemiplegieen ,  wo  Sehnenreflexe  und  willkürliche 
Bewegungen  ausbleiben  und  nach  und  nach  gemeinschaftlich  zurückkehren, 
wenn  die  corticale  Bahn  hergestellt  ist,  ebenso  die  Verengerung  der  Pupille 
auf  der  Seite  der  choreatischen  Körperhälfte  als  directe  Folge  der  von 
der  Hirnrinde  ausgehenden  Reize  sind  ihm  ein  Beweis,  dass  diese  Reflexe 
durch  die  Hinrinde  zu  Stande  kommen.  Dasselbe  gilt  von  den  langsamen 
Reflexen  wie  Schlucken  nach  Hemiplegie,  Harnlassen  bei  Angst  u.  dergl. 
Die  Thatsache,  dass  die  Hautreflexe  später  zurückkehren  als  die  Sehnen- 
reflexe,  findet  ihre  Erklärung  darin,  dass  der  Patellarreflex  der  am  schnellsten 
sich  herstellenden  corticalen,  i.  e.  der  motorischen  Bahn  folgt,  während 
der  Hautreflex  später  erscheinen  muss,  da  er  nur  durch  Summation  der  Reize 
wirkt,  sein  Bewegungseffect  geringer  ist  und  seine  Bahnen  beim  Menschen 


Kranklieiten  des  Nervensystems.  49 

nicht  so  geübt  sind.  Die  Steigerung  der  Sehnenreflexe  erklärt  sich  auch 
aus  der  früheren  Herstellung  der  motorischen  Bahnen,  in  welchen  bei  der 
unvollkommenen  Assocürung  der  wirksamen  Reize  in  den  Associationsfasem 
der  Hirnrinde  eine  grössere  Wirkung  entstehen  muss.  Ebenso  entsteht 
auch  die  Contractur  der  Hemiplegiker ,  welche  also  corticalen  Ursprunges 
ist.  Die  Steigerung  der  Reflexe  geht  parallel  mit  einer  Verminderung  der 
willkürlichen  Bewegung. 

Die  Leitung  aller  Reflexe  durch  die  Hirnrinde  ist  also  eine  Thatsache. 

Hinsdale  und  Taylor  (Internat,  med.  magazine,  Juni)  haben  Addactor en- 
den Adductorenreflex,   den  man  auch  als  gekreuzten  Patellar-     j^^^j^^* 
reflex  bezeichnet,  an  65  Knaben  und  70  Mädchen,  deren  motorische       Taylor. 
Apparate   stark   geschädigt  waren,    geprüft  und  nur  in  17  Fällen 
deutlich   hervorbringen  können.     Zu    dem  Ende   setzt  der  Patient 
beide  Kniee  einen  Fuss  weit  aus  einander  auf  einen  Stuhl,  die  Füsse 
etwas  nach  vom  gestellt.    Klopft  man  dann  auf  das  untere  Ende 
der  Adductoren,    so    contrahiren   sich   diese.     Der  Reflex  fehlte  in 
allen  Fällen  (über  30)  von  cerebraler  Atrophie,  Idiotie,  Hemiplegie 
und  bei  Vorhandensein  von  Contracturen. 

Monti  (Arch.  ital.  de  Biol.  Bd.  24)  hat  bei  Hunden  und  Kaninchen  Künstliche 
künstlich  Hirnembolie  hervorgerufen  und  das  Verhalten  der  Embolie, 
Protoplasma  fortsetze  studirt.  Entsprechend  der  Annahme  Golgi's, 
dass  die  Protoplasmafortsätze  aus  den  Ge^Utsen  den  zu  ihrer  Existenz 
nöthigen  Emährungssaft  erhalten,  fand  er  bereits  5  Stunden  nach  der  Em- 
boüe  aji  den  Protoplasmafortsätzen  wie  an  den  Neurogliazellen  morpho- 
logische Veränderungen,  die  er  als  ,varicöse  Atrophie*  bezeichnet.  Es 
kommt  dann  weiter  zur  vollständigen  Degeneration  der  Zellen,  weil  für  diese 
die  Protoplasmafortsätze  die  Bedeutung  von  Emährungsorganen  haben. 

Münzer  und  Wiener  (Prag.  med.  Wochenschr.  Nr.  14)  entfernten  EntfemuBg 
bei  ganz  jungen  Kaninchen  eine  Gross-  oder  eine  Kleinhirnhemi-®iner  Gross 
Sphäre  und  untersuchten  die  Gehirne,  wenn  sie  erwachsen  waren.    Nach  .   ^T 

Entfernung   einer  Grosshimhemisphäre   fand  sich   eine  Verkleinerung   des  hemisphäre 
betreffenden  Stammtheils  und  ein  vollständiges  Fehlen  der  Pyramide ;    das      Münzer  u. 
Rückenmark  war  indessen  auf  beiden  Seiten  gleich  gut  entwickelt.  Wurde       Wiener, 
dieses  nun  später  auch  noch  durchschnitten,   so  kam  es  dennoch  zu  einer 
absteigenden    Degeneration    der    Seitenstränge.      Daraus    erhält    die    An- 
schauung,  dass  in  der  Pyramidenbahn  ausser  der   corticomusculären   auch 
noch  kürzere  intersegmentale  Bahnen  verlaufen,   eine  neue  Stütze.    Nach 
Kleinhimexstirpation  fand  sich  niemals   eine   absteigende  Degeneration  im 
Rückenmark;    nach   Zerstörung   des  medialen    oberen  Lappens   aber   auf- 
steigende Degeneration  des  Bindearms,  nach  Zerstörung  des  lateralen  Lappens 
Degeneration  im  mittleren  kleinen  Himschenkel. 

Jahrbach  der  practischen  Medicin.    1896.  4 


50 


Seeligmüller. 


GroBshirn 

und 
psychische 
Phänomene, 

Mingazzini. 


G.  Mingazzini  (II  cervello  in  relazione  con  i  fenomeni 
pßichici.  Studio  della  morfologia  degli  hemisferi  cere- 
brali  delT  uomo  con  un  introduzione  del  Prof.  Sergi. 
Torino  1895)  gibt  eine  ausführliche  Monographie  über  die  Morpho- 
logie der  Grosshimoberfläche  im  fötalen  Zustande  des  Menschen  und 
Primaten,  bei  beiden  Geschlechtern  und  verschiedenen  Rassen,  und 
auch  bei  Personen,  welche  mit  abnormen  und  deformirten  Schädel- 
bildungen behaftet  waren,  bei  Irren,  Taubstummen,  Verbrechern  und 
Mikrocephalen.  Dazu  im  Anhang  8  Tafeln  mit  43  vortrefflichen 
Abbildungen. 


Bianchi, 


Function  Bianchi  (üeber  die  Function  der  Stirnlappen.   Arch.  ital. 

der  (Je  Biol.  Bd.  12)  schliesst  aus  Thierversuchen ,   bei  welchen   er  bald  einen, 

^^'^"^^J^f  ®°'bald  beide  Stirnlappen  exstirpirte,  dass  in  diesen  sich  die  sensoriellen  und 
motorischen  Producte  der  verschiedenen  Gefühls-  und  Bewegungscentren 
der  Hirnrinde  definitiv  coordiniren,  gewissermassen  als  in  Neuronen  höherer 
Ordnimg. 

Die  ebenfalls  an  den  Stirnlappen  angestellten  Versuche  von  Gros- 
glik  (Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.)  stimmen  im  ganzen  in  ihren  Ergebnissen 
mit  denen  Munk's  überein ,  nur  dass  Grosglik  den  Stimlappen  als  ge- 
meinsames Centrum  für  Nacken  und  Rumpf  betrachtet  und  dass  er  die 
Störungen  von  Seiten  der  Wirbelsäule  nie  so  persistent  fand  wie  jener. 


Grosglik. 


Sehhügel, 
Caetellino. 


Castellino  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  32  u.  33)  machte  Versuche 
an  Tauben,  Kaninchen  und  Hunden  über  die  Function  der  Sehhügel, 
die  er  partiell  oder  vollständig  zerstörte.  Auf  Grund  dieser  Versuche  er- 
klärt er  die  Sehhügel  für  die  Organe,  mittels  welcher  wi.  im  Stande  sind, 
die  Distanzen  der  uns  umgebenden  Gegenstände  abzuschätzen. 


Rücken- 

marka- 

heminnngB- 

centren, 

Pal. 


Pal  (üeber  Hemmungscentren  im  Rückenmark.  Wien, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  11)  hat  ausser  dem  von  ihm  schon  früher  beschriebenen 
Centrum  für  die  im  Splanchnicus  verlaufenden  Hemmungsnerven  die  Exi- 
stenz anderer  Hemmungscentren  nachgewiesen;  durch  Ausschaltung  de^ 
unteren  Rückenmarksabschnitts  traten  Spontanbewegungen  des  Darms  ein, 
und  andererseits  zeigte  Vagusreizung  einen  erhöhten  Effect, 


Histologie  Obersteiner  (Wien.  med.  Presse  Nr.  16)  hat   die   neueren  For- 

d<>s  Central-  gehungen  auf  dem  Gebiete  der  Histologie  des  Central- 
nervensystems  einer  Kritik  unterzogen.  Er  hält  die  Protoplasmafort- 
sätze für  keineswegs  gleichwerthig ;  sie  haben  jedenfalls  auch  mit  der 
nervösen  Leitung  zu  thun. 


n  e  r  V  0  n- 

Systems, 

Obersteiner. 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


51 


B^  Krankheiten  der  Centralorgane. 


1.  Gehirn. 


Allgemeines. 

Adamkiewicz  (Die  sog.  Stauungspapille  etc.     Zeitschrift  f.    Hirudruck 

klin.  Med.  Bd.  28,  H.  1  u.  2)  erklärt  auf  Grund  von  Versuchen  an  Kaninchen    ^  ^  " " 

.  .         .  .  Stauuuga- 

die  seitherige  Anschauung,  dass  die  Stauungspapille  ein  Zeichen  gesteigerten      papiile, 

Himdrucks  sei,  för  irrthümlich.  Durch  Steigerung  der  Spannung  innerhalb  Adamkiewicz, 
des  Schädels  könne  nach  seinen  Versuchen  wohl  eine  Stauung  in  den  Chorio- 
idealvenen  hervorgebracht  werden,  also  eine  Stauungschorioidea,  aber  nie- 
mals eine  Stauungspapille.  Diese  müsse  vielmehr  als  das  Resultat  und  der 
sichtbare  Ausdruck  einer  durch  die  krankhafte  Reizung  der  den  Sehnerven 
ernährenden  Centren  angeregten  imd  längs  dieses  Nerven  bis  zur  Papille 
herabkriechenden  neuropathischen  Entzündung  angesehen  werden. 
Sie  sei  daher  als  Neuritis  neuroparalytica  oder  oedematosa  papillae  nervi 
optici  zu  bezeichnen. 

Diesen  heterodoxen  Anschauungen  über  die  Bedeutung  des  Hirn- 
drucks gegenüber  theilen  Taylor  (Ophthalmological  Society 's  Trans- 
actions  Bd.  14)  und  Clark e  und  Morton  (Brit.  med.  Journal,  April  13, 
S.  802)  Fälle  mit,  in  welchen  die  Neuritis  optica  nach  Verminderung  bezw. 
Aufhebung  der  intracraniellen  Drucksteigerung,  Erööhung  des  Schädels 
durch  Trepanation,  verschwand  und  nicht  wiederkehrte. 

Anton  (Mittheilungen  des  Vereins  der  Aerzte  in  Steiermark  Nr.  5) 
leitet  die  mit  Himdrucksteigerung  auftretenden  Functionsstörungen  des 
Rückenmarks  und  der  peripheren  Nerven  ab  von  einer  Schädigung  der 
vom  Gehirn  kommenden  Leitungsbahnen,  die  gelegentlich  in  secundären 
Degenerationen  der  Pyramidenbahnen  und  Hinterstränge  des  Rückenmarks 
ihren  Ausdruck  finden. 


Taylor, 

Glarke  u. 

Morton, 


Anton. 


Beyer  (Ueber  Verlagerungen  im  Gesichtsfeld  bei 
Plimmerskotom.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  1)  berichtet  über  Skotom- 
anfalle,  welche  er  zu  wiederholten  Malen  an  sich  selbst  beobachtet 
hat.  Sie  unterscheiden  sich  von  anderen  Beobachtungen  dadurch, 
dass  sie  nicht  in  der  Mitte,  sondern  in  der  Peripherie  des  Gesichts- 
feldes beginnen,  dass  das  hauptsächliche  Skotom  nicht  paracentral, 
sondern  gerade  im  Blickpunkt  lag.  Neu  imd  wichtig  ist  besonders 
die  Beobachtung  während  eines  im  Freien  beobachteten  Anfalles 
auf  einer  Strasse,  deren  rechte  Seite  mit  Häusern,  deren  linke  mit 
Bäumen  besetzt  war.  Verf.  erblickte  plötzlich  über  den  Bäumen 
Mauerwerk   mit  Fenstern  u.  dergl. ,    welches   bei  Linksdrehung  doH 


Gesichts- 
feld- 
Störungen, 
Beyer. 


52 


Seeligmüller. 


Gesichts- 

feld- 

BtoruDgen, 

Beyer, 


König. 


Kopfes  verschwand.  Es  waren  Bruchstücke  von  Wahrnehmungen 
der  Häuser  zur  Rechten,  welche  rechts  ausfielen,  die  er  aber  im 
äusseren  Gesichtsfeld  links  oben  sah.  Verf.  erklärt  sich  die  Er- 
scheinungen durch  trophische  oder  Circulationsveränderungen  in  den 
centralen  Sehsphären  der  Kinde  des  Hinterhauptlappens.  Manche 
aus  den  Ganglienzellen  der  Ketina  kommende  Reize  gelangen  nicht 
zur  Perception  —  Gesichtsfelddefecte.  Abnorme  Reize  sind  wirk- 
sam —  glänzende  Zickzacklinien.  Die  von  der  Retina  kommenden 
Reize  werden  falsch  zusammengesetzt.  Wahrnehmung  der  Gegen- 
stände am  unrichtigen  Orte. 

Aehnüch  denkt  sich  Verf.  die  bei  der  acuten  hallucinatorischen 
Verworrenheit  unter  anderem  vorkommenden  Vorgänge,  welche  weder 
Illusionen  noch  Hallucinationen  seien,  sondern  nur  Dissociationen  in 
den  Vorgängen  der  Wahrnehmung  durch  „unrichtige  Zusammen- 
setzung der  vom  Auge  gelieferten  Reize". 

Bei  der  bis  jetzt  sehr  geringen  Zahl  von  transitorischer 
Hemianopsie  und  concentrischer  Gesichtsfeldeinschrän- 
kung bei  cerebraler  Kinderlähmung  (bis  jetzt  sind  nur 
sechs  Beobachtungen  veröffentlicht)  hat  der  von  W.  König  (Arch. 
f.  Psych,  etc.  Bd.  28,  S.  937)  sehr  sorgfältig  beobachtete  ein  grosses 
Interesse.  Bei  der  Analyse  der  Erscheinungen  müssen  wir  die 
Hemianopsie  und  die  Gesichtsfeldeinschränkung  wohl  aus  einander 
halten ;  denn  während  jene  auf  eine  Mitaffection  des  linken  Occipital- 
lappens  hinweist,  ist  diese  nicht  als  ein  Heerdsymptom,  sondern  als 
eine  functionelle  Begleiterscheinung  anzusehen. 


Pupillen, 
r.echterew. 


Bechterew  (Ueber  die  willkürliche  Erweiterung  der 
Pupille.  Deutsche  Zeitschi\  f.  Xervenheilk.  Bd.  7,  S.  478)  beob- 
achtete bei  einer  37jährigen  nervösen  Frau,  dass  sie  die  rechte 
Pupille  willkürlich  erweitern  konnte,  und  macht  auf  ähnliche  Fälle 
in  der  Litteratur  aufmerksam. 


Diplegia 
corebralis 

spastica, 
Oppenheim, 


König. 


Oppenheim  (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  34)  beobachtete 
die  gleiche  Diplegia  spastica  cerebralis  mit  Spasmen  in  den 
Muskeln  der  Augen-,  wie  der  motorischen  Hirn-  und  Extremitäten- 
nerven bei  Mutter  und  Tochter,  nur  dass  erstere  vollständig 
stumm  war,  während  die  Tochter  etwas  sprechen  gelernt  hatte, 
allerdings  mit  hochgradiger  Dysarthrie.  Diese  Vererbung  ist  bis 
jetzt  noch  nicht  beschrieben. 

König  (ibid.  Nr.  39)  beschreibt  ebenfalls  einen  Fall  von  Di- 
plegia cerebralis,  welcher  mit  multipler  Sklerose  oder  auch  mit 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


53 


Friedreich'scher  Krankheit  verwechselt  werden  konnte;  und  be- 
spricht die  differentielle  Diagnose  der  drei  E^rankheiten. 

Mendel  (Ueber  den  Schwindel.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Schwindel, 
Nr.  26)  erklärt  Störungen  des  Augenmuskelapparats  für  ®°  ^ ' 
die  wesentliche  Ursache  des  Schwindels.  Die  Augenmuskel- 
centren werden  sehr  häufig  in  Mitleidenschaft  gezogen,  auch  wenn 
sich  an  den  Augen  selbst  nichts  Pathologisches  findet,  wi«  bei  dem 
Schwindel,  der  vom  Magen,  von  den  Ohren  oder  von  allgemeiner 
Arteriosklerose  auszugehen  scheint.  Die  Kerne  der  Augenmuskeln 
werden  durchweg  von  sog.  Endarterien  versorgt,  daher  kommt  es 
hier  so  leicht  zu  Circulationsstörungen  imd  damit  zu  Schwindel  bei 
Anämie,  Atheromatose,  Meni^re'scher  Krankheit,  Brom-,  Alkohol-, 
Nikotinvergiftung. 


Fleck  (Zur  Aetiologie  der  spontanen  Hirnblutung 
im  mittleren  und  jugendlichen  Alter.  Münch.  medic.  Ab- 
handl.  H.  66,  1.  Reihe,  19.  H.,  1894)  konnte  bei  Durchsicht  der 
Sectionsbeiunde  im  Münchener  pathologischen  Institut  während  der 
Jahre  1884 — 1893  einen  principiellen  Unterschied  zwischen  den  spon- 
tanen Himblutimgen  des  jüngeren  und  mittleren  Lebensalters  einer- 
seits und  den  weit  häufiger  vorkommenden  des  höheren  Alters 
andererseits  mit  Beziehung  auf  die  Art  der  die  wesentliche  Ursache 
der  Blutung  bildenden  Gefösserkrankung  und  das  Verhalten  der 
apoplektischen  Heerde  selbst  nicht  nachweisen.  Dagegen  konnte  er 
feststellen,  dass  gewisse  Momente  (Alkoholismus  und  Syphilis),  wenn 
auch  nicht  ausschliesslich,  so  doch  mit  Vorliebe  in  relativ  früher 
Zeit  zu  Apopleida  sanguinea  prädisponiren ,  während  andere,  in 
erster  Linie  naturgemäss  gewisse  Altersveränderungen  (Atheromatose 
und  Marasmus),  vorzugsweise  an  den  Apoplexieen  älterer  Leute  die 
Schuld  tragen. 

Barrs  (Prognose  der  cerebralen  Hämorrhagie.  The 
British  med.  Journal,  May  18)  erklärt  drei  Momente  für  pro- 
gnostisch wichtig  bei  der  Himapoplexie,  nämlich  Nierenleide nj 
Cheyne-Stokes-Athmen  und  Hyperpyrexie;  das  bei  weitem 
wichtigste  aber  ist  die  Nierenaflfection.  Sind  eins,  zwei  oder  gar 
drei  dieser  Symptome  vorhanden,  so  wird  der  Kranke  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  nicht  genesen.  Fehlen  diese  drei  sämmtlich, 
so  kann  und  wahrscheinlich  wird  er  wieder  aufkommen,  so  lange 
die  Bewusstseinsstöiiing  auch  dauern  und  so  tief  sie  sein  mag.    Das 


Hirn- 
blutung, 
Fleck, 


BaiTs. 


54 


SeeliginüUer. 


Vorhandensein  von  Diabetes,  chronischem  Alkoholismus,  Typhoid, 
idiopathischer  Anämie  können  den  gleichen  fatalen  Einfiuss  ausüben 
wie  das  Nierenleiden. 


Encepha- 
litis, 
Oi>penheim, 


Fieyhan, 


Oppenheim  (Die  Prognose  der  acuten,  nicht  eiteri- 
gen Encephalitis.  Deutsche  medic.  Wochenschr.  Nr.  6)  stellt 
die  Prognose  dieser  Krankheit  auf  Grund  von  anderen  und  fünf 
eigenen  Beobachtungen  quoad  sanationem  completam  günstig.  In 
allen  seinen  Fällen  konnte  er  Tuberculose,  Lues,  Erweichung  oder 
Blutung  ausschliessen.  Die  hervorstechendsten  Symptome  waren 
Fieber  bis  etwa  39,0°  als  Maximum,  mehr  weniger  starkes  Be- 
nommensein des  Sensoriums,  geringe  Nackensteifigkeit,  Neuritis 
optica.  Aphasie  oder  Extremitätenlähmimgen  als  Heerdsymptome. 
Aetiologisch  wird  Alkoholismus,  Puerperium,  Influenza,  Endocarditis 
ulcerosa  angeführt.  Verf.  ist  mit  Strümpell  der  Ansicht,  dass  die 
Prognose  bei  Fieber  über  40"  und  tiefem  Coma,  welches  rasch  ein- 
tritt, schlecht  sei,  dass  dagegen  geringe,  bald  sich  bessernde  Be- 
nommenheit, frühzeitiges  Ueberwiegen  der  Heerdsymptome,  niedriges 
Fieber,  protrahirter  Verlauf  gute  Aussichten  biete.  Der  bei  Alko- 
holikern beobachtete  ungünstige  Ausgang  erkläre  sich  aus  der  ge- 
ringen Widerstandsfähigkeit  des  Gewebes  eines  Potators. 

Freyhan  (Ueber  Encephalitis  haemorrhagica.  Ebenda 
Nr.  39)  erkennt  die  bisher  so  scharf  wie  möglich  durchgeführte 
Trennung  der  einzelnen  Enc^phalitisformen  nicht  an,  da  die  Grenzen 
flüssige  seien.  So  bilde  z.  B.  bei  der  We r nick e'schen  Poliencepha- 
litis  superior  haemorrhagica  und  bei  der  Strümpell-Leichtenstern- 
schen  Grosshimencephalitis  den  Kern  der  pathologischen  Verände- 
inmgen  eine  Reihe  von  Blutergüssen  aus  den  stark  dilatirten  Capil- 
laren.  Die  Ursache  sei  eine  toxische  (Influenzagift,  Alkohol).  Beide 
Krankheiten  kommen  zusammen  oder  auch  mit  Poliomyelitis  ver- 
einigt vor,  so  in  einem  Falle,  wo  sich  Grosshimencephalitis  und 
Poliencephalitis  superior  gepaart  findet  und  Heilung  eintrat.  Ein 
löjähriger  Knabe  hatte  vor  vier  Wochen  Influenza  überstanden,  er- 
krankte mit  Benommenheit  und  Nackensteifigkeit.  Linke  Pupille 
grösser  als  rechte.  Rechtsseitige  Facialislähmung  der  unteren  zwei 
Drittel;  linke  Körperhälfte  zeitweise  von  Krämpfen  befallen.  Hyper- 
ästhesie der  Haut.  Rechte  Körperhälfte  schlaff  gelähmt.  Es  blieb 
im  Verlaufe  der  Zeit  eine  Lähmung  des  rechten  Arms  zurück,  es 
trat  hinzu  eine  rechtsseitige  periphere  Facialislllhmung  und  eine 
complicirte  Augenmuskellähmung.  Gleichzeitig  Schwindel,  Erbrechen, 
Ataxie  sämmtlicher  Extremitäten.     Ausgang  in  Heilung. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  55 

"Während  Frey h an  sich  den  von  Oppenheim  aufgestellten 
prognostischen  Kriterien  durchaus  anschliesst ,  möchte  v.  J  a  k  s  c  h  v.  Jaksch. 
(Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  für  die  schweren  Formen 
von  primärer  Encephalitis,  welche  er  als  Encephalitis 
haemorrhagica  multiplex  acutissima  bezeichnet,  im  all- 
gemeinen eine  ungünstige  Prognose  stellen.  Der  von  ihm  beschrie- 
bene und  unter  dem  Bilde  einer  Meningitis  verlaufende  Fall  endete 
allerdings  in  drei  Tagen  mit  dem  Tode. 

Bruns  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  14)   theilt  ausführlich  einen  Fall  von       Gonor- 
gonorrhoischer  Hemiplegie  und  Aphasie  mit,  in  welchem  die  Läh-     rhoische 
mung  der  rechtsseitigen  Extremitäten  sich  als  unheilbar  herausstellte,   die        Bruns       ' 
Sprachstörung    dagegen    schnell    und    fast    vollständig   zurückging.     Die 
20jährige,  seit  wenigen  Monaten  verheirathete  Frau  war  sogleich  nach  der 
Verheirathung  von  ihrem  Gatten  gonorrhoisch  inficirt  worden.  Die  anfangs 
festgestellte  gonorrhoische  Urethritis  und  Endometritis  setzte  sich   in  eine 
linksseitige  Perimetritis  und  Salpingitis  fort.    Gleichzeitig  entwickelte  sich 
unter  epileptischen  Krämpfen  der  rechten  Körperhälfte  eine  Lähmung  auf 
derselben   Seite,    die  Bruns   auf   eine   Embolie,    entstanden   durch  Ver- 
schleppung eines  im  gonorrhoisch  entzündeten  Gewebe  entstandenen  Throm- 
bus,  zurückführt.     Ob   der  Thrombus   direct   den  Gonokokken  seine  Ent- 
stehung verdankt,  oder  ob  es  sich  um  einen  mehr  indifferenten  Thrombus, 
eine  einfache  Blutgerinnimg   im  entzündeten  Gewebe  gehandelt  hat,   muss 
freilich  dahingestellt  bleiben. 

Treitel  (EinFall  von  multiplem  otitischem  Hirnabscess   otitischer 
nebst  einer  Statistik  aus  dem  pathologiscb-anatomischen^^^'^*^®®®^*' 

.  .  Treitel, 

Institut  zu  Berlin.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  1)  gibt  zunächst 
eine  vergleichende  Zusammenstellung,  aus  welcher  hervorgeht,  dass 
multiple  otitische  Abscesse  nicht  häufig  sind  (bis  17  °/o)  und  dann 
eine  Krankengeschichte.  Ein  junger,  an  Otorrhoe  leidender  Mann 
erkrankt  acut  mit  Kopfschmerzen.  Alle  anderen  Symptome,  welche 
zu  einer  sicheren  Abscessdiagnose  helfen  könnten,  fehlen.  Sub  finem 
bildet  sich  unter  gleichzeitigem  Coma  eine  Facialislähmung,  Nacken- 
steifigkeit und  geringe  Temperatursteigerung  heraus.  Es  fanden  sich 
im  Schläfen-  und  angrenzenden  Occipitcdlappen  mehrere  Abscesse. 
Verf.  räth,  auf  die  früher  viel  betonte  Wichtigkeit  der  Nacken- 
steifigkeit bei  Himabscessen  kein  zu  grosses  Gewicht  zu  legen.  Auch 
die  gekreuzte  FaciaHsparese  als  Zeichen  eines  Temporalabscesses 
der  ohrkranken  Seite,  infolge  von  Femwirkung  auf  die  innere  Kapsel, 
ist  nicht  absolut  sicher. 

Knapp  (Geschichte  und  Autopsie  zweier  tödtlich  verlaufen-        Knapp, 
den    otitischen    Hirnkrankheiten.      Zeitschi*.    f.    Ohrenheilk.    Nr.  1) 


56 


SeeligmüUer. 


Otitischer  bringt  erstens  einen  Fall  von  Abscess  im  Schläfenbeinlappen  im  Anscbluss 
HirnabBcesß,  gjj  chronische  Otorrhoe.  Der  Kranke  erkrankte  während  der  Behandlung 
"*^^'  seines  Ohrenleidens  plötzlich  an  Kopfweh,  Benommensein,  üebelkeit  und 
starb  unter  unerwartetem  Temperaturanstieg  im  Coma.  Bei  der  Section 
zeigte  sich  der  ganze  Schläfenlappen  von  einem  Abscess  eingenommen. 
Dura  normal.  Abscesshöhle  mit  schwarzgrauer  zerfallender  Schicht  aus- 
gekleidet. In  der  Nähe  der  Eminentia  arcuata  ein  Durchbruch  der  Dura 
und  des  Knochens,  von  wo  aus  man  in  die  Trommelhöhle  gelangte.  Im 
zweiten  Falle  handelt  es  sich  um  einen  26jährigen  Mann  mit  acuter  puni- 
lenter  Otitis'  und  Mastoiditis.  Im  Verlaufe  traten  Symptome  auf,  welche 
einen  Himabscess  vermuthen  Hessen.  Es  wurde  viermal  in  der  verschiedensten 
Weise  vergeblich  operirt.  Schliesslich  trat  der  Tod  ein,  wie  die  Section 
ergab,  infolge  von  Leptomeningitis  der  vorderen  Lappen.  Bemerkenswerth  war 
ein  gleichfalls  post  mortem  entdeckter  Retropharyngealabscess,  welcher  von 
der  Trommelhöhleneiterung  ausging.  Der  Eiter  nahm  seinen  Weg  durch 
den  Canalis  pro  tensore  tympani.  Von  dem  Retropharyngealabscess  aus 
gelangte  der  Eiter  durch  Knochenlücken  in  den  Schädel  und  erzeugte  die 
Leptomeningitis. 


Trauma  des 

Gehirns, 

Ewald, 


Thomsen. 


Ein  besonderes  Interesse  bieten  mehrere  Mittheilungen  über 
Traumen  des  Gehirns.  Ewald  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  11) 
theilt  folgenden  Fall  mit.  Ein  12jähriger  Elnabe  fiel  auf  den  Hinter- 
kopf, kein  Bewusstseinsverlust.  Einen  Monat  danach  hohe  Tempe- 
ratur und  Schüttelfröste.  Diese  wiederholen  sich  erst  wieder  8  Monate 
nach  dem  Unfälle  und  gleichzeitig  zeigt  sich  eine  Anschwellung  in 
der  linken  Scheitelbeingegend,  rechtsseitige  Hemiplegie  und  Abnahme 
des  Sehvermögens  wie  der  geistigen  Fähigkeiten.  Nach  Entleerung 
von  vielem  Eiter  aus  der  geschwollenen  Stelle  Zurückgehen  aller 
Erscheinungen  bis  auf  die  Neuritis  optica;  dann  wieder  Verschlimme- 
rung und  nach  Wegnahme  des  Ejiochenstückes  wieder  Eiterabfluss, 
der  aber  nach  einigen  Tagen  aufhört.  Der  Eiter  kam,  wie  sich  bei 
der  Section  herausstellte,  aus  einem  aus  einer  meningealen  Blutung 
hervorgegangenen  Abscess,  der  den  Knochen  perforirt  hatte.  Die 
Sistirung  des  Abflusses  aber  erfolgte  infolge  einer  schnellen  Steige- 
rung des  Himdrucks  durch  Hydrocephalus,  der  in  einer  Compression 
der  Vena  magna  Galeni  durch  meningitische  Schwarten  seine  Er- 
klärung fand.  Im  linken  Stimhini  fand  sich  ein  zweiter,  wallnuss- 
grosser  Abscess. 

Thomsen  (Commotio,  Hirnverletzung  oder  Neurose?  Ein 
klinischer  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Gehirnerschütterung.  Allgem.  Zeitschr. 
f.  Psychiatrie  u.  psych.-ger.  Medicin  Nr.  4,  1894)  beschreibt  den  Fall  eines 
belasteten  Melancholikers,  der  sich  in  die  Stirn  mit  Revolverkugel  schiesst. 
Die  Kugel  drückt  sich  im  Knochen  platt  (7  mm).  Nur  sehr  kurze  Bewusst- 


Krankheiten  des  Nervensystems.  57 

Seinstrübung.  Verschwinden  der  Melancholie  fast  vom  Moment  des  Schusses 
ab.  Am  5.  Tage  heftige  epileptische  Krämpfe  (Status  epilepticus).  Puls  120, 
sehr  klein.  Temperatur  39,4.  Am  9.  Tage  Sopor.  Verschwinden  der 
Krämpfe.  Am  11.  Tage  Coma.  Himdruck.  Puls  42 — 70.  Halbseitige 
Lähmungs-  und  Reizerscheinungen.  Linker  Arm  und  Bein  machen  coordi- 
nii*te  zuckende  Bewegungen.  Linker  Facialis  paretisch.  Am  12.  Tage 
rechter  Facialis  paretisch,  linker  normal,  rechtsseitige  Zuckungen  der 
Extremitäten.  Am  18.  Tage  subjectives  Wohlbefinden,  nur  noch  leichte 
Facialisparese.  Völliger  Verlust  der  Melancholie.  Rasche  Genesung.  Verf. 
glaubt,  da  das  complicirte  Symptombild  weder  auf  Commotio  noch  Hirn- 
verletzung passt,  eine  rein  fonctionelle  Störung  annehmen  zu  können,  in- 
dem der  Symptomencomplex  der  Melancholie  durch  die  neuen  Erscheinungen 
abgelöst  wurde. 

Allen  Starr  (Hirnchirurgie.  Deutsch  von  Max  Weiss.  Hirn- 
Leipzig  u.  Wien  1894)  behandelt  nach  eigenen  und  fremden  Er-  ^^^^^^f^^^* 
fahrongen  die  Fragen,  ob  das  vorhandene  Leiden  durch  einen  ope- 
rativen Eingriff  beeinflusst  werden  kann  und  mit  welchem  Erfolge. 
Zu  dem  Ende  bespricht  er  1.  die  Diagnose  cerebraler  Erkrankungen, 
2.  die  Rindenfelder  der  Sprache,  3.  der  Gesichtswahmelimungen, 
4.  der  acustischen  Eindrücke,  B.  der  Geruchs-  und  Geschmacksein- 
drücke. Die  Trepanation  wegen  Epilepsie  wurde  in  Amerika  in  den 
letzten  5  Jahren  SOOmal  ausgeführt,  Heilimg  nach  Starr  in  34,7*^/0. 
Bei  durcli  Mikrocephalie  bedingtem  Schwachsinn  wurden  durch  Ope- 
rationen günstig  beeinflusst  die  Hemiplegie,  Aphasie,  Athetose  und 
sensorische  Defecte.  Von  81  Grosshimtumoren  wurde  in  54  Fällen 
der  Tumor  richtig  gefunden  und  aus  dem  Gehirn  entfernt;  39  Hei- 
lungen! 15  Todesfalle,  25mal  wurde  der  Tumor  nicht  gefunden.  Von 
16  Tumoren  des  Kleinhirns  wurden  9  nicht  gefunden. 

V.  Bergmann  (Ueber  einige  Fortschritte  in  der  Hirn-  v  Bergmann. 
Chirurgie.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  16)  rühmt  die  fortschreitende 
Entwickelung  der  Himchirurgie,  deren  Hauptschwerpunkt  bei  Him- 
geschwülsten  jedoch  in  der  Diagnose  liegt,  da  von  100  Hirntumoren 
nur  6  erkennbar  und  operirbar  sind  und  nur  3  die  Operation  über- 
stehen. Auch  bei  der  Jacks  o  naschen  Epilepsie  ist  der  Erfolg  frag- 
lich, da  die  Anfalle  durch  die  Operation  wohl  abgeschwächt  und 
seltener  werden,  aber  selbst  nach  Jahren  wiederkommen.  Berechtigt 
ist  die  Trepanation  eigentlich  nur,  wo  man  Veranlassimg  hat,  an 
die  Epilepsie  verursachende  Geschwülste  oder  Cysten  zu  glauben. 
Am  bedeutendsten  sind  die  Fortschritte  der  Chirurgie  in  der  Be- 
handlung von  intracraniellen  Eiterungen,  also  bei  Himabscessen, 
epiduraien  Eiterungen,  infectiösen  Sinusthrombosen  und  der  Lepto- 


58 


Seeligraüller. 


Hirn- 

chirurgie, 

y.  Bergmami, 


Beevor  a. 
ßallance, 


Murray, 

Wood  u. 
Cotterell, 


Nasse, 

Joel, 

Haenel. 


meningitiä.  Anschliessend  bespricht  Verf.  nur  die  otitischen  Eite- 
rangen  genauer.  Am  meisten  neigen  chronisch  otitische  Processe 
zu  einer  Eiterung  im  Hirn,  und  zwar  beginnt  dieselbe  da,  wo  die 
Eiterung  vom  Ohre  aus  bis  zum  Schädelinhalt  vorgedrungen  ist. 
Vom  Dach  des  Kuppelraumes  aus  verbreitet  sich  die  Eiterung  nach 
Durchbrechung  desselben  im  Schläfenlappen  des  Gehirns.  Verf.  gibt 
nun  die  einschlägigen  Operationsmethoden  an  und  geht  dann  zu  den 
infectiösen  Sinusthrombosen  über,  in  deren  chirurgischer  Behandlung 
er  den  grössten  Fortschritt  der  Chirurgie  erblickt.  Auch  der  Auf- 
meisselung  des  Warzenfortsatzes  thut  er  gebührend  Erwähnung. 

Beevor  und  Ballance  (The  Brit.  med.  Joum.,  Jan.  5)  ent- 
fernten einen  subcorticalen  Tumor  (Spindel-  und  Bundzellensarkom 
von  der  Grösse  einer  halben  Apfelsine)  aus  der  Gegend  der  linken 
motorischen  Region  bei  einer  39jährigen  Frau.  Vor  der  Operation 
bestanden  rechtsseitige  Hemiplegie,  Kopfschmerz,  Erbrechen,  Neuritis 
optica,  rechtsseitige  nicht  ganz  vollständige  Hemianästhesie  und 
psychische  Störungen.  Vier  Monate  nach  der  Operation  war  das 
Gefühl  auf  der  rechten  Körperhälfte  normal,  die  Beweglichkeit  der 
rechten  Gesichtshälfte  vollständig,  die  der  rechten  Körperhälfte  theil- 
weise  wieder  hergestellt,  Psyche  normal,  Kopfschmerz  verschwunden. 

Murray  (ibid.)  beschreibt  drei  Fälle  von  Himabscess  bei  Kindern, 
die  alle  durch  Operation  geheilt  wurden.  Outterson  Wood  und 
Edward  Cotterell  (ibid.)  beseitigten  fast  vollständig  eine  rechts- 
seitige Hemiplegie  bei  einem  3jähi*igen  Mädchen  mit  epileptischen 
Anfällen  durch  Operation  einer  in  der  Mitte  der  linken  Centralfurche 
gelegenen  Cyste,  von  deren  äusserer  Wand  zwei  Stücke  heraus- 
geschnitten wurden. 

Interessante  Beitäge  zur  Hirnchirurgie  lieferten  femer: 
Nasse  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  3),  Joel  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  8),  Haenel  (ibid.  Nr.  37). 


Echino-  Max  Bieder  (Virchow's  Arch.  Bd.  141)  beschi'eibt  den  ersten 

««frt^A'ü«    Fall   von  hühnereigros'sem  multiloculärem  Echinococcus 
im  ireoiri),  .  . 

Bieder.  des  Gehirns  mit  12  einzelnen  Alveolen  im  rechten  Stimhim  bei 
einem  33jährigen  Potator  in  Basel.  Der  multiloculäre  Ecchinococcus 
ist  überhaupt  bis  jetzt  fast  nur  in  Süddeutschland  und  der  Schweiz 
beobachtet  worden  und  ist  wahrscheinlich  dem  in  Basel  seltenen 
uniloculären  gegenüber  als  eine  besondere  Species  anzusehen. 

Syphilis,  ^^^  ^^^  ^^^  Fällen  von  Hirnsyphilis,  welche  Gajkiewicz 

üi^jkiewicz.    (NeuroL  Centralbl.  Nr.  18,  S.  831)  mittheilt,  ist  der  erste  dadurch  sehr 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


59 


lehrreich,  dass  er  zeigt,  wie  man  e  non  juvantibus  die  Syphilis  bei 
Himerkrankimgen  nicht  ausschliessen  darf;  viebnehr  dürften  Horsley 
und  Gowers  recht  haben,  welche  das  Gummi  für  unheilbar  durch 
die  Specifica  halten,  so  dass  man  es  nur  durch  die  Trepanation  ent- 
fernen könne.  In  dem  vorliegenden  Falle  von  J  a  c k s  o  n'scher  Epilepsie 
geschah  dies  mit  vollständigem  Heilerfolg,  nachdem  auf  die  Operation 
noch  eine  antisyphilitische  Cur  gebraucht  war.  Bis  jetzt  existiren 
nur  vier  solcher  Fälle,  von  welchen  zwei  günstig  ausgingen. 


des  Sprach- 
centrums, 

Pick, 

Dejerine  ii. 

Miralliä, 


Koux, 


Lo  calisation. 
a.  In  der  Hirnrinde  (und  Marklager). 

Wie  Freud  festgestellt  hat,  schädigt  jede  Störung  des  Sprach- 
centrums sämmtliche  sprachlichen  Functionen,  so  auch  das  Lesen. 
Das  Leseverständniss  kann  erhalten  sein,  während  beim  Laut- 
lesen deutliche  Lesestörungen  hervortreten,  so  in  einem  Falle  von 
Friedel  Pick  (Prag.  med.  Wochenschr.  Nr.  40).  Dejerine  imd  Störungen 
Miralli6  (Compt.  rend.  de  la  Soci6t6  de  Biologie,  Juli  6)  unter- 
suchten 18  Fälle  von  motorischer  Aphasie,  die  sämmtlich 
Störungen  des  Leseverständnisses  zeig'ten.  Einzelne  gaben 
nach  ihrer  Erinnerung  an,  sie  hätten  zu  Anfang  die  Leseproben  nur 
als  schwarz  auf  weiss  erkennen  können;  einige  konnten  einzelne 
Worte  wohl  lesen,  aber  nicht  ganze  Sätze.  Die  Lesestörungen 
können  früher  zurückgehen  als  die  Sprachstörung.  Indessen  wiesen 
Thomas  und  Roux  (ibid.)  nach,  dass  motorisch  Aphasische  selbst 
dann,  wenn  sie  anscheinend  wieder  lesen  konnten,  doch  noch  gewisse 
leichte  Störungen  des  Lesens  zeigten. 

Das  Schreibvermögen  dagegen  kann  vollständig  erhalten 
bleiben  bei  motorischer  Aphasie,  so  in  einem  Falle  von  Prevost 
(Rev.  m6d.  de  la  Suisse  Romande  Nr.  6).  Ein  60jähriger  Mann  er- 
krankte nach  längeren  cerebralen  Vorboten  an  Anfällen  von  Jack- 
son'scher  Epilepsie  mit  Aphasie  und  rechtsseitiger  Hemiplegie. 
Unter  antis3^hilitischer  Behandlung  trat  allmählich  vollständige 
Heilung  ein. 

Käst  (Zur  Symptomatologie  der  „transcorticalen"  Be- 
wegungsstörungen. Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1)  knüpft  an  die 
Theorie  an,  dass  in  den  Grosshimrindencentren  nicht  einzelne  Muskeln, 
sondern  combinirte  Bewegungen  vertreten  seien  und  dass  die  Hemi- 
plegie um  so  schwerer  sei,  je  mehr  die  betreffende  Bewegung  in 
der  einen  oder  in  beiden  Hemisphären  centralisirt  sei.   An  der  Spitze 


Prövost. 


QQ  Seeligmüllei*. 

Trans-       der    combinirten  Bewegungen   steht   der  Sprechact,    am  Ende    die 

cortiaie      automatischen  Bewegungen  des  Gehens,  Athmens  u.  s.  w.    So  kann 

9u7rungen/  z.  B.  eine  gelähmte  Gesichtshälfbe  noch  unwillkürlich  den  Mund  zum 

Käst.        Lächeln  verziehen.  Verf.  beschreibt  bei  einem  53jährigen  Hemiplegiker 

das  sehr  seltene  Vorkommniss,  dass  willkürlich  nicht  nur  der  linke, 

sondern   auch   der   rechte   Facialis   nicht  innervirt  werden  konnte, 

während  beim  Hervorrufen  eines  Schmerzes,  beim  Trinken,  Saugen 

Bewegungen  des  Gesichtes   eintraten,     Ebenso  konnte  der  Kranke 

bei  Aufforderung  nicht  kauen,  die  Zunge  bewegen  u.  s.  w.,  während 

er   sonst  kauen  und  sprechen  konnte.     Innerhalb  6  Wochen  bildete 

sich   die  betreffende  Affection  zur  Norm  zurück.     Verf.  erklärt  die 

Erscheinungen  aus    der  Analogie  der  von  Wernicke  aufgestellten 

transcorticalen  motorischen  Aphasie. 

Spiegel-  Hermann    Weber    (Zeitschr.   f.  klin.  Med.   S.  260)    sah    bei 

Schrift,      rechtsseitig  Gelähmten,  die  nur  die  linke  Hand  hatten  einüben  können, 

H    Weber  o  ?  ^  ^  7 

Spiegelschrift  und  ebenso  sehr  häufig  bei  Schulkindern,  und  zwar 
bei  den  jüngsten , .  am  wenigsten  geübten  in  34  °/o ,  bei  den  älteren 
in  6 — 14 ^|o,  während  bei  Erwachsenen,  wenn  sie  mit  der  linken 
Hand  schrieben,  nur  sehr  wenige  Spiegelschrift  schrieben.  Er  glaubt, 
die  Spiegelschrift  bei  Kindern  auf  deren  Gewohnheit  zurückfuhren 
zu  sollen,  bei  den  ersten  Schreibübungen  nicht  auf  das  optische 
Bild  und  die  Schreibfläche,  sondern  vielmehr  auf  die  Körperbewe- 
gungen des  Vorschreibenden  zu  achten  und  diese  nachzuahmen. 
Spiegelschrift  bei  Erwachsenen  bedeutet  demnach,  dass  bei  diesen, 
meist  imbecillen,  jene  minderwerthige  Auffassung  zur  Ausführung 
kommt. 

b.  Im  übrigen  Gehini. 

Tumoren  im  Guthrie  und  Turner  (Ein  Fall  von  Tumor  der  Corpora 

Vierhugei,  quadrigemina.    Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  29)  beschreiben  den 

Guthno  u.  . 

Turner.  ^^  eines  23jährigen  Klaviermachers,  der,  früher  gesund,  vor  3  Jahren 
an  rechtsseitiger  Ohreneiterung  erkrankte.  Kurz  danach  Stimkopf- 
schmerzen ;  Hospitalaufnahme.  BLier  zeigte  sich  der  Kopf  nach  hinten 
gebeugt  und  nach  rechts  verzogen.  Bei  Versuchen,  zu  sitzen  oder  zu 
stehen,  Neigung  nach  rückwärts  zu  fallen.  Keine  Ataxie.  Strabismus 
convergens,  zuweilen  unterbrochen  von  zuckenden  Augenbewegungen 
nach  rechts.  Linke  Pupille  weiter  als  rechte,  mangelhafte  Reaction. 
Beiderseitige  Opticusneuritis.  Zittern  des  rechten  Arms.  Puls 
50 — 60.  Fehlen  der  Patellarreflexe ,  Steigerung  der  Hoden-  und 
Bauchreflexe.     Die  übrigen  Sinne  normal.     Benommenheit  des  Sen- 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


61 


soriums,  doch  richtige  Beantwortung  von  gestellten  Fragen  mit  un- 
veränderter Stimme.  —  Trepanation  mit  negativem  Befund.  —  Exitus.  — » 
An  Stelle  der  Vierhügel  eine  harte,  kömige  Geschwulst,  welche  auch 
den  linken  Thalamus  opticus  mitergrifPen  hatte  und  auf  den  rechten 
drückte.  Der  Boden  des  Aquaeductus  Sylvii,  die  Regio  subthalamica 
waren  zerstört.  Himschenkel  intact.  Die  Geschwulst  war  ein  Angio- 
sarkom. 


Collins  (American  Journ.  of  med.  sciences  Nr.  4,  S.  423)  hebt  in  Aqaeductus 


einem  Falle  von  Tumor  des  Aquaeductus  Sylvii  mit  Erweite- 
rung der  Ventrikel,  von  welchen  der  dritte  mit  den  beiden  Seiten- 
ventrikeln nahezu  eine  Höhle  bildete,  bei  dem  20jährigen  jungen 
Manne  als  Hauptsymptom  den  schwankenden  (cerebellaren)  Gang 
hervor. 


Sylvii, 
Collins. 


Jamane. 


Jacobsohn  und  Jamane  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  23,   S.  1150)      Hintere 
machen  auf  Grund  einer  Untersuchung  von  acht  Fällen  darauf  aufmerk-     Schädel- 

.  .  grübe, 

sam,  wie  die  anatomischen  Veränderungen  bei  Tumoren  der  hinteren  jaoobeohn  u. 
Schädel  grübe  im  Gehirn  und  Rückenmark  auf  die  Stauung,  die 
sich  durch  Druck  auf  die  Vena  magna  Galeni  und  den  Sinus  trans- 
versus  nothwendigerweise  einstellen  muss,  im  wesentlichen  zurück- 
zufuhren sind;  namentlich  die  beträchtliche  Wasseransammlung  in 
den  Ventrikeln,  vielleicht  aber  auch  die  hier  besonders  hochgradige 
Stauungspapille. 


V.  Frankl-Hochwart  (Ueber  den  M^niere'schen  Sym- 
ptomencomplex.  Wien.  med.  Presse  Nr.  19  u.  20)  gibt,  um  Klar- 
heit in  die  für  alle  Formen  des  Ohrenschwindels  gebrauchten  Be- 
nennungen „M6ni6re'sche  Symptome"  oder  „M^ni^re'sche  Krankheit" 
zu  bringen,  folgende  Eintheilung.  I.  Wirkliche  Meni^re'sche  Krank- 
heit, apoplektische  Taubheit,  wo  infolge  eines  Blutergusses  ins 
Labyrinth  oder  nach  einem  Trauma  sich  der  Insult  und  sofort  Taub- 
heit einstellt.  11.  Die  Krankheit  gesellt  sich  zu  acuten  oder  chro- 
nischen Ohrenleiden  hinzu  oder  beginnt  mit  demselben,  m.  Durch 
Ausspritzen  des  Ohres,  Kopfgalvanisation,  Katheterisirung  u.  dergl. 
entstehender  Ohrenschwindel.  IV.  Pseudom6niere'sche  Anfalle  bei 
intactemOhre  ohne  äussere  Einflüsse;  bei  Hysterie,  Epilepsie  und 
Hemicranie. 

Gruber  (M^ni^re'sche  Erkrankung.  Münch.  med.  Wochen- 
schrift Nr.  27)  berichtet  in  der  „Oesterreichischen  otologischen  Gesell- 
schaft" über  den  Symptomcomplex  der  M^niere'schen  Erkrankung,  als 


Meniere- 
scher 
Symptomen- 
complex, 
V.  Frankl- 
Hochwart, 


Gruber. 


62  SeeliginüUer. 


Meniere's  che  dessen  Ursache  er  nicht  nur  Blutungen  in  das  Labjo'inth,  sondern 
^G^  \  **  '  *^^^  secretorische  oder  exsudative  Processe  annimmt.  Die  Blutung  sei 
am  seltensten  die  Ursache.  Als  eigentliche  M^ni^re'sche  Krankheit 
seien  nur  die  Formen  zu  bezeichnen,  die  Schwindel  bis  zur  Ohn- 
macht imd  Erbrechen,  subjective  Hörempfindungen  und  Schwerhörig- 
keit resp.  Taubheit  aufweisen.  Die  mit  Fieber  einhergehenden  Pro- 
cesse lassen  sich  leicht  davon  trennen.  Verf.  erwähnt  den  Fall  eines 
Caissonarbeiters,  der  schon  nach  wenigen  Minuten  aus  dem  Caisson 
mit  allen  Erscheinungen  der  M^niere'schen  Krankheit  herausgeholt 
wurde,  ohne  geheilt  zu  werden. 

Kleinhirn-  Friedeberg  (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  33)   theilt  in  tabel- 

erkranknng,  larischer  Form  neun  Fälle  von  Kleinhirnerkrankung  mit,  welche 
im  wesentlichen  die  von  Luciani  in  seiner  Monographie  auf  Grund 
von  Thierversuchen  geschilderten  Erscheinungen  bestätigen.  Be- 
sonders bemerkenswerth  ist  die  in  fünf  Fällen  ausgesprochene  Nacken- 
steifigkeit, welche,  wenn  man  im  gegebenen  Falle  Meningitis  und 
Hydrocephalus  ausschliessen  kann,  als  ein  sehr  charakteristisches 
Symptom  vom  Verf.  angesehen  wird.  Autoptisch  interessant  ist  der 
Fall  4,  in  welchem  eine  Cyste  im  Kleinhirn  gefunden  wurde.  (Zwei 
wiiiiamson,  Fälle  von  Kleinhimcysten  hat  Williamson  [s.  dieses  Jahrb.  Bd.  15, 
S.  172]  beschrieben.)  Auch  symptomatisch  hat  jener  Fall  Interesse: 
an  den  Krämpfen  betheiligte  sich  die  Rump&ausculatur,  und  die 
Hände  wurden  in.  der  von  Charcot  bei  Pachymeningitis  cervicalis 
hypertrophica  beschriebenen  Stellung  gehalten. 
Bond.  Bond  (Journal  of  mental  science,   Juli)   fand   bei   einer  von  Jugend 

auf  schwachsinnigen,  zur  Zeit  des  Todes  43  Jahre  alten  Frau,  die  unsicheren 
Gang,  stammelnde  Sprache,  später  aber  Zittern,  Ataxie  und  allgemeine 
Hülflosigkeit,  körperlich  wie  geistig,  gezeigt  hatte,  eine  ausserordentliche 
Atrophie  und  Sklerose  des  Kleinhirns,  dessen  Lamellen  vollständig 
in  fibröses  Gewebe  umgewandelt  waren.  Das  Grosshim  war  normal  ent- 
wickelt; sein  Verhältniss  zum  Kleinhirn  war  22 : 1,  statt  8:1. 

Hirnhäute. 

Hacmatoma  Hahn  (Kin  Fall  von  Haematoma  durae  matris  auf  luetischer 

duraematriB,ßa,8is.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6)  beschreibt  den  Fall  eines 
'  36jähi*igen  LuStikers,  der  bei  Lebzeiten  im  Verlaufe  mehrerer  Jahre  Attacken 
von  Schwindel ,  Kopfschmerz ,  rechtsseitiger  Körperparese ,  linksseitiger 
Oculomotoriusparese  darbot  und  unter  den  Erscheinungen  eines  Schlag- 
anfalles acut  zu  Grunde  ging  (Benommenheit,  ungleiche,  reactionslose  Pu- 
pillen, Verlust  der  Sprache,  Lähmung  der  Athmung).  —  Die  Section  ergab 
eine  linksseitige  Pachymeningitis  haeraorrhagica  interna.     Die  Pia  entlang 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


63 


den  Gefössen  strichförmig  weiss  getrabt  (Leptoineningitis  chronica).  Die 
linke  Hemisphäre  muldenförmig  abgeplattet,  besonders  in  der  Gegend  der 
Centralwindungen.  Alle  vier  Ventrikel  stark  erweitert.  Keine  apoplekti- 
sehen  Himheerde. 

Walton  (ibidem)  fand  bei  einem  19jährigen  jungen  Manne,  der  nach  Walton, 
einem  Schlag  an  den  linken  Kinnbacken  bewusstlos  umgefallen  war,  Rigidität 
aller  vier  Extremitäten,  Zuckungen  in  verschiedenen  Muskeln  beider  Körper- 
hälften gezeigt  hatte  und  6  Tage  nach  der  Verletzung  gestorben  war,  die 
gajize  Gehimoberfläche ,  besonders  links  mit  einem  subduralen  Blut- 
extravasat  bedeckt. 

Putnam  (Americ.  Joum.  of  med.  sciences,  April)  fand  bei  einer  Putnam, 
72jährigen  Dame  mit  rigiden  Arterien,  die  10  Tage  nach  einem  Falle  auf 
den  Hinterkopf  nach  vorausgegangenen  Zuckungen  in  den  Muskeln  der 
linken  Körperhälfte,  auf  welche  nach  2  Tagen  sich  Lähmung  derselben 
eingestellt  hatte,  comatös  geendet  hatte,  neben  zwei  anderen  Blutextra- 
vasaten  einen  subpialen  Bluterguss  in  dem  oberen  Drittheil  der 
Rolando^schen  Furche,  wodurch  die  Centralwindungen  platt  gedrückt 
waren. 

Wagner  in  Königshütte  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  7)  hat  Wagner. 
zwei  Fälle  von  Hämatom  der  Dura  mater  durch  temporäre 
Schädelresection  geheilt.  Beide  Fälle  waren  durch  Trauma  ent- 
standen; durch  schwere  stumpfe  Gewalten  waren  Brüche  der  Schädel- 
basis mit  Fortsetzimg  auf  die  Convexität  und  ein  Hämatom  in  der 
mittleren  Schädelgrube  hervorgerufen,  im  ersteren  Falle  durch  Zer- 
reissung  der  beiden  Aeste  der  Arteria  meningea  media,  im  anderen 
Falle  des  vorderen  Astes  und  des  Sinus  transversus. 


Seitz  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  14  u.  15)  nimmt 
eine  Coli-Tozinaemia  cerebrospinalis  in  folgendem  Falle  an. 
Ein  1  '/z  jähriges,  bis  dahin  gesundes  Mädchen  erkrankte  an  allen  Er- 
scheinungen einer  acuten  Cerebrospinalmeningitis  und  starb  nach 
14  Tagen.  Die  Section  ergab  abgesehen  von  etwas  vermehrter  Cere- 
brospinalflüssigkeit  nichts  Abnormes;  in  Gehirn  und  Lungen  wurde 
aber  bei  genauer  Untersuchung  das  Bacterium  coli  nachgewiesen. 
Ebenso  dürfte  es  sich  auch  in  anderen  Fällen  von  tödtlicher  Menin- 
gitis serosa  und  acutem  Hydrocephalus  um  bacterielle  Intoxicationen 
handeln. 


Coli- 
Toxinaemia 
cerebro- 
spinalis, 
Seitz. 


Die  Lumbalpunction  (s.  d.  Jahrbuch  Bd.  15,  S.  164)  hat 
Quincke  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  41)  bisher  in  53  Fällen  aus- 
geführt, welche  zum  grossen  Theil  von  Bieken  (Deutsches  Archiv 
f.  klin.  Med.  Bd.  56)  ausführlich  mitgetheilt  sind.  Es  handelte  sich 
namentlich  um  Krankheiten,  die  mit  Drucksteigerung  verbunden  sind. 


Lumbal' 

pnnction, 

l^uincke. 


64 


Seeligmüller. 


Lichtheim, 


Fürbringer, 


Lumbal-  also  um  Hirntumoren,  Hydrocephalus  und  die  verschiedenen  Formen 
^o"-^*k'"'  ^®^  Meningitis:  serosa,  scrophulosa,  tuberculosa.  In  einigen  Fällen 
zeigt  sich  unmittelbar  nach  der  Function  oder  sogar  während  der- 
selben ein  Nachlass  gewisser  Himsymptome:  der  Kopfschmerz  wird 
geringer,  die  Steifigkeit  und  das  Sensorium  freier.  Therapeutisch 
ist  die  Function  wirksam  in  acuten  Fällen  seröser  und  serös-eitriger 
Meningitis. 

Lichtheim  (Zur  Diagnose  der  Meningitis.  Berl.  klin. 
Wochenschr.  Nr.  13)  hat  in  einem  Falle  von  eitriger  Ohrmeningitis 
die  Diagnose  durch  Entleerung  streptokokkenhaltigen  Eiters  sicher 
gestellt.  Gegenüber  der  Beobachtung ' von  Freyhan  (s.  d.  Jahr- 
buch Bd.  17,  S.  64)  hebt  Lichtheim  hervor,  dass  in  den  von  ihm 
pungirten  Fällen  von  tuberculöser  Meningitis  das  Untersuchungs- 
ergebniss  zwar  stets  ein  positives  gewesen,  dass  aber  die  Bacillen 
immer  sehr  spärlich  waren. 

Fürbringer  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  13)  konnte  in  einem 
Falle  keine  Flüssigkeit  entleeren,  weil,  wie  die  Autopsie  nachwies, 
keine  da  war;  vielmehr  setzte  sich  eine  sulzige,  von  vielen  sub- 
miliaren Tuberkeln  durchsetzte  Masse  von  der  Basis  des  Gehirns 
längs  des  Rückenmarks  fort. 

Stadelmann  (Ein  Beitrag  zur  diagnostischen  Be- 
deutung der  Lumbalpunction.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  27) 
warnt  vor  der  Anwendung  der  Lumbalpunction  bei  Erwachsenen  in 
der  Privatpraxis,  betont  ihren  vorwiegend  diagnostischen  Werth  zxir 
Unterscheidung  der  eitrigen  von  der  tuberculösen  Meningitis  und 
dem  Hirnabscess.  Schema:  Bei  tuberculöser  Meningitis  klare 
Flüssigkeit  mit  Bacillen,  bei  Meningitis  trübe  resp.  eitrige  Flüssig- 
keit mit  Kokken,  bei  Hirnabscess  klare  Flüssigkeit  ohne  Mikro- 
organismen. Beweisend  ist  für  die  Anwesenheit  der  betreffenden 
Krankheit  nur  der  positive  Ausfall  der  Probe.  Verf.  führt  Fälle  an, 
wo  sich  trotz  der  durch  Autopsie  nachgewiesenen  eitrigen  Meningitis 
eine  klare  Punctionsflüssigeit  fand.  Der  interne  Medicrner  ist  sonach 
nicht  berechtigt,  bei  fehlenden  Mikroorganismen  einen  Abscess  im 
Gehirn  anzunehmen  und  zur  Operation  zu  rathen. 
Diagnoseder  Krannhals  (Zur  Casuistik  meningitisähnlicher  Krank- 
K"**iihal8^'  heitsfälle  ohne  entsprechenden  anatomischen  Befund. 
Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  S.  89)  betont  die  Schwierigkeit, 
die  Diagnose  Meningitis  absolut  sicher  in  vivo  zu  stellen,  da  es 
1)  Fälle  gebe,  wo  Symptome  von  Seiten  des  Centralnervensystems 
bei  acuten  Lifectionskrankheiten  gleich  von  vom  herein  die  Situation 
so  beherrschen,  dass  die  Diagnose  Meningitis  gestellt  wird  imd  bei 


Stadelmann. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  65 

der  Section  sich  ein  negativer  Himbefund  ergibt,  und  da  2)  die 
Diagnose  Meningitis  gestellt  wurde  in  Fällen,  welche  bei  der  Autopsie 
weder  im  Hirn  noch  in  anderen  Organen  irgendwelche  Verände- 
rungen boten,  und  da  3)  echte  Meningitisfälle  völlig  latent  verlaufen 
können.  Für  die  Entstehung  eines  meningitisähnlichen  Bildes  zieht 
er  gewisse  Toxine  heran,  deren  Giftwirkungen  auf  das  Centralnerven- 
«ystem  feststehen.  So  bringt  er  fünf  letal  endende  Fälle,  wo  in  vivo 
die  Diagnose  Meningitis  gestellt  war  und  wo  die  betreffenden  Er- 
krankungen jedesmal  während  einer  Influenzaepidemie  beobachtet 
wurden.  Bei  der  Section  fanden  sich  keinerlei  entzündliche  Er- 
scheinungen an  den  weichen  Hirnhäuten,  sondern  nur  Oedem  der  Pia, 
grosse  venöse  Blutfülle  der  Sinus,  Hirnhäute  und  der  Hirnrinde  und 
eine  leichte  Vermehrung  der  Kammerflüssigkeit.  In  der  Convexität 
der  Pia  und  der  Hirnrinde  finden  sich  kleine  Sugillationen  und  ent- 
sprechend den  Sugillationen  mikroskopisch  kleine  Bindennekroti- 
sirungen  (Behinderung  der  Blutzufuhr  infolge  Gefässzerreissungen  der 
weichen  Hirnhaut).  Ob  diese  Hämorrhagieen  und  regressiven  Vor- 
gänge in  der  Hirnrinde  die  meningitischen  Erscheinungen  veranlassen, 
bleibt  imgewiss.  Ob  man  die  mit  Fieber,  Somnolenz,  Delirien,  Coma 
verlaufende  Krankheit  zur  „Nona"  zählen  will,  welche  ja  auch  als 
Folge  der  Influenzainfection  angesehen  wird,  überlässt  Verf.  dem 
Leser. 

Dennig  (Zur  Diagnose   der  Meningitis  tuberculosa.Diagnoseder 
Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  49,  1894)  legt  den  Hauptschwerpunkt  Meningitis 

,    .     _        r-.     11  1        -r%-  /»    T        ^-r     1        •  m  ,      i    ■.   tubeTculosa, 

bei  der  Stellung  der  Diagnose  aui  den  Nachweis  von  Tuberkel-  Dennig. 
bacillen,  welche  aus  der  durch  Spinalpunction  entleerten  Spinalflüssig- 
keit gewonnen  wurden.  Die  anderen  zur  Stellung  der  Diagnose 
wesentlichen  Momente  imterschätzt  er  selbstverständlich  nicht :  1.  here- 
ditäre Belastung;  2.  mit  kleinen  Unpässlichkeiten  beginnende,  pro- 
gressiv verlaufende  Krankheit;  3.  Rückgang  der  Ernährung  mit 
unregelmässigen  Temperaturen;  4.  psychische  Alteration;  5.  Kopf- 
schmerzen, Erbrechen,  Obstipation :  gestörte  Sensibilität  und  Beflex- 
erregbarkeit ,  cerebrale  Erregungs-  und  Depressionszustände ,  Bei- 
zungs-  und  Lähmungserscheinungen,  anfangs  vermehrte  Pulsfrequenz, 
später  verlangsamter  Puls,  Kahnbauch.  Verf.  bringt  einen  atypisch 
verlaufenen  Fall  von  tuberculöser  Meningitis,  wo  die  Diagnose  durch 
Lumbalpunction  gestellt  wurde :  in  der  Cerebrospinalflüssigkeit  reich- 
liche Tuberkelbacillen. 

Sänger  (i!inFall  von  Meningitis  basilaris  gummosa. 
Aus  dem  ärztlichen  Verein  in  Hamburg.  Münch.  med.  Wochenschr. 
Nr.   17)    stellt   eine   38jährige    Schuhmachersfrau   vor,    die  Anfang 

Jahrbach  der  practischen  Medicin.    1896.  5 


tJ6  Seeligmüller. 

x^BiB^itis  Januar  1895  nach  Stägigen  Schmerzen  über  dem  rechten  Augapfel 
gviEmos?,  imierhalb  drei  Tagen  erblindete.  Beim  Gehen  Schwanken  nach 
rechts,  Schwindel  und  TJnbesinnlichkeit.  Blasse  Papilla  optica  rechts. 
Bechte  Pupille  reagirt  direct  nicht,  wohl  aber  indirect.  Vor  dem 
linken  Auge  Flimmern  und  Nebelsehen.  Linkes  Gesichtsfeld  normal. 
Ueber  dem  rechten  Auge  heftige  Schmerzen.  Hypästhesie  im 
ersten  und  zweiten  Trigeminusaste  und  Herabsetzung  des  Geruches 
auf  dem  rechten  Nasenloche.  Lues  objectiv  nicht  nachweisbar;  da- 
gegen war  der  Mann  fiiiher  syphilitisch  gewesen.  Die  Diagnose 
wurde  auf  einen  ausgedehnten,  wahrscheinlich  syphilitischen  Process 
an  der  Basis  cranii  gestellt,  welcher  im  wesentlichen  die  rechte 
vordere  Schädelgrube  einnahm.  Ein  Tumor  war  wegen  mangelnder 
Himdruckerscheinungen  auszuschliessen,  auch  war  das  Ohiasma  opti- 
cum  nicht  zerstört,  da  ja  das  linke  Gesichtsfeld  intact  war.  Es 
wurde  Jodkali  per  os  und  Schmiercur  angewandt,  wodurch  alle 
Symptome  bis  auf  die  ErbUndung  des  rechten  Auges  zurückgingen. 
Die  Behandlung  muss  nach  Sänger  sehr  energisch  sein. 

2«  Krankheiten  des  Terlftngrerten  Marks« 

Boibärer  Piueles   (Zur  Kenntniss    des    bulbären    Symptomen- 

Typ«s  complezes  Typus  Erb-Goldflam.  Jahrb.  f.  Psych,  u.  Neurol. 
Pralles.  -^^  1^^  theilt  vier  Fälle  mit,  welche  sich  durch  das  jugendliche 
Alter,  die  rasch  und  schubweise  von  statten  gehende  Entwickelung 
der  Symptome,  die  morgendlichen  Remissionen  und  abendlichen 
Exacerbationen  der  Lähmungen,  sowie  das  Schwanken  der  Erschei- 
nungen überhaupt,  die  Ptosis  und  das  Fehlen  von  Muskelatrophieen 
auszeichnen. 

Mainm  Yulpius (Halbseitige Zungenatrophie  alsMalum  occi- 

0  .ipitaie.  pitale.  Beitr.  zur  klin.  Chirurgie  Bd.  15)  sah  in  zwei  Fällen  von 
Erkrankung  der  obersten  Halswirbel  Atrophie  der  einen  Zungen- 
hälfte mit  Abweichen  der  Zunge  nach  der  gesunden  Seite.  In  dem 
ersten  Falle,  der  zur  Section  kam,  fanden  sich  neben  Caries  des 
Atlas  und  Epistropheus,  sowie  des  linken  Felsenbeins  Erweichungs- 
heerde  in  der  Oblongata  und  im  Kleinhirn. 

Progressive         Remak   (Zur  Pathologie  und  Therapie^  der  progres- 

B«ibir>      siven  Bulbärparalyse.     Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  2)  wider- 

R«mak.       Spricht  der  früher  üblichen  Anschauung,  dass  nur  die  unteren  zwei 

Drittel  des  Facialisgebietes  bei  der  Bulbärparalyse  befallen  würden 


Krankheiten  des  Nervensystems.  (57 

und  dass  die  Betheiligung  des  Stimastes  nur  für  die  asthenische 
Bulbärparalyse  (ohne  anatomischen  Befund)  oder  die  infantile  (fami- 
liäre) Bnlbärparalyse  charakteristisch  sei.  Verf.  verfügt  über  drei 
Fälle  von  echter  amyotrophischer  Bulbärparalyse,  bei  denen  der  Mus- 
culus frontalis  mit  betheiligt  war.  Die  Therapie  ist  die  der  galva- 
nischen Kathodenreizung  am  Halse  zur  Auslösung  von  Schluck- 
bewegungen, um  durch  die  positiv  nachgewiesene  Besserung  des 
Schluckvermögens  den  Tod  zu  verzögern.  Wenn  auch  natürlich  diese 
Behandlung  nur  symptomatisch  ist,  darf  sie  doch  nicht  als  wir- 
kungslos oder  als  nur  suggestiv  wirkend  angesehen  werden. 

V.  Openchowski  (Ueber  einen  seltenen  Fall  von  Erkrankung      Pseudo- 
mit   bulbären   Erscheinungen,    der  in  Genesung   endigte.     Berl.       bulbär- 

D  ft r ftl vs  6 

klin.  Wochenschr.  Nr.  32)  beschreibt  den  Fall  einer  36jährigen  Frau ,  bei  ^  ODenchowski 
welcher  sich  plötzlich  nach  einem  Schreck  bulbäre  Symptome  einstellten. 
Lähmung  des  rechten  Oculomotorius  und  Abducens,  Erweiterung  der  rechten 
Pupille,  Lähmung  des  rechten  Facialis  mit  träger  Zuckung,  Lähmung  der 
Zunge,  Lähmung  und  Atrophie  der  Lippen.  Erschwerung  des  Schluckens, 
näselnde,  monotone  Sprache.  Erloschensein  des  Gehörs,  Geschmackes,  Ge- 
ruches. Rechtsseitige  Anästhesie.  Parese  und  Tremor  der  rechten  Extre- 
mitäten. Gang  stark  ataktisch.  Bewusstsein  normal.  Athmung  und  Puls 
erhöht.  —  Als  Grund  der  in  relative  Heilung  überführenden  Krankheit 
nimmt  Verf.  eine  locale  nicht  ganz  vollständige  Thrombose  der  rechten 
Art.  vertebralis  an. 

Kalischer    (Ein   Fall   von    subacuter   Ophthalmoplegie    Poliomes- 
und  Extremitätenlähmung  mit   Obductionsbefund.     Polio-   «ncephaio- 

nivBlitis 

mesencephalomyelitis  subacuta.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Nerven-^  Kalischer.' 
heilk.  Bd.  6,  S.  252)  fand  bei  einem  Schreiber  von  64  Jahren,  der 
an  Ptosis  und  Lähmung  aller  äusseren  Augenmuskeln,  Schwäche  der 
Beine,  später  auch  der  Arme  mit  Herabsetzung  der  elektrischen 
Erregbarkeit  gelitten  hatte,  die  Gegend  der  Augenmuskelkeme,  so- 
wie die  Vordersäulen  des  Rückenmarks  von  kleinen  Blutungen  durch- 
setzt und  theüweise  Degeneration  sowohl  der  Nervenzellen  wie  der 
Fasern. 

Einen  ähnlichen  Befund  machte  Boedecker  (Allgem.  Zeitschr.  Poii- 
f.  Psych.  S.  204)  in   einem  Falle  von  Poliencephalitis  haemor-^'^^^P^»^^*^« 

rhagica    acuta   bei    einem    51jährigen   Säufer,    der   an   Lähmung  rhagica 

beider  Nn.  abducentes,  Parese  beider  Nn.  oculomotorii  ohne  Ptosis  acuta, 

mit  reflectorischer  Pupillenstarre  gelitten  hatte.     Hier  war  die  Um-  ^^®<^®^^^*'- 
gebung   des   dritten  Ventrikels   von  kleinen  Blutungen  durchsetzt, 
die  nach  vom  bis  zur  vorderen  Commissur,  nach  hinten  bis  in  den 


68 


Seeligmüller. 


Poli- 
encepha- 

litis, 
A.  Schule. 


vierten  Ventrikel  hinein  sich  erstreckten;  nur  fand  sich  hier  ausser- 
dem  Verdickung  und  Kalkinfiltration  der  Gefässe. 

Einen  dritten  ähnlichen  Fall  bei  einem  66jährigen  Potator  mit 
vollständiger  Augenmuskellähmung  beschreibt  A.  Schule 
(Arch.  f.  Psych.  Bd.  27,  S.  295). 


8.  Krankheiten  des  Bttckenmarks« 

a.  Anatomie.    Physiologie. 

Krankheiten         Hoche    (Neurol.   Centralbl.   Nr.  17,   S.  754)   machte    bei    einem    Hin- 

aes  Rücken-  gerichteten  Versuche  über  die  elektrische  Reizbarkeit  des  mensch- 

mar  s.       Hchen  Rückenmarks,   indem   er  den  durchaus  glatten  Querschnitt  dea 
Allgemeines.  .... 

Klektrische  Halsmarkes  in   der  Höhe   des  vierten  Halswirbels  mittels    zweier  kleiner 

Erregbar-    Metallstifte  faradisch  reizte;  der  flach  liegende  Leichnam  hob  beide  Arme 

mit  gebeugtem  Ellenbogengelenk  und  geballten  Fäusten  in  die  Höhe,    der 

Brustkorb  hob  sich  inspiratorisch  und  beide  Arme  geriethen  in  Strecktonus. 

12  Minuten  nach  der  Hinrichtung  war  keine  Spur  von  diesen  Erscheinungen 

mehr  zu  erzielen. 


keit, 
Uoche. 


Secundäre 
Degene- 
ration, 
Schaffer, 


Starlinger, 


Fs^ersztajin, 


Jaeobsohn. 


Schaffer  (Ueber  die  zeitliche  Reihenfolge  der  secun- 
dären  Degeneration  in  den  einzelnen  Rückenmarkssträngen. 
Neurol.  Centralbl.  Nr.  9,  S.  386)  fand,  dass  bei  Katzen  die  zeitliche 
Reihenfolge  der  secundären  Degeneration  der  Reihenfolge  der  Mark- 
scheidenentwickelung  des  menschlichen  Rückenmarks  entspricht. 

Starlinger  (Die  Durchschneidung  beider  Pyramiden 
beim  Hunde.  Ebenda  S.  390)  spricht  der  Pyramidenbahn  beim 
Hunde  nur  eine  untergeordnete  Bedeutung  für  die  Locomotion  zu 
und  meint  daher,  es  müsse  hier  noch  eine  nicht  in  den  Pyramiden 
verlaufende  Leitung  existiren,  welche  Impulse  von  der  Hirnrinde  zu 
den  Muskeln  vermittelt. 

Pajersztajin  (ebenda  Nr.  8,  S.  339)  zieht  aus  seinen  Unter- 
suchungen über  Degenerationen  nach  doppelten  Rücken- 
marksdurchschneidungen  bei  Hunden  den  Schluss:  Es  gibt 
nach  vollendeter  Rückenmarksentwickelung  keine  reinen,  ausschliess- 
lich eine  Fasergattung  führenden  „Systeme". 

Jacobsohn  (Ueber  die  Lage  der  Pyramidenvorderstrang^ 
fasern  in  der  Medulla  oblongata.  Ebenda  S.  348)  hat  seinen  Fall  von 
schwerer  Arteriosklerose  des  Centralnervensystems  (Arch.  f.  Psych,  u.  Ner- 
venkrankh.)  auf  diese  Frage  hin  genauer  anatomisch  verfolgt  und  gefunden, 
dass  die  nicht  gekreuzten  Vorderstrangfasem  den  lateralen  Winkel  des 
PjTamidenntrangs  in  der  ganzen  Oblongata  einnehmen. 


Krankheiten  des  Nervensystem«.  69 


b.  Allgemeine  Patliologie. 

Lamy  (Arch.  de  Physiol.  Nr.  1)  injicirte  in  künstlichem  Serum  Embolie, 
suspendirtes  Lycopodium  in  die  Arteria  femoralis  bei  doppelter  Lamy. 
Compression  der  Aorta  lumbalis  zwischen  Abgang  der  Artt.  renales  und 
spermaticae.  Dadurch  erzielte  er  im  Rückenmark  hämorrhagische  Er- 
weichungsheerde  der  grauen  Substanz,  in  deren  Centrum  sich  das  mit 
Lycopodium  verstopfte  Capillargefäss  nachweisen  Hess.  In  der  weissen 
Substanz  fand  sich  nur  eine  einfache  Degeneration  in  der  der  grauen  Sub- 
stanz benachbarten  Zone.  Die  grosse  Bedeutung  dieser  Versuche  für  die 
Erklärung  von  Poliomyelitis  ant.  acuta  als  durch  Embolie  entstanden  liegt 
zu  Tage. 

Nonne  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,  S.  313)  con-      Degene- 
statirte   unter  17  Fällen   von  letaler  Anämie  7mal  ausgesprochen    ^»-^^    ^^ 
degenerative,  heerdweise  auftretende  Veränderungen  im    marks  bei 
Kückenmark,  und  zwar  nur  in  der  intramedullären  weissen  Sub-      letaler 
Stanz,  namentlich  der  mittleren  Wurzelzonen.     Klinisch  entsprachen     *  Nonne  ' 
diesen  Veränderungen  als  spinale  S3nnptome:   Fehlen  des  Patellar- 
reilexes,   Andeutung  von  Ataxie,   dazu  manchmal  noch  lancinirende 
Schmerzen,    Hypalgesieen    und    Romberg'sches    Phänomen.     Aber 
selbst  bei  schwerer  Anämie  darf  man  nicht  mit  Sicherheit  auf  einen 
spinalen  Befund  rechnen;  am  meisten  Gewähr  dafür  gibt  das  Fehlen 
des  Patellarreflexes. 

Goldflam  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheük.  Bd.  7,  S.  1)  hat  Paroxysmale 
weitere    Mittheilungen    über    die    paroxysmale    familiäre    familiäre 
Lähmung  gemacht.     Seine  frühere  Ansicht,   dass  es  sich  hier  um     ooldflamf* 
eine  Autointoxication   handele,    hat   er   dahin    modificirt,    dass   die 
Krankheit  in  Parallele  zu  bringen  sei  mit  der  musculären  Dystrophie, 
der  Myotonia  congenita   und   ähnlichen  Symptomencomplexen.     In 
der  anfallsfreien  Zeit  fand  er  eine  Modification  der  partiellen  Ent- 
artungsreaction  mit  indirecter  träger  Zuckung,  und  zwar  nur  in  den 
Nerven  und  Muskeln  der  Extremitäten  und  des  Rumpfes,  bald  mehr 
bald   weniger    ausgesprochen,    je    nach    dem   Bezirke.     Im    Anfalle 
selbst  constatirte  er  Abnahme  der  elektrischen  Erregbarkeit  bis  zur 
;,Cadaverreaction".    Endlich  ergab  die  mikroskopische  Untersuchung 
Hypertrophie  der  Muskelfasern,  Auseinandergedrängtsein  der  Primitiv- 
übrillen,  selbst  Vacuolenbildung. 

Ueber    die     Krankheitszustände     der     Caissonarbeiter 
machen   zur  Zeit  Richard  Heller,   Wilhelm   Mager  und  Her- 


70 


Seeligmüller. 


Krankheit 
der  Caisson- 
arbeiter, 
HeUer, 
Mager, 
V.  Schrötter. 


mann  v.  Schrötter  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  26,  S.  475) 
Untersucliungen  beim  Bau  eines  Schleusenwerks  in  Nussdorf  bei 
Wien.  Gewöhnlich  wird  der  Arbeiter  bald  nach  dem  Ausschleusen 
von  sehr  heftigen  Schmerzen  in  den  Beinen  und  in  den  Gelenken, 
sowie  Abgestorbensein  und  Paresen  befallen ;  daneben  treten  Volums- 
zunahme  und  ödematöse  Schwellung  mehrerer  oder  einer  Extremität 
imd  endlich  Blutungen  in  das  Trommelfell  und  Mittelohr  auf.  Diese 
Erscheinungen  der  leichteren  Form  können  nach  3 — 5  Tagen  zurück- 
gehen. Die  schwersten  Formen,  die  mit  mehrstündiger  Bewusst- 
losigkeit  mit  oder  ohne  Dyspnoe  und  allgemeiner  Cyanose  plötzlich 
einsetzen,  können  in  kurzer  Zeit  zu  CoUaps  und  Tod  führen.  Die 
Untersuchungen  sollen  auch  auf  Luft  und  Temperatur,  sowie  die 
Blutgase  sich  erstrecken  und  durch  Thierversuche  vervollständigt 
werden. 


Krankheiten 

der  Canda 

eqnina, 

Raymond. 


Raymond  (Nouv.  Iconographie  de  la  Salpetri^re)  hat  gelegent- 
lich von  Besprechung  zweier  Fälle  einen  zusammenfassenden  Vor- 
trag über  die  Affectionen  der  Cauda  equina  gehalten.  Von 
29  Fällen  handelte  es  sich  ätiologisch  in  14  um  Tumor,  in  11  um 
Trauma,  in  1  um  Myelitis  nach  einer  Contusion  des  Ischiadicus,  in 
1  um  (syphilitische?)  Meningitis,  in  1  um  plötzliche  Erkältung  und 
in  1   um  eine  unbekannte  Ursache  (vielleicht  Neuritis   ascendens?). 


Compres- 
sion 
des  Rücken- 
marks, 
Egger, 
Brnns. 


c.  Verletzungen.    Blutungen. 

Egger  (Ueber  Compression  des  oberen  Borsalmarks.  Arch. 
f.  Psych.  Bd.  27)  bringt  einen  auch  anatomisch  genau  untersuchten  Fall, 
der  mit  einem  von  Bruns  (ebenda  Bd.  25,  S.  7)  veröffentlichten  grosse 
Aehnlichkeit  hat.  Es  bestand  eine  totale  quere  Zerstörung  des  ersten  Dorsal- 
segments mit  absteigender  Degeneration  der  Pyramidenbahnen,  und  trotzdem 
war  die  Lähmung  eine  schlaffe,  und  die  Sehnenreflexe  fehlten  seit  11  Jahren 
vor  dem  Tode.  Diese  Beobachtung  ist  eine  weitere  Stütze  für  die  von 
Bastian  seiner  Zeit  aufgestellte  Theorie.  Egg  er  stellt  eine  neue  Hypo- 
these auf. 


Ver-  Enderlen  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  14)   studirte    an 

'W"i^*"'  "^hieren  die  Folgen   von  Stichverletzung   und   Compression 
des  Rückenmarks  und  gibt  zum  Schluss  eine  Zusammenstellung 
von  67  Fällen  von  Stichverletzungen   beim  Menschen:   in   5  Fällen 
trat  Keüung,  in  47  Besserung  ein,  15  gingen  letal  aus. 
Kümmeii.  Kümmell  (Ueber  die  traumatischen  Erkrankungen  der 

Wirbelsäule.     Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  11)   beschreibt  ein 


Krankheiten  der  Nervensystems.  71 

«igenthümliches  Krankheitsbild,  das  sich  nach  einem  Trauma,  welches 
direct  oder  indirect  die  Wirbelsäule  trifft,  entwickelt.  Einige  Tage 
lang  heftige  Schmerzen  in  dem  betroffenen  Theü  der  Wirbelsäule, 
4lann  Verschwinden  der  Schmerzen.  Nach  Wochen  oder  Monaten 
neue  Schmerzen  in  der  Wirbelsäule  mit  eventuellen  Neuralgieen  der 
Intercostalnerven,  Motilitätsstörungen  in  den  Beinen,  schliesslich 
Ausbildung  einer  Kyphose  und  eines  mehr  weniger  deutlichen  Gibbus. 
Bei  Suspension  Ausgleich  der  Kyphose,  aber  nicht  des  Gibbus.  Verf. 
ninamt  eine  infolge  des  Trauma  entstandene  Quetschung  der  Wirbel- 
körper  (meist  Brustwirbelsäule)  mit  nachfolgender  Erweichung,  Be- 
«orption,  Atrophie  und  schliesslichem  Druckschwund  als  anatomisches 
Substrat  des  klinischen  Krankheitsbildes  an.  Lues  oder  Tuberculose 
ist  auszuschliessen.  Hierzu  sechs  einschlägige  Beobachtungen,  bei 
welchen  Heilung  durch  Hessin  g'sches  Stoffcorset  mit  Kopfstütze 
erzielt  wurde.  Das  Corset  muss  zuweilen  jahrelang  getragen 
werden. 

Michelson  (Petersb.  med.  Wochenschr.  Nr.  29)  beschreibt  einen  Halbseiten- 
Fall  von  Brown-S6quard*scher  Lähmung.     Stich   IV«    Quer-     Sf'?\^^' 

^  ,     ^  .  Michelson. 

finger  breit  nach  rechts  vom  Processus  spinosus  des  dritten  und 
vierten  Brustwirbels.  Sofort  nach  dem  Stiche  Lähmung  beider  Beine. 
Nach  einigen  Tagen  wieder  völlige  Kraft  im  linken  Beine.  Das 
rechte  Bein  und  die  Bauchpresse  blieben  gelähmt.  Ein  mehrere 
Monate  nach  der  Verletzung  bei  der  Aufiiahme  in  ein  Hospital 
festgestellter  Status  ergab  in  Kürze :  Parese  des  rechten  Beines  mit  Ab- 
magerung und  leichten  Spasmen.  Bomber  g'sches  Phänomen.  Leichte 
Ataxie  im  rechten  Bein  mit  gestörtem  Ortssinn.  Linkes  Bein  moto- 
risch normal.  Die  Sensibilität  für  Stich  und  Berührung  war  links 
vom  Nabel  um  den  Leib  herum  an  der  Wirbelsäule  abschneidend 
auf  der  ganzen  linken  Seite  herabgesetzt,  vom  Knie  ab  erloschen. 
Die  Qualitäten  warm  und  kalt,  feucht  und  trocken  wurden  schon  in 
einer  3  Finger  breit  höher  beginnenden  Zone  nicht  mehr  richtig 
unterschieden.  Die  rechte  Körperhälfte  zeigt  eine  der  Stichwunde 
gegenüber  beginnende,  circulär  um  den  Körper  gehende  Anästhesie 
und  nach  abwärts  von  derselben  eine  Hyperästhesie.  Beide  Hoden 
gleichmässig  empfindlich.  Die  Hautreflexe  sind  links  alle  lebhafter 
als  rechts.  Der  Patellarreflex  ist  rechts  bedeutend  stärker  als  links. 
Die  Behandlung  mit  Massage,  Elektricität  und  Strychnin  brachte 
eine  nicht  vollständige  Heilung.  Fast  2  V*  Jahre  post  laesionem  be- 
stand noch  Parese  der  rechtsseitigen  Eumpfmuskeln,  Zittern  und 
Atrophie  des  rechten  Beines  mit  veränderter  Reaction  am  rechten 


72  Seeligmüller. 

Unterschenkel  und  völlige  Anästhesie  der  Flantarfläche  der  linken 
Zehen. 

Verletzung  Schiff  (Verletzung  des  Conus  meduUaris.     Wiener  med. 

des  ^       Presse  Nr.  45)  beschreibt  einen  Fall  von  Conusverletzung  durch  Fall 

medaiiarip,  ft^fs  Gesäss.  Als  Folge  Ischuria  paradoxa  und  leichte  Incontinenz 
Schiff.  des  Rectums.  Motilität  und  Sensibilität  erhalten  bis  auf  eine  Zone, 
welche  Kreuzbein  ^  Regio  glutaea  inferior  und  das  Gebiet  des 
N.  cutaneus  femoris  posterior  beiderseits  umfasst.  Ebenso  ist  die 
Hinterseite  des  Scrotums  und  Perineums  fast  anästhetisch.  Es  kann 
sich  handeln  um  eine  Verletzung  der  drei  letzten  Sacralwurzeln  vor 
ihrem  Austritt  aus  dem  Kreuzbeinkanal  oder  um  eine  Läsion  der 
Centren  dieser  Wurzeln  im  Conus  medullaris.  Da  Schmerzen  völlig 
fehlen,  so  kann  es  sich  nicht  um  eine  Meningitis  des  Sacralkanales 
handeln,  ebensowenig  um  eine  Cauda Verletzung. 

Intradurales         Killiani  (New  Yorker  med.  Monatsschr.  Bd.  8,  Nr.  9)  hat  die 
^K^r*^"*    Function  des  Rückenmarks  bei  einem  intrad.uralen 
Hämatom,  welches  den  Conus  terminalis  und  die  Cauda  compri- 
mirte,    mit   zweifellos   nachweisbarem   therapeutischen   Erfolg   aus- 
geführt. 

d.  Tumoren. 

Oppenheim  (Ueber  einen  Fall  von  Tumor  der  Wirbel- 
Tumor  der  *  * 

Dura  Säule.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  45)  beschreibt  emen  Fall  von 
Bpinaiis,  gog.  Klump ke'scher  Lähmung  bei  einem  3jährigen  Kinde.  Die 
iipen  em.  H^uptsymptome  waren  Lähmung  der  rechten  Hand,  Verengerung 
der  Pupille  und  der  Lidspalte,  Oedem  der  rechten  Wange,  späterhin 
völlige  Faraplegie.  Die  Section  ergab  ein  Sarkom  der  Dura,  welches 
die  achte  Cervical-  und  erste  Dorsalwurzel  und  das  Rückenmark 
comprimirt  hatte. 

Tumor  des  'P^^^  Müller  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Nr*  3  u.  4,  S.  472)  theilt 

Rücken-      ausführlich  einen  FaU  von  Tumorenbildung  im  Rückenmark 

Pa™rMüiiW  °^*»  welcher  zeigt,  wie  vielseitige  Veränderungen  und  wie  tief- 
greifende Zerstörungen  des  Rückenmarks  durch  Tumorenbildung 
hervorgerufen  werden  können.  Letztere  erklären  sich  in  dem  Falle 
vielleicht  dadurch,  dass  durch  die  das  ganze  Lumen  des  Wirbel- 
kanals einnehmenden  Geschwülste  die  Circulation  der  Lymphe  und 
des  Blutes  behindert  wurde. 


Krankheiten  des  Nervensystems, 


73 


Schlesinger   (Ueber   das   wahre   Neurom   des   Rücken-  Neurom  des 
marks.    Jahrb.  f.  Psychiatrie  Bd.  13)  fiigt  zu  den  zwei  einzigen     Röcken- 
bisher  existirenden  Beobachtungen  von  Raymond  und  Sybel  drei    Schlesinger. 
neue  hinzu,    die  einmal  bei  Tabes,   die  beiden  anderen  Male  bei 
Syringomyelie,  also  wie  in  dem  Eaymond'schen  Falle,  sich  fanden. 
Im  Gegensatz  zu  letzterem,  der  darin  eine  Begenerationserscheinung 
sieht,  fasst  Schlesinger  diese  Neurombildung  als  einen  Wuche- 
rungsprocess   auf  infolge  der  fortwährenden  Beizung  des  Nerven- 
gewebes durch  die  Gliawucherung. 


e.  Entzündungen. 

J.  Nageotte  (Etüde  sur  la  meningo-my^lite  diffuse 
dans  le  tabes,  la  paralysie  g^n^rale  et  la  syphilis  spinale. 
Arch.  de  Neurologie,  Oct.,  Nr.  104)  theilt  vier  Beobachtungen  mit 
Autopsie  mit,  welche  sämmtUch  eine  wenig  intensive  Meningomyelitis 
von  besonderem  Charakter  darboten,  die  in  drei  Fällen  mit  Meningo- 
encephalitis  derselben  Natur  verbunden  und  auf  Syphilis  zurück- 
zufuhren war.  Bei  Tabes,  Paralyse  und  syphilitischer  Myelitis  be- 
steht ein  difPuser  Entzündungsprocess,  welcher  sich  über  das  ganze 
Bückenmark  erstreckt  und  vasculärer  oder  bindegewebiger  Natur 
ist.  Die  Veränderungen  bestehen  im  wesentlichen  in  einer  Infiltration 
der  Bimdzellen,  welche  die  Pia,  Arachnoidea,  die  Bückenmarks- 
capillaren  und  namentlich  die  Häute  der  oberflächlichen  Venen  be- 
fallt. Erst  secundär  betheüigen  sich  die  nervösen  Gebilde.  Mit 
HämatoxyHn  imd  Eosin  sind  diese  Veränderungen  stets  nachzuweisen. 
Die  Veränderungen  an  der  Hirnrinde  als  Ursache  der  allgemeinen 
Paralyse,  die  der  Wurzelnerven  als  Ursache  der  Tabes  und  die 
localisirten  Heerde  der  syphilitischen  Myelitis  stellen  nur  eine  locale 
Steigerung  jenes  Processes  dar. 


Meningo- 
myelitis, 
J.  Nageotte. 


Oettinger  (Gaz.  m6d.  de  Paris)  sprach  in  der  Society  m^dicale 
des  höpitaux  (Sitzung  vom  26.  Jan.)  über  infectiöse  Myelitis 
durch  Streptokokken.  Ein  Pockenkranker  bekam  4  Tage  nach 
dem  Auftreten  einer  gutartigen  Variola  Paraplegie  mit  Incontinenz; 
am  folgenden  Tage  waren  auch  die  oberen  Extremitäten  gelähmt; 
3  Tage  später  starb  der  Kranke  unter  den  Erscheinungen  einer 
acuten  aufsteigenden  Paralyse.  Bei  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung fanden  sich  im  Bückenmark  neben  Veränderungen  der  Ge- 
fasse  in  deren  Umgebung  Streptokokken  frei  oder  in  degenerirte 
weisse  Blutkörperchen  eingeschlossen;  ausserdem  Fragmentation  der 


Infectiöse 
Myelitis, 
Oettinger. 


74 


Seeligmüller. 


infectiöse   Vorderhomzcllen    mit  Detachement   des  Protoplasmafortsatzes.     So- 

Myelitis,     jj^^  kömien   auch   durch   die   Streptokokken  allein  und  nicht,    wie 
Oettinger.  .  ,  . 

Widal  aus  semen  Experimentaluntersuchungen  schhesst,  nur  durch 

die  gebildeten  Toxine  Gefässveränderungen,  Oedem,  hämorrhagische 
Heerde  und  andere  Läsionen  hervorgebracht  werden.  Widal  be- 
merkt in  der  Discussion,  dass  Streptokokken  in  Leichen  von  Variola- 
kranken  überall  in  grosser  Menge  gefunden  werden  und  eine 
ausserordentliche  Virulenz  entwickeln,  eine  viel  grössere  bei  Ery- 
sipelatösen,  wo  er  im  Rückenmark  zweimal  keine  Streptokokken  ge- 
funden habe. 

Rücken-  Hoinön  (Revue  neurologique  Nr.  4)  beobachtete   klinisch   und    unter- 

maiks-  suchte  anatomisch  genau  einen  Fall  von  Abscess  im  Rückenmark  bei 
a  scess,  einem  56jährigen  Mann,  der  an  Bronchiektasie  litt.  Nachdem  2  Tage 
heftige  Schmerzen  in  den  Beinen  und  Schultern  bestanden  hatten,  trat 
schnell  hinter  einander  Lähmung  und  Analgesie  des  linken,  dann  des 
rechten  Beines  ein,  daneben  Schwierigkeiten  bei  der  Entleerung  des  Urins 
und  des  Stuhls ,  die  später  in  Incontinenz  Übergingen ;  Tod  am  6.  Tage. 
Der  Abscess  reichte  von  dem  vierten  Cervicalwurzelpaar  bis  zum  achten 
Brustwurzelpaar  und  nahm  die  hinteren  Abschnitte  der  centralen  Partieen 
ein.  Eine  ausgesprochene  Degeneration  in  den  Hintersträngen  war  bereits 
nachzuweisen;  Meningitis  fehlte. 

Pachy-  M.  Koppen   (Arch.   f.  Psychiatrie   etc.   Bd.  27,    S.  918)   theilt 

meningitis,  ^^^  Jolly's  Klinik  zwei  Fälle  von  Pachymeningitis  cervicalis 

ccrvicalis  •/  «^ 

hyper-       hypertrophica  mit,  bei  welchen  der  anatomische  Process  auf  con- 
trophica,     stitutionelle  Syphilis   zurückzuführen  war  und  nicht  nur   das  Hals- 
.    oppen.    jj^j^pj^^   sondern  auch  das  übrige  Rückenmark,   ja  das  Gehirn  be- 
theiligte.    Die  typische  Handstellung  fehlte,   dafür   fand  sich   aber 
eine  Störung  der  Sprache. 


Syringo- 

TD  y  e  11  e, 

Schlesinger, 


f.  Syringomyelie. 

lieber  die  in  neuerer  Zeit  viel  studirte  Syringomyelie  hat 
Schlesinger  eine  in  jeder  Richtung  orientirende  Monographie 
(Wien)  veröffentlicht,  welche  sich  auf  32  eigene  Beobachtungen 
gründet. 

Derselbe  hat  die  Hinterstrangsveränderungen  bei 
Syringomyelie  (Arbeiten  aus  dem  Obersteiner'schen  Institut, 
Heft  3)  besonders  besprochen.  Danach  besteht  zwischen  Syringo- 
myelie und  Tabes  insofern  ein  durchschlagender  anatomischer  Unter« 
schied,  als  jene  das  interstitielle  Gewebe,  die  Tabes  dagegen  daa 
Nervenparenchym  befilllt. 


Krankheiten  des  Nervensysteins. 


75 


Lamacq   (Rev.    de   m6d.    S.  309)    und   Raymond    (Gaz.   des      Lamacq, 
hopit.  Nr.  34)  betonen   das  Vorkommen  einer  besonderen  Form         ^°^°°  ' 
der  Syringomyelie,   die  sie  als   die   bulbäre   oder   bulbo-pro- 
tuberantielle  Form  bezeichnen. 

Lamacq  bespricht  an  der  Hand  von  4  Beobachtungen  aus 
der  Pitres'schen  Klinik  und  48  Beobachtungen  aus  der  Litte- 
ratur,  im  ganzen  52  Fällen,  die  Symptome,  welche  vom  verlängerten 
Mark  ausgehen,  in  ausführlicher  Weise.  Nach  Wichmann  ist 
die  Steigerung  der  Körpertemperatur  ein  vortreffliches  prämonitori- 
sches  Zeichen  für  das  Befallenwerden  der  Oblongata  bei  Syringo- 
myelie, ebenso  das  Eintreten  von  Tachycardie.  Als  objectives 
Symptom  der  Invasion  kann  unzweifelhaft  die  Trigeminusanästhesie 
gelten.  Im  allgemeinen  ist  der  Verlauf  der  Bulbuserkrankung  bei 
Syringomyelie  keineswegs  ein  so  rapider,  wie  bei  der  Bulbär- 
paralyse  oder  amyotrophischen  Lateralsklerose.  Schlimmer  wird 
die  Prognose  bei  Atrophie  der  Verdauungsorgane,  besonders  der 
Zunge,  weil  dann  auch  respiratorische  Störungen  drohen.  Das- 
selbe gilt  von  Schluckbeschwerden,  der  Pulsfrequenz  und  den  Laryn- 
gealphänomenen.  Es  können  lange  Remissionen  eintreten.  Aber 
auch  dann,  wenn  die  Bulbärsymptome  keinen  schweren  Charakter 
haben,  muss  die  Prognose  reservirt  sein,  weil  der  Tod  unerwartet 
hereinbrechen  kann.  Von  schlimmer  prognostischer  Bedeutung  sind 
Zwerchfellslähmungen.  Immerhin  sterben  SyringomyeHtische  nicht 
häufig  an  Bulbärsymptomen ,  häufiger  an  intercurrenten  Krank- 
heiten. 

Einen  Fall  von  Syringomyelie  mit  Hemiatrophie  des  Gesichts 
haben  Dejerine  und  Miralli^  (Comptes  rend.  de  la  Soc.  de  biol.,  März  9) 
mitgetheilt. 

In  Tetanie  mit  Psychose  sah  Hochhaus  (Deutsche  Zeitschr.  f. 
Nervenheilk.  Bd.  7,  S.  102)  einen  Fall  von  Syringomyelie  ausgehen;  die 
Autopsie  ergab  im  Rückenmark  eine  ausgedehnte  Höhlenbildung,  welche  auf 
den  Verfall  gUomatöser  Wucherungen  zurückzuführen  war.  Chantemesse  Chantemesse, 
(Progres  m^d.  Nr.  17)  berichtet  über  einen  Fall  von  Syringomyelie 
mit  dem  Typus  der  Akromegalie. 

Holt  und  Hertner  (Americ.  Joum.  of  med.  sciences,  April,  S.  412)  Holt  u.  Hertner, 
fanden  eine  rapid  entstandene  Gliose  des  ganzen  Rückenmarks 
bei  einem  1jährigen  Kinde,  welches  seit  3  Monaten  atrophische  Lähmung 
und  Analgesie  beider  oberen  (nicht  ausgesprochen  an  beiden  unteren)  Ex- 
tremitäten gezeigt  hatte  und  unter  Nackencontractur ,  Erbrechen,  Schielen 
und  Temperatursteigerung  gestorben  war. 

Bohnstedt  (Virchow's .  Arch.  Bd.  140)  fand  bei  einem  20jährigen 
Manne,  der  an  eitriger  Cystitis  infolge  von  Degeneration  des  Conus  termi- 


Dejerine  u. 
Miralli^, 

Hochhaas, 


Bohnstedt. 


76 


Seeli^möller. 


Syringc- 
myelie, 

Jolf'roy  u. 
Acbard, 


Prus, 


Müller 


nalifl  (Centnim  anovesicale)  zn  Omnde  gegangen  war,  erst  bei  der  Section 
einen  Wirbelspalt  vom  dritten  Kreozbeinwirbel  abwärs,  also  eine  Spina 
bifida  occnlta. 

Joffroy  und  Achard  (Arch.  de  med.  experiment.  etc.  Nr.  1,  8.  48) 
haben  bei  einem  Ej-anken,  der  neben  cerebralen  Symptomen,  die  sich  auf 
mehrere  Cysten  im  Gehirn  zurfickföhren  liessen.  2  Jahre  vor  dem  Tode  zu- 
nehmende Sch^vUche  in  beiden  Beinen  mit  hochgradiger  Beugecontractur 
bekam,  eine  Entzündung  des  Ependyms  im  Rückenmark  nach- 
gewiesen, so  dass  der  Centralkanal  im  Halstheil  von  gewucherten  Ependym- 
zellen  verstopft  war,  im  unteren  Brusttheil  dagegen  einen  Spalt  darbot, 
der  sich  im  Lendentheil  noch  bedeutend  erweiterte. 

Johann  Prus  (Arch.  f.  Psychiatrie  etc.  Bd.  27,  S.  771)  möchte 
wenigstens  die  Fälle  von  Syringomyelie  und  Gliose  zur  Lepra 
anaesthetica  mutilans  gerechnet  wissen,  welche  unter  dem  typi- 
schen Bilde  der  Morvan'schen  Krankheit  verlaufen,  weil  Zam- 
baco  für  diese  den  leprösen  Ursprung  nachgewiesen  hat  (s.  dieses 
Jahrbuch  Bd.  15,  S.  480). 

Müller  (Ein  Fall  von  Morvan'scher  Krankheit,  bezw.  Sy- 
ringomyelie. Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  13)  beschreibt  einen  Fall 
von  Syringomyelie,  welcher  aus  einer  belasteten  Familie  stammte  und  bei 
dem  nach  einem  Unfall  sich  Kyphose,  Schmerz-,  Temperatur-,  Sensibilitäts- 
störungen, Panaritienbildungen  und  übermässiges  Schwitzen  der  anästheti- 
schen Seite  einstellten.  Hervorzuheben  ist,  dass  sich  kein  Geschlechtstrieb, 
deutliches  Schwanken  bei  geschlossenen  Augen  und  nur  sehr  geringe 
Störungen  der  Motilität  vorfinden.  Auch  eine  alle  8  Tage  wiederkehrende, 
2 — 3  Tage  anhaltende  Schwindelneigimg,  wo  Patient  ,wie  chloroformirt" 
wai',  ist  bemerkenswerth.  Verf.  schliesst  auf  ein  vorzugsweises  Befallen- 
sein  der  Hinterhoniganglien  und  eine  geringere  Betheiligung  der  Hint^r- 
striingo  (tabische  Symptome).  Das  psychische  Verhalten  kann  er  nicht 
t»rkUlren. 


g.  Inseif örmige  Sklerose. 


Buzzard  (The  Lancet,  Jan.  12)  theilt  fünf  Fälle  von  insel- 
f örmige r  Sklerose  mit  und  hebt  auf  Grund  dieser -und  anderer 
Beobachtimgen  als  besonders  charakteristisch  für  diese  Krankheit 
hervor:  die  lange  andauernden  Eemissionen.  Diese  haben 
boi  tVaueu  oft  zu  der  irrthümlichen  Diagnose  „Hysterie"  Veran- 
Ui«8ung  gogebou.  Unter  allen  Rückenmarkskrankheiten  zeigt  nur 
noch  dio  Rüokenmarkssyphilis  ein  ähnliches  Verhalten.  Hier  treten 
ab«>r  dio  HemisHiouen  nur  nach  einer  specifischen  Cur  ein,  während 
»io  bei  dor  Sklerose  spontan  zn  Stande  kommen.  Von  anderen 
Symptomen  ist  tlio  HÄufigkeit  der  Opticusatrophie  bemerkenswerth: 


Krankheiten  des  Nervensystems.  77 

unter  100  Tällen  von  Sklerose  43mal ;  und  auch  wenn  der  Sehnerven- 
hintergrund keine  Veränderung  wahrnehmen  läset,  finden  wir  in 
einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Fällen  doch  Amblyopie.  Auch  diese 
ist  zu  Remissionen  sehr  geneigt.  Daher  möchte  Buzzard  das 
gleichzeitige  Vorkommen  von  Parese  eines  Gliedes, 
welche  spontan  zurückgeht,  und  Amblyopie  mit  oder 
ohne  weisse  Verfärbung  der  Opticusscheibe  als  eine 
charakteristische  Symptomengruppe  der  inselförmigen 
Sklerose  neben  dem  Intentionszittem  und  der  Sprachstörung  hin- 
stellen. 

v.  Krafft-Ebing  (Zur  Aetiologie  der  multiplen  Sklerose,  v.  Krafft-Ebing. 
Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  51)  findet  die  multiple  Sklerose  am 
häufigsten  vom  20. — 36.  Jahre,  ein  deutliches  Ueberwiegen  der 
Männer  und  ätiologisch  eine  sehr  häufige  Entwickelung  des  Leidens 
nach  schweren  Erkältungen.  Nach  einmaliger  schwerer  Befrigeration 
setzt  das  Leiden  acut  ein  und  verläuft  rasch.  Wo  die  Befrigeration 
chronisch  verlief,  z.  B.  beim  Wohnen  in  feuchter  Wohnung,  trat  die 
Krankheit  chronischer  auf.  Postinfectiös  entwickelte  sie  sich  relativ 
selten. 

h.  Tu  bes. 

Borgherini  (Ueber  die  Aetiologie  und  Pathogenese       Tabes, 
der  Tabes  dorsalis.     Petersb.  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  unter-  Aetiologie: 
scheidet  zwischen  echter  Tabes  und  der  sog.  syphilitischen  Pseudotabes,     Borgherini, 
und  bringt  vier  Fälle  von  syphilitischen  Tabikem,  die  durch  specifische 
Behandlung  gebessert  resp.  geheilt  wurden.     Nach  ihm  spielt  Lues 
in  der  Aetiologie  eine  Bolle,  daneben  aber  auch  neuropathische  Be- 
lastung, welche  den  wesentlichsten  Ursprung  der  Krankheit  bilden 
soll,   auf  deren  Boden   die  Lues  ihre  Wirkung  erst  entfalte.     Den 
Ursprung  der  Tabes  verlegt  er  in  die  Nervenfasern  selbst,  nicht  in 
die  Spinalganglien   und  betont  seine  Verwandtschaft  mit  den  An- 
schauungen Edinger's,  welcher  bei  wenig  resistentem  Nervensystem 
einen  raschen  functioneUen  Verbrauch  annimmt. 

Pedorow  (Tabes  syphilitica.  Wien.  med.  Presse  Nr.  39)  Fedorow. 
ist  auf  Ghnind  eigener  und  fremder  Beobachtungen  der  Ansicht,  dass 
Lues  die  wichtigste  Ursache  der  Tabes  ist.  Die  übrigen  Ursachen 
wirken  bei  überstandener  Lues  höchstens  begünstigend  für  den  Aus- 
bruch des  Leidens.  An  Himsyphilis  kann  sich  Tabes  anschüessen, 
entweder  infolge  syphilitischer  Infection  des  Bückenmarks  oder  durch 
Gliomatose  der  Hinterstränge.  Stets  bilden  syphilitische  Gefäss- 
veränderungen  den  Urgrund  der  nervösen  Degenerationen.     Gerade  :  *  . 


78 


Seeligmüller. 


bei  syphilitischer  Tabes  finden  sich  Lähmungen  des  Oculomotorius 

und  Abducens.     Neben   der  specifischen   Behandlung   kommt  auch 

Massage  und  Elektricität  in  Betracht. 

Syphilis  und         Cardarelli  (Einfluss  der  Syphilis  auf  Tabes  dorsalis. 

Tabes,       Wien.    med.    Presse    Nr.  42)    theilt    einen    Tabesfall    mit,    wo    die 

GärdftrBlli 

Schmerzen  stechend  und  nicht  blitzartig  waren  und  die  Anästhesie 
auf  bestimmte  Hautpartieen  beschränkt  war.  Der  Kranke  war  alter 
Luetiker.  Verf.  geht  auf  die  verschiedenen  entgegengesetzten  An- 
sichten der  Autoren  über  die  Aetiologie  der  Tabes  ein  und  kommt 
zu  folgenden  Schlüssen:  1.  Nur  in  wenigen  Fällen  ist  Lues  so  klar 
nachzuweisen,  um  sie  als  Ursache  der  Tabes  hinzustellen.  2.  Die 
Tabes  luetica  hat  von  der  gewöhnlichen  Tabes  keine  Unterscheidungs- 
merkmale. Der  Schwerpunkt  Hegt  auf  degenerativen  Veränderungen 
im  Augenhintergrunde.  3.  Quecksilber-  und  Jodcuren  erzielen  keine 
besseren  Erfolge  bei  der  Tabesbehandlung  wie  hydropathische  oder 
elektrische  Curen.  Bei  Sehnervenatrophie  sind  sie  schädlich.  Bei 
nachgewiesener  Lues  sind  aber  Quecksilber  imd  Jod  vorsichtig  zu 
verwenden. 


Trauma, 
Prince. 


Prince  (Joum.  of  mental  and  nervous  dieseases  S.  77)  ist  der 
Ansicht,  dass  in  den  Fällen,  wo  nach  einem  Trauma  in  der 
Bückengegend  Tabes  eintritt,  diese  bereits,  wenn  auch  ohne 
subjective  Beschwerden,  bestanden  habe;  wohl  aber  habe  das  Trauma 
einen  beschleunigenden  Einfluss  auf  das  Hervortreten  der  Symptome. 


Symptome 
der  Tabes: 

Neuritis 
optica, 

Bernhardt. 


Bernhardt  (Ueber  das  Vorkommen  von  Neuritis  optica 
bei  Tabes,  Berl.  Min.  Wochenschr.  Nr.  28).  Bereits  1890  hatte 
Verf.  bei  der  Ejranken  eine  doppelseitige  Neuritis  optica  feststellen 
können  bei  subjectiv  von  Seiten  der  Kranken  bestehendem  Kopf- 
schmerz, Schwindel  und  Erbrechen.  Verf.  dachte  seiner  Zeit  an  alko- 
holische multiple  Neuritis  oder  an  eine  Syphilisform,  bei  welcher  Er- 
krankungen der  Bückenmarkshäute  vorkommen,  welche  klinisch  unter 
Umständen  als  Tabes  imponiren  können.  Hier  handelt  es  sich  aber 
um  echte  Tabes,  welche  sich  aus  der  im  Jahre  1890  bestehenden 
syphilitischen  Affection  entwickelt  hat. 


Gesteigerte  Traugott  (Ein  Fall  von  Tabes  im  vorgerückten  atakti- 

Hautreflexe, gcijßjj   Stadium.     Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  11)   findet  in 

diesem  Falle  die  Hautreflexe  so  stark  gesteigert,   dass  sich  aiisser 

Zusammenziehung   der  Bauchdecken   bezw.    der   Cremasteren   noch 

:  schleudernde  Bewegungen  der  Extremitäten  und  Verbiegungen  des 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


79 


Htunpfes  einstellen,  ein  Verhalten  der  Hautreflexe,  das  bei  dem  vor- 
geschrittenen Stadium,  in  dem  sich  der  Kranke  befindet,  selten  ge- 
nannt werden  muss. 

Hirschberg   (Revue  neurol.   Nr.  15)   will  bei   allen  von   ihm     Plantar- 
darauf  untersuchten  Tabischen  folgend esFlantarphänomen  wahr-  Phö-nomen, 

Hirsclil)6r£r 

genommen  haben:  Streicht  man  über  die  Fusssohle  eines  Tabischen, 
so  empfindet  dieser  5 — 6  Secunden  nach  der  Berührungswahmehmung 
einen  heftigen  Schmerz,  welcher  Zurückziehen  des  Fusses  und  oft 
lautes  Schreien  verursacht. 


Treysz  (Beitrag  zur  Lehre  von  der  Tachycardie  bei 
Tabes.  Inaug.-Diss.  Strassburg)  erklärt  die  bei  einem  Tabischen 
bestehende  Tachycardie  aus  einer  Reizung  des  Halssympathicus;.  die 
linke  Pupille  war  fast  constant  maximal  erweitert,  die  Lidspalte 
weiter  imd  die  Temperatur  der  linken  Kopf hälffce  dauernd  niedriger 
als  rechterseits. 


Tachy- 
cardie, 
Freysz. 


-  Kalischer  (Ein  Fall  von  Tabes  dorsalis  mit  Kiefer- 
nekrose.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  beschreibt  einen  Fall 
von  Tabes,  welcher  neben  den  gewöhnlichen  Symptomen  Larynx- 
krisen,  Vaguskrisen  und  M6ni6re'sche  Symptome  darbot.  Ohne 
Grund  stellte  sich  im  linken  Unterkiefer  Lockerung  imd  Ausfallen 
von  drei  Zähnen  ein,  ohne  Schmerzen  oder  erhebliche  Entzündungs- 
erscbeinungen.  Nach  8  Tagen  Stiche  in  der  linken  Unterkiefergegend, 
Röthung  und  Schwellung  des  Zahnfleisches  mit  Entleerung  blutigen, 
stinkenden  Eiters.  Erst  nach  Abstossung  eines  2Vs  cm  grossen 
Ejiochenstückes  Rückgang  der  Beschwerden  und  rasche  Heilung. 
Auf  der  linken  Gesichtshälfte  bestand  Herabsetzung  für  alle  Em- 
pfindungsqualitäten, am  stärksten  im  dritten  Aste.  Die  Stelle,  wo 
das  Knochenfiragment  ausgestossen  wurde,  ist  völlig  anästhetisch. 
Verf.  hebt  hervor,  dass  sich  in  den  Fällen  von  Cervicaltabes  neben 
der  Trigeminuserkrankung  auch  eine  solche  des  N.  vagus  (Larynx- 
krisen)  finde.  Die  Trigeminusanästhesie  mit  Neuralgie,  Zahnausfall, 
Kiefemekrose  ist  bei  den  Fällen,  welche  nur  mit  Opticusatrophie 
und  Fupillenstarre  beginnen,  diagnostisch  wichtig. 

Von  demselben  Mal  perforant  buccal  (Fournier)  haben 
New  mark  (The  med.  News,  Jan.  26)  und  Bandet  (Arch.  g6n. 
de  m6d.,  Janvier)  Beobachtungen  veröffentlicht.  Letzterer  führt 
diese  als  offenbar  tabische  Veränderungen  auf  eine  Atrophie  der 
Kerne  des  Trigeminus  zurück. 


Kiefer- 
nekrose, 
Kalischer, 


Newmark, 
Baudet. 


80  Seeligmüller. 

Analgesie  Nach  Orschansky  (Inaug.-Diss.  Berlin)  ist  die  Analgesie 

des  ülnaris  ^es  Ulnaris  auf  Druck  durchaus  kein  charakteristisches  Sym- 
bei  Tabes,  -i         m    i. 

Orschanaky.    tom  der  Tabes. 

Statistik  der  Leimbach  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  7)  hat 
Symptome,  ^^qq  ji^^n^  aus  der  Erb'schen  Privatpraxis  in  Bezug  auf  die  Symptome 
statistisch  bearbeitet.  Danach  beginnt  die  Tabes  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  mit  lancinirenden  Schmerzen  (88,25  °/o).  Nach  1 — 2jähriger 
Dauer  findet  man  das  Fehlen  der  Patellarreflexe  in  100 '^/o,  Rom- 
berg'sches  Phänomen  in  80°/o ,  Veränderung  der  Pupillarreaction 
in  63°/o. 
Diagnose  Grube  (Tabes  oder  Diabetes  mellitus?    Neurol.  CentralbL 

*^^G  be  ^^  Nr.  1).  Zur  Unterscheidimg  einer  echten  Tabes  mit  Glykosurie  von 
der  Pseudotabes  (Neuritis)  der  Diabetiker  hatte  man  bisher  die 
reflectorische  Pupillenstarre  angenommen.  Die  Bichtigkeit  dieser 
Annahme  bestätigt  Grube  durch  einen  Fall  von  diabetischer  Pseudo- 
tabes, welcher  sich  durch  das  Verschwinden  der  ftüher  vorhandenen 
PupiUenstarre  als  Pseudotabes  entpuppte.  Da  er  jedoch  einen  Fall 
von  Diabetes  ohne  tabische  Symptome  beobachtet  hat,  bei  welchem 
im  Verlaufe  der  Krankheit  Pupillenstarre  eintrat,  so  hält  er  die 
PupiUenstarre  nicht  für  absolut  beweisend  für  die  echte  Tabes  and 
glaubt  in  den  Blasenstörungen  ein  weit  sichereres  Unterscheidungs- 
merkmal sehen  zu  müssen  in  den  Fällen,  wo  es  sich  darum  handelt: 
Tabes  mit  Glykosurie?  oder  Pseudotabes  der  Diabetiker? 
Prognose:  Dejerine  (M^decine  moderne  Nr.  23)  hat  beobachtet,  dass  bei 

praata  -     Tabischen,  welche  in  der  präataktischen  Periode  der 
tische  .   *  .  .      ^ 

Blindheit,  Krankheit  von  Blindheit  befallen  werden,  die  weitere 
Dejerine.  Entwickelung  der  Krankheit  sistirt,  ja  dass  die  Schmerzen  sogar 
meist  erheblich  nachlassen  und  manchmal  sogar  vollständig  ver- 
schwinden. Auch  das  Bomberg'sche  Zeichen  pflegt  zu  fehlen,  und 
gehen  die  Blinden  ohne  eine  Spur  von  Incoordination.  Die  Opticus- 
atrophie  wird  durch  antisyphilitische  Curen  nicht  beeinflusst,  ebenso- 
wenig durch  Dehnung  des  Sehnerven,  die  sogar  die  Blindheit  ver- 
schlimmert. Auf  diese  Form  hat  übrigens  zuerst  Benedikt  bereits 
im  Jahre  1881  aufmerksam  gemacht. 

Therapie:  Frenkel  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28,  S.  66)  hat  von   einer 

Einübung    Behandlung  der  Ataxie  der  oberen  Extremitäten  mit  Einübunc 

coordinirter  ,  * 

Bewe-       coordinirter  Bewegungen  gute  Erfolge  gesehen:  Strichziehen 

Rungen,      in   einer   Binne,    Nachziehen   von    geraden   und   krummen   Linien. 

Greifen  nach  Löchern  oder  Stiften,  Einstecken  von  Stiften  in  Löcher, 

Herausnehmen  und  Versetzen  derselben.  Ergreifen  von  aufgehängten 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


81 


Foniaiio, 
Nolan, 
Taylor, 


Neftel, 


Kugeb  etc.;    aUe   diese  Bewegungen  werden   methodisch  und   auf 
Oommando  ausgeführt. 

i.  FriedreicVs  hereditäre  Ataxie. 

Von  der  hereditären  Ataxie  (Friedreich)  liegen Beobach-  Hereditäre 
tungen  vor  von  Pornario  (Annali  di  Nevrologia)  drei  Fälle  bei  Ataxie, 
Geschwistern;  von  Nolan  (Brit.  med.  Joum.,  April,  S.  815)  eben- 
falls bei  drei  von  acht  Geschwistern;  von  Taylor  (The  Practitioner 
Nr.  5)  ebenfalls  familiäre  Form,  noch  sechs  ähnliche  Fälle  in  der- 
selben Familie  und  Neftel  (American  Joum.  of  Insanity  S.  363) 
elf  FäUe  in  vier  Generationen  derselben  Familie.  Geistesstörungen 
(Idiotie  oder  seniler  Blödsinn)  wurden  mehrfach  als  Symptome  bezw. 
Complication  beobachtet. 

lieber  einen  in  congenitaler,  bezw.  acquirirter  Coordi- 
nationsstörung  sich  kennzeichnenden  Symptomencomplex, 
der  zu  den  Uebergangsformen  der  Mischformen  der  Friedreich'schen 
Ataxie  und  verwandter  Symptomencomplexe  zu  zählen  ist,  berichtet 
Nonne  (Arch.  f.  Psych.  S.  479),  indem  er  vier  Krankengeschichten 
ausfuhrlich  mittheilt.  Die  Hauptsymptome  waren  folgende:  Coordi- 
nationsstörungen  in  den  Gliedern,  Kopf,  Rumpf,  mimischen  und 
phonischen  Muskeln,  Insufficienz  einzelner  äusserer  Augenmuskeln, 
zuweilen  auch  Nystagmus,  Steigerung  der  Sehnenreflexe  und  Muskel- 
rigidität. Störungen  der  Sensibilität  und  der  Sphincteren,  sowie 
der  Pupillenreaction  und  des  Opticus  fehlten. 


Nonne. 


k.  Poliomyelitis. 

Nonne  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  19,  S.  887)  berichtete  auf  der 
Lübecker  Naturforscherversammlung  über  einen  Fall  von  Poliomye- 
litis anterior  chronica  als  Ursache  einer  progressiven 
atrophischen  Extremitätenlähmung  bei  schweremDiabete^ 
mellitus,  die  sich  bei  einer  64jährigen  Dame,  nachdem  seit  4  Jahren 
ein  mittelschwerer  Diabetes  mellitus  bestanden  hatte,  als  eine  an 
den  oberen  Extremitäten  beginnende  und  auf  die  unteren  fort- 
schreitende, langsam  progressive,  atrophische  Parese  der  Musculatur 
entwickelt  hatte.  Der  degenerativen  Atrophie  entsprachen  die  elektri- 
schen Erregbarkeitsveränderungen  der  Muskeln.  Bei  der  Autopsie 
wurden  ausser  Arteriosklerose,  Cirrhose  und  Atrophie  des  Pankreas 
totaler  Schwund  der  Ganglienzellen  in  den  Vordersäulen  des  Hals- 
marks, die  nach  dem  Lendenmark  zu  allmählich  abnahm,  und  Faser- 
Jahrbuch  der  practisohen  Medicin.    1896.  ß 


Polio- 
myelitis 
anterior 
chronic^, 

Nonne. 


82 


Seeligmüller. 


Polio- 
myelitis 
anterior 
chronica, 

Nonne, 


Drobnik. 


ßchwund  auch  in  den  Vorder-,  Seiten-  und  (im  geringen  Grade)  auch 
den  Hintersträngen,  endlich  auch  in  den  Nn.  medianiis  und  tibialis 
gefunden.  Hier  war  also  das  Rückenmark  primär  durch  die  Noxe 
des  Diabetes  und  zwar  in  Gestalt  einer  systematischen  Erkrankung 
befallen. 

Drobnik  (Ueber  die  Behandlung  der  Kinderlähmungen 
mit  Hülfe  der  Punctionsüb  ertragung  und  Tunctions- 
theilung  der  Muskeln.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  36)  sucht 
gesunde  Muskeln  mit  ihren  Sehnen  an  die  Sehnen  atrophischer 
Muskeln  anzuheften,  um  die  Punctionen  der  gelähmten  Muskeln 
durch  die  ähnlichen  Functionen  der  nicht  gelähmten  Muskeln  zu  er- 
setzen. So  hat  er  erfolgreich  bei  Fes  valgus  die  Sehne  des  Extensor 
hallucis  an  die  Sehne  des  Tibialis  anticus,  welcher  gelähmt  war, 
angeheftet.  Sehr  ingeniös  ist  die  Theilung  der  Muskelbündel  resp. 
deren  Sehnen,  mn  bei  dem  Ersatz  ausgefaUener  Functionen  eine 
Arbeitstheüung  zu  erzielen.  Die  eventuell  vorhergehende  elektrische 
Untersuchung  ist  nicht  maassgebend.  Der  Augenschein  muss  die 
gelähmten  (blassen)  Muskeln  von  den  inactiv  atrophischen  (gelb- 
rothen)  unterscheiden,  denn  nur  die  Function  der  gelähmten  Muskeln 
ist  durch  Operation  zu  ersetzen.     Die  Erfolge  sind  gut. 


1.  Amyotrophische  Lateralsklerose. 


Bereits  früher  hatte  Leyden  die  Ansicht  ausgesprochen,   dass 
die  amyotrophische  Lateralsklerose  Charcot's  als  eine  be- 
sondere Krankheit  nicht  anzusehen,  sondern  dass  die  Seiten- 
strangsklerose  bei  dem  zu  Grunde  liegenden  anatomischen  Processe 
Amyo-       eine  secundäre  sei.     Senator  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  20) 
trophische   jj^t  diese  Anschauimg  bekräftigt  durch  Mittheilung  eines  in  seinem 
sbiero8e,     klinischen  Bilde  als  amyotrophische  Lateralsklerose  anzusprechenden 
Falles,    der   bei   der  Autopsie   die  Lateralsklerose  vermissen   liess. 
Senator  schlägt  daraufhin  vor,  in  Zukunft  nur  von  atrophisch- 
spastischen    Lähmungen     von     spinalem,     bulbärem    oder 
bulbospinalem  Charakter  zu  sprechen. 


Senator. 


m.  Landry'sche  Paralyse. 


Landry'sche  Bohrend  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.   47)  bringt   einen 

^Beh^^d^      PaU   von  Landry'scher   Paralyse    mit    Ausgang   in    Ge- 
nesung, den  er  als  bulbäre  Form  (Leyden)  und  als  durch  Alkohol- 


Krankheiten  de»  Nervensystems.  83 

intoxicatioQ  entstandene  functionelle  Störung  deutet.  Als  erstes 
S3anptom  stellten  sich  nach  einem  starken  Excess  im  Trinken  Par- 
ästhesieen  im  Munde  und  in  der  Haut  des  Kinns  und  Halses  ein; 
schon  2  Tage  danach  Lähmung  der  Beine  und  am  3.  Tage 
auch  des  Kumpfs  und  der  Oberextremitäten;  später  Schling- 
beschwerden und  Unsicherheit  der  Sprache.  14  Tage  nach  dem 
Beginn  des  Leidens  ins  Ejrankenhaus  aufgenommen,  zeigte  Patient 
fast  vöUige  Unbeweglichkeit  der  Extremitäten  und  des  Rumpfs, 
sowie  des  unteren  Facialisgebietes  und  des  Gaumensegels,  träge 
Pupillenreaction ,  doppelseitige  Abducenslähmung  mit  Doppelsehen 
und  Hypästhesie  der  Haut  zwischen  Unterlippe  und  Zungenbein; 
endlich  Fehlen  der  Patellarreflexe.  Dabei  war  die  elektrische  Er- 
regbarkeit und  die  Function  von  Blase  und  Mastdarm  erhalten,  die 
Temperatur  normal.  Binnen  2  Monaten  Heilung  bis  auf  Fehlen  der 
Patellarreflexe. 

Vranjican  (Ein  unter  dem  Bilde  Landry'scher  Paralyse  Vi-anjican, 
tödtlich  verlaufender  Fall  von  acuter  multipler  Neuritis.  Wien, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  27  u.  28)  beschreibt  einen  Fall  von  acuter  idiopathi- 
scher Neuritis,  der  mit  Magensymptomen  (Brechen)  begann  und  zu  welchen 
sich  die  Erscheinungen  einer  von  den  Füssen  allmählich  aufsteigenden 
Lähmung  gesellten.  Abducenslähmung  und  schliesslich  völlige  Ophthal- 
moplegia  interna  et  externa.  Tod  unter  Delirien,  ohne  Fieber.  Die  Section 
ergab  ausser  Trübung  der  Pia  an  einzelnen  Stellen  in  cerebro  nichts  Be- 
sonderes. Die  Nn.  ischiadici  stark  entzündet  und  verdickt.  Also  Neuritis 
gleich  Landry'sche  Paralyse. 

Oettinger  und  Marinesco  (Semaine  m^dicale  Nr.  6)  führen  Oettinger  u. 
die  Landry'sche  Paralyse  auf  ein  mikrobisches  Agens  Marinesco, 
oder  lösliche  Producte  desselben  im  Nervensystem  zurück. 
Die  klinischen  Erscheinungen  weisen  auf  das  Rückenmark  als 
Sitz  der  Krankheit  hin;  indessen  kann  man  neben  den  spinalen 
auch  noch  einen  neuritischen  und  einen  gemischten  Typus  unter- 
acheiden. 

Pailhas  (Arch.  de  Neurologie,  December)  theilt  einen  Fall  von  L  an  d  ry-  Pailhas. 
scher  Paralyse  mit,  welcher  während  einer  Influenzaepidemie  bei 
einem  24jährigen  Soldaten  mit  Gelenkschmerzen  begann,  ganz  so  wie  in 
einem  Falle  von  Moss^,  dem  ersten  nach  Influenza  beobachteten.  Daneben 
bestanden  Lähmimg  der  Beine,  Articulationsstörungen,  Schwäche  des  Herzens 
mit  Verlangsamung  des  Pulses  und  Circulationsstörungen.  Nach  einem 
leichten  Rückfall  trat  in  etwa  4  Monaten  Heilung  ein. 


84 


Seeligmüller. 


Spastische 
Spinal- 
paralyse, 
Benedikt, 


Lapinsky, 


A.  Sonques. 


n.  Spastische  spinale  Paralyse. 

Benedikt  (E  inFall  vonParaplegiaspasticajuvenilis. 
Wiener  med.  Presse  Nr.  13)  beschreibt  den  Fall  eines  25jährigen 
Menschen,  der  im  Alter  von  15  Jahren  eine  im  Verlauf  der  nächsten 
24  Monate  zunehmende  spastische  Aifection  seiner  Beine  mit  ge- 
steigerten Kniereflexen,  Fussclonus,  ohne  Entartungsreaction  bot. 
Die  rechte  Körperhälfte  zeigte  eine  deutliche  Atrophie.  Der  Kranke 
wies  an  seinem  Schädel  bezw.  Körper  eine  Keihe  starker  Entartungs- 
zeichen auf.  Eine  Lähmimg  beim  Gehen  bestand  nicht,  sondern  nur 
leichte  Ermüdbarkeit.  Betreffs  der  Localisation  des  Leidens  kommt 
Verf.  zu  dem  Schluss,  dass  eine  Erkrankung  der  Pyramidenseiten- 
stränge  vorliege.  Schliesslich  verwirft  er  die  von  Charcot  gewählte 
Bezeichnung  „Ataxie  spasmodique"  und  schlägt  dafür  „Gelenküber- 
spannung" der  Erwachsenen  resp.  Kinder  vor. 

Lapinsky  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Nr.  3  u.  4)  berichtet  über 
zwei  Fälle  von  spastischer  Spinalparalyse  (Erb),  welche  beide 
als   anatomisches  Substrat  multiple   Sklerose   erkennen  Hessen. 

A.  Sonques  (Revue  neurol. ,  Januar)  beobachtete  bei  z^wei 
Geschwistern,  einem  10jährigen  Mädchen  und  ihrem  7jährigen  Bruder, 
die  familiäre  Form  der  spastischen  spinalen  Paralyse, 
die  sich  ausschliesslich  auf  die  unteren  Extremitäten  beschränkte  und 
bei  dem  Mädchen  im  Alter  von  5,  bei  dem  Knaben  im  4.  Lebens- 
jahre zuerst  bemerklich  machte.  Verf.  erklärt  dieselbe  ausdrück- 
lich für  spinalen  Ursprungs,  weil  cerebrale  Erscheinungen  durchaus 
fehlten. 


Dermato- 

myositis 

chronica, 

Fr.  Schulze. 


0.  Krankhheiten  der  Muskeln. 

Fr.  Schulze  (Ein  Fall  von  Dermatomyositis  chronica. 
Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,  S.  245)  berichtet  über  einen  sehr 
eigenthünilichen  Fall  von  chronischem  £kzem  und  Oedemen  bei  einem 
3jährigen  Knaben,  die  gleichzeitig  mit  der  ün^higkeit  zu  gehen  sich  ein- 
gestellt hatten.  10  Monate  später  hatte  sich  eine  allgemeine,  gleichmässige 
Atropliie  der  Muskeln  mit  Herabsetzung  der  elektrischen  Erregbarkeit  ent- 
wickelt. Die  Diagnose  „Dermatomyositis*  wurde  bestätigt  durch  die  Ver- 
ilndenmgen  —  stellenweise  beträchtliche  interstitielle  Zellen-  und  Kem- 
wiicherung  —  in  einem  ausgeschnittenen  Stückchen  des  Gastrocnemius. 


Myositis  Eichhorst  (Virchow's  Archiv  Bd.  149,  S.  193)  möchte  in  ge- 

ossificaus,    ^iggen  Fällen   die   Myositis    ossificans    von    einer   Erkran- 
kung  des  Rückenmarks   abhängig  machen,   insofern  in  zwei 


Krankheiten  des  Nervensystems.  85 

mitgetheilten  Fällen  gleichzeitig  Meningocele  spinalis  des  unteren 
Lendenmarkes  mit  Malum  perforans,  bezw.  Tabes  mit  Arthropathie 
bestanden. 

Paget  (The  Lancet,  Februar  9)  beschreibt  einen  Fall  von  Myositis  Paget, 
oasifieans  bei  einem  7 Va jährigen  Knaben  mit  angeborener  Kleinheit  und 
Deformität  der  grossen  Zehe.  Dies  beweise,  dass  die  Krankheit  in  den 
ersten  Lebenswahren  latent,  aber  doch  angeboren  sei.  Ob,  wie  Verf.  an- 
nimmt, Rheumatismus  in  des  Vaters  Familie  im  Verein  mit  Krebs  in  der 
der  Mutter  ätiologisch  zu  beschuldigen  sind,  lassen  wir  dahingestellt. 

Jelly  (Ueber  Myasthenia  gravis  pseudoparalytica.  Myasthenia 
Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  21)  bringt  zwei  genaue  Beobachtungen  g^a^J^»^» 
dieses  noch  wenig  bekannten  Leidens.  Zwei  jugendliche  (14^2-  und 
15jährige)  Individuen  leiden  an  einer  fast  alle  Körpermuskeln  gleich- 
massig  befallenden  im  Verlaufe  der  Muskelthätigkeit  eintretenden 
Schwäche.  In  einem  Falle  hat  diese  Schwäche  der  Schlundmuskeln 
zur  Erstickung  des  Kranken  geführt,  da  ein  Bissen  im  Schlünde 
stecken  bheb.  Die  Erschöpfbarkeit  der  Muskeln  tritt  sowohl  bei 
Innervation  durch  den  Willensreiz  als  auch  bei  „directer  Erregung 
derselben  durch  einen  tetanisirenden  elektrischen  Beiz^^  ein  und 
äussert  sich  in  Form  eines  Nachlassens  der  Contractionsfahigkeit. 
Den  Gegensatz  würde  nach  Jolly  die  Thomsen*sche  Krankheit 
bilden.  Die  Frage,  ob  der  Grund  des  Leidens  im  Nervensystem  oder 
im  Maskel  selbst  Hege,  lässt  Verf.  offen,  erinnert  an  die  Erschöpfung 
der  peripheren  Muskeln  nach  längerer  geistiger  Arbeit  und  glaubt 
daher,  dass  sich  infolge  der  Gehimthätigkeit  schädliche  Stoffwechsel- 
producte  im  Muskel  bilden.  In  anderen  Fällen  fanden  sich  Kem- 
degenerationen  der  Vorderhomganglien,  in  wieder  anderen  war  das 
Centralnervensystem  ohne  jeden  Befund.  Jolly  schlägt  den  Namen 
„Myasthenia  gravis  pseudoparalytica"  vor.  Prognose  nicht  ungünstig 
bei  gehöriger  Buhe  und  Schonung  des  Kranken.  Sog.  Muskel- 
übungen sind  schädlich. 

Fulda   (Ein  Fall   von  wahrer  Muskelatrophie,   nebst       Wahre 
Bemerkungen  über  die  Beziehungen  der  wahren  Hyper-      Muskel- 

li  V  P  e  r- 

trophie  zur  Pseudohypertrophie  der  Muskeln.    Deutsches      trophie, 
Archiv  f.  kHn.  Med.  Nr.  6)  fand  bei  einer  57jährigen  Frau,  welche        Fulda. 
an  Nephritis  litt,  eine  Volumvermehrung  des  linken  Ober-  und  Unter- 
armes, beider  Cucullares,  der  Splenii  und  Geniohyoidei,  der  Pectorales 
\md  Latissimi  dorsi,  sowie  auch  der  langen  Rückenmuskeln.   Die  elek- 
trische  (faradische)  Erregbarkeit   erwies   sich    herabgesetzt  in   den 


gß  Seeligmüller. 

Wahre       hypeii;rophi8chen  Muskeln,  die  Sensibilität  in  den  Fingern  kaum  ge- 
Maske i-      gtört.     Excision  eines  Muskelstückes  ergab   eine  mehr  als  doppelte 

hvDer* 

trophie,  Volumzunahme  der  Muskelfasern.  Auch  die  Länge  war  bedeutend 
Fulda.  vermehrt,  aber  nicht  die  Zahl  der  Muskelkeme,  noch  das  interstitielle 
Bindegewebe.  Verf.  hält  die  Krankheit  für  eine  Trophoneurose 
(Betheiligung  der  Nerven  zu  Beginn  des  Leidens)  und  macht  auf  den 
späten  Beginn,  die  Schmerzen  in  den  befallenen  Muskeln,  das  vor- 
wiegende Ergrrffensein  der  Schultermuskeln  und  das  relativ  lange 
Intactbleiben  der  Kraft  aufmerksam.  Alles  dies  sind  Gegensätze  zu 
den  Symptomen  der  Pseudohypertrophie.  Veranlassung  zum  Ent- 
stehen der  Krankheit  sind  vielleicht  Erkältimgen  in  Verbindung  mit 
Ueberanstrengungen. 

Spinale  Charcot  (Sohn)   hat  in  seiner  Th^se  inaugurale  (Paris  1895) 

*"«  ^-       doli    Typus    Duchesne-Aran    der    progressiven   Muskel- 

atrophie,  •'  *^  r       g 

cimicot  (Sohn),  atrop hie  als  zu  Eecht  bestehend  vertheidigt.  Namentlich  hat  er 
in  zwei  Fällen  den  anatomischen  Nachweis  von  charakteristischer 
Atrophie  der  Ganglienzellen  der  Vorderhömer  als  primäre  Ver- 
änderung geliefert  und  neben  dieser  eine  Entzündung  der  weissen 
Stränge  in  der  ganzen  Ausdehnung  des  Eückenmarks  gefanden, 
welche  auf  dem  Querschnitt  die  Vorderseitenstränge,  aber  je  nach 
dem  Höhenabschnitt  in  variirender  Localisirung  befallen  hatte. 
Diese  Veränderung  rührt  nach  Charcot  her  zum  Theil  von  der 
Zerstörung  der  Ganglienzellen,  zum  Theil  aber  auch  der  von 
Golgi,  Eamon  y  Cajal  u.  a.  beschriebenen  Wurzelfasem  des 
Rückenmarks. 


C.  Krankheiten  der  peripheren  Nerven. 

Allgromelnes. 

Puerperale  Eulenburg    (lieber    puerperale   Neuritis    und    Polv- 

Enienbur*'  ^^ö^^'i^is.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9)  bringt  vier  Fälle  von 
puerperaler  Neuritis,  davon  zwei  mit  Armtypus,  einen  mit  Beintypus, 
welche  alle  drei  geheilt  wurden.  Der  vierte  Fall  bietet  grösseres 
Interesse.  Schwere  diffuse  Polynem-itis.  Vor  Jahren  voraufgegan- 
gene Polyarthritis  rheumatica,  Anämie,  ungünstige  Einwirkung  de» 
Tropenklimas.  Wegen  Hyperemesis  vorzeitige  Unterbrechung  der 
Schwangerschaft  durch  künstlichen  Abortus.  Profuse  Nachblutungen. 
Plötzliche  Lähmung  in  Form  der  aufsteigenden  acuten  Paralyse,  von 


Krankheiten  des  Nervensystems.  87 

oben  nach  unten  allmählich  zurückgehend ,  mit  zurückbleibender 
schlaffer  Lähmung  der  Yorderarmhandmusculatur  und  beider  unteren 
Extremitäten.  In  ätiologischer  Hinsicht  hebt  Verf.  hervor,  dass  es 
fiicli  hier  nicht  um  Nervenentzündung  nach  beendeter  Schwanger- 
schaft, sondern  um  Unterbrechung  derselben  durch  künstlichen  Abortus 
handelt.  Da  die  Frau  sehr  anämisch  war  (Folge  des  Tropenklimas), 
so  zählt  Verf.  ihre  Polyneuritis  unter  die  anämischen  oder  kachekti- 
iichen  Formen.  Inwieweit  das  unstillbare  Erbrechen  zur  Nerven- 
entzündung in  Beziehung  steht,  bleibt  noch  unentschieden.  Eulen^ 
bürg  verwirft  die  Anschauung,  dass  die  Neuritiden  in  septischer 
puerperaler  Infection  ihre  Ursache  haben,  denn  es  liegen  imzweifel- 
haft  Fälle  von  Neuritiden  nach  fieberfreiem  Wochenbett  vor.  Auch 
den  „Peronealtypus"  lässt  er  nicht  gelten  auf  Ghnmd  zweier  eigenen 
Beobachtungen,  wo  vorzugsweise  der  Nervus  tibialis  ergriffen  war. 
Es  sind  demnach  zwei  Formen  zu  unterscheiden:  1.  im  Medianus- 
oder Ulnarisgebiete  oder  im  Ischiadicus ,  2.  diffuse ,  generalisirte 
Form,  welche  AehnUchkeit  mit  der  Landry'schen  Paralyse  hat. 
Die  Therapie  soU  nicht  exspectativ,  sondern  handelnd  sein.  Gregen 
Schmerzen  Carbol-  und  Morphiuminjectionen.  Dann  Massage,  Elek- 
tricität  und  Gynmastik. 

Stembo  (Ein  Fall  von  Schwangerschaftspolyneuritis  nach  Stembo, 
unstillbarem  Erbrechen.  Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  39)  theilt 
einen  Fall  von  Polyneuritis  mit  vorwiegendem  Befallensein  des  N.  tibiaUs 
und  N.  peronaeus  mit,  welcher  sich  an  Hyperemesis  anschloss.  Nach  er- 
folgter rechtzeitiger  Geburt  eines  Knaben  ging  die  schon  vorher  durch 
Elektricimt  und  Gynmastik  gebesserte  Kranke  ihrer  Heilung  entgegen. 
Entgegen  der  Anschauung  Solowjeffs,  welcher  in  dem  von  ihm  be- 
schriebenen Falle  von  Schwangerschaftaneuritis  vor  Einleitung  des  Abortua 
zurückschreckte,  um  das  Leiden  nicht  zu  verschlimmem,  glaubt  Verf. 
sich  nicht  grundsätzlich  ablehnend  dieser  Frage  gegenüber  verhalten  zu 
müssen. 

Mader  (Zur  Polyneuritis  peripherica  puerperarum  Mader. 
et  gravidarum.  Wiener  kün.  Wochenschr.  Nr.  30)  bringt  drei 
Fälle  von  Schwangerschaftslähmungen,  die  besonders  dadurch  inter- 
essant sind,  dass  keinerlei  puerperale  Eiterung  die  Sachlage  com- 
plicirte.  Die  beiden  ersten  Fälle  wurden  geheilt.  —  Der  dritte 
Fall  betraf  eine  25jährige  Patientin,  welche  während  einer  Gravi- 
dität im  3.  Monat  eine  schwere  Polyneuritis  erwarb  mit  hoch- 
gradiger Muskelatrophie.  Wegen  Hyperemesis  Einleitung  des  Abortus 
und  vorübergehende  Besserung.  Tod  durch  hinzutretende  Lungen- 
tuberculose.  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Nn.  ischiadici 
tind    peronaei    ergab    hochgradige   Degeneration    mit   Zerfall    resp. 


88 


Seeligmüller. 


Puerperal 
Neuritis, 
Mader. 


e'  Schwund  der  Markscheiden.  Die  Musculatur  zeigte  einfache  Atrophie. 
An  vielen  Stellen  Verlust  der  Querstreifting  und  Durchsetzung  desProto- 
plasmas mit  braunem  Pigment  (Pigmentatrophie).  Am  Bückenmark 
keine  Veränderungen.  Auffallend  war  im  dritten  Falle  die  Besserung 
des  Leidens  nach  eingeleitetem  Abortus,  ebenso  das  Pehlen  snbjectiver 
Schmerzen  und  Vorhandensein  ausgebreiteter  Anästhesieen.  Letztere 
Erscheinung  will  Verf.  öfters  bei  tuberculösen  Neuritiden  beobachtet 
haben.  Auch  die  gleichzeitig  vorhandenen  psychischen  Störungen 
(Apathie,  Verwirrtheit)  hält  Verf.  für  sehr  charakteristisch  und 
gleichen   Ursprunges  mit  den  polyneuritischen  Symptomen. 


Post- 
diphtheri- 

tiache 
Lähmung, 

Goodall, 


Pastcur, 


Hasche. 


Postdiphtheritische  Lähmung  hat  Goodall  (Brain) 
unter  1071  Diphtheriefallen  125mal  auftreten  sehen,  wobei  aller- 
dings die  im  ersten  Stadium  der  Diphtherie  gestorbenen  Fälle 
weggelassen  sind;  es  würden  sich  also  17,6 ^/o  Lähmungen  er- 
geben. Das  Alter  der  gelähmten  Kinder  war  vorwiegend  unter 
10  Jahren. 

.  Pasteur  (Brit.  med.  Joum.,  Febr.  2,  S.  251)  sah  von  32  post- 
diphtheritischen  Lähmungen  bei  Kindern  zwischen  2  und  6  Jahren 
19  tödtlich  ausgehen,  17  unter  Bulbärerscheinungen. 

Hasche  (Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  konnte  in  einem 
schnell  tödtlich  verlaufenen  Falle  von  postdiphtheritischer 
Lähmung  imd  Ataxie  bei  einem  9jährigen  Knaben  im  Nerven- 
system keine  Veränderungen  mikroskopisch  nachweisen. 


Neuritis 

durch 

Gefäss- 

erkrankun 

Schlesingpi". 


Schlesinger  (Ueber  eine  durch  Gefässerkrankungen 
bedingte  Form  der  Neuritis.  Neurol.  Oentralbl.  Nr.  13  u,  14, 
g,  S.  578)  erörtert  im  Anschluss  an  einen  FaU  von  Neuritis  bei  einem 
69jährigen  Tischler,  bei  welchem  die  Degeneration  der  Nerven  bis 
in  das  Eückenmark  hinein  zu  verfolgen  war,  die  Frage,  ob  hier  das 
Senium  allein  als  Ursache  anzusehen  sei.  Insofern  aber  die  autop- 
tischen Befunde  sich  nicht  ganz  mit  denen  bei  Greisen  deckten  und 
insofern  als  Schlesinger  bei  einem  25jährigen  Manne  mit  Neuritis 
und  consecutiver  Gangrän  imd  Amputation  des  Fusses  genau  die- 
selben Erkrankungen  der  Gefasse,  nämlich  Endarteriitis  obliterans, 
nachweisen  konnte  wie  bei  jenem  Greise,  wenn  die  Degeneration 
auch  nicht  so  weit  vorgeschritten  war,  möchte  Schlesinger  die 
Neuritis  auf  die  Gefässerkrankung  zurückfähren. 


Inter- 


^^Hink^e'n  ^  Goldflam  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  hat  die  An- 

Goidflam.      sicht    Gharcot^s,    dass  die  Ursache    des   intermittirenden 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


89 


Hinkens  in  einer  Arteriitis  der  Beine  zu  suchen  sei,  bei  zwei 
Brüdern  bestätigt  gefunden;  einen  Zusammenhang  mit  Diabetes  da- 
gegen  vermochte  er  in  keinem  Falle  zu  constatiren. 


Ebstein  (Virchow's  Arch.  Bd.  139,  S.  605)  bespricht  in  einem 
ausfuhrlichen  Aufsatze  über  Herpes  zoster  besonders  die  dabei 
von  ihm  in  einem  Falle  beobachtete  Facialislähmung,  die  er  wie  die 
motorisch-sensibeln  Störungen  bei  Zoster  überhaupt  auf  das 
specifische  Agens  eines  hier  vorliegenden  toxischen,  oder  vielmehr 
infectiösen  Processes  zurückführen  möchte. 

Dubreilh  (Recidivirender  Zoster.  Arch.  de  Bordeaux 
Nr.  7,  Juli)  fand  bei  einer  55jährigen  an  Herpes  zoster  intercostalis 
leidenden  Frau  zwei  Intercostalräume  höher  grosse  Narben,  welche 
sich  als  die  Besiduen  eines  im  19.  Lebensjahre  Überstandeneil  Herpes 
gangraenosus  nachweisen  Hessen. 

Winfield  (The  New  York  med.  Joum.,  April  6)  hat  in  acht 
Fällen vonHerpes  zoster  imBlute  viermal  typischeMalaria- 
Plasmodien  gefunden  bei  Kranken,  die  vorher  Zeichen  von  Inter- 
mittens  larvata  oder  selbst  Fieberanfälle  gehabt  hatten. 


Herpes 
zoster, 
Ebstein, 


Dubreilh, 


Winfield. 


G logner  (Virch.  Arch.  Bd.  141)  hatte  schon  früher  auf  den  Beri-Beri, 
ätiologischen  Zusammenhang  von  Beri-Beri  mit  typi-  öiogner 
scher  Malaria  hingewiesen  und  hat  nunmehr  neben  den  echten 
Malariaplasmodien  im  Blute  von  Beri-Beri-Kranken  auf  Java  ähn- 
liche, aber  doch  von  ihnen  sich  unterscheidende  Mikroorganismen 
constatirt.  In  allen  diesen  Fällen  hatten  die  betreffenden  Kranken, 
denen  das  Blut  entnommen  war,  neben  den  Beri-Beri-Sjonptomen 
auch  Malariasymptome  gezeigt. 

Csillag  (lieber  Malarialähmungen.  Wiener  med.  Presse  Malaria- 
Nr.  36)  beobachtete  bei  Malaria  plötzlich  auftretende  Paraplegieen,  ^*^™.,^^^^®"* 
die  mit  dem  Fieberanfalle  auftraten  und  auf  die  specifische  Malaria- 
behandlung mit  Chinin  gleichzeitig  mit  den  Fiebererscheinungen 
wieder  verschwanden.  Er  will  dieses  Verhalten  als  differentiell- 
diagnostisches  Moment  gegenüber  den  Lähmungen  bei  Beri-Beri- 
Kranken  statuiren. 


Csillag. 


Ueber  Kehlkopflähmungen  nach  Typhus  bat  Lublinski    Kehlkopf 
(Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  26)  sechs  eigene  Beobachtungen  lähmungen 

iw        .  ...  iiachTyphus, 

veröffentlicht.     Er  betont  die  Aehnlicbkeit  mit  postdiphtheritischen     Lublinski. 
Lahmungen  und  die  relativ  günstige  Prognose. 


90 


SeeliginüUer. 


Blei- 
lähmuug, 
Newmark, 


Posselt, 


Janowski. 


Von  Bleilähmung  liegen  einige  interessante  f^älle  vor:  Leo 
Newmark  (Medical  News,  Mai  11)  sah  bei  einem  8jährigen  Elinde, 
welches  häufig  an  einer  mit  Bleifarben  gestrichenen  Wand  gekratzt 
hatte,  ausser  Bleisaum  typische  Lähmung  aller  vier  Extremitäten. 
Bemerkenswerth  ist,  dass,  wie  schon  Putnam  bei  Kindern  hervor- 
gehoben, die  unteren  Extremitäten  in  gleichem  oder  höherem  Mactsse. 
wie  die  oberen  befallen  waren  und  erst  später  sich  besserten  als 
jene  und  dass  hier  der  Tibialis  anticus  gelähmt,  und  der  Extensor 
digiti  brevis  frei  geblieben  war. 

Posselt  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  22)  sah  Polyneu- 
ritis nach  Gebrauch  eines  bleihaltigen  Essgeschirrs. 

Sehr  genau  studirt  in  allen  Einzelnheiten  ist  der  Fall  von  Ja- 
nowski (Neurol.  Centralbl.  Nr.  7,  S.  300)  bei  einem  27jährigen 
Verlöther  von  Wasserleitungsröhren  mit  Minium.  Interessant  ist 
das  Auftreten  von  Embryocardie,  partieller  Lähmung 
des  rechten  Facialis  und  Verengerung  der  rechten  Pu- 
pille, verbunden  mit  weit  schwächerer  Beaction  auf 
Lichtreiz. 


Lähmnng 
bei  Kohlen- 
oxydvergif- 

tung, 

Olynn. 


Nach  anhaltender  habituellerEinathmung  vonKohlen- 
oxydgas  sah  Q-lynn  (Brit.  med.  Joum.,  April  6,  S.  795)  bei  einem 
16jährigen  Maschinenputzer  unter  Wadenschmerzen,  Anschwellung 
der  Beine  (Albuminurie)  eine  Parese  der  unteren  Extremitäten,  vor- 
wiegend der  Extensoren  auftreten  mit  Herabsetzung  der  Sensibilität 
und  Aufgehobensein  der  faradischen  Erregbarkeit.  (Ob  der  Urin 
auf  Zucker  untersucht  wurde,  ist  nicht  erwähnt.    Bef.) 


Periodisch« 
Oculo- 
motorius- 
lähmung, 
Karplus. 


GehirnnerTen. 

Karplus  (Zur  Kenntniss  der  periodischen  Oculo- 
motoriuslähmung. Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  50)  bringt 
zwei  FäUe  von  periodischer  Oculomotoriuslähmung  bei  zwei  jugend- 
lichen Individuen,  welche  vollkommen  die  von  Moebius  und 
Mauthner  geforderten  Bedingungen: 

1.  Ergriffensein  nur  eines  Ociüomotorius, 

2.  Ergriffensein  stets  desselben  Oculomotorius  imd  zwar  in  allen 
Zweigen, 

3.  gleichzeitig  Kopfschmerz  und  Erbrechen, 

erfüllen.  Im  ersten  Falle  ist  von  besonderem  Interesse  das  immer 
längere  Zurückbleiben  eines  Lähmungsrestes  und  eine  die  Anfalle 
späterhin  begleitende  Hypästhesie   des    ersten   und   zweiten   Trige- 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


91 


minttsa8tes.  Der  zweite  Fall  gewinnt  durch  den  Sectionsbefund  — 
ein  Neurofibrom  des  Oculomotorius  —  an  Interesse.  Für  den  ersten 
Fall  nimmt  Verf.  basale  Veränderungen,  für  den  zweiten  die  Neu- 
bildung als  Ursache  des  Leidens  an. 

Richardson  und  Watton  (Exstirpation  des  Ganglion  Trigemlnus- 
Gasseri.     Gaz.   m6d.   Nr.   6)   haben    mit   gutem  Erfolg   bei   einer   "e^»^a*ei®. 

.  .  .  .      .       Richardson  u. 

63jährigen  Dame,  welche  seit  15  Jahren  an  Trigeminusneuralgie  litt,  watton, 
das  Ganglion  Gasseri  exstirpirt.  Die  vorher  ausgeführte  Durch- 
^hneidung  des  zweiten  imd  dritten  Astes  hatte  eine  8monatliche 
Pause  der  Anfälle  zur  Folge,  wonach  dieselben  wieder  einsetzten. 
Das  Ganglion  wurde  nach  Krause-Hartley  exstirpirt.  Die  Ope- 
ration wurde  durch  eine  Blutung  der  Duralgefässe  (Tamponade)  er- 
schwert. Nach  16  Tagen  Heilimg  per  primam.  Ausser  einer 
mehrere  Wochen  nach  der  Operation  eintretenden  vorübergehenden 
Lahmung  im  Bereich  des  Bamus  frontalis  n.  trigemini  keine  nach- 
trägliche Störung.  Von  40  operirten  Fällen  starben  6.  Mitunter 
wurden  Sehstörungen  beobachtet.  Die  Schwierigkeiten  der  Ope- 
ration  werden   zugegeben,    besonders   die   mögliche  Verletzung   der 

Carotis  interna. 

Sänger  (Zur  pathologischen  Anatomie  der  Trigeminus-  Sänger, 
neuralgie.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  19)  hat  in  vier  Fällen  das  von  Prof. 
Krause  exstirpirte  Ganglion  Gasseri  und  in  einem  weiteren  die  rese- 
cirten  peripheren  Reste  untersucht  und  namentlich  Verminderung  der 
^Ganglienzellen,  sowie  Veränderungen  an  denselben  (wachsartige  Quel- 
Inng  mit  Kemverlust  und  VacnoUsiiimg)  gefunden. 

Douglas  {Brit.  med.  Journ.,  April  13,  S.  808)  bringt  einen  Fall  von      Douglas, 
bilateralem  Zoster  im  Gebiet  der  Trigeminusverzweigung;   die 
Schmerzen  hörten  schon  nach  8  Tagen  auf. 


Brück  (Ueber  eine  unter  dem  Bilde  einer  Ohren- 
erkrankung verlaufende  Neurose  des  Kiefergelenkes. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  theilt  fünf  Fälle  von  Kiefer- 
gelenksneurose mit,  welche  aUe  unter  dem  Bilde  einer  Ohren- 
erkrankimg  verliefen.  Heftige  stechende  Schmerzen  im  Ohi^e  waren 
die  hervorragendsten  Symptome,  dazu  Kopfschmerzen,  Ohrensausen 
in  zwei  Fällen.  Alle  Kranken  waren  anämische  Frauen  und  in  allen 
Fällen  war  nur  das  eine  Ohr  befallen.  Es  fanden  sich  keine  für 
das  Bestehen  einer  OhraiFection  charakteristischen  Symptome,  eben- 
sowenig die  Erscheinungen  einer  Trigeminus-  oder  Occipitalneuralgie. 
Die  Schmerzen  waren  also  von  dem  druckempiindlichen  Kiefergelenk 
irradürt. 


BiTick. 


9ä 


Seeligmüller. 


Facialis- 
lähmnn;?, 
Eitelberg, 


Francke. 


Eitelberg  (Beitäge  zur  Influenza-Otitis,  zumal  ihrer  ner- 
vösen Form  und  Complication  mit  Facialisparese.  Wien.  med. 
Presse  Nr.  24)  bringt  zunächst  zwei  Fälle  einer  gewöhnlichen  InfluenzarOtitis 
bei  alten  Personen,  von  denen  die  eine  ein  Erysipel  acquirirte.  Sodann 
schildert  er  die  rasenden  Schmerzen  (Otalgie),  welche  sich  im  Verlaufe 
einer  Influenza  bei  einem  nur  geringfügigen  Ohrenbefund  einstellen  können. 
Meist  bestand  nur  ein  kleiner  Katarrh  der  Paukenhöhle  oder  Tuba 
Eustachii. 

Francke  (Ein  Fall  von  einseitigem  Weinen  bei  Facialis- 
paralyse.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  beschreibt  einen  Fall  von 
Facialislähmung  mit  Versiegen  der  Thränensecretion.  Ana- 
mneetisch  wurde  erhoben,  dass  der  Lähmung  Schwindel,  Ohrensausen  und 
Schwerhörigkeit  vorherging.  Bei  Gemüthsweinen  blieb  stets  das  linke  (er- 
krankte) Auge  trocken.  Auf  Grund  dieser  Beobachtung,  sowie  der 
zahlreichen  anderer  Autoren,  sieht  Verf.  im  Facialis  den  Secretionsnerv 
der  Thränendrüse,  während  der  Trigeminus  als  solcher  nicht  betheiligt  ist. 
Der  zweite  Ast  des  Trigeminus  soll  vom  Facilis  durch  Vermittelung  des 
Petrosus  superficialis  major  secretorische  Fasern  bekommen  und  zwar  vom 
Ganglion  geniculi  zum  Ganglion  sphenopalatinum. 


Neuritis 

des  Plexus 

brachialis, 

Mann. 


ROckenmarksnerTen« 

Mann  (Neuritis  des  Plexus  brachialis  nach  Fleisch- 
vergiftung. Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  bringt  einen 
Fall  von  Parese  des  rechten  Arms  (Erb'scher  Typus)  nach  dem 
Genuss  verdorbenen  Fleisches  und  fasst  denselben  seiner  Natur  nach 
{Js  identisch  mit  den  nach  anderen  Infectionen  (Diphtherie)  ent- 
stehenden Lähmungen  auf. 


Kellner- 

l  ä  h  ni  n  n  ^, 

Run»?*». 


Ischias, 

Urassniann, 


Runge  (Fall  von  Kellnerlähmung.  Joum.  of  nervous 
diseases,  April)  versteht  darunter  eine  Beschäftigungsneurose  bei  einem 
Kellner,  welcher  täglich  eine  Menge  Teller  mit  seinem  linken  Arme 
auf  der  Strecke  von  der  Hand  bis  zur  Schulter  zu  tragen  hatte. 
Der  gestreckt  und  supinirt  gehaltene  Arm  gab  ^ines  Tages  plötzlich 
nach :  der  Vorderarm  wurde  pronirt  imd  damit  die  nach  oben  sehende 
Handfläche  abwärts  gewendet.  Diese  Schwäche  der  Beuger  und 
Supinatoren  trat  nur  bei  dieser  Functionirung  der  oberen  Extremität 
hervor.     Durch  gcJvanische  Behandlung  wurde  Heilung  erzielt. 

GraBsmann  (Mal  perforant  du  pied  nach  Stichverletzung 
des  Ischiadicus.  Ann.  d.  ätädt.  allgem.  Krankenh.  zu  München  über 
1898,  S.  142.  München  1895)  sah  bei  einem  24jährigen  Manne  ein  halbes 
Jahr  nach  der  Verletzung,  welche  völlige  Lähmung  und  Abmagerung  des 
ganzen  linken  Beines  zur  Folge  gehabt  hatte,  eine  Blase  an  der  Ferae  auf- 


Krankheiten  des  NerrensTstem». 


93 


treten ,  welche   später   einen   9  cm  tiefen   und  2.2  cm   breiten  Defect   mit 
leicht  blutendem.  GranoL&tionsgewebe  in  der  TietV  darstellte. 

J.  Schreiber  (Welche  Vorsicht  die  Feststellang  der  J.  s.^hreiber 
Diagnose  „Ischias"  erfordert!  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  34) 
erzahlt  von  einem  57jährigen  hünenhaften  Arzte,  welcher,  seit 
einem  halben  Jahre  infolge  von  Schmerzen  in  den  Bahnen  beider 
Ischiadici  schlaflos,  um  20  kg  abgenommen  hatte.  Die  Rectalonter- 
sachung  ergab  eine  harte,  umfangreiche,  besonders  nach  rechts  sich 
ausbreitende  Geschwulst  über  dem  SchUessmnskel  des  Afters.  Schon 
nach  3  Wochen  trat  der  Tod  ein. 


Tulpius  (Deutsche  med.  Wochenschf.  Nr.  36)  unterwirft  die 
in  Bezog  auf  die  Scoliosis  neuropathica  (,,Ischias  scoUotica") 
geäusserten,  das  Thatsächliche  vielfach  verwirrenden  Meinungen  einer 
Revision  und  kommt  dabei  zu  dem  Schluss,  dass  „nur  die  Combi- 
nation  einer  Ischias  mit  einer  Lumbalnervenaffection,  eventuell  auch 
letztere  allein,  zu  der  typischen  Rumpfverbiegong  fuhrt.  Das  Cha- 
rakteristicum  derselben  besteht  in  einer  mehr  oder  weniger  fixirten 
seitlichen  Neigung  der  Wirbelsäule,  die  durch  halbseitige  reflec- 
torische  Rückenmuskelcontracturen  erzeugt  wird." 

Higier  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  22,  S.  962)  berichtet  über  einen  neuen 
Fall  der  sog.  alternirenden  Skoliose  bei  Ischias,  wobei  er  drei 
andere  Falle  aus  der  Klinik  von  Debove  erwähnt,  die  in  der  These  in- 
augorale  de  Paris  von  £.  Phulpin  veröffentlicht  sind. 

Hoff  mann  (ibidem  Nr.  6,  S.  244)  beobachtete  in  einem  Falle  von 
doppelseitiger  Ischias  das  von  Fr.  Schulze  und  Eny  in  einem  bezw. 
zwei  f^en  bereits  beschriebene  Muskelwogen  (Myokymie). 

TTeber  isolirt  im  Gebiete  des  N.  cutaneus  femoris 
externus  vorkommende  Parästhesieen  hat  zuerst  Bern< 
hardt  und  nach  ihm  Näcke  und  endlich  Freud  (Neurol.  Central- 
blatt  Nr.  6,  8  u.  11)  geschrieben.  Ursächlich  kann  dieselbe  mit 
Typhus,  Bleivergiftung  oder  Erkältung,  oder  Tratuna  (Nä  c  k  e :  Ver- 
treten des  Fusses)  in  Zusammenhang  gebracht  werden. 

Roth  beschreibt  dieselbe  Affection  unter  dem  Namen  M  e  r  a  1  g  i  a 
paraesthetica  (Prager  med.  Wochenschr.,  Sept.). 


I>cbias 

scoliotica. 

Ynlpias, 


Higier, 


Phulpin 

Muskel- 
woge u  bei 
Ischias, 
Hoffiiiann, 
Schulze  u. 
Kny. 
Parästhesie 
des  N. 
cutaneus 
t'emoris 
externus, 
Bernhardt, 
Näcke, 
Fi-eud, 
Koth 


D.  Neurosen. 

Allgemeines. 

Freud  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  12,  S.  50)  will  einen  bestimmten 
Symptomencomplex,  den  er  unter  dem  Namen  der  Angst- 
neurose  zusammenfasst,  von  der  Neurasthenie  abtrennen. 


Neur- 
asthenie, 
Freud. 


94 


Seeligmüller. 


Neur- 
asthenie, 
Löwenfeld. 


L  Owen  fei  d  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  13)  will  nach  seineu 
Erfahrungen  die  sexuelle  Aetiologie  für  die  erworhenen  Angst- 
zustände als  nicht  so  häufig  zugehen  und  spricht  sich  daher  gegen 
die  Abtrennung  aus. 


Klimak- 
terische 
Kehlkopf- 
nearosen, 
Semon. 


Sogenannte 
trauma- 
tische 
Neurose, 
Gesichts- 

feld- 

beschrän- 

kung, 

Schmidt- 

Rimpler. 


Epilepsie 
tardive, 
Manpat^. 


Epilep- 
tischer 
Anfall, 
Bechterew. 


Semon  (Die  sensibeln  Neurosen  der  Kehle  in  der  klimak- 
terischen Periode.  The  Brit.  med.  Journal,  5.  Jan.)  ist  darauf 
aufmerksam  geworden,  dass  gerade  in  der  Klimax  stehende  Frauen 
aussergewöhniich  häufig  an  diesen  Neurosen  leiden;  femer  dass 
locale  oder  allgemeine  Symptome,  welche  wir  bei  diesen  Neurosen 
sonst  nicht  vermissen,  bei  diesen  Frauen  fehlen,  und  endlich  dass 
die  sonst  übliche  Therapie  hier  im  Stiche  liess  und  dass  die  Be- 
schwerden, welche  allen  Mitteln  widerstanden  hatten,  endlich  spontan 
verschwanden.  Die  Frauen  standen  zwischen  35  und  55  Jahren. 
Ihre  krankhaften  Empfindungen  bestanden  in  Parästhesieen  oder 
Neuralgieen,  niemals  in  Anästhesieen. 

DieBedeutung  der  Gesichtsfeldeinengung  für  dieFrage 
der  Simulation  bei  Unfallverletzten  hat  noch  mehr  als  bisher 
verloren,  seitdem  Schmidt-Rimpler  auf  der  Lübecker  Natm- 
forscherversammlung  darauf  aufinerksam  gemacht  hat,  wie  eine 
solche  Einengung  auch  bei  Gesunden  sehr  häufig  (bis  35  ^/o)  ge- 
funden wird.  Ohne  sonstige  pathologische  Veränderung  im  Auge 
ist  sie  bei  der  sog.  traumatischen  Neurose  ein  sehr  seltenes 
Symptom. 

Epilepsie. 

Maupat^  (Annales  m^dico-psychologiques ,  August)  bezeichnet 
als  Epilepsie  tardive  die  Epilepsie,  welche  nach  dem  30.  Lebens- 
jahre auftritt;  unter  120  Epileptischen  nur  20mal.  Gelingt  es  nicht, 
sie  bald  zu  bessern  und  wird  sie  stationär,  so  kommt  es  frühzeitig 
zur  Verblödung. 

Bechterew  (Untersuchungen  über  die  Genese  des  epilepti- 
schen Anfalls.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  9,  S.  S94)  kommt  unter  Berück- 
sichtigung sänmitlicher  Untersuchungen  der  Autoren  zu  dem  Schlussergeb- 
niss,  dass  bei  erwachsenen  Thieren  die  Genese  der  epileptischen  Anfälle 
durch  Erregung  der  Himrindencentren  bedingt  sein  kann.  Falls  die  basalen 
in  solchem  Falle  an  der  Entwickelung  der  epileptischen  Anfälle  theilnehmen, 
80  participiren  sie  vorwiegend  an  dem  aus  tonischen  Krämpfen  bestehenden 
Theil  des  Anfalls.  Unter  anderen  Bedingungen  (mechanische  Reizung  der 
Rückengegend,  Gehirnerschütterung  und  Vergiftungen)  können  auch  die 
basalen  Theile  (Pons  und  MeduUa  oblongata)   der  Epilepsie  den  Ursprung 


Krankheiten  der  NervenBystems,  95 

geben:  es  beiheiligt  sich  jedoch  zweifellos  auch  in  diesem  Falle  die  Hirn- 
rinde an  der  Entwickelang  des  Anfalls,  und  unter  anderem  ist  der  epilepti- 
forme  Charakter  der  Krämpfe  durch  ihre  EiTegung  bedingt. 

B.  Naunyn  (lieber  senile  Epilepsie  und  das  Griesinger-  Senile 
sehe  Symptom  der  Basilarthrombose.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  J/  epsie, 
Bd.  28,  8.  217)  theilt  drei  Fälle  von  seniler  Epilepsie  mit,  in  welchen 
es  gelang,  durch  Compression  der  Carotiden  am  Halse  die  gleichen 
Anfalle,  wie  sie  bei  den  Kranken  spontan  auftaraten,  zu  erzeugen. 
In  beiden  Fällen  handelte  es  sich  wohl  um  Himanände,  welche 
leicht  eintreten  konnte,  da  ohnehin  wegen  der  Arteriosklerose  und 
der  schwachen  Herzthatigkeit  die  Blutversorgung  des  Hirns  sehr 
mangelhaft  war. 

Bleuler  (Gliose  bei  Epilepsie.  Münch.  med.  Wochenschr.  oiiosebei 
Nr.  33)  hat  an  26  Epileptikergehimen  stets  eine  deutliche  Hyper-  ß^ienfer! 
trophie  der  zwischen  Pia  und  den  äussersten  tangentialen  Nerven- 
fasern gelegenen  GUafasem  gefunden.  Meist  laufen  dieselben  parallel 
zur  Oberfläche  und  quer  über  die  Windungen,  ordnen  sich  in  Züge, 
die  manchmal  in  der  Nähe  der  Gefasse  „Strudel^  bilden.  Die  Stärke 
der  Gliaschicht  entspricht  nicht  der  Intensität  der  Epilepsie,  sondern 
dem  Grade  der  Verblödung.  Am  auffalligsten  erwiesen  sich  die 
fünf  Fälle  von  cerebraler  Hemiplegie,  wovon  die  zwei  epileptischen 
ausser  der  Bindenveränderung  auch  GUaverdickung  aufwiesen.  Die 
Gehirne   von  Nichtepileptikem   zeigten   diese  Veränderungen  nicht. 

Collins  (Med.  Becord  Nr.  12,  1894)  spricht  sich  in  Bezug  auf  Behandlung 

die    Erfolge    der  Behandlung  nach  Flechsig   günstig   aus:    _   .f^^  . 

i!«piiep9ie! 

Holmberg  (Finska  läkaresäUsk.  handl.  Bd.  37)  erwähnt  als  Intoxi-    Flechsig- 
cationssymptome  bei  dieser  Behandlung  Anfälle  von  Schüttelfrost.        ^^^^ 

Methode, 
Collins, 

Ch.  F6r6  (Rev.  de  med.  Nr.  9)  erklärt  den  Borax  für  ein  Mittel,  Holmberg. 
welches  in  gewissen  Fällen  von  Epilepsie  sich  nützlich  (bei  11 
unter  122  Kranken),  ja  den  Brompräparaten  überlegen  zeigt.  Es 
empfiehlt  sich  daher  in  den  Fällen,  wo  die  Brompräparate  trotz 
höchster  Dosen  keinen  Erfolg  erzielten.  Indessen  muss  der  Borax 
mit  Vorsicht  gegeben  werden,  da  selbst  bei  wenig  grossen  Dosen 
Nierenaffection  (Albuminurie)  entstehen  kann,  welche  mit  dem  Aus- 
setzen des  Medicaments  keineswegs  aufhört.  Ausserdem  nennen 
wir  als  Erscheinungen  des  Borismus :  Trockenheit  der  Haut,  Ekzeme, 
gastrische  Störungen,  Kachexie  mit  Oedemen  etc. 


90 


Seeligmüller. 


Brom-  Roche   (The  Brit.  med.  Journal,  May   18)   rühmt  da«  Brom- 

strontium  gtrontium   bei   Epilepsie,    welches   in   drei  FäUen   zwar   keine 

Epilepsie,  Heilung,  aber  doch  Besserung  brachte,  nachdem  andere  Brompräparate 

Roche.  im  Grunde  erfolglos  gegeben  worden  waren. 


Chirur- 
gische 
Epilepsie 
behandlun 
Enlenburg, 


Ad.  Seelig 
müUer. 


Eulenburg  (Zur  chirurgischen  Epilepsiebehandlung, 
namentlich  zur  Casuistik  der  Rindenexcisionen  bei  idiopathischen 
g,  Epilepsieen.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  15)  will  von  der  Behand- 
lung der  sog.  Reflexepilepsie  nichts  wissen,  da  ihre  Resultate  zu 
unsicher  seien.  Es  kommen  nur  die  am  Schädel,  der  Dura  oder  dem 
motorischen  Rindencentrum  selbst  ausgeführten  Operationen  in  Be- 
tracht. Und  von  diesen  auch  nur  die  Rindenexcisionen,  die  besonders 
geeignet  sind  für  rein  functioneUe  Rindenalterationen,  wo  an  der 
Rinde  sich  nichts  Pathologisches  nachweisen  lässt.  Leider  sind  in 
der  Praxis  die  Erfolge  nicht  sehr  günstig,  doch  ist  Verf.  in  der 
Lage,  einen  Fall  von  schwerer  idiopathischer  allgemeiner  Epilepsie 
zu  bringen,  bei  dem  die  Anfälle  stets  in  dem  rechten  Arm  be- 
gannen imd  wo  durch  Excision  des  linken  Armcentrums  eine  7  Monate 
anhaltende  Heilung  erzielt  wurde.  Auch  für  die  einfache  Eröffiiung 
des  Duralsackes,  die  Trepanation  und  die  Spaltung  der  Weichtheüe 
bringt  Verf.  je  einen  Fall,  von  denen  der  erste  bald  starb,  die  beiden 
letzten  geheilt  wurden.  Verf.  glaubt  die  stricte  Trennung  der  ein- 
zelnen Arten  von  Epilepsie  nicht  aufrecht  halten  zu  können,  son- 
dern sozusagen  bei  der  Operation  eklektisch  verfahren  zu  müssen 
und  „von  Fall  zu  Fall"  sich  die  Frage,  ob  operirt  werden  soll  oder 
nicht,  vorzulegen. 

A.  Seeligmüller  (Klinische  Beiträge  zur  Reflexepi- 
lepsie. Festschrift  der  Provinzialirrenanstalt  Nietleben)  hat  aus 
seiner  eigenen  Erfahrung  17  Fälle,  5  infolge  von  Verletzung  des 
Kopfes,  2  des  Rumpfes,  5  der  oberen  und  5  der  unteren  Extremi- 
täten, mitgetheilt.  Als  einziges  sicheres  Heilmittel  empfiehlt  Seelig- 
müller dringend  die  Operation,  insonderheit  Excision  einer  Narbe. 
Diese  muss  mit  grosser  Sorgfalt  ausgeführt  werden,  damit  nichts 
vom  Narbengewebe  zurückbleibe.  Sonst  kommt  es  wie  in  einer  von 
Seeligmüller  ausführlich  mitgetheilten  Beobachtung  (5)  zu  einem 
Recidiv.  Jedenfalls  ist  die  Excision  als  nicht  vollständig  gelungen 
anzusehen,  sobald  die  vollständig  verheilte  Operationsnarbe  auch  nur 
im  kleinsten  Umfange  spontan  oder  bei  Berührung  oder  Druck 
empfindlich  geblieben  ist.  Von  7  operirten  FäUen  hatten  4  voll- 
ständigen, 3  nur  unvollständigen  Erfolg.  In  einem  Falle  (Beob- 
achtung 8)   konnte   Seeligmüller   den  ausserordentlich    günstigen 


Krankheiten  des  Nerrensyatems.  97 

Erfolg  15  Jahre  hindurch  bis  zum  Tode  des  Krankea  verfolgen. 
Der  34jährige  Conditor  B.  hatte  1866  einen  Streifschoss  an  der 
ukaren  Seite  der  Kuppe  des  linken  kleinen  Fingers  erhallen; 
seit  November  1871  stellten  sich  epileptische  An&Ile  mit  aus- 
gesprochener Aura  von  der  Narbe  aus  ein,  welcbe  so  heftig  und 
häv£g  wurden,  dass  Patient  nicht  mehr  fihig  war,  seinem  Geschäft 
TorzQstehen.  1879  wurde  die  Nagelphalanx  des  linken  kleinen 
Pingers  exarticulirt.  Seitdem,  bis  zu  dem  1894  an  einem  inter- 
cnrrenten  Herzklappenfehler  erfolgten  Tode,  erschien  nicht  nur  kein 
Anfall,  sondern  Patient  war  auch  diese  ganze  Zeit  über  körpoücb 
und  geistig  so  fiiscb,  wie  nie  zuvor/  Ein  ausführliches  lätteratur- 
verzeicbniss  ist  angehängt. 

Hysterie. 

Krecke  (Ueber   die  Selbstbeschädigung  der  Hysterischen.      Selbst- 
Münch.  med,  Wochenschr.   Nr.  4)   berichtet   über   einen  Fall   von  Selbst-    beschädi- 
bescbftdigung  bei   einer  belasteten  61jährigen  Hysterica,  welche  sich  mit.    .  ^^°5    • 
,Laiigenstein*  18  Jahre  hinter  einander  Brandscborfe  und  Greschwüre  auf       Ki«cke. 
der  Haut  ihres  linken  Armes  hervorrief.    Abgesehen  von  dem  hohen  Alter, 
^riUirend  doch   sonst  meist  jüngere  Hystericae  zur  Beobachtung  kommen, 
bietet  der  FaU  noch  durch  die  bei  der  Kranken  bestehende  Operationswuth 
(MamA  operatoria  passiva),  welche  sich  in  den  häufig  wiederholten  Bitten, 
sie  zn  schneiden  u.  s.  w.,  Ausdruck  erhielt,  viel  Interessantes. 

Windscheid  (Ueber  hysterische  Schmerzen  und  deren  Hysterische 
Behandlung.    Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkologie)  zieht  den  Schmerzen, 

r      j-    1  S.  ^  ,   .  ,      .  .  "^  ,  ,rrr.  ,  WmdBcheid. 

laraoiscnen  otrom  wegen  der  gleichzeitigen  suggestiven  Wirkung 
auf  G^föhl  und  G^hör  dem  galvanischen  vor;  bei  Clavus  empfiehlt 
er  mit  Curschmann  das  Auflegen  von  Löschpapier,  welches  mit 
Mentholspiritus  angefeuchtet  ist;  im  übrigen  bezeichnet  er  aber  die 
Erfolge  jeder  Behandlung  als  geringe. 

Gilles  de  la  Tourette  (Ueber  die  hysterische  Mamma.  Hysterische 
Wiener  med.  Presse  Nr.  33)  bezeichnet  die  hysterische  Brust  als    ^^^^^^\^ 
häufig  und  nur  beim  Weibe  vorkommend.     Sie  wird  oft  durch  eine      Tourette. 
Contusion  veranlasst  und  stellt  eine  bleibende  oder  vorübergehende 
Yolumsvermehrung  des  Organs  mit  beträchtlicher  Hyperästhesie  der 
Haut  dar.    Während  des  Anfalles  eri^rt  sich  die  Warze  und  die 
Brust  schwillt  an  bis  zum  Doppelten  ihres  Volumens.     Sobald  die 
Anschwellung  ad  maximum  gekommen  ist,  tritt  ein  hysterischer  An- 
fall ein.    Der  Schmerz  kann  von  der  Brust  nach  der  Achsel  aus- 
Jahibach  der  pracüscben  Medicin.    1896.  7 


'98  Seeligmüller. 

Hysterische  strahlen,  imd  es  kann  das  Bild  einer  Angina  pectoris  entstehen.    Die 
G^if^d"*!      Haut  wird  oft  so  hyperästhetisch,   dass  sie  den  Druck  der  Kleider 
Tourette.      nicht  verträgt.    Ihre  Farbe  ist  weiss,  rosa  oder  violett  wie  beim 
hysterischen  Oedem.    Es  sind  bei  der  oft  schwierigen  Diagnosen- 
stellung schon  Operationen  vorgenommen  worden.     Therapie:  Sug- 
gestion, 
stottern.  Greidenberg   (Neurol.   Centralbl.    Nr.  12,    S.  543)    führt   als 

Greidenberg.  Unterscheidungsmerkmale  für  das  hysterische  Stottern  in 
Eweifelhaften  Fällen  folgende  auf:  1.  es  beginnt  nicht  im  Kindes- 
alter; 2.  es  tritt  plötzlich  auf  und  verschwindet  ebenso  plötzlicb; 
3.  der  Verlauf  ist  nicht  intermittirend;  4.  es  sind  daneben  andere 
Zeichen  von  Hysterie  vorhanden, 
stummheit,  Worotynsky  (ibid.  S.  534)  heilte  einen  Fall  von  hysterischer 

Worotynsky.    gtummheit  durch  starke  Faradisation  des  Kehlkopfs,  combinirt  mit 
Suggestion  im  wachen  Zustande. 
Hemi-  Jan  et  (Arch.  de  Neurol.  Nr.  99,  S.  337)  gelang  es,  bei  Hysteri- 

anopsie,     gehen   durcli  Suggestion,    die  allerdings  sehr  eindringlich  und 
präcis  gemacht  werden  musste,  Hemianopsie  hervorzubringen 
und  in  einigen  Tagen  ebenfalls  durch  Suggestionen  wieder  zu  be« 
seitigen. 
chro-  Pausier  (Die  Chromatopsie  der  Hysterischen.  Ann.  d'Oculist. 

"plnsler*'    ^^-  ^'  ^^^^'^  wendet  sich  gegen  Gilles  de  la  Tourette,  welcher 
die  Achromatopsie   der  Hysterischen   durch  einfache  concentrische 
Gesichtsfeldbeschränkung  erklären  will. 
Oedfm,  Higier  (Acutes  und  chronisches   Oedem   bei  manchen 

Higier.  Neurosen,  insbesondere  bei  Hysterie.  Petersb.  med.  Wochen- 
schrift Nr.  51,  1894)  hebt  aus  der  Symptomatologie  besonders  her- 
vor, dass  bei  den  Anschwellungen  alle  Erscheinungen  einer  Ent- 
zündung, Calor,  Ruber,  Dolor,  Tumor,  Functio  laesa  vorhanden  sein 
können  und  betont  die  practische  Bedeutung  dieser  Erscheinungen 
bei  Stellung  der  Diagnose  (Phlegmone,  acuter  Gelenkrheumatismus). 
Die  Diagnose  wird  aus  dem  foudroyanten  Auftreten  der  Oedeme 
und  dem  Vorhandensein  der  hysterischen  Stigmata  gestellt,  die  sich 
gern  in  dem  betreffenden  Glied  locaHsiren  (Lähmung,  Analgesie,  Con- 
tractur).  Therapie:  Allgemein  roborirend  mit  Suggestion  und  Hypnose. 

Siiuulation  Wichmann    (Ein    Fall    von    Hysterie   mit    trophischen    Stö- 

on  Syringo-rungen,  Syringorayelie  vortäuschend.   Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12) 

«T- 1*  *  ^'      berichtet  eingehend  über  einen  Fall  von  Hysterie,  welcher  unter  dem  Bilde 

einer  Syringomyelie  verlief,  insofeme  als  die  27jälirige  Patientin  eine  Reihe 

von  ulcerösen  Veränderungen  der  Finger   resp.  Hände  ganz  wie  ein  an 

Syringomyelie  Leidender  aufwies.    Von  hysterischen  Symptomen  fand  sieb 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


99 


Hemiparese ,  Ovarie,  Hemianästhesie ,  rechtsseitige  Herabsetzung  des  Gre- 
if hmackn ,  Geruchs,  Grehörs  und  Gesichtsfelds.  Der  Gedanke  an  Syringo- 
mjelie  wurde  durch  Hemianästhesie ,  welche  mit  Analgesie  und  Thermo- 
anästhesie  verbunden  war,  anfangs  wahrscheinlich,  jedoch  fehlten  Muskel- 
atrophieen.  fibrilläre  Zuckungen  und  Arthropathieen.  Der  sicherste  Beweis, 
daas  das  Leiden  hysterischer  Natur  war,  wurde  durch  eine  erfolgreiche 
H/pnose  geliefert. 

Higier   schildert   einen  Fall   von  Hysterie   als   Simulation  und  Simalatloii 
Combination  der  Tabes  dorsalis  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  3).  ^^^  Tabes, 


Higier. 


Die  übrigen  Venrosen. 


drüsen- 
theorie, 
Brissaud, 


Die    Schilddrüsentheorie    spielt    in    der    Pathogenese    der    Basedow- 
Basedow^M^en   Krankheit   auch   in  diesem  Jahre   die  Hauptrolle,  »che  Krank 
Ueber  die  Art  dieser  Rolle  ist  man  fi^ilich  noch  sehr  verschiedener      schiid- 
Meinnng,  nämHch,  ob  es  sich  um  eine  übermässige  „Hyperthyreoi- 
dation*',   oder  um  eine  ungenügende,   oder  um  eine  qualitativ  ver- 
änderte   Absonderung    des   Drüsensaftes    handelt.     Namentlich   die 
letztere,  der  veränderte  Chemismus,  gibt  zu  sehr  ausgiebigen  Hypo- 
thesen —  Vorwiegen  des  Thyromucins  über  das  Thyrocollin  etc.  — 
reiche  Gelegenheit.     Die  Versammlung  französischer  Neurologen  in 
Bordeaux  (Semaine  m6d.  Nr.  39)  hat  sich  lebhaft  mit  diesen  Theorieen 
beschäftigt.     Interessant  war  die  Mittheilung  Brissaud's,   dass  er 
bei  erwachsenen  Menschen  überhaupt  keine  normalen  Schilddrüsen 
habe  finden  können,  sondern  stets  Cystenbildung  und  Bindegewebs- 
hypertrophie ,    ohne   dass   bei   Lebzeiten   eine    Spur   von   Basedow- 
Symptomen  nachzuweisen  gewesen  wäre. 

Thierversuche  mit  Implantation,  oder  Fütterung  von 
Drüsensubstanz,  oderEinspritzungen  vonDrüsensaft  haben 
in  manchen  Fällen  Veränderungen  an  der  Schilddrüse  bei  Hunden 
hervorgebracht,  welche  den  von  Renaud  bei  Menschen  mit  Morbus 
Basedowii  gefundenen  glichen  (Ballet  und  Enrique z). 

Canter  (Extr.  des  Ann.  de  la  Soc.  m6d.-chirurg.  de  Li6ge, 
Janv.)  sah  nach  Schilddrüsenfütterung  bei  Hunden  dem  Basedow 
ähnliche  Erscheinungen  auftreten,  und  zwar  standen  diese  Symptome 
im  geraden  Verhältniss  zu  der  Menge  der  gefütterten  Schilddrüsen- 
sabstanz.  Zur  Eiitik  dieser  Versuche  hat  Otto  Lanz  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  37)  die  Vermuthung  ausgesprochen,  dass  die 
genannten  Erscheinungen  nicht  als  Folge  normaler  Drüsensubstanz 
anxoseben  seien,  vielmehr  habe  es  sich  wahrscheinlich  um  verdorbene 
Snbetane  gehandelt,  so  dass  bei  den  Thieren  eine  der  Wurstvergiftung 
analoge   Intoxication    zu    Stande   kam,    welche    auch   mit   Drüsen- 


Ballet  u. 
Enriquez, 


Canter. 


Lanz. 


100 


Seelig^üUer. 


Schwellung  einhergehe.  Dies  sei  fiir  manche  Pr&parate,  unter  anderen 
die  Merck'schen,  die  einen  aashaften  Geruch  hätten,  sehr  wahr-^ 
scheinlich. 
Einfluss  der  Von  practischer  Wichtigkeit  ist  die  von  Mehreren  gemachte  Er- 
Schwanger-  fahrung,  dass  die  Schwangerschaft  in  manchen  Fällen  den  Zustand 
bedeutend  verschlimmere,  so  dass  Basedow-kranken  Frauen  das 
Heirathen  zu  verbieten  sei  (Theilhaber,  Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  1, 
8.57,  Bucqiie,  Th^se  de  Paris,  und  Odeye,  ebenfalls  Thöse  de 
Paris). 

Aetiologisch  ist  das  mehrfache  Vorkommen  des  Morbus  Base- 
Familiäre    dowü   in   derselben  Familie   beobachtet  worden,   so   von  Pässler 
^^*'^„*^j^^^'*»' (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,   S.  210),  West  (Lancet 
Oppenheimer.   Bd.  1,  Nr.  20)  bei  zwei  Schwestern,  Oppenheimer  (Joum.  of  nerv, 
and  mental  disease,   April,    S.  213)   bei  einer  Schwester,   bei  der 
anderen  M3rxödem.     Auf  Thyreoidin  genas  nur  die  mit  Myxödem. 


Theilhaber, 

Bncque, 

Odeye. 


Liision  des 
Strick- 
körpers, 
Bienfait. 


Bryson's 
Zeichen, 

Patrick, 

Hngg, 

Muskel- 
dystrophie, 
Bathhurst. 
Schild- 
drüsen- 
therapie   be 
Morbus 
Basedowii, 
Bogrouz. 


An  einem  rein  nervösen  Ursprung  der  Basedow'schen  Krank- 
heit halten  nur  noch  Wenige  fest.  Bienfait  (Eztr.  des  Ann.  de 
la  Soc.  mM.-chir.  de  Liege)  ist  nach  Wiederholung  der  Versuche 
von  F 11  ebne  davon  überzeugt',  dass  die  Basedow'sche  Krankheit 
durch  eine  Läsion  biübärer  Centren,  die  in  der  Mitte  und  am  Rande 
des  Corpus  restiforme  liegen,  verursacht  werde.  Diese  Centren 
können  aber  auf  verschiedene  Weise  lädirt  werden,  und  damit  er- 
klären sich  verschiedene  Formen.  Ais  eigentlichen  Morbus 
Basedowii  bezeichnet  er  die  durch  Autointoxication  mit  Schild- 
drüsensaft  hervorgebrachten  FäUe;  die  bei  Tabes,  Psychosen,  Hysterie 
oder  infolge  reflectorischer  Einflüsse,  z.  B.  von  der  Nase  her,  beob- 
achteten Formen,  sollte  man  eigentlich  als  Basedow-Symptome  be- 
zeichnen. 

Das  Bryson'sche  Zeichen  —  mangelhafte  Ausdehnung  des 
Brustkastens  beim  Athmen  —  haben  Patrick  (New  York  med.  Rev., 
9.  Febr.)  und  Hugg  (ibid.)  in  40,  bezw.  13  von  20  Fällen  gesehen; 
beide  fuhren  dasselbe  auf  die  allgemeine  Muskelschwäche  zurück, 
die  gleichzeitig  bestand. 

Eine  ausgesprochene  progressive  Muskeldystrophie  sah 
Bathhurst  (Lancet  Bd.  2,  Nr.  11)  bei  einem  20jährigen  Basedow- 
Kranken. 

Erfolge  mit  Einspritzung  von  Schilddrüsenemulsion,  in- 
^  Sonderheit  Herabsetzung  der  Herzthätigkeit,  konnte  Bogrouz  (Neurol. 
Centralbl.  Nr.  13,  S.  595)  bei  Basedow-Kranken  verzeichnen. 

Weiter  haben  durch  zunächst  aus  Versehen,   dann  absichtlich 


Krankheiten  des  Nervensystems.  101 

gemachte  Fütternngen  mit  Thymusdrüse  therapeutische  Er- 
folge zu  verzeichnen:   Owen  (Brit.  med.  Journal,    16.  Febr.),  und     Thymus- 
Hector  Mackenzie;  Cunningham  (New  York  med.  Eev.  Nr.  24)   '^*^"^^"^' 
äah   davon    in    einem  Falle  Heilung,   in   zwei   anderen  Besserung,    Mackenzie, 
Mikulicz   (Berl.  Win.  Wochenschr.   Nr.  16)  so  bedeutendes  Wohl-  Cunningham, 
befinden  des  25jährigen  Kranken,  dass  dieser  erklärte,  er  sei  geheilt, 
and  in  einem  zweiten,  bei  einer  44jährigen  Frau,  eine  solche  Besse- 
rung, dass  die  Operation  imterbleiben  konnte. 

Auf  dem  Chirurgencongress  in  Berlin  sprach  Mikulicz  (Berl. chirurgische 
klin.  Wochenschr.  Nr.  19)   über  chirurgische  Behandlung   der^®**^"^.^^"^' 
Basedow'schen  Krankheit.    Von  den  11  Kranken,  die  er  nach 
verschiedenen  Methoden  operirt  hat,  ßiad  6  ganz  geheilt,  4  wesentlich 
gebessert;  Kocher  theilt  mit  ihm  die  Ansicht,  dass  Operationen  bei       Kocher, 
Morbus  Basedowii  sehr  gefahrlich  seien,  und  zieht  deshalb  die  Unter- 
bindung der  Arterien  vor.  Er  begnügt  sich  mit  der  Unterbindung  von 
drei  Arterien,  während  Trendelenburg  und  Rydygier  alle  vier  Trendelenbmg, 
zu  unterbinden  pflegen.    Trotzdem  sah  letzterer  in  22  so  operirten     Rydygier, 
Fällen  niemals  Myxödem  eintreten. 

Heydenreich  (Die  chirurgische  Behandlung  der  Base-  Heydenreich, 
dow^schen  Krankheit.  Semaine  mM.  S.  260)  zeigt,  dass  die 
chirurgische  Behandlung  der  Basedow'schen  Krankheit  sowohl  durch 
die  Thatsachen  wie  durch  die  Theorie  gerechtfertigt  ist,  nämlich  durch 
die  Theorie  von  Marie,  welcher  sie  durch  eine  übermässige  Functio- 
nirung  der  Schilddrüse  zu  Stande  kommen  lässt,  so  dass  eine  „Hyper- 
thyreoidation"  des  Organismus  stattfinde.  Indessen  möchte  er  das 
operative  Eingreifen  auf  die  ernsten  Fälle  beschränkt  wissen,  in 
welchen  die  medicinische  Behandlung  erfolglos  geblieben  ist  und  der 
Kranke  zu  erliegen  droht,  namentlich,  wenn  es  sich  um  hochgradige 
Dyspnoe  infolge  von  Compression  der  Luftröhre  handelt.  Ob  man 
auch  in  solchen  Fällen  operiren  soll,  wo  der  Zustand  beunruhigend 
ist,  wo  Degeneration  des  Herzens  oder  hochgradige  Nervosität  vor- 
liegen, muss  dem  klinischen  Tacte  überlassen  bleiben.  Am  meisten 
empfiehlt  sich  die  partielle  Thyreoidektomie  oder  auch,  wo  dies  mög- 
lich, die  Ausschneidung  einzelner  Knoten.  In  61  operirten  Fällen 
trat  5Qmal  Heilung  oder  Besserung,  4mal  der  Tod,  2mal  Tetanie 
und  5mal  Misserfolg  ein. 

Zwei    ebenfalls    durch    die    Operation    gebesserte    Fälle    theilt 
Haskovec  (Gaz.  des  höp.  Nr.  84)  mit.  Haskovec. 

Campbell  Gowan  (Myxödem  in  seinen  Beziehungen  zur    Myxödem, 
Basedow'schen   Krankheit.     The  Lancet,    Februar   23)   hat  in     Campbell. 
5—6  Fallen  bei  mit  Basedow  Befallenen  Myxödem  sich  ent- 


102 


Seeligmüller, 


drüse, 
BaldwiD, 


wickeln  sehen ,   von  welchen  er  3  in  wunderbarer  Weise  durch 

Heiiungdes  Schüddrüsensaft  genesen  sah.  Dasselbe  beobachtete  £  a  1  d  w  i  n  (Lancet, 

Myxödems    Januar  19)  in  4  FäUen  (1  Knabe,  2  junge  Mädchen  und  1  Frau  im 

durch  Schild-       .  ,  ^    .  »        j      o 

Klimakterium),  nur  dass  die  allgemeine  Verdickung  der  Haut  fehlte. 
Nachdem  roborirende  Behandlung  im  Stich  gelassen  hatte,  gingen 
die  Symptome  nach  Schilddrüsentabletten  zurück. 

Weiter  werden  günstige  Erfolge  bei  Myxödem  mit  Schild- 
drüsenpräparaten gerühmt  von:  Ewald  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
Nr.  2),  Mendel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7),  Palleske 
(ibid.)  bei  einem  nach  Exstirpation  eines  Theils  der  Schilddrüse  ent- 
standenen Myxödem,  Leichtenstern  (ibid.  Nr.  50). 


Ewald, 

Hendel, 

Palleske, 

Leichtenstern. 


krankheit  Lloyd  Jones  hat  mittels  Nebennierenextract  in  Tabletten 

Lloyd  Jones,   einen  typischen  Fall  von  Bronzekrankheit  in   14  Tagen  geheilt  (?)• 


S  y  in  m  e- 

trische 

Gangrän, 

Harold, 


Uvi, 


J.  Thiersch. 


Harold  (The  Lancet,  Februar  9)  beschreibt  einen  Fall  von 
Raynaud's  Krankheit,  in  welchem  es  zur  Spontanamputation  beider 
Füsse  kam.  Der  schwächliche  und  schlecht  genährte  4jährige  ELnabe 
blieb  am  Leben.  Aetiologisch  liess  sich  von  den  gewöhnlich  als 
Ursachen  bezeichneten  Constitutionskrankheiten  oder  Vergiftungen 
mit  Mutterkorn  oder  Arsenik,  Trauma  oder  Erftierung  nichts  nach- 
weisen. 

Levi  (Arch.  de  Neurol.  Nr.  95 — 97)  berichtet  über  zwei  von  ihm  als 
hysterische  Form  der  Baynaud'schen  Krankheit  und  Ery- 
thromelalgie  angesprochene  Fälle,  in  welchen  es  gelang,  die  Symptome 
durch  Suggestion  zu  bessern,  bezw.  zu  heilen.  Dabei  betont  er, 
dass  von  Hysterie  nicht  mehr  die  E.ede  sein  könne,  sobald  e^  zu 
Gangrän  konmie. 

J.  Thiersch  (Ein  Fall  von  symmetrischer  Gangrän  der 
Extremitäten  [Basedow'sche  Krankheit].  Tod  infolge  von 
Apoplexie,  Arteriosklerose.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  48) 
beschreibt  den  Fall  eines  früher  gesunden  und  nur  an  Corpulenz 
leidenden  Mannes,  bei  welchem  die  Baynaud'sche  Krankheit  mit 
Kopfschmerz  und  Schwindel  einsetzte.  Dann  folgte  Bläschenbildung 
an  den  Zehen,  die  unter  furchtbaren  Schmerzen  und  vorheriger  ab- 
wechselnder Blässe  imd  Böthung  der  betreffenden  Glieder  mit  schHess- 
lieber  Exfoliation  von  Knochenstücken  verlief.  Tod  schliesslich  durch 
Apoplexie.  Durch  die  Section  Nachweis  eines  Blutheerdes  im  Ge- 
hirn und  einer  sehr  starken  Arteriosklerose.  An  den  Zehengelenken 
nichts  Abnormes  nachzuweisen.  An  den  Füssen  enge,  rigide  und 
theil weise  obliterirte  Arterien. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  103 

Singer  (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  11)  bringt  einen  tödtlich  Ski  er  o- 
endenden  Fall  von  Sklerodennie,  welcher  eine  bedeutende  Verkleine-  slnra^' 
rang  des  rechten  SchilddrüsenBeitenlappens  aufwies.  In  beiden  Lappen 
mehrere  verkalkte  Knoten.  Verf.  glaubt  an  eine  ätiologische  Ver- 
wandtschaft zwischen  Myxödem  und  Sklerodermie,  da  sich  bei  beiden 
eine  Verödung  der  Drüse  und  Functionsausfall  findet.  Es  ist  ja 
auch  die  ödematose  teigige  Schwellung  bei  der  Sklerodermie  der 
Vorläufer  der  folgenden  Schrumpfiing  der  Haut.  Auch  zum  Basedow 
hat  die  Sklerodermie  gewisse  Beziehungen,  zumal  Fälle  bekannt  sind, 
in  denen  sich  beide  Krankheiten  vereint  vorfanden.  Jedenfalls 
findet  sich  bei  allen  drei  Krankheiten  eine  krankhafte  Veränderung 
und  Functionsstörung  der  Schilddrüse. 

Friedheim  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  beschreibt  einen  Friedheim. 
Fall  von  Sklerodermie  bei  einem  weiblichen  Individuum,  wo  sich 
alte  pigmentirte  imd  atrophische  neben  frischen  sklerodermischen 
Stellen  fanden.  Der  Hautwiderstand  gegen  beiderlei  Art  elektrischer 
Ströme  war  bedeutend  erhöht  und  zwar  auch  auf  gesunden  Haut- 
gebieten. Sehr  interessant  sind  die  an  diesem  Falle  häufig  vor- 
kommenden Hauthämorrhagieen  und  eine  starke  Hyperhidrosis.  Thera- 
peutisch wurden  Massage,  Fetteinreibungen  und  auf  Singer's  Ver^ 
öffentlichung  Schilddrüsentabletten  (letztere  ohne  Erfolg)  angewandt. 

Bary  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  6,  S.  251)  möchte  als  Aequivalent  Hemicranie, 
der  Kigrftne,  an  welcher  eine  51jährige  Frau  seit  ihrem  9.  Lebens-        ^^^' 
jähre  litt,   die  Magenschmerzen  ansehen,  welche  in  einer  sich 
öfter  wiederholenden  Periode  von  2 — 3  Monaten,  während  welcher 
die  Migräneanfalle  verschwanden,  anfaUsweise  auftraten. 

Charcot  (Nouv.  Iconographie  de  la  ScJp.  Nr.  1)  hat  in  einer  Charcot. 
nachgelassenen  Vorlesung  einen  Fall  von  Migraine  ophthalmique 
mit  Aphasie  besprochen.  Ein  SQjähriger  gesunder  Mann  litt  an 
Migräneanföllen  mit  Parästhesieen  imd  Sprach-  imd  Schreibstörungen, 
die  etwa  eine  Stunde  andauern  und  spurlos  verschwinden.  Ursäch- 
lich handle  es  sich  wahrscheinlich  um  einen  Krampf  der  die  ent- 
sprechenden Rindenpartieen  versorgenden  Aeste  der  Arteria  fossae 
Sylvii.  Auch  sei  die  Annahme  einer  gichtischen  Endarteriitis  nicht 
von  der  Hand  zu  weisen. 

Marie   und  Marinesco  (Bulletins   et  Memoires  de  la  Sociöt6       Hemi- 

m^dicale  des  Höpitaux  de  Paris.  Sitzung  vom  22.  Februar)  beschreiben  facuiis'^ 
einen  eigenthümUchen  Fall  von  HemiatFophie  des  Oesichts  und      Marie  u. 

der  oberen  Extremität  mit  Facialislähmung  auf  derselben  Seite,  Marinesco. 


104  Seeligmüller. 

die  nach  Extraction  des  linken  oberen  Molarzalines  im  11.  Lebens- 
jahre bei  einem  hereditär  nicht  belasteten  zur  Zeit  49jährigen  Manne 
bestand.    Sie  denken  an  eine  Affection  des  Sympathicus. 

Chorea.  Brush  (New  York  med.  Record,  April,  Nr.  15)  fuhrt  die  Chorea 

Patho-  vorwiegend  auf  Gemüthserregungen,  namentlich  Schreck  zurück; 
Brush,  unter  15  Fällen  konnte  er  diesen  als  Ursache  14mal  feststellen. 
Der  Schreck  hebe  den  hemmenden  Einfluss,  welchen  die  sensibeln 
Zellen  der  Hirnrinde  auf  die  motorischen  ausüben,  auf,  und  diese 
zeigen  nunmehr  Hyperfunction.  Bei  Kindern  ist  die  Chorea  deshalb 
häufiger,  weil  der  controllirende  Einfluss  der  Psyche  hier  noch  wenig 
ausgebildet  ist. 
H.  Meyer.  H.  Meyer  (Beiträge  zur  Frage  des  rheumatisch-infec- 

tiösen  Ursprungs  der  Chorea  minor.  Jahrb.  f.  Kinderheilk. 
Bd.  11,  S.  144)  erklärt  sämmtliche  Fälle  von  echter  Chorea  minor 
(bei  Kindern)  fiir  rheumatisch-infectiösen  Ursprungs,  insofern  Chorea 
zuweilen  als  Aequivalent  für  einen  polyarthritischen  Anfall  auftritt  oder 
nach  Gelenkrheumatismus  die  Stelle  eines  Becidiys  einnimmt,  femer 
insofern  mit  Chorea  gleichzeitig  andere  rheumatische  Manifestationen 
am  Endocard,  an  Gelenken,  Allgemeinerscheinungen,  bestehen ;  sodann 
als  Chorea  bei  zu  echtem  Rheumatismus  disponirten  Individuen  die 
Reihe  der  rheumatischen  Leiden  einleiten  kann;  als  in  den  Zeiten 
von  epidemischem  Aufbreten  von  Gelenkrheumatismus  auch  Chorea 
in  gehäufter  Weise  vorkommt,  und  endlich  als  gewisse  Fälle  von 
Chorea  antirheumatischer  Behandlung  zugänglich  sind.  Schliesslich 
hat  Professor  Dubler  in  einem  letcd  ausgegangenen  Falle  im  Blute 
und  verschiedenen  Organen  dieselben  pyogenen  Kokken  gefunden, 
welche  auch  bei  acutem  Gelenkrheumatismus  anzutreffen  siad. 

Chorea  Kronthal   und   Ealischer   (Virchow's  Arch.   Bd.  189)   theilen    den 

hereditär! a,  pathologisch-anatomiBchen  Befund  bei  einem  bereits  im  Neurol.  CentralbL 

i^   .   "*    1892  Nr.  19  u.  20  beschriebenen  Falle  von  chronischer  progressiver 

Chorea  hereditaria  mit,  welcher  leider  ebenso  wenig  wie  die  früher 

veröffentlichten  eine  bestimmte  Deutung  des  zu  Grunde  liegenden  anatomi* 

sehen  Processes  zulässt 

In   einer   Vorlesimg    über  Myoclonie    (Semaine   m^d.    8.  121) 
Myocionie,  erklärt  Baymond    den   Paramyoclonus   multiplex   Fried- 
Raymond,     reiches  für  einen  Bing  in  der  Kette  verschiedener  pathologischer 
Znstande,  welche  man  unter  dem  CoUectivnamen  „Myoclonie^   zu- 
sammenfassen  kann,   insofern   sie   sich  sämmtlich  durch  clonische 
Muskelkrämpfe  charakterisiren.  ""Sie  haben  femer  das  Gemeinsame» 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


105 


6as6  sie  alle  als  der  Ausdruck  oder  die  Folge  eines  Degenerations- 
ziutandes  anzusehen  sind.  Von  dieser  Myoclonie  kann  man  folgende 
Modalitäten  untersclieiden :  den  Paramyoclonus  multiplex, 
welchem  auch  die  von  Morvan  aufgestellte  „fibrilläre  Chorea^ 
sich  anschliesst,  charakterisirt  durch  convulsive  Erschütterungen, 
welche  die  ganze  Masse  eines  Muskels  in  Bewegung  setzen,  ohne  in 
einen  locomotorischen  Effect  auszulaufen;  die  elektrische  Chorea 
(Henoch-Bergeron)  und  den  Tic  non  douloureux  des  Gesichts, 
charakterisirt  durch  convulsive  Erschütterungen,  welche  eine  coor- 
dinirte  Bewegung  zu  Stande  bringen;  endlich  die  Maladie  des 
tics,  bei  welcher  psychische  Störungen  mehr  hervortreten;  schliess- 
lich will  Baymond  auch  das  fibrilläre  Zittern,  welches  man 
bei  Neorasthenikem  so  häufig  beobachtet  und  das  auf  einige  Bündel 
eines  und  desselben  Muskels  beschränkt  bleibt,  hierher  gezählt 
wissen. 

Schetalow  (Ein  Fall  von  Paramyoclonus  multiplex  Fried- 
reich. Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  30)  beschreibt  die  sehr  interessante 
Krankheitsgeschichte  eines  2djährigen  Kosaken  im  Kubanischen  Bezirk 
(Nordkaukasus),  welcher  nach  mehrmaligen  Malaria-Attacken  an  clonischen 
symmetrischen  arhythmischen  Schüttelkiilmpfen  bei  ungetrübtem  Bewusst- 
sein  erkrankte.  Vorherging  eine  Aura  in  Form  ziehender  Schmerzen  in 
den  Muskeln.  Ernährung,  Empfindung  xmd  Coordination  waren  erhalten. 
Die  Haut-  und  Sehnenreflexe  erhöht.  Während  und  nach  dem  Fieberanfall 
waren  die  Krämpfe  mehr  tonisch. 

Unverricht  (Ueber  familiäre  Myoclonie.  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  7 ,  S.  32)  theilt  drei  neue  Fälle  mit 
blitzartigen  Zuckungen  mit,  deren  Ursprung  er  nicht  in  das  Gehirn, 
sondern  in  das  Bückenmark  verlegen  möchte.  Jedenfalls  sind  die 
echten  Fälle  von  Myoclonie  nicht  als  eine  Form  der  Hysterie  und 
ebenso  wenig  der  Chorea  zu  bezeichnen.  Bei  Thieren  kann  man 
durch  Vergiftung  mit  Carbolsäure  myoclonische  Krämpfe  hervor- 
rufen, die  nach  Abtragung  des  Grosshims,  der  Himschenkel,  ja 
selbst  nach  hoher  Durchschneidung  des  Rückenmarks  fortbestehen 
und  erst  nach  Durchschneidung  der  Nn.  ischiadicus  und  cruraHs 
aufhören.  Auch  dieser  Umstand  spreche  für  den  Bückenmarksursprung 
der  Myoclonie. 


Schetalow, 


unverricht. 


In  einem  weiteren  Falle  von  Myotonia  congenita  von  Hollmann 
(Festschr.  des  Ver.  der  Aerzte  des  Reg.-Bez.  Düsseldorf  S.  862)  ist  besonders 
interessant,  dass  die  Bewegungsstörung  von  vornherein  durchaus  nur  im 
Winter,  also  in  der  Kälte  von  dem  4djährigen  Riemer  empfunden  wurde, 
was  bisher  nur  in  zwei  Fällen  beobachtet  ist. 


Myotonia, 
HoIImann, 


106 


Seeligmüller. 


Myotonia, 
V.  Sölder, 


Hlawaczek, 


Ftiretner, 


Eulenburg, 


Dejerine  a. 
Sottas. 


V.  Sölder  (Zur  Kenntniss  der  Paramyotonia  congenita.  Wieb, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  6  u.  7)  beschreibt  drei  Fälle  von  Paramyotonia  con- 
genita. Die  beiden  ersten  Fälle,  zwei  Brüder,  aus  einer  mit  demselben 
Leiden  behafteten  Familie,  bieten  ausser  den  gewöhnlichen  Symptomen  der 
Thomsen'schen  Krankheit  noch  einige  andere  Erscheinungen,  welche  ein 
Abtrennen  der  Paramyotonie  von  der  Thomsen'schen  Krankheit  recht- 
fertigen. Diese  sind  die  grosse  Erschöpf  barkeit  der  Muskeln  bis  zur  völligen 
Lähmung,  der  Eintritt  von  Contracturen  schon  nach  relativ  geringer 
Kälteeinwirkung,  Herabsetzung  des  Muskeltonus,  Verminderung  der  elek- 
trischen Erregbarkeit  mit  Neigung  zu  Schliessungstetanus,  besonders  an 
der  Anode. 

Hlawaczek  (Jahrb.  f.  Psych,  u.  Neurol.  Bd.  14)  bringt  einen  Fall 
von  Myotonia  congenita,  combinirt  mit  Paramyotonie  bei 
einem  17jährigen  Manne,  dessen  Mutter  und  zwei  Brüder  an  einer 
ähnlichen  Affection  leiden.  Auch  hier  bringt  Kältereiz  an  den  Augen-, 
lidem,  Lippen  und  Händen  eine  fast  vollständige  Hemmung  der  Bewe- 
gungen hervor. 

Auch  Fürstner  (lieber  einige  seltenere  Veränderungen  im 
Muskelapparate.  Arch.  f.  Psych.  Bd.  27,  S.  600)  ist  in  einem  Falle 
von  Myotonia  acquisita  bei  einem  2^*ährigen  Manne  geneigt,  vaso- 
motorischen Veränderungen  eine  gewisse  Rolle  beim  Zustandekommen  der 
Myotonie  zuzuschreiben. 

Eulenburg  (üeber  Thomsen'sche  Krankheit.  Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  42)  stellte  auf  der  Lübecker  Naturforscherversammlung 
einen  Zahntechniker  vor,  von  dessen  fünf  Geschwistern  nur  die  beiden  jüngeren 
Schwestern  völlig  verschont  geblieben  sind. 

Dejerine  und  Sottas  (Revue  de  m6d.  Nr.  3,  S.  241)  bringen 
die  erste  vollständige  Autopsie  eines  Falle]s  von  Thomsen- 
scher  Krankheit.  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Muskeln 
ergab  wesentlich  denselben  Befund  wie  der  von  früheren  Autoren 
an  einzelnen  am  Lebenden  herausgeschnittenen  Muskelstückchen  fest- 
gestellte. Als  erstes  Stadium  nehmen  sie  die  Hypertrophie  der  Muskel- 
fasern und  die  Vermehrung  ihrer  Kerne  an,  als  nächstes  die  mannich- 
fachen  Veränderungen  der  Fasern.  Die  functionell  besonders  an- 
gestrengten Muskeln  erkranken  in  besonderem  Maasse.  Uebrigens 
sprechen  sie  sich  für  die  myopathische  Natur  der  Affection  aus. 
Leider  dürfte  der  mikroskopische  Befond  durch  das  längere  Be- 
stehen eines  hochgradigen  Anasarca  —  der  32jährige  Kranke  war 
an  acuter  Nephritis  gestorben  —  getrübt  sein. 


Tetanus.  J.  Schnitzler  (Wien.  klin.  Rundschau  Nr.  10)  theilt  einen  Fall 

j.  Schnitzler,  ^^^  Kopftetanus  mit  Lähmung  von  Augenmuskeln,  den 

8.  Fall  mit  dieser  Gomplication  überhaupt,  mit,  in  welchem  bei  der 


Krankheiten  des  Nervensystems.  107 

Autopsie  leichte  degenerative  Veränderungen  in  der  intracraniellen 
Strecke  der  bei  Lebzeiten  gelähmten  Nervi  facialis  und  oculomotorius 
gefunden  uvurden.  Die  Giftau&ahme  dürfte  in  solchen  Fällen  eine 
besonders  concentrirte  sein,  der  Gifttransport  aber  auf  dem  Wege 
der  Nerven,  Scheide  und  Axencylinder,  stattfinden. 

Alberg  (Ein  Fall  von  Tetanus.  Antitoxinbehandlung. —  Behandlung 
Tod.  Wien.  kKn.  Wochenschr.  Nr.  52)  bringt  einen  Fall  von  Tetanus  durch  de»  Tctanua. 
einen  in  den  Fuss  getretenen  Splitter  (etwa  14  Tage  vor  dem  Ausbruch  des  ^* 

Starrkampfes).  Morphium  und  Chloral  erwiesen  sich  ebenso  erfolglos  wie 
fünf  in  kurzen  Zwischenräumen  vorgenommene  Antitoxininjectionen  von 
durchschnittlich  0,85.     Tod  durch  Erstickung. 

Tirard  (The  Lancet,  Nov.  2)  hat  bei  einem  4 ^ft jährigen  von       Tirard. 
Tetanus  traumaticus  befallenen  Kinde  durch  subcutane  Anwendung 
von  Antitoxin  Genesung  eintreten  sehen.    Das  Antitoxin  hatte  jeden- 
falls  einen    sichtlich  mildernden  Einfluss   auf  die  opisthotonischen 
Krämpfe  und  auf  die  Unruhe  des  Kindes. 

G.   A.   Seeligmüller    (Zur  ^etiologie    der  Tetanie  im  Tetanie  im 
Kindesalter.    Inaug.-Diss.  Bonn)  hat  an  der  Hand  von  24  Fällen ^^"^^^g*^^^'' 
von  Tetanie  bei  Kindern  die  ätiologischen  Verhältnisse  besprochen       moiier. 
und   kommt   zu   folgenden   Ergebnissen:    Magen-    und   Darm- 
a  f  f  e  c  t  i  o  n  e  n  haben  wohl  eine,  höchst  wahrscheinlich  auf  Toxinwirkung 
beruhende,  krampf auslösende  Wirkung,  sind  aber  keine  specifischen 
Tetanieerreger.    Deutliche  Zeichen  von  Rachitis  waren  unter  den 
24  Kindern  bei  17  zu  finden,  also  in  85— BO^'/o. 

Bechterew  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,    S.  457)  be-Tetaniebei 
obachtete  in  einem  Falle  von  Tetanie  bei  einem  24jährigen  Soldaten  eine      Erwach- 
durch  Wiederholung  der  Reize  entstandene  Steigerung  der  mechanischen     ^^^tl^* 
und  elektrischen  Erregbarkeit,  die  man  als  «Erregungsreaction"  bezeichnen 
könnte.    Im  Cregensatz  hierzu  zeigte  sich  eine  auffallende  Erschöpfbarkeit 
der  Sehnenreflexe.    Aetiologisch  handelte  es  sich  wahrscheinlich   um  eine 
Infection  vom  Darme  aus«  da  die  Tetanie  unmittelbar  nach  einem  Diätfehler 
mit  heftigen  Leibschmerzen  begonnen  hatte. 

Gottstein  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,  S.  177)  Gottstein, 
sah  in  einem  Falle  von  idiopathischer  Tetanie  bei  einer 
92jährigen  Frau,  bei  der  eine  Schilddrüse  nicht  zu  entdecken  war,  von 
zweimaliger  Implantation  von  Schilddrüsen,  die  anderen 
Frauen  resecirt  waren,  nur  einen  zeitweiligen  Erfolg,  während  die 
nachher  eingeleitete  Behandlung  mit  Schilddrüsenextract  (Thyreoidin) 


i08 


Seeligmüller. 


^ine  bedeutende  Besseining  herbeiführte.    Eine  vollständige  Heilung 
wurde  freilich  auch  dadurch  nicht  erreicht. 


M.  Sternberg, 


Akro-  Die  Akromegalie  hat  eine  ziemlich  grosse  Gasuistik  mit  recht 

megaiie,     g^^en  Abbildungen  aufzuweisen,  so  von  Murray  drei  Fälle  (The 
Brit.  med.  Journal,  Febr.  9). 

Die  beiden  ersten  Patienten  waren  typische  Fälle  und  glichen  sich 
in  ihrem  Aussehen  so,  da.8s  man  den  34jährigen  Mami  für  den  Zwillings- 
brader  der  ebenso  alten  Wittwe  hätte  halten  können.  Kranke  mit  Akro- 
megalie sehen  sich  oft  ^ehr  ähnlich,  weil  die  charakteristischen  Gesichts- 
züge durch  die  Krankheit  verwischt  sind.  Bei  einem  dritten  Kranken  be- 
stand ein  altes  Lungenleiden,  eine  Anschwellung  einiger  Endphalangen, 
die  man  fOr  die  von  Marie  beschriebene  Osteoarthropathie  halten 
konnte;  daneben  bestanden  Dupuytren'sche  Contracturen. 
Ransom,  Ransom  (ibid.,  Juni  8)  veröffentlicht  zwei  Fälle  bei  Frauen,   welche 

beide  an  beginnender  Atrophie  des  Opticus  und  bitemporaler  Hemiopie 
litten  und  ausserdem  sehr  früh  ihre  Regel  verloren  hatten.    Sie  zeigten 
Lyiin  Thomas,  auf  ,pituitare  Tabletten*  keine  Besserung.  —  Ein  Fall  von  Lynn  Thomas 
(ibid.,  Juni  1)  ist  diesen  beiden  sehr  ähnlich. 

Sternberg  (Zur  Kenn^niss  der  Akromegalie.  Zeitschr. 
f.  kün.  Med.  Bd.  1)  kommt  zu  folgenden  Schlüssen.  Es  gibt  normale 
und  pathologische  Riesen.  Bei  ersteren  findet  sich  eine  Vergrösserung 
der  Hypophysis  cerebri  niemals.  Der  Riesenwuchs,  welcher  an  sich 
nur  eine  Anomalie  der  Entwicklung  darstellt,  setzt  eine  Disposition 
zur  Entstehung  der  Akromegalie.  Die  bei  der  Untersuchung  des 
Schädels  in  Frage  kommenden  Exankheiten,  die  Progenie  und  die 
gleichmässige  Hyperostose  des  Schädels,  lassen  sich  leicht  abtrennen 
von  der  Akromegalie,  doch  können  beide  Formen  in  Akromegalie 
übergehen.  Verf.  bringt  schliesslich  einen  selbst  beobachteten  Fall 
von  typischer  Akromegalie  bei  einer  52jährigen  Frau.  Interessant 
ist  dabei  die  abnorme  Tiefe  und  Verengerung  des  äusseren  Gehör- 
ganges durch  übermässige  Verknöcherung  der  vorderen  Wand,  femer 
das  Fehlen  der  Hypophysisvergrösserung,  welches  Verf.  aus  dem 
normalen  Augenbefunde  annehmen  zu  müssen  glaubt. 

Unverricht  (Akromegalie  und  Trauma.  Münchener  med. 
Wochenschr.  Nr.  14)  glaubt  auf  Grund  eines  ausfuhrlich  mitgeth^ilten 
Falles  und  zahlreicher  anderer  einen  ursächlichen  Zusammen- 
hang zwischen  Trauma  und  Akromegalie  annehmen  zu 
sollen. 
Fuchs.  ■•  Fuchs  (Hereditäre  Lues  und  Riesenwuchs.  Wien.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  88)  beschreibt  einen  Fall  von  Riesenwuchs  bei  einem  26jährigen 
Patienten,   welcher,   hereditär  luetisch,  seit  seinem   17.  Jahre  an  Wachs- 


Unverricht, 


Kmnkheiten  des  Nervensystemu. 


109 


thamasunahme  seiner  Extremitäten,  stark  vorwiegend  der  rechtsseitigen  und 
seit  dem  25.  Jahre  an  Nephritis  leidet. 

Woods  Hutchinson  (Fall  von  Akromegalie  hei  einer  Riesin  HatchinsoB, 
mit  Autopsie.  American  Journ.  of  med.  Sciences  S.  191).  Lady  Aama, 
6  Fuss  7'/«  Zoll  gross,  zeigte  eine  ausserordentliche  Entwickelung  und 
besondere  Gestaltung  der  Hände,  Finger,  FQsse,  Kiefer,  Nasenknochen  und 
Stirnhöhlen;  Hypertrophie  der  Glandula  pituitaria  und  enorme  Grösse  der 
betreffenden  Grube  im  Türkensattel;  geistige  Schwäche  und  seit  langer 
Zeit  bestehende  progressive  Abnahme  der  Kräfte,  so  dass  sie  schliesslich 
in  Synkope  starb. 

Bertrand  (Rev.  de  m^d.  Nr.  2)  beschreibt  einen  typischen  Fall  von  Bertrand, 
Akromegalie  bei  einer  87jährigen  Frau  mit  folgenden  Besonderheiten*. 
Ekchondrom  der  Parotis,  AbductionssteUung  des  Hallux,  fehlende  Nagel- 
fltreifong;  Sehschärfe  normal,  aber  leichte  Ermüdung;  Fehlen  der  ge- 
wöhnlichen Störungen  der  Nierenabsonderung  (Polyurie,  Glykosurie,  Pepton- 
arie  etc.). 

Mendel  (Ein  Fall  von  Akromegalie.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Mendel, 
Nr.  52.  1895)  bespricht  einen  Fall  von  Riesenwuchs  bei  einer  26jährigen 
Dame,  bei  welcher  das  Leiden  ohne  nachweisbare  Ursache  eingetreten  war. 
Verbildungen  im  Gesicht,  den  Händen  und  Füssen,  Fehlen  der  Patellar- 
reflexe.  Hemianopsia  temporalis  heteronyma,  eine  seit  Beginn  des  Leidens 
bestehende  Menopause  und  eine  massige  Schwellung  der  Schilddrüse  bildeten 
die  Haupterscheinungen  des  Leidens. 

Roswell  Park  (International  med.  Magazine,  Juli,  S.  431)  beschreibt  Eoswell  Park, 
einen  Fall  von  Akromegalie  bei  einem  4^ährigen  Manne,  welcher  erst 
seit  etwa  17  Jahren  auf  das  verunstaltende  Wachsen  seiner  Hände  und 
Reines  Unterkiefers  aufinerksam  geworden  war.  Das  gleichzeitige  Vor. 
handensein  von  freien  Gelenkkörpem,  die  in  einer  Cyste  neben  dem  Knie- 
^lenk  eingeschlossen  waren,  hat  mit  der  Akromegalie  wohl  nichts  zu 
^baffen. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 


«Iftcob,  Atlas  des  gesunden  und  kranken  Nervensystems.     München. 

Ernst  Remak,  Grundriss  der  Elektrodiagnostik  und  Elektrotherapie. 
Wien  und  Leipzig. 

J-  S  ^  g  l  a  s ,  Le^ons  cliniques  sur  les  maladies  mentales  et  nerveuses, 
recneillies  et  publikes  par  H.  Meige.    Paris. 

Francis  Dercum,  A  text-book  of  nervous  diseases  by  American  authors. 
Philadelphia. 

B.  Sachs,  A  treatise  of  the  nervous  diseases  of  children.    New  York. 

Byron  Bramwell,  Diseases  of  the  spinal  cord.  Third  edition.  Edin- 
burgh. 


110  Seeligmüller. 

WiUiamson,  On  the  relation  of  diseases  of  the  spinal  cord  to  the 
distribution  and  lesions  of  the  spinal  blood  vessels.    London. 

Gilles  de  la  Tourette,  Traite  cliniqae  et  th^rapeutique  de  Thysterie. 
Seconde  Partie:  Hysterie  paroxystique.    2  Bde.    Paris. 

Breuer  und  Freud,  Studien  über  Hysterie.    Leipzig  und  Wien. 

L.  Löwen feld,  Die  moderne  Behandlung  der  Nervenschwäche  (Neur- 
asthenie).   Wiesbaden. 

Hermann  Schlesinger,  Die  Syringomyelie.    Leipzig  und  Wien. 

S.  auch  Abschnitt  II,  2. 


11^  2.  Psychiatrie. 

Von  Dr.  Lewald,  Assistenzarzt  an  der  Irrenanstalt  der  Stadt  Berlin 

zu  Lichtenberg. 

I.  Normale  und  pathologisehe  Anatomie. 

Bei  Untersuchungen   über   den   centralen  Verlauf  der   Gehirn-    Centraler 
nerven,  die  er  an  menschlichen  Föten  und  neugeborenen  und  erwachsenen  Verlauf  der 
Thieren  angestellt  hat,  kommt  Oseretzkowsky  ( Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie  q      .^ r v e n , 
Bd.  45)  zu  der  Ansicht,   dass  der  N.  cochlearis  im  vorderen  Acusticuskem 
Httd  im  Tuberculum   acusticmn   endige;   ein   unbedeutender   Theil   seiner 
Fasern  erreicht  vielleicht  unmittelbar  die  obere  Olive.    Von  dem  vorderen 
AcasticDskem  und  dem  Tuberc.  acusticum  gelangen  die  Acusticusfasem  zu  den 
oberen  Oliven  auf  zwei  Wegen,  dorsal  und  ventral.    Ersterer  hat  eine  be- 
deutend grössere  Beziehung  zu  den  oberen  Oliven,  wie  der  ventrale,  welch 
letzterer  gekreuzt  und  ungekreuzt  vermittelst  des  Corpus  trapezoides  zu  den 
Oliven  und  zu    der  lateralen  Schleife  geht.    Die  laterale  Schleife  besteht 
aus  gekreuzten  Fasern  des  Corpus  trapezoides  und  aus  Fasern  der  Neben- 
olive derselben  Seite,  vielleicht  auch  aus  Fasern  vom  Schleifenkem. 

Mies  kommt  in  seinem  Aufsatze  „üeber  das  Gehirngewicht  des  Gehirn- 
heranwachsenden Menschen*'  (Corresp.-Bl.  f.  Anthropologie  Nr.  10)  zu  fol-  gewicht, 
tuendem  Resum^:  Das  mittlere  absolute  Gewicht  des  Gehirns  ist  während 
der  beiden  ersten  Jahrzehnte  beim  n^nnlichen  Geschlecht  stets  grösser, 
ik  beim  weiblichen;  mit  sehr  ungleicher  Geschwindigkeit  vollzieht  sich 
die  Oewichtsvermehrung  des  Gehirns.  Theilt  man  die  gesammte  Zunahme 
des  Gehirns  an  Schwere  in  drei  gleiche  Theil e,  so  gehört  das  erste  Drittel 
den  neun  ersten  Monaten,  das  zweite  der  Zeit  vom  letzten  Vierteljahre  des 
ersten  bis  zum  zweiten  Quartal  des  dritten  Jahres,  endlich  das  letzte 
Drittel  der  ganzen  übrigen  Zeit  an,  in  welcher  das  Gehirn  noch  wächst. 
Die  Yerhältnisszahl  zwischen  Himgewicht  und  Körpergrösse  nimmt  bei  der 
menschlichen  Frucht  und  dem  Kinde  bis  ins  zweite  Jahr  ab,  verändert  sich 
aUo  zu  Gunsten  des  Himgewichtes ;  nach  dieser  Zeit  wächst  die  Zahl  auf 
Kosten  des  Gehimgewichts  bis  zum  Ende  des  zweiten  Jahrzehnts.  In  der 
Jogend  kommt  auf  ein  Gramm  Gehirn  beim  weiblichen  Greschlecht  stets 
niehr  Körpergrösse,  als  beim  männlichen. 


112  Lewald. 

Eine  Zusaminenfassimg  der  neueren  Forschungen  über 
Gehirn-  dieHistologie  desCentralnervensystemsgibt  Obersteiner 
hi Biologie,  (Wiener  med.  Presse  Nr.  16);  er  bestätigt,  auf  Nachuntersuchungen 
gestützt,  dass  der  sog.  bindegewebige  Antheil  des  Netzgewebes  im 
Rückenmark  sich  fast  ausschliesslich  aus  Gliazellen  mit  ihren  Fort- 
sätzen zusammensetzt ;  diese  Gliazellen  stammen  vom  ursprünglichen 
Neuroepithel.  Er  verwirft  die  Anschauung,  dass  die  Protoplasma- 
fortsätze der  Ganglienzellen  mit  der  nervösen  Leitung  gar  nichts 
zu  thun  hätten ;  zum  mindesten  komme  ihnen  zu,  die  Oberfläche  der 
Zelle  zu  vergrössem  und  dadurch  die  Au&ahme  von  Beizen  zu  er- 
leichtem; ausserdem  seien  die  Protoplasmafortsätze  nicht  als  gleich- 
werthig  anzusehen,  sondern  es  müssen  in  ihrem  Bereiche  wichtige 
Unterschiede  gemacht  werden,  wie  Obersteiner  das  des  weiteren 
mit  Beispielen  belegt. 

Proto-  Monti  (Arch.  ital.  de  Biologie  Bd.  24)  suchte  der  Lösung  der 

piaama-     jVage  nach  der  Bedeutung  der  Protoplasmafortsätze  auf 
fortsätze,  .  . 

Monti.        experimentellem  Wege  näher  zu  treten,  indem  er  durch  Injection 

verschiedener  Massen  in  die  Carotis  Himembolieen  herbeif&hrte,  in 
der  Voraussetzung,  dass,  wenn  die  Protoplasmafortsätze  nahe  Be- 
ziehungen zu  den  Ge&ssen  haben,  d.  h.  von  diesen  aus  ernährt 
werden,  sie  auch  zuerst  nach  einem  Gefässverschluss  degeneriren 
müssen.  Er  fand  bei  Hunden  und  Kaninchen,  wenn  sie  noch  fünf 
Stimden  nach  erzeugter  Embolie  lebten,  bereits  Veränderungen  an 
den  Protoplasmafortsätzen  und  den  Neurogliazellen.  Bei  sehr  kleinen 
capillären  Embolieen  waren  nur  diejenigen  Protoplasmafortsätze  de- 
generirt,  die  ihre  Richtung  nach  den  alterirten  Gef&ssen  hin  nehmen ; 
die  Thatsache,  dass  diese  Fortsätze  völlig  degeneriren  können,  wäh- 
rend der  Axencylinderfortsatz  intact  bleibt,  beweist  übrigens  das 
Bestehen  eines  substantiellen  Unterschiedes  zwischen  diesen  beiden. 
Es  besteht  demnach  eine  directe  Beziehung  zwischen  Protoplasma- 
fortsätzen und  Geftlssen,  imd  man  muss  annehmen,  dass  erstere  die 
Bedeutung  von  Emährungsorganen  für  die  Zelle  haben ;  thatsächlich 
verftlllt  diese  nebst  ihrem  Axencylinderfortsatz  vollkommen  der  De- 
generation, wenn  alle  Protoplasmafortsätze  gänzlich  degenerirt  sind. 

Während  früher  das  histologische  Studium  der  Fasersysteme 
im  Mittelpunkte  des  Interesses  stand,  widmen  sich  jetzt  eine  Anzahl 
Autoren  der  Erforschimg  der  histologischen  Verhältnisse  der 
Ganglienzelle,  nachdem  durch  die  von  ihm  angegebene  Alkohol- 
Methylenblau-Methode  Nissl  zu  höchst  interessanten  Ergebnissen 


Psychiatrie. 


113 


gtfkommen  war.  Mit  dieser  Methode  findet  man  im  Leibe  und  in  den 
Protoplasmafortsätzen  der  Ganglienzellen  eigenthümliche  Körper, 
„Granula",  welche  je  nach  der  Gegend,  aus  der  die  betreffende  Zelle 
stammt,  Unterschiede  in  ihrem  Aussehen  und  in  ihrer  Lagerung  dar- 
bieten ;  schon  früher  hatten  N  i  s  s  1  u.  a.  gesehen,  dass  diese  Granula 
bei  gewissen  Eingriffen  in  das  Leben  des  Thieres,  wie  Vergiftung  oder 
Xervenausreissung,  bestimmte  Veränderungen  zeigen.  Aehnliche  Ver- 
änderungen der  Granula  fand  Dehio  bei  Hunden  und  Kaninchen, 
die  er  mit  Alkohol  vergiftet  hatte,  in  den  Purkinje'schen  Zellen 
der  Kleinhimrinde  (Centralbl.  f.  Nervenheilk.,  März) ;  Heilbronner 
lAllg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  51,  H.  5)  in  den  Vorderhomzellen 
eines  Alkoholisten,  der  an  multipler  Neuritis  gelitten  hatte;  Sarbo 
(Xeurol.  Centralblatt  Nr.  15)  nach  Unterbindung  der  Aorta  in  den 
Vorderhomzellen  seiner  Versuchsthiere  und  ebenda  Juliusburger 
(Xeurol.  Centralbl.  Nr.  21)  bei  Personen,  die  im  Status  epilepticus 
gestorben  waren,  und  bei  alten  Leuten,  die  an  Paraparese  der  unteren 
Extremitäten  gelitten  hatten,  ebenso  wie  bei  Kaninchen  nach  Aorten- 
compression,  Arsenikvergiftung  u.  dergl.  Ueber  die  rein  morpho- 
logischen Verhältnisse  der  Granula  herrscht  somit  im  wesentlichen 
allenfalls  Einklang.  Um  so  stärker  ist  die  Divergenz  der  Ansichten 
hinsichtlich  der  biologischen  Bedeutung.  Während  Nissl  von 
jeher  durchaus  den  rein  descriptiven  Standpunkt  nicht  verlässt,  hatte 
Rosin  versucht,  auf  farbenanalytischem  Wege  einen  Einbück  in  den 
Chemismus  der  Ganglienzelle  zu  thun ;  er  hatte  Zellen  mit  dem  von 
ihm  modificirten  Triacidgemisch  Ehr  lieh's  gefärbt  und  war  auf 
Urund  seiner  Befunde  zu  der  Ansicht  gekommen,  dass  die  Granula 
basophil  sind,  d.  h.  aus  einem  ihnen  dargebotenen  Gemisch  von  basi- 
schen und  sauem  Farbstoffen  sich  den  basischen  auswählen.  In  der 
Berliner  Gesellschaft  für  Psychiatrie  und  Nervenkrankheiten  fand 
nun  im  abgelaufenen  Jahre  eine  grössere  Discussion  über  die  Natur 
der  Granula  statt  (NeuroL  Centralbl.  Nr.  17),  in  welcher  Ben  da 
die  Ansicht  aussprach,  dass  die  Granula  Körper  darstellen,  die  mit 
feinsten  basophilen  Kömchen  gefüllt  sind;  die  mit  basischen  AniUn- 
farbstoffen  in  den  Ganglienzellenkörpem  darstellbaren  Structuren 
fasstBenda  nicht  als  eine  eigenartig  gebaute  Zellsubstanz,  sondern 
als  das  nicht  differenzirte  Protoplasma  der  Ganglienzellen,  das 
Xeuroplasma,  auf.  Ln  Gegensatz  dazu  hält  Kronthal  die  Granula 
für  Zerfallsproducte  der  ursprünglich  vom  eintretenden  Axencylinder 
aus  die  Substanz  der  Nervenzellen  durchkreuzenden  Fibrillen ;  er  ist 
der  Ansicht,  dass  die  lebende  Zelle  überhaupt  keine  Granula  ent- 
hält ,   sondern   dass   diese   vielmehr   erst   Todeserscheinungen   sind. 

Jafarbnch  der  practischen  Medicin.    189 1>.  8 


Natur  und 
Verände- 
rungen der 
Granula  der 
Ganglien- 
zellen, 
Dehio, 
Heilbronner, 

Sarbo, 
Juliusburger. 


Natur  der 
Granula. 
C.  Benda, 


Kronthal. 


114  Lewald. 

GranuladerNoch  eine  andere  Ansicht  vertritt  Juliusburger  (Neurol.  Central- 
Gangiien-    ^^^^^  ^j,   5)     j^^  vermuthet,  auf  Versuche  gestützt,  in  den  Granulis 

Zellen,  .  '  07 

Juiiusburger.  Substanzen,  die  den  Nucleinstoffen  resp.  der  Nuclemsäure  nahe  stehen, 
und  spricht  die  Ansicht  aus,  dass  die  Granula  oder  bestimmte  Sub- 
stanzen in  ihnen  im  Haushalt  der  Ganglienzelle  die  Bolle  von  Nähr- 
substanzen (Spannkraftträgem)  spielen;  zur  Stütze  seiner  Ansicht 
macht  er  darauf  besonders  aufmerksam,  dass  der  Axencylinderfortsatz 
keine  Granula,  die  Protoplasmafortsätze  dagegen  solche  enthalten; 
letztere  werden  schon  seit  längerer  Zeit  von  einem  Theile  der  For- 
scher als  Nährorgane  für  die  Zelle  aufgefasst,  während  der  Axen- 
cylinderfortsatz im  wesentlichen  nur  nervöse  Functionen  hat. 

II.  Phygiologrie. 


Reiz-  Elektrische  Reizversuche  hat  Werner  (AUgem.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie 

versuche,  Bd.  52)  in  der  Rumpf-  und  Nackenregion  beim  Hunde  angestellt;  aus  seinen 
Werner.  Ergebnissen  entnehmen  wir,  dass  der  Hund  zwei  Centren  für  die  Nacken- 
musculatur  besitzt,  dass  das  Centriim  für  die  Rumpfmusculatur  auf  dem 
Gyrus  sigmoides  posterior  liegt  und  die  Rumpfmuskeln  derselben  Seite 
beherrscht,  dass  ein  Augencentrum  im  Stimhim  des  Hundes  nicht  gelegen 
ist,  und  dass  die  Lage  der  Centren  im  allgemeinen  bei  den  verschiedenen 
Individuen  innerhalb  beschränkter  Grenzen  variirt. 

Nach  Zerstörung  beider  Stirnlappen  beim  Hunde  und  Aifen 
Zerstörung  fand  Bianchi   (Archives  ital.  de  Biologie  Bd.  25)  Agitation,   Un- 
beider       i^he,  beständiges   Hin-   und  Herlaufen,   Fehlen  der  Neugierde  und 
Bianchi,       der  gerade  fiir  Affen  so  charakteristischen  Gewohnheit  des  Beobach- 
tens,  Gleichgültigkeit  gegen  alles,  was  in  der  Umgebung  sich  zutrug, 
Fehlen  der  Zuneigung  zu  Personen  und  Thieren,   für  die  vor  der 
Operation  ein  lebhaftes  Interesse   bestand,  Abschwächung  der  ge- 
schlechtlichen   Instincte,    hochgradige    Erregtheit    und    auffallende 
Furcht  (als  Ausdruck  mangelnder  Kritik)  bei  allen  Geräuschen  oder 
beim  Anblick  anderer  Thiere,  deren  Gegenwart  unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  durchaus  keine  Erregung  hervorrief. 
Grosgiik.  Ueber  die  Physiologie  der  Stirnlappen  hat  auch  Gros- 

glik  gearbeitet  (Archiv  f.  Anat.  u.  Physiol. ,  Physiol.  Abth.  1895). 
Dem  historischen  Rückblick  des  Verf. 's  entnehmen  wir,  dass  ein 
Theil  der  Autoren,  wie  Hitzig  und  Ferrier,  m  dem  Stimlappen 
die  Grundlage  der  psychischen  Functionen  höchster  Ordnung  sehen, 
während  die  anderen,  Munk,  Luciani,  Goltz  ihn  nur  als  eine 
Fortsetzung  der  sog.  motorischen  Zone  betrachtet  wissen  woUen. 
Gros  gl ik   experimentirte   an  Hunden;   seine  Versuche  führten   zu 


Psychiatrie.  115 

folgenden  Ergebnissen:   Nimmt  man  nur  einen  Stimlappen  fort,   so 
leidet  der  Hund  weder  am  Gehör  und  Gesicht,  noch  an  Intelligenz 
uDd  Charakter;  doch  treten  an  den  entgegengesetzten  Extremitäten, 
besonders  der  vorderen,  Störungen  des  Tast-,  Schmerz-  und  Muskel- 
geföhls,  wie  auch  Parese  auf,  so  dass  bei  willkürlichen  Bewegungen 
die  Extremitäten   der   operirten  Seite  functionell  überwiegen;   diese 
Störungen  sind    aber  viel  geringer  und  verachwinden  schneller,   als 
die  analogen,  durch  Läsion  der  motorischen  Zone  bedingten.    Femer 
tritt  Hypästhesie  an  der  entgegengesetzten  Hälfte  des  Nackens  und 
des  Rumpfes  auf,  sowie  eine  Parese  derjenigen  Muskeln,  welche  den 
Kopf  und  die  vordere  Rumpf  hälfte  nach  der  entgegengesetzten  Seite 
bewegen.    Alle  genannten  Störungen  verschwinden  allmählich,   erst 
die  sensibeln,    dann   die  motorischen,   zuletzt   erst  die  Parese   der 
Wirbelsäule.    Nimmt  man  nun  einem  so  wieder  normal  gewordenen 
Hunde  auch   den   zweiten   Stimlappen  weg,    so   gibt  es   gleichfalls 
keine  Seh-,  Gehör-   oder  Intelligenzstörungen ;   Hypästhesie   besteht 
nach  der  zweiten  Operation  nur  auf  einer  Seite,   und  zwar  auf  der 
dem  zuletzt  entfernten  Lappen  gegenüberliegenden  Seite;   auf  der- 
selben Seite  findet  sich  auch  Parese  der  Glieder,  des  Nackens  und 
des  Rumpfes,  aber  auch  in  diesem  Falle  verlieren  sich  die  Störungen 
mit  der  Zeit  wieder.    Die  Ergebnisse  Grosglik's  stimmen  also  im 
ganzen  mit  denen  Munk's  überein,  nur  dass  Grosglik  den  Stirn- 
lappen als  gemeinsames  Centrum  für  Nacken  imd  Rumpf  betrachtet 
und  die  Störungen  von   Seiten   der   Wirbelsäule    nie   so   persistent 
tand,  wie  Munk   sie   schilderte;   Grosglik   folgert   aber   weiter, 
dass  die  Function    des   exstirpirten    Stimlappens   nicht    durch   den 
anderen,   sondern  durch  die  entsprechende  motorische  Zone  ersetzt 
werde. 

üeber   den  Einfluss  der  traumatischen  Entzündung  der 
Hirnrinde    auf  die  Erregbarkeit  derselben  hat  v.  Bech-Eiufiuss  der 
terew  Versuche  angesteUt  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  1);  er  fand,  dass  ^'^^^J^f^"^ 
'iie  Latenzperiode  der  Erregbarkeit  der  Rinde  bei  der  traumatischen     Rinden- 
Entzündung  bedeutend  abgekürzt  wird,  dass  die  operative  Zerstörung    erregbar- 
der  entsprechenden   Centra  der  entgegengesetzten  Hemisphäre  auf  ^  Bechterew, 
•üe  durch  die  traumatische  Entzündung  gesteigerte  Erregbarkeit  der 
ßinde  einen  hemmenden  Einfluss  ausübt  und  dass  die  unter  dem 
Einflüsse  der  Entzündung  neugebildeten  motorischen   Gentren  sich 
nach  ihrer  Entfernung  wieder  in  den  benachbarten  Rindenregionen, 
ja  sogar  im  Gebiete   eines   anderen  Centrums  bilden  können.     Be- 
''onders  interessant  sind  diese  Versuchsergebnisse  im  Hinblick  auf 


116  Lewald. 

die  Theorie  der  traumatischen  und  überhaupt  der  durch  organische 
Hirn  Veränderungen  verursachten  Epilepsie. 

III.  Specielle  Pathologrie  der  Psychosen. 

Von   nicht   zu  unterschätzendem  ätiologischem  Einflüsse  ist  die 

Erblichkeit  hereditäre  Veranlagung.     Toulouse   (Gazette  des  Hopitaux 

^y         Nr.  18)  kommt  in  Uebereinstimmune  mit  der  Mehrzahl  der  Autoren 

Psychosen,        ...  . 

Toulouse,  beim  Studium  dieser  Frage  zu  der  Ansicht,  dass  von  einer  directeu 
Vererbung  eigentlich  nicht  gesprochen  werden  kann;  er  erklärt  das 
häufige  Vorkommen  von  Nerven-  und  Geisteskrankheiten  in  manchen 
Familien  dadurch,  dass  durch  die  infolge  von  Intoxicationen  und 
anderen  Fehlem  der  Erzeuger,  besonders  der  Mutter,  beeinflussten 
Keimzellen  die  Kinder  schon  vor  der  Geburt  minderwerthige  bio- 
logische Eigenschaften  erlangen,  die  später  zu  mangelhafterer  und 
schwächerer  Anlage  des  Nervensystems  der  Nachkommenschaft  führen 
können  und  damit  eine  grössere  Prädisposition  gegenüber  mannich- 
fachen  Gelegenheitsursachen  schaffen.  Durch  verschiedene  Stufen 
der  Entwickelimgshemmung,  durch  den  Einfluss  der  äusseren  Lebens- 
bedingimgen  (des  Milieu),'  vn.e  Erziehung,  Hygiene,  Beispiel  und 
anderes  mehr  kommt  dann  die  Mannichfaltigkeit  der  psychopathischen 
Bilder  zu  Stande. 

Auf  einer  sichereren  Basis  stehen  die  Schlüsse,  die  Jenny 
Koller.  Koller  aus  dem  Studium  der  Erblichkeitsverhältnisse  der 
im  Canton  Zürich  in  12  Jahren  psychisch  Erkrankten  zieht  (Arch. 
für  Psychiatrie  S.  268).  Sie  fand  78  ^/o  der  Kranken  belastet,  bei 
50  "(0  aller  Fälle  war  Krankheit  des  Vaters  oder  der  Mutter  vor- 
handen. Einfache  Psychosen  (Stimmungsanomalieen  und  die  Paranoia- 
gruppe) in  der  Ascendenz  hatten  den  grössten  Einfluss  auf  epilep- 
tische, dann  auf  einfache  und  dann  auf  angeborene  Psychosen  in 
der  Descendenz;  Trunksucht  vererbte  sich  namentlich  wieder.-  als 
alkoholische  Erkrankung,  aber  auch  als  epileptische  und  angeborene 
Ps3'cliose.  Koller  stellt  statistisch  fest,  dass  eine  einfache  Psjxhoso 
der  Mutter  für  die  Kinder  weit  gefährlicher  ist,  als  dieselbe  Psychose 
des  Vaters ;  bei  diesen  Krankheiten  der  Väter  erkrankten  26  ^;o  der 
Kinder,  bei  denjenigen  der  Mütter  48*^,0.  Ganz  bedeutend  über- 
wiegt dagegen  der  väterliche  Einfluss  bei  der  Trunksucht ;  bei  Trunk- 
sucht der  Väter  erkrankten  39  ^/o,  bei  Trunksucht  der  Mütter  8^.o 
der  Descendenz  an  psychischen  Krankheiten. 


Psychiatrie.  117 

Für  die  von  jeher  bekannten  Beziehungen  zwischen  gei- 
stigen   und    körperlichen    Krankheiten    führt   Moscher   Bezieliang 

(The  med.  Record,  30.  März)   eine  Reihe   von  Fällen   an,   in  denen    ^^^^^}^^^ 

.  .  .  geiBtigen 

durch    Besserong    des    somatischen    Leidens    auch    die    Psychosen  und  körpei- 

^önstig  beeinflosst  wurden;  es  handelt  sich  vorwiegend  um  Er-  liehen  Er- 
krankungen des  Nervensystems  und  der  Verdauungs-,  Athmungs-  ^*?  \"^^"' 
und  Circulationsorgane.  Diese  Fälle  weisen  auf  die  gemeinsame 
Basis  von  somatischen  und  psychischen  Krankheiten  hin;  denn  auch 
für  das  Gebim  gelten  dieselben  Gesetze,  wie  für  alle  anderen  Organe ; 
ein  fundamentaler  Unterschied  zwischen  seinen  geistigen  und  seinen 
motorischen,  sensorischen  und  trophischen  Functionen  besteht  nicht. 

Auf  der  Basis  von  17  Fällen  hat  Aschaffenburg  eine  Sympto-  Initial- 
matologie  der  Initialdelirien  bei  Typhus  aufgebaut  (AUgem.  Vypbup 
2^itschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  52).  Er  rubricirt  sie  gleich  den  bei  Aschaff^nbnr^. 
Flecktyphus,  Sepsis,  Lyssa,  Intermittens ,  gelbem  Fieber,  Erysipel 
auftretenden  unter  die  Gruppe  der  Intoxicationsdelirien  und  unter- 
scheidet davon  beim  Typhus  zwei  Formen:  1.  Eine  mehr  ruhige, 
mit  wahnhafben,  oft  hypochondrischen  Verfolgungsideen  unbestimmter 
Angst,  bei  der  sich  Wahnideen  depressiven  und  auch  oft  phantasti- 
schen Charakters  finden  und  daneben  in  den  reinen  Fällen  manch- 
mal im  Anfang  anscheinende  Besonnenheit  und  völlige  Correctheit 
des  Ausdrucks,  die  aber  nicht  lange  andauert;  entweder  schliesst 
sich  nun  bald  psychische  Wiederherstellung  an,  oder  es  tritt  lebhafte 
motorische  Erregung,  ein  und  die  Verworrenheit  steigert  sich  unter 
Schreien  und  Toben.  Das  Bild  gleicht  alsdann  2.  der  manischen 
Form,  welche  zuweilen  als  leichte  Hypomanie  beginnt;  später  folgt 
anhaltender  motorischer  und  Rededrang  mit  Ideenflucht.  Die  Psy- 
chose setzt  meist  am  4.  oder  5.  Tage  nach  dem  Auftreten  der 
ersten  Krankheitserscheinungen  des  Typhus  ein ,  bei  fünf  Kranken 
aber  auch  schon,  bevor  eine  Temperatursteigerung  nachzuweisen 
war;  eine  zeitliche  Abhängigkeit  zwischen  der  Höhe  des  Fiebers 
und  der  Intensität  der  psychischen  Erscheinungen  besteht  nicht,  oft 
scheinen  die  nervösen  Symptome  geradezu  mit  dem  Fieber  zu  alter- 
niren.  Die  Psychose  hört  allmählich  auf;  oft  kommt  es  zu  weiteren 
Delirien ,  die  durch  ein  lucides  Intervall  von  dem  Initialdelirium  ge- 
trennt sind,  oder  es  schhesst  sich  nach  vorübergehender  Bewusst- 
seinsaufhellung  das  dem  Typhus  eigene  Zustandsbild  der  Benommen- 
heit an.  Eine  mikroskopische  Untersuchung  Nissl's  ergab,  dass 
es  sich  nicht  um  einen  entzündlichen  Vorgang  handelt,  sondern  dass 
man   es    mit  toxischen   Veränderungen   der  Ganglienzellen   zu  thiin 


118  Lewald. 

hat.  Die  Prognose  bei  Typhus  mit  Initialdelirien  ist  sehr  ernst. 
Therapeutisch  empfiehlt  Asch  äffe  nburg  ausser  gründlicher  Des- 
infection  des  Darms  subcutane  Kochsalzinfusionen. 

* 

Die  infolge  von  Nierenkrankheiten  entstehenden 
Psychose  psychischen  Störungen  führt  Auerbach  (Allg.  Zeitschr.  für 
und  Nieren-  Psychiatrie  Bd.  52)  in  der  weitaus  grössten  Mehrzahl  der  Fälle  auf 
Auerbach. '  'hämische  Intoxication  des  Organismus  zurück  und  hält  sie  zuweilen 
geradezu  für  Aequivalente  eines  urämischen  Anfalls.  Es  gibt  nach 
ihm  keine  für  Nierenkrankheiten  specifische  Form  von  Geistes- 
störung, indessen  ist  die  Melancholie  in  ihren  verschiedenen  Arten 
die  am  häufigsten  beobachtete;  die  sich  durch  Systematisirung  von 
Wahnideen  auszeichnenden  Krankheitsbilder  scheinen  nicht  vor- 
zukommen. Natürlich  muss  man  mit  der  Diagnose  „Psychose  in- 
folge von  Nierenkrankheit"  vorsichtig  sein,  sobald  schwere  heredi- 
täre Belastung,  andere  Ursachen  und  besonders  solche  anatomische 
Veränderungen  des  Gehirns  vorliegen,  welche  die  Entstehung  einer 
Psychose  für  sich  völlig  erklären.  Die  Prognose  ist  mindestens 
dubiös;  sie  bessert  sich,  wenn  es  möglich  ist,  die  bei  Nierenkrank- 
heiten bewährten  Behandlungsmethoden  einzuleiten. 

iiiducirtes  Ein  Fall  von  inducirtem  Irresein  wird  (Allgem.  Zeitsclir. 

Irresein,  f^r  Psychiatrie  Bd.  52)  ganz  kurz  berichtet:  Die  26  Jahre  alte 
Tochter  eines  Landmanns  begann  irre  zu  reden  und  wurde  nach 
einigen  Tagen  bettlägerig  und  stark  erregt;  zuerst  erkrankte  eine 
z\^'eite  Tochter,  dann  die  Ehefrau  und  schliesslich  der  Sohn  an  an- 
scheinend derselben  Psychose.  Die  Mutter  beruhigte  sich  zu  BLause, 
der  Sohn  konnte  bald  genesen  aus  der  Anstalt  entlassen  werden, 
ihm  folgte  nach  einigen  Wochen  die  eine  Schwester,  während  die 
andere  sich  noch  in  der  Irrenanstalt  befindet. 

Poly-  Collela  (Annali  di  Neurologia  Bd.  12)  weist  an  33  Fällen  von 

iHuritische  Polyneuritis  das  Vorhandensein  einer  in  typischer  Form  auftreten- 
CoUela.  '  ^®"  ^^^  ablaufenden  Psychose  nach;  er  kommt  dabei  zu  etwas 
anderen  Anschauungen,  als  Korsakoff,  der  zuerst  die  Psychose 
bei  Polyneuritis  beschrieb.  Collela  bezeichnet  als  regelmässige 
Symptome  dieser  Psychose  im  Beginne  Hallucinationen  schreckhaften 
Charakters  mit  darauf  folgender  Amnesie ;  letztere  beherrcht  als  das 
Hauptcharakteristicum  das  Krankheitsbild  und  erstreckt  sich  ent- 
weder auf  die  jüngsten  in  die  Zeit  der  Erkrankung  fallenden  Er- 
eignisse   oder   reicht    auch   in    die    der   Erkrankung   voraufgehende 


Psychiatrie.  119 

Periode  hinein.  Sie  besteht  in  einer  Aufhebung  der  Reproduction;»- 
fahigkeit;  bei  der  Genesung  stellt  sich  die  Erinnerung  an  die  vor- 
her nicht  reproducirbaren  Eindrucke  wieder  her.  Daneben  bestehen 
häafig  noch  Aenderungen  des  Bewusstseins ;  der  Patient  weiss  nicht, 
wo  er  sich  befindet  und  beurtheilt  seine  Umgebung  und  seine  eigene 
Lage  falsch;  meist  ist  der  Kreis  der  Vorstellungen  eingeschränkt 
ohd  ihr  Ablauf  verlangsamt,  die  Association  ist  gestört  und  die  ge- 
steigerte psychische  Reizbarkeit  kann  bis  zu  Tobsuchtsanfallen  fuhren. 
Die  Prognose  ist  unter  allen  Umstanden  mindestens  zweifelhaft. 

üeber  den  Querulantenwahn  hat  Koppen  in  der  Jahres- Qaera UnteB- 
Sitzung  des  Vereins  deutscher  Irrenärzte  zu  Hamburg  einen  Vortrag  J***"' 
gehalten  (Allg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  52).  Er  ging  davon  aus, 
dauss  die  Angriffe  der  Laien,  welche  offenbar  missverständlich  aus 
dem  Namen  schliessen,  die  Psychose  werde  aus  dem  Queruliren  ab- 
geleitet, unberechtigt  seien,  da  niemals  von  Fachleuten  die  Psychose 
allein  aus  dem  Queruliren  hergeleitet  ist,  sondern  aus  dem  Vor- 
handensein anderer  krankhafter  Störungen.  Es  empfiehlt  sich  aber 
mit  Rücksicht  auf  das  Missverstandniss,  das  der  Name  nun  einmal 
bei  Laien  weckt,  seine  Anwendung  in  foro  zu  vermeiden,  wie  diw 
übrigens  auch  schon  Brauch  ist.  Die  Fälle  mit  Querulanten waliu 
sind  nicht,  wie  bisher  angenommen  wurde,  ausschliesslich  unter  die 
Paranoia  zu  subsumiren.  Ausser  den  Eigenschaften,  Behörden 
and  Gerichte  mit  Beschwerden  trotz  besserer  Belehrung  zu  be- 
lastigen, in  „tiftelnder**  (oder  wie  Koppen  sagt  ,, vernünftelnder **) 
Weise  Wahnvorstellungen  zu  bilden  und  trotz  langen  Krankheits- 
verlaofes  ihre  Energie  zu  bewahren,  sind  in  anderen  Fällen  noch 
bemerkenswerth  das  Bestehen  einer  krankhaft  gehobenen  Stimmung, 
moralische  Verkehrtheit  bis  zur  Neigung  zu  Verbrechen,  eine  Un- 
besjtändigkeit  des  Charakters  und  eine  Lit^lligenzstufe ,  die  für 
dauernde  Leistungen  sich  als  mifahig  erweist.  Auch  in  ätiologischer 
Beziehung  bekommen  einzelne  Fälle  durch  das  Trauma,  das  Senium 
^d  den  Alkoholismus  als  Ursache  ein  besonderes  Gepräge.  Hauche 
Fälle  von  Querulantenwahn  wird  man  daher  zur  Paranoia,  andere 
ZOT  Imbecillität ,  zum  Alkoholismus  und  zu  den  traumatischen  Pi^y- 
chosen  rechnen  müssen.  Auf  die  Einzelsymptome  mit  Ben'ick- 
siehtigung  ihrer  Verwerthbarkeit  als  Beweis  der  Geisteskrankheit 
in  foro  eingehend  warnt  Koppen  davor,  die  2^hl  der  Eingal>eri 
lind  Beschwerden  und  das  äussere  Gebahren  der  Kranken  als  ha- 
V'eiä  der  Psychose  zu  gebrauchen :  vielmehr  ist  der  Beweis  lediglich 
aas  dem  Vorhandensein  anderer  krankhafter  Störungen  zu  führen, 


120  Lewald. 

Queru-  unter  anderen  auch  durch  das  Vorhandensein  von  Wahnideen.  Bei 
an  enwa  n, ^^^  Prüfung,  wie  der  Kranke  zu  seinen  Anschauungen  kommt  und 
wie  sie  sich  zu  dem  Thatsächlichen  verhalten,  kommt  meist  zu  Tage, 
dass  Fabulation,  Erinnenmgsfölschung,  maasslose  Uebertreibung  und 
mangelnde  Reproductionstreue  bei  den  uncorrigtrbar  gewordenen 
Urtheilstäuschungen  des  Kranken  eine  grosse  Rolle  spielen.  In  er- 
staunlicher Weise  werden  oft  die  Thatsachen  verdreht,  und  auch  die 
vielgerühmte  Gesetzeskenntniss  dieser  Kranken  ist  zuweilen  nur  eine 
äusserliche  Kenntniss  von  Paragraphennummem  und  Seitenzahl  mit 
total  falschem  Verständniss  des  Inhalts.  Ueberhaupt  erweist  sich 
die  Intelligenz  dieser  Kranken  häufig  bedeutend  geschwächt.  Sie 
haben  nur  eine  gewisse  Wortgewandtheit,  wenn  sie  von  ihren  Sachen 
reden,  sind  aber  sonst  nicht  im  Stande,  bei  der  Sache  zu  bleiben; 
nicht  selten  lässt  sich  direct  Schwachsinn  nachweisen.  —  Koppen 
erachtet  die  in  Rede  stehende  Psychose  für  entschieden  remissiona- 
föhig,  vielleicht  sei  sogar  bei  ihr  Besserung,  ja  Heilung  nicht  aus- 
Aschaffenbmg,  geschlossen.  —  Aschaffenburg  macht  darauf  aufmerksam,  dass 
nicht  jeder  Querulirende  an  Querulanten wahn  leidet,  und  führt  als 
Beispiel  einen  nicht  geisteskranken  Querulanten  an  (Centralbl.  für 
Nervenheilk.,  Febr.).  Die  thatsächliche  Berechtigung  des  Rechts- 
streites ist  andererseits  kein  sicheres  Kriterium  für  die  bestehende  Ge- 
sundheit. Der  geisteskranke  Querulant  ist  auch  dann  nicht  zufrieden, 
wenn  sein  gekränktes  Rechtsgefühl  die  entsprechende  Sühne  gefunden 
zu  haben  scheint ;  die  ganze  Welt  zerfällt  für  ihn  in  zwei  Parteien, 
in  eine  ihm  günstige  und  in  seine  Feinde,  zu  denen  alle  gehören, 
die  nicht  an  ihn  und  sein  Recht  glauben.  Die  Krankheit  schreitet 
nach  A  s  c  h  a  f  f  e  n  b  u  r  g  in  der  Weise  fort,  dass  einmal  der  Kranke 
immer  weitere  Kreise  in  seinen  Wahn  hineinzieht  und  auf  der  an- 
deren Seite  er  selbst  mehr  und  mehr  zu  einer  Ueberschätzung  der 
eigenen  Persönlichkeit  kommt;  der  weitere  Verlauf  der  Psychose 
zeigt  eine  Umgestaltung  des  ursprünglichen  Thatsächlichen  in  dem 
Sinne  des  Wahnes  und  häufig  Hinzutritt  von  Vergiffcungsideen,  Ver- 
Hitzig.  folgungswahn  und  Sinnestäuschungen.  —  Hitzig  hat  im  abge- 
laufenen Jahre  in  einer  Monographie  den  Querulantenwahn- 
sinn, seine  nosologische  Stellung  und  seine  forensische  Bedeutung 
„für  Aerzte  und  Juristen"  eingehend  behandelt ;  es  sei  ausdrücklich 
auf  diese  bedeutende  Arbeit  hingewiesen  (s.  Litteraturverzeichniss). 
Amnesie 

nach  Bei  der  Besprechung  eines  Falles  von  retro-anterograder 

versuch      Amnesie   nach  Selbstmordversuch   durch  Erhängen  ge- 
Boedeker,      denkt  Boedeker   (Neurol.   Centralbl.   Nr.  11)   bezüglich   der   Auf- 


Psychiatrie.  121 

fassTing  dieser  Fälle  der  Polemik,  welche  in  dieser  Hinsicht  zwischen 
Wagner  und  Moebius  besteht;  beide  stützen  ihre  Ansichten  auf 
mehrere  selbstbeobachtete  und  auf  viele  von  anderen  beschriebene 
Fälle.  Wagner  fuhrt  alle  Erscheinungen  auf  die  durch  das  Trauma 
bewirkte  ABphyxie,  den  Carotidenverschluss  und  die  dadurch  ver- 
ursachte Ernährungsstörung  des  Gehirns  zurück,  während  Moebius 
der  Ansicht  ist,  dass  die  Elrämpfe  und  die  Amnesie  Symptome  einer 
traumatischen  Hysterie  sind.  Gegen  Hysterie  spricht  nun  neben 
dem  Thierexperiment  die  Thatsache,  dass  die  Krämpfe  sich  nicht 
wiederholen ;  Moebius  macht  dagegen  geltend,  dass  in  einigen  Fällen 
die  Krämpfe  sicher  hysterischer  Natur  gewesen  seien,  dass  in  einem 
Falle  z.  B.  Hemianalgesie  und  Gesichtsfeldeinschränkung  eingetreten 
'iei;  was  die  Wiederholung  der  Krämpfe  anbetreife,  so  seien  die 
Beobachtungen  darüber  zu  gering ;  er  schlägt  vor,  derartige  Patienten 
zu  hypnotisiren  (es  wurde  im  vorliegenden  Falle  vergeblich  versucht) 
lind  in  ihnen  während  der  Hypnose  die  Erinnerung  an  das  Ge- 
ahehene  wieder  zu  erwecken.  Im  vorliegenden  Falle  spricht  gegen 
Hysterie,  dass  der  Kranke  weder  vorher  noch  nachher  irgend  welche 
Zeichen  der  Hysterie  dargeboten  hatte.  Wenn  auch  die  Krämpfe 
den  hysterischen  ähnlich  waren,  so  spricht  doch  der  Umstand  femer 
stark  gegen  Hysterie,  dass  sie  eintraten,  als  Patient  vollständig  be- 
wusstlos  war  bei  starren  Pupillen  (die  noch  2  Stunden  reactions- 
los  blieben),  sowie  schliesslich  der  allmähliche  Uebergang  in  den 
normalen  Zustand.  In  der  an  den  Vortrag  in  der  Berliner  Gesell- 
schaft für  Nervenkrankheiten  sich  anschliessenden  Debatte  blieb 
diese  Auffassung  ohne  Widerspruch. 

Zu  ähnlichen  Anschauungen  kommt  Wollenberg,  der  über  Wellenberg, 
drei  selbstbeobachtete  FäUe  berichtet  (Festschr.  d.  Prov.-IiTenanstalt 
Xietleben,  Leipzig).  Nach  ihm  findet  sich  die  retroactive  Amnesie 
—  abgesehen  von  der  Kohlenoxydvergiftung  und  anderen  Schäd- 
lichkeiten, die  zu  organischen  Veränderungen  des  Gehirns  führen  — 
sehr  häutig  nach  Erhängungsversuchen ,  während  sie  nach  ander- 
weitigen Selbstmordversuchen  und  nach  rein  psychischen  Ursachen 
ungemein  selten  ist.  Hieraus  geht  hervor,  dass  nicht  die  allen  diesen 
^  organgen  gemeinsamen  Gemüthserschütterungen,  sondern  bestimmte 
^^chädlichkeiten  iiir  das  Zustandekommen  der  retroactiven  Amnenie 
verantwortlich  zu  machen  sind  und  dass  diese  auch  der  Strangu- 
lation eigenthümlich  sein  müssen.  Es  kann  sich  hierbei  nur  um 
psychische  Vorgänge  im  Gehirn  handeln,  wie  sie  die  Strangulation 
thatsächlich  hervorzurufen  geeignet  ist.  Dabei  kommen  als  specielle 
ätiologische  Momente   in  Betracht  die  Asphyxie   und  die  temporäre 


122  Lewald. 

Himanämie,  welche  durch  ihre  combinirte  Wirkung  je  nach  der 
besonderen  Art  des  Falles  leichtere  oder  schwerere  Ernährungs- 
störungen im  Gehirn  hervorrufen,  sobald  sie  eine  gewisse  nicht  zu 
kurze  Zeit  hindurch  in  genügender  Intensität  eingewirkt  haben. 
Die  Hysterie  kommt  hierbei,  wie  auch  sonst  bei  organischen  Er- 
krankungen des  Nervensystems  vielfach,  meist  nur  als  ein  compli- 
cirendes  Moment  in  Betracht. 

Von    den   transitorischen   Bewusstseinsstörungen    der 

Bewusstr     Epileptiker  handelt  eine   Arbeit   Siemerling's   (Berliner  klin. 

8 ein 8-       Wochenschr.  Nr.  42  u.  43);   er  geht  davon  aus,   dass  in  der  Auf- 

stornngen  ,  . 

aer  fassung  der  epileptischen  Psychosen  die  Anschauung  von  dem  causalen 
Epileptiker,  Verhältniss  zwischen  Anfeilen  und  Geistesstörung  noch  zu  fest 
leme  g.  ^^J.2ele;  beide  sind  vielmehr  als  die  gleichartigen  Sjrmptome  eines 
Gehirnleidens  zu  betrachten.  Von  allen  den  Symptomen,  die  man 
früher  als  charakteristisch  für  den  Begriff  der  Epilepsie  anzusehen 
gewohnt  war,  ist  nur  ein  Oardinalsymptom  übrig  geblieben,  auf 
welches  jetzt  der  Hauptnachdruck  gelegt  wird,  das  ist  der  Zustand 
des  veränderten  Bewusstseins ;  das  Bewusstsein  ist  nicht  aufgehoben, 
sondern  nur  verändert;  der  Grund  der  Veränderung  kann  allerdings 
ein  sehr  verschiedener  sein.  Beim  Fehlen  schwerer  epileptischer 
Krampfanfelle  ist  für  die  Diagnose  der  Epilepsie  neben  dem  Zu- 
stande des  Bewusstseins  und  der  nachfolgenden  Erinnerung  die  Art  der 
epileptoiden  Anfälle  und  Aequivalente  mit  den  dabei  vorkommenden 
Symptomen  von  der  grössten  Bedeutung.  Bekannt  ist  ja,  dass  bei 
den  sog.  psychischen  Aequivalenten  die  complicirtesten  Handlungen 
vorgenommen  werden,  an  welche  später  jede  Erinnerung  fehlen  kann. 
Die  Dauer  dieser  AnfäUe  ist  ausserordentlich  verschieden  und  erstreckt 
sich  auf  Stunden  bis  Monate.  Interessant  und  von  hoher  Wichtig- 
keit sind  solche  Beobachtimgen,  wo  im  Dämmerzustande  dem  eigent- 
lichen Ausbruch  des  Erregimgszustandes  oder  dem  Selbstmord- 
versuch Handlungen  oft  mehr  gleichgültiger  Natur  vorangehen; 
einige  Beispiele,  die  Siemerling  dafür  anführt,  sind  in  hohem  Grade 
instructiv.  Das  schnelle  Nebeneinander  von  anscheinend  geordneten, 
gleichgültigen,  unauffeUigen  Erscheinimgen  und  den  befremdlichen 
unerwarteten  Handlungen,  oft  mit  dem  Charakter  der  Gewaltthätig- 
keit,  legt  den  Verdacht  auf  ein  epileptisch  verändertes  Bewusstsein 
nahe.  Beim  Fehlen  der  Krampfanfelle  gewinnt  der  Nachweis 
epileptoider  Symptome,  wie  nächtliches  Aufschrecken,  Bettnässen, 
unmotivirte  Angstzufälle,  eine  erhöhte  Bedeutung.  Am  wichtigsten 
zur  Feststellung   der  Diagnose   sind   die   Schwindelanfelle,    welche 


Psychiatrie.  1 23 

Siemerling  bei  45  Fällen  von  transitorischer  Bewusstseinsstörung 
niemab  vermisste;  in  60  ^/o  dieser  FäUe  traten  schwere  Krampf- 
anfalle  nicht  auf.  Die  als  besonders  charakteristisch  für  die  epilepti- 
>chen  Bewosstseinsstörongen  ange^ihrten  Symptome:  Gewaltthätig> 
keit  im  Handeln,  mit  nachfolgender  Amnesie  sind  oft  nicht  vorhanden. 
£d  gibt  Krankheitszustande  bei  Epileptikern,  welche  die  Kranken 
äuäserlich  völlig  ruhig  und  ohne  ein  Zeichen  von  Angst  erscheinen 
las^sen;  nur  durch  ihre  confusen  Antworten  lassen  sie  erkennen,  wie 
sie  gestört  sind.  Hier  wird  auch  derjenigen  Fälle  gedacht,  wo  die 
B^ftrefTenden  in  dem  verwirrten  Zustande  noch  ihre  Beschäftigung 
ffitsetzen,  allerdings  nicht  ohne  Störung.  Eine  Krankengeschichte 
üiiutnrt  treffend  das  eigenthümlich  Melancholische  und  Traumhafte 
bei  diesen  Anfällen:  Das  Bewusstsein  ist  nicht  aufgehoben,  aber 
seine  Intensität  ist  herabgesetzt.  Auch  die  totale  Amnesie  ist  keines- 
wegs ein  stets  auftretendes  Symptom:  Ist  während  des  Irreseins  die 
Bewusstseinsintensität  bis  zu  einem  gewissen  Grade  gesunken,  so 
erinnert  sich  das  Individuum  nur  noch  derjenigen  Vorstellungen  oder 
Eindrücke,  die  die  stärkste  Bewusstseinsintensität  hatten ;  sicher  ist, 
dass  in  vielen  FäUen  die  Erinnerung  völlig  erhalten  ist  bei  zweifellos 
epileptischer  Natur  der  Anfalle ;  in  anderen  wieder  bleibt  sie  partiell. 

Klinische  Beiträge  zur  Lehre  von  den  Zwangsvorstellungen 
und   verwandten    psychischen   Zuständen   veröffentlicht   Thomson     Zwang s- 
lArch.  f.  Psychiatrie  Bd.  27)   nebst  einer  Reihe   genauer  und  aus-     yorstei- 

,  lungen, 

fuhrlicher  Krankengeschichten.  Unter  Zwangsvorstellungen  versteht  Thomsen. 
man  nach  der  Definition  Westphal's  solche  Vorstellungen,  welche 
bei  übrigens  intacter  Intelligenz  und  ohne  durch  einen  Gefühls-  oder 
affectartigen  Zustand  bedingt  zu  sein,  gegen  und  wider  den  Willen 
des  betreffenden  Menschen  in  den  Vordergrund  des  Bewusstseins 
treten,  sich  nicht  verscheuchen  lassen,  den  normalen  Ablauf  der  Vor- 
steUongen  hindern  und  durchkreuzen,  welche  der  Befallene  stets  als 
abnorm,  ihm  fremdartige  anerkennt  und  denen  er  mit  seinem  ge- 
simden  Bewusstsein  gegenübersteht.  Auf  dem  Boden  dieser  Definition 
stehen  die  Thomsen'schen  Fälle:  Aus  den  Zwangsvorstellungen  und 
Empfindungen  können  andere  Zwangsvorgänge  motorischer  Art  her- 
vorgehen, wie  Tic  convulsif  und  Echolalie;  somatische  Begleit- 
erscheinungen, Störungen  der  Verdauung,  des  Kreislaufs,  Migräne 
gesellen  sich  dazu.  Die  Krankheit  unterliegt  in  ihrer  Intensität 
Schwankungen,  so  dass  man  geradezu  von  Anfällen  reden  kann. 
Charakteristisch  für  alle  diese  Vorgänge  ist  die  zwingende  Gewalt, 
mit  der   sie   den  Kranken,   obwohl  er  über  ihnen  steht,   gefangen 


124  Lewald. 

nehmen,  und  das  Auftreten  von  Angstzuständen,  wenn  er  ihnen 
widerstehen  will.  Der  Verlauf  ist  meist  chronisch,  die  Prognose 
nicht  günstig,  selbst  nicht  quoad  vitam,  da  Selbstmorde  häufig  sind. 
In  der  Behandlung  leistet  Opium  noch  am  meisten. 

Die  nach  Melancholie  auftretende  secundäre  Paranoia 
Sekundäre  ist  nach  Brassert  (Allg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  52)  eine  seltene 
Paranoia,  Krankheit,  zu  welcher  hereditär  belastete,  wiederholt  psychisch  er- 
krankt gewesene,  gemüthlich  nicht  besonders  starke,  körperlich 
reducirte  (unter  anderen  phthisische)  Personen  prädisponirt  sind  und 
welche  das  weibliche  Geschlecht  bevorzugt.  Der  Beginn  ist  ge- 
wöhnlich ein  allmählicher,  nur  ausnahmsweise  setzt  sie  plötzlich  ein ; 
schon  früh,  aber  auch  erst  nach  längerem  Bestehen  der  primären 
Melancholie  kann  die  secundäre  Erkrankung  zum  Ausbruch  gelangen. 
Heilungen  kommen  sehr  selten  vor,  der  Uebergang  in  Demenz  muss 
fast  als  die  Eegel  angesehen  werden.  Die  postmanische  Form  der 
secundären  Paranoia  ist  noch  seltener,  befällt  wie  die  postmelan- 
cholische mit  Vorliebe  Belastete,  wird  aber  bei  Männern  und  Weibern 
ohne  Unterschied  beobachtet.  Sie  kann  zuweilen  auch  in  mehr  acuter 
Weise  und  dann  schneller  ablaufen;  ihre  Prognose  erscheint  dem- 
entsprechend bezüglich  des  Ausganges  in  Genesung  im  allgemeinen 
weniger  ungünstig. 

lY«  Alkoholisinus  und  toxische  Psychosen« 

lieber  die  Wirksamkeit  der  Irrenanstalten   in   der  Be- 
Alkohol-    kämpfung  des  chronischen  Alkoholismus  hat  Snell  (Neurol. 

""'^Sneir'^'  ^ö^^^*^^^-  ^^-  11)  seine  Ansichten  ausgesprochen.  Der  Alkohol  ist 
nach  der  Erblichkeit  die  häufigste  Ursache  von  Geistesstörungen; 
unter  den  prophylactischen  Maassregeln  gegen  die  Geisteskrankheiten 
nimmt  daher  die  Bekämpfung  des  Alkoholmissbrauches  eine  hervor- 
ragende Stelle  ein.  Die  Erfolge  der  Irrenanstalten  in  der  Behand- 
Ixing  von  Alkoholisten  sind  nach  Snell  deswegen  so  wenig  zufrieden- 
stellend, weil  die  Kranken  fast  in  allen  Fällen  zu  spät  in  die  Anstalt 
kommen;  es  muss  daher  die  Möglichkeit  angestrebt  werden,  Ge- 
wohnheitstrinker, ehe  sie  geisteskrank  geworden  sind,  gegen  ihren 
Willen  in  Trinkerheilanstalten  zu  bringen  und  dort  festzuhalten. 

Solche  vom  Staate,  von  den  Provinzen  oder  auch  von  den  Com- 
munal verbänden  zu  errichtende  und  zu  verwaltende  Trinkerheil- 
stätten   sind    thatsächlich    allmählich    ein    Bedürfiiiss    geworden; 


Psychiatrie.  1 25 

andere  Staaten  sind  uns  bereits  mit  gutem  Beispiel  vorangegangen. 

S<^rieax  bespricht  im  Bulletin  de  la  societ^  de  mM.  ment.  de  Beige  Trinkerheil- 

iJimi»    die  Einrichtung  solcher  Anstalten  in  England  und  Amerika,    »"»tagten, 

Während   in  den  (wenigen)  Privatanstalten  in  Deutschland  und  der 

Schweiz  Eintritt  und  Austritt  in  die  Trinkerheilanstalt  in  der  Hand 

des    betreffenden    Kranken   liegen,    unterschreibt    in   England    der 

Eintretende  eine  Verpflichtung,   eine  bestimmte  Zeit  in  der  Anstalt 

anszuhalten,   und  kann  mm  gesetzlich  bis  zum  Ablaufe  dieser  Zeit, 

auch  gegen  seinen  Willen,  zurückgehalten  werden ;  in  den  Vereinigten 

Staaten   können  Trinker  infolge  einer  speciellen  Gesetzgebung  von 

der  Behörde  in  ein  Trinkerasyl  geschickt  und  dort  die  zur  Heilung 

nr»thige  Zeit  festgehalten  werden ;  ebenso  ist  es  im  Canton  St.  Gallen. 

Lt  der  Trinker   in   die  Anstalt  aufgenommen,   so  darf  er,   falls  er 

nicht  vorher   geheilt   entlassen  worden   ist,   erst   dann   die  Anstalt 

verlassen,  wenn  die  Zeit,  zu  der  er  sich  verpflichtet  hat,  abgelaufen 

ist:  entfernt  er  sich  vorher,  so  kann  er  wieder  eingeliefert  werden. 

Vergehen  gegen  die  Hausordnung  werden  mit  Geld-  oder  Gefängniss- 

strafe  geahndet;  über  jeden  neu  Eintretenden  ist  binnen  48  Stunden 

den  Behörden  zu  berichten.    Die  Kranken  und  Angestellten  sind  zu 

völliger  Abstinenz  verpflichtet,  erstere  dürfen  kein  Geld  in  der  Hand 

halien,  sich  nicht  aus  dem  Anstaltsgebiete  entfernen  und  werden  zur 

Arbeit  angehalten. 

In  Oesterreich  werden  Trinkerheilanstalten  demnächst  ins 
Leben  gerufen  werden;  dasProject  der  niederösterreichischen  Anstalt, 
über  das  sich  Tilkowsky  (Jahrbücher  f.  Psychiatrie  Bd.  12)  des  Tlikowsky. 
näheren  ausspricht,  zielt  dahin,  Personen,  welche  infolge  der  Trunk- 
sucht geisteskrank  waren  und  die  in  einer  Anstalt  wohl  ihre  Geistes- 
klarheit, nicht  aber  die  gehörige  Willensstärke  und  Widerstands- 
fähigkeit gegen  schädliche  Einflüsse  wiedererlangt  haben,  zwangsweise 
unter  Curatel  und  gegen  ihren  Willen  in  dem  Trinkerasyle  unter- 
zubringen. Diese  Anstalt  müsste  natürlich  unter  beständiger  ärzt- 
licher Leitung  stehen  (nicht  im  Nebenamt!),  und  es  wäre  im  Interesse 
einer  erfolgreichen  Behandlung  der  Trinker  von  grossem  Nutzen, 
moralisch  depravirte  und  stark  bestrafte  Personen,  wenn  möglich, 
von  der  Anstalt  fernzuhalten ;  der  Arbeitszwang,  die  Abstinenz,  das 
Verbot,  Geld  zu  führen,  müssten  natürlich  in  das  Programm  auf- 
genommen werden. 

Eine  treffliche  Studie  hat  Moreau  (Ann.  m6d.  psychol.  S.  337) 
dem  Alkoholismus  bei  Kindern  gewidmet.  Die  Alkoholkrank- 
heiten der  Kinder  entwickeln  sich  oft  unter  dem  Einflüsse  psycho- 


126  Lewald. 

Alkoholis-    pathiöcher  Belastung,  namentlich  auch  durch  directe  Vererbung  des 
muB  Dei     Alkoholmissbrauches  bei  den  Eltern.   In  manchen  Gegenden  erhalten 

Kindern,  ,    ,  ... 

Morean.  die  Säuglinge  einige  Tropfen  Schnaps,  wenn  sie  schreien;  Kindern, 
denen  der  Durchbruch  der  Zähne  Unruhe  und  Schmerzen  verursacht, 
wird  von  unverständigen  Müttern  Wein  eingeflösst.  Moreau  xinter- 
schätzt  die  guten  Wirkungen  des  Alkohols  bei  manchen  CoUaps- 
zuständen  der  Kinder  nicht,  aber  er  warnt  die  Aerzte  ernstlich 
davor,  Kindern,  in  deren  Ascendenz  Alkoholismus  beobachtet  worden 
ist,  jemals  alkoholartige  oder  -haltige  Medicamente  oder  Getränke 
zu  verabfolgen,  mit  der  Begründung,  dass  er  aus  eigener  Erfahrung 
eine  ganze  Eeihe  von  Fällen  kenne,  in  denen  Kinder,  die  auf  ärzt- 
lichen Rath  Alkohol  erhalten  hatten,  dadurch  aufs  schwerste  ge- 
schädigt wurden.  Fast  alle  Formen  der  Trunkenheit,  die  beim  Er- 
wachsenen bekannt  sind,  kommen  auch  bei  den  Kindern  vor.  Die 
Dipsomanie  erwächst  bei  Kindern  ausschliesslich  auf  degenerativer 
Grundlage;  sie  wird  namentlich  bei  Mädchen  zur  Zeit  der  ersten 
Menstruation  beobachtet.  Delirium  tremens  wurde  schon  im  5.  Lebens- 
jahre, Lebercirrhose  durch  Alkoholmissbrauch  bei  einem  3*/«  Jahre 
alten  Kinde  constatirt. 

Die  wichtige  Rolle,  die  der  Alkoholgenuss  als  vorbereitendes 
und  mitwirkendes  Moment  in  der  Aetiologie  der  Psychosen 
Alkohol  undspielt,  erfährt  durch  Näcke  (Irrenfreund  Nr.  3  u.  4)  eingehende 
^^Näcke*^'  ^«rlög^^g;  auch  auf  seinen  Einfluss  als  depotenzirender  Factor  für 
die  Nachkommenschaft  wird  gebührend  aufmerksam  gemacht.  Die 
Vergiftung  des  Keimplasmas,  die  Näcke  als  den  Cardinalpunkt  der 
ganzen  Alkoholfrage  bezeichnet,  wird  durch  die  Experimente  Füre's 
an  Hühnern  erläutert;  was  die  Abstinenzfrage  angeht,  so  schadet 
dem  gesunden  Gehirn  der  Alkohol  wenig,  nur  das  minder  resistente, 
das  minderwerthige  —  sei  diese  Minderwerthigkeit  angeboren  oder 
erworben  —  ist  vor  dem  Alkohol  zu  behüten.  Da  ist  die  absolute 
Abstinenz  geboten ;  da  dieselbe  aus  vielerlei  Gründen  in  den  breiteren 
Schichten  der  Bevölkerung  wohl  stets  undurchführbar  bleiben  wird, 
so  muss  wenigstens  dem  Missbrauch  so  weit  als  möglich  gesteuert 
werden.  Besonders  muss  man  bestrebt  sein,  den  Schnaps  durch 
leichte  Biere  zu  ersetzen;  auch  dieser  Autor  macht  auf  die  Noth- 
wendigkeit  der  Errichtung  von  Trinkerheilstätten  aufmerksam,  für 
die  er  Zwangseintritt  nach  ei*folgter  Entmündigung  fordert. 


Psychiatrie.  127 


y.  Dementia  paraljtica. 

Ob  die  Frequenz  der  progressiven  Paralyse  zunimmt 
(tier  nicht,  ist  eine  Frage,  die  in  den  letzten  Jahren  wiederholt  er- 
örtert worden   ist.     v.  Krafft-Ebing   (Jahrbücher  f.  Psychiatrie    Frequenz 

Bd.  14)  beantwortet  sie  positiv  auf  Grund  eines  umfassenden  statisti-    ^    ^er 

•^  .  Dementia 

sehen  Materials;  dieser  Zuwachs  erfolgt  nach  ihm  auf  Kosten  anderer  paralytica, 
Fonnen  von  Geisteskrankheiten,  ganz  speciell  der  gutartigen  Psycho-  ^-  Kialft-Ebing. 
neurosen;  Erscheinungen,  in  denen  sich  weiter  die  Zunahme  der 
progressiven  Paralyse  äussert,  sind  das  jetzt  häufigere  Befallen- 
werden im  früheren  Lebensalter  und  die  häufiger  werdende  Er- 
krankung des  weiblichen  Geschlechts.  Die  Ursachen  erblickt 
V.  Krafft-Ebing  in  den  Bedingungen  des  modernen  socialen 
Lebens,  das  auch  eine  Aenderung  in  der  Stellung  der  Frau  hervor- 
ztirufen  begonnen  hat.  Frauen  aus  höheren  Gesellschaftskreisen  sind 
dagegen  fast  immun  gegen  diese  Gehimkrankheit.  Die  städtische 
Bevölkerung  übertrifft  bedeutend  die  ländliche  an  Häufigkeit  der 
Erkrankung;  unter  Berücksichtigimg  des  wichtigsten  ätiologischen 
Momentes,  der  Lues,  erörtert  Verf.  die  gesellschaftlichen  Missstände, 
die  die  Entstehung  und  Verbreitung  der  Lues  befördern  und  die 
gleichfalls  die  städtische  Bevölkerung  und  gewisse  Stände  derselben 
in  höherem  Maasse  treffen,  als  die  ländliche.  Der  Alkoholmissbrauch 
Uäst  sich  dagegen  nicht  als  entscheidendes  ätiologisches  Moment 
verwerthen. 

Hirschl  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  21)  geht  sogar  so  weit,    die  Progressive 
progressive    Paralyse    für    eine    tertiär-syphilitische     Paralyse 

eine  tertiär- 

Erscheinung  und   als  solche  mit  dem  Gummi  für  gleich werthig      syphili- 
zu  erklären.     Abgesehen  von  statistischen  Ermittelungen  stützt   er   tische  Er- 
seine  Ansicht   auf  folgende  Punkte:   Das  anatomische  Substrat  der   ^^^^^^^s, 
progressiven  Paralyse  ist  eine  diffuse,  interstitielle  corticale  Ence- 
phalitis,  analog  der  Hepatitis  interstitialis ,  nur  dass  bei  der  Ence- 
phaHtis  der  Process  mit  der  Erkrankung  der  OrganzeUen  einsetzt, 
während  das   bei   der  Hepatitis  noch  nicht  nachgewiesen  ist;   die 
nicht  specifische  interstitielle  Hepatitis  z.  B.  bei  Phosphorvergiftung 
beginnt  mit   der   Degeneration  der  Parenchymzellen.     Eine  andere 
interstitielle  Encephalitis  ausser  der  progressiven  Paralyse  gibt  es 
nicht.     Reflectorische   Pupillenstarre   (die   Pupillen   sind   lichtstarr, 
reagiren  aber  bei  Convergenzbewegung)   kommt  fast  ausschliesslich 
bei  progressiver  Paralyse,   Tabes  und  Lues  vor;   dieselbe  ist  eine 
«ier  progressiven  Paralyse   coordinirte  Erscheinungsform   der  Lues. 


1 28  Lewald. 

In  der  an  diesen  Vortrag  in  der  Wiener  Gesellschaft  für  Psj'chiatrie 

sich  anschliessenden  Debatte  erhob  gegen  diese  Anschauung  nament- 

Aetioiogie   üch  An  ton  Widerspruch  unter  Hinweis  darauf,  dass  viele  tausend 

eressiven    Syphilitiker  nicht  paralytisch   werden,   dass   daher  wohl  noch    ein 

Paralyse,    neues   Moment   hinzukommen   müsse;    für   nicht   unwesentlich    hält 

Anton.       Anton   körperliche   und   geistige   Ueberanstrengung  und  bemerkt, 

dass  man  daher  in  den  niederen  Ständen  der  Grossstädte  viel  mehr 

Paralysen  findet,  als  in  den  ländlichen  oder  Provinzialirrenanstalteii, 

was  Ref.  nur  bestätigen  kann.   Wahrscheinlich  liegt  die  ganze  Frage 

kaum  so  einfach,  wie  man  nach  Hirschl's  Darlegungen  anzunehmen 

geneigt  sein  könnte. 

Die  ätiologischen,   klinischen  und  anatomischen  Eigenthümlich- 
Frühform    keiten    der  Frühform   der    Paralyse   unterwirft   Alzheimer 

der 

progressiven  (-^^S-  Z^itschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  52)  auf  Grund  einer  Reihe  von 
Paralyse,  Fällen  einer  eingehenden  Besprechung.  In  der  Aetioiogie  gebührt 
Alzheimer.  ^^^  Syphilis  eine  höchst  wichtige,  vielleicht  die  ausschliessliche  Rolle ; 
hereditäre  Belastung  scheint  eine  besondere  Disposition  für  die  Er- 
krankung zu  schaffen;  ein  Trauma  kann  vielleicht  den  Ausbruch 
beschleunigen.  Klinisch  verläuft  die  Paralyse  der  Entwickelungs- 
jahre  unter  dem  Bilde  einer  chronischen  Demenz  ohne  Wahnideen; 
die  körperlichen  Lähmungserscheinungen  treten  meist  selir  frühzeitig 
auf  und  stehen  oft  während  des  ganzen  Verlaufes  im  Vordergrunde 
des  Krankheitsbüdes ;  paralytische  Anfälle  stellen  sich  oft  ein.  lieber 
einzelne  noch  dunkle  ätiologische  Fragen  der  Paralyse  verbreitet  die 
Frühform  der  Paralyse  nach  Ansicht  Alzheimer 's  Licht.  Sie 
findet  sich  in  einer  Zeit  des  Lebens,  wo  Elend,  Ueberanstrengung, 
Sorgen,  überhaupt  der  Kampf  ums  Dasein  mit  seinen  Schädigungen 
des  Körpers  und  Geistes  nur  eine  geringe  Rolle  spielen  können;  auf 
der  anderen  Seite  aber  macht  sich  der  Einfluss  der  Syphilis  in 
besonders  deutlicher  Weise  geltend. 

Die  von  Biernacki  und  Gramer  (s.  vorigen  Jahrgang  dieses 

Jahrbuches)    gemachte    Beobachtung    betreffend    die   Analgesie    des 

Ulnarisstammes  auf  Druck  bei  Tabes  und  progressiver  Paralyse  wuixie 

AnaUesie    von  Boedeker  und  Falkenberg  (Allgem.  Zeitschr.  f.  Psych.  Bd.  52) 

des  ülnaris.  g^jjgj.    kritischen    Revision   unterworfen.      Sie    stellten    ihre    Unter- 

Paralyse,    suchungen  an  der  stattlichen  Zahl  von  125  Paralytikern  und  300  nicht 

Boedeker  u.    paralytischen  Geisteskranken  an  und  kamen ,   nachdem  sie   auf  die 

Falkenberg,    B^(Je^tung  des  subjectiven  Momentes  sowohl  auf  der  Seite  des  Unter- 

Buchers,  wie  des  Untersuchten  eindringlich  hingewiesen,  im  Gegen- 


PsTduatrie,  1 29 

s»a  n  den  ffTffgpn«mrt=fn  Autoren  za  dem  Schlüsse,  dass  die 
Asügeaie  des  TThuaiastuiiiDes  als  nicht  typisch  iur  Paralyse  an- 
zusejwn  und  dalier  anch  nidit,  wie  Gramer  meinte,  differential* 
dia^DOsdsdi  zn  verwenden  sei:  dagegen  fanden  sie,  ohne  übrigens 
irgend  veldie  Schlüsse  daraus  zn  ziehen,  diese  Analgesie  relativ 
käii£g  bei  Parahrtikem  mit  ffinterstrangserkrantnng. 

Za  ganz  anderen  Besnltaten  gelangte  Göbel  (yenrol.  CentralbL  GdbeU 
Nr.  16i:  ihm  scheint  die  Ulnarisanalgsie  ,.ein  (xathognomonisches 
Zeichen,  ein  brauchbares  üntersachungsmittel  mit  zur  Sichenmg  der 
Diagnose  auf  Paralyse  zn  sein,  aber  sie  ist  dieser  Form  nicht  eigen, 
indem  anch  and»%  abnorme  Greisteszustande,  speciell  Epüepsie,  das 
Smptom  aufweisen.  Wo  aber  Verdacht  auf  Paralyse  besteht,  da 
Scheint  oonstant  das  Vorhandensein  der  Analgesie  für  diese  organische 
Psychose,  ihr  Fehlen  dagegen  zu  sprechen.  Bei  der  Paralyse  der 
Frauen  jedoch  ist  weder  erhaltene,  noch  au%ehobene  Schmerzempfind- 
lichkeit der  Ulnarisstämme  differentialdiagnostisch  zu  verwerthen.^ 
Boedeker  und  Falkenberg  haben,  wie  in  parenthesi  bemerkt  sei, 
bei  ihren  100  männlichen  und  25  weiblichen  paralytisch  Kranken 
irgend  einen  Unterschied  der  beiden  Geschlechter  bei  der  Analgesie 
nicht  gefunden.  Snell  (Berl.  kün.  Wochenschr.  Nr.  42)  hat  25  para-  Sneii, 
lytische  und  75  andere  Geisteskranke  der  Bildesheimer  Anstalt  unter- 
sucht; von  ersteren  zeigten  1  das  Ulnarissymptom  erhalten,  10  ab- 
geschwächt und  14  erloschen,  während  von  den  nicht  paralytischen 
Kranken  25  es  erhalten,  39  abgeschwächt  und  11  es  erloschen 
zeigten.  Orschansky  hat  in  seiner  unter  Mendel  gearbeiteten  Orochanaky. 
Dissertation  Fälle  von  Tabes,  Paralyse,  Hysterie  und  auch  im 
wesentlichen  gesunde  Individuen  auf  dieülnarisanalgesie  imter- 
sucht  und  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  sie  kaum  mehr  als  eine 
andere  Sensibilitätsstörung  Anspruch  auf  diagnostische  Bedeutung 
machen  kann. 

Dagegen  macht  Mendel   (Neurol.   CentralbL   Nr.  4)   auf  ein    AnaigoniH 
bisher  weniger  beachtetes  Frühsjonptom  bei  progressiver  Paralyse    <l er  Unter- 
aufmerksam,  nämlich  auf  die  Analgesie  an  den  Unterschenkeln,  dieprogres^ivpr 
er  in  Fällen,  in  denen  die  Patellarreflexe  vorhanden  waren  und  die    Paralyiie, 
noch  keine  vorgeschrittene  Demenz  zeigten,  nicht  selten  fand.  Mendel. 

lieber  Lähmung   im  Gebiete  des  N.   peronaeus   bei   pro-  LUhmung 
greasiver  Paralyse  hat  in  der  Berliner  Gesellschaft  für  Psychiatrie         ^^" 

Moeli  (Neurol.  CentralbL  Nr.  3)  einen  Vortrag  gehalten,  in  dem  er,  ^'mooU*!""' 
auf  ftinf  selbst  beobachtete  Fälle  bei  Paralytikern  mit  fehlendem 

Jihtbiich  der  practiBchen  Medicin.    189tf.  9 


130  Lewald. 

Kniephänomen,  also  bestehender  Hinterstrangserkrankung,  gestützt, 
die  Vermuthung  ausspricht,  dass  es  sich  hierbei  um  eine  durch 
Rückenmarksveränderung  etwa  gesetzte  functionelle  Ueberlastung  im 
Gebiete  des  N.  peronaeus  handeln  könne. 

Bei  der  Untersuchung  der  Harne  von  22  Paralytikern  kommen 
Peptonurie,  Meyer  und  Heine  (Archiv  f.  Psychiatrie  Bd.  27)  zu  dem  Schluss, 
Meyer  u.  Heine,  ^agg  Pepton  in  nachweisbarer  Menge  sich  häufig,  aber  nicht  zu 
jeder  Zeit  im  Urin  von  paralytisch  Kranken  findet;  auch  im  Urin 
anderer  Geisteskranker,  ja  selbst  im  Urin  Gesunder  findet  sich 
mitunter  der  als  Pepton  charakterisirte  Körper  in  nachweisbarer 
Menge.  Peptonurie  kommt  zwar  bei  Paralytikern  häufiger  vor,  als 
bei  anderen  Geisteskranken,  hat  aber  nichts  für  die  Paralyse  Charak- 
teristisches. 

Paralyse  Bristowe  (Joumal  of  mental  science,  Juli)  fand  bei  der  Section 

und  Nieren-  yQ^  Paralytikern  in  68^/o  der  Fälle  Nierenerkrankungen  und 
kungen,  »lacht  darauf  aufmerksam,  wohl  um  diese  sehr  grosse  Zahl  einiger^ 
Bristowe.  massen  zu  erklären,  dass  die  ersten  Veränderungen  in  der  Niere 
der  makroskopischen  Betrachtung  entgehen  können;  er  erwähnt  als 
beweisendes  Beispiel  dafür  einen  nach  6monatlicher  Krankheit 
gestorbenen  Paralytiker,  dessen  Nieren  makroskopisch  nichts  Be- 
sonderes darboten,  bei  der  histologischen  Untersuchung  aber  die 
vom  Verf.  auch  sonst  bei  Paralytikern  gefundenen  Veränderungen 
zeigten.  Bristowe  tritt  für  den  toxischen  Ursprung  der  progressiven 
Paralyse  ein  und  glaubt,  dass  hauptsächlich  der  Alkoholmissbrauch 
und  die  Syphilis  die  Veränderungen  in  den  Nieren  herbeifuhren. 

Die  Symptomatologie  und  Diagnose  der  Paralyse  werden 
Sympto-     in  Kürze  in  einer  klinischen  Studie  Francotte's  (Bull,  de  la  soc. 
matoiogie    (jg  m^d,  ment.,  Sept.)  besprochen  und  zunächst  in  Uebereinstimmung 
Diagnose    ^^*  ^®^  anderen  Autoren  hervorgehoben,   dass  die   demente  Form 
der  Paralyse,  immer  häufiger  und   die   expansive   oder  manische  immer  seltener 
Francotte.     -^erde.    Was  die  Frage  der  Hallucinationen  bei  dieser  Psychose  an- 
betrifft, so  nimmt  Francotte  an,  dass  es  sich  dabei  häufig  um  ein- 
fache Illusionen  handele  oder  auch  um  Träume.    Die  Sprachstörung 
ist   und   bleibt    das   Haupt-,    das   pathognomonische    Symptom   der 
progressiven  Paralyse,  und  nach  Rieger  ist  das  beste  Mittel,  um  die 
typische  Articulationsstörung  zu  entdecken,  den  Kranken  laut  vor- 
lesen zu  lassen,   wobei   manchmal   auch  Paralexie   zum  Vorschein 
kommt.     Was  die  Diagnose  der  progressiven  Paralyse  anbetrifft,  so 


Psychiatrie.  131 

sei  hervorgehoben,  dass  die  reine  Manie,  mit  der  die  Paralyse  im 
Beginn  verwechselt  werden  kann,  im  Lebensalter  von  85 — 45  Jahren, 
dem  Prädilectionsalter  der  Paralyse  bei  Männern,  sehr  selten  ist 
i^ä  im  Gegensatz  zu  der  sich  langsam  entwickelnden  organischen 
Gehimkrankheit  ziemlich  acut  auftritt.  Ueber  die  manchmal  recht 
schwierige  Differentialdiagnose  zwischen  Neurasthenie  und  beginnen- 
der ParaljTse  ist  im  Jahrgang  1893  im  Anschluss  an  eine  Arbeit 
V.  Krafft-Ebing's  berichtet  worden. 

Tl.  Therapie. 

In  Bezog  auf  das  Anstaltswesen  ist,   da  ja  die  Anstalt  den  verfügnng 
wichtigsten  Factor  bei  der  Therapie  der  Psychosen  darstellt,   von  di^^Pi-ivat- 
der  preussischen  Regierung  unter  dem  20.  September  1895  eine  »An-       irren- 
weisung    über  die  Aufnahme   und   Entlassung   von   Geistes-    a^^^^^^^c"* 
kranken,   Idioten  und  Epileptischen  in  und  aus  Privatirren- 
anstalten, sowie  über  die  Einrichtung,  Leitung  und  Beaufsichtigung 
solcher  Anstalten"   herausgegeben  worden.     Den   Schwerpunkt  der 
Anweisung  bildet  der  vierte  Abschnitt:   Von  nun  an  müssen  alle 
Privatanstalten  für  Geisteskranke,   Epileptische  und  Idioten,   auch 
die  von  Corporationen,  weltlichen  und  geistlichen  Gesellschaften  er- 
richteten,  von  einem  in  der  Psychiatrie  bewanderten  Arzte  geleitet 
werden,  der  durch  längere  Thätigkeit  an  einer  grösseren  öffentlichen 
Anstalt  oder  an   einer  psychiatrischen  Universitätsklinik  —  wenn 
auch  als  Volontär  —  sich  die  nöthigen  Kenntnisse  verschafft  hat; 
die  Thätigkeit  an  einer  Privatirrenanstalt  genügt  somit  nicht.  — 
Znr  Bevision  der  Privatirrenanstalten  treten  vom  1.  April  1896  die 
Besuchscommissionen  in  Thätigkeit;   dieselben  haben  die  Anstalten 
jährlich  mindestens  einmal  einer  Besichtigung  zu  unterziehen.   Ueber 
die  Zusammensetzung  dieser  Commissionen  bringt  die  Anweisung 
nichts;  voraussichtlich  werden  sie  aber  aus  einem  Irrenarzte  (leitender 
Arzt  einer  grösseren  öffentlichen  Irrenanstalt),   einem  höheren  Ver- 
waltimgsbeamten  und  dem  zuständigen  Begierungsmedicinalrathe  be- 
istehen; über  das,  was  bei  den  Revisionen  zu  beachten  ist,  gibt  das 
vorgeschriebene  Formular  für  die  zu  erstattenden  Berichte  die  noth- 
wendigen  Anhaltspunkte. 

Bie  therapeutische  Ausbeute  des  abgelaufenen  Jahres  ist  dürftig.  Tnbercuiin- 
Von  der  bekannten  Thatsache   ausgehend,    dass  Psychosen   durch  behan^diung 
äCQt  fieberhafte  Erkrankungen  gebessert,  ja  sogar  geheilt  werden  Psychosen, 
k^»nnen,  hat  Wagner  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  9)  versucht,      Wagner. 


L 


132  Lewald. 

Psychosen  mit  Tuberculin  zu  behandeln  und  in  2  Pällen  eine 
Tubercuiin-  rasche  Heilung  der  Psychosen  erzielt.  Bock  (Jahrb.  f.  Psychiatrie 
be  an  ung  g^  -^^^  j^^^^  ^^  Wagnerischen  Versuche  wieder  aufgenommen  und 
rsychosen,  bisher  41  Fälle  behandelt  (8  davon  mit  Pyocyaneusculturen).  Von 
ßöck.  den  22  mit  Tuberculin  behandelten  Frauen  wurden  bisher  10  ge- 
heilt; alle  geheilten  Fälle  betrafen  die  hallucinatorische  Verwirrtheit 
(Amentia  Meynert's);  auch  die  spontanen  Heilungen  durch  inter- 
currente  fieberhafte  Erkrankungen  betrafen  fast  ausschliesslich  diese 
Psychose,  die  ja  an  sich  eine  sehr  günstige  Prognose  hat.  Fälle 
von  secundärem  Blödsinn  und  Paranoia  zeigten  keine  Besserung; 
bei  letzterer  wurden  höchstens  Zustände  vorübergehender  Verwirrt- 
heit beeinflusst.  Die  Paralyse  hält  Bock  für  nicht  ungeeignet  zu 
solchen  therapeutischen  Versuchen,  besonders  in  ihren  frühen  Stadien. 
Unter  gleichen  Verhältnissen  geben  natürlich  frischere  Fälle  über- 
haupt günstigere  Aussichten.  Welche  Momente  es  sind,  denen  der 
erzielte  günstige  Einfluss  zukommt,  dem  Fieber,  der  Steigerung  des 
Stoffwechsels,  der  Beschleunigung  des  Lymphstromes,  lässt  Bock 
dahingestellt.  Die  heilende  Wirkung  geht  jedenfalls  der  erzielten 
Fieberhöhe  nicht  parallel.  Bock  gibt  der  Vermuthung  Ausdruck, 
dass  verschiedenen  Infectionsträgem  ein  verschiedener  Einfluss  auf 
die  Psychosen  zukomme,  und  empfiehlt  dringend,  seine  Versuche 
fortzusetzen. 

Thyreoid-  Bruce  (Journal  of  mental  science,  Januar)   hat  Psychosen  mit 

^'^^^'^'^^^"^'Thyreoidtabletten  behandelt  und  davon  gute  Erfolge  gesehen; 
er  empfiehlt  das  Mittel  bei  Pubertäts-,  klimakterischen  und  puerperalen 
Psychosen  und  hält  es  nur  bei  Manie,  wenn  die  Erregung  bereits 
zur  Erschöpfung  geführt  hat,  für  contraindicirt.  Seine  Beobachtungen 
über  die  Wirkung  der  Tabletten  bei  progressiver  Paralyse  sind 
nicht  ganz  entmuthigend. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Weigert,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  normalen  menschlichen  Neuroglia. 

Frankfurt  a.  M. 
Dejerine,  Anatomie  des  centres  nerveux.    Bd.  1.     Paris. 
V.  Lenhossek,    Der   feinere  Bau   des  Nervensystems  im  Lichte   neuester 

Forschung.    2.  Aufl.    Berlin. 
Jacob,  Atlas  des  gesunden  und  kranken  Nervensystems.    München. 
Wer  nicke,  Arbeiten  aus  der  psychiatrischen  Klinik  zu  Breslau.    Heft  2. 

Leipzig. 
Ziehen,  Leitfaden  der  physiologischen  Psychologie.     3.  Aufl.     Jena. 


Psychiatrie.  133 

Bourneville^    Recherches    cliniques    et    th^rapeutiques    sur    Tepilepsie, 

rhyst^rie  et  Tidiotie.    Paris. 
Hitzig,    Ueber    den    Querulanten  Wahnsinn^    seine    nosologische    Stellung 

und  seine  forensische  Bedeutung.    Leipzig. 
Hempe,    Ueber   Geisteskrankheiten   infolge  Schwefelkohlenstoffv^ergiftung. 

Leipzig. 
Lombroso,    Die    Anarchisten.     Eine    criminal-psychologische   und    socio- 

logische  Studie.    Deutsch  von  Hans  Kurella.     Strassburg. 
Friedmann,  Ueber  den  Wahn.    Wiesbaden. 
Bruns,    Gehirntumoren.      Sonderabdruck    aus    Eulenburg's    Realencyklo- 

pädie.    3.  Aufl. 
Rothe,  Geschichte  der  Psychiatrie  in  Russland.    Leipzig  und  Wien. 


II,  3.  Krankheiten  der  Athmungsorgane^). 

Von  Dr.  Julius  Schwalbe  in  Berlin. 

I.  Anatomie.  Physiologie.  Untersucliungsinethoden. 

Ein  Fall  von  congenitalem  Mangel  der  linken  Lunge  wird  von 

Gongen i-     Tichomiroff  in  der  International.  Monatsschr.   f.  Anatomie  u.  Physiol. 

taler  Mangel  Bd.  12  eingehend  beschrieben.    Interessant  ist,  dass  das  Individuum  keine 

einer  I^^nge,  ^j^j^^j^^^^^  jjj  ^gj.  sonstigen  Eörperausbildung  darbot  und  wahrend  des. 

Lebens  nie  an  Athembesch werden  litt.  Der  Tod  erfolg^  im  25.  Lebensjahr 

an  croupöser  Pneumonie. 

Auf  sein  bereits  im  Jahre  1892  bekannt  gegebenes  „Zwerch- 
Zwerchfell-  fellphänomen^*  kommt  L i 1 1 e n  in  mehreren  Publicationen  (Wiener 
Phänomen,  jjjjjj^  Wochenschr.  Nr.  6  u.  a.)  zurück,  nachdem  seine  pracüschen 
Martins.  Erfahrungen  über  diese  Erscheinimg  sich  beträchtlich  erweitert  haben. 
Unter  „Zwerchfellphänomen"  versteht  Litten  den  sichtbaren  Aus- 
druck der  successive  fortschreitenden  Ablösung  (oder  Abhebung)  des 
Zwerchfells  von  der  Brustwand  bei  dessen  Tiefertreten  während  der 
Inspiration,  sowie  seine  successive  fortschreitende  Anlegung  an  die 
Brustwand  beim  Höhertreten  während  der  Exspiration.  Die  Erscheinung 
läuft  in  Form  eines  Schattens  oder  einer  Wellenbewegung  ab,  welche 
beiderseits  etwa  in  der  Höhe  des  sechsten  Intercostabraumes  beginnt 
und  als  gerade  Linie  oder  seichte  Furche  (welche  mit  den  Rippen 
einen  spitzen  Winkel  bildet)  bei  tiefster  Inspiration  mehrere  Inter- 
costalräume  weit,  zuweilen  bis  an  den  Rippenbogen  herabsteigt,  um 
bei  der  Exspiration  um  das  gleiche  Maass  wieder  in  die  Höhe  zu 
steigen.  Am  deutlichsten  tritt  das  Phänomen  zu  Tage,  wenn  man 
den  unteren  Thoraxabschnitt  des  zu  Untersuchenden  betrachtet,  in- 
dem man  die  Person  horizontal  gegenüber  der  Lichtquelle,  das  Ge- 
sicht dieser  zugekehrt,  lagert,  während  der  Beobachter  aus  3  bis 

^)  Ueber  die  Krankheiten  der  Nase,  des  Kehlkopfs  und  der  Luftröhre 
siehe  Abschnitt  VII. 


Krankheiten  der  Athmungdorgane.  135 

4  Schritt  Entfernung  unter  einem  Winkel  von  ca.  45  *,  den  Rücken 
zur  Lichtquelle  gewendet,  Stellung  nimmt.  Der  Untersuchte  muss 
tief  athmen.  —  Der  diagnostische  Werth  des  Phänomens,  den  Verf. 
an  sehr  vielen  PäUen  geprüft  hat,  ist  ein  hoher.  Beim  Emphysem 
beginnt  sein  oberer  Rand  tiefer,  sein  xmterer  reicht  weiter  herab, 
«eine  ganze  Ausdehnung  ist  verringert.  Bei  Elüssigkeitserguss  in 
die  Pleura  oder  bei  Pneumonie  wird  es  auf  der  kranken  Seite  ver- 
misst  oder  ist  nur  in  ganz  geringem  Maasse  sichtbar.  Dasselbe 
gilt  bei  umfangreichen  Verwachsungen  und  Schwartenbildungen.  Be- 
steht Dämpfung  in  der  imteren  Thoraxpartie  und  ist  trotzdem  das 
Phänomen  vorhanden,  und  zwar  oberhalb  der  Dämpfong,  so  spricht 
dies  für  subphrenischen  Abscess.  Bei  Tumoren  im  Thorax  steht  das 
Zwerchfell,  wenn  überhaupt  sichtbar,  abnorm  tief,  bei  Lebertumoren 
abnorm  hoch.  Bei  hochgradigem  Ascites,  sehr  ausgedehnten  Leber- 
tnmoren,  Peritonitis,  Heus  mit  starker  Tympanie  fehlt  das  Phänomen. 
In  einem  Fall  von  erworbener  Zwerchfellshemie  bestand  heUer  tym- 
panitischer  Schall  oberhalb  des  sichtbaren  Phänomens,  während  bei 
Pneumothorax  wegen  der  fehlenden  Inspiration  dasselbe  nicht  vor- 
handen war.  Wesentliche  Dienste  leistet  das  Phänomen  bei  der  Be- 
ortheilung  der  Lungenthätigkeit  nach  Pleuraergüssen,  nach  Rippen- 
fractnren,  bei  der  Pneumotherapie  u.  s.  w. 

Die  Angaben  Litten's  werden  von  vielen  Autoren  bestätigt. 
Vergl.  z.  B.  Martins  in  Nr.  10  der  Wiener  med.  Wochenschrift. 

£.  Gast  ex  (Etüde  generale  de  l'auscultation  de  Tappareil   ErkUrong 
respiratoire.     Archives  de  physiol.  Bd.  7,  S.  225)  schliesst  aus  de»  Athem- 
Versuchen,  welche  er  an  besonders  construirten  Modellen  angestellt       castez.     ' 
hat,   dass  die   Fortleitung  der  Geräusche   im  Athmungs- 
apparat  wesentlich  durch  die  Luft  und  nur  nebenbei  durch  die 
festen  Wände  geschieht.   Die  Entstehung  des  vesictdären  Athmungs- 
geransches  erklärt  er  durch  Reibung  der  eingeathmeten  Luft  an  den 
Tbeüungsstellen   der   Bronchioli.     Von   den   gesprochenen   Yocalen 
werden,  wie  Verf.  durch  Photographie  manometrischer  Flammen  (die 
eine  die  Schwingungen  der  Exspirationsluf t ,  die  andere  diejenigen 
der  Brustwand   registrirend)    fand,   nur   die  Grundtöne,   nicht   die 
Obertone   fortgeleitet,   weshalb   auch  geflüsterte  Worte  beim  Aus- 
ccdtiren  über  normalen  Lungen  nicht  verständlich  sind.    Verf.  stellt 
die  akustische  Untersuchung   der   auscultatorischen  Phänomene  im 
pathologischen  Zustand  für  später  in  Aussicht. 

Dass  dertympanitisch-metallische  Percussionsschall 
über  multiplen  bronchiektatischen  kleinen  Höhlen  —  und  nicht  nur 


136  Schwalbe. 

Tympani-    über  einer  grösseren  Höhle  —  zu  Stande  kommen  kann,  lehrt  Kobl  er 

*  ni^        an  zwei  Krankengeschichten  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  38).   Beide 

Schall  bei    Male  waren  die  Bronchiektasieen  von  luftleerem,  derbem,  verdichtetem 

Bronchi-     Lungengewebe  bezw.  schwieligem  Bindegewebe  umgeben. 
ektasieeD, 
Eobler. 

Respiro-  ^^^  Messung  der  Brustathmung  gibt  Witzenhausen 

meter,       (Münch.  med.  Wochenschr.    Nr.    10)    einen   neuen    „B^spirometer" 
Witzenhausen.  ^^     -j^  ^^^^  mittels  Kiemen  an  der  Brust  befestigten  Apparat  wird 
durch  ein  Zeigerwerk  die  Excursion  der  Athmung  in  Metern  markirt. 
Vier  verschiedene  Instrumente  zur  Percussionstechnik 
Plessimeter, werden  von  Hughes  (Münchener  med.   Wochenschr.  Nr.  12)    be- 
Hughes.       schrieben,  deren  Bedeutung  und  Construction  aus  den  Namen  her- 
vorgeht: ein  Siegelringplessimeter ,   ein  Linearplessimeter ,  ein  keil- 
förmiges und  ein  T-fÖrmiges  Plessimeter. 

Ein  neues  Verfahren  zum  Nachweis  der  Tuberkelbacillen 
Nachweis    im  Sputum  beschreibt  Amann  im  Centralbl.  f.  Bacteriologie  Bd.  17, 
^^»"^        Nr.  16. 

Tuberkel* 
bacillenira  ^^  einem  Glascylinder  wird  1  Theü  Auewurf  mit  2 — 4  Theilen  kalten 

Sputum,  destillirten  Wassers  und  1  com  Chloroform  gemischt,  einige  Minuten  mit 
Amann;  Schrot  geschüttelt  bis  zur  gleichmässigen  Consistenz ,  dann  mit  weiteren 
4 — 6  Theilen  Wasser  versetzt.  Darauf  wird  sedimentirt,  vom  Sediment  ein 
Theilchen  auf  einem  Objeetträger  verstrichen,  getrocknet  und  durch  2  bis 
8  Minuten  langes  Aufsprayen  von  wasserfreiem  Alkohol  +  Aether  fixirt. 
Dann  wird  das  Präparat  mit  warmem  Carbolfuchsin  (1  g  Fuchsin  mit  5  g 
flüssiger  Carbolsäure  vermischt  und  mit  95  ccm  heissem  destillirtem  Wasser 
verrührt,  unter  wiederholtem  Umschütteln  mehrere  Tage  aufbewahrt  und 
dann  decantirt)  gefUrbt,  durch  20^/oige,  mit  Pikrinsäure  gesättigte  Schwefel- 
säure V* — 1  Minute  theil weise  entfärbt,  im  fliessenden  Wasser  abgespült, 
mit  einer  filtrirten  Lösung  von  15  g  Fluorescin  und  krystallisirtem  Methylen- 
blau in  500  ccm  Alkohol  abgespült  und  schliesslich  wieder  in  Wasser  ge- 
waschen. Zur  Nachfärbung  wird  verdünntes  wässriges  Malachitgrün  ver- 
wandt. 

In  Anbetracht,  dass  die  Tuberkelbacillen  hauptsächlich  im  Ca- 
vemeneiter  enthalten  sind  und  dass  das  Secret  der  Bronchien  aus 
einzelnen  schleimigen  Ballen  besteht,  in  welche  die  Tuberkelbacillen 
V.  Rindfleisch,  nicht  eindringen  können,  hat  man  nach  v.  Rindfleisch  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  48)  die  meiste  Aussicht,  Tuberkelbacillen  zu 
finden,  wenn  man  die  Flüssigkeit  zwischen  den  Schleimballen 
untersucht.  Man  nehme  also  einen  gewöhnlichen  mit  Wasser  etwas 
angefeuchteten  Tuschpinsel  und  rühre  damit  tüchtig  nach  allen 
Seiten  in  dem  Sputum  herum.  Bestreicht  man  dann  ein  Deckgläschen 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  137 

mit  dem  Pinsel,  so  finden  sich  in  der  dünnen  Schicht  unverhältniss- 
mässig  viele  TuberkelbaciUen.  Man  muss  natürlich  für  jede  Unter- 
suchung einen  neuen  Pinsel  verwenden. 

Sein  bereits  im  vorigen  Jahre  (s.  d.  Jahrb.  S.  132)  beschriebenes 
Ter&hren    der    Pankreatinverdauung    des    Sputums    zum 
Sedimentiren  der  TuberkelbaciUen  beschreibt  C.  Spengler    c.  Spengler, 
nochmals  in  Nr.  15   der  Deutschen  med.  Wochenschrift  etwas  aus- 
führlicher. 

Ein  beliebiges  Sputumquantum  wird  in  einem  Spitz-  oder  vorerst  in 
einem  grösseren  Becherglase,  welches  etwa  die  gleiche  Quantität  mit  Soda- 
lösung  alkalisirten,  lauwarmen  Wassers  enthält,  mit  0,1 — 1,0  Pankreatin- 
pulver  innig  vermischt,  das  Gemenge  im  Brütapparat  der  Verdauung  über- 
lassen mid  ihm  zur  Vermeidung  von  Fäulniss  gleich  oder  nach  2 — 3  Stunden 
ein  Carbolkrystall  von  0,1 — 1,0  hinzugefügt.  Sobald  sich  ein  Sediment  ge- 
bildet hat,  giesst  man  die  über  demselben  stehende  Flüssigkeitsschicht  ab 
ond  beginnt  die  Untersuchung.  Falls  das  Sediment  nicht  klein  genug  ist, 
wascht  man  es  aus.  Die  abgegossene  Flüssigkeitsschicht  wird  dann  wieder 
durch  Wasser  ersetzt,  das  Sediment  aufgerührt,  wenn  nöthig,  wieder  alka- 
li^irt,  um  die  Verdauung  im  Gange  zu  halten.  Nach  einigen  Stunden  hat 
^ich  ein  kleineres  Sediment  gebildet,  das  weiter  ausgewaschen,  centrifugirt 
oder  auf  Filtrirpapier  zur  AbkÜrzimg  der  Untersuchung  etwas  getrocknet 
werden  kann.  In  der  Regel  ist  dies  unnöthig,  da  selbst  von  sehr  grossen 
248tQndigen  Sputummengen  in  12 — 24  Stunden  kleine  Sedimente  gewonnen 
werden,  die  durch  einige  Objectti^gerpräparate  zu  untersuchen  sind. 


2.  Specielle  Pathologie. 

A.  Krankheiten  der  Bronchien. 

Unter  den  vier  Fällen  von  Fremdkörpern  in  den  Luft- 
wegen, die  Mandowski  in  der  Deutschen  med.  Wochenschrift      Fremd- 
Nr.  30  beschreibt,  waren  drei,  wo  der  Fremdkörper  abweichend  von    körper  in 
dem  gewöhnlichen  Wege  in  die  linke  Lunge  gerathen  war.     Drei      wegen, 
Patienten  kamen  zur  Genesung  durch  Aushusten  des  Fremdkörpers,  im    Mandowski, 
vierten  Fall,  wo  das  Stück  einer  Mandel  aspirirt  war,  trat  der  Tod  nach 
ca.  9  Monaten  infolge  einer  katarrhalischen  und   secundär-käsigen 
Pneumonie   ein.  —  Für  die  Therapie  empfiehlt  auch  Mandowski 
dag  zeitweilige  Lagern  des  Patienten   mit  herabhängendem  Ober- 
körper, namentlich  während  der  Hustenanfälle  bezw.  die  Anwendung 
eines  Brechmittels. 

£ine  ausführliche  Abhandlung  über  dasselbe  Thema  pubHcirt 
Kobler  in  Nr.  12 — 18  der  Wiener  kün.  Eundschau.   Therapeutisch       Kobier. 


138  Schwalbe. 

.tritt  er  für  die  Tracheotomie  ein,  sobald  sieb  bei  nachgewiesenem 
Fremdkörper  krankhafte  Folgezustände  einstellen.    An  die  Tracheo- 
tomie  sind  Expulsionsversuche    mittels   Husten-    oder  Brechmittel, 
eventuell  Extractionsversuche  anzuschliessen. 
Fremd-  Morgan  (Lancet,  September)  berichtet  über  einen  Fall  (Kind),  bei  dem 

kör  per  m    ^^  abgebrochener  Pflaumenstein  nach  46tägigem  Aufenthalt  im  linken 
Luftwegen    Bronchus   durch  Tracheotomie  und  Einführung  einer  geeigneten  Zange 
Morgan.        entfernt  worden  ist. 

Bronchitis  Zwei  Fälle  von  Bronchitis  fibrinosa  chronica  beschreibt 

fibrinosa    p   Koch  in  Nr.  11   der  Wiener  med.  Wochenschrift.     In  beiden 
p.  Koch.      Fällen  wurden  die  charakteristischen  Bronchialgerinnsel  ausgehustet, 
und  zwar  nach  starken  asthmaartigen  Attacken. 

Zu  den  zahlreichen  Mikroorganismen,  die  als  Erreger  der  putri- 
den Bronchitis  bezw.   Lungengangrän    angesprochen   werden,    fugt 
Aetioiogie  Hitzig    („Beiträge    zur   Aetiologie    der  putriden  Bron- 
"^Bro^nVhiti?^^^^^®"'    ^^^^<>w's  Archiv  Bd.  141,  H.  1)  nach  einer  Beobachtung 
Hitzig.     '  ^^^  dör  Ei chhors tischen  Klinik  einen  neuen  hinzu,  nämlich  einen 
Colibacillus  in  zwei  verschiedenen  Formen.    Derselbe  war  pathogen 
für  Mäuse,  Meerschweinchen  und  Kanmchen,  und  zwar  erzeugte  er 
bei  längerer  Krankheitsdauer  fibrinöse  Eiterung  und  nekrotisirende 
Entzündung,  bei  raschem  Verlauf  tödtliche  Sepsis.    Der  Verf.  nimmt 
an,   dass  die  Mikroben  von  einer  überstandenen  Peritjrphlitis  meta- 
statisch in  die  Lungen  eingedrungen  wären.     Therapeutisch  wurde 
der  Fall  anscheinend  durch  den  innerlichen  G-ebrauch  von  Elreosot 
günstig  beeinfiusst. 

B.  Krankheiten  der  Lungen, 

1.  Bronchopneumonie. 

Eine   Abhängigkeit    des    Verlaufes    einer    Broncho- 
pneumonie von  der  Anwesenheit  einer  Bronchostenose 
Broncho-     versucht   Dehio   auf  Grund   zweier   Beobachtungen   (Petersburger 

Pneumonie   med.  Wochenschr.  Nr.  39)  zu  construiren.  In  beiden  Fällen  handelte 
und 

Bronchial-  ßs  sich  um  die  Verengerung  eines  Bronchus  durch  carcinoma- 
Btenose,  töse  Bronchialdrüsen  und  protrahirte  Bronchopneumonie  der  zu- 
gehörigen Lunge,  bei  gleichzeitiger  partieller  Carcinomentwicke- 
lung  im  Lungenparenchym.  Dehio  ist  der  Meinung,  dass 
infolge  der  Bronchostenose  die  Entfernung  der  Krankheitserreger 
und  damit  „die  normale  Resolution  der  Pneumonie"  verhindert  werde ; 


Kra nkheitqi  der  ÄihmxnLZ'^-^Tgiiii'',  I.3C1 

dadurch  erhalte  die  BronchopneoiDOiiie  dmen  progrexüaiten  Chankcer. 
lAber  diesen  deletären,  progredienten  Charakr«-  eiiiäh  die  firciiicho- 
pneumonie  auch  bei  kach^Etidclieai  <!t  IndiTidaefL  die  keine  Brcaidio- 
btenose  aohreisen.     Re£) 

2-  Acnte  fibrinöse  Pnenmoaifc. 

Die  interessante  und  aiisfnhiii<^  IHscoäsion  über  die  Patbo-  Pmthoioc:«' 
lozie  und   Therapie   der  cronpösen  Pnenmonie,    die   anf        ^^^ 
der  Jahresversammlung  der  Bridah  med.  Association  im  August  18S<5  pnevKoci«^. 
stattgefunden  bat,  findet  sieb  im  British  med.  Journal,  9.  XoTember. 
Eine  Wiedergabe   der   zahlreichen  Detaüs  ist  an  diesem  Orte  nicht 
möglich.    Wenn  auch  Neues  nicht  gebracht  ist ,  so  kann  doch  auf 
die  Lectüre  des  Originals  verwiesen  werden. 

Zur  Lehre   von   der  Aetiologie    der   acuten  fibrinösen 
Pneumonie  wird  in  den  beiden E^rankengeschichten B e in's  < Charite-  Aetiologie 
Annalen  Bd.  20)  ein  interessanter  Beitrag  geliefert.   In  beiden  Fällen         ^^' 
schloss  sich  die  Erkrankung  an  eine  Schädigung  des  Organismus  an,      o.  Bein. 
in  dem  einen  Falle  an  eine  Erschütterung  der  Brust  und  Erkältung 
(bei  Selbstmordversuch  durch  Ertranken) ,  in  dem  anderen  Falle  an 
Verätzung  des  Mundes  und  Magendarmkanals  durch  versehentliches 
Trinken  von  Salmiakgeist.    Im  ersten  Fall  wurden  virulente  Pneumo- 
kokken im  Mundspeichel  noch  vor  dem  Auftreten  bestimmt  nach- 
weisbarer Zeichen  der  Pneumonie  gefunden.      Beide  Fälle   zeigen 
nach  dem  Verf.  „zur  Evidenz",  dass  nicht  allein  die  bacterielle  Ur- 
liache  bei  der  Infection  des  Körpers  mit  dem  pneumonischen  Virus 
niaassgebend  ist,   sondern  dass  andere  Factoren,  besonders  Schädi- 
gungen des  Körpers  noch  hinzutreten  müssen  (?),   um  das  pneu- 
monische Virus  zur  Wirkung  gelangen  zu  lassen. 

In  seiner  auf  anatomische  Untersuchungen  au%ebauten  Arbeit 
über  Todesursachen  bei    croupöser    Pneumonie   (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  32)  gelangt  Bollinger   zu  dem  Resultat,       Todes- 
dass  die  Pneumonie  nicht  durch  die  Dauer  und  Intensität  des  Fiebers '*''**°'*®"  ^®* 
ge&hrlich  wirkt  und  dass  auch  die  Schädigung  der  Lungenfimction  pneamonie 
^  der  Kegel  nicht  ausreicht,  um  den  Tod  zu  erklären.     Vielmehr     Bollinger. 
sind  sowohl  die  kritischen  Collapserscheinungen  wie  die  letale  Herz- 
üisafficienz  wesentlich  bedingt  durch  die  Oligämie,  welche  ein  Re- 
B\ütat  der  reichlichen,  rapid  sich  entwickelnden  Exsudation  in  die 
Lungensubstanz   (bis  3,8**/o    des  Körpergewichts!)  ist  und  wie  ein 
^erer  BlutergiLss  wirkt.    Diese  Oligämie  führt  zur  ungenügenden 


140  Schwalbe. 

Emäbrung  des  ausserdem  febril  geschwächten  und  übermässig  in 
Anspruch  genommenen  Herzmuskels  und  übt  —  durch  die  Himan- 
ämie  —  möglicherweise  auch  Innervationsstörungen  auf  den  Herz- 
muskel aus. 

Parotitis  bei  Als  —  seltene  —  Complication  der  Pneumonie  wird  von  Hobbs 

Pneumonie,  (Mercredi  m6d.  Nr.  6)  die  Parotitis  beschrieben.    Dieselbe  ist  einfacher 
Hobbs.        Natur,  gelangt  aber  auch  zur  Abscedirung.  In  den  letzteren  Fällen  wurden 
Pneumokokken  als  Erreger  der  Eiterung  gefunden. 

Die  von   Petrescu   empfohlene  Behandlung   der   Pneu- 
Digitalis-    monie  mit  hohen  Digitalisdosen  ist  von  Lop  (Revue    de 
behandln  11  g  m^decine  Nr.  12)  in  Anwendimg  gezogen  worden.     Bei  vier  Pa- 

u  A  IT  —^ 

Pneumonie  tienten  sind  Tagesdosen  von  B — 10  g  während  1 — 6  Tagen  verabfolgt 

Lop,         worden,   ohne  irgend  welchen  Nachtheil,   mit  angeblich  günstiger 

Wirkung  auf  Puls,  Dyspnoe,  Temperatur.    Unter  den  Kranken  -wsr 

ein  Greis  von  67  Jahren ;  die  LungenaiFection  war  stets  ausgedehnt. 

o 

Naegeii-  Auch  Naegeli-Akerblom  (Gentralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  32) 

Äkerbiom.  j^at  die  Digitalis  in  hohen  Dosen,  allerdings  bloss  3 — 4  g  pro  die 
omd  diese  auch  nur  in  letzter  Zeit,  bei  acuter  Pneumonie  an- 
gewandt \md  hält  sie  fiir  „eines  unserer  wichtigsten  therapeutischen 
Mittel  zur  Bekämpfung  der  croupösen  Pneumonie".  Und  dieses  TJr- 
theil  bei  einer  Todeszahl  von  11  unter  64  Pneumoniekranken  gleich 
ca.  16  °/o !  Allerdings  behauptet  Verf. ,  dass  7  Fälle  von  Anfang 
an  hofinimgslos  gewesen  seien:  allein  gerade  hier  hätte  auch  das 
Mittel  Gelegenheit  gehabt,  seine  gerühmte  Wirksamkeit  zu  zeigen. 
Hie  Rhodus,  hie  salta!  Glaubt  der  Verf.,  dass  in  anderen  Stati- 
stiken der  Pneumoniemortalität  die  „von  vornherein  hofinungslosen 
Fälle"  stets  ausgeschieden  werden? 

Digitoxin,  Corin  (Therapeut.   Wochenschr.  Nr.  32)   wendet  hohe   Dosen 

Corin.  yQj^  Digitoxin  bei  der  Pneumonie  an  und  rühmt  die  Erfolge 
dieser  Therapie.  Bei  Erwachsenen  reicht  er  3 — 4  g,  bei  Kindern  von 
10 — IB  Jahren  2 — 3  mg,  für  Kinder  bis  1  Jahr  V«  ^ag  pro  die.  Im 
allgemeinen  wurde  das  Mittel  gut  vertragen,  nur  einigemal  trat  Er- 
brechen auf.  Nach  Zwischenräumen  von  2  Tagen  konnte  die  Dosis 
von  3  mg  mehrmals  wiederholt  werden.  Was  den  EiFect  der  Therapie 
betrifft,  so  hatte  Verf.  unter  B3  Pneumonieen  nur  3  Todesfälle, 
\md  die  Dauer  der  Pneumonie  war  nach  seiner  Meinung  erheblich 
abgekürzt  (meist  24 — 36  Stunden  nach  Einnahme  des  Digitoxins). 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  141 


3.  LungenschwindBucht. 

Für   eine   energische  Prophylaxis  der  Tuberculose,   die 
namentlich   durch  die  Eintrocknung  und  Verstaubung  des  tubercu- 
lösen  Spatums  und  sonstigen  Secrets  verbreitet  wird,  tritt  Gornet  Prophylaxe 
aufs  neue  in  seinem  Vortrage  ein  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20).  ,p^^^j^j.^Jj^^g^ 
Die  Durchführung  der  von  ihm  seit  langem  geforderten  Vorsichts-       Cornet. 
maasaregehi  gegenüber  dem  Auswurf  der  Schwindsüchtigen  habe  in 
den  letzten  6  Jahren  in  Preussen  eine  Verminderung  der  Tuberculose- 
mortaütatszifPer  um  70000  zur  Folge  gehabt. 

Nach  seinen  im  pathologischen  Institut  zu  München  ausgeführten 
Untersuchungen  über  die  Gewichtsverhältnisse  des  Körpers 
der  Organe  bei  Tuberculosen  im  jugendlichen  Alter 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  20)  gelangt  Oppenheimer  gleich  Herz  der 
einigen  fiüheren  Autoren  zu  dem  Resultat,  dass  das  Herz  beim  ^  *enheimer' 
Phthisiker  zur  Zeit  der  Pubertät  absolut  und  relativ  zum  Körper  zu 
klein  ist  und  dass  diese  Elleinheit  nicht  die  Folge  der  allgemeinen 
Abnahme  des  Gesammtkörpers  sein  kann.  Damit  ist  nach  dem  Verf. 
der  Beweis  erbracht,  dass  ein  kleines  Herz  zu  Tuberculose  disponire. 

Gegen  die  allgemeine  Auffassung  von  der  ätiologischenBe- 
deutung   des   Tuberkelbacillus  für  die  Tuberculose  kämpft 
0.  Liebreich  in  seinem  Vortrage  „Ueber  Lupusbehandlung  durch  Pathogenese 
Cantharidin  und  über  Tuberculose"  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14)^  ^  ^^^ , 

.  ^  .  .      Tuberculose, 

aufs  neue  an.  Nach  ihm  beginnt  der  Tuberkelbacillus  erst  seine  o.  Liebreich. 
zerstörende  Wirkung  im  Organismus,  wenn  eine  Erkrankung  ihm 
die  Gelegenheit  bietet;  der  Tuberkelbacillus  ist  daher  kein  wahrer 
Parasit,  sondern  „ein  Parasit  der  Erkrankung,  ein  Nosoparasit". 
«Bei  der  Tuberculose  haben  wir  eine  Erkrankung,  welche  local  oder 
allgemeiner  Natur  sein  kann;  erst  dann,  wenn  diese  vorhanden  ist, 
wird  der  AngriiFspunkt  für  den  Tuberkelbacillus  gegeben,  welcher 
nunmehr  seinerseits  erst  das  allgemein  bekannte  Bild  pathologisch- 
anatomischer Veränderungen  hervorruft."  (Ueber  die  Heilwirkung 
des  Cantharidins  bei  Lungentuberculose  erfahren  wir  in  dem  Vortrage 
nichts.) 

Dass  die  „vicariirende  Menstruation  durch  die  Lungen", 
i  h.  eine  Lungenblutung  an  Stelle  der  —  sehr  schwachen  oder  ganz  feh- 
lenden —  Menstruation,  unter  Umständen  das  erste  Zeichen  einer  vor- 
handenen Lungenschwindsucht  sein  kann,   sucht  Kobler  an  einem  Falle 


142  Schwalbe. 

Lungen-  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  2)  nachzuweisen.  Der  charakterisirte  Vorgang 
blutung,  stellte  sich  bei  seiner  —  hereditär  belasteten  —  Patientin  dreimal  hinter 
einander  ein,  jedesmal  mit  folgenden  entzündlichen  Lungenerscheinungen. 
Später  entwickelte  sich  eine  floride,  bald  zum  Tode  führende  Phthise.  — 
Bei  dieser  und  auch  bei  einer  anderen  Gelegenheit  hat  Verf.  die  Be- 
obachtung gemacht,  dass  eine  profuse  Lungenblutung  zum  Stillstand  kam, 
sobald  Erbrechen  (spontan)  eintrat.  Verf.  möchte  zwischen  diesen  That- 
sachen  einen  Causalnexus  statuiren  und  darauf  einen  alten  Vorschlag 
von  Graves  und  Trousseau,  bei  HämoptoÖ  Radix  Ipecacuanhae  in  übel- 
keits-  oder  brechenerregender  Dosis  zu  verordnen,  der  Beachtung  der  Aerzte 
empfehlen. 
Bedeutung  Gluzinski    (Ein   Beitrag    zur   Trage    über   Lungen- 

r   ^^^         blutungen.     Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  hat  experi- 

Lungen-  .      i       a  -r^i 

biutungen,  mentell  ermittelt,  dass  normales,  in  gesunde  Lungen  ergossenes  Blut, 
Gluzinski.  entgegen  den  Behauptungen  früherer  Autoren,  nicht  indifferent  ist, 
sondern  schon  nach  Ablauf  von  24  Stunden  eine  B^action  von  Seiten 
des  Lungenparenchyms  hervorrufen  kann,  welche  sich  in  den  ersten 
Tagen  durch  Abschilferung  des  Lungenalveolarepithels  und  durch 
Immigration  von  Lymphzellen  manifestirt.  Um  den  6.  Tag  herum 
entwickelt  sich  das  Bild  der  Lungenatelektase  mit  Verdickung  des 
interstitiellen  Gewebes  an  den  Stellen,  wo  der  Bluterguss  statt- 
gefunden hatte.  Der  Process  in  den  Bronchiolen  und  deren  Um- 
gebung dauert  fort,  und  manchmal  kommt  es  zu  einer  desquamativen 
Pneumonie.  Diese  Versuche  werfen  nach  des  Verf. 's  Ansicht  ein 
klärendes  Bild  auf  die  noch  unentschiedene  Trage,  ob  das  in  die 
tuberculös  afficirte  Lunge  ergossene  Blut  für  diese  indifferent  bleibt 
oder  zu  weiteren  Veränderungen  führt.  Denn  wenn  schon  das  nor- 
male Blut  in  der  gesunden  Lunge  so  gewaltige  Störungen  ver- 
anlasst, so  wird  dies  in  der  kranken  Lunge  noch  in  gesteigertem 
Maasse  der  Fall  sein.  Das  ergossene  Blut  gelangt  hier  viel  schwerer 
zur  Resorption,  prädisponirt  dadurch  zu  weiteren  Alterationen  und 
bildet  einen  fruchtbaren  Boden  für  die  Aufnahme  von  Lifections- 
keimen.  Verf.  ist  auf  Grund  dieser  Auffassung  der  Ansicht,  dass 
die  Anordnungen,  die  sich  gegen  eine  abundante  Blutung  richten, 
wie  absolute  Ruhelage  und  Hintanhaltung  von  tiefen  Athembewe- 
gungen  und  gehöriger  Lungenventilation,  eine  sclmeUe  Resorption 
des  Blutes  verhindern  und  daher,  so  schnell  als  es  die  Verhältnisse 
erlauben,  wieder  abgestellt  werden  müssen. 

Allgemeine  Gegen  die  Uebertreibungen  bei  der  heutigen  Behandlung 

therapie,     ^®^  Lungenschwindsüchtigen  wendet  sich  Volland  (Therapeut. 

Voiiand.       Monatshefte  Nr.  9).     Die  schematische  Athemgymnastik,   das  Berg- 


Krankheiten  der  Athmung^organe.  143 

steigen,  die  kalte  Douche  soll  aus  der  Phtlüseotherapie  verbannt 
werden,  der  Alkohol  soll  eingeschränkt,  die  Ueberfuttenmg,  ein 
Uebermaass  von  Luftgenuss  vermieden,  das  Kreosot  nur  in  den 
Fällen  angeipvandt  werden,  wo  es  zur  Verbesserung  des  Appetits 
dienen  kann.  —  Im  grossen  und  ganzen  wird  man  den  Forderungen 
VoUand's  gern  beipflichten. 

Die  wichtige  Frage  einer  zweckmässigen  Ernährung  der  Lungen- 
schwindsüchtigen zur  Hebung  ihres  Eiweiss-  und  Fettbestandes  hat 
F.  Blumenfeld  (Ueber  diätetische  Verwerthung  der  Fette  Ernährung 
bei  Lungenschwindsüchtifi^en.     Zeitschr.   f.   klin.  Med.  Bd.  28)  „^,^^.*^ 

^  _  -TTi  iTTTi-i  Phthisiker, 

znm  Gegenstand   neuer  Untersuchungen   gemacht.     Während  man  f.  Binmenfeid. 
froher  das  beste  Resultat  durch  die  Zufuhr  grosser  Eiweissmengen 
ZQ  erzielen   glaubte,   spricht  sich  die  Mehrzahl  der  hervorragenden 
modernen  Phthiseotherapeuten  dahin  aus,  dass  die  Kost  eine  ge- 
mischte sein  soll.  Zu  niedrig  bemessen  freilich  darf  die  StickstoiFzufuhr 
nicht  sein,  da  eine  zu  grosse  Einschränkung  dieses  Stoffes  bei  den 
meisten  Menschen   die  Au&ahmefähigkeit   fiir  Nahrung  jeder  Art 
herabsetzt;   sie   wird  stets  etwa  ein  Viertel  der  gesammten  Nähr, 
werthsumme   ausmachen  müssen.     Die  übrigen  drei  Viertel  müssen 
auf  Fette  und  Kohlehydrate  vertheilt  werden;  es  ist  weder  angängig 
nur  Fette,  noch  nur  Kohlehydrate  zu  verabreichen;  denn  eine  ge* 
wisse   und  zwar  ansehnliche   Summe   von  Kohlehydraten  ist  Vor- 
bedingung jeder  reichlichen  Fettzufuhr.   Das  Fett  mit  seinem  hohen 
Calorieenwerth  ist  zur  Ueberemährung  ganz  besonders  geeignet,  da  es 
in  kleinem  Volumen  möglichst  grosse  Nährwerthe  enthält.  Nun  stösst 
aber  eine  zu  grosse  Fettzufuhr  gerade  bei  Lungenschwindsüchtigen, 
die  eine  anerkannte  Neigung  zu  Verdauungsstörungen  besitzen,  auf 
grosse  Schwierigkeiten;   und  es  ist  daher  von  nicht  geringer  Be- 
deutung, dass  man  eine  Fettart  wählt,  welche  die  Gewähr  der  grösst- 
mögHchen  Verdaulichkeit  bietet.     Zum  Entscheid  dieser  Frage  hat 
Verf.  exacte  und  allen  modernen  Anforderungen  entsprechende  Stoff- 
wechseluntersuohungen   über    die   Resorption    der   Butter  und   des 
Lipanins  angestellt  und  gefunden,   dass  Lipanin  trotz  seines  hohen 
Fettsauregehalts  durchaus  nicht  besser  von  Tuberculosen  ausgenützt 
vird  als  Butter;  im  Gegentheil   traten  öfter  Unterschiede   zu  Un- 
gunsten des  Lipanins  hervor.     Er  räth  infolge  dessen,   dem  Fett- 
bedürfniss  der  Lungenschwindsüchtigen  in  erster  Linie  durch  Häu- 
f^  der  Speisefette,  insbesondere  der  Butter,  Bechnung  zu  tragen 
^d  Lipanin  nur  dann  zu  verabreichen,  wenn  trotzdem  die  Fettzu- 
fiilir  nicht  bis   zu  der  gewünschten  Höhe  gesteigert  werden  kann. 


144  Schwalbe. 

Aus  dem  umfangreichen  Material   seiner  Privatpraxis  in  Lipp- 
springe    während    der    Jahre     1884—1890    (1700    Patienten)    hat 

Bainco-      K.  Koeniger   (Erfahrungen   über   Lungentuberculose   aus 
therapie  derLippgpringe.     Bericht  über   192   geheilte  und  seit  mindestens 

Schwein d-     ^  Jahren  geheilt  gebliebene  Fälle  von  Lungentuberculose.   Therapeut, 
sucht,       Monatshefte,  October)  420  Fälle  von  Lungentuberculose  ausgewählt,  bei 

Koeniger.  denen  ihm  ein  dauernder  Erfolg  erzielt  zu  sein  schien  und  an  die- 
selben Fragebogen  versandt.  Nach  Ausscheidung  zweifelhafter,  so- 
wie nicht  genügend  lange  beobachteter  Fälle  bleiben  192,  bei  denen 
er  definitive,  mindestens  5  Jahre  lang  zurückdatirende  Heilung  an- 
nehmen zu  können  glaubt.  Ein  grosser  Theil  brachte  Bestätigungs- 
befunde der  Hausärzte,  einige  waren  in  Lebensversicherungen  auf- 
genommen, andere  hatten  ihrer  Dienstpflicht  genügt  resp.  waren  zum 
militärischen  Berufe  zurückgekehrt  u.  s.  w.  Wie  die  beigegebenen 
Tabellen  zeigen,  bot  ein  beträchtlicher  Theil  der  Geheilten  schwere, 
zum  Theil  doppelseitige  Erkrankungen  mit  Cavemensymptomen  dar. 
Sieht  man  von  den  wenig  überzeugenden  theoretischen  Betrachtungen 
über  die  Wirkung  des  Lippspringer  Brunnens  ab  und  berücksichtigt 
nur  die  practischen  Erfolge,  so  ergibt  sich  auf  1700  Patienten  Hei- 
lung in  192  FäUen  =  14°/o.  Nach  Zurechnung  der  relativ,  d.  h. 
seit  weniger  als  6  Jahren  Geheilten  ergibt  sich  ein  Procentsatz  von 
22 — 23  ^jo,  doch  ist  die  Annahme  nicht  unberechtigt,  dass  sich  unter 
vielen  aus  dem  Gesichtskreis  entschwundenen  Patienten  noch  eine 
relativ  grosse  Zahl  geheilter  befunden  hat. 
Medioamen-  Maragliano  sucht  die  Serumtherapie  für  die  Behandlung  der 

töee  Befand- L^^y^gjj^^^gj.^j^Qgg    2u    verwerten   (Heilung    der   Lungentuber- 

Lungen-     culose  mittels   des  Tuberculoseheilserums.     Berl.  klin, 
schwind-     Wochenschr,  Nr.  32),    indem   er   aus    Tuberkelbacillen   gewonnene 
*^^  *  '       „toxische  Principien"  (?)  grösseren  Thieren  und  zwar  Hunden,  Pferden 
und  Eseln  einspritzte   und   deren   Serum   zur  Behandlung  Lungen- 
schwindsüchtiger verwandte.     Die  Lijectionen  wurden  täglich  oder 
jeden  zweiten  Tag,  von  1  ccm  Serum  an,  ausgeführt,  oder  es  wurden 
in  grösseren  Zwischenräumen  je   10  ccm  injicirt.     Als  Wirkungen 
T  üb  er  culose- beschreibt  Maragliano  Besserungen  des  Allgemeinbefindens,  des 
heiiserum,   Appetits  und  der  localen  Symptome  bei  uncomplicirten  Tuber- 
culosefällen ;    bei    vorgeschrittenen,    durch   Secundännfection    com- 
plicirten  Fällen  konnte  nur  hin  und  wieder  etwas  Besserung  er- 
zielt, im  ganzen  aber  konnte  der  tödtliche  Ausgang  nicht  verhindert 
werden.  —  (Die  Beobachtungen  des  Verf. 's,  sowohl  in  theoretischer 
wie   in  practischer  Hinsicht,   haben  bisher,   soweit  ich  sehe,  nur 
Widerspruch  erfahren.     Ref.) 


Krankheiten  der  Athmungsorgane. 


145 


Für  den  diagnostischen  und  therapeutischen  Werth  des  Tuber- 
culins  tritt  Krause  auf  Grund   eigener  Erfahrungen  in  Nr.  6 — 8  Tubercuiir, 
der  Deutschen  medicinischen  Wochenschrift  lebhaft  ein.     Bezüglich     ^  Krause, 
der   ausfuhrlich   mitgetheilten    17   Krankengeschichten   ist    auf  das 
Original  zu  verweisen. 

Ueber  zwei  mit  Tuberculin  behandelte  und  geheilte  FäUe,  deren 
Erankheitsgeschichte  er  Tor  einigen  Jahren  beschrieben  hat,  macht  Bai-  Balfour. 
four  im  Maiheft  des  Edinb.  med.  Joum.  wiederum  Mittheilung.  Beide 
Patienten  sind  —  nunmehr  4  Jahre  —  geheilt  geblieben.  Bei  dem  einen 
hatte  zu  Beginn  der  Behandlung  eine  Infiltration  eines  ganzen  Oberlappens 
bestanden. 

Drei  durch  Anwendung  von  cantharidinsaurem  EJali  geheilte  Fälle-Cantharidin, 
von   Lungentuberculose    veröffentlipht    Petteruti   in   Therapeut.   Monats-      Petteruti. 
hefte  Nr.  2. 


Heindl. 


Ueber  die  von  anderer  Seite  zur  Behandlung  der  Kehlkopf-  und 
Lungentuberculose  empfohlenen  Inhalationen  von  Lignosulfit  be- 
richtet Heindl  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  40)  in  einer  vorläufigen  Lignosulfit, 
Mittheilung.  Er  gelangt  zu  dem  Schluss,  dass  diese  Therapie  bei 
Tuberculose  der  oberen  Luftwege  der  Beachtung  und  weiteren  Prü- 
fung werth  sei.  Auch  der  günstige  Einfluss  auf  Lungenschwind- 
süchtige scheint  ihm  festzustehen ;  dafür  sprechen  die  Besserung  des 
subjectiven  Befindens,  Zunahme  des  Körpergewichts,  Schwinden  des 
Fiebers,  der  Nachtschweisse,  Athemnoth,  Appetitlosigkeit,  Schmerzen. 
„Möglich,  dass  auch  der  Eintritt  der  besseren  Jahreszeit  zu  dem 
Zustandekommen  dieser  Residtate  beigetragen  hat,  doch  ist  dies  in 
solchem  Grade  kaum  denkbar"  (warum  nicht?!  Ref.).  Als  directes 
Heilmittel  gegen  Tuberculose  kann  der  Verf.  das  Mittel  aber  nicht 
erkennen. 


Meine  im  vorigen  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  über  die  Carasso'sche 
Schwindsuchtsbehandlung  durch  Inhalationen  von  Essentia  Menthae  ge- 
übte präsumptive  Kritik  erföhrt  durch  eine  aus  der  Mosler'schen  Klinik  in 
Greifswald  hervorgegangene  Arbeit  von  Rot  mann  (Centralbl.  f.  Bacteriol, 
Bd.  18,  Heft  14  u.  15)  die  erwartete  Bestätigung.  In  keinem  einzigen  von 
17  Fällen  ist  eine  merkliche  objective  Besserung  der  Lungenerkrankung 
durch  die  Menthaessenz  beobachtet  worden. 

Die  Nutzlosigkeit  der  Inhalation  von  Mentholöl  weist  Baldwin  (New 
York  med.  Joum.,  Mai)  an  experimentellen  Untersuchungen  nach.  Tuber- 
culös  inficirte  Meerschweinchen  und  Kaninchen  wurden  wochenlang  in  einer 
mit  Pfefferminzöldämpfen  geschwängerten  Atmosphäre  gehalten,  und  trotz- 
dem wies  die  Section  nicht  den  geringsten  therapeutischen  Einfluss  auf  ihr 
Lungenleiden  auf. 

Jahrbuch  der  practischen  Kedicin.    1896.  IQ 


Pfeffer- 
münzöl, 
Rotmanii, 


Baldwin. 


146 


Schwalbe. 


Aristo], 
Orudieff. 


Grudief  f  (Therapeut.  Wochenschr.  Nr.  35)  hat  bei  33  Phthisikem 
subcutane  Injectionen  mit  einer  1 — lB**/oigen  Lösung  von  Aristol 
in  Ol.  amygdal.  dulc.  (mit  Zusatz  von  Cocain  wegen  der  grossen 
Schmerzha^gkeit  der  Injection)  vorgenommen  und  constatirt,  ab- 
gesehen von  der  Heilung  dreier  Initialphthisen,  eine  geringe  Beein- 
flussung des  objectiven  Lungenstatus.  Bei  8  Patienten  musste  das 
Mittel  wegen  der  grossen  Schmerzhaftigkeit  (trotz  Cocain)  ausgesetzt 
werden:  gewiss  ein  G-rund  mehr,  den  Eath  des  Verf. 's,  das  Aristol 
bei  der  Tuberculose  in  weitgehendem  Maasse  anzuwenden,  schnöde 
zu  missachten. 


Perubalsam,  Schmey  (Therapeut.  Monatsschr.  Nr.  5)  empfiehlt  gegen  die  Lungen- 

Schmey.  seh  windsucht  innnerlich  und  zu  Inhalationen  Perubalsam.  Und  dabei 
hilft  das  Mittel  nicht  einmal  in  concentrirter  Form  bei  localer  Behandlung 
der  chirurgischen  Tuberculose! 


Nnclein, 
Teigen, 


Das  in  Amerika  gegen  allerlei  Krankheiten  angewandte  Nu  dein  wird 
auch  bei  Lungenschwindsucht  versucht.     Teigen  (Therapeut.  Gaz.,   Juni) 
hat  unter  vier  Fällen  zweimal  von  subcutanen  Injectionen  des  Mittels  auf- 
fallende Besserung  der  subjectiven  und  objectiven  Ejrankheitserscheinungen 
beobachtet.  In  den  beiden  anderen  Fällen  war  aber  das  Nucletn  wirkungs- 
los. —  Ziemlich  enthusiastisch  äussert  sich  Wilcox  (Therapeut.  Gaz.  Nr.  8), 
der  das  Nucletn  nach  seinen  Erfahrungen  für   das  aussichtsvollste  Thera- 
peuticum   gegen  Lungenschwindsucht   hält.    —    Dagegen   hat   de   Renzi 
(Therapeut.  Wochenschr.  Nr.  34)  vom  Nucletn  keinen  nennenswerthen  Er- 
KrcoBotal,    ^^^g  gesehen.     Auch    einige   andere   neue    als    antiphthisisch  empfohlene 
Aqua       '  Medicamente,  wie  das  Acidum  pheno-succinicum,  das  Phenosuccin  und  das 
oxygenata,   Jodophenosuccin ;  das  Ereosotal,  Hämoglobin  Nardi,  Aqua  oxygenata,  Liquor 
de  Renzi.      arsenicalis  etc.  wurden  als  mehr  oder  minder  wirkungslos  befunden. 


Wilcox, 
de  Renzi. 

Pheno- 
Buccin, 


Die  Lander er'sche  Methode  der  intravenösen  Zimmtsäureinjec- 

Zimmtsäure,  tionen  hat  Moschcowitz  (Med.  Record  Nr.  9)  bei  21  Phthisikem  angewandt 

Moschcowitz,   und  hat  in  sechs  Fällen  eine  auffallende  subjective  und  objective  Besserung 

constatirt.     Zwei    Patienten    starben,    der   eine   an    einer  katarrhalischen 

Pneumonie,  der  andere  infolge  der  —  bei  Beginn   der  Behandlung  bereits 

zu  weit  vorgeschrittenen  —  Phthise. 


Guajacol, 
Taonenr, 

Walters. 


Subcutane  Injectionen  von  Guajacol  wendet  Tann  cur  (Journal  de 
m^decine  de  Paris  Nr.  7)  gegen  Lungenschwindsucht  an. 

Die  subcutane  Injection  von  Kreosot  und  Guajacol  empfiehlt 
Walters  (British  med.  Journal,  December)  nach  seinen  Beobachtungen  an 
6 — 8  Patienten. 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  147 


4.  Lungeninduration. 

In   einem   längeren,   durch  instructive  Krankengeschichten   er- 
läuterten Vortrage  entwickelt  A.  Fraenkel  das  £jrankheitsbild  und   indurative 
den    anatomischen   Befund    der    bisher    noch    nicht   genüi^end   ce-      ^'*."^^"' 
würdigten     indnrativen    Lungenentzündung    (Deutsche    med.    a.  Fraenkel, 
Wochenschr.    Nr.  10 — 12).      Der    Auüsgang    der    acuten    fibrinösen 
Pnemnonie    in   Induration   macht   sich    nach   Fraenkel   vor   allem 
durch  drei  Symptome  bemerkbar:  1.  die  Fortdauer  des  Fiebers,  das, 
atypisch,   wochenlang   andauern  kann;   2.   das  Bestehenbleiben   der 
Dampfong   nnd   des  Bronchialathmens ;   letzteres   wird  später   aller- 
dings dorch  ein  unbestimmtes  und  abgeschwächtes  Athmen  ersetzt; 
3.  die  sich  allmählich  entwickelnde  Retraction  der  erkrankten  Thorax- 
hälfte.  Das  Sputum  ist  anfänglich  fast  stets  pneumonisch ;  später  nimmt 
es  eine  schleimig-eitrige  Beschaffenheit  an.   Bei  der  Auscultation  hört 
man  zaerst  noch  ausgebreitete  crepitirende  oder  kleinblasige,  weiter- 
hin etwas  grobblasige  Rasselgeräusche.  —  Der  Ausgang  der  Pneu- 
monie in  Induration  kommt  nicht  nur  bei  geschwächten  Individuen, 
sondern   auch  bei  ganz  gesunden  Menschen  vor.     Die  Ursache  für 
diese  immerhin  sehr  seltene  Umwandlung  der  fibrinösen  Pneumonie 
ist  mit  Sicherheit  nicht  zu  beantworten.  —  In  der  anatomischen  Auf- 
fassung  der  Induration   schliesst   sich  A.  Fraenkel  den  Befunden 
an,   die  H.  Kohn   vor  2  Jahren  erhoben  (s.  dieses  Jahrbuch  1894, 
S.  288)  und  Haus  er  in  wesentlicher  Beziehung  bestätigt  hat.    Ausser 
der  acuten  fibrinösen  Pneumonie  folgt  die  subacute  indurative  Lungen- 
entzündung den  Bronchopneumonieen  oder  lobulären  Lungenentzün- 
dungen, so  besonders  der  Influenzapneumonie,  femer  der  Aspirations- 
oder Fremdkörperpneumonie,    endlich   der    acut   und   subacut   ver- 
laufenden   sog.   pneumonischen  Form  der  Lungentuberculose.     Bei 
der  letzten  Form  entwickelt  sich  unter  fieberhaften  Symptomen  in 
kurzer  Frist   eine   starke   Infiltration   einer  Lunge,    dabei   ist   der 
Patient  blass,   es  besteht  Diazoreaction   des  Urins;   gewöhnlich  ist 
hereditäre  Belastung  nachzuweisen.     Ohne  dass  die  Dämpfung  sich 
wesentlich  ändert,  stellen  sich  allmählich  die  Zeichen  einer  Schrumpfang 
der  ergriffenen  Thoraxhälfbe  ein,   während  das  Fieber  verschwindet 
und  der  Allgemeinzustand    sich   bessert.     Expectorirt   der  Patient 
Sputum,  was  erst  nach  monatelangem  Elrankheitsbestand  eintreten 
kami,  80  vermag  man  Tuberkelbacillen  nachzuweisen.    Die  Diffe- 
rentialdiagnose  zwischen  der  subacuten  indurativen  Lungenentzün- 
dung und  einem  pleuritischen  Exsudat  wird  durch  den  Mangel  einer 


148  Schwalbe. 

Verschiebung  des  Herzens  und  den  negativen  Befund  der  Probe- 
punction  gegeben.  —  Die  Prognose  der  Elrankheit  ist  nach  ihrer 
Pathogenese  verschieden:  ungünstig  bei  der  Aspirationspneumonie, 
relativ  günstig  bei  der  subacuten  tuberculösen  Pneumonie,  der  fibri- 
nösen und  Bronchopneumonie.  —  Die  histologischen  Verhältnisse  der 
ungen-     Lungeninduration  werden   auch  von  Molly  Herbig  (Virchow's 

Induration,  ^  j  &   \ 

Herbig.       Arch.  Bd.  136)  einer  eingehenden  Untersuchung  unterworfen. 

Einen  Fall  von  sog.  „Ost6o-arthropathie  hypertrophianto 
pneumique"  (Marie),  d.h.  einer  starken  Vergrösserung  der  Extremi- 
tätenenden infolge  chronischer  Lungenerkrankung,  beschreibt  Spring- 
Puimonäre    thorpe    im  British   med.   Journal,   Januar   (mit   Abbildung).      Das 
Gelenk-      Limgenleiden  bestand   hier   in   einem   erst   durch   die   Section   auf- 

knocben- 

ijyper-       gedeckten    Pleuraempyem.      Springthorpe    stellt   die    diiferential- 

trophie,      diagnostischen  Zeichen   der  pulmonären  Gelenkknochenhypertrophie 

«.pnng  orpe.  ^jj^^  ^iQ.QjQßgalie  zusammen;  am  bemerkenswerthesten  ist  dabei  wohl, 

dass  bei  der  ersteren  AfFection  die  Vergrösserung  des  Gesichts  fehlt. 


5.  Lungenabscess. 

Ueber  einen  Fall  von  Lungenabscess,  der  nach  einer  In- 
fi uenzapneumonie  aufgetreten  war  und  durch  den  Kachweis  von 
Influenzabacillen  als  Nachkrankheit  der  Influenza  nachgewiesen  wurde, 
Lungen-     berichtet  Hitzig  aus   der  Eichhors tischen  Klinik.     Der  Abscess, 
abscess      ^qj,  g^^j^   durch  Höhlensymptome   in  handtellergrossem  Bezirk   und 
Influenza,   durch  elastische  Easem  im  Auswurf  zu  erkennen  gab,  heilte  spontan 
Hitzig.       aus.    Andere  Bacterien  als  die  Influenzabacillen  Hessen  sich  übrigens 
im  Sputum  nicht  auffinden. 


6.  L ungen gangr'än. 

Drei  Fälle  von  Lüngengangrän,   die  sich  an  eine  Influenza- 
Lungen-     Pneumonie  anschlössen,  beschreibt  Rhyner  aus  der  Ei chhors tischen 
jjaugrän     Elinik  (Münchner  med.  Wochenschr.  Nr.  9  u.  10).     Influenzabacillen 
Influenza    wurden    anscheinend    nicht    gefunden,    dagegen    sprach    nach    dem 
Rhyner.       Verf.  das  Auftreten  der  Pneumonie  während  einer  Influenzaepidemie 
und    der   rasche   Eintritt   der  Gangi'än   für    den   behaupteten    ätio- 
logischen Zusammenhang.     Im  zweiten  Falle   schloss   sich  ein  Pyo- 
pneimiothorax  an  die  Gangrän  an ;  der  Patient  genas  nach  operativem 
Eingriff. 


Krankheiten  der  Athmungsorgane. 


149 


Nach  dem  Vorgänge  von  Seifert  hat  Rokitansky  (Gaz.  des  BebrnndioD? 
höpitaux  Nr.  52)  43  Fälle  von  Bronchiektasieen  und  7  Fälle  von  ^®"  ^'^■^^*- 
Lungengangrän    mit    Injectionen   von   3^,'oiger   Carbollösong   be-Qnd  Lnngen- 
handelt.    Er  hat  jeden  Tag  oder  alle  2 — 3  Tage  je  1  ccm  eingespritzt,  gan^rän  mit 
im  ganzen    10 — 65mal.     Ueble  Nebenerscheinungen  hat  er  niemaLs  .   -^"iJ^n^n 
beobachtet ;  doch  hat  man  vorsichtig  und  langsam  einzuspritzen.    Die    Rokiiaosky. 
therapeutischen  Resultate  waren  bei  Bronchiektasieen  sehr  befriedi- 
gend, bei  Gangrän  nur  dann,  wenn  sie  beschränkten  Umfang  hatte. 


7.  Asthma. 

Die  —  zeitweise  allerdings  überschätzte  —  Abhängigkeit 
des  Bronchialasthmas  von  Erkrankungen  der  Nase  illustrirt 
Scott  (Med.  News,  März)  durch  einen  interessanten  Fall.  Bei  einer  Ast  hm  m  an  i 
Dame,  die  jahrelang  vergeblich  auf  ihr  Asthma  curirt  worden  war, 
♦Titdeckte  der  Verf.  einen  Poiypen  in  der  Nase,  exstirpirte  ihn  und 
erzielte  dadurch  völlige  Genesung. 

In  mehreren  Fällen  von  spastischem  Bronchialasthma  hat  Sker- 
ritt  (Practitioner,  April)  Coffeinum  citricum  in  grossen  Dosen  (0,3, 
(fventuell  vierstündlich  zu  wiederholen)  mit  Erfolg  angewandt. 


Käsen- 
krankheit, 

Scott. 


Coffein 

gegen 

Astbma, 

Skeiiitt. 


8.  Lungengeschwüläte. 

K.  Wolfs  Arbeit  über  den  primären  Lungenkrebs  (Fortschr. 
d.  Medicin  Nr.  18  u.  19)  liegen  31  Fälle  aus  dem  pathologischen  Institut 
des  Stadtkrankenhauses  in  Dresden  zu  Grunde.  Der  Herkunft  des 
Materials  entsprechend  ist  der  Inhalt  des  Aufsatzes  vorwiegend  anatomi- 
schen Charakters  (vergl.  deshalb  Abschnitt  „Pathologische  Anatomie**, 
S.  36).  Von  den  wenigen  klinischen  Angaben  interessiren  folgende. 
Die  starke  Bevorzugung  des  männlichen  Geschlechts  constatirt 
Wolf  auch  an  seinem  Material:  27  Männern  stehen  4  Frauen  gegen- 
über. Das  Alter  der  Personen  schwankt  zwischen  36  und  70  Jahren 
liegt  meist  jenseits  der  fünfziger  Jahre.  Die  rechte  Lunge  war  häufiger 
als  die  linke  (3  :  2)  befallen,  13  unter  den  31  Fällen  waren  mit  Tuber- 
culose  complicirt.  Bei  keinem  der  31  Fälle  wurden  Geschwulst- 
partikel im  Sputum  nachgewiesen.  Häufig  traten  Schmerzen  in  der 
kranken  Seite  auf.  Bei  den  eigentlichen  Lungencarcinomen  sind 
dyspnoische  Erscheinungen  viel  seltener  als  bei  den  Bronchial- 
carcinomen.     Letztere  machen  auch  häufiger  Metastasen  als  erstere. 

Die  Zahl   der  Fälle,   in  denen  es  bis  jetzt  gelungen  ist,   mit 
Sicherheit  maligne  Tumoren   der   Lunge   während   des  Lebens   aus 


Priinir*;r 
Lungen- 
krebs, 
K.  Wolf. 


150  Schwalbe. 

Bestandtheilen  der  Geschwulst  im  Sputum  mikroskopisch  nach- 
Diagnose  zuweisen,  ist  nur  eine  sehr  kleine.  E.  Betschart  (Ueber  die 
gea^ciiwüfste  I^i^gnose  maligner  Lungentumoren  aus  dem  Sputum.  Virch. 
Betschart.  Arch.  Bd.  142)  theilt  einen  selbst  beobachteten  Fall  mit,  bei  dem 
besonders  die  rechte  Lunge  Zeichen  der  Infiltration  erkennen  Hess 
und  wo  sich,  in  dem  schaumigen,  sanguinolenten,  hellrothen,  zeitweise 
rothbraunen,  rostfarbenen  Sputum  kleine  gelbUchweisse,  fast  gelatinös 
aussehende,  daneben  auch  bräunliche  Gebilde  und  bei  mikroskopi- 
scher Untersuchung  viele  theils  freie,  meist  aber  in  Gruppen  an- 
geordnete, grosse,  rundliche,  einen  oder  auch  mehrere  grosse  Kerne 
enthaltende  Zellen  mit  kömigem  Protoplasma  fanden.  Mit  Rück- 
sicht auf  diesen  Befund  im  Sputum  wurde  schon  mehrere  Wochen 
vor  dem  Tode  der  Patientin  ein  Carcinom  der  Lunge  —  und  zwar 
der  rechten  —  diagnosticirt.  Bei  der  Section  war  zwar  der  makro- 
skopische Befund  an  der  rechten  Lunge  für  Carcinom  nicht  charakte- 
ristisch, wie  Verf.  selbst  zugibt,  allein  in  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung fand  er  eine  Bestätigung  der  klinischen  Diagnose:  nämlich 
Anfullung  der  Alveolen  genau  mit  jenen  grossen,  oft  mehrkemigen 
Zellen,  welche  während  des  Lebens  im  Sputum  gefunden  worden 
waren.  Die  Zellen  besitzen  ein  fein  granulirtes  Protoplasma  und 
einen  grossen,  rundlichen,  grob  granulirten  Kern  mit  mehreren  Kern- 
körperchen.  Stellenweise  finden  sich  zwischen  diesen  ZeUen  rothe 
Blutkörperchen.  Daneben  ist  es  ausserdem  zu  einer  ausgebreiteten 
Bindegewebswucherung  gekommen,  derart,  dass  die  interlobulären 
Septen  sich  zu  mächtigen  Bindegewebszügen  verbreitert  haben.  (Mit 
anderen  Kritikern  halte  ich  diesen  mikroskopischen  Befind  zu  der 
Annahme  eines  Lungencarcinoms  nicht  für  beweisend.  Doch  be- 
stätigt der  Obducent  des  Falles,  Professor  Ribbert,  nachträglich 
durch  genauere  Angaben  die  Sectionsdiagnose.) 

9.  Lungenaktinomykose. 

Einen  sehr  interessanten  Fall  von  primärer  Lungenaktino- 
Primäre  mykose  schildert  Aschoff  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr,  35  u.  36) 
Lungen-     ^^  g^j^,  eingehender  und  instructiver  Weise.     Die  Patientin  trat  in 

aktino-  ° 

mykose,  ^^^  von  Israel  als  zweites  Stadium  bezeichneten  Periode  der  pri- 
Aschoff,  mären  Lungenaktinomykose  in  das  Krankenhaus  am  Urban  (Berlin) 
ein :  K^tr^cissement  der  rechten  vorderen  oberen  Thoraxpartieen  und 
gleichzeitig  die  Symptome  einer  acuten  exsudativen  Pleuritis.  Die 
wesentlichsten  subjectiven  Beschwerden  bestanden  in  Husten,  Aus- 
wurf und  zeitweiligen  Schmerzen.    Die  genannten  Symptome,  femer 


KnMikheäten  der  AthTnimguorgane.  151 


die  Afamagerong,  die  zeitweilige  Hamoptysis,  Blasse^  nächtlicheii 
Schweisse  legten  den  Verdacht  auf  Tnbercalode  nahe.  Indessen 
wurden  bei  den  -wiederholten  SpntimuinterBachTingen  weder  Tuberkel- 
bacülen  noch  elastische  Fasern  gefonden.  Das  bisweilen  himbeer- 
geleeartige,  fleiflchfarbene  Sputum  liess  neben  den  Schmerzen  und 
anderen  £i8cheininigen  die  Yermndnmg  eines  malignen  Tumors  auf- 
kommen; diese  Annahme  wurde  verstärkt,  als  in  der  zweimaligen, 
durch  Probepunction  entleerten  Flüssigkeit  sarkomafanHche  Zellen 
gefunden  wurden.  Ein  diastolisches  und  systolisches  Geräusch  im 
dritten  rechten  Intercostalraum  Hess,  wenn  auch  entfernt,  an  ein 
Aortenaneurysma  denken  (in  der  That  £uid  sich  ^ne  Erweiterung 
der  Aorta  ascendens  bei  der  Section).  Endlich  erwog  man  die  Mög> 
lichkeit  eines  Lungenechinoooccus.  Die  Diagnose  wurde  klargestellt, 
als  im  weiteren  Verlaufe  durch  Function  einer  fluctoirend^i  Stelle 
der  rechten  Thoraxhalfibe  Eiter  gewomien  wurde,  in  dem  Aktinomyces- 
dmsen  enthalten  waren.  Solche  Drusen  wurden  dann  auch  in  einem 
cariöeen  Zahn  der  Patientin  nachgewiesen.  —  Im  weiteren  Krank- 
heitsverlaufe  traten  —  durch  Propagation  entstandene  —  Abscesse 
auf,  nach  Dnrchbruch  des  Zwerchfells  erfolgte  Peritonitis,  und  die 
Patientin  ging  unter  hektischen  Fiebererscheinungen  —  nach  2jähriger 
Erankheitsdauer  —  zu  Grunde.  —  Aus  den  bacteriologischen  Unter- 
suchungen des  Verf.'s  ist  die  Beinzüchtung  des  Aktinomycespilzes 
hervorzuheben.  Seiner  Meinung  nach  kann  wahrscheinlich  durch 
den  Pilz  aUein  Eiterung  hervorgerufen  werden. 

Femer  wird  die  Casnistik  der  primären  Lungenaktinomykose 
durch  Heu 88 er  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  47)  um  einen  interessanten  Heosser. 
Fall  Termehrt.  Die  Patientin  war  wegen  Verdachts  auf  Lungentuberculose 
nach  Davos  gegangen  und  wies  hier  bei  der  Untersuchung  eine  Infiltration 
des  rechten  Oberlappens  und  eine  Infiltration  mit  Caveme  (?)  im  rechten 
Unterlappen  auf,  im  Sputum  fanden  sich  aber  statt  der  erwarteten  Tuberkel- 
bacillen  zahlreiche  Aktinomycespilze,  makroskopisch  und  mikroskopisch  als 
solche  erkennbar.  Unter  der  roborirenden  Behandlung  in  Davos  besserte 
sieb  das  Allgemeinbefinden  und  die  locale  Veränderung  der  Lunge.  Bei 
den  letzten  Sputumuntersuchungen  wurden  keine  Aktinomycespilze  mehr 
nachgewiesen.  —  Die  von  anderer  Seite  empfohlene  Jodkalitherapie  hat 
HeuBser  nicht  angewandt,  da  die  Patientin  das  Medicament  nur  in  ge- 
ringer Dosis  vertrug. 


152  Schwalbe. 


C.  Krankheiten  des  Brnstfells. 

1.  Pleuritis. 

Aetioiogie  Die  Actiologie  der  Pleuritis  handelt  E.  Levy  in  Nr.  8  u.  9 

^®f  .  der  Prager  med.  Wochenschr.  ab,  ohne  etwas  wesentlich  Neues, 
E.  Levy,  *  selbst  seinen  eigenen  früheren  Ausfuhrungen  gegenüber  (s.  dieses 
Jahrbuch  1892,  S.  259),  zu  bringen.  Um  die  Diagnose  auf  Tuber- 
culose  beim  Empyem  zu  stellen,  empfiehlt  er  mit  dem  Eiter  Agar- 
strichculturen  anzulegen  und  diese  bei  37^  in  den  Brütofen  zu  setzen. 
8ind  die  Böhrchen  nach  höchstens  48  Stunden  steril,  so  soll  es  sich 
sicher  um  Tuberculose  handeln.  Nach  Ejrankheiten  des  Darmkanals 
und  des  uropoetischen  Systems  findet  man  häufig  das  Bacterium  coli 
commune  als  Erreger  der  Pleuritis.  —  Zu  derselben  Frage  ergreift 
Thae.  Thue  (Norsk.  Mag.  for  Lägevid.)  das  Wort.  Bei  30  Fällen  seröser 
Pleuritis  ergab  die  bacteriologische  und  Thieruntersuchung  18mal 
ein  negatives  B>esultat;  unter  diesen  18  Fällen  wurden  aber  im 
weiteren  Verlaufe  7  tuberculös.  Bei  den  übrigen  12  Fällen  wurde 
nur  einmal  ein  einidger  Tuberkelbacillus ,  sonst  stets  Strepto-  und 
Staphylokokken  gefunden ;  dennoch  erwiesen  sich  weiterhin  10  dieser 
Patienten  als  tuberculös.  (Hier  scheinen  dem  Bef.  doch  recht  un- 
zuverlässige Untersuchungsresultate  vorzuliegen.) 

Den  ätiologischen  Zusammenhang  von  Pleuritis  und 
PiearitiB  Bheumatismus  betont  A.  Fiedler  in  seiner  Arbeit  über  Pleuritis 
'**^"p^*dV^*'  rheumatica  (Festschr.,  gewidmet  Theodor  Thierfelder  zur  Voll- 
endung seines  70.  Lebensjahres.  Leipzig  1895).  Die  vom  Verf. 
früher  ausgesprochene  Ansicht,  dass  viele  Pleuritiserkrankungen  mit 
dem  acuten  Gelenkrheumatismus  ätiologisch  identisch  seien,  hat 
mehrfach  Bestätigung  gefunden.  Hier  werden  noch  einige  Einzel- 
heiten, die  das  grosse  Material  des  Verf. 's  (225  Poly arthritisfälle 
pro  Jahr!)  im  Laufe  der  Jahre  beigebracht  hat,  nachgetragen.  Es 
gibt  Fälle,  die  nach  leichten,  scheinbar  bedeutungslosen  rheumati- 
schen Beschwerden  plötzlich  acut  an  Pleuritis  erkranken,  oder  solche, 
welche  erst  6 — 8  Tage  später  die  ersten  Gelenkerscheinungen  zeigen ; 
solche  Beobachtungen  weisen  auf  die  rheumatische  Natur  der 
Brustfellentzündung  hin.  Gelegentliche  Hyperpyresieen  und  die 
Neigung  zu  Becidiven  sind  der  Pleuritis  und  der  Polyarthritis  ge- 
mein, ebenso  die  fast  specifische  Wirkung  des  Salicyls.  Wenn  das 
Exsudat  rasch  entstanden  und  gewachsen  ist,  unter  nur  massigen 
Schmerzen,  wenn  es  sogleich  doppelseitig  auftritt  (phthisische  Ex- 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  153 

5udate  entstehen  meist  langsam  unter  heftigen  Schmerzen,  sind  meist 
einseitig  und  in  der  Regel  hört  man  erst  eine  Zeit  lang  trockenes 
Reiben),  wenn  die  Probepunction  seröse,  zellarme  Flüssigkeit  ergibt, 
wenn  die  Cultoren  negativ  ausfallen,  wenn  der  betreffende  Kranke  firüher 
schon  an  Pleuritis,  Bheumatismus  articulorum  acutus,  Fericarditis, 
Endocarditis,  Erythema  nodosum,  Chorea  oder  öfters  an  Angina  ge- 
litten hat,  wenn  sich  bei  ihm  ein  E^appenfehler  vorfindet,  wenn  die 
Entzündongserscheinungen  und  das  Exsudat  auf  Salicylsäure,  Salol 
tmd  Aehnliches  abnehmen  oder  verschwinden,  und  wenn  jeine  nach- 
tragliche Gelenk-  oder  HerzcompUcation ,  selbst  nur  leichter  Art, 
eintritt,  dann  ist  man  berechtigt,  eine  Pleuritis  rheumatica  an- 
zunehmen. 

9 

Ueber    den    oft    untersuchten    Zusammenhang    zwischen      Seröse 
seröser  Pleuritis  und  Tuberculose  hat  Eichhorst  (Schweiz.        ^^d  *' 
Correspondenzbl.  Nr.  13)  Untersuchungen  angestellt,  indem  er  dasTubercaiose, 
durch  Probepunction  gewonnene  Exsudat  Meerschweinchen  in  die     Eichhorst. 
Bauchhöhle  spritzte  und  letztere  nach  einer  Frist  von  6 — 8  Wochen 
ubducirte.    Das  Resultat  ist,  dass  in  etwa  zwei  Drittel  seiner  serösen 
Pleuritiden  der  tuberculose  Ursprung  nachgewiesen  werden  konnte. 
Aehnliche  Verhältnisse  nimmt  er  auch  für  die  seröse  Entzündung 
des  Pericards  und  des  Peritoneums  an;  unter  27  serösen  Pericardi- 
tiden  erwiesen  sich  8  als  tuberculös.  Bei  der  Pleuritis  glaubt  Eich- 
horst,  dass   die  Tuberculose  der  Bronchialdrüsen  den  Ausgangs- 
punkt für  die  tuberculose  Infection  bilde. 

Unter  Mittheilung  einer  B«ihe  von  Fällen  bespricht  Ch.  With-   Metapneu- 
ington    (Metapneumonic    empyema.     Bost.  med.  and  surg.   *E°,^pv^em^ 
Joum.,  3.  Jan.)  das  Vorkommen  von  Empyemen  nach  Pneumonieen,    withington. 
mit    specieUer    Berücksichtigung    des    bacteriologischen    Befundes. 
Findet  man  in  dem  Exsudat  nur  Pneumokokken,  so  ist  die  Pleuritis 
nicht  als  eine  Complication ,  sondern  nur  als  eine  TheUerscheinung 
der  Lungenentzündung  anzusehen ,  anders ,  wenn  es  sich  um  Eiter- 
kokken handelt,  und  dementsprechend  ist  natürlich  die  Prognose  zu 
stellen.    Interessant  ist  ein  Fall  mit  eitrigem  Erguss  auf  der  einen 
und  serösem  Erguss  auf  der  anderen  Seite,  bei  dessen  Besprechung 
^Vit  hing  ton  darauf  aufmerksam  macht,  dass  sich  seröse  Exsudate 
auch  ohne  artificielle  Infection  zuweilen  in  eitrige  umwandeln  und 
dass  das  verhältifissmässig  häufigere  Vorkommen  der  ersteren  von 
der  weniger  starken  Virulenz  der  Pneumokokken  oder  von  dem  ihnen 
weniger  günstigen  Nährboden  abhängen  kann,  wie  sie  ja  auch  bald 
schwere,  bald  leichte  Pneumonieen  bewirken. 


154  Schwalbe. 

2.  Chylothorax. 

Ueber  die  seltenen  chylösen  und  chyliformen  Ergüsse 

Chyiöser    im  Pleuraraum  veröffentlicht  Bargebuhr  aus  der  Fürbringer- 

bezw.       sehen  Abtheilung  des  Krankenhauses  Friedrichshain  (Berlin)   eine 
clivliforiQcr  _— . 

Pleura-  ausführliche  Studie.  Nach  Mittheilung  zweier  eigener  Kranken- 
erg uss,  geschichten  von  chylösem  bezw.  chyliformem  Pleuraerguss  bei  meta- 
argeb  r,  gtatischem  Pleura-  und  Lungencarcinom  stellt  er  41  Fälle  der  Affec- 
tion  aus  der  Litteratur  tabellarisch  zusammen.  Unter  den  22  Fällen 
von  Chylothorax  betrachtet  der  Verf.  allerdings  nur  11  als  sicher. 
Als  Ursachen  für  den  Ghyluserguss  werden  angeführt:  Traumen 
des  Ductus  thoracicus  (Schussverletzung  etc.),  Gompression  und  Ver- 
stopfung des  Ductus  thoracicus ,  Parasiten,  Verstopfung  der  Vena 
subclavia  sinistra,  Peritonitis,  Lymphgefasserkrankung,  Carcinome, 
maligne  Lymphome.  9mal  handelte  es  sich  um  rechtsseitigen,  4mal  um 
linksseitigen,  5mal  um  beiderseitigen  Erguss.  Das  Alter  der  Pa- 
tienten schwankte  zwischen  2  und  62  Jahren.  In  5  Fällen  be- 
standen makroskopische  Verletzungen  von  Chylus-  bezw.  Lymph- 
gef^sen,  in  1  Fall  mikroskopische  Verletzungen  (Filariosis) ,  in 
5  Fällen  wurde  Zucker  in  der  Pleuraflüssigkeit  nachgewiesen  und 
so  die  chylöse  Natur  der  letzteren  —  auch  ohne  Befund  einer  Ge- 
fiässverletzung  —  erkannt.  Unter  der  Rubrik  Hydrothoraxchyli- 
formis  s.  adiposus  —  zu  dem  alle  diejenigen  Fälle  zu  rechnen 
sind,  bei  denen  der  Inhalt  der  Pleurahöhle  einen  chylusähnlichen, 
milchigen  oder  fettigen  Charakter  hatte,  ohne  dass  der  Nachweis 
einer  Continuitätstrennung  der  Lymphbahnen  erbracht  war  oder  die 
betreffende  Flüssigkeit  sich  als  chylushaltig  offenbarte  —  fallen 
11  Fälle.  Dieselben  theilen  sich  nach  Senator  in  zwei  Gruppen: 
a)  Fettiger  Zerfall  der  dem  Erguss  beigemischten  zelligen  und  an- 
deren Elemente,  und  zweir  hauptsächlich  von  Pleuraepithelien  und 
Krebszellen,  selten  auch  von  Eiterzellen  und  Fibrin.  Die  Grund- 
erkrankung bildete  hier  Pleuritis  exsudativa  und  tuberculosa,  Carci- 
nom  der  Pleura,  der  Lymphbahnen,  der  Lymphdrüsen  etc.,  Phthisis 
pulmonum,  Lungenabscess  (?).  b)  Abnormer  Fettgehalt  des  Blutes 
(Lipämie).  Die  Diagnose  des  Chylothorax,  speciell  die  Differential- 
diagnose zwischen  Chylothorax  und  chyliformem  Hydrothorax  ist  nur 
durch  den  Nachweis  von  Zucker  in  der  Pleuraflüssigkeit  bezw.  durch 
den  autoptischen  Befund  einer  Verletzung  der  Chyius-  oder  Lymph- 
wege zu  liefern.  Die  Prognose  des  Chylothorax  hängt  vom  Grund- 
leiden ab.  Die  Behandlung  des  Chylothorax  ist  eine  symptomatische. 
Die  Pimction  ist  möglichst  zu  vermeiden,  da  dem  Körper  hierdurch 


Krankheiten  der  Athmnngsorgan^.  155 

eine  —  vielleicht  noch  resorhirbaxe  Flösägkeit  entzog«!!  wird  und 
femer  durch  die  Dmckvennindenm^  im  Thorax  der  neoe  und  reich- 
liche Austritt  von  Chjlus  begünstigt  wird.  Entgegen  Bargebuhr*» 
Ansicht  lässt  sich  nach  Senator,  der  die  Casuisdk  des  Chvloth<ffax 
nin  einen  weiteren  Fall  vermehrt  (Ascites  chvlosos  und  Chylo- 
thorax  duplex.  Garcinom  des  Ductus  thoraciciis.  Charite-Annalen 
Bd  20),  die  Entscheidung  zwischen  Ascites  (bezw.  Hydrothoraxi 
adiposus  und  chylosns  wahrend  des  Lebens  meislms  unschwer 
treffen.  Für  den  chylösen  Charakter  der  Flüssigkeit  spridit  haupt- 
sachlich die  äusserst  feinkörnige,  staubartige  Beschaffenheit  des 
Fettee  im  mikroskopischen  Bilde  und  die  Armuth  an  oder  die  gänz- 
liche Abwesenheit  von  Zeüen,  besonders  von  grösseren  Fettkömehen- 
Zellen  und  Fettkörperchoikngehi.  Zweitens  ein  schnelles  Wieder- 
erscheinen  des  fetthaltigen  Ascites  nach  der  Entleerung.  Ali»  drin€£ 
Kennzeichen  für  den  Chyius  ist  ein  deutlich  nachweisbarer  Zucker- 
gehalt anzusprechen«  Es  darf  aber  nidit  umgekehrt  aus  dem  Fehlen 
der  Zuckerreaction  ein  Schluss  g^en  den  Austritt  von  Chylos  ge- 
zogen werden,  denn  durch  die  Yermischung  desselben  mit  ander- 
weitigen, nicht  zuckerhaltigen  Ergüssen  kann  der  Zuckergehalt  der 
Gesammtflüssigkeit  für  doi  Nachwos  zu  gering  werden.  Endlich 
kann  aus  dem  Uebergang  einer  besonderen  per  os  einverieibten 
Fettart  in  den  Erguss  (im  vorliegenden  FaUe  Senator*s:  Olivenöl» 
wohl  mit  Sicherheit  auf  Stauung  und  Zerreissung  von  Chylos-  oder 
Lvmphgefassen  geschlossen  werden.  —  Uebrigens  ist  Senator  der 
Ansicht,  dass  ein  grosser  Theil  der  zum  Ascites  adiposus  gerech- 
neten Fälle  Mischformen  beider  Arten  von  Ascites  (chylosns  und 
a'iiposus)  sind. 

3.  Pneomothorax. 

Die  Frage,  mit  welchen  Mitteln  der  Organismas  eine  so  schwere 
Schädigung    wie    die   Entstehung    eines    offenen,    einseitigen 
Pneumothorax   verträgt,   versucht  Sackur  (Zeitschr.   für  klin.    Meehasik 
Median  Bd.  29)  durch  eine  fieihe  von  Experimenten  an  Kaninchen  ^"*  öfteren 
nndHimden  zu  lösen.    Er  fand,  dass  die  Athemgrösse  beim  offenen      thorax. 
Pneumothorax  nicht  sinkt,   und   zwar  deshalb,   weil  die  Thätigkeit       i^a^kur. 
^r  einen  (auf  der  gesunden  Seite  befindlichen)  Lunge  so  verstärkt 
wird,  dass   sie   ebenso  viel  athmet  wie  vorher  beide  Lungen  zu- 
sammen.   Die  Anregung  zu  dieser  verstärkten  Athmung  wird  dorch 
Absinken   der  Sauerstofi&nenge   im   arteriellen  Blut   und  durch  die 
damit  verbundene   stärkere  Erregung  des  Athemcentrums  gegeben. 


156  Schwalbe. 

Pnenmo-  Laennec  hat  bekanntlich  neben   dem  durch  Perforation  ent- 

thorax  ohne  gtandenen,  sog.  sjnnptomatiachen  Pneumothorax  noch  einen  essen- 
E.  Levy.  tiellenPneumothorax  aufgestellt,  der  durch  Gassecretion  inner- 
halb der  geschlossenen  Pleurahöhle  entstehen  soll.  Diese  Gas- 
secretion kann  seiner  Meinung  nach  einfach  sein  oder  in  Verbindung 
mit  einem  pleuritischen  Exsudat  entstehen  oder  endlich  das  Product 
der  Zersetzung  eines  Pleuraergusses  darstellen.  —  In  der  Frage 
nach  der  Existenz  dieser  essentiellen  Form  des  Pneumothorax  gehen 
die  Meinungen  der  Autoren  weit  aus  einander;  die  einen  leugnen 
überhaupt  sein  Vorkommen,  die  anderen  geben  wenigstens  die  Mög- 
lichkeit seiner  Ausbildung  zu.  Speciell  haben  Biermer  und  Sena- 
tor die  Anschauung  vertreten,  dass  aus  Exsudaten  in  anscheinend 
geschlossener  Pleurahöhle  durch  Mitwirkung  von  Mikroorganismen 
sich  Gas  zu  entwickeln  vermag.  Zwingende  Beweise  lagen  bisher 
weder  für  die  eine  noch  für  die  andere  Anschauung  vor. 

In  dieses  Dunkel  der  Frage  ist  die  Beobachtung  E.  Levy's 
(Archiv  für  experim.  Pathol.  u.  Pharmakol.  Bd.  BS)  geeignet  ein 
klärendes  Licht  zu  bringen. 

Der  betreffende  Patient  kam  mit  einer  linksseitigen  exsudativen  Pleu- 
ritis zur  Spitalbehandlung.  Patient  musste  wiederholt  punctirt  werden,  und 
zwar  wm*de  stets  ein  klares  seröses  Exsudat  entleert.  Das  Sputum  enthielt 
nie  Tuberkelbacillen.  8  Tage  nach  der  letzten  Punction  (etwa  4  Wochen 
nach  Beginn  der  Behandlung)  zeigt  sich  das  Bild  eines  Hydropneumothorax. 
Eine  8  Tage  später  vorgenommene  Probepunction  ergibt  seröses,  leicht  ge- 
trübtes Exsudat.  Punction  und,  als  DyspnoS  wieder  eintritt,  Thoracocentese 
mit  Rippenresection  vermögen  vorübergehende  Erleichtenmg  zu  schaffen. 
Bald  verfällt  Patient,  es  stellt  sich  abendliches  Fieber  ein,  und  etwa  ein 
Vierteljahr  nach  der  Krankenhausaufnahme  erfolgt  der  Exitus.  Die  durch 
V.  Recklinghausen  vorgenommene  Section  ergibt  in  der  Brusthöhle: 
linksseitiger  Seropneumothorax,  rechts-  und  linksseitige  Pleuritis,  Peri- 
carditis,  im  oberen  Theil  der  rechten  Lunge  ein  eigrosser,  derber,  käse- 
haltiger  Heerd,  im  Unterlappen  der  linken  Lunge  ein  kleiner  Käseheerd. 
Auf  der  linken  Pleura  dicker  blaugrüner  Belag  mit  schimmelartigem 
(teruch. 

Dass  der  Pneumothorax  etwa  durch  eine  —  bei  der  Autopsie 
wegen  Vemarbung  nicht  mehr  erkennbare  —  Läsion  der  Pleura 
zu  Stande  gekommen  sei,  hält  v. Becklinghausen  nicht  für  wahr- 
scheinlich. Ausreichend  wird  auch  die  Pathogenese  des  Pneumo- 
thorax durch  den  Befund  eines  gasbildenden  Bacillus  erklärt,  den 
Levy  in  dem  durch  Probepunction  und  Operation  gewonnenen 
Pleuraexsudat  nachweisen  konnte.  Das  anaerobe  Mikrobion  stellt 
ein  kurzes,  dickes,  plumpes  Stäbchen  mit  abgerundeten  Enden  dar^ 


Krankheiten  der  Athmnng&organe.  157 

ist  unbeweglich,  färbt  sich  mit  allen  A n ilin farbstoffen  und  nach 
Gram.  In  Traubenzuckeragar  und  in  Tranbenzackerbonillon  wächst 
er  mit  lebhafter  Gasbildung'.  Meerschweinchen  werden  dorch  ihn 
getödtef;  an  der  Impfistelle  kommt  es  zur  Bildung  eines  serösen 
Exsudats,  das  mit  zahlreichen  (rasblasen  durchsetzt  ist.  —  Denselben 
Bacillus  hat  der  Verf.  in  einem  postpuerperalen  Gasabscess  und 
später  £.  Fraenkel  in  vier  Fällen  sog.  Gasphl^;mone  gefunden. 
Auf  welchem  Wege  der  Bacillus  in  diesem  Falle  sich  secundär  zur 
Pleuritis  zugesellt  hat,  vermag  der  Verf.  nicht  anzugeben.  Jeden- 
falls erscheint  aber  durch  diese  Beobachtung  die  Existenz  eines 
Laenne  ersehen  essentiellen  Pneumothorax  sichergestellt. 

Lardy     (Operation    eines    alten    Pyopneumothorax    Operative 
nach  der  Methode  vonDelorme.   Correspondenzbl.  f.  Schweiz.  ^* •**"*'"'* ^ 

des 

Aerzte  Nr.  6).  Delorme  (Paris)  beschrieb  im  April  1893  auf  dem  pyopnenmo- 
französischen  Congress  für  Chirurgie  eine  neue  Methode  zur  Er-  thorax. 
ÖfBiung  des  Thorax,  welche  eine  bessere  Exploration  der  Pleurahöhle  ^^^^y- 
erlaubt,  ohne  eine  grosse  Besection  der  Bippen.  Er  durchschnitt  die 
Haut  und  die  Weichtheile  vertical  von  der  dritten  bis  sechsten  Bippe 
etwas  innerhalb  der  MammiUarlinie  und  machte  einen  Lappen  mit  der 
Basis  nach  hinten  oben  durch  zwei  Einschnitte,  den  einen  parallel  der 
dritten,  den  anderen  parallel  der  sechsten  Bippe.  Nachdem  die  Weich- 
theile bis  zum  Bippenrande  durchschnitten  waren  und  der  Lappen  nach 
hinten  umgelegt  war,  durchschnitt  er  die  Bippen  und  die  Inter- 
costalmuskeln  am  vorderen  Band  der  Wunde,  während  am  hinteren 
Band  nur  die  Bippen  durchtrennt,  oder  in  geringer  Ausdehnung 
resecirt  wurden  mit  Erhaltung  der  Intercostalmuskeln.  Darauf  wurde 
die  Klappe  nach  oben  und  unten  bis  zum  oberen  Band  der  corre- 
äpondirenden  Bippen  zurückgeschlagen  und  dadurch  die  Thoraxhöhle 
ausgiebig  freigelegt.  In  der  Sitzung  der  Acad6mie  de  M6decine  am 
23.  Januar  1894  erweiterte  Delorme  seine  Methode  dadurch,  dass 
er  die  Abtragung  der  Pseudomembran,  welche  die  Lunge  einschUesst 
und  an  die  Bippen  befestigt,  hinzufugte.  Nach  dieser  Methode 
operirte  Lardy  einen  mehrere  Monate  alten  Fall  von  Pyopneumo- 
thorax mit  einem  Erfolg,  der  seine  Erwartungen  bei  weitem  über- 
traf.   Die  Heilung  trat  etwa  2  Monate  nach  der  Operation  ein. 

4.  Brustfellgeschwülste. 

Die  Casuistik  der  primären  Brustfellgeschwülste  wird      Pieura- 
dnrch  die  interessanten  Beobachtungen  von  Bret  imd  Chatin  (La  g^^^^^  chatin. 
Province  m^dicale,   Dezember)   und  Bia   (Gl'Inciu'abili,   Juli)  ver-         Ria. 


158  Schwalbe. 

mehrt.     Im  letzteren  Falle  handelte  es  sich  um  ein  Endotheliom, 

im  ersteren  um  ein  Sarkom  der  Pleura. 
Diaguose  Die  Schwierigkeit  bezw.  Unmöglichkeit  aus  einzelnen,  in  eineui 

y  0 n  Neu-     Exsudat  der  Brust-  oder  Bauchhöhle  beündlichen  Zellen  schon  während 

bildangen 

aus  Trans-  des  Lebens  die  Anwesenheit  einer  Geschwulst  zu  diagnosticiren,  ist  von 
sudaten,  verschiedenen  Beobachtern  betont  worden.  Die  Aehnlichkeit  der  öe- 
Schwulstzellen  mit  Endothelzellen  und  die  gleichartigen  Verände- 
rungen, welche  beide  durch  ihren  längeren  Aufenthalt  in  Flüssigkeiten 
(Quellungsproducte!)  erleiden,  lassen  eine  stricte  Unterscheidung  beider 
nicht  zu,  und  die  sich  auf  Form  und  Zahl  der  im  Exsudat  nach- 
gewiesenen Zellen  gründende  Diagnose  einer  bösartigen  Neubildung, 
speciell  der  Brusthöhle,  hat  sich  oft  genug  als  irrig  erwiesen.  Die 
Anhaltspunkte,  welche  v.  Quincke  in  der  starken  fettigen  Degene- 
ration und  der  Glykogenreaction  für  die  Diagnose  von  Geschwulstzellen 
gegeben  hat,  lassen  trotz  des  dadurch  gewonnenen  Fortschritts  im 
Einzelfall  recht  häufig  im  Stich.  Jeder  weitere  Beitrag  auf  diesem  Ge- 
biet ist  deshalb  mit  grossem  Interesse  zu  begrüssen.  Als  solcher  ist  der 
Befund,  den  Bieder  auf  der  v.  Z  i  e  m  s  s  e  n'schen  Klinik  (Deutsches 
Archiv  f.  klin.  Medic.  Bd.  54)  erhoben  hat,  anzusehen.  Bei  einer 
Patientin,  die,  wie  die  Section  ergab,  an  Sarcoma  carcinomatodes 
des  Peritoneums  (ausgehend  von  den  Ovarien)  litt,  wurden  in  dem 
durch  Function  gewonnenen  Transsudat  des  Peritoneums  und  der 
Pleura  zahlreiche,  grosse,  polymorphe,  stark  vacuolisirte  Zellen  mit 
ausgedehnter  und  zwar  vorwiegend  atypischer  Zell- und  Kern- 
theilung  gefunden;  diese  für  bösartige  Neubildungen  als  nahezu 
charakteristisch  angesehenen  Zellen  gaben  für  die  richtige  Diagnose 
den  Ausschlag.  —  Weitere  Untersuchungen  nach  dieser  Bichtung 
müssen  lehren,  inwiefern  dieser  Beobachtung  eine  allgemeine  Be- 
deutung zukommt. 

5.  Parapleuritis. 

Das  Krankheitsbild  der  seltenen  primären  (genuinen)  Para- 
pleuritis, d.  h.  der  Entzündung  der  zwischen  Pleura  costalis  und 
Muskelstratum    des   Thorax    bezw.   Zwerchfell   befindlichen   Binde- 
Primäre     gewebsschicht  wird  von  E.  Pins  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  22 
Para-^     u.  23)  in  ausfuhrlicher  Weise  geschildert.    Die  Parapleuritis  beginnt 
B.  Pins.  '    gewöhnlich   mit   Seitenstechen;    mittleres  Fieber   gesellt   sich    bald 
hinzu,  die  Haut  im  Entzündungsbereich  wird  ödematös,  und  mit  Zu- 
nahme  der  Entzündung   tritt   eine  Dämpfung  an  der  betreffenden 
Stelle  auf.   Bei  Vereiterung  des  Infiltrats  steigei-t  sich  Fieber,  Oedem 
imd  Schmerz ;  die  Respiration  wird  etwas  erschwert,  massiger  Husten 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  159 

tritt  auf.  Indess  kann  das  Infiltrat  auch  spontan,  ohne  zu  vereitern, 
sich  resorbiren.  Werden  die  gebildeten  Abscesse  nicht  behandelt, 
so  senken  sie  sich  (Perinephritis  etc.)  oder  perforiren  in  den  Thorax. 
Die  Dififerentialdiagnose  von  der  Pleuritis  wird  gegeben  durch  den 
Mangel  von  Verdrängungserscheinungen  an  den  Nachbarorganen, 
auf  den  Nachweis  lufthaltigen  Lungengewebes  unterhalb  der  affi- 
cirten  Stelle,  auf  den  Nachweis  der  Fluctuation  bei  Vereiterung,  auf 
die  Dämpfungsfigur  und  den  Mangel  ihrer  Aenderung  bei  Lage- 
wechsel, auf  das  Fehlen  bezw.  Geringsein  des  Hustens.  —  Aetio- 
logisch  zieht  Pins  die  Gicht,  Metastase  von  Eiterheerden,  Syphilis  etc. 
in  Betracht.  Die  Behandlung  ist  im  Beginn  antiphlogistisch,  bei 
Eintritt  der  Eiterung  operativ. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

A.  Kaien  bürg,    Realencyklopädie   der   gesammten   Heilkunde.     3.  Aufl. 

Bd.  6 — 8.    Wien  und  Leipzig. 
H.  Eichhorst,  Handbuch  der  speciellen  Pathologie  und  Therapie.    5.  Aufl. 

Bd.  1  und  2.    Wien  und  Leipzig. 
A.  Strümpell,  Lehrbuch  der  speciellen  Pathologie  und  Therapie.    9.  Aufl. 

Leipzig. 
Brouardel,   Gilbert   und   Girode,    Traite    de  mödecine    et   de   th^ra- 

peutique.    Paris. 
F.  A.  Ho  ff  mann,  Vorlesungen  über  allgemeine  Therapie,  mit  besonderer 

Berücksichtigung  der  inneren  Krankheiten.    4.  Aufl.     Leipzig. 
F.  Penzoldt  und  Stintzing,   Handbuch  der  speciellen  Therapie  innerer 

Krankheiten.    Jena. 
Liebreich,  Encyklopädie  der  Therapie.    Berlin. 
A.  Pribram,  Grundzüge  der  Therapie.    Berlin. 

Lenhartz,  Mikroskopie  und  Chemie  am  Krankenbett.    2.  Aufl.     Berlin. 
H.  Vierordt,   Kurzer   Abriss   der  Auscultation   und   Percussion.    4.  Aufl. 

Tübingen. 
W.  V.  Le übe,  Specielle  Diagnose  der  inneren  Krankheiten.  4.  Aufl.  Leipzig. 
R.  Geigel  und  Voit,    Lehrbuch   der  klinischen   Untersuchungsmethoden. 

Stuttgart. 
H.  Rieder,  Handbuch  der  ärztlichen  Technik.    Leipzig. 
Leon-Petit,  Le  phtisique  et  son  traitement  hygi^nique.     Paris. 


U,  4.  Krankheiten  der  Kreislaufsorgane. 

Von  Dr.  Jnlins  Schwalbe  in  Berlin. 

A.  Krankheiten  des  Herzens. 

1.  Allgemeines. 

a.  Physiologie,    üntersuchungsmethoden. 

Die  scheinbar  längst  gelöste  und  doch  immer  wieder  discutirte  Frage 
Entstehung  nach  der  Entstehung  und  Zahl  der  normalen  Herztöne  hat  R.  Geigel 
undZahlder  gum  Gegenstand  einer  Erörterung  gemacht  (Virchow's  Arch.  Bd.  141,  Heft  1). 
Herztone,  -^^^  bekannten  Ludwig-Dogiel'schen  Versuch  über  die  Entstehung  des 
ersten  Herztons  hält  Geigel  für  völlig  beweisend  dafür,  dass  die  Stellung 
und  Anspannung  der  Vorhofsklappen  zur  Erzeugung  eines  ersten  Tons  nicht 
noth wendig  ist.  Allein  dies  gilt  —  nach  der  Anordnung  des  Ludwig'schen 
Versuchs  —  nur  für  das  entblutete  Herz;  ob  der  Schluss  auch  für  das 
gefüllte  Herz  Geltung  hat,  wo  die  Bewegungen  der  Herzwand  durch  die 
träge  Masse  des  Inhalts  erheblich  gedämpft  werden ,  ist  noch  nicht  er- 
wiesen. Die  beträchtliche  Druckerhöhung  während  der  Verschlusszeit  des 
Ventrikels  muss  die  Vorhofsklappen  plötzlich  ausbauchen,  und  die  zarten 
elastischen  Klappen  sind  viel  geeigneter  zu  transversalen  Schwingungen  — 
i.  e.  zur  Tonbildung  —  als  die  dicke,  träge  Muskelwand.  Was  die  Zahl 
der  normalei'weise  gebildeten  Herztöne  angeht,  so  werden  bekanntlich  fast 
durchweg  im  ganzen  sechs  angenommen:  zwei  systolische  an  den  Vorhofs- 
klappen, zwei  systolische  an  der  Wand  der  Aorta  bezw.  Pulmonalis  und 
zwei  diastolische  an  den  Semilunarklappen.  Geigel  hält  diese  Lehre  für 
unrichtig.  Auf  Grund  von  Versuchen  mittels  der  akustischen  Markir- 
methode  (nach  Martins)  und  nach  mathematischen  Berechnungen  gelangt 
er  zu  dem  Schluss,  dat^s  der  erste  Aortenton  —  und  in  Analogie  auch  der 
Pulmonalton  —  nicht,  wie  es  nach  der  oben  bezeichneten  Lehre  sein 
müsste,  durch  eine  längere  Pause,  wie  sie  die  Verschlusszeit  erfahrungs- 
gemäss  darstellt,  vom  Ventrikelton  getrennt  ist,  sondern  mit  dem  Ventrikel- 
ton zeitlich  zusammenfällt  und  in  der  Verschlusszeit  des  Ventrikels  ent- 
steht. Es  kann  also  seiner  Meinung  nach  die  Genese  des  ersten  Aortentona 
nicht  auf  die  Schwingungen  der  Aortenwand  zurückgeführt  werden.    Viel- 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  161 

mehr  sind  zur  Erklärung  desselben  Schwingungen  der  —  in  der  Verschluss- 
zeit ja  noch  geschlossenen  —  Aortenklappen  anzunehmen:  die  am  Ende 
der  Diastole  stark  in  den  Ventrikel  ausgebauchten  Semilunarklappen  kom- 
men durch  den  im  Sjstolebeginn  stattfindenden  Ausgleich  der  Druckdifferenz 
zwischen  Ventrikel  und  Aorta  in  eine  neue  Gleichgewichtslage,  um  welche 
sie  schwingen  (i.  e.  die  plötzliche  Entspannung  der  halbmondförmigen 
Klappen  bringt  diese  zum  Tönen).  Es  schwingen  also  nach  G  e  i  g  e  1 
beim  ersten  Herzton  nicht  nur  die  Vorhofsklappen  —  und  die  Muskel- 
wand — ,  sondern  auch  die  noch  geschlossenen  halbmondförmigen  Klappen, 
also  die  ganze  Umgrenzung  des  geschlossenen  Ventrikels.  Man  ist  danach 
berechtigt,  von  einem  einzigen  systolischen  Ventrikel  ton  in  jeder  Herzhälfte 
zu  reden,  und  würde  also  nicht  sechs,  sondern  nur  vier  Herztöne  zählen.  — 
In  einer  Anmerkung  bei  der  Correctur  bemerkt  Geigel,  dass  auch  Mar- 
tins —  nach  brieflicher  Mittheilung  —  seit  langer  Zeit  nur  vier  Herztöne 
annehme. 

Die  Entstehung  der  Geräusche   in  Herz  und  Gefässen  führt 
R.  Geigel  (Virchow's  Arch.  Bd.  140,  Heft  2)  lediglich  auf  stehende  trans-  Entstehung 
versale  Schwingungen  der  Wand  bezw.  der  Klappen  zurück.    Die  Wirbel-     der  Blut- 
theorie  hält  er  auf  Grund  theoretischer  Baisonnements  und  physikalischer      j^  oeieel 
Experimente  für  nicht  begründet. 

Einige  für  die  Lehre  vom  Herzspitz en]stoss  sehr  wichtige 
Beobachtungen  theilt  Fr.  Müller  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  13,  35  Lehre  vom 
u.  38)  in  seiner  Arbeit  „Einige  Beobachtungen  aus  dem  Percussions-^^^^^P**^®'^' 
curs"  mit.  Müller  hat  zunächst  das  nervöse  Herzklopfen  studirt  Fr.  Müller. 
und  durch  Messung  einer  Anzahl  von  Gardiogrammen  festgestellt,  dass 
der  dabei  häufige  erschütternde  Herzstoss  seine  Erklärung  findet  in 
einer  schnelleren  Zusanunenziehung  der  Ventrikel,  welche  sich  in 
einem  rascheren  Ablauf  des  aufsteigenden  Gardiogrammschenkels 
documentirt.  Ob  daneben  beim  nervösen  Herzklopfen  eine  wirklich 
verstärkte  Herzaction  vorliegt,  lässt  sich  vorläufig  nicht  entscheiden. 
Müller  geht  dann  weiter  auf  die  Deutung  des  Cardiogrammes  über- 
haupt ein.  Er  war  in  der  Lage,  an  einigen  Kranken  mit  Aorten- 
aneurysma eine  directe  Messung  der  Yerschlusszeit  (Anspannungs- 
zeit) vornehmen  zu  können.  Seine  Zahlen  schwanken  zwischen  drei 
und  sechs  Hundertstelsecunden  und  nähern  sich  somit  den  von 
Hürthle,  Key  dt  und  Schmidt  gefundenen  Werthen.  Einmal 
gelang  es  Müller,  neben  der  Spitzenstosscurve  eine  Pulscurve 
der  Pulmonalarterie  aufzuzeichnen.  Er  berechnet  daraus  eine  Ver- 
schlusszeit des  rechten  Ventrikels  von  zwei  bis  drei  Hundertstel- 
secunden und  fand,  dass  der  Pulmonalklappenschluss  genau  auf  den 
Beginn  des  absteigenden   Schenkels  fiel,   —  eine  neue  werthvoUe 

Jahrbuch  der  practisehen  Medicio.    1896.  11 


162  Schwalbe. 

Bestätigung  der  Ergebnisse  der  mechanischen  Begistrirmethode. 
Schliesslich  bespricht  Müller  die  „Vorhofszacke"  im  aufsteigenden 
Cardiogrammschenkel.  Er  hält  es  nicht  für  ausgeschlossen,  dass  in 
einem  Theil  der  Fälle  die  Spaltung  des  ersten  Herztones  auf  einen 
dem  Ventrikelton  kurz  vorangehenden  „Vorhofston"  zurückzuführen 
ist.  Dass  der  Vorhofscontraction  bisweilen  ein  durch  das  Mikrophon 
nachweisbarer  Ton  entspricht,  hat  Hürthle  nachgewiesen. 

Physiologie  Scheiber  (Ueber  eine  neue  Eintheilung  der  Herzbewe- 

^®'         gungen    [Systole,    Diastole]    und    die    Ludwig'sche    Herz- 
Bewegungen^  «      . 

und  des      stosstheorie.   Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Nr.  28,  S.  402)  ist  der  Meinung, 

Spitzen-     dass   die  bisher  übliche  Eintheilung   der  Herzbewegung  in  Systole 

8  osses    es  ^^^  Diastole  eine  ungenaue  ist.     Er  theilt  die  Diastole  in  die  Zeit 

Herzens,  ^  '^ 

s.  Scheiber.  der  Eelaxation,  in  welcher  der  Muskel  vermöge  der  Elasticität  wieder 
in  seine  frühere  Gleichgewichtslage  zurückkehrt,  und  die  eigentUche 
Diastole,  die  Phase  der  AnfaUung  mit  Blut.  Das  Relaxationsstadium 
ist  bei  den  Vorhöfen  von  allerkürzester  Dauer,  die  Phase  der  Blut- 
anfiillung  beginnt  fast  unmittelbar  nach  dem  Ende  der  Systole.  Bei 
den  Kammern  ist  es  umgekehrt.  Hier  ist  die  eigentliche  Diastole 
(Dilatation)  viel  kürzer,  sie  entspricht  der  Systole  der  Vorhöfe.  Das 
Stadium  der  Belaxation  dagegen  ist  lang,  wobei  allerdings  Scheiber 
hervorhebt,  dass  schon  während  desselben  eine  geringe  Menge  Blut 
in  die  Ventrikel  eintritt.  Dieses  Stadium  der  „langsamen  Füllung" 
rechnet  Scheiber  noch  zur  Eelaxationsphase.  Eine  Herzpause  lässt 
Verf.  nicht  gelten.  Als  weitere  Begründung  seiner  Ansicht  führt 
Scheiber  an,  dass  in  vielen  neueren  Cardiogrammen  die  „Vorhofs- 
zacke" am  Ende  der  Diastole  und  selbst  im  aufsteigenden  Schenkel 
deutlich  zum  Ausdruck  kommt.  Die  Formveränderung  des  Herzens, 
welche  nach  Ludwig  den  Spitzenstoss  herbeiführt,  vollzieht  sich, 
wie  Verf.  auseinandersetzt,  bereits  am  Ende  der  Diastole,  durch 
die  Blutanfiillung.  Schon  durch  die  Contraction  der  Vorhöfe  stösst 
die  Herzspitze  an  die  Brustwand  an,  und  zwar  mittelbar  durch  die 
Spannung  der  Wände  infolge  des  einströmenden  Blutes.  Dieser  Effect 
drückt  sich  in  der  Herzstosscurve  durch  die  Vorhofszacke  aus. 
Scheiber  unterscheidet  demgemäss  einen  diastolischen  und  einen 
systolischen  (den  eigentlichen)  Herzstoss.  Zeitlich  rechnet  Verf.  bei 
den  Vorhöfen  etwa  zwei  Sechstel  der  ganzen  Herzevolution  auf  die 
Systole,  vier  Sechstel  auf  die  Diastole ;  bei  den  Kammern  zwei  Sechstel 
auf  die  eigentliche  Diastole,  drei  Sechstel  auf  die  Systole  und  nur 
ein  Sechstel  auf  die  Belaxation.  Die  letztere  Annahme  bedarf  wohl 
noch  einer  genaueren  Controlle  durch  gute  Cardiogramme. 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  163 

Die  von  K.  Hürthle  (TJeber   die   mechanische  Registri-MechaniBche 

roDg  der  Herztöne.     Pflüger's   Archiv  Bd.  60)   früher  publicirte     ^««i«*"' 
j^  .      .  .  rung  der 

Methode,  die  Herztöne  zu  registriren,  hat  nach  der  vorliegenden  Herztöne. 
Pnblication  eine  Verbesserung  erfahren.  Das  mit  dem  Begistrirapparat  ^*  Hürthle. 
verbundene  Mikrophon  hat  die  Stimmgabelform  erhalten. 

Eine  weitere  Steigerung  der  Empfindlichkeit  der  Methode  wurde  durch 
*-iwn  eigenthümlich  gestalteten  Resonator  (allseitig  geschlossener  Schall- 
Trichter  mit  einer  inneren  festen  Axe,  welche  durch  ein  System  dünner 
Hulzscheiben  hindurch  gesteckt  ist)  erreicht,  welcher  zwischen  Mikrophon 
md  Stethoskop  eingeschaltet  wurde.  Die  Herztöne  gelangen  also  von  der 
Bra^twand  durch  ein  hohles  Stethoskop  hindurch  zunächst  in  den  Resonator, 
Trrden  hier  verstärkt,  durchsetzen  dann  den  Stiel  der  (hölzernen)  Stinmi- 
jTdhe]  und  erzeugen  endlich  die  Schwingungen  der  Zinken,  denen  die  Mikro- 
phoncontacte  aufsitzen.  Zur  Registrirung  der  Herztöne  ist  bei  der  jetzigen 
Methode  ein  elektromagnetischer  Schreiber  eingeführt  worden. 

Bei  den  Versuchen  wurden  zunächst  die  Herztöne  gleichzeitig 
mit  den  Druckänderungen  im  linken  Ventrikel  registrirt,  woraus  sich 
ergab,  dass  der  erste  Herzton  gleichzeitig  mit  dem  Ansteigen  der 
Druckcurve  beginnt.  Es  wird  dadurch  die  Lehre,  dass  der  erste 
Herzton  ein  Muskelton  ist,  bestätigt.  Der  Anfang  des  zweiten  Herz- 
tone« fällt  in  die  erste  Hälfte  des  absteigenden  Schenkels  der  Kammer- 
torve.  In  anderen  Versuchsreihen  wurden  die  Herztöne  gleichzeitig 
niit  dem  Cardiogramm  registrirt,  um  ihre  Lage  auf  der^  letzteren 
Curve  festzustellen.  Der  erste  Herzton  fällt  mit  dem  Beginn  der 
Kammersytole  zusammen,  der  zweite  in  den  Anfangstheil  der  Diastole, 
f^twa  0,02  Secunden  hinter  ihrem  Beginn.  Vor  dem  ersten  Herzton 
^nirde  häufig  noch  ein  schwächeres  Geräusch  registrirt,  ein  Vorton, 
•len  Verf.  als  systolischen  Vorhofston  anspricht. 

S.  V.  Basch  berichtet  über   ein  Sphygmomanometer  ver-        Neues 
tinfachter    Construction    (Wiener    med.    Blätter    S.  71).      Ein  ,//„^/f^"J^; 
Thermometerrohr  ist  an  dem  einen  Ende  zu  einer  Kugel  aufgeblasen,      y.  Banoh. 
am  anderen  Ende   auf  ein   kurzes  weites  Glasrohr  aufgeschmolzen. 
Der  Lmenraum   dieses  weiten  Glasrohres  ist  durch  eine  horizontale 
^lieidewand   in   zwei   von  einander  luftdicht  abgeschlossene  Theile 
getheilt.    Li   die   Scheidewand   ist  eine   Kautchukkappe   eingesetzt, 
so  dass  ihre  Kuppe   (über   ein   kleines  Glasrohr   gebunden)  in  den 
'oberen  Raum  hineinragt,  ihr  Lmenraum  aber  mit  dem  unteren  Baume 
communicirt.     Dieser  ist  nach  unten  durch  eine  zweite  Kautschuk- 
pelotte  abgeschlossen,  welche  an  dem  Bande  des  weiten  Glasrohres 
^^festigt  ist.   Das  Thermometerrohr  und  der  mit  ihm  communicirende 
obere  Raum   des  weiten  Glasrohres  ist  mit  einer  gefärbten  Flüssig- 


164  Schwalbe. 

Sphygmo-  keit  gefüllt.  Das  Instmment  wird  lothrecht  gehalten,  die  untere 
manometer,  Kautschukpelotte  auf  die  Arterie  aufgesetzt.  Der  Stand  der  Flüssig- 
keit  gibt  nach  einer  empirischen  Graduirung  den  Druck  in  Millimeter 
Quecksilber  an.  Der  Apparat  soll  das  vom  Verf.  angegebene 
Metallsphygmomanometer  nicht  verdrängen,  sondern  nur  unter  Um- 
ständen als  billigeres  Instrument  ersetzen. 

Einen  dem  bekannten  Mar  ey'schen  Sphygmomanometer  äbn- 
A.  Mosso.      liehen  Apparat  hat  A.  Mos  so  (Sphygmanom^tre   pour  mesurer   la 
pression  du  sang  chez  l'homme.   Arch.  ital.  de  biologie  Bd.  23)  con- 
struirt. 

Blutdruck-  Methode    und   Werth    der   Blutdruckmessung   für   die 

T^Basch^     Praxis  wird  auch  in  diesem  Jahre  von  v.  Basch  (Wiener  med. 
Presse  Nr.  15  u.  16)  eingehend  geschildert. 

Einen  neuen  Apparat  zur  Messung  des  Blutdruckes,   eine 

Pulswage,    Pulswage,  beschreibt  E.  Weisz  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  7). 

Indessen  geht  aus  den  Mittheilungen  nur  hervor,  dass  der  Apparat 

sich  —  wenigstens  einstweilen  —  für  den  bestimmten  Zweck  nicht 

eignet;  wir  verzichten  deshalb  auf  seine  genauere  Beschreibung. 

Flammen-  A.   Rüedi   (Klinische  Beiträge   zur  Flammentachographie.     Mitthei- 

tacho-       lungen   aus  Kliniken  und  med.  Instituten  der  Schweiz,  Reihe  3,   Heft  5. 

£rTaT)liie 
Riedi         Basel  und  Leipzig.     C.  Sallmann)   hat  in   der  Klinik  von  Sahli   in  Bern 

die  durch  v.  Kries  angegebene  Methode  der  Flammentachographie 
zur  Untersuchung  pathologischer  Pulse  verwendet.  Bei  dieser  Methode  wird 
der  Arm  der  Versuchsperson  in  einen  Plethysmographencylinder  einge- 
schlossen, welcher  mit  dem  Brennerraum  einer  Gasflamme  communicirt.  Die 
Bewegungen  der  Flamme  werden  auf  photographischem  Wege  auf  einem 
mit  Bromsilberpapier  überzogenen  Cylinder  registrirt.  Die  Curven  zeigen 
die  Schwankungen  der  Geschwindigkeit  des  Blutstromes  an  und  ergänzen 
gewissermassen  die  vom  Spbygmographen  gelieferten  Druckcurven.  Verf. 
hat  bei  jedem  Patienten  stets  beide  Curven  aufgenonunen ;  eine  Anzahl  ist 
auf  den  der  Abhandlung  beigegebenen  Tafeln  in  Heliogravüre  reproducirt. 
Von  fiebernden  Patienten  (Pneumonie,  Typhus)  erhielt  Verf.  Tachogramme 
mit  sehr  ausgeprägter  Dikrotie,  von  Nephritiden  solche  mit  vielen  Zacken, 
weiche  er  durch  mehrfache  Reflexion  der  gegen  die  Norm  beschleunigten 
Pulswelle  erklärt.  Cii'culationsstörungen  (Herzfehler  mit  gestörter  Compen- 
sation)  ergaben  oft  höchst  unregelmässige  Tachogramme  neben  ziemlich 
regelmässigen  Sphygmogrammen.  Die  bessernde  Wirkung  der  Digitalis  Tvar 
in  solchen  Fällen  an  der  Stromcui-ve  besser  kenntlich,  als  an  der  Druek- 
curve.  Endlich  zog  Verf.  auch  anämische  Zustände  in  den  Kreis  der  Unt*»r- 
suchung;  hier  ergaben  besonders  Chlorosen  recht  merkwürdige,  den  bei 
Nephritiden  erhaltenen  ähnliehe  Strompulse  mit  vielen  Zacken,  über  deren 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  165 

Za^tandekommen  Verf.  zu  keinem  bestimmten  Ergebniss  gelangt  ist.  Von 
erheblicher  Einwirkung  auf  die  Form  der  Tachogramme  ist  übrigens  die 
Athmung  sowie  die  Lagerung  des  zum  Versuche  benutzten  Armes. 

b.  Allgemeine  Pathologie. 

Bekanntlich  ist  die  Streitfrage,  ob  das  Blut  bei  Stauungs- 
zaständen  wasserreicher  oder  wasserärmer  ist,  als  im  Stadium 
der  Ck>mpen8ation  (vergl.  dieses  Jahrb.  1889,  S.  211  fF.),  trotz  wieder- 
holter Beurtheilung  seitens  verschiedener  Autoren  noch  nicht  gelöst, 
and  die  theoretische  Erklärung  für  die  in  gewissen  Fällen  zweifel- 
los wirksame  Oertel'sche  Wasserentziehung  bei  Stauungszuständen 
ist  in  allgemein  anerkannter  Form  noch  nicht  gegeben.  Von  neuem 
bat  E.  Grawitz  dieses  interessante  Thema  zum  Gegenstand  ein-  Biutdichte 
gehender  und  sorgfilltiger  Studien  gemacht  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  ^-^^S 
Med.  Bd.  54).  Er  untersuchte  jedesmal  das  Blut  als  Ganzes,  femer  tions- 
das  abgesetzte  Serum  isolirt  und  die  Zahl  der  rothen  und  farblosen  Störungen, 
Blutkörperchen;  er  bestimmte  die  Trockensubstanz  des  Gesammt-  '  ^'*^^^^- 
blutes  und  des  Blutserums,  das  specüische  Gewicht  des  Gesammt- 
blutes  und  des  Serums,  den  Hämoglobingehalt,  den  Stickstoffgehalt  des 
Blutes  und  Serums.  Sämmtliche  Untersuchungen  wurden  an  dem- 
selben Individuum  in  verschiedenen  Stadien  seiner  Erkrankung  vor- 
genommen; das  geprüfte  Blut  wurde  stets  möglichst  aus  demselben 
Gefassbezirk  und  zur  selben  Tageszeit  entnommen.  Die  Eesultate, 
die  Grawitz  erhielt,  widersprechen  in  einem  wesentlichen  Punkte 
den  Oertel'schen  Angaben.  Bei  Ej-anken  mit  venösen  Stauungen 
and  Oedem  fand  sich  nämlich,  dass  sowohl  die  Zahlen  der  rothen  Blut- 
körperchen wie  des  Trockenrückstandes  in  dem  einer  oberflächlichen 
Armvene  entnommenen  Blute  niedriger  waren  als  in  dem  aus  einem 
Hautschnitt  (Capillargefässen)  entnommenen  Blute :  das  Blut  aus  dem 
Capülarbezirk  war  also  nicht,  entsprechend  dem  Oertel'schen  Be- 
funde, wasserreicher,  sondern  concentrirter  als  das  ausgesprochen 
venöse.  Eine  Erklärung  für  diese  Controverse  findet  E.  Grawitz 
in  den  unvollkommenen  Apparaten,  mit  denen  Oertel  bei  seinen 
Stadien  gearbeitet  hat.  —  In  dem  Hauptbefunde  stimmen  indess  die 
Grawitz'schen  Blutimtersuchungen  mit  den  0er t einsehen  überein: 
auch  er  findet  als  die  erste  Veränderung  des  Blutes  beim  Eintritt 
der  Compensationsstörung  eine  Steigerung  seines  Wassergehalts, 
d.  h.  eine  Abminderung  der  Concentration  des  Serums  und  damit  des 
Gesammtblutes.  Diese  Veränderung  schwindet,  sobald  es  gelingt, 
die  Compensation  wieder  herzustellen.  Als  Ursache  dieser  sog.  Plethora 
serosa  nimmt  Grawitz  nicht  wie  Oertel  eine  Verminderung  der 


166  Schwalbe. 

Blutdichte  Wasserausscheidung   aus   den  Nieren  und  Vermehrung  des  Ljrmpli- 

*^®'         Zuflusses  in  die  dem  Herzen  nahe  gelegene  Vene  an.   Verminderung 

lations.-      der  Urinsecretion   und  Verwässerung   des  Blutes  leitet  er  vielmehr 

Störungen,  von  dem  Sinken  des  Blutdrucks  her,  das  —  nach  anderen  ex- 
.  law  z.  pei^mentellen  Erfahrungen  —  eine  Erschlaffung  der  feinsten  Gefässe 
und  damit  einen  TJebertritt  von  Flüssigkeit  aus  den  Geweben  in  die 
letzteren  zur  Folge  hat.  —  Ganz  anders  als  im  Beginne  der 
Compensationsstörung  verhält  sich  nach  Grawitz  das  Blut  bei 
chronischen  venösen  Stauungszuständen.  Hier  wird  das  Blut  i ni 
ganzen  wasserärmer,  concentrirter  (und  zwar  stärker  im  CapiUar- 
gebiet  als  im  venösen)  und  an  rothen  Blutkörperchen  reicher;  dabei 
ist  aber  das  Blutserum  allein  auffallenderweise  hochgradig  ver- 
wässert. Die  Eindickung  des  Gesammtblutes  kommt  nach  Grawitz 
im  Lungenkreislauf  zu  Stande,  die  Verwässerung  des  Blutplasmas 
führt   er   gleich  Oertel   auf  die  mangelhafte  Urinsecretion  zurück. 

In  seinen  experimentellen  Untersuchungen  über  cardiale  Dys- 
pnoe an  Thieren  und  —  mittels  des  Ergostaten,  Spirometers  etc.  — 
Wesender  an  Menschen  mit  gesundem  imd  krankem  Herzen  gelangt  Zerner 
iT's^'noT  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  S.  569)  zu  folgenden  Schlüssen.  Bei  der 
Zerner.  '  cardialen  Dyspnoe  besteht  eine  Atheminsufficienz,  d.  h.  eine  Verminde- 
rung des  Nutzeffectes  der  Athemarbeit ;  das  Verhältniss  zwischen  Athem- 
arbeit  und  Luftaufnahme  wird  kleiner.  Ihren  Grund  hat  die  Athem- 
insufficienz  in  der  Lungenschwellung  und  Lungenstarrheit  (v.  Bas  eh), 
die  ihrerseits  durch  eine  Insufficienz  des  linken  Ventrikels  imd  secuu- 
däre  Stauung  im  linken  Vorhof  und  Lungenkreislauf  hervorgerufen 
wird.  Namentlich  die  Lungenstarrheit  wirkt  durch  Verminderung  der 
Excursionsfahigkeit  der  Lungen  wie  ein  Kespirationshindemiss.  Die 
durch  die  Körperarbeit  erzeugte  Dyspnoe  ist  eine  cardiale,  und  ihr 
Grad  hängt  nicht  so  sehr  von  der  geleisteten  Körperarbeit  wie  von  der 
Leistungsfähigkeit  des  Herzmuskels  ab.  Bemerkenswerth  ist  noch,  dass 
bei  körperlicher  Anstrengung  tmter  gleichen  Verhältnissen  des  Herz- 
muskels der  NutzeiFect  der  Athmung  bei  der  Aortenklappeninsufficienz 
grösser  ist  als  bei  Mitralinsufficienz.  Die  Erklärung  hierfür  liegt, 
darin,  dass  bei  dem  Aortenfehler  viel  weniger  leicht  eine  Stauung 
im  linken  Vorhof  eintritt  als  beim  Mitralfehler. 

Die  Untersuchungen  Hüsler's  über  die  Regelmässigkeit 
des  Pulsrhythmus  bei  gesunden  und  kranken  Menschen 
(Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  beziehen  sich  auf  weit  über 
100  Gesunde,  Kranke  und  Reconvalescenten ;  sämmtliche  Curven  sind 


fixankheiten  der  Kreislaufsorgane.  167 

unter  geeigneten  Cautelen  mit  dem  Sphygmochromographen  aufge-       Puls- 
nommen  und  mit  dem  Curvenanalysator  von  J  a q u e  t  gemessen  worden.    ^ ^ ^'}^^  J"  "  * 
Die  Ergebnisse  der  H ü s  1  e raschen  Untersuchungen  lassen  sich  dahin    Gesunde u 
tbrmnliren,    dass    die   Regebnässigkeit   des  Pulsrhythmus   nur  eine         ^^^ 
relative  genannt  werden  kann.  Das  gesunde  Herz  zeigt  in  der  Reihen-        Httaler 
folge   seiner   Pulsationen   fast   in   allen   Fällen   ziemlich   erhebliche 
Differenzen,  die  sich  durch  äussere  Pactoren  zur  Zeit  noch  nicht  er- 
klaren lassen.     Diese  Differenzen  sind  derart,  dass  eine  Grenze  für 
den    physiologischen  Pulsrhythmus   zur  Zeit   nicht  gezogen  werden 
kann.     Auf  der  anderen  Seite  zeigt  aber  das  Herz,   abgesehen  von 
den   beim    gesunden    Organ  beobachteten   Differenzen,   eine    grosse 
Tendenz    zur  Beibehaltung   seines  Rhythmus;    selbst   schwere   All- 
gemeinerkrankungen   oder    erhebliche   Störungen    des   Herzklappen- 
apparates haben  auf  die  Regelmässigkeit  für  gewöhnlich  keinen  Ein- 
Öuss.     Damit  Arh3rthmie  beobachtet  wird,   müssen  ganz  bestimmte, 
zum  Theil  noch  sehr  wenig  bekannte  Noxen  auf  den  Herzmechanis- 
mus einwirken. 

G.  Sharp   (Disturbance   of  the   cardiac  rhythm   and      Reflec- 
pulse.     The  Lancet  Nr.  3746,  S.  1509,  1510)  weist  auf  die  reflec-     tonische 
torischen  Aenderungen  des  Pulsrhythmus  hin,  die  infolge  Reizung        Sharp. 
verschiedener  Nervengebiete   eintreten   können.     Verf.   beobachtete 
eine  Reihe  von  Fällen,  die  tmter  dem  Bilde  von  Magen-  und  Darm- 
katarrhen verliefen  und   durch  irritirende  Körper  im  Verdauungs- 
kanal,  durch  theilweise  Verlegung  der  Passage  oder  durch  locale 
Entzündungen  bedingt  imd  mit  Unregelmässigkeiten  der  Herzarbeit 
vergesellschaftet    waren.     Verf.    bezieht    die    Arhythmie    auf  eine 
Reizung  des  Sympathicus  und  dadurch  bewirkte  reflectorische  Vagus- 
erregong.     Leibschmerz   und  Herzirregularität  wurden  meist   durch 
Opium  und   heisse  Breiumschläge  auf  den   Leib   schnell  beseitigt. 
Morphium  ist  unwirksam,   da  es    zu  schnell  in  die  allgemeine  Cir- 
colation  übergeht  und  statt  der  localen  mehr  eine  allgemeine  Wirkung 
veranlasst. 

2.  Specielle  Pathologie. 

a.  Endocarditis.    Klappenfehler. 

Die  Frage,  ob  die  bei  Gonorrhoe  mehrfach  beobachteten 
Fälle  von  acuter  Endocarditis  pathogenetisch  auf  den  Gono- 
coccus  zurückzuführen  sind  oder  nicht,  ist  bekanntlich  in  letzter  Zeit 
im  Anschluss  an  einzelne  Beobachtungen  öfter  discutirt,   doch  noch 


168  Schwalbe. 

nicht  zum  Abschluss  gebracht  worden  (vergl.  die  Controverse  Leyden- 
Endo-  Wilms,  dieses  Jahrbuch  1894,  S.  301).  Der  Fall,  den  Dauber  und 
carditis  bei  Borst  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  56)  aus  der  v.  Leube'schen 
Dauber  Borst.  Klinik  mittheilen,  beweist,  wie  vorsichtig  man  in  der  Beurtheüung  der 
vorliegenden  Frage  sein  muss,  wenn  man  nicht  Täuschungen  unter- 
liegen will.  Bei  dem  20jährigen  Patienten,  dessen  Krankengeschichte 
ausführlich  mitgetheilt  wird,  entwickelte  sich  im  Anschluss  an  eine 
Gonorrhoe  eine  maligne  Endocarditis  der  Aortenklappen,  die  in  kurzer 
Frist  zum  Tode  führte.  Bei  der  Section  fand  man  in  den  polypösen 
Wucherungen  der  ulcerirten  Aortenklappen  Diplokokken,  die  durch, 
ihre  typische  Semmelform,  durch  die  Lage  innerhalb  von  Zellen, 
durch  Entfärbung  nach  Gram  und  Empfindlichkeit  gegen  Alkohol 
Gonokokken  sehr  ähnlich  waren,  sich  bei  der  Cultur  indess  von  diesen 
deutlich  unterschieden.  Die  VerfP.  betonen  deshalb,  dass  man  die 
Diagnose  „Gonokokkenendocarditis^*  ohne  positiven  Ausfall  des  Cultur- 
Verfahrens  nicht  stellen  darf. 

Locaiisation         Die  Beobachtung  Curschmann's  (vergl.  dieses  Jahrbuch  1894, 
^®^  S.  302),    dass   das   systolische   Mitralisgeräusch    manchmal 

Mitral-      ^^^^  dem  Pulmonalostium  allein  oder  besser  gehört  wird  als  an  der 
g  er  aus  che  8,  Herzspitze,  wird  von  Hei  1 1er  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  51)  auf 
eiter.       Qrmid    einer   Beobachtung   bei    relativer   Mitralisinsufficienz    be- 
stätigt. 
Venenpuls  Einen  Fall  von  Venenpuls  bei  Mitralinsufficienz  infolge  Com- 

b ei  Mitral-    munication  beider  Vorhöfe   durch   ein   Defeet   des   Vorhof septums    theilt 
Reineboth    *Reineboth  in  Nr.  52  der  Deutschen  med.  Wochenschrift  mit. 

Als  Hemisystolie  hat  bekanntlich  Leyden  einen  Zustand 
des  Herzens  bezeichnet,  in  dem  bei  Kühe  des  linken  Ventrikels  sich 
der  rechte  allein  zusammenzieht;  der  Radialpuls  fällt  dabei  natür- 
lich aus,  während  die  Thätigkeit  des  rechten  Ventrikels  durch  den 
ausgesprochenen  systolischen  Venenpuls  leicht  festzustellen  ist. 
Hemi-  Er.  Pranck  (Critique  de  la  th^orie  de  Fhömisystolie  dan» 
systoiie,     Hnsuffisance  mitrale.    Archives  de  Physiologie  Nr.  3,  Juillet) 

Franyois  ./  o  * 

Franck.  widmet  nun  die  vorliegende  Abhandlung  dem  Nachweis,  dass  bei 
der  sog.  Hemisystolie  das  Verschwinden  des  Radialpulses  nicht  einem 
vollkommenen  Stillstand  des  linken  Ventrikels,  sondern  nur  einer 
Abortivcontraction ,  die  keinen  Radialpuls  hervorzubringen  vermag, 
zuzuschreiben  ist.  Verf.  hat  zu  dem  Ende  bei  Hunden  eine  functionelle 
Mitralinsufficienz  mit  Arhythmie  hervorgerufen  und  die  Druckhöhen 
sowohl  innerhalb   der  Ventrikel,  wie  der  Vorhöfe  registrirt;   dabei 


tand  er  stets,  dass  beide  Voiirikicl  iZa  SinnffTKr VnragtL  icr  r<niik- 
höhe  gleichzeitig  und  in  daudbeR  SrrTie  mswh^^rn  H^rnfHTrsc-.-it* 
wnrde  nicht  beobachtet.  Bö  KmkiQL  oiin  Mttw  ttt»:  Tmioirfciiiiil- 
msQ£&cienz  ergab  die  ITHihMhiiiBg  düPiiL  ^»^**it'x»rr:T^  Siftsibsczinn^ 
des  Radial-  nnd  Jogolarisimkes.  das»  ^  i^ikwKura^stL  zi  S±r 
Grösse  beider  Polse  stets  paraE«:!  la^^  Tid  iads  ••ü.  wirkiiiiL^tr 
Intermittenz  des  Radialpnbes  auch  der  V€i!»ai^<ü  '<iiL^r=«ft»L    F;t*> 


weitere  Versuchsreihe  von  Hmidfn,  b»  daopsEL  <3'  *szy^  3fi:ja^^r?»iri-  litgj 
mit  Arhythmie  hervorrief,  zagte  gczw^rf-rr-iArT,  Iiä»  ;»c«i*r  U::ir"=««rl- 
mässigkeit  der  Herzaction  toh  be'i€ZL  V^trfk-riz:  «Cirts  5=^  zijti  :i#5^3i 
Sinne  mitgemacht  wird.  Die  Beobaf^^rrirg,  iääif  t«^  T:rrA=.i'^ciri=. 
Venenpnls  der  Radialpols  nicht  za  covsasir'ac  ist.  iir:  z^ih.  Ttaz.  i  k 
nickt  in  dem  Sinne  gedeutet  w»dai.  dase  i^r  Izik*  V-arsrÜTi^  iii»t£ 
^tille  steht,  sondern  nur,  dass  er  za  scLv^iL  war.  ^i=l  «rfr-cn  zi'^rk- 
baren  Arterienpnls  za  Edem.  wahrend  der  recLie  V-sl^tUl-cL  zz,  ii-äser 
Beziehung  günstiger  gestellt,  auch  bei  acLwäclift^r  Cintrki^.c.  ri:i-r:i 
Jogolarvenenpuls  zu  Stande  bringt.  Eine  ÜKZilsj^y.l^  izl  Sirzi-r 
Leyden's  gibt  es  also  nach  F.  Franc k  nicht. 


Die  spärliche  Casuistik  von  accid enteilen  diasTcIischen 
Herzgeräuschen  Termehrt  Sahli  iCirresp^ndcnzbL  £  S»:hweizc:r  a^ tii*»!^::^ 
Äerzte  Nr.  2)  um  zwei  Fälle.    Bei  beiden  Patientinnen  bestand  eine  ii*»^^-»»  -^ 
schwere  Anämie.     Die  Section  wies  die  völlige  ITnversehrtheit  des  r*rim$;ir. 
Elappenapparates  am  Herzen  nach.    Als  Ursache  für  das  anfallende        s«^^ 
Phänomen  möchte  Sahli  die  sehr  dünnäüssige  Beschaffenheit  des 
Blutes  ansehen,  welche  das  Zustandekommen  Ton  Wirbelbeweg^mgen 
im  Blutstrom  begünstigt.     (Ob  dieses  Moment  allein  zur  Erkiämiig 
ausreicht,   ist  wohl  nicht  mit  Sicherheit  zu  behaupten.     Nach  einer 
eigenen  Beobachtung,  welche  den  beiden  Sahli'schen  völlig  gleicht, 
möchte  Bef.  neben  der  Dunnflüssigkeit  .des  Blutes  auch  die  starke 
Dilatation   des   linken  Ventrikels   für   die  Entstehung   diastolischer 
Blntwirbel  verantwortlich  machen.) 

üeber  einen  seltenen  Fall  tob  Aneurysma   sinus  Valsalvae  mit 
nachfolgender  functioneller  Tricuspidalisinsufficienz  berichtet 
V.  Openchowski  in  Nr.  7  der  Berl.  klin.  Wochenschr.    Die   InsaffidenzComplicirter 
war  durch  mechanische  Beeinträchtigmig  der  Klappe  seitens  des  Aneorysmas        Hera- 
bedingt     Daneben    bestand    noch    eine    organische    Stenose    des   Ostium       fehler 
mitrale  mit  Insnfficienz   der  Klappe  und  eine  organische   Insufficienz   dei'y.  Openchowski. 
Aortenklappen. 


170  Schwalbe. 


b.  Herzmuskelerkrankungen. 

Wie  lange  Zeit  Patienten  mit  Herzmuskelerkrankung  leben 
können,  selbst  nachdem  schwerere  Erscheinimgen  von  Herzinsufficienz 
Alkohol  herz,  aufgetreten  sind ,  lehren  drei  Krankengeschichten  von  Aufrecht 
Aufrecht.  «j^  geilem  Aufsatz  „Die  alkoholische  Myocarditis  mit  nach- 
folgender Lebererkrankung  und  zeitweiliger  Albuminurie"  (Deutsches 
Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54).  Im  zweiten  Fall  ist  der  Patient  neunmal 
im  Erankenhause  behandelt:  das  erste  Mal  vor  11  Jahren,  im  Jahre 
188B  an  Erscheinungen  hochgradiger  Herzschwäche,  im  Jahre  1891,'92 
an  beträchtlichem  Hydrops,  speciell  an  Ascites,  der  wiederholt 
punctirt  werden  musste.  Bei  der  letzten  Untersuchung  im  März  1895 
erfreut  der  Patient  sich  eines  relativen  Wohlbefindens  —  freilich  mit 
Verbreiterung  der  Herzdämpfung.  —  Aetiologisch  kommt  für  Auf- 
recht in  diesen  Fällen  lediglich  der  übermässige  Alkoholgenuss  in 
Betracht.  Auf  ihn  schiebt  er  auch  die  Verschlimmerung  des  Leidens 
nach  der  durch  Digitalis,  Alkoholabstinenz,  Buhe  erzielten  Besse- 
rung. —  Die  Diagnose  des  Alkoholherzens,  d.  h.  der  auf  chronischem 
Alkoholismus  beruhenden  Herzdilatation  und  -hjrpertrophie,  ist  nach 
Aufrecht  „mit  ziemlich  grosser  Sicherheit"  zu  stellen,  wenn  zu 
den  auf  das  Herz  hinweisenden  Beschwerden  und  zu  dem  objectiven 
Befund  einer  Herzvergrösserung  auch  Volumszunahme  der  Leber  sich 
hinzugesellt  („Behandlung  der  alkoholischen  Myocarditis",  Thera- 
peutische Monatshefte  Nr.  11).  Verwechseln  kann  man  das  Leiden  mit 
Fettherz  und  Herzfehler.  —  Die  Behandlimg  der  „alkoholischen  Myo- 
carditis" (für  diesen  Begriff  erbringt  der  anatomische  Befund  Auf- 
recht's nach  der  Meinung  des  Ref.  keinerlei  Unterlagen)  imd  ihrer 
Folgen  soll  stets  mit  dem  absoluten  Verbot  jedes  alkoholischen  Ge- 
tränkes beginnen.  Schon  damit  „allein"  hat  Aufrecht  eine  ausser- 
ordentliche Besserung  aUer  Beschwerden  einschliesslich  einer  Ver- 
kleinerung der  Herzdämpfung  erzielt.  Nebenher  war  (freilich!)  „nur" 
eine  Regelung  der  Lebensweise  erforderUch,  insbesondere  einer  Ein- 
schränkung häufiger  Reisen  bei  Geschäftsleuten,  Vermeidung  schwerer 
körperlicher  Arbeiten  etc.  In  Fällen,  wo  Ascites  und  Oedeme  sich 
eingestellt  haben,  „kommt  man  mit  der  Entziehung  des  Alkohols 
nicht  aus".  Neben  diuretischen  und  anderen  Maassnahmen  ist  hier 
die  Digitalis  als  souveränes  Mittel  anzuwenden,  und  zwar  nicht  in 
zu  kleinen  Dosen  (1,5—2,0  :  180,  2stündlich  1  Esslöffel  oder  0,25, 
4mal  täglich  1  Pulver).  Bei  starkem  Ascites  und  Oedemen  der 
Extremitäten  muss  man  freiUch  bisweilen  punctiren. 


Krankheiten  der  Kreislauf^organe. 


171 


Radasewsky  (Zeitschr.  f.  Idin.  Med.  Bd.  27)  hat  die  Herzen  Erkrankung 

von  sechs  Patienten   mit   den  verschiedensten   Klappenfehlem  und^^^^^®'^,**'^* 

^*^  Radasewsk}', 

anderen  Affectionen  in  Serienschnitten  genauestens  untersucht  und 
gelangt  auf  Grund  seiner  Befunde  zu  folgenden  Schlüssen :  Ahgesehen 
von  der  heerdweisen,  schwieligen  Myocarditis  gibt  es  eine  diffuse, 
fibröse  Degeneration  des  Herzfleisches.  Dieselbe  ist 
häufig  in  der  Wand  der  Vorhöfe  viel  starker  ausgeprägt  als  in 
den  Ventrikelwandungen.  Auf  diese  Vorhofserkrankung  möchte  der 
Verf.  nach  den  klinischen  Erscheinungen  seiner  sechs  Fälle  ein  grosses 
Gewicht  für  die  Erklärung  der  bei  Myocarditis  auftretenden  Irregu- 
larität des  Herzens  legen;  ja  er  ist  der  Meinung,  dass  die  hoch- 
gradige Herzarhythmie  der  chronischen  Myocarditis  durch  die  Er- 
krankung der  Vorhöfe  bedingt  wird  und  nicht  aus  den  Veränderungen 
der  Ventrikel  erklärt  werden  kann.  (Es  ist  keine  Frage,  dass  der 
Verf.  mit  diesem  TJrtheil  in  seinem  ersten  Studien-  und  Beobachtungs- 
eifer weit  über  das  Ziel  hinausschiesst.  Wenn  auch  nicht  zu  leugnen 
i:«t,  dass  eine  stärkere  Erkrankung  der  Vorhöfe  auf  die  Function 
des  Herzens  einen  bestimmenden  Einfluss  haben  kann,  so  darf  man 
doch  nicht  die  ganzen  bisherigen  Anschauungen  auf  Grund  von  sechs, 
nicht  überall  eindeutigen  Fällen  auf  den  Kopf  stellen  und  den  Antheil 
der  Ventrikebnusculatur  an  der  Herzregulation  auf  ein  so  geringes 
Maass  zurückführen,  wie  es  der  Verf.  thut.  Ref.)  —  Die  thatsäch- 
Uchen  Befunde  Radasewsky's  fasst  Dehio  in  einem  auf  dem  Dehio. 
Congress  für  innere  Medicin  (s.  Verhandlungen)  gehaltenen  Vortrage 
nochmals  zusanmien.  Seiner  Meinung  nach  gibt  die  Ueberdehnimg 
des  Herzmuskels  den  Anstoss  zur  Vermehrung  des  interstitiellen 
Bindegewebes. 


Krumm    (Zur   Casuistik    gestielter   Herzpolypen.     Deutsches 
Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  berichtet  über  einen  sehr  interessanten  Krank- 
heitsfall, bei  dem  nach  einander  beide  unteren  und  die  linke  obere  Extre- 
mität gangränös  wurden,  ohne  dass  es  gelang»  intra  vitam  eine  Aetiologie 
hierfür  zu  finden.   Erst  die  Section  deckte  als  Grundleiden  einen  gestielten 
fibrinösen  Polypen  in  der  linken  Herzspitze   auf,   dessen  Entstehung  Verf. 
auji  einer  Schwielenbildung  im  Myocard  herleitet.     Von  dort  aus  erfolgten 
dann  die  peripheren  Embolieen,  von  denen  die  der  Arteria  iliaca  und  axillaris 
binistra  am  sinnfälligsten  hervortraten.  Die  Diagnose  der  Herzpolypen 
st<mt  auf  Schwierigkeiten ;  wenn  der  Polyp  durch  seinen  Sitz  einen  exacten 
Klappenschluss  verhindert,  so  werden  sich  die  physikalischen  Erscheinungen 
einer  Insufficienz  oder  Stenose  der  betroffenen  Klappe   vorfinden;  sitzt  er 
an  einer  ungefährlichen  Stelle,  so  wird  seine  Erkennung  nur  dann  möglich 
?ein,  wenn  multiple  Embolieen  im  grossen  und  kleinen  Kreislauf  eintreten. 


Herz- 
polypen, 
Krumm. 


172 


Schwalbe. 


Herz- 


Babes. 


Im  letzteren  Falle  ist  besondere  an  die  Möglichkeit  einer  Polypenbildung  zu 
denken,  wenn  sonstige  pathologisch-physikalische  Erscheinungen  am  Herzen 
fehlen,  das  Alter  und  die  Constitution  des  Patienten  und  sonstige  physio- 
logische Anzeichen  aber  auf  die  Möglichkeit  einer  Myocarderkrankung  hin- 
weisen (?). 

Stoicesco  und  Babes  berichten  über  einen  Fall  von  Herz- 
tubercuiose, ^^tjer^juloge  (Progr^s  mMical  Nr.  49).  Es  handelte  sich  um 
stoicesco  u.  ßij.^5^n^gßrip^  myocarditische  Heerde  in  der  Wand  des  rechten  Ven- 
trikels, in  denen  Riesenzellen  mit  Tuberkelbacillen  nachgewiesen 
wurden.  Die  klinischen  Erscheinungen,  die  ganz  acut  einsetzten, 
wiesen  lediglich  auf  eine  schwere  Herzmuskelaffection  hin.  Die 
„Embryocardie",  das  Verschwinden  des  ersten  Tons,  das  Aussetzen 
des  Pulses  bedeuteten  den  Verff.  das  Bestehen  einer  grossen  Lebens- 
gefahr.   Im  ganzen  hat  die  Krankheit  nur  ca.  4  Wochen  gedauert. 

Eine  historisch -kritische  Studie  über  die  Dilatation  und 
Hypertroph[ie  des  Herzens  infolge  von  Ueberanstrengung 
und  die  idiopathischen  Herzerkrankungen  überhaupt 
veröffentlicht  Ried  er  im  Deutschen  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  55. 
Von  eigenen  Mittheüungen  [sind  lediglich  drei  Fälle  idiopathischer 
Herzdilatation  und  -h3rpertrophie  zu  erwähnen,  deren  erster  dadurch 
ausgezeichnet  ist,  dass  die  Erscheinungen  hochgradiger  Compensations- 
Störung  unter  Calomel  und  Digitalis  zurückgingen  und  —  nach  Ein- 
fuhrung einer  rationellen  Lebensweise  (Patient  hatte  früher  10 — 12  1 
Bier  pro  Tag  getrunken  und  war  Sportsmann)  —  bis  in  die  letzte 
Zeit  (6  Jahre  lang)  anscheinend  völlige  Genesung  andauerte. 


Idio- 
pathische 
Herzhyper- 
trophie, 
Rieder. 


Die  verschiedenen  Formen   der  bei   Fettleibigen   auf- 
tretenden Herzirregularität  und  ihre  prognostische  Bedeu- 
Herz-       tung  erörtert  Kisch  auf  Grund  seiner  zahlreichen»  Erfahrungen  in 
arhyt^hmie    j^^  21   der  Petersburger  med.  Wochenschr.     Bei  jugendlichen   fett- 
Fett-        leibigen  Personen  ist  Arhythmie  sehr  selten;   und  zwar  zeigt  sich 
leibigen,     j^er  nur  die  Herzintermittenz ,   d.  h.  eine  Pulspause  inmitten  regel- 
mässiger  Pulswellen.      Die    Herzintermittenz    wird    auch    subjectiv 
von  den  Individuen  als  Herzstillstand  empfunden.     Diesen  Zustand 
hat    Kisch    jahrelang    fortbestehen,    aber    auch  nach    einer   £nt- 
fettimgscur  dauernd  verschwinden  sehen.  —  Die  überwiegende  Mehi*- 
zahl  der  Fälle  von  Herzarhythmie  hat  Kisch  bei  Personen  jenseits 
des  50.  Lebensjahrs  beobachtet;  bei  diesen  bestanden  auch  andere 
Zeichen  von  Herzinsufücienz :    Herzklopfen,    stärkere  Dyspnoe  bei 
Treppensteigen  und  anhaltender  Körperbewegung,   zuweilen  nacht- 


Krankheiten  der  Ereislaufsorgane.  173 

liehe  Anfalle  von  cardialem  Asthma.  Die  Herzarhythmie  stellte  sich 
hier  als  unregelmässige  Schlagfolge  und  ungleichmässige  Stärke  der 
Pulse  dar.  Diese  ausgeprägte  Herzarhjrthmie  hatKisch  bei  hoch- 
gradig Fettleibigen  lange  Zeit  andauern  sehen;  zuweilen  trat  eine 
wesentliche  Sesserung  ein,  nie  aber  eine  vollständige  Heüung.  — 
Die  dritte  Form  der  Herzarhjthmie,  das  sog.  Delirium  cordis,  d.  h. 
eine  völlige  Begellosigkeit  in  Schlagfolge,  Höhe  imd  Spannung  der 
Pulse  fand  Kisch  nur  mit  den  schweren  Symptomen  der  Herz- 
ächwäche  vergesellschaftet.  Dieses  Delirium  cordis  bestand  bei 
einzelnen  Patienten  Kisch's  mehrere  Jahre;  verhältnissmässig  häufig 
trat  bei  ihnen  plötzlicher  Exitus  ein.  —  Schliesslich  erwähnt  Kisch 
die  bei  hochgradig  Fettleibigen  ziemlich  häufige  und  bedeutungslose 
massige  Bradycardie,  eine  Pulsverlangsamung  bis  auf  60  Schläge. 
Dagegen  ist  die  —  seltene  —  hochgradige  Brady cardio  (Verlang- 
samung auf  50 — 30  Schläge)  als  Symptom  vorgeschrittener  Myo- 
degeneration von  übler  Vorbedeutung. 

L.  Heidenhain  (üeber  die  Entstehung  von  organischen  Organische 
Herzfehlern   durch  Quetschung  des  He'rzens.     Deutsche  Herzfehler 
Zeitschr.  f.  Chirurgie  Bd.  41,  H.  4 — 5,  S.  286)  ist  auf  Grimd  eigener  Quetschung 
Beobachtungen   und  litteranscher  Forschungen  zu  folgenden  Ergeb-dcs  Herzens, 
nissen  gekommen:  ^-  «eidenhain. 

1.  Durch  anatomische  Beobachtungen  ist  erwiesen,  dass  in 
seltenen  Fällen  durch  stumpf  einwirkende  äussere  Gewalt,  bei  Fehlen 
einer  Wunde,  mögen  Rippenbrüche  vorhanden  sein  oder  nicht,  leichte 
Qaetschungen  des  Myocards  erzeugt  werden,  welche  an  sich  eine 
Fortdauer  des  Lebens  gestatten.  Es  ist  zu  vermuthen,  dass  infolge 
solcher  Herzquetschungen  beim  Ueberlebenden  die  Zeichen  einer 
Herzinsufficienz  entstehen  können  (Hochhaus). 

2.  Durch  stumpf  wirkende  äussere  Gewalt  können,  wie  einige 
anatomische  sowie  vier  sichere  klinische  Beobachtungen  und  fernerhin 
Leichenversuche  (Bari 6)  beweisen,  Klappenzerreissungen  im  linken 
Herzen  hervorgerufen  werden.  Im  rechten  Herzen  sind  solche  bisher 
nicht  beobachtet. 

3.  Von  den  Klappenzerreissungen  durch  äussere  Gewalt  sind  zu 
scheiden  die  häufigeren,  gelegentlich  auch  im  rechten  Herzen  sich 
ereignenden  Bupturen  durch  innere  Gewalt,  durch  eine  übermächtige 
Steigerung  des  Blutdrucks  bei  einer  starken  körperlichen  An- 
strengung. 

4.  Klappenzerreissungen  an  und  für  sich  können  nur  eine  In- 
sufficienz  der  Klappe  hervorrufen. 


174  Schwalbe. 

B.  Die  seltenen  Fälle,  in  denen  nach  einer  Quetschung  der 
Herzgegend  eine  Klappenstenose  entstanden  ist,  lassen  sich  nur  durch 
nachfolgende  entzündliche  Veränderungen  (schleichende  Endocarditis) 
an  der  Klappe  erklären. 

c.  Neurosen. 

Unter  dem  Namen  „acute  und  chronische  angiospastische 
Angio-  Herzerweiterung  beschreibt  J.  Jacob  (Centralbl.  f.  innere  Med. 
spastische  ^y.  5)  ein  angeblich  neues  Krankheitsbild.  Dasselbe  vereinigt  bei 
erweiterung  meinen  Anfällen  im  wesentlichen  die  Erscheinungen  der  Angina 
Jacob.  pectoris  und  des  Asthma  cardiale;  auffallend,  bezw.  abweichend  ist 
hier  nur  die  vom  Verf.  beobachtete  Härte  des  Pulses  und  die  unter 
Umständen  tagelange  Dauer  des  Anfalls.  Häufig  sind  im  Anfall  die 
Zeichen  einer  acuten  Herzdilatation  nachweisbar,  öfter  wiederkehrende 
Anfälle  können  zu  dauernder  Dilatation  führen,  die  jedoch  sorgsamer 
Behandlung  zu  weichen  pflegt.  Bei  tagelang  währenden  „schwersten" 
Anfällen  kann  Limgenödem  und  Albuminurie  eintreten.  Nach  Beendi- 
gung des  acuten  Anfalls  kehrt  der  verlangsamte  (bis  50  pro  Minute) 
oder  beschleunigte  (bis  200),  harte  und  kleine  Puls  zur  Norm  zurück, 
er  wird  weich  und  gross,  die  Herzerweiterung  geht  innerhalb  einer 
Woche  zurück.  Die  Ursache  des  ganzen  Krankheitsbüdes  erblickt 
Verf.  in  einem  Angiospasmus ,  einem  Gefässkrampf  aller  Arterien. 
Eine  ausführliche,  wenn  auch  nicht  sehr  klare  und  ein  wandsfreie 
Begründung  seiner  Theorie  gibt  er  in  einem  langen  Aufsatz  der 
Zeitschrift  f.  klin.  Med.  Bd.  28.  (In  dem  hier  beschriebenen  Fall  3 
erscheint  mir  die  Diagnose  einer  Aortenklappeninsufficienz  nach  den 
objectiven  Zeichen  nicht  ausgeschlossen,  um  so  weniger,  als  Verf. 
sie  bei  seiner  Differentialdiagnose  gar  nicht  berücksichtigt.  Ein 
diastolisches  Geräusch  am  unteren  Ende  des  Stemums  mit  starker 
Verbreiterung  des  Herzens  nach  rechts  und  namentlich  nach  Links 
würde  mich  wenigstens  eher  an  eine  Aortenklappeninsufficienz  als 
an  eine  „Stenose  der  Tricuspidalis"  denken  lassen.     Ref.) 

Prämen-  Kisch  (Pester  med.-chirurg.   Presse  Nr.  8)  hat  bei  jungen 

struaie  Mädchen  zur  Zeit  der  Geschlechtsreife  Herzbeschwerden  be- 
schwerden  obachtet,  die  er  nach  ihrer  Genese  in  drei  Gruppen  theilt.  1.  Nervöses 
Kisch.  Herzklopfen,  das  meist  wochenlang  in  Paroxysmen  auftritt  und  bald 
nach  der  ersten  Menstruation  verschwindet;  Kisch  erklärt  dasselbe 
vornehmlich  durch  den  im  Ovarium  und  Uterus  entstehenden,  auf 
die  Herznerven  reflectorisch  wirkenden  Menstrualreiz.  2.  Herz- 
beschwerden der  chlorotischen  Individuen.    3.  Seltene  Herzbeschwer- 


Krankheiten  der  Kreislauf sorgane.  175 

dt;n  infolge  nachweisbarer  Hypertrophie  des  linken  Ventrikels,  die 
Kisch  auf  die  zur  Zeit  der  Geschlechtsreife  eintretenden  Störungen 
der  Blutcircnlation,  auf  das  rasche  Wachsthum  dieser  Mädchen  und 
auf  die  Wirkung  des  unzweckmässigen  Corsets  zurückföhrt  (??). 
fiznz  dasselbe  Thema,  nur  unter  dem  firemdklingenden  Titel  „lieber 
Herzbeschwerden  während  der  Menarche",  behandelt  der  Verf.  in 
^r.  39  der  Berliner  klin.  Wochenschr.] 

Auf  Grund  seiner  Untersuchungen  bei  Masturbanten,  bei  denen 

er  meist  beschleunigte  und  verstärkte,   dabei  unregelmässige  Herz- 

thätigkeit   und  eine  geringe  Vergrösserung  der  Herzdämpfung  nach 

rechts  und  links  fand,  nimmt  Bachus  (TJeber  Herzerkrankungen       Herz- 

bei  Masturbanten.     Deutsches  Archiv  f  klin.  Med.   Bd.  54)   an,     *"««*»<>«» 

der 

dass  das  Masturbantenherz  ein  Analogen  zu  der  HerzafFection  Mas  tu  r- 
oach  übermässigem  Bier-  und  Tabakgenuss,  körperlichen  üeber-  banten, 
anstrengungen  etc.  bildet.  Mit  dieser  Auffassung  dürfte  der  Verf. 
sich  doch  im  Irrthum  befinden.  Wenn  auch  zweifellos  Herz- 
beschwerden bei  Onanisten  vorkommen,  so  gehören  dieselben  doch 
an  sich  nur  in  die  Kategorie  der  Herzneurose,  und  das  „Masturbanten- 
herz" ist  wohl  dem  Tabakherz,  aber  nicht  dem  Bierherz  etc.  an  die 
Seite  zu  stellen. 

Häusler  (Schweizer  Correspondenzbl.  Nr.  22)  theilt  zwei  Fälle  Tachycardie 
von  Tachycardie  mit,  bei  denen  es  sich  seiner  Meinung  nach  um      Häusler, 
eine  reine  Vagusneurose  handelte  und  Chinin  in  grossen  Dosen  einen 
vorzüglichen  Effect  ausübte. 

Angina 

Das  Auftreten  von  Angina  pectoris  bei  Athritis  uratica  und  pectoris  bei 
Diabetes  mellitus  beschreibt  Ebstein  (Berliner  klin.  Wochenschr.    Diabetes 
Nr.  23  ff.)  bei  einigen  seiner  Patienten.  Ebstein. 

d.  Herzsyphilis. 

Nach  H.  P.  Loomis  (Syphilitic  lesions  of  the  heart.  The  Herz- 
Americ.  joum.  of  the  med.  sciences  Nr.  282)  beobachtet  man  am  ^  Loomis.^' 
Herzen  gewisse  pathologische  Verändenmgen ,  die  fraglos  syphiliti- 
schen Ursprungs  sind:  1.  am  charakteristischsten  ist  die  Entwicke- 
lung  von  Gunmiiknoten,  die  immer  in  der  Kammerwand  und  vor- 
wiegend linkerseits  gelegen  sind ;  femer  gibt  es  2.  fibröse  Indurationen 
des  Herzmuskels,  die  in  drei  Formen  auftreten :  als  localisirte,  grosse, 
umschriebene  Bezirke,  als  diffuse,   von  Entzündungen  der  kleinen 


176 


Schwaibei 


Herz- 

Syphilis, 

Loomis. 


Arterien  begleitete  Heerde  oder  als  eine  interstitielle  Myocarditis, 
die  Kesiduum  eines  partiell  resorbirten  Gummis  ist,  —  schliesslich 
3.  amyloide  Degeneration  des  Herzens  und  4.  Endarteriitis  obliterans 
der  Gefiässe  im  Myocard.  Unter  mehr  als  1500  Autopsieen  fand 
Loomis  keinen  einschlägigen  Fall  der  letztgenannten  Kategorie, 
aus  der  dritten  Gruppe  nur  1,  aus  der  zweiten  15.  Gummi  sah  er 
viermal,  verschieden  alte,  bohnen-  bis  olivengrosse,  nicht  scharf  um- 
grenzte imd  meist  isolirte,  mit  Hülfe  des  Mikroskops  nur  sicher  zu 
bestinmiende  Neubildimgen,  die  keinmal  intra  vitam  erkannt  oder 
vermuthet  wurden,  dreimal  direct  oder  indirect  zum  Tode,  davon 
zweimal  zu  plötzlichem  Exitus  fährten.  —  Die  Diagnose  lässt  sich 
stellen,  wenn  Symptome  gestörter  oder  versagender  Herzthätigkeit 
in  kräftigem  Alter  auftreten  und  alle  anderen  Ursachen  dafür  fehlen, 
speciell  wenn  Syphilis  ananmestisch  ist;  rascher  Erfolg  einer  anti- 
luetischen  Behandlung  ist  eine  weitere  wichtige  diagnostische  Stütze. 


Polypöses 

Myxom, 
Pavlowsky. 


e.  Neubildungen. 

Pavlowsky  veröffentlicht  einen  Beitrag  zum  Studium  der 
Symptomatologie  der  Neubildungen  des  Herzens  (Berliner 
klin.  Wochenschr.  Nr.  18  u.  19).  Es  handelte  sich  in  seinem  Falle 
um  ein  gestieltes,  polypöses  Myxom  des  linken  Vorhofs,  das  in  ob- 
ductione  beim  Liegen  den  Schluss  der  Mitralklappen  verhinderte, 
in  aufrechter  Position  das  Ostium  mitrale  verschloss.  Auf  dieses 
Verhalten  ist  wahrscheinlich  der  Umstand  zurückzufahren,  dass 
während  des  Lebens  beim  Liegen  ein  systolisches  Geräusch  hörbar 
wurde,  das  beim  Sitzen  verschwand.  Die  übrigen  ,,charakteristischen'' 
Symptome  sind  meiner  Meinung  nach  bedeutungslos.  —  Am  Schluss 
seiner  Arbeit  stellt  der  Verf.  die  Litteratur  der  Herztumoren,  in 
specie  der  Myxome  imd  Fibrome  zusammen. 


Echino- 
coccus 
im  Herzen, 
Demantkö, 
Mayet, 
Firket 


f.  Parasiten. 

Ueber  den  Befund  von  Echinococcuscysten  im  Herzen  be- 
richten Demantk6  (Bull,  de  la  Soci6t6  anat.  de  Paris,  Februar), 
Mayet  (ibid.,  Januar)  und  Firket  (Bull,  de  TAcad.  royale  de  med. 
Belgique  Nr.  3).  Im  ersten  Falle,  wo  die  Section  einen  Echino- 
coccus in  Orangengrösse  in  der  oberen  äusseren  Wand  des  linken 
Ventrikels  nahe  dem  Mitralostium  aufdeckte,  hatten  während  des 
Lebens  die  Zeichen  der  Herzinsufficienz,  speciell  Arhythmie,  systoli* 
Bches  Geräusch  an  der  Spitze,  Oedeme  bestanden. 


Krankheiten  der  Erei^nfsorgane.  177 


S.  Tkempie. 

£inen  sehr  interessanten  nnd  werthroUen  Beitrag  zu  der  Frage 
vom  Werth  der  Milchcnren  bei  Kreislanfsstörangen  liefert 
Oertel  im  Jubelband  des  Archivs  fnr  Hygiene.    Die  Vorminderong 
der  Rüssigkeitsanfhahme  bildet  bekanntlich  fnr  Oertel  einen  der  Xiicbciir«B 
ersten  Gmndsatze  in  der  Behandlung  aller  Kreislaufsstömngen.  Durch         .^  ^  ^ 
eine  Reihe  von  Untersuchungen  ist  nachgewiesen,  dass  der  afi&cirte  störmn^eB, 
Circulationsapparat    bei    vorhandener    Compensation    nur    die  Auf-       OeiteL 
nähme  einer  bestimmten  Menge  von  Flüssigkeit  gut  ertragt,  durch 
eine  £rhöhung  derselben  aber  zweifachen  Schaden  erleidet:  1.  Wenn 
noch  keine  grössere  Beschädigung  vorliegt,   Steigerung  der  Herz- 
arbeit und   des  Blutdruckes;   wenn  aber  das  Herz  insufficient  ge- 
worden und  die  Compensation  mangelhaft  ist,  kann   der  Druck  in 
den  Arterien   absinken.    2.  Der  Kranke  lässt  oft  ganz  bedeutend 
weniger  Urin  in  24  Stunden,   als  Flüssigkeit   aufgenommen  worden 
ist:  die  Gefasse  bleiben  andauernd  stark  gefüllt,  was  in  erster  Linie 
eine  Belastung  des  venösen  Apparates  bedeutet.    Daraus  folgt  weiter- 
hin eine  vermehrte  Wasserausscheidung  ins  Gewebe,  was  eine  £in- 
dickung  des  venösen  Blutes  (Stauungsconcentration)  und  einen  grösseren 
Wasserreichthum  des  arteriellen  Blutes  durch  stärkeres  Rückströmen 
der  Lymphe    zur  Folge   hat  (vergl.    oben   S.  165    die   Arbeit    von 
£.  Grawitz).     Setzt  man  in  solchen  Fällen  die  Flüssigkeitsmenge 
am  einen  grösseren  Theil  herab,  so  tritt  oft  ganz  unglaublich  starke 
Vermehrung  der  Hammenge  ein.     Eine  grosse  therapeutische  Be- 
deutung für  die  Erkrankungen  des  Herzens  imd  der  Nieren  hat  nun 
die  Milch  wegen   ihres  Nährwerthes  und   der  ihr  zugeschriebenen 
dinretischen  Wirkung  erlangt.    Die  Vorschriften  der  Autoren  gehen 
hier  weit   aus  einander.     Während  nach  dem  einen  der  ausschliess- 
liche Genuss  von  mehreren  Litern  Milch  im  Tage  nicht  nur  auf  den 
Ernährungszustand,   sondern  auch  auf  die  Function  der  Ej'eislaufs- 
urgane  wirken  soll,   lassen  andere    nur   geringe  Mengen,   300  bis 
400  ccm  gleichfalls  mit  Ausschluss  jeder  anderen  Nahrung,  trinken, 
unter  der   Betonung,    dass    nur   auf  diese   Weise    die    diuretische 
Wirkung  der  Milch   zur  Geltung  komme.     Oertel  präcisirt  seine 
Meinung  hierüber  in  folgender  Weise :  I.  Einfluss  kleiner  Quantitäten 
von  Milch   auf  die  Diurese,   bei  Ausschluss   anderer  Flüssigkeits- 
zufuhr.   Nach  OerteTs  Kostordnung  I  für  hochgradige  Kreislaufs- 
störungen enthalten  die  innerhalb  24  Stunden  aufgenommenen  festen 
Speisen  367,  die  Getränke  616,  zusammen  973  g  Wasser;  nach  Kost- 

J»hibiich  der  practischen  Xedicin.    1896.  12 


178  Schwalbe. 

Miichcuren  Ordnung  11  1413,8  g  Wasser.  Kareil  verordnet  1 — 2  Wochen  600  bis 
K  •  i^nfs  ^^  ^^^  Milch  oder  Bahm  (544 — 725  ccm  Wasser),  Hoegerstedt 
BtöruTigen,  gar  nur  200 — 300  ccm  Milch,  Hofmann  1200  ccm;  nach  Schnau- 
Oertei.  bert  darf  die  24stündige  Milchquantität  die  der  Hammenge  in  dieser 
Zeit  nicht  übersteigen.  Die  Erklänmg  der  günstigen  Wirkung  dieser 
Miichcuren  liegt  nach  Oertel  allein  in  der  Verminderung  der  Flüssig- 
keitsaufhahme,  welche  eine  Entlastung  des  Gefässapparates  und  der 
Nieren  bewirkt,  die  wieder  von  einem  reichlicheren  Abströmen  des 
aufgenommenen  und  in  den  Geweben  angesammelten  Wassers 
gefolgt  ist.  Eine  Entziehung  der  festen  Speisen  ist  nutzlos, 
schadet  sogar,  ü.  Einfluss  grösserer  Milchquantitäten.  Experimen- 
telle Untersuchungen  ergeben  bei  Kranken  mit  noch  leistungsfähigem 
Magen,  dass  die  vermehrte  Wasserausscheidung  nur  eine  scheinbare 
ist,  dass  ausserordentliche  Differenzen  zwischen  Flüssigkeitsauf- 
nahme und  -Abgabe  constatirt  werden  konnten.  Andauernd  hohe 
Deficite  ohne  zeitweilige  Polyurieen  werden  den  Kreislauf  empfind- 
lich schädigen,  die  Stauimgen  bis  zu  ausgesprochenen  Oedemen  ver- 
mehren. Die  Experimente  bei  geschädigtem  Circulationsapparat  er- 
gaben: 1.  dass  das  in  der  Milch  aufgenommene  Wasser  in  keinem 
einzigen  Versuche  vollständig  wieder  zur  Ausscheidung  kam ;  2.  das 
in  den  Speisen  und  anderweitig  aufgenommene  Wasser,  noch  weniger 
das  im  Blute  und  in  den  Geweben  angesammelte  Wasser  zur  Aus- 
scheidung gekommen  ist.  HI.  Einfluss  der  Miichcuren  auf  die  Er- 
nährung. Gute  Kuhmilch  enthält  bekanntlich  in  100  Theilen  3,41  Ei- 
weiss,  3,65  Fett  und  4,81  Kohlehydrat  mit  87,42  Wasser  und  besitzt 
einen  Brennwerth  von  58,64  Calorieen  (Rubner),  für  4  Liter  Milch 
ergibt  sich  also  eine  Aufnahme  von  136,4  g  Eiweiss ,  146,0  g  Fett, 
192,4  g  Kohlehydrat  =  2346  Calorieen.  Für  Fettleibigkeit  und  Fettherz 
schreibt  Oertel  folgendes  Verhältniss  der  Nährstoffe  in  der  Kost- 
ordnung vor:  I.  156  Eiweiss,  25  Fett,  75  Kohlehydrat  =  1180  Ca- 
lorieen; bezw.  nach  Kostordnung  11:  170,  45,  120  =  1608  Calorieen. 
Der  hier  vorhandene  Unterschied  in  dem  Gehalt  an  Fett  und  Kohle- 
hydraten gegenüber  demjenigen  von  4 — 5  Litern  Milch  ist  so  be- 
deutend, dass  die  Contraindication  zu  starker  Milchaufnahme  für 
Fettleibige  sich  sofort  ergibt.  Von  besonderer  Wichtigkeit  bei  der 
Ernährung  Kranker  mit  Kreislaufsstörungen  durch  grössere  Quanti- 
täten Milch  ist  noch  der  mechanische  Effect:  durch  Anfullung  des 
Magens  ein  Hinaufdrängen,  des  Zwerchfells,  Lageveränderung  des 
Herzens,  der  grossen  Gefasse,  Erschwerung  der  Herzarbeit,  mehr 
weniger  hochgradige  Dyspnoe  u.  s.  w.  IV.  Bezüglich  der  Wirkung 
der  Miichcuren  auf  die  Eiweissausscheidung  im  Harn  konnte  Oertel 


bei  17  Fällen  niclit  «ä  «EjfÄt*  IbL  «i-l  l:*tr3rn£«ia  iüs^  zi— ^  '»t 
eine  Einschraiikiing  er&hr^E,  sdast.  Z.nt  Inii'aiüj  n.  rirr  i-  -r-rv^nnui^ 
der  Milch  als  anssciiiieas^^^ec  X»imiEaii_r~'-*ü*  rbr  H-erzcniLi.*  -^^iLiir: 
eine  enge  BegrauEmig  ^Trii  ^yt  Zjjfrüzrr^'r^^H*  r-V^T-  flt2^  .im-ün«  au- 
Apparates  und  dnreh  des  En-iiT^zLi^entsciaiL  Xü  -vn-i  :»^  ±j-t^-^ 
laufästörongen  die  ErBitrz^  uz:  ICLii  m  -rjnrrv-^  ]j£r=riL  t- 
andere  Speisen  vom  Mjnccc  Tr»i  r^tm  i-iif  xjJit  .•i»^  xtt'  s -lj- -ir 
vertragen  ^w-erden- 


_  _IT* 


Für   die  HcTfagf^Lrrr.g  ez»?r  rEäLi_iiLi**ir*a:   Z*:Tz-rr?*»:    • 
kranken   mit  CompensMxirsa.'r^^r's:.   fcitirr^izrr  Ztirr^T 
Diuretica   bei  Herzkrackec  slit  •!' .zlz  ^z^risT. .  z-**t  '  TX2_r-i.      ^^-i--- 
CorrespondenzbL  f.  Sdivfüjer  A€rEr*c:  Xr.  i*.     tTi*   h'   -^--r^-v.:  r-j~,-       z.  i.rr-z 
Krankengeschichten    der   Eithb  :  r^t^.L?^    JT—  "c    rV -^-rciii-r    Er- 
fahrungen.    Bei  einer  Reibe  v-:4k  P^zirJiZK^ 
ilnrch  übergrosse  körpeiüch« 


1— ■■  «I 


•    ■» 


im  Verhaltniss  zu  der  leczt^rieii  bescar^i.  re::.lT<:  iir  Er^iij-lrr  i^^ji 
aas,  um  eine  Steigerung  der  Di:irese  zn  ^^rkzl^vs'tz^  I>zi  Ir  i-rT- 
artigen  Patienten  stieg  die  Vr^rr^f^^  En  i^-  er^-Trc  TsvZ--^*  a^' 
meistens  1000 — 1500.  Nur  wenn  df-e^^er  E~:t  r-sri  2 — S--Äziirrr 
Bettruhe  nicht  eintrat,  wurde  zu  Me»!: :^z::-r-t*rr.  ff^e^rirrr^  Vit  iZ^zi 
kamen  die  Digitalispraparate,  allein  ^»irr  in  CinhinÄti.n  nfi  &- i-^iren 
Mitteln  wie  Campher.  Calomel  und  I>::2redi;  zrzr  AnweniTiL^:  we^-rn 
der  practischen  Bedeutung  verdient  die  WahmTLin-mg  herrirz-r*: .  **rii 
zu  werden,  dass  häufig  dort,  wo  die  alleinige  Di^tÄÜ^tLerai^ie  niihi 
ausreichte,  eine  zweckmässige  Combination  »ier  Di^tÄÜä  mit  einem 
«ier  anderen  genannten  Mittel  einen  besseren  Eri-ilg  zeitige.  Die 
Folia  Digitalis  wurden  als  Pulver  «0-1.  2 — Smal  täglich«  »ind  im 
Infos  (mit  und  ohne  Zusatz  von  Kalium  ac-eticTim»  gegeWn.  In 
einigen  Fällen  wirkte  Digi  talin  um  verum  «0/J6  a-jl  Spiriros  vini 
dilutnm  und  Aqtia  destillata  ana  30.0,  Smal  5  ccmi.  wo  andere  Mittel 
im  Stich  gelassen  hatten.  Digitalin  wurde  in  Dosen  von  4 — 5  g 
pro  die  verabreicht.  In  einzelnen  Fällen  musste  das  Mittel  wegen 
Brechreiz  oder  Diarrhoe  atisgesetzt  werden.  Dem  Bedauern  des 
Verf.'s  über  den  hohen  Preis  des  Ditiretins  kann  man  sich  voll- 
kommen anschliessen.  —  Einen  ausgezeichneten  diuretisehen  Effect 
erzielte  man  einigemal  durch  Combination  von  Folia  digitalis 
pnlver.  0,1  mit  Diuretin  1,0,  3mal  täglich.  Ebenso  günstig 
erwies  sich  Folia  digitalis  pulver.  mit  Camphorae  0,05 — 0,1 
i3--toal  täglich)  oder  mit  Calomel  0,1.  (Von  der  letzten  Com- 
^ation  habe   ich   ebenfalls   öfter,   namentlich   bei   einem  PatienteÄ  *' 


180 


Schwalbe. 


Diaretin, 
Askanazy. 


Diuretica  mit  Hydrops  infolge  chronischer  Nephritis  und  Herzschwäche,  wo  alle 
bei  Herz-  ü^nge^  Diuretica  wirkungslos  waren,  einen  vorzüglichen  Erfolg  ge- 
Zangger. '  sehen.  Kef.)  Oefters  musste  allerdings  Calomel  nach  mehr  als  Stägiger 
Anwendung  infolge  heftiger  Diarrhöen  und  Brechreiz  ausgesetzt 
werden,  man  soU  deshalb  in  der  Darreichung  des  Mittels  häufiger 
eine  Stägige  Pause  eintreten  lassen.  —  Von  Strophanthin  Nie- 
haus (guttae  VI  auf  45,0  Wasser,  3mal  täglich  5  ccm)  ist  eine  er- 
hebliche Steigerung  der  TJrinmenge  nicht  constatirt  worden.  —  Liquor 
Kali  acetici,  Kalium  nitricum,  Saturatio  simplex  und  Saturatio 
Scillae  wurden  in  der  Zwischenzeit  als  Adjuvantien  gereicht. 

Nach  seinen  auf  der  Lichtheim'schen  Klinik  angestellten  Be- 
obachtungen an  13  Fällen  von  chronischer  Nephritis  und  25  Fällen 
von  Krankheiten  der  Circulationsorgane  (Mitral-,  Aortenklappen- 
fehlem, idiopathischer  Herzdilatation,  Aneurysma  aortae  etc.)  erblickt 
Askanazy  ( Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  56)  in  dem  Diuretin 
KnoU  ein  werthvolles,  nur  selten  versagendes  Diureticum  bei  Herz- 
und  Gefasskrankheiten ,  ein  weniger  constant  wirkendes  bei  chroni- 
scher Nephritis.  Femer  aber  fand  der  Verf.,  dass  das  Diuretin  ein 
ziemlich  constant  und  rasch  wirkendes  Mittel  gegen  Anfalle  von 
Asthma  cardiale  und  Angina  pectoris,  sowie  gegen  chronische  car- 
diale  Dyspnoe  darstelle.  —  Bemerkenswerth  ist  leider,  dass  die 
Wirkung  des  Diuretins  bei  den  anginösen  und  asthmatischen  An- 
fällen in  der  Mehrzahl  der  Fälle  keine  nachhaltige  war.  Noch  an 
demselben  Tage,  an  welchem  das  Mittel  ausgesetzt  wurde,  stellten 
sich  fast  regelmässig  wieder  Anfälle  ein,  entweder  sofort  mit  voller 
Heftigkeit,  oder  zuerst  nur  angedeutet,  bald  an  Intensität  und  Häufig- 
keit zunehmend.  Die  Wirkung  in  den  letzteren  Fällen  erklärt  Verf. 
sich  durch  die  Kräftigung  des  Herzens,  dessen  plötzlich  gesteigerte 
Insuf ficienz  er  —  im  Einklang  mit  der  Parry-Traub  e'schen  Theorie  — 
als  Ursache  für  die  Angina  pectoris  annehmen  möchte.  Als  tägliche 
Maximaldosis  empfiehlt  Askanazy  3 — 4  g.  Bei  der  Verabreichung 
von  5 — 7  g  pro  die  hat  er  CoUapse  beobachtet,  von  denen  drei  tödt- 
lich  endeten. 

In   einem  Vortrage    über  „Arteriosklerose,    einige  ihrer  Folge- 
zustände und   deren  Behandlung?  (Lancet,   October)  gibt  Lander 
Behandlung  Brunton  als  Mittel  gegen  die  Angina  pectoris  an:  Amylnitrit, 
üer  Angina  ßQ^jiyij^trit,  Nitroglycerin,  Natrium  nitrosum  und  Hydroxylaminuni 

JJ  P  C  L  O  1  1  89 

liftuderBninton.  muriaticum.    Dem  letzteren  Mittel  schreibt  er  eine  länger  andauernde 
Wirkung  zu  als  den  anderen ;  indessen  greift  es  den  Magen  an.    Den 
günstigsten  EiFect  hat   aber  Jodkalium  in  grossen  Dosen   (10 — 30 
•  #rains  =  0,75—2  g  3mal  täglich). 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  181 

« 

Das  von  Masius  empfohlene  Digitoxin  Merck  hat  Wenzel  Digitoxin, 
(Centralblatt  f.  innere  Medicin  Nr.  19)  bei  Circulationsstörungen  in  Wenzel. 
12  Fällen  angewandt  und  fiir  sehr  wirkungsvoll  befunden.  Jäher 
Abfall  der  Puls-  und  Athmungszahl ,  Stärkung  der  PulsweUe, 
Schwinden  der  Cyanose  und  Athemnoth  tritt  fast  stets  schon  nach 
12 — 24  Stunden  ein,  eine  ausgezeichnete  diuretische  Wirkung  konnte 
wiederholt  constatirt  werden.  Das  Digitoxin  scheint  selbst  dann 
noch  Erfolg  zu  versprechen,  wenn  andere  Herztonica,  einschliesslich 
das  Digitalisinfiis,  sich  als  wirkungslos  erwiesen  haben.  Das  Digi- 
toxin wurde  wegen  der  bei  den  Patienten  meist  schon  vorhandenen 
gastrischen  Störungen  per  ELlysma  gegeben,  und  zwar  erst  drei- 
mal, später  zwei-  und  einmal  1  Esslöffel  einer  Lösung  von  Digi- 
toxin 0,01 ,  Alkohol  10,0 ,  Aq.  dest.  ad  200,0  auf  100  g  lauwarmes 
Wasser  (nach  vorherigem  Reinigungskly stier).  Nach  des  Verf. 's 
Ansicht  könnte  die  Dosis  des  sehr  toxischen  Mittels  noch  herab- 
gesetzt werden  (*/2  mg  pro  Klysma),  ohne  dass  dadurch  die  End- 
wirkurig  verkleinert  würde. 

Vor    der    übermässigen    Verwendung    des    Alkohols    in    der 
Therapie   der   Herzkrankheiten  warnt   Chapmann   (Lancet,   Mai).     Alkohol, 
Durch   übermässige   Erregung   und   Anstrengimg    des  Herzens  und     Chapmann. 
durch  Erzeugung   bezw.  Steigerung   gastrischer  Katarrhe   kann   der 
Alkohol  sehr  schädlich  wirken. 

Die  Wirkung  warmer  Vollbäder  von  30**  R.  auf  chro-      Warme 
nische  Circulationsstörungen  beobachtete  Hoegerstedt  bei    ^^^^^  ^®* 

*^  ^  chronischen 

verschiedenen  Herzaffectionen  (Petersburger  Wochenschr.  Nr.  1  n.).  circula- 
Die  zahlreichen,  zum  grossen  Theil  mit  dem  eigentlichen  Thema  in       tions- 

gar  keinem  Zusammenhang  stehenden  Details  eignen  sich  nicht  für  ^^ JLgj"  f^jH; ' 
eine  kurze  Wiedergabe  im  Referat. 

* 

Für  die  gymnastische  Widerstandsbewegung  in  der 
Therapie  der  Herzkrankheiten  tritt  Hasebrock  (Festschrift       Wider- 
f.  Th.  Thierfelder  z.  70.  Geburtstage.  Leipzig,  Langkammer)  ein.  Sphyg-      ^  ^ *"  *^!  •  i, 
mographische  Bestimmxmgen   und   manometrische   am  Menschen  er-     bei  Herz- 
gaben, dass  durch  Widerstandsübimgen  einzelner  Extremitäten,  z.  B.  Krankheiten, 
zehnmaliges  Erheben  einer  15  kg  schweren  Hantel  mit  einer  Hand, 
eine  Entspannung  der  peripheren  Arterien,  sehr  wahrscheinlich  auch 
eine  Erweiterung  herbeigeführt  wird;   währenddem   steigt  —  wenn 
auch  nicht  ganz  ausnahmslos  —  der  Blutdruck  bis  zu  einem  Maxi- 
mum,  fallt  darauf  tiefer   als   vor   der  Uebung,   um   endlich,    nach 
ca.  einer  Viertelstunde,  allmählich  zur  Norm  zurückzukehren.    Prac- 


182  Schwalbe. 

Wider-       tisch  lässt  sich  Folgendes  hieraus   ableiten.     Die  nach  der  Wider- 
stands-     standsübung  eintretende  Blutdrucksenkung  trägt  dazu  bei,  der  Peri- 
bei  Herz-     pherie  eine  grössere  Menge  Blutes  zuzuführen  und  das  Splanchnicus- 
k ran kheiten, gebiet  zu  entlasten,    wodurch   unter  Umständen  Stauungen  in  den 
se  roc  .     xjnterleibsorganen  günstig  beeinilusst  werden  müssen.  Das  Herz  selbst 
kann   durch  die  Widerstandsbewegungen  zur  Hypertrophie  und  zu 
ausgiebigerer  Leistung  gewungen  werden,  aber  nur  wenn  vorher  die 
peripheren   Stauungen  und   Oedeme  durch  Massage  beseitigt   sind. 
Dann  erfüllen  die  Widerstandsübungen  die  nach  Analogie  der  Skelett- 
muskeln abgeleiteten  Bedingungen  zur  Ej*äfkigung  des  Herzens  besser 
als    das  Bergsteigen   nach   Oertel;    denn   dort  ist   durch    die  der 
Arbeit  alsbald  folgende  Blutdrucksenkung  eine  Erholungspause  fiir 
das  Herz  gegeben,  welche  beim  Bergsteigen  fehlt. 

B.  Krankheiten  des  Pericards. 

In  seiner  schon  an  anderem  Orte  erwähnten  Arbeit  über  chylöse 

und   chyliforme   Ergüsse    im  Pleura-   und  Pericardialraum   (s.  oben 

Chylo-       S.  154)   erwähnt  Bargebuhr  aus  der  Litteratur  auch  den  einzigen 

pericardium, ijjyjj^gj.  beobachteten  Fall  von  reinem  Chylopericardium.     Eine 

Bar'^BDiihr 

Ursache  für  den  Chyluserguss  wurde  nicht  gefunden.  In  einem  Falle 
A.  Fraenkel's  wurde  bei  der  Obduction  im  Herzbeutel  */2  Liter 
der  gleichen  fetthaltigen  Flüssigkeit  wie  in  der  Pleurahöhle  ge- 
funden. 

Bereits  im  vorigen  Jahre  ist  von  Josseraud  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,  dass  in  Fällen  von  Pericarditis,  ehe  irgend  ein 
anderes  auscultatorisches  Phänomen  nachweisbar  ist,  eine  sehr  be- 
trächtliche Verstärkung  des  zweiten  Pulmonaltons  gehört  werden 
Zeichen  der  kann.  Warthin  (Accentuation  of  the  second  pulmonary 
Pericarditis,  aound  animportantsiffu  inthediagnosisofpericarditis. 
Med.  News,  13.  April)  bestätigt  durch  seine  Erfahrungen,  die  er  aus- 
führlich mittheilt,  die  Untersuchungen  des  französischen  Forschers 
und  macht  auf  die  Wichtigkeit  dieses  Zeichens  für  die  Diagnose 
der  Pericarditis  infolge  von  Gelenkrheumatismus  oder  anderen  Er- 
krankungen aufmerksam.  Im  Gegensatz  zu  dem  erstgenannten  Autor 
hält  er  aber  diese  Erscheinung  nicht  für  eine  vorübergehende,  son- 
dern für  das  zuletzt  schwindende  Symptom:  Als  Ursache  dafür  re- 
curriren  beide  auf  eine  starke  BlutüberfüUung  der  Herzmusculatur 
in  der  Nähe  der  Pulmonalklappe,  wo  erfahrungsgemäss  sich  die  peri- 
carditischen  Auflagerungen  am  häufigsten  finden. 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  183 

Ueber  einen  interessanten  Fall  von  Incision  desHerzbeutels 
wegen  eitriger  —  nach  Trauma  entstandener  —  Pericarditis 
berichtet  v.  Eiseisberg  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  2).  Nach-  Eitrige 
dem  trotz  mehrmaliger  Function  des  Herzbeutels,  wobei  im  ganzen  ,. 'if *fgi^  *^* 
ca.  3  Liter  eitriger  Flüssigkeit  entleert  wurden,  ein  dauernder  Er- 
folg nicht  erzielt  worden  war  und  das  Befinden  des  Patienten  einen 
bedrohlichen  Charakter  angenommen  hatte,  wurde  die  Incision  des 
Herzbeutels  ausgeführt  und  2  Liter  Eiter  abgelassen.  Drainage.  Oef- 
teres  Eingiessen  von  Jodoformglycerin.  Heilung  nach  ca.  7  Wochen. 
Verf.  bespricht  die  Technik  der  Licision  und  die  Indicationen  zu 
derselben.  Hingewiesen  wird  darauf,  dass  die  Paracentese  des  Peri- 
cards  nur  mit  einem  sehr  feinen  Troikart  ausgeführt  werden  darf,  da 
die  Herzbeutelblätter  an  der  PunctionssteUe  verwachsen  sein  können 
und  dann  eine  Verletzung  des  Herzfleisches  mit  einem  dicken  Li- 
stroment  natürlich  grossen  Schaden  verursachen  könnte.  Wenn  die 
ein-  oder  einigemal  vorgenommene  Function  und  Entleerung  des 
Exsudats  nicht  eine  entschiedene  und  dauernde  Besserung  bringt, 
das  Exsudat  als  solches  (Eiter)  sich  nicht  zur  spontanen  Resorption 
eignet  oder  den  Troikart  nicht  gut  passiren  kann  (fibrinöse  Massen), 
so  soll  man  mit  der  Licision  und  Drainage  nicht  lange  warten. 

C.  Krankheiten  der  Geisse. 

a.    Krankheiten    der    Arterien. 

Einen   interessanten   Fall   von  Embolie  der  Arteria  pul- 
monalis   mit  langdauemdem  Verlauf  veröffentlicht  Iwanicki   in  Embolie  der 
Nr.  23  der  Wiener  med.  Wochenschrift.    Vom  Beginn  der  —  durch  P«imo|iaiis, 

Iwanicki. 

Venenthrombose  im  linken  Bein  bedingten  —  Embolie  bis  zum  (plötz- 
lichen) Tode  verstrichen  fast  3  Wochen.  Während  des  grösseren 
Theils  der  Krankheitsdauer  war  im  rechten  ersten  Intercostalraum 
dicht  am  Stemum  ein  systolisches  blasendes  Geräusch  gehört. 
(Litten,  der  dieses  Geräusch  zuerst  beschrieben  hat,  hörte  es  im 
linken  ersten  Intercostalraum.)  Bei  der  Section  fanden  sich  beide 
Stamme  der  Pulmonalarterie  verstopft. 

Die  ätiologische  Bedeutung  der  Syphilis  für  die  Er- 
krankung der  Aorta  und  für  die  Aneurysmenbildung  an 
der  Aorta  wird  durch  neue  Untersuchungen  immer  wieder  sicher- 
gestellt. Aehnlich  wie  Puppe  im  vorigen  Jahre  (s.  d.  Jahrb.  1895, 
S.  175)  gelangt  Dohle  auf  Grund  dreier  anatomischer  Befunde 
(Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  55)   zu  folgenden  Schlussfolge- 


184 


Schwalbe. 


Syphilis  un drangen.     Die  syphilitische   Endzündung  der  Aorta  ist   (aber  nicht 
immer!    Kef.)   makroskopisch  gekennzeichnet  durch  strahlig-narbige 


Aorten- 
aneurysmen, 
DöUe, 


Hampeln, 


Yillani. 


Einziehungen  und  Vertiefungen  der  Innenfläche.  Daneben  kann  eine 
chronische  Endarteriitis  bestehen.  Die  Einziehungen  sind  durch  die 
Entwickelung  narbigen  Bindegewebes  bedingt,  das  als  Endproduct 
einer  difPosen  und  gummösen  Entziindung  in  der  Media  und  Adven- 
titia  sich  darstellt.  Durch  die  entzündlichen  Veränderungen  der 
Media  ist  eine  Prädisposition  zur  Bildung  von  Aneurysmen  ge- 
schaffen. 

Für  die  ätiologische  Bedeutung  der  Syphilis  bei  der  Ent- 
stehung der  Aortenaneurysmen  tritt  auch  Hampeln  aufs  neue 
ein  (Petersburger  med.  Wochenschr.  Nr.  8).  Die  Arbeit  ist  in  ihren 
thatsächlichen  Darlegungen  nur  eine  Wiederholung  der  bereits  im 
vorigen  Jahre  an  anderem  Orte  veröffentlichten  und  von  uns  in 
diesem  Jahrbuch  (s.  S.  175)  besprochenen  Abhandlung. 

In  gleicherweise  endlich  spricht  sich  Villani  (Contributo  allo 
studio  degli  aneurismi  dell'  aorta.  Riforma  med.  Nr.  188 — 190)  für 
die  ätiologische  Bedeutung  der  Syphilis  bei  Aortenaneurysmen  (unter 
seinen  12  Fällen  9mal)  aus.  Als  accidenteUe  Ursachen  für  die  An- 
eurysmenbildung  sieht  er  schwere  körperliche  Anstrengung  an.  In 
der  Symptomatologie  spielt  nach  seiner  Meinung  die  Heizung  und 
Lähmung  des  Vagus  eine  wesentliche  Bolle.  Angina  pectoris,  plötz- 
liche Athemnoth,  anfallsweise  auftretenden  Husten,  Gastralgieen  und 
Oesophagushyperästhesieen ,  plötzliche  Todesfalle  fasst  Villani  als 
Vaguserscheinungen  auf. 

Einen  seltenen  Fall  von  Stenose  am  Isthmus  der  Aorta  beschreibt 
Stenose  der  Kietz  (Wien.  klin.  Wochenschr.  S.  24).  Bei  einem  20jährigen  Schmied, 
Aorta,  ^jgj.  ijgj  schwerer  Arbeit  immer  an  Herz-  und  Athembeschwerden  gelitten 
hatte,  fand  man  ein  systolisches  Geräusch  vom  imd  besonders  zwischen 
den  Schulterblättern,  ausserdem  Hypertrophie  und  Dilatation  des  linken 
Ventrikels.  Bei  der  Section  fand  sich  als  Ursache  der  Erscheinungen  eine 
2  V«  cm  lange  Stenose  des  Isthmus  aortae,  und  zwar  bestand  hier  neben  einer 
angeborenen  Verengerung  eine  spätere  bacterische  (?)  Endaortitis. 

Den  seltenen  Fall   einer  Perforation  eines  Aortenaneurysmas 

in    die  Vena   cava  superior  illustrirt  A.  Bruce  (Edinb.  med.  Joum., 

April)  durch  eine  Krankheitsgeschichte.    Bei  dem  Patienten,  bei   dem  ein 

t'' d"Vena  Aneurysma  der  Aorta  ascendens  durch  Dämpfung  und  systolisches  Geräusch 

cava         rechts  vom  Manubrium   stemi  nachgewiesen  war,  trat  plötzlich  Orthopnoe, 

snperior,    beträchtliche  Cyanose  und  Schwellung  im  ganzen  Bereich  der  Cava  superior 

Bruce.         ^j^^     Pulsation  war  an  den  Venae  jugulares  nicht  zu  constatiren. 

In  ein  Aneurysma  der  Arteria  mesenterica  superior, 
das,  wie  F.  Stevenson  (Lancet,  Januar)  berichtet,  als  orangegrosser, 


Kietz. 


Perforation 

eines 

Aorten- 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  185 

schwirrender,  expansiv  pulsirender,   ein  systolisches  Geräusch  dar-  Aneurysma 
bietender,  sehr  leicht  verschieblicher  Tumor  des  Abdomens  hervor-         ^^^ ^ 

M6S&TftlC& 

trat,  wurde  nach  Laparotomie  eine  sehr  feine  Drahtspirale  eingeführt,     superior, 
nachdem   innerliche   Therapie   erfolglos    gewesen   war.     Der  Effect     Stevenson. 
war:  Tod  nach  27  Stunden.    Demgegenüber  wirkt  die  Versicherung 
des  Verf. 's,  dass  um  den  Draht  herum  das  Blut  geronnen  gewesen 
sei,  nicht  gerade  tröstlich  oder  gar  ermuthigend. 

b.  Krankheiten  der  Venen. 

Bei  einem  17jährigen  Mädchen,  das  an  hereditärer  Syphilis  litt,   trat 
nach  der  Beobachtimg  von  Stöcklin  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55)  Ruptur  der 
nach    Toraufgegangener  gummöser    Infiltration    eine    ausgedehnte    Zer-        Vena 

^^  ft  U  O  U  V  lU  & 

btönmg  der  TracheaJwand  und  eine  Perforation  der  Vena  anonyma      gtöcklin  ' 
sinistra   (bei  ihrer  Einmündung  in  die  Cava  superior)  ein.     Eine  foudro- 
jante  Hämoptoe  trat  durch   diese  Communication  zwischen  Cava  superior 
und  Trachea  ein  und  führte  schnell  zum  Tode. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

J.  H.  Clarke,   Diseases  of  the  heart  and  ai-teries;  their  causes,  nature 

and  treatment.    London. 
A.  Fox  well,  Essays  on  heart  and  Imig  disease.    London. 
Martins,  Tachycardie.    F.  Enke.     Stuttgart. 

Vgl.  auch   die  Litteraturangaben  unter  Abschnitt  III,  3,   Krankheiten  der 

Athmungsorgane. 


U,  5.  Krankheiten  der  Yerdauungsorgane. 

Von  Dr.  Th.  Rosenheim,  Privatdocenten  an  der  Universität  Berlin. 

i.  Oesophagns. 

Unter  den  Erkrankungen  des  Digestionsapparates,  über  die  wir 
hier  berichten,  sollen  zunächst  die  Oesophagusaffectionen  Be- 
rücksichtigung erfahren ;  dem  Studium  derselben  hat  sich  das  Inter- 
esse in  den  letzten  Jahren  mehr  und  mehr  zugewandt,  vor  allen 
Dingen  aber  ist  eine  wesentliche  Förderung  unserer  Erkenntniss 
bei  dieser  Krankheitsgruppe  von  der  Einführung  der  Oesophago- 
skopie  zu  erwarten.  Seit  geraumer  Zeit  lasse  ich  mir  die  Verbesse- 
rung dieser  Methode  angelegen  sein,  und  ich  habe  jüngst  (Berl.  klin. 
Wochenschr.  Nr.  12)  über  die  Art  meines  Vorgehens  berichtet.  Das 
Oesophago-  von  mir  verwendete  Oe so phagoskop  ist  ein  glatter,  dünner  Metall- 

skopie,      tubus   (11 — 13  mm   Querschnitt),    der   am  Einföhrunirsende    fi^erade 
Rosenheim.        ,  .     .  .  i      .,,.*/•      m  ,      .  ^ 

abgeschmtten   ist  und  eine  kleme  Auitreibung  besitzt;   nach  aussen 

zu  endigt  der  Tubus  in  eine  ziemlich  lange  Metallhülse.  Eingeschoben 
wird  das  Instrument  mit  einem  Mandrin,  dessen  Spitze  aus  einem 
4 — 6  cm  langen,  weichen  Schlauchstück  besteht.  Entfernt  man  den 
Mandrin,  so  hat  in  der  Hülse  ein  für  diesen  Zweck  gearbeitetes 
Elektroskop  Platz  und  wird  dort,  ohne  dass  man  einer  weiteren 
Unterstützimg  mit  der  Hand  bedarf,  festgehalten.  Das  Guckloch  im 
Elektroskop  und  die  Lichtung  der  Hülse  sind  nun  so  gross,  dass 
sie  das  Einfuhren  nicht  zu  starker  Instrumente  (Zange,  Tupfer)  in 
den  Tubus  unter  Leitung  des  Auges  mit  der  einen  freien  Hand 
gestatten,  während  die  andere,  am  besten  die  linke,  gleichzeitig  das 
Oesophagoskop  verschieben  kann.  Schliesslich  habe  ich  noch  zu 
erwähnen,  dass  auf  den  Tubus  eine  bequem  lesbare  Centimeterscala 
eingravirt  ist,  die  sich  bei  richtiger  Lage  desselben  links  vom  Unter- 
sucher befindet,  so  dass  man  sich  jeden  Augenblick  mit  Leichtigkeit 
informiren  kann,  wie  weit  das  Instrument  im  Oesophagus  vorgerückt 
ist.     Die  weiteren  Vorschriften  über  Vorbereitung  zu  der  Unter- 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  187 

buchimg,  über  die  Einführung  des  Oesophagoskops  mögen  im  Original 
eingesehen  werden. 

Die   diagnostische  Bedeutung  des  Verfahrens  berücksichtigt 
eine  weitere  Arbeit  von  mir  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  60), 
in  welcher    ich   über    die    ösophagoskopischen    Bilder  beim  Oesophago- 
Speiseröhrenkrebs   auf  Grund  von  Beobachtunfi:en  in  achtzehn    skopische 

.  .  Bilder 

Fällen  Mittheilung  machte.     Die  raumbeengenden  krebsigen  Pro-     Rosenheim. 
tuberanzen  sind  bei  genauem  Zusehen  mit  nichts  anderem  zu  ver- 
wechseln ;  es  gibt  keinen  Process  im  Oesophagus  ausser  dem  Carcinom, 
der  mit  der  Bildung  derartiger  prominirender,   weissgrau  bis  grün- 
licher,   oder   schmutzig  graugelblicher,  von   punktförmigen  Hämor- 
rhagieen  durchsetzter  Massen  einhergeht.   Der  Befund  eines  Tumors, 
dessen  Schleimhaut  noch   erhalten  ist,   ist  weniger  eindeutig.     Die 
Infiltration  bedingt  ein  Vorspringen  der  Schleimhaut  ins  Lumen  von 
verschiedener  Höhe.  Die  Mucosa  kann  dann  ein  annähernd  noi*males 
Aussehen  haben,  oder  sie  ist  auffallend  blass,  mitunter  mehr  gelblich, 
oder  auch  bläuHchroth-cyanotisch ;  manchmal  finden  wir  sie  auch  stark 
j^eröthet,  succulent,  ein  Verhalten,  das  sie  sonst  häufiger  am  Rande 
der  Neubildung  neben  dem  weisslichen  carcinomatösen  Gewebe  zeigt. 
Auch  flache  Ulcerationen,   mit  scharfem,    zerfressenem  Rande   sind 
kaum  je  durch  etwas  anderes,   als  durch  Krebs  bedingt.     Von  den 
sonst    in   der    Speiseröhre   vorkommenden   geschwürigen  Processen 
(syphilitischen,    tuberculösen ,   peptischen)   ist  es  bei  ihrer  grossen 
Seltenheit  bisher  noch  nicht  gelungen,  ein  ösophagoskopisches  Bild 
zu  erhalten;   nur  flache,  katan*halische  Erosionen  habe  ich  zweimal 
beobachtet.     Diese    ganz    oberflächlichen,    kaum    fünfpfennigstück- 
grossen  Defecte,  die  sich  durch  ihren  matteren  Glanz  und  ihre  dunklere 
Farbe  gegen  die  Umgebung  abheben  und  die  sich  hauptsächlich  auf 
der  Höhe  der  Falten  finden,  haben  nichts,  was  an  Carcinom  erinnert.  — 
Neben  dem  Nachweis  der  Ulceration  können  das  Hervorsickern  von 
Blut  aus   der  Tiefe   einer  Strictur,   ohne   dass   eine  Verletzung  mit 
dem  Instrument  die  XJrsprungssteUe  der  Hämorrhagie  getroffen  hätte, 
sowie  auch   das  spontane  Hervortreten  von  Eiter  im  Gesichtsfeld, 
namentlich,  wenn  derselbe  sehr  übelriechend  ist,  als  werthvoUe  An- 
haltspimkte  für  die  Diagnose  Krebs  gelten.   Dagegen  kann  die  Fest- 
stellung einer  Lumenverengerung,  das  Vorhandensein  von  mit  Schleim- 
haut bedeckten  Protuberanzen  oder  Trichterbildungen,  die  Aufhebung 
der  respiratorischen   Beweglichkeit   der    Oesophaguswand   in   ihrer 
ganzen  Circumferenz  oder  auf  einer  Seite  niemals  als  ausreichendes 
Kriterium  für  die  Diagnose  des  Carcinoms  angesehen  werden,  und 


188  Rosenheim. 

Oesophago-  das  Gleiche  gilt  auch  von  den  Veränderungen  der  Schleimliaut,  die 
^  B°?d*^^^  wir  als  verschiedenartigen  Ausdruck  katarrhalisch-entzündlicher  Pro- 
Rosenheixn.  cesse  und  Stauungen,  wie  sie  aus  den  mannichfachsten  Ursachen 
entstehen ,  deuten  dürfen.  Am  schwierigsten  ist  die  Diagnose  des 
Krebses  mit  Hülfe  des  Oesophagpskops  an  der  Cardia,  da  man  die 
Magenööhung  nicht  immer  sieht.  Gemeinhin  liegt  ^  wenn  der  sub- 
phrenische  Theil  der  Speiseröhre  ergriffen  ist,  ein  Krebs  der  Portio 
cardiaca  des  Magens  vor,  oder  der  über  dem  Zwerchfell  gelegene 
Oesophagusabschnitt  ist  der  Ausgangspunkt  der  Krankheit.  Im 
ersteren  Fall  liefert  uns  die  Untersuchung  des  Mageninhaltes  brauch- 
bare Kriterien  für  die  Beurtheilung,  im  letzteren  gibt  das  Oeso- 
phagoskop  den  wünschenswerthen  Aufschluss.  Dass  die  Besichtigung 
auch  im  Anfangsstadium  der  Krankheit  ein  stringentes  Resultat 
liefert,  kann  man  in  vielen  Fällen,  aber  nicht  allemal  mit  Bestimmt- 
heit erwarten.  Hier  kann  unter  Umständen  die  Untersuchung  eines 
kleinen,  unter  Leitung  des  Auges  exstirpirten  Gewebsstückchens  die 
Entscheidung  bringen. 

inspection  Auf  die  Frage,    warum   die  Besichtigung   der   Cardia    in 

der  Card la  jj^anchen  Fällen  nicht  gelingt,  überhaupt  auf  die  Sondirungsverhält- 
Gastro-  nisse  im  untersten  Oesophagealabschnitt  bin  ich  in  einer  anderen 
skopie.  Arbeit  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  45)  genauer  eingegangen. 
Auf  Grund  topographisch-anatomischer  Studien  stellte  ich  die  Lage 
der  Cardia  beim  Erwachsenen  für  die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Fälle  am  zwölften  Brustwirbel  fest;  den  tiefsten  Punkt,  das  untere 
Drittel  des  zwölften  Brustwirbels  erreicht  sie  bei  totaler  Abwärts- 
drängung  oder  bei  Ektasie  des  Magens.  Der  unterste  Oesophagus- 
abschnitt ist  etwas  nach  links  zu  winkelig  abgebogen  oder  seitlich 
gedreht,  bevor  er  in  den  Magen  mündet,  er  kann  aber  auch  unter 
pathologischen  Verhältnissen  gerade  gestreckt  sein,  z.  B.  bei  Dis- 
location  und  Ektasie  des  Magens.  Wo  diese  Linksdrehung  sehr 
scharf  ausgeprägt  ist,  wo  das  Stützgewebe  sehr  fettreich  ist,  da 
bleibt,  wenigstens  in  Eückenlage,  das  geradlinige,  stcure  Lostrument 
meist  am  Foramen  oesophageum  stehen.  Man  beobachtet  dies  nament- 
lich bei  adipösen,  mit  quadratischem  Thorax  ausgestatteten,  kurzhalsigen 
Personen,  selten  auch  bei  anderen  Lidividuen.  Abgesehen  von  den 
anatomischen  Verhältnissen  wird  das  Vordringen  des  Listruments 
sicher  auch  durch  functionelle  Anomalieen  gestört,  durch'  Oeso- 
phagospasmus  an  der  Zwerchfellpassage,  der  auch  bei  sonst  gesunden 
Individuen  sehr  hartnäckig  sein  kann,  der  uns  aber  am  häufigsten 
bei  nervös-um^uhigen ,   neurasthenisclien  Individuen  aufhält.     Führt 


K_raiiiEnfir»fii  icr   •  ^r; 


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Bian  nan  dauy  InätnnLäii:  ^jm  re-iiirt^n  iCjn-rr 

die  Spitze  mnnliclisc  nacii  link:».  «  re-'^n  ^  -3.. 

üe  LinkÄirebniLg  darsreilr.   j^nuüDiuii    xn^zn^-i.  i^-n.     L^-tr^zi    *^ 

d[*^s  beim  SpsL^mos  »inmii  metn;tniyr»:iLtr  ^  ixi^mirrtr:.  zi-ilt  x^  ^  n.  t- 

«Lffö  derselbe   ev«iiirrLeiI  nur  öi  ier  5".tr^-?*t   i*r*^irijr  "«"-rirn  i^zLn. 

Pr. Mems  der  OitL?tr:-?kjci*t.   La  oiüil  näinJ.  a  --"'^:--    ^r-^"  zii^  -ih-ti: 
.-Mrren  geraden  fiL-Iir  in  RltikrTnla^i»^    iia-  jur  .  lirü-i  j^  ..r.^.   -:•■  ^.;  -- 


ü-an     das    IlL:?TrTllIl»rIli;     aiilä     ä««     TT^IX    öl     len    ZiLi^'^tn.    ^  ■r'-:»_ll-r    «rrn.      1^^ 


—         *  -  '  -    r  1  - 


un^atzaTück  iind  Oiicizöirt  lir.ii  Z-tt^-  tz.i  *.*?— im^«=::'~Ln^T—  r- 
ri-Ltmig.  Der  opris^.iie  Az^ar-iT  j^r  ^tr\>:  ~s.  -^  -=^  r^iTTi^rr  Li  -i-r-zirrii^ 
"L**-rsteii  Sri.k  v^r^iiLn^icar.  s,  iik---  ii^-r  '"■^^••^  n-r-i-tn.  -y— :  r--_r-> 
Priemen  rir  •ii^r  Ai^i^iine   ir^  Xt^-ü-Zi-r-?  jz.  'ri-üi  JxZrr  -riii^-rljr 

&':>  dem  Tnbis,  -irr  ce£  xir  z.~zz"  ■tiii'^ü  '"▼-^  >  -r....^.,.?»  —  fl  l:i  -r. - 
hjt.  bequem.  Lera'i^^^z.i'i^ii  ^=fr-\-rL^  tzl  L:zji  -r-"::!!"!--!  T-:r-v--rz..i:z.j: 
1l  i«rm.  anderen  Ir::?:r:::.-rt.   iij  zi.-:   irzi  >.jlZx1  VI  -^-rT-rlTZ.  --~.   :-: 


Den  Werth  ier  Cs-s.irLizi-^A:::^  v.r^  tI-tti-  t 
piiikt  iliastriren  3IittL-ril:zL^rn  T:z.E_3lT7^r  ^3_ 
Z'jitung  Nr.  ICO  .  der  sijii  n-elner  X-t'-l  ör  ':»rL- 
z.  B.  im  Tnb^iä  eine  Siüifmiz  ^"L^ftlr'T::-  iie  s..i.-' 
Tind  dadoreh  den  Patiecten  T:r  ItJ  «>i.r^  -t^t  ::^-z  '-*r-5 
in  einem  anderen  Falle,  ir:>  ein  Pr-rnii>:r:er  -rerr 
Abwesenheit  desÄe?xrn  lerTstTll^n  ini  üe  virL^nir 
aU  dnrch  eine  flache.  leicLt  ätz.-ir-e  Ul.erstf.n  'i-rTi 


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Was  die  Klinik  der  f^e^opV a ^r^^Vra-Vr^'-«^y.  'irrtrirt.  s:  Lri'-n  \rir 
nur  wenig  Beachtenswerthes  n  verzei iLnen.  I.h  erwAlne  hier  einen 
Btritrag  von  C.  R  i  1 1  e  r  1  Deat^he^  Aren.  1.  klin,  Mel  Bi.  55  z-^  Le'nre  c  *  *  ?  j  L  » i:  u  >- 
vun  den  OesophagiisdiTertikeln.  drr  a:if  Gmnd  mehrerer  BeoV  ^i^^rtik-:. 
achtnngen  sich  der  Anffassnng  ans-:Llie>st.  dä>»  a"is  eint-m  Tracrions- 
divertikel  sich  secondär  ein  PuL-iönsdivertikel  entwickeln  kann.  Wo 
ein  Tractionsdivertikel  in  verjauchende  Lymphadenitis  und  Media- 
stinitis ausgeht,  dürfte  ein  secun«iäres  PiiLionsdi vertikal  nicht  selten 
da«*    Zwischenglied  bilden.     Höchst    wahrscheinlich   sind   Tracti^.«us- 


190  Rosenheim. 

Oesophagus-  divertikel  nicht  selten  Ausgangspunkt  für  die  Entstehung  von  Ki^ebs. 

^B^'cVowskV'   Bychowski  (Virch.  Arch.   Bd.  141)  theüt  einen   neuen  FaU  von 

Divertikel  bei  einem  21jährigen  jungen  Mann  mit;   d^selbe  war 

15 — 17  cm  lang,  sein  unterer  Eand  war  37  cm  von  den  Zähnen 

entfernt  und  bewirkte  seit  9  Jahren  Erbrechen. 

Von  der  ziemlich  seltenen  Tuberculose  der  Speiseröhre  handelt 
Tuhercuioseein  Aufsatz  von  K.  Zenker  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55). 
der         Dj^g  echte  tuberculose  Geschwür  des  Oesoghagus  verengte  das  Lumen 
Zenker      'beträchtlich;  in  einem  Falle  von  Buss  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Biiss.        Nr.  23)  bestand  kein  offenes  Ulcus,  es  war  die  stenosirte  Partie  in 
einem   Conglomerat  verkäster  indurirter   L3anphdrüsen   eingebettet. 
Der  Tod   war  hier  durch  gewaltsames  Sondiren  verursacht  worden. 
Die  Infection  durch  TuberkelbaciUen  findet  an  der  Schleimhaut  des 
Oesophagus  nur  da  statt,   wo  dieselbe  durch  Soor,   durch  Aetzung, 
durch   Carcinomentwickelung    die   Möglichkeit    der  Inoculation   ge- 
währt. 

Erwähnenswerth  ist  auch  eine  ausfuhrliche  Darstellung  der 
Entwickelungsgeschichte  und  Klinik  der  Polypen  und  polypen- 
ähnlichen Gewächse  des  Rachens  und  der  Speiseröhre  durch  P.  R. 
Polypen  des  Minski  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  41).  Er  geht  von  einer 
Oesophagus,  eigenen  Beobachtung  aus,  die  eine  65jährige  Frau  betraf.  Ein  Polyp 
von  14  cm  Länge,  7,5  cm  Umfang  im  unteren  Drittel  trat  aus 
dem  Munde  seit  8  Tagen  hervor,  ohne  bislang  je  Beschwerden  ver- 
ursacht zu  haben;  er  ging  vom  oberen  Oesophagusrande  aus  und 
wurde  mit  der  Scheere  leicht  abgetragen. 

Neurosen  Endlich  sei  hier  auf  einen  Aufsatz  hingewiesen,  in  dem  ich 

des         (Allg.  med.  Centralztg.  Nr.  98  u.  99)  das  dunkle  Gebiet  der  Neurosen 

Rosenheim.  ^^^  Oesophagus  systematisch  abgehandelt  habe ;  es  ist  das  eine  im 
wesentlichen  lehrbuchmässige  Darstellung  des  Gegenstandes,  der 
mittlerweile  erschienenen  zweiten  Auflage  meiner  ,,Krankheiten  der 
Speiseröhre  und  des  Magens"  vorweg  entnommen. 


B.  Magen« 

Druck-  Indem  vnr  nun  zu  den  den  Magen  betreffenden  Arbeiten  über- 

im  Magen     g^^^n,  stellen  wir  diejenigen  Publicationen  voran,  die  sich  auf  physio- 

Moriu.       logische  Fragen  beziehen.     Moritz  (Zeitschr.  f.  Biologie  Bd.  32) 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane. 


191 


veröfTentlicht  Studien  über  die  motorische  Thatigkeit  des  Magens, 
und  zwar  beschäftigt  er  sich  zunächst  mit  dem  Verhalten  des 
Druckes  in  diesem  Organ. 

Beim  Menschen  findet  sich  im  Magen  ein  geringer  positiver  Druck; 
^^  wurden  im  Sitzen  Werthe  von  2 — 6  cm  Wasser,  am  häufigsten  6 — 8  cm 
))eobachtet.  Dieser  Druck  beruht  auf  der  Belastung  des  Magens  durch  die 
Eingeweide,  besonders  die  Leber,  auch  betheiligt  sich  an  seinem  Zustande- 
kommen ein  gewisser  variabler  Contractionszustand  des  Magens,  weniger 
ein  allgemeiner,  durch  die  Spannimg  der  Bauchdecken  bedingter  intra- 
abdominaler Druck.  Das  Herabtreten  des  Zwerchfells  verstärkt  den  Druck 
um  4 — 12  cm  und  die  Herzbewegung  um  0,5 — 2  cm ;  inspiratorisches  Ab- 
stinken des  Druckes  ist  selten  und  nur  bei  starker  Erweiterung  der  Bauch- 
höhle durch  die  Hebung  der  Rippen  vorhanden.  Von  grösstem  Einfluss 
auf  den  Druck  ist  die  Wirkung  der  Bauchpresse,  sie  hebt  die  Wassersäule 
bis  zu  3  m.  In  Betreff  der  activen  Steigerung  des  Druckes  von  Seiten  des 
Magens  besteht  ein  bedeutender  Unterschied  zwischen  Fundus  und  Antrum ; 
im  ersteren  erfolgt  eine  solche  während  der  Digestion  nur  minimal,  im 
letzteren  beträchtlich  (50  cm),  imd  zwar  ist  der  Druckverlauf  so ,  dass  der 
Anstieg  anfangs  langsam,  dann  rascher  geschieht  und  der  Abfall  jäh 
♦•intritt. 


Die  Bewegungsverhältnisse  des  gesunden  und  kranken 
Magens  sucht  auch  Einhorn  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27)  näher 
zu  analysiren. 

Er  bedient  sich  dazu  eines  kleinen,  verschiebbaren  Apparates  ,6astro- 
graph*,  der  aus  zwei  concentrischen  Kugeln  besteht,  zwischen  denen  eine 
Platinkugel  bei  Bewegungen  den  Contact  herstellt,  der  dann  auf  einer 
rotirenden  Trommel  markirt  wird;  Einhorn  will  sich  so  ein  Urtheil  Über  die 
vom  Magen  selber  geleistete  mechanische  Arbeit  verschaffen.  In  die  Augen 
•springende  Resultate  hat  er  unter  normalen  und  pathologischen  Verhält- 
nissen mit  seiner  Methode  bisher  nicht  erzielt. 

Hemmeter  (New  York  medicalJoumal,  22.  June)  studirte  die 
Magenbewegungen  an  einem  Gummibeutelchen,  das  in  den 
Magen  eingeführt  und  mit  Luft  gefallt  wird. 

Dasselbe  wird  bei  jeder  Contraction  des  Magens  comprimirt,  dieser 
Druck  wird  auf  ein  Wassermanometer  oder  ein  Kymographion  mittels  Schlauch 
übertragen. 

Sehr  gründliche  Untersuchungen  über  die  Secretion  und 
Motilität  des  normalen  Magens,  bei  denen  so  ziemlich  alle 
wesentlichen  Fragen  berücksichtigt  werden,  gibt  A.  Schule  (Zeit- 
schrift f.  klin.  Med.  Bd.  28  u.  29).  Im  Thierexperiment  wie  beim 
Menschen  wird  der  Einfluss  der  verschiedensten  chemischen  Körper 
auf  die  Functionen  des  Magens  geprüft,  im  ganzen  bringen  die  ge- 


Magen- 

bewegung, 

Einhorn, 


Hemmeter. 


192 


Rosenheim. 


nnd 

Resorption 

im  Magen, 

Schule, 
N.  Reicbmann 


J.  Müler, 


wissenhaften  Bemühungen  des  Verf/s  eine  Bestätigung  und  Erwei- 
terung der  Angaben  früherer  anerkannter  Arbeiter ;  auf  die  zum  Theil 
interessanten  Einzelheiten  kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 
Secretion  Nur  die  Erfahrungen,  die  Schule  mit  einem  Körper,  dem  Natrium 
bicarbonicum  gemacht  hat,  will  ich  hervorheben,  da  er  sich  hier  im 
Gegensatze  zu  N.  Eeichmann  (Therap.  Monatsh.,  März)  befindet. 
Dieser  Autor  spricht  dem  Salz  einen  Einfluss  auf  die  Salzsäure- 
ausscheidung ab,  sein  Werth  liege  in  der  neutralisirenden  Wirkung. 
Letztere  ist  ohne  weiteres  zuzugeben,  aber  auch  die  Labdrüsen- 
thätigkeit  modificirt  das  Mittel  deutlich,  indem  grössere  Gaben  nach 
Schule  zunächst  eine  Verminderung  und  dann  eine  Steigerung  der 
Secretion  bis  zur  Norm  und  über  dieselbe  hinaus  herbeifuhren. 

Die  resorptive  und  secretorische  Function  des  mensch- 
lichen Magens  sind  nach  dem  Vorgänge  v.  M  e  r  i  n  g's  durch 
J.  Miller  (Archiv  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  1)  geprüft  worden. 
Die  Veränderung  der  Concentrationsverhältnisse  innerhalb  bestimmter 
Zeiten  wird  an  den  verschiedensten  Lösungen  (Alkohol,  Salze,  Pepton, 
Zucker)  festgestellt  und  daraus  Schlüsse  auf  die  Functionen  ge- 
zogen; Miller  kommt  zu  denselben  Eesultaten  im  menschlichen 
Magen,  wie  sie  v.  Mering  beim  Thiere  erhielt  (s.  Jahrb.  1894), 
imd  er  bezieht  die  Veränderungen,  die  die  Flüssigkeiten  erleiden, 
auf  gleichzeitige  Resorption  der  gelöst  eingeführten  Stoffe  und  Ab- 
scheidung von  Wasser  in  den  Magen.  Die  Veränderung  des  Magen- 
inhaltes wächst  mit  der  Concentration  der  Lösung.  Auch  ohne  Salz- 
säureabsonderung kann  der  Magen  Wasser  abscheiden,  wie  Beob- 
achtungen bei  Einführung  hoch  concentrirter  Kochsalzlösungen  be- 
weisen. 

Dass  der  Magen  übrigens  nicht  bloss  Wasser,  sondern  auch 
andere,  und  zwar  specieU k ö r p e r f r e m d e  Stoffe  ausscheidet,  ist 
bekannt.  In  umfassender  Weise  ist  dieses  Verhalten  noch  einmal 
von  Bongers  (Arch.  f.  experim.  Pathol.  Bd.  35)  geprüft  worden. 
Subcutan  oder  per  Klysma  einverleibt,  werden  in  den  Magen  aus- 
geschieden von  Alkaloiden :  Morphin,  Veratrin,  Brucin,  Coffein,  Anti- 
pyrin,  Chinin,  von  aromatischen  Substanzen  Salicylsäure,  von  Fett- 
körpem  Chloroform,  Chloralhydrat ,  Aethylalkohol ,  Methylalkohol, 
Aceton.  Nicht  nachgewiesen  wurden  im  Magen  Atropin,  Apomor- 
phin,  Carbolsäure. 


Bongers. 


Salzsäure.  Arbeiten,   die   sich   mit  den  Untersuchungsmethoden   befassen, 

bestimmnng, gj^^  nur  wenige  zu  verzeichnen.     H.  Wiener  (Centralbl.  f.  innere 

Medicin  Nr.  12)  hat  die  gasvolumetrische  Salzsäurebestim- 


Krankheiten  der  Verdäinangsorgane. 


193 


mang  im  Magensäfte  nach  Mierzynski  auf  ihre  klinische  Brauch- 
barkeit  geprüft  nnd  sie   wohl  Terwerthbar  gefunden,   wenn  er  sie 
auch   nicht   für  sonderlich  einfach  erklärt.     Auch  die  Töpfer^sche 
Methode,    die  Salzsäure   mit  Dimethylamidoazobenzol  nachzuweisen 
und  zu  bestimmen,  ist  durch  Frieden  wald  (Medical  Eecord,  April 6 )   Friedenwaid, 
und   durch  Strauss   (Deutsches  ArchiT   f.   klin.  Med.  Bd.  bo)  ge-      Stranss. 
prüft   und    brauchbar  gefunden   worden.     Im  ganzen  hat  sich,   wie 
aas   dem    wenigen  hervorgeht,    das  Interesse  an   dem  Studium  der 
Salzsäure  erschöpft.  Dagegen  wurden  die  Gährungssäuren,  namentlich 
die  Milchsäure    in  Bezug   auf  Nachweis,    Entstehung   und    dia-  Milchsiure, 
gnostische  Bedeutung  eingehender  gewürdigt.     Das  ausserordentlich       s^l'^* 
umständliche  Verfahren  von  Boas  habe  ich  bereits  im  vorigen  Jahre 
an   dieser  Stelle  eingehend  kritisirt,   die  wissenschaMichen  Grund- 
lagen desselben  werden  durch  die  Nachprüfungen  von  Seelig  (BerL 
klin.  Wochenschr.  Nr.  5)  wesentlich  erschüttert,  der  selbst  bei  An- 
wendung  absolut  alkohol£reien  Aethers  die  Beaction   unzuverlässig 
tand.     Ich  selbst  habe  (Deutsche   med.  Wochenschr.  Nr.  15  u.  16) 
nach   zahlreichen  ControUen   ebenfalls  den  Eindruck  gewonnen,   als 
ob  wir   mit  der  Uffelmann'schen  Reaction   sehr  gut  auskommen 
können,    wenn   wir  uns  daran  gewöhnen,    nur  das  Auftreten  einer 
Gelbgrün-  oder  Grünfärbung   als  verwerthbares  Kriterium  zu 
betrachten.     Ist  man  in  Betreff  der  Deutung  einer  Farbennüance  im 
Zweifel,  so  macht  man  eine  Aetherextraction ,  nach  Ansäuerung  des 
Piltrats  mit  Phosphorsäure ;  der  abgegossene  saure  Aether  wird  mit 
10 — 20  Tropfen  einer  dünnen  Eisenchloridlösung  (2  Tropfen  Liquor 
fern  sesquichlorati  gelöst  auf  50  g  Wasser)  versetzt  und  nun  nicht 
kräftig  geschüttelt,    wie   dies  früher  gerathen  worden  ist,    sondern 
vorsichtig  langsam  auf-   und  abgeschwenkt.     Gelbgrün-  oder  Grün- 
tarbung  unterhalb  der  Aetherschicht  ist  fiir  die  Anwesenheit   von 
Milchsäure  beweisend.  Graugelb-  oder  Gelbfarbimg  kann  durch  wenig 
Milchsäure   hervorgerufen  sein,    doch  geben   auch   andere   ätherlös- 
liche Stoffe,   z.  B.   Alkohol,   Essigsäure,    die  Beaction  mit  dieser 
Nuance  (Rosenheim).     Das  energische  Schütteln  bei  dieser  Mani- 
pulation  ist   deshalb  nicht  empfehlenswerth ,   weil  die  Grünfärbung 
<ies  Eeagens  im  überschüssigen  Aether  verloren  gehen  kann.    Auch 
eine  ungefähre  quantitative  Bestimmung  der  Milchsäure  kann  nach 
Strauss   (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  37)   mit  Hülfe  der  Aether-       strauss. 
extraction  und  des  Eisenchlorids  ermöglicht  werden,   wenn  man  in 
feiner  eigens   dazu   von  ihm  angegebenen   graduirten  Glasröhre  die 
Flüssigkeit  zweckentsprechend  verdünnt.    lieber  die  Entstehung  der 

Milchsäure  als  Gährungsproduct  sind  alle  Autoren  einig,  offen  blieb 
Jahrt)iich  der  practiflchen  Medicin.    1898.  13 


194  Rosenheim. 

nur  die  Frage,  ob  unter  ganz  bestimmten  Krankheitsbedingungen 
immer  die  gleichen  Bacterien  die  Ursache  der  abnormen  Fermen- 
tation sind.  Besonders  wurde  hier  auf  jene  langen,  winkelig 
gekrümmten  Bacillen  gefahndet,  denen  von  einzelnen  Autoren 
eine  gewisse  Specificität  zuerkannt  wurde,  ja  sie  sollten  sogar  nui^ 
bei  Carcinom  auftreten,  ihr  Vorhandensein  erhielt  also  diagnostische 

Milchsäure-  Bedeutung  (Oppler,  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5).   Die  in  Rede 
gahrnng,     aij^jj^n^jen  Parasiten  sind  mm  von  Kaufmann  und  Schlesinger 

Kauftnann  u.   (Wien.  klin.  Rundschau  Nr.  15)  imd  H.  Strauss  (Zeitschr.  f.  klin. 

Schlesinger,  jyj^jj  jß^  28)  in  Reincultur  gezüchtet  und  als  starke  Milchsäurebildner 
erkannt  worden.  Kaufmann  und  Schlesinger  stehen  nicht  an, 
für  diesen  Milchsäurebacülus  eine  Specificität  zu  construiren,  indem 
sie  ihn  als  Indicator  imd  wesentlichsten  Erreger  der  Milchsäure- 
gährung  ansprechen,  dessen  Constatirung  dem  chemischen  Nachweis 
der  Milchsäuregährung  diagnostisch  gleichwerthig  sei. 

Dass  in  allen  diesen  Schlussfolgerungen  weit  über  das  Ziel  hinaus- 

Rosenheim  u.  geschossen  wird,  haben  Rosenheim  imd  Richter  in  einer  aus- 
Richter,  fuhrlichen  Arbeit,  der  sie  eine  Züchtimg  der  Pilzflora  in  zahlreichen 
normalen  und  pathologischen  Mägen  zu  Grunde  legten,  dargethan.  Wir 
fanden,  dass  der  normale  Magen  ebenso  starke  Milchsäure- 
bildner  beherberg tj,  wie  sie  unter  pathologischen  Verhältnissen 
nachgewiesen  werden.  Die  Specificität  der  langen  Bacillen  fallt  in 
sich  zusammen,  da  uns  der  Nachweis  gelang,  dass  sie  auch  im  nicht 
carcinomatösen,  erweiterten  Organ  ausserordentlich  stark  wuchern 
und  Milchsäure  bilden  können.  Auch  fanden  wir  sie  gelegentlich 
in  salzsäurehaltigem  Magensaft.  Die  meisten  Milchsäurebildner  sind 
aber  auch  befähigt,  Gasgährung  und  Fäulnissprocesse  einzuleiten. 
Man  erkennt  also,  dass  es  durchaus  keiner  grossen  Multiplicität  von 
Mikrobenarten  benöthigt,  um  in  einem  Mageninhalte  die  mannich- 
fachsten  Zersetzungsvorgänge  hervorzurufen.  Welche  Art  von 
Gährungsprocessen  sich  abspielt,  hängt  weniger  von  der  Zahl  und 
Qualität  der  Erreger,  als  von  anderen  Momenten  ab,  unter  denen 
die  Zusammensetzung  des  Nährbodens  und  die  Acidität  von  der 
grössten  Bedeutung  sind.  So  erklärt  es  sich  auch,  dass  verhältniss- 
mässig  leicht  und  ohne  controllirbare  Ursache  bei  demselben  Indi- 
viduum die  Zersetzungsvorgänge  wechseln  können,  worauf  ich 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  15  u.  16)  besonders  hingewiesen 
habe.  Dass  das  Auftreten  der  Milchsäuregährung  kein  nur  dem 
Carcinom  zukommendes  specifisches  Zeichen  ist,  wie 
Boas,  Boas  will  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  9),  habe  ich  auf  Grund 
einer   einwandsfreien  Beobachtung  früher  dargethan  und  jetzt  neue 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane.  195 

ilerartige    hinzugefügt.     Durch   v.  Noorden  (Wiener  med.  Blätter    v.  Noorden, 
Xr.  6),  G.  Klemperer  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  14),  Bial  ^-  Klempercr, 
iBerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  6)  sind  dieselben  bestätigt  worden.  ' 

Eine  Untersuchung  von  Strauss   und  Bialacour   (Zeitschi-.     Strauss  u. 
f.  klin.  Med.  Bd.  28)  über  die  Abhängigkeit  der  Milchsäure-     Bial»co«r. 
gährung  vom  Salzsäuregehalt  des  Magensaftes  erweist  den 
bedeutenden   Einfluss,    den   auch   die   an  Eiweisskörper  gebundene 
Salzsäure  auf  die  Verhinderung  der  Milchsäuregährung  hat. 

Mit  Hülfe   der   complicirten  Methoden   der  genauen  Gasanalyse 
ist  nach  dem  Vorgang  von  G.  Hoppe-Seyler  die  Gasgährung 
im  menschlichen  Magen  von  E.  Wissel  (Zeitschr.  f.  physiol.     Sonstige 
(."hemie  Bd.  21)    studirt   worden.     Auch   er   findet,    dass   die   Gas-      Magen- 
gährung  durch  den  Salzsäuregehalt  wenig  oder  gar  nicht  beeinflusst       wissel, 
wird.    Je  weniger  atmosphärische  Luft  im  Magen  die  Analyse  nach- 
weist, um  so  mehr  Kohlensäure  und  Wasserstoff  treffen  wir  an,  die, 
in  erheblicheren  Mengen  vorhanden,   stets  der  Ausdruck  pathologi- 
j<cher  Fermentation  sind.   Das  Verhältniss  der  Intensität  der  Gähnmg 
zum  Grade  der  motorischen  Störung  ist  kein  constantes,  indem  starke 
Gährung    bei   geringer   motorischer   Insufficienz    vorkommen    kann. 
Erwähnung  verdient  noch,  dass  Sarcine  besonders  gern  da  sich  ent- 
wickelt, wo  wir  bei  Magengährung  viel  Wasserstoff  finden.    Schliess- 
lich soll  noch  einer  Arbeit  von  J.  Kaufmann  (Berl.  klin.  Wochen-  J.  Kaufmanu. 
Schrift  Nr.  6  u.  7)  Erwähnung  gethan  werden,  der  bei  einem  Falle 
von  Magensaftfluss  mit  leichter  Atonie  acht  verschiedene  Bacterien- 
formen   züchtete,    unter  denen   sich   ein   besonders  starker  Erreger 
von  Gasgährung  in  grossen  Mengen  befand. 

Eine  sehr  wenig  geübte,  auch  recht  schwierige  TJntersuchungs- 
methode,    die    aber  unter  Umständen   sehr  beweisende  Aufschlüsse 
über  das   anatomische  Verhalten   des  Magens  Eefem   kann,   ist  die 
Untersuchung    kleiner   Schleimhautstückchen,    die  wir 
gelegentlich  bei  Ausspülungen  und  Sondirungen  erhalten.    P.  Cohn-       Unter- 
heim (Archiv  f.  Verdauungskrankheiten  Bd.  1)   veröffentlicht  eine^^^JJ^"^  ^^^ 
grössere  Zahl  von  Untersuchungen,   die  er  an  solchen  Schleimhaut-      schieim- 
ßtückchen   gemacht   hat,    und   betent   mit  gutem   Grunde    die   dia-        haut- 

•  fltiickcliBU 

gnostische  Bedeutung,   die   einer   solchen  Prüfung,    wenn  sie  exact  p  cohnheim.' 
gemacht  wird,  nicht  bloss  für  die  Erkenntniss  des  Carcinoms,  son- 
<lem  auch  für   das  Studium  der  Schleimhautveränderungen  im  all- 
gemeinen zukommt. 

Da«  von  früheren  Arbeitern  behauptete  Vorkommen  einer  schlei- 
migen Degeneration   der   Drüsenzellen   bei  Gastritis  wird  von  ihm, 


J96  Rosenheim. 

Schleimige  ebenso  wie  dies  bereits  von  A.  Schmidt  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19) 
Degene-      geschehen  ist,  bestritten.  Während  aber  letzterer  das  Bild  durch  ein  Erhalten- 
^^M*^'^       sein   resp.   eine  Wucherung   der  normalerweise  im  Magen  vorkommenden 
schleimhant,  Schleimdrüsen  erklärt,  istCohnheim  der  Ansicht,  dass  diejenigen  Schläuche, 
A.  Schmidt,    welche  Stäbchensaumepithel-  und  Becherzellen  enthalten,  den  verlängerten 
Cohnheim.      ^j^^  erweiterten  Magengrübchen  entsprechen.    Diese  schleimige  Degeneration 
der  Vorraumschicht,  nicht  der  Drüsenzellen,   kommt  sowohl  bei   dem   ein- 
fachen  schleimigen  Katarrh ,    wie    bei    den   zur  Atrophie   führenden   Pro- 
cessen vor. 

Dass  man  beim  Sondiren  für  die  Diagnose  verwerthbare  Schleim- 
hautstückchen  im  Spülwasser  und  in  der  Sonde  gelegentlich  bei  jeder 
Art  von  Magenstörung  ündet,    zumal,    wenn   man  nicht  ganz  vor- 
sichtig  manipulirt,    ist   bekannt;    dass    dasselbe   bei  Tiefstand    des 
Pylorus   auch   einmal  aus  der  Pförtnergegend  aspirirt  werden 
kann,  lehrt  eine  Beobachtung  von  Ebstein  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
Ablösung    Nr.  4).     Nach  Einhorn   (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  20  u.  21) 
von  Schleim-  ^^y^r  kommen  Fälle  zur  Beobachtung,  wo  die  Abstossung  von  Schleim- 
stückchen   ^^^^  ganz  auffallend  leicht  und  häufig  vor  sich  geht.     Hier  besteht 
Ebstein,       also  eine  ausgesprochene  NeigungzurBildungvonErosionen; 
Einhorn.      ^^^    diesen   Elranken    treten   Abmagerung,    Gefühl   von   Schwäche, 
Schmerzen  auf,    die  nicht  sehr  intensiv  sind  und  gleich  nach  dem 
Essen,    unabhängig  von   der  Qualität  der  Nahrung   kommen.     Die 
Fetzen  wurden  regelmässig  Morgens  im  nüchternen  Magen  gefunden ; 
die  Schleimhaut  bot  gemeinhin  die  Erscheinungen  der  Gastritis  glan- 
dularis  chronica.     Erfolgreich   erwies   sich  die  Behandlung  mit  der 
Argentum  nitricum-Douche. 

Gegenstand  lebhafter  Discussion  ist  endlich  zur  Zeit  eine  Unter- 
suchungsmethode:  die  Magendurchleuchtung.    In  systematischer 
Magendarch- Weise  hat  Meltzing  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27)  das  Gastro- 
**M°itzi**°*^'   diaphan  zu  Untersuchungen  über  Grösse,  Lage  und  Beweglichkeit 
des  kranken  und  gesunden  menschlichen  Magens  verwandt.     Die  Er- 
gebnisse wurden  am  leeren  und  voUen  Magen,  im  Stehen  und  Liegen 
verglichen,  für  die  Grenzbestimmungen  erwies  sich  besonders  die  Ver- 
schiebung der  Lichtquelle,  das  „Wandemlassen^^  der  Lampe  vortheilhaft. 
Martins,       Als  B/esultate,  die  auch  Martins  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  7), 
unter  dessen  Leitung  Meltzing  arbeitete,  vertritt,  hebe  ich  hervor: 
1.  Beim  Gesunden  erreicht  der  leere  Magen  den  Nabel,  der  gefüllte 
reicht  noch  tiefer  bis  zu  einer  Linie,   die  die  höchsten  Punkte  der 
Grista  ilei  verbindet  (Ergebniss  bei  28  Gesunden).  2.  Die  untere  Grenze 
des  gefüllten  Magens  verschiebt  sich  beim  Aufstehen  des  Patienten 
zugleich  mit  der  unteren  Lebergrenze  imi  4 — 11  cm.    3.  Die  respira- 


KrBiikfaät«D  der  XeräManing^^Tgaaif, 


w 


torische  Verschiebbarkedt  ist  im  Li^^^aa  grcisser  ak  im  ST<.hۊD. 
4.  Nach  der  Anf^nng;  T^ergrösseit  sich  das  Lichibild  hiiu}»tsächlich 
nach  rechts.  5.  Von  der  gefundenen  Grosse  des  Magens  darf  ab- 
solut kein  Schloss  anf  die  motorische  Thatigkeit  des  Magtais  ge- 
macht 'werden,  da  sehr  grosse,  aber  vollkommt-n  nonnal  runcTio- 
nirende  Magen  beobachtet  sind.  6.  Bei  CArcinomen  half  die  Methode 
nor  den  Sitz  naher  besdnunen. 

Ob  die  Magendmnchleachtnng.  selbst  mit  allen  möglichen  Cautelen 
ansgefiihrt,  in  der  That  als  einwandsfineie  Methode  gelten  kann,  er> 
scheint  mir  doch  fraglich.  Den  Einwänden  von  E.  Meinert  lOentralbl.  Meiwjt* 
f.  innere  Med.  Xr.  441  und  E.  Langer h ans  (Wien.  med.  Blätter  Xr.  45)  Lau^nteas. 
biinTi  ich  mich  nnr  anschliessen.  Wasser,  Lofl,  Contenta  in  den 
Banchorganen,  der  Grad  der  Wölbtmg  der  Bauchhöhle  können  zweifel- 
los Fehlerquellen  bedingen,  die  manchmal  gering,  manchmal  be- 
trachtlich sein  dürften.  Für  mich  bleibt  das  souveräne  Verfahren 
zur  Feststellung  der  Lage  imd  Form  des  Magens  die  Aufblähung 
mit  Luft  oder  Kohlensäure. 


Die  Diagnose  speciell  der  Verlagerung  des  Magens,  der  Gastroptose, 
wird  auf  diesem  Wege  leicht  und  sicher.  Mit  diesem  Hiüfsmittel 
arbeitend  kam  E.  Meinert  (Sammlung  klin.  Vorträge  X.  F.  Xr.  115 
u.  1 16)  zu  dem  Resultat,  dass  die  Gastroptose  eine  regelmässigeBe- 
gleiterin  der  in  der  Pubertätszeit  erworbenen  Chlorose  auch 
bei  jimgen  Mädchen,  die  nicht  geboren  haben,  sei.  Dass  man  die  Ver- 
lagerung bei  schlanken,  magern,  besonders  in  letzter  Zeit  abgeinagei*tcn 
Frauen  häufig  findet,  muss  zugegeben  werden,  aber  von  einer  Constanz 
des  Symptoms  ist ,  namentlich  so  lange  das  Fettpolster  gut  erhalten 
bleibt,  sicher  keine  Rede,  eiae  Auffassung,  die  auch  K  e  1 1  i  n  g  ( Volk- 
maim^s  Sammlung  klin.  Vorträge  Xr.  126)  vertritt.  Dass  Meinert 
nebenbei  diese  von  ihm  diagnosticirte  Gastroptose  in  Verbindung  bringt 
mit  einer  Reizung  desjenigen  sjonpathischen  Centrums,  unter  deHson 
Einfluss  die  in  der  Milz  stattfindende  Hämoglobinbereitung  steht,  dass 
femer  die  Gastroptose  nach  ihm  die  der  Chlorose  zu  Grunde  liegende 
örtliche  Störung  ist,  sei  noch  erwähnt,  soll  aber  nicht  weiter  discutirt 
werden.  Eingehend  würdigt  auch  A.  Hub  er  (Con^espondenzbl.  f. 
Schweizer  Aerzte  Xr.  1)  von  einem  anderen  Standpunkte  die  Gastro- 
ptose und  macht  auf  das  überaus  häufige  Vorkommen  der  motori- 
schen Insufficienz  bei  der  Verlagerung  aufmerksam ;  ziemlich  oft 
findet  man  daneben  Subacidität.  Endlich  bringt  Fleiner  eine  zu- 
sammenfassende Darstellung  der  Beziehungen  der  Form-  und  Lage- 
veranderangen des  Magens  und  Dickdarms  zu  Functionsstörungen  und 


Gastro- 
ptose, 
Meinert, 


Kelling, 


HubcT. 


Fl#'ln«r 


1 98  Rosenheim. 

Gastro-      Erkrankungen  dieser  Organe  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  42 — 45). 

ptose.  Darin  sind  alle  Autoren  einig,  die  sich  mit  diesem  wichtigen  Gegen- 
stande beschäftigen,  dass  das  Schnüren  die  wichtigste  und  bedenk- 
lichste Ursache  dieser  Anomalieen  ist.  Unbestreitbar  ist  die  That- 
sache,  dass  die  Schnürung  eine  Verengerung  des  Magenlumens 
herbeiführt,  die  die  Vorwärtsbewegung  des  Ghymus  hemmt,  sich 
durch  Stenosengeräusche  (Kollern)  manifestirt  und  sich  durch  Magen- 
krämpfe, Ohnmächten  und  Aehnliches  äussern  kann.  Der  mechanischen 
Bewegungshemmung  entspricht  auch  häufig  ein  Schwächezustand  der 
Drüsenfunction ,  der  durchaus  nicht  rein  nervöser  Natur  zu  sein 
braucht,  wenn  auch  Störungen  des  Nervensystems  durch  den  Druck 
imd  die  Zerrungen,  oder  indirect  durch  Blutveränderungen  ver- 
anlasst, hier  ebenso  häufig  und  ebenso  mannichfaltig  auftreten,  wie 
bei  Verlagerungen  der  Gebärmutter. 

Klinisches  Interesse  haben  des  weiteren  noch  einige  Ausfiih- 

Traama-     rungen  von  Ebstein  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  über 

tisches      ^g   Beziehungen    zwischen    Trauma  und    Magenerkran- 
Magen-  •    n  •  P 

geschwür,  kung.  Der  Einfluss  emes  Traumas  auf  die  Entstehung  eines  Ulcus 
Ebstein.  wird  durch  neue  gute  Beobachtungen  sichergestellt.  Nicht  bloss 
directe  Verletzungen  der  Magengegend  können  eine  Ulceration  von 
dem  klinischen  Charakter  des  runden  Magengeschwürs  zur  Folge 
haben,  sondern  auch  Verletzungen,  die  andere  Körpertheile  treffen, 
ziehen  den  Magen  in  Mitleidenschaft  oder  schädigen  ihn  allein.  In 
gleichem  Sinne  wirken  auch  aussergewöhnliche  körperliche  An- 
strengungen, indem  sie  Magenblutungen  und  Ulcusbildung  nach  sich 
ziehen.  Dass  nicht  jede  Hämorrhagie  nothwendig  ein  Ulcus  zur 
Voraussetzung  hat,  ist  allgemein  anerkannt.  Dass  dieselbe  gelegent- 
lich auch,  ohne  dass  anatomische  Veränderungen  an  dem  Organ  vor- 
liegen, zu  Stande  kommt,  wird  lange  nicht  genug  gewürdigt.  Zu- 
Magen- dem  ist,  wie  L,  Kuttner  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  7 — 9)  mit  Recht 
biutang,  hervorhebt,  Magenblutung  häufiger  als  Bluterbrechen  und  wird 
meist  nicht  genug  beachtet.  Magenblutungen  treten  öfter  periodisch 
im  Zusammenhange  mit  der  Menstruation  und  deren  Anomalieen  auf, 
dieselben  werden  am  besten'menstruelle  Magenblutungen  ge- 
nannt. Die  bei  Amenorrhoe  auftretenden  periodischen  Magen- 
blutungen stehen  in  einem  gastrischen  Zusammenhang  mit  dieser 
Menstruationsanomalie,  sind  aber  nicht  als  vicariirend  in  dem  Sinne 
aufzufassen,  als  ob  die  Magenblutung  den  physiologischen  Vorgang 
der  Menstruation  ersetzen  könnte.  Die  bei  Ulcus  ventriculi  auftreten- 
den Magenblutimgen  halten  zuweilen  auch  den  Menstruationstermiu 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane. 


199 


inne.  Menstraelle  Magenblutimgen  legen  den  Verdacht  auf  das  Vor- 
handensein eines  latenten  Ulcus  ventriculi  nahe.  Im  gegebenen  Falle 
ist  die  Durchfuhrung  einer  typischen  Leube'schen  Ruhecur  an- 
gezeigt, die  Erfolglosigkeit  derselben  spricht  gegen  Magengeschwäre. 

Von  Belang  sind  dann  noch  einige  Ausfuhrungen  von  C.  Nau-  NykotiBcL 
werck  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  38  u.  39)  über  den  myko-   P«Pti8ches 
tischen  Ursprung  des  peptischen  Magengeschwürs,  der   geachwür, 
früher  ebenso  entschieden  behauptet,  als  in  letzter  Zeit  angefochten     Nanwerck. 
worden   ist.     Für  die  Entstehung  des  Ulcus   auf  infectiösem  Wege 
von  der  Schleimhautoberfläche  her  spricht  auch  thatsachlich  nichts. 
Dagegen  gibt  es  hämorrhagische  Erosionen,  die  als  vom  Blut  her  ge- 
setzte  mykotische  Nekrosen   der  Schleimhaut  beginnen,   aus  denen, 
wenn  auch  seltener,  echte  Geschwüre  hervorgehen  können.  Bei  diesen 
Erosionen    ist  Blutaustritt   ein   nachfolgender    Vorgang   von   unter- 
geordneter Bedeutimg,   von  sehr  wesentlicher   aber  ist  die  hyaline 
Thrombose,  die  man  hier  wie  auch  sonst  bei  ulcerösen  Processen  am 
Magen    oft    genug    findet    und    die    Gefässverschluss,    Circulations- 
störung,   Andauung  des  Gewebes   durch  den  Magensaft  nach   sich 
zieht.    Diese  mykotisch-toxische  Genese  des  Ulcus  kommt  in  Be- 
tracht bei  Sepsis,   Polyarthritis  rheumatica,  vielleicht  auch  Tuber- 
culose  und  anderen  Infectionskrankheiten. 


Ueber  Neurosen  gastrischen  Ursprungs,  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  Tetanie  und  ähnlicher 
Kramp  fan  fälle  handelt  Fl  ein  er  ausführlich  (Archiv  f.  Ver- 
daaungskrankheiten  Bd.  1).  Neurosen  des  Vagus,  Sympathicus  und 
sensibler  peripherer  Nerven  im  Gefolge  von  Magenkrankheiten  werden 
oft  genug  beobachtet.  Die  häufigsten  Formen,  in  denen  die  nervöse 
Reaction  sich  geltend  macht,  sind  wohl  dorsolumbare  Intercostal- 
neoralgieen  und  Migräne.  Bei  geeigneter  Disposition  begegnen  wir 
auch  Psychosen  gastrischen  Urspnmgs:  Angst,  hypochondrische 
Wahnideen,  auch  haUucinatorische  Verwirrtheit  können  im  An- 
Bchluss  an  Erkrankungen  des  Magens  und  mit  diesen  zusammen- 
hängende Ernährungsstörungen  auftreten.  Sehr  viel  seltener  sind 
motorische  Neurosen,  Krämpfe  tind  Lähmungen,  doch  gehen  letztere 
wohl  nur  indirect  vom  Magen  aus  und  sind  von  spinalen  Verände- 
rungen abhängig.  Zu  den  Krämpfen  gehören  der  chronische  Zwerch- 
feUkrampf,  der  Singultus  infolge  Erregung  des  Phrenicus,  femer  der 
viel  bestrittene  Magenhusten  infolge  reflectorischen  Krampfes  in  den 
£x8pirationsmuskeln.  Endlich  gehören  hierher  die  convulsivi- 
Bchen  Anfälle  verschiedener  Art,  die  unter  dem  Namen  Tetanie 


Magen- 

nearoseii, 

Fleiner. 


200  Rosenheim. 

Magen-  iirthümlich  bisher  zusammengefasst  wurden,  die  aber  sehr  verschieden- 
neurosen,  artigen  Charakter  haben  können;  bald  haben  sie  mehr  Aehnlichkeit 
mit  echter  Tetanie,  bald  sind  sie  starrki*ampfartig,  bald  epileptiform, 
bald  ist  das  Bewusstsein  getrübt,  bald  ganz  zum  Schwinden  ge- 
bracht, bald  frei.  Neurosen  können  vom  Magen  her  einfach  durch 
Reflexwirkung  und  Irradiation  zu  Stande  kommen,  indem  die  Nerven 
die  Vermittelung  übernehmen,  häufig  entstehen  Neurosen  aber  auch 
auf  dem  Wege  der  Blutbahn,  und  zwar  dadurch,  dass  Producte 
abnormer  Fermentationen  und  Umsetzungen  im  Magen  durch  Re- 
sorption ins  Blut  gelangen  und  auf  die  Zusammensetzung  desselben, 
auf  die  Ernährung  der  Gewebe  nachtheilig  einwirken  und  allgemeine 
oder  nur  auf  geschwächte  oder  weniger  widerstandsfähige  Gewebe 
des  centralen  oder  peripheren  Nervensystems  beschränkte  toxische 
Wirkungen  entfalten.  Diese  schweren  Convulsionen  sind  Fleiner 
mehrfach  (vier  Fälle)  vorgekommen,  er  hat  sie  aber  nicht  bloss  bei 
den  durch  Magensaftäuss  ausgezeichneten  Ektasieen,  sondern  auch 
bei  einfacher  secundärer  Magenerweiterung  mit  Subacidität  beobachtet. 
Die  in  einem  Falle  angestellten  Versuche,  ein  Krampfgifb  aus  dem 
Mageninhalt  zu  isoliren,  schlugen  fehl.  Die  Erfahrungen,  die  Fleiner 
bei  der  Behandlung  dieser  Zustände  gemacht  hat,  veranlassen  ihn, 
wo  wirkliche  Tetanie  vorliegt,  oder  am  Nervensystem,  im  Urin,  am 
Herzen  oder  sonstwo  Zeichen  nachweisbar  sind,  welche  wie  das 
Faciaüs-  und  das  Trousseau'sche  Phänomen,  die  Albuminurie  und 
gesteigerte  Toxicität  des  Harns,  comatöse  Zustände,  Delirien  u.  dergl. 
als  Autointoxicationsphänomene  gedeutet  werden  müssen,  von  einem 
operativen  Eingriff  abzurathen.  Einem  vergifteten  Körper 
kann  eben  eine  Operation  seiner  Ansicht  nach  nichts  nützen,  sie  be- 
schleunigt zusammen  mit  der  Narkose,  wie  eine  Beobachtung  lehrte, 
den  tödtlichen  Ausgang.  In  solchen  Fällen  soU  man  versuchen,  aus 
dem  Körper  durch  Auswaschungen  des  Magens  und  besonders  auch  des 
Dickdarms  mit  grossen  Wassereinläufen,  die  ins  Blut  gelangen,  die 
Giftstoffe  zu  entfernen.  Nach  der  Entgiftung  dürfte  eine  Operation 
bessere  Chancen  gewähren. 

Aktino-  Als  erwähnenswerthe  Raritäten,   die   nicht    ohne  klinisches    Interesse 

mykose  des  sind,   hebe   ich    einen    Fall  von   Aktinomykose    des   Magens   hen^or, 
^^cfu"^'      über  den  A.  Grill  (Beiträge  zur  kUn.  Chirurgie  Bd.  13)   berichtet;    femer 
den  Befund  eines  papillären,   in    das  Duodenum  herabgestiegenen  Fibro- 
adenoms des  Pylorus  bei  einer  70jährigen  Frau  —  der  Tumor  war  2  cm 
I-'  «1      breit,  11  cm  lang  — ,  das  Cl.  Calzavora  (Virch.  Arch.  Bd.  141)  beschreibt: 
des  Pylorus,  ^^^1^^^   ^^^  ^^  dem  Ductus  Wirsungianus  communicirendes  Tractions- 
Calzavora.      diver  tikel  des  Magens.    Letzteres  fand  H.  He  übel  (Deutsches  Arch.  f. 


Krankheiten  der  Verdauongsorgane. 


201 


klin.  Med.  Bd.  55)  1  cm  lang,   entstanden   durch  Entzündongsvorgänge  im    Traetions- 
Pänkreas,  die  die  Hinterwand,  resp.  kleine  Curvatur  des  Magens  angriffen    div^'tikcl. 
and  bei  der  Schrumpfung  anszogen.   Eine  solche  Bildung  L<t  bereit«}  früher 
von  Tilger  (Virchow's  Arch.  Bd.  133)  von   der  GaUenbliVse  ausgehend  ge- 
sehen worden.     Endlich  verdient  hier  der  intere^ante  Fall  von  K.  Hirsch 
iVirchow's  Arch.  Bd.  140),    der    einen   höchst  wahrscheinlich   congenitaleii 


Hrubel, 

Tilger. 
Sandnhr- 


Sanduhrmagen  betrifft,  einen  besonderen  EUnweis. 


magen, 
Hirsch. 


Ich  schliesse  diesen  Abschnitt  mit  einer  Besprechung  derjen igen  chirurgische 
Arbeiten,  die  therapeutischen  Zwecken  huldigen.     Ich  selbst  Behandlung 
habe  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1 — 3)   eine,   wie  ich  gla^t^e,  ,^^^^1^1,^1^^^ 
erschöpfende   Darstellung   vom   Stande   der   chirurgischen   Be-    Ro6enheim, 
handlung  der  Magenkrankheiten  gebracht.    Meine  Stellung- 
nahme war   begründet  auf  Erfahrungen,   die  ich  an  einem  grossen 
Material    zu   machen   Gelegenheit   hatte.      7mal  wurde   wegen   des 
Krebses  resecirt,  3  von  diesen  Kranken  starben  infolge  der  Opera- 
tion ,   die   4  anderen   genasen ,   2  davon  blieben  dauernd  recidivfrei, 
1  Patientin  ist  es  bereits  5  Jahre.    8mal  wurde  wegen  Pyloruskrebs 
die  Gastroenterostomie  gemacht;    von  diesen  Kranken,   obgleich  es 
sich  ausnahmslos  um  vorgeschrittene  Pälle  handelte,  starb  keiner  an 
der  Operation,  vielmehr  erholten  sie  sich  alle  erheblich,  wurden  fast 
beschwerdefrei,  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  war  die  Lebensverlänge- 
rung  unzweifelhaft,   eine  meiner  Kranken  lebt  heute,   fast  2  Jahre 
nach  der  Operation  immer  noch.     Bei  gutartiger  Narbenstenose  ist 
der  overative  Eingriff  dringend    zu   empfehlen,   wie   überhaupt  bei 
jeder  motorischen  Insufficienz  und  Ektasi e,  unabhängig  von  der 
QualitätdesGrundleidens,  wenn  die  Heilpotenzen  der  inneren 
Medicin,  insbesondere  die  Ausspülungen  keine  functionelle  Besserung 
herbeifuhren,   vor  allem   die   Unterernährung   nicht  beseitigen. 
Dann  können  auch  Perigastritis  und  immer  wiederkehrende  Blutungen 
die  Indication  zum  operativen  Eingriff  abgeben.    Das  souveräne  Ver- 
fahren ist  in  allen  diesen  Fällen  die  Gastroenterostomie.     Im 
Anschluss  an  meinen  Vortrag  befürwortet  Pariser  (Deutsche  med.       Pariser, 
Wochenschr.  Nr.  28)  die  Ausführung  der  Laparotomie  innerhalb  der 
ersten  20  Stunden  nach  Perforation  eines  Ulcus.    Die  Resul- 
tate sind  namentlich  nach  den  in  England  gemachten  Erfahrungen 
nicht  ungünstig ;  Spontanheilung  ist  nur  zu  erwarten,  wo  der  Magen 
bei  der  Katasti'ophe   leer  ist.     Ermuthigend  sind  auch  die  Mitthei- 
Inngen  über  die  Resultate,  die  von  Kocher  (Deutsche  med.  Wochen-       Kocher, 
Schrift  Nr.  16—18)  und  Mikulicz  (Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51),      Mikulicz, 
der  z.  B.  bei  10  Resectionen  wegen  Carcinom  in  den  letzten  Jahren 
nur  einen   Todesfall  hatte,   für  die  operative  Behandlung  des  Gar- 


202  Rosenheim. 

ein  0  ms  ins   Feld  geführt  werden.     Die  guten  Erfolge  der  Gastro - 
chirur-      enterostomie  veranschaulicht  auch  eine  Mittheilung  von  v.  Hacker 

_    •         ■ 

gißcne       (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  25  u.  26).    Statistisches  vom  chinir- 
Behandlung     .  ^        ,  .  J 

der  Magen-   gischen  Standpunkte   trägt  in   erschöpfender  Weise  Haberkraiit 

krankheiten,  zusammen  (Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51).     Ausser  mir  haben  vom 
Haberkraat     Standpunkte  des  inneren  Klinikers  Talma  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
Talma,   '    Nr.  25  u.  26)   und   Cahn   (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  28)   liir 
Cahn,        ^Jq  operative  Behandlung  der  Magenkrankheiten  Indicationen  auf- 
gestellt, die  sich  im  wesentlichen  mit  meinen  Anschauungen  decken. 
Dass  die  functionellen  Resultate ,  die  die  Chirurgen  erzielen,  wenig- 
stens bei  der  Besection  und  Gastroenterostomie  vortreffliche   sind, 
ist  durch  genaue  Beobachtungen  sichergestellt  und  wird  in  einer 
Mintz.        Abhandlung  von  Mintz    (Wiener   klin.   Wochenschr.   Nr.  18 — 20) 
nach  jeder  Eichtung  hin  in  erschöpfender  Weise  dargelegt. 

Ein  wichtiges,   lange  nicht  genug  gewürdigtes  Hülfsmittel  zur 
Herstellung  unserer  Magenkranken  ist  zweifellos  die  Ausschaltung 
der  Speisezufuhr  vom  Munde  h e r  und  die  consequente  Durch- 
Mastdarm-   führung  der  Ernährung  vom  Mastdarm  aus.    Schlesinger  (Wiener 

ernfthrung,  jj-j^   Wochenschr.  Nr.  19—21)   redet  diesem  Verfahren  wieder  ein- 
Schlesinger.       .      .  . 

dringlichst  das  Wort,  namentlich  wo   es  sich  um  die  Beseitigung 

einer    motorischen   Insufficienz    massigen   Grades    oder   um 

schwere  Beizzustände  des  Organs  handelt.    Als  Bereicherung  unseres 

Magen-      therapeutischen  Apparates  ist  ein  von  He  mm  et  er  (New  York  med. 

douche,      Journal,   30.  März)   construirter  Schlauch  zu  erwähnen,   der  es  er- 
Hemmeter. 

möglicht,  unter  permanentemZufluss  den  Magen  auszuwaschen. 

Der  Schlauch  besteht  aus  Kanälen,  von  denen  der  die  Flüssigkeit 
zuführende  enger  ist;  er  kann  mit  geringer  Modification  auch  für 
den  Mastdarm  verwendet  werden:  hier  macht  man  die  Durchspü- 
lung in  Knieellenbogenlage.  Zur  Bekämpfung  der  sauren  Dys- 
Kau-        pepsie   empfiehlt  J.  Bergmann   (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  6) 

tabietten.    Kauenlassen   harter  Brodrinde   oder  feiner  Kautabletten,   die  Rad. 
J«  Bergmann» 

Zingib. ,    Magn.   usta   und  Aehnliches  enthalten.     Er  meint,    dass 

Neutralisirung  des  Magensaftes  den  Effect  hervorrufe. 

Endlich  soll  hier  noch  eine  Behandlungsmethode,  nämlich  die 
elektrische,  deren  Werth  vielfach  strittig  ist,  gewürdigt  werden. 
Elektrische  Ich  habe  durch  Brock  (Therap.  Monatsh.,  Juni)  an  einem  grösseren 
Behandlang,  Krankenmaterial  Versuche  über  den  Nutzen  der  inneren  Galvani- 
sation des  Magens  und  Darms  anstellen  lassen.  Die  gemachten  Er- 
fahrungen dürften  wolil  um  deshalb  einige  Geltung  haben,  als  es 
sich  durchgängig  um  eingewurzelte  Uebel  handelte  und  weil  wir  nur 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  203 

diese  eine  Heilpotenz  wirken  liessen,  während  wir  von  jeder  anderen 
medicamentösen  und  mechanischen  Behandlung  Abstand  nahmen. 
Es  scheint  uns  unbezweifelbar,  dass  auf  diesem  Wege  störende  sen- 
sible Reizerscheinungen  des  Magens  beseitigt  werden  können.  Ebenso 
erwies  sich  die  Galvanisation  des  Mastdarms  in  verschiedenen  Fällen 
ausserordentlich  nützlich  zur  Bekämpfung  der  Darmatonie.  Dass 
namentlich  schwache  Endogalvanisation  Magenschmerz  bei  Neurosen 
und  organischen  Affectionen  zu  mildem  im  Stande  ist,  betont  auch 
E.  Goldschmidt  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  56),  dagegen e.  Goldschmidt, 
findet  er,  dass  die  directe  Faradisation  und  Galvanisation  des  Magens 
auch  bei  starken  Strömen  (15 — 25  M.-A.)  auf  die  motorische  Thätig- 
keit  des  Organs,  wenn  überhaupt,  nur  unbedeutenden  imd  incon- 
stanten,  auf  die  secretorische  aber  gar  keinen  Einfluss  hat.  Die  Re- 
sultate decken  sich  mit  Beobachtungen  von  Meltzer  (Centralbl.  f.  Meltzer. 
Physiologie  Bd.  9,  Nr.  8),  der  an  Thieren  den  Einfluss  des  faradi- 
schen Stromes  auf  Magen  und  Darm  prüfte.  Es  zeigte  sich  ihm, 
dass  die  Schleimhaut  des  Verdauungskanals  und  speciell 
die  des  Magens  dem  Durchtritt  des  Stromes  einenausser- 
ordentlichen  Widerstand  entgegensetzt,  der,  wenn 
man  von  der  Serosa  aus  die  Muscularis  reizt,  vergleichsweise  nur 
geringfügig  erscheint.  Die  therapeutische  Erwartung,  dass  bei  der 
percutanen  resp.  inneren  Faradisirung  der  Magen  imd  Darm  zur 
Contraction  gebracht  werde,  scheint  Meltzer  somit  unbegründet 
zu  sein. 

ۥ  Darm. 

Bei  der  Besprechung  der  letzten  Arbeiten  haben  wir  bereits  das 
Gebiet  der  Darmkrankheiten  berührt,  und  zwar  haben  wir  wich- 
tige theoretische  Fragen  gestreift.  Wir  nehmen  auch  noch  einige 
andere  hierher  gehörige  Publicationen  von  nicht  unmittelbar  prac- 
tisch-klinischem  Interesse,  die  mehr  anatomische  imd  physiologische 
Probleme  behandeln,  vorweg.  Die  ausserordentlich  wichtige  Frage, 
die  durch  die  Untersuchungen  von  Grützner  angeregt  war,  ob  und 
inwieweit  durch  die  Einwirkung  von  Kochsalz  auf  die  Darm- 
schleimhaut eine  Antiperistaltik  hervorgerufen  wird, 
die  eine  Beförderung  kleinster  Nahrungspartikelchen  vom  Mastdarm 
bis  in  den  Magen  hinein  ermöglicht,  wird  von  verschiedenen  Seiten 
experimentell   geprüft.    Christomanos    (Wiener  klin.  Eundschau        Anti- 

Nr.  12  u.  13)  findet  im  Gegensatz  zu  Grüt'zner,  wenn  er  das  Auf-  Peristaltik, 

.  .  Chnstomanos. 

lecken   von.  Darminhalt  bei  den  Thieren  unmöglich  machen  konnte, 

dass   die  Hinaufwanderung   von  Kohle,   Lycopodium  u.  a.   über  die 


204  Rosenheim. 

Bauhin'sche  Klappe  hinaus  kaum  je  zu  Stande  komme,  von  einer 
Hinauf befbrderung  aber  von  Mastdarminhalt  durch  einen  Bandstrom 
bis  in  den  Magen  gar  keine  Rede  sein  könne.  Der  Widerspruch 
Anti-  zwischen  Grützner  und  Christomanos  veranlasste  Swiezinsky 
Peristaltik,  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  32)  zu  einer  Nachprüfung  bei  Ein- 
haltung aller  möglichen  Cautelen.  Er  kommt  bei  seinen  Versuchen 
zu  der  Ueberzeugung ,  dass  das  ins  Bectum  des  Menschen  oder 
Hundes  eingeführte  Lycopodium  zum  Theil  aufwärts  bis  in  den 
Magen  wandert;  wahrscheinlich  ist  es,  dass  in  der  That  das  Koch- 
salz die  dabei  in  Betracht  kommende  Antiperistaltik  hervorruft. 
Danber.  Ebenso  entschieden  aber  bestreitet  D  a  u  b  e  r  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  34)  eine  derartige  Wirkung  der  Kochsalzklystiere.  Die 
Resultate,  die  Grützner  erzielt  hat,  erklärt  er  dadurch,  dass  Kly- 
stierbestandtheile  bei  den  Thieren  per  os  in  den  Magen  und  Dünn- 
darm kommen,  er  hält  es  jedenfalls  für  unmöglich,  wenn  nicht  ab- 
norme Verhältnisse  mitspielen,  dass  Klystiere  und  darin  suspendirte 
Körperchen  die  Ileocöcalklappe  nach  oben  überschreiten. 

• 

Mastdarm-  Eine  der  eben  besprochenen  verwandte  Frage  berührt  Posner 

"'poraei''"'  (Verhandl.  d.  13.  Congi-esses  f.  innere  Med.).  Er  betont,  dass  bei 
der  Resorption  vom  Mastdarm  aus  nicht  rein  mechanische 
oder  physikalische,  sondern  vitale  Vorgänge  im  Spiele  sind.  Bei 
Verschluss  des  Mastdarms  wandern  Bacterien  in  den  Kreislauf  ein, 
aber  chemische  KörjDer  werden  auch  vom  normalen  Organ  aus  ge- 
meinhin rasch  und  vollständig  resorbirt. 

Innervation,  Untersuchungen  über  Darminnervation   veröffentlicht  Pal  (Wiener 

^*^*  klin.  Wochenschr.  Nr.  29  u.  80).     Es  wird  nach  dem  gegenwärtigen  Stande 

der  Litteratur  angenommen,  dass  der  Vagus  den  Magen,  den  Dünndarm 
und  das  obere  Drittel  des  Colon  innei-vire.  Seine  Experimente  haben  nun- 
mehr gelehrt,  dass  nach  Durchschneidung  der  Splanchnici  luid  der  Aus- 
schaltung des  unteren  Brust-  und  des  Lendenmarkes  durch  Reizung  des 
Vagus  Bewegungserscheinimgen  im  ganzen  Colon  und  Rectum  ausgelöst 
werden  können.  Diese  Reaction  tritt  erst  nach  langer  Latenz  ein.  Sie 
erfolgt  in  dem  gleichen  Sinne  wie  die,  welche  Fellner  bei  Reizung  des 
Plexus  hypogastricus  beschrieben  hat,  d.  h.  als  Verengerung  und  Verkürzung 
des  untersten  Dannstückes.  Der  Erfolg  ist  deutlicher,  wenn  das  Rectum 
gefüllt  ist.  Die  Bahn  dieses  Reizes  dürfte  der  Verbindungsfaden  sein,  der 
vom  Vagus  zum  Ganglion  coeliacum  zieht,  aus  welchem  der  Plexus  hypo- 
gastricus hervorgeht,  der  tlie  Fasern  für  das  Rectum  führt..  Jedenfalls  ist 
aber  der  Vagus  der  bewegende  Nerv  für  den  gesammten  Darm- 
tract. 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane.  205 

Von  anatomischem  Interesse  ist  ein  Beitrag  zur  Kenntniss  der 
Länge  des  menschlichen  Darms  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurgie 
B<L  44).  den  Dreike  g^bt.  Er  findet,  dass  der  Dickdarm  im  Yerhältniss  Darmlänge, 
zum  Dfinndarm  beim  Erwachsenen  länger  ist ,  als  bei  Kindern ,  die  einen  Dreike. 
relativ  längeren  Darm  als  Erwachsene  haben.  Pathologische  Veränderungen 
diu  Darm  bewirken  bei  Kindern  eine  bedeutende  Verlängerung  des  Or- 
^T^kn»:  Phthisiker  und  an  mara-stischen  Zuständen  Gestorbene  haben  einen 
relativ  kurzen  Darm. 

Die  Untersuchungsmethoden  des  Darms,  speciell  die  physi- 
kalische, bespricht  Obrastzow  (Arch.  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  1)        Physi- 
ausfuhrlich  und  zwar  mehr  in  der  Form  eines  klinischen  Vortrages,     kalische 
dessen    zahlreiche   Einzelheiten    hier    schwer    wiederzugeben  sind,      guchnng 
AehnUches  gilt  von  der  Mittheilung  Müller's  (Berl.  klin.  Wochen-    des  Darms, 
Schrift  Nr.  13);   doch  hebe  ich  hier  einen  Punkt,   der  mir  wichtig     S^'^^^' 
erscheint,  hervor:  er  bezieht  sich  auf  das  Auftreten  einer  Dämpfung 
in  der  Blasengegend,  bedingt  durch  collabirte,  nach  abwärts  ge- 
drängte Darmschlingen;   natürlich   kann  auch  Blasenfüllung   die 
Dämpfung  hervorrufen,  doch  gehören  dazu  wohl  500  ccm  Flüssigkeit, 
and  zwar  bei  Männern  etwas  weniger.    Der  Nachweis  von  Flüssig- 
keit im  Abdomen  gelingt  bei  Kindern  sicher  erst  bei  200  ccm,   bei 
Erwachsenen  bei  1500  ccm  Masse.  —  Zur  Besichtigung  des  Mast- 
darms bis  in  die  Flexura  sigmoidea  hinein  verdient  das  Vor- 
gehen von  H.  A.  Kelly  (Annals  of  Surgerj»-,  April)  die  grösste  Be-      Prokto- 
achtnng.    Nach  Entleerung  des  Rectums  wird  der  Kranke  in  Knie-      ^^°,^^®' 
ellenbogenlage  gebracht,  und  man  fuhrt  dann  ein  cylindrisches  Spe- 
culum  ein,  das  mit  einem  Obturator  versehen  ist.    Nach  Entfernung 
des  Obtorators  dehnt  man  das  vorliegende  Organstück  durch  Luft 
ans  und  kann  nun  den  Theil  inspiciren.   Das  längste  so  eingeführte 
Speculum,  das  bis  in  die  Flexura  sigmoidea  hinaufreicht,  ist  35  cm  lang, 
der  Durchmesser   beträgt  22  mm.     Zur  Reinigung  der  Schleimhaut 
hält  man   Wattebäusche   und   Cüretten  bereit.     Die   diagnostischen 
Hesultate  sollen  recht  befriedigend  sein. 

Schliesslich  will  ich  noch  einen  Artikel  über  den  diagnostischen 
Werth  der  Kothuntersuchung  von  J.  Kaufmann  (New  Yorker  Kothunter- 
med.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  11)  erwähnen,  der  in  Anlehnung  an  die     ■««'»^ng» 
neueren   deutschen    Lehrbücher   über  Darmkrankheiten    ausführlich 

« 

über  den  Gegenstand  handelt. 

Indem  wir  nun  zu  den  rein  klinischen  Arbeiten  übergehen, 
nehmen  wir  eine  Mittheilung  von  K ellin g  (Arch.  f  Verdauungs- 
faimkheiten  Bd.  1)  vorweg. 


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Krankheiten  der  Yerdanongsoi^gane.  207 

Schüttelfrost,  Fieber,  Erbrechen,  Durchfall,  hefidge  Schmerzen  ver- 
räth.    Wenn  nun  auch  das  Yorkonunen  dieser  beiden  eben  charak- 
rerisirten  Tj-pen   zugestanden    werden  darf,   so  scheinen  mir  mittel- 
-tchwere  Fälle,   die  Uebergangsformen  darstellen,  fast  ebenso  häufig 
'a  sein,    und   gerade  deren  Beurtheilung  bietet   grosse  Schwierig- 
•^iten.    Gerade  für  diese  Fälle  gilt  die  Unsicherheit  der  Prognose, 
•rade  hier   besteht  die  Schwierigkeit  zu  sagen,   ob  und  wann  der 
^rative   Eingriff  am  Platze   ist.     Mit   irgend   welcher  Sicherheit 
nnen  wir  den  Moment,  in  welchem  sich  eine  localisirte  Entzündung 
oder  um  den  Wurmfortsatz  verallgemeinem  wird,   nicht  fijoren. 
.  einer  plötzlich  acut  verlaufenden  oder  beginnenden  Appendicitis 
es  in  den  ersten  Tagen  häufig  unmöglich  zu  entscheiden,  ob  es 
Begrenzung  des  Processes  oder  zu  einer  allgemeinen  Peritonitis 
inen  wird,  wie  dies  auch  Kammerer  jüngst  (New  Yorker  med.     KMnmcrer. 
itsschr.  Nr.  7)  mit  Recht  betont  hat.     Unter  diesen  Umständen 
nd  bleibt  die  scharfe  Indicationsstellung  fär  den  operativen  Ein- 
bei   der   Perityphlitis   ein   fronmier   Wunsch.     Diesen  zweifel- 
II  Fällen  gegenüber  ninmit  der  chirurgische  Correferent  Helfe- 
den  Standpunkt  ein,    „es   ist   besser,   sich  nachher  sagen  zu 
n,   vielleicht  wäre   der  Patient  auch   ohne  Operation  gesund 
den",   als    „durch  Operation  wäre   der  Kranke  zu  retten  ge- 
**.      Nimmt  man   an,    dass   durch  das  chirurgische  Yorgehen 
(refahr  heraufbeschworen  wird,  so  ist  diese  Auffassung  gewiss 
+igt,  aber  als  ganz  gefahrlos  kann  man  den  Eingriff  der  Ope- 
ln kritischen  Fällen  nicht  ansehen.     Immerhin  zeigt  sich  be- 
M  gewissen  Punkten  eine  erfreuliche  Uebereinstimmung  in  der 
•tionsstellung  zwischen  inneren  und  chirurgischen  Klinikern . 
•r  von  Sahli  aufgestellten  Gesichtspunkte  zeigen  die  sich  voll- 
'i  Annäherung  imd  verdienen  als  gut  begründete  zum  Schluss 
ehoben   zu  werden.     Er   empfiehlt   für  die  ersten  Tage  der 
i-it  Ruhe  und  Opium,   vollkommene  Abstinenz  der  Nahrung, 
th  3,  längstens  nach  8  Tagen  die  Affection  nicht  ganz  erheblich 
so  ist  unbedingt  der  operative  Eingriff,  Entleerung  des  Eiters, 
Lüg   des   Wurmfortsatzes    etc.,   vorzunehmen.     Als    weitere 
•nen  zur  Operation  gibt  er  zweitens  an:  anhaltendes  Fieber 
ättelfröste  gleich  im  Beginn  der  Krankheit;  drittens  W^ider- 
.  von  Fieber  und  Schmerzen  nach  anfänglich  scheinbar  be- 
v'erlauf ;   viertens  nachträgliche  Verschwärung  des  W^unn- 
,  selbst   wenn  spontane   Entleerungen   des   Eiters  in  den 
.  stattgefimden  haben, 
.nerkwürdige  imd  unerklärte  Verbindung  von  Appendi- 


208 


Rosenheim. 


Rhenma- 
tische  Peri- 
typhlitis, 
Sutherland, 
Frazer, 
Brazil. 


Colitis, 
White. 


Nosophen, 
Endoxin 
bei  Darm- 
katarrh, 
Rosenheim. 


citis  und  rheumatischer  Gelenkaffection  ist  wieder  mehrfach, 
in  England  beobachtet  worden,  und  zwar  von  Sutherland  (Lancet, 
Bd.  2,  S.  457),  von  Frazer  (British  med.  Journal  Bd.  1,  S.  1321) 
imd  Brazil  (British  med.  Journal  Bd.  1,  S.  1142).  In  allen  mit- 
getheilten  Beobachtungen  wai-  der  Erfolg  des  Natrium  salicylicuni 
auch  auf  die  Rückbildung  der  Dannaffection  ganz  evident. 

Von  Dickdarmentzündungen  handelt  ein  Aufsatz  von  Haie 
White  (Lancet,  2.  März).  Er  unterscheidet  eine  einfache,  mem- 
branöse  und  ulceröse  Colitis;  bei  der  Colitis  simplex  ist  Diar- 
rhoe das  hervorragendste  S3rmptom,  die  Stühle  sind  schleimig, 
auch  etwas  bluthaltig;  Druckempfindlichkeit  des  Leibes,  vorwiegend 
über  dem  S  romanum;  massige  Leibschmerzen  sind  fast  constant 
vorhanden,  Dyspepsie,  Erbrechen  imd  Temperatursteigerung  finden 
sich  nur  bei  schwereren  Fällen.  Indess  dürfte  hiermit  die  Sympto- 
matologie der  einfachen  Colitis  nach  unserer  Ansicht  nicht  erschöpft 
sein,  da  in  einer  grossen,  vielleicht  noch  grösseren  Zahl  von  Fällen 
Verstopfung,  oder  Wechsel  von  Verstopfung  und  Diarrhoe  bestehen 
kann.  Das,  was  White  über  die  membranöse  Colitis  sagt,  ist  wohl- 
bekannt und  im  allgemeinen  zutreffend.  Was  die  ulceröse  Form 
angeht,  so  kommt  sie  am  häufigsten  im  mittleren  Lebensalter  bei 
beiden  Geschlechtern  vor;  sie  ist  ausgezeichnet  durch  starke  Leib- 
schmerzen und  heftige  Diarrhöen.  Selten  besteht  schwerer  Tenesmus, 
was  zur  Unterscheidung  von  Dysenterie  dient.  Die  Entleerxmgen 
sind  übelriechend  und  nicht  selten  mit  reichlichem  Blut  vermengt, 
es  fehlt  Schleim  in  grösseren  Mengen,  dagegen  trifft  man  gelegentlich 
fetzige,  gangränöse  Partikelchen ;  es  besteht  Fieber.  Der  Tod  erfolgt 
gemeinhin  durch  Erschöpfung  oder  Perforationsperitonitis.  Bright- 
sche  Krankheit,  Gicht,  Leberabscess  bestehen  neben  der  Darmaffection, 
deren  Behandlung  häufig  nur  eine  sjnnptomatische  sein  kann. 

Als  ein  brauchbares  Medicament  bei  chronischen  Darmkatarrhen, 
die  mit  Diarrhoe  einhergehen,  habe  ich  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  30) 
das  Nos'ophen*,  Tetrajodphenolphthalein,  empfohlen.  Auch  die  Wis- 
muth Verbindung  dieses  Körpers,  Eudoxin  genannt,  hat  sich  mir 
wiederholt  bewährt.  Nach  den  bisher  gemachten  experimentellen  und 
klinischen  Erfahrungen  dürfen  diese  im  Wasser  unlöslichen  chemi- 
schen Stoffe  wohl  den  Darmdesinficientien  zugerechnet  werden.  Man 
verordnet  vom  Nosophen  oder  Eudoxin,  die  durchaus  ungiftig  sind, 
Dosen  von  0,3 — 0,5  3mal  täglich  ohne  weiteren  Zusatz.  Die  von 
Fleiner  zuerst  empfohlenen  und  auch  von  mir  erprobten  Oel- 
kly stiere  zur  Behandlung  der  chronischen  Obstipation  rühmt  auch 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  209 

Berg  er  (Deutsche   med.  Woehenschr.  Nr.  30)   und  zwar  bei  jeder         Oel- 
Art  der  Verstopfung.  '  kiystiere, 

^        *=*  Beiger. 

lieber  multiple  Polypenbildung  im  Tractus  intestinalis  und  deren 
Beziehung   zur  Krebsentwickelung  verbreitet  sich  G.  Hauser   ausführlich     Polypeu- 
(Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55).   Es  handelt  sich  um  die  Entwickelung     ^^^^^'^''f 
massenhafter  warzenförmiger   und  polypöser  Schleimhautwucherungen   des       Hauser 
ganzen  Darmkanals  und  der  Portio  pylorica  des  Magens,  die  auf  eine  pri- 
märe Erkrankung  resp.  Entartung  des  Drüsenepithels   zurückzuführen   ist. 
Der  hier  mitgetheilte  Fall   war  mit   Carcinoma   recti   combinirt;   der  Zu- 
sammenhang ist  wohl  so  zu  erklären,  dass  diese  Wucherungen  infolge  der 
Beschaffenheit  ihres  Epithels   und    des   chronischen  Reizungszustandes,   in 
dem  sie  namentlich  in  den  tieferen  Abschnitten  des  DickdaiTns   durch  die 
fortwährende  Einwirkung  mechanischer  Insulte   erhalten  werden,    eine  er- 
höhte Disposition   zu  krebsiger  Entartung  bekommen.    Ein  gleich- 
werthiger  Fall,    der  einen   19jährigen  Jüngling  betrifft,    wird  von   Port         I*ort. 
(Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurgie  Bd.  42)  mitgetheilt. 

Als  Curiosum  ei'wähne  ich  zum  Schluss  das  Auftreten  von  Flagellaten 

im  Darmkanal  nach  Schürmayer  (Centralbl.  f.  Bacteriol,  Bd.  18,  Nr.  11).  Flagellaten 

Die  beobachtete  Form  von  niederen  Infusorien  aus  der  Ordnung  der  Flagellaten     "*^  Darm, 

Scliürmaver 
war  12 — 14  ji  lang,  4 — 5  [l  breit.    Der  Leib  war  spindelförmig,  endete  hinten 

spitz,   hatte  vom  zwei  derbe  Cilien,   die  länger   als  die  Zelle  waren.    Die 

Parasiten  glichen  am  meisten  Trichomonas,  sie  bewirkten  heftige  Diarrhöen. 

D«  Leber. 

Ueber  einen  bemerkenswerthen  Fall  von  Gasbildung  in  der  Leber 
])ei  Cholelithiasis  berichtet  Hintze  (Münch.  med.  Woehenschr.  Nr.  10).  Gasbildung 
Es  fand  sich  bei  der  Section  in  den  stark  erweiterten  Gallengängen  —  der        in  der 
Ductus    choledochus    war   durch    einen    Gallenstein   verlegt   —   eine   zähe,        „?  ^^' 
irrünliche  Flüssigkeit,  reichlich  mit  Gasblasen  untermischt.   Das  nicht  brenn- 
bare Gas  war  durch  Bacterium  coli  commune,   das  in  grossen  Mengen  ge- 
wuchert war,  und  zwar  wahrscheinlich  schon  intra  vitam  gebildet  worden. 

Als  Ursache  profuser  Darmblutungen  im  Anschluss  an  eine  Verletzung  Aneurysma 
fand  Mester  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28)  ein  traumatisches  Aneu-  der  Arteria 
rysma  spurium  der  Arteria  hepatica,  ein  seltenes  Ereigniss,  da  bis-        Bester  * 
her  nur  19  Fälle  dieser  Art  beobachtet  worden  sind. 

Zwei  Fälle  von   subphrenischen  Echinokokken,   von  Leber 

und   Milz   ausgehend,   erfahren   durch  Aschoff  (Münchener  med.      Echino- 

Wochenschr.  Nr.  4  u.  5)   eine  ausführliche  Besprechung.     Die  Gas-      coccus, 

bildung  in  den  Cysten  folgte  der  Vereiterung,  so  dass  die  typischen 

Erscheinungen  des  Pyopneumothorax  subphrenicus  vorhanden  waren. 
Jahrbach  der  practischen  Medicin.    1S96.  ]4 


210  Rosenheim. 

In  einem  Falle  von  leichter  Gelbsucht,  dex'  aber  eine  Reihe  von 

Tagen  mit  hohem  Fieber  und  Milzvergrösserimg  einherging,  vermochte 

Icterus      Banti  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31)  den  infectiösen  Charakter 

infectiosuß,  der  Erkrankung  darzuthun;  er  konnte  aus  der  Punctionsflüssigkeit  der 

Milz  ein  Kapselbacterium  in  Reincultur  züchten,  das  er  geneigt 

ist  für  das  specifische   Agens   der  Krankheit  zu  halten.     Die   von 

Banti  in   diesem  einen  Falle   gefundene  Bacterienart   gehört  wohl 

der  Proteusgruppe  an,   die   durch  Bildung  energisch  wirkender 

Toxine  ausgezeichnet  ist,  deren  ätiologische  Beziehung  zum  infectiösen 

Jäger.        Icterus  ( Weil'sche  Krankheit)  aber  bereits  durch  H.  Jäger  (Zeitschi\ 

f.  Hyg.  Bd.  12)  sichergestellt  worden  ist. 

£•  Pankreas« 

Pankreas-  Zur  Diagnose  des  Pankreaskrebses  bringt  Stiller  (Wiener 

krebs,  med.  Wochenschr.  Nr.  45)  einen  weiteren  Beitrag.  Er  legt  ent- 
scheidenden Werth  für  die  Erkennung  des  Uebels  auf  die  rapid 
progressive  Macies  ohne  nachweisbaren  Tumor,  auf  die  heftigen 
dyspeptischen  Erscheinungen  ohne  deutlich  ausgesprochenes 
Magenleiden  und  auf  den  immer  stärker  sich  entwickelnden 
Icterus  olme  Vergrösserung  der  Leber;  enthält  unter  diesen  Um- 
ständen der  Urin  etwas  Zucker,  so  stützt  dies  die  Diagnose  des 
weiteren. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

H.  Leo,  Diagnostik  der  Krankheiten  der  Bauchorgane.     Berlin.    2.  Aufl. 
J.   Boas,   Diagnostik   und   Therapie   der  Magenkrankheiten.     Sijec.  Theil, 

2.  Aufl.     Leipzig. 
H.  Nothnagel,  Die  Erkrankungen  des  Darms  und  des  Peritoneums.  1.  Theil, 

1.  Abtheil.    Wien. 
W.  Osler,  Lectures  on  the  diagnosis   of  abdominal  tumors.    New  York. 
W.  S.  Fenwick,    Dyspepsia   of   j)hthisi8 ,    ita  varieties   and   treatment. 

London  1894. 
Carl   Wegele,    Die   i^hysikalische   und    medicamentöse   Behandlung    der 

Magen-  und  Darmerkrankungen.    Jena. 
Ph.  Biedert  und  E.   Langermann,   Diätetik  und  Kochbuch  für  Magen- 

und  Darmkranke.     Stuttgart, 
A.  Mathieu,  Therapeutique  des  maladies   de  Testomao.     2.  Aufl.     Paris. 


n,  6.  Krankheiten  der  Hamorgane^ 

(ausschliesslich  der  chirurgischen  und  venerischen). 

Von  Medicinalrath  Prof.  Dr.  Ffirbrlnger,  Director  der  inneren  Abtheilung 
des  Krankenhauses  am  Friedrichshain  in  Berlin. 

Die  Leistungen  des  Berichtsjahres  tragen  mehr  denn  je  einen 
wissenschaftlichen  Charakter  auf  Kosten  des  practisch-klinischen 
und  insbesondere  des  therapeutischen.  In  letzterer  Hinsicht  sind 
wahre  Fortschritte  spärlich  gesät,  zumal  gegenüber  den  auf  anderen 
Gebieten  heranwachsenden  Heilserumbestrebungen,  von  denen  hier 
noch  nichts  zu  merken  ist,  obwohl  gerade  der  bacterielle  Ursprung 
selbst  für  die  wichtigsten  Gruppen  der  diffusen  Entzündungen  mehr 
und  mehr  vertreten  wird.  Eine  nicht  zu  unterschätzende,  unserem 
Kapitel  angehörende  Ausbeute  klinischer  Thatsachen  steckt  in  zahl- 
reichen Darbietungen  chirurgischer,  bacteriologischer  und  physikalisch- 
diagnostischer Abhandlungen.  Sie  hat  an  dieser  Stelle  keine  Berück- 
sichtigung finden  können. 

A.  Anatomie,  Physiologie,  Untersucliungsmetlioden. 

Nach  Untersuchungen  von  Helm  (Inauguraldissertation,  Berlin)  ent-  Lage  der 
sprechen  die  Nieren  bezüglich  ihrer  Lage  durchschnittlich  den  beiden  letzten  Nieren, 
Brust-  und  den  drei  obersten  Lendenwirbeln.  Die  rechte  Niere  liegt  meist 
tiefer  als  die  linke;  sie  wird  durch  den  rechten  Leberlappen  an  einem 
höheren  Emporsteigen  gehindert.  Bei  Frauen  liegen  die  Nieren  durch- 
schnittlich um  die  Höhe  eines  halben  Lendenwirbels  tiefer  als  bei  Männern. 
Die  Höhenlage  des  oberen  Nierenpols  wird  in  der  Regel  durch  die  Ansatz- 
Ktellen  der  elften  und  zwölften  Rippe  markii-t,  die  des  unteren  durch  den 
Darmbeinkamm.  Die  Flexura  coli  dextra  stellt  in  der  Mehrzahl  der  Falle 
keine  einfache,  rechtwinklige  Umbiegung  dar,  sondern  das  Colon  ascendens 


Helm. 


*)  Bei  der  Abfassung  der  Referate  hat  mich  diesmal  Herr  Assistenz- 
arzt Dr.  Freyhan  in  ausgiebigstem  Maasse  unterstützt,  nicht  ohne  bemerkens- 
werthe  Erweiterung  des  Themas  hinsichtlich  der  abnormen  Harnbestand- 
theile. 


212  Ftirbringer. 

Lage  der  schlingt  sich  meist  zuerst  um  den  unteren  Pol  der  Niere,  um  dann  bis  zur 
Nieren,  Leber  aufzusteigen  und  erat  dort  rechtwinklig  imizubiegen.  Die  Lange 
*  der  männlichen  Nieren  beträgt  etwa  10— 12  cm,  die  der  weiblichen  1  cm 
weniger.  Die  ürsprungsstelle  der  Nierenarterie  aus  der  Aorta  liegt  für 
gewöhnlich  in  der  Höhe  der  den  ersten  und  zweiten  Lendenwirbel  tren- 
nenden Bandscheibe.  Nierendislocationen  finden  sich  vorzugsweise  bei 
Magenerweiterung,  Enteroptose,  Hängebauch  und  Vorfällen  der  weiblichen 
Genitalien;  femer  bei  Missstaltungen  der  Wirbelsäule  und  des  Brustkorbes«, 
endlich  bei  Schnürleibem. 

Klastische  Hohenemser  (Virchow's  Archiv  Bd.  140,  Heft  1)  hat  in  einer  ganzen 

Käsern  in  Reihe  von  interetitiellen  Nephritiden  das  Vorkommen  von  elastischen  Fasern 
aerrsiere,  fgg^gegtellt  und  bezeichnet  das  interstitielle  Bindegewebe  als  ihre  regel- 
mässigste  Localisation.  Er  hält  ihre  Bildung  für  einen  secundären  Vorgang 
und  fasst  das  sie  umgebende  Gewebe  als  Narbengewebe  auf,  analog  wie  es 
sich  bei  narbigen  Processen  in  der  Haut  und  im  Organismus  überhaupt 
bildet. 

Harn-  In  einer  umfassenden  Experimentalarbeit  rollt  v.  Sobieranski 

pecretions-  ^^j.^jj  £  experim.  Pathol.  u.  Pharmakol.  Bd.  35,  H.  2  u.  3)  von  neuem 
V.  Sobieranski.  ^^  Frage  des  Hamsecretionsvorgangs  auf  und  stellt  sich  imter  Be- 
kämpfung der  Heidenhain'schen  Theorieen  vollkonmien  auf  den 
Boden  der  Ludwig'schen  Anschauungen.  Auf  Grund  seiner  Nach- 
prüfimgen  der  bekannten  Injectionsversuche  mit  Indigcarmin  spricht 
er  die  Behauptung  aus,  dass  das  Carmin  primär  durch  die  Glomeruli 
ausgeschieden  wird  und  dass  die  Färbung  der  Tubuli  contorti 
secundär  vom  Lumen  aus  erfolgt.  Besonders  ins  Gewicht  fallen  die 
Versuchsreihen,  die  eine  artificiell  erzeugte  Coffeindiurese  zum  Gegen- 
stand haben;  während  man  hier  gemäss  dem  auf  die  Epithelien  der 
gewundenen  Kanälchen  ausgeübten  stärkeren  Reize  auch  eine  stärkere 
Tinction  erwarten  müsste,  blieb  die  Färbung  der  Tubuli  contorti 
gänzlich  aus  und  wurde  nur  an  den  Glomeruli  deutlich.  Weitere 
Versuchsreihen,  die  sich  mit  der  durch  Harnstoff  und  verschiedene 
diuretische  Salze  erzeugten  Diurese  beschäftigen,  sind  in  gleichem 
Sinne  ausgefallen;  stets  wurde  eine  Kemfarbung  in  den  Tubuli  con- 
torti vermisst,  wenn  die  Injection  der  Farblösung  auf  der  Höhe  der 
Diurese  stattfand  und  die  Thiere  nach  entsprechender  Zeit  getödtet 
wurden. 


N'nclciu  und  We intrau d   (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  19)   prüfte  den  Einfluss 

^\?/?'^"V '  ^^^  NucleYneinverleibung  auf  die  Harnsäureausscheidung  durch  VerfQtteruni? 
der  äusserst  nucleTnreichen  Kalbsthymus  und  konnte  regelmässig  eine  er- 
hebliche Steigening  der  Gesammtstickstoffausscheidung  constatii-en.   Gleich- 


Weintraud. 


Krankheiten  der  Hamorgane.  213 

zeitige  Hamsäurebestimmungen  ergaben,  dass  die  Vermehrung  des  Basen- 
»tictstoffs  im  wesentlichen  auf  einer  Hamsäurevermehrung  beruhte.  Zulage 
von  Fleisch  erhöhte  zwar  die  Gesammtquote  des  Stickstoffs  im  Urin,  be- 
'-indussie  aber  die  Hamsaureausscheidung  in  kaum  nennenswerthem  Grade. 
Kr  erschliesst  aus  seinen  Untersuchungen  als  therapeutisches  Desiderat, 
ouclelnhaltige  Nahrung  bei  allen  denjenigen  Zuständen  zu  vermeiden,  bei 
•Ifnen   eine  vermehrte  Hamsäurebildung  im  Spiele  ist. 

Gegen  die  bestechend  klingende  Theorie  Horbaczewsk i's,  der  zufolge 
die  Harnsäure  als   ein  Product  des  Leukocytenzerfalls  anzusehen  ist,   sind 
Ton  verschiedenen  Seiten  starke  Zweifel  erhoben  werden.   Sie  haben  Richter  Leukocyteii- 
Z*'it>ehr.  f.  klin.  Medicin  Bd.  27,  Heft  3  u.  4)  veranlasst,    die  Richtigkeit  ^^j/*]^^"^'* 
<ler  Horbaczewski'schen  Anschauungen  an   einem  grossen  Material  zu       Richter 
f'q>roben ,   und  zwar  suchte  er   seiner  Aufgabe  auf  klinischem  wie  auf  ex- 
perimentellem Wege  gerecht  zu  werden.    Er  wählte  als  klinische  Paradig- 
mata Infectionskrankheiten,  Krankheiten  des  Blutes  und  Carcinomkachexieen ; 
die  experimentellen  Versuchsreihen  erstreckten  sich  auf  artificiell  erzeugte 
Hj-po-  und  Hyperleukocytose.     Die  Gesamnitresultate  seiner  Untersuchungen 
laufen  darauf  hinaus,  dass  in  der  That  gewisse  Beziehungen  zwischen  Leuko- 
•  rtenzerfall     und    Hamsaureausscheidung   obwalten,    dass  aber    diese   Be- 
ziehungen keine  proportionalen ,   sondern  vielmehr  wechselnde  und  schwer 
/.u  be^<timmende  sind. 

Gegenüber  den  zahlreichen  neueren  Methoden,  die  zum  quali- 
tativen Nachweis  der  hauptpathologischen  Hambestandtheile,  Eiweiss, 
Zucker  und  Gallenfarbsto£P,  empfohlen  werden,  tritt  Zeehuisen  Aibumiu- 
^Zeitöchr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  H.  1  u.  2)  für  die  Brauchbarkeit  »laci^weis, 
einiger  älterer  Reactionen  ein,  deren  Verlässlichkeit  er  unter  Ein- 
haltung gewisser  Vorsichtsmaassregeln  für  völlig  ausreichend  erachtet. 
Die  Fürsorge,  um  welche  es  sich  hauptsächlich  handelt,  besteht  ein- 
iach  darin,  dass  man  den  zu  untersuchenden  Harn  bis  zu  einem 
^peeifischen  Gewicht  von  1005  und  darunter  verdünnt.  Dergestalt 
ipht  die  He  Herrsche  Probe  mit  Salpetersäure  die  vortrefflichste 
Eiweissreaction  und  weist  selbst  noch  ganz  geringfügige  Spuren  nach, 
wie  sie  z.  B.  nach  anstrengenden  Märschen,  Alkoholgebrauch,  Chloro- 
form- und  Aetherinhalationen  im  Harn  auftreten.  Gleich  wichtig  ist 
«lie  Verdünnung  des  Harns  für  den  qualitativen  Nachweis  von  Trauben- 
zucker mit  Pehling'scher  Lösung;  denn  sie  diluirt  die  normaliter 
vorkommenden  reducirenden  Substanzen  so  sehr,  dass  dieselben  ihre 
reducirende  Wirkung  nicht  mehr  entfalten  und  Zucker  vortäuschen 
können. 

Ott   (Prager  med.   Wochenschr.   Nr.  3)    empfiehlt    zum    Ham- 
albuminnachweis  in  der  Praxis  in  erster  Linie  die  Salicvlsulfosäure, 


214 


Fürbringer. 


Albnmin- 

iiachweis, 

Ott. 


welche  selbst  äusserst  geringe  Eiweissmengen  durch  eine  sofort  aus- 
fallende Trübung  anzeigt.  Fast  ebenso  zuverlässige  Resultate  liefert 
die  Probe  mit  dem  Spiegler'schen  Reagens,  das  sich  zusammen- 
setzt aus  Hydrargjrrum  bichloratum  8,0,  Acidum  tartaricum  4,0,  Aqua 
destillata  200,0  und  Glycerin  20,0.  Die  geringste  Menge  von  Eiweiss 
gibt  sich  bei  der  Unterschichtung  dieser  Composition  mit  Harn  durch 
eine  Trübung  an  der  Berührungsfläche  kund. 


Physio- 
logische 
Glykosurie, 
Johnson, 


Limossier  u. 
Roque. 


Johnson  (Lancet,  12.  Jan.)  hält  daran  fest,  dass  der  Urin 
normalerweise  zuckerfrei  ist,  und  schreibt  die  vielen  Harnen  eigene 
reducirende  Fähigkeit  allein  dem  Gehalt  an  Kreatinin  zu;  er  konnte 
wenigstens  stets  die  reducirende  Eigenschaft  dadurch  zum  Schwinden 
bringen,  dass  er  das  Kreatinin  mittels  HgCl2  ausfeilte.  Im  Gegensatz 
dazu  stehen  Limossier  und  Roque  (Arch.  de  m^d.  experiment. 
Nr.  2)  auf  dem  Standpunkt,  dass  ein  geringer  Gehalt  von  Zucker 
einen  physiologischen  Bestandtheil  des  Urins  darstelle,  und  sehen  in 
der  alimentären  Glykosurie  nur  ein  gesteigertes  physiologisches 
Phänomen.  Nach  reichlicher  Zufuhr  von  Zucker  konnten  sie  stets 
bei  Gesunden  Zucker  im  Urin  nachweisen ;  freilich  hielt  die  Zucker- 
ausscheidung nur  wenige  Stunden  lang  an.  Im  allgemeinen  wuchs 
die  absolute  Menge  des  eliminirten  Zuckers  proportional  mit  der 
Menge  des  eingeführten;  man  kann  daher  ausser  von  einem  indivi- 
duellen Assimilationsprocess  auch  von  einem  individuellen  Aus- 
nutzungscoefficienten  reden. 


Zucker- 
proben, 
Johnson, 
AUen, 
Paulus. 


Sehr  warm  tritt  Johnson  (Lancet,  12.  Jan.)  für  die  Zuverlässig- 
keit der  Pikrinsäureprobe  ein;  weniger  entzückt  äussert  sich  Allen 
(Lancet,  12.  Jan.)  über  sie  und  gibt  der  Phenylhydrazinreaction  bei 
weitem  den  Vorzug.  Paulus  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte 
Nr.  16)  berichtet  über  eine  von  ihm  ersonnene  Modiflcation  der 
Fehling'schen  Titrirmethode,  die  sich  vorzüglich  zu  einer  schnellen 
und  genauen  quantitativen  Bestimmung  eignen  soll.  Er  erhitzt  eine 
Lösung  von  2  ccm  Fehling  in  20  ccm  Wasser  bis  zum  Sieden  imd 
setzt  ihr  so  lange  tropfenweise  Urin  zu,  bis  die  blaue  Farbe  in  gelb 
umschlägt.  Da  1  ccm  Fehling  durch  0,005  Zucker  reducirt  wird, 
so  erhält  man  durch  die  Division  der  verbrauchten  Tropfen;Bahl  in 
20  den  jeweiligen  Procentsatz  des  Zuckers. 


Nieren-  Die  Mittheilungen  von  S talker  (Edinb.  med.  Journal,   Augu«t- 

^"i^ti!^^"'    S®P*®^^®r)   über   die  Palpationstechnik    der   Nieren   bringen 

nichts  wesentlich  Neues  und  schliessen  sich  ziemlich  eng  an  die  von 


Xftf    —  1-"^  CTiO^ 


->•-:: 


Litten  is.  vori^ec  J^kn 
tont  die  Leichti^ezt.  nr: 
:^hon  noTmalerveiäe  ;< 
Pannicidiis  adiposa»  c«^ 
stehen.  Besond»;» 
Uebei^änge  rar  T^'acd-crc 
Pathologischen  richten  ä£ 
als  nach  der  abe-r-lTiten  G 


L»l 


■^  _■»  ■•  ^  _  _—_ .  -  -WT» 


Alb-i^ia-rir. 

Während  in  früheren  Jahren  der  Streit  l":*rr  üe  Be^ircrrr.i:  irr 
intermittirenden,   bezw-  cvklischrn  AI'i-r-.rr.Tirir   ein  sehr  leV 
hafter  ge^resen  i^t,  hat  sich  jetzt  die  Ue\>erZ'r:^r:T'.  j  mehr  imi  mehr 
befestigt,    dass   der  in  Bede   stehenden  Anc-zifelie   liast   ausnahiiislc'e' 
anatomische  Nierenläsionen  zn  Grunde  liegen-    In  diesem  Sinne  be- 
wegt sich  eine  Arbeit  von  Wild   «Mtdeeine  mc-1.  Nr.  V2k   der  si^h    CykliscL? 
im  wesentlichen   der  Ansicht  Osswald's   is.  vorige:?  Jahrb.  S.  2*0» 
anschliesst,   dass   nämlich  die  meisten  derartigen  Fälle  ablautende, 
resp.  sich   lang  hinziehende   Xephritiden  darstellen.     Macfarlane 
<Med.  Record,  December>  fand  bei  einer  Reihe  gesunder  Leute,  deren 
Urin  er   unmittelbar  nach  Beendigimg  eines  mehrstündigen  Fu^s- 
l>allspiels  untersuchte,  sowohl  Albimiin  wie  auch  reichliche  Cvlinder: 
nach  mehreren  Stimden  waren   aUe  Anomalieen  geschwunden.     £r 
halt  es  fiir  möglich,  dass  für  die  reichlichere  Transsudation  des  Ei- 
weisses  der  grössere  Salzgehalt  des  concentrirten  Urins  rerantwort- 
lich  gemacht  werden  köime. 


AlbÄ- 
MiMBrie 

Wüü 


Die  Ursachen  der  „fonctionellen^  Albuminurie  sind  nach  Stephan     F  u  n  o  t  i  o^ 
(Nederl.  Tijdschr.  v.  Geneskunde  Bd.  2,  S.  569)  entweder  in  der  Ein-  «^^^V^*  *^I^'" 
Wirkung  von  toxischen  Substanzen   zu  suchen,   oder   es  sind   datTu*      stephaiu 
reflectorische,    vasomotorische    oder   trophische   Einflüsse    auf   das 
Nierenparenchym  verantwortlich   zu  machen.     Besonders  häufig  hat 
Verf.  intermittirende  Albuminurie   bei  Kranken  gesehen,   die  neben 
Hagenektasie  an  Lebercongestionen  litten.    Die  im  Verlauf  des  Dia- 
betes erscheinende  Albuminurie  hält  Stephan  für  eine  mehr  zufallige 
Erscheinung  und  spricht  die  Fälle,  in  denen  im  Verlauf  der  Krank- 


216  Fürbringer, 

hüit   an   Htollü   der  (4lykoöurie   eine  Albuminurie   tritt,   füi-  Nepliri- 
tidon  un. 

Blutfarbstoffe  und  andere  Stoffe  im  Urin. 

Wllhrend  die  nieiHten  Fülle  von  Hämoglobinurie  das  männliche  G e- 
Hiliiiu.        Hthlecht  botrcfffn,    haben   Soumeau   und  Peytoureau   (Progres  med. 
Klübinurlp,  Nr.  22)  die  Krankheit  auch  bei   einer   Frau   im   Alter  von  41  Jahren   be- 
Smunoftu.      obacliU^t,  die  im  Winter  typische  Anfälle,   im  Sommer   gewisse  als  Aequi- 
••ytour(»iiu,     yjjI^jjj^  Jg^  deutende  Erscheinungen,  wie  Mattigkeit,  Oppressionsgefühle  und 
Magt»nkr»lmpfe ,    darbot.     Die  Anfälle    Hessen    sich    auch   künstlich    durch 
i  ourtolB Siiffit,  Kältoeinwirkung  heiTorrufen.     Courtois-Suffit   (Medecine   moderne. 
2,  Mär»)  beschreibt  einen  Fall,  der  einen  ^jährigen,  an  hereditärer  Syphilis 
leidenden  Patienten  betraf.   Regelmässig  an  kalten  Tagen  trat  unter  gleich- 
zeitiger Eruption   von   Urticariaquaddeln    eine  etwa  2tfi.gige  Hämoglobin- 
lune  auf.     Der  gelb-  bis  braunrothe,   kaffeeähnliche  Urin   enthielt  ziemlich 
viel   Kiweiss  und   wies   die   Absorptionsstreifen   des  Hämoglobins   und   da« 
Spwtrum  des  Methämoglobins   auf.     In   den   anfallsfreien  Zeiten   war   der 
HUho|).        Harn    völlig    normal.      Bei    einem    von    Bishop    (Med.   News,    16.  März» 
publicirten  Falle   mclite   das   Leiden   bis    auf   das   12.  Lebensjahr   zurück 
\\\\i\  stellte  sich  gleichfalls  stets  im  Anschluss  an   eine   übermassige  Kält*'- 
einwirkung  ein.     Im  Sommer  cessirten   die   Anfälle,   dafür  kam   es   abtr 
periodisch  zu  Aufreguugszustunden ,   die  Verf.  gleichsam   als   Aequiralent»* 
rtuffasst, 

Duix4i  Garrod's  Uutei'suchungeu  ist  festgestellt  worden,  dass  das 
llämatoporpkyriu  einen  ta^it  ooustanten  Bestandtheil  des  mensch- 
liehen Harns  darstellt  und  dass  der  Häinato}x>rphyringehalt  des  Ham> 
ot"t  \*enuehrt  ist*  ohne  dass  sich  in  klinischer  Beziehung  irgend  ei! 
Zusammenhang  mit  einer  bestimmten  Krankheit   herausgestellt  hat. 
lUm«t0>      Stokvis  (Zeitsolur.  f.  klin.  Med.  Bd.  28,  H.  1  u.  2t  hat  nun.  gestutz* 
r*u  phyrlw    j^^f  ^j.^^  y^^ii  jjmi  bev^bachtete  Vorkommen  dieser  Anomalie  bei  Sullonal- 
Su^kvij.       vei>:ittunj:^^u.    experimentell    durch   Sultonalapplication    l>ei   Tbit*rv'.. 
HauuUv^|Hu*phyrinurie  zu  erzeuijen  gesucht.     Der  Erlolg  war  positiv: 
fugU'ioh   gelang  es  ihm.   dun.h   die  Seotion  der  Versuch>thiene>  •!•.:. 
Zusi^mmcnhani;  der  Erscheinun^^en  klarzuleiren.     Es  fand  sich  näkXL- 
^  lioh  ivn>tant  die  Mai^^nschlcimhaut  in  h\-perämischem  Zustande  im  : 

rait  gn^>soren  und  k'tineren  Blutui;i^:'n  Wsetzt:  letztere  zeigter.  ii. 
Sj^ectivski>j>e  das  unzwtrideutige  Ab>or|»ti^.»nssi:ieLtrum  des?  satuv: 
Hau^.atojvri^hxTins,  Nach  Siok vis' Meinung  i>t  der  Causalneinis  > 
sv\  viiuten.  da^s  das  S'y.tiT.w»l  B'.utur.iren  in  der  Maaren-  tmi  ParLi- 
i'..Uvv.>^  hervvrratt  ur.vi  d.^s  i;i  HÄir-aii j»cr|h\-rin  Teräjcdtne  Blin  r-- 
K^s  v;:i  r.  r.v.a  u.it  \Uu;  Hafu  jnr  Aussaht iduiig  koniuLi^  U:.:-' 
iic>;  '.:>j;;v.kT    i^  <>  ."i.uh  trrkl-Vrli.h,    wesLalb   die 


Krankheiten  der  Haraorgane. 


217 


Porphyrinurie  nicht  ein  regehnässiges  Begleitsymptom  aller  Magen- 
und  Darmblutungen  ist;  denn  sie  wird  nur  dann  in  die  Erscheinung 
treten  können,  wenn  das  ergossene  Blut  so  lange  und  imter  solchen 
Verhältnissen  im  Digestionstractus  verbleibt,  dass  das  Hämoglobin 
zu  Hämatoporphyi'in  umgewandelt  wird. 

Kolisch  und  v.  Stejskal  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Medicin  Bd.  27)     Verände- 
haben  an   einem   schweren  Fall  von  pseudoleukämischer  Anämie   die  Ver- J^'^ß®"  ^®^ 
änderungen  des  Harns,  die  aus  dem  Blutzerfall  resultiren,  studirt  und  eine  Blut  zerfall 
Erhöhung   der   VVerthe   für  N  und  P2O5,   ferner  eine   starke  Vermehrung       Kolisch, 
der  Harnsäure,  sowie  eine  Verminderung  der  Xanthinbasen  gefunden.    Die     v.  Stejskal. 
Steigerung   der    Stickstoff-    und    Phosphorsäureausscheidung   beziehen    sie 
direct  auf  den  Untergang  von  Erythrocyten ,    deren  Zahl  wenig  über  zwei 
Millionen  betrug.    Die  Verminderung  der  Harnsäure  und  die  Vermehrung 
der  Xanthinbasen  suchen  sie  durch  die  Hypothese  zu   erklären,    dass  eine 
hochgradige  Anämie  zu  einer  Herabsetzung  der  oxydativen  Vorgänge  führe 
und  so  eine   vermehrte  Bildung   der   durch  Spaltung   entstehenden  Körper 
zur  Folge  habe. 


Nach  J  oll  es   (Centi-albl.  f.  innere  Med.  Nr.  49)  lassen  sich  die    ürobiiin. 


Hamfarbstoffe,  welche  nach  ihrem  spectroskopischen  Verhalten  und 
nach  ihrer  chemischen  Reaction  als  Urobiline  bezeichnet  werden,  in 
physiologische  und  in  pathologische  Urobiline  eintheilen.  Beide 
Arten  unterscheiden  sich  von  einander  dadurch,  dass  erstere  nach 
geschehener  Oxydation  mit  allioholischer  Jodlösung  oder  Salpeter- 
säure weder  Fluorescenz  noch  ein  charaktenstisches  Spectrum  zeigen, 
während  die  pathologischen  Urobiline  bei  der  gleichen  Behandlung 
ihr  charakteristisches  optisches  Verhalten,  sowie  ihre  Fluorescenz 
beibehalten.  Als  Quelle  des  pathologischen  Urobilins  ist  der  Gallen- 
farbstofF  und  Blutfarbstoff  anzusehen. 


JoUes. 


Nach  Untersuchungen  von  Becker  (Virch.  Arch.  Bd.  140,  H.  1)  Aceton uri^. 
entsteht  bei  der  grossen  Mehrzahl  der  nicht  Aceton  ausscheidenden       B«<^ker, 
Individuen   im  Anschluss   an  die  Narkose   eine   kürzer   oder  länger 
dauernde  Acetonurie,  und  entsprechend  wird  eine  schon  bestehende 
Acetonurie   durch   die  Narkose  gesteigert.     Die  verschiedenen  Nar- 
cotica,  die  Dauer  der  Narkose  u.  dergl.  scheinen  keinen  bemerkens- 
werthen  Einflus   auf  den  Eintritt   dieser  Anomalie   zu  besitzen,   sie 
ist  nur  als  Ausdruck   eines  gesteigerten  Eiweisszerfalles  anzusehen. 
Gegen   diese,  jetzt   allgemein   herrschende  Theorie  erhebt  Hirsch-     Hirschfeld. 
feld   (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28)   auf  Grund   eines   reichen  Be- 
obachtungsmaterials Einspruch.   Er  fand,  dass  eine  vermehrte  Aceton- 


218  Fürbringer. 

Acetonurie,  ausscheidung  bei  jedem  Gesunden  durch  Ausschluss  der  Kohlehydrate 
Hirschfeld.  ^^^  ^^^,  Nahrung  zu  erzielen  ist  und  zwar  wächst  dieselbe  bis  zum 
7.  oder  8.  Tage  continuirlich  an,  um  dann,  abgesehen  von  geringen 
Schwankungen,  annähernd  auf  gleicher  Höhe  zu  bleiben.  Die  durch 
Fortfall  der  Kohlehydrate  erzeugte  Acetonurie  wird  durch  einen  Zu- 
satz von  50 — 100  g  Kohlehydrate  zur  Nahrung  wieder  zum  Ver- 
schwinden gebracht;  als  besonders  geeignet  dafür  erwähnt  er  Stärke, 
Rohr-,  Traubenzucker  und  Mannit.  Gleich  wirksam  war  Glycerin, 
während  Alkohol  keine  Aenderung  der  Acetonausfuhr  bewirkte.  Die 
Annahme  von  dem  Bestehen  einer  Acetonuria  febrilis  weist  er  als 
irrig  zurück  und  bringt  beweisende  Untersuchungsprotokolle  dafiir 
bei,  dass  die  Acetonausscheidung  bei  Kranken  in  gleicher  Weise 
verläuft,  wie  bei  Gesunden. 

Sulfonalim  Lafon  (Compt.  rend.  de  l'acad.  des  scienc.  Bd.  120,   Nr.  17)  macht 

^ ^ ^ **»  darauf  aufmerksam,  dass  nach  Sulfonalgebrauch  der  mit  F e h  1  i n g'scher 
Lösung  gekochte  Urin  einen  gelben  Kupferoxydulniederschlag  gibt,  ohne 
dass  im  Polarisationsapparat  eine  Rechtsdrehung  eintritt.  Man  erh&lt  diese 
Reaction  auch  beim  directen  Zusatz  von  1  g  Sulfonal  zu  1  1  zuckerfreiem 
Urin.  Es  kann  sich  daher  nicht  um  ein  Umsatzproduct  des  Sulfonals,  son- 
dern nur  um  diesen  Körper  selbst  handeln. 

Peptonurie,  Senator  (Deutsche  med.  Wochenschi*.  Nr.  32)  hat  mittels  einer 

..enator,  ^^^  Salkowski  angegebenen,  sehr  einfachen  Methode  eine  Beihe  von 
Untersuchungen  auf  Pepton  im  Harn  angestellt  und  diesen  Körper 
regelmässig  bei  croupöser  Pneumonie,  bei  eitriger  Meningitis  und 
bei  eitriger  Peritonitis  angetroffen.  Auch  bei  anderen  Krankheiten 
fand  sich  hin  und  wieder  Peptonurie,  ohne  dass  sich  dabei  irgend- 
welche Gesetzmässigkeit  herausstellte.  Bemerkens werth  erscheint 
es,  dass  Peptonurie  bei  Leukämieen  regelmässig  vermisst  wurde. 
Auf  Grund  dieser  Untersuchungen  wird  der  Peptonurie  ein  grosser 
diagnostischer  Werth  nicht  zuerkannt  werden  dürfen,  indessen  kann 
der  positive  Ausfall  der  Probe  bei  zweifelhaften  Fällen  von  Menin- 
gitis immerhin  gewichtig  in  die  Waagschale  fallen.  Ein  ziemlich 
Meine.  hoher  Peptongehalt  kommt.nach  den  Untersuchungen  Meine^s  (Arch. 
f.  Psychiatrie,  27.  Februar)  dem  Harn  von  Paralytikern  zu;  in  ge- 
ringerem Grade  findet  er  sich  auch  bei  anderen  Geisteskrankheiten. 
Im  allgemeinen  kann  gesagt  werden,  dass  die  Peptonurie  bei  Para- 
lyse häufiger  vorkommt,   als  bei  anderen  Psychosen,   dass  sie  aber 

nicht  für  Paralyse  als  pathognomonisch  angesehen  werden  kann. 

Alkapton- 

urie,  ß^i  einem  Falle  von  Alkaptonurie  fand  Ogden  (Zeitschr.  f.  physiol. 

Ogden.        Chemie  Bd.  20.   Heft  3),   dass   das  Reductionsvermögen   des  Harns   weder 


Krankheiten  der  Hamorgane. 


219 


darcli  Stoffe  aus  der  aromatischen  Beihe  noch  dorch  Zufuhr  von  Kohle- 
hydiaten  zu  beeinflussen  war,  dass  hingegen  durch  eine  reichliche  Fleisch- 
nahrung eine  beträchtliche  Steigerung  hervorgerufen  wurde.  Die  im 
Alkaptonham   gefundenen  Hamsäuremengen  waren  verschwindend  kleine. 


Testi  (Policlinico,  15.  April)  prüfte  den  diagnostischen  Werth  der  indic&rarie, 
Indicanurie  an  einer  Reihe  von  inneren  und  chirurgischen  Krank-  '^**^** 
heiten.  Zar  qualitativen  Analyse  diente  die  Jaffe-Baumann'sche 
Methode,  zur  Bestimmung  des  quantitativen  Gehalts  die  Intensität 
der  Farbenreaction,  welche  freilich  nur  annähernde  Resultate  liefert. 
Testi  bestätigt  die  diagnostische  Bedeutung  der  Indicanurie.  bei 
Abscessen  der  verschiedensten  Art,  bei  Empyem,  fotider  Bronchitis 
mit  stagnirendem  Secret  und  bei  Pneumonieen,  die  ihren  Ausgang 
in  Eiterung  nahmen.  Er  hält  es  fiir  leicht,  andere  Quellen  der 
Indicanurie,  so  z.  B.  gastrointestinale  Störungen,  auszuschliessen 
and  so  die  dififerentialdiagnostische  Bedeutung  des  Symptoms  noch 
zu  erhöhen. 


Der  Befund  von  salpetriger  Säure  im  Harn  wurde  durch  Richter 
(Fortschritte  der  Medicin  Nr.  12)  in  einigen  Fallen  von  Magendarmerkran- 
kong,  femer  bei  einem  Carcinom  der  Bauchorgane  und  bei  einer  acuten 
gelben  Leberatrophie  erhoben.  Bei  der  bacteriologischen  Untersuchung  des 
Harns,  die  nur  in  zwei  Fallen  vorgenommen  wurde,  fand  sich  ein  für  Thiere 
nicht  pathogen  er  Coccus,  der  im  sterilen  Harn  nach  24  Stunden  intensive 
salpetrige  Säurereaction  hervorrief.  Weitere  Züchtungsversuche  auf  Nähr- 
böden, die  theils  mit  Nitraten,  theils  mit  Ammoniumsalzen  vermischt  waren, 
zeigten,  dass  die  Bildung  der  Nitrite  auf  Reductionsvorgänge  zurückzu- 
führen ist. 

Krehl  und  Matthes  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  H.  4 
u.  5)  untersuchten  eine  Anzahl  von  Hamen  darauf  hin,  ob  in  ihnen 
höhere  Hydrationsstufen  von  Ei  weiss  vorkämen.  Im  Fieberharn 
wiesen  sie  zwei  in  ihrem  Verhalten  differente,  schwer  fällbare  Ei- 
weisskörper  nach,  einmal  Deuteroalbumose  und  dann  eine  aceton- 
ähnliche  Substanz.  Das  Auftreten  der  beiden  Eiweisskörper  sehen 
sie  als  Beweis  für  eine  hydrolytische  Eiweissspaltung  durch  Bac- 
terien  an  und  weisen  den  Deuteroalbumosen  einen  Antheil  an  der 
Erzeugung  der  Temperatursteigerung  zu. 


Salpetrige 

Säure  im 

Harn. 

Richtet. 


Albu- 

niosurie, 

Krehl  u. 

Matthes. 


Harnsedimente. 


Die  Discussion,  die  betreffs  der  Entstehung  der  Harncylinder 
durch  die  Erklärungsversuche  Senat or's  (cfr.  Jahrg.  1893,  S.  361) 


220  Fürbringer. 

in  den  vergangenen  Jahren  wieder  in  Fluss  gekommen  war,  ist  jetzt 
mehr  und  mehr  verstummt.  Nur  vereinzelte  Stimmen  haben  sich 
noch  erhoben,  die  aber  keine  neuen  Gesichtspunkte  in  die  Debatte 
gebracht  haben. 

Cylinderim  Kossler  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14  u.  16)  hat  mit  Hülfe 

ei  weis  8-  (j^r  Centrifuge  systematische  Untersuchungen  über  das  Vorkommen 
Kossler.  von  Cylindern  im  eiweissfreien  Harn  angestellt.  Es  hat  sich  her- 
ausgestellt, dass  Cylindrurie  ohne  gleichzeitige  Albuminurie  bei  sehr 
verschiedenen  Krankheiten  vorkommt;  in  der  Regel  zeigen  die  Cy- 
linder  eine  hyaline  Beschaffenheit,  seltener  epithelialen  Charakter 
und  nur  in  Ausnahmefällen  eine  Wachsform.  Die  betreffenden  Urine 
enthielten  meist  Nucleoalbumin.  Kossler  ist  der  Meinung,  dass 
die  von  ihm  gemachten  Befunde  die  Bedeutung  der  Cylindinirie 
wesentlich  einschränken,  um  so  mehr  da  gleichzeitige  anatomische 
Untersuchungen  die  Abwesenheit  von  erheblicheren  Nierenläsionen 
erwiesen  haben. 

Mikro-  Bei  der  Färbung  von  Harnsedimenten  mit  alizarinsulfon- 

^V™h'^^*^   saurer  Natriumlösung  bemerkte   Grosz   (Internat,  klin.  Bundschau 
reactionder  Nr.  41)  eine  tinctorielle  Differenz  der  Leukocyten,  die  durch  die  ver- 
Harn-       schiedene  chemische  Reaction  des  Zellprotoplasmas  bedingt  war ;  die 
^*  Grosz**  ^    sauren  Zellen  färbten  sich  gelb,  die  alkalischen  violett  imd  die  neu- 
tralen  roth.     Nun   ist   die  Reaction    der   epithelialen  Elemente   des 
Hamapparates ,    wie   genaue    Untersuchungen   an    frischen    Leichen 
lehren,   in  oberflächlichen  Schichten    eine  saure  und  geht  nach  der 
Tiefe   zu   allmählich  in   eine   alkalische   über;    es   ist   demnach   die 
tinctorielle  Differenz  der  Epithelien   für  die  Localisation  der  suppo- 
nirten  Schädlichkeit  von  gi'osser  Bedeutung. 

Harn-  Nach  Garrod  (Journal  of  patliol.  and  bacteriol.  Bd.  3,  S.  100) 

^*G™^od**'  betheiligen  sich  zwei  Pigmente  an  der  Färbung  der  Hamsäure- 
krystalle,  nämlich  das  gelbe  Urobilin  imd  das  rothe  Uroer;y'tlirin ; 
je  nach  dem  Vorherrschen  des  einen  oder  des  anderen  Farbstoffes 
werden  die  Krystalle  gelb  oder  rosa.  Wenn  man  den  Harn  mit 
Säuren  behandelt,  so  förben  sich  die  Harnsäurekrystalle  dunkler, 
vennuthlich  infolge  eines  Oxydationsvorganges  der  normalen  Farb- 
stoffe. Daneben  können  auch  Oxydationsproductc  der  Phenolderivatc 
in  die  Krystalle  aufgenommen  werden. 

Fischel  (Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  12)  empfiehlt  zur  Con- 
servirung  der  körperlichen  Elemente  des  Urins,  das  im  Spitz- 
glas niedergefallene  Sediment  zu  centrifugiren  und  mit  physiologischer 


Krankheiten  der  Hamorgane. 


221 


Kochsalzlösong  mehrfach  auszuwaschen.  Nach  dem  Abgiessen  der 
Waschflössigkeit  wird  eine  Mischung  von  Glycenn  und  Aqua  destil- 
lata,  der  eine  2%  ige  gesättigte  alkoholische  Thymollösung  zugesetzt 
ist,  auf  das  Sediment  geschichtet  und  das  Ganze  verschlossen  auf- 
bewahrt. Harris  (British  med.  joum.,  S.  1356)  empfiehlt  zu  dem 
gleichen  Zweck  eine  Behandlung  des  vom  Harn  möglichst  befreiten 
Sediments  mit  einer  Mischung  von  60  g  Kaliacetat,  10  g  Chloroform 
und  1   Liter  Wasser. 


Vermittelst  des  Thoma-Zeiss'schen  Blutkörperchenzählers  hat 
Eeinecke  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49)  Leukocytenzählungen  Leukocytei' 


Conservi- 

rnng 
der  Harn- 
Sedimente, 
Fischel, 


Harris. 


im  Harn   vorgenommen  imd  ihren  diagnostischen  Werth  zu  fixiren  ***»'^'^s* 
versucht.     Seine   mit   grosser  Reserve   ausgesprochenen   Ergebnisse     Reinecke, 
gipfeln    darin,    dass   die  Zählimg    der  Eiterzellen  im  Urin  häufig, 
wenn  auch  nicht  immer  ein  exactes  Maass  der  thatsächlichen  Eiter- 
abscheidung   abgebe.     Fortlaufende    tägliche  Zählungen  liefern   ein 
anschauliches  Bild  des  Krankheitsverlaufs  und  ermöglichen  eventuell 
eine   Correction  der  therapeutischen  Maassnahmen.     In  Verbindung 
mit  Eiweissbestimmimgen  sind  die  quantitativen  Eiterbestimmungen 
vielleicht  im  Stande,  unter  ganz  besonders  günstigen  Umständen  zur 
Entscheidung  der  Frage   beizutragen,    ob   in   concreten  Fällen  eine 
Pyorie  mit  einer  Nephritis  complicirt  ist.    Bestimmter  und  enthusia- 
stischer spricht  sich  Goldberg  (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  49)      Goldberg, 
über   die   Leistungen   dieser  Methode   aus.     Auf  Grund   zahlreicher 
Eigenuntersuchungen  ist  er  zu  der  Ansicht  gelangt,  dass  die  Menge 
des  Eiters,  ausgedrückt  durch  die  Anzahl  der  Leukocyten  im  Cubik- 
centimeter,  ein  exactes  Kriterium  für  den  Verlauf  eines  Entzündungs- 
processes   darstellt,   vorausgesetzt,    dass  die  24stündige  Urinmenge, 
die  Quantität   der  in  Frage  stehenden  Harnportion   und  die  Zeit, 
innerhalb   deren   sie   gelassen   wird,    in  den  Kreis  der  Erwägungen 
mit  einbezogen  wird.     Goldberg  ist  der  Meinung,   dass  die  Zähl- 
methode auch  bei  Hämaturieen  anwendbar  sei,   um  einen  concreten 
Begriff  des  täglichen  Blutverlustes  gewinnen  zu  können. 

Verschiedenes. 

Eine  familiäre  Polyurie  von  ganz  ungewöhnlicher  Intensität  be- 
obachtete Marinesco  (Medecine  moderne,  23.  Jan.)  bei  zwei  Brüdern  Polyurie, 
von  15  und  17  Jahren,  die  zeitweise  bis  zu  einer  Menge  von  28  Litern 
m  24  Stunden  anwuchs.  Einer  der  Patienten,  der  gleichzeitig  an 
einer  Spondylitis  tuberculosa  litt,  ging  an  Meningitis  zu  Grunde. 
Die   Obduction    zeigte   neben   Veränderungen   im  Rückenmark   ver- 


ni 


Marinesco. 


222  PürbriBger. 

einzelte  Hämon-hagieen  am  Boden  des  vierten  Ventrikels,  die  Verf. 
mit  der  Polyurie  in  ursächlichen  Zusammenhang  bringt. 

Bei  Krebskranken,  die  sie  in  beträchtlicher  Zahl  untersuchten, 
Toxieität    fanden  Gaudi  er  imd  Hilt  (Compt.  rend.  de  la  soci6te  de  biologie, 
des  Urins,    gs.   Dec.    1894)    den    urotoxischen    Coefficienten    über    die 
Hilt.         Norm  erhöht  und  parallel  damit  eine  auffallende  Verminderung  des 
Harnstoffs,    der  bis  auf  10  g  in  24  Stunden   heruntersank.     Etwa 
20  Tage  nach  der  operativen  Entfernung  der  Neubildung  kehrte  der 
urotoxische  Coefficient  in  verschiedenen  Fällen  zu  seiner  Standard- 
zahl zurück.    Bei  gutartigen  Geschwülsten  war  eine  Steigerung  nie- 
mals vorhanden. 

Nieren-  Senator  (Berlin,   klin.  Wochenschr.  Nr.  8)   sucht  die  Cohn- 

wa68er8ucht,jjg-jj^jg^jjjg  Theorie,  der  zufolge  die  Nierenentzündungen  mit  einem 
abnormen  Zustand  der  Haut,  mit  erhöhter  Durchlässigkeit  einher- 
gehen, auf  sämmtliche  Gefässe  des  Körpers  zu  übertragen.  Indessen 
kommt  dieser  Folgezustand  nicht  allen  acuten  Nephritiden  ohne 
Unterschied  zu;  im  Gegentheil  kommt  es  nur  bei  einer  Minderzahl, 
nämlich  bei  der  Nephritis  scarlatinosa,  der  Erkältungsnephritis,  der 
Malarianephritis  und  der  Schwangerschaftsnephritis  regelmässig  zu 
hydropischen  Ansammlungen ,  während  bei  allen  übrigen  acuten 
Nephritiden  die  Wassersucht  auszubleiben  pflegt.  Die  erstgenannte 
Gruppe  der  Nierenentzündungen  ist  nun  durch  eine  starke  Betheili- 
gung der  Glomeruli  am  Erkrankungsprocess  sowie  durch  entzünd- 
liche Veränderungen  und  Verfettungen  ausgezeichnet,  während  bei 
den  übrigen  Formen  in  der  Hauptsache  parenchymatöse  Schädigungen 
vorwalten.  Es  scheint  demnach  der  renale  Hydrops  an  eine  Glome- 
rulonephritis gebunden  zu  sein,  wenn  auch  nicht  jede  Glomerulo- 
nephritis ohne  weiteres  von  Hydrops  gefolgt  wird. 

b.  Speclelle  Pathologie  der  Nierenkrankheiten« 

1.  Diffuse  Nierenentzündung. 

Eine   principielle  Bedeutung  beanspruchen  histologische  Unter- 

Parenchy.    suchungen  von  Senator  (Verhandl.  des  Vereins  f.  innere  Medicin, 

matose      Sitzung  vom  27.  Mai),  weil  sie  ein  klärendes  Licht  auf  eine  noch  immer 

Senator.  '    strittige  Frage  der  Nierenpathologie  werfen.  Bekanntlich  haben  Cohn- 

heim   und  Weigert  das  Vorkommen   einer  rein   parenchyma^ 

tosen  Nephritis  entschieden  geleugnet,   und  in  der  That  schien 

diese  Ansicht  den  thatsächlichen  Verhältnissen  am  besten  Rechnung 


Krankheiten  der  Hamorgane.  223 

zu  tragen.  Neuerliche,  an  Nieren  von  Meerschweinchen  vorgenom- 
mene Untei-suchungen  —  die  Thiere  wnrden  36 — 48  Stunden  nach 
der  Einverleibung  von  Diphtheriecultnren  getödtet  und  ihre  Xieren 
sofort  untersucht  —  haben  jedoch  Senator  belehrt,  dasä  es  auch 
rein  parenchymatöse  Nephritiden  gibt,  denn  es  fanden  sich,  ab- 
iresehen  von  einer  Hyperämie  der  Capillaren,  keinerlei  interstitielle 
Veränderungen,  während  das  Parenchym  stark  gelitten  hatte.  Ueberall 
erschien  das  Epithel  gelockeit,  zum  Theil  abgestossen  und  fort- 
geschwemmt; die  Kerne  befanden  sich  vielfach  im  Zustande  der 
Karyolyse. 

Aufrecht  (CentralbL  f.  innere  Med.  Nr.  10)  hat  zur  Klärung  der     CoagnU- 
Pathogenese  der  Coagulationsnekrose  experimentell  festzustellen       tions- 
versucht ,   bis   zu  welchem  Grade   die  durch  eine  Nierenentzündung      \aÄ^cht 
herbeigeführten  Veränderungen  des  Nierenparenchyms  sich  ausbilden 
können,  wenn  man  die  Nieren  nach  Abschluss  ihrer  blutzufuhrenden 
Gefasse  im  Körper   belässt.     In  dergestalt  behandelten  Nieren  liess 
sich   genau  verfolgen,   dass   die  ersten  Veränderungen   in  den  Epi- 
thelien    der    gewundenen  Kanälchen  auftraten:   und   zwar  lagen  in 
den  blassen,    durch  Anilinfarben  nicht  mehr  farbbaren  Kernen  der 
Epithelien     eine     grössere    Anzahl    von     unregelmässig    gestalteten 
Körnern.     In  einem  späteren  Stadium  sind  die  blassen  Kerne  ganz 
geschwunden,  und  schliesslich  gehen  auch  die  resistenteren  Kömer- 
haufen   zu  Grunde,    so   dass   nur  noch   der   amorphe  ZeUleib  übrig 
bleibt. 

Ueber  die  Erkrankung  der  Nieren  bei  Cholera  veröffentlichen 
Pernice   und  Scagliosi   (Riforma  medica  1894,   Nr.  242)  Unter-     Cholera- 
suchungsresultate ,   welche  zeigen,    dass   die  experimentell  erzeugte       «iere, 
Glomerulonephritis   ihrer  Versuchsthiere   mit  der  am  Menschen  be-      scagliosi. 
schriebenen   pathologisch-anatomisch   identisch   ist   und   in   gleicher 
Weise  durch  eine  Infection  mit  virulenten  Kommabacillen  wie  ver- 
mittelst ihrer  Stoffwechselproducte  hervorgerufen  werden  kami.   Nur 
kam   es   bei    den   mit   filtrirtem  Daiininhalt   geimpften   Thieren   zu 
schwereren    anatomischen   Läsionen    als    bei   der  Einverleibung  der 
Bacillen  selbst,    eine  Differenz,  welche  nach  der  Ansicht  der  Verff. 
daraus  resultirt,   dass   die   Bedingungen  zui*  Erzeugung  schädlicher 
Aosscheidungsproducte  seitens  der  Cholera  Vibrionen  im  Darm  ganz 
besonders  günstig  sind. 

In  85  tödtlich  verlaufenen  Fällen  von  Diphtherie,   die  noch 
vor  Einführung  der  Behring'schen  Therapie  zm*  Obduction  kamen, 


224  Fürbringer. 

Diphtherie-  fand  Reiche  (Centralbl.  f.  innere  Medic.  Nr.  50)  theils  Läsionen 
niere,  degenerativer  Natur,  theils  entzündliche  Veränderungen:  in  zweiter 
Reihe  erwähnt  er  die  Folgezustände  extrem  gesteigerten  Blutdrucks, 
insonderheit  Blutextravasate  in  wechselnder  Fomi  und  Grösse.  Als 
lirsächliches  Moment  aller  gefundenen  Alterationen  schuldigt  er  die 
aus  dem  primären  diphtherischen  Heerd  resorbirten  Toxine  an,  die 
gerade  in  den  Nieren  eine  verheerende  Wirkung  entfalten. 


Diabetes-  Jarussow  (Medicinskoje  Obossenge  Nr.  23)  hat  in  vier  Fällen 

Hieran,  von  Diabetes  mellitus  genaue  mikroskopische  Untersuchungen  des 
arussow.  Nierenparenchyms  vorgenommen  und  glaubt,  dass  die  hyaline  Dege- 
neration des  Nierenepithels,  die  Nekrose  und  die  eigenthümliche 
Fettablagerung  in  den  Epithelien  gewisser  Theile  der  Nierenkanälchen 
specifisclie  Eigenthümlichkeiten  der  diabetischen  Nieren  sind.  Er 
stellt  sich  vor,  dass  infolge  des  fehlerhaften  Stoffwechsels  toxische 
Substanzen  im  Körper  zurückgehalten  werden,  deren  Anhäufung  das 
Symptomenbild  des  Coma  diabeticum  auslöst  und  deren  Rückwirkung 
auf  die  Nieren  sich  in  Form  von  charakteristischen  Epitheldegene- 
rationen äussert. 

In  sieben  Fällen  von  theils  primären,  theils  Scabiesekzemen 
Nephritis  konnte  Bruhns  (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  28)  eine  acut  ent- 
nach  Ekzem,standene  Nephritis  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  auf  die  Haut- 
affection  zurückführen,  da  medicamentöse  Einwirkungen  noch  gar 
nicht  stattgefunden  hatten.  Ueber  die  Art  der  Entstehung  einer 
solchen  Nephritis  sind  wir  noch  im  unklaren ;  es  scheint  jedoch  für 
ihr  Zustandekommen  eine  individuelle  Disposition  vonnöthen  zu  sein. 
Denn  die  allermeisten  Kranken  mit  schweren  universellen  Ekzemen 
bieten  normale  Nierenfunctionen  dar,  während  andere  an  leichten 
Formen  leidende  eine  Nephritis  acquiriren  können. 

~  nach  Bei  einem  von  Saeaze   (Revue  de  medecine  Nr.  2)  publicirten  Falle 

Haut-        war  eine  schwere  und  tödthehe  Nierenentzündung  auf  zwei  kleine  Haut- 

Ahnden,     wunden    zurückzuführen.     Letztere  hatten    als  Eingangspforte   für   eine 

Staphylokokkeninfection  gedient,   welche   zu   deletären  Veränderungen   an 

den  Nieren  führte. 

-  nach  Bei  drei  Kranken,   die   seit   14  Tagen  an  Sommerdiarrhöen 

^TurnCT^'  litten,  sah  Turner  (Practitioner,  October)  eine  acute  Nierenentzün- 
dung auftreten,  die  in  kurzer  Zeit  zum  Tode  führte.  Der  Verf.  ist 
der  Meinimg,  dass  die  im  Darmkanal  gebildeten  Bacteriengifte  zm- 
Resorption  gelangt  sind  und  bei  ihrem  Durchtritt  durch  die  Nieren 


Krankheiten  der  Hamorgane. 


225 


eine  acute  Entzündung  derselben  veranlasst  haben;  er  stützt  diese 
Anschauung  hauptsächlich  auf  den  Umstand,  dass  die  Diarrhöen 
beim  Einsetzen  der  Oedeme  cessirten. 


Aus  einer  statistischen  Zusammenstellung  Hubert  Bona'» 
I British  med.  Journal,  2.  März)  über  die  ätiologische  Bedeutung  des 
Alkohols  für  die  chronische  Nierenentzündung,  der  das  grosse  Ma- 
terial der  Londoner  Armenasyle  zu  Grunde  liegt,  geht  hervor,  dass 
ungefähr  32  •/o  aller  Nephritiden  ursächlich  auf  den  Alkohol  zurück- 
zufuhren waren.  Die  Zahl  der  durch  die  Obduction  bestätigten  Fälle 
betrug  154.  Nach  der  Ansicht  des  Eef.  scheint  der  Procentsatz 
(loch  etwas  zu  hoch  gegriffen. 

Als  eine  besondere  Krankheitsform  spricht  Aufrecht  (Deutsches 
Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  die  alkoholische  Myocarditis  mit  nach- 
folgender Lebererkrankung  und  zeitweiliger  Albuminurie  unter  klini- 
schen Belegen  an.  Hier  betheiligt  sich  die  Niere  an  den  Folgen 
lies  Potatoriums,  in  di'itter  Reihe  also  nach  dem  Herzen  und  der 
Leber. 


Alku- 

holische 

Nephritis, 

Bona, 


Aufrecht. 


Dass  echter  Morbus  Brightii  sich  auf  syphilitischer  Basis 
entwickelt,  ist  als  eine  Seltenheit  anzusehen.  Auch  anatomisch  fand 
Elsenberg  (Archiv  f.  Dermatol.  u.  Syph.  Bd.  28,  H.  2  u.  3)  in 
zwei  derartigen  Fällen,  die  klinisch  nur  die  Symptome  einer  gewöhn- 
lichen Nephritis  dargeboten  hatten,  keine  unterscheidenden  Charak- 
teristica.  Der  Erfolg  der  antisyphilitischen  Therapie  bietet  den  ein- 
zigen Anhaltspunkt  für  die  Kichtigkeit  der  Diagnose. 


Syphi 

litische 

Nephritis, 

Elsenberg. 


Zur  Frage  des  Zustandekommens  von  Nephritis  bezw.  Albumin- 
urie infolge  von  Mercurialisation  ergreift  Heller  (Deutsche  med,    Nephritis 
Wochenschr.,   Vereinsbeilage  S.  189)  das  Wort.     Er  hat  bei  einem     "*^^"^' 

Heller 

Material  von  über  300  Personen  nach  Schmiercuren  in  24  ^/o ,  nach 
Sublimatcuren  in  3,7  ^/o  der  Fälle  Albuminurie  constatirt ;  ausserdem 
beobachtete  er  noch  zwei  Fälle  von  schwerer  mercurieller  Nephritis. 
Heller  konnte  das  Steigen  des  Albumingehaltes  bei  Fortführung 
der  Medication  feststellen.  Fürbringer  macht  darauf  aufmerksam,  Fürbringer, 
dass  die  individuelle  Disposition  bei  der  Entstehung  der  mercuriellen 
Albuminurie  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden  könne.  Auch 
Blaschko  pflichtet  dieser  Ansicht  bei  und  glaubt,  dass  die  Haupt- 
rolle die    Menge    des    zugefiihrten    und   resorbirten   Hydrargyrums 

spiele.     Lewin  hat  in  der  Privatpraxis  niemals  mercurielle  Albu-     G.  Lewin. 
Jahrbuch  der  praetiBchen  Uedicin.    1896.  15 


226 


Fürbringer. 


minurie  gesehen,  gibt  aber  die  Möglichkeit  ihres  Auftretens  bei  Ver- 
stopfung zu,  weil  hier  das  Hydrargjrrum  ausschliesslich  durch  die 
Nieren  ausgeschieden  wird.  Auch  tritt  Albuminurie  leicht  am 
Meeresstrande  bei  Hydrargjn-umgebrauch  ein,  wahrscheinlich  wegen 
des  Chlor-  und  Jodgehaltes  der  Luft. 


Leberleiden 

und 

Nephritis, 

Gonget. 


Gouget  (These  de  Paris)  fand  bei  den  mit  Icterus  einher- 
gehenden Erkrankungen  der  Leber  ausser  der  Ablagerung  von 
Gallenpigment  eine  köi^ge  und  manchmal  auch  fettige  Degeneration 
der  Nierenepithelien.  Die  Veränderungen  betrafen  gewöhnlich  nur 
eine  beschränkte  Anzahl  von  Hamkanälchen  und  hauptsächlich  die 
Epithelien  der  Tubuli  contorti  und  des  absteigenden  Schenkels  der 
Henle'schen  Schleifen,  seltener  diejenigen  der  Sammelröhren.  Die 
Glomeruli  und  das  interstitielle  Gewebe  blieben  stets  intact.  Kli- 
nisch kamen  die  Nierenstörungen  zum  Ausdruck  durch  die  Modifica- 
tion  der  Diurese  und  durch  das  Auftreten  von  Albuminurie  und 
Cylindrui'ie. 


Schwanger-  Herman   (Practitioner,   Februar)   trennt   eine    acute   imd   eine 

^^^^^i       chronische  Form  der  Schwangerschaftsnephritis  und  theilt  beide 
Herman  '    wieder  in  je  zwei  ITnterabtheilungen,  je  nachdem  sie  gesunde  oder 
vorher  schon  kranke  Frauen  betreffen.     Als  Paradigmata  fuhrt  er 
eine  chronische  und  eine   acute  Nephritis   bei  vorher  gesunden  In- 
dividuen,  sowie   eine   acute  Nephritis   bei   einer  schon  bestehenden 
Go88mann,     Pyelitis  auf.     Ein  von  Gossmann  (Münch.  med.  Wochenschr.)  ge- 
lieferter casuistischer  Beitrag  ist  dadurch  bemerkenswertli ,  dass  er 
eine  8mal  recidivirte  S«^hwnngerschaftsnephritis  betrüFt,  die  jedesmal 
mit   Beendigung    der    Schwangerschaft   spurlos    zurückging.      Nach 
Savor,        langdauemdem  Coma  eclampticum  beobachtete  Sa  vor  (Wiener  klin. 
Wochenschr.  Nr.  8  u.  9)   eine  tagelang  dauernde  Hydrothionurie 
mit  reichlicher  Schwefelwasserstoff  bildung.    Der  Urin  war  anfänglich 
spärlich  und  führte  viele  Urate,   enthielt  niemals  Eiweiss,   sondern 
nur  Spuren  von  Nucleoalbumin.     Bei  cultureller  Behandlung  konnte 
er  eine  Wachsthumsvarietät  des  Bacillus  coli  commune  züchten.    Es 
handelte   sich   also   um  eine  reine,   ohne  Entzündungserscheinungen 
einhergehende  Bacteriurie  im  Bereiche  des  uropoetischen  Apparates, 
der   sich   erst   nach   3wöchigem   Bestehen    eine    Cystitis    anschloss. 
Gegenüber  der  Annahme,  dass  eine  während  oder  nach  der  Geburt 
Williams,      auftretende  Eklampsie  stets  auf  einer  Nephritis  beruht,  weist  Wil- 
liams  (Practitioner,  Januar)   darauf  hin,   dass   auch  Convulsionen 
ohne   Albuminurie   vorkommen   und   dass   bei   tödtlich  verlaufenden 


Krankheiten  der  Hamorgane.  227 

Fällen  gelegentlich  die  Nieren  gesund  gefunden  werden ;  endlich  ver- 
liest  auch   die   Thatsache  Berücksichtigung,    dass   an    chi'onischer 
Nephritis   Leidende  relativ  selten  von   Eklampsie  befallen  werden. 
Des  weiteren  berichtet  er  über  zwei  Fälle,  welche  beweisen,   dass 
auch  eine  wirklich  bestehende  Nephritis  nicht  immer  zur  genügenden 
Erklärung  einer  Eklampsie  ausreicht,  sondern  dass  beide  Zustände, 
Nephritis  und  Eklampsie,   coordinirte  Folgezustände  einer  unabhän- 
«rigen  Allgemeinerkrankimg  sein  können.    Das  Krankheitsbild  der  in 
<ier  Schwangerschaft  auftretenden  Betinitis  albuminurica  skizzirt 
Silex   (Berlin,   klin.   Wochenschr.  Nr.  18)  folgendermassen.     Meist        Silex. 
in  der  zweiten  Hälfte  der  Schwangerschaft  kommt  es  zu  allmählichen 
Sehstörungen;   die  Sehschärfe  wird  ohne  Gesichtsfeldeinschränkung 
geringer ;  bisweilen,  namentlich  wenn  Eklampsie  hinzutritt,  schwindet 
jegliche   Lichtempfindimg.     Die  Netzhautveränderungen  bestehen  in 
bellweissen,  glänzenden  Fleckchen,  die  in  der  Macula  bisweilen  eine 
sternförmige   Anordnung    zeigen,    sowie   in  grösseren,    streifig  und 
radiär   verlaufenden   Schollen.      Silex   plaidirt  in   allen   denjenigen 
Fällen  fiir  die  Einleitung  der  Frühgeburt,  in  welchen  auch  nur  eine 
massige  Herabsetzung  der  Sehschärfe  besteht ;  denn  erfahrungsgemäss 
steDt  sich  gerade  bei  der  Eetinitis  albuminurica  in  späteren  Stadien 
mit  grosser  Regelmässigkeit  Eklampsie  ein. 

Die  Erklärung  der  urämischen  Amaurose  ist  bisweilen  keine 
trinheitlicBe  gewesen;  theils  wurde  sie  als  Ausdruck  einer  centralen, 
theils  einer  mehr  peripheren  Läsion  aufgefasst.     Pick  (Deutsches    ürämiBche 
Arch.  f  klin.  Med.  Bd.  56,  H.  1  u.  2)  theilt  nun  einen  Fall  von  Urämie   Amanrose, 

«  X  ICK« 

mit,  bei  dem  sich  im  Anschluss  an  eine  Amaurose  eine  linksseitige 
Hemianopsie  entwickelte  und  wo  die  Section  einen  Erweichungs- 
heerd  im  entsprechenden  Hinterhauptslappen  aufdeckte.  Der  Fall 
gewinnt  eine  erhöhte  Bedeutung  dadurch,  dass  der  Uebergang  einer 
urämischen  Amaurose  in  Hemianopsie  auch  durch  andere  Beispiele, 
von  denen  Pick  zwei  weitere  bekannt  gibt,  erhärtet  wird.  Es  ist 
ihm  nicht  unwahrscheinlich,  dass  in  derartigen  Fällen  die  Amaurose 
<lureh  eine  toxische  Läsion  der  beiderseitigen  centralen  Sehbahnen 
hervorgerufen  wird;  unter  ihrer  Einwirkung  kommt  es  nun  in  der 
einen  Hemisphäre  zu  einer  Erweichung,  die  ihr  klinisches  Correlat 
in  dem  Auftreten  einer  Hemianopsie  findet. 

V.  Ziemssen  (Verhandl.  d.  Gesellschaft  f.  Naturforscher  und 
Aerzte)  hat  bei  Urämikem  regelmässig  eine  Erhöhung  des  Blut- 
drucks,   die    bis    zu    220  mm   Hydrargyrum    anwuchs,    constatiren 


l 


228  Fürbringer. 

Blutdruck  können.  Die  Intensität  des  urämischen  Zustandes  läuft  der  Zu- 
!!^\        nähme  des  Blutdrucks  im  grossen  und  ganzen  parallel.    Es  handelt 

V.  ziemssen.  sich  bei  dieser  Spannungszunahme  offenbar  um  eine  vasoconstric- 
torische  Beizimg  durch  die  im  Körper  zurückgehaltenen  hamfahigen 
Substanzen.  Es  gelaiig  ihm  zwar  nicht,  durch  Amylnitrit  diese 
supponirte  Gefassverengerung  zu  paralysiren;  indessen  entziehen 
diese  missglückten  Versuche  der  Beiztheorie  noch  nicht  jeden  Boden, 
da  der  Beiz  des  Giftes  dem  des  Gegengiftes  überlegen  gewesen  sein 
kann.  Durch  weitere  Versuche  hat  Ziemssen  festgestellt,  dass 
auch  beim  Eintritt  einer  dyspnoischen  Attacke  der  arterielle  Blut- 
druck plötzlich  enorm  ansteigt  und  mit  ihrem  Nachlassen  wieder 
absinkt. 

liarnaäure  Entgegen  f i-üheren  Angaben  von  v .  J a k s c h  bestreitet  v.  F o d o r  (Central- 

im  Blut  von  jjia^ti  f.  innere  Medicin  Nr.  36),   dass  das  Vorkommen  grösserer  Mengen 

tikern        ^^^  Harnsäure  im  Blut«  von  Nephritikem  ein  regelmässiger  Befund    sei. 

Fodor.        im  Gegentheil   hat  er  sie  meist  nur  in  minimen  Quantitäten  nachweisen 

können. 

Für  die  Fälle  mit  langjähriger  Albuminurie,  bei  welchen  die 

Eiweissausscheidung  grosse  Intensitätschwankungen   bei  annähernd 

normalem    specifischem    Gewicht    und   Hammenge     zeigt,     nimmt 

Symptoma-  V.  Ziemssen   (Deutsches   Archiv    f.   kUn.    Med.   Bd.  55)    circum- 

tologieder  gcripte,  entzündliche  Veränderungen  der  Nierensubstanz  t^,   die  er 

V.  Ziemssen.   ^^  ^^®  Eiweissabsonderung  verantwortlich  macht.    Derartige  Elranke 

will   er   nach   Möglichkeit   von   allen    schädlichen   Einflüssen    fem- 

gehalten  wissen.     Für  einen  guten  Maassstab  zur  Beurtheilung  der 

Schwere   des  Einzelfalles   hält   er  die  Beobachtung  des  Blutdruckes 

und   des  Hämoglobingehalts.     Bei   parenchymatöser  Nephritis   sinkt 

der  Hämoglobingehalt  proportional  der  Schwere  des  Falles,  während 

er  bei  interstitieller  relativ  hoch  ist. 

Die  Therapie   der  Nephritis   anlangend  ist  zunächst  einer 
Therapie    Abhandlung  Hirschfeld's  (Zeitschr.  f.  Krankenpflege,  Mai)  zu  ge- 
der         denken,  in  welcher  der  Behandlung  der  Albuminurie  besondere  Auf- 
iUr«chfei(l      M^örksamkeit  geschenkt  wird.     Hirsch feld  will  jede  Nahrung  aus 
der  Kost  gestrichen  wissen,  welche  die  Albuminurie  steigern  kann, 
vornehmlich  Bäucherwaaren ,   alkoholische  Getränke  und  starke  Ge- 
würze.   Ebenso  wie  gegen  den  übermässigen  Eiweissverlust  ist  auch 
gegen  eine  Ueberemährung  mit  Eiweissstoffen  anzukämpfen;  denn 
letztere  kann  leicht  zu  einer  Anhäufung  von  N-haltigen  Stoffen  im 


Krankheiten  der  Hamorgane.  229 

Organismus  fuhren,  da  die  kranken  Nieren  der  ihnen  zugemutheten 
Leistung  nicht  gerecht  werden  können.  Am  meisten  empfehlen  sich 
alä  Nahrung  neben  Milch  die  weissen  Fleischsorten;  Fett  ist  in 
jeder  Form  zu  gestatten,  desgleichen  Vegetabilien ,  besonders  Reis. 

Eine  gute  Wirkung  auf  hydropische  Ergüsse  rühmt  Gerhardt  Behandln ng 
(Münchener  med.  Wochenschr.  1894,   Nr.  50)  den  heissen  Sand-     „   ^®* 

'  ,  Hydrops: 

b ädern   nach;    in   manchen  Fällen   sah    er   bei   ihrer  Anwendung       Heisse 
aasgezeichneten   Nutzen.     Wirksam   sind   auch  Einschnitte   in   das        Sand- 

b  ä  de  f 

Unterhautbindegewebe,    in    Gestalt  von  vier  kleinen    Schnitten   an      Gerhardt. 
\mden  Seiten  der  Unterschenkel;  der  Kranke  muss  behufs  i-ascheren 
Wasserabflusses  sitzen. 

Für   die   diaphoretische  Heilmethode  tritt  Dehio   (Petersb.  Diaphorese, 
med.  Wochenschr.  Nr.  44)  ein.   Insbesondere  spricht  er  das  Schwitz-        Dehio. 
bett  als  das  schonendste  und  mildeste  diaphoretische  Verfahren  an. 
Ein  von   ihm   empfohlener  Apparat  entspricht  im  Princip   dem  be- 
kannten Phönix  k  air  chaud  von  Fulpius  in  Genf. 

In  Fällen  von  acuter  wie  chronischer  Nephritis  wendet  Mo  liiere  Pilocarpin, 
iLvon  m^d.  Nr.  15)  seit  vielen  Jahren  das  Pilocarpin  in  folgender      ^oili^r^. 
Form  an.    Er  vertheilt  eine  Salbe  von  0,05 — 0,1  Pilocarpin  zu  100  g 
Vaseline  auf  dem  ganzen  Rumpfe  und  befestigt  sie  durch  Verband. 
Nach  dieser  Procedur  sah  er  eine  Besserung  des  subjectiven  Befindens, 
reichliche  Diaphorese  und  eine  Steigerung  der  Diurese  eintreten.    Die 
Oedeme  schwanden,  und  die  Albimiinurie  verminderte  sich.    Die  Be- 
handlung eignet  sich  für  alle  Formen  der  Nephiitis,  leistet  aber  die 
weitaus  besten  Dienste   bei   der   acuten  Nierenentzündimg ;   contra- 
indicirt  ist  sie  bei  Urämie.    Der  warmen  Empfehlung  des  Pilocarpins 
schliesst  sich  Lueck  (Therap.  gazette,  15.  Nov.)  an  und  wendet  es       Lueck. 
in  Dosen  von  0,003  3stündlich  auch  bei  renaler  Hydropsie  von  Kin- 
dern an. 

In  einer  bemerkenswerthen  Abhandlung  über  mechanische  Be- 
handlung der  Hautwassersucht  theilt  Schurz  (Therap.  Monatshefte,  HechaniBcbe 
Januar)  nach  einem  vollständigen  litterarischen  Ueberblick  mit,  dass  Behandlung 

^j  -r-i_^  X  •  •  A.i.  lA  1  des  Hydrops, 

ond  warum  JLieicntenstern  m  semer  Anstalt  nach  Ausprobung       schurz. 
der  sonstigen  Methoden  nur  noch  die  Incisionen  anwendet.    Hierzu 
bestimmten  ihn  die  Erfolge,    die  Ungefährlichkeit  und  die  Bequem- 
lichkeit der  Methode.     Genau  dasselbe  ist  auf  der  Abtheilung  des 
Ref.  der  Fall  gewesen. 


230 


Ftirbringer. 


Dem  Caloinel,  dessen  Nebenwirkungen  man  je  länger  je  mehr 
Behandlung  fürchten  gelernt  hat,  ist  in  Pepper  (Med.  news,  15.  Dec.  1894)  ein 
neuer  Lobredner  erwachsen.  Er  hält  relativ  grosse  Dosen  (3-  oder 
4mal  0,2  g)  für  erforderlich ;  kleinere  üben,  auch  wenn  sie  stündlich 
gereicht  werden,  nicht  die  gleiche  Wirkung  aus.  Nach  mehrtägigem 
Gebrauch  nimmt  der  diuretische  Effect  des  Präparats  ab,  tritt  jedoch 
beim  Dazwischenschieben  einer  kleinen  Pause  wieder  hervor. 


des 

Hydrops: 

Calomel, 

Pepper. 


Diaretin, 
Askanazy. 


So  sehr  auch  Askanazy  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  56, 
H.  3  u.  4)  das  Di  ur  et  in  als  Diureticum  bei  Herzkranken  schätzt,  so 
kann  er  diesem  Mittel  bei  chronischer  Nephritis  nur  einen  bedingten 
Werth  zuerkennen.  In  hohem  Grade  wirksam  zeigt  es  sich  gegen 
Anfälle  von  Asthma  cardiale  und  Angina  pectoris  sowie  gegen  chro- 
nische cardiale  Dyspnoe,  die  so  oft  ein  Begleitsymptom  der  chro- 
nischen Nephritis  darstellt.  Eine  primäre  Einwirkung  auf  das  Herz 
ist  dem  Mittel  kaum  abzusprechen.  Bei  der  Verabreichung  von 
5 — 7  g  Diuretin  pro  die  treten  hin  und  wieder  schwere  CoUapse  auf; 
es  ist  daher  räthlich,  die  Tagesdose  höchstens  auf  3—4  g  fest- 
zusetzen. 


Cystinnrie, 
Hall. 


2.  Nephrolithiasis. 

Bei  einem  SS^ährigen  Patienten  sah  Hall  (Quarterly  med.  Journal 
Bd.  3)  zahlreiche  Steine  abgehen,  die  in  Ammoniak  löslich  waren  und  deren 
Rückstand  nach  dem  Verdampfen  die  charakteristischen  Gystinformen 
zeigte;  auch  im  centrifugirten  Sediment  fanden  sich  zahlreiche  Cystin- 
krystalle.  Durch  energische  Behandlung  mit  Alkalien  gelang  es,  die  Cystin- 
urie  zum  Schwinden  zu  bringen  und  das  subjective  Befinden  des  Patienten, 
das  durch  heftige  Schmerzen  in  der  linken  Leistengegend  sehr  beeinträchtigt 
gewesen  war,  erheblich  zu  bessern. 


Ueber  Nephrolithiasisim  Anschluss  an  Brechdurchfall  berichtet  E  i  c  h  - 
hörst  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  48).    Bei  einem  10jährigen  Knaben 


Nephro- 
lithiasis 

"i*°^i^/^n^   hatten  sich,  was   die  Litteratur  noch  nicht  berichtet,   die   Erscheinungen 
Eichhorst.'     eij^er  ausgebildeten  Nierenkolik  eingestellt. 


Oxalurie, 
Pfeiffer. 


Für  Oxalsäure  Nierensteine,  sowie  für  Oxalurie  überhaupt 
schlägt  Pfeiffer  (Centralbl.  f.  d.  Krankheiten  d.  Harn-  u.  Sexual- 
organe Bd.  6,  H.  6)  eine  Diät  vor,  bei  der  aller  Zucker  ausgeschlossen 
und  die  Amylaceen  mögliclist  eingeschränkt  werden,  damit  die  Aus- 
scheidung der  Oxalsäure  im  Harn  vermindert  wird.  Demselben 
Zweck  dient  die  Verordnung  von  Alkalien,  unter  denen  besonders 
das   Fachinger   Wasser   den   gi'mstigsten   Einfluss    ausübt.      Unter- 


Krankheiten  der  Hamorgane.  231 

stützend  wirken  warme  indifferente  Bäder,  vornehmlich  die  Thermal- 
bader von  Wiesbaden. 

Alle  bislang  empfohlenen  harnsäurelösenden  Mittel  besitzen  Harnsäure- 
aach  Mendelsohn  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8)  ein  relativ       m\\**i^ 
schwaches  Lösungsvermögen ;  erst  neuerdings  ist  in  dem  Lysidin  ein    Mendelsohn. 
Körper  entdeckt,  dem  diese  Kraft  in  ganz  erstaunlicher  Weise  eigen 
Mi.    Aber   selbst   dieses   Lösimgsmittel  par   excellence   ist  nicht  im 
Stande,   im   Organismus  selbst  Harnsäure   zu  lösen.     Unter  diesen 
Umständen  ist  die  Muthmaassung  berechtigt,   dass  im  Harn  Körper 
«enthalten  sind,   welche   die  Wirkung  der  künstlichen  Lösungsmittel 
hemmen.     Mendelsohn    hat  durch    methodische   Untersuchungen 
testgestellt,    dass    sie   in   den   feuerbeständigen   Bestandtheilen    des 
Harns,   speciell  in  dem  Hauptrepräsentanten  derselben,  dem  Chlor- 
natrium, zu  suchen  seien. 

Nach  experimentellen  Untersuchungen  von  Mendelsohn  Lithium, 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  41)  kommt  unter  allen  Lithium-  Mendelsohn. 
salzen  dem  Lithium  citricum  der  stärkste  diuretische  EiFect  zu.  Wenn 
daher  eine  Lithiummedication  bei  hamsaurer  Diathese  angezeigt  er- 
>cheint,  so  ist  es  angebracht,  dem  erwähnten  leicht  löslichen  Prä- 
parat den  Vorzug  zu  geben.  Nächstdem  ist  das  Lithium  aceticum 
zu  empfehlen,  weil  es  leicht  aus  Lithium  carbonicum  in  einer  Satu- 
ration hergestellt  und  im  Geschmack  corrigirt  werden  kann.  Das 
Lithium  carbonicum,  bekanntlich  das  bislang  fast  ausschliesslich  ver- 
wandte Salz,  besitzt  den  Nachtheil,  dass  die  starke  Salzsäure,  welche 
lien  Säurecomponenten  des  Chlorlithiums  bildet,  bei  der  ihr  eigenen 
Affinität  viel  weniger  Lithium  zur  Bildung  von  toxischem  ham- 
saurem  Lithiimi  frei  werden  lässt,  als  bei  anderen  Lithiumsalzen. 

Nach  Nicolaier  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  34)  eignet  ürotropin, 
sich  das  aus  Formaldehyd  und  Ammoniak  entstehende  Ürotropin  Nicolaier. 
vorzüglich  zur  Lösung  hamsaurer  Steine;  nach  seiner  Darreichung 
erhält  der  Harn,  ohne  seine  saure  Reaction  einzubüssen,  harnsäure- 
lösende Eigenschaften.  Von  einzelnen  Patienten  wurden  8 — 10  g 
Ürotropin  anstandslos  vertragen,  bei  anderen  hatte  der  längere  Zeit 
fortgesetzte  Gebrauch  des  Mittels  in  der  Höhe  von  6  g  gelegentlich 
unangenehme  Nebenwirkungen  zur  Folge,  die  jedoch  nicht  über  ein 
brennendes  Gefühl  in  der  Blasengegend  und  vermehrten  Urindrang 
lünausgingen.  Bei  Tagesdosen  unter  2  g  \vurden  niemals  Neben- 
erscheinungen beobachtet. 


232  Fürbringer. 

Mit   der  Einführung   der  Kalks  alz e   in   die  Behandlung   der 

Kalksalze    hamsauren  Diathese  vennehrt  Lehmann  (Berl.  klin.  Wochenschr. 

bei         ^j.  23)  den  diuretischen  Arzneischatz  um  ein  weiteres  Agens.     Er 

Diathese,    ^^nd  die  248tündige  Urinmenge  nach  Kalkeinnahme  regelmässig  ver- 

Lehmann.     mehrt  und  die  Ausscheidung  von  V-fi^  und  Na^O  im  Urin  gegen  die 

Norm  vermindert. 

3.  Kitrige  Nephritis. 

Die  Anschauung,   dass   eitrige  Nephritiden  nicht  bloss  auf 
ascendirendem  Wege,  sondern  auch  descendirend  von  der  Blutbahn 
Aetioloßie   aus  ZU  Stande  kommen  können,   sucht  Posner  (Verhandlungen    d. 
der  eitrigen  Gresellschaft  deutscher  Naturf.  u.  Aerzte)  experimentell  zu  beweisen. 
Posner.    '    ^^  ^^^  zunächst  festgestellt,   dass   sich    bei  Versuchsthieren  nach 
Rectalunterbindungen   entzündliche   Veränderungen    in    den    Nieren 
etabliren,  besonders  Glomerulitis  und  Epithelnekrosen.    Die  Injection 
von  virulenten  Colibacillen  in  die  Blutbahn  wird  von  echter  Nephritis 
mit  Cylinderbildung  gefolgt.     Darmbacterien  kamen  nur  dann  zur 
Ansiedlung  in  den  Nieren,   wenn   letztere    vorher   durch   Alkohol- 
injection   geschädigt  waren   oder  wenn   die  Thiere   mit  Chrom  ver- 
giftet und  eine  Rectalunterbindung  nachgeschickt  wurde. 

Behandlung  Casper  (Verhandlungen  d.  Gesellsch.  d.  Naturf.  u.  Aerzte)  ver- 

der  Pyelitis,  öffentlicht  zwei  Fälle  von  Pyelitis  gonorrhoica,  in  denen  er  durch 
Ausspülung  des  Nierenbeckens  mittels  Bor-  und  Höllensteinlösung 
völlige  Heilung  erzielte.  Im  ersten  Fall  blieb  der  in  den  Ureter 
der  kranken  Seite  eingeführte  Katheter  mehrere  Tage  lang  liegen, 
im  zweiten  wurde  die  Ausspülung  in  verschiedenen  Sitzungen  vor- 
genommen. In  beiden  Fällen  waren  alle  anderen  therapeutischen 
Maassnahmen  ohne  Erfolg  geblieben.  Das  gleiche  Besultat  konnte 
Gu^pin.  Gu^pin  (Gaz.  m^d.  de  Paris,  11.  Aug.)  bei  einer  Pyelitis  durch 
Blasenausspülung  und  Milchdiät  erzielen;  eine  besonders  günstige 
Wirkung  schreibt  er  letzterer  zu.  Nach  dem  Aussetzen  der  Milch- 
diät verschlimmerte  sich  der  Zustand  von  neuem. 

4.  Tuberculose  und  Neubildung. 

Nieren-  Nach  Watson  (Boston  med.  and  surg.  Journal,  7.  Februar)  be- 

tubercttiose, gijjjj^  die  primäre  Tuberculose  des  Urogenitalapparates  meist  im 

Nebenhoden,   seltener  manifestirt  sie  sich  zuerst  in  Form  kleiner 

kugliger  Köi-perchen  im  Hilus   des  Hodens  selbst.     Bei   AflPection 

der  Samenbläschen   ergibt   die  Untersuchung  per  rectum   eine  Ver- 


^ 


mbercalose  begmut 


htnL  BtiniÄnIiiTTiuc    ijrr   !?""  ••^^^r;*.     >-'t^    ZliAe^ai*- 


/hllli*:il  3Ur    rp»j~Tnr*»i  ^L 


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mikroskopisch  natekw^e&^lxftr  «smi  in«!  -ri-vj.  ^  a  >ii  i-n- n  rnnur«! 
«ler  Steine  vneraknlaäisfiea.  Hinuinr:tt*äL  iiuLiurra  mivr«*  nni'.ttiL  iiun^ 
'*ie  durch  inätnnBeaseil*^  TTnBEanflniiiniiii***!  iii't.  3L*n»*r*j»t*¥^r:rTni£*t2i 
nicht  verstärkt  'w^rdcU-  P.t-s-t.x  -7  »xrniL..  in  ni-L  i»t  Z«l-:ki.i:i. 
Nr.  9)  beschreibe  einjeii  th  .r-:^ '  h  n . :  > liit^g.  Ji*l  -tiiLrrr  ^rTCiL-m  Z~-r-«ai- 
tuberculoöe.  bei  »ienL  »!•*  •«nzur*»  ^joiiir  ol  imti  -.tn-nii  -t^.^^r*^  ~.  ri.ir- 
iirie  ohne  je<Jwede  ^i-cistl;!^  V-^r'Lii if^rrn «r^n.  iir*  "T^Hi^  .»r?ra^i:.  _»it 
erkrankte  Niere  irar  th:«!*^  T^r-rr' »t-Hir:  ii  *.a  y.-..T:itrin.ir'- 


tt:         "» 


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Mc  CarthT  md   Ma?":!»    lCfjni3~ii..  xih^L    •  unu*.   .'u.iü^"    u.  •.♦ta   i»t:  y 


?rüt;ir'^aiii^  3.-rr^T!i.r!_i.jL   »♦^.•:n*':ir*»i 


einer  4^)ahrigtai  Fnta  Ät  r^irbi 

daji  durdi  eine  *«fltaie  lfit*«Ga<w»  athi.iL  trhi^-^imr    i:.urit,*r-'''^r'iur 

»"ntwickelteii  äch  BSm&!h  mg%aLir,ir-f4*jitt  ±jii<i>t*i  zl   t»^    :Tik.*rL  F.»«-«.  frr;.<~ir- 

wncfaend  von  stmsftigeB  3CB*r»fikr»r^.*«*aL  kif  i»^!iL  Ijn.; »i.-p-*-i7*  -r:.»jrL  iln 
weiterer  von  Anderson  -LdAri^t.  27.  A^cl  3i-rw2'rr-irLl~^r  Ji-1  ^<:  l^uztz".*! 
l^merkenswerth .  das  €r  trc-ci  •fiüjr.^^a.  r>?«r<irtf*iit  -»-«i^tr  ci  HLnuinir^ 
noch  zu  Kachexie  fnhrte.  Fh^'z*?  t;«l  M:rj;*  I-uii'rr.  fT  Atc:_  z^^iat 
^>e#chriebene  Falle  tauschten  \yrrvmf::Lr:'zz>i'Zirr  t  .»i .  «r-l-ta.  tL.i  k:*^  iz 
Wirklichkeit  als  maligne  N^'.i^li.-sirrs  £rr>  I*..£iLj:ni*  i-^LT-*.  f-r  n-^ 
]>aranephritischen  AbscesMcn  oim'  ->:r:  -wi^^r«- 


■j  •  -  1.4  '-J  .  ' 


AUtHT"^.»! 


. .,r       ^    •'-     \-  -r    T^- 


Endlich  i'*t  noch  ein  Earle  ::si  Wr^T-rz 
Aseoc.,  Decemberl  angefadrigin'  F^  vca  Xrr'-r:^:jdrry^rr-::ii..r  i::_ri:ri^Lrr3 .  : 
>ehr  interessante  klinische  Symptocie  z>e:t£z^«-  !•:<•  Kji~;*r-r-*-lrir-::Lr,^:*r^  ' 
«>tanden  in  Gelbsacht,  der  raMh  efs^  b:T«i-dT^  l>-'*rrTrr^>.-^r-:zur  r.^. 
ft>lgte.  Anatomisch  fand  «ich  ein  fimws«c-«-  vcn  der  iv.ltr=  Nr'«rrjiirTv  ä: 
j^ebendes  Spindelzellensafkom.  da«  die  «?vfXK^  der  LrVrjf.  rte  Tuam-ctb* 
and  zum  Verechloas  gebraut  hatte. 


tcs :  r. 


Eine  interessante  Gesehwul^  der  Xierenir»-^Ed.  dl*?  dunrh  dt*n  i^fhalt 
von  quergestreiften  Mnskelfa6ernaa<$igezeiL-hnet  war.  beschreibt  Brock 
iVirchow's  Archiv  Bd.  140.  Heft  3).  Der  Tumor  besas^  riesige  Dimen^ionen. 
ohne  in  den  Nachbaroiganen  wesentliche  Schädigun^ren  hervorgt^bra^ht  zu 
haben.  Auch  bei  seinem  Fortschreiten  gegen  die  Xiere  zeigte  die  Ge- 
schwulst keinen  eigentlich  bösartigen,  sondern  einen  mehr  verdrängenden 
Charakter;  nur  an  einigen  wenigen  Stellen  war  die  Eap^^I  verdünnt  oiler 
durchbrochen.  Weniger  gutartig  zeigten  sich  einige  traubenförmige  An- 
hange, die  Verf.  ab  locale  Metastasen  auffass-t. 


j;eschwulst 

der  Nif  reu. 

Brock. 


234  Fürbringer. 


5.  Neuralgie  der  Niere. 

Nieren-  Senator  (Neuralgie  derNiere  [Nierenkolik,  Nephralgie], 

iieuralgie,  ßerl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  13).  Es  gibt  echte  Nierenneuralgieen, 
sowohl  secundäre  im  Verlaufe  anderer  Krankheiten,  als  auch  primäre 
idiopathisclie.  So  gibt  es  z.  B.  „Crises  nephretiques"  bei  Tabes, 
welche  wie  eine  richtige  Nierensteinkolik  verlaufen  und  vorzugsweise 
die  linke  Niere  befallen  sollen.  Die  hysterische  Hyperästhesie  der 
Nieren,  welche  oft  als  Ovarie  imponirt,  gehört  auch  hierher.  Man 
hat  schon  mehrfach,  wo  periodisch  auftretende  Nierenkoliken  auf 
Concremente  schliessen  Hessen,  bei  der  Operation  eine  gesunde  Niere 
gefunden.  Die  Diagnose  bleibt  selbst  bei  langer  Beobachtungsdauer 
nur  Wahrscheinlichkeitsdiagnose.  Die  Therapie  muss  zunächst  gegen 
vermuthete  Grundleiden  gerichtet  sein  und  erst  bei  unerträglicher 
Steigerung  der  Beschwerden  zur  Operation  führen.  Selbst  falsche 
Diagnosen  sind  nicht  ohne  Werth,  denn  die  Erfahrung  hat  gelehrt, 
dass  Nierenneuralgieen  nach  Blosslegung  der  Niere  sich  besserten, 
sogar  heilten. 

6.  Bewegliche  Niere. 

Ren  mobilis,  Legry  (Union  mMicale  Nr.  9  u.  10)  weist  überzeugend  nach, 
Legry.  (j^gg  ^{q  Situs  Verhältnisse  der  Nieren  es  durchaus  erklärlich  machen, 
dass  unter  dem  Einfluss  eines  andauernden  Druckes  oder  ähnlich 
wirkender  Factoren  eine  Verschiebung  der  Nieren  nach  abwärts  zu 
Stande  kommt.  Besonders  häufig  findet  sich  die  Wanderniere  bei 
der  Enteroptose,  ohne  übrigens  eine  constante  Theilerscheinung  dieses 
Krankheitszustandes  zu  sein;  man  darf  daher  Nephroptose  und 
Wandemiere  nicht  mit  einander  identificiren  oder  etwa  als  ver- 
schiedene Grade  derselben  Krankheit  auffassen. 

Peri-  Vieles  Interesse  beanspruchen  die  Mittheilungen  von  Edebohls 

typhiitlB     (The  americ.  Journal  of  obstetrics,  Februar),   denen  zufolge  Kranke 

Wand  er-      ^^^  Wandernieren  auffällig  oft  Alterationen  des  Wurmfortsatzes  dar- 

niere,       bieten.  Die  Nephrorrhaphie  bessert  in  einer  ganzen  Anzahl  von  Fällen 

^  e  0  8.      gleichzeitig  mit  den  durch  die  Wanderniere  verursachten  Schmerzen 

auch  die  Erscheinungen  der  Appendicitis.     Der  Zusammenhang  der 

beiden    an    sich    so    verschiedenen   Krankkeitszustände    fusst    nach 

Edebohls'  Ansicht   auf  der   den  betreifenden  Organen  eigenthüm- 

lichen  Blutversorgung.    Der  Processus  vermiformis  nämlich  empfangt 

sein  Blut  von  der  A.  mesaraica  superior  und  führt  es  in  die  V.  mesa- 


Ki*ankheiten  der  Hamorgane.  235 

raica  ab;  letztere  steigt  hinter  dem  Panki'eas  zur  V.  portae  auf. 
Diu'ch  die  Stellungsanomalie  der  Wanderniere  wird  der  Kopf  des 
Pankreas  mitdislociii:  und  dadurch  eine  Compression  auf  die  Mesen- 
terialgefässe  ausgeübt,  die  sich  rückwärts  auf  den  von  ihnen  ver- 
sorgten Wurmfortsatz  fortpflanzt. 

C.  Krankheiten  der  Harnwege. 

Bezüglich  der  Krankheiten  der  Hamwege  hat  das  laufende  Be- 
richtsjahr nur  wenige  Arbeiten  gezeitigt,  die  dem  Zweige  der  internen 
Disciplin  angehören. 

Miyake  und  Scriba  (Mittheil,  aus  der  med.  Facultät  von  Tokio     Hämato- 
Bd.  3,  Nr.  1)  berichten  über  eine  Hämatochylurie,  die  schon  seit     ^^iyakeif 
11   Jahren   periodisch   bestand   und   deren   erstem  Auftreten  inter-       Scriba. 
mittirende  Attacken   von   schmerzhaften  Hodenschwellungen   voran- 
gegangen waren.     Im  Harn   fanden   sich   ausser  nephritischen  Ele- 
menten  und    Fetttröpfchen   Milben,    Eier   und    Lan'^en.     Auch    im 
Spülwasser   der  Blase  wurden   die   gleichen  Gebilde   entdeckt.     Die 
Hämatochylurie   heilte   unter  Blasenausspülungen.     Die   genaue  Be- 
schreibung der  Milben  ist  im  Original  einzusehen. 

Kathetei'i» 
Die    Technik    des   Katheterismus    der    Harnleiter    hat     mue  der 

L.  Casper  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7)  gefördert.  Harnleiter, 

Casper. 

Sa  vor  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  44)  bringt  einen  neuen  ßacterieiie 
Beleg  für  die  Vielgestaltigkeit  des  Krankheitsbildes,  das  durch  eine  ^^  *'/*' 
Infection  der  Harnwege  mit  Bacterium  coli  entstehen  kann.  Bei 
einer  Cystitis,  die  dadurch  merkwürdig  war,  dass  sich  wiederholt 
mit  dem  eiterhaltigen  Harn  croupöse  Membranen  entleerten,  ergab 
die  bacteriologische  Untersuchung  Bacterium  coli  in  Reincultur.  Im 
Anfang  bestand  schwach  alkalische,  später  saure  Beaction;  ammo- 
niakalische  Gährung  dagegen  war  niemals  vorhanden.  Unter  fort- 
gesetzten Ausspülimgen  besserte  sich  der  Blasenkatarrh  sehr 
rasch. 

Goldberg  (Centralbl,  für  die  Krankh.  der  Harn-  u.  Sexualorgane,  Bacteriurie, 
Heft  7)  konnte  bei  einem  alten  Gonorrhoiker  im  Urin  zahllose  Kokken  mit  Goldberg, 
geringer  Eigenbewegung  nachweisen,  die  etwas  kleiner  als  Gonokokken 
erschienen.  Der  Urin  war  gelblich  und  trübe  und  sedimentirte  auch  nach 
stundenlangem  Stehen  nicht;  die  Trübung  verschwand  weder  beim  Kochen 
noch  bei  Säurezusatz.  Der  Patient  selbst  war  ohne  Beschwerden.  Unter 
Salolgebrauch  schwand  die  Bacteriurie  in  kürzester  Zeit.    Also  eine  auf- 


236  Pürbringer. 

fallend  wenig  resistente  Form,  welche  zwar  nicht  selten,  indess  nach  des 
Ref.  Erfahrungen  an  Häufigkeit  von  den  subacuten  und  chronischen  Fällen 
übertroffen  wird. 
Bacteriurie,  Eingehende  experimentelle  Untersuchungen  über  Bacteriurie 
"^* '  bei  Nephritiden  verdanken  wir  W.  Engel  (Deutsches  Arch.  f.  klin. 
Med.  Bd.  56).  Bei  steriler  Entnahme  des  Urins  von  31  Patienten 
fand  er  nur  zweimal  keine  Bacterien,  im  übrigen  Staphylo-  und 
Streptokokken,  Bacterium  coli  commune,  Tuberkel-  und  Typhus- 
bacillen,  endlich  in  nicht  weniger  als  17  Fällen  eine&  noch  nicht 
beschriebenen,  „für  die  Nieren  speciiisch  pathogenen"  Mikroorganis- 
mus mit  bestimmten  cultureUen  Eigenthümlichkeiten ,  den  er  als 
Coccus  pyogenes  bezeichnet.  Mit  Eücksicht  auf  bestätigende  Thier- 
versuche  glaubt  der  Autor,  diesen  Coccus  als  erste  Ursache  einer 
grossen  Anzahl  von  Nephritiden  ansehen  zu  sollen.  Vielleicht  be- 
ginnen solche  Formen  als  leichte  bacterielle  Albuminurieen.  Auch 
im  übrigen  ist  Engel  sehr  geneigt,  die  Nierenerkrankung  als  eine 
Läsion  des  weniger  widerstandsföhig  gewordenen  Gewebes  infolge 
dauernder  Ansiedelung  und  Vermehrung  der  Bacterien,  bezw.  ihrer 
Giftwirkung  zu  deuten.  Therapeutisch  tritt  er  nach  eigenen  Ver- 
suchen besonders  für  die  Darreichung  von  Jodkalium  ein,  dessen 
Uebergang  in  den  Harn  die  Keime  tödtet. 

Cantharidin  Bei  cystitischen  Beschwerden  empfiehlt  Freudenberg 
gegen       (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  23)  die  innere  Application  von  Can- 

Freudcnberg.  tharidin  in  folgender  Zusammensetzung :  Cantharidin  0,001,  Alkohol  1 ,0, 
Aqua  destillata  100,0,  und  gibt  davon  dreimal  täglich  einen  Thee- 
löffel.  Die  Vorzüge  des  Mittels  bestehen  hauptsächlich  in  ein^* 
ausserordentlich  prompten,  schon  nach  wenigen  Tagen  hervortretenden 
Wirkung.  Contraindicirt  ist  es  nur  in  den  Fällen,  wo  eine  medi- 
camentöse  Therapie  von  vornherein  ausgeschlossen  erscheint,  also 
wo  die  Cystitis  nur  ein  Symptom  hochgradigerer  Läsionen  darstellt. 
Bei  gonorrhoischer  Cystitis  leistet  das  Sandelöl  gemeiniglich  mehr, 
zumal  ihm  eine  secretionsbeschränkende  Fähigkeit  zukommt. 

Blasen-  Pousson  (Journal  de  m^d.  de  Bordeaux  Nr.  20)  empfiehlt  statt 

anast  esi-    ^^^  Cocains,  das  bei  lädirtem  Blasenepithel  schon  in  geringer  Con- 

PouBson.  centration  Intoxicationserscheinungen  hervorrufen  kann,  das  Anti- 
pyrin.  Er  benutzt  2 — 4®/oige  Lösungen,  die  je  nach  der  Blasen- 
capacität  in  Mengen  von  10 — 60  ccm  eingegossen  werden  und  eine 
vollkommene  Anästhesie  erzeugen. 

Enurese,  Betreffs  der  Enurese  verweist  Mendelsohn   (Berliner  klin. 

Mendeisohn.    Wochenschr.  Nr.  49)  mit  besonderem  Nachdruck  auf  die  Thatsache, 


Krankheiten  der  Hamorgane.  237 

dass  die  Natur  des  Leidens  der  Hauptsache  nach  in  der  minder- 
verthigen  Functionsleistung  eines  bestimmten  Organs  zu  suchen  ist, 
in  der  Schwäche  des  Yerschlussapparates.  Mit  ihr  geht  eine  mangel- 
hafte Entwickelung  der  Prostata  einher,  welche  erst  mit  dem  Ein- 
tritt der  Pubertät  gleich  dem  innig  zu  ihr  gehörenden  Sphincter 
internus  zur  weiteren  Ausbildung  gelangt.  Der  Autor  fordert,  dass 
die  kleinen  Patienten  vor  allem  an  strenge  Kegelmässigkeit  in  der 
Urinentleerung  zu  gewöhnen  imd  ihnen  am  Abend  so  wenig  Flüssig- 
keiten wie  nur  möglich  zu  verabfolgen  sind.  In  eingewurzelten  Fällen 
hat  ihm  ein  einfaches  Verfahren,  das  darauf  abzielt,  den  sich  an- 
sammelnden Urin  möglichst  spät  das  Orificium  intemum  der  Harn- 
röhre erreichen  zu  lassen,  recht  gute  Dienste  geleistet;  es  besteht 
darin,  dass  das  Fussende  des  von  dem  Kranken  benutzten  Bettes 
höher  gestellt  wird  als  das  Kopfende.  Unter  den  Medicamenten 
schätzt  er  am  meisten  die  Tinctura  rhois  aromatica,  mehrmals  am 
Tage  zu  10—15  Tropfen. 

Ein     neues ,     mannichf ache    Vortheile    aufweisendes     Cysto- cystoskopie, 
8  k  0  p     demonstrirt     Güterbock    (Berliner    klin.    Wochenschr.     Güterbock. 
Nr.  29).    Bei  ausserordentlich  bequemer  und  schonender  Einführung 
entfallt  ein   Wechsel  des  Instruments  während   des   ganzen  Unter- 
.suchungsactes.    Endlich  ersetzt  es  die  Irrigationscystoskope  anderer 
Autoren. 

Van  der  Pluyn  und  ter  Laag  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  u.  Parasitenk.  Urethritis, 
Bd.  17,  Heft  7  u.  8)  fanden  bei  der  bacteriologischen  Untersuchung  einer       Pluyn  u. 
Urethritis,   die  Gonokokken  vermissen  Hess,   den   Bacillus  coli  commune,         ^^e 
deasen  Identität  sie  durch  die  Züchtung,  G£töbildung  und  Thierpathogenität 
feststellten.     Der  Fall  kam  zur  Heilung. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

6nyon,  Lebens  cliniques  sur  les  maladies  des  voies  urinaires.  T.  1. 
Symptomes  fonctionnels,  modifications  pathologiques  des  uiines.  3.  Edit. 
Paris.    Baillidre  et  fils. 

Senator,  Die  Erkrankungen  der  Nieren.  Nothnagel,  Specielle  Patho- 
logie und  Therapie  Bd.  19,  1.  Theil,  1.  Abtheilung. 

Hans  Schmid,  Behandlung  der  Erkrankung  der  Nieren  und  der  Harn- 
leiter. Separatabdruck  aus  dem  Lehrbuch  der  speciellen  Therapie 
innerer  Krankheiten,  herausgegeben  von  P  e  n  z  o  1  d  t  und  Stintzing. 
Jena.    G.  Fischer. 


238  Fürbringer. 

Kolisch,  lieber  Wesen  und  Behandlung  der  ui-atischen  Diathese.  Stutt- 
gart,   F.  £nke. 

Posner,  Therapie  der  Harnkrankheiten.  Vorlesungen  für  Aerzte  und 
Studirende.     Berlin.     Hirschwald. 

A.  König,  Die  neueren  Hülfsmittel  zur  Diagnose  und  Therapie  der  Blasen- 
krankheiten.    Leipzig.    Naumann. 

Daiber,  Chemie  und  Mikroskopie  des  Harns.    Jena.     Fischer. 

L.  C asper,  Cystoskopie.  Eulenburg'sche  Realencyklopädie.   3.  Aufl.,  5.  Bd. 


U,  7.  Infectlonskrankheiten, 

Von  Dr.  FreyliaDy  Assistenzarzt  ani  Krankenhause  Friedrichshain 

in  Berlin. 

A.  AUgremeines. 

An  die  Spitze  der  Betrachtungen  über  die  Fortschritte,  welche 
auf  dem  Gebiete  der  Infectionskrankheiten  im  Berichtsjahre  zu  ver- 
zeichnen sind,  können  wir  am  besten  eine  Abhandlung  von  Samuel  Geschichte 

(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  18  u.  19)  setzen,  welche  alle  Stadien  „,   ^^^ 

Blatsernm- 

'ies  Werdeganges  unserer  Anschauungen  von  der  Kuhpockenimpfung    therapie, 
bis  zur  Blutserumtherapie   beleuchtet.     Das   von  Jenner  zuerst  in       Samuel, 
'lie  wissenschaftliche  Medicin  eingeführte  Princip  der  Immunisirung 
fand  lange  Zeit  keine  Nachfolge,   und  als  die  Nachfolge  in  Gestalt 
der  Sy])hilisation  kam,  lief  sie  Gefahr,  die  ursprüngliche  Idee  ganz 
und  gar  zu  discreditiren.     Erst  der  Scharfsinn  Pas  teures,   der  die 
Methoden  der   Mitigirung  der  Krankheitsstoife  erfand,  brachte  eine 
weitere  Förderung.     Die   im  Laufe  der  Jahre  gewonnene  Einsicht, 
»lass  die  Bacterienwirkung  im   wesentlichen   auf  einer  Intoxication 
mit  Toxinen  beruht,  führte  Pas  teur  zur  Präventivimpfung  der  Hunds- 
wuth  mit  Rabiestoxinen  und  weiterhin  Koch   zur  Behandlung   der 
Tuberculose  mit  Tuberculin.  Principiell  verschieden  von  dieser  Toxin- 
behandlung   ist    die    von   Behring    inaugurirte    Blutserumtherapie, 
denn  sie  basirt  auf  dem  Gedanken,  dass  die  Selbstheilung  der  con- 
tagiösen  Krankheiten  auf  einer  Bildung  von  Antitoxinen  beruht,  d.  h. 
öpecilischer,    für  jede  Krankheit  besonderer  Körper,   die  sich  vor- 
zugsweise   im    Blutserum   ansammeln.      Der   Beweis   für    die   that- 
sächliche  Existenz   der  Antitoxine  ist  in   dem  jetzt  für  eine  ganze 
Reihe  von  Blrankheiten  erprobten  Behring'schen  Gesetz  der  Ueber- 
tragbarkeit  der  specifischen  künstlichen  Immunität  mittels  des  Blut- 
serums auf  andere   Thiere   zu   erblicken.     Bei  der  Diphtherie   hat 
Behring  das  Blutserum  auf  eine  so  hohe  Immimisirungspotenz  ge- 
steigert, dass   es  nicht  nur  als   Schutzserum   dient,   sondern   auch 
heilende  Eigenschaften  entfaltet. 


240  Freyhan. 

Bekanntlich  kommt  dem  Blutserum   der  Diphtheriereconvalescenten 

eine  bactericide  Kraft  zu,  die  auf  die  Anwesenheit  specifischer  Antitoxine 

Bactericide  zurückgeführt  wird.   Gegen  diese  Anschauung  erhebt  Orlowski  (Deutsche 

Kraft  des     med.  Wochenschr.  Nr.  25)  deshalb  Einspruch,  weil  er  bei  einer  verhältniss- 

Blutserums,  ^g^g^g  grossen  Anzahl  von  Kindern,   die   niemals   an  Diphtherie   gelitten 

hatten,  eine  das  Diphtheriegift  abschwächende,  ja  neutralisirende  Wirkung 

nachweisen  konnte. 

Wirkangder  Krüger  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21)   hat  versucht  mit  Um- 

Elektrolyse,  gehung  des  Thierkörpers  mittels  der  Elektrolyse  direct  aus  Bacterien- 
culturen  die  immunisirenden  und  heilenden  Stoffe  zu  gewinnen,  die  im  Blut- 
serum künstlich  immunisirter  Thiere  enthalten  sind.  Er  fand,  dass  der  eon- 
stante  elektrische  Strom  unter  möglichster  Ausschliessung  der  Ionen,  mittels 
der  unpolarisirbaren  Elektroden  zur  Anwendung  gebracht,  die  Bacterien  in 
ihrem  Wachsthum  vollständig  aufzuhalten  vermag,  ohne  sie  abzutödten. 
Unter  Mitwirkung  der  Ionen  veimag  er  die  Dichte  und  Dauer  der  Bacterien 
und  ihi'e  Dauerformen  abzutödten.  Bei  einer  gewissen  Zeitdauer  und 
Stromstärke  ist  die  Elektrolyse  im  Stande,  einigen  Bacterienculturen  ira- 
mumsirendc  Eigenschaften  zu  verleihen.  Durch  intravenöse  Iiyection  einer 
elektrolytisch  genügend  vorbehandelten  Diphtheriebacterienaufschwemmung 
gelang  es  sogar,  eine  Diphtherieinfection  beim  Kaninchen  zur  Heilung  zu 
bringen. 

Gerinnung  Freund,  Grosz  und  Jelinek  (Centralbl.  f.  innere  Medicin  Nr.  39) 

und  -g^  gg  gelungen,   durch  Injection  von  Substanzen,   welche  die  gemeinsame 

Freund     '  Eigenschaft  haben,  gerinnungshemmend  zu  wirken,   das  Diphtheriegift  bei 
Grosz,        Thieren  zu  paralysiren.    Es   scheint   denmach,   dass   diese   Substanzen   im 
Jelinek.       Stande  sind,  eine  dem  Heilserum  analoge  Wirkung  auszulösen.    Jedenfalls 
sprechen  die  gewonnenen  Resultate   dafür,    dass   sehr  nahe  Beziehungen 
zwischen  dem  Vorgange  der  Gerinnung  und  der  passiven  Immunisirung  be- 
stehen müssen. 

Serum-  Meyer  (Compt.  rend.  de  la  societe  de  biolog.  Nr.  23)   hat  einer  An- 

einspntz-     .^^^il  von  Versuchsthieren  Culturen  von  Diphtherie-  und  Pyocyaneusbacillen 
u  n  c  e  u 

Meyer.'  inoculirt.  und  bei  einem  Theil  der  Thiere  eine  Blutseruminjection  nach- 
geschickt; das  Serum  entstammte  theils  künstlich  immunisirten  Thieren, 
theils  war  es  aus  dem  Blut  und  den  Exaudaten  von  ürämikern  gewonnen. 
Diejenigen  Thiere  nun,  die  der  letztgenannten  Behandlung  unterworfen 
wurden,  gingen  sehr  rasch  zu  Grunde;  bei  den  anderen  Thieren  dagegen, 
mochten  sie  nun  mit  Diphtherie-  oder  Pyocyaneusserum  immunisirt  sein, 
gestaltete  sich  der  Verlauf  der  Infection  erheblich  milder.  Dieses  Verhalten 
erklärt  Meyer  dadurch,  dass  der  Organismus  durch  Incorporation  eines 
Schutzserums  gleichsam  in  einen  Vertheidigungszustand  versetzt  und  so 
befähigter  werde,  auch  anderen  Infectionen  Widerstand  zu  leisten. 


Inf ectionskrankheiten.  241 

Die  von  Friedrich  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49  u.  50)  angestellten  Toxine  und 
Beobachtunsren   über   die   Wirkunsr  von  subcutan   einverleibten   Strepto-      Körper- 
kokken-    und    Saprophytentoxinen    auf    die    Körpertemperatur      Friedrich    ' 
lehren  die  bedeutsame  Thatsache,   dass  wir  in  den  „Fieberreactionen*  ge- 
schwulfltkranker  Menschen  auf  die  Streptokokkentoxine  keinerlei  ^specifische 
Reaction'*  vor  uns  haben,  sondern  dass  es  nur  die  am  Thierkörper  noch  nicht 
prüfbaren  und   daher  für   den  Menschen   so    schwer   dosirbaren  toxischen 
Valenzen  sind,    welche  die  graduellen  Schwankungen  in  der  Wirkung  auf 
die  Wärmeregulirung  bedingen.     Auf  die  Injection  der  Culturfiltrate  er- 
folgte überhaupt  keine  Reaction ;  man  muss  daher  bei  diesen  saprophytischen 
Keimen  annehmen,  dass  die  den  schweren  Krankheitszustand  beim  Menschen 
auslösenden  Giftkörper  in  unseren  künstlichen  Culturen  an   die  Bacterien- 
leiber  gebunden  sind. 

Durch  sehr  instructive  Versuche  beweisen  Loewy  und  RichterEinfiuss  des 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  15),    dass    die   artificielle   Er-  Fiebers  auf 
Zeugung  von  Fieber  sowohl  wie  von  Leukocytose  einen  günstigen  Krankheiten 
Einfluss  auf  den  Verlauf  von  Infectionskrankheiten  auszuüben  vermag.      Loewy  u. 
Eieber  riefen  sie  durch  einen  Stich  in  das  Corpus  striatum  hervor,  eine       Kißht«r. 
Leukocytose  stellte  sich  nach  intravenöser  Incorporirung  von  Gewebs- 
säften  und  albumoseartigen  Körpern,   besonders  des  Spermins,  ein; 
dergestalt  behandelte  Thiere,  die  das  Drei-  und  Vierfache  der  tödt- 
lichen  Pneumokokkendosis  erhalten  hatten,  konnten  gerettet  werden. 

Ewing  (New  York  med.  Joum.,   2.  März)  constatirte  nach  In-  Toxische 
jection  von  Bacterien  und  bacteriellen  Stoffwechselproducten  ein  Ver-       Hypo- 

sch winden  von  Leukocyten  aus  allen  Theilen  der  arteriellen  und  cytosis, 
venösen  Circulation;   sie  fanden  sich   mehr   oder   weniger  stationär       Ewing. 
in  den  Capillaren,   vor  allem  denen  der  Leber  und  Lunge,    wieder. 

Nach  den  von  Maxim o witsch  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Einfluss  der 
Bd.  54)   bei   verschiedenen  infectiösen  Fiebern  vorgenommenen  iw^ec^iösen 

Fieber  8>uf 

Untersuchungen  äussert  sich  der  Einfluss  des  Fiebers  auf  den  Blut-  den  Puls 
kreislauf  durch  eine  Gleichmässigkeit  des  Rhythmus,  die  durch  Maximowitsch. 
künstliche  Herzbeschleunigung  nicht  erzeugt  werden  kann.  Die  Ver- 
änderungen der  Form  des  Pulses  sind  ausser  von  der  Einwirkung 
des  infectiösen  Fiebers  auf  das  Gefässsystem  noch  von  individuellen 
Eigenschaften  des  Organismus  abhängig.  Für  die  Veränderungen 
der  Pulscurve  macht  Maximowitsch  direct  die  schädigende  Ein- 
wirkung des  infectiösen  Fiebers  auf  Herz  und  Gefasse  verantwortlich. 

Die  als  „Herzschwäche"  bei  Infectionskrankheiten  be- 
zeichneten Erscheinungen  sind  nach  den  Auseinandersetzungen  von 

.Tahrbach  der  practischen  Hedicin.    1896.  15 


242  Freyhan. 

Herz-        Romberg  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  51  u.  52)  sowohl  vom  Herzen 
schwäche    ^^  ^^^^  ^^j^  ^^n  peripheren  Gefässen  abhängig.  Wenn  man  auch  bis- 
infections-  lang  gewohnt  war,  die  Ursache  der  Herzschwäche  ausschliesslich  in 
krankh eilen,  einer  Schädigung  des  Herzens  zu  suchen,  so  lassen  die  Romberg- 
Romberg.      g^j^^g^  Experimente  keinen  Zweifel,  dass  man  fortan  neben  die  Herz- 
schwäche  die  Vasomotorenschwäche,    neben  die  Herzlähmung   die 
Vasomotorenlähmung   zu    setzen   hat.     Romberg  hat  einwands&ei 
festgestellt,   dass   der  Bac.  pyocyaneus  und  die  Pneumokokken  da- 
durch  schädigend   auf  den  Kreislauf  wirken,    dass   sie   das   Vaso- 
motorencentrum des  verlängerten  Markes  lähmen.     Der  Bac.  pyo- 
cyaneus beeinträchtigt  zudem  in  manchen  Fällen  den  Rhythmus  und 
die  Leistungsfähigkeit  des  Herzens. 

B.  Specielles. 

1.  Cholera. 

Aetiologie  Die  Aetiologie   der  Cholera  unterzieht  Rumpf  (Sammlung 

der  Cholera,  ^j-j^  Vorträge  Nr.  109  u.  110)  einer  eingehenden  und  trefflichen 
Kritik;  er  hebt  hervor,  dass  die  Uebertragung  der  Krankheit  meist 
keine  directe  ist,  sondern  dass  ihr  in  der  Regel  ein  ausserhalb  des 
menschlichen  Körpers  stattfindendes  Entwickelungsstadium  der  Cholera- 
bacillen  vorausgeht.  Diese  Phase  spielt  sich  vorzugsweise  im  Wasser 
ab;  andere  Momente,  so  besonders  andauernde  Wärme,  üben  einen 
begünstigenden  Einfluss  auf  die  Entwickelung  aus.  Indessen  können 
die  Kommabacillen  ausserhalb  Indiens  nicht  dauernden  Fuss  fassen 
und  gehen  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  infolge  ungenügender 
Lebensbedingungen  zu  Grunde.  Die  schädlichen  Folgen,  welche  die 
Einwanderung  der  Vibrionen  in  den  Darmkanal  nach  sich  zieht, 
sind  einerseits  von  der  Intensität  ihrer  Entwickelungsfahigkeit  und 
Virulenz  und  andererseits  von  der  individuellen  Disposition  der  be- 
fallenen Personen  abhängig. 

Nach  den  Ausführungen  von  R.  Pfeiffer  (cfr.  vorigen  Jahrgang) 

ist  man  ausser  Stande,  mit  den  choleraähnlichen  Vibrionen  im  Blute 

der  damit  immunisirten  Thiere  Antikörper  zu  erzeugen,  welche  die 

echten  Cholerabacterien  specifisch  beeinflussen  und  umgekehrt.    Die 

auf  dieser   einschneidenden  Differenz    basirte   Unterscheidung s- 

Pfeiffer'H    methode   der  echten  Choleravibrionen  gegen   choleraähnliche  Bac- 

gperifisohe  terienspecies   ist  von  Dun  bar   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9) 
CbolerR- 
reaction,     nachgeprüft  und  in  allen  Theilen  bestätigt  worden.    Dunbar  glaubt 

Dunbar,       sogar,   die  Pfeiffer'sche  Lehre   dahin   veraUgemeinem   zu   dürfen. 


Infectionskrankheiten. 


243 


dass  es  überhaupt  möglich  ist,   durch  entsprechende  Vorbehandlung 
von  Thieren  mit  bestimmten  Bacterienarten  Substanzen   zu  bilden, 
welchen  eine  specifische  Wirkung  gegen  eben  diese  Bacterienspecies 
innewohnt.    Gleichzeitig  ermöglicht  diese  ,, specifische  Keaction*^^  eine 
äichere  Unterscheidung  gegen  solche  Bacterien,   bei  denen  die  bis- 
lang bekannten   Differenzirungsmittel  mehr   oder  minder  versagen. 
Im  vollen   Gregensatz    zu   ihm  bestreitet  Kumpel    (Berliner  klin.       Kumpel, 
Wochenschr.  Nr.  3),   dass  es  zur  Zeit   möglich  sei,   choleraähnliche 
Bacterien  von  echten  Kommabacillen  mit  Sicherheit  zu  unterscheiden. 
Ihn   wenigstens    hat   die   Pfeiffer'sche   Methode   bei   zwei   echten 
Choleraculturen  ganz  und  gar  im  Stich  gelassen,  und  eine  wechsel- 
seitige  Immunisirung  war   bei  ihnen   nicht   zu   erzielen.     Auch  die 
beiden   übrigen   Hauptunterscheidungsmethoden   Pfeiffer's   —    Im- 
munität der  Tauben  gegen  Cholera,  Abwesenheit  der  Phosphorescenz 
in  Choleraculturen  —  vermag  er  nicht  als  stichhaltig  anzuerkennen ; 
eu  gelang  ihm  bei  Tauben  echte  Cholera  hervorzurufen,   und  femer 
beobachtete    er   an   Choleraculturen,    die    zwei    tödtlich  verlaufenen 
Fällen   entstammten,  eine   intensive   Phosphorescenz.     Die    ihm  ge- 
gemachten  Einwände   widerlegt   Pfeiffer   (Berliner   kün.  Wochen-       Pfeiffer, 
»chrift  Nr.  13)   in  ruhiger  und  objectiver  Weise.     Er  selbst  verfugt 
gleichfaUs   über  die   authentischen    Culturen   der  von  Kumpel  an- 
gezogenen Fälle,   und  die  in  seinem  Besitz  befindlichen  haben  sich 
nach   allen    drei    angegriffenen   Richtungen   hin   als   echte   Cholera- 
vibrionen  charakterisirt.     Die   abweichenden   Ergebnisse  RumpePs 
weiss  er  nicht  zu  erklären,  hält  aber  das  Dazwischentreten  unglück- 
licher Zufalle,  wie  sie  bei  monatelanger  Fortzüchtung  im  Laboratorium 
unterlaufen   können,   nicht  für  ausgeschlossen.     Man  wird  demnach 
«iie   „specifische   Reaction"    der    CholerabaciUen    vorläufig   als   fest- 
stehend erachten  können. 

Metschnikoff  (Annales  de  l'Institut  Pasteur  Nr.  6)  hält  die  Metschnikoff. 
^specifische  Reaction"  Pfeiffer's  nicht  für  den  Effect  einer 
bactericiden  Secretion  der  lebenden  Endothelzellen,  sondern  stellt  die 
H3rpothese  auf,  dass  das  Phänomen  hervorgerufen  wird  durch  eine  Sub- 
stanz, welche  von  absterbenden  Leukocyten  stammt,  d.  h.  durch  eine 
Art  Phagocjrtose.  Es  trete  nur  da  in  die  Erscheinimg,  wo  vor  der 
Einwanderung  der  Vibrionen  eine  grössere  Menge  von  Leukocyten 
vorhanden  sei,  wie  dies  beispielsweise  bei  der  Lymphe  des  Bauch- 
fellraums in  reichem  Maasse  der  Fall  wäre. 


Behring  und  Ransom  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  29) 
stellten  aus  Choleraculturen  eine  von  Bacterienleibem  befreite  Flüssig- 


244 


Freyhan. 


Cholera- 

toxin, 

Behring  u. 

Ransom. 


keit  und  durch  weitere  Behandlung  eine  mit  denselben  Eigenschaften 
begabte  feste  Substanz  dar.  Mit  diesem  Choleratoxin  behandelten 
sie  nun  Meerschweinchen  und  andere  Thiere  nach  den  bekannten 
Immunisirungsprincipien  und  fanden,  dass  das  Serum  der  behandelten 
Thiere  deutliche  antitoxische  Eigenschaften  besass,  gleichviel,  ob  es 
vor  der  Einspritzung  mit  der  Toxinflüssigkeit  vermischt  wurde  oder 
ob  es  getrennt  von  derselben  gleichzeitig  oder  auch  vorher  injicirt 
wurde.  Die  Schutzwirkung  trat  auch  gegenüber  der  Inoculirung 
lebender  virulenter  Choleravibrionen  zu  Tage. 


Cholera- 

ahnliihe 

Bacterien, 

.Sanarelli. 


Trotz  der  Pfeiffer'schen  DifFerenzirungsmerkmale  ist  der  Streit, 
ob  die  choleraähnlichen  Bacterien  mit  den  Choleravibrionen  zu  identi- 
ficiren  sind  oder  nicht,  noch  immer  nicht  verstummt.  Sanarelli 
(Amiales  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  3)  gelaubt,  dass  die  im  Wasser 
gefundenen  choleraähnlichen  Bacterien  in  Wirklichkeit  echte 
Choleravibrionen  sind,  die  nur  infolge  eines  langen,  saprophjrtischen 
Lebens  degenerirt  sind.  Er  sieht  in  ihnen  nicht  etwa  ein  Ueberbleibsel 
früherer  Epidemieen,  sondern  führt  ihren  Ursprimg  auf  die  Meta- 
morphose zurück,  der  sie  im  menschlichen  resp.  thierischen  Dann- 
kanal unterworfen  worden  sind.  Es  gelang  ihm,  durch  Anwendung 
von  Choleratoxin,  bei  gleichziger  Application  von  Natrium  bicar- 
bonicum-Lösung,  bei  Meerschweinchen  eine  schwere  tödtliche  Enteritis 
zu  erzeugen  und  aus  dem  Darminhalt  der  gestorbenen  Thiere  zwölf 
verschiedene  Vibrionen  zu  züchten,  die  in  verschieden  hohem  Grade 
pathogen  waren,  ohne  deutliche  DifFerenzpunkte  unter  einsuider  dar- 
zubieten. Schutzimpfungen  mit  irgend  einem  dieser  Bacterien  machten 
die  vaccinirten  Thiere  auch  immun  gegen  alle  anderen,  mit  Ausnahme 
der  Massauahvibrionen. 


Cultnr  der 

Cholera- 

liRcillen, 

Spronck, 

Ali  Cohen, 

Spano. 


Eine  Anzahl  Arbeiten  haben  ein  rein  culturelles  Interesse  und 
können  hier  füglich  übergangen  werden.  Besonders  aufmerksam 
gemacht  sei  auf  die  Abhandlungen  von  Spronck  (Verhandl.  der 
königl.  Akademie  in  Amsterdam  Bd.  3,  Nr.  12),  Ali  Cohen  (Nederl. 
Tijdschr.  vor  Geneeskunde  Bd.  3,  S.  614)  und  Spano  (Gaz.  degli 
ospid.  e  delle  clin.  Nr.  140). 


Tenacität  Wichtig  erscheinen  die  Untersuchungen  von  Abel  und  Claussen 

der  Cholera- (Q^jj^ralbl.  f.  Bacteriol.  u.  Parasitenk.  Bd.  17,  Nr.  3  u.  4)   über    die 
Abel  u.   '   Widerstandsfähigkeit   der   Choleravibrionen  in  Fäcalien. 
Claussen,      Durchschnittlich  betrug  ihre  Lebensdauer  etwa  20  Tage,   in  Aus- 
nahmefällen mehr.    In  manchen  Stühlen  sind  bereits  nach  1 — 3  Tagen 


Infectionukrankheiten.  245 

keine  Cholerabacterien  mehr  nachzuweisen.  In  den  Fällen,  wo  die 
gewöhnlichen  Verfahren  nicht  ausreichten,  empfehlen  die  Verff.  grössere 
Mengen,  etwa  10 — 20ccmFäces  mit  dem  5 — lOfachen  Quantum  Pepton- 
wassser  zu  übergiessen  und  nach  20stündiger  Brutzeit  zu  unter- 
suchen. Eine  viel  längere  Tenacität  in  Dejectionen  spricht  den 
Choleravibrionen  Karlinski  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  u.  Parasitenk.  Karlinski. 
Bd.  17,  Nr.  5  u.  6)  zu;  er  fand  sie  noch  nach  52  Tagen  virulent. 
Auf  Leinwand,  Baumwolle,  Watte  und  gereinigter  WoUe  erhielten 
sie  sich  sogar  217  Tage  lebensfähig,  auf  Gegenständen  jedoch,  die 
an  der  Luft  getrocknet  wurden,  waren  sie  schon  nach  36  Tagen 
nicht  mehr  nachzuweisen. 

Aus  dem  Dünndarm   einer  unter  reiswasserähnlichen  Stuhlent- 
leerungen gestorbenen  Frau  konnten  Ruete  und  Enoch  (Deutsche       Misch- 
med.  Wochenschr.  Nr.  49)   ausser   choleraähnlichen  Vibrionen     ip^«ction 

bei  Cholera, 

auch  Bacterium  coli  züchten.  Sie  halten  es  für  wahrscheinlich,  dass      Ruete  u. 
der  Bacillus  Finkler  im  Verein  mit  Bacterium  coli  im  vorliegenden       Enoch, 
Falle  als  die  Erreger  der  profusen  Diarrhöen  anzusehen  sind.    Einen 
ähnlichen  Befand  erhob  Grassberger  (Wiener  klin.  Wochenschr.    Grassberger. 
1894,  Nr.  50)  bei  einer  ebenfalls  unter  den  Erscheinungen  der  Cholera 
erkrankten  Frau;   er  fand  ausser  Bacterium  coli  zarte,   etwas  blass 
gefärbte  Spirillen  in  zahlloser  Menge.    Da  Züchtungsversuche  unter- 
lassen wurden,  ist  es  nicht  festzustellen,  ob  es  sich  um  einen  harm- 
losen Darmparasiten  oder  um  einen  pathogenen  Mikroorganismus  ge- 
handelt hat. 

Nach  Böse  (Annales  de  l'Listitut  Pasteur,  25.  Juni)  haben  die    Toxicität 
Gewebsflüssigkeiten  Cholerakranker,  besonders  Blut  und  ^®' ?®Y®^^' 
Urin,  eine  hochgradig  toxische  Wirkimg  und  rufen  bei  Thieren  die      keiten, 
typischen  Cholerasymptome  hervor.     Das  Blutserum   enthält  grosse        Böse. 
Mengen  einer  Substanz,   welche   die  nämlichen  Symptome  wie  das 
Choleratoxin  hervorruft. 

Das  therapeutische  Gebiet  ist  im  laufenden  Jahr  sehr  steril 
geblieben.     Li  Neufeld  (Münch.  med.  Wochenschr.  1894,  Nr.  51)     Therapie 
bat  die  Methylviolettbehandlung  einen  Lobredner  gefunden;  er  ^^',^^°^^^'*' 
bat  in  einem  Choleralazareth  100  Kranke  innerlich,  per  Klysma  und 
subcutan  mit  Pyoktanin  behandelt  und  dabei  eine  sehr  günstige  Be- 
einflussung des  Krankheitsprocesses  gesehen. 

Als   ein   sonderbares    therapeutisches    Bestreben   muss    der  Vorschlag 
Ingiani's    (Arch.   ital.    di    clinic.    med.    Bd.   4)   bezeichnet    werden,    die        Ingiani. 


246 


Freyhan. 


Feit. 


Cholera  mit  —  sit  venia  verbo  —  Knoblauch,  dem  ausgesprochene  bacteri- 
cide  Eigenschaften   gegen   die   Eommabacillen  innewohnen  sollen,    zu  be- 
handeln. 
Therapie  Feit's  (These  de  Paris,   G.  Steinbeck)  Therapie  gipfelt  darin, 

^®' ^^^P/®'*' Cholerakranke,  welche  sich  noch  nicht  im  Stadium  algidum  be- 
finden, mit  Antisepticis  (Calomel,  Milchsäure,  Said)  zu  behandeln ; 
im  Stadium  asphycticum  sind  am  wirksamsten  künstliche  Serum- 
einführimgen,  weil  sie  die  Hauptgefahr  der  Circulationsstörung  hint- 
anzuhalten vermögen.  Von  den  beiden  gebräuchlichsten  Verfahren, 
der  subcutanen  und  der  intravenösen  Infusion,  empfiehlt  er  letzteres 
als  das  bei  weitem  sicherere. 

Die  von  Blech  (New  York  med.  Journal,  2.  März)  seit  einem 
Jahr  geübte  und  warm  empfohlene  Behandlungs weise  besteht  in  Aus- 
waschungen und  Irrigationen  des  Darmes  mit  schwachen  Lösungen 
von  Wa s s e r s t o f f s uperoxyd.  Die  üblichen  Darmantiseptica  hält  er 
für  nutzlos,  die  Antipyretica  für  unnöthig;  hohes  Fieber  bekämpft 
er  durch  Alkoholabwaschung. 


Blech. 


Präventiv- 

impfung, 

Hafikine. 


Schliesslich  sind  noch  die  Mittheilungen  Haffkine's  (Prov. 
med.  Journal,  1.  Mai)  anzufügen,  der  im  Jahre  1894,'95  seine  Methode 
der  Präventivimpfung  an  einem  grossen  Material  in  Indien  geprüft 
hat.  Im  grossen  und  ganzen  wird  man  zugestehen  müssen,  dass  die 
ziffennässigen  Ergebnisse  sehr  zu  Gunsten  der  Impfung  sprechen. 


Statisti- 
sches über 
Typhus, 
Berg. 


2.  Typhus  abdominalis. 

Berg  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54)  hat  1026  der 
Leipziger  Klinik  entstammende  FäUe  statistisch  bearbeitet.  Die 
Gesammtmortalität  betrug  12,7  °/o  und  schwankte  in  den  einzelnen 
Jahren  von  7 — 18  "i'o ;  bei  Kindern  unter  10  Jahren  gestaltete  sie  sich 
nicht  besser  als  im  höheren  Alter.  Die  Schwangerschaft  wurde  durch 
die  Krankheit  fast  regelmässig  unterbrochen;  desgleichen  war  der 
Verlauf  bei  graviden  Trauen  meist  ein  schwerer,  während  das  Leben 
der  Früchte  wenig  gefährdet  erschien. 

Da«  bislang  als  Krankheit  sui  generis  beschriebene  „Texasfieber** 
Texasfieber,  glrtubt  Miller  (Med.  news,  23.  Februar)  auf  Grund  sorgfältiger  klinischer 
Miller.  Beobachtungen  mit  dem  Abdominal typhus  identificiren  zu  dürfen,  weil  die 
Symptomatologie  beider  Krankheiten  nur  in  untergeordneten  Punkten  von 
einander  abweicht.  Noch  beweisender  als  das  klinische  Verhalten  ist  dit* 
anatomische  Uebereinstimmung :  in  einem  zur  Section  gekommenen  Fall 
konnte  er  neben  einer  Verschwärung  der  Peyer'schen  Haufen  typische 
Typhusgeschwttre  constatiren. 


Infectionskrankheiten. 


247 


Foote. 


Typhus- 
diagnose, 
Thiemich. 


Eisner, 


Durch  eine  Reihe  bacteriologischer  Untersuchungen  hat  Foote  Austern  als 
(Med.  news,  23.  März)  die  bemerkenswerthe  Thatsache  festgestellt,  ^""^^j^'g^"*' 
dass  Austern  als  Typhusinf  ectionsträger  nicht  fongiren  des  Typhus, 
können.  Weder  fanden  sich  jemals  Bacillen  im  Austemsaft,  noch 
waren  die  in  lebende  Austern  implantirten  Typhusculturen  lebens- 
^hig. 

Bislang  konnte  die  klinisch-bacteriologische  Untersuchung  auf 
T^-phusbacillen  für  die  Diagnose  des  Abdominaltyphus  keine 
rechte  Bedeutung  erlangen,  weil  die  Methoden  zur  Reinzüchtung  der 
Bacillen  aus  den  Täces  sehr  umständlich  und  unsicher  waren.  Thie- 
mich (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  34)  hat  nun  versucht,  anstatt  der 
Fäces  das  Blut  zur  Untersuchung  heranzuziehen,  und  reussirte  viermal 
imt«r  sieben  Typhusfallen ;  dreimal  fand  er  die  Bacillen  im  Roseolen- 
blut,  einmal  im  Venenblut.  Die  Zahl  der  auf  einer  Platte  aufgehenden 
Colonieen  war  stets  eine  geringe;  mehr  als  zwei  oder  drei  kamen 
nicht  zur  Entwickelung. 

Eine   ganz  neue  Perspective  ist  der  bacteriologischen  Dia- 
gnose durch  Eisner  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Bd.  21) 
eröffnet  worden.    Eisner  hat  durch  Versetzen  einer  sauren  Kartoffel- 
gelatine mit  1  ®/o  Jodkalium  einen  Nährboden  construirt,  auf  welche^n 
eine  sichere   imd   schnelle  Isolirung  der  Typhusbacillen  sowohl  aus 
künstlichen  Bacteriengemischen ,   als  auch  aus  Boden,  Wasser  und 
den  Entleerungen   von  Typhuskranken   zu  ermöglichen  war.     Zwar 
wächst   auf  dem  Nährmedium   auch   das  Bacterium  coli  in  üppiger 
Weise;  doch  gestaltet  sich  dessen  Wachsthum  so  grundverschieden 
von  dem   der   Typhusbacillen,   dass   bereits   nach  48  Stunden,   wo 
letztere  zu  kleinen,  hellglänzenden,  wassertropfenähnlichen  Colonieen 
herangereift  sind,  eine  sichere  Differenzirung  möglich  ist.     Für  die 
practLsche  Bedeutung  der  Elsner'schen  Schnelldiagnose  tritt  einer- 
seits Brieger   (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  51)   und   andererseits 
Lazarus  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49)  ein;  letzterer  konnte  bei 
fünf  fiebernden  Typhuskranken  mit  Hülfe  dieses  Verfahrens  mühe- 
los den  Bacillus  typhi  in  Reincultur  züchten,   und  ebenso  glücklich 
war  er  bei  Typhusreconvalescenten,  trotzdem  hier  die  Stühle  bereits 
eine  feste   Consistenz    angenonmien   hatten.     Besondere  Erwähnung 
verdient  der  positive  Befund  bei  einem  Patienten,  der  bereits  40  Tage 
entfiebert  war. 

Zur  Differenzirung  der  Typhus-  von  den  Colibacillen  dient 
nach  Frankland's  Mittheilungen  (Zeitachr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Nr.  19) 
ikr  yerscbiedenes  Verhalten  im  Trinkwasser ;  während  erstere  sich  nur  etwa 


Brieger, 
Lazarus. 


248  Freyhan. 

Differen-     25  Tage  in  ihm  erhalten,  bleiben  letztere  über  40  Tage  darin  lebensfähig. 

eirungder  gjj^  massiger  Zusatz  von  Kochsalz  bewirkt  ein  noch  schnelleres  Absterben 

den  Coli-     ^^^  Typhusbacillen ,   auch  wenn  das  Wasser  vorher   durch  heissen  Dampf 

bacillen,     sterilisirt  ist.     Wenn  das  Wasser  durch  poröse  Filter  durchgeschickt  wird, 

Frankland,     so  erlischt  die  Lebensfähigkeit  beider  Bacillenarten  gleichmässig   schnell. 

Für  den  die  Lebensfähigkeit  bestimmenden  Factor  im   sterilisirten  Wasser 

hält  Frankland  die  verhältnissmässig  grosse  Menge  der  organischen  Stoffe, 

im  unsterilisirten  Wasser  dagegen  weniger   die  Zahl   der  anderen  Wasser- 

bacterien,    als   vielmehr    die    Anwesenheit   von   schädlichen    Stoffwechsel- 

producten. 

Aus   dem  Umstand,   dass  sie   sechsmal  unter  sieben  Typhusfällen  im 

Typhus-      Urin  Typhusbacillen  nachweisen  konnten,  leiten  Wright  und  Semple 

bacillen     (x^ancet,    27.  Juli)    die  Wichtigkeit  bacteriologischer  Untersuchungen   des 

Wright  u.      Harns  bei  typhusverdächtigen  Kranken   ab  und  weisen   zugleich    auf   die 

Semple.       sanitäre  Nothwendigkeit  hin,  den  Typhusurin  unschädlich  zu  machen.    Ihren 

Befund  sehen  sie  als  eine  wichtige   Stütze   der   Sanarelli'schen  Theorie 

an,   der  zufolge  die  Symptome  des  Tjrphus  durch   eine  Blutinfection  und 

nicht  durch   eine  Resorption   specifischer   Toxine   aus   dem  Dann  bedingt 

werden. 

Für  die  Rolle,  welche  die  Typhusbacillen  bei  den  im  Verlaufe 

d^r  Krankheit  auib:etenden  Eiterungen  spielen,  bringen  wiederum 

bacillen  bei  ^®l®g®  Janowski   (CentralbL   f.  BacterioL  u.  Parasitenk.  Bd.  17, 

ßecundäreu  Nr.  22),   der  sie  als  alleinige  Eitererreger  bei  einer  complicirenden 

Jimowskf"*  Parotitis  fand,  und  Martin  und  Robertson  (Montreal  med.  Journ. 

Martin  n.      Nr.  12),  die  sie  bei  einem  in  der  4.  Woche  des  Typhus  auftretenden 

Robertson.     Abscess  des  Handgelenks  nachwiesen. 

Zum  Beweis,   dass   Typhusbacillen  von  dem  mütterlichen   Or- 
intrauterineganismus   auf  den  fötalen  übergehen  können,   fuhren  Freund  und 

^ Freund "l"'  ^^^^  (^®^^-  ^^'  Wochenschr.  Nr.  25)  einen  Fall  an,  der  eine 
Levy  24jährige  gravide  Frau  betriflft.  In  der  Defervescenz  der  Krankheit 
erfolgte  die  Ausstossung  der  Frucht,  deren  bacteriologische  Unter- 
suchung sofort  post  partum  ausgeführt  wurde.  Unter  allen  Cautelen 
fertigten  die  VerfF.  aus  dem  Milzsaft,  Herzblut  imd  der  Placenta 
Culturen  an  und  sahen  schon  nach  wenigen  Tagen  auf  allen  Platten 
Colonieen  angehen,  die  sie  als  zweifellose  Typhusbacillen  identifi- 
ciren  konnten.  Der  Fötus  selbst  bot  ausser  einer  vergrösserten, 
etwas  weichen  Milz  keine  Anomalieen  dar;  insonderheit  war  der 
Darm  vollkommen  normal. 

In  klinischer  Beziehung  sind  eine  Reihe  interessanter  Details 
mitgetheilt  worden.     Zunächst  treffen   wir   auf  die  Bekanntgebun^ 


Tnfectionskrankheiten. 


249 


Extremi- 
täten- 


Qaervain, 


mehrerer  Fälle  von  complicirender  Extremitätengangrän.  Der 
von  Dnchesne  (M^decine  moderne  Nr.  8)  publicirte  Fall  betrifft 
ein  Mädchen,  bei  dem  lance  Zeit  im  Vordergrund  des  Krankheits- 
büdes  eine  bedrohliche  Herzschwäche  stand.  Der  gangränöse  Pro-  bei  Typhus, 
cess  begann  an  beiden  Füssen  und  verbreitete  sich  rasch  auf  die  Duchesne, 
untersten  Partieen  der  Unterschenkel.  Aehnlich  verlief  eine  von 
Quervain  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  33)  beschriebene  Gangrän 
des  rechten  Beines,  die  zur  Exarticulation  der  Extremität  im  Knie- 
gelenk nöthigte.  Die  Arteria  poplitea  war  durch  einen  festsitzenden 
Thrombus  verstopft;  in  seiner  Umgebung  fanden  sich  Reinculturen 
von  Typhnsbacillen.  Es  scheint  sich  demnach  sicher  nicht  um  eine 
marantische,  sondern  um  eine  direct  infectiöse  Thrombose  gehandelt 
za  haben. 

Eine  andere  Ansicht  bezüglich  des  Zustandekommens  der  Gan- 
grän vertritt  —  wohl  in  Uebereinstimmung  mit  den  meisten  Autoren 
—  Mettler  (New  York  med.  Journal,  März);  er  sieht  den  Vorgang 
nicht  als  einen  embolischen,  sondern  als  einen  thrombotischen  an 
und  glaubt  ihn  auf  eine  Endarterütis ,  hervorgerufen  durch  das  im 
Blute  kreisende  Typhusgiffc,  zurückführen  zu  dürfen.  Die  klinischen 
Zeichen  einer  solchen  Arteriitis  freilich  sind  im  Beginn  nur  sehr 
unbestimmt  und  bestehen  hauptsächlich  in  Parästhesieen  und  in 
einem  Kleinerwerden  des  Pulses.  Die  Häufigkeit  einer  durch  die 
Toxikämie  bedingten  Arteriitis  glaubt  Verf.  abhängig  von  dem  Grade 
der  Virulenz  des  im  Körper  kreisenden  Giftes,  femer  von  der  Vita- 
lität der  Gewebe  und  von  gewissen  mechanischen  Momenten. 


Mettler. 


Eine  andere  interessante  Complication  stellt  eine  Stimmband- 
lähmung dar,   welche  Boulay   und   Mendel  (Archives  g6n.  de  stimmband- 
med-,  December  1894)   in  einem  Falle  beobachteten;   die  Lähmung    lähmung, 
bildete  sich  im  Verlauf  von  wenigen  Monaten  zurück.  Mendel!* 


In  der  7.  Woche  eines  Typhus  beobachteten  Monier  und 
Sheild  (Lancet,  2.  März)  das  Auftreten  von  Meteorismus,  Schmerzen 
im  Abdomen  und  peritonitischen  B.eizerscheinungen  in  der  Gegend 
der  Gallenblase.  Die  Vermuthimg  einer  complicirenden  Gallen- 
blaseneiterung  erwies  sich  als  richtig;  es  gelang  den  Patienten 
durch  eine  rechtzeitige  Operation  zu  retten. 


Gallen- 

blasen- 

eiterang, 

Monier  n. 

Sheild. 


Bei  einer  19jährigen  Patientin  erfogte  nach  ganz  normalem  Ver- 
lauf eines  mittelschweren  Typhus  ganz  plötzlich  der  Exitus.  Bei 
der  Section  fand  H  o  b  b  s  (Mercredi  m^d.  Nr.  6)  eine  ausgesprochene 


250  Freyhan. 

Fragmen-    Fragmentation  des  Herzfleisches,    stellenweise  auch  eine 

tationdcs    WTuchenmg  der  Kerne.    Nach  seiner  Ansicht  zeitigt  die  segmentäre 

Abdominal-  Myocarditis  keinerlei  klinische  Erscheinungen,  während  interstitielle 

typ  hu  s,      Entzündungen   Unregelmässigkeiten   und   E^einheit    des   Pulses    zur 

Folge  haben. 

Nephro-  Unter  den  Begriff  des   „Nephrotyphus"    subsumirt   Both 

typhus,  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  einen  Fall,  bei  dem  die  Erkran- 
kimg  mit  den  Erscheinungen  einer  Pyelitis  einsetzte.  Erst  vom 
8.  Tage  an  wurde  es  klar,  dass  ein  Typhus  vorlag;  während  des 
ganzen  Verlaufes  standen  die  nephritischen  Störungen  im  Vorder- 
grunde. Trotz  der  sehr  reichlichen  Eiweissmengen  enthielt  der  Urin 
niemals  Cy linder. 

Gelegentlich  der  Besprechung   der  letzten  Typhusepidemie   im 
Münchener  Gamisonlazareth ,   bei   der  426  Kranke  zur  Behandlung 
Therapie    kamen,  präcisirt  Vogel  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  12)  seinen 
^*  w^d^^"^    Standpunkt  dahin,  dass  er  der  methodischen  Bäderbehandlung 
hehandlang,  <ü®   günstige  Mortalität  von  nur  7  ®/o  zuschreibt.     Von  Fall  zu  Fall 
Vogel,        war  zu  beobachten,  wie  die  kalten  Bäder  durch  ihre  Einwirkung  auf 
Temperatur,  Herzaction,  Innervation  u.  s.  w.  eine  Herrschaft  über 
den  Krankheitsverlauf  erlangten;  freüich  blieb  eine  Minderzahl  von 
Fällen  gänzlich  unbeeinflusst.    In  gleich  lobender  Weise  spricht  sich 
Zinn.        Zinn   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  21  u.  22),   der  die  Typhus- 
fälle des  Nürnberger  Krankenhauses  von   1890 — 94  statistisch  be- 
arbeitet hat,   über  die   Bäderbehandlung  aus.     Wo   sie  nicht  zum 
Ziele  führte,   wurde  sie  mit  Ohinindarreichung  combinirt.     Andere 
Antipyretica,  wie  Lactophenin  und  Antipyrin,  sind  nur  in  den  Fällen 
herangezogen   worden,   in   denen  die  Bäder-  und  Chininbehandlung 
nicht  vertragen  wurde. 

Die  therapeutische  Strömung,  welche  in  dem  Bestreben  wurzelte, 
den  Typhus  durch  energische  Darmdesinfection  zu  coupiren,  ist 
durch  die  immer  mehr  hervortretende  Zwecklosigkeit  der  darauf  ge- 
richteten Versuche  fast  ganz  in  den  Hintergrund  gedrängt  worden. 
Vollends   wird   ihr  jeder  Halt   entzogen   durch   neuerliche,    streng 
Darm-       methodisch  angestellte  Untersuchungen  von  Stern  (Sammlung  klin. 
deeinfec-     Vorträge  Nr.  138).    Stern  ging  so  vor,  dass  er  einen  Saprophyten 
Stern.        ^^^  charakteristischem  Wachsthum  und  bekannter  Resistenz  gegen 
Antiseptica,  den  Bacillus  prodigiosus,   in  den  Darmkanal  einführte 
und  sein  Verhalten   unter  der   Einwirkung  von  per   os   gereichten 


Infectionskrankheiten. 


249 


I  . 


^ 


l. 


1 


oinplicirender  Extremitätengangrän.    Der 
.t'decine  moderne  Nr.  8)   publicirte   Fall  betrifft     Extremi- 
'•ni  lange  Zeit  im  Vordergrund  des  Krankheits-       täten- 

gangrän 

he  Herzschwäche  stand.     Der  gangränöse  Pro-  bei  Typhus, 
•  len   Füssen  und  verbreitete  sich  rasch  auf  die     Duchesne, 
ler   Unterschenkel.     Aehnlich  verlief  eine  von 
»l.  f.  innere  Med.  Nr.  33)  beschriebene  Gangrän     Quervain, 
(ie  zur  Exarticulation  der  Extremität  im  ELnie- 
■  Arteria  poplitea  war  durch  einen  festsitzenden 
in  seiner  Umgebung  fanden  sich  Reinculturen 
Es  scheint  sich  demnach  sicher  nicht  um  eine 
um  eine  direct  infectiöse  Thrombose  gehandelt 

•  cht  bezüglich  des  Zustandekommens  der  Gan- 
in Uebereinstimmimg  mit  den  meisten  Autoren 
rk  med.  Journal,  März) ;  er  sieht  den  Vorgang       Mettier, 
i sehen,   sondern   als   einen   thrombotischen  an 
ine  Endarteriitis ,   hervorgerufen  durch  das  im 
isgifk,  zurückführen  zu  dürfen.    Die  klinischen 
Arteriitis   freilich   sind  im  Beginn  nur   sehr 
ehen    hauptsächlich    in   Parästhesieen  und    in 
des   Pulses.     Die  Häufigkeit  einer   durch  die 
Vrteriitis  glaubt  Verf.  abhängig  von  dem  Grade 
fvörper  kreisenden  Giftes,  femer  von  der  Vita- 
von  gewissen  mechanischen  Momenten. 


'issante  Complication  stellt  eine  Stimmband- 
le  Boulay  und  Mendel  (Archives  g6n.  de  stimmband- 
'   in   einem  Falle  beobachteten;   die  Lähmung    lähmung, 
t^"  von  wenigen  Monaten  zurück.  Mendel. 


'  eines  Typhus  beobachteten  Monier  und 
"z)  das  Auftreten  von  Meteorismus,  Schmerzen 
'tonitischen  Reizerscheinungen  in  der  Gegend 

Vermuthung  einer  complicirenden  Gal len- 
zes sich  als  richtig;  es  gelang  den  Patienten 

Operation  zu  retten. 


Qallen- 

blasen- 

eiterung, 

Monier  u. 

Sheild. 


^n  Patientin  erfogte  nach  ganz  normalem  Ver- 
ren  Typhus  ganz  plötzlich  der  Exitus.  Bei 
» s  (Mercredi  m^d.  Nr.  6)  eine  ausgesprochene 


252  Freyhan. 

unterliegt,    die   möglicherweise   aus    der   Verschiedenheit   der   indi- 
viduellen Disposition  resultiren.    Thatsächlich  hat  die  vorgeschlagene 
Behandlung  auch  in  Deutschland  heinen  Eingang  gefunden,  während 
Behandlung  sie  jenseits  des  Oceans  eine  Nachprüfung  erfahren  hat.     Lambert 
des  Typhus  (New  York  med.  Journal,  27.  April)  hat  28  Typhen  mit  sterilisirten 
Pyocyaneus-  Culturen   behandelt   und   will   bei   mehr   als    der   Hälfte    eine    aus- 
cuituren,     gesprochene  Besserung  beobachtet  haben;    die   übrigen  blieben  un- 
beeinflusst,   aber  auch  von   schädlichen  Nebenwirkungen  verschont. 


Lambert. 


Behandlung  Beumer  imd  Peiper  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28)   haben 

durch       jj^g    immunisirende    Wirkung   antitoxischen    Hammelserums 
sirungs-     a^^  ^as  Tjrphusgift  festzustellen  gesucht;   schon  ^/a — 1  Tropfen  ge- 
versuche,    nügte,  um  weisse  Mäuse  vor  der  tödtlichen  Typhusdose  zu  schützen. 
Pe^er  "      Meerschweinchen  konnten  so  weit  gefestigt  werden,  dass  sie  die  vier- 
fach letale  Dosis  anstandslos  vertrugen.     Endlich  war  eine  heilende 
Wirkung  in  den  Fällen  wahrzunehmen,    bei  denen  die  Behandlung 
möglichst  rasch,  etwa  1 — 2  Stunden  nach  der  Application  der  tödt- 
lichen Gabe  begonnen  wurde ;  eine  weitere  Hinausschiebung  der  Be- 
handlung freilich  machte  den  Erfolg  unsicher.    Einen  Schritt  weiter 
F.  Klemperer  als  diese  Autoren  sind  Klemperer  und  Levy  bei  ihren  Versuchen 
u.  E.  Levy.    fßQj.\    j^^    Wochenschr.  Nr.  28)   gekommen ;    es   gelang  ihnen   bei 
anfangs  langsamem,  später  schnellerem  Vorgehen  die  natürliche  Im- 
munität von  Hunden  durch  Einführung  unverändert  virulenter  Bac- 
terienculturen  so  zu  steigern,   dass  ihr  Serum  andere  Thiere  gegen 
eine  Typhusinfection  zu   schützen  und   auch  bei  erfolgter  Infection 
noch    zu   heilen   vermochte.     Da   sie  in   einem  Vorversuch   die  Un- 
giftigkeit  beträchtlicher   Mengen    dieses  Serums   für   den  Menschen 
feststellten,    hielten    sie   sich   zur  Uebertragung   des  Thierversuches 
auf  den  Menschen  berechtigt  und  injicirten  fünf  Typhuskranken  an 
drei  auf  einander  folgenden  Tagen  je  20  ccm  Heilserum.     Wie  die 
Verif.  selbst  zugestehen,  war  ein  besonderer  Einfluss  auf  den  Krank- 
heitsverlauf nicht  zu  erkennen. 

Blutserum  V.  Jak  SC  h  (Verhandl.  des  13.  Congr.  f.  innere  Med.)  hat  einer 

von  Typhus-  ^^gahl  von  Fällen  in   verschiedenen  Stadien   der  Krankheit  wech- 

recon- 
vaiescenten,  selnde  Mengen  von  Blutserum,   das  er  unter  antiseptischen  Cau- 

V.  Jaksph.  telen  Tjrphusreconvalescenten  entnommen  hatte,  injicirt,  ohne  irgend 
einen  guten  oder  schlechten  Einfluss  davon  zu  sehen.  Die  Injectionen 
waren  schmerzlos;  niemals  traten  Abscesse  oder  locale  Entzün- 
dungen auf. 


Infectionski-ankheiten.  253 

3.  Typhus  exanthematicus. 

In    einer  sehr  schweren  Epidemie  von  Flecktyphus  hat  Le-      Seram- 
grain  (Compt.  rend.  de  la  soci6t6  de  bioL,  19.  Januar)  in  12  Fällen  Behandlung 
2 — 20  ccm  eines  geheilten  Flecktyphuspatienten  entnommenen  Blut-      typhus 
Serums    injicirt   und  dadurch  alle  am  Leben  erhalten.     Nach  jeder      Legrain. 
Injection    sank   die  Temperatur  prompt  ab;    sie   begann  nach  etwa 
40  Stunden  wieder  zu  steigen,  und  nach  erneuten  Injectionen  in  der- 
selben Weise  zu  reagiren.    In  vielen  Fällen  schwand  das  Coma,  und 
der  Krankheitsverlauf  wurde  erheblich  abgekürzt.     Ein  künstliches 
Serum  aus  Na-Phosphat  und  Chlomatrium  blieb  ohne  jede  Wirkung. 

4.  Variola. 

Bezüglich    der   in   der   ersten  Hälfte   des  Jahres  1894  in  Bern 
grassirenden  Pockenepidemie  berichtet  Ort   (Mittheü.  aus  Kli-    Casuistik 
niken  u.  med.  Instit.  der  Schweiz,   2.  Reihe,  H.  5),  dass  die  Krank-         «nd 
heit  durch   3   auswärts  inficirte  Fälle  eingeschleppt  und  im  ganzen  derPocken 
30  Ansteckungen   verursacht   hat.     Weitere   12   von   auswärts   ein-         Ort. 
gelieferte  Fälle  wurden  durch  sofortige  Isolirung  und  Impfung  aller 
mit  ihnen  in  Berührung  gekommenen  Personen  unschädlich  gemacht. 
Eine  Einzelerkrankung,  für  die  die  Infectionsquelle  nicht  aufzufinden 
war,    hatte  22   andere  Blattemerkrankungen   im  Gefolge.     Thera- 
peutisch  wurde  nur   bei  excessiver  Temperatur  von  Antipyreticis 
Gebrauch  gemacht;  das  Fieber  des  Suppurationsstadiums  wurde  mit 
kalten  Wickelungen   und   wiederholten  Abwaschungen   von   l'^/oiger 
Lysollösung  bekämpft.     Gegen  Mimd-  und  Rachenaffectionen  kamen 
schwache  Lysol-  und  Kalipermanganwässer  zur  Anwendung.   Blutende 
Geschwüre  wurden  mit  verdünntem  Liquor  ferri  oder  mit  Terpentin 
betupft. 


Nach   den   Untersuchungen  von    Auche    und    Soucheres    (Compt.     Toxicität 

rend.  de  la  80C.  de  biologie,  29.  December  1894)  hält  sich  die  Toxicität    des  Urins 

des  Urins   von  Variolakranken,   während   der  Eruption  annähernd  in  ^^"^  >arioii 

KrfliDKGn 
normalen  Breiten ;  wahrend  der  Suppuration  nimmt  sie  ab  und  erhebt  sich       Auch6  u. 

erst  wieder  in  der  Defervescenz  zu  beträchtlicher  Höhe.  Febrile  Störungen     Souoh^res. 
in  der  Reconvalescenz  bedingen  eine  Abnahme  der  Toxicität.     Bei  hämor- 
rhagischer Variola  bleibt  die  toxische  Kraft  des  Urins  vom  Beginn  bis  zum 
Tode  constant. 

Eine  Anzahl  von  Blattemkranken,  die  im  vergangenen  Sommer 
ui  Frankfurt  beobachtet  wurden,  gab  Landmann  (Zeitschr.  f.  Hyg. 
u.  Infect.-Rrankh.  Bd.  18)  Gelegenheit  zur  experimentellen  Prüfung 


254  Freyhan. 

Serum-  der  Frage,  ob  sich  Schutzstoffe  im  Blutserum  von  Individuen 
therapie  anhäufen,  welche  Variola  bezw.  Variolois  überstanden  haben.  Es 
Landmann.  *  zeigte  sich,  dass  weder  Variola-  noch  Vaccineserum ,  das  nach  Be- 
ginn der  Blattemerkrankung  einverleibt  wurde,  irgend  einen  Ein- 
fluss  auf  den  Gang  der  Erkrankung  auszuüben  vermochte.  Blattem- 
serum ,  im  Verhältniss  von  1 :  800  injicirt ,  entfaltete  keine  Schutz- 
kraft gegen  eine  Vaccineinfection ;  ebensowenig  schützte  Vaccine- 
serum gegen  eine  Variolainfection.  Aus  diesen  Ergebnissen  schliesst 
Landmann,  dass  die  erworbene  Immunität  gegen  Variola  nicht 
auf  der  Anwesenheit  von  Schutzstoffen  im  Blut  beruht. 

Die  im  Vorjahr  als  „specifisch"  beschriebenen  fadenartigen  Ge- 
bilde (cfr.  vor.  Jahrb.  S.  246)  in  Trockenpräparaten  von  Variola- 
B acter ien  und  Vaccinelymphe  hat  Buttersack  (Berliner  klin.  Wochenschr. 
der  Lymphe,  jq^j.  ^2)  auch  in  zahlreichen  anderen  thierischen  Flüssigkeiten  ge- 
funden, so  dass  hiemach  ihre  Specifität  nicht  mehr  aufrecht  er- 
halten werden  kann.  Ausschliesslich  aber  kommen  den  Impfpusteln 
die  sog.  Uebergangsformen  und  die  aus  dem  Zerfall  der  Fäden  her- 
vorgehenden Ketten  von  Kügelchen  zu. 

5.  Malaria. 

Hämaturie  Catchings   (Med.  and   surg.  Reporter,    Juni  22)  beobachtete 

bei  Malaria,  ^^^  nördlichen  Theile  der  Vereinigten  Staaten  ziemlich  häufig  eine 
auf  Malaria  beruhende  Hämaturie,  die  meist  mit  gallig-blutigem 
Erbrechen  und  Icterus  einherging.  Chinin  erweist  sich  gegen  diese 
Krankheitserscheinungen  nur  von  geringem  Nutzen;  dagegen  rühmt 
Verf.  dem  Calomel  in  grossen  Dosen  gute  Erfolge  nach. 

Herpes  Bei  verschiedenen  Fällen  von  Herpes   zoster  konnte  Win- 

z 08t er,  field  (New  York  med.  Journal,  April)  einen  ätiologischen  Zusammen- 
hang mit  Malaria  construiren.  Jede  andere  ätiologische  Beziehung 
war  mit  Sicherheit  auszuschliessen ;  überdies  fanden  sich  in  mehr  als 
der  Hälfte  der  Fälle  Plasmodien  im  Blut ;  der  Rest  war  für  die  Ent- 
scheidung der  Frage  nach  ihrer  Zugehörigkeit  zur  Malaria  nicht  zu 
brauchen,  weil  bereits  Chinin  gegeben  worden  war. 

Mehr  und  mehr  wird  die  Laver  aussehe  Annahme,  der  zufolge 
die  verschiedenen  Malariaformen  durch  ein  und  denselben  Para- 
siten hervorgebracht  werden,  verlassen,  und  in  demselben  Maasse 
gewinnt  die  Golgi'sche  Lehre,  dass  jedem  Malariatypus   eine  be- 


Infectionskraiikheiten.  255 

sondere  Hämatozoenspecies  za  Gmnde  liege,  an  Terrain.  Ihr  neuester 
Vorkämpfer  ist  Matt  ei  (Arch.  f.  Hygiene  B(L  22,  H.  3k  der  gegen  Plasmodien, 
die  Unität  sowohl  die  differente  Empfindlichkeit  gegen  Medicamente  ^^^^^^ 
wie  das  verschiedene  geographische  Auftreten  der  einzelnen  Typen 
ins  Feld  fuhrt.  Entscheidend  ist  vollends  das  experimentelle  Ver- 
halten; durch  Verimpfdng  des  Blutes  von  Malariakranken  auf  ge- 
sunde Individuen  wird  stets  Malaria  mit  demselben  Fiebertypus  und 
demselben  Blutbefund  wie  beim  Impfling  erzeugt.  Eine  Impfung 
von  Quartanakranken  mit  dem  Blut  eines  Malariakranken  mit  irregu- 
lärem Fieber  bringt  die  ursprünglichen  Plasmodien  zum  Schwinden 
und  die  eingeimpfte  Hämatozoenart  mit  ihren  klinischen  Correlaten 
zur  Entwickelnng. 

Eine  Arbeit  Thin's  (Lancet,  G.Juli)  beschäftigt  sich  eingehend  Thin. 
mit  den  verschiedenen  Darstellungs-  und  Färbemethoden  der 
Hämatozoen.  Er  betont  die  Wichtigkeit  ihres  Nachweises  in  den 
fieberhaften  Comaattacken,  die  in  den  Tropen  gelegentlich  zur  Beob- 
achtung kommen.  Nicht  minder  wichtig  ist  ihr  Fehlen  bei  unklaren 
fieberhaften  Krankheitsbildem,  wie  sie  gleichfalls  in  den  Tropen  an 
der  Tagesordnung  sind. 

Trotz  der  souveränen  Wirkung  des  Chinins  vergeht  kein  Jahr, 
in  dem  nicht  ein  neues  therapeutisches  Agens  gegen  das  Wechsel- 
fieber empfohlen  wird.    Diesmal  ist  es  das  Anal  gen,  das  sich  nach 
den  Versuchen   von  Raimondi   (Riforma  medica  Nr.  40)  zum  Er-     Therapie 
satz  des  Chinins  vorzüglich  eignen  soll.     Es  wirkt  zwar  langsamer,*®^  Malaria: 
lässt   aber  an  Sicherheit  nichts  zu  wünschen  übrig.     Die  Tagesdose     Raimondi.' 
stellt   sich   auf   1 — 3  g ;    es   erscheint   zweckmässig ,    die   Hauptdose 
6  Stunden  vor   dem  Anfall  zu  reichen  und  zwischen  den  Anfeilen 
kleine  Gaben    einzuschieben.     Roth  (Lancet,   25.  Mai)   erzielte  bei  Heisse  Ein- 
schweren Formen  dadurch  gute  Erfolge,  dass  er  vor  der  Darreichung  PRcJ^u^s^*"» 
des  Chinins  heisse  Einpackungen  verordnete  und  dadurch  eine 
proAise  Schweisssecretion  hervorrief.     d*Abadie   (Compt.   rend.  de    Schwefel- 
Tacademie   de  la  science   Nr.  9)    weist   auf  ein   in  Aethiopien  mit 

^      ^  rangen, 

gutem   Erfolg    gebrauchtes    Volksmittel   hin,    welches   in   täglichen     d'Abadie. 
Schwefelräucherungen,  denen  der  entblösste  Körper  ausgesetzt 
T^ird,  besteht. 

Den  fortgesetzten  Bemühungen  Plehn's  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  12 — 27)  ist  es  gelungen,  die  Parasiten  des  Schwarz- 
wasserfiebers, wie  die  an  der  Westküste  Afrikas  ende- 
mische  pemiciöse  Malaria   genannt  wird,    in  Gestalt  von  kleinen. 


256 


Freyhan. 


Schwarz« 
Wasser- 
fieber, 
F.  Plehn, 


Below. 


blassen,  ovalen  Amöben  aufzufinden,  die  sich  morphologisch  von 
den  übrigen  Plasmodien  durch  ihre  Kleinheit,  femer  durch  die 
Schwierigkeit  der  Färbung  und  den  Mangel  jeder  Pigmentirung 
unterscheiden.  Das  klinische  Bild  der  Krankheit  ist  ausgezeichnet 
durch  seine  Schwere,  den  atypischen  Verlauf,  die  geringe  Reaction 
auf  Chinin,  das  Zurücktreten  der  Milzerscheinungen  und  die  Neigung 
zur  Hämoglobinämie  und  zur  Hämoglobinurie.  Im  Gegensatz  zu 
unserer  einheimischen  Intermittens  heilt  das  Schwarzwasserfieber 
spontan;  Chinin  ist  daher  zu  widerraten,  um  so  mehr  als  es  die 
bedrohliche  Neigung  zum  Blutzerfall  noch  zu  verstärken  geeignet 
ist.  Symptomatisch  erweisen  sich  gegen  die  in  manchen  Fällen  sehr 
quälende  Athemnoth  Inhalationen  comprimirten  Sauerstoffs  von  vor- 
züglichem Nutzen.  —  Die  auf  beweiskräftige  Thatsachen  gestützten 
Darlegungen  Plehn's  bezüglich  der  Aetiologie  des  Schwarzwasser- 
fiebers bemängelt  Below  (Allg.  med.  Centralzeitg.  Nr.  44)  in  einem 
theoretischen  Raisonnement.  Er  erkennt  die  Zugehörigkeit  der 
Krankheit  zur  Malaria  nicht  an,  sondern  versucht  sie  dem  gelben 
Fieber  anzugliedern.  Seine  Anschauungen  können  indessen  den 
nochmaligen  Deductionen  Plehn's  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  30),  welche  die  charakteristischen  Unterscheidungsmerkmale  von 
Gelbfieber  und  Schwarzwasserfieber  in  treffendster  Weise  beleuchten, 
nicht  Stand  halten. 

Betreffs  der  Chininbehandlung  des  Schwarzwasser- 
fiebers haben  die  absprechenden  Aeusserungen  P leb n's  eine  selir 
lebhafte    Controverse    entfacht.     Sehr    entschieden    tritt    Steudel 

A^  ufi.«.'*^^  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40  und  Münch.  med.  Wochenschr. 
des  Scnwarz- 

wasser.  Nr.  48)  für  die  energische  Chininbehandlung  ein;  sie  ist  nach  seiner 
Ansicht  der  rein  exspectativen  Therapie  bei  weitem  vorzuziehen. 
Doering  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  46)  hingegen  bekennt 
sich  als  bedingungslosen  Parteigänger  Plehn's.  Er  ist  der  Ueber- 
zeugung,  dass  grosse  Chinindosen  unnöthig  sind  und  geringere  ohne 
jeden  Einfluss  auf  den  Verlauf  der  Krankheit  bleiben.  Die  s3rmpto- 
matische  Behandlung  verhelfe  den  Kranken  am  sichersten  zur  Ge- 
sundheit. Auch  Küchel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  28)  be- 
stätigt, dass  kleine  Chinindosen  das  Schwarzwasserfieber  nicht  zu 
beeinflussen  vermögen.  Er  schiebt  das  Versagen  der  Wirkung  in- 
dessen nicht  auf  die  Machtlosigkeit  des  Mittels,  sondern  glaubt,  dass 
nur  infolge  der  zu  kleinen  Dosen  ein  Reiz  und  nicht  eine  Schädi- 
gung auf  die  Plasmodien  ausgeübt  werde.  Grosse  Dosen,  6 — 8  g 
pro  die,  schlagen  auch  beim  Schwarzwasserfieber  an,  sind  aber  wegen 
ihrer  schädlichen  Nebenwirkungen  sehr  gefährlich. 


Chinin* 


fiebers, 
Steudel, 
Doeiing, 


Küoliel. 


Infectionskrankheiten. 


257 


6.  Aktinomykose. 

Die  sich  hauptsächlich  aus  casuistischen  Beiträgen  rekrutiren- 
den  Mittheilongen  des  Berichtsjahres  bieten  nach  mancherlei  Rich- 
tungen hin  Interesse.  Bei  einem  von  A  s  c  h  o  f  f  (Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  34 — 36)  genau  beobachteten  Fall  von  Lungenaktino- 
mykose  war  durch  den  Befund  von  Drusen  in  den  Zähnen  der 
Weg,  welchen  die  Infection  genommen  hatte,  deutlich  markirt.  Der 
Verlauf  der  Erkrankimg  erstreckte  sich  über  2  Jahre;  die  Diagnose 
schwankte  lange  Zeit  zwischen  Tuberculose,  Echinokokken  und  ma- 
Ugnem  Tumor  hin  und  her,  bis  in  dem  durch  Probepunction  ge- 
wonnenen Eiter  endlich  Aktinomycespüze  nachgewiesen  wurden.  Der 
Eiter  hatte  einen  eigenthümlichen  Geruch;  das  Sputum  war  fleisch- 
farben, himbeergel^eartig  und  ähnelte  dem  bei  malignen  Tumoren 
vorkommenden.  Wesentliche  Lymphdrüsenschwellungen  waren  nicht 
vorhanden  (vergl.  S.  151).  Nicht  minder  interessant  sind  die  Fälle 
von  Hummel  und  Jurinka  (Beitr.  zur  klin.  Chirurgie  Bd.  13), 
weil  es  gelang,  den  Träger  des  Pilzes,  einmal  in  Gestalt  einer  Hafer- 
spelze, das  andere  Mal  in  einer  Gerstengranne  inmitten  des  Abscesses 
aufzufinden.  Namentlich  im  zweiten  Falle,  wo  die  Grannentheüchen 
formlich  von  der  Pilzvegetation  umwuchert  waren,  bot  sich  ein 
klares  Bild  des  Infectionsmodus  dar.  Bei  einem  lange  Zeit  als 
Tuberculose  behandelten  Falle  konnte  H  e  u  s  s  e  r  (Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  47)  die  aktinomykotische  Natur  der  Erkrankung  durch 
die  genaue  Analyse  des  Sputums  diagnosticiren.  Der  Zustand  des 
Kranken  besserte  sich  unter  seiner  Behandlung  sehr  erheblich. 


Lungen 
aktino- 
mykos 
Aschoft 


Hummel  u. 
Jorinka, 


Heusser. 


Zu  den  sehr  seltenen  Fällen  von  Aktinomykose  im  Gehirn 
gesellt  Martin  (Journal  of  pathol.  and  bacteriol.  Bd.  8,  S.  78) 
zwei  neue.  Der  primäre  Heerd  befand  sich  beidemal  in  der  Lunge ; 
secundär  hatte  sich  in  dem  einen  Falle  ein  aktinomykotischer  Abscess 
im  Unken  Hinterhauptlappen,  im  zweiten  Falle  ein  Abscess  hinter  der 
BiOlando'schen  Furche  entwickelt. 


Aktino- 
mykose im 
Gehirn, 
Martin. 


Seit  einiger  Zeit  geniesst  das  Jodkalium  den  Ruf,  ein  Speci- 

ficum  gegen  die  Aktinomykose   darzustellen.     Rydygier  (Wiener      jodkali 

klin.  Wochenschr.  Nr.  37)  hat  nun  versucht,  neben  innerlicher  Dar-  bei  Akt  in  o- 

reichung  das  Jodkalium  auch  parenchymatös  den  aktinomykotischen 

Infiltraten  zu  incorporiren.     Er  injicirte  alle  8  Tage  2—4  Spritzen 

einer  l'/oigen  Lösung   und   erzielte  bei  einem  Patienten  innerhalb 

2  Monaten  eine  vollkommene  Heilung,   bei  einem  anderen,   dessen 
Jtbrtmch  der  practisohen  Medicin.    1896.  27 


mykose, 
Rydygier. 


258 


Freyhan. 


Behandlung   noch  nicht  abgeschlossen  ist,    eine   sehr  entschiedene 

Jodkali     Besserung.    Desgleichen  sah  Zechmeister  (Wiener  med.  Blätter 

beiAktino-  ^j.    ^gv  ^^^j.  Jodkalium  das  allmähliche  Schwinden  eines  Gesichts- 

mykose, 

Zechmeister,    infiltrates,  von  dessen  chirurgischer  Behandlung  er  aus  kosmetischen 
Bücksichten  Abstand  genommen  hatte. 


Milzbrand- 

toxin, 

Marmier. 


7.  Milzbrand. 

Marmier  (Annales  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  7)  hat  aus  Milz- 
brandculturen  eine  Substanz  extrahirt,  die  er  für  das  Toxin  des 
Milzbrandes  anspricht ;  seine  Injection  ruft  bei  empfänglichen  Thieren 
den  Tod  herbei,  während  immune  imd  immunisirte  Thiere  nicht 
tangirt  werden.  Durch  Erhitzung  auf  110°  lässt  sich  die  Virulenz 
der  Substanz  abschwächen  und  durch  Versetzen  mit  unterchlorig- 
sauren  Alkalien  gänzlich  aufheben.  Es  gelang  auch,  durch  geeignete 
Vorbehandlung  Thiere  gegen  eine  Anthraxinfection  zu  schützen. 


Verbrei-  Krumb  holz  (Beiträge  zur  pathol.  Anatomie)  konnte  bei  einem 

t u n g B-  a,n  Milzbrand  verstorbenen  Manne  deutlich  die  Verbreitungsweise 
3iilzbrandfl  ^®^  MilzbrandbaciUen  verfolgen;  sie  fanden  sich  ausschliesslich 
Krumbhoiz.  in  den  Lymphgefässen  und  hatten  die  Blutgefässe  gänzlich  verschont. 
Das  Netz,  Mesenterium  und  das  retroperitoneale  Gewebe  befand  sich 
im  Zustand  einer  sulzigen  Schwellung ;  im  Dünndarm  waren  kleinere 
und  grössere  Auftreibungen  von  dunkelrother  Earbe  wahrzunehmen, 
die  in  der  Mitte  einen  dünnen,  gelblichen  Schorf  trugen.  Als  Ein- 
gangspforte des  Giftes  war  der  Magendarmkanal  anzusehen. 

Casuistische  Beiträge  sind  in  nicht  spärlicher  Zahl  geflossen. 
Caauistik,    Unter  ihnen  heben  wir  einen  Fall  von  Garstang  (Lancet,  16.  März) 
Garstang,     hervor,  der  den  seltenen  Ausgang  in  Heilimg  nahm,  und  femer  einen 
Poelchau.      Fall  von  Poelchau  (Centralbl.  f.  innere  Medicin  Nr.  16),  der  unter 
so  unklaren  Erscheinimgen  verlief,   dass  erst  die  Section  über  die 
Natur  des  Leidens  Aufschluss  ergab.     In  vivo  bestanden  die  Sym- 
ptome einer  acuten  Gastroenteritis ;  daneben  Mattigkeit  und  firequente 
Athmung;  auffallend  war  das  Vorhandensein  einer  starken  Cyanose. 


Rotz- 
diagnose, 
E.  Levy  u. 
Steinmetz. 


8.  Rotz. 

Die  von  Strauss  angegebene  Methode  zur  Schnelldiagnose 
des  Eotzes,  die  in  der  Injection  rotzverdächtigen  Materials  in  die 
Bauchhöhle  von  männlichen  Meerschweinchen  besteht,  wurde  von 
Levy  und  Steinmetz  (Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  11)  bei  einem 


Infectionskrankheiten. 


259 


rotzkranken  Pferde  mit  Erfolg  angewandt.   Nach  2  Tagen  schwollen 
die  Hoden  des  Heerschweinchens  an,  womit  die  Diagnose  des  Rotzes 
untrüglich  gesichert  war.     Versnchsreihen  mit  verschiedenen  Arten 
von  Mall  ein   haben  Foth  (Fortschritte   der  Medicin   Nr.  16)   das 
Resoltat   ergeben,   dass  das   flüssige  Mallem  zweifellos  als  ein  vor- 
zügliches diagnostisches  Hülfsmittel  zur  Erkennung  des  Rotzes 
anzusehen  ist,  wenn  es  auch  keine  absolute  Zuverlässigkeit  besitzt. 
Das  trockene  Mallein  ruft  sehr  verschiedene  Reactionen  hervor;   es 
ist  indessen  nur  eine  intensive  Reacdon  für  die  Diagnose  des  Rotzes 
zu  verwerthen.     Es   hat  vor  den  flüssigen  Präparaten  den  Vorzug, 
dass   ein  Ausfall  seiner  Wirkung  bei  wirklich  rotzkranken  Thieren 
nicht   beobachtet  wird  und  dass  es  eine  unbegrenzte,   von  äusseren 
Einflüssen   unabhängige   Haltbarkeit   besitzt.     Auch   Frederickse 
(Weekblad  von  Nederl.  Tijdschrift  von  Geneesk.  Nr.  1)  erklärt  die 
Malleininjection   für   ein  sicheres  Mittel  zur  Erkennung  des  Rotzes. 
Die    für  Rotz    charakteristische  Reaction  besteht  hauptsächlich  in 
einer  Temperaturerhöhung,  verbunden  mit  einer  grösseren  oder  ge- 
ringeren Schwellung   der  injicirten  Stelle;   die  Temperaturerhöhung 
dauert  etwa  36  Stunden  an,  um  dann  allmählich  wieder  zu  schwinden. 
Temperatursteigerungen  vor  der  Injection  warnen  zur  Vorsicht,  weil 
es  erwiesen  ist,  dass  rotzkranke  Pferde,  die  Fieber  haben,  weniger 
stark  auf  Mallem  reagiren  als  fieberfreie. 


Mallein, 
Foth. 


FrederickSi 


Ueber    eine   Rotzerkrankung  beim  Menschen   berichtet  Houl   Casnistik, 


(Wiener  klin.  Rundschau  Nr.  32).   Die  mikroskopische  und  culturelle 
Untersuchung  der  zahlreich  vorhandenen  Abscesse  stellte  die  Identität 
von  Rotzbacillen  fest.   Gesichert  wurde  der  Befund  durch  das  Thier- 
experiment,    speciell   durch    die  Strauss'sche  Methode   der   intra- 
abdominellen Injection.     Durch   seine   Heilung  bemerkenswerth  ist 
der  Garstang'sche  Fall  (Lancet,   16.  März);  allerdings  steht  hier 
die  Diagnose  nicht  mit  voller  Sicherheit  fest,  da  die  bacteriologische 
Untersuchung  erst  nach  dem  Abklingen  der  Krankheitserscheinungen 
vorgenommen  werden  konnte  und  dann  negativ  ausfiel.   Der  Patient 
war  mit  einem  rotzkranken  Pferde  in  Berührung  gekommen  und 
acquirirte  ein  heftig  juckendes,  pustulöses  Ekzem  am  Arm,  das  schub- 
weise den  ganzen  Körper  befiel  und  rasch   alle   Stadien  von  der 
Infiltration  bis  zur  Suppuration  und  Ulceration  durchlief. 


Houl, 


Garstang. 


260 


Freyhan. 


giftes, 
Oumprecbt. 


9.  Tetanus. 

Verbrei-  Gumprecht  (Pflüger's  Archiv  Bd.  59)  hat  versucht,  experimentell 

tun gs weise  j^j^  Theil  des  Reflexbogens  zu  bestimmen,  an  welchem  die  Wir- 
kung des  Tetanusgiftes  einsetzt,  und  konmit  zu  dem  Schluss,  dass 
das  Rückenmark  selbst  als  das  geschädigte  Organ  anzusehen  ist. 
Nach  seiner  Ansicht  wird  ein  Theü  des  in  eine  Extremität  geimpften 
Giftes  auf  dem  Wege  der  Blutbahn  in  den  Gesammtorganismus  ein- 
geführt. Ein  anderer  Theil  des  einverleibten  Giftes  gelangt  unver- 
dünnt mittels  Nervenleitung  in  den  subduralen  Raum  des  Rücken- 
marks, verbreitet  sich  hier  und  löst  alsdann  in  den  zuständigen 
Muskelgruppen  tetanische  Krämpfe  aus.  Wenn  die  einverleibte  Gift- 
menge keine  grosse  ist,  so  kommt  nur  die  durch  Nervenleitung  in 
das  Rückenmark  gelangte  Portion  zur  Action,  und  es  bleibt  beim 
localen  Tetanus. 


Behring* 
sches 

Tetanas- 
sernnit 
Hewlett, 

Vaülard, 


Marson, 


Pel. 


Die  Heilkraft  des  antitetanischen  Serums  ist  bei  aus- 
gesprochenem Tetanus  je  länger  je  mehr  sehr  zweifelhaft  geworden. 
Soweit  sich  die  Sachlage  übersehen  lässt,  bringt  das  Antitoxin  in 
rapid  verlaufenden  Fällen  so  gut  wie  sicher  keinen  Nutzen,  und  bei 
den  milderen  Formen  ist  niemals  die  Möglichkeit  einer  Spontan- 
heilung auszuschliessen.  Für  den  unbestreitbaren  Werth  der  Be- 
handlung engagirt  sich  als  einziger  Hewlett  (Practitioner,  April), 
der  50  mit  Antitoxin  behandelte  Fälle  gesammelt  hat  und  darunter 
34  genesene  aufführt.  Das  Antitoxin  ist  bei  dem  Auftreten  der 
ersten  Tetanussymptome  anzuwenden;  ob  es  sich  auch  als  Prophj'- 
lacticum  empfiehlt,  z.  B.  bei  beschmutzten  und  nicht  heilenden 
Wunden,  lässt  Verf.  dahingestellt.  Dagegen  hebt  Vaillard  (Compt. 
rend.  de  TAcad^mie  des  sciences  Nr.  21)  seinen  prophylactischen 
Werth  mit  aller  Entschiedenheit  hervor.  Er  empfiehlt  die  Application 
des  Antitoxins  als  Präventivmittel  bei  verunreinigten  Wunden,  ferner 
bei  Operationen,  in  deren  Gefolge  erfahrungsgemäss  Tetanus  häufig 
auftritt,  endlich  in  Gegenden,  in  denen  der  Tetanus  neonatorum 
endemisch  vorkommt.  Ganz  besonders  ist  die  Verwendung  in  tro- 
pischen Ländern  rathsam,  weil  dort,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  auch 
leichtere  Wunden  gern  durch  Tetanus  compücirt  werden.  • 

In  einem  von  Marson  (Lancet,  10.  August)  publicirten  Falle 
konnte  das  Antitoxin  den  tödtlichen  Ausgang  nicht  aufhalten,  wenn 
sich  auch  bezüglich  der  Steifheit  imd  der  Heftigkeit  der  Anfälle 
ein  mildernder  Einfluss  bemerkbar  gemacht  haben  soll.  Desgleichen 
besserten   sich   auch  in   einem   Falle   von  Pel   (Centralbl.  f.  innere 


Infectionski-ankheiten. 


261 


Medicin  S.  713)  die  Zuckungen,  ohne  dass  der  Autor  den  Eindruck 
gewinnen  konnte,  dass  die  Besserung  auf  Rechnung  des  Antitoxins 
zu  setzen  war. 

Lauten  schon  die  Erfahrungen  mit  dem  Behring'schen  Serum 
so  wenig  trostreich,  so  ist  dies  in  noch  viel  höherem  Maasse  mit 
<iem  Tizzoni'schen  Antitoxin  der  Fall.  Als  Gesammtresum6  aller 
liehandelten  Fälle  kann  mit  Fug  und  Recht  gesagt  werden,  dass 
das  Tizzoni'sche  Mittel  bei  den  acut  auftretenden  und  schweren 
Formen  des  Tetanus,  in  der  bis  jetzt  üblichen  Weise  angewendet, 
weder  im  Stande  ist,  das  Fieber  zu  beeinflussen  noch  einen  wirk- 
samen Schutz  gegen  die  Tetanusinfection  darzustellen.  Es  mag 
dabei  unentschieden  bleiben,  ob  die  Unwirksamkeit  auf  einer  un- 
zureichenden Heilkraft  oder  auf  einem  Fehler  in  der  Dosining  be- 
ruht. Die  wenigen  in  diesem  Jahr  pubHcirten  Fälle  bringen  nur 
neue  Bestätigungen  der  eben  dargelegten  Anschauungen. 

Ein  schwerer,  von  Walke  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  36)  bc- 
•»hachteter  Fall  von  Tetanus  puerperalis  starb  trotz  energischer  Antitoxin- 
behandlung, und  denselben  Ausgang  nahm  ein  von  Schwarz  (Wiener  med. 
Wochenschr.  1894,  Nr.  49)  behandelter  Fall.  Allerdings  gibt  letzterer  an, 
dass  nach  Einverleibung  des  Mittels  das  klinische  Bild  insofern  eine  Ab- 
weichtmg  der  Relation  zwischen  der  Temperatur  und  den  tetanischen  Er- 
scheinungen zeigte,  als  trotz  continuirlichen  Ansteigens  der  Temperatur  ein 
allmähliches  Nachlassen  der  Krämpfe  zu  beobachten  war.  Endlich  be- 
handelte auch  Foges  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  24  u.  25)  einen  Fall 
von  Kopftetanus  mit  dem  Tizzoni'schen  Antitoxin,  ohne  den  tödtlichen 
Ausgang,  der  am  19.  Tage  eintrat,  aufhalten  zu  können.  Auch  er  hat 
nach  der  Antitoxinapplication  ein  auffallend  rasches  Nachlassen  der  Krämpfe 
in  Pinem  Theil  der  befallenen  Musculatur  deutlich  wahrgenommen. 


Tizzoni- 

Bches 
Tetanus- 
serum, 


Walko. 
Schwarz, 


Foges. 


Bei  einem   leichten  Tetanusfalle,   bei  dem  das  38(XX)fache 
der   zm*  Immunisirung  nöthigen  Menge  des  Behring'schen  Serums 
injicirt  wurde,  konnte  Vage  des  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Inf.-Krankh.    Antitoxin- 
Bd.  20)  nachweisen,   dass   das   Antitoxin  nach   11  Tagen   aus   dem     ayschei- 
Urin  und   nach  18  Tagen   aus   dem  Blut  vöUig  verschwunden  war.      Vagede's. 
Der  Fall  lehrt,  dass  es  jedenfalls  lange  genug  im  Körper  kreist,  um 
eine  etwaige  Wirkung  entfalten  zu  können. 


Cameron  (Montreal  med.  Journal  Nr.  12)  berichtet  über  einen      Chiorai 
Fall  von  Tetanus  traumaticus,  der  durch  die  eclatante  Wirksam-  ^^^  Tetanus, 
keit  des  Chlorals  bemerkenswerth  ist.     Beim  Aussetzen  des  Mittels 
erfolgte  sofort  eine  Behinderung  der  Athmung,  welche  durch  erneute 


Cameron. 


262  Freyhan. 

Darreichung  des  Mittels  wieder  zum  Schwinden  gebracht  werden 
konnte. 

10.  Erysipel. 

Während  man  bisher  die  im  Verlauf  eines  Erysipels  auftretenden 

entzündlichen  Processe  als  secundäre  Streptokokkenlocalisationen  zu 

Compii-     deuten  gewohnt  war,   bringt  Roger  (Revue   de  m6d.  Nr.  4)   ein- 

cation  des   «^andsfreie   Beweise   dafür,    dass    sie   gelegentlich   auch   auf  einer 

„^1^         Mischinfection  beruhen  können.     Unter  545  Rosekranken  fand 

Pneumonie,  er  10  echte,  durch  Culturverfahren  und  Thierversuch  sichergestellte, 

^^®'*        fibrinöse  Pneumonieen.  Der  Verlauf  war  ein  anomaler  und  atypischer 

und  endete  in  der  Hälfte  der  Fälle  mit  dem  Tode.    Roger   ver- 

muthet  in  dieser  Complication  eine  Autoinfection  durch  die  in  der 

Mundhöhle  so  häufigen  Pneumokokken;   möglicherweise  werden  sie 

erst  durch  die  ins  Blut  gelangten  bacteriellen  Stoffwechselproducte 

der  Erysipelerreger  virulent. 

Ein  hervorragendes  Interesse  verdient  die  Beschreibung  eines 
Gasabscease  Erysipels  von  Zeller  (Virchow's  Archiv  Bd.  189,  Heft  2),  in  dessen 
nach  Gefolge  eine  handtellergrosse  Infiltration  der  Bauchhaut  auftrat.  Bei 
Zeller  u. '  ^^r  Spaltung  derselben  fand  sich  das  Unterhautfettgewebe  dunkel- 
Araoid.  schwarz  verfärbt;  erst  in  grosser  Tiefe  stiess  man  auf  missfarbigen 
Eiter.  Im  weiteren  Verlauf  kam  es,  zunächst  in  der  Umgebung 
der  ersterkrankten  Stelle,  später  am  ganzen  Körper  regellos  verstreut 
zur  Bildung  ähnlicher  Abscesse,  die  stets  durch  eine  schwarze 
Färbung  des  Grimdes  und  durch  äusserst  übelriechenden  Inhalt,  aus 
Eiter  und  Gas  gemischt,  ausgezeichnet  waren;  im  ganzen  wurden 
im  Laufe  von  1*1%  Jahren  650  solche  Abscesse  eröifnet.  Nach  ein- 
jährigem Bestehen  der  Krankheit  Hessen  die  schweren  Symptome 
allmählich  nach;  es  kam  zur  vollständigen  Restitutio  ad  integrum. 
Arnold  (ibid.),  dem  die  Bearbeitung  des  anatomischen  Theiles  zu- 
gefallen ist,  spricht  die  Ansicht  aus,  dass  die  Abscesse  vermuthlich 
auf  embolischem  Wege  zu  Stande  gekommen  und  mit  Hämorrhagieen 
verbunden  gewesen  seien.  Ihre  schwarze  Eärbung  beruhe  wahr- 
scheinlich auf  einer  vitalen  Pseudomelanose,  d.  h.  einer  Färbung 
der  Gewebe  durch  Schwefeleisen,  welches  der  Einwirkung  von 
Schwefelwasserstoff  auf  das  Eisen  des  Hämosiderins  seine  Ent- 
stehung verdankt. 

Marmorok  (Compt.  rend.  de  la  societ6  de  biol.  7,  5.  April)  sieht 
in    dem    Antistreptokokkenserum,    das    er   in   46   Fällen   von 


Infectionskrankheiten. 


263 


Erysipel  zur  Anwendimg  brachte,  ein  Specificum  gegen  die  Krank-  Antistrepto- 
keit.  Schon  nach  Injection  von  5 — 20  g  kam  es  rasch  zu  einer 
Erniedrigung  der  Temperatur  und  einem  Abklingen  der  entzünd- 
lichen Erscheinungen;  in  keinem  einzigen  Falle  erfolgte  eine  Ab- 
scedirung.  In  gleich  günstigem  Sinne  sprechen  sich  Charrin  und 
Roger  (ibid.)  aus. 


kokken- 

sernm, 

Marmorek, 

Charrin, 

Roger. 


11.  Gelenkrheumatismus. 

In  Anlehnung  an  die  Theorie  von  Sahli  (cfr.  Jahrgang  1894, 
8.  440)   definirt  Sacaze  (Archiv,  g^n^ral.  de  med.,  November)   den   Wesen  der 
Gelenkrheumatismus  als  eine   abgeschwächte  Septikämie.     Er        ^°V". 
stützt  diese  Hypothese  auf  vielfache  litterarische  Belege  sowohl  wie       sacaze.  ' 
auf  folgende  Eigenbeobachtung.     An  die  Vereiterung  einer  kleinen 
Fusswunde  schloss  sich  eine  acute  Polyarthritis  an;  in  der  Wunde 
wurde   der   Staphylococcus  in   Eeincultur   gefunden.      Sacaze   be- 
trachtet die  Wunde  als  Eintrittspforte  des  Erregers  der  Polyarthritis. 


Suchannek  (Bresgen's  Samml.  zwangloser  Abhandl.   Heft  1)   Aetioiogie 


kommt  an  der  Hand  des  bis  jetzt  vorliegenden  Materials  zu  dem 
gleichsinnigen  Schluss,  dass  der  acute  Gelenkrheumatismus  zwar  als 
ein  infectiöses,  aber  ätiologisch  nicht  conformes  und  klinisch  nicht 
inmier  zu  erkennendes  Leiden  aufzufassen  sei,  welches  in  Form 
einer  abgeschwächten  Pyämie  verläuft.  Aus  dem  Umstand, 
dass  in  vielen  Fällen  die  Polyarthritis  durch  eine  Angina  eingeleitet 
wird,  zieht  er  den  Schluss,  dass  die  Infection,  wenigstens  bei  diesen 
Fällen,  in  den  Gaumentonsülen  einsetze.  Er  empfiehlt  deshalb  eine 
ausgiebige  Pflege  der  Mundhöhle,  um  die  Vulnerabilität  dieser  Ein- 
gangspforte möglichst  abzustumpfen. 

Singer  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  25  u.  26)  hat  16mal 
unter  17  Fällen  von  Gelenkrheumatismus  gelegentlich  der  bacterio- 
logischen  Untersuchung  des  Harns  ein  positives  Resultat 
bekommen.  lOmal  fand  er  Staphylococcus  albus,  Imal  Staphylo- 
coccus aureus,  3mal  Streptokokken.  Die  Constanz  der  bacteriellen 
Ausscheidung  sowie  der  Umstand,  dass  die  Menge  der  Keime  mit 
der  Besserung  der  klinischen  Symptome  gleichmässig  zurückging, 
veranlasst  ihn,  in  den  gefundenen  Kokken  die  specifischen  Infections- 
erreger  der  Polyarthritis  zu  sehen.  Gleichzeitig  verwerthet  er  seine 
Befonde  gegen  die  ätiologische  Einheit  des  Gelenkrheumatismus.  Im 
vollen  Gegensatz  dazu  stehen  die  Befunde  von  Chvostek  (Wiener 
klin.  Wochenschr.  Nr.  25  u.  26),  der  den  Urin  fast  immer  keimfrei 
gefunden  hat.    Auch  im  Gelenkinhalt  waren  keine  Mikroorganismen 


des  Gelenk- 
rheumatis- 
mus, 
Suchannek. 


Singer, 


Chvostek. 


264  Freyhan. 

nachweisbar;   er  glaubt  daher,   dass  die  beim  Gelenkrheumatisinus 
sich  etablirenden  Gelenkalterationen  nicht  durch  directe  bacterielle 
Invasion  bedingt   sein    können.     Vielmehr    schuldigt    er    als    ver- 
anlassendes Moment  toxische  Substanzen  an,  die  unter  gewissen  Be- 
dingungen ihren  Einfluss   auf  die  Gelenke  manifestiren.     Die  um- 
fassendsten auf  diese  Frage  bezüglichen  Untersuchungen  stammen 
Aetioiogie  von  Kr  aus  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  26  u.  26),  der  rund  90  Fälle 
des  Gelenk-  y^j^  verschiedenen  Infectionskrankheiten ,   darunter  auch  Polyarthri- 
tis g         tiden,    bacteriologisch  verwerthet  hat.     Nach  seiner   Ansicht   sind 
Kraus.        positive   Blut-   und   Hambefunde   nur  dann  für  die  Aetioiogie    zu 
brauchen,  wenn  sich  specifische  Mikroorganismen  finden,  während 
der  Befiind  von  Streptokokken,  Staphylokokken  und  Bacterium  coli 
ätiologisch  nichts  besagen  will,   sondern  nur  als  der  Ausdruck  der 
Insufficienz  der  Organe  und  ihrer  Schutzapparate  zu  betrachten  ist. 

Dem  in  der  Neuzeit  viel  ventilirten  Zusammenhang  von  Angina 
Angina  und  und  Gelenkrheumatismus  hat  auch  Buss  (Deutsches  Archiv  f. 
Pö^y*        klin.  Med.  Bd.  64)  seine  Aufmerksamkeit  geschenkt.    Er  pflichtet  der 
Buss.   '    Ansicht  derjenigen  Autoren  bei,  die  den  Gelenkrheumatismus  ätio- 
logisch aus  einer  Infection  des  Körpers  von  den  Bachenorganen  aus 
herleiten. 

Ausser  der  häufig  als  Prodromalsymptom  vorkommenden  Angina 

Larynx- und  beschreibt  Freudenthal   (Med.  Record  Nr.  7)  in  seltenen  Fällen 

Pharynx-     ^jj^^  initiale  Laryngitis,   femer  bei  fünf  Patienten  soUtäre 

bei  Poiy-     Pharynxgeschwüre,    die   in   kurzer  Zeit   unter  Salolbehandlung 

arthritis,     zur  Heilung  kamen.     Endlich  erwähnt  er  noch   als  Begleiterschei- 

Freudenthai.   jj^ngga  Rhinitis  mit  starker  Salivation  sowie  Anfalle  von  heftigen 

Schmerzen  in   der  Nase,    deren  rheumatische  Natur  er   aus  ihrer 

prompten  Beaction  auf  antirheumatische  Behandlung  erschliesst. 

Sehnen-  Oloff  (Inauguraldissert.  Berlin)  macht  darauf  aufmerksam,  dass 

scheiden-    (j^j.  acute  Gelenki'heumatismus  in  nicht  allzu  seltenen  Fällen  durch 

a  ff  octioncn 

bei  Poiy-  Sehnenscheidenaffectionen  complicii't  wird.  Diese  Complication 
arthritis,  wirkt  ungünstig  auf  die  Prognose  und  fesselt  die  Kranken  oft  monate- 
lang ans  Lager.  Die  sonst  so  wirksamen  Antirheumatica,  selbst  das 
Salicyl,  richten  in  solchen  Fällen  so  gut  wie  gar  nichts  aus.  Nur 
eine  rein  symptomatische  Behandlung  vermag  etwas  Linderung  zu 
schaffen. 

Heidenhain  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31)  glaubt,  dass 
der   acute  monarticuläre  Gelenkrheumatismus  weit  häufiger 


Oloff. 


Infectionskrankheiten.  265 

vorkomme,  als  man  gewöhnlich  annimmt.   Er  selbst  hat  in  den  letzten     Monarti- 
Jahren  38  solche  Fälle  gesehen,  die  prompt  auf  SaUcylsäure  heilten,      «^ulärer 
Vielleicht  werden  manche  bislang  in  ihrer  Entstehung  dunkle  Fälle      tismus, 
von    Endocarditis    unter    diesem   Gesichtspunkt    erklärlich.      Auch    Heidenhain. 
manche  Gelenksteifigkeiten ,  die   sich  allmählich  ohne  bekannte  Ur- 
sache entwickeln,  dürfiben  in  solchen  leichten  rheumatischen  AiFectionen 
ihren  G-rnnd  haben. 

Unter  dem  Namen  „Amygdophenin"  führt  Stüve  (Central-  Amygdo- 
blatt  f.  innere  Med.  Nr.  46)  ein  neues  Antirheumaticum  in  die  plienin, 
Therapie  ein,  das  er  auf  der  v.  Noorden'schen  Abtheilung  während 
eines  halben  Jahres  in  mehr  als  1000  Einzeldosen  erfolgreich  gegen 
Gelenkrheumatismus  angewandt  hat.  Tagesdosen  von  3 — 6  g  hatten 
eine  so  prompte  Wirkung,  dass  niemals  zu  einem  anderen  Anti- 
rheumaticum übergegangen  zu  werden  brauchte;  das  Auftreten  von 
Nebenerscheinungen  wurde  nicht  beobachtet. 

Gute  Erfolge  hat  Weiss  (Wiener  med.  Presse  Nr.  48)  von  der    Salicyi  in 
Application   der  Salicylsäure  in   Salbenform  gesehen.     I^es-^*^^°J^^'™' 
gleichen   beobachtete  Guicciardi  (Giom.  med.  del  regio  esercito,     ouicciardi. 
Juli)   eine  brillante  Wirkung  dieses  Präparates  auf  Schwellung  und 
Schmerzen  und  rühmt  besonders  den  Fortfall  der  bei  innerer  Medi- 
tation so  schwer  vermeidbaren  Magenstörungen. 

12.  L  e  p  r  a. 

Kau r in  (Norsk.  Mag.  for  Lägevid.,  April)  bekämpft  sehr  ent-  Erblichkeit 
schieden  die  "Vererbungstheorie  der  Lepra  und  weist  an  dem  der  Lepra, 
Beispiele  Islands  nach,  wie  oft  Beobachtungen,  welche  die  Erb- 
lichkeitstheorie zu  beweisen  scheinen,  bei  genauer  Nachforschung 
die  schärfsten  Beweise  für  die  Contagiosität  des  Aussatzes  bilden. 
Er  verlangt  daher  nach  wie  vor  strengste  Isolirung  der  Leprösen 
und  sieht  die  Ursache  der  augenblicklich  wieder  zunehmenden 
Verbreitung  der  Krankheit  in  Island  nur  darin,  dass  man  die  dor- 
tigen Leprosorien  hat  eingehen  lassen.  Er  glaubt  femer,  dass  die 
Behandlung  der  Leprösen  sich  bei  energischer  Durchfuhrung  sym- 
ptomatischer Principien  nicht  so  aussichtslos  gestalte,  wie  man  dies 
gemeinhin  annimmt. 

• 

Milton  (Edinb.  med.  joumal,  Juli)  weist  darauf  hin,  dass  die    derLepra, 
Lepra  in  England   einen  ganz  anderen  Charakter  angenommen  hat,       Milton. 


266  Freyhan. 

als  er  dem  Aussatze  früherer  Jahrhunderte  eigen  war ;  es  prägt  sich 
dies  vor  allem  in  dem  viel  schwereren  und  jeder  medicamentösen 
Behandlung  unzugänglichen  Verlauf  aus. 

Lepra-  Lassar  (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  50)   verfugt  über  einen 

casuifltik,    g^jy.  typischen  Fall,   dessen  Extremitäten  mit  zahllosen  Knoten  von 

Li&ssAr 

Stecknadelkopf-  bis  Bohnengrösse  dicht  besetzt  waren.  Dazwischen 
fanden  sich  flach  gedellte  Efflorescenzen,  Morphäaflecken,  TJlcerationen 
und  Narben.  Auch  die  Schleimhäute  waren  mit  ELnoten  und  Infil- 
traten reichlich  besetzt.  Die  Nervenstämme,  besonders  die  Ulnares, 
waren  vielfaltig  verdickt  und  eine  deutliche  Herabsetzung  der  Sensi- 
bilität nachweisbar.  Der  mikroskopische  Befund  Hess  an  der  leprösen 
Natur  der  Erkrankung  keinen  Zweifel.  Nicht  minder  typisch  ist 
Wassermann,  der  von  Wassermann  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  50)  mitgetheilte 
Fall.  Auch  hier  war  das  mikroskopische  Bild  für  die  Diagnose  ent- 
scheidend ;  nicht  nur  waren  die  Leprabacillen  massenhaft  vorhanden, 
sondern  auch  ihre  Lagerung  in  den  charakteristischen  Leprazellen  zu 
erkennen. 
Marcano,  Marcano  und  Wurtz  (Archives  de  m6d.  expiriment.  Nr.  1) 

Wurtz.  konnte  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  in  einem  Fall  schon 
sehr  frühzeitig  die  Diagnose  einer  Lepra  stellen.  Das  Leprom  wurde 
excidirt;  die  Wunde  schloss  sich  rasch,  und  die  Heilimg  ging  glatt 
von  statten. 

13.  Dysenterie. 

Der    Streit   über   die   Bedeutung   der  Amoeba  coli   für  die 
Dysenterie-  Dysenterie   wogt  noch   hin   und   her.     Während   Leahy   (Lancet, 
amöben,      ^3   April)  und  Curnow  (Lancet,  4.  Mai)  die  Kartulis'schen  Be- 
Cumow,      funde  in   allen  Theilen  bestätigen  und  in  den  Amöben  die  ursäch- 
Gasser,       liehen  Erreger  der  Dysenterie  erblicken,  kann  Gasser  (Archives  de 
m6d.  exp^riment.  Nr.  2)  dieser  Anschauung  nicht  beipflichten,  da  er 
unter  163  Fällen  von  Dysenterie  nur  41mal  Amöben  angetroffen  hat 
und   bei   Gesunden   einen   fast  identischen   Procentsatz    constatiren 
konnte.    Er  gesteht  zwar  zu,   dass  man  durch  die  Lijection  amöben- 
haltigen  Materials  in  den  Mastdarm  von  Katzen  Dysenterie  zu  er- 
zeugen vermag,  hat  aber  denselben  Effect  auch  durch  rein  mechanisch 
Celli  u.       reizende  Substanzen  erzielen  können.    Ebensowenig  sind  Celli  und 
Fiocca.       Eiocca  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  u.  Parasitenk.  Bd.  17,  H.  9  u.  10) 
von  der  Pathogenität    der  Amöben    überzeugt,   weil   es   zweifellos 
sei,  dass  sowohl  epidemische  wie  endemische  Formen  von  Dysenterie 
ohne  Amöbenbefund   vorkämen.     Li   ihren   eigenen  Untersuchungen 


Infectionskrankheiten.  267 

haben  sie  mit  grosser  Begelmässigkeit  das  Bacterium  coli  in  Gemein- 
schaft mit  einem  typhusahnlichen  Organismus  angetroffen  und  sind 
um  so  mehr  geneigt,  dieser  Bacteriencombination  eine  ätiologische 
BoUe  zuzuerkennen,  als  sie  mit  den  von  ihnen  erzeugten  Toxinen 
im  Stande  waren,  Dysenterie  bei  Versuchsthieren  zu  erzeugen. 

Endlich  entscheidet  sich  auchLamarol  (Progr^s  med.  Nr.  24)      Strepto- 
auf  Grund  umfangreicher  Untersuchungen  gegen  die  Pathogenität  der  o^genteriV 
Amöben.     Er  fand  bacteriologisch  sowohl  im  Blut  von  Dysenterie-      Lamaroi. 
kranken  wie  im  Eiter  von  secundären  Leberabscessen  neben  anderen 
Mikroorganismen    besonders    häufig    den    Staphylococcus    pyogenes 
aureus.     Diese  Thatsache   im  Verein   mit  einer  Anzahl  verschieden 
varürter  Thierversuche  hat  ihn  zu  der  Ueberzeugung  geführt,  dass 
die  Streptokokken  die  ursächlichen  Erreger  der  Dysenterie  seien. 
Die  Leberabscesse   sind   sehr  gewöhnliche  Folgeerscheinungen   der 
Rohr ;  in  manchen  Fällen  ist  ihr  Ursprung  auf  eine  Entzündung  der 
Pfortader  zu  beziehen,  in  anderen  lässt  sich  der  Infectionsweg  nicht 
mit  Sicherheit  feststellen. 

White   (Lancet,   6.  Juli)   vertritt   die  Meinung,   dass   bei  den     Therapie 
chronischen  Formen  der  Dysenterie  Medicamente  nahezu  nutzlos  sind     *^®,L/^.^***'^' 

White, 

tmd  dass  die  richtige  Behandlung  in  der  Verordnung  absoluter  Bett- 
ruhe und  strenger  Milchdiät  beruhe.  Er  empfiehlt  kleine  Quan- 
titäten Milch  in  2stündlichen  Intervallen  zu  geben,  etwa  in  einer 
Tagesmenge  von  1 — l^/a  Litern;  es  ist  zweckmässig,  falls  sich  un- 
verdaute Klumpen  in  den  Dejectionen  zeigen,  die  Milch  vorher  zu 
peptonisiren.  Die  Milchdiät  ist  beizubehalten,  bis  die  Schmerzen  und 
die  schleimigen  Entleerungen  geschwunden  sind ;  eventuell  eintretende 
Verstopfung  ist  durch  Oelklystiere  zu  bekämpfen. 

14.  Morbus  W  e  i  1  i  i. 

Bei  einem  Patienten,  der  unter  den  S3rmptomen  eines  fieber- 
haften Icterus  erkrankte,  gelang  es  Banti  (Deutsche  med.  Weii'ache 
Wochenschr.  Nr.  51)  vermittelst  einer  Milzpunction  einen  Bacillus  Krankheit, 
zu  cultiviren,  den  er  Bacillus  icterogenes  capsulatus  benennt.  Banti 
neigt  der  Annahme  zu,  dass  dieser  Mikroorganismus  das  specifische 
Agens  der  WeiTschen  Krankheit  darstelle,  und  bestreitet,  dass  es 
sich  um  eine  Secundäreinwanderung  handeln  könne.  Eine  Weiter- 
impfimg  auf  Thiere  brachte  keine  Krankheitserscheinungen  zuwege. 
Banti  warnt  davor,  seine  Befunde  fiir  den  Icterus  febrilis  zu  ver- 


268  Freyhan. 

allgemeinem;  vielmehr  glaubt  er,  dass  diese  Krankheitsbezeichnung 
ein    Sammelbegriff    sei    und    sowohl   toxische   wie   auch   infectiöse 
Formen  mit  sehr  mannichfaltiger  Aetiologie  umfasse. 
Weii'sche  Ihm  gegenüber  macht  Jaeger   (Deutsche  med.   Wochenschr. 

Krankheit,  ;jq-j.  ^q^  wohlberechtigte  Prioritätsansprüche  geltend;  er  erinnert 
daran,  dass  er  schon  in  einer  früheren  Veröffentlichung  (Zeitschr. 
f.  Hyg.  Bd.  12)  die  unter  dem  Namen  „Proteus"  zusammengefasste 
pleomorphe  Bacteriengruppe  als  das  ätiologische  Moment  für  die  in 
Rede  stehende  Krankheit  bezeichnet  habe.  Nach  seiner  Meinung 
ist  der  Icterus  die  Folge  einer  durch  Bacterienprote'ine  bedingten  In- 
toxication,  welche  eine  hämolytische  Wirkung  entfaltet. 

15.  Influenza. 

Das  wechselvolle  Symptomenbild  der  Grippe  bildet  noch  immer 

eine  schier  unerschöpfliche  Fundgrube  für  litterarische  Bethätigungen. 

Herz-        In   gründlicher   Weise   handelt   Sansom  (Practitioner ,   Aprü)    die 

affectionen  Herzerkrankungen  im  Gefolge  der  Influenza  ab.     Orga- 

influenza,    nische  Affectionen  sind  nur  selten;  um  so  häufiger  stellen  sich  aber 

Sansom,  Störungen  des  nervösen  Mechanismus  ein.  Zunächst  kommen  neur- 
algische Anfälle  nach  dem  Typus  der  Angina  pectoris  vor,  die  am 
wirksamsten  durch  Morphiuminjectionen,  daneben  auch  duixh  Haut- 
reize und  Application  des  elektrischen  Stromes  zu  behandeln  sind. 
In  anderen  Fällen  stellt  sich  im  Anschluss  an  Influenza  Tachycardie 
ein,  die  sich  bisweilen  mit  anderen  Symptomen  der  B  a  s  e  d  o  w'schen 
Krankheit  combinirt.  In  solchen  Fällen  widerräth  Verf.  Digitalis 
oder  andere  Herztonica;  er  verordnet  in  erster  Reihe  körperliche 
Ruhe,  Bromnatrium  mit  Zusatz  von  Arsenik  und  Chloralamid.    Auch 

Hefftron.  Heffron  (Med.  news,  8.  Juni)  bestätigt,  dass  das  Herz  bei  In- 
fluenza relativ  häufig  in  Mitleidenschaft  gezogen  wird.  Er  hält  es 
deshalb  für  geboten,  bei  der  Behandlung  der  Krankheit  alle  diejenigen 
Medicamente  zu  vermeiden,  welche  einen  depressiven  Einfluss  auf 
die  Herzthätigkeit  auszuüben  im  Stande  sind.  In  erster  Linie  ver- 
wirft er  die  alleinige  Darreichung  von  Antipjn'eticis  und  schlägt  eine 
Combination  derselben  mit  Herzstimulantien  vor ;  als  sehr  brauchbar 
hat  er  das  Strychnin  erprobt. 

Ein  nicht  minder  interessantes  Kapitel  bilden  die  plötzlichen 

Gefäss-      Gefässverschlüsse  bei  Influenza,   deren  Oasuistik  Cathemas 

verschlusse  (Münch.   med.   Wochenschr.,   2.  Juli)   um   zwei   typische  Fälle   ver- 

bei 
Influenza,   D^^^rt-    Die  Gerinnung  trat  beide  Male  urplötzlich  ein;  die  befallenen 

Cathemas,     Extremitäten  wurden  kalt  und  cyanotisch,  der  Puls  erlosch,  und  in 


InfectionskranklieiteiL 


269 


kurzer  Zeit  kam  es  zur  Gangrän  des  ganzen  Gliedes.  Bei  dem  einen 
zur  Section  gekommenen  Falle  fand  sich  in  der  obtarirten  Arteria 
axillaris  ein  der  Wand  nicht  adhärentes,  ziemlich  festes,  graurothes 
Gerinnsei,  welches  in  einen  festsitzenden  Thrombus  übei^ing;  von 
dem  Haaptthrombns  strahlten  Xebenthromben  in  die  Seitenäste  des 
Gefasses  aas.  Hierher  gehört  auch  die  Bemerkung  Goodhart's 
(Practitioner ,  August) ,  dass  ihm  während  der  letzten  Influenza- 
epidemieen  das  häufige  Auftreten  von  Thrombosen  der  Venae 
femorales  angefallen  sei;  alle  von  ihm  beobachteten  Fälle  kamen 
übrigens  zur  Heilung. 


Ooodhart 


Influenza« 
encepha* 

litis, 
Nauwerck. 


Freyhan, 


Das  Wesen  der  im  Gefolge  der  Influenza  auftretenden  Ence- 
phalitis hat  Nauwerck  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  25) 
durch  die  bacteriologische  Untersuchung  der  erkrankten  Gehirne 
unserem  Verständniss  näher  zu  bringen  gesucht.  In  einem  Fall  fiel 
die  Untersuchung  ergebnisslos  aus,  in  einem  anderen  dagegen  fanden 
sich  sowohl  in  der  Ventrikelflüssigkeit,  wie  in  den  encephalitischen 
Heerden  selbst  sehr  kleine,  an  den  Enden  abgerundete,  kapsellose 
Bacillen,  die  Nauwerck  als  zweifellose  Influenzabacillen  anspricht, 
obwohl  ihm  die  Weiterziichtung  misslang.  Die  Bacillen  waren 
übrigens  so  spärlich  vertreten,  dass  Nauwerck  das  negative  Re- 
sultat seines  ersten  Falles  mit  ihrer  schweren  Au^ndbarkeit  erklären 
zu  können  glaubt. 

Freyhan  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  39)  plaidirt  an  der 
Hand  eines  Falles,  der  nach  Ablauf  einer  Influenza  den  Symptomen- 
complex  sowohl  der  Strümpell-Leichtenstern'schen  Ence- 
phalitis wie  der  Wernicke'schen  PoliencephaUtis  haemorrhagica 
superior  in  sich  vereinigte,  dafür,  dass  diese  beiden  Krankheiten, 
welche  bislang  als  selbständige  Krankheitsindividuen  gegolten  haben, 
als  Spielarten  ein  und  desselben  Processes  anzusehen  seien.  Für 
diese  Ansicht  verwerthet  er  vor  allem  die  Gleichartigkeit  der  ana- 
tomischen Substrate  und  der  ätiologischen  Momente;  hier  und  dort 
scheinen  toxische  Einflüsse  die  auslösende  Rolle  zu  spielen.  Ge- 
legentlich der  Mittheüung  eines  durch  einen  interessanten  Augen- 
spiegelbefund ausgezeichneten  Falles  von  PoliencephaUtis  haemor- 
rhagica superior  bekennt  sich  Herrnheiser  (Wiener  med.  Wochen-  Hermheiser 
Schrift  Nr.  44)  als  Anhänger  der  F  r  e  y  h  a  n'schen  Hypothese. 


Seltener  als  andere  Hautaffectionen  bildet  die  Furunculoso 
eine  Complication  der  Grippe.  Leloir(Bull.  de  Tacadömie  de  m6d. 
Nr.  13)  nimmt   zwei   Entstehungsarten   derartiger    „Pyodermitiden" 


270 


Freyhan. 


Furun- 

culose  bei 

Influenza, 

Leloir. 


an,  eine  exogene  —  digitale  Uebertragung  des  infectiösen  Nasen- 
secrets  auf  wunde  Hautstellen  —  und  eine  endogene,  durch  den  Blut- 
kreislauf vermittelt.  Für  den  letzteren  Modus,  der  hauptsächlich  für 
die  postfebrile  Periode  der  Krankheit  in  Frage  kommt,  spricht  der 
Umstand,  dass  sich  derartige  Heerde  besonders  an  drüsenreichen 
Hautstellen  finden. 


Lungen-  Rhyner  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  9  u,  10)   beobachtete 

gangrän     zweimal  den  Ausgang  von  Infiuenzapneumonieen  in  G-angrän;  der 

n  ach  — 

Influenza    ^^'^^  ^*^  \i9iVCi  unter  septischen  Erscheinungen  zum  Exitus;  die  beiden 
Rh3rner.       anderen  heilten,  nachdem  der  gangränöse  Heerd  in  die  Pleura  durch- 
gebrochen und  der  secundär  entstehende  Pyopneumothorax  operativ 
behandelt  worden  war. 


Nervöse 

Form  der 

Influenza, 

Hennig. 


Influenza- 
zunge, 
Terry. 


Als  Hauptcharakteristica  der  „nervösen  Form^*  der  Influenza 
beschreibt  Hennig  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  36)  Kopfschmerz, 
allgemeine  Prostration  und  mehr  oder  minder  starke  Schweisse. 
Weitere  constante  Erscheinungen  sind  rheumatische  und  rheumatoide 
Schmerzen,  femer  Pruritus  und  Anomalieen  der  höheren  Sinnes- 
organe. 

Terry  (Lancet,  12.  October)  macht  auf  eine  merkwürdige  B e- 
schaffenheit  der  Zunge  aufmerksam,  welche  angeblich  ein 
stetes  Attribut  der  Influenza  ist.  Auf  der  ganzen  Zimge,  besonders 
aber  auf  der  vorderen  Hälfte ,  finden  sich  kleine ,  rundliche ,  etwas 
erhabene,  meist  purpurrothe  Fleckchen,  die  während  der  ganzen 
Dauer  der  Krankheit  persistiren.  Aehnliche  Flecken  sind  spärlicher 
über  die  Mundschleimhaut  verstreut.  In  manchen  Fällen  finden  sich 
als  Ersatz  der  Flecken  weissliche  Bläschen. 


Franke. 


Knochen-  Franke  (Archiv  f.  klin.  Chirurgie  Bd.  49,  H.  3)  hat  sich  mit 

affectioiicn,(ien  sonst  noch  nicht  beschriebenen  Knochen-  und  Gelenk- 
veränderungen bei  Influenza  beschäftigt  und  ist  in  der  Lage, 
durch  eine  Reihe  von  illustrirenden  Beispielen  ihr  Vorkommen  zu 
erhärten.  Besonders  würdigt  er  die  Periostitis,  die  sich  analog  der 
bei  anderen  Infectionskrankheiten ,  zum  Beispiel  der  beim  Typhus 
auftretenden,  verhält.  Sie  entwickelt  sich  entweder  im  Akme- 
stadium  der  Krankheit  oder  in  der  Defervescenz  und  verursacht  sehr 
heftige  Schmerzen.  Es  kommt  weiterhin  zu  Auftreibungen  und 
ödematösen  Schwellungen,  die  meist  durch  spontane  Resorption 
schwinden  und  nur  selten  vereitern. 


Infectionäkrankheiteo .  271 

Von  seltenen  Folgeerscheinimgen  der  Grippe  sind  zu  erwähnen 
Posticaslähmnngen,    die   B.ethi    (Wiener   klin.    Wochenschr.    Kehlkopf- 
Nr.  48)  in  zwei  PäUen  beobachtet  hat.    Femer  sah  er  je  einmal  eine  »"eo^i.on«'» 

bei 

Perichondritis  nnd  einen  Kehlkopfabscess.    In  sechs  Fällen  bildeten   Influenza, 
<ich  schmerzhafte  TJlcerationen  im  Eachen  aus,  die  aus  kleinen,   in        R^thi. 
'kr  Mitte  zerfallenden  Infiltraten  ihren  Ursprung  nahmen. 

Nicht  minder  selten  sind  postin£uenzöse  Facialisparesen. 
Barkas  (Lancet,  25.  Januar)  hat  sie  ohne  jedwede  Begleiterschei-     Faoiaiis- 
nongeii  auftreten  und  nach  6  Wochen  ohne  Eesiduen  wieder  schwin-       r*'^*^* 
den   sehen,   Eitelberg  (Wiener  med.  Fresse  Nr.  24)   fand  sie  in     Eitelberg. 
Verbindung  mit  einer  Otitis. 

Mosse  (Bevue  de  m^d.  Nr.  3)  erbringt  durch  überzeugende  Chinin, 
Tliierversuche  den  Beweis,  dass  Chinin  prophylactisch  und  abortiv  Mosse. 
gegen  Influenza  wirksam  ist.  Es  gelang  ihm,  durch  vorherige  Ein- 
verleibung von  Chinin  in  die  Blutbahn  die  Versuchsthiere  mit  Sicher- 
heit gegen  eine  spätere  Invasion  der  Krankheit  zu  schützen.  Er 
schlägt  demgemäss  vor,  das  Chinin  zur  Zeit  einer  Epidemie  als 
Prophylacticum  zu  verabreichen. 

Unter  den  Antineuralgicis  hat  Hennig  (Münch.  med.  Wochen-    Saiophen, 
Schrift  Nr.  36)   keins  von  so  constanter  Wirkimg  gefunden  wie  das       Hennig, 
Saiophen.     Er  gibt  je  nach  der  Schwere  der  Erkrankung  und 
nach  der  Individualität  des  Patienten  bis  zu  5  g  pro  die;   doch  hat 
er    oft  auch   von   viel   geringeren   Dosen   eine   gute   Beeinflussung 
schmerzhafter  Neuralgieen  oder  sonstiger  nervöser  Symptome  gesehen. 
Der  warmen   Empfehlung  Hennig's    schliesst    sich    mit    gleicher 
Verve  Drews   (Centralbl.   f.  innere  Med.  Nr.  47)   an;   er  ist  von       Drews. 
der  Anwendung  des  Mittels  bei  der  nervösen  Form  der  Influenza 
aufs  höchste  befriedigt  und  zieht  es  der  gleichfalls  gut  wirkenden 
Saiicylsäure  bei  weitem  vor.     Als  besondere  Vortheile  rühmt  er  die 
voLatandige  Geruchs-  und  Geschmacklosigkeit  des  Salophens  sowie 
seine  absolute  Ungefährlichkeit. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Baumgarten,  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  in  der  Lehre  von  den 
pathogenen  Mikroorganismen.  9.  Jahrgang.  Braunschweig.  Harald 
Bnihn. 

Bastionelli,  Studio  etiologico  suUe  infezioni.    Fratelli  Centenari. 

(Günther,  EinfQhrung  in  das  Studium  der  Bacteriologie.  4.  Aufl.  Thieme. 
Leipzig. 


272  Freyhan. 

Itzerott  und  Niemann,  Mikropbotographischer  Atlas  der  Bacterienkunde. 
Leipzig.    Job.  Ambros.  Barth. 

Stavenhagen,  Einführung  in  das  Studium  der  Bacteriologie.  Stuttgart. 
F.  Enke. 

De  Cerenville,  Tavel,  Equet  et  Krumbein.  Contribution  k  T^tude 
du  streptococce  et  de  Tent^rite  streptococcique.  Mittheilungen  aua 
Kliniken  und  medicinischen  Instituten  der  Schweiz.  2.  Reihe, 
11.  Heft. 

Dieudonn^)  Schutzimpfung  und  Serumtherapie.  Leipzig.  Job.  Ambrosius 
Barth. 

Carl  Fraenkel,  Schutzimpfung  und  Impfschutz*.    Marburg.    Elwert. 

Hueppe,  Naturwissenschaftliche  Einführung  in  die  Bacteriologie.  Stutt- 
gart.   F.  Enke. 

Georg  Krieger,  Bloodserum  Therapy  and  Antitoxins.  Chicago.  Colo- 
grove. 

Haffkine,  Anti-Cholera-Inoculation.    Calcutta.    Thaker,  Spink  u.  Co. 

Sahli,  Ueber  die  Therapie  des  Tetanus  und  über  den  Werth  und  die 
Grenzen  der  Serumtherapie.  Mittheilungen  aus  klinischen  und  medi- 
cinischen Instituten  der  Schweiz.    3.  Reihe.     6.  Heft. 

Richard  Stern,  Klinisch-bacteriologische  Beiträge  zur  Pathologie  und 
Therapie  des  Abdominaltjrphus.  Sammlung  klinischer  Vorträge. 
5.  Serie,  18.  Heft. 

Voigt,  Ueber  den  Einfluss  der  Pockenkrankheit  auf  Menstruation» 
Schwangerschaft,  Geburt  und  Fötus.  Sammlung  klinischer  Vortrage. 
Nr.  112. 

Baccelli,  Studien  über  Malaria.    Berlin.     S.  Karger. 

L  er  seh,  Geschichte  der  Volksseuchen.    Berlin.     S.  Karger. 


II,  8.  Constitntionskrankheiteii. 

Von  Dr.  Maxlmlltan  Sternberg,  Privatdocenten  für  innere  Medicin 

in  Wien. 

A.  Pathologie  dea  Stoffwechsela. 

1.  Diabetes  mellttos. 

Ueber  die  physiologische  Aufgabe  und  das  Schicksal  des  Zuckers 
und  des  mit  ihm  eng  zusammenhängenden  Glykogens  im  thieri- 
sehen  Organismus  sind  einige  sehr  bemerkenswerthe  Ergebnisse  zu 
Tage  gefördert  worden. 

J.  See  gen  (Arch.  von  Du  Bois-Rejrmond,  Phys.  Abth.  S.  242)     Muskel- 
liess  den  Musculus  quadriceps  des  Hundes  mehrstündige,  genau  ge-    ^^^?***^' 
messene,    Arbeit  leisten   imd   bestimmte   durch  Vergleich   mit   dem  nn^  Zucker 
Muskel  der  anderen  Seite  den  Verbrauch  an  Glykogen  bei  der       Seegen. 
Muskelarbeit.     Es  ergab  sich,  dass  der  Verbrauch  an  Glykogen 
ein   so  bedeutender  ist,    dass   der  gesammte   Glykogenvorrath   des 
Muakelkörpers    bei   weitem   nicht   ausreichte,    um   die  gewöhnliche 
mechanische  Arbeit  des  Thieres  in  24  Stunden  zu  leisten.    Es  muss 
daher  als  wichtigste  Quelle  der  Körperarbeit  der  Zucker  des  Blutes, 
welcher  unausgesetzt   im  Körper  gebildet   wird,    in  Anspruch   ge- 
nommen werden. 

Kaufmann  (Compt.  rend.  de  la  Soc.  de  Biologie  S.  153)   hat  Glykogen 

im  normalen  Blute  stets  kleine  Mengen  Glykogen  nachgewiesen.  » m  B i u t e, 
Bei  diabetischen  Thieren  findet  sich  mehr,  bis  0,5  g  im  Liter. 

Die  von   Lepine   zuerst  untersuchte   zuckerzerstörende  Kraft 

des  Blutes  hat  W.Spitzer  ( Pflüger  *s  Arch.  Bd.  60,  S.  303)  studirt.  Glykoiyse, 

Er  findet  ihren  Sitz  in  den  Blutkörperchen  und  bezieht  die  Glykoiyse  Spitzer, 
auf  Oxydation  des  Zuckers. 

0.  Nasse   (Rostocker  medic.  Ztg.   S.  363)   hat  dagegen  keine  Nasse. 

(Glykoiyse  im  Blute  nachweisen  können.     Die  Zerlegimg  geht  nicht 
Jthibach  der  praetischen  Medicin.    1896.  lg 


274  Ötemberg. 

im  Blute  vor  sich.    Sie  wird  wahrscheinlich  nicht  durch  Oxydation, 
sondern  durch  Hydroxylirnng  eingeleitet. 

Der  Zusammenhang  von  Pankreas  und  Diabetes   ist 

Pankreas     von  W.   Sandmeyer   (Zeitschr,   f.  Biol.   Bd.  13,   S.  12)   neuerlich 

_- .  V* .  experimentell  bearbeitet  worden.     Wenn  Hunden  das  Pankreas  mit 

Diabetes,  ^ 

Sandmeyer.  Zurücklassung  eines  geringen  Bestes  exstirpirt  wird  und  man  sie 
längere  Zeit  nach  der  Operation  beobachtet,  sieht  man  meist  einen 
leichten  Diabetes  entstehen,  der  später  schwerer  wird  und  bis  zum 
Tode  anhält.  Füttert  man  solche  Thiere  mit  Fleisch,  dem  rohes 
Rinderpankreas  zugesetzt  ist,  so  nimmt  die  Zuckerausscheidimg  sehr 
stark  zu.  Bei  Thieren,  die  nach  der  Operation  nicht  diabetisch  ge- 
worden sind,  wird  durch  eine  solche  Fütterung  Glykosurie  erzeugt. 
Diese  kann  auch  dauernd  werden. 

Eine  Reihe  anderer  Beobachtungen  sind  über  Glykosurie  unter  Ein- 

Toxische     wirkung  verschiedener  giftiger  Substanzen  gemacht  worden.    E.  Graf 

Glykosurie  (Diggert.  Würzburg)  hat  bei  Kaninchen,  die  mit  Sublimat  vergiftet  waren, 

J^?,.        Zuckerausscheidung   gefunden.     Sie    beruht  wahrscheinlich  auf   den  Ver- 

Graf.  'Änderungen  der  Niere,  welche  für  den  Blutzucker  durchlässig  geworden  ist. 

—  durch  Auf  der   gleichen  Ursache   dürfte    die   Zuckerausscheidung   beruhen, 

Coffeinsulfo- welche  C.  Jacobi  (Arch.  f.  exp.  PathoL  Bd.  85,  S.  213)  durch  Einverleibung 

s  ÄiU  re 
Coffein  und  ^^^   Coffe'insulfosäure,    Coffein   und   Diuretin   (=  Theobrominum 

Diuretin,  salicylic.)  bei  Kaninchen  hervorgerufen  hat.  Diese  Substanzen  sind  bekannt- 

Jacobi.  lieh  gute  Diuretica  und  wirken  direct  auf  die  Niere. 

—  durch  Eine  Glycosurie  nach  Tuberculin  ist  von  Teschemacher  (Deutsche 
Te^chemaVer!  ^^^'  Wochenschr.  S.  276)  mitgetheilt. 

Von   grossem  Interesse   ist   die   von  vielen  Seiten  beobachtete 
Zuckerausscheidung  bei  der  jetzt  modern  gewordenen  Behandlung 

—  durch     mit  Thyreoideapräparaten.     So  hat  Dennig  (Münch.  medic. 
^^'ü'ennl^**'  Wochenschr.  S.  389)  bei  Gesunden,   die  zum  Zwecke  des  Experi- 

ments  Tabletten  eingenommen  hatten,  vorübergehend  Zucker  im 
Ewald,  Harne  gesehen.  Ewald  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  2)  fand  bei 
einer  Patientin,  die  wegen  Myxödems  mit  Tabletten  behandelt  wurde, 
Zucker,  der  mit  dem  Aussetzen  der  Behandlung  verschwand,  bei 
der  Verabreichung  der  Tabletten  neuerlich  aufbrät  und  wieder  ver- 
schwand. Schliesslich  aber  entwickelte  sich  eine  dauernde,  durch 
V.  Noorden,  antidiabetische  Diät  nicht  zu  behebende  Glykosurie.  Auch  v.  Noorden 
(Zeitschr.  f.  ärztl.  Landpraxis  Bd.  5,  S.  1)  beobachtete  Glykosurie 
bei  Verabreichung  von  Thyreoidea  an  Fettleibige  und  Nichtfett- 
leibige. Er  fasst  die  Erscheinung  dahin  auf,  dass  eine  schon  früher 
vorhandene   Neigung    zu    Glykosurie    (latenter   Diabetes    bei    Fett- 


ieibigen  —  JZnkMaissääMite»^iar  airri  'j:it  Jlnr'tiritilniiur  ^ »m  Siäiiil- 
dräse  ervreckt  'viri.  HbBBt  &$uaaciinzu£  nrinsi  -sr  -httt  im:  5ter 
Thatgacbe  in  Tn  ■■■■miiImii^  2sa^  t»^  Xorini»  ^Mtse^inri:.  -«r«  |ft> 
«isaennassen  eme  \tsaat2^st  Tt^itär^ixvBniiiiinir  f»t^  .»rirLiiianmf: 
mit  Schüddroseoproiiaa  TarhrntSgL  äst.  aii  j**i':tt7  iJniisinkrt  L-JT-r.«*- 
urie  erzeogai  läast.  IXn^kEf  vzrz  5ifc  T-enmnärDii£^  ut^crüuSer .  5lfe9^ 
die  Thvreoidem  lȊ  mt  YtrAT^: -tfiTixr  >e>  Zuritr*  fm 
Organismus  eine  miiiLizst  B.:Cie  «pkih.  •VL^ü^-jit^rr" i ::L  iuitüL  sk- 
eine  Substanz  liefere,  -w^dht  t*  Terr.TT'^trt-  ifess-  1.11*^  i/tai  üiLreftirseE 
Kohlehydraten  Fett  ^-ebiüöt  -wirL 

Aoch  bei  T  hie  reu  ifC  «rlTiosDrif  i»*;:  Eirr-sr^iriiiiiir  xl*l  S'ji£jäirnj*t  ":•*- 
obachtet  worden.    K.  Georfitv^tr   C-entriJ:»^  f.  «L  med.  "Wiitf^enH'jL  S-  4ß^    ^rtaa^ewskj. 
hat  dies  bei  Hmideii  in  dea-  ± — t.  ViKi»*-  ö«-  T+riTtc-eüiinir  ijesejita:^ 

Den  ITebergang  T-on  reicLl:  iL  ^tri.  osstrrt- =.  Trat  i:1:cih 
zucker  in  den  Harn  hat  t.  Jaks-ch  «Pra^tr  iiiei.  W^irensthr.  Ali»*iiiii* 
Nr.  27)  bei  Hvsterie  und  traiiinatiseiier  Xe-ur ::=:€•  Li:i£ir  s^  Glyk*s»ii*. 
äehen.  Bei  der  heikefai  Frage  d^r  Siiziiilatic»ii  kaim  da»  Ycrii&D dendem 
von  alimentärer  GfHkosorie  <nach  KC*  g  TTanbesirQcker  axif  einmal 
gereicht)  in  einem  bestimmten  Falle  al«  entlastie^des  Bew-^smomeüt 
dienen,  das  Fehl^i  des  Symptoms  entscheidt<t  naTürüch  nicht.  Auch 
bei  schwerer  Phosphorvergift nng  wird  alimentäre  Glvkösiirie 
beobachtet  und  deutet  auf  Verfettung  der  Leber  hin.  Das  Schwinden 
des  Symptoms  hat  günstige  prognostische  Bedeutung. 

Auf  klinischem  Gebiete  sind  über  den  Diabetes  melli- 
tus im  engeren  Sinne  zahlreiche  practLsch  wichtige  und  auch  einige 
für  das  tiefere  Verständniss  der  Krankheit  werthvolle  Mittheilungen 
gemacht  worden. 

K.  Grube  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  H.  5)  hat  177  Falle  Aetiologit« 
seiner  Beobachtung   in   Bezug    auf  die  Aetiologie   analysirt.     Von         ^**' 
Werth  ist  das  häufige  Vorkommen  von  Heredität,   die  Kinder       Grub«».  * 
sind  meist  schwerer  erkrankt,  als  die  Eltern.    Wichtig  ist  auch  ein 
Fall   von   Verschwinden    des   Zuckers    nach   antisyphilitischer   Be- 
handlang. 

Nach  verschiedenartigen  Traumen  kann  sich  typische  trauma- 
tische Neurose  imd  zugleich  Diabetes  entwickeln,  wie  W.  Eb-        Truu« 
Htein  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  S.  305)   gezeigt  ^»^^  "iVoi^'^Vn.i 
Die  Diagnose   des  Diabetes  ist   manchmal   nicht  leicht,    weil   dio    i)Uboti>«, 
Zuckerausscheidung  intermittirend  sein  kann  und  die  gewöhnliclion,       Ki»«tfin. 


276  Stemberg. 

ins  Auge  springenden  Symptome:  Polydipsie  und  Polyurie,  voll- 
ständig fehlen  können  (^^Diabetes  decipiens").  (Ob  da  nicht  Be- 
ziehungen zu  den  oben  gemeldeten  Beobachtungen  v.  Jaksch's  be- 
stehen? Ref.) 

Blutbefund  Bremer  (Med.  News,   Februar  9)  will  einen  charakteristischen  Blut- 

beiDiabetesj^gf^Q^  bei  Diabetes  entdeckt  haben :  1.  Die  rothen  Blutkörperchen  färben 

Temer.       ^.^^  ^^.  ^Qg^mQ^thylenblaurärbung  mit  Eosin  nur  schlecht»  mit  Säurefuchsin 

aber  normal ;  2.  es  finden  sich  massenhaft  „freie  Kömchen'' ;  8.  die  weissen 

Blutkörperchen  zeigen  eine  unfärbbare  Zone  um  die  Kerne,  welche  oft  die 

Gestalt  eines  C  hat. 

Diabetes  Auf  „Diabetes  decipiens"    macht  Teschemacher    auf- 

Teschemadier  i^^rksam  (Deutsche  med.  Wochenschr.  S.  276),  der  einen  Fall  mit 
12®/o  Zucker  und  1000 — 1100  g  täglicher  Hammenge  beobachtete. 
Femer  weist  derselbe  Autor  in  seiner  kleinen  Mittheilung  auf  das 
Ausfallen  der  Zähne  hin,  welches  nicht  selten  das  erste  ob- 
jective  Symptom  der  Krankheit  darstellt  und  von  den  Zahnärzten 
mehr  beachtet  werden  sollte. 

„G-astrischeKrisen^^  ganz  ähnlich  dem  Erscheinungscomplexe, 
Gastrische  den  man  unter  diesem  Namen  bei  der  Tabes  beschreibt,  hat  K.  Grube 
Krisen  bei   (Münch.  med.  Wochenschr.  S.  136)  beobachtet.   Die  Anfälle  beginnen 

XJ  1  &  D  6  V  6  Bf 

K  Grube,  meist  früh  Morgens,  ohne  Vorboten,  dauern  von  einigen  Stimden  bis 
zu  1 — 2  Tagen.  Die  Behandlung  besteht  am  besten  in  sofortiger  reich- 
licher Stuhlentleerung  durch  Eiystiere  und  heissen  Umschlägen  auf 
den  Bauch.     Opium  schadet. 

Das    Coma    diabeticum    wird    bekanntlich    von  vielen    als 
Aethyiiden-  Säureintoxication  aufgefasst,  und  zwar  wird  von  Stadelmann  die 
miichsäure  Oxybuttersäure  angeschuldigt.    T h. R u m p f  (Berl. klin.  Wochen- 
flüchtige    Schrift  S.  669)  fand  nun  in  einem  Falle  von  Coma  keine  Oxybutter- 
Fettsäuren  säure,  wohl  aber  Aethylidenmilchsäure.     Bumpf  hat  auch 
j-  u  l"    u     eine   bequeme   Methode   zur  Bestimmunir   der   flüchtiiren  Fett- 

diabetiscnen  *^  o  o 

Harne,  säuren  im  Harne  ausgearbeitet.  In  schweren  Fällen  von  Diabetes 
Rumpf.  igt  diß  Menge  der  flüchtigen  Fettsäuren  sehr  gesteigert,  bei  dem  Falle 
von  Coma  betrug  sie  das  Zehnfache  der  Norm.  £s  ist  möglich,  da.S8 
sie  bei  der  Entstehung  der  schweren  Symptome  des  Diabetes  eine 
wichtige  Rolle  spielen.  Zweifellos  veranlassen  sie  eine  gesteigerte 
Ammoniakausscheidung,  also  Verlust  an  Stickstoff,  der  bei  unge- 
nügender Nahrungsau&ahme  auf  Bechnung  des  Organeiweiss  kommt. 
Auch  bei  Gesunden  erzeugt  eine  vermehrte  Bildung  von  flüchtigen 
Fettsäuren  im  Körper  eine  Steigerung  der  Ammoniakausfohr.     Das 


t4«mrw«m 

motsr-^t^                                    i, . 

li€:i«    sich    dnrcii    \  erairöekai^    t-ij 

L   ClI:rAlAiLii   s*Aclv>c&stBt. 

ans  wachem  im  Kzrper  AanöaemBizz 

rt  ^iCLji»gi  wiri- 

Für  die  Progikoäe  «ies  C-:  3La  i:a 

':«t"ii;":Litia  i^ri  F.  fiirs^is 

0?K« 

teld    iDemsdie  ■MVTir.    \%wbaDä£^. 

S,  -ilo     iSe  Xr::i^er5s;i:i=dt  *-: 

Tfhui^fciir 

Aceton    besMMiers   vickn^     S^Lr 

rt2-"*"~:ij*   A:^c%.:rA::ggk-'"Ti.'.r.r,ä: 

nS^D^PESC 

inKf  ^TWi^ik   jTrf^li If^tiTo  ^^w^nw^^A       Ti^b      p.  ■■ 

-»»A.      "  ■■  ■>!>     \           WM  ■        •^J^'— ■"•     »      ■         ■V        jk  '^•C— 

brach   des  Goma  kt  nicht  se^cn  "^rip 

ist  eine  Tnanitinpsdiit.  VTird  aber  t^  'iie  Y:ll>Täziügkrit  des  SrcäT- 
bedarfe  gesorgt  (Fen!i.  dann  bat  der  Ansschiiiss  der  Kohl^yirate 
keine  äbefai  Folgen.  Die  Diagnose  des  Coma  ist  in  ansge^rvvheneu 
Fällen  leicht.  Die  üntoscheidiing  Ton  Haxschwäche,  von  A^v^ 
plexieen,  von  Xleas  —  anter  dessen  Bude  das  Coma  si^rh  auch  ver- 
bergen kann  —  bemht  auf  dem  Nachweis  reichlichen  Acetons  im 
Harne.  £in  wichtiges  Symptom  des  Coma  ist  das  Sinken  des  Blut> 
iracks  (Sphvgmomanometer  von  v.  Baschi. 


G.  W.  Jacoby  (New  Torker  med.  Monatsscbr.  S.  339)  macht  DUbeiisch« 

auf  das  Vorkommen   von  epileptischen  Anfällen  im  Verlaufe    ^P***F«**» 

Jacoby. 
des  Diabetes  mellitus  aa£nerksam.    Es  können  sowohl  ausgesprochene 

Krampfanfalle  als  das  „petit  mal"*  auftreten.     Während  der  Anfalle 

beobachtete  er  grosse  Mengen  von  Aceton  im  Harne  und  nimmt  au, 

•iass  dieses  die  Ursache  der  Erscheinungen  sei. 


P.  Marie  (La  Semaine  m^dicale  S.  229)  beschi*eibt  einen  Fall 

von  Diabetes  mit   cirrhotischer  Schwellung  der  Leber  und  Bin)nKe- 

tarbong    der    Haut.      Die    Obduction    ergab    eine    ausseroi*dentlich 

^osse,  dunkelbraune  Leber,  in  derselben  massenhafte  Bindegewebs- 

neubildung  und  Einlagerung  sehr  reichlichen,  ockerfarbenen  Pigments. 

Ebensolches  Pigment  findet  sich  sehr  reichlich  in  den  Muskelfasern 

<ie8  atrophischen  Herzens.    EeichHches  Pigment  in  den  Mesenterial- 

flrüsen.    Das  Pankreas  sklerosirt  und  pigmentirt.    Auch  die  Färbung 

der  Haut    beruht    auf    der   Einlagerung   solchen   Pigmentes.      Das 

Pigment  ist   eisenhaltig  und  entstammt  zweifellos  dem  Hämoglobin. 

E   Auscher   und  L.  Lapicque   (Compt.  rend.  de  Soc.  de  Biol. 

^-  401)    fanden    den  Eisengehalt  der   pigmentirten   Organe   enorm 

hoch:  Milz  4,2,  Leber  11,3,   Lymphdrüsen  18,5  ®/oo.     Mario  stellt 

bliesen  Fall   mit  ähnlichen,    früher  von  Hanot  und  Chauffard, 

Letulle,  Palma  u.  a.  unter  verschiedenen  Namen  beschriebenen 

Fällen  zusammen,   er  sieht  darin  nicht  etwa  eine  Combination  von 


Brom«»- 

diabeti^s» 

Mari«» 


Attiohov  u 


278 


Stemberg. 


Bronze- 
diabetes, 
Mossö  n. 
Daunice. 


Diabetes  mit  Cirrhose  oder  dergl,  sondern  eine  eigenartige,  in  sich 
abgeschlossene,  besondere  Krankheit  (entit6  morbide  autonome) , 
die  als  „diab^te  bronz6"  zu  bezeichnen  sei.  Ein  ganz  analoger  Fall 
wird  von  Moss6  und  Daunice  (Gaz.  h^bdom.  Nr.  28)  mitgetheilt. 
Sie  nehmen  an,  dass  durch  die  Vermehrung  des  Zuckers  im  cir- 
culirenden  Blute  das  Hämoglobin  zerfiällt  und  das  so  gebildete 
Pigment  sich  nun  im  Körper  absetzt. 


Gegenüber    der   Auffassung   Marie's,    dass    die    beschriebene 

Pigmentirung  etwas  ganz  Eigenartiges  sei,  müssen  wir  auf  die  Arbeit 

Hämo-       von  K.  Hintze  (Virch.  Arch.  Bd.  139,  S.  459)  über  „Hämo ehr  o- 

chromatose  matose"  hinweisen.    Eecklinghausen  hat  nämlich  unter  diesem 

Hintze      *  Namen  vor  mehreren  Jahren  ganz  denselben  Befund  beschrieben,  er 

hat  ihn  bei  verschiedenen  Zuständen,   z.  B.  Lungentuberculose, 

Magenkrebs,   Diabetes  gesehen.    Hintze  findet  die  Ansammlungen 

eisenhaltigen  imd   eisenfreien  ockerfarbenen  Pigmentes  an  Leichen 

mit  Cirrhose,   Empyem,  tuberculöser  Pleuritis.     Hintze  macht   es 

sehr  wahrscheinlich,   dass  das  eisenfreie  Pigment  aus  eisenhaltigem 

entstehe,  und  zwar  durch  Thätigkeit  der  glatten  Muskelfasern  (und 

möglicherweise   auch   der   des  Herzens)    in   diesen   erzeugt   werde. 

Lubarach.      0.  Lubarsch  (ibid.)  schliesst  sich  dieser  Ansicht  an.    (Vergl.  S.  26.) 


Zncker- 

proben, 

Zeehoisen, 


Lafon. 


Für  den  Nachweis  des  Zuckers  im  Harne  empfiehlt  H.  Zee- 
huisen  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  S.  181),  den  Harn  vorher 
stets  auf  das  Fünf-  bis  Zehnfache  zu  verdünnen;  dann  stören  die 
Substanzen,  welche  sich  mit,  Kalilauge  bräunen,  bezw.  Kupfer-  und 
Wismuthsalze  reduciren,  nicht,  und  der  positive  Ausfall  der  Zucker- 
proben beweist  ohne  weiteres  das  Vorhandensein  von  Traubenzucker. 

Lafon  (Comptes  rend.  Bd.  120,  Nr.  17)  macht  darauf  aufmerksam, 
dass  nach  Sulfonalgebrauch  im  Harne  ein  Körper  ausgeschieden 
wird,  welcher  bei  längerem  Kochen  Kupfersulfat  gelb  reducirt,  aber 
nicht  die  Polarisationsebene  dreht. 


Pentose 
im  Harn, 
SalkowBki, 


Von  Wichtigkeit  fär  die  Diagnose  der  Glykosurie  ist  die  That- 
sache,  dass  bei  manchen  Menschen  eine  Ausscheidung  von  Pentose 
im  Harn  als  StofFwechselanomalie  vorkommt,  eine  Thatsache,  auf 
welche  Salkowski  (Berliner  klin.  Wochenschr.  S.  364)  neuerdings 
die  Aufmerksamkeit  lenkt.  Es  wird  bei  manchen  Individuen  eine 
Substanz  im  Harne  ausgeschieden,  welche  Kupfersulfat  reducirt. 
Wismuthsalz  (Nylander's  Reagens)  schwach  reducirt  und  mit 
Phenylhydrazin  (am  besten  reines,  nicht  salzsaures!)  und  Essigsäure 


Constitutionskraiikheiten.  279 

zierliche  gelbe  Nadeln  gibt.  Diese  Substanz  ist  nicht  gährungsfähig 
and  dreht  die  Polarisationsebene  nicht.  Sie  ist  eine  Pentose  und 
stammt  wahrscheinlich  aus  dem  Organismus  selbst  und  zwar  aus  dem 
Pankreas,  in  welchem  Hammarsten  ein  Nucleoprote'id  gefunden  hat, 
welches  bei  der  Spaltung  eiae  Pentose  Uefert.  Inwieweit  es  sich  dabei 
am  krankhafte  Vorgänge  im  engeren  Sinne  handelt,  ist  noch  nicht 
entschieden.  Die  Sache  ist  insbesondere  für  die  Untersuchung  von 
Candidaten  für  Lebensversicherung  von  Wichtigkeit.  Unterscheidend 
ist  der  Schmelzpunkt  der  Krystalle,  die  man  bei  der  Fi  seherischen 
Probe  erhält :  das  Phenylglukosazon  schmilzt  zwischen  173  und  194^, 
ilas  Phenylpentosazon  bei  159**  —  ferner,  wie  schon  erwähnt,  die 
Gährungsprobe,  die  Polarisation,  endUch  die  Toblens'sche  Reaction. 

Blumenthal   (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  24)   berichtet  über    Biumentiiai. 
einen  Fall  von  Diabetes  imd  Pentosurie.    Entziehung  der  Kohle- 
hydrate störte  die  Pentosurie  nicht. 


C.  v.  Noorden  hat   eine  sehr  schöne  Monographie  über   die  Diätetik  deH 

Diabetes, 
C.  V,  Noorden. 


Krankheit  geschrieben,   welche  namentlich  für  die  Diätetik  Werth-       **  ®*®^' 


volles  bringt.     Zwei  Punkte  seien  hier  hervorgehoben:   Um  für  die 
Grösse  der  Zuckerausscheidung  vergleichbare  Werthe  zu  erlangen,  wird 
immer  von  einer  und  derselben  bestimmten  Kost  —  „Standardkost"  — 
ausgegangen.     Nach  der  von  v.  Noorden  gegebenen  genauen  Vor- 
schrift besteht  sie  im  wesentlichen  aus  Thee,  Schinken  und  Eiern  zu 
zwei  Frühstücken,  Fleischbrühe,  Fisch,  Braten,  Gemüse  und  Käse  zum 
Mittagessen,  Thee,  £i,  kaltem  Fleisch  mit  Salat  und  Sardinen  Nach- 
mittags  und  Abends.     Die  Speisen  sind  reichlich  mit  Butter,   resp. 
Oel  zubereitet,   ein  gewisses  Quantum  Alkohol  (Wein   und  Kirsch- 
bramitwein)  wird  ausserdem  genossen.    Diese  kohlehydratfreie  Kost 
wird  mehrere  Tage  lang  verabreicht,   imd  man  überzeugt  sich,   ob 
der  Harn  zuckerfrei  wird.     Ist  das  der  Fall,  so  wird  steigend  Brod 
zugelegt  und  bestimmt,  bei  welchem  Quantum  Brod  wieder  Zucker 
auftritt.     Damit   ist   die    Toleranz    des    betreffenden   Patienten   für 
Eohlehydrate    bestimmt,    man   drückt   sie    durch    die   Formel    aus: 
Toleranz  =  Standardkost  +  x  Gramm  Brod.     Die  Nahrung  des  Dia- 
betikers muss,  damit  er  die  zur  Erhaltimg  des  Körpers  und  zur  Arbeits- 
leistung nöthige  Menge  Brennmaterial  erhält,   stets  Fett  enthalten, 
den  „Rettungsanker"  des  Diabetikers.     Um  das  zu  sichern,  muss  in 
der  tagUchen  Kost   unter   allen  Umständen   ein  „eiserner  Bestand" 
an  Fett  enthalten  sein,  z.  B.  60  g  Butter,  2  Eier,  10  g  Olivenöl  (zu 
Salat,  Gurken),   30  g   fetter  Käse.    Hierzu   kann   noch  Milch   und 
Alkohol  kommen.     Letzterer   ist  sehr  wichtig,    sowohl   als   Brenn- 


280  Stemberg. 

material  füi*  den  Organismus,  wie  als  Genassmittel  bei  der  Zufuhr 
fetter  Speisen. . 

Alkohol  Auch  F.  Hirsch feld  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  95)  verweist  auf 

**^H^*  w  M*^'  ^®  wichtige  Stelle,  welche  der  Alkohol  in  der  Ernährung  schwerer 
Diabetiker  einnimmt.  Die  Verabreichung  von  Alkohol  macht  es 
einerseits  möglich,  grössere  Mengen  Fett  ohne  Verdauungsstörung 
zu  gemessen,  andererseits  liefert  er  durch  seine  Verbrennung  dem 
Organismus  einen  ganz  beträchtlichen  Theil  des  Calorieenbedarfs.  Di^ 
Alkoholdarreichung  ist  eine  diätetische  Maassregel,  welche  Patienten 
mit  ausserordentlich  schwerer  Glykosurie  am  Leben  erhalten  kann. 
Man  muss  nur  die  mögliche  Schädigung  des  Herzens,  des  Gefiäss- 
Systems  und  der  Nieren  berücksichtigen,  insbesondere  bei  bestehender 
Albuminurie  vorsichtig  sein. 

Die  schwierige  „Brodfrage"   in  der  Ernährung  des  Diabetikers 

Aleuronat-   sucht  E.  T.  Willi amson   (The  Brit.   med.  Journal   S.  922)   durch 

Wima^^'       Aleuronatcakes  zu  lösen,  welche  aus  trockenem  Cocosnusspulver, 

Eiern  und  Aleuronat  unter  Zusatz  von  Wasser  und  Hefe  hergestellt 

werden,   von  sehr  angenehmem  Geschmack  und  hohem  Nährwerth 

sein  sollen. 

Uraniumsalze  erzeugen  bei  Hunden  Glykosurie.     Das  Nitrat 

Medicamen-  wurde  von  Homöopathen   deshalb  bereits  bei  Diabetes  verwendet. 

*°?uii^^de"^  S.  West  (The  Brit.  med.  Journal  S.  467)  hat  gute  Erfolge  in  mehreren 

Zucker-     Fällen  von  der  Substanz  gesehen.   Dosis  0,12 — 0,24  zweimal  täglich, 

k rankheit:  nach  den  Hauptmahlzeiten,  in  wässriger  Lösung,  später  steigend  bis 

nttVat       ^^   ^®^  drei-   bis  vierfachen  Menge.     In   grossen  Dosen  wirkt   es 

West.        reizend  auf  den  Verdauungstract. 

Kalksalze,  K.  Grube   (Münch.  med.  Wochenschr.    S.  487)   sah  bei   einem 

Grube.  Patienten  ausserordentlich  Günstiges  von  dem  Genüsse  gepulverter 
Eierschalen,  die  der  Betreffende  als  Volksmittel  genommen  hatte. 
Die  Zuckerausscheidung  war  zwar  unverändert,  aber  das  Allgemein- 
befinden und  insbesondere  die  Muskelkraft  sehr  gehoben.  Da  von 
sehr  vielen  Untersuchern  vermehrte  Kalkausscheidung  bei  Diabetes 
angegeben  wird,  erscheint  diese  Therapie  ganz  rationell.  In  mehreren 
Fällen  verordnete  nun  Grube  eine  Mischung  von  kohlensaurem  und 
phosphorsaurem  Kalk  (3,5  -f-  0,5  pro  die)  mit  gutem  Erfolg.  (Es  sei 
übrigens  darauf  hingewiesen,  dass  die  interne  Darreichung  der  Aqua 
calci 8  in  älteren  pharmakologischen  Werken  bei  Diabetes  empfohlen 


Constitutionskrankheiten.  281 

wird  und  noch  Trousseau  Kreide  in  der  Tagesdosis  von   10,0 
verordnete.    Ref.) 

R.  Lupine  (La  Semaine  mMicale  S.  169)  stellte  durch  Hydration      Glyko- 

der  Malzdiastaseein  „glykolytisches  Ferment"  dar  und  verabreichte    ly  *  *  ^  c  h  e  s 

"®  «^       «^  .  Ferment, 

dieses  bei  Diabetes.    Er  findet  eine  massige,  aber  deutuche,  temporäre      Lupine. 
Vermindenmg  der  Zuckerausscheidung. 

K.  Grube  (Münchener  med.  Wochenschr.  S.  137)  empfiehlt  zur    Pankreas, 
Behebung  diabetischer  Verdauungsstörung  den  alkoholischen  Auszug         ^^  ®* 
des  Rinderpankreas. 

Während  man  im  allgemeinen  vor  Operationen  an  Diabeti- 
kern Scheu  hat,  tritt  P.  Marie  (Semaine  m^dicale  S.  529)  dafür  ein,  Operationen 
die  nöthige   Operation   unter  strenger  Asepsis   ungescheut  yor-^®*  ^**.^®*®*' 
zunehmen.    Er  hat  nie  irgendwelche  Nachtheile  davon  gesehen,  wenn 
man  nur  die  Gefahren  der  Antiseptica  imd  des  Chloroforms  vermeidet. 

2.  Diabetes  instpldus. 

W.  Clark  (The  Brit.  med.  Joum.  S.  1086)  verwandte  mit  gutem  Behandlung 
Erfolg  Nebenniere,  bezw.  die  Tabletten.    Die  24stündige  Harn-^®^  ^^*^**®^ 

.  ,  insipidus 

menge  sank  von  18  auf  1,3  Liter,   der  Allgemeinzustand  besserte         mit 

sich  erheblich.     Die  Dosis  der  frischen  Nebenniere  betrug  die  Hälfte  Nebenniere, 
eines  Organs  (Schaf)  jeden  zweiten  Abend,  von  den  Tabletten  eben- 
falls jeden  zweiten  Abend  eine  halbe  Tablette;  grössere  Dosen  ver- 
ui*sachten  Schwindel. 

3.  Fettsneht. 

Die  seit  ältester  Zeit  immer  wieder  erörterte  Frage,  aus  welchen 
Nahrungsstoffen  vorzugsweise  das  Körperfett  gebildet  wird, 
haben  Kumagawa  und  Kaneda  (Mittheil,  aus  d.  med.  Facultät  d.  Fettbildung 
kais.  Japan.  Universität  Bd.  3,  H.  1)  neuerdings  experimentell  unter-*"®  Ei  weiss, 
sucht.   Zwei  gleiche  Hunde  desselben  Wurfs  liessen  sie  20  Tage  bis       Kaneda. 
zum  Schwunde  des  Fettes  hungern,  hierauf  wurde  der  eine  getödtet 
und  analysirt,  der  andere  mit  fettarmem  Fleische  so  lange  gefüttert, 
als  sein  Gewicht  noch  zunahm,  dann  ebenfalls  getödtet  und  analysirt. 
Es  ergab  sich  aus  dem  Versuch,   dass  im  normalen  Thiere  aus  Ei- 
weiss  kein  Fett  gebildet  wird.    Wenn  man  aber  massenhaft  Eiweiss 
zufuhrt,  dann  werden  die  gleichzeitig  dargereichten  Kohlehydrate  und 
Fette  fast  gar  nicht  zersetzt,  sondern  als  Fett  aufgespeichert. 

Die  Klinik   der  Fettsucht  beschäftigte   sich  im  vorigen  Jahre 
so  gut  wie  ausschliesslich   mit  der  Entfettungscur  durch  Schild- 


282 


Stemberg. 


Gefahren 
der 
Schild- 
drüsen- 
therapie, 
Eulenburg. 


drüsenverabreichung.  Ein  abschliessendes  Ergebniss  ist  noch  nicht 
gewonnen  worden;  es  liegen  nur  eine  Anzahl  von,  allerdings  sehr 
werthvollen,  Einzelbeobachtungen  vor. 

In  practischer  Hinsicht  ist  zunächst  von  der  allergrössten 
Wichtigkeit,  dass  die  Behandlung  mit  Schilddrüse  keine  ungefähr- 
liche Sache  ist.  So  fand  A.  Eulenburg  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift S.  539)  bei  einer  Dame,  die  auf  eigene  Faust  einen  Monat 
lang  täglich  sechs  Stück  Th3rreoideatabletten  genommen  hatte,  schwere 
Störungen  der  Herz-  und  Nerventhätigkeit  und  hydrämische  Be- 
schaffenheit des  Blutes.  —  Im  vorigen  Abschnitt  ist  die  Glykosurie 
nach  Schilddrüsengebrauch  bereits  erwähnt. 


Stoff-  W.  Scholz  (Centralbl.  f.  klin.  Med.  S.  1041)  untersuchte   den 

Wechsel  bei  Stoffwechsel  bei  einem  Falle  von  Morbus  Basedowii  und  bei  einem 
behandlung,  Gesunden   unter   Thyreoideabehandlung.     Er   beobachtete   keinen 
Scholz,       Gewichtsverlust    und    keine    Abnahme    des    Körperstickstoffs.    — 
Bleibtreu  u.    L.  Bleibtreu  und  H.  Wendelstadt  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Wendelstadt,   g  34^)  führten  einen  sorgfältigen  Stoffwechselversuch  an  einem  ge- 
sunden Manne   durch,   dessen  Körpergewicht  in  8  Tagen  von  90,1 
auf  87,4  kg    sank;    dabei   verlor    er    100  g   Eiweiss    von   seinem 
Körper,  während  er  in  einem  Parallelversuch  bei  gleicher  Kost  ohne 
Dennig,       Thyreoideatabletten  Stickstoff  ansetzte.  —  Denn  ig  (Münchener  med. 
Wochenschr.  S.  389)   fand   gleichfalls   bei  der  Entfettung  mit  Thy- 
reoidea einen  Stickstoffverlust.   Derselbe  kann  so  hoch  werden,  dass 
die  Person  35 — 40  g  Eiweiss  im  Tage  von  ihrem  Körper  abgibt.  — 
V.  Noorden.    C.  V.  Noorden   (Zeitschr.   f.  ärztl.  Landpraxis   Bd.  5,   H.  1)   findet 
die   Schilddrüsentabletten   durchwegs   nur   bei   solchen   Fettleibigen 
wirksam,  bei  denen  die  Fettsucht  nicht  durch  mästende  Diät  (Ueber- 
fütterung)  hervorgerufen  worden  war.    Auf  Grund  von  Respirations- 
versuchen am  Zuntz-Gep per t'schen  Apparate  ist  v.  Noorden  der 
Ansicht,    dass    die   Wirkung    der    Schilddrüsentabletten    auf    einer 
Steigerung   der   Oxydationsprocesse   im  Körper,   unabhängig 
von  Muskel-  und  Drüsenarbeit,  beruht. 


4.  eicht. 

Die  neuen  Arbeiten  beziehen  sich  auf  die  chemischen  und 
physiologischen  Verhältnisse  der  Harnsäure,  der  Xanthinbasen 
und  auf  die  eigentliche  Klinik  und  Anatomie  der  Gicht. 

Wird  eine  Lösung  von  Harnsäure  mit  Phosphormolybdän- 
säure und  Kalilauge  versetzt,   so  erhält  man  nach  Th.  R.  Off  er 


Constitiitionfilrrajikhf  itr-n ,  2^3 

Art  s^   «.F 

(CentralbL  f.  Physiologie  Bd.  8,  S.  801»  einen  sehr  charakteristischffli     Keaetion 
dunkelblauen,   metaUisch  glänzenden  Xiederschbig  (molybdänsaores   ^     **- 
Molybdänoxyd).     Die  Beaction   ist   sehr  empfindlich  nnd   lässt  sich         mit 
auch  unter  dem  Mikroskope  ausfuhren.     Sie  ist  nur  in  eiweissfineier    Pfco*P*»or- 
Flüssigkeit  ausführbar,  da  die  Eiweisskörper  auch  dieReaction  geben.       säare. 

Offer. 

Während  die  Harnsäure  im  Beagensglas  durch  eine  Beihe  von 
Substanzen,  insbesondere  schnell  und  leicht  aber  durch  Lysidin  ge- 
löst wird,   ist  das,   wie  M.  Mendelsohn  < Deutsche  med.  Wochen-  Löslichkeit 
schrifb  S.  283)   zeigt,   nicht  der  Fall,   sobald   das  Reagens  nicht  in  ^       *5^ 
Wasser,  sondern  in  Harn  gelöst  ist.    Ja  es  wird  die  Harnsäure  aus    iieBdelMlm. 
ihrer    Lösung  in   Lysidin  gefallt,   sobald  man  Harn   zusetzt.     Dies 
beruht  darauf,   dass  die  ELamsäure  durch  gewisse  Salze  des  Harns, 
insbesondere  durch  Chlomatrium  ,, ausgesalzt"  wird.     Die  alkalische 
oder  saure  Reaction  ist  dabei  gleichgültig.     Die   könstHchen  Harn- 
säurelösungsmittel  sind   dagegen  wirksam,   wenn  sie  in  Blutserum 
gelöst  werden.    Wird  aber  Chlomatrium  oder  Chlorlithium  zugesetzt, 
so  lallt  auch  hier  reichlich  saures  hamsaures  Natrium  aus.    £s  sind 
also  die  Bedingungen,   unter  denen  die  Harnsäure   in  den  Flüssig- 
keiten des  Organismus  gelöst  ist,  ganz  eigenartige. 

Die  LösHchkeit  der  Harnsäure  in  Lösungen  verschiedener  Sub- 
stanzen hat   ferner  F.  J.  Smale  (Centralbl.   f.   Physiologie  Bd.  9,        Smaie 
S.  385)  untersucht.   Sie  beträgt  in  Wasser  von  40*  1 :  2400:  Chlor- 
natrium und  Mononatriumphosphat  setzen  die  Löslichkeit  beträcht- 
lich  herab.     Harnstoff  ist,   wie   bekannt,   ein   gutes  Lösungsmittel. 
Sehr   auffallend    ist   die  Beobachtung,   dass   mit  der  Methode   von 
Ludwig- Salkowski  aus   Lösungen   von  Harnsäure   in  Harnstoff 
viel  kleinere  Werthe  fiir  Harnsäure  erhalten  werden,  als  der  Wirk- 
lichkeit entspricht.     Wenn   sich   das   bestätige,    so   wären  zahllose 
Hamsänrebestimmungen    und    viele    darauf   basirte    neue   Arbeiten 
wieder  ebenso   unrichtig,   wie   die   alt.en  mit  der  Methode  der  Aus- 
fallnng  durch  Salzsäure  gemachten  Untersuchungen. 


G.   Rosenfeld   (Centralbl.   f.  Win.   Med.   S.  673)    erreicht   auf  Harnsäure 

m  Harne 
Rosenfeld. 


folgende  Weise   eine  TJebersicht  über   die  Masse   der  im  Harn   be-     ^ 


findlichen  Harnsäure,  aus  welcher  Nieren-  und  Blasenconcremente 
entstehen  können.  Er  lässt  auf  ein  gutes  Faltenfilter  luiniren.  Was 
daraufbleibt,  ist  die  im  Harn  schon  ausgeschiedene  Harnsäure  (Ham- 
sand).  Dann  wird  jene  Harasäure  bestimmt,  die  sich  beim  Stehen 
fcrystallinisch  im  Harn  ausscheidet,  drittens  die  im  Harn  gelöste 
nach  Ludwig-Salkowski.     Wird  Harnstoff  innerlich  gegeben,  so 


284  Stemberg. 

wird   die   auf  dem  ersten  Filter  bleibende  Harnsäure,   welche  die 
eigentliche  Steinbildnerin  ist,  sehr  vermindert. 

Während  man  bis  heuer  und  ebenso  in  den  oben  angeführten 
Arbeiten  nur  die  Harnsäure  berücksichtigte,  haben  andere  Forscher 
die  Untersuchung  mit  grossem  Erfolge  einer  Gruppe  stickstoffhaltiger 
Körper  zugewandt,  welche  bisher  wenig  berücksichtigt  worden  war, 
den  Xanthinbasen,  auch  Alloxurbasen  genannt.  Dazugehören: 
Xanthin,  Hypoxanthin,  Paraxanthin,  Adenin,  Guanin,  Camin,  femer 
auch  Coffein  und  Theobromin.  Sie  sind  experimentell  als  Spaltungs- 
producte  des  Nu  dein  s  zu  erhalten.  Nach  der  Theorie  von  Horba- 
czewski  ist  auch  die  Harnsäure  ein  Abkömmling  des  Nucleins, 
und  zwar  entsteht  sie  im  Organismus  durch  Oxydation  aus  dem- 
Xanthin-  selben.  Eine  von  M.  Krüger  und  C.  Wulff  (Zeitschr.  f.  phys. 
basen,  Chem.  Bd.  20,  S.  184)  angegebene  Methode  ermöglicht  nun  eine 
Wulff.  bequeme  Bestimmung  des  in  den  Alloxurbasen  plus  Harnsäure  (zu- 
sammen Alloxur  kör  per  genannt)  enthaltenen  Stickstoffs.  Wird  femer 
noch  die  Harnsäure  bestimmt,  so  kann  man  aus  der  Differenz  die 
Menge  der  Alloxurbasen  berechnen. 

Harnsäure  W.  Weintraud   (Centralbl.   f.   klin.   Med.  S.  433)   hat  Harn- 

^  ^'Jr.        säure  und  Xanthinbasen  in   dem  Kothe   bestimmt.     In   einem 
Xanthin- 
basen inden^a.lle  von  Leukämie  fand   sich  nur  eine   geringe  Steigerung   der 

Fäces,       Hamsäuremenge    im    Harne,     dagegen    sehr    bedeutende    Mengen 

der  Xanthinbasen  in  den  Fäces.     Auch   bei  Gesunden  finden  sich 

Xanthinkörper  in  dem  Kothe.  Diese  entstammen  nicht  der  Nahrung, 

denn  die  Verabreichung  nuclei'nreicher  Kost  (Kalbsthymus) ,  aus 

welcher  im  Organismus  Xanthinkörper  gebildet  werden,  steigert  die 

Menge  der  Xanthinkörper   im  Kothe  nicht.     Auch   im  Milchkothe 

und  im  Meconium  finden  sich  Xanthinkörper. 

Wird  gesunden  Menschen  reichlich  nucleinhaltige  Nahrung 
(Kalbsthymus)  gegeben,  so  steigt  die  Hamsäuremenge  (und  in  ge- 
ringem Maasse  auch  die  der  Alloxurbasen)  im  Harne  sehr   stark 
Harnsäure   an.  Damit  ist  von  W.  Weintraud  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  405) 
^"^^^v^^****  der  experimentelle  Beweis  für  die  Eichtigkeit   der  oben  genannten 
Weintraud.     Theorie  Horbaczewski's,   die   noch  im  vorigen  Jahre  lebhaft  be- 
stritten wurde,  gegeben.     Andere  Arbeiten  über  diese  Frage  sind 
beim   „Blut'*    besprochen,    die  folgende  aber  muss   hier  eingereiht 
werden. 


L 


Co 


In  einem  Falle  von  Paes-ii-LerikÄSLis*.  t«ri.  '«■•rl'.i.TZ^   iirr  71r:"    >rr   *Ar5**xr* 
Blatkörperchen  aaäsei»ri€ntli-iii  rsäiz^  ^^ulljjl  lüi-ri  E>  K:li^:JL  ^^^ 

und  K-  V.   Stejskal  «Zätachr-  £  kli=-  lfr»L  BL  iT     S- 447     £_•*     »»t^i.,*. 
Hamsanre  ansserord^aitlioii  Ttmir?ir=rt.    ü-r  X  ut^t  --  ':«to<a    Li^pnprfL      »ixt^b 
stark  vmnehrt.  3_xtx*Tf*  - 

Da  die  Xanthinboäen  gtttiz  sci-i.  iac  ttie.  -rrrriji.rrec:^  rx  -rnrirr-r^       str.stx. 
dass  aie   Beziehungen  za  paihilj^iäcii'cE.  Pr>:ir:sjeE.  Li'i»rr.  '«-•rri-r^ 
Kolisch   und    seine  Mitar^her    Wi-rii-er  klir.  W:«:z.-ez^«.lr-  S  41o      —  :ä  ii. 
haben  somrohl    die    Anssoheidirr. gsgringtse    i'cr  Szn:^.*    i^r  AZ..x:ir-    ?*^'>^*^ 

Körper  (Hamsänre -f- Allonirb*seni   als   -i-zr  ':>=iirn  S~ .kr  2tc  c»r- 

rjcksichtigt-  Es  ergah  sich:  Bei  der  Le:ikärz.ie  Iä  ü-c  G^ts^knnt- 
siimme  vermehrt,  ein  Besoltat.  das  bei  dezi  Bl^ir-rrn.ie  ür  Al- 
stammnng  der  fraglichen  Snbstanxen  a:is  iea  X^iil-ei::  i^er  Le^ik  >rr:ei: 
beweist  (siehe  auch  bei  Lenkämie».  DasäicrT-e  ist  t^i  i-er  uratischr:: 
Diathese  der  I*alL  Hier  dürften  di^  vermehrten  All : i^irk '. tj^t  a:i5 
der  perinucleären  basoj^iilen  Grannlining  der  I^eiikx-vrec  STA:..rr.-rr.. 
•iie  Nensser  entdeckt  hat  nnd  aU  XTielein  anspricht.  Verxi;eür:ii:g 
der  Alloxtirbasen  bei  Verminderung  der  Harnsäure  tani  sieh 
erstens  im  oben  erwähnten  Falle  von  PseuioIeTikämie.  zweitens  bei 
Nephritis.  Die  Autoren  schliessen  daraus,  «iass  die  Xiere  eine 
der  Hauptbildungsstätten  der  Harnsäure  sei. 


Auf  Grund  von  Untersuchungen   über  die  Menge  der  Alloxur- 
körper  und  -Basen  im  Harn  und  mit  Rücksicht  auf  die  Thatsache,  dass 
bei  Kaninchen  und  Meerschweinchen  durch  Einverleibung  von  Hypo- 
xanthin  degenerative  Nierenveränderungen  entstehen,  sieht  Kolisch 
iWien.  kün.  Wochenschr.  S.  787  und  die  am  Schlüsse  dieses  Referats 
angeführte  Monographie)  in  den  Xanthinbasen  das  eigentliche 
6 ich t gif t.     Der  Mensch  bringt  nach  der  Hypothese  von  Kolisch 
eine  ererbte  Anlage,  eine  die  Norm  übertreffende  Menge  von  Nuclein 
zu  zersetzen,  mit  auf  die  Welt.    (Schon  der  9jährige  Junge  eines  gich- 
tischen Vaters  schied  1  g  Alloxurkörper  täglich  aus.)   Die  durch  diesen 
gesteigerten  Nucleinzerfall  im  Organismus  frei  werdenden  Z\\nschen- 
producte  werden  dadurch  „entgiftet",  dass  gewisse  Organe  (in  erster 
Reihe  die  Niere)  daraus  Harnsäure  bilden.   In  diesem  Zeitpunkte  ist 
dieHamsäuremenge  bei  der  Gicht  vermehrt.  Theils  durch  die  Anomalie 
selbst,  theils  durch  äussere  Einflüsse  (Nahrung,  Alkohol,  Blei  u.  s.  w.) 
werden  die  Entgiftungsorgane  geschädigt,   es   steigt  die  Menge  der 
Alloxurbasen,  und  es  sinkt  die  Menge  der  Harnsäure  auf  die  Norm. 
Bie  vermehrte  Basenbildung  schädigt  die  Nieren  noch  mehr,  und  infolge- 
dessen nimmt  die  Menge  der  Harnsäure  rapid  ab,  so  dass  sie  weit  unter 


Xanikic- 

basen  und 

Gicht, 

Kolisch. 


286  SteiTiberg. 

X  an t b i  n-     die  Norm  vermindert  ist.   Die  Folgen  der  Selbstvergiftung  des  Organis- 
^*a*"h*°^    mus  sind  die  Gewebsnekrosen  und  Gelenksveränderungen.  Der  Gicht- 
Kolisch',       anfall  ist  ein  Aufflackern  des  chronischen  Processes  unter  acut  ent- 
zündlichen Erscheinungen.   Für  die  Therapie  kommt  bei  gesunkener 
Hamsäurebildung  die  Anwendung  von  Alkalien  in  Betracht.     Sonst 
ist  die  Diät  das  Wichtigste,   und  zwar:   Verbot  des  Alkohols,  Ver- 
meidung  von  Eiweiss    im   Uebermaasse,    Fleisch  hauptsächlich   im 
gekochten  Zustande,  keine   Suppen  und  Fleischextracte,   absolut 
die  nucleinhaltigen  Gewebe  zu  vermeiden.   Von  pflanzlichen  Nahrungs- 
mitteln sind  diejenigen  zu  vermeiden,  welche,  wie  Spargeln,  Xanthin- 
basen  enthalten.   Körperbewegung  ist  nur  in  geringem  Grade  zweck- 
mässig,  weil   starke  Anstrengung  die  Ausscheidung  der  Xanthin- 
basen  steigert. 
Harnsäure  G.  Klemperer  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  hat  Harn- 

*™  ^*^*^ '^"^  Säurebestimmungen  im  Blute  und  im  Harne  von  Gicht- 
Harn,  ^  ...  .  . 
Klemperer.  kranken  angestellt.  Es  finden  sich  bei  diesen  und  bei  Nieren- 
kranken abnorme  Mengen  von  Harnsäure  im  Blute.  Retention  aber 
findet  bei  der  Gi.cht  nicht  statt,  solange  die  Nieren  nicht  geschädigt 
sind.  Das  Blut  vermag  viel  mehr  Harnsäure  zu  lösen,  als  darin 
enthalten  ist.  Di^  Alkalescenz  des  Blutes  ist  bei  Gicht  im  Anfalle 
etwas  herabgesetzt,  aber  keineswegs  so,  dass  es  ein  Auskrystallisiren 
der  Harnsäure  erklären  würde.  Es  reissen  demnach  die  nekrosirten 
Gewebspartieen  durch  eine  chemische  Verwandtschaft  die  Harnsäure 
an  sich. 

Harnsäure-  J.  B.  Berkart  (The  Brit.  Med.  Journ.  S.  243)  zeigte  an  Schnitten 

concre-      ^^^   gichtisch  erkrankten  Gelenken,   dass  die  mikroskopischen  Ver- 

gichtischen  änderungen  im  wesentlichen  dieselben  wie  bei  chronischen  Gelenk- 

Oelenken,    erkrankungen  überhaupt  sind  und  die  Nekrosen  Ebstein's  nur  das 

Endstadium   eines   langsam   sich   entwickelnden  Processes.     Sie   in- 

crustiren  sich  mit  Harnsäure,  weil  das  Blut  daran  reicher  ist. 

Behandlang  G.  Klemperer  und  A.  v.  Zeisig  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27, 

^^L^^r^**  ^'  ^^®^  haben  vom  Lysidin  absolut  keinen  Erfolg  gesehen,  weder 
Q.  Klemperer  ii^  Bezug  auf  Schmerz  und  Gelenkschwellung,  noch  in  Bezug  auf 
u.  V.  Zeisig,    die  Tophi. 

Wenn  man  gerade  mit  Lithiumsalzen  einen  Versuch  zu 
Lithium,  machen  wünscht,  so  ist  es  nach  M.  Mendelsohn  (67.  Versamml. 
en  eisobn.    de^^cher  Naturf.  u.  Aerzte)   rationeller,   statt  des  schwer  löslichen 

kohlensauren  Salzes  lieber  Lithium   aceticum  oder  citricum  zu 

verwenden. 


Constitutionskrankheiten. 


287 


B.  Pathologie  des  Blutes. 

1.  Allgemeines. 


Die  Dichte  des  Blutes  in  den  Tropen,  über  welche  viel  discutirt 
worden  ist,  stimmt  nach  Grijns  (Virchow's  Arch.  Bd.  139,  S.  97)  ganz  mit 
<W  in  Europa  überein;  etwa  1,060  für  das  Gesammtblut  und  1,080  für  das 
Plasma  als  Mittelzahlen. 

Nach  Ziegelroth  (Virchow's  Arch.  Bd.  141,  S.  895)  stimmt  die  Dichte 
•l»»f»  Skus  dem  Ohrläppchen  entnommenen  Blutes  mit  der  des  Aderlas s- 
(»lates  ziemlich  überein,  während  sie  in  anderen  Körpertheilen  verschieden 
hoch  ist.  Nach  einem  Aderlass  sinkt  die  Dichte,  steigt  dann  wieder  an, 
wird  meist  etwas  höher,  als  sie  ursprünglich  war,  und  ist  nach  24  Stunden 
£ur  Norm  zurückgekehrt. 

Bisher  hat  man  die  Salze  des  Blutes  aus  dessen  Asche  bestimmt. 
Dieses  Verfahren  führt  aber  nach  A.  Gürber  (Sitzungsber.  d.  Physik.-med. 
iTesellsch.  Würzburg  Bd.  28,  S.  7)  zu  Trrthümem.  Durch  Dialyse  erhält 
man  dagegen  die  Salze  in  natürlichem  Zustande  aus  dem  Blute.  Mit 
dieser  Methode  hat  Gürber  die  Salze  untersucht  und  findet  primäre  Car- 
bonate,  Sulfate  und  Phosphate. 

Die  Sauerstoffmenge,  welche  hämoglobinarraes  Aderlassblut  von 
Kranken  beim  andauernden  Schütteln  mit  Luft  oder  bei  Sättigung  mit  reinem 
Sauerstoff  aufnimmt,  ist  nach  E.  Biernacki  (Centralbl.  f.  klin.  Med.  Nr.  14) 
nahezu  oder  völlig  gleich  derjenigen,  welche  normales  Blut  aufnimmt. 
Wird  das  Blut  hierzu  mit  Natriumfluorat  ungerinnbar  gemacht,  so  nimmt 
♦^  meist  mehr  Sauerstoff  auf  als  defibrinirtes. 

Um  das  Volum  eines  rothen  Blutkörperchens  zu   bestimmen ,   sind  in 
den  letzten  Jahren  verschiedene  neue  Methoden,  insbesondere  die  Methode 
Ton  Bleibtreu  (Verdünnung,   Stickstoff bestimmung)  und   die  Centrifugir- 
methode ,    ursprünglich   von   H  e  d  i  n  ,    angegeben   worden.     Ueber   beide 
Methoden  ist  viel  gearbeitet  worden.    Die  Bleibtreu'sche  Methode  ergab 
iC.  Eykman.    Pflüger's  Arch.    Bd.  60,    S.  340)    bei    der  bisherigen  An- 
wendung unrichtige  Resultate,   weil  für  das  Blut  des  Menschen  nicht  eine 
0.6*/tige  Kochsalzlösung,  sondern  eine  0,9%  ige  isotonisch  ist.   (Die  0,6 7o ige 
gilt  nur  für  das  Froschblut).   M.  Bleibtreu  (Pflüger's  Arch,  Bd.  60,  S.  405) 
hat  diese  Modification  acceptirt.     Hedin   (Pflüger's  Arch.  Bd.  60,  S.  860) 
hat  seinen  Hämatokriten  verbessert  und  empfiehlt  dabei  0,97oige  Koch- 
^dösung  anzuwenden.     Auch  Eykman  empfiehlt  die  Centrifugiimethode 
hei  Anwendung  von  isotonischer  Salzlösung.   Nach  M.  Bleibtreu  (loc.  cit.) 
i4  diese  dagegen  bei  pathologischem  Blute  nicht  verwendbar,  weil  sich  die 
hei  verschiedenen   Blutarten  mittels    der    Centrifuge    gewonnenen  Werthe 
nicht  unter  einander  vergleichen   lassen.    H.  Koeppe   (Arch.  v.  Du  Bois- 
Reymond,   Physiol.  Abth.  S,  154)  hat  den  Hämatokriten  gleichfalls  modi- 


Blatdichte 

in  den 

Tropen, 

Or^ns. 

Blutdichte 

and 
Aderlass, 
Ziegelroth. 


Salze  des 
Blutes, 
Gürber. 


Blntgase, 
Biernacki. 


Volum  der 
rothen  Blut- 
körperchen, 
Eykman, 
Bleibti-eu, 
Hedin, 


Koeppe, 


288 


Stemberg. 


Volnm-der 
rothen  Blnt- 
körperchen, 

Hamburger.' 


Blutkörper- 
Yolnm  im 

Fieber, 
Th.  Pfeiffer. 

Alkalesoenz 

des  Blutes, 

V.  Limbeck  u. 

Steindler. 


Respiration 
der  rothen 

Blut- 
körperchen, 
V.  Limbeck. 


Hämoglobin- 
bestimmung, 
E.  Grawitz. 


Blut  bei 
ungenügen- 
der Er- 
nährung, 
E.  Grawitz. 


ficirt  und  tritt  für  dessen  Anwendung  ein.    Bei  einem  und  demselben  Bli 
und  derselben  Lösung  erhält  man  damit  constant«  Resultate. 

H.  J.  Hamburger  (Virchow's  Arch.  Bd.  141,  S.  230)  findet,  dass  i 
jeder  Salzlösung  (auch  von  0,97«)  die  rothen  Blutkörperchen  die  DelU 
verlieren  und  zu  Kugeln  aufquellen,  dass  es  also  keine  wirklich  indifferen 
Verdünnungsflüssigkeit  für  das  Blut  gibt. 

Th.  Pfeiffer  (Centralbl.  f.  kUn.  Med.  S.  89)  hat  mittels  der  Blei 
treu^schen  Methode  das  Blutkörperchenvolum  in  der  Norm  und  im  Fieb 
bestimmt  und  (im  Gegensatz  zu  den  Angaben  von  Max  Herz)  keine  V( 
grösserung  gefunden. 

R.  V.  Limbeck  und  L.  Steindler  (Centralbl.  f.  Min.  Med.  S.  6^ 
fanden  dagegen  beim  Fieber  mit  Hülfe  derselben  Methode,  aber  r 
0,97oiger  Kochsalzlösung,  eine  Vergrösserung  der  rothen  Blutkörperch* 
Sie  bestimmten  zugleich  die  Alkalescenz  des  Blutes  mit  Hülfe  der  \ 
Limbeck  angegebenen  Coagulationsmethode  und  fanden,  dass  sie,  e 
gegen  der  bisherigen  Annahme,  nicht  vermindert  ist. 

Nach  R.  V.  Limbeck  (Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  S.  809)  nehn 
die  rothen  Blutkörperchen  bei  Einleitung  von  COq  ins  Blut  Wasser,  Salz  i 
Trockensubstanz  aus  dem  Plasma  auf  und  geben  sie  bei  Einleitung  von  L 
wieder  ab.  Die  Resultate  stimmen  mit  denen,  welche  Hamburger 
Untersuchung  des  venösen  und  arteriellen  Blutes  gefunden  hat,  Überein  i 
weisen  darauf  hin,  dass  die  Blutkörperchen  auch  im  lebenden  Organis] 
ein  solches  Anschwellen  und  Abschwellen  durchmachen,  sich  somit  in  Be 
auf  die  Abgabe  von  CO2  in  der  Lunge  wie  wahre  Brüsenzellen  verbal 

£.  Grawitz   (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  S.  588)  weist 
den  wichtigen  Umstand  hin,  dass  die  colorimetrische  Methode  zur 
Stimmung  des  Hämoglobins  im  Blute  (v.  Fleischl,  Gowers  etc.)  bei  sf 
venösem  Blute  nicht  brauchbar  ist,  weil  sie  wegen  der  dunkleren  Fi   - 
des  Blutes  zu  hohe  Werthe  gibt. 

Bei  ungenügender  Ernährung  wird  das  Blutplasma  nach  £.  C 
witz  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49)  ärmer  an  Eiweiss,  was  höchst  w 
scheinlich  zum  Theil  auf  Wasseraufnahme,  zum  Theil  auf  Verlust  an  Eil»  \ 
aus  dem  Plasma  beruht. 


Leuko- 

cytolyse, 

Botkin. 


Leuko< 

C}'tose, 

Wintemitz, 


Im  überlebenden  Blute  zerfallen   nach   den  Beobachtungen 
E.  Botkin  (Virchow's  Arch.  Bd.  141,  S.  238)  die  Leukocyten  und  we 
im  Plasma  aufgelöst.    Diesen  Vorgang  nennt  er  „Leukocytolyse* 
meint,  dass  er  auch  im  lebenden  Organismus  geschieht. 

Eine  grössere  Anzahl  von  Arbeiten  beschäftigte  sich  mit  der  i 
physiologischen  und  pathologischen  Bedingungen  entstehenden,  sowii 
perimentell  hervorzurufenden  Vermehrung  der  Leukocyten  im 
culirenden  Blute.  R.  Winternitz  (Arch.  f.  exp.  Path.  Bd.  35,  S 
findet,  dass  gewisse  örtlich  reizende  Stoffe,  wie  Silbernitrat,  Tel) 
Senföl,  Gordol»  Crotonöl  eine  sehr  bedeutende  Leukocytose  erzeuget, 
dass  der  IdfeHlUBdinnhen  ihnen  und  den  eitererzeugenden  Back 


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Constitutionskrankheiten.  289 

proteinen  nur  quantitativ  ist.    Die  Unterbindung   des  Ductus  thoracicus 
tAreh.  f.    exp.  Path.  Bd.  36,  S.  212)   verhindert  diese  Leukocytose  nicht. 
J.  Ewing^  (New  York  med,  Joum.,  March  2)  weist  nach ,  dass   es  sich  bei       Ewing, 
der  experimentellen  Leukocytose  nicht  um  andere  Vertheilung  der  weissen 
Blatkörperchen ,    sondern    um    wirkliche    Vermehrung    handelt. 
J.  Schneyer  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  S.  475)  weist  nach,  dass  die      Schneyer, 
physiologische y er dauungsleukocy tose  bei  Magenkrebs  meist  fehlt,  wäh- 
rend sie  bei  Ulcus  rotundum  vorhanden  ist.    Nach  H.  Härtung  (Wien.  klin.       Härtung. 
Wochenschr.  S.  697)  empfiehlt  sich  zur  Anstellung  eines  solchen  Versuches 
die  Verabreichung  von  Nucle'in  (1  g  in  Pastillen). 

Die  HorbaczewskTsche  Theorie  von  der  Entstehung  der  Harnsäure 

aus  dem  Nuclem  der  Leukocyten  prüfte  P.  F.  Richter  (Zeitschr.  f.  klin.  Harnsäure 

Med.  Bd.  27,  S.  290)  durch  Beobachtungen  Über  Harnsäureausscheidung  bei  ^"* 

Leukocytose,  konnte  aber  keinen  sicheren  Zusammenhang  finden.    W.  Küh-  ^^   ^ 

aau  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28,  S.  534)  findet  dagegen  einen  Parallelis-  Richter, 

mud,  insbesondere  bei  Leukocytose  nach  Bacterienextracten.  Kühnau. 


A.  Loewy  und   P.  F.  Richter  (Deutsche   med.  Wochenschr.  Nr.  33) Leukocytose 
iiestimmten  nach  der  Methode  von  Loewy  die  Alkalescenz  des  Blutes     und  Blut- 

f>ei  experimenteller  Leukocytose  am  Kaninchen  und  fanden  sie- da- *^*  * 

,   .         *^     ,     ^  Loewy  u. 

wi  vermehrt.  Hi^l^tej. 

P.  Jacob   (Ziegler's  Beiträge)  hat  die  Ablagerungen  eisenhaltigen    Siderosis, 
Pigmentes  in  den  verschiedenen  Organen  pathologisch-anatomisch  und  ex-^®"^ocyto8e 

perimentell  untersucht.    Das  Eisen  ist  nicht  nur  als  circulirendes  Eisen  und     ^°   ,     "  * 

bildung, 

Organeisen  vorhanden,  sondern  auch  als  Reservevorrath,  und  zwar  in  jacob. 
Leber,  Milz  und  Knochenmark.  Die  Aufsammlung  des  Eisens  aus  den  nor- 
malerweise zerfallenden  rothen  Blutkörperchen  und  bei  krankhaften  Blu- 
tungen besolden  die  Leukocyten,  ebenso  den  Transport  in  die  Ablagerungs- 
^tätten«  Die  Aufgabe  der  Leukocytose  bei  Infectionskrankheiten  besteht 
zum  Theil  in  diesem  Transporte.  In  der  Leber  wird  ein  Theil  des  Eisens 
<larch  die  GaUe  ausgeschieden ,  ein  Theil  in  den  Organismus  zurück- 
j^eschickt. 

Wird  einem  Hunde  die  Milz  ausgeschnitten,  so  stellt  sich  nach  2  bis 
•5  Monaten,  wie  J.  Laudenbach  (Centralbl.  f.  Physiol.  Nr.  9,  S,  1)  findet,  Blut  bildung 
eine  bedeutende  Verminderung  des  Hämoglobins  ein.    Werden  dann  Ader-  ^^  Milz  und 
lasse  vorgenommen,   so   ist  die  Zeit  bis  zur  Regeneration  des  Blutes  sehr       "°°  ^^' 
verlängert.    Die  Regeneration  und  die  allmähliche  Compensation  der  durch    Laudenbach, 
die  Milzexstirpation  hervorgerufenen  Störung  geht  im  Knochenmarke  vor 
sich.    Werden  Hunden  oder  Kaninchen  10 — 20  ccm  eines  Infuses  von  Milz 
oder  Knochenmark  in  die  Bauchhöhle  injicirt,  so  beobachtet  man  nach 
B,  Danilewsky  (Pflüger's  Arch.  Bd.  61,  S.  264)  eine  Vennehrung   des  Ge-    Danilewsky. 
JaMneb  der  pnctischen  Medidn.    1896.  19 


290  Stemberg. 

haltes  an  rothen  Blutkörperchen  und  an  Hämoglobin.    Diese  beruht  wahr- 
scheinlich auf  einer  blutbildenden  Eigenschaft  des  Lecithins. 

Eosinophile  N.  Sacharoff  (Arch.  f.  mikr.  Anatomie  Bd.  45,  S.  870)  findet  in  dea 

Zellen,  Erythroblasten  (kernhaltigen  rothen  Blutkörperchen)  sowohl  im  Knochen- 
Sacharoff.  mark  als  im  Blute  eosinophile  Kemkörperchen.  Die  eosinophilen 
Granula  der  weissen  Blutkörperchen  sollen  aus  diesen  stammen,  indem 
die  Kerne  aus  den  Erythroblasten  bei  ihrer  Umwandlung  zu  kernlosen 
rothen  Blutkörperchen  herausfallen  und  mm  von  den  weissen  Blutkörperchen 
gefressen  werden. 

Hegalo-  Nach  S.  Askanazy  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  S.  492)  werden  da- 

blasten,  gegen  die  Kerne  der  Erythroblasten  nicht  ausgestossen ,  sondern  zerfallen 
Askanazy.  innerhalb  der  Zellen  und  werden  von  ihnen  resorbirt.  Die  abnorm  grossen 
kernhaltigen  rothen  Blutkörperchen  (Megaloblasten)  haben  keine 
ungünstige  prognostische  Bedeutung,  wie  Ehrlich  annahm,  da  man  sie  auch 
bei  Heilung  von  Anämie  findet.  Ihr  Vorkommen  bedeutet  eine  schwere 
Anämie  mit  starker  Regeneration. 

2,  Animie  und  Chlorose. 

Anämie  bei  E.  Reinert  (Münchener  med.  Wochenschr.  S.  305)  hat  die  seit 

Neurosen,  jeher  übliche  Annahme,  dass  die  Anämie  eine  wichtige  Grundlage 
für  die  Entstehung  von  Neurosen  bilde,  durch  Bestimmung  des 
Hämoglobingehaltes  nachgeprüft.  Bei  70°/o  der  untersuchten  Fälle 
wurde  der  Hämoglobingehalt  unter  80**/o  der  Norm  (Fleisch!)  ge- 
funden. Damit  ist  aber  noch  nicht  bewiesen,  dass  der  Zusammen- 
hang zwischen  Anämie  und  Neurose  der  Eingangs  genannte  ist,  es 
kann  auch  die  Neui*ose  die  Entstehung  der  Anämie  verursachen. 
Jedenfalls  ist  die  Eisentherapie  bei  den  Neurosen  mit  herabgesetztem 
Hämoglobingehalte  angezeigt. 

Chlorose,  C.  V.  Noorden  (Berliner  klin.  Wochenschr.  S.  181)  bespricht 

V.  Noorden,  einige  Fragen  aus  der  Pathologie  der  Chlorose.  Ob  bei  Chlorose 
eine  verminderte  Production  oder  ein  vermehrter  Verbrauch  von 
Hämoglobin  stattfindet,  das  entscheidet  die  Ausscheidung  der  Ab- 
kömmlinge des  Blutfarbstoffes  —  Urobilin  und  Hämatoporphyrin  —  im 
Harn  und  Koth.  Da  die  Substanzen  constant  vermindert  sind,  kann  es 
sich  nur  um  verminderte  Hämoglobinbildung  handeln.  Nach  der  Theorie 
V.  Noorden's  Hegt  eine  mangelhafte  Function  der  hämatopoetischen 
Organe  zu  Grunde.  Diese  kann  angeregt  werden  durch  massen- 
hafte Einfuhr  eisenhaltiger  Proteide  (Blut,  Hämol,  Hämogallol  etc.), 
dm'ch  Metallsalze   wie  Eisen  oder  Arsen,   durch  acute  Blutverlustes 


Constitutionskrankheiten.  291 

(Aderlass),  durch  Höhenklima.  Das  Eisen  speciell  wirkt  nicht  durch 
seine  chemischen  Beziehungen  zum  Hämoglobin,  sondern  durch  Wir- 
kung auf  die  Organe  der  Blutbildung.  Die  Nahrungsresorption  und 
die  £iweisszersetzung  ist  bei  Chlorose  normal.  Die  diätetische  Be- 
handlung soll  bei  mageren  Chlorotischen  den  Fettansatz  begünstigen. 
Bei  fetten  ist  dies  nicht  nöthig.  Sehr  zweckmässig  ist  es,  chlorotischen 
Mädchen  schon  des  Morgens  eine  ausgiebige  Eiweissnahrung,  ins- 
besondere Fleisch  nach  englischer  Sitte,  zu  verabreichen.  Sie  sind 
dann  viel  frischer  und  leistungsfähiger. 

R.  Stockman  (The  Brit.  med.  Joum.  S.  1473)  hält  die  Chlorose     stockman. 
fiir  keine   selbständige   Erkrankung,   sondern  für   eine   chronische 
Anämie,    welche    durch   die    Combination   von   übermässigen    Blut- 
verlusten (insbesondere  Menstruation)  und  ungenügender  Eisenzufuhr 
entsteht. 

M e i  n  er t  hatte  im  vorigen  Jahi*e  behauptet,  dass  bei  Chlorotischen 
constant   ein  Tieferstehen  des  Magens  nachweisbar  sei.     Meltzing  Gastroptoae 
(Wiener  med.  Presse  S.  1161)  wies  auf  Grund  von  Durchleuchtungs-^®^  Chlorose, 
versuchen  des  Magens  nach,  dass  dies  nicht  der  Fall  sei.  Mein  er  t      ^i^^* 
(Centralbl.  f.  klin.  Med.  S.  1065)  suchte  den  Beweis  zu  führen,  dass 
die  Ergebnisse  der  Magendurchleuchtung  unrichtig  seien,  wurde  aber 
von  Martins  (Centralbl.  f.  klin.  Med.  S.  1185)  widerlegt.  Martius. 

3.  rerniciöfte  Anämie. 

R.   Stockman   (The  Brit.  med.   Joum.   S.  965)   sucht  zu  be- Pathogenese 

weisen,  dass  die  perniciöse  Anämie  keine  Krankheit  sui  generis,         ^®' 

sondern  immer  secundärer  Natur  sei.  Aus  verschiedenen  schwächenden  P®'°**^*°^®" 

Anämie, 

Ursachen  entstehe  zuerst  eine  „einfache  Anämie"  oder  „chlorotische     stockman. 
Anämie".     Es  komme  zur  Degeneration  der  Capillaren,  dadurch  zu 
multipeln  Hämorrhagieen  und,  indem  die  Blutproduction  mit  dem  Blut- 
verluste nicht  Schritt  halte,  entwickle  sich  das  Bild  der  chronischen 
Anämie. 

Nach  A.  Stühlen  (Deutsches  Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  S.  248)  Eisengehalt 
i«t  dagegen  ein  wesentlicher  Unterschied  zwischen  perniciöser  und  <Jer  Organe, 
secundärer  Anämie   vorhanden.    Bei  der  ersteren  finden  sich  sehr 
reichliche  Eisenablagerungen  in  Leber  und  Milz,  bei  Anämieen  diu'ch 
wiederholte  Blut-  oder  Säfteverluste  nur  geringe. 

Nach   den  Untersuchungen  von   Ch.  W.   Burr  (Univ.  medic. 
Magazine,  April)  sind  Degenerationen  in  der  weissen  Substanz  des 


292  Stemberg. 

Rücken-     Rückenmarkes  bei  perniciöser  Anämie  überaus  häufig.  Sie  sind 

mar  kB-       i^^eist  nahezu  oder  vollständig  symmetrisch,  die  graue  Substanz  bleibt 

bei         verschont.    Der  Ursprung  liegt  wahrscheinlich  in  einer  Erkrankung 

perniciöser  ^gj.  Nervenfasern  selbst,  nicht  der  Gefasse.    M.  Nonne  (Deutsche 

Bu™*^'     Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  6,  S.  313)  findet  den  Ursprung  in  den 

Nonne.       Gefassen;   diese  verursachen  vereinzelt  aufschiessende  Heerde,  von 

denen  die  Degenerationen  ausgehen. 

Behandlung  A.  G.  Barrs  (The  Brit.  med.  Joum.  S,  368)   hat  bei  der  Ver- 

.  f..        abreichung  von  Arsenik  Lähmungen  beobachtet,  ohne  dass  sich  das 

pernicioseu  ^  o  i 

Anämie  mit  Gesammtbefinden  gebessert  hätte,  dagegen  von  der  Behandlung  mit 

Knochen-    Knochenmark   (nach  Fräser)   guten  Erfolg  gesehen.    Man  muss 

Ba^si       S^^^  ro*^®s  Mark  nehmen,  aus  welchem  mit  Portwein  (20,0),  Glycerin 

(30,0)    und  Gelatine   (ca.  30,0)   eine  „Paste^*    zum  Aufstreichen   auf 

Dmmmond,    Brod  bereitet  wird.    W.   B.   Drummond   (The  Brit.  med.  Joum. 

8.  1085)  sah  in  einem  Falle  eine  bedeutende  Steigerung  des  Gehaltes 

stockman.     an   rothen  Blutkörperchen.     Stockman    (The   Brit.   med.  Joum. 

S.  1084)  sah   vom   Knochenmark  keinen  Erfolg,  bezweifelt  dessen 

Wirkung  wegen   des   geringen  Eisengehaltes  und  meint,   dass  die 

BeschafPung  von  rothem  Mark  in  genügender  Menge  sehr  schwierig 

sei,  weil  ein  Kalb  nicht  mehr  als  ca.  100  g  enthalte. 

Transfusion,         C.  A.  Ewald  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  977)  machte  in  einem  Falle 
Ewald,       ypjj  perniciöser  Anämie,  in  welchem  ein  sehr  schwerer  Collapszustand 
eingetreten  war,  die  Transfusion  mit  ausgezeichnetem  Erfolge. 

4.  Lenkimie  und  Pseadolenkimie. 

Die  Vermehrung  der  Harnsäure  bei  der  Leukämie  ist  seit  langem 
Harnsäure   bekannt.     St.  Bondzynski  und  B.  Gottlieb  (Arch.  f.  experim. 
tto*         Pathol.  Bd.  36,   S.  127)  fanden  im  Harne   eines  Leukämikers   die 
basen  bei    Xanthinbasen  (s.   bei  Gicht)   emorm  vermehrt,    die  Harnsäure 
Leukämie,  nur  wenig  vermehrt.     Wurde  eine  Xanthinbase  (Theobromin.  sali- 
^*^o  ttU*b  "  cylicum)  verabreicht,  so  verhielt  sich  die  Menge  der  im  Harne  aus- 
geschiedenen zu  der  im  Organismus  zerstörten  Substanz  so  wie  beim 
Gesunden.     Die  Xanthinkörper,   die  aus  den  Leukocyten  entstehen, 
verhalten    sich    also    anders,    als    die    vom  Darm   aus  resorbirten. 

Mitosen  in  W.  Hindenburg  (Arch.   f.  klin.  Med.  Bd.  64,   S.  200)  findet 

denOrganen, j^«|.^g^j^    ausserhalb    der    normalen   Keimcentren    häufig    in    den 

lymphoiden  Organen,   femer  in  der  Leber  (innerhalb  der  Blutcapil- 


293 

laren)  und  den  lymphatiftrhcn.  Neobüdnngeii.  Es  wird  der  physio* 
logische  Vorgang  der  selbetändigen  mhotidcheD  Vemiehning  einiger 
Leukocytenarten  bei  der  Leokimie  pathologisch  gesteigert. 

Bei   Leukämie    ist    öfters  Priapismus  beobachtet  worden. 
A.  Käst  <Zeit8chr.  £  klin.  Med.  Bd.  28,  S.  79)  hat  die  erste  Section  Priapismn^ 
tdnes  solchen  Falles  gemacht.    Als  Ursache  wurde  Thrombenbildnng   ^     .V   . 
in  den   Corpora  cavemosa  penis    mit  nachfolgender  Bindegewebs-        K«st. 
indaration  gefonden. 

A.  Käst  (Zeitschr.  f.  klin.  Medio.  Bd.  28,   S.  79)  beobachtete     Xerven- 
multiple    Hirnnervenlähmnng    bei    Leukämie,    welche    auf  •^***"  V 

^  '^  '  Leukämie, 

degenerativen  Processen  in  der  Medulla  oblongata  beruhte,  analog  sast, 
den  bei  der  pemiciösen  Anämie  gefundenen.  Sie  betrafen  ins- 
besondere die  feinen  Yerbindungsfasem.  W.  Müller  (Dissertation)  W-  Muller. 
fand  ausgedehnten  FaserausfaU  in  den  Hinterstrangen  und  Degene- 
ration der  Crurahierven,  in  einem  anderen  Falle  vielfache  Blutungen 
in  die  Scheiden  mehrerer  Himnerven  und  Lifiltration  der  Nerven 
mit  lymphoiden  Elementen. 

K.  N.  Georgiewski  (Petersb.  med.  Wochenschr.  S,  222)  fand  Blutbefund 
in  einem   Falle  von  Leukämie  eine  bisher  nicht  beschriebene  Art   .     v-L- 
von  Leukocyten,  nämlich  vielkernige  Zellen  mit  nicht  färb-   Oeorgiewski. 
barem  Protoplasma. 

In  einem  Falle  von  acuter  Leukämie  sah  A.  Seelig  (Deutsches       Acute 
Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  54,  S.  537)  zuerst  massenhaft  Markzellen  im   ^®^^^'*' 
Blute,  die  dann  schwanden,  so  dass  im  Leichenblute  nur  kleine  ein- 
kernige Lymphocyten  vorhanden  waren. 

A.  Fraenkel  (Deutsche   med.  Wochenschr.  Nr.  39)  berichtet   a.  Fraenkei. 
zusammenfassend  über  10  Fälle  von  acuter  Leukämie.    Der  das 
Leiden  charakterisirende  Blutbefnnd  ist  die  Lymphämie  (Lympho- 
cythämie).     Die   polynucleären  Leukocyten   sind   nicht   nur   relativ, 
«ondem  auch  absolut  vermindert.    Der  Unterschied  zwischen  acuter 
und  chronischer  Leukämie  besteht  darin,   dass  bei  ersterer  die  neu 
gebildeten  einkernigen  Elemente  mit  ausserordentlicher  Schnelligkeit 
aus  den  Bildungsstätten  in  die  Blutbahn  übertreten.    Bei  der  chro- 
nischen Leukämie  ist  dieser  Uebertritt  verlangsamt,  daher  die  Zellen 
hier   eine   bedeutendere   Grösse    erlangen.     Von   Literesse   ist   der 
zweimal    beobachtete    Bückgang    der    leukämischen   Erscheinungen 
unter   dem    Einfluss   einer    hinzugetretenen    bacteriellen   Lifection: 
Rückbildungsvorgäuge  an  Milz  und  Drüsen  und  colossale  Abnahme 
der  Leukocyten  im  Blute.    Beides  beruht  höchst  wahrscheinlich  auf 
einem  Leukocytenzerfall.    Mit  diesem  war  nun,  was  von  grosser 


294  Stemberg. 

Bedeutung   ist,    eine  bedeutende  Vennehrung  der  ausgeschiedenen 
Harnsäure  verbunden. 
Acute  S.  Askanazy  (Deutsche  med.  Wochenschr.  S.  872)  ist  mit  der 

euKamie,  Bezeichnung  Lymphämie  für  die  acute  Leukämie  nicht  einver- 
standen, da  die  bei  der  acuten  Leukämie  gefundenen  grossen  ein- 
kernigen Blutkörperchen  von  den  Lymphoc3rten  verschieden  seien 
und  bei  ,,grosszelliger  Leukämie^  Mitosen  gefunden  werden,  bei 
A.  Fraenkel.  Lymphämie  aber  keine.  A.  Fraenkel  (ibid.)  wendet  dagegen  ein, 
dass  eine  eigentliche   chronische  Lymphämie   noch   nie  beobachtet 

worden  ist. 
Behandlung  .      _  .^,        ,  ,     ___     ,  i        -vt      rvrv\    <■ 

der  Leu k-  ^'   Lutz   (Münch.   med.    Wochenschr.   Nr.  29)   hat    bei   einem 

ämie  mit    Falle  von  Leukämie  mit  grosser  Milz  auffallende  Besserung  nach 

^   X.ttte'^^^^'^^ßrabreichung  von  Schilddrüsenextract  gesehen. 

5.  Hämorrhagische  Diathese. 

Hämophilie,  G.  Gayet  (Gaz.  h^bdom.  Nr.  22)   macht  auf  das  Vorkommen 

*^® "  von  Hämatomen  und  Gelenkerkrankungen  bei  Hämo- 
philen aufmerksam.  Die  Oelenkanschwellungen  enthalten  ein 
seröses,  blutig  tingirtes  Exsudat  imd  sind  manchmal  schwer  von 
tuberculöser  oder  rheumatischer  Gelenkerkrankung  zu  unterscheiden. 

Scorbut,  Albertoni  (II  Policlinico,  15.  April)  findet  bei  Scorbut  häufig 

^  ^^^'  Fehlen  der  freien  Salzsäure  im  Magensaft  und  Verminderung  de» 
Hämoglobins  im  Blute.  Eine  wesentliche  Verminderung  der  Kali- 
salze im  Blute  ist  nicht  vorhanden. 


Darlow, 


Bariow'sche  Th.  Barlow   (Centralbl.  f.  klin.  Medic.   S.  505)   hat  eine    zu- 

'niJl-iow  sammenfassende  Darstellung  der  nach  ihm  benannten  Krankheit  ge- 
geben. Klinisch  fallen  Blässe,  Schwellung  und  Unbeweglichkeit  der 
Extremitäten  gewöhnlich  zuerst  auf.  Nicht  selten  ist  einseitiger 
acuter  Exophthalmus.  Die  Obduction  zeigt  Blutungen  in  den  ver- 
schiedenen Organen,  hauptsächlich  Muskeln,  Periost;  häufig  Frac- 
turen  an  den  Grenzen  zwischen  Epiphyse  und  Diaphyse,  sehr  starke 
Resorption  an  den  Knochen.  Mit  Rachitis  hat  die  Krankheit  nur 
insoweit  etwas  zu  thun,  als  öfters  Kinder  von  ihr  befallen  werden, 
die  schon  vorher  an  Rachitis  gelitten  haben.  Von  „acuter  Rachitis"' 
ist  keine  Rede.  Die  Befunde  sind  dieselben  wie  beim  Scorbut,  und 
Barlow  erklärt  sie  für  infantilen  Scorbut.  Die  Ursache  liegt 
in  der  künstlichen  Emähnmg  der  Kinder,  insbesondere  mit  conden- 
sirter  Milch  und  den  Nährmehlen.     Die  zunehmende  Häufigkeit  der 


Constitutionskrankheiten. 


295 


Krankheit  in  England  und  Amerika  beruht  auf  der  immer  grösseren 
Verbreitung  dieser  Präparate.    Sie  ist  in  den  wohlhabenden  Classen 
häufiger  als  bei  der  ärmeren  Bevölkerung,  —  aus  demselben  Grunde. 
Aach  das  allzulang  fortgesetzte  Kochen  der  Kuhmilch  ist  schädlich. 
Therapie:  „antiscorbutische  Diät",  d.  h.  frische,  ungekochte,  unver- 
dünnte Kuhmilch,  Kartoffelpüree  mit  frischer  Müch  bereitet,  Fleisch- 
saft,   Orangen-   oder   Traubensaft.     A.   D.   Blachader   (Montreal     ßJachader, 
med.  Joum.,  March)  theilt  zwei  Fälle  mit,  von  denen  der  eine  wegen 
der  Grelenkschwellungen  zuerst  für  Gelenkrheiunatismus,  der  andere 
wegen  einer  Suffusion  unter  dem  Knie  für  Trauma  gehalten  wurde. 
E.  Reinert   (Münch.   med.  Wochenschr.   S.  370)   beschreibt  einen      Reinert. 
Fall,  in  welchem  ausser  den  gewöhnhchen  Befanden  eine  bedeutende 
Vergrösserung   der   Milz,    leukocytöse   Infiltration   der   Leber   und 
Nieren   und   Schwellung   der  Lymphdrüsen   gefunden  wurde.     Der 
Verf.  wirft  daher  die  Frage  auf,  ob  nicht  ein  Zusammenhang  mit  der 
Pseudoleukämie  bestehe. 


OsteO' 
malacie, 

Peron  u. 

Meslay, 

Drake- 
Brockman. 


C.  Allgemeine  Constitutionskrankheiten. 

1.  Rachitis 

8.  Abschnitt  „Einderkrankheiten''. 

2.  Osteomalacie. 

A.  Peron  und  Meslay  (Revue  mens,  des  malad,  de  l'enfance.  Jugendliche 
April)  beobachteten  einen  sehr  schweren  Fall  von  Osteomalacie 
im  Alter  von  15  Jahren,  welcher  in  3  Jahren  tödtüch  verlief.  Am 
frühesten  und  stärksten  waren  die  Tibien  ergriffen.  H.  E.  Drake- 
Brockman  (The  Brit.  med.  Journ.  S.  1190)  sah  einen  sehr  schweren 
Fall  bei  einer  Hindufrau  von  18  Jahren,  welcher  nach  der  ersten 
Entbindung  im  14.  Jahre  begonnen  hatte. 

Kahler  hatte  vor  mehreren  Jahren  auf  Grund  eines  Falles  die 

Ansicht  vertreten,    dass   Ausscheidung   von  Albumose   im  Harne 

nur  bei  multiplem  Myelom,   nicht  aber  bei  Osteomalacie  vorkomme, 

und  darin  ein  differentialdiagnostisches  Merkmal  gesehen.   Dies  kann 

nach  der  Beobachtung  von  Raschkes  (Prager  med.  Wochenschr.  Alb  um  oaurie 

1894,  S.  649)   nicht  mehr  aufrecht  erhalten  werden,   da   dieser  bei 

einem  Falle  von  seniler  Osteomalacie  Albumose  im  Harne  nachwies. 

Eine  sehr  dankenswerthe  Mittheilung  von  E.  Masing  (Petersb. 

med.  Wochenschr.  S.  21)  zeigt  wieder  aufs  neue,  dass  die  Osteomalacie 

leider  häufig  nicht  diagnosticirt  wird  und  darauf  wohl  das  Märchen 

von  den  osteomalaciefreien  Gegenden  beruht.    Masing  beschreibt 


bei  Osteo- 
malacie, 
Rasebke». 


296  Stemberg. 

Yerkennung  einen  Fall,    den  er  sowie  mehrere  andere  renommirte  Aerzte  jahre- 

^®^         lang  behandelten  und   für  Hysterie,   arthritische  Diathese  mit  Ab- 

malacie      lagerungen   an   den  Meningen   und  Nervenscheiden,   Arthritis  urica 

Masing.       der  Golumna  vertebraUs,  Akinesia  algera  gehalten  hatten.    Erst  die 

Section  zeigte,  dass  eine  hochgradige  Osteomalacie  vorlag. 

Therapieder         Pur   die  Therapie  der  Osteomalacie  kommen  heutzutage  nur 

^!*®^"       zwei  wirklich  verlässliche  Methoden  in  Betracht:  die  Castration 

m  ala  ci 6  * 

Castration,  hezw.  Porro- Operation  und  die  Phosphorbehandlung.     lieber 
beide  ist  die  Beobachtung  noch  nicht  abgeschlossen,  wie  die  folgen- 
den Berichte  zeigen. 
Beaucamp,  Beaucamp  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  6)  führte  in  einem  Falle 

bei  einer  Gebärenden  die  Porro-Operation  aus,  es  trat  Heilung  ein. 
Nach  1  Jahre  erfolgte  aber  ein  enorm  schweres  Recidiv. 

In  der  Frauenklinik  zu  Göttingen  wurden  vom  Jahre  1890  bis 
1894  sechs  Fälle  von  Osteomalacie  operirt,  fünf  mit  Castration, 
einer  mit  Porro.  Ein  Fall  verlief  letal,  die  übrigen  wurden  zum 
Theil  geheilt,  zum  Theil  bedeutend  gebessert.  Ein  Fall  blieb  un- 
geheilt.  Zwar  schwanden  die  Schmerzen,  doch  wurde  die  Gehfahig- 
keit    nicht    wieder    hergestellt.     Der    Berichterstatter,    von    dem 

Y.  d.  Busche-  Busche-Haddenhausen  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  49,  H.  1),  empfiehlt 

Haddenhausen,  daher  den  von   Seeligmann   (s.  Jahrb.  1894)   angegebenen  Vor- 
schlag, bald  nach  der  Operation  Zugverbände  anzulegen,   um  eine 
Correctur  der  Verkrümmung  zu  erzielen. 
Pol  gar,  Pol  gar- Budapest  veröffentlicht  sieben  Fälle  von  Osteomalacie  aus 

der  Közmarszky'schen  Klinik.  In  allen  Fällen  wurde  die  Castration  aus- 
geführt.   Ein  Fall  starb  an  Sepsis.    In  einem  Falle  wurde  die  Porro'sche 
Operation  am  Ende  der  Schwangerschaft  mit  Glück  ausgeführt.    Bis    auf 
einen  Fall  trat  in  den  anderen  endgültige  Heilung  ein. 
Weil.  Weil-Teplitz   beschreibt   zwei  Fälle   von  Osteomalacie   und    Ca- 

stration.    Der   erste   Fall   war   durch    eine   neue   Schwangerschaft   ver- 
schlimmert worden,  der  zweite  Fall  ist  dadurch  interessant,  dass  die  Krank- 
heit in  die  Zeit  der  Menopause  fiel.    Der  Erfolg  war  ein  günstiger,   doch 
kein  vollkommen  guter.    (Prag.  med.  Wochenschr.  Nr.  5  u.  6.) 
Phosphor-  Dagegen  heilte  H.  Fischer  (Prager  med.  Wochenschr.  S.  201) 

behandiungj^inen  Fall  mit  Phosphor.  Die  Patientin  wurde  neuerlich  gravid 
'  und  kam  zur  Sectio  caesarea.  Weder  in  der  Schwanger- 
schaft noch  im  Wochenbette  trat  ein  Recidiv  ein.  (Das 
ist  nach  dem  seiner  Zeit  vom  Bef.  mitgetheüten  Falle  der  zweite  Fall, 
in  welchem  die  Phosphortherapie  die  Probe  einer  neuerlichen 
Schwangerschaft  ohne  Recidiv  bestanden  hat.) 
Latzko,  W.  Latzko  (Wiener  med.  Presse  Nr.  27)  berichtet  zusammen- 

fassend über  36  mehrere  Jahre  beobachtete  und  behandelte  Fälle 


C  fnhaminmwgriiiiinH*Ti^^.  i^<7 

von  Osteomkljicie.  Er  -«"endei  äcL  ^iss^^  oit  AinjircL .  dit-  iiL«ci 
immer  die  PLo^pLoniitriiitr  mir  imäsreL  jtfdi.-ATTtffmiij^gL  Be- 
handlongsnieiitoden  in  «aneii  Tnjc  ^vrerien  unz.  ^v*^  -nu-r,  öfti^  die 
Phospthorbehiaikdhin^  «O.CtG  :  1*X'  'Jl  ifri-^irr.  astJL-  Tkciia:  I  £ii£ec*> 
löffel:  nach  ü — 3  MonsKai  steagmtz.  fcin  >r^  :  I  ♦  .  rif-ajirt  r>:j52> 
in  der  U€^>erE&M  der  F*Jk:  Httiiimr  xf't-tjniiiin  Lbx.  Xnr  veiiii  fir 
PhosphorÜMa^s^e  —  con^t^tf-xT  tiii5  rtinlifr  las  zt  1  Ji^Lre 
durchgeführt!  —  T-ersacL  ist  ditr  C^asrrtTi:'!.  LiiszcriJLreL. 

Donat-Le^nafT  iMcmaftwf •tP".  f.  »-»f  tjnrst^  I.cL  1.  5..  i?  tc:zi*-.*Tt  ix  tdut'iz 
Fall  Ton  Osteomalacitr  dim^  cit  CiiatrL.iiM.  5t£:mir.  I^sr  nki-iiStt-  £rf:»ic 
der  Operation  ist  in  den  meiAeii  FLTifT.  TcTJ^inriiiätfL  ö*-*^  £D:»!.'irtais:*i:jnerEf* ; 
sehr  häofi^  tritt  sim^  denniliTe  Beilimg  der  Etst  Vntt:i  «du. 

Lehrbücher  und  Mzro^ajiietn- 

C.  T.  Noorden.  IHe  Zuekcfbankbeix  imi  iLr»e  P>>'>i*>t>  r-rm^     BerÜD. 

F.  W^  365  SpeweEettd  für  ZnckeAraak*  itit  ^t  Bw^T«T«i  ur^er  Züberen^ug 

Ton  Aleoronatbrod  und  Mehis^*eii4«!iL    Wi^ltÄ^tfn. 
F.  W.,  E^ochboch  for  Zockiezimuike  und  F€lt!^r':>iire.     Witsltaden. 
E.  Graf,   Gljkoenne  bei  OnecksüberrergifTimg.    I*iss»eriadc^ii.     Würrbar^, 
R.  Koliseh,    üeber  Wesen   und   BtiandJung   der   nradichen    DiÄthes»?, 

Stattgsat. 
Danin,  Ueber  anamidehe  Zustande.   SamuCmig  klini><:-her  Vortrag  Xr.  1S5, 
Quincke,  Eisentherapie.     Sammlnng  klinischer  Vorträge  Xr,  129. 
W.  Müller,  Ueber  Verandemngen  des  Nervensystems  bei  Leukämie«    Di;»- 

aertation.    Beriin. 


DI. 

Chirurgie. 

Von  Dr.  Paul  Wagaer^  Privatdocenten  fttr  Chirurgie  in  Leipzig. 

I.  Allgemeine  Chirurgie. 

1.  Narkose  and  Anisthesirang. 

Chloroform  Die  Frage,  ob  dem  Chloroform  oder  demAether  der  Vor- 

und  Aether,  ^ug  als  Narcoticum  zukommt,  ist  noch  nicht  entschieden;  in  der 
allerletzten  Zeit  scheint  das  •  Chloroform  fast  wieder  das  Ueber- 
gewicht  zu  bekonmien.  Jedenfalls  steht  so  viel  fest,  dass  der  eigent- 
liche Narkosentod  beim  Chloroform  ungleich  häufiger  als  beim  Aether 
eintritt,  dass  aber  nachträgliche  Todesfälle  infolge  der  Narkose  beim 
Chloroform  viel  seltener  beobachtet  werden  als  beim  Aether. 
Gurlt,  Gurlt    (Zur   Narkotisirungsstatistik.     Archiv   f.  kliu. 

Chirurgie  Bd.  51,  H.  1,  S.  91)  veröffentlicht  den  5.  Bericht  über  die 
die  Narkotisirungsfrage  betreffende  Sammelforschung.  Die  Summe 
aller  in  den  Berichten  verzeichneten  Narkosen  beläuft  sich  auf  55  395, 
nämlich  34412  mit  Chloroform  (25  tödtliche  und  8  weitere  zweifel- 
hafte), 15821  mit  Aether  (5  tödtliche  und  2  zweifelhafte),  2148  mit 
Chloroform  und  Aether,  1554  mit  der  Billroth'schen  Mischung, 
1426  mit  Bromäthyl,  34  mit  Pental;  im  ganzen  also  30  Todesfälle 
(nebst  10  zweifelhaften)  oder  1 :  1846.  Fassen  wir  das  in  den  bisher 
seit  1891  erstatteten  fünf  Berichten  enthaltene  Gesammtmaterial  von 
268869  chirurgischen  Narkosen  zusammen,  so  finden  wir  bei  den- 
selben 102  Todesfälle ,  also  1 :  2633.  Darunter  ist  die  Proportion 
beim  Chloroform  1 :  2286 ;  beim  Aether  1 :  6020 ;  bei  gemischter 
Chloroform-  und  Aethemarkose  1 :  10 162 ;  bei  der  B  i  1 1  r  o  t  h -Mischung 
1  :5744;  bei  Bromäthyl  1:4483;  beim  Pental  1:213.  Die  Aether- 
statistik  ist  also  günstiger  als  die  des  Chloroforms.    Der  Aether- 


Chirurgie,  299 

narkose  folgten  aber  häufig  Pneumonieen,  und  von  30  solchen  waren 
I5|tödtlich,  darunter  wenigstens  13  (mit  9  tödtlichen)  bei  Bauchopera- 
tionen; letzteres  wohl  deshalb,  weil  am  Bauch  Operirte  das  Husten 
wegen  der  dabei  vorhandenen  heftigen  Schmerzen  unterdrücken. 

Kionka  (Ueber  Chloroform-  und  Aethernarkose.   Arch.  f.  klin.       Kionka, 
Chirurg.  Bd.  50,  H.  2,  S.  339)  und  v.  Zoege-Manteufel  (Ueber  Spat-      v-  Zoege- 
todesfälle  nach  Narkose.   St.  Petersb.  med.  Wochenschr.  Bd.  20.  Nr.  49)     ^*"^^f«^' 
treten  fftr  den  Aether  als  das  ungefährlichere  Narcoticum  ein. 

Eisendraht  (Ueber  den  Einfluss  von  Aether  und  Eiaendrabt. 
Chloroform  auf  die  Nieren,  Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurgie 
Bd.  40 ,  H.  5  u.  6 ,  S.  466)  hat  den  Urin  von  130  Patienten  ein- 
gehend ein  oder  mehrere  Male  vor  und  3 — 6  Tage  nach  der  Nar- 
kose chemisch  und  mikroskopisch  untersucht  und  dabei  Folgendes 
gefunden:  Eine  bereits  bestehende  Albuminurie  wird  durch  Aether 
häufiger  als  durch  Chloroform  gesteigert.  Sie  tritt  häufiger  nach 
Chloroform-  als  nach  Aethemarkosen  auf;  ihr  Einfluss  auf  Amyloid- 
niere  ist  gleich.  Cyhndrurie  mit  und  ohne  Eiweiss  tritt  nach  Chloro- 
form- und  Aethemarkosen  gleich  häufig  auf,  verschwindet  aber  rascher 
nach  Aether-  als  nach  Chloroformnarkosen. 

Nachod   (Harnbefunde   nach   Chloroformnarkosen.     Arch.  f.  Harobefunde 
klin.  Chirurg.  Bd.  51,  H.  3,  S.  646)   hat  seine  Untersuchungen  ausschliesH-         "■'^^ 
lieh   an   Kindern  vorgenommen  und  kann  die  Ergebnisse   Kisendraht'H         ^^^  ^*"^' 
im  grossen  und  ganzen  bestätigen.    Er  theilt  ferner    den  Sectionsbefund       NachoU. 
eines  12  Stunden  nach   der  in  Chloroformnarkose   vorgenommenen  Hasen- 
i^chartenoperation  infolge  Blutaspiration  verstorbenen  Kindes  mit,   bei  dem 
»»ich    folgender   Nierenbefund    ergab:     Parenchymatöse    Degeneration    der 
Kan&lchenepithelien  mit  hochgradiger  Betheiligung  der  Kerne,  vollkommene 
Intactheit  der  Glomemli,  Fehlen  jeglicher  Entzündungserscheinungen. 

Busse  (Die  combinirte  Aether-Chloroformnarkose.  Combinirte 

Dissertation,   Leipzig)   empfiehlt  die  besonders  von  KöUiker  an-      Aether- 

1  ,.•*.!  <n.i  1         n  1  «    .  Chloroform- 

gewandte   combinirte    Aether-Chlorotormnarkose    bei     narkose 

»torenden  CompUcationen  in  der  Aethernarkose  (profuse  Schleim-  Busse, 
absonderung,  Cyanose,  andauernder  Hustenreiz,  Singultus),  beim  Aus- 
bleiben genügender  MuskelerschlafFung  bei  reiner  Aethernarkose  und 
endlich  bei  Operationen  im  Gesicht.  Bei  diesen  Indicationen  wird 
die  Aethernarkose  durch  eine  Chloroformnarkose  fortgesetzt.  Zur 
Aethernarkose  benutzt  KöUiker  eine  recht  brauchbare  Modification 
der  JuUiard'schen  Maske.  Dieselbe  besteht  aus  einem  dreifachen 
Drahtkorb,  aussen  befindet  sich  der  impermeable  Stoff,  in  der  Mitte 
der  zur  Aufnahme  des  Aethers  bestimmte  Ueberzug.  Man  ka^n 
also,  ohne  die  Maske  vom  Gesichte  zu  entfernen,  stets  Aether  nach- 
giessen. 


300  Wagner. 

Neue  Rosenberg    (Eine    neue   Methode    der    allgemeinen 

Methodeder  Narkose.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1  u.  2)  ist  durch  Thier- 
*^JL^®™®^"®°  versuche  und  durch  genaue  Beobachtung  einer  Eeihe  an  Menschen 
P.  Rosenberg,  ausgeführter  Narkosen  zu  folgenden  Ergebnissen  gekommen:  Die 
Herzsynkope  in  der  Chloroformnarkose  ist,  soweit  sie  der  Chloroform- 
wirkung an  sich  zuzuschreiben  ist,  reflectorisch.  Sie  wird  ebenso 
wie  die  sie  begleitende  Athemstockung  hervorgerufen  durch  den 
Reiz  der  peripherischen  Trigeminusendigungen  in  der  Nasenschleim- 
haut.  Durch  richtige  Cocainisirung  der  Nasenschleimhaut  sind 
sämmtliche  von  ihr  ausgehende  Reflexe  mit  Sicherheit  aufzuheben. 
Hierdurch  wird  ein  grosser  Theil  der  Gefahren  der  Inhalations- 
anästhesie, namentlich  der  Chloroformnarkose  beseitigt,  um  so  mehr 
als  das  Cocain  eine  gewisse  antidote  oder  antitoxische  Wirkung 
dem  Chloroform  gegenüber  besitzt.  Das  Chloroform  ist  deshalb  auch 
als  das  ungefährlichere  Anästheticum  dem  Aether  für  die  Narkose 
vorzuziehen.  Der  Darreichung  des  Chloroforms,  die  von  Anfang  an 
tropfenweise  geschehen  muss,  geht  die  Cocainisirung  der  Nase  mit 
10°/oigem  Coca'inspray  voran.  In  jedes  Nasenloch  werden  je  2  cg 
Flüssigkeit  hineingesprayt,  nach  3  Minuten  noch  je  1  cg ;  dann  wird 
mit  der  Narkose  begonnen.  Bei  längerer  Dauer  derselben  muss  die 
Cocainisirung  nach  einer  halben  Stunde  wiederholt  werden.  Bei 
diesen  Narkosen  sind  Excitation  und  Erbrechen  sehr  selten;  die 
Darreichung  des  Chloroforms  wird  zu  Anfang  der  Narkose  viel 
weniger  unangenehm  empfunden  als  sonst. 

Chloroform-  V.  Kundrat    (Zur   Kenntniss    des    Chloroformtodes, 

tod,  Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  1 — 4)  macht  darauf  aufmerksam, 
dass  sich  manche  Chloroformtodesfiälle,  namentlich  bei  jugendlichen, 
anscheinend  gesunden  Individuen  nicht  befriedigend  erklären  lassen, 
zumal  auch  die  Sectionen  negative  Resultate  gaben.  A.  Paltauf  hat 
für  eine  Reihe  plötzlicher  Todesfälle  die  sog.  lymphatisch-chlorotische 
Constitution  verantwortlich  gemacht.  Daraufhin  hat  v.  Kundrat 
eine  Anzahl  von  Chloroformtodesfiällen  pathologisch-anatomisch  genau 
untersucht  und  die  P  a  1 1  a  u  f  sehe  Anschauung  vielfach  stützen  können. 
In  allen  von  v.  Kundrat  untersuchten  Fällen  handelte  es  sich  um 
jugendliche  Individuen  von  12 — 31  Jahren,  mit  kräftigem  Körperbau 
imd  mit  entwickelter  Musculatur.  Bei  der  Section  fand  sich  eine 
mehr  oder  minder  grosse  Thymus,  Schwellung  der  Milz  und  der 
Lymphdrüsen,  namentlich  der  mesenterialen  und  retroperitonealen ; 
auffallendes  Hervortreten  und  Vermehrung  der  Follikel  am  Zungen- 
grund imd  Rachen,   Vergrösserung   der  Tonsillen,    Schwellung  der 


Chirurgie.  301 

SolitarfoUikel  und  Pey  er 'sehen  Plaques  im  Darm.  Weniger  regel- 
mässig fand  sich  eine  enge  Aorta,  grösstentheils  schlaffes,  im  rechten 
Ventrikel  erweitertes  Herz  u.  s.  w.  Auch  eine  Durchsicht  der  Lit- 
teratur  der  Chloroformtodesfälle  ergab  eine  Anzahl  von  Beobach- 
tungen, wo  Thymushyperplasie  und  lymphatische  Constitution  in  den 
Sectionsbefimden  ausdrückUch  hervorgehoben  werden.  Auf  Grund 
seiner  Untersuchungen  ist  v.  Kundrat  geneigt,  fiir  diese  Fälle 
von  Ijrmphatisch-chlorotischer  Constitution  nicht  einen  Tod  durch 
Chloroform,  d.  h.  eine  eigentliche  Chloroformintoxication  anzunehmen, 
sondern  sie  in  die  Reihe  plötzlicher  Todesfälle  in  der  Narkose  zu 
setzen,  gerade  so,  wie  plötzliche  Todesfälle  bei  solchen  durch  die 
geschilderte  Constitution  ausgezeichneten  Individuen  auch  bei  anderen 
Gelegenheiten,  die  eine  besondere  Erregung  des  Herzens  oder  des 
Nervensystems  bedingen,  bei  Kindern  und  Erwachsenen  wiederholt 
beobachtet  -wurden. 

Nauwerck  (Aethernarkose  und  Pneumonie.    Deutsche      Aether- 
med.  Wochenschr.  Nr.  8)  berichtet  über  zwei  Fälle,  in  denen  5  ^^S^^p^^^^onie 
bezw.  2*;2  Wochen  nach   einer  Aethernarkose   der  Tod  an   PneU'     Nauwerck. 
monie  erfolgte  und  von  Braun  die  Diagnose  auf  Aetherpneumonie 
gestellt  wurde.    Nauwerck  hat  den  einen  Fall  genauer  untersucht 
und  ist   zu  der  Anschauung  gekommen,   dass  es  sich  lediglich  um 
eine  Autoinfection  gehandelt  hat  und  dass  wahrscheinlich  die  meisten 
sog.    Aetherpneumonieen    in    diesem    Sinne    zu   deuten   sind.      Die 
Quelle  der  Autoinfection  ist  die  Mundhöhle,   die  gerade  diejenigen 
Bacterien  häufig  beherbergt,  die  bei  der  Entstehung  der  acuten  Pneu- 
monieen  die  Hauptrolle  spielen,  Pneumo-,  Strepto-,  Staphylokokken  in 
wechselnder  Zahl  und  Virulenz.     Für  das  Zustandekommen  der  In- 
fection  sind  zwei  Momente  wichtig:  einmal,  dass  die  Aetherdämpfe 
dorch  directe   Einwirkung    eine   Anästhesie    bezw.    Lähmung    von 
(raxunensegel,  Zungenbasis  und  Kehldeckel  erzeugen,  so  dass  reich- 
lich Schleim  und  Speichel  in  die  Luftwege  fliessen  kann;   sodann 
die  hei    jeder    Aethernarkose    vermehrte    Speichel-    und    Schleim- 
absonderung.   Beim  Athmen  in  der  Narkose  wird  die  Grenze  zwi- 
schen der  infectiösen  Mundrachenhöhle  und  den  im  allgemeinen  wohl 
sterilen  Luftwegen  aufgehoben,  indem  das  beiderseitige  Secret,   bei 
der  Athmung  hin  und  her  bewegt,  sich  mischt.    In  den  beiden  von 
Nauwerck  mitgetheilten  Fällen  setzte  die  Pneumonie  so  rasch  ein, 
dass  es  sich  höchst  wahrscheinlich   um   eine  alsbaldige  Aspiration 
der  infectiösen  Flüssigkeit  in  das  Lungenparenchym  gehandelt  hat. 
Ke  Technik  der  Narkose  und  die  Reinheit  des  Aethers  sind  auf  die 
Schleimhypersecretion  entschieden  von  Einfluss. 


302  Wagner. 

Narkosen-  Krumm    (Ueber    Narkosenlähmungen.     v.  Volkmann's 

lähmungen,  ^^^  y^^^j.  j^  y  j^^.  ^^39)  ^j^^q^  ^^  ^^^  chirurgischen  Abtheilung  von 

Kiuniin* 

Bessel-Hagen  vier  Fälle  peripherer  Narkosenlähmung  und  einen 
Fall  centraler  Narkosenlähmung  mit. 

Es  handelte  sich  um  eine  etwas  kachektische  Frau  mit  Ovarial-  und 
Peritonealsarkom,  die  im  Anschluss  an  eine  halbstündige  Narkose  TöUige 
Aphonie,  motorische  Aphasie,  Agraphie,  Hemiparese  des  rechten  Amies 
Beines  und  rechten  Facialis  zeigte.  Dieser  Zustand  dauerte  bis  zu  dem 
6  Wochen  später  erfolgenden  Tode  nahezu  unverändert  fort.  Keine  Section. 
Krumm  glaubt,  dass  es  sich  in  diesem  Falle  um  eine  functionelle  Störung 
hysterischer  Natur  gehandelt  habe. 

Local-  Braatz    (Zur   Localanästhesie.     Centralbl.   f.    Chirurgie 

anästhesie,  ]ß^  22,  Nr.  26)  hat  für  die  Localanästhesie  eng  begrenzter  kleiner 
Bezirke  einen  Apparat  construirt,  der  auf  dem  Principe  beruht,  nicht 
den  Spray  selbst,  sondern  eine  durch  diesen  abgekühlte  MetaUfläche 
zur  Hautanästhesie  zu  verwenden.  Dieser  Apparat  eignet  sich  nament- 
lich dazu,  um  den  ersten  Hohlnadelstich  bei  der  Sohle ich'schen 
Infiltrationsanästhesie  unempfindlich  zu  machen.  Die  leicht  aseptisch 
zu  haltende  blanke  Metallröhre  lässt  sich  auf  jeder  Körperstelle 
aufsetzen. 

2.  UntersQchnngrsmethoden. 

Transparenz         Lange  (Die  Untersuchung  der  Transparenz  vonGe- 
vonGe-      schwülsten  und  Exsudaten  mittels  der  Erleuchtungs- 
Lange.     *  m  e  t  h  o  d  e.    Beitr.  z.  klin.  Chirurgie  Bd.  13,  H.  1)  unterscheidet  die 
ältere  Methode  der  „Durchleuchtung" ,  bei  der  sich  die  Lichtquelle 
auf  der  vom  Beobachter  abgewendeten   Seite  der  Geschwulst  be- 
findet ,  von  der  Methode   der  „Erleuchtung" ,   bei  welcher  ein  Be- 
leuchtungsapparat (Panelektroskop  von  Reiniger,  vom  Verf.  modi- 
ficirt)  auf  der  Seite  des  Beobachters  an  die  Haut  angeschmiegt  wird. 
Dieses  Erleuchtungsverfahren  besitzt  seine   grösste  practische   Be- 
deutung für  die  Diagnose  der  cystischen  Geschwülste,   lur  manche 
Exsudate,  wie  für  die  Ergüsse  in  Schleimbeuteln  und  in  der  Scheiden- 
haut des  Hodens;  von   verhältnissmässig  geringem  Werthe  ist  sie 
für  die  Diagnostik  der  festen  Geschwülste. 
Diaphano-  Schwartz    (Ueber    den    diagnostischen   Werth    der 

skopie,      elektrischen    Durchleuchtung    menschlicher    Körper- 
Schwaru.     j^^j^^^j^     ^^^^^    ^    ^^^    Chirurgie  Bd.  14,   H.  3,   S.  615)   hat  in 

einer  grösseren  Arbeit  die  Durchleuchtungsverhältnisse  normaler  Ge- 
webe und   der  menschlichen  Körperhöhlen  festgestellt.     Er  glaubt, 


vielen  Fallai  eBeE.  eE3€ats>St2L»>-TL  Hzirr::-*-  att   zt  r*:4fc£!i'.t?»i  i::i?:t~;r. 

in  seineizi  Aecse^nEi  «rfrr^ai  r-.>^»~  ~'^"  •  '-'"  pT.-^ifcTAii'Jift'rr  pTri-^i-t. 
Der  eigentliche  BcI>rTL..LrT~ ^i^  -zi-i  .-.^is-lrr  A-.tot^l:  :«r±LiTi  >;:,i  iii 
einem  hohlen,  gerad^^-gsi  Mtr.  ~i:-  i-rir  viÄ*=z-iii'.l"r  zu  ier  S^lif: 
des  Katheceamirfares  paasi 
den  Schnabel  des  Ität 
hinter  einander  in  eria'  LzzSe  rEr?e*  £»iniT^  T-:ii5w  T^i-r  V:n-1^ 
'Üeses  Cysto^kopes  besteipt^  i^  i-rr  *^ÄHcr*:rirri:tl:.i  b^^z^iiit-^  titlI 
schonenden  Cinfahnmg  de«  t^^LT-^Lr^Tes :  tr?T>fr  d*rEii,  diiu^^  jsiäi: 
während  des  ganzen  XTct^a^g:  ih^r  gsactes  e^it  eiiiznAl  ein  IcsnnsarriT 
einzufahren  hat:  endlich  darin,  dass  i:e:^rs  CVstC">k:i*  id^hT  nnr  in 
vielen  Fällen  die  Irrigancnscysi-i-sk-ipe  ah  irrer  AnTor^rn  xu  ersetz  a 
vennag,  sondern  anch  in  Trancbtra  Beziehuji^n  an  Wirksamkeit 
übertrifft. 

Nitze    <Znm    Katheterismns    der    Harnleiter    beim  H«raleiiei^ 
Manne.     CentndbL  f.  Chirurgie  Bd.  22,  Nr.  9i  theüt  die  Ton  ihm  ^**I^Vr'* 
schon  seit  Jahren  geübte  Methode  des  HarnleiterkatheterLsmus  beim        Xkw, 
Manne  mit,  die  anch  unter  schwierigen  Verhältnissen,  z.  B.  bei  Pro* 
t^tadkem,   leicht  ansgeinhrt  werden  kann  nnd  es  fernerhin  ermo^-  ^ 
licht,  den  elastischen  Hamleiterkatheter  allein  längere  oder  kui^ei>e 
Zeit  liegen  za  lassen. 

Casper  (Der  Katheterismus  der  Ureteren.  Deutsche  C*sivfr, 
med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  7\  hat  ebenfalls  einen  Hamleitei*- 
katheter  construirt,  mit  dem  er  auch  beim  Manne  in  fast  allen  bis- 
her  untersuchten  Fallen  die  Hamleitersondirung  ausfuhi*en  konnte. 
Wegen  der  genaueren  Construction  sowohl  des  Nitz ersehen  als  des 
Casper'schen  Hamleiterkatheters  muss  auf  die  betreffenden  OrigiuaU 
arbeiten  verwiesen  werden. 

3.  Operations-  und  Yerbandlehre. 

Fürbringer  (Die  neuesten  experimentellen  Grundlagen      Httua«- 
der  Händedesinfection.     Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  2l/yJjJ^(*^^^^^^^^^^ 
Nr.  3)  bezweifelt,  dass,  wie  Kein  icke  nachgewiesen  haben  will,  die 
fettlösende  Wirkung  des  Alkohols  zu  einer  sicheren  Händodoflinfoc- 
tion  genügt  und  die  Anwendung  von  Antisepticis  entbehrlich  madit. 

Steinmetz  (Beitrag   zur  Frage   der  Behandlung  inficirtiM* 
Wunden   mit  feuchten  Verbänden.     DeutHche    Zoitnchr,   f.  Chirurg. 


^ 


304 


Wagner, 


Wunden, 
Steinmetz. 


Behandlung  Bd.  41,  H.  1  u.  3,  S.  188)  wendet  sich  gegen  die  vielfach  angewandte 
inficirter  Behandlung  eiternder  und  inficirter  Wunden  mit  feuchten  antiseptischen 
Verbänden.  Die  Wirkung  des  Antisepticums  auf  inficirte  Wunden  ist  nach 
den  neueren  Versuchen  Schimmelbusch's  u.  A.  zum  mindesten  höchst 
zweifelhaft;  die  feuchte  Wärme  ist  bei  längerer  Anwendung  direct  schäd- 
lich, wie  Steinmetz  durch  Versuche  bei  Kaninchen,  denen  er  Wunden 
mit  Staphylokokken  inficirt  hatte,  nachgewiesen  hat. 


Hauttrans- 
plantation, 
Auerbach, 
Jottkowitz, 
Schnltheiss, 


V.  Mangoldt. 


Auerbach,  Jottkowitz  und  Schultheiss  (Beiträge 
zur  Transplantation  nach  Thiersch.  Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Bd.  32,  Nr.  4  u.  5)  berichten  aus  dem  Königshütter  Knapp- 
schaftslazareth  über  116  Fälle,  in  denen  Hauttransplantationen  nach 
Thiersch  vorgenommen  wurden.  Von  der  Schaffung  einer  frischen 
Wundfläche  wurde  Abstand  genommen,  vielmehr  wurden  die  Läpp- 
chen mit  bestem  Erfolge  auf  die  völlig  gereinigte  Granulationsfläche 
aufgesetzt,  und  zwar  erst  dann,  wenn  die  Eitersecretion  möglichst 
gering  geworden  war.  Als  Verband  wurde  ein  Trockenverband  mit 
Jodoformmull  und  sterilem  Mull  oder  Borsalbencompressen  benutzt. 
Die  durch  Ueberpflanzung  angeheilte  Haut  bietet  günstigere  Ver- 
hältnisse für  die  Nachbehandlung  und  ermöglicht  weitaus  bessere 
Erfolge,  als  eine  bindegewebige  Narbe,  die  stets  zur  Retraction  neigt. 

V.  Mangoldt  (Die  Ueberhäutung  von  Wundflächen 
und  Wundhöhlen  durch  Epithelaussaat,  eine  neue  Me- 
thode der  Transplantation.  Deutsche  med.  Wochenschr. 
Bd.  21,  Nr.  48)  hat  in  verschiedenen  Fällen  mit  Erfolg  versucht,  an 
Stelle  der  Hauttransplantation  eine  Epithelaussaat  vorzunehmen.  Am 
zweckmässigsten  von  der  Aussen-  oder  Innenseite  der  Oberarme 
wird  nach  vorangegangener  Easirung  und  gründlicher  Desinfection 
der  Hautpartie  mittels  eines  senkrecht  zur  Hautfläche  gerichteten, 
sterilisirten,  scharfen  Rasirmessers  bei  Spannung  der  Haut  diese  in 
leichten  Zügen  bis  auf  den  Papillarkörper  abgeschabt  und  der  da- 
durch gewonnene,  mit  Blut  untermischte  Epithelbrei  auf  die  frische 
oder  auf  die  vorher  sorgfältig  desinficirte  und  von  Granulationen 
befreite,  nicht  mehr  blutende  Wundfläche  durch  Spatel  oder  Myrten- 
blatt  ziemlich  fest  aufgestrichen  und  damit  ausgesät.  Die  ganze 
Procedur  ist  in  wenigen  Minuten  vollendet.  Die  Epithelblutmasse 
gerinnt  rasch  auf  der  Wunde,  haftet  fest  und  überzieht  sie  mit 
einem  ziegelrothen  Belag  durch  das  beim  Schaben  defibrinirte  Blut. 
Vom  10.  Tage  an  sieht  maik  das  Epithel  sich  überall  entfalten,  Ende 
der  3.  Woche  sind  die  Wunden  gleichmässig  eben  überhäutet. 

C.  Beck  (Subepidermale  Hautincision  zur  Vermei- 
dung von  Narben  bei  Gesichts-  und  Halsoperationen. 


Chirurgie. 


305 


Centralbl.   f.  Chir.  Bd.  22,  Nr.  38)    empfiehlt   zur  Vermeidung   ent-   Subepider- 
stellender   Narben   bei   Gesichts-  und   Halsoperationen  subepidermal  ™*  ®  *^*"^ 
zu  operiren,  d.  h.  zuerst  einen  Hauttransplantationslappen  zu  bilden,       c.  Beck, 
der  auf  der  einen  Seite  mit  der  Nachbarhaut  in  Verbindung  bleibt, 
und   dann   bei   zurückgeschlagenem  Hautlappen   die  Incision  in  die 
Tiefe   zu  machen.     Kleine  Wunden   erfordern  hernach  keine  Naht; 
grössere   werden    durch   versenkte   Catgutnähte   vereinigt;    auf  die 
Wundfläche  wird  der  Hauttransplantationslappen  wieder  ausgebreitet 
und  vollkommen  adaptirt. 

Madelung  (Die  temporäre  Resection  der  Clavicula.  Temporäre 
Beitr.  z.  klin.    Chir.  Bd.  14,   H.  1,   S.  229)   will  die  temporäre  Re-    ^«»«^«J^^« 
section   der   Clavicula   in   die  Reihe   der   tjrpischen  Schuloperations-    Clavicula, 
methoden  aufgenommen  wissen.     Die  Durchtrennung  des  Schlüssel-     Madelung, 
beins  erfolgt  an  der  Grenze  des  inneren  Drittels,   schräg  von  innen 
oben  nach   unten   aussen.     Nach   querer  Durchschneidung  der  Mm. 
pectorales  wird  die  Unterschlüsselbein-  und  Achselgegend  vollkommen 
frei.     Das  Schlüsselbein  wird   mit   einer  Silberdrahtsutur   vereinigt, 
die  Muskeln  genau  genäht.     Die  temporäre  Resection  der  Clavicula 
wird    ausser    bei    operativen   Eingriffen   an    den   Blutgefässen    und 
Nerven  der  Subclaviculargegend,  weiter  bei  der  Ausrottung  der  hier 
und   in   der  Achselhöhle   liegenden  Neubildungen   auch   in  Betracht 
kommen,  resp.  concurriren  mit  der  präliminaren  partiellen  Excision 
bei  Erkrankungen  der  obersten  Rippen  und  dann,  wenn  Veranlassung 
vorliegt,   in  dem  Kuppelraum  der  Pleurahöhle  und  an  der  Lungen- 
spitze Operationen  vorzunehmen. 


Tilmann  (Z urFrage  derLaparotomia  exploratoria. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  49)  hebt  hervor,  dass  die 
exploratorische  Laparotomie  selbst  bei  absolut  sicherer  Asepsis  und 
bei  sorgfaltiger  Schichtnaht  der  Bauchwand  ein  nicht  ganz  un- 
gefährlicher Eingriff  ist.  Sie  darf  deshalb  nur  nach  völliger  Er- 
Hchöpfung  aller  sonst  zur  Verfugung  stehenden  Untersuchungsmetho- 
den, und  zwar  nur  dann  ausgeführt  werden,  wenn  sie  eine  Voroperation 
für  eventuelles  weiteres  Eingreifen  bilden  soll.  Den  sehr  notli- 
wendigen  Fortschritt  in  der  Erkennung  der  Krankheiten  der  Bauch- 
höhle müssen  wir  nicht  in  der  vermehrten  Anwendung  der  Probe- 
laparotomie, sondern  in  dem  sorgfaltigen  Studium  der  äusserlich  er- 
kennbaren Krankheitssymptome  suchen.  Die  Bauchfelltuberculose 
kann  durch  den  einfachen  Bauchschnitt  geheilt  werden,  und  scheint 
die  Annahme   gerechtfertigt,    dass   die  durch  den  Eingriff  bedingte 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1896.  20 


Explora- 
torische 
Laparo- 
tomie, 
Tilmann. 


306 


Wagner. 


Reichel. 


starke  Hyperämie  des  Peritoneums  das  wirksame  Agens  darstellt. 
Auch  bei  Geschwülsten  der  Bauchhöhle  sind  Besserungen  nach  der 
Laparotomia  exploratoria  beobachtet. 

Nach-  Reichel  (Z urNachbehandlung  nachLaparotomieen. 

ii\'iirLai?r 0-  ^^^-  ^-  ^^-  ^^'^'  ^^-  ^^»  ^-  2»  S-  ^^)  empfiehlt  für  die  Nach- 
tomieen,  behandlung  der  meisten  Laparotomieen ,  solange  Störungen  fern- 
bleiben, das  Opium  wegzulassen  und  lieber  von  Anfang  an  leichte 
salinische  Abführmittel  zu  geben,  um  wenigstens  am  2. — 3.  Tage 
Stuhlgang  zu  erzielen.  Bei  Zeichen  von  auf  Adhäsionen  zurückzu- 
führendem subacutem  Ileus  sind  alle  Abfuhrmittel  und  jede  Nahrungs- 
aufnahme per  OS  zu  vermeiden;  dagegen  empfehlen  sich  in  kurzen 
Zwischenräumen  zu  wiederholende  Magenausspülungen  und  Opiuni- 
suppositorien.  Bessern  sich  die  Erscheinungen,  so  verabfolge  man 
hohe  Wassereinläufe  in  den  Mastdarm,  eventuell  mit  Glycerinzusatz. 
Tritt  binnen  24,  längstens  48  Stunden  keine  deutliche  Besserung 
ein,  so  erwäge  man  die  Wiedereröffnung  des  Abdomens.  Letztere 
ist  bei  acut  einsetzenden  Heussymptomen ,  sowie  bei  Zeichen  von 
Abscessbildung  sofort  vorzunehmen.  Zeichen  septischer  Allgemein - 
infection,  sowie  diffuser  Darmlähmung  sind  Contraindicationen  eines 
jeden  Eingriffs. 


Drainage 
l)ei  Laparo- 
tomie, 
Czempin. 


A.  Czempin  (Laparotomieen  mit  und  ohne  Drainage. 
Beiträge  z.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.,  Berlin)  untersuchte  seine  seit 
ca.  9  Jahren  Laparotomirten  in  Bezug  auf  die  Frage,  ob  die  Drainage 
für  die  Heilung  nothwendig  war,  und  spricht  sich  im  ganzen  ab- 
lehnend gegen  dieselbe  aus.  Bei  nicht  infectiösen  Geschwülsten, 
welche  mit  ungünstigen  Wundverhältnissen  complicirt  sind:  tiefer 
Eröffnung  des  Beckenbindegewebes  (intraligamentäre  Geschwülste) 
und  starken  peritonealen  Adhäsionen,  ist  die  Mikulicz'scbe 
Drainage  überflüssig,  bei  Operationen  infectiöser  Tumoren  ist  sie 
werthlos,  wenn  bei  der  Operation  das  infectiöse  Material  in  die 
Bauchhöhle  gelangt  ist.  Will  man  sie  in  letzteren  Fällen  trotzdem 
versuchen,  so  muss  sie  mit  feuchtem  Material  gemacht  werden,  da 
ihr  Zweck  nur  der  sein  kann,  möglichst  schnell  Flüssigkeit  nach 
aussen  in  die  bedeckenden  Verbandstoffe  zu  bringen.  Den  Haupt- 
werth  legt  Czempin  speciell  bei  der  Frage  der  Adnexoperation 
darauf,  nur  chronische  Fälle  zu  operiren,  niemals  bei  acut  entzünd- 
lichen Fällen  oder  Exacerbation  chronischer  Fälle.  Dann  ist  auch 
die  Untersuchung  auf  Mikroorganismen  unnöthig,  abgesehen  davon, 
dass  die  rein  mikroskopische  Untersuchung  keine  sicheren  Scliluss- 
folgeinmgen  erlaubt. 


Chirurgie.  307 

Neuber    <Zur   Behandlung    starrwandiger   Höhlen-  Behandlung 

wunden.     Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  51,  H.  3,  S.  683)  empfiehlt  bei       ^*"'- 

.  /         j-  ^       wandiger 

kleinen  tiefen  Knochenhöhlen  mit  steil  abfallenden  Brändem,  sowie  Höhlen- 
\m  grossen  tiefen  Knochenhöhlen  mit  gleichmässig  sich  absenkenden  wunden, 
Rändern  das  Ueberdachungsverfahren  mit  Blutanfiillung.  Das  Blut- 
gerinnsel wird  durch  Beimengung  von  Jodofonnstärke  gleichmässig 
;o<loformirt-  Bei  grossen  tiefen  Höhlen  mit  einseitig  oder  allseitig 
steil  abfallenden  Wandungen  ist  das  Einstülpungsverfahren  anzu- 
wenden. Bei  Entfernung  eines  nicht  vollkommen  gelösten  Sequesters 
Iroht  die  Gefahr  einer  Fractur  sowie  ungenügender  Knocjien- 
neabildung.  Um  den  nöthigen  Reiz  und  Halt  zu  bieten,  legt  Neu  her 
in  solchen  Fällen  nach  Ausräumung  der  Höhle  einen  mit  Jodoform- 
saze  umwickelten  Holzstab  in  den  Knochendefect  und  näht  darüber 
die  Wunde  bis  auf  einen  offen  bleibenden  mittleren  Spalt.  Nach 
2—3  Wochen  wird  der  Holzstab  in  der  Mitte  durchschnitten  und 
stückweise  entfernt.  Die  danach  verbleibende  Knochenhöhle  fiillt 
^-ich  mit  Blut,  und  wenn  man  den  offen  gebliebenen  mittleren  Wimd- 
abschnitt  durch  die  Naht  schliesst,  erfolgt  meist  primäre  Heilung. 

Bier  (Weitere  Mittheilungen   über   tragfähige  Am-  Tragfähige 
putationsstümpfe  im  Bereiche  der  Diaphysen.     Arch.  f.      Amputa- 
klin.  Chir.  Bd.  50,  H.  2,  S.  356)  berichtet  über  weitere  Fortschritte,     stumpfe, 
He  er  anf  dem  Gebiete  der  tragfahigen  Stümpfe  gemacht  hat.   Man         Bier, 
kann   auf  sehr  viele  Methoden   einen  tragfahigen  Diaphysenstumpf 
«Tzielen,    wenn  man  folgende  Regeln  beobachtet:    1.  Die  Sägefläche 
'les  amputirten  Knochens  soll  mit  einem  natürlichen  Knochenperiost- 
stück bedeckt  werden.    Es  ist  ganz  einerlei,  woher  man  das  letztere 
nimmt ;  sogar  ganz  lose  transplantirte  Knochenperioststücke  genügen. 
*2.  Die  Stumpf  bed eckung  soll  im  allgemeinen  aus  narbenfreier  Haut 
bestehen;   deshalb    legt   man  auch   die  Amputationsnarbe  der  Haut 
seitlich    ausserhalb    der   Unterstützungsfläche;    nur  wenn   man   mit 
einem  Hautmuskellappen  amputirt,   ist  dies  nicht  unbedingt  nöthig. 

Herda  (TJeber  die  Resultate  der  Amputation  nach  Amputation 
Gritti  bei  antiseptischer  Wundbehandlung  nebst  Mit-  ""*  ß^^'^^*' 
theilung  von  (12  neuen  Fällen.  Münch.  med.  Wochenschr. 
Bd.  42,  Nr.  1)  empfiehlt  auf  Grund  von  12  Grit  titschen  Ampu- 
tationen, die  Helferich  in  seiner  Klinik  vorgenommen  hat,  und 
auf  Grund  weiterer  53  in  der  Litteratur  zerstreuter ,  aber  sämmtlich 
der  antiseptischen  Periode  angehörender  Fälle  diese  Operation  aufs 
wärmste.    Die  Wundheilungsverhältnisse  sind  bei  derselben  günstig. 


308  Wagner. 

Amputation  die  Erhaltung  und  Benutzung   der  Patella   ruft  an  sich  keine  Com- 
"*^^  ^"***' plicationen   hervor,    da  sie   stets   fest   aufheilt.     Die   äussere   Form 

des  Stumpfes   ist  und  bleibt   auch   später  gut,    der  Stumpf  ist  al.s 

Stützpunkt  einer  Prothese   und   besonders  als  alleiniger  Stützpunkt 

für  eine  solche  sehr  geeignet. 
Riobiano.  Auch RioblancfDes  resultats  de  T Operation  de  Gri tt i . 

Lyon  m^d.  Bd.  27,   Nr.  16)   spricht   sich  in  gleicher  Weise  günstig 

über  die  Gritti'sche  Operation  aus. 

4«  YerletsEnngren« 

Gehverband,  F.  Krause  (Erfahrungen  über  die  Verwendung 
F.  Krause,  ^^^  Gehverbandes.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  12) 
berichtet  über  seine  weiteren  Erfahrungen,  die  er  bei  der  Verwen- 
dung des  Geh  Verbandes  bei  Brüchen  der  unteren  Extremität  ge- 
macht hat.  Er  legt  ihn  hier  bei  allen  Brüchen  an;  nur  bei  den 
Schrägbrüchen  des  Oberschenkels,  bei  den  Brüchen  des  Schenkel- 
halses, sowie  bei  den  Osteotomieen  der  Oberschenkeldiaphyse  ver- 
wirft Krause  den  Gipsverband.  Er  bedient  sich  hier  mit  Vorliebe 
der  Bruns'schen  Schiene,  nachdem  die  Kranken  vorher  10  bis 
14  Tage  gelegen  haben.  Was  die  Heilungsdauer  anbelangt,  so  fand 
Krause  keinen  Unterschied  bei  den  Fibulabrüchen  bei  ambulanter 
und  Bettbehandlung;  bei  den  Unterschenkelbrüchen  im  unteren 
Drittel  ein  Verhältniss  von  38  :  47  bis  zur  Consolidation,  54 :  80  Tagen 
bis  zur  Entlassung  aus  dem  Spitale.  Bei  den  Unterschenkelbrüchen 
im  mittleren  und  oberen  Drittel  betrugen  diese  Zahlen  41 :  70,  resp. 
60:106. 

▼.Bardeleben.  v.    Bardeleben    (Weitere    Erfahrungen    über    früh- 

zeitige Bewegungen  gebrochener  Glieder  mit  beson- 
derer Rücksicht  auf  die  untere  Extremität.  Arch.  f. 
klin.  Chir.  Bd.  50,  H.  3,  S.  551)  verfügt  jetzt  im  ganzen  über  181 
mit  Gehverbänden  behandelte  Beinbrüche  (135  Unterschenkel-,  7  Pa- 
tellar-,  38  Oberschenkelbrüche,  1  Fall  von  complicirter  Fractur  des 
Ober-  und  Unterschenkels  an  demselben  Beine).  In  keinem  Falle 
zeigten  sich  Nachtheile  der  Methode.  Die  Vortheile  für  das  ver- 
letzte Glied  und  das  Allgemeinbefinden  waren  regelmässig  sehr  gross. 
Die  nicht  direct  betroffenen  Gelenke  konnten  nach  Abnahme  des 
Verbandes  frei  bewegt  werden.  Muskelatrophie,  Delirium  und  Alters- 
katarrhe blieben  aus.     Die  Heilungsdauer  war  kürzer  als  sonst. 


Chimrgie. 


:iW 


5.  EBtxisdaa^ea  «od  iBfecti^Bskraskkeitea« 

Delorme    <Xote   sur  la   compression   forcee   dans   le  BehmBdiant? 

,     j  •  j        ^  '         '^'  J?        -     •  ^  der  Searitis 

Traitement  des  accidents  nevntiqnes  d  ongine  trau-  „«^«j^„„ 
uatique  inflammatoire.  Gaz.  des  hopitanx  Nr.  1)  empfiehlt  Delonn»-. 
ein  sehr  einfaches  Verfahren  für  solche  Fälle  peripherer  Neuralgieen, 
lie  im  Anschluss  an  ein  Traoma,  besonders  Wunden  sich  entwickeln 
dnd  in  der  Regel  als  Nemitis  ascendens  gedeutet  werden.  Das 
Verfahren,  das  sich  bis  jetzt  in  acht  Fällen  sehr  gut  bewährt  haben 
:<oll.  besteht  in  einer  kurzdauernden,  sehr  starken  Compression  der 
gefallenen  Partieen,  die  an  der  schmerzhaftesten  Stelle  beginnt  und 
uach  und  nach  die  ganze  hyperästhetische  Zone  durchgeht.  Ist  der 
Schmerz  hiemach  noch  nicht  verschwunden,  so  vrird  die  Compression 
nach  einigen  Minuten  wiederholt.  Meist  genügte  eine  einmalige 
Sitzung  ZOT  dauernden  Beseitigung  der  Neuralgie,  mit  der  dann  auch 
die  oft  vorhandenen  trophischen  Störungen  verschwanden. 


Reichel(ZurAetiologie  und  Therapie  der  Eiterung. 
.Vrchiv   f.   klin.  Chir.  Bd.  49,  IL  3,   S.  564)   erörtert  zunächst  die 
Disposition   zur  Eiterung.     Alle  Momente,   die   die  Resorption   der 
Eiterkokken    und   ihrer  Ptomame  begünstigen,   beeinträchtigen  ihre 
Entzündung  erregenden  Wirkungen;  alle  die  Momente,  die  die  Re- 
.<urption  stören     leisten  der  Eiterung  Vorschub.     Fremdkörper,  Ge- 
websquetschung ,  Cauterisation,  Circulationsstörungen  arterieller  wie 
venöser   Art   bedingen   eine    locale   Disposition    zur  Eiterung.     Be- 
züglich  der  Wunddesinfection  kommt  Reichel,   im  Gegensatz   zu 
Messner  und  Henle,  zu  denselben  Ergebnissen  wie  Schimmel- 
basch,  dass  es  nämlich  selbst  sehr  kurze  Zeit,  schon  eine  Minute 
uach  der  Infection  nicht  mehr  gelingt,  eine  septische  Wunde  durch 
Desinfection  mit  Sublimat  in  eine  aseptische  zu  verwandeln.     Prac- 
ti-fch  ergibt  sich  hieraus  die  Zwecklosigkeit  der  Irrigation  mit  anti- 
septischen  Lösungen.     Eitrig    inficirte   Wunden   sind   ausgiebig   zu 
spalten   und   mit   nasser,   in   einem  Desinficiens   (nicht  Carbolsäure) 
getränkter  Gaze  auszustopfen,  da  der  dauernde  Contact  der  Wunde 
mit  einem  Desinficiens  in  wirksamer  Concentration  auf  die  Beschaffen- 
heit der  Wunde  einen  günstigen  Einfluss  ausübt. 

Haenel(Zur  Desinfectionafähigkeit  der  Wunden.  Deutsche  med. 
Wochea»chr.  Bd.  21,  Nr.  8)  hat  in  ähnlicher  Weise  wie  Messner  an  Ka- 
ninchen experimentirt,  aber  in  veränderter  und  verbesserter  Versuchsanord- 
iiong,  und  ist  zu  ganz  anderen  Resultaten  gekommen.  Es  ergab  sich  kein 
l'nterachied  in  dem  Verhalten  der  mit  Carbolsäure  und  der  mit  Kochsalz- 


Biterang. 
Reicfael, 


Haeuel. 


810 


Wagner. 


Eiterang, 
Branner. 


Catgat- 
eiterang, 
Laaenstein. 


lösung  behandelten  Thiere.  Die  Untersuchungen  liefern  eine  abermaligem 
Bestätigung  dafür,  dass  mit  chemischen  Mitteln  eine  Desinfection  def> 
lebenden  Gewebes  nicht  zu  erreichen  ist. 

Brunner  (Zur  pathogenen  Wirkung  des  Proteus  vulgaris  und 
über  die  Beziehungen  desselben  zur  Wundinfection.  Münch.  med. 
Wochenschr.  Bd.  42,  Nr.  5)  fand  in  dem  jauchig  stinkenden  Eiter  einer 
progredienten  Phlegmone  des  linken  Daumens  neben  wenigen  Streptokokken 
grosse  Mengen  von  Proteus  vulgaris  Hauseri,  die  sich  für  Thiere  pathogen 
und  pyogen  erwiesen.  Brunn  er  glaubt,  dass  zuerst  durch  die  Strepto- 
kokkeninvasion eine  Neki*ose  des  Gewebes  entstand  und  hernach  in  diesem 
die  Proteusvegetation  sich  entwickelte,  die  zu  jauchiger  Abscedirung  führte- 
Der  schweren  Allgemeinintoxication  wurde  durch  frühzeitige  Incision  vor ' 
gebeugt. 

Lauenstein  (Zur  Frage  der  Catguteiterung.  Archiv 
f.  klin.  Chir.  Bd.  50,  H.  2,  S.  323)  hat  unter  149  Proben  sog.  steri- 
lisirten  Catguts,  das  auf  verschiedene  Weise,  meist  auf  trockenem 
Wege,  durch  Hitze  sterilisirt  worden  war,  35mal  entwickelungsfähige 
Keime  (Bac.  subtilis,  Micrococcus  tetragenus,  Staphylococcus  albus)  ge- 
funden. Das  sog.  sterile  Catgut  ist  also  noch  nicht  von  dem  Verdachte 
freizusprechen,   die  Veranlassung  zu  einer  Wundinfection  zu  geben. 


Knochen-  F.Franke  (Ueber  die  Erkrankung  der  Knochen,  G  e- 

und  Gelenk,  lenke   und  Bänder  bei   der  Influenza.     Arch.  f.  klin.  Chir. 

erkrftn- 
kungenbei  ^^-  ^^»   ^*  ^>   S*  ^^)   beobachtete  im  Anschlüsse  an  die  Influenza 

Influenza,  eine  Anzahl  von  Knochen-,  Gelenk-  und  Bändererkrankungen. 
'*°^*'  Letztere  betrafen  sämmtlich  die  Fascia  plantaris ,  die  am  inneren 
Rande  schmerzhaft  verdickt,  in  schweren  Fällen  brettliart,  manch- 
mal knotenförmig  infiltrirt  war.  Die  meist  recht  lebhaften  Be- 
schwerden schwanden  in  der  Regel  nach  längerer  Zeit  unter  An- 
wendung von  Ruhe,  feucht  warmen  Umschlägen,  Antipyrin.  Bei  den 
Gelenkerkrankungen  handelte  es  sich  um  schmerzhafte  seröse  Er- 
güsse; bei  den  Knochenerkrankungen  meist  um  Ostitis  und  Peri- 
ostitis; eigentliche  Abscessbildungen  waren  selten.  Franke  ist 
der  Ueberzeugung,  dass  diese  Erkrankungen  direct  durch  Influenza - 
bacillen  hervorgerufen  werden,  mit  oder  ohne  Mischinfection  mit 
anderen  Mikroorganismen,  und  dass  sie  demnach  nicht  als  Naeh- 
krankheiten,  sondern  als  Complicationen  aufzufassen  sind. 


Osteo- 
myelitis, 
A.  V.  Berg- 
mann, 


A.  V.  Bergmann  (Die  Osteomyelitis,  ihre  verschie- 
denen Formen  und  ihre  Behandlung.  St.  Petersb.  medic. 
Wochenschr.  Bd.  20,  Nr.  17)  empfiehlt  in  den  foudroyanten,  schwersten 
Fällen  von  Osteomyelitis,  wo  die  Extremität  diffus  geschwollen  und 


Chirurgie. 


309 


5«  EntsOndangen  und  Infectlonskrankheiten« 

Delorme    (Note   sur  la   compression   forcee   dans   le  Behandlung 

..  j.     j  •  j        j,  ±        •  j.  •  ji       '     •  X  der  Neuritis 

traitement    des    accidents   nevritiques   d  origine   trau-     „«^„j««„ 

^    ^  ^  ascendens, 

matique    inflammatoire.     Gaz.    des   höpitaux  Nr.  1)    empfiehlt      Delorme. 

ein  sehi-  einfaches  Verfahren  für  solche  Fälle  peripherer  Neuralgieen, 

lie  im  Anschluss  an  ein  Trauma,  besonders  Wunden  sich  entwickeln 

und  in    der   Regel   als  Neuritis   ascendens   gedeutet  werden.     Das 

Verfahren,  das  sich  bis  jetzt  in  acht  Fällen  sehr  gut  bewährt  haben 

soll,  besteht  in  einer  kurzdauernden,  sehr  starken  Compression  der 

befallenen  Partieen,  die  an  der  schmerzhaftesten  Stelle  beginnt  und 

uach  und  nach  die  ganze  hyperästhetische  Zone  durchgeht.    Ist  der 

Schmerz  hiemach  noch  nicht  verschwunden,  so  wird  die  Compression 

uach  einigen   Minuten   wiederholt.     Meist    genügte    eine    einmalige 

Sitzung  zur  dauernden  Beseitigung  der  Neuralgie,  mit  der  dann  auch 

*üe  oft  vorhandenen  trophischen  Störungen  verschwanden. 


Reichel(ZurAetiologie  und  TherapiederEiterung. 
Archiv  f.  klin.  Chir.  Bd.  49,  H.  3,  S.  564)  erörtert  zunächst  die 
Disposition  zur  Eiterung.  Alle  Momente,  die  die  Resorption  der 
Eiterkokken  und  ihrer  Ptomaine  begünstigen,  beeinträchtigen  ihre 
Entzündung  erregenden  Wirkungen;  alle  die  Momente,  die  die  Re- 
j^orption  stören  leisten  der  Eiterung  Vorschub.  Fremdkörper,  Ge- 
websquetschung ,  Cauterisation,  Circulationsstörungen  arterieller  wie 
venöser  Art  bedingen  eine  locale  Disposition  zur  Eiterung.  Be- 
züglich der  Wunddesinfection  kommt  Reichel,  im  Gegensatz  zu 
Messner  und  Henle,  zu  denselben  Ergebnissen  wie  Schimmel- 
'•asch,  dass  es  nämlich  selbst  sehr  kurze  Zeit,  schon  eine  Minute 
iiach  der  Infection  nicht  mehr  gelingt,  eine  septische  Wunde  durch 
Desinfection  mit  Sublimat  in  eine  aseptische  zu  verwandeln.  Prac- 
ti:*ch  ergibt  sich  hieraus  die  Zwecklosigkeit  der  Irrigation  mit  anti- 
septiijchen  Lösungen.  Eitrig  inficirte  Wunden  sind  ausgiebig  zu 
j^palten  und  mit  nasser,  in  einem  Desinficiens  (nicht  Carbolsäure) 
getränkter  Gaze  auszustopfen,  da  der  dauernde  Contact  der  Wunde 
lüit  einem  Desinficiens  in  wirksamer  Concentration  auf  die  BeschaiFen- 
teit  der  Wunde  einen  günstigen  Einfluss  ausübt. 

Haenel  (Zur  Desinfectionsfähigkeit  der  Wunden.  Deutsche  med. 
^^'ocheiischr.  Bd.  21,  Nr.  8)  hat  in  ähnlicher  Weise  wie  Messner  an  Ka- 
tmdien  experimentirt,  aber  in  veränderter  und  verbesserter  Versuchsanord- 
Qong,  und  ist  zu  ganz  anderen  Resultaten  gekommen.  Es  ergab  sich  kein 
Interechied  in  dem  Verhalten  der  mit  Carbolsäure  und  der  mit  Kochsalz- 


Eiterung, 
Reichel, 


Haeuel. 


312 


Wagner. 


Gelenk-  hyperäinie.  Berl.  Klinik  Nr.  89)  hat  bisher  weit  über  200  Tuber- 
tuberculose,  culosen  mit  Stauungshyperämie  behandelt  und  hält  dieses  Mittel  für 
eines  der  besten  Heilmittel,  das  wir  gegen  Tuberculose  besitzen. 
Wer  einmal  gesehen  hat,  wie  ein  schmerzhaftes  und  unbrauchbare* 
Gelenk  unter  diesem  Mittel  in  wenig  Tagen  functionsfähig  wird 
und  sich  fortdauernd  bessert,  wird  kaum  daran  zweifeln.  In  eineia 
Punkte  ist  die  Stauungshyperämie  allen  anderen  Mitteln  weit  über- 
legen: sie  verschafft  den  Gelenken,  welche  sie  überhaupt  zur  Hei- 
lung bringt,  die  denkbar  beste  Function. 
Wieland,  Wieland  (Beitrag   zur  Behandlung   der  chirurgisclietk 

Tuberculose  im  Kindesalter  mit  Jodoforminjectionen. 
Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  41,  H.  4  u.  5,  S.  378)  hat  von  der 
Behandlung  mit  Jodoforminjectionen  bei  der  chirurgischen  Tubei*- 
culose  im  Kindesalter  ausgezeichnete  Erfolge  gesehen.  Die  Jodo- 
forminjectionen scheinen  bei  Kindern  noch  viel  wirksamer  als  bei 
Erwachsenen  zu  sein;  die  operative  Therapie  ist  deshalb  so  viel  wie 
möglich  einzuschränken,  namentlich  sind  typische,  primäre  Gelenk- 
resectionen  schon  wegen  der  eintretenden  Wachsthumsstörungen  zu 
vermeiden.  Neben  der  Jodofonnbehandlung  sind  natürlich  ortho- 
pädische Maassnahmen,  sowie  eine  kräftigende  Allgemeinbehandlung 
nicht  ausser  Acht  zu  lassen. 
Landerer.  Landerer  (Die  Behandlung  der  Tuberculose  mitZimmt- 

säure.  Med.  Correspondenzbl.  d.  württemb.  ärztl.  Landesver.  Nr.  12 > 
verwendet  neuerdings  mit  gutem  Erfolg  statt  der  früher  gebrauchten 
Emulsion  der  reinen  Säure  eine  0,5 — 5% ige  Lösung  des  zimmtÄaureii 
Natrons  zur  Behandlung  der  Tuberculose.  Die  Injectionen  werden 
intraglutäal,  parenchymatös  oder  intravenös  ausgeführt;  namentlich 
für  letztere  eignet  sich  die  vor  dem  Gebrauch  im  Wasserbad  steri- 
lisirte  klare  Lösung  vorzüglich.  Die  Zimmtsäure,  resp.  das  zimuit- 
sam-e  Natron  sind  stark  positiv  chemotactisch ,  aber  ungiftig.  Intra- 
venös injicirt,  macht  die  Zimmtsäure  starke  Leukocytose,  die  rotlieii 
Blutkörperchen  und  der  Hämoglobingehalt  bleiben  intact. 


Poly-  Neumann  (Ein   höchat  eigenthümlicher  Fall  von   Polymyo- 

myositis  gjtig  subacuta  suppurativa.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  24)  theilt 
Nemnaiiii  *'  ^^  Krankengeschichte  eines  9jährigen  bis  dahin  gesunden  Knaben  mit. 
Infolge  von  Masern  und  Diphtherie  entwickelte  sich  eine  Otitis  media, 
danach  Pemphigus  siniplex  und  Purpuraflecke  auf  der  linken  Körperhälfte, 
Nierenentzündung,  eine  mit  hohem  Fieber  einbergehende  schmerzhafte  Ent- 
zündung der  Muskeln  am  linken  Fusse,  über  dem  Kreuzbein,  derjenigen 
des  linken  Oberarms  und  endlich  der  linken  Gesichtshälfte  und  des  linken 
Oberschenkels,  verbunden  mit  Abscessen  im  Verlauf  dieser  linksliegenden 


Chirurgie. 


313 


Mnskelscheiden,  zum  Theil  periarticulär.  Die  Gelenke  selbst  waren  frei  bis 
auf  eine  schnell  vorübergehende  linksseitige  Hüft-  und  Kniegelenksentzündung. 
Kbenao  vorübergehend  waren  Entzündungserscheinungen  der  Schlund-  und 
Hakmoakeln.  Bacteriologisch  und  mikroskopisch  waren  im  Eiter  Strepto- 
kokken nachgewiesen,  welche  ihren  Weg  durch  die  Mandeln  genommen 
hatten  and  als  die  Erreger  der  ganzen  Ei*ankheit  anzusehen  sind.  Auch 
dieser  Fall  wird  von  Neumann  als  zur  „Dermatomyositis"  gehörig  an- 
j:tf?5ehen;  eigenthümlich  bleibt  jedenfalls  das  ausschliessliche  Befallensein 
der  linken  Körperhälfte. 

6«  GeschwUlste. 

Ziegler  (Ueber  Beziehungen  der  Traumen  zu  den  malignen  Trauma  und 
«ieschwülsten.     Münch.  med.  Wochenschr.   Nr.  27   u.  28)  hat  aus   den  Geschwulst- 
letzten  5  Jahren  328  Fälle  von  Carcinomen  und   171  Fälle  von  Sarkomen       zi-eier 
aas  der  Münchener   chirurgischen  Klinik  zusammengestellt  und  gefunden, 
da«!s  bei  den  Carcinomen  55mal  einmalige  Traumen,  92mal  chronische  Reiz- 
zua-tände,    bei  den  Sarkomen  35mal  einmalige  Verletzungen,   82mal   chro- 
nische Reizzustände  als  Ursache  der  Geschwulstbildung  angegeben  wurden. 


V.  Esmarch  (Zur  Diagnose  der  Syphilome.  Arch.  f.  klin. 
Chirurg.  Bd.  50,  H.  3,  S.  646)  macht  aufs  neue  auf  die  grossen 
Schwierigkeiten  aufmerksam,  die  in  vielen  Fällen  die  Diagnose  der 
Syphilome  darbietet.  Vielfach  werden  letztere  für  Sarkome  gehalten 
und  exstirpirt,  wonach  es  dann  meist  zu  einem  raschen  Recidiv 
kommt.  Leider  haben  wir  noch  keine  sicheren  diagnostischen  Hülfs- 
mittel,  um  in  jedem  Fall  mit  Bestimmtheit  sagen  zu  können,  ob  es 
sich  um  ein  Syphilom  handelt  oder  nicht.  Verdachtsgründe,  die 
dafür  sprechen,  werden  von  v.  Esmarch  genauer  erörtert. 

Nasse    (Ueber    multiple    cartilaginäre   Exostosen    und 
multiple  Enchondrome.    v.  Volkmann's  klin.  Vortr.  N.  F.  Nr.  124) 
weist  an  der  Hand  des  grossen  Materials  der  v.  Bergmann'schen 
Klinik  nach,  dass  die  cartilaginären  Exostosen  und  die  Enchondrome 
der  Knochen   sich   in   ausserordentlich  vielen  Beziehungen  gleichen, 
insofern  beide  Affectionen  hauptsächlich  während  der  Entwickelungs- 
periode  der  Knochen  auftreten,  sich  meist  in  der  Gegend  der  tran- 
sitorischen  Knochenfugen  entwickeln,  multipel  erscheinen,  nicht  selten 
vererbt  werden  und  mit  Wachsthumshemmungen  und  Verbiegungen 
<ler  Knochen  verbunden  sein  können.    Wenn  nun  auch  die  Enchon- 
drome nicht  mit  Beendigimg  des  Knochenwachsthums,  wie  die  Ex- 
ostosen, gänzlich  aufhören  zu  wachsen  und  im  Gegensatz  zu  letzteren 
bösartig  werden  können,  so  steht  dies  doch  nicht  der 


Diagnose 

der 

Syphilome, 

y.  Esmarch. 


Maltiple 

Ezostosen- 

bildang, 

Nasse. 


314 


Wagner. 


gegen,  dass  auch  sie,  gleich  den  Exostosen,  durch  Fehler  in  der 
ersten  Bildung  der  Knochen,  durch  Unregelmässigkeiten  in  der  Ver- 
knöcherung des  transitorischen  Knorpels  zu  Stande  kommen  können. 


Behandlung  Kronacher  (Die  Beeinflussung  maligner  Neubildungen 

maligner     durch   eine  künstlich  erzeugte   aseptische  Eiterung.     Cen- 
Geschwülste  o  x^  o 

durch       tralbl.  f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  20)  hebt  hervor,  dass  sich  gegenüber 

Eiterung,    den  durch  Bacteriengiften  erzeugten  Entzündungen  die  durch  chemische 
t  ^V^^      Körper,  z.  B.  Terpentinöl,  hervorgerufenen  localisirten  Entzündungen 
Krebsserum,  durch  Ungefährlichkeit  auszeichnen,  selbstverständlich  bei  geeigneter 
Kronacher,     Verdünnung   des  Entzündungserregers.     Kronacher  hat   an   nicht 
operablen  Carcinomen   solche   aseptische  Terpentinentzündungen  er- 
zeugt  und   danach   sehr  beachtenswerthe  Veränderungen   der  Neu- 
bildung feststellen  können. 
KrjTisky,  Dagegen  hat  Krynsky  (ibid.  Nr.  30)  bei  ähnlichen  therapeuti- 

schen Versuchen  keine  Erfolge  erzielt.     Seine  Kranken  litten  nach 
den  Terpentininjectionen  an  unerträglichen  Schmerzen. 
Czemy,  Czemy  (Ueber Heilversuche  beimalignenGeschwülsteii 

mit  Erysipeltoxinen.  Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  42,  Nr.  36) 
berichtet  über  einige  Fälle  von  bösartigen  Geschwülsten,  in  denen 
ein  zufälliges  Erj'^sipel  einen  günstigen  Einfluss  auf  den  Verlauf  des 
recidivirenden  Krebses  geübt  und  die  betreffenden  Kranken  seit  2, 
resp.  6  Jahren  geheilt  sind.  Czerny  hat  deshalb  auch  Versuche 
mit  Coley'schen  Einspritzungen  sterilisirter  Mischculturen 
vorgenommen  und  glaubt,  dass  diese  auf  sarkomatöse  Geschwülste 
einen  specifischen  Einfluss  ausüben  und  unter  günstigen  Umständen 
Heilung  herbeiführen  können.  Wegen  der  Unsicherheit  der  Erfolge 
kann  diese  Behandlungsmethode  aber  vorläufig  nur  bei  inoperablen 
oder  recidivirenden  Geschwülsten  ihren  Platz  haben.  Vielleicht  wird 
man  auch  nach  Operationen  von  Sarkomen,  um  Recidive  zu  ver- 
hüten, von  diesen  Einspritzungen  Gebrauch  machen  dürfen. 
Friedrich,  Auch  Friedrich   (Heilversuche  mit  Bacteriengiften  bei 

inoperablen  bösartigen  Neubildungen.  Arch.  f.  klin.  Chirurg, 
Bd.  50,  H.  4,  S.  709)  hat  bei  13  inoperablen  Epithelialcarcinomen 
und  4  inoperablen  Sarkomen  die  Coley'sche  Einverleibung  von 
Streptokokkenculturfiltraten  oder  -Sterilisaten ,  resp.  von  Strepto- 
kokkenmischculturen  mit  Bacillus  prodigiosus  ausgeführt.  Beim  Car- 
cinom  ergaben  sich  keinerlei  Heilerfolge;  beim  Sarkom  lässt  sich 
mit  Rücksicht  auf  die  kleine  Anzahl  von  beobachteten  Fällen  noch 
nicht  endgültig  urtheilen.  Die  Allgemeinerscheinungen  waren  bei 
dieser  „Heilmethode"  vorübergehend  sehr  schwer,  namentlich  Hessen 


Chirurgie.  315 

sich  ganz  bestimmte  Fiebertypen  beobachten,  über  deren  £igenart 
Friedrich  in  einer  weiteren  Arbeit  (Berl.  kl  in.  Wochenschr.  Bd.  32, 
Nr.  49  u.  50)  interessante  Mittheüungen  gemacht  hat. 

Emmerich  und  Scholl  (Klinische  Erfahrungen  über  die    Enunerich  n. 
Heilung  des  Krebses  durch  Krebsheilserum.    Deutsche  med. 
Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  17)  sind  bei  ihren  Untersuchungen  von  der 
Thatsache  ausgegangen,  dass  in  einigen  sicheren  Fällen  eine  merk- 
würdige rasche  Heilung  von  Krebs  und  Sarkom  durch  hinzutretendes 
Erysipel   beobachtet  wurde.     Um   sich   Klarheit   über  die   Art   der 
Erysipel  Wirkung  zu  verschaffen,  experimentirte  Emmerich  zunächst 
an  Thieren   und   stellte   dabei   fest,   dass  Erysipel   nicht  bloss   den 
Krebs,  sondern  auch  den  Milzbrand  heUt;  letzterer  ist  auch  heilbar 
durch  das  Serum  von  mit  Erysipel  inficirten  Thieren,  indem  dieses 
die  Milzbrandbacillen  abtodtet.   Hieraus  zogen  die  Verff.  den  Schluss, 
dass  das  Erysipelserum  auch  die  hypothetischen  Krebsparasiten  ver- 
nichten müsse ;  sie  behandelten  deshalb  mit  dem  Blutserum  von  mit 
Erysipel  inficirten  Schafen,  das  durch  Filtrirung  von  den  Erysipel- 
kokken  befreit  war,  eine  Anzahl  von  Krebs-  und  Sarkomfallen  beim 
Menschen.     In  den  sechs  von  den  Verff.  angeführten  Carcinomfallen 
trat   nach   einer   Reihe   local   ausgeführter  Injectionen   des  „Krebs- 
heilserums"   eine  mehr  oder   weniger   vollkommene  Resorption   der 
Krebsknoten  ein.     Diese  Erfolge  sind  in  der  That  auffallend;  doch 
ist  die  Beobachtungsdauer  noch  viel  zu  kurz,  um  von  einer  Heilung 
reden  zu  können.     Schwerere  Nebenerscheinungen  wurden  nach  den 
Injectionen  nicht  beobachtet.    Diese  ausserordentliches  Aufsehen  er- 
regenden Mittheilungen  haben  bisher  nur  von  wenigen  Seiten  (z.  B. 
von  Th.  Schüler,  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  37)  Be-    Th.  Schüler, 
stätigung  erfahren,  trotzdem  Emmerich  und  Zimmermann(  Deutsche   Emmerich  a. 
med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  43)  über  weitere  mit  Krebsserum  be-  2*™"«™*«*°. 
handelte  Fälle  berichtet  haben  und  Scholl  (ibid.  Nr.  46)  genaue  Mit-       SchoU, 
theilungen  über  die  Herstellung  des  Krebsserums  gemacht  hat.   Theils 
vom  theoretischen,   theils  vom  practischen  Standpunkt  aus  sind  die 
«Heilwirkungen"  des  Krebsserums   angefochten  worden  (P.  Bruns,        Bnms. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  20;  Petersen,  ibid.;  Bruns,       czemy 
ibid.  Nr.  27;  Czerny,  ibid.  Nr.  43;  Reineboth,  ibid.  Nr.  48;  Kopf-     Reineboth, 
stein,  Wiener  klin.  Rundschau  Bd.  9,  Nr.  33  u.  34).  —  Jedenfalls     Kopfstein, 
war  es  verfrüht,  von  einem  Krebs  heil  serum  zusprechen;  die  durch 
dasselbe    in   den    Tumoren    hervorgerufenen   regressiven   Vorgänge 
sind  allerdings  in  einzelnen  Fällen  sehr  weitgehend  und  eigenthüm- 
lich,  haben  aber  bisher  noch  nicht  zu  sicheren,  anhaltenden  Heilungen 
geführt. 


31(3  Wagner. 


7»  Instrumente  nnd  Apparate» 

Schienen-  Hoffa    (lieber   Schienenhülsenapparate    und   ihre   Ver- 

httlsen-  Wendung  in  der  Orthopädie.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21, 
Hoffa.  '  ^r-  ^ö  ^-  17)  empfiehlt  nach  der  Methode  Hessing'ö  hergestellte 
Schienenhülsenappai'ate  zur  Behandlung  von  Abductions-  und  Ad- 
ductionscontracturen  des  Hüftgelenks,  zur  ambulanten  Behandlung 
der  tuberculösen  Gelenkentzündungen  und  zur  Behandlung  der  Arthritis 
deformans. 

Apparate  Thilo   (Apparate   für  Fingergymnastik.     Deutsche   med. 

fnr  Finger-   Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  16)  hat  verhältnissmässig  einfache  Apparate 
Thilo.     '  ^^^  Fingergymnastik    construirt,    mit    denen   man   durch   Gewichte 
regulirbare  Widerstände  für  alle  Muskeln  herstellen  kann. 

Beinschiene,  Bruns  (Eine  verbesserte  Beinschiene.  Beiträge  z.  klin. 
Bi-uns.  Chirurg.  Bd.  14,  H.  2,  S.  583)  hat  die  v.  Volkmann'sche  Beinschiene 
aus  verzinktem  Eisenblech  herstellen  lassen.  Die  Rinne  ist  aus  zwei 
Hälften  zusammengesetzt,  welche  sich  über  einander  schieben  lassen. 
Ein  und  dieselbe  Schiene  kann  somit  bei  verschiedener  Beinlänge 
verwendet  werden.  An  der  Fussplatte  ist  ein  Querbalken  zur  Sus- 
pension angebracht. 

Operations-  Braatz  (Zusammenlegbarer  Operationstisch,  insbeson- 

tisch,  ^QYe  für  den  Kriegsgebrauch.  Centralbl.  f.  Chii'urg.  Bd.  22, 
Nr.  31)  hat  insbesondere  auch  für  den  Kriegsgebrauch  einen  zu- 
sammenlegbaren Operationstisch  construirt,  der  ganz  aus  Eisen  be- 
steht und  mit  weisser  Oelfarbe  angestrichen  ist.  Unbeschadet  seiner 
Einfachheit  gestattet  er  auch  die  Beckenhochlagerung. 

instra-  Ihle    (Ueber    ein    neues   Instrumentenkochgefäss    und 

nienten-  *  >  iiir^**,i  i.     -w-k 

kocheefäss   ®^^®^    neuen    transportablen    Spiritusbrenner    nebst    Be- 

nüe.  merkungen  über  die  Behandlung  der  Metallinstrumente. 
Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  42,  Nr.  11  u.  12)  hat  ein  Instrumenten- 
kochgefäss construirt,  dessen  Bestandtheile  ebenso  wie  der  Spiritus- 
brenner aus  feinstem  Stahlblech  bestehen  und  demantemaiUirt  sind. 
Kochgefäss,  Deckel  und  Einsätze  bestehen  jedes  für  sich  au^  je 
einem  einzigen  zusammenhängenden  Stück  Stahlblech  und  sind  ge- 
stanzt. Sie  haben  völlig  abgerundete  Ecken  und  sind  leicht  zu 
reinigen.  Nach  erfolgter  Abkochung  werden  die  mit  kleinen  Füssen 
versehenen  Einsätze   herausgenommen   und  auf  Handtücher  gesetzt; 


Cbinirgie.  317 

die  Instramente  trocknen  rasch  und  werden,  auf  den  blendend  weissen 
Einsätzen  leicht  erkennbar,  trocken  benutzt. 

II.  SpeGleiie  Chirurgie. 

1.  Krankheiten  des  Kopfes  und  Halses. 

V.  Bergmann  (lieber  einige  Fortschritte  in  der  Hirn-  Hirn- 
Chirurgie.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  16)  schränkt  die  Chirurgie, 
Indicationen  zur  Trepanation  wegen  Epilepsie  noch  viel  mehr  ein, 
als  vor  wenigen  Jahren.  Nur  diejenigen  Kindenepilepsieen  werden 
durch  die  Trepanation  geheilt,  bei  denen  ein  Tumor,  z.  B.  eine  Cyste, 
wie  sie  nicht  allzu  selten  aus  einem  traumatisch  zu  Stande  ge- 
kommenen intrameningealen  Extravasat  entsteht,  in  oder  über  einem 
der  circumscripten  motorischen  Riadencentren  liegt.  Auch  in  der 
Behandlung  von  Himgeschwülsten  vermag  die  Chirurgie  nur  wenig 
zu  leisten;  dagegen  sind  in  der  chirurgischen  Behandlung  von  intra- 
craniellen  Eiterungen  bedeutende  Fortschritte  gemacht,  ja  ganz  neue 
Gebiete  dem  operativen  Vorgehen  erschlossen  worden,  v.  Berg- 
mann rechnet  zu  diesen  die  Operationen  bei  Himabscessen ,  epi- 
duralen Eiterungen  und  infectiösen  Sinusthrombosen,  sowie  endlich 
auch  bei  der  Leptomeningitis.  Namentlich  die  durch  Ohreiterungen 
bedingten  endocraniellen  Eiterungen  sind  ein  dankbares  Object  der 
Himchirurgie,  um  so  mehr  als  die  Technik  der  Eröffnung  des  Schädels 
nnd  der  Verschluss  etwa  nachbleibender  Defecte  in  den  letzten  Jahren 
grosse  Fortschritte  gemacht  haben. 

Auch  Eulenburg   (Zur   chirurgischen  Epilepsiebehand-Chirurgische 
lung,   namentlich   zur  Casuistik  der  Rindenexcisionen  bei    ^Pil^P^ie- 
idiopathischen  Epilepsieen.     Berl.   klin.  Wochenschr.   Bd.  32,     Eulenburg. 
Nr.  15  u.  16)  spricht  sich  ausserordentlich  reservirt  über  die  chirur- 
gische Epilepsiebehandlung  aus  und  räth,  sich  auf  einen  eklektischen 
Standpunkt  in  der  Operationsfrage  zu  stellen,   d.  h.  weder  in  dem 
traumatischen   und  partiellen   Charakter   der  Epilepsie   schlechtweg 
eine  Indication,  noch  in  dem  idiopathischen  und  allgemeinen  Charakter 
der  Anfälle  eine  unbedingte  Contraindication  zu  erblicken,   sondern 
die  Operationsfrage   lediglich  von  Fall  zu  Fall  und   auf  Grund  ge- 
wissenhafter Prüftmg  aller  Einzelbedingungen  sachgemäss  zu  erwägen. 
Jedenfalls  thut  man  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  gut,   auf  die 
chirurgische  Hülfe   keine  besonders   grossen  Hoffnungen   zu  setzen, 

V.  Bramann  (Beitrag  zur  Prognose  der  Hirntumoren.     Arch. 
f.  Uin.  Chirurg.  Bd.  51,  H.  1)  theilt  mit,   dass  der  Kranke,  bei  dem   er 


318  Wagner. 

Operation    Anfang  1893  fast  ein  faustgrosses  Sarkom  aus   der  rechten  Cxrosshirnhemi- 
von  Hirnge-  gphäre  entfernte,  am  Leben  geblieben  und  frei  von  Recidiv  ist.    Dass  eine 
sc   wu  8  en,  yQ^gtändige  Restitutio  ad  integrum   nicht  eingetreten   ist  und  nicht   ein- 
treten konnte,  erklärt  sich  einmal  aus  der  malignen  Natur  des  Tumors  und 
dann  aus  der  ganz  enormen  Ausdehnung  desselben,  die  ausschliesslich  auf 
Kosten  der  benachbarten  Hirnsubstanz    erfolgt  ist.     Ein   anderer  Kranker, 
bei  dem  v.  Bramann  ein  Myxosarkom   des  Gehirns  exstirpirte,    ist   nach 
verschiedenen  Operationen  an  Metastasen  zu  Grunde  gegangen. 
Kroenldn.  Kroenlein  (Zur  operativen  Chirurgie  der  Hirngeschwülste. 

Beiträge  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  15,  H.  1)  hat  bei  einem  43jährigen  Kranken 
mit  hühnereigrossem  Conglomerattuberkel ,  der  im  mittleren  und  unteren 
Drittel  der  linksseitigen  Central  Windungen  sass  und  den  Cortex  und  die 
subcorticalen  Hirnpai-tieen  einnahm,  die  osteoplastische  Trepanation  und 
Exstirpation  des  Tumors  vorgenommen.  Heilung.  Die  vor  der  Operation 
bestehenden,  vom  rechten  Vorderarm  ausgehenden  Anfälle  von  Jackson- 
scher Epilepsie  sind  bisher  —  3  Monate  lang  nach  der  Operation  —  nicht 
wiedergekehrt. 

Hämatom  W.  Wagner  (Zwei  Fälle  von  Hämatom  der  Dura  mater, 

^^^         geheilt    durch    temporäre    Schädelresection.     Berliner    klin. 
Dura  mater,  ° 

w.  Wagner.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  7)  zeigt  an  zwei  operativ  behandelten  Fällen 
von  Hämatom  der  Dura  mater  aufs  neue  die  Vorzüge  der  von  ihm 
angegebenen  Methode  der  temporären  Schädelresection.  Zugleich 
weist  Wagner  darauf  hin,  dass  die  charakteristischen  Symptome 
des  Durahämatoms  —  freies  Intervall  und  dann  die  typischen  Er- 
scheinungen des  fortschreitenden  Himdrucks  —  dem  Arzt  die  un- 
bedingte Verpflichtimg  auflegen,  zum  Zweck  der  Entfemimg  des 
Extravasats  und  zur  Stillung  der  Blutung  operativ  einzugreifen. 

Hetero-  A.  Fraenkel  (Ueber  Heteroplastik  bei  Schädeldefecten. 

Plastik  bei  Aj^cJi  f  thn  Chirurg.  Bd.  50,  H.  2,  S.  407)  empiiehlt  zur  Deckung 
defecten      ^^^  Schädeldefecten  die  CeUuloidheteroplastik  namentlich  dann,  wenn 

A.  Fraenkel.  es  sich  darum  handelt,  so  rasch  und  so  einfach  als  möglich  zum 
Ziele  zu  kommen.  Offen  daliegende  traumatische  Defecte,  Schädel- 
defecte  bei  Kindern,  pathologische  Defecte  mit  der  Möglichkeit  eines 
localen  Eecidivs  eignen  sich  für  die  Deckung  mittels  Celluloidplatten. 
Ganz  besonders  empfehlenswerth  ist  diese  Methode  aber  da,  wo 
Schädellücken  nach  Trepanation  wegen  corticaler  Epilepsie  zu  decken 
sind.  Die  dichtgefligten  glatten  Celluloidplatten  geben  keinen  An- 
lass  zur  Bildung  adhäsiver  Processe  mit  der  harten  Hirnhaut  imd 
dadurch  bedingter  anatomischer  Folgezustände,  die  selbst  wieder  zur 
Ursache  der  corticalen  Epilepsie  werden  können. 


Chirurgie.  319 

F.  Krause  (Erfahrungen  überintracranielle  Trigeminus-       intra- 
resection.     Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  50,  H.  3,  S.  469)   hat  sein  J\^^^^}^^ 
Verfahren,  die  Aeste  des  Tngeminus  in  den  schwersten  und  bisher    resection, 
angeheilten    Fällen    von    Neuralgie   innerhalb    der   Schädelhöhle   zu     ^-  Krause. 
reseciren,  dahin  erweitert,  dass  er  auch  das  Ganglion  Gasseri  sammt 
dem  Trigeminusstamm   mit   entfernt.     Die  Operation  wird   dadurch 
nicht  complicirter,   und   die  Ausfallserscheinungen  nach  Entfernung 
jenes  Nervenknotens  verursachen  nur  überraschend  geringe  Störungen. 
Dagegen  scheint  das  radicale  Vorgehen  der  Exstirpation  des  Ganglion 
(rasseri  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  vor  Rückfällen  zu  schützen. 
Die  zu  dem  gleichen  Zweck  von  William  Rose   angegebene  Ope- 
ration leidet,  abgesehen  von  anderen  Nachtheilen,  namentlich  an  einer 
treringeren  Uebersichtlichkeit  des  Operationsfelds. 

Schimmelbusch  (Ein  neues  Verfahren  der  Rhinoplastik       Rliino- 

nnd  Operation  der  Sattelnase.     Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  50,  „  J?  ***[  '  , 
^  ®  '  Schimmelbusch. 

H.  4,  S.  739)  benutzt  zur  totalen  Hhinoplastik  ein  der  Oberfläche 
der  Nase  entsprechendes  Hautknochenstück,  das  dreieckig  aus  der 
Mitte  der  Stirn  genommen  wird.  Der  abgelöste  Lappen  muss  erst 
m^anuliren,  dann  wird  er  auf  die  Wundfläche  transplantirt.  Ist  dies 
i^elungen,  so  wird  der  Länge  nach  in  der  Mitte  die  Knochenplatte 
eingesägt  und  durch  Zusammenfalten  der  beiden  Hälften  die  Nase 
erhalten.  Dieser  so  geformte  Lappen  wird  nun  in  den  Defect  ein- 
geheilt, und  zwar  so,  dass  die  Hautbekleidung  nach  aussen,  die 
transplantirte  Fläche  nach  der  Nasenhöhle  zu  sieht.  Das  Septum 
wird  häutig  gebildet,  der  Stimdefect  durch  Lappenverschiebung  ge- 
deckt. Bei  dieser  Methode  der  Rhinoplastik,  die  mit  gewissen  Modi- 
ticationen  auch  bei  Sattelnase  anzuwenden  ist,  tritt  keine  Schrumpfung 
ein,  Profilhöhe  und  Lumen  bleiben  erhalten. 


Kraske  (Ein  Beitrag   zur  Methode  der  Uranostaphylo-       ürano- 
plaatik.     Beitr.  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  14,  H.  2,  S.  577)  hat  in  einem    ^\*P^,yi^" 
Falle  von  angeborener,  ungewöhnlich  breiter  Spaltbildung  des  harten       Kraske. 
Gaumens    und    des   ganzen   Velums    die    hypertrophischen   unteren 
Xasenmuscheln ,    die   den  ziemlich   steil   aufsteigenden  Spalträndem 
fast  unmittelbar  auflagen,  zu  einem  plastischen  Verschluss  der  Spalte 
verwendet.     Die  Operation  glückte  in  überraschender  Weise. 

Senger  (lieber  den  Versuch  einer  blutlosen  Oberkiefer- 
resection  durch  temporäre  Constriction  der  isolirten 
Carotin.    Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  22)   hat   durch 


820  Wagner. 

Blutlose     Versuche  bei  Thieren  unzweifelhaft  bewiesen,  dass  eine  unmittelbare 

Oberkiefer-  XJmschnürunff  der  Carotis  auf  eine  Zeit  von  1 — 3  Stunden  ohne  lede 
resectioD,  .  . 

Senger.        Gefahr  für  dieselben  vorgenommen  werden  kann,  wenn  man  bestimmte 

kleine  Vorsichtsmaassregeln  beobachtet.  Darauf  hin  hat  Senger  bei 
einem  42jährigen  Kranken  die  Oberkieferresection  durch  unmittel- 
bare Constriction  der  isolirten  Carotis  externa  mit  Umgehung  der 
Tracheotomie  ziemlich  blutlos  ausgeführt.  Reactionslose  Heilung. 
Von  Seiten  des  Gehirns  oder  der  Carotis  traten  keine  krankhaften 
Erscheinungen  auf.  Weitere  Erfahrungen  müssen  lehren,  ob  man 
die  unmittelbare  Arterienconstriction  auch  auf  andere  Körpert heile 
erstrecken  kann,  bei  denen  der  Esmarch'sche  Schlauch  nicht  an- 
wendbar ist. 

Oesohwülste  Kopfstein    (Beitrag    zur    Kenntniss    der    Geschwülste    der 

der  Carotis.  Carotisdrüse.  Wiener  klin.  Rundschau  Bd.  9,  Nr.  6—8)  entwirft  im 
Ko  fetei*  Anschluss  an  eine  eigene  Beobachtung  ein  Bild  von  den  sehr  seltenen  Neu- 
bildungen der  Glandula  carotica  (Luschka)  oder  des  Nodnlus  caroticus 
(Marchand),  eines  der  medialen  Fläche  der  Carotis  interna  dicht  oberhalb 
der  Bifurcation  aufliegenden  länglichen  Körperchens.  Die  von  einer  fibrösen 
Kapsel  eingeschlossenen,  eiförmigen,  sehr  zellenreichen  alveolären  Tumoren 
entwickeln  sich  ohne  veranlassende  traumatische  oder  entzündliche  Ein- 
flüsse. Ihr  Wachsthum  ist  sehr  langsam  und  beläuft  sich  meist  auf  eint' 
längere  Reihe  von  Jahren.  Im  ganzen  sind  es  gutartige  Geschwülste,  die 
nicht  recidiviren,  keine  Metastasen  machen  und  ihre  Kapsel  nicht  durch- 
brechen. Obwohl  die  Geschwülste  die  Gabelung  der  Carotis  fast  voll- 
ständig einschliessen  und  manchmal  eine  namhafte  Dislocation  wichtiger 
Nervenstämme  herbeiführen,  sind  die  Beschwerden  der  Kranken  meist  ge- 
ring. Dies  erklärt  sich  auch  dadurch,  dass  in  allen  bisherigen  Fällen  die 
Exstirpation  rechtzeitig  vorgenommen  wurde.  Letztere  ist  meist  sehr 
schwierig  und  gibt  wegen  der  fast  unvermeidlichen  Carotisunterbindun«? 
eine  zweifelhafte  Prognose. 

Kehlkopf-  Rotter  (Zur  Totalexstirpation  des  Kehlkopfes.   Berliner 

^*'*^P^*^'°"'kUn.  Wochenschr.  Bd.  30,  Nr.  6)  hat  bei  einem  72jährigen  Kranken 
mit  Erfolg  den  carcinomatösen  Kehlkopf  exstirpirt  und  diesen  durch 
einen  künstlichen,  nach  eigenen  Angaben  construirten  Kehlkopf  er- 
setzt, dessen  Hauptvorzug  darin  besteht,  dass  er  nicht,  was  bei  dem 
Gussenbauer'schen  nicht  Selten  vorkommt,  auf  die  Speiseröhre  zu 
drücken  vermag.  Der  Kranke  fungirt  noch  immer  als  Sachver- 
ständiger vor  Gericht. 

Mikulicz  (Ueber  die  Exstirpation  des  Kopfnickers  beim 
musculären    Schiefhals,    nebst   Bemerkungen    zur   Patho- 


Chiniigie.  321 

logie  dieses  Leidens.  Centraibl.  f.  Chinirg.  Bd.  22,  Nr.  1)  em-  Mnsculärev 
pdehlt  in  allen  schwereren  Fällen  von  mnscularem  Schief  hals  ^  in  sohUfhals» 
denen  der  Kop&icker  sehr  betrachtlich  verkürzt  ist  und  keinen 
fancdonellen  Werth  mehr  hat,  den  Mnskel  in  toto  zu  exstirpiren. 
Bei  der  verhältnissmassig  einfachen  Operation  hat  man  sich  nur 
vor  der  Verletzung  der  V.  jugnlaris  interna  und  des  den  Muskel 
durchsetzenden  Astes  des  X.  accessorius  in  Acht  zu  nehmen.  Mi- 
kulicz hat  bisher  17mal  die  Exstirpation  des  Muskels  vorgenommen, 
[*mal  total,  8mal  partiell;  von  den  partiellen  Exstirpationen  ist  er 
aber  mehr  und  mehr  abgekommen,  weil  der  übrig  bleibende  Eeat 
des  Muskels  doch  die  Neigung  hat  sich  zu  verkürzen.  Als  einzigen 
Kachtheil  der  Methode  in  kosmetischer  Einsicht  ist  die  durch  den 
Wegfall  des  Mukels  entstehende  Abflachung  des  Halses  anzusehen. 
In  allen  von  Mikulicz  untersuchten  Fällen  von  sog.  angeborenem 
Caput  obstipum  handelte  es  sich  um  einen  ganz  eigenartigen  chro> 
nischen  £ntzündungsprocess  —  Myositis  iibrosa  — ,  der  den  Muskel 
difEus  ergreift.  Die  Kop&ickergeschwulst  ist  von  Anfang  an  ent- 
zündlich. 

Lorenz  (Zur  Therapie  des  musculären  Schiefhalsos.  Lüitmz, 
Centraibl.  f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  5)  wendet  sich  gegen  die  von 
Mikulicz  in  den  schwersten  Fällen  von  musculäroni  ScliiofhalH 
empfohlene  Totalexstirpation  des  contracten  Kopfnickers.  Nach  der 
svmptomatologischen  Definition  ist  der  Schief  hals  eine  die  excentrinclie 
Verlagerung  des  Kopfes  nach  der  Seite  der  Convexität  bedingende 
myopathische  Cervicalskoliose  mit  vollständiger  dorsolumbaler  und 
sehr  mangelhafter  occipitaler  Compensation.  Die  Hauptaufgabe  ein<jr 
radicalen  Therapie  bildet  demnach  die  Beseitigung  der  (Jervical- 
skoHose  durch  das  von  Lorenz  genauer  beschriebene  modellirende 
Redressement  der  Halswirbelsäule,  für  das  die  operative  Behand- 
lung des  Kopfnickers,  am  besten  die  offene  Myotomie,  nur  ein  Vor- 
bereitungsact  ist. 

Köster  (lieber  musculären  SchiefhaU.  Deut«(;he  mi*d,  Woch<*n-  KobI«^i. 
Schrift  Bd.  21,  Nr.  8)  ist  durch  genaue  mikroskopische  UnUtrHiutUüni^ün  zu 
tler  üeberzeugung  gekommen,  dass  es  sich  bei  dem  miwoulären  HchirjfhalM} 
um  eine  fibröse  Degeneration  — Dystrophia  fibrosa  —  dau  Mtiskels  handelt, 
»lie  wahrscheinlich  auf  Vorgänge  im  intrauterinen  Lebun  xurürk'/ufühnMi 
i'rt.  Jedenfalls  ist  der  Process  nicht  als  die  Folge  ainnH  Trsiuiiia  inini 
partum  anzusehen. 

Tilmann  (Die  klinische  Bedeutung  der  Halsrippen.    DeuUche  JUlHrli^puii, 
Zeitschr.  f.  Chinirg.  Bd.  41,   H.  4  u.  5,  S.  330)  berichU^t  über  die  Kjwtir-      Tllumim 
pation  einer  linken  Halsrippe  bei  einer  44jährigen  Näherin.  Die  H<'H<hwer'"" 
Jalnbach  der  praetischeii  ICedicin.    IS96,  21 


322 


Wagner, 


Halsrippen, 
Bernhardt, 

Ehrich. 


Sohild- 

drüsen- 

fnnction, 

Kocher. 


im    linken   Arm    schwanden  allmählich,    doch   bestand  noch   4   Monate 
später  Atrophie  der  Damnenballen-  und  Unterarmmusculatur. 

Bernhardt  (Ueber  das  Vorkommen  und  die  klinische  Be- 
deutung der  Halsrippen  beim  Menschen.  Berl.  klin.  Wochenschr. 
Bd.  82,  Nr.  4)  und  Ehrich  (Zur  klinischen  Symptomatologie  der 
Halsrippen.  Beiträge  z.  Min.  Chirurg.  Bd.  14,  H.  1,  S.  199)  theilen  je 
zwei  neue  Beobachtungen  von  Halsrippen  beim  Menschen  mit,  bei  denen 
Störungen  der  Circulation  in  der  Art.  subclavia  und  Druckerscheinungen 
des  Plexus  brachialis  vorhanden  waren. 

Kocher  (Die  Schilddrüsenfunction  im  Lichte  neuerer 
Behandlungsmethoden  verschiedener  Kropfformen.  Cor- 
respondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  1)  hat  ebenfalls  bei  Kropfkranken 
Versuche  mit  Schilddrüsenfiitterung  vorgenommen  und  namentlich  in 
einzelnen  Fällen  von  difPusem  oder  difPiis  tuberösem  Colloidkropf 
Wirkung  erzielt.  Die  Kröpfe  verkleinerten  sich  im  Dicken-  und 
im  Breitendurchmesser,  weniger  im  Längendurchmesser;  die  ver- 
kleinerten Kröpfe  erschienen  derber,  aber  die  einzelnen  Knollen  in 
lockerer  Verbindung  mit  einander.  Von  einem  Verschwinden  des 
Ejropfes,  dessen  Form  dieselbe  wie  früher  geblieben  war,  konnte 
nicht  die  Bede  sein.  Die  Hauptwirkung  hatte  sich  zumeist  geltend 
gemacht  in  dem  hyperplastischen  Schilddrüsengewebe,  das  die  eigent- 
lichen colloiden  Ejioten  umschliesst.  Bei  den  Spitalskropfkranken 
war  der  Erfolg  der  Schilddrüsentherapie  viel  auffallender,  als  bei 
den  ambulanten.  Eine  grosse  Bolle  scheint  hierbei  die  Entziehung 
des  Wassers,  der  Ersatz  desselben  durch  Milch,  Wein  und  Kaffee 
zu  spielen.  Kocher  ist  deshalb  vorsichtig  in  weitgehenden  Schlüssen 
betreffs  der  Schilddrüsentherapie.  „Was  sich  damit  erzielen  lässt, 
lässt  sich  mittels  Abstinenz  von  ungekochtem  Wasser  aus  Kropf- 
gegenden und  mittels  zeitweiliger  Jodtherapie  auch  erreichen.^ 

Kropf.  Bruns   (Weitere  Erfahrungen  über  die   Kropfbehand- 

^!u*s"And-^  lung  mit  Schilddrüsenfütterung.  Beitr.  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  22, 


m 


Bmns. 


drüsen-  H.  1,  S.  303)  hat  im  ganzen  60  Kropf  kranke  mit  Schüddrüsenfütterung 
ftitterung,  behandelt.  Es  wurden  ledigUch  gutartige  Parenchymkröpfe  dieser 
Behandlung  unterzogen.  14  Kranke  sind  vollständig  geheilt,  20  be- 
deutend, 9  wenig  gebessert;  bei  17  Elranken  ist  nur  ein  geringer 
oder  gar  kein  Erfolg  zu  verzeichnen.  Der  Erfolg  der  Schüddrüsen- 
fütterung tritt  schon  nach  8 — 14  Tagen  ein  und  ist  nach  3 — 4  Wochen 
vollendet.  Die  für  diese  Behandlung  geeignetsten  Fälle  sind  die 
einfach  h3rperplastischen  Strumen  bei  jugendlichen  Lidividuen;  bei 
Erwachsenen  wird  ein  wesentlicher  Erfolg  mehr  und  mehr  zur 
Ausnahme. 


Cfainirgie.  SiS 

Kocher  «ihiii  ■  vo^ngc  mber  39  Fiile  Ton  op»«civ  WltduidehiHa  0^«»¥«u\i» 

Morbaa  Bas«d«3iriL     F^  stets  ist  Heihiii^  odi?r  B<»K^:$«eruu$  iHn-  j*    m  ^  i^*f 

gecretoi.     Als  ^irmmhnaJkode  onpdehh  «r  die  Ligatur  der  Svküvi-  H»»«a«>vu. 
■IrüaiaMirtaäaL  beim^  Herbeifaiiraiig  von  Atrophie  der  Pröa«eÄ*  uuvl       K^*^Nf. 

Furcht  vor  Cache3da   $trami{ari\'a  nur  drei 


Mikulicz    ilTeber    Thvmasfutteriiiig    bei    Kropf   und     Tkyvam» 
Bmsedo w^aeherKrankheit.  BerL kün.  Wochenschr.  Bii  22,  Xr,  16>    '[^»^^^*»« 
aas  T^osacht,  zur  Fätterang  bei  Kröpfen  eine  andere  Drilse  au  ver*  «»a  M\^rb«9> 
wenden,  da-  entwickhmgsgeschichtlich  und  functionell  eine  gewi:föo  B»»»<lv^\ifiK 
Vowvndts^iaik  mit  der  Schflddrase  nicht  abzusprechen  ist>  u^UuUoh  ^^^ 

die  Thymus.  In  11  Fällen,  in  denen  sich  schon  ein  Vrtheil  über 
ien  Erfolg  dieser  Therapie  abgeben  lässt,  war  der  Erfolg  der  Thv- 
mnafiltierung  dors^be  oder  wenigstens  ein  ähnlicher  wie  der  dei* 
Schüddräaenfutterang.  Zur  Yerfuttemng  wurde  ausschliesslich  frische, 
rohe  Hanunelthymus  in  Gaben  von  10 — 25  g  Smal  wöchentlich  ge« 
reicht.  Störende  Nebenwirkungen  wurden  nicht  beobachtet.  In 
einem  Falle  von  Morbus  Basedowii  wurde  der  Kropf  durch  dio 
Thjmusfuttenmg  nicht  wesentlich  beeinflusst,  dagegen  ti^at  eine  auf- 
fallende Besserung  sammtHcher  Allgemeinersoheinungeu  eiu, 

p.  KraaUeiten  der  Bmst  und  Wirbelsäule* 

Th.  Eölliker  (Zur  Frage   des  angeborenen  HoohstandeH  do8  Anffebovttuiu' 
Schulterblattes.     CentralbL  f.   Chirurg.  Bd.  22,   Nr.  27)  fand   btn   der    HochBtanil 
Operation  eines  Falles  von  angeborenem  Hochstande  des  Schulterblatt «h,      ^)i\tte»H 
dass  die  vermeintliche,  den  Hochstand  verursachende  Exostose  am  oberen    Th.  Külllkor. 
medialen  Schulterblattwinkel  der  Schulterblattwinkel  selbst  war.  Der  innen* 
obere  Schulterblattwinkel  war  etwas  länger  ausgezogen  als  normal  und, 
was  wesentlich  ist,  nach  vorn  umgebogen,  so  dass  er  leicht  eine  nach  dem 
Schlüsselbein  hin   gekrümmte    Exostose    vortäuschen    konnte.     Nach    der 
Resection  des  Knochens  Hess  sich  sofort  das  Schulterblatt  um  ein  beträcht- 
liches Stück  weiter  nach  unten  schieben.    Was  die  Aetiologie  des  Leiden n 
anbetri£Ft,  so  schliesst  sich  Kölliker  der  SprengeTschen  Ansicht  an,  die 
das  angeborene  Leiden  auf  eine  bei  zu  geringer  Fruchtwassermenge  dureli 
die  Üteruswandungen  erzwungene  Verdrehung  des  Armes  nach  hinten  zu- 
rückführt.   Die  Vorbildung  des  Schulterblattes  ist  erst  secundärer  Natur. 

V.  Eiseisberg  (TJeber  einen  Fall  vonlnciHion  doH  IIorz-inciiii»)n  d«'H 
beuteis  wegen  eitriger  Pericarditis.     Wiener  klin.  Wochen- ^^® *"**'*' "^*^^"' 
Schrift  Nr.  2)   hat  bei    einem  Kranken  mit  traumatischer  eitriger    •  "     **     'f* 
Pericarditis,  bei  dem  sich  trotz  3maliger  Punction  die  Eiteransamm- 


324  Wagner. 

lung  immer  wieder  erneuerte,  den  Herzbeutel  breit  incidirt  und 
drainirt.  Heilung.  Die  bacteriologische  Untersuchung  des  Eiters 
ergab  Beinculturen  von  Bacterium  coli  commune. 

Entstehung  Heidenhain  (lieber   die  Entstehung   von  organischen 

^°"  Herzfehlern  durch  Quetschung  des  Herzens.  Deutsche  Zeit- 
Herzfehlern  schrift  f.  Chirurg.  Bd.  41,  H.  4  u.  5,  S.  286)  hat  durch  eingehende 
durch  Herz-  litterarische  Studien  festgestellt,  dass  stumpf  einwirkende  äussere 
quetschung,  Qe^^hjen  leichte  Quetschungen  des  Myocards  mit  eventuell  folgender 

L.  Heidenhain.  .     _,  .  .,.,__•• 

Herzmsufncienz  sowie  Klappenzerreissungen  im   linken  Herzen  mit 

nachfolgender  Elappeninsufficienz  hervorrufen  können.  Die  seltenen 
Fälle,  in  denen  nach  einer  Quetschung  der  Herzgegend  Klappen- 
stenose entstanden  ist,  lassen  sich  nur  durch  nachfolgende  entzünd- 
liche Veränderungen  '(schleichende  Endocarditis)  an  der  Klappe  er- 
klären. 

Operative  F.  Krause   (lieber    operative  Behandlung  der  Lungen- 

Behandlung  gangrän,  namentlich  bei  gesunder  Pleura.  Berl.  klin.  Wochen- 
g^ngrän  schrift  Bd.  32,  Nr.  16)  bespricht  diejenigen  seltenen  Formen  von 
F.  Krause.  Lungengangrän  und  Lungenabscess ,  die,  central  in  einem  Lappen 
gelegen,  die  Pleura  gar  nicht  in  Mitleidenschaft  gezogen,  oder  nur 
zu  Adhäsionsbildungen  zwischen  beiden  Blättern  gefuhrt  haben.  Li 
diesen  Fällen  bereitet  die  Diagnose  und  namentlich  die  genaue 
Localisation  wegen  des  tiefen  Sitzes  der  Erkrankungsheerde  zu- 
weilen grosse  Schwierigkeiten  (Probepunction !).  Die  operative 
Behandlung  beginnt  mit  der  subperiostalen  Besection  einer  oder 
mehrerer  Rippen.  Dann  muss  man  sich  erst  Klarheit  darüber  ver- 
schaffen, ob  Verwachsungen  zwischen  beiden  Blättern  der  Pleura  be- 
stehen oder  nicht.  Li  letzterem  Falle  muss  man  durch  Naht  und 
Jodoformgazetamponade  erst  künstlich  Adhäsionen  erzeugen,  ehe 
der  Pleuraraum  eröffaet  wird.  Nach  8 — 10  Tagen  kann  man  auf 
feste  Verwachsungen  rechnen.  Die  Durchtrennung  des  Lungen- 
gewebes wird  je  nach  der  Dicke  mittels  Komzange,  Messer  oder 
Paquelin'schen  Brenner  vorgenommen.  Ausspülungen  mit  sterilem 
Wasser,  Drainage  bis  zum  Abschluss  des  Bronchialsystems  gegen 
die  Lungenhöhle;  Verband. 

Enderlen  (Ueber  Stichverletzungen  des  Rückenmarks, 
experimentelle  und  klinische  Untersuchungen.  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  40,  H.  3  u.  4,  S.  201)  hat  durch  sorgsam 
ausgeführte  Experimentaluntersuchungen  an  Kaninchen  nachgewiesen, 


i 


Chirurgie.  325 

dass  die  Degeneration    des  Rückenmarkes  sich  nicht  auf  die  direct    stichver- 
von    dem   stechenden  Instrumente  getroffenen  Partieen  beschränkt,    i®<^zungen 
sondern  sich  in  wechselnder  Ausdehnung  auch  noch  auf  die  seitlich     mark  es 
gelegenen  Theile   erstreckt.     Einer  ausgedehnteren  Verletzung  folgt     Enderlen. 
auch   eine  ansgebreitetere  Degeneration.    Im  Laufe  der  Zeit  nimmt 
die  Anzahl  der  gequollenen  Axencyünder  ab;  der  Eintritt  der  Quel- 
long   ist    schon  2  Stunden  nach  der  Verletzung  nachweisbar.     Eine 
Regeneration  der  nervösen  Elemente  des  Rückenmarkes  findet  nicht 
statt,  nur  bei  der  Glia  und  den  bindegewebigen  Theilen  kann  man 
von  einer  Regeneration  reden.   Für  die  Sjrmptomatologie  der  Rücken- 
marksstichverletzungen  beim  Menschen   ergibt  sich  aus  diesen  Ver- 
suchen, dass  durch  die  diesen  Verletzungen  folgende  seitliche  Quel- 
lung   und   Erweichung   die  klinisch-functionellen  Lähmungserschei- 
nungen meist  ausgedehnter  sein  werden,  als  es  der  rein  anatomischen 
Grenze    der  Verletzung   entspricht.     Schwinden  im   weiteren  Laufe 
gewisse  Lähmungserscheinungen,  so  ist  dies  theilweise  nur  auf  Rück- 
gang  der  Rückenmarksquellung  zu  beziehen,    theilweise   auch  auf 
vicarürende  Functionen   erhalten  gebliebener  collateraler  Leitungs- 
bahnen. 

Kümmell  (Ueber  die  traumatischen  Erkrankungen  der        Trau- 
Wirbelsäule.   Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  11)  hat  be-     m*^l«c»»e 
reits  1891  auf  eine  traumatische  Erkrankung  der  Wirbel  hingewiesen,    kang  der 
die  er  nach  der  Eigenthümlichkeit  ihrtr  Erscheinimg  als  rareficirende  Wirbelsäule, 
Ostitis  der  Wirbelkörper  bezeichnete.   Diese  von  verschiedenen  Seiten       *oinieii. 
als  eine  tuberculöse  Spondylitis  mit  besonderem  Verlaufe  angesehene 
Erkrankung  ist  namentUch   in   ihrer  Beziehung  zu  unseren  Unfall- 
gesetzen von  Wichtigkeit,  da  ihre  Ursache  stets  ein  Trauma  bildet, 
sei  es,  dass  eine  directe  Gewalt  die  Wirbelsäule  trifft,  sei  es,  dass 
ein  schwerer  Gegenstand  auf  die  Schultern  oder  den  Nacken  des 
Kranken  herunterfällt,  oder  dass  beim  Herausspringen  aus  einem  in 
Bewegung  befindlichen  Wagen  der  Oberkörper  nach  hinten  gerissen 
wird  und  so   eine  Quetschung  der  Wirbel   eintritt.     Das   Traimia 
hinterlasst  in  seiner  sofortigen  Wirkung  nach  wenigen  Tagen  meist 
kaum  noch   Sparen,   und  erst  nach  Monaten   anscheinend  völliger 
Gesundheit  entwickelt  sich  ein  rareficirender  Process  in  den  Wirbel- 
körpem,  der  mit  einem  SubstanzQchwund  endigt.     Niemals  kommt 
es  bei  diesem  Process  zur  Eiterung.   Wahrscheinlich  handelt  es  sich 
in  den  meisten  Fällen  um  eine   durch  das  Traimia  hervorgerufene 
Compression  der  Wirbelkörper,  wodurch  diese  so  in  ihrer  Ernährung 
gestört  werden,  dass  es  zu  einer  Erweichung  und  Resorption  oder 


326  Wagner. 

Trau-       Atrophie  der  sich  berührenden  Wirbelkörperflächen  mit  fortschreiten- 
matische     ^       Druckschwund  kommt.  Die  Diagnose  dieses  rein  localen  Leidens 

£rkran-  ,  ...  ,   ,  t»     .    i 

kung  der  bereitet  keine  sehr  grossen  Schwierigkeiten  und  lässt  unter  Bertick- 
Wirbelsäule, giciitigQiig  ^q^  wichtigsten  Momente,  Einwirkung  eines  Trauma  bei 
einer  sonst  gesunden  Person  mit  rasch  vorübergehenden  Schmerzen, 
dann  später  auftretender  Gibbusbildung  mit  den  sich  daran  an- 
schliessenden localen  und  fortgeleiteten  Schmerzen,  auch  meist  eine 
Verwechslung  mit  einer  tuberculösen  Spondylitis,  eventuell  mit  einer 
anderen  Wirbelerkrankung  ausschliessen.  Die  Therapie  ist  um  so 
dankbarer,  je  früher  man  die  Kranken  vor  dem  Eintritt  tief  ergehenden 
Schwundes  der  Wirbelkörper  in  Behandlung  bekommt.  Sie  besteht 
in  horizontaler  Bettlage  mit  Extension  am  Kopfe,  später  in  einem 
geeigneten  Corset  bezw.  Stützapparat.  Dadurch  erzielt  man  einen 
Stillstand  des  rareflcirenden  Processes  und  eine  schliessliche  An- 
kylosirung  der  betroffenen  Ejiochenpartie. 

8.  Krankheiten  des  Unterleibes. 

a.  Magendarmkanal. 

Magen-  Mikulicz  (Bericht   über   103  Operationen   am  Magen. 

"^  MiMici^'  Archiv  f.  kUn.  Chirurg.  Bd.  61,  H.  1,  S.  9)  berichtet  über  103  Ope- 
rationen  am  Magen,  die  er  während  seiner  klinischen  Thätigkeit  an 
102  Kranken  ausgeführt  hat.  24  Kranke  starben  im  Anschluss  an 
die  Operation.  Die  günstigsten  Operations-  und  Dauererfolge  er- 
gaben sich  bei  den  nicht  carcinomatösen  Processen;  während  beim 
Oesophagus-  und  Magencarcinom  die  Dauererfolge  noch  viel  zu 
wünschen  übrig  lassen.  Durch  die  Gastrostomie  beim  Oesophagos- 
carcinom  wurde  das  Leben  der  Kranken  durchschnittlich  um  4^/s 
bis  6  Monate  verlängert.  Seit  wir  durch  die  WitzeFsche  Methode 
in  der  Lage  sind,  eine  vollkommen  schlussfiähige  Magenfistel  anzu- 
legen, wird  die  Operation  von  den  Kranken  als  grosse  Wohlthat 
empfunden,  da  ihnen  die  Qualen  des  Hungertodes  erspart  bleiben. 
Die  durchschnittliche  Lebensdauer  nach  der  Gastroenterostomie  wegen 
Pyloruscarcinom  betrug  9  V«  Monate,  nach  der  Pylorusresection  durch- 
schnittlich 16^4  Monate;  4  überlebende  Kranke  sind  24 — 5  Monate 
recidivfrei.  Die  Pylorusresection  verdient  demnach  in  allen  Fällen 
von  Pyloruscarcinom,  in  denen  sie  leicht  durchführbar  ist,  vor  der 
Gastroenterostomie  den  Vorzug. 
Th.  Rosenheim,  Th.  Bosenheim  (Ueber  die  chirurgische  Behandlung 
der  Magenkrankheiten.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21, 
Nr.  1 — 3)  hebt  hervor,  dass  die  Resection  des  krebsigen  Pylorus  nur 


Chirurgie. 


327 


in  den  leider  noch  niclit  sehr  zahlreichen  Fällen  von  Frühdiagnose 
des  Krebses  angezeigt  ist,  während  es  sich  in  den  übrigen  zur 
Operation  kommenden  Fällen  von  Pyloruscarcinom  fast  stets  nur  um 
die  verhältnissmässig  wenig  gefahrliche  PaUiativoperation  der  Gastro- 
enterostomie handeln  kann.  Diese  ist  namentlich  auch  bei  schweren 
Stagnationen  des  Mageninhaltes  anzuempfehlen.  Bei  den  gutartigen 
Verengerungen  des  Pylorus  kommen  die  Besection,  die  Pyloroplastik 
und  die  Gastroenterostomie  in  Frage.  Letztere  ist  für  alle  Fälle, 
in  denen  es  sich  um  Stagnation  des  Mageninhaltes  handelt,  das 
souveräne  Verfahren.  Die  Pyloroplastik  kommt  namentlich  bei  Aetz- 
stricturen  in  Betracht;  die  E*esection  ist  bei  gutartigen  Verengerungen 
möglichst  zu  vermeiden,  nur  dann,  wenn  man  die  Entstehung  eines 
Narbencarcinoms  befürchtet,  ist  diese  gefährliche  Operation  gerecht- 
fertigt (vergl.  S.  201). 

Rosenheim  (Ueber  einige  operativ  behandelte  Magen-  Rosenheim, 
kranke  nebst  Bemerkungen  über  Milchsäur egährung. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  15  u.  16)  berichtet  unter 
anderen  FäUen  auch  über  ein  Pyloruscarcinom  bei  einer  48jährigen 
Frau,  dessen  Entstehung  aus  einem  Geschwür  zweifellos  war  und 
nach  dessen  Besection  (zur  Zeit  3  Monate  nach  der  Operation)  die 
Kranke  das  Bild  vollkommener  Gesundheit  bietet  (vergl.  S.  194). 

Talma  (Die  Indicationen  zu  Magenoperationen.  Berl.  Talma, 
klin.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  25  u.  26)  empfiehlt  dringend  bei  Car- 
cinom  der  Cardia  und  des  untersten  Theiles  des  Oesophagus  mög- 
Uchst  wenig  zu  sondiren  und  frühzeitig  die  Gastrostomie  nach 
Witz el's  Methode  vorzunehmen.  Das  Herunterschlucken  von  Nähr- 
mitteln befördert  die  Entwickelung  des  Krebses,  während  der  Ge- 
brauch des  neuen  Magenmundes  den  Process  sehr  günstig  beein- 
flusst.  Von  dem  Krebse  an  und  bei  dem  Pylorus  gilt,  mutatis 
mutandis ,  das  Nämliche.  Namentlich  bei  denjenigen  Pyloruskrebsen, 
die  sich  aus  einer  alten  Geschwürsnarbe  entwickeln,  ist  die  Gastro- 
enterostomie mit  oder  ohne  Ausschaltimg  des  Pylorus  die  indicirte 
Operation.     Die  Pylorektomie  verdient  hier  keine  Empfehlung. 

Schuchardt  (Die  Behandlung  der  durch  rundes  Magen-  Schuchardt, 
geschwür  veranlassten  Perforationsperitonitis.  Arch.  f.  Min. 
Chinirg.  Bd.  50,  H.  3,  S.  616)  operirte  zwei  Kranke  mit  durch  rundes 
Magengeschwür  veranlasster  Perforationsperitonitis.  Die  eine  Kranke,  die 
4  Tage  nach  dem  Eintreten  der  Perforation  operirt  wurde ,  genas.  In 
beiden  Fällen  bestand  diffuse  Peritonitis  im  freien  BauchfeUraume  ohne 
jede  Spur  von  Verwachsungen. 

Pariser  (Zur  Behandlung  des  frei  in  die  Bauchhöhle       Pariser, 
perforirten  Ulcus  ventriculi.     Deutsche  med.  Wochenschr. 


328 


Wagner. 


Magen- 

chirargie, 

Pariser, 


Kocher, 


V.  Eiselsberg, 


Wöiner, 


Bd.  21,  Nr.  28  n.  29)  hat  gefunden,  dass  von  43  operativ  behandelten 
Kranken  mit  frei  in  die  Baachhöhle  perforirtem  Magengeschwür  lO 
genesen  sind.'  Von  ausschlaggebendem  Einfluss  anf  den  Erfolg  der 
Operation  sind  der  frohe  Zeitpunkt  des  Eingriffes  (spätestens 
10  Standen  nach  der  Perforation);  die  schnelle  und  gute  Erreich- 
barkeit des  perforirten  Geschwüres ;  der  Eüllnngszostand  des  Magens 
und  das  Verhalten  seines  Inhaltes  in  Bezog  anf  Zersetzungen;  das 
Vorhandensein  nur  einer  Perforation.  Ohne  chirurgische  Behand- 
lung können  frei  in  die  Bauchhöhle  perforirte  Magengeschwüre  nur 
dann  heilen,  wenn  zur  Zeit  des  Durchbroches  der  Magen  völlig  leer 
ist.  Dann  kommt  es  zu  keiner  allgemeinen  deletären,  sondern  zu 
einer  nur  ganz  umschriebenen  heüsamen  Peritonitis,  die  Verklebungen 
der  Perforation,  Verwachsungen  und  Anhefbmgen  zor  Polge  hat. 
Pariser  hat  15  solcher  Heilongsfalle ,  daronter  eine  eigene  Beob- 
achtung, zusammengestellt. 

Kocher  (Methode  und  Erfolge  der  Magenresection 
wegen  Carcinom.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  16 
bis  18)  empfiehlt  aufs  neue  seine  Methode  der  Magenresection  wegen 
Carcinom,  die  in  der  Gastroduodenostomie  mit  Verschluss  des 
Magens  nach  Bicsection  der  krebsigen  Partie  besteht.  Er  verfugt  zur 
Zeit  über  16  solche  Besectionen  mit  nur  2  Todesfällen.  9  Operirte 
sind  noch  am  Leben,  darunter  4,  bei  denen  nach  der  Operation  mehr 
als  1^2  Jahre  verflossen  sind. 

V.  Eiselsberg  (Ueber  Ausschaltung  inoperabler 
Pylorusstricturen  nebst  Bemerkungen  über  die  Je- 
junostomie.  Archiv  f.  klin.  Chirurgie  Bd.  50,  H.  4,  S.  919)  räth 
bei  inoperablen  Magentumoren,  die  starke  Schmerzen  und  Blutungen 
bedingen,  die  Gastroenterostomie  mit  der  Pylorusausschaltung  zu 
combiniren,  dergestalt,  dass  neben  der  Gastroenterostomie  noch  der 
Magen  proximal  vom  Tumor  durchtrennt  wird  und  diese  zwei 
Schnittflächen  in  sich  selbst  blind  vernäht  werden.  Der  Tumor  ist 
dadurch  vor  einer  directen  Berührung  mit  dem  Mageninhalt  bewahrt, 
ohne  dass  der  Gallenabfluss  hierbei  beeinträchtigt  wird.  v.  Eisels- 
berg hat  diese  Operation  bisher  zweimal  mit  Erfolg  ausgeführt. 

Wölfler  (üeber  die  Gastroanastomose  beim  Sanduhr- 
magen. Beiträge  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  13,  H.  1,  S.  221)  berichtet  über 
eine  dßjährige  Kranke,  die  seit  14  Jahren  am  Magen  litt  und  bei  der  sich 
bei  der  Laparotomie  der  Magen  durch  eine  Narbeneinschnürung  in  zwei 
ungleiche  Hälfben  getheilt  fand,  von  denen  jede  ektatisch  war.  Die  Ex- 
cision  der  Narbe  und  nachfolgende  Gastrorrhaphie  erschien  zu  eingreifend; 
deshalb  legte  Wolf  1er  eine  Anastomose  zwischen  den  beiden  Säcken  den 
Sanduhrmagens  an.  Heilung,  rasche  Gewichtszunahme  der  vor  der  Operation 


Chirurgie.  329 

nicht  ganz  86  kg  wiegenden  Kranken,  keine  Schmerzen  mehr.  Die  eigen- 
thOmlichen  Beschwerden,  die  die  Kranke  vor  der  Operation  hatte,  erklären 
sich  wohl  hauptsächlich  daraus,  dass  der  noch  nicht  genügend  hypertrophische 
cardiale  Magentheil  bei  der  Verdauung  die  Hubhöhe  für  die  Nahrungs- 
mittel bis  zu  der  nach  oben  gelegenen  Stenose  nur  mit  Mühe  überwinden 
konnte. 

Cahn  (Gastroenterostomie  wegen  schmerzhaften  Magen-  Calm, 
geschwürs  ohne  Stenosen  er  scheinungen.  Berl.  klin.  Wochenschr. 
Bd.  32,  Nr.  28)  hat  bei  einem  Kranken  mit  Magengeschwür,  bei  dem  an- 
daaemde,  nicht  zu  beseitigende  Schmerzen  zu  lebensgefährlichem  Kräfte- 
verfall geführt  hatten,  mit  günstigem  Erfolge  die  Gastroenterostomie  ge- 
macht, obwohl  ein  mechanisches  Hindemiss  für  die  Entleerung  des  Magens 
nicht  bestand. 

F.  Fischer  (Mittheilung  über  Magenfistelbildung.  F.  Fischer, 
Archiv  f.  klin.  Chirurgie  Bd.  50,  H.  3,  S.  562)  hat  in  vier  FäUen 
von  Oesophagosstenose,  in  denen  der  Magen  so  zusammengeschrumpft 
war,  dass  er  sich  nicht  vor  die  Bauchwunde  bringen  liess,  die  Er- 
nährong  durch  schräg  durch  die  angenähte  Magenwand  durchgebohrte 
Pravaz'sche  Canülen  vorgenommen.  Dadurch,  dass  eine  allmählich 
starker  genommene  Hohlnadel  stets  an  derselben  Stelle  der  Magen- 
wand schräg  eingeführt  wird,  bildet  sich  in  der  Magenwand  ein 
Kanal,  durch  welchen  sich  nach  5 — 6  Wochen  leicht  eine  Hart- 
kaatschnkcanüle  einfuhren  lässt.  Die  Fistel  schliesst  vollkommen 
über  derselben,  so  dass  selbst  bei  sehr  starker  Füllung  des  Magens 
nichts  aus  der  Fistel  heransfliesst,  da  nach  herausgezogener  Canüle 
die  Fistelränder  fest  zusammenfallen.  Wird  die  Oesophagusstrictur 
wieder  durchgängig,,  so  heilt  die  Fistel  spontan. 

Schdnwerth  (Ueber  Gastrostomieen.  Münch.  med.  Wochenschr.  Schönwerth, 
Bd.  42,  Nr.  19)  berichtet  aus  der  Münchener  chirurgischen  Klinik  über 
12  Gastrostomieen,  von  denen  11  wegen  Carcinoma  oesophagi,  1  wegen 
Struma  maligna  ausgeführt  wurden.  Mit  einer  Ausnahme  wurde  die  Ope- 
ration stets  mittels  des  Fenger'schen  Schnittes  unterhalb  und  parallel  de« 
linken  Rippenbogens  und  Einnähung  einer  Magenfalte  in  die  Bauchwunde 
vorgenommen.  Die  Schlussfähigkeit  der  Fistel  war  nur  in  einem  Falle 
«ehr  gut. 

Lindner  (Ueber  Gastrostomie  nach  Frank.  Berl.  klin.  Lindner. 
Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  8)  hat  in  letzter  Zeit  neunmal  die  Gastro- 
stomie nach  der  Methode  von  Frank  ausgeführt:  Schnitt  zur  Er- 
öffiiung  der  Bauchhöhle,  Vorziehen  einer  möglichst  grossen  Magen- 
falte, Fixirung  derselben  in  der  Peritonealööhung ,  Anlegen  einer 
zweiten  Incision  mehrere  Querfinger  oberhalb  des  Rippenrandes,  Ünter- 
niinining  der  so  gebildeten  Hautbrücke,  Hindurchziehung  der  Magen- 
falte unter  derselben,  Eröffnung  der  letzteren  und  Einnähen  in  den 


330 


Wagner. 


oberen  Schnitt.  Die  Erfolge  dieser  Operationsmethode  sind  sehr  zu- 
friedenstellend, namentlich  leiden  die  Kranken  in  den  ersten  Wochen 
ausserordentlich  viel  weniger  als  früher.  Die  Wundheilung  wird 
durch  kein  TJeberfliessen  von  Speise-  oder  Magenflüssigkeit  gestört, 
die  Continenz  ist  meist  sehr  gut. 


Darmnaht, 
Bier, 


V.  Frey, 


rUinann, 


Landerer. 


Bier  (Ueber  circuläre  Darmnaht.  Archiv  f.  klin.  Chir. 
Bd.  49,  H.  4,  S.  739)  glaubt  auf  Grund  seiner  experimentellen  und 
klinischen  Erfahrungen,  dass  die  alte  L emb er t'sche  Darmnaht  für 
die  grosse  Mehrzahl  der  Fälle  das  einfachste  und  sicherste  Ver- 
fahren ist  und  dass  ein  Bedürfniss  für  neue  Erfindungen  auf  diesem 
Grebiete  absolut  nicht  vorliegt.  Etwaige  Misserfolge  liegen  nicht  in 
der  Unvollkommenheit  der  Naht,  sondern  entweder  in  der  mangel- 
haften Uebung  des  Operateurs  oder  in  der  Schwere  der  Erkrankung 
des  Patienten,  die  keine  Darmnahtmethode  aus  der  Welt  zu  schaffen 
vermag.  Wem  in  schwierigen  Fällen  die  einfache  L  emb  er  t'sche 
Naht  nicht  sicher  genug  dünkt,  der  mag  immerhin  die  doppelreihige 
Czerny'sche  Naht  wählen. 

V.  Frey  (Ueber  die  Technik  der  Darmnaht.  Beitr.  z. 
klin.  Chirurgie  Bd.  14,  H.  1,  S.  1)  gibt  eine  umfassende,  mit  vielen 
guten  Abbildungen  versehene  Beschreibung  von  77  verschiedenen 
Darmnahtmethoden.  Mit  dem  Murphy'schen  Knopfe  hatte  er  bei 
Thieren  und  Menschen  gute  Erfolge.  Hinsichtlich  der  glatten  und 
genauen  Aneinanderlagerung  der  Schichten,  wie  sie  sich  in  Durch- 
schnitten der  Narbe  verschieden  lange  Zeit  nach  der  Operation  zeigt, 
ist  die  Murphy'sche  Methode  allen  anderen  überlegen.  Auf  Grund 
von  vier  Beobachtungen  am  Menschen  (Operationen  von  Wolf  1er), 
sowie  von  Thierversuchen  hält  v.  Frey  die  Enteroanastomose  nach 
Darmresection  zur  Zeit  für  die  beste  und  sicherste  Darmvereinigungs- 
methode. 

Ullmann  (Zur  Technik  der  Darmnaht.  Gentralblatt  f. 
Chirurgie  Bd.  22,  Nr.  2)  empfiehlt  eine  besondere  Art  von  Darm- 
naht,  welche  wie  keine  andere  Methode  Schnelligkeit  mit  Sicherheit 
verbindet.  Eine  Beschreibung  dieses  zuerst  von  einem  australischen 
Arzte,  WydenhamMaunsell,  theoretisch  angeregten  Verfahrens 
ist  ohne  Abbildungen  kaum  zu  verstehen. 

Landerer  (Zur  Technik  der  Darmnaht.  Gentralblatt  f. 
Cliirurgie  Bd.  22,  Nr.  13)  hat  bei  seinen  Versuchen,  ohne  die  Nach- 
theile des  Murphy-Knopfes  eine  ebenso  schnelle  Vereinigung  der 
beiden  Darmenden  zu  erzielen,  durchlochte,  in  SubUmatlösung  des- 
inficirte   Cylinder  genommen,   die   er  sich  in  verschiedener  Grösse 


Chirurgie. 


331 


aas  Kartoffeln  und  nickt  zu  alten  gelben  Buben  schnitzte,  an  beiden 
Enden  abschrägte  und  in  der  Mitte  mit  einem  circulären  Einschnitt 
versah.  Auf  diesen  Cylinder  werden  nun  beide  Darmstücke  auf- 
gebunden und  mit  Hülfe  einer  Schnümaht  in  die  Bille  hineingezogen. 
Die  beiden  Darmstücke  kommen  mit  den  serösen  Plächen  zur  Be- 
rährong.  Man  kann  annehmen,  dass  die  vegetabilischen  Cylinder 
5 — 6  Tage  vorhalten,  Zeit  genug,  um  eine  genügende  Yerklebung 
eintreten  zu  lassen;  nach  8 — 10  Tagen  fand  Landerer  von  den 
Cvlindem  nichts  mehr  vor.  Von  einer  Stenose  des  Darmlumens  an 
Stelle  der  Operation  war  nichts  zu  merken.  Landerer  hat  diese 
Operation  bisher  nur  an  der  Leiche  und  an  Hunden  geübt. 


ßasumowsky    (Die   Bildung    der   seitlichen   Darm-       Darm- 

anastomose     mittels    Kartoffelplatten.      Archiv    f.    klin.  Anastomose, 

-^  ,  Kasamowsky, 

Chirurgie  Bd.  50,  H.  4,  S.  747)  hat  in  emem  Falle  von  Darmresec- 

tion   bei   einem   eingeklemmten,    der  Gangrän  verdächtigen  Bruche 

mit   günstigem  Erfolge   eine  seitliche  Darmanastomose  mittels  Kar- 

tofPelplatten  angelegt. 

Wiener  (Murphy's  Anastomosenknopf  und  seine  Leistungen.  Wiener, 
Centralbl.  f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  4)  zählt  eine  grössere  Anzahl  von  Fällen 
aaf,  in  denen  im  letzten  Jahre  von  verschiedenen  amerikanischen  Chirurgen 
nach  Murphy's  Methode  operirt  wurde:  10  primäre  Darmresectionen  hei 
eingeklemmten  Hernien  ohne  Todesfall;  16  Darmfisteln  ohne  Todesfall; 
12  innere  Einklemmungen  mit  2  Todesfällen;  26  Darmresectionen  wegen 
meist  maligner  Tumoren  mit  3  Todesfällen  im  Anschluss  an  die  Operation ; 
«^  Cholecjstoduodenostomieen  mit  nur  1  Todesfall;  21  Gastroenterosto- 
mieen  mit  4  TodesfUllen. 

Murphy  (An  analysis  of  the  cases  operated  upon  Murphy. 
with  the  Murphy  hutton  up  to  date.  Lancet,  27.  April)  hat 
die  hisher  mit  seinem  Knopfe  ausgeführten  Operationen  zusammen- 
gestellt: 91  Darmresectionen  mit  15  Todesfällen,  39  Cholecystoentero- 
stomieen  wegen  Gallensteinen  mit  1  Todesfall;  8  Cholecystoentero- 
stomieen  wegen  bösartiger  Geschwülste  mit  7  Todesfällen;  1  Chole- 
cystoenterostomie  wegen  Gallenblasengangrän  tödtlich;  28  Gastro- 
enterostomieen  mit  8  Todesfällen.  Von  den  167  Operirten  starben 
also  im  ganzen  32;  doch  nur  bei  4  Todesfallen  glaubt  Murphy, 
dass  der  Knopf  an  dem  ungünstigen  Ausgange  Schuld  gewesen  sei. 
Aus  den  bisherigen  Erfahrungen  ergibt  sich,  dass  die  durch  den 
Knopf  veranlasste  Narbe  sich  nicht  verengert.  Sogleich  nach  der 
Operation  soll  flüssige  Nahrung  gegeben  und  durch  ein  leichtes  Ab- 
föhrmittel  baldigst  Stuhlgang  herbeigeführt  werden.  Ist  der  Knopf 
nach  3 — 4  Wochen  noch  nicht  abgegangen,  so  untersuche  man  den 


332 


Wagner. 


Mastdarm,    weil    der    Knopf    oft    oberhalb    de$    Sphincters    liegen 
bleibt. 

Weitere  Fälle  von  Operationen  mit  dem  Murphy-Knopfe 

Darm-       sind  von  James  Murphy,   Morton,   Donald  Day  (Brit.  med. 

J^mVe^M^/r' ^®^^^'  20.  April),  von  Swain  (Lancet,  23.  März),  von  Thomson 

Morton,     '  (Petersburger    med.   Wochenschr.   Bd.   20,   Nr.  27),    v.  Brenner 

l>on^d  Day,    (Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr,  44  u.  45)  u.  A.   mitgetheilt 

worden. 

König  (Zur  modernen  Technik  der  Darmresection 
und  Anastomosenbildung  [Murphy's  Knopf  etc.].  Central- 
blatt  f.  Chirurgie  Bd.  22,  Nr.  4)  sieht  den  Hauptvorzug  von  Murphy 's 
Knopfmethode  und  anderen  ähnlichen  Verfahren  darin,  dass  die 
Darmresection  rascher  ausgeführt  werden  kann.  Für  manche  Fälle 
ist  dies  ein  Vorzug,  wennschon  König  bestreitet,  dass  nach  etwas 
länger  dauernden  Darmoperationen  die  Kranken  oft  an  Shok  zu 
Grunde  gehen;  er  hat  jedenfalls  bei  seinen  vielen  Darmoperationen 
den  Tod  aus  dieser  Ursache  noch  nicht  zu  beklagen  gehabt.  König 
empfiehlt  vorläufig  noch  die  alten  sicheren  Operationsmethoden. 


Swain, 

Thomson, 

Brenner, 

König. 


DarmauB- 

Bchaltiing, 

Reiche], 


Obalinski, 


Hochenegg, 


Reichel  (Ueber  die  Berechtigung  der  Darmaus- 
schaltung mit  totalem  Verschluss  des  ausgeschalteten 
Darmstückes.  Centralblatt  f.  Chirurgie  Bd.  22,  Nr.  2)  wendet 
sich  gegen  den  von  Obalinski  aufgestellten  Satz,  dass  man 
beim  Menschen  berechtigt  sei,  jedes  beliebige  Darmstück  total 
auszuschalten.  Namentlich  die  von  diesem  aufgestellte  neue  In- 
dication  für  die  Darmausschaltung  mit  Verschluss  —  wenn  eine 
directe  Vereinigung  der  nach  der  Darmresection  entstandenen  Darm- 
lumina angestrebt  wird,  diese  jedoch  wegen  Adhäsionen  und  der- 
gleichen nicht  in  genügender  Weise  an  einander  gebracht  werden 
können  —  ist  unter  keinen  Umständen  berechtigt.  In  einer  Ent- 
gegnung weist  Obalinski  (Centralbl.  f.  Chirurgie  Bd.  22,  Nr,  6)  dar- 
auf hin,  dass  die  von  Reichel  bekämpfte  Indication  der  totalen 
Darmausschaltimg  sich  nur  auf  den  Dickdarm  bezieht,  für  den  auch 
dieser  die  Möglichkeit  einer  Ausschaltung  mit  vollständigem  Ver- 
schlusse zugibt. 

Hochenegg  (Chirurgische  Eingriffe  bei  Blinddarm- 
erkrankungen. Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  16 — 20) 
betrachtet  im  Gegensatz  zu  Obalinski  und  v.  Baracz  die  totale 
Darmausschaltung  mit  totalem  Verschlusse  des  ausgeschalteten  Stückes 
und  Versenkung  an  jedem  Darmabschnitte  als  zu  gefährlich ;  sie  ist 
aber  auch  unzweckmässig,  weü  man  dem  kranken  Darme  nicht  mehr 


Chirurgie. 


833 


beikominen  kann.  Die  totale  Darmausschaltung  nach  8  alz  er  mit 
Einnahung  der  Lichtungen  der  ausgeschalteten  Darmpartie  in  die 
Baachwiinde  bleibt  namentlich  bei  besonders  schweren,  mit  Eiterung 
und  Fistelbildung  complicirten  Fällen  vorbehalten,  sowie  in  jenen 
Fällen,  in  denen  die  Ausschaltung  nur  die  vorbereitende  Operation 
zur  Ezstirpation  des  Erankheitsheerdes  vorstellen  soll.  In  weniger 
schweren  Fällen  ist  die  partielle  Darmausschaltung,  die  Ueocolo- 
stomie,  zu  versuchen.  In  einer  sehr  polemisch  gehaltenen  Erwide- 
rung (ibid.  Nr.  28)  vertheidigt  v.  Baracz  seine  Operation  der 
totalen  Darmausschaltung  mit  totalem  Verschluss  des  ausgeschalteten 
Darmstückes. 

V.  Erlach  (Ein  Fall  von  Fistula  ileo-vaginalis  durch 
Darmausschaltung  geheilt.  Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  24) 
hat  bei  einer  40jährigen  Kranken,  bei  der  sich  im  Anschluss  an  die  Ex- 
t^tirpation  des  carcinoniatösen  Uterus  eine  carcinomatöse  lleovaginalfistel 
{gebildet  hatte ,  eine  30  cm  lange ,  mit  dem  Carcinom  verwachsene  Darm- 
schlinge vollkommen  ausgeschaltet.  Vereinigung  des  zuführenden  Darm- 
rohres mit  dem  abführenden;  glatte  Heilung.  10  Monate  nach  der  Operation 
Tod  an  Carcinommarasmus.     Section  nicht  gestattet. 


V.  Baracz, 


V.  Erlach. 


Rydygier(ZurBehandlungderDarminvaginationen.       Darm- 
Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurgie  Bd.  42,  H.  1  u.  2,  S.  101)  kommt    i^^^a&i«»- 
auf  Grund  einer  kritischen  Durchsicht  von   152  Fällen  von  Darm-     Rydygier. 
invaginationen   zu  folgenden   Schlussfolgerungen:   In   acuten  Fällen 
soll  möglichst  früh  zur  Operation  geschritten  werden,  sobald  die  un- 
blutigen therapeutischen  Maassregeln,  gehörig  ausgeföhrt,  ohne  Erfolg 
geblieben  sind.     Kach  gemachter  Laparotomie  ist  zunächst  die  Des- 
invagination  zu  versuchen ;  die  Operation  der  Wahl  ist  die  Resection 
des  Invaginatum  allein.    Die  Resection  der  ganzen  Invagination  hat 
da  Platz   zu   greifen,   wo   die   invaginirende  Scheide   stärkere  Ver- 
änderung ihrer  Wände  zeigt  und  Perforation  droht.     Bei  der  chro- 
nischen Invagination  ist  ebenfalls  zuerst  die  Desinvagination  zu  ver- 
suchen, sonst  aber  die  Besection  des  Invaginatum  vorzuehmen. 

Aufrecht  (Zur  Pathologie   und  Therapie   der  Para-  Biinddarm- 
typhlitis.   Therap.  Monatsh.  Bd.  9,  Nr.  B)  will  die  grosse  Mehrzahl  ^"^^  ^^^•'^- 
aller  Paratyphlitiskranken  der  internen  Behandlung  gewahrt  wissen.    Chirurgie, 
Seine  Heilungsresidtate  sind  günstiger  als  diejenigen  von  Murphy,      Aufrecht. 
der  jeden  sicher  diagnosticirten  Fall  von  Entzündung  des  Processus 
vermiformis   der  sofortigen  Operation  unterwirft.     Bei  der  vom  er- 
krankten  Processus    vermiformis    ausgehenden    phlegmonösen   Ent- 
zündung des  Bindegewebes  hinter  dem  Colon  ascendens  hält  auch 


334  Wagner. 

Blinddarm-  Aufrecht  ein  schletuiiges  chirurgisches  Eingreifen  für  erforderlich, 
und  Wurm-  g^j^gt  nur  beim  Vorhandensein  grösserer  Eitermassen  im  Bauche  und 
Chirurgie,    hei  nachweisbarem  Abscesse.  Bei  Ileus  empfiehlt  sich  zunächst  eine  Be- 
Aufrecht,      handlung  mit  Morphiuminjectionen ;  nur  wenn  sich  die  Erscheinungen 
sehr  rasch  zu  grosser  Heftigkeit  steigern,  muss  sofort  operirt  werden. 
Treves,  Treves  (Observations   on   a  further  series  of  cases 

of  relapsing  typhlitis  treated  by  Operation.  Brit.  med. 
Joum.,  9.  März)  fügt  seinen  14  früher  mitgetheilten  PäUen  von 
operativer  Behandlung  der  recidivirenden  Perityphlitis  18  weitere 
hinzu.  Die  Entfernung  des  Wurmfortsatzes  wurde  stets  erst  nach 
Ablauf  der  entzündlichen  Erscheinungen  vorgenommen.  Nur  ein  Fall 
endete  tödtlich. 
Baxker.  A.  Barker  (A  note  on  the  technique  of  removal  of  the 

vermiform  appendix.  Brit.  med.  Joum,,  Nr.  1790)  hat  folgen- 
des einfache  Verfahren  der  Exstirpation  des  Wurmfortsatzes  in  bis- 
her 7  Fällen  erprobt  gefanden :  Nach  Isolirung  des  Appendix,  Unter- 
bindung und  Ablösung  seines  Gekröses  durchtrennt  man  am  ersteren 
Serosa  und  Muscularis  circulär,  zieht  unter  Zurückschiebung  dieser 
Häute  den  Schleimhautschlauch  hervor,  unterbindet  und  trennt  ihn 
nahe  seinem  Abgange  vom  Blinddarm  ab  und  unterbindet  dann  über 
den  sich  zurückziehenden  Stumpf  den  wieder  zurückgestreiften  Serosa- 
und  Muscularisschlauch. 

GeschwttlBte         Körte   (Zur  chirurgischen   Behandlung  der   G  e- 
^^J^         schwülste    der   Ileocöcalgegend.     Deutsche   Zeitschrift    fiir 
gVge^l!     Chirurgie  Bd.  40,  H.  5  u.  6,  S.  523)  hat  16  Fälle  von  Geschwülsten 
Körte.        der  Ileocöcalgegend  beobachtet  imd  davon  9  ELranke  mit  Exstirpa- 
tion des  Erankheitsheerdes  bebandelt  (4  Oarcinome,  4  Tuberculosen, 

1  Aktinomykose).  Von  den  Operirten  ist  keiner  an  den  Folgen  des 
Eingriffes  gestorben.  Von  den  operirten  Carcinomkranken  ist  einer 
3  Vs  Jahre  gesund,  obwohl  die  Geschwulst  sehr  ausgedehnt  war ;  bei 

2  anderen  Kranken  sind  13  V«  resp.  10^2  Monate  seit  der  Operation 
verflossen ;  bei  beiden  besteht  aber  die  Wahrscheinlichkeit  eines  Reci- 
dives.  Von  den  wegen  Tuberculose  Operirten  ist  ein  Patient  2  Jahre 
7  Monate  gesund,  bei  einem  zweiten  und  dritten  ist  die  Operation 
noch  jungen  Datums;  die  vierte  Kranke,  ein  14jähriges  Kind,  erlag 
10  Vs  Monate  nach  der  Exstirpation  einer  ausgedehnten  Lungen-, 
Darm-  und  Bauchfelltuberculose,  Der  wegen  Aktinomykose  Opeiirte 
erlag  8\'2  Monate  nach  der  Exstirpation  des  Beocöcaltumors,  welche 
auf  die  irrthümliche  Diagnose  maligner  Neubildung  hin  gemacht 
wurde,  den  weitergehenden  Zerstörungen  durch  den  Strahlenpilz. 


Chirurgie.  '  335 

Schede  (Ueber  die  Besection  des  Mastdarmes  bei  Mastdarm- 
den  stricturirenden  Geschwüren  desselben.  Archiv  f.  ^^l'?'*^®' 
klin.  Chirurgie  Bd.  50,  H.  4,  S.  835)  empfiehlt  auf  Grund  von 
15  Operationsfällen,  von  denen  14  in  endgültige  Genesung  ausgingen, 
bei  den  stricturirenden  Mastdarmgeschwüren  die  Besection  vorzu- 
nehmen. Nur  bei  ganz  schwierigen  Operationsfällen  und  bei  sehr 
heruntergekommenen  Kranken  ist  die  Colotomie,  eventuell  wenigstens 
als  PräUminaroperation,  angezeigt. 

C.Koch  (ZurOperation  desMastdarmkrebses.  Münch.      c.  Koch. 
med.  Wochenschr.  Bd.  42,   Nr.  6  u.  7)  hat  bei  der  Operation  des 
Mastdarmkrebses  sehr  günstige  Erfolge  mit  der  nach  v.  Bergmann 
modificirten  sacralen  Methode  erzielt.     Seine  fünf  Kranken  genasen, 
der  erste  ist  jetzt  nahezu  2  Jahre  recidivfrei  geblieben. 

Nicoladoni   (260  Badicaloperationen  nach   Bassini     Radical- 

nebst    einer   eigenen  Methode   der   conservativen  Ver-    op®^****^'* 

.  der 

Lagerung  des  Leistenhodens.     Wiener  med.  Presse  Bd.  36,  unterleibs- 
Xr.  10 — 17)   ist   ein  grosser  Anhänger  der  Bassini'schen  Badical-      Brüche, 
Operation   und  hat  bisher  260  Kranke  nach  dieser  Methode  operirt. 
Li  den  früheren  Fällen  hat  er,  namentlich  bei  subaponeurotischer 
Entwickelung  des  Kryptorchismus ,  die  Badicaloperation  immer  mit 
der  Castration  des  Hodens  verbunden,  in  dem  Gedanken,   dass  der 
Samenstrang  für   einen  Scrotalsitz  des  Hodens  zu  kurz  sei.     Es  ist 
jedoch  überraschend,  wie  sehr  der  Leistenhoden  beweglich  wird,  wenn 
sein  Samenstrang  einmal  aus  dem  Processus  vaginalis  gelöst  ist  und 
wie  weit  sich  dieser  ohne  übermässige  Spannung  dehnen  lässt.     Li 
seinen  letzten  OperationsfäUen  hat  deshalb  Nicoladoni  nach  Be- 
freiung des  Samenstranges   bis   in  die  Apertura  interna  hinein  den 
Processus  vaginalis  nach   sorgfaltigem  Ausstreichen  seines  Inhaltes 
im  Niveau   der  Arteria  epigastrica  unterbunden   und   diesseits   der 
Ligatur    abgetrennt.     Hieran    schliesst    sich    unmittelbar   die   tiefe 
Naht  der  Bauchmusculatur  mit  dem  Ligamentum  Poupartii.     Dann 
wird    der    aufwärts  vom  Hoden   gelegene   Antheil    des   Processus 
vaginalis  entfernt  und  von  seinem  distalen  Antheüe  nur  so  viel  ab- 
getragen, dass  die  davon  zurückbleibenden  Beste  genügen,  den  Hoden 
mit  einer  Tunica  testis  zu  versehen.     Der  abwärts  vom  Hoden  he- 
gende und  mit  seiner  Epididymis  inm'g  verbundene  Best  des  Pro- 
cessus vaginalis  wird  jedoch  geschont  und  zu  einer  Art  von  Guber- 
nacolum  verwendet,  mit  dessen  Hülfe  der  Testikel  an  seinem  neuen 
Platze  dauernd  festgehalten  werden  soll. 

Beresowsky  (Ueber  Badicaloperation   nicht  einge- 


336 


Wagner. 


Radical-     klemmter  Brüche  und  ihre  Endresultate.     Deutsche  Zeit- 
operation    gchrift  f.  Chirurgie  Bd.  40,  H.  3  u.  4,  S.  295)   berichtet  über  das 
Unterleibs-  Kocher'sche  Material  von  Kadicaloperationen  nicht  eingeklemmter 
brüohe,      Brüche.     Dasselbe  umfasst   192  Patienten  mit  220  Brüchen.     Alle 
BereeowBky,    tranken  sind  genesen,  und  alle  sind  aus  der  Klinik  ohne  Bruchband 
entlassen  worden,   da  keine  Vorwölbimg  beim  Husten  und  bei  An- 
spannung der  OperationssteUe  vorhanden  war.     Für  die  beste  Me- 
thode  der  Badicaloperation    der   Hemiae   inguinales    obliquae    hält 
Beresowsky  die   modificirte  Yerlagerungsmethode  von  Kocher, 
•     die  in  ihrer  Technik   einfach  und   gefahrlos   ist  und  bezüglich  der 
Becidive  dieselben  günstigen  Kesultate   aufweist,  wie  die  anderen 
gegenwärtig  besten  Methoden  von  Mac  Ewen  und  Bassini. 
w.  Kramer,  W.  Kramer  (Ueber   die  Resultate   und  die  Ausführung 

der  Radicaloperation  besonders  grosser  TJnterleibsbrüche. 
Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  BO,  H.  1,  S.  188)  hat  durch  eine  grössere 
statistische  Arbeit  den  Nachweis  erbracht,  dass  auch  bei  besonders 
grossen,  d.  h.  über  zweimannsfaust-  und  noch  grösseren  Hernien  die 
Radicaloperation  günstige  Erfolge  aufzuweisen  hat.  Jedenfalls  bessert 
sich  fast  stets  nach  der  Operation  die  Möglichkeit,  einen  wieder- 
kehrenden Bruch  durch  ein  Bruchband  zurückhalten  zu  können. 
Natürlich  sind  auch  die  Gefahren  der  Radicaloperation  besonders 
grosser  Hernien  beträchtlicher,  so  dass  hier  ganz  besonders  eine 
strenge  Auswahl  der  zu  operirenden  Fälle  für  die  Zukunft  ge- 
boten ist. 
Fabriciufl.  Fabricius  (Ueber  die  operative  Behandlung  von  Crural- 

hernien.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  31  u.  32)  theilt  die 
Schenkelbrüche  in  folgende  drei  Arten  ein:  1.  Die  Geschwulst 
tritt  unter  dem  Rande  des  Proc.  falciformis  minor  durch  eine  OeShung 
des  oberflächlichen  Blattes  der  Fascia  lata  hervor  (kleine  Hernien); 
2.  die  Bruchgeschwulst  liegt  direct  im  Gefasstrichter;  3.  die  Brach- 
pforte ist  so  gross,  dass  der  ganze  Raxmi  vom  Proc.  falciformis 
minor  bis  zu  den  grossen  Gefassen  von  der  Bruchgeschwxdst  aus- 
gefüllt ist.  Die  Bedingungen  für  eine  erfolgreiche  Radicaloperation 
bestehen  in  der  Beseitigung  des  Schenkeltrichters  und  in  einer  mög- 
lichst festen  Fixation  des  Poupart'schen  Bandes  am  horizontalen 
Schambeinaste.  Fabricius  näht  das  Poupart^sche  Band  an  den 
inneren  Rand  des  horizontalen  Schambeinastes;  hierbei  incidirt  er 
den  oberen  Rand  des  Proc.  falciformis  minor  und  die  Fasern  des 
Lig.  Poupartii  an  dessen  Insertion  am  Tuberculum  pubicum  so  weit, 
bis  sich  dieses  leicht  zurückdrängen  und  an  das  Lig.  Cooperi  an- 
nähen lässt. 


Chirurgie.  337 

Tenderich  (lieber  Tuberculose  der  Hernien.  Deutsche  Tubercuiose 
Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  41,  H.  1  u.  3,  S.  220)  beschreibt  aus  ^^t^^^I^^^J^J^^''' 
Greifswalder  chirurgischen  Klinik  drei  Fälle  von  Hemientuberculose. 
Im  ganzen  bietet  die  Casuistik  22  hierher  gehörige  Fälle.  Am 
hanfigsten  werden  die  Leistenbrüche  beim  männlichen  Geschlecht 
von  der  Tuberculose  betroffen.  Die  Krankheit  ist  vor  der  Operation 
nur  selten  sicher  zu  diagnosticiren. 

Kroenlein  (Klinische  und  topographisch-anatomische  Pankreas- 
Beiträge  zur  Chirurgie  des  Pankreas.  Beitr.  z.  klin.  Chirurg,  c^^rnrgie, 
Bd.  14,  H.  8,  S.  663)  exstirpirte  bei  einer  63jährig6n  Frau  ein  primäres 
Angiosarkom  des  Pankreaskopfes.  7  Tage  nach  der  Operation  starb 
die  Kranke,  und  zwar  ergab  die  Section  als  einzige  Todesursache 
eine  scharf  begrenzte  Gangraena  coli  transversa  in  bedeutender  Aus- 
dehnung. Dieses  Ereigniss  veranlasste  Kroenlein,  der  Ursache 
di^er  Dickdarmgangrän  genauer  nachzugehen,  und  er  konnte  fest- 
stellen, dass  diese  auf  die  Continuitätsunterbindung  der  Art.  colica 
media,  nahe  ihrem  Abgange  aus  der  Art.  mesenterica  superior 
zurückgeführt  werden  musste. 

b.  Leber,  Gallenblase. 

Sendler   (Zur   Pathologie    und    Chirurgie    der   Gallen-      Gallen- 
blase und  Leber.   Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  40,  H.  3  u.  4,  ^^laseji-  und 

Leber- 

8.  366)  will  die  innere  Therapie  bei  Gallenblasenleiden,  wenn  sie   Chirurgie, 
nicht  von  Erfolg  begleitet  ist,  nicht  zu  lange  ausgedehnt  wissen.  Je      Sendler. 
früher  ein  Gallenblasenleiden   zur  Operation  gelangt,   desto  leichter 
wird  diese   im   allgemeinen   sich   gestalten,   imd  desto   rascher   und 
gründlicher  wird  die  Heilung  zu  erreichen  sein.     Eine  Operation  ist 
bei  der  regulären  Cholelithiasis   schon  nothwendig,   wenn   sich   die 
KolikanfaUe  häufig  und  in  kurzen  Pausen  wiederholen.     Zeichen  von 
Steinverschluss   der  GaUengänge  und   auftretendes  Fieber   drängen 
noch  mehr  dazu.     Das  letztere   lässt  in  den  meisten  Fällen  auf  In- 
fection  und  Eiterbildung  schliessen.   Acut  aufgetretener  Icterus  bietet 
keine  Contraindication,  ebenso  wenig  chronischer  Icterus.     Tritt  im 
Verlaufe  der  Kolikanfälle  überhaupt  kein  Icterus  ein  und  wird  dabei 
auch  kein  Steinabgang  in  den  Stühlen  beobachtet,   so   ist  zu  ver- 
muthen,  dass  sich  in  der  Gallenblase  grosse  Steine  befinden,  die  die 
Gänge  nicht   durchwandern  können  und   deshalb  möglichst  bald  zu 
entfernen  sind.     Die  acute  infectiöse  Cholecystitis,  die  durch  Ruptur 
der  Gallenblase  oder  -Gänge  herbeigeführte  Perforativperitonitis,  so- 
wie der  Gallensteinileus   erfordern  sofort  nach  gestellter  Diagnose 
Jahibnch  der  practisohen  Medidn.    1896.  22 


338 


Wagner. 


Gallen-      die  Laparotomie.    Auch  beim  chronischen  Hydrops  der  Gallenblase 

^hehlr-^    ist  die  Operation  zu  empfehlen,  da  dieser  mit  verschwindenden  Aus- 
Chirurgie,    nahmen  auf  Verschluss  des  Ductus  cysticus  beruht  und  eine  Bück* 

Sendler.  bildung  deshalb  nicht  zu  erwarten  ist.  Auch  wenn  keine  ftbr  die 
Cholelithiasis  charakteristischen  Beschwerden  vorliegen,  aber  Schmerz- 
anfälle auftreten,  die  auf  intraabdominale  Strangbildungen  infolge 
eines  abgelaufenen  Grallensteinleidens  schliessen  lassen,  ist  die  Laparo- 
tomie angezeigt.  Die  Wahl  der  Operationsmethode  ist  im  Einzelfalle 
abhängig  zu  machen  von  dem  pathologischen  Befände.  Die  Chole- 
cystektomie schafft,  wo  sie  am  Platze  ist,  die  klarsten  Verhältnisse ; 
die  Cystendyse  passt  nur  für  wenige  uncomplicirte  PäUe  und  wird 
auch  hier  vielleicht  besser  durch  die  einzeitige  Cholecystotomie  mit 
folgendem  Nahtverschluss  der  Gallenblase  und  Einheftung  derselben 
in  die  Bauchwunde  ersetzt.  Für  die  meisten  Fälle  ist  die  einzeitige 
Cholecystotomie  mit  zeitweiliger  Anlegung  einer  GaUenblasenbauch- 
fistel  die  geeignetste  Operation,  da  sie  eine  Nachbehandlung  der 
erkrankten  Gallenblasenschleimhaut  gestattet  und  etwa  übersehenen 
Steinen  die  Ausgangspforte  offen  hält.  Bei  infectiösen  Erkrankungen 
empfiehlt  sich  die  zweizeitige  Operation.  Gallengangsteine  sind  in 
die  Gallenblase  zurückzuschieben  oder  durch  directen  Einschnitt  zu 
entfernen.  Den  Folgen  des  Choledochusverschlusses  ist  durch  die 
Cholecystenterostomie  in  wirksamer  Weise  zu  begegnen. 
Meermann,  Meermann   (Beiträge    zur   Chirurgie    der    Gallenwege. 

Beitr.  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  13,  H.  2,  S.  319),  der  sich  auf  das  grosse 
Material  der  Heidelberger  chirurgischen  Klinik  stützt,  ist  ebenfalls 
für  möglichst  frühzeitige  Operation.  Bei  wenig  erkrankter  Wand, 
bei  galligem,  schleimigem  oder  hydropischem  Inhalte  der  Gallenblase 
ist  die  Cholecystendyse  die  typische  Operation,  die  die  günstigste 
Prognose  gibt.  Li  der  Mehrzahl  der  FäUe  ist  die  einzeitige  Chole- 
cystostomie  am  Platze. 

Kocher.  Kocher   (Ein   Fall   von   Choledochoduodenostomia   interna 

wegen  Gallenstein.  Correspondenzbl.  f.  Schweiz.  Aerzte  Nr.  7)  hat 
bei  einem  36jährigen  Kranken  einen  im  Choledochna  sitzenden  taubenei- 
grossen  Stein,  der  nicht  zertrümmert  werden  konnte,  dadorch  extrahirt, 
dass  er  das  Duodenum  quer  spaltete  und  dann  durch  die  hintere  Duodenal- 
wand  auf  den  Stein  einschnitt.    Naht  etc.,  Heilung. 

c.  Milz. 


Spien» 

ektomie, 

Hahn, 


Hahn  (Ueber  Splenektomie  bei  Milzechinococcus. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  28)  empfiehlt  beim  Echino- 
coccus   und   bei   den   Blutcysten    der   Milz   die   Splenektomie   vor- 


Chirurgie. 


339 


Mainzer, 


zunehmen,  vorausgesetzt,  dass  keine  festeren  und  ausgedehnteren 
Adhäsionen  mit  Magen,  Darm,  Bauchwand  und  Zwerchfell  vorliegen. 
Ist  dies  der  Fall,  so  ist  an  Stelle  der  Splenektomie  die  Einheftung 
und  die  sofortige  Incision  der  Cyste  oder  die  zweizeitige  Eröfbung 
vorzunehmen.  Von  sieben  Splenektomieen  wegen  Echinococcus,  dar- 
imter  ein  Fall  von  Hahn,  sind  fünf  glatt  geheilt.  Der  Ausfall  einer 
gesunden  oder  durch  Druck  atrophischen  Milz  scheint  von  einem 
gesunden  Organismus  ohne  alle  nachtheiligen  Folgen  leicht  über- 
wunden zu  werden. 

Mainzer  (Wandermilz  und  Splenektomie.  Ann,  d.  städt. 
aUgem.  Krankenh.  z.  München  für  1893,  S.  254)  hebt  als  ätiologisch 
wichtig  hervor,  dass  es  sich  in  den  meisten  Fällen  von  Wandermilz 
um  ein  vergrössertes  Organ  handelt,  und  zwar  ist  diese  Vergrösse- 
rung  primärer  Natur  (namentlich  Intermittens-Milz).  Die  Beschwerden 
von  Seiten  einer  £rei  beweglichen  Milz  sind  meist  nicht  so  gross, 
als  wenn  sie  durch  Adhäsionen  fixirt,  an  einem  Funkte  liegt,  wo  sie 
fortwährend  einen  Zug  oder  Druck  auf  wichtige  Organe  ausübt.  Bei 
Malariawandermilz  kann  man  eine  medicamentöse  Behandlung  ver- 
suchen. Ist  die  dislocirte  Milz  nicht  sehr  gross  und  noch  frei  be- 
weglich, so  sucht  man  sie  durch  passende  elastische  Bandagen  in 
ihrer  Lage  zu  erhalten.  Bei  sehr  grossen,  nicht  repomrbaren  Milzen 
ist  nur  von  einer  operativen  Behandlimg  Erfolg  zu  erwarten.  Von 
32  Splenektomieen  wegen  Wandermilz  —  Mainzer  theilt  einen  hier- 
her gehörigen  neuen  Fall  aus  der  Angerer'schen  Klinik  mit  — 
endeten  nur  4  tödtlich. 

M.  Range  (Exstirpation  einer  Wandermilz  mit  Axendrehung 
des  Stieles,  Berliner  Min.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  16)  hat  bei  einer 
21j3hrigen  Kranken  die  um  ihren  Stiel  gedrehte  Wandermilz  mit  glück- 
lichem Erfolge  entfernt.  4  Wochen  nach  der  Operation  war  der  Blutbefund 
wieder  aimähemd  normal,  keine  Lymph-  oder  SchUddrüsenschwellung. 

Rydygier  (Die  Behandlung  der  Wandermilz  durch  spienopexis, 
Splenopexis.  Wien.  khn.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  24)  hat  unter  Rydygier. 
48  Fällen  von  idiopathischer  Milzvergrösserung  und  Wandermilz,  in 
denen  die  Splenektomie  vorgenommen  wurde,  15  =  81,2 '^/o  Todes- 
falle gezählt.  Dies  beweist  hinlänglich,  dass  die  Splenektomie  auch 
bei  der  Wandermilz  nicht  ungefährlich  ist;  ganz  abgesehen  davon, 
dass  es  für  den  Körper  nicht  ohne  Belang  sein  kann,  ob  man  ein  so 
wichtiges  Organ  entfernt  oder  nicht.  Rydygier  hat  deshalb  in 
einem  kürzlich  beobachteten  Falle  von  Wandermilz  von  der  Splen- 
ektomie abgesehen  und  mit  günstigem  Erfolg  eine  Splenopexis  vor- 
genommen.    Er  bildete .  sich  durch  Ablösen  des  parietalen  Peritoneal- 


M.  Range. 


340 


Wagner. 


Spienopexis,  blattes  von  der  inneren  Bauchwand  eine  Tasche,  in  die  er  die  Milz 
Rydygier,     hineinsteckte.   Das  Lig.  gastro-lienale  wurde  an  den  Rand  der  Tasche 
festgenäht,  und  nur  wenige  Befestigungsnähte  wurden  durch  das  Milz- 
parenchym  selbst  gelegt.     3  Monate  nach  der  Operation  befand  sich 
die  Milz  noch  an  der  normalen  Stelle. 
Kouwer,  Kouwer   (Die   Behandlung   der  Wandermilz    durch   Spieno- 

pexis. Wien.  klin.  Wochenschr,  Bd.  8,  Nr.  48)  hat  bereits  vor  4  Jahren 
in  zwei  Fällen  eine  Befestigung  der  Wandermilz  vorgenommen,  und  zwar 
wurde  die  Milz  unten  und  etwas  nach  aussen  von  der  Niere  fixirt.  Bei  der 
ersten  Ejranken  hat  sich  diese  Fixation  nun  bereits  4  Jahre  voll  bewährt, 
die  Kranke  ist  arbeitsfähig  und  hat  keine  Wandermilz  mehr.  Im  zweiten 
Falle  misslang  das  Verfahren  aus  besonderen  Ursachen. 
Plücker,  Plücker  (Ueber  Spienopexis  bei  Wandermilz.   Centralbl. 

f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  40)  ist  ebenfalls  der  Ansicht,  dass  bei  der 
Wandermilz  die  Splenektomie  durch  die  Spienopexis  verdrängt  werden 
soll.  Er  beschreibt  ein  von  Bardenheuer  mit  Erfolg  angewendetes 
Verfahren  von  eirtraperitonealer  Lagerung  und  Fixirung  der  Milz, 
das  sich  gegenüber  der  Rydygier'schen  Methode  durch  vollkommene 
Gefahrlosigkeit  und  leichtere  Technik  auszeichnet. 
Sykoff.  Sykoff  (Ueber  die  Behandlung  der  Wandermilz  mit  Spleno- 

pexie.  Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51,  H.  3,  S.  637)  hat  auf  eine  An- 
regung von  L.  V.  Lewschin  hin  bei  Thieren  Versuche  angestellt,  die 
Milz  in  ein  Netz  aus  sterilisirtem  Gatgut  zu  hüllen  und  das  letztere  an  die 
Bauchdecken  mit  Nähten  anzuziehen.  Für  diese  Fixation  ist  es  genügend 
die  Hälfte  oder  den  mittleren  Theil  der  Milz  anzunähen.'  Neben  den  Catgut- 
fäden  bilden  sich  Gewebsstränge ,  welche  dann  die  dauernde  Fixirung  der 
Müz  Übernehmen;  letztere  bleibt  vollkommen  functionsfähig. 


d.  Harnorgane. 

Cysto-  Nitze  (Ueber  cystoskopische  Diagnostik  chirurgischer 

ßkopische    Nierenerkrankungen  mit  besonderer  Berücksichtigung  des 
^  Harnleiterkatheterismus.   Berl.  klin.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  16 

u.  17)  zeigt  an  einer  Beihe  von  instructiven  Fällen,  dass  die  Cysto- 
skopie  mit  Sicherheit  die  Frage  beantworten  kann,  ob  die  Blase  oder 
die  Niere  der  Sitz  der  Erkrankung  ist,  ob  zwei  functionirende  Nieren 
vorhanden  sind  und  aus  welchem  Harnleiter  bei  Hämaturie  und 
Pyurie  das  pathologische  Secret  stammt.  Mittels  des  von  Nitze 
angegebenen  Harnleiterkatheterismus  gelingt  es  nun  aber  auch,  den 
Harn  jeder  Niere  gesondei*t  aufzufangen  und  chemisch  zu  unter- 
suchen. 

Ballowitz  (üeber  angeborenen,  einseitigen,  vollkommenen 
NierenmangeL    Virchow's  Arch.  Bd.  141,   S.  309)  hat  213  Fälle  von 


chirur- 
gischer 
Nieren- 
erkran- 
kungen, 
Kitze. 


Chirurgie.  341 

angeborenem,  einseitigem/ yollkommenem  Nierendefect  gesammelt.   117mal  Angeborener 

wnrde  derselbe  links,  88mal  rechts  beobachtet.  Namentlich  bei  dem  mann-  einseitiger 

N  ie  r  OD' 
liehen  Geschlechte  wird  die   linke  Seite   entschieden  häufiger  vom  Nieren-      man  gel 

defect  betroffen,  als  die  rechte.  Ueberhaupt  findet  sich  der  congenitale  Ballowitz. 
Nierenmangel  beim  männlichen  Geschlechte  fast  noch  einm:ü  so  häufig,  als 
beim  weiblichen.  Die  gleichzeitig  beobachteten  Defectbildungen  der  Ge- 
schlechtsorgane treten  so  gut  wie  ausschliesslich  auf  der  Seite  des  Nieren- 
mangels auf  und  betreffen  in  erster  Linie  das  System  der  Ausführungs- 
gänge,  selten  die  Keimdrüsen  selbst,  wenn  auch  die  letzteren  häufig  hypo- 
plastisch  oder  atrophisch  sind;  sehr  selten,  \md  dann  auch  nur  bei  dem 
weiblichen  Geschlechte,  ist  der  gesammte  Genitalapparat  unentwickelt. 

Gueterbock  (Beiträge  zur  Lehre  von  den  Nierenver-  Nierenver- 
letzungen. Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51,  H.  2,  S.  225)  hat  bei  Q^g^rt^^iT' 
seinen  auf  ein  grosses  Material  sich  stützenden  Untersuchungen  ge- 
funden, dass  die  circumrenalen  Verletzungen  sehr  viel  häufiger 
vorkommen,  als  die  der  Nierensubstanz  selbst.  Erstere  können  zur 
Lockerung  der  Niere  in  ihrer  Kapsel  und  secundär  zur  Insufficienz 
des  Nierenstieles  und  somit  zur  traumatischen  Wanderniere 
fuhren.  Die  subcutanen  Nierenverletzungen  entstehen  häufig 
infolge  von  plötzlicher  Baumbeschränkung  der  Bumpf  höhle.  Dieselbe 
mnss  in  erster  Linie  die  Längenausdehnung  als  die  grösste  Dimension 
des  Organs  beeinträchtigen  und  zu  einer  gewaltsamen  Annäherung 
seiner  beiden  Pole  zu  einander  fuhren.  Bei  besonderer  Intensität 
des  Vorgangs  kann  es  zur  Aufhebung  des  molecularen  Zusammen- 
hangs und  zur  Zermalmung  und  Zerstörung  des  Parenchyms  der 
ganzen  Niere  oder  eines  grösseren  Abschnitts  derselben  kommen. 
Findet  keine  vollständige  Aufhebung  des  molecularen  Zusammen- 
hangs statt,  so  kommt  es  nur  zu  einfachen  oder  mehrfachen  Bissen. 
Häufig  besteht  ein  grosser  und  mehrere  kleinere  Bisse;  die  günstigste 
Stelle  für  die  grösseren  Bisse  ist  die  der  geringsten  Breite  des 
Organs,  entsprechend  dem  Hilus  renalis. 

Küster    (Zur   Entstehung    der    subcutanen    Nierenzer-    Subcutane 
reissung  und  der  Wanderniere.     Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  50,      Nieren- 
H.  3,  S.  676)  hebt  hervor,  dass  aUe  bisherigen  Erklärungsversuche         ^^^ 
der  subcutanen  Nierenzerreissungen  anatomische,  physiologische  oder     Wand  er- 
physikalische  Unmöglichkeiten  enthalten.    Nach  Küster  beruhen  fast       V-^l^' 
alle  Nierenverletzungen  auf  dem  Zusammenwirken  zweier  Momente: 
1.  einer  stossweisen  Adductionsbewegung  der  beiden  unteren  Bippen 
nach  der  Bichtung  der  Wirbelsäule;  2.  einer  hydraulischen  Pressung 
der  in  Niere  und  Nierenbecken  enthaltenen  Flüssigkeiten.   Es  handelt 


342  Wagner. 

sich  also  um  eine  Sprengwirkung.  Diese  kann  hervorgerufen  werden 
durch  Stoss  oder  Schlag,  aber  auch  durch  eine  plötzliche,  stossweise 
Contraction  der  Bauchmuskeln,  die  ihren  Ursprung  an  den  unteren 
Rippen  nehmen  (Nierenzerreissung  durch  Muskelzug).  Was  die  Ent- 
stehung der  Wandemiere  anbelangt,  so  sind  alle  die  ätiologischen 
Theorieen  unhaltbar,  die  nicht  ungezwungen  erklären,  warum  die 
Wandemiere  in  überwiegend  grosser  Zahl  bei  Frauen  und  zumeist 
rechtsseitig  vorkommt.  Eine  Erklänmg  findet  aber  diese  Thatsache 
nur  durch  die  von  Bartels  und  Heller  vertretene  Theorie  der 
Schnürwirkungen.  Letztere  bestehen  in  plötzlich  oder  langsam  zu 
Stande  kommenden  Verengerungen  des  unteren  Abschnitts  des  Brust- 
korbs. Dasselbe  Trauma  aber,  das  bei  Männern  Nierenzerreissungen 
hervorruft,  bedingt  bei  Frauen  Lageveränderungen  der  Niere  nament- 
lich deswegen,  weil  die  starke  Vorwölbung  der  Hüften  mit  ihrem 
dicken  Fettpolster  imd  femer  die  weibliche  Kleidung  (Corset)  einen 
starken  Schutz  gewähren,  der  beim  Manne  fortfällt. 

Nieren-  Graser    (Beitrag    zur    Pathologie    und    chirurgischen 

Chirurgie,    Therapie  der  Nierenkrankheiten.  Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med. 

Graser, 

Bd.  55,  S.  465)  theilt  unter  anderen  Nierenfallen  eine  Beobachtung  mit, 
wo  eine  im  rechten  Hypochondrium  befindliche  Pyonephrose  sich  bei  der 
Operation  als  eine  von  der  angeboren  verlagerten  linken  Niere  aus- 
gehende Geschwulst  erwies.  Gras  er  fand  in  der  Litteratur  200  Fälle 
von  angeborenen  Verlagerungen  der  Niere;  16  Fälle  überzähliger 
Nieren;  116  Fälle  von  Nierenmangel.  „Der  angeborene  Mangel  einer 
Niere  ist  so  häufig,  dass  man  bei  allen  Operationen,  die  eine  Ent- 
fernung der  Niere  nahelegen,  ernstlich  mit  dieser  Möglichkeit  rechnen 
muss." 
Hildebrand,  Hildebrand  (Beitrag  zur  Nierenchirurgie.  Deutsche  Zeit- 

schrift f.  Chirurg.  Bd.  40,  H.  1,  S.  90)  bespricht  an  der  Hand  des  reichen 
Materials  der  Göttinger  chirurgischen  Klinik  die  daselbst  ausgeführten 
Nierenoperationen  (26  Nephrektomieen ,  31  Nephrotomieen ,  Nephro- 
rhaphieen  etc.).  Li  12  Fällen  handelte  es  sich  um  Geschwulstbildnngen 
in  der  Niere.  Die  Nephrektomie,  die  bei  7  Kindern  wegen  der 
Grösse  der  Geschwulst  auf  transperitonealem  Wege  ausgeführt  werden 
musste,  erzielte  bei  Kindern  keinen  definitiven  Heilerfolg.  Von  den 
Erwachsenen  ist  eine  Frau  noch  1  Jahr  8  Monate  nach  der  Operation 
gesund.  Hydronephrotische,  eitrige  und  calculöse  Sacknieren  sind 
in  allen  Fällen,  in  denen  man  über  den  Zustand  der  zweiten  Niere 
nicht  vollkommen  genau  unterrichtet  ist,  zunächst  nur  mittels  Nephro- 
tomie zu  behandeln,  an  die  man  dann  später  eventuell  die  secund&re 


Chirurgie. 


343 


Exstirpation  anschliessen  kann.  Bei  der  Nierentuberculose,  die  sicher 
öfter,  als  man  bisher  amsunehmen  geneigt  war,  primär  ist,  kann  die 
Nephrektomie  günstige  Erfolge  erzielen.  Die  Besultate  der  Nephro- 
rhaphie  bei  Wandemiere  waren  befriedigend. 

Bodenstein  (Beiträge  zur  Chirurgie  der  weiblichen  Bodenstein. 
Harn  Organe.  Oentralbl.  f.  d.  Krankheiten  d.  Harn-  u.  Sex.-Org. 
Bd.  6,  Nr.  1)  berichtet  über  eine  Anzahl  interessanter  Nierenoperationen 
aus  der  Sänger'scher  Klinik  und  stellt  für  die  Operation  von  Nieren- 
steinen folgende  Sätze  auf:  Liegt  bei  Nephrolithiasis  der  Stein  frei 
im  Nierenbecken,  so  ist  er  durch  Incision  desselben,  eventuell  mit 
theilweiser  Incision  der  Niere,  ganz  oder  verkleinert  zu  entfernen. 
Das  ist  die  Normaloperation.  Nur  wenn  der  Stein  durch  das  nicht 
oder  wenig  erweiterte  Nierenbecken  hindurch  nicht  direct  erreicht 
werden  kann,  kann  der  Sectionsschnitt  der  Niere  in  Frage  kommen. 
Die  Nierenbeckennaht  verspricht  nur  dann  Erfolg,  wenn  keine  Eite- 
rung und  Infection  vorhanden  ist.  Die  Suturen  bei  Naht  des  Nieren- 
beckens sind  im  Gegensatz  zu  denen  bei  Naht  des  Nierenparenchyms 
fest  zu  knüpfen.  Eine  „ideale  Nephrolithotomie"  kann  erzielt  werden, 
wenn  nach  Schluss  der  Wunde  der  Niere,  resp.  des  Nierenbeckens 
auch  die  äussere  Wunde  vollständig  geschlossen  wird.  Durch  die 
Ureterenpalpation  von  der  Scheide  her  ist  man  bei  Frauen  in  zweifel- 
haften Fällen  in  den  Stand  gesetzt,  zu  bestimmen,  welche  der  beiden 
Nieren  von  dem  Steinleiden  befallen  ist. 


Perthes  (üeber  Nierenexstirpationen.  Deutsche  Zeit- 
schrift £  Chirurgie  Bd.  42,  H.  3,  S.  201)  berichtet  über  22  Nieren- 
exstirpationen, die  von  Trendelenburg  seit  1885  an  der  Bonner 
chirurgischen  Klinik  ausgeführt  worden  sind.  3  Kranke  starben  in- 
folge der  Operation.  Die  Nephrektomie  wurde  15mal  transperitoneal, 
7mal  extraperitoneal  ausgeführt.  Während  zur  Operation  wegen 
Pyonephrosen  und  Hydronephrosen  3mal  die  abdominale  und  nur 
Imal  die  lumbale  Methode  gewählt  wurde,  wurde  in  sämmtlichen 
Pällen  von  Pyelonephritis  und  Tuberculose  extraperitoneal  vor- 
gegangen; sämmtliche  Fälle  von  malignen  Tumoren  (12)  dagegen 
üelen  der  Laparotomie  anheim.  Trendelenburg  vertritt  den 
Standpunkt,  vergrösserte  Nieren  transperitoneal,  nicht  vergrösserte 
extraperitoneal  zu  exstirpiren. 


Nieren- 
exBtir- 
pation, 
Perthes. 


Jordan  (Die  Nierenexstirpation  bei  malignen  Tu- 
moren. Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  14,  H.  3,  S.  587)  berichtet  über 
9  Nephrektomieen  wegen  maligner  Tumoren,   die  seit  anfang  1890 


344 


Wagner. 


Nephrek- 
tomie bei 
malignen 
Tumoren, 
Jordan. 


—  bei 

Hydro- 

nephrose, 

Postnikow. 


Trauma- 
tische 
Psendo- 
hydro- 
nephroee, 
Tnffier  u. 
Levi. 


auf  der  Czerny'schen  Klinik  ausgeführt  wurden.  Während  von 
12  früher  operirten  Kranken  9  dem  Eingriffe  als  solchem  erlagen, 
haben  die  letzten  9  Operirten  die  Exstirpation  der  Niere  sämmtlich 
gut  überstanden.  Der  Hauptgrund  für  diese  auffallende  Besserung- 
der  Resultate  liegt  wohl  zum  grössten  Theile  in  der  Vervollkomm- 
nung der  Technik,  der  fast  ausschliesslichen  Anwendung  der  extra- 
peritonealen Schnittmethode,  endlich  in  der  Vermeidung  einer  Schädi- 
gung der  zurückbleibenden  Niere  durch  die  beschränkte  Application 
antiseptischer  Mittel.  Von  den  9  Tumoren,  die  zur  Nephrektomie 
gelangten,  waren  8  Sarkome  und  1  proUferirendes  Cystadenom.  Die 
Kranken  standen  im  Alter  von  13  Monaten  bis  50  Jahren.  7  Kranke 
starben  V< — 2^/4  Jahre  post  operat.  an  Becidiv.  2  Kranke  sind  noch 
am  Leben,  l^/s  resp.  5^4  Jahre  nach  der  Nephrektomie. 

Postnikow  (Hydroureter  cum  Hydronephr osi,  Nephrek- 
tomie. Arch.  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  49,  H.  3,  S.  675)  entfernte  in  einem 
Falle  von  Hydronephrose ,  bei  dem  sich  im  stark  erweiterten  Ureter  eine 
Anzahl  festsitzender  Steine  vorfanden,  ausser  der  Niere  auch  den  Ureter 
bis  2  cm  über  der  Blaseneinmündung.  Die  Operation  wurde  transperitoneal 
ausgeführt. 

Tuffier  und  Levi  (Des  6panchementsuro-h6matique» 
p^rir^naux  k  la  suite  de  contusions  du  rein.  Ann.  de» 
malad,  des  org.  g6nito-urin.  Bd.  13,  H.  3)  unterscheiden  streng 
zwischen  folgenden  drei  Arten  von  traumatischen  Hydronephrosen : 
1.  abgekapselte  perirenale  TJrinergüsse  (traumatische  Pseudohydro- 
nephrose  Monod),  verhältnissmässig  häufig;  2.  Hydronephrose  in- 
folge einer  durch  Trauma  entstandenen  Beweglichkeit  der  Niere, 
viel  seltener;  3.  echte  traumatische  Hydronephrose  infolge  narbiger 
Verengerung  des  Ureters,  ausserordentlich  selten.  Ausser  den  Fällen 
v4n  reinem  Urbaerguss  in  das  perirenale  Gewebe  kommen  aber  auch 
solche  vor,  in  denen  der  Erguss  aus  einem  Gemisch  von  Urin  und 
Blut  gebildet  wird.  Diese  urohämorrhagischen  Ergüsse,  die  fluc- 
tuirende,  schmerzhafte  Geschwülste  in  der  betreffenden  Nierengegend 
bilden,  brechen  nsich  10 — 14  Tagen  wieder  in  das  Nierenbecken 
durch  unter  gleichzeitiger  Entleerung  reichlicher  Mengen  blutigen, 
fast  schwarzgefarbten  Urins  (sog.  „verspätete  Hämaturie").  Die 
lumbale  Anschwellung  verschwindet  hierbei  allmählich  vollständig. 
Diese  verspätete  Hämaturie  ist  also  als  ein  spontaner  Heilungs- 
process  anzusehen  und  bedarf  keines  operativen  EingriiFes. 

Krause  (Intraperitoneale  Einpflanzung  des  Ureters  in 
die  Harnblase.     Centralbl.   f.   Chirurg.   Bd.  22,  Nr.  9)  hat  bei   einer 


Chirurgie.  345 

39jährigen  Frau,  bei  der  sich  nach  einer  sehr  schwierigen  vaginalen  Uterus-    üreteren- 
exstirpation  eine  linksseitige  üreterscheidenfistel  gebildet  hatte,  den  linken  i™' 

Ureter  intraperitoneal  in  die  Harnblase  eingepflanzt  und  durch  das  Gelingen  ^p*^*  *°"' 
der  Operation  die  Frau  vor  dem  Verluste  der  Niere  bewahrt. 

Pozzi  (Observation  de  greffe  de  Tur^tere  dans  la  vessie,         Pozzi. 
etc.    AnnaJ.  des  mal.  des  org.  g^nito-urin.  Bd.  13,  H.  5)  hat  das  obere  Ende 
des  bei  einer  schwierigen  Laparotomie  durchschnittenen  Ureters  mit  Erfolg 
in  die  Blase  eingepflanzt  (Ureteroneocystotomie).    Reactionslose  Heilung. 

Burckhardt  (Zur  Frage  der  primären  Blasennaht.  Blasennaht, 
CentralbL  f.  die  Krankh.  der  Harn-  u.  Sexualorg.  Bd.  6,  Nr.  7)  em-  B^ckhardt. 
pfiehlt  auf  Grand  seiner  Erfahrungen,  die  Blasennaht  im  Anschluss 
an  die  Sectio  alta  bei  Neubildungen,  Steinen  und  Fremdkörpern 
immer  auszuführen.  Gelingt  sie,  so  wird  der  Verlauf  bedeutend  ab- 
gekürzt; gelingt  sie  nicht,  so  wird  doch  für  die  ersten  Tage  nach 
der  Operation  die  Wunde  vor  der  Einwirkung  des  meist  zersetzten 
Urins  geschützt.  Bei  ausgedehnter  Blasentuberculose  ist  die  Naht 
zu  unterlassen.  Als  Nahtmethode  eignet  sich  am  besten  die  Drei- 
etagennaht der  Blasenwand  mit  vorläufiger  Tamponade  und  nach- 
folgender Secundämaht  der  Bauchwunde.  Als  Nähmaterial  ist  aus- 
schliesslich Catgut  zu  verwenden. 

B.ehn    (Blasengeschwülste    bei    Fuchsinarbeitern.      Blasen- 
Archiv  f.  klin.  Chir.  Bd.  50,   H.  3,   S.  588)   hat  die  noch  spärHche  geschwüiste 

.         .  rw,  boi   Fuchsin- 

Aetiologie  der  Blasengeschwülste  um  eine  interessante  Thatsache  arbeitem, 
vermehrt.  Er  fand  nämlich,  dass  die  Einathmung  von  den  bei  der  Rehn. 
Fuchsinfabrikation  entstehenden  Anilindämpfen  zu  Störungen  in  dem 
Hamapparate  führe,  die  sich  namentlich  in  vermehrtem  Ham- 
drange  äussern.  Bei  langjähriger  Beschäftigung  in  dem  Fuchsin- 
betriebe können  sich  infolge  des  dauernden  Beizes  Blasengeschwülste 
entwickeln.     Drei   solche  Beobachtungen  theilt  Behn  genauer  mit. 

e.  Geschlechtsorgane. 

S.Baumgarten  (Seit  11  Jahren  bestehende  Luxatio  penis  Lnxatio 
ans  bisher  in  der  Litteratur  nicht  beschriebener  Ursache.  penis, 
Reposition  auf  blutigem  Wege.  Phalloplastik.  Deutsche  med. 
Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  48)  vermehrt  die  bisher  bekannten  fünf  Fälle 
von  Penisluxation  um  eine  neue  Beobachtung.  Die  Luxation  war  bei  dem 
zur  Zeit  der  Beobachtung  lljährigen  Knaben  durch  die  rituelle  Circum- 
cision  entstanden.    Reposition  auf  blutigem  Wege.    Phalloplastik,  Heilung. 

Bach   (Ueber    die   Behandlung    der    Hydrocele   mit 
Function    und    Injection     concentrirter    Carbolsäure. 


346  Wagner. 

Hydrocelen- Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  14,  H.  3,  S.  795)  bevorzugt  auf  Grund  der 
behandlung,  ijj  ^^j.  Bruns'schen  Klinik  gemachten  Erfahrungen  bei  der  Hydro- 
celenbehandlung  die  Injection  von  concentrirter  Carbolsäure  (Methode 
von  Levis)  gegenüber  derjenigen  von  Jodtinctur.  Erstere  ist  ein 
geringfügiger  schmerzloser  Eingriff,  der  nicht  einmal  die  Unter- 
brechung der  gewohnten  Thätigkeit  verlangt;  die  Jodtinctur  erregt 
anhaltende  und  heftige  Schmerzen  und  verlangt  1 — 2  Wochen  Bett- 
ruhe. Etwaige  Recidive  werden  durch  eine  nochmalige  Carbol- 
injection  fast  stets  sicher  behoben. 

ProBtat-  Nienhaus   (Zur  Frage  der  Prostatektomie.     Beitr.  z. 

Menhaas'  ^^'  ^^^'  ^^'  ^^'  ^'  ^»  ^-  ^^^^  berichtet  über  11  FäUe  von  late- 
raler  Prostatektomie  nach  der  Methode  v.  DitteTs.  Sechs 
Kranke  sind  als  absolut  geheilt  zu  betrachten.  Diese  Operation  ist 
dann  indicirt,  wenn  die  Behinderung  des  Urinabflusses  durch  ver- 
grösserte  Seitenlappen  der  Prostata  oder  durch  die  gleichmässig  all- 
gemein vergrösserte  Vorsteherdrüse  bewirkt  wird.  Die  Operation 
soll  gemacht  werden,  bevor  die  Blasenschleimhaut  der  Sitz  tief- 
greifender katarrhalisch-entzündlicher  Processe  geworden  und  bevor 
der  Tonus  der  Blasenmusculatur  vollständig  verschwunden  ist. 

Castration  White   (The   results  of  double  castration  in  hyper- 

beiProBtata-trophy  of  the  prostate.     Ann.  of  surgery,   July)  hat  111  Fälle 

trophie,      ^^^  doppelseitiger   Castration   bei   Prostatahypertrophie   gesammelt. 

White,  Die  Castration  gewährt  eine  bessere  Aussicht  auf  Wiederher- 
stellung der  normalen  Bedingimgen,  als  irgend  eine  andere  Be- 
handlungsweise.  In  87,2 ''/o  der  Fälle  folgte  eine  schnelle  Atrophie 
der  Prostata  auf  die  Operation,  und  bei  60 ^/o  der  Operirten 
stellte  sich  die  Contractionsfähigkeit  der  Blase  rasch  und  vollständig 
wieder  her.  20  Kranke  starben,  aber  nur  7  Todesfälle  können  der 
Operation  als  solcher  zugerechnet  werden.  Irgend  welche  schäd- 
liche Rückwirkungen  auf  die  geistige  und  körperliche  Beschaffen- 
heit sind  auch  nach  länger  dauernder  Beobachtung  (bis  l*/a  Jahre) 
nicht  bemerkt  worden. 

Faoids,  Faulds  (Castration  for  enlarged  prostate.   Brit.  med. 

joum.,  4.  May)  berichtet  gegenüber  den  bisherigen  meist  recht 
günstigen  Resultaten  der  Castration  wegen  Prostatahypertrophie  über 
6  Kranke,  von  denen  1  an  Hemiplegie,  4  andere  an  acuter  Manie 
kurze  Zeit  nach  dem  operativen  Eingriffe  starben.  Bei  einem  dieser 
letzteren  Kranken  war  vorsichtshalber  nur  eine  einseitige  Castration 
vorgenommen  worden,   aber  auch  dieser  Patient  starb  wenige  Tage 


Chirurgie. 


347 


nach  der  Operation  in  einem  Zustande  von  „mental  aberration".  Nur 
1  Kranker  überstand  die  Operation  glücklich,  doch  ist  sie  bisher 
noch  ohne  Einfluss  auf  die  Störungen  der  Urinentleerung  geblieben. 

H.  Fenwick  (Observations  on  the  effects  of  double  H.  Fenwick, 
castration  [White's  Operation]  upon  the  enlarged  pro- 
state. Brit.  med.  joum.,  16.  March)  hat  in  9  Fällen  von  Prostata- 
hypertrophie die  doppelte  Castration  ausgeführt.  Seiner  Meinung 
nach  ist  es  zweifellos,  dass  in  vielen  Fällen  von  seniler  Prostata- 
vergrösserung  eine  langsame  Schrumpfang  des  Prostatagewebes  nach 
doppelseitiger  Castration  eintritt.  Weitere  Untersuchungen  müssen 
zeigen,  bei  welchen  Formen  von  Prostatitis  eine  derartige  Schrumpfung 
mit  Sicherheit  zu  erwarten  ist.  Ob  ein  Prostatiker  nach  der  Ca- 
stration von  der  Anwendung  des  Katheters  befreit  wird,  hängt 
allein  von  der  Beschaffenheit  der  Blasenmusculatur  ab. 

Swain  (Castration  for  prostatic  hypertrophy.  Brit. 
med.  joum.,  5.  Jan.),  Kümmell  (Die  operative  Heilung  der 
Prostatahypertrophie.  Berl.  Klinik  Nr.  86),  Boeckmann  Boeckmann, 
(Northwestern  Lancet,  I.Juni),  Lütken8(EinFall  vonProstata-  Lütkens. 
hypertrophie  durch  Castration  geheilt.  Deutsche  med. 
Wöchenschr.  Bd.  21,  Nr.  5),  Faisst  (Zur  Behandlung  der 
Prostatahypertrophie  durch  die  Castration.  Beitr.  zur 
klin.  Chir.  Bd.  14,  H.  3,  S.  789),  Watson  (Report  of  cases  of 
castration  for  the  relief  of  prostatic  hypertrophy, 
with  remarks.  Best.  med.  and  surg.  journ.  Bd.  132,  Nr.  16)  u.  A. 
theilen  ebenfalls  durch  die  Castration  günstig  beeinfiusste  Fälle  von 
Prostatahypertrophie  mit. 


Swain, 
Kümmell, 


Faisst, 


Watson. 


Isnardi   (Heilung    der   Hypertrophie    der   Prostata       Durch- 
mittels  Durchschneidung  und   Ligatur  des  Vas   defe-  schneidung 

des  Vas 
rens.     Centralbl.   f.  Chir.  Bd.  22,   Nr.  28)  empfiehlt  in  Fällen  vonjeferens  bei 

ProBtata- 


Prostatahypertrophie,  an  Stelle  der  Castration  die  Durchschneidimg 
des  Vas  deferens  imd  die  Ligatur  der  beiden  Enden  vorzunehmen. 
Bei  einem  72jährigen  Prostatiker  hat  Isnardi  durch  diese  einfache 
Operation  voUen  Erfolg  erzielt.  Stafford  (ibid.  Nr.  40)  hat  durch 
Unterbindung  des  Samenstranges  eine  Verkleinerung  der  Prostata 
imd  auch  einige  Erleichterung  beim  Harnlassen  erzielt.  Absterben 
des  Hodens  wurde  nicht  bemerkt. 


hyper- 
trophie, 
Isnardi, 

Stafford. 


4,  Krankheiten  der  Extremitäten. 

J.  Wolff  (üeber  die   Operation  der  Ellbogengelenk- 
ankylose.    Berl.  klin.  Wöchenschr.  Bd.  32,  Nr.  43  u.  44)  empfiehlt 


348  Wagner. 

Ellbogen-    die  Arthrolysis  cubiti,  d.  h.  die  Durchtreimiing  aller  die  Bewegung 
geienk-      hindernden  Stränge  und  Brücken  in  offener  Wunde ,  ohne  Resection 

Br  u  K  y  1 V  8  9t  ^^ 

Woiff.  der  Gelenkenden,  nicht  nur  in  Fällen  von  straff  fibröser  Ankylose^ 
sondern  auch  bei  knöcherner  Ankylose.  Hier  werden  Humerus  und 
Ulna  in  der  Linie  der  ursprünglichen  Gelenkspalte  von  einander 
getrennt;  die  Gelenkenden  selbst  werden  unberührt  gelassen.  Miss- 
glückt  die  Operation,  so  tritt  nur  wiederum  Ankylose  ein ;  die  Ent- 
stehung eines  Schlottergelenkes  ist  bei  der  Arthrolyse  ausgeschlossen. 
Von  4  Operationen  bei  knöcherner  Ankylose  erzielte  Wolff  2nial 
sehr  günstige  Erfolge. 

Finger-  Ledderhose    (Ueber    Folgen    und   Behandlung    von 

""^^^l^^^^^J'^'Fing  V.   Volkmann's   kHnische  Vortr.     N.   F. 

Nr.  121)  legt  dar,  in  wie  einschneidender  Weise  bei  den  Finger- 
verletzungen die  Art  der  Behandlung  das  functionelle  Resultat  be- 
einflusst,  welche  nachträglichen  Störungen  auf  Bechnung  der  Be- 
handlung zu  setzen  und  wie  solche  zu  vermeiden  sind.  Es  handelt 
sich  bei  diesen  Störungen  hauptsächlich  um  gewisse  Veränderungen 
der  Fingerhaut,  sog.  Glanzhaut,  imd  um  Beschränkung  der  Gelenk- 
beweglichkeit, die  meist  neben  einander  auf  gemeinsamer  Grundlage 
zu  Stande  kommen,  doch  auch  isolirt  oder  zusammen  aus  verschieden- 
artigen Ursachen  sich  ausbilden  können.  Ledderhose  unter- 
scheidet verschiedene,  allerdings  oft  in  einander  übergehende  Formen 
der  Glanzhaut  nach  Fingerverletzungen,  und  zwar  die  hypertrophische 
und  sklerotische  und  die  atrophische  Glanzhaut,  deren  klinische 
Merkmale  durch  jene  Bezeichnungen  treffend  charakterisirt  sind. 
Die  hypertrophische  imd  sklerotische  Glanzhaut  tritt  besonders  deut- 
lich in  den  Fällen  auf,  in  denen  primär  nach  Verletzungen  oder 
auch  erst  im  Anschluss  an  Amputationen  imd  Exarticulationen  an 
den  Fingern  imgenügende  Hautbedeckung  des  Stumpfes  vorhanden 
war.  Die  in  solchen  Fällen  kaum  vermeidliche  langdauemde  Ent- 
zündung, die  Fixation  durch  Verbände,  sowie  gewisse  Folgezustände 
der  Narbe  selbst  veranlassen  hier  die  Glanzhaut.  Die  atrophische 
Glanzhaut  findet  sich  namentlich  als  Folge  von  Inactivität  und  Nerven- 
verletzungen. Eine  theilweise  oder  vollständige  Rückkehr  der  Stö- 
rungen zur  Norm  ist  bei  Aufhören  der  ursächlichen  Momente  und, 
falls  der  Process  der  Glanzhaut  nicht  allzuweit  fortgeschritten  war, 
nach  mehr  oder  minder  langer  Zeit  möglich,  in  manchen  Fällen 
nicht  mehr  zu  erwarten.  Prophylaktisch  ergibt  sich:  Vermeidung 
aller  dem  Knochen  adhärenten  Narben  imd  Bedeckimg  der  Knochen- 
stümpfe mit  reichlicher  normaler  Haut.   Unbekümmert  um  die  resul- 


Chirurgie.  349 

tirende  Lange  des  betreffenden  Fingers  muss  so  viel  vom  Ejiochen 
entfernt  werden,  bis  eine  hinreichende,  freibewegliche  Bedeckung 
des  Stumpfes  mit  Haut  und  Subcutangewebe  erreicht  ist.  Sehr 
wichtig  ist  ferner  ein  möglichst  aseptischer  Verlauf  der  Wunden. 

Jordan  (Die  Behandlungsmethoden  bei  Verletzungen  Verletzung 
der  Schenkelvene    am   Poupart'schen  Bande.     Beitr.    z.         *®' 
klin.    Chir.   Bd.    14,   H.    1,   S.   279)    stellt  auf  Grund   eigener  und     vene  am 
fremder  Erfahrungen  für   das  Verhalten   des   Chirurgen   gegenüber  Ligamentum 
Verletzung    der    Schenkelvene    am    Poupart'schen  Bande    folgende      V^*^  "' 
Sätze  auf:  Die  Furcht  vor  eintretendem  Brande  nach  Unterbindung 
der  Vene  ist   auf  Grund   des  bisherigen  klinischen  Materiales  un- 
begründet.    Die  Unterbindung   darf  bei   absoluter  Indication   ihrer 
Anlegung  (d.  h.  in  Fällen  von  ausgedehnter,  insbesondere  circulärer 
Verletzung,   sowie  bei  Verwachsung  der  Vene   mit  bösartigen  Ge- 
schwülsten)  unbedenklich  ausgeführt  werden.     Handelt  es  sich  nur 
um  partielle  Continuitätstrennungen ,   so   ist  die  Unterbindung  mög- 
lichst  zu  vermeiden,   namentlich  dann,   wenn   durch  stattgehabten, 
sehr    beträchtlichen    Blutverlust    und    dadurch    eingetretene    Herz- 
schwäche   das  Zustandekommen    des   Collateralkreislaufs   nicht  mit 
voller  Sicherheit  angenommen  werden  kann.     In  letzterem  Falle  ist 
die  Naht   der  Venenwunde   das   zweckmässigste  und  sicherste  Ver- 
fahren. 

Perthes(Ueber  dieOperationderUnterschenkelvaricen  Ligatur  der 
nach  Trendelenburg.   Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  16)        Vena 

sanhena 

hat   von    63   Kranken,    die   wegen   Unterschenkelvaricen   nach   der    magna  bei 
Methode  Trendelenburg's  —  Unterbindung  und  Durchschneidimg       Unter- 
der  V.  saphena  magna  —  operirt  wurden,  41  längere  Zeit  (6  Monate    s®"®"*^®^' 
bis  9  Jahre)  nach   der  Operation   entweder  selbst  untersucht  oder       Perthes.* 
von  ihnen   so  klare  briefliche  Aussagen  erhalten,   dass  ein  Zweifel 
nicht  möglich  war.    Von  den  41  Kranken  erwiesen  sich  32  bei  der 
Revision   als   dauernd   geheilt.    In  9  Fällen  wurden  Recidive   der 
Varicen  beobachtet;  2mal  beruhten  sie  auf  einer  deutlichen  Kegene- 
ration  des  Stammes  der  Saphena,  in  anderen  Fällen  waren  es  mehrere 
Aeste,   die   sich  erweitert  imd  so   einen  Collateralkreislauf  um  die 
UnterbiadungssteUe  ausgebildet  hatten.     In    manchen  Fällen  wurde 
durch  die  Wiederholung  der  Unterbindung  Heilung  erzielt.   Ausser- 
dem wird   man   durch   Besection    eines   Stückes    der  Saphena   der 
Begeneration  des  Stammes  noch  wirksamer  vorbeugen  können,   als 
durch  blosse  Ligatur. 


350 


Wagner. 


Behandlung  Faisst  (Ueber  die  Unterbindung  derVena  saphena 

der  Varicen,  j^  nach  Trendelenburff  bei  Unterschenkelvaricen. 

Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  14,  H.  1,  S.  153)  berichtet  von  sehr  gunstigen 
Erfolgen,  die  auf  der  Bruns'schen  Klinik  mit  dei  Trendelen- 
burg'schen  Operation  bei  Unterschenkelvaricen  erzielt  worden  sind. 
Fast  in  allen  Fällen  wurden  die  subjectiven  Beschwerden  gehoben, 
die  etwaigen  Geschwüre  heilten. 


Goxa  vara, 
Kocher, 


Hoftneiflter, 


Lensser. 


Kocher  (Zur  Coxa  vara.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  40, 
H.  3  u.  4,  S.  411)  hebt  hervor,  dass  die  von  Müller-Hofmeister 
zuerst  beschriebene  und  als  Coxa  vara  bezeichnete  Belastongs- 
deformität  nicht  nur  auf  rachitischer  Grundlage  zu  beruhen  braucht, 
sondern  auch  durch  verschiedene  andere  Erweichungsprocesse  im 
Schenkelhalse  zu  Stande  kommen  kann,  sei  es  locale  Osteomalacie, 
seien  es  chronische  Formen  granulöser  und  vasculöser  Ostitis,  tuber- 
culöser  oder  nicht  tuberculöser  Natur  —  vorausgesetzt,  dass  die  zu 
Grunde  liegenden  pathologischen  Veränderungen  die  Patienten  nicht 
hindern  zu  gehen  imd  zu  stehen.  Kocher  möchte  diese  AfPection 
als  statische  Abwärtsbiegung  des  Schenkelhalses  oder  Coxa  adducta 
bezeichnen,  im  Gegensatze  zu  der  von  den  übrigen  Belastungs- 
deformitäten zu  unterscheidenden  Coxa  vara,  die  ausser  durch  den 
Druck  der  von  oben  her  wirkenden  Körperlast  wesentlich  durch 
passive  Fixation  des  Hüftgelenkes  bei  ermüdeten  Muskeln,  ^peciell 
durch  Spannung  des  Lig.  ileo-femorale  zu  Stande  kommt.  Diese 
Form  der  Verbiegung  setzt  das  Vorhandensein  einer  im  Wachsthum 
befindlichen  Epiphysenlinie  voraus. 

Hofmeister  (Zur  Aetiologie  der  Coxa  vara.  Beiti^e  zur 
klin.  Chirurg.  Bd.  13,  H.  1,  S.  289)  hat  einen  Fall  von  Coxa  vara  unter- 
sucht, der  auf  einer  ziemlich  vorgeschrittenen  puerperalen  Osteo- 
malacie beruhte.  Man  muss  also  der  rachitischen  und  statischen 
Coxa  vara  als  dritte  Form  die  osteomalacische  gegenüberstellen. 

Leusser  (Ueber  Coxa  vara.  Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  42, 
Nr.  30  u.  31)  theilt  einen  typischen  Fall  von  Coxa  vara  rachitiaehen 
Ursprungs  mit. 


Gang  bei  Trendelenburg  (Ueber  den  Gang  bei  angeborener  Hüft- 

angeborener  gelenksluxation.    Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21,  Nr.  2)  hat 

luxation      ^^"*ch  einwandsfreie  Untersuchungen   nachgewiesen,   dass  die   sehr 

Trendelenburg,  mangelhafte  oder  ganz  ausgefallene  Function  des  Glutaeus  medius 

und  minimus  und  der  dadurch  bedingte  Mangel  der  activen  Abduction 

im  Hüftgelenk  die  Ursache  des  watschelnden  Ganges  bei  angeboraner 

Luxation  ist.    Aus  dieser  Thatsache  zieht  Trendelenburg  ftr  die 


Chirurgie. 


351 


Behandlung  des  Leidens  folgende  Schlüsse :  Bei  doppelseitiger  Luxa- 
tion haben  nur  diejenigen  Apparate  einige  Wirkung,  bei  denen  der 
fest  an  das  Becken  anschliessende  und  auf  den  Trochanteren  auf- 
rahende  breite  Beckenring  jederseits  eine  Achselstütze  trägt  oder 
als  steifes  Corset  sich  nach  oben  bis  in  die  Achsebi  fortsetzt.  Von 
den  Schienenapparaten  für  die  einseitige  Luxation  entspricht  die 
Sched ersehe  Abductionsschiene  am  meisten  der  Anforderung,  die 
Beckenhälfte  der  Gangseite  in  die  Höhe  zu  heben  und  zu  tragen. 
Was  endlich  die  zur  Heilung  der  Luxation  angegebenen  Operations- 
verfahren betrifft,  so  wird  man  nur  von  der  Reposition  (Hoffa, 
Lorenz),  nicht  von  der  Fixation  (König)  einen  wirklichen  Erfolg 
erwarten  können.  Wegen  der  grösseren  Muskelschonung  ist  die 
Lorenz'sche  Operation  vorzuziehen. 


Lorenz   (lieber    die   unblutige   Behandlung    der   ange-  Behandlung 
bereuen    Hüftverrenkung    mittels    der    functionellen    Be-         ^®^ 
lastungsmethode.     Centralbl.   f.  Chir.  Bd.  22,  Nr.  33)  stellt  der  flif^tgeienk- 
unblutigen    Behandlungsmethode    der   angeborenen   Hüfbverrenkung    inzation, 
folgende  Aufgaben:  Herabholung  des  nach  oben  dislocirten  Schenkel-       Lorenz, 
kopfes  in    das  Pfannenniveau   mittels   forcirter  manueller   oder  in- 
Strumenteller  Extension  in  Narkose   des  Kranken.     Reposition    des 
Kopfes  in  die  Pfannentasche  auf  dem  Wege  starker  Abduction,  event. 
anter  Beihülfe   der  Elexion.     Einpressung   des  in   die  Pfanne   ein- 
gelassenen  Schenkelkopfes  gegen  den  Pfannenboden  durch  Druck- 
verbände   zunächst  bei   extremer   Abductionsstellimg,     Allmähliche 
Verminderung  der  letzteren,  so  dass  der  Kranke  stehen  und  gehen 
kann  und   sich  den   Schenkelkopf  mit  jedem   Schritt  tiefer  in  die 
Pfanne  hineintritt.    Lorenz  hat  diese  Methode  bisher  in  13  Fällen 
erfolgreich  geübt.   Das  älteste  Kind,  bei  dem  ihm  eine  beiderseitige 
^Sinrenkung  gelungen  ist,   hatte  das  6.   Lebensjahr  um  3  Monate 
überschritten.     Ein   besonderer  Vortheü   dieser  Belastungsmethode 
ist  der,  dass  im  Ealle  des  Misslingens  einer  zweifellosen  verlässlichen 
Reposition  in  Narkose  von  der  weiteren  Verfolgung  des  Behandlungs- 
planes sofort  Abstand  genommen  und  Patient  der  operativen  Be- 
handlung zugeführt  werden  kann. 

Heusner  (Beitrag  zur  orthopädischen  Behandlung  der  Heusner. 
angeborenen  Hüftluxation.  Archiv  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  50, 
H.  3,  S.  636)  verwendet  zur  orthopädischen  Behandlung  der  an- 
geborenen Hüftverrenkung  Schienenhülsenapparate,  die  mit  voll- 
ständigen Corsets  in  Verbindung  stehen.  Statt  der  starren  Achsel- 
stucke haben   sich  serpentinenartig  gebogene  Stahldrahtfedem ,   die 


352 


Wagner. 


Behandlung  den  Bewegungen   des   Oberkörpers   einigermassen   folgen,   sehr  be- 
^^^         währt.   Zum  Aufrichten  des  Beckens  wird  die  Federkraft  in  Grestalt 

angeborenen  q    -     ,/.   n  ,         .   , 

Hüftgelenk-  der  SSpiralteaem  benutzt. 

Uxation,  Dolega    (Zur   orthopädischen   Behandlung    der   ange- 

Dolega,  borenen  Hüftverrenkung.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  21, 
Nr.  37)  bringt  fiir  die  orthopädische  Behandlung  eine  Hessing'sche 
Hülsenextensionsschiene  unter  gleichzeitiger  Anwendung  der  Schede- 
schen  Abductionsschraube  mit  einem  gutsitzenden  OeUuloidcorset  in 
Verbindung.  In  den  Fällen,  bei  denen  nur  eine  symptomatische 
Besserung  angestrebt  werden  kann,  genügt  es,  wenn  die  Hülsen 
lediglich  den  luxirten  Oberschenkel  umgreifen. 
KöUiker,  Kölliker    (Fortschritte   in   der   Behandlung   der   ange- 

borenen Hüftverrenkung.  Schmidt's  med.  Jahrbb.  B.  247,  H.  2) 
empfiehlt  die  orthopädische  Behandlung  der  Hüftverrenkung  nach 
Mikulicz  mit  Aussen-  oder  Innenrotation  je  nach  der  Natur  des 
Falles.  Die  Lorenz'sche  Operation  hält  er  für  indicirt  bei  schlechtem 
Gange  mit  starker  Verkürzung,  bei  Schmerzen  im  Gelenk  beim 
Gehen,  bei  geringer  Abductionsmöglichkeit,  bei  entzündlichen  Processen 
im  Gelenk,  bei  Combination  der  durch  einseitige  Hüftverrenkong 
verursachten  statischen  Skoliose  mit  rachitischer  Skoliose. 
Lorenz,  Lorenz  (Die  blutige  Reposition  der  angeborenen  Hüft- 

verrenkung. V.  Volkmann's  klin.  Vorträge,  N.  F.,  Nr.  117)  be- 
gründet seine  Methode  der  blutigen  Reposition  der  angeborenen 
Hüftverrenkung  auf  die  Myopathologie  dieser  Erkrankung  und  kommt 
dabei  zu  folgenden  Ergebnissen :  Die  pelvitrochanteren  Muskeln  sind 
nicht  verkürzt,  sondern  verlängert,  bilden  also  kein  Repositions- 
hindemiss.  Die  pelvifemoralen  Muskeln  sind  theils  verkürzt,  theils 
verlängert.  Die  pelvicruralen  Muskeln  sind  entsprechend  der  Ver- 
schiebung des  Kopfes  verkürzt.  Die  Loren z'sche  Operationsmethode 
ist  ausgezeichnet  durch  absolute  Muskelschonung.  Die  Durchscbnei- 
dung  der  von  Hoffa  geopferten  pelvitrochanteren  Muskeln  ist  zu 
vermeiden  wegen  der  Bedeutung  derselben  für  den  normalen  Gang. 
Die  Erhaltung  der  Tubermuskeln  ist  wichtig,  weil  nach  ihrer  Los- 
lösung der  N.  ischiadicus  der  Zerrung  durch  Extension  preisgegeben 
ist.  Das  Operationsergebniss  kann  nicht  vollkommen  sein,  weil  die 
Gelenkconstituentien  nicht  normal  zu  gestalten  sind.  Eine  Ver- 
kürzung bis  zu  2  cm  kann  bestehen  bleiben,  bedingt  durch  abnorme 
Gestaltung  des  Schenkelhalses.  Der  ftinctionelle  Erfolg  hängt  von 
der  Behebung  der  Muskelinsufficienz,  besonders  der  Glutäabnuskeln 
ab.  Bei  einer  Beugungsmöglichkeit  bis  zu  90  ^  und  Abductionsf^hig- 


i 


Chirurgie.  353 

keit   des  Hüftgelenkes  ist  das  Besultat  günstig,   aber  auch  bei  ein- 
tretender Ankylose  kann  der  Gang  vorzüglich  sein. 

Hoffa  (Die  Endresultate  der  Operationen  der  ange-  Hoi&, 
borenen  Hüftgelenksverrenkungen.  Berliner  Klinik  Nr.  84) 
theüt  seine  Erfahrungen  mit,  die  er  bei  der  Operation  von  bisher 
112  angeborenen  Hüfbgelenkluxationen  gemacht  hat.  Diese  112  Ope- 
rationen wurden  an  82  Patienten  vorgenommen,  und  zwar  handelte 
es  sich  um  60  doppelseitige  und  52  einseitige  Operationen.  7  Kranke 
starben,  jedoch  nur  4  im  directen  Anschluss  an  die  Operation.  Bei 
den  letzten  47  Operationen  ereignete  sich  kein  Todesfall.  Auch 
durch  die  bestgelungene  Operation  können  völlig  normale  Verhält- 
nisse an  dem  neuen  Hüftgelenke  nicht  hergestellt  werden;  vielmehr 
zeigt  sich  dann  das  Bild,  wie  man  es  bei  der  Coxa  vara  findet: 
Trochanter  major  meist  etwas  über  der  Roser'schen  Linie;  nicht 
selten  ausgeprägte  Adduction  und  Aussenrotation  des  tadellos  re- 
ponirten  Beins.  Bierzu  kommt  eine  1 — 3  cm  betragende  Verkürzung 
des  Beins.  Auch  die  Beweglichkeit  des  neugebildeten  Gelenks 
ist  naturgemäss  etwas  beschränkt.  Hoffa  eröffiiet  das  Gelenk  jetzt 
von  der  Seite  und  vermeidet  ebenso  wie  Lorenz  Muskeldurchschnei- 
dungen.  (Siehe  auch  Leser  [Einige  Erfahrungen  zur  operativen  Leser. 
Behandlung  der  angeborenen  Hüftgelenkluxation.  Berliner 
klin.  Wochenschr.  Bd.  32,  Nr.  45  u.  46].) 

König  (Bemerkungen  zur  Behandlung  der  Tuberculose  Behandlang 
des  Kniegelenks  etc.   Archiv  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  60,  H.  2,  S.  417)     ^®^  ^'^^«- 
hebt  hervor,  dass  die  pathologische  Anatomie  der  Gelenktuberculose  tubercuioee 
und  insbesondere  der  Knietuberculose  eine  vollkommen  einheitliche       König. 
Behandlung  dieser  Krankheit  unmöglich   macht  und  dass  vielmehr 
die  Methode  der  Behandlung  von  FaU  zu  Fall  entschieden  werden 
muss.   In  einem  18jährigen  Zeiträume  sind  in  der  Göttinger  chirurgi- 
schen Klinik  720  Kniegelenkstuberculosen   behandelt  worden.     Von 
615  Kranken,   über  die  Schlussnachrichten  eingegangen  sind,  leben 
noch  410.     Gestorben   sind   205,   davon   140  an  Tuberculose.     Von 
498  Fällen  waren  267  ostale,  241  synoviale.     Conservativ,  eventuell 
mit  Carbol-  oder  Jodoforminjectionen,  behandelt  wurden  191  Kranke, 
operativ  512  Kranke,  und  zwar  150  mittels  Arthrektomie,  300  mittels 
Hesectionen,   91   mittels  Amputationen.     Von  269  Resecirten  haben 
139  gut  brauchbare  Glieder. 

Veit  (Ueber  die  Spontanheilung  rachitischer  Verkrüm- 
mungen.    Archiv  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  60,   H.  1,    S.  130)   hat  bei 
Jahrbnoh  der  practischen  Medioin.    1896.  23 


354  Wagner. 

Spontan-     seinen    sorgfältigen   Untersuchungen    gefunden,    dass   alle  —   auch 
h eilung      schweren  Fälle  von  rachitischen  Verkrümmungen  der  Gliedmaassen 
'^°Unt*e\^  ^'  ^^^  spontan  strecken  können,  wenn  die  Tendenz  zum  Wachsthum  resp. 
Schenkel-     zur  Entwickelung  des  ganzen  Skeletts  besteht.    Auf  das  Wachsthum 
verkrüm-     ^^g  ganzen  Körpers  ist  der  Hauptnachdruck  zu  legen,  entwickelt  sich 
Veit,         ©in  rachitisch   verkrümmtes  Kind   aus  jener  bekannten   unpropor- 
tionirten  rachitischen  Körperform  heraus,  so  strecken  sich  auch  seine 
krummen  Glieder;  thut  es  das  nicht,  so  bleibt  es  krumm.    Schwere 
rachitische  Verkrümmungen  können  bis   zum  6.  Lebensjahre   völlig 
spontan   verschwunden   sein;    bis    dahin  ist  also   eine   exspectative 
Behandlung  das   Richtige.     Sind  jedoch  Kinder  nach   dem   6.    bis 
7.  Jahre  noch  erheblich  krumm,  so   bleiben  sie  es   auch,  und  hier 
tritt  jetzt  die   Chirurgie  in  ihre  Rechte.     Prognostisch  ungünstig 
siad  die  Fälle  von  rachitischem  Zwergwuchs  und  manche  Fälle  von 
0-Beinen.     Hier  kann  man  schon  vor  dem  6.  Lebensjahre  operativ 
eingreifen. 
Kamps.  Zu   ähnlichen   Resultaten   gelangt   auch    Kamps  (Ueber   die 

spontane  Geradestreckung  der  rachitischen  Unterschenkel- 
Verkrümmungen.   Beiträge  z.  klin.  Chirurg.  Bd.  14,  H.  1,  S.  243). 

Arthrodese  Samter  (Ueber  Arthrodese  im  Fussgelenk.     Centralbl.  f. 

i™  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  21  u.  32)  empfiehlt  im  Hinblick  auf  die  schwanken- 

Fussgeienk,  ^^^  fimctionellen  Resultate,  die  bisher  bei  der  Arthrodese  im  Fusse 
erzielt  worden  sind,  principiell  das  Talocruralgelenk  gleichzeitig  mit 
dem  Talocalcanealgelenk  durch  einen  hinteren  Längsschnitt  anzu- 
irischen  und  den  Calcaneus,  wenn  nöthig,  gerade  zu  stellen,  da  ein 
solches  Vorgehen  von  vornherein  die  Ferse,  den  Hauptstützpunkt 
des  Fusses,  in  feste  Verbindung  mit  dem  Unterschenkel  zu  bringen 
verspricht.  Die  lückenlos  knöcherne  Vereinigung  zwischen  Ferse  und 
Unterschenkel  gewährleistet  eine  dauerhafte  Fixirung  und  Tragfähig- 
keit des  Fusses,  auch  wenn  noch  massige  Grade  von  Gontractoren 
übrig  geblieben  sind.  Die  so  operirten  Kranken  Samter's  können 
in  leichten  Filzschuhen  und  Pantoffeln  herumgehen,  sie  brauchen  nach 
der  Operation  nicht  dauernd  Schnürstiefel  zu  tragen,    wie  die  von 

Karewski,  Karewski  (ibid.  Nr.  25)  operirten  Kranken,  bei  denen  das  Talo- 
calcanealgelenk nicht  versteift  wurde. 

Karewski.  Karewski  (Ueber  Arthrodese  des  Fusses  bei  Paralyse. 

Centralbl.  f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  36)  hebt  demgegenüber  in  einer 
weiteren  Mittheüung  hervor,  dass  einzig  und  allein  die  sehr  seltene 
Schlottrigkeit  der  Verbindung  zwischen  Talus  und  Calcaneus  das 
Recht  gebe,  diese  Articulation  zu  vernichten.   Es  ist  durchaus  nicht 


Chirurgie.  355 

gleichgültig,  ob  man  einem  Kranken,  der  gelähmt  ist  und  dem  man 
die  Beweglichkeit  zwischen  Tibia  und  Calcaneus  genommen  hat,  um 
ihn  gehfahig  zu  machen,  nun  auch  noch  die  Bewegb'chkeit  zwischen 
Talus  und  Calcaneus  beseitigt.  Gerade  die  Motilität  im  unteren 
Gelenk  ist  im  Stande,  die  Function  im  oberen  einigermassen  zu 
ersetzen,  so  dass  der  Gang  eine  Elasticität  behält,  die  selbstverständ- 
lich dann  verloren  gehen  muss,  wenn  man  dem  Kranken  beide 
Ejiochen  mit  dem  Unterschenkel  verlöthet,  d.  h.  ihm  eine  gänzlich 
mibewegliche  Stelze  macht. 

Kraske  (TJeber  die  Luxation  der  Peroneussehnen.  Central- Luxation  der 
blatt  f.  Chirurg.  Bd.  22,  Nr.  24)  hat  die  Luxation  der  Peroneussehnen  bis-    Peroneus- 
her  nur  viermal  gesehen.     Sie  entsteht  meist  dadurch,   dass  der  Fuss,  der       Kraske ' 
nach  innen  umzukippen  droht,  durch  eine  heftige  Contraction  der  Waden- 
beimnuskeln  in  der  richtigen  Stellung  erhalten  werden  soll.    Die  Diagnose 
der  Verletzung  ist  sehr  leicht;  sehr  schwierig  und  unsicher  dagegen  eine 
erfolgreiche  Behandlung.  Meist  wird  die  Luxation  habituell ;  fixirende  Ver- 
bände erzielen  dann  keine  Heilung  mehr.    Das  sicherste  Mittel  besteht  in 
der    Methode    von    König,    mittels   eines   vom  Malleolus   entnommenen 
Periofitknochenlappens  ein  neues  Betinaculum  zu  bilden. 

In   dieser  Weise  hat  auch  Er  am  er   (Centralbl.   f.  Chirurg.   Bd.  22,       Krämer. 
Nr.  27)  einen  Kranken  dauernd  geheilt. 

Hoffa  (Zur  Aetiologie  und  Behandlung  des  Plattfusses.  Behandlung 
Archiv  f.  klin.  Chirurg.  Bd.  51,  H.  1,  S.  40)  empfiehlt  seine  Methode         J®^ 
der  Plattfussbehandlung,  die  in  der  Combination  manueller  mechano-        Hoffa, 
therapeutischer  Maassnahmen  (täglich  2malige  Massage),  Gymnastik, 
forcirte   Bedressionen)   mit   dem   Liegenlassen   passender  Einlagen, 
sog.  Plattfufissohlen  besteht.     Hoffa  hält  die  von  ihm  construirten 
für  ganz  besonders  wirksam;  sie  stellen  gewissermassen  das  Schema 
eines  normalen  Eusses  dar  und  zwingen  den  ganzen  Fuss  auf  einer 
Art  schiefer  Ebene  aufzutreten.     Die  Erfolge,  die  durch  eine  der- 
artige mehrwöchentliche  Behandlung  erzielt  werden,   sind  die],  dass 
der  ursprünglich  unbrauchbare,  schmerzhafte  Plattfuss  wieder  völlig 
schmerzfrei  und  functionstüchtig  wird. 

Obalinski  (Eine  Modification  des  Gleich'schen  Ope-  Obaiinski. 
rations Verfahrens  beim  Plattfuss.  Wiener  med.  Presse  Bd.  36, 
Nr.  41)  hat  das  Gleich'sche  Operationsverfahren  beim  Plattfuss,  bei 
dem,  Dach  subcutaner  Tenotomie  der  Achillessehne,  durch  ein  schräges 
Dnrchsägen  des  Fersenbeins  und  Verschieben  der  hinteren  Hälfte 
nach  unten  und  innen  ein  ausreichender  Pussbogen  gebildet  wird, 
in  einem  Falle   mit  gutem  Erfolge   ausgeführt.     Um  keine  Narbe 


356 


Wagner. 


Tnberonlose 

des 

Caloaneas, 

Finotti. 


an  der  Eusssohle  zu  bekommen,  legte  Obalinski  den  von  Gleich 
empfohlenen  Bügelschnitt  in  umgekehrter  Weise  an. 

Finotti  (Ueber  Tuberculose  des  Calcaneus.  Deutsche  Zeit- 
schrift f.  Chirurg.  Bd.  40,  H.  5  u.  6,  S.  450)  hebt  hervor,  dass  wegen  der 
ziemlich  freien  Lage  des  Calcaneus  die  tuberculose  Erkrankung  dieses 
Knochens  meist  auf  denselben  beschränkt  bleibt  und  nur  öfters  auf  die 
über  ihn  hinweglaufenden  grösseren  Sehnenscheiden  übergreift.  Am  häufig- 
sten erkrankt  die  markweiche,  an  Gewissen  arme  Spongiosa  im  vorderen 
Theile  des  Calcaneus,  während  ein  Durchbruch  meist  an  der  am  wenigsten 
widerstandsfähigen  lateralen  Seite  stattfindet.  Sehr  häufig  findet  sich  Se- 
questerbildung. Weil  die  Erkrankung  lange  Zeit  auf  den  Knochen  selbst 
beschränkt  bleibt,  bietet  die  Prognose  bei  Tuberculose  des  Calcaneus  bei 
dessen  partieller  oder  totaler  Exstirpation  bessere  Resultate,  als  die  tuber- 
culöser  Erkrankungen  der  anderen  Fusswurzelknochen.  Bei  Erwachsenen 
empfiehlt  sich  die  totale  Exstirpation,  durch  welche  das  Gehvermögen  kaum 
beeinträchtigt  wird. 

Hammer-  Nicoladoni    (Der  Hammerzehenplattfuss.     Pes   malleus 

zehenplatt-  ^algus.    Wien.  klin.  Wochenschr.  Bd.  8,  Nr.  15)  bezeichnet  als  Hammer- 

Nicoladoni.  zehenplattfass  eine  eigenthümliche  Difformität  des  Fusses,  bei  der  ein  Fe» 
valgus  durch  eine  in  frühester  Jugend  erworbene  plantare  Contractur  den 
Metatarsophalangealgelenkes  der  grossen  Zehe  bedingt  ist.  Er  weist  über- 
zeugend nach,  dass  die  im  jugendlichen  Alter  erworbene  und  fixirte  Ham- 
mergrosszehe und  der  Plattfuss  in  einem  sich  gesetzmässig  bedingenden 
Verhältnisse  stehen.  Eine  plantare  Contractur  der  grossen  Zehe  muss  da- 
her möglichst  frühzeitig  behoben  werden,  um  einen  damit  behafteten  Fuss 
vor  einer  sonst  unausbleiblichen  schweren  Difformität  zu  bewahren. 


HalUz 

valgas, 

MöUer. 


Möller  (Beitrag  zur  operativen  Behandlung  des  Hallux 
valgus.  Jahrbb.  der  Hamburger  Krankenanstalten  Bd.  3,  S.  306) 
empfiehlt  för  alle  Fälle  von  uncomplicirtem  Hallux  valgus  die  Schede- 
sehe  Operation.  Die  auf  der  Prominenz  des  ersten  Metatarsus- 
köpfchens  befindlichen  Schwielen  und  Schleimbeutel  werden  excidirt 
und  der  vorspringende  Theil  des  Knochens  in  der  Längsrichtung 
abgemeisselt.  Correctur  der  fehlerhaften  Stellung  der  Zehe  durch 
Verbände,  eventuell  nach  Durchschneidung  der  Extensorsehne.  In 
vielen  Eällen  ist  das  functionelle  Besultat  gut,  wenn  auch  die  Correctur 
nicht  vollkommen  gelingt.  Vorhandene  Geschwüre,  Schleimbeutel- 
vereiterungen müssen  erst  vorher  zur  Heilung  gebracht  werden. 
Bei  Vereiterung  des  Metatarsophalangealgelenkes  ist  die  Resection 
des  Metatarsusköpfchens  nach  Hüter  vorzunehmen. 

Rössler  (Zur  Kenntniss  der  Achillodynie.  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  42,  H.  3,  S.  274)  konnte  durch  klinische  und 


Chirurgie. 


357 


anatomische  Untersuchungen  die  Annahme  Schüller's  erhärten,  dass 
die  von  Albert  zuerst  beschriebene  „Achillodynie"  auf  einer  stärkeren 
chronischen  Entzündung  des  constant  vorkommenden,  zwischen  Achilles- 
sehnenansatz und  Tuber  calcanei  gelegenen  vorderen  Schleimbeutels 
beruht.  Diese  chronischen  Entzündungsvorgänge  sind  in  gleiche 
Linie  mit  der  Arthritis  deformans  der  Gelenke  zu  stellen.  Bö  ssler 
möchte  die  Bezeichnung  „Achillodynie"  durch  „Achillobursitis 
anterior"  ersetzen. 


Aohillo- 
dynie, 
RÖBsler. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Dur  ante,  Trattato  di  patologia  e  terapia  chirurgica  generale  e  speciale. 

Bd.  1.    Rom. 
Albert,  Diagnostik  der  chirurgischen  Krankheiten.    7.  Aufl.    Wien. 
Landerer,  Chirurgische  Diagnostik.    Wien. 
Lejars,  Le^ons  de  Chirurgie.    Paris. 

Leser,  Die  specieUe  Chirurgie  in  50  Vorlesungen.    2.  Aufl.    Jena. 
Rotter,  Die  typischen  Operationen  und  ihre  üebung  an  der  Leiche.  4.  Aufl. 

München. 
Klaussner,  Yerbandlehre  für  Studirende  und  Aerzte.   2.  Aufl.  München. 
Helferich,  Atlas  und  Grundriss  der  traumatischen  Fracturen  und  Luxa- 
tionen.    1.  u.  2.  Aufl.    München. 
Phocas,  Lebens  cliniques  de  Chirurgie  orthop^dique.    Paris. 
Kellgreen,  Zur  Technik  der  schwedischen  manuellen  Behandlung.    Berlin. 
Kleen,  Handbuch  der  Massage,    üebersetzt  von  Dr.  G.  Schütz.    2.  Aufl. 

Leipzig. 
Kellgreen,  Zur  Technik  der  schwedischen  manuellen  Behandlung.   Berlin. 
Kocher  und  T  a  v  e  1 ,  Vorlesungen  über  chirurgische  Inf ectionskrankheiten. 

1.  Theil.    Basel. 
Starr,  Himchirurgie.    üebersetzt  von  M.  Weiss.    Wien. 
Bernard,   Tentatives  chirurgicales   dans  le  traitement  de  la  m^ningite 

tuberculeuse.    Paris. 
Williams,  A  monograph  on  diseases  of  the  breast.    London. 
P^an,  Diagnostic  et  traitement  des  tumeurs  de  Tabdomen  et  du  bassin. 

Paris. 
E.  Sonnenburg,  Pathologie  und  Therapie  der  Perityphlitis.    Berlin. 
Bamaye,  Du  traitement  chirurgical    de  Tappendicite  a  r^p^tition   dans 

Tintervalle  des  crises.    Paris. 
Hawkins,  On  diseases  of  the  vermiform  appendix.    London. 
Qn^nn  et  Hartmann,  Chirurgie  du  rectum.    Paris. 
Glantenay,  Chirurgie  de  Tur^töre.    Paris. 
Lefert,  La  pratique  des  maladies  des   voies  urinaires  dans  les  höpitaux 

de  Paris.     Paris. 
Röchet,  Chirurgie  de  Furöthre,  de  la  vessie,  de  la  prostate.    Paris. 


358  Wagner. 

Nannotti  e  Baciocchi,  Sugli  effetti  della  laparotomia  nelle  peritoniti 
tubercolari.    Pisa. 

König,  Die  specielle  Tuberculose  der  Knochen  und  Gelenke.  I.  Das  Knie- 
gelenk.   Berlin. 

Polaillon,  AfPections  chirurgicales  des  membres.    Paris« 

Lorenz,  PaÜiologie  und  Therapie  der  angeborenen  Hüftverrenkung  auf 
Grundlage  von  100  operativ  behandelten  Fällen.    Wien. 

Ihle,  Eine  neue  Methode  der  Asepsis.     Stuttgart 

Polaillon,    Statistique  et  observations  de  Chirurgie  hospitaliöre.     Paris. 

Le  Fort,  Oeuvres  publikes  par  F.  Lejars.    T.  1.    Paris. 


IV. 

Grebnrtshlilfe  nnd  Grynäkologie. 

Von  Dr.  GsemplQ^  Frauenarzt  in  Berlin. 

I.  Geburtshulfe. 

1.  Schwangrerschaft. 

a.  Allgemeines. 

Als  ein  wichtiges   diagnostisches  Zeichen  der  frühesten    Diagnose 
Schwangerschaftsperiode  beschreibt  Hegar-Freibnrg  (Deutsche         <^er 
med.  Wochenschr.  Nr.  35)   die  Zusammendrückbarkeit  des  unteren      schaff 
Abschnitts   des   Corpus   uteri,    welche    sich   schon   in  sehr  frühem       Hegar. 
Stadium,   zuweilen  schon  in  der  4.  Woche  nachweisen  lässt.    Bei 
der  combinirten  Untersuchung,   am  besten  vom  Rectum   aus,   fühlt 
man,  dass  der  mediale  Theü  des  Uterus  sich  zu  einer  dünnen  Ge- 
websschicht   zusammendrücken  lässt,   welche  auffallend  gegen  das 
walzenförmige  Collum  und  das  dicke  Corpus  contrastirt.    Ein  weiteres 
von  Hegar  aufgefundenes  neues  Phänomen,  welches  für  die  Diagnose 
der  Schwangerschaft  in  früher  Zeit  wichtig  ist,  besteht  darin,  dass 
man  an  der  vorderen  Uteruswand  mit  den  von  der  Scheide  und  den 
Bauchdecken  untersuchenden  Fingern  eine  Falte  bilden  kann.    Beide 
Phänomene  erklären  sich  aus  der  physikalischen  Beschaffenheit  der 
Uteruswand,  ihrer  grossen  Erweichung  in  der  Schwangerschaft  und 
der  Compressibüität  des  Eies.    Das  letztere  Zeichen  ist  gefährlich, 
da  es  zur  Ablösung  des  Eies  fuhren  kann. 

Gossmann-München  (Zur  Casuistik  der  typischen  Schwanger- 
schaft sniere.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  schildert  einen  Fall,  bei 
welchem  in  der  Mitte  der  fünften  Schwangerschaft  schwere  Circulationa- 
»töningen  mit  Albununurie  auftraten  und  mit  der  Beendigung  der  Schwanger- 


360 


Czempin. 


Schwanger-  schaffe  wieder  verschwandeii.     In  den  folgenden  acht  Schwangerschaften 
sohaftsnierei-^ederholten  sich  regelmässig   diese  Erscheinungen,   so   dass   zweimal   die 
künsÜiche    Frühgeburt   nothwendig   wurde.      Trotzdem    traten    nach    Be- 
endigung  der  Schwangerschaft  keine   Erscheinungen  chronischer   Nephri- 
tis auf. 


GoBsmann. 


Endo-  Emanuel,  Wittkowski  und  Veit  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u. 

dirVd  *1h8   ^y^^^^l-  ^^-  ^2»  ^®^  ^)  ^tersuchten  in  einem  Falle  von  Abort  des 

Inder       ^*  Monats  die  Decidua  auf  Mikroorganismen.     Die  Patientin 

Schwanger-  hatte  2^/3  Jahre  vorher  schon  einmal  abortirt,  und  Emanuel  hatte 

^  ^   j       damals  Kokken  in  der  Decidua  gefunden.     Auch  im  vorliegenden 

Falle  fand  er  alle  Zeichen  der  Entzündung  im  Gewebe,  Infiltration 

mit  Kundzellen  und  zwischen  diesen  grosse  Mengen  von  Bacillen. 

Wittkowski,    Wittkowski  untersuchte  die  Mikroorganismen  genauer  bacterio- 

logisch.    Die  zuletzt  gefiindenen  Bacillen  hatten  einige  Aehnlichkeit 

mit  Bacterium  coli  commune,  aber  auch  wesentliche  Verschiedenheiten 

von  demselben.     Veit   sieht  diesen  Fall   als  einen  neuen  Beweis 

bekannten    Ansichten    an,     dass    die    Endometritis    in    der 


Veit. 


seiner 


Schwangerschaft   die  Folge   einer  bereits  vorher  bestandenen  Endo- 
metritis und  die  Ursache  des  Aborts  sei. 


Zwei  Fälle  von  Fruchttod  im  letzten  Schwanger- 
schaftsmonat infolge  stumpfer  Gewalteinwirkung  be- 
Pruchttod  schreibt  Fr.  Westphalen-Kiel  (Monatsschrift  f.  Geburtsh.  u. 
Gynäkol.  Bd.  2,  Heft  3). 

Im  ersten  Falle  Ausgleiten  auf  der  Strasse  und  Aufschlagen  mit  dem 
Unterleib  auf  einen  Stein.  Befund:  Bluterguss  in  der  Nabelschnurscheide, 
beide  Arterien  unverletzt,  die  Vene  communicirt  frei  mit  dem  Blutheerd. 
Ursache :  Anscheinend  Torsion  der  kurzen  Nabelschnur  durch  die  plötzliche 
Lageveränderung  der  Frucht,  Blutstauung  in  derselben,  Zerreissung  da- 
durch, Bildung  eines  Blutgerinnsels  und  Compression  der  Gefässe  des  Nabel- 
stranges. Im  zweiten  Fall  Stoss  gegen  den  Unterleib.  Völlige  Plaoentar- 
ablösung  mit  starker  innerer  und  geringer  äusserer  Blutung.  Verlauf  in 
beiden  Fällen  für  die  Mütter  günstig. 


-    in  der 

Schwanger 

Schaft 

dnrch 

Trauma, 

Westphalen. 


Plattes 

Becken, 

Ahlfeld. 


Nach  Ahlfeld -Marburg  (Die  Diagnose  des  einfach  platten 
Beckens  an  der  Lebenden.  Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol. 
Bd.  32,  Heft  3)  ist  das  einfach  platte  Becken  ausserordentlich  selten ; 
ganz  überwiegend  sei  das  platte  Becken  ein  rachitisches.  Er  selbst 
hat  unter  2800  Geburten  nur  13mal  ein  einfach  plattes  Becken  dia- 
gnosticirt.  Er  kommt  auf  Grund  von  Untersuchungen  zu  dem 
Resultat,   dass  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  platten  Becken, 


Geburtsbülfe  und  Gynäkologie.  361 

aach  wenn  keine  Zeichen  von  Bacbitis  am  Körper  sonst  vorhanden 
sind,  dennoch  letztere  Erkrankung  das  ätiologische  Moment  dieser 
Beckenverändemng  ist. 

b.  Extrauterinschwangerschaft. 

Ein  Pall  von  Extrauterinschwangerschaft  durch  äussere 

Ueberwanderung  des  Eies  beschreibt  Euch s-Liegnitz  (Deutsche    Aenssere 

med.  Wochenschr.  Nr.  45).  ^t^"- 

.  Wanderung 

Es  handelte  sich  um  eine  35jährige  Il-para.  Seit  5  Jahren  bestand  des  Eies 
eine  Geschwulst  in  der  linken  ünterbauchgegend,  welche  von  Fuchs  durch  Fuchs, 
die  Laparotomie  entfernt  wurde  und  sich  als  ein  subseröses  linksseitiges 
Fibroid  des  Uterus  erwies.  Mit  dem  Tumor  wurde  die  Tube  entfernt ;  rechts 
wurde  das  entartete  Ovarium  ebenfalls  entfernt  und  demgemäss  die  rechte 
Tube  und  das  linke  Ovarium  zurückgelassen,  '/a  Jahr  später  erkrankte 
Patientin.  Es  ging  keine  Schwangerschaftsdecidua  ab,  während  sich  eine 
Haematocele  retrouterina  bildete,  welche  mit  der  Zeit  spontan  zurückging. 
Alle  Umstände  sprechen  für  äussere  Ueberwanderung  des  Eies. 


F.  Schwarz -Fünfkirchen  beobachtete  Ruptur   einer  2  Monate       Tuben- 
schwangeren Tube  mit  Hämatocelenbildung   und  Durchbruch   in  die      ruptur, 
Harnblase.    Natürlich  war  vor  dem  Durchbruch   eine  Zersetzung   des  Blut-      Schwarz, 
tmnors  eingetreten.  Patientin  machte  eine  sehr  schwere  Pyämie  durch,  genas 
aber.    (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  37.) 

H.  Löhlein-Giessen  (Deutsche med.  Wochenschr.  Nr.  23)  warnt      uterus- 
dringend  vor   Ausschabung   des  Uterus   bei   ektopischer     a^sBcha- 
Schwangerschaft  oder  auch  nur  bei  Verdacht  derselben.  In  zweigjj^yj^^^Qyi^. 
Fällen  schloss  sich  die  Ausbildung  einer  Hämatocele  resp.  die  Ver-  schwanger- 
grösserung  einer  schon  bestehenden  an  die  Operation  an.    Der  erste      ^*^vf '** 
Fall  verlief  durch  Verjauchung  der  Hämatocele  tödtlich. 

c.  Operative  Eingriffe  während  der  Schwangerschaft. 

Eine    doppelseitige    Ovariotomie    in    der    Schwanger- 
schaft nahm  Fr.  Merkel-Nürnberg   (Münch.  med.  Wochenschr.  o?ariotomie 
Nr.  37)  vor.  ,  l""  *^' 

S  c  II  w  a  D  CT  6  r* 
Es  waren  in  der  16.  Woche  der  siebenten  Schwangerschaft,  nachdem      schaft 

beiderseits  neben  dem  Uterus  cystische  Tumoren  von  Kindskopf-  resp.  Faust-  Merkel. 
grQflse  constatirt  worden  waren,  peritonitische  Erscheinungen  aufgetreten. 
Bei  der  Operation  fand  sich  Axendrehung  des  rechtsseitigen  Tumors.  Dieser, 
sowie  der  linksseitige  parovariale  Tumor  wurde  entfernt  und  von  dem 
gleichfalls  cystischen  linken  Ovarium  die  Hälfte  resecirt.  Die  Schwanger- 
schaft wurde  nicht  durch  die  Operation  beeinflusst ;  eine  vor  der  Operation 


362  Czempin. 

vorhandene,    während  der   Schwangerschaft   entstandene  geistige  Störung 

—  Melancholie  —  schwand  nach  der  Operation. 

Ovariotomie  Ru b e s ka-Prag    (Beitrag    zur     Complication     der 

Inder       Schwangerschaft.    Monatsschr.  f.  Greburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  2, 
Schwanger-  °  .  j  •> 

Schaft,      Heft  3)   beschreibt    mehrere   Fälle   von   Ovariotomie   während    der 

Rubeska.      Schwangerschaft. 

Zweimal  waren  Störungen  der  Gravidität  durch  die  Tumoren  an  und 
für  sich  nicht  vorhanden,  und  war  die  Indication  lediglich  durch  die  Ge- 
schwulst gegeben.  In  dem  einen  Falle  traten  24  Tage  nach  der  Operation 
Wehen  und  Geburt  eines  unreifen  Kindes  ein,  im  anderen  verlief  die 
Schwangerschaft  ungestört.  In  einem  Falle  war  die  Geschwulst  als  absolutes 
Geburtshinderniss  anzusehen  (Adhäsionen  im  Douglas)  und  wurde  in  Bück- 
sicht hierauf  während  der  Schwangerschaft  entfernt.  Es  war  ein  Cysto - 
carcinom.  Am  30.  Tage  nach  der  Operation,  am  Endtermin,  spontane 
Geburt.  Die  Mutter  starb  3  Monate  später  an  Recidiv.  In  zwei  Fallen 
kamen  die  Geschwülste  als  absolutes  Geburtshindemiss  während  der  Geburt 
zur  Diagnose.  Im  ersten  Falle  gelang  die  Reposition  der  Geschwulst  in 
Chloroformnarkose.  Im  zweiten  Falle  gelang  dies  nicht.  Die  Cyste  wurde 
deshalb  per  vaginam  incidirt.  Die  Geburt  verlief  normal,  aber  die  Cyste 
verjauchte  im  Wochenbett  und  wurde  mit  Glück  durch  ein  combinirtes 
Operationsverfahren  exstii-pii-t. 

Einen    Fall    von    Kaiserschnitt    nach     Porro     in     der 
Porro-       Schwangerschaft  wegen  malignen  Ovarialtumors  theilt  Voigt  (Zeit- 
operativen    gchrift  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  32,  H.  3)  aus  der  Prochownik- 
Schwanger-  schen  Privatklinik  in  Hamburg  mit. 

Schaft,  Es  handelte  sich  um   eine  Complication  von  Zwillingsschwangerschaft 

Voigt.  Qjj^  einem  grossen  malignen  Ovarialtumor.  Der  Tumor  führte  zur  Bildung 
von  Ascites,  zu  Compressionserscheinungen  und  zu  einem  absoluten  Hinder- 
niss  für  den  Austritt  des  Kindes.  Es  wurde  die  Ovariotomie  in  der 
Schwangerschaft  geplant.  Bei  der  Operation  fand  man  einen  soliden,  bös- 
artigen, vielfach  verwachsenen  Ovarialtumor.  Da  gleichzeitig  die  Geburt 
begann,  schritt  Prochownik  zur  Sectio  caesarea  und  schliesslich  zum 
Porro.     Zwillinge  todt.  Mutter  starb  am  9.  Tage  post  operationem. 

Voigt  glaubt  in  Rücksicht  auf  die  Aehnlichkeit  der  Geschwulst 
mit  einem  in  Degeneration  befindlichen  Corpus  luteum  die  Entstehung 
derselben  aus  einem  gelben  Körper  annehmen  zu  können,  bei  wel- 
chem nicht,  wie  gewöhnlich,  die  charakteristischen  Luteinzellen  vom 
Centrum  aus  unter  Bildung  von  Fibriimiassen  und  Blutaustritten 
aufgelöst  wurden,  sondern  in  den  Randzonen  selbständig  abnorm 
wucherten. 

H.  Fehling- Halle  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  GynäkoL  Bd.  2, 
Heft  5)  führte   die   Totalexstirpation   einer   am  CoUumkrebs 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


363 


erkrankten  Gebärmutter  im   7.  Monat  der  Schwanger-       Sectio 
8chaft  aus.  caesarea  und 

Zuerst  wurde  die  Sectio  caesarea  vorgenommen,  der  Uterus  supravaginal  exstirpation 
amputirt,  der  Stumpf  provisorisch  vernäht,  die  Bauchhöhle  provisorisch  ge-        in  der 
schlössen,   dann  der  Collumstumpf  per  vaginam  exstirpirt  und  nach  glück-  Schwange r- 
licher  Vollendung  der  Operation  die  Bauchwunde  definitiv  geschlossen. 


sohaft, 
Fehling. 


Einen  Fall  von  traumatischer  Uterusruptur  in  der 
Schwangerschaft  beschreibt  Reusing  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u. 
Gynäkol.  Nr.  2)  aus  der  Würzburger  Frauenklinik. 

Er  betraf  eine  23jährige  Erstgeschwängerte,  welche  in  der  Mitte  des 
8.  Monats  ca.  4  m  tief  herabgefallen  war.  Ohne  dass  die  Bauchdecken 
verletzt  waren,  war  durch  den  Fall  eine  Ruptur  des  schwangeren  Uterus 
und  Austritt  des  Kindes  in  die  Bauchhöhle  erfolgt.  Durch  die  Laparotomie 
wurde  das  Kind  entfernt,  der  in  der  Vorderfläche  des  Fundus  verlaufende 
Länggriss,  in  dem  die  Placenta  sass,  vernäht.  Reconvalescenz  verlief  gut. 
Reusing  fügt  aus  der  Litteratur  noch  drei  ähnliche  Fälle  hinzu. 


Trauma- 
tische 
Uterus- 
ruptur, 
Reusing. 


Leopold- 
Spörlin, 


2.  Pathologie  und  Therapie  der  Geburt. 

a.  Untersuchung  der  Gebärenden. 

Die  Leitung  normaler  Geburten  nur  djurch  äussere 
Untersuchung  ist  von  Leopold-Spörlin  an  dem  reichen  Ma-  Aeussere 
terial  der  Dresdener  Frauenklinik  geschildert  worden.  Gegen  die  Unter- 
inzwischen  erhobenen  Bedenken,  nämlich  dass  die  äussere  Unter-  ^^^ 
suchung  bei  fetten  oder  ödematösen  Bauchdecken,  grosser  Empfind-  Gebärenden, 
lichkeit  und  reichem  Fruchtwasser  im  Stich  lasse,  femer  dass  das 
Verhalten  des  Beckens  und  der  Weichtheüe  unaufgeklärt  bleibe,  dass 
der  Vorfall  und  das  Vorliegen  kleiner  Theile  oder  der  Nabelschnur 
nicht  erkannt  werden  könnte,  hat  nun  Leopold  in  Gemeinschaft 
mit  seinem  Assistenten  Orb  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49, 
Heft  2)  von  neuem  seine  Aufmerksamkeit  gerichtet.  Es  wurden 
1693  Geburten  beobachtet,  von  denen  1334  ohne  Kunsthülfe  ver- 
liefen. Von  letzteren  sind  57,5  ^/o  ohne  innere  Untersuchung  zu  Ende 
geführt,  und  90,2  ®/o  derselben  hätten  nur  durch  äussere  Untersuchung 
geleitet  werden  können,  wenn  nicht  des  Unterrichts  wegen  die 
Vaginaluntersuchung  hätte  vorgenommen  werden  müssen.  Li  drei 
Viertel  der  innerlich  nicht  untersuchten  FäUe  wurde  das  Tieferrücken 
des  Kopfes  und  damit  der  Fortschritt  der  Geburt  genau  festgestellt, 
in  einer  zweiten  Reihe  von  Geburten  —  110  Fälle  —  beHef  sich  die 
ftrocentzahl  der  ohne  Kunsthülfe  verlaufenen  Geburten  ohne  vaginale 
Untersuchung  auf  87,5 **|o,   eine  Zahl,   welche  leicht  auf  90,6 °|o  zu 


Orb. 


364  Czempin. 

bringen  gewesen  sein  würde.  Nur  in  1,7  •/o  der  Fälle  der  ersten 
Geburtsreihe  kamen  diagnostische  Irrthümer  vor,  ohne  dass  dadurch 
ein  ungünstiger  Ausgang  für  Mutter  und  Kind  herbeigeführt 
worden  wäre. 

Die   äussere   Untersuchung   der   Gebärenden   hat 
Aenssere     E>.  Müllerheim    (Monographie.    Berlin,   Oscar  Coblentz)    in    der 
Unter-       Strassburger  Frauenklinik   an  einem  grossen  Material  geprüft.     Er 
der         ^^^  besonderen  Werth   auf  die  sorgfältige  Betastung  des   unteren 
Oebärenden,  Uterinsegmentes.     Handelt  es  sich  um  eine  SchädeUage,   so  ergibt 
die  Abtastung  der  sich  deutlich  markirenden  Vorsprünge  der  Stirn 
und  des  Kinnes  wertvolle  Aufschlüsse,  sowohl  im  Beginn  der  Geburt 
wie  bei  dem  weiteren  Fortschreiten  derselben.     Müllerheim  zeigt, 
dass  sowohl  die  Lage  des  Kindes,  ob  erste  oder  zweite  Schädellage, 
ob  erste  oder  zweite  Unterart,  aus  der  Betastung  des  Kinnes  con- 
statirt  werden  könne,  ebenso  wie  auch  aus  dem  seitlichen  Stand  des 
Kinnes  und  der  Stellung  des  Kopfes  zu  den  Schultern  die  vordere 
oder  hintere  ScheitelbeineinsteUung  gemuthmasst  werden  kann.    Auch 
die  Stimlage  und  Vorderhauptslage  lehrt  Müllerheim  aus  der  Ab- 
tastung des  Kinnes  erkennen.    Müllerheim  glaubt  mit  Eecht,  dass 
die  äussere  Palpation   sowie   eine   scharfe  Beobachtung  des   allge- 
meinen Körperbaues  sowie  des  Beckens  im  besonderen  weitgehende 
Schlüsse  über  den  Geburtsverlauf  erlaubt.    Die  äussere  Untersuchung 
der  Kreissenden  wird  zwar  die  innerliche  Untersuchung  nicht  über- 
flüssig machen,  sie  aber  immerhin  einschränken  können. 

Rectale  E.  Eiess-Strassburg  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  1894, 

Unter-       jq^j.  17)  jg^  ^^j.  Ansicht,   dass  die  vaginale  Untersuchung  der 
Buchung,      tt-      >  n         ^         ^     •%  >  i  i  ?i. 

E.  Riesa.      Kreissenden  durch  die  rectale  ersetzt  werden  müsse.    Euier- 

seits  gestatte  die  rectale  Untersuchung  eine  vollkommene  Orientirang 
in  normalen  Fällen  imd  weise  ausreichend  auf  etwaige  pathologische 
Verhältnisse  hin,  andererseits  sei  selbst  nach  der  rectalen  Unter- 
suchung eine  sichere  Desinfection  der  Hände  möglich,  um  noth- 
wendige  geburtshülfliche  Eingriffe  vornehmen  zu  können.  Mit  Recht 
haben  diese  Anschauungen  keine  Beachtung  gefunden. 

Desinfection         Eeinicke- Leipzig  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49,  Hef); 3) 

^t5?.*?^^'  untersuchte   in  der  Zweiferschen  Klinik  die  Erfolge  der  ver- 
Reinicke,  , 

schiedenen  Eeinigungsmethoden  der  Hände  durch  Bacterien- 
prüfung.  Er  fand,  dass  Beinigung  der  Hände  mit  heissem  Wasser 
imd  Seife  und  Bürste  während  3 — 5  Minuten,  dann  Bürsten  in 
Spiritus  (90''o)  und  Abspülen  mit  aseptischer  Flüssigkeit  mit  grosser 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


365 


Wahrscheinlichkeit  absolute  Keimfreiheit  bewirke.  Die  von  Krön  ig 
dagegen  erhobenen  Einwände,  dass  wahrscheinlich  die  Alkohol- 
waschnng  die  Haut  derart  verändert,  dass  die  Keime  auf  der  Haut 
sitzen  bleiben  und  zum  Zweck  der  bacteriellen  Untersuchung  sich 
schwer  entfernen  lassen,  trotzdem  aber  inficiren  können,  hält  er  fiir 
falsch.  Die  gegentheiligen  Untersuchungen  von  Krönig  zeigen  nur, 
dass  die  lebendige  Hand  sich  gegenüber  der  künstlichen  Infection 
anders  verhält  als  der  bacterieUe  Versuch. 

Ahlfeld  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  51)  prüfte  die  Frage 
von  neuem  und  fand,  dass  3  Minuten  dauerndes  Waschen,  Beini- 
gang,  Kürzung  und  Glättung  der  Nägel,  Abreiben  der  Hand  mit 
einem  handgrossen  ElanelUappen  und  96°/oigem  Alkohol  im  Stande 
ist,  bei  einer  gut  beschaffenen  Hand  eine  keimfreie  Untersuchung 
vorzunehmen.  Bei  Personen  mit  rauhen,  schwer  zu  desinficirenden 
Händen,  femer  nach  Berührung  mit  virulentem  Material  bei  Ein- 
föhren  der  ganzen  Hand  in  den  Genitaltractus  ist  ausgiebige  Waschung 
mit  Bürste  und  Seife,  5  Minuten  langes  Abreiben  mit  Alkohol  noth- 
wendig,  eventuell  ist  auch  noch  ein  Desinfectionsmittel  anzuschliessen. 
Nothwendig  ist  für  die  Sterilisirung  der  Gebrauch  von  Alkohol. 


Ahlfeld. 


b.  Geburtscomplicationen. 

Eine  siebenmalige  Nabelschnurumschlingung  um  den 
Hals  des  Kindes  als  Geburtshindemiss  sah  Wygodzki-Wüna 
(Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  48). 

Es  gelang  die  Expression  des  Kopfes  nach  Kristeller.  Die  Nabel- 
schnur war  168  cm  lang,  siebenmal  um  den  Hals  und  einmal  um  die  linke 
Schulter  geschlungen.  Das  Kind  war  abgestorben,  die  definitive  Entwicke- 
long  gelang  erst  nach  Durchschneidung  der  Nabelschnur. 


Nabel- 

schnur- 

umschlin- 

gnng, 
Wygodzki. 


Während  in  einer  früheren  Publication  (cf.  dieses  Jahrb.  Jahr- 
gang 1895,  S.  358)  Hofmeier  den  Nachweis  zu  führen  suchte,  dass 
die  Complication  von  Uterusmyom  mit  Schwangerschaft 
und  Geburt  selten  zu  schwerwiegenden  Folgen  führe,  ist  Klein-  Myom  bei 
Wächter  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  32,  Heft  2)  der  gj^^j^^^^^^^ 
Ansicht,  dass  der  Geburtsverlauf  bei  myomatösem  Uterus  stets  ge- 
fahrdrohend  sei.     Er  theilt  die  Geburtsgeschichte   einer  30jährigen 

Erstgebärenden  mit. 

Nach  einem  sehr  lange  dauernden,  aber  spontanen  Geburtsverlauf  trat 
tuunittelbar  post  partum  eine  schwere  uterine  Blutung  auf,  welche  schliess- 
lich auf  Tamponade  stand,  jedoch  1  Stunde  später  den  Tod  der  Frau  her- 
beiföhrte.    Die  Section  wies  ein  grosses  intraparietales  Myom  der  hinteren 


366  Czempin. 

Funduswand  nach,  welches  die  mangelhafte  Zusammenziehung  des  Uterus 
bedingt  hatte,  während  es  sich  gleichzeitig  um  tiefen  Sitz  der  Plaoenta 
handelte. 

Geburt  bei  P-  Strassmann- Berlin  machte  in  einem  eingehenden  Vortrage 

Antefixatio  (Zur  Kennijniss  des  Schwangerschafts-  und  Greburts- 
P  strassmann  Verlaufes  bei  antefixirtem  Uterus.  Archiv  f.  Geburtsh.  u. 
Gynäkol.  Bd.  50,  H.  1)  auf  die  Gefahren  aufinerksam,  welche  bei  den 
modernen  Retroflexionsoperationen  auftreten  können,  sei  es,  dass  die- 
selben von  der  Scheide  oder  von  den  Bauchdecken  aus  vorgenommen 
werden.  Theoretisch  ist  die  Alexander-Adam'sche  Operation 
der  Verkürzung  der  runden  Mutterbänder  die  beste,  da  sie  keine 
neue  pathologische  Fixation  bedingt,  sondern  nur  die  natürlichen 
Befestigungen  des  Uterus  verstärkt.  Bei  der  Ventrifixur  (nach 
Olshausen,  Czerny,  L e o p o  1  d  u.  a.)  wird  eine  neue  Befestigimg 
hinzugefügt.  Geburten  sind  bei  diesen  Methoden  beobachtet  worden, 
die  meisten  verliefen  normal,  doch  sind  auch  Störungen,  Fixation  der 
vorderen  Wand  des  Uterus  und  Verdünnung  derselben  beschrieben 
worden,  welche  beweisen,  dass  die  Fixation  eine  fibröse,  der  Deh- 
nung nicht  fähige  sein  kann.  Strassmann  sah  in  einem  nach 
Czerny-Leopold  ventrifixirten  Fall,  dass  das  Tiefertreten  des 
Uterus  behindert  war  und  die  Narbenstelle  bei  jeder  Wehe  in  schmerz- 
hafter und  gefahrdrohender  Weise  eingezogen  wurde.  Nach  Ent- 
wickelung  des  Bandes  mittels  Zange  trat  eine  Nachblutung  durch 
Behiaderung  der  Retraction  des  Uterus  ein.  Die  höchste  Fixurstelle 
war  11  cm  über  der  Symphyse.  Bei  späterer  Untersuchung  zeigte 
es  sich,  dass  die  hintere  Uteruswand  an  der  Fixation  betheiligt  war. 
In  der  Litteratur  ist  auch  ein  Kaiserschnitt  nach  Ventrifixur  be- 
richtet (Gubaroff),  dessen  dringende  Indication  indessen  Strass- 
m  a  n  n  nicht  anerkennt.  Bei  der  intraperitonealen  Vaginifixor 
(Dührssen)  liegt  ein  Theü  des  Uterus  extraperitoneal  und  ist  narbig 
fixirt.  Beim  Wachsthum  des  Uterus  treten  hier  Narbenbeschwerden 
imd  Schmerzen  auf.  Es  kann  leicht  zum  Abort  kommen,  25  "/o  der 
D  ü  h  r  s  s  e  n'schen  Fälle,  während  Strassmann  bei  Pessarbehandlung 
nur  16^0  Aborte  sah.  Trennen  sich  die  Narben,  so  kann  es  nach  der 
Geburt  zum  Recidiv  der  Retroflexion  kommen  (bei  Dührssen  3mal 
unter  12  untersuchten  Wöchnerinnen).  Bleibt  die  Vaginifixur  fest,  so 
entwickelt  sich  die  hintere  Wand  stärker,  die  vordere  wird  dicker, 
bleibt  im  Becken  fixirt  und  wird  zum  Geburtshindemiss;  die  Portio 
weicht  st-ark  nach  hinten  aus),  es  kommt  zu  abnormen  Kindeslagen, 
Nabelschnurvorfall  et<?.   In  dem  ersten  von  Strassmann  berichteten 


Geburtshülfe  und  Gyn'äkologie.  367 

Fall  trat  5  Monate  nach  der  von  Dührssen  ausgeführten  Vagini- 
fixm*  Conception  ein.  Blasenbeschwerden,  Schmerzen  in  der  Schwanger- 
schaft, Querlage,  Nabelschnurvorfall.  Die  Portio  befand  sich  ober- 
halb des  Promontoriums.  Es  bestand  eine  nicht  reponirbare  fbdrte 
Aussackung  der  vorderen  TJteruswand  im  Becken.  Sehr  schwere 
Wendimg  mit  anschliessender  Blutung,  die  nur  durch  Compressiv- 
verband  zu  stiQen  war.  —  Im  zweiten  Falle  war  die  gleiche  Aus- 
sackung der  fixirten  vorderen  Uteruswand  vorhanden,  so  dass  ein 
völliges  Geburtshindemiss  vorlag.  Es  wurde  (G-usserow)  die  Sectio 
caesarea  noth wendig,  welcher  die  Frau  erlag.  Die  Schwierigkeiten 
bestehen  in  der  Unmöglichkeit  der  Reposition  des  fixirten  Uterus- 
segmentes, der  Schwierigkeit  der  Wendung  wegen  Gefahr  der 
Scheidenzerreissung ,  Unmöglichkeit  der  spontanen  Geburt.  Dem- 
gemäss  fuhren  die  Beobachtungen  solcher  Geburtsfälle  zu  der  For- 
derung, mit  den  fixirenden  Operationen  des  Uterus  vorsichtig  zu  sein, 
namentlich  bei  Frauen,  welche  noch  innerhalb  des  geschlechtsreifen 
Alters  sich  befinden. 

A.  Mackenro dt-Berlin  theüt  ebenfalls  seine  Erfahrungen  über  Mackenrodt. 
die  Vaginofixation  und  Kolpoköliotomie  in  Beziehung 
zu  Schwangerschaft  und  Geburt  mit  (Monatsschr.  f.  Geburts- 
hülfe u.  Gynäkol.  Bd.  2,  H.  5  ff.).  Auch  er  sah  schwere  Störungen 
der  Geburt  durch  die  feste  Fixation  des  Corpus  an  die  vordere 
Scheidenwand  eintreten.  Die  mechanischen  Verhältnisse  waren  die 
gleichen,  wie  in  den  von  Strassmann  (s.  o.)  beschriebenen  Fällen. 
Mackenrodt  sieht  die  Gefahren  in  der  Verwendung  unresorbir- 
baren  Materials  (Silkworm)  zur  Fixirung.  Im  ferneren  verwirft 
er  die  alten  Methoden,  sowohl  die  seine,  wie  die  Dührssen'sche 
und  tritt  für  die  Vesicofixation  ein.  Ebenso  sah  Graefe- Halle  Graefe. 
(Ueber  schwere  Geburtsstörungen  infolge  von  Vagino- 
fixatio  uteri.     Ibid.  H.  6)  einen  Fall. 

Abdomen  stark  in  die  Breite  gedehnt,  Querlage  der  Frucht.  Portio 
hoch  oben  im  Kreuzbein  liegend,  kaum  zu  erreichen,  spitzwinklig  gegen 
das  ganz  nach  unten  gerichtete  untere  Uterinsegment  abgeknickt.  Sehr 
bald  Auftreten  eklamptischer  Anfälle,  weswegen  G  r  a  e  f  e  die  wegen  des  Geburta- 
hindernisses  an  und  für  sich  geplante  Sectio  caesarea  ausführte.  Es  lag  der 
Uterus  mit  der  vorderen  Wand  fast  völlig  im  Becken,  so  dass  der  Schnitt 
wesentlich  im  Fundus  und  in  der  hinteren  Wand  angelegt  wurde.  Lebendes 
Kind.    Heilung. 

Kurz  hinter  einander  kamen  in  der  Berliner  Universitäts-Frauen- 
klinik zwei  Fälle  von  spontaner  Uterusruptur  zur  Be- 
obachtung, welche  A.  Gessner  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol. 


368  Czempin. 

Uterus-  Nr.  2)  mittheilt.  Im  ersten  Falle  handelt  es  sich  um  eine  Sechst- 
ruptur,  gebärende,  die  immer  leicht  geboren  hatte.  Es  bestand  eine  ab- 
gewichene Steisslage,  welche  sich  nach  dem  Blasensprunge  in  eine 
Querlage  mit  Armvorfall  umwandelte.  Unmittelbar  nach  einigen 
Würge-  und  Brechbewegungen  erfolgte  die  TJterusruptur,  ohne  dass 
eine  Blutung  und  eine  Veränderung  des  mütterlichen  Pulses  eintrat. 
Die  Euptur  hatte  das  hintere  Scheidengewölbe  betroffen,  welches 
vollkommen  vom  unteren  TJterinsegment  abgetrennt  war.  Es  gelang 
das  Kind  per  vias  naturales  zu  entfernen.  Trotz  fester  Tamponade 
des  Bisses  und  der  Scheide  und  Anlegung  eines  festen  Gompressiv- 
verbandes  bestand  eine  starke  Nachblutung,  so  dass  die  Laparotomie 
vorgenommen  wurde.  Bei  derselben  zeigte  sich,  dass  der  B.is8  das 
Peritoneum  des  Beckens  nicht  eröffnet  hatte,  sondern  nur  ein  Häma- 
tom des  Ligamentum  latum  sinistrum  vorhanden  war.  Die  Bauchhöhle 
wurde  deshalb  wieder  geschlossen,  Patientin  genas.  —  Der  zweite  Fall 
war  eine  typische  TJterusruptur  durch  Hydrocephalus.  Der  Riss  be- 
traf das  ganze  untere  Uterinsegment  rechts  und  vom,  Hess  aber  den 
äusseren  Muttermund  intact.  Nach  Perforation  des  Kopfes  war  die 
Extraction  des  Kindes  leicht.  Die  EisssteUe  wurde  mit  Gazestreifen 
nach  der  Scheide  hin  drainirt.  Die  Blutung  war  sehr  gering  ge- 
wesen. Auch  diese  Patientin  genas.  G essner  hält  die  Entschei- 
dung, ob  es  sich  um  eine  complete  oder  incomplete  Buptur  handelt, 
von  grosser  Bedeutung  für  die  einzuschlagende  Therapie.  Für  die 
incomplete  Ruptur  ist  sicher  die  exspectative  Therapie  vorzuziehen, 
während  für  die  complete  ein  operatives  Vorgehen  eher  am  Platze 
ist.  G essner  hatte  in  den  genannten  und  in  drei  noch  weiteren 
Fällen,  darunter  zwei  completen  Rupturen  guten  Erfolg  durch  die 
Tamponade  und  festen  Druckverband. 
H.W.  Freund,  H.  W.  F r e u n d - Strassburg  (Festschrift  z.  50jährigen  Jubiläum 

d.  Gesellschaft  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  in  Berlin),  welcher  seine 
früheren  und  einige  neuerdings  berichtete  FäUe  von  Zerreissung 
der  Gebärmutter  und  des  Scheidengewölbes  einer  Nach- 
prüfung unterzogen  hat,  spicht  sich  im  Gegensatz  hierzu  gegen  die  Tam- 
ponade bei  den  von  ihm  als  „Combinationsrisse"  bezeichneten  Ver- 
letzungen aus,  d.  h.  solche,  bei  welchen  die  Platten  des  Ligamentum 
latum  breit  eröfihet  worden  sind  und  die  sich  von  der  Cervix  nach 
der  Scheide  hin  fortsetzen.  Die  Wirkung  der  Tamponade  hält  er 
für  unsicher  und  ein  actives  Vorgehen  seines  Erachtens  dringend  in- 
dicirt.  Hierfür  kommt  entweder  die  Laparotomie  oder  die  Naht  des 
Gervixrisses  von  der  Scheide  aus  in  Frage.  Freund  hält  die  Zahl 
derartiger  Uterusrupturen  für  erheblich  grösser  als  gewöhnlich  an- 


Geburtshtilfe  und  Gynäkologie, 


369 


genommen  wird,  besonders  bei  Mehrgebärenden,  bei  welchen  durch 
Läsionen  bei  früheren  Geburten  narbige  Veränderungen  des  Collums 
bestehen. 

Que  isner -Bromberg  theilt  einen  geheilten  Fall  von  üterus- 
ruptur  mit.  Neuntgebärende,  stets  normale  Entbindungen,  ohne  auf- 
fallige Symptome  Ruptur  des  Uterus,  Muttermund  völlig  erweitert,  links 
im  Fundus  ein  Längsriss  von  10 — 12  cm.  In  diesem  liegt  der  rechte  Fuss 
und  die  Nabelschnur.  Kopf  überm  Beckeneingang,  Wendung  gelingt  leicht, 
keine  Blutung,  keine  Tamponade,  schwerer  Sandsack  auf  den  Uterus,  mit 
Binden  befestigt,  Heilung. 

Eine  4jährige  Eetentio  in  utero  eines  Skelettes  der 
im  7.  Monat  der  Schwangerschaft  abgestorbenen  Frucht 
beschreibt  Resnicow- Elisabethgrad  (Centralblatt  f.  Geburtsh.  u. 
Gynäkol.  Nr.  9). 

Anscheinend  durch  Typhus  war  die  Frucht  abgestorben.  Die  zuerst 
eintretenden  Wehen  hörten  auf,  mit  der  Zeit  trat  ein  dauernder  Abfluss 
stinkenden  Eiters  ein,  der  jahrelang  andauerte,  die  Kranke  stark  her- 
unterbrachte und  zeitweilig  mit  Fieber  und  Schüttelfrösten  verbunden  war. 
Ab  und  zu  gingen  Knochentheile  ab.  Die  Adnexa  und  Parametrien  waren 
völlig  frei.  Nach  Dilatation  des  Uterus  wurde  das  Skelett  entfernt.  Die 
Kranke  genas.  Aus  der  Litteratur  theilt  Resnicow  einige  ähnliche 
Fälle  mit 


Queisner. 


Retention 

der  todten 

Frucht, 

Resnicow. 


von 
Gesichts- 
lagen, 
Grossmann. 


c.  Geburtshülfliche  Operationslehre. 
1.  Fehlerhafte  Lagen. 

Grossmann-München  (Zur  manuellen  Umwandlung  vonumwandiung 
Gesichts-  in  Hinterhauptslage.  Mtinch.  med.  Wochenschr. 
Nr.  23)  beschreibt  zwei  Fälle  von  Gesichtslage  nach  dem  Blasen- 
Sprung.  Während  er  den  ersten  Fall  exspectativ  behandelte  und 
dabei  durch  Druck  Brandgeschwüre  und  fieberhaftes  Wochenbett 
folgen  sah,  machte  er  im  zweiten  Fall  den  Versuch  zur  manuellen 
Umwandlung  der  Gesichts-  in  Hinterhauptslage.  Während  die  rechte 
Hand  das  Hinterhaupt  umfasste  und  die  Defiexion  auszugleichen 
Buchte,  wurde  mit  der  linken  äusseren  Hand  durch  das  untere  Uterin- 
segment hindurch  die  lordotisch  verkrümmte  Halswirbelsäule  ge- 
streckt, gleichzeitig  das  Hinterhaupt  mit  der  inneren  Hand  etwas 
nach  abwärts  gezogen.  Die  Correction  gelang  mit  einem  B.uck,  und 
der  Kopf  trat  in  Hinterhauptslage  ein. 

Mermann-Mannheim   (Centralblatt   f.  Geburtsh.   u.   Gynäkol. 
Xr.  36)  führte  bei  verschleppten  Querlagen  dieEvisceration  des 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1896.  24 


870  Czempin. 

todtön  Kindes  aus.  Für  dieselbe  benutzt  er  die  Siebold'sche 
Scbeere,  mit  welcher  er  ein  Loch  in  den  Bippenraom  schneidet,  unter 
Anziehung  des  vorgefallenen  Armes  der  Frucht.  In  dieses  Loch 
dringt  die  Hand  des  Operateurs,  nimmt  die  Brusteingeweide  heraus, 
durchbohrt  das  Zwerchfell  und  entleert  von  hier  aus  die  Bauchhöhle. 
Die  Extraction  des  so  entleerten  Kindes  war  stets  leicht,  entweder 
conduplicato  corpore  darch  Zug  mit  der  im  fötalen  Bauch  liegenden 
Hand  oder  durch  Extracdon  am  Fuss  der  Frucht. 


2.  Zange.    Kflnstliche  Frühgeburt.    Placenta  praevia. 

ing«D'  ^-  Schick -Frag  (DieZangenoperationen  während  der 

rationsn,  Jahre  1891 — 94  an  der  deutschen  geburtah.  Klinik  in  Prag  [Frof. 
*^*^  V.  Eosthorn].  Mouatsschr.  f.  Geburtsh.  n.  Gyn&kol.  Bd.  1,  H.  6). 
In  2920  GefanrtsiUUen  kam  die  Zange  106mal  zur  Anwendung,  bei 
I-paren  in  71,7  *|<i,  bei  Mehrgebärendeu  in  28,3*10.  Die  Indication 
von  Seiten  der  Kutter  betrug  41,6  •/» ,  Qefabren  far  das  Kind  in 
52,83  '!<•,  für  beide  in  6,6  °|.  der  Fälle.  Verletzungen  kamen  in  60  »o 
der  Fälle  vor,  in  11,3 '/o  traten  atonische  Blutungen  anf.  1,8'/«  der 
Wöchnerinnen  erkrankten  am  Puerperalfieber.  Die  Geaammtmortalitat 
betrug  4,7  °/«,  an  Puerperalfieber  0,9  °/o  in  der  Klinik  inficirter Frauen. 
In  63,21  °|e  wurden  Knaben ,  in  36,79  "ja  Mädchen  entwickelt.  Die 
Durchschnittslänge  der  Kinder  betrug  50,8  cm ,  das  Gewicht  durch- 
schnittlich 3303g.  4  Kinder  erkrankton,  16  zeigten  Verletzungen, 
11,32 "/o  starben,  von  diesen  3,7°/»  durch  die  Zange.  8,6°/ii  aller 
Zangen  wurden  am  hochstehenden  Kopfe  angelegt.  Von  diesen  starb 
1  Mutter,  66,1  */i»  der  Kinder!  Schick  hält  deshalb  den  Münoh- 
meyer'schen  Satz  fiir  richtig,  dass  die  Zange  die  blutigste  der 
geburtshülflichen  Operationen  bildet,  deshalb  auf  das  nothwendigste 
Haass  einzuschränken  und  ein  Hinneigen  zur  conservativen  Bichtnng 
zu  empfehlen  sei. 

0.  Bouthner  (Zur  Frage  der  Einleitung  der  künst- 
licli'H  Frühgeburt  bei  Beckenenge.  Archiv  f.  Gebtu-ts- 
btüfe  u  (iynSkologie  Bd.  48,  H.  2)  theilt  die  in  der  Bemer  Klinik 
üblicbi'  Muthode  mit.  Maassgebend  für  die  Indicationstellung  ist 
die  Bi-^'iiiimung  des  Missverhältnisses  zwischen  Kopf  und  Becken. 
Dieses  Mi^sverhältniss  ist  meist  kein  sehr  grosses,  es  handelt  sich 
viehnL'liv  um  geringe  Grössenunterscliiede.  Die  Frage,  ob  Erst-  oder 
||g]irgu1  nirnnde ,  die  Anamnese  der  früheren  Geburten  spielt  keine 
nur  eine  untergeordnete  Rolle.     Die  geringen  Miasverbältnisse 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie, 


371 


genau  za  erkennen,  ermöglicht  nach  Beuthner  nur  die  P.  Müll  er- 
sehe Methode  der  Impression  des  kindlichen  Kopfes  ins  Becken. 
Diese  wird  in  Narkose  vorgenommen,  das  Kind  eventuell  durch 
äussere  Wendung  in  Schädellage  gebracht  und  mit  beiden  Händen 
unter  Controlle  eines  von  der  Schei(^  her  explorirenden  Untersuchers 
in  den  Beckeneingang  gepresst.  Wenn  der  kindliche  Schädel  mit 
seiner  grössten  Gircumferenz  bei  starkem  und  längerem  Druck 
von  aussen  (auf  die  Schädelbasis)  eben  noch  den  Beckeneingang 
paasirt,  soll  die  künstliche  Prühgeburt  eingeleitet  werden.  Beuthner 
ist  der  Meinung,  dass  dies  Verfahren  eine  möglichst  genaue  Be- 
stimmung des  Zeitpunktes  zur  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt 
gibt,  weit  besser  als  die  muthmaasslichen  Schätzungen  der  Entwicke- 
lung  der  Erucht  hinsichtlich  der  Zeit  der  Schwangerschaft. 

Ahlfeld-Marburg  (Das  Peter  Müller'schelmpressions- 
verfahren.  Monatsschr.  f.  G-eburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  6) 
unterzog  dieses  Verfahren  einer  Nachprüfung  und  macht  eine  B.eihe 
theoretischer  und  in  praxi  bestätigter  Einwände.  Nicht  immer  ist 
die  bei  dem  Verfahren  dem  Kopfe  künstlich  gegebene  Stellung  die 
geeignete,  welche  letzterer  eventuell  durch  die  Naturkräfte  erhält. 
Der  Kopf  hat  bei  langsamem  Eintritt  unter  der  Geburt  Zeit,  sich  den 
gegebenen  Verhältnissen  anzupassen.  Demnach  ist  die  Thatsache, 
dass  ein  kindlicher  Schädel  sich  nicht  in  das  Becken  einpressen 
lässt,  noch  kein  Beweis  gegen  die  Möglichkeit  eines  spontanen 
Dnrchtritts  bei  eingeleiteter  Frühgeburt.  Dies  konnte  Ahlfeld 
practisch  bestätigen.  Er  hält  deshalb  an  der  von  ihm  angegebenen 
Methode  der  Abschätzung  der  Kindsgrösse  aus  der  Länge  der 
intrauterinen  Fruchtaxe  zwecks  Einleitung  der  künstlichen  Früh- 
geburt fest. 


Ahlfeld. 


In  einem  Falle  vonPlacenta  praevia  centralis  beabsichtigt 
Nij hoff- Amsterdam  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  8), 
die  Placenta  zu  durchbohren  und  die  combinirte  Wendung  auf  den 
Fuss  zu  machen.  Ersteres  gelang  leicht,  dagegen  konnte  Nijhoff 
das  Amnion  nicht  durchbohren.  In  der  Hofihung,  dass  die  Frucht- 
blase sich  in  diesen  Biss  drängen  würde  und  gleichzeitig  als  Dila- 
tator  und  intrauteriner  Tampon  wirken  würde,  tamponirte  Nijhoff 
die  Scheide  und  wartete  ab.  Die  Blutung  hörte  völlig  auf,  und 
ca.  24  Stunden  später  wurde  das  Kind  lebend  geboren.  Auch  in 
der  Nachgeburtsperiode  war  die  Blutung  gering.  Die  Placenta  zeigte 
einen  grossen  Biss,  durch  welchen  sie  fast  vollständig  in  zwei  Theile 
getheüt  war.    Interessant  ist  in  diesem  Fall,  dass  die  Placenta  mit 


Placenta 

praevia 

centralis, 

N^hoff. 


372 


Czempin. 


der  Uteraswand  in  Verfoindang  blieb  nnd  somit  die  Placentarathmung 
nngestört  fortdauerte  und  keine  neae  Blutung  statt&nd. 


Kaiser- 

•  chBitt, 

Sänger, 


DroMl>ftdi, 


Iloffmami. 


3.  Kaiserächnitt,  Porro-Operation. 

Sang  er- Leipzig  (Monatsacbr.  f.  Grebnrtsh.  a.  GjnäkoL  Bd.  1, 
H.  1)  beschreibt  einen  Kaiserschnitt,  dessen  Ursache  sehr  inter- 
essant ist. 

Die  Patientin  hatte  eine  ektopische  Schwangerschaft  mit  Bildung  einer 
Hämatocele  dorchgemacht.  Bei  einer  neaen  Schwangerschaft  bildete  ein 
difFoser  Tnmor  im  Dooglas  ein  abeolntes  Gebnrishindemiss ;  nach  dem 
Kaiserschnitt  (lebendes  Kind)  fand  es  sich,  daas  der  Tumor  aus  fibrösen 
Schwielen  des  g^eschmmpften  froheren  extranterinen  Fruchtsackes  bestand, 
dass  beide  Abdominalostien  der  Tuben  verschlossen  waren,  aber  an  der 
linken  Tube  ein  accessorisches  Abdominalostium  sich  befand,  durch  welches 
das  Ei  in  den  Uterus  gelangt  war. 

Drossbach- Neuhaus  a.  I.  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  22) 
führte  einen  Fall  von  Sectio  caesarea  bei  osteomalacischem 
Becken  aus.     Conj.  diag.  9.     Exitus  48  Stunden  post  operationem. 

Ein  Sectio  caesarea  in  mortua  führte  A.  Hoffmann- 
Darmstadt  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  GynäkoL  Nr.  50)  aus. 

Es  handelte  sich  um  eine  36jährige  IV-para,  welche  im  Beginn  de^ 
8.  Schwangerschaftsmonats  unter  den  Erscheinungen  schwerster  Eklampsie 
erkrankte  und  2  Stunden  danach  starb.  10  Minuten  nach  dem  letzten 
Athemzuge  führte  Hoffmann  die  Sectio  caesarea  aus  und  entwickelte 
ein  lebendes  unreifes  Kind,  welches  25  Stunden  später  an  Lebensschwäche 
starb. 


k 


Porro-  Monpro'fit  (Arch.  prov.  de  chir.  Nr.  10)  führte  ebenfalls  einen 

Operation,   Kaiserschnitt  bei  absolutem  Geburtshindemiss  wegen  Myom  aus. 

Monpronti  c»  ./ 

Die  Diagnose  war  bereits  im  6.  Schwangerschaftsmonat  gestellt  worden. 

Es  handelte  sich  um  eine  28jährige  I-para.  Mit  Wehenbeginn  wurde 
operirt.  Das  Myom  sass  im  Becken  eingekeüt  und  war  mit  dem  Uterus 
durch  einen  daumendicken  Stiel  yerbunden.  Das  Myom  wurde  abgebunden, 
der  Uterus  vernäht  und  erhalten.     Mutter  und  Kind  genasen. 

Guermonprez- Lille  (Gaz.  med.  de  Paris  Kr.  32)  machte  bei 
einer  34jährigen  Schwangeren  einen  Kaiserschnitt,  da  das  Becken 
durch  Myom  ausgefüllt  war.  Nach  der  Entwickelung  des  Kindes 
führte  er  die  Totaleicstrrpation  aus,  welche  infolge  starker  Blutungen 
grosse  Schwierigkeiten  bot.  Die  von  der  hinteren  Wand  ausgehenden 
Myome  waren  stark  vascularisirt  imd  im  Becken  adharent.  Die 
Kranke  genas. 
VtaÄj  Tschudy  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49,  Heft  3)  be- 


Ouermonprez, 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


373 


schreibt  einen  sehr  interessanten  Fall  Porro'scher  Operation  bei 
Uterus  didelphys. 

hl  diesem  Falle  war  9  Jahre  vorher  in  der  Züricher  Frauenklinik  von 
Frankenhäuser  wegen  Hämatocele  und  Haematometra  sinistra  eine 
Operation  ausgeführt  worden.  Auf  dieser  Seite  trat  Schwangerschaft  ein. 
Trotz  3tagiger  Wehenthätigkeit  eröfinete  sich  der  Muttermund,  der  sich 
links  und  vom  von  der  Portio  vaginalis  des  rechten  Uterus  im  Scheiden- 
gmnde  befand,  nicht  im  mindesten.  Die  Gefahr  der  üterusruptur  ver- 
anlasste die  baldige  Ausführung  der  Sectio  caesarea.  Kind  asphyktisch, 
starb  bald;  die  Mutter  machte  eine  ungestörte  Reconvalescenz  durch. 


4.  Symphyseotomie. 


Gasnistik 
der 


Engatröm, 


A.  Pinard, 


0.  Engström  theilt  eine  Symphyseotomie  mit: 

31jährige  Zweitgebärende,  erste  Geburt,  Beckenendlage,  beschwerliche 
Extraction  des  Kopfes,  todtes  Kind,  ca.  4100  g.  Conj.  vera  ca.  7,8,  Kopf  ^™^  ?^® 
über  dem  Beckenausgang.  Symphyseotomie.  Extraction  mit  Tamier's  Zange, 
geringe  Blutung.  Die  Diastase  der  durchschnittenen  Knochenenden  während 
der  Extraction  betrug  nur  3  cm.  Das  Puerperium  verlief  normal ,  bis  auf 
einen  kleinen  Abscess  heilte  der  Schnitt  gut.  Das  Kind  wog  nur  3200  g. 
Mädchen,  Schädelknochen  sehr  weich,  löffelformige  Depression  an  der 
rechten  Sutura  coronalis. 

A.  Pinard-Paris  (Ann.  de  Gyn6col.  et  d'0bst6tr.  Nr.  1),  der 
begeisterte  Vertreter  der  Symphyseotomie  in  Frankreich,  theilt  49  FäUe 
der  an  der  Baudelocque'schen  Klinik  von  1892 — 94  ausgeführten 
Symphyseotomie  mit.  Seine  Grundsätze  sind  vollkommenes  Ver- 
werfen der  künstlichen  Frühgeburt,  der  hohen  Zange,  der  Perforation 
des  lebenden  Kindes :  Ausführung  der  Symphyseotomie  in  allen  Fällen, 
in  denen  beim  Auseinanderweichen  der  knöchernen  Theile  der  Raum 
von  7  cm  nicht  überschritten  zu  werden  braucht,  um  ein  lebendes 
Kind  zu  entwickeln;  Porro-Operation  in  allen  Fällen  von  absoluter 
Beckenenge.  Im  letzten  Jahre  wurde  22mal  operirt.  Zweimal 
trat  der  Tod  durch  Septikämie  ein,  in  einem  dritten  durch  Ileus;  von 
allen  49  Symphyseotomieen  wurden  45  Frauen  geheilt  und  44  Kinder 
lebend  geboren. 

Dayot  (ibidem  Nr.  3)  beschreibt  eine  Symphyseotomie  bei 
platt  rachitischem  Becken.  Diagonalis  9,8.  Die  Symphyse  klafft 
auf  4,5  cm.  Spontangeburt  des  Kindes.  Langsame  Consolidation 
der  Symphyse,  aber  guter  Gang. 

Crimail  (ibid.  Nr.  9) :  23jährige  Zweitgebärende.  Erste  Entbindung: 
Embryotomie.  Kyphoskoliose  vom  5.  Lebensjahre  an.  Coi\j.  diagonalis  95  mm, 
Körperhöhe  129.  Vergebliche  Zangenversuche.  Symphyseotomie,  Diastase 
55  mm.     V>  Stunde  später  Zange.    Kind  lebend,  gute  Heilung. 


Dayot, 


Crimail. 


374 


Czempm. 


Rector  (Medical  Record,  Maj  18):  Zweitgebärende.  Erste  Oeburt 
schwer,  Kind  todt.  Bei  der  jetzigen  Entbindung  vergebliche  Zangenvenucbe 
mit  der  gewöhnlichen  und  Tamier'a  Zange.  Ligamentum  arcuatum  *rarde 
nicht  durchachiiitten ,  riss  aber  beim  Zangeaverauch  ein,  gleichzeitig  die 
vordere  Scheidenwand.  Multiple  Fractur  der  Basis  des  Hinterhauptbeines 
beim  Kinde;  dasselbe  lebt  nur  6  Stunden.  Heilung  glatt,  Gang  schlecht 
durch  nngenflgende  Verheilung  der  Enochenenden. 

Da  vis -Philadelphia  (ibidem)  verlor  einel-para  nach  Sympliy- 
seotomie  durch  Sepsis.  In  einem  anderen  Falle  fOhrte  er  die 
Porro'eche  Operation  ans  mit  günstigem  Ausgang  für  llutter  und 
Kind.  Er  hat  fünf  Symphyseotomieen  gemacht  und  stete  die  Kinder 
gerettet.  Zwei  Mütter  starben.  Er  hält  die  Symphyseotomifi  fUr 
indicirt  bei  Frauen,  die  durch  lange  Geburtsarbeit  erschöpft  sind 
und  nur  leichte  Beckenverengemng  haben,  während  bei  bedeaten- 
dem  Missverhältnisa  zwischen  Becken  und  Kindskopf,  bei  mangel- 
hafter Entwickelung  der  Scheide  und  Vulva  der  Sänger'sche  Kaiser- 
schnitt indicirt  ist.  Bei  Unverheiratheten  will  er,  um  weiteren 
illegitimen  Schwangerschaften  vorzubeugen,  den  Kaiserschnitt  nach 
Porro  ausfuhren. 

H.  Meyer  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  85)  beschreibt  eine 
Symphyseotomie  aus  der  GOttinger  EUnik.  V-paxa,  bisher  zwei  lebende 
Kinder  durch  künstliche  Frühgeburt,  diesmal  Symphyseotomie ,  weil  der 
rechtzeitige  Termin  zur  Frühgeburt  verstricken  war.  Coaj.  diag.  9,5  cm, 
die  übrigen  Maaase  25;  26,5;  31,5;  17  cm.  Klaffende  Symphyse  5— 6  cm. 
0(icv;ili''>n  niilii  siOir  schwierig,  Naht  mit  Drahtauturen,  welche  das  Periost 
iiiilfiis?L'ii.     liutr  Heilung. 


mphyseotomie  nicht  ohne  dauernde  schädliche  Folgen 
n  sein  kann,  beweist  ein  von  Geuer-Köln  {Centralbl. 
r,vQäkol.  Nr.  43)  mitgetheilter  Fall  von  osteoptasti- 
luas  eines  nach  Symphyseotomie  stehen  ge- 
i  mphysenapaltea,    welcher    von    Frank    operirt 

it  der  Symphyseotomie  war  folgender:  24jährige  I-para  mit 

i-'i'p-tandener  Rachitis.  Conj.  diag.  8 V».  veraca.  6'A.  externa 

iiilt'Uage.    Trotz  starker  Wehen  nach  dem  Blasensprung  blieb 

(li's   Kopfes   aus ,    deshalb    Symphyseotomie.     Entwickelung 

>h  fangen  anlegung,  Gewicht  2820  g-    Tiefe  Scbeidendamm- 

/.i'rreissung  der  Scheide  bis  ina  vordere  ScheidengewOlbe  und 

uüt  ili-r  U[>>'v.itii>Ti!>wimdecoiamunicirend.  Uterustamponade,  Vereinigung  der 

S>pn|>hjrwD>-iid'-ii  durch  Silberdraht,  Fieber,  klaffende  Symphyse,  Decubitu». 

■hien  SchambeinBÄt.    Die  Heilung  der  Wunde  dauert«  2  Mo- 

Db  Syinjili.vse  klaffte  3  cm.    Gehversuche  sehr  schmerzhaft  und  un- 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  375 

beholfen.  Bildung  eines  breiten  Hautlappens  nach  dem  linken  Schambein- 
aste und  Abmeisselung  des  linken  queren  Schambeinastes  im  oberen  Theil 
in  der  Breite  von  8  cm.  Nach  entsprechender  Anfrischung  wurde  der  Defect 
in  den  Enochenspalt  eingenäht.  Sehr  gute  Heilung,  die  Gehversuche  waren 
bereits  nach  14  Tagen  besser,  das  Becken  um  ca.  iVs  cm  dauernd  weiter 
geworden. 

Bei  drei  neuen,  inzwischen  von  Frank  ausgeführten  Sym- 
physeotomieen  wurde  gleichzeitig  durch  einen  eingefügten  Haut- 
knochenlappen  der  Beckenring  erweitert.  Das  Resultat  war  ein 
vorzügliches. 

Binaud  (Mercr.  m6dic.  Nr.  14)  war  ebenfalls  genöthigt,  nach-       Binaad. 
dem  infolge  einer  Abscessbildung  der  Symphysenspalt  dauernd  klaffte, 
die  Knochenstümpfe  anzufrischen  und  von  neuem  zu  nähen.     Es 
trat  hierbei  Heilung  ein,  welche  jedoch  durch  Eiterung  der  Wunde 
und  Cystitis  in  die  Länge  gezogen  wurde. 

5.  Eklampsie. 

Nach  der  vonDührssen  angegebenen  Behandlungsmethode 
der  Eklampsie  hat  Zweifel  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Operative 
Nr.  27—29)  vom  Jahre  1892  an  alle  in  der  Leipziger  Universitäts-  ^^^^^^^^^e 
Frauenklinik  vorkommenden  Fälle  behandelt.  Er  theilt  129  da-  Eklampsie, 
selbst  beobachtete  FäUe  mit.  Die  Methode  von  Dührssen  beruht  Zweifel. 
auf  der  Idee,  durch  schnelle  Entleerung  des  Uterus  in  operativer 
Weise  die  Eklampsie  zu  coupiren  und  demgemäss  so  früh  wie  mög- 
lich zu  operiren.  Durch  Einfidirung  von  Gummiblasen  wird  die 
noch  nicht  erweiterte  Cervix  zum  Verstreichen  gebracht,  durch  tiefe 
Einschnitte  die  Cervix  eröfihet,  durch  tiefe  Licisionen  in  die  Scheide 
und  den  Damm  erstere  für  den  Durchtritt  des  Kindes  geöffnet. 
Zweifel  constatirt  allerdings,  dass  seit  der  Anwendung  dieser 
Methode  die  Mortalität  eine  ganz  bedeutend  geringere  geworden  ist, 
von  32,6  ""lo  der  Jahre  1887—1892  auf  15  «/o  von  letzterer  Zeit  ab. 
Trotzdem  hält  Zweifel  die  grundsätzlichen  Voraussetzungen  von 
Dührssen  nicht  für  richtig.  Zunächst  bestreitet  er  nach  seinen 
Beobachtungen,  dass  mit  der  Entleerung  des  Uterus  die  Eklampsie- 
anfalle aufhören;  in  66*^/0  seiner  FäUe  blieben  sie  aus,  in  34°/o  nicht. 
Er  legt  den  Gedanken  nahe,  dass  da,  wo  die  Entbindungen  besonders 
eingreifend  waren,  die  gesetzten  Beize  mehr  AnfäUe  nach  der  Geburt 
bedingten  als  die  schonende  Entbindung.  Die  Dührssen'sche 
Forderung,  möglichst  sofort  nach  dem  ersten  Anfalle  zu  entbinden, 
ist  in  praxi  schwer  zu  erfüllen,  da  bei  den  schweren  FäUen  die 
Erampfanfälle  sich  schnell  auf  einander  häufen,  während  in  leichteren 


376  CzempiiK 

Operative  FäUen  oft  nach  dem  ersten  Anfall  Standen  vergingen,  ja  die  Ent- 
Behsndiang  i^ju^img  spontan  oder  operativ  beendet  wurde,  ohne  dass  ein  neuer 
Eklampsie,  Anfall  eintrat.  Nicht  die  Entleerung  des  Uterus  an  sich,  sondern 
Zweifel.  der  Umstand  begünstigt  die  Prognose  der  activen  Therapie  der 
Eklampsie,  wie  schonend  die  Entleerung  vorgenommen  wurde.  Die 
tiefen  Cervixschnitte,  die  Dilatation  der  Cervix  mit  eingeführten 
Gummiblasen  und  die  tiefen  Scheidendammin cisionen  sind  das  Wesen 
des  Dührssen^schen  Verfahrens.  Letztere  hat  Zweifel  niemals 
angewandt.  Die  Cervixincisionen  wurden  häufig  angewandt.  Er 
hält  sie  für  günstig  für  die  schnelle  Entleerung  des  Uterus,  aber 
fiir  recht  gefahrlich  hinsichtlich  der  Nachblutung.  Nicht  für  un- 
möglich hält  Zweifel  es,  dass  ein  guter  Theil  der  günstigen 
Wirkung  des  Verfahrens  weniger  auf  die  schnelle  Entleerung  des 
Uterus  zu  schieben  sei,  als  auf  die  durch  diese  Einschnitte  hervor- 
gerufene Blutentziehung.  Er  würde  deshalb  für  die  practischen 
Aerzte  empfehlen,  lieber  einen  ungefährlichen  Aderlass  zu  machen 
und  von  dem  Dührssen'schen  Verfahren  nur  das  Durchziehen  von 
Gunmiiblasen  mit  folgendem  oberflächlichen  Einschneiden  der  Cervix- 
rander  zu  wählen.  Den  Kaiserschnitt  bei  Eklampsie  verwirft 
Zweifel  völlig.  —  Die  Mortalität  der  Sander  war  33  •'o.  —  Die 
operative  Behandlung  soll  stets  in  Narkose  vorgenommen  werden.  — 
Besonderen  Werth  legt  Zweifel  noch  auf  einige  Vorbeugungsmaass- 
regeln.  Bei  den  Vorboten  der  Eklampsie:  Kopfschmerzen,  Magen- 
schmerzen, Oedeme,  Albuminurie  in  der  Schwangerschaft  etc.  em- 
pfiehlt Zweifel  Milchdiät  und  ausschliessliche  Pflanzenkost.  Bei 
Schwangerschaftsnephritis  ist  die  künstliche  Frühgeburt  einzuleiten. 
Dringend  ist  zu  widerrathen,  eklamptischen  und  bewusstlosen  Kranken 
irgend  etwas  einzuflössen,  da  die  Gefahr  der  Schluckpneumonie  und 
Lungengangrän  bei  Eklampsie  an  und  für  sich  schon  sehr  gross  ist. 
Morphium  wird  nur  bei  sehr  grosser  Unruhe  gegeben.  Dagegen 
empfiehlt  Zweifel  den  Magen  mit  der  Schlundsonde  auszuspülen 
und  Lösungen  von  Pflanzensäuren,  Citronen-,  Essigsäure  in  den 
Magen  zu  giessen,  um  diuretisch  zu  wirken.  —  Bei  noch  erhaltener 
Cervix  wurden,  wie  erwähnt,  die  Dührssen'schen  tiefen  Cervix- 
incisionen angewandt,  doch  räth  Zweifel,  stets  vorher  jederseits 
zwei  Klenmien  anzulegen  und  zwischen  ihnen  durchzuschneiden,  um 
die  Blutung  zu  beherrschen.  Nachblutxmgen  aus  diesen  Kissen  sei 
man  stets  gewärtig.  Gegen  diese  ist  Naht  resp.  Anlegen  von  Ellemmen 
oder  Andrücken  von  sterilen  Wattebäuschen  nöthig.  Die  Jodoform- 
gazetamponade der  Uterushöhle  stillt  die  Cervixblutxmg  nicht.  Dir 
haftet   auch  die  Gefahr  der  Jodoformintoxication  an,  sie  ist  daher 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  377 

durch  die  Tamponade  mit  steriler  Gaze,  wo  sie  noth wendig  ist,  zu 
ersetzen.  Die  strengste  Asepsis  ist  bei  den  operativen  Maassnahmen 
geboten,  da  Infectionen  die  Fortdauer  der  Anfälle  unterhalten. 

A.  V.  Gubaroff-Dorpat  (Centralbl.   f.   Geburtsh.  u.  Gynäkol.     Sympto- 
Nr.  5)  sah  in  sechs  Fällen  von  Eklampsie  günstigste  Erfolge  für     matische 
die  Mütter  von  einer  mehr  symptomatischen  allgemeinen  Behand-         ^^^ 
lung.    Von  einer  Chloroformnarkose  wurde  nur  bei  operativen  geburts-  Eklampsie, 
hülfKchen   Eingriffen   Gebrauch    gemacht;    Morphium    und   Chloral-    '^^  önbaroff. 
klystiere  wurden  in  mittleren,  aber  ziemlich  häufigen  Dosen  ange- 
wandt.   Den  Hauptwerth  legte  Gubaroff  auf  die  äusserlichen  Mittel, 
welche  Haut-  und  Nierenthätigkeit  anregen  sollten:  feuchte,  warme 
Einwickelungen,  mehrmalige  Abreibungen  mit  warmer  Essig-,  Salz-, 
AlkohoUösung    und    Zufuhr    erhitzter    Luft.      Für    reichliche    Ent- 
leerung des  Darms  wurde  durch  salinische  Abführmittel  Sorge  ge- 
tragen, die  häufig  verminderte  Hamsecretion  durch  andauernde  locale 
Application  von  Hitze  (mit  warmem  Wasser  gefüllten  Gummibeutel) 
an  die  Lendengegend  mit  Erfolg  angeregt.    In  einem  schweren  Fall 
wurde  der  Aderlass  bis  zur  Entleerung  von  600  g  Blut  zweimal  hinter 
einander  vorgenommen. 

Aus  der  Wiener  Klinik  (Schauta)  wird  ein  Fall  von  Eklampsie 
bei  Mutter  und  Kind  von  G.  Woyer  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.    Eklampsie 
Gynäkol.  Nr.  13)  mitgetheilt,    der   besonderes  Interesse   durch   die   ^ ei  Mutter 

angewandte  Therapie  verdient.  Woyer. 

Es  handelte  sich  um  eine  1-para,  die  bereits  bewusstlos  in  die  EQinik 
gebracht  wurde.  Die  Anfälle  bestanden  seit  2  Stunden,  Trachealrasseln, 
Cyanose,  Sopor;  9  7oo  Eiweiss,  vielfache  Cylinder  im  Urin,  leichte  Oedeme 
der  unteren  Extremitäten.  Die  Frucht  lag  in  erster  Schädellage,  die  Cervix 
war  erhalten,  noch  Über  27«  cm  lang,  für  einen  Finger  durchgängig;  die 
Blase  stand,  der  Schädel  über  dem  Beckeneingang.  In  den  nächsten 
2  Standen  verschlechterte  sich  der  Zustand  durch  zwei  neue  schwere  An- 
fälle, während  die  Wehenthätigkeit  eine  sehr  geringe  war.  Für  die  Be- 
handlung kam  nur  die  Sectio  caesarea  in  Frage;  doch  wurde  ein  Versuch 
gemacht,  durch  einen  in  den  Uterus  eingeführten  Kolpeurynter  nach  dem 
Vorschlage  von  Dührssen  die  Geburtswege  zu  erweitem.  Dies  gelang  mit 
überraschender  Schnelligkeit ;  in  ca.  20  Minuten  fiel  der  Ballon  heraus,  die 
Cervix  war  vollständig,  der  Muttermund  nahezu  verstrichen.  Es  wurde  die 
Blase  gesprengt,  auf  den  Fuss  gewendet,  das  Kind  extrahirt.  Die  Ent- 
bindung dauerte  V«  Stunde.  Nach  der  Entbindung  wurden  die  Anfälle 
geringer,  die  Frau  genas.  Das  Kind  starb  wenige  Stunden  später  nach 
mehrfachen,  den  eklamptischen  Krämpfen  ähnlichen  Krampfanfällen.  Die 
Section  des  Kindes  fiel  negativ  aus. 


378 


Czempin. 


Ureter-  In  einem  Falle  von  Eklampsia  gravidarum,  welcher  zur  Section 

verschluss  gelangte,  fanden  A.  Favre  und  G.  Pfyff er-Chaux-de-Fonds  (Virchow's 
Ekl  i      ^^^'  ß^'  11^»  H.  2)  den  rechten  Ureter  durch  Narhenstränge  in  der  Höhe 

Favre  n.  *  ^^^  Linea  innominata  vollständig  verschlossen,  beide  Nieren  erkrankt»  rechts- 
Pfyffer.       seitig  das  Nierenbecken  dilatirt. 


Puerperale 
Neuritis 
und  Poly- 
neuritis, 
Ettlenburg, 


Stembo. 


8«  Pathologie  und  Therapie  des  Woehenbettes« 

A.  Eulenburg-Berlin  (lieber  puerperale  Neuritis  und 
Polyneuritis.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8  u.  9)  theilt  4 
von  ihm  selbst  beobachtete  Fälle  neben  34  aus  der  Litteratur  ge- 
sammelten  mit.  Es  handelte  sich  in  einigen  Eällen  um  Neuritis  ein- 
zelner Nerven  („Arm-",  „Handtypus"  der  puerperalen  Neuritis), 
in  1  Eall  um  schwere  diffuse  Polyneuritis.  Eulenburg  hält  die 
Bezeichnung  „Schwangerschaftsneuritis"  für  die  richtigere,  da  manche 
Fälle  bereits  in  der  Schwangerschaft  beginnen.  Selbst  in  schweren 
Fällen  ist  auf  eine  Besserung  zu  rechnen;  bei  frischen  Fällen  empfiehlt 
er  subcutane  Carbol-  oder  Garbol-Morphiuminjectionen;  bei  atro- 
phischen Lähmungen  Elektricität,  Massage,  Gymnastik. 

Auch  L.  Stembo-Wilna  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  29) 
theilt  einen  Fall  von  Schwangerschaftspolyneuritis  nach 
unstillbarem  Erbrechen  mit. 


Puerperale  R.  Wanner  (Münch.  medic.  Wochenschr.  Nr.  16  u.  17)  theilt 

Gangran     zwei  seltene  Wochenbettcomplicationen  aus  derGiessener 

des  —^ 

Unter-       Klinik  mit.     Erstens  Gangrän  des  Unterschenkels  infolge  von  Em- 
schenkeiB,  boUe  der  A.  Poplitea  in  Anschluss  an  eine  Cruralphlebitis,  zweitens 

«««Jl«--     Pyonephrose  mit  letaler  Exacerbation  im  Wochenbett.    Letztere  war 
nepurose,        •'        ^ 

Wanner.      anscheinend  schon  vor  der  Entbindung  vorhanden  gewesen,  war  aber 
durch  eine  intrauterine  Garbolausspülung  ezacerbirt. 


Gornntin, 

Ludwig  u. 

Savor. 


Cornutin  wurde  von  H.  Ludwig  und  R.  Savor-Wien 
(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  22  u.  23)  geprüft  und  mit  den  Wir- 
kungen des  Ergotins  verglichen.  Das  Mittel  ist  zuerst  von  Robert 
zur  Anregung  der  Wehenthätigkeit  empfohlen,  aber  in  Bücksicht 
auf  die  Gefahr  für  die  Frucht  wieder  verlassen  worden.  Auch  bei 
der  Behandlung  der  Atonie  in  der  dritten  Geburtsperiode  hat  Cor- 
nutin in  schweren  Fällen  im  Stich  gelassen.  Sehr  unangenehm 
war,  dass  nach  vorübergehenden  guten  Gontractionen  des  Uterus 
schnell  eine  starke  Erschlaffung  folgte.  Auch  für  gynäkologische 
Fälle  erwies  sich  das  Mittel  wenig  günstig. 


GeburtehÜlfe  und  Gynäkologie.  379 

Ueber  einen  mit  Tizzoni's  Antitoxin  behandelten  Fall 
von  Tetanus  puerperalis  berichtet  Wulkow  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  36)  aus  der  zweiten  mediciuischen  Klinik  in  Prag    Antitoxin 
(v.  Jaksch).     Es  handelt  sich  um  eine  23jährige  Il-para,  Placenta  l»ei  Tetanus 
praevia,  10  Tage  nach  der  Entbindung  Trismus,  welchem  sich  bald     wnikow. 
Tetanus  anschloss.    Temperatur  bei  der  Aufnahme  38,9.    Das  Anti- 
toxin ist  aus  dem  Blutserum  immunisirter  Hunde   dargestellt.    Es 
wurden  mehrmals  tägHch  bis  zu  5  Injectionen  von  0,2  g  in  Wasser 
aufgelöst  verwendet.    Im  ganzen  hatte  sie  18  Injectionen  bekommen. 
Sie  starb  am  4.  Tage  nach  der  Einlieferung.    Im  Lochialsecret  der 
Leiche  wurden  keine  Tetanusbacillen  gefunden,  ebenso  wenig  waren 
während  des  Lebens  im  Blut  und  im  Uterussecret  Tetanusbacillen 
vorhanden.     Es  ist  dies  auch  nicht  auffällig,   da  nach  Kitasato 
die  Tetanusbacillen  bald  verschwinden. 

F.  V.  Winckel-München  (Therap.  Monatsh.,  April)  machte  bei  Laparotomie 

einer  diffus  eitrigen  puerperalen  Peritonitis  die  Laparo-  bei  eitriger 

.  ,  puerperaler 

tomie.    Erstere  war  durch  Verschlimmerung  eines  puerperalen  para-  Peritonitis, 

metritischen  Exsudates  entstanden.    Es  wurde   1  Liter  Eiter  ent-    v.  Winckei. 
leert,  die  Bauchhöhle  mit  Kochsalzlösung  ausgespült  und  mit  Jodo- 
formgaze nach  dem  unteren  Wundwinkel  drainirt.    Patient  wurde 
bis  auf  eine  Fistel  geheilt. 

4.  Krankheiten  der  Nenireborenen, 

Pincus-Danzig  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Bd.  31,  H.  2)  Geburts ver- 
untersuchte die  Geburtsverletzungen  desM.  sternocleido-    letzungen 
mastoideus.   Im  ganzen  sind  173  Fälle  veröffentlicht.  Das  Leiden      g t e r n o- 
entsteht  meist  durch  mechanische  Verletzungen  während  der  Geburt,      cieido- 
dnrch  den  Druck  der  Zangenspitze,  die  Extraction  des  nachfolgenden  ™*^*^   ^^^' 
Kopfes,  auch  bei  spontaner  Entwicklung  einer  Beckenendlage,  als 
Polgezustand  der  Torsion   des  Kopfes  durch  fest  um  den  Hals  ge- 
schlungene Nabelschnur  etc.    Meist  ist  der  nach  hinten   gelegene 
Kopfiiicker  afficirt  sowohl  bei  Schädel-  wie  bei  Beckenendlage.   Aus 
dem  Befände   eines  Hämatoms   des  Muskels   darf  forensisch  noch 
nicht  auf  eine  während  der  Geburt  stattgefundene  Gewalteinwirkung 
geschlossen  werden. 

Ein   Sacralteratom    als    absolutes    Geburtshinderniss    fand      Fötales 

Sa  er  al* 

G.   Heinrich-Bremerhaven    (Gentralbl.   f.  Geburtsh.  u.   Gynäkol.     teratom, 

Nr.  46).  Heinrich.' 


380  Czempin. 

Vagitus  Schaller  (Zur  Casuistik   des  Yagitus  uterinus.    Zeitschr. 

uterinuB,  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  31,  H.  2)  hörte  bei  einer  Wendung  bei  engem 
c  aller.  ßecken  das  Kind  15 — 20  Secunden  im  Uterus  schreien.  Während  das  Kind 
schrie,  bestand  der  placentare  Kreislauf  unverändert  fort.  Die  vorzeitige 
Athmung  war  durch  die  Reizung  der  Haut  des  Kindes  bei  der  Wendung 
hervorgerufen  worden,  die  zum  Schreien  erforderliche  Luft  während  der 
Einführung  der  ganzen  Hand  in  den  Uterus  mit  hineingeströmt. 

II.  Gynäkologie. 

1.  Allgemeines. 

Der  Zusammenhang  von  Morbus  Basedowii  mit  Ver- 
änderungen der  weiblichen  Geschlechtsorgane  wurde  zu- 
erst von  Kleinwächter  einer  genaueren  Untersuchung  unterzogen. 
Genital-      Theilhaber-München  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd. 49,  H.  1) 
erkran-      prüfte  in  4  Fällen  die  gleiche  Frage  und  kommt  unter  gleichzeitiger 
Morbus      Benutzung    der    entsprechenden   Litteratur    zu    der   Ansicht,    dass 
Basedowii,   schwere    Störungen    in    den    Genitalorganen ,     starke    Blutverluste, 
*     Schwangerschaft,   Puerperium,   Lactation  bei  besonders  disponirten 
Individuen  Morbus  Basedowii  hervorrufen  können.    Indessen  ist  auch 
sehr  häufig  der  Morbus  Basedowii  die  Ursache  der  Atrophie   des 
gesammten  Genitalapparates.    Nach  den  Beobachtungen  von  T heil- 
habe r  kann  indessen  in  diesen  Fällen  mit  der  Besserung  des  Grund- 
leidens auch  der  Uterus  sowie  die  Geschlechtsfunction  wieder  völlig 
zur  Norm  zurückkehren. 

J.  A.  Dol6ris- Paris  (Nouv.  Arch.  d'obst^tr.  Nr.  7)  wendet 
sich  gegen  die  Ansicht  derer,  welche  vermeinen,  durch  eine  ent- 
sprechende g3niäkologische  Behandlung  die  Basedow'sche  £j:ank- 
heit  zum  Verschwinden  zu  bringen  oder  doch  günstig  zu  beein- 
flussen (Jouin). 
Jouin.  Jouin-Paris   (Uteruskrankheiten  und  Morbus  Base- 

dowii. Gaz.  med.  de  Paris  Nr.  17)  hält  die  Basedo wasche  £j:ank- 
heit  als  im  Zusammenhang  stehend  mit  der  Menopause  und  den 
pathologischen  Zuständen  der  Gebärmutter,  derart,  dass  erstere  die 
Folge  der  letzteren  sind.  Er  hat  43  Fälle  beobachtet,  bei  welchen 
die  Genitalerkrankungen  der  Base  d  o  waschen  Krankheit  vorangingen 
und  bei  denen  die  Besserung  der  Locala£Pectionen  stets  von  einer 
beginnenden  Besserung  der  Allgemeinerkrankung  gefolgt  war.  Der 
Zusammenhang  ist  nach  ihm  ein  sehr  häufiger,  verbirgt  sich  jedoch 
meist  in  einer  abgeschwächten  Form  der  B  a  s  e  d  o  w'schen  Elrank- 
heit,  welche  er  eingehend  beschreibt. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  381 

Stie(ia(Cliloro8e  undEntwickelungsstörung.  Zeitschr.      Genital- 
f.  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Bd.  32,  H.  1)  hat  an  der  Freiburger  Universitäts-      erkran- 
Frauenklinik  23  Fälle  von  Chlorose  nach  allen  Hinsichten  untersucht.     Chlorose  * 
Die  erbliche  Belastung  spielt  in  der  Hälfte  aller  Kranken  eine  be-       Stieda. 
deutende  Bolle,  insofern  als  Lungentuberculose  in  den  FamiHen  der- 
selben vorhanden  war,  sechs  Patienten  selbst  in  frühester  Kindheit 
an  sog.  scrophulösen  Krankheiten  gelitten  hatten.    Die  Menstruation 
war  in  aUen  Fällen  unregelmässig  und  schwach,  die  Personen  klein 
und  von  gracilem  Körperbau,  das  Becken  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
von   ausgesprochen  kindlichem  Typus,   die   äusseren  Genitalien   in- 
fantil, Uterus  und  Ovarien  häufig  verkümmert.     Er  ist  der  Ansicht, 
dass    die    Chlorose   eine   Entwickelungsstörung   ist,    welche    neben 
Hemmungsbildungen  in  den  verschiedensten  anderen  Organen  ein- 
hergeht, ohne  dass  ein  causaler  Zusammenhang  der  einzelnen  unter 
einander  besteht. 

Beobachtungen    über    den   Einfluss   der   Influenza 

auf    den    weiblichen    Sexualapparat    stellte    R.    Müller-        —bei 

München   (Münch.   med.  Wochenschr.  Nr.  41)   an.     Er  beobachtete    in"^enza, 

Muller. 
einschliesslich  einer  Beihe  früher  beobachteter  Fälle  157mal  Innuenza, 

138  bei  Nichtgraviden,  21  bei  Schwangeren.  Von  letzteren  wurde 
die  Schwangerschaft  17mal  durch  die  Erkrankimg  unterbrochen,  und 
nur  4  überstanden  die  Krankheit.  Von  den  138  Nichtschwangeren 
hatten  alle  bis  auf  3  Störungen  in  den  Genitalfunctionen,  es  traten 
Metrorrhagieen  resp.  Menorrhagieen,  bei  Wöchnerinnen  protrahirte 
blutige  Lochien  ein;  bestehende  Sexualleiden  verschlimmerten  sich. 
Verursacht  werden  diese  Zustände  durch  das  Auftreten  einer  hämor- 
rhagischen Endometritis,  wie  bei  den  schweren  Infectionskrankheiten, 
Cholera,  Typhus  etc. 

Forchheimer  (Americain  Joum.  of  obstetr.,  Mai)  betrachtet  den    —  bei  Ver- 
Zusammenhang der  Verdauungsorgane  mit  dem  Uterus,     dauungs- 

°  ^  .  .        Störungen, 

Der  Uterus  kann  von   den  Verdauungsorganen  in  vielfacher  Weise    Forchheimer. 

beeinflusst  werden,  mechanisch  durch  das  Nervensystem,  chemisch 
durch  die  Einwirkung  des  Verdauungsprocesses  auf  das  Blut  und 
durch  den  Einfluss  desselben  auf  den  allgemeinen  Stoffwechsel.  Unter 
anderem  machte  er  Versuche,  ob  die  Mucosa  des  Uterus  excreto- 
rische  Kraft  für  organische  und  anorganische  Stoffe  besitzt  wie 
andere  Drüsen  und  Schleimhäute.  Bei  einer  Patientin  wurden  grosse 
Dosen  Jodkalium  gegeben  und  das  Uterussecret  durch  in  den  Cer- 
vicalkanal  eingeführte  Pipetten  gesammelt.    Das  Secret  zeigte  schon 


382 


CzempÜL 


am  3.  Tage  ganz  entschiedene  Jodreaction  —  seiner  Ansicht  nach 
ein  Beweis  des  Einflosses  von  Yerdanungsstörangen,  speciell  von 
Leberaffectionen  und  hamsanrer  Diathese  anf  den  Utems. 


Intern 

wirkende 

Hämo- 

MtAtiea, 

Heffter. 


Brauchbar* 

keit  der 

UteruB- 

katheter, 

Roeslng. 


A. Heffter-Leipzig  (Die  intern  wirkendenHämostatica 
in  der  Gynäkologie.  Monatsschr.  f.  Gebnrtsh.  n.  Gynak.  Bd.  1, 
H.  2).  Die  hämostatische  Wirkung  des  Seeale  cornutumist durch 
vielfältige  Erfahrungen  sichergestellt.  Sie  kommt  zu  Stande  durch  die 
Herbeiführung  von  Uteruscontractionen  —  diesen  Erfolg  bewirkt  das 
Comutin.  Die  zweite  Wirkung  ist  Gefassverengerung  durch  cen- 
trale Beizung.  Diese  Wirkung  kommt  durch  das  Comutin  und  die 
Sphacelinsäure  zu  Stande.  Sklerotin-  (Ergotin-)säure  hat  dagegen 
nach  H  e  f  f  t  e  r  keine  hämostatische  Wirkung.  Die  Seealepräparate, 
welche  also  erstere  Sto£Pe  enthalten,  können  allein  wirksam  sein. 
Heffter  empfiehlt  Comutin-Kobert  von  Gehe  &  Co.  —  Ustilago 
Maidis,  Cortex  radicis  Gossypii  und  Cortex  Viburni 
haben  keine  eigentliche  hämostatische  Wirkung ;  Hamamelis  vir- 
ginica  verdient  erneute  pharmakologische  Prüfung.  Hydrastis 
und  Hydrastinin  verdienen  mit  Kecht  Anwendung.  Sie  wirken 
hämostatisch,  ohne  Wehen  zu  erzeugen.  Bei  puerperalen  Zustanden 
sind  sie  demnach  wirkungslos.  Salipyrin  hat  sich  bisher  laut 
einigen  Berichten  bewährt. 

R 0  e 8 i n g-Halle  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Bd.  49,  H.  2)  stellte 
experimentelle  Untersuchungen  über  die  Brauchbarkeitverschie- 
dener Uteruskatheter  an.  Dieselben  wurden  derart  ausgeführt, 
dass  eine  Eeihe  von  lebensfrischen,  durch  die  Totalexstirpation  ge- 
wonnenen Uteri  zunächst  mit  Ferro  cyankaliumlösimg  und  darauf  mit 
verdünntem  Liq.  ferri  sesquichlor.  ausgespült  wurden.  Durch  die 
Blaufärbung  der  Uterusmucosa  ergab  sich  ein  Bild  von  der  Be- 
netzung mit  den  Flüssigkeiten.  Je  bequemer  die  Abflussvorrichtung 
an  den  Instrumenten  war,  um  so  weniger  und  unsicherer  fand  die 
Bespülung  des  Endometriums  statt.  Die  sicherste  Bestreichung  aller 
Mucosast eilen  erreicht  mEin  durch  die  Einführung  des  Medicamentes 
mittels  Playfair. 


Eine  neueArt  derPräparirungdes  Catgut  empfiehlt 

Prüparirung  Vollmer-Berlin  (Gentralbl,  f.  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Nr.  46)  nach  An- 

'  *Y  Umer*^**  ^^^^^^^  ^'^^  Kossmann.   Er  empfiehlt  Einwickeln  der  Catgutrollen  in 

Füesspapier,  248tündiges  Einlegen  in  eine  2  ^/o  ige  Formaldehydlösung, 

Ausdiniokeu  der  Flüi^sigkeit  zwischen  Fliesspapier  und  Einbringen  der 


Gebiirtshülfe  und  Gynäkologie. 


383 


Päckchen  in  einen  Trockenschrank  und  Verdunsten  des  Restes  der 
Flüssigkeit  bei  einer  Temperatur  von  etwa  60  °.  Vor  dem  Gebrauch 
muss  dieses  Gatgut  eine  kurze  Zeit  in  einer  sterilen  Flüssigkeit  liegen, 
um  wieder  geschmeidig  gemacht  zu  werden. 

2.  Speclelles« 

a.  Aeussere  Genitalien  und  Scheide. 

J.  Neumann-Wien  (Wiener  klin.  Rundschau  Nr.  19  u.  20)  be- Aphthen  der 

schreibt  die  Aphthen  am  weiblichen  Genitale.    Es  hat  diese  ö^J^itaiien, 

«...  •  T  •!    •  Neumann. 

Anection  ein  um  so  grösseres  Interesse,  als  die  Krankheit  zu  aus- 
gedehnten Zerstörungen  der  ergriffenen  Gewebspartieen  führen  kann, 
und  leicht  Verwechslungen  mit  venerischen  Geschwürsformen  ent- 
stehen. Die  Elrankheit  befallt  vorzugsweise  jugendliche  und  unter 
schlechten  hygienischen  Verhältnissen  lebende  Individuen.  Im  Ge- 
folge der  Aphthen  treten  nicht  selten  unter  Fieber  toxische  Exan- 
theme auf,  und  zwar  in  der  Form  der  pustulösen,  papulösen  und 
nodösen  Erytheme. 


Morain  (Revue  intemat.  de  m6d.  et  de  chir.  prat.  Nr.  15)  be- 
handelt essentiellen  Pruritus  vulvae  mit  heissen  Waschungen 
Morgens  und  Abends  (45 — 50  °  R.)  mit  Zusatz  von  1  **/o  Chloral  oder 
aromatischem  Essig,  Betupfen  der  Vulva  mit  10^/oiger  Goacaän- 
lösung,  Einreibungen  mit  Mentholsalbe,  Betupfen  mit  4°/ooiger  alko- 
hoHscher  Sublimatlösung.  Für  schwere  Fälle  empfiehlt  er  constante 
oder  faradische  Ströme,  eventuell  auch  Excision  der  erkrankten 
Stellen. 


Pruritus 
vulvae, 
Morain. 


Ueber  Exstirpation  der  Vagina  berichtet  R.  Olshausen 
im  Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  1.  Er  operirte  in  letzter 
Zeit  3  Fälle  von  ausgedehntem  primärem  Vaginalcarcinom  nach  einer 
eigenen  Methode:  er  spaltete  den  Damm  der  Quere  nach  und  ar- 
beitete sich  stumpf  zwischen  Rectum  und  Vagina  in  die  Höhe  bis 
zum  Douglas.  In  dem  einen  Falle  wurde  der  erkrankte  Uterus  mit 
exstirpirt,  hier  wurde  deshalb  der  Douglas  hinter  der  Vagina  er- 
öffnet, der  Uterus  nach  hinten  umgestülpt  und  beiderseits  von  den 
Tuben  nach  der  Cervix  fortschreitend  in  den  Ligamenten  abge- 
bunden. Wurde  die  Exstirpation  des  Uterus  nicht  beabsichtigt ,  so 
wurde  die  hintere  Scheidenwand  soweit  wie  möglich  nach  den  Seiten 
abgelöst  und  dann  seitlich  die  Scheidenwand  mit  der  Scheere  aus- 
geschnitten.    Die   Operation   ist   natürlich   nur   bei  circumscriptem 


Carcinom 

der 
Scheide, 
Olshausen. 


384 


Czempin. 


Garcinom 

der 
Scheide, 
Olshaasen, 


Döhrssen, 


Thorn. 


Garcinom  möglich.  Leider  sind  die  Dauererfolge  bei  der  Operation 
des  Scbeidenkrebses  sehr  ungünstige;  von  16  operirten  Fällen  ist 
nur  ein  einziger  innerhalb  2  Jahren  noch  recidivfrei  geblieben. 
Olshausen  hofft,  dass  der  in  den  letzten  3  PäUen  gewählte  Weg 
vom  Damme  aus  bessere  Chancen  für  die  Dauererfolge  geben  würde. 
In  einem  Falle  von  umschriebenem  Scheidencarcinom  und  gleich- 
zeitigem Garcinom  der  Gervix  operirte  Dührssen  (ibid.  Nr.  9) 
derart,  dass  er  durch  eine  tiefe  Scheidendammincision  auf  der  ge- 
sunden Seite  das  Operationsgebiet  freilegte  und  die  Neubildung  von 
hier  aus  entfernte  —  W.  Thorn  (ibid.  Nr.  9)  operirte  2mal  unter 
der  Benutzung  des  perinealen  Weges.  Er  betont  die  Vortheile  dieses 
Weges  für  die  tiefer  sitzenden  Neubildungen;  dagegen  hält  er  die 
Methode  wegen  des  damit  verbundenen  erheblichen  Blutverlustes 
für  nicht  geeignet  bei  den  höher  sitzenden  Garcinomen.  Für  diese 
empfiehlt  er  ebenfalls  die  Spaltung  der  Scheide  und  des  Dammes 
bis  in  die  Nähe  der  Neubildung  und  die  Auslösung  der  Scheide 
unterhalb  der  Neubildung,  während  die  sacrale  Methode  in  An- 
wendung kommen  wird,  bei  hochsitzendem  Scheidencarcinom  mit 
Ergriffensein  der  Gervix  und  des  parametranen  Bindegewebes. 


b.  Endometrium  und  üterusparenehym. 

Regene-  Werth  (Untersuchungen   über   die  Regeneration   der 

ration  der  Schleimhaut  nach  Ausschabung  der  üteruskörperhöhle, 
Schleimhaut  -^ch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49,  H.  3)  hatte  fiinf  Uteri  am  5. 
Werth.  resp.  7.  und  16.  Tage  nach  der  Ausschabung  exstirpirt.  Die  Organe 
wurden  in  Querscheiben  zerlegt,  conservirt  und  mit  v.  Gieson'scher 
Eärbung  behandelt  untersucht.  Als  Träger  des  Gewebsersatzes  con- 
statirte  Werth  das  fibrilläre  Bindegewebe;  bei  Ausschabung  bis 
auf  die  Musculatur  liefert  dieses  das  Ersatzgewebe,  auch  erfahren  die 
Muskelbündel  selbst  eine  bindegewebige  Umwandlung.  Das  fibrilläre 
Bindegewebe  ist  vergänglich  und  weicht  in  wenigen  Tagen  nach 
hyaliner  Umwandlung  einem  zelligen  Bindegewebe  mit  grossen  Spindel- 
zellen und  sternförmigen  Zellen.  Anscheinend  stammt  dies  Gewebe 
aus  Bindegewebskeimmaterial,  welches  für  gewöhnlich  nicht  nach- 
weisbar zwischen  den  Muskelzellen  existirt.  Eolgt  nach  ergiebiger 
Ausschabung  der  Schleimhaut  eine  Aetzung  mit  Liquor  ferri  sesqui- 
chlorati,  so  findet  sich  eine  stärkere  Beaction  des  Gewebes.  Es  erfolgt 
die  Bildung  einer  flachen  Schicht  wirklichen  Granulationsgewebes  über 
der  in  bindegewebiger  Umwandlung  begriffenen  Musculatur.  Drüsen 
entstehen   überall  nur  da,  wo  Drüsenstümpfe  zurückgeblieben  sind. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  385 

Wirkliche  vom  jungen  Oberflächenepithel  ausgehende  Drüsenneu- 
bildung  hat  Werth  nicht  gefunden.  Das  Deckepithel  entwickelt 
sich  aus  den  Drüsen  der  sich  regenerirenden  Schleimhaut,  dieselbe 
war  schon  am  5.  Tage  vollkommen  ausgebildet.  Für  die  Frage  des 
Beddivs  scheinen  etwa  stehengebliebene  Inseln  der  alten  patho- 
logischen Schleimhaut  belanglos  zu  sein.  Vielmehr  spielt  die  Be- 
schaffenheit des  Wundgrundes  hier  eine  wichtige  Bolle.  Waren  z.  B. 
die  Drüsen  stark  in  die  Muscularis  hineingewuchert,  so  ist  nach  der 
Ausschabung  noch  eine  gründliche  Aetzung  nothwendig. 

M.  Wie  dehold- Wilhelmshaven  (Monatsschrifk  f.  Geburtsh.  u.  Metritis 
Gynakol.  Bd.  1,  H.  4)  wandte  zur  Behandlung  gewisser  Fälle  ^^'^^^jj^^^^^ 
von  Metritis  chronica,  bei  welchen  andere  Maassnahmen  nicht 
zum  Ziele  führten,  auch  das  Nervensystem  hochgradig  erregbar 
war,  den  galvanischen  Strom  an.  Die  Bauchelektrode  wurde  ober- 
halb der  Symphyse  aufgelegt  und  in  die  Scheide  eine  Elektrode 
eingeführt,  deren  Oberfläche  dauernd  durch  Glycerin  befeuchtet  er- 
halten wird. 

Nei  SS  er -Breslau  (Aerztl.  Sachverständ.-Ztg.  Nr.  12)  gibt  den  Gonorrhoe, 
dringenden  BÄth,  in  jedem  Falle  von  gonorrhoischer  Erkrankung,  ^'  Weisser, 
der  möglicherweise  jemals  forensisch  gestreift  werden  könnte,  die 
mikroskopische  Secretuntersuchung  zu  Hülfe  zu  nehmen.  Zwar 
ist  ein  negativer  Befund  kein  sicherer  Beweis  für  das  Nichtvor- 
handensein einer  gonorrhoischen  Infection;  der  positive  Befund  da- 
gegen ist  das  wichtigste  Hülfsmittel,  um  dem  Sachverständigen  einen 
bestimmten  Ausspruch  imd  dem  Bichter  ein  bestimmtes  UrtheÜ  zu 
ermöglichen.    Er  belegt  dies  durch  einige  instructive  Beispiele. 

M.  Madiener-München  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Madiener. 
Nr.  50)  untersuchte  in  der  Klinik  des  Prof.  Amann  einen  durch 
die  vaginale  Hystero-Salpingo-Oophorektomie  exstirpirten  Uterus, 
dessen  vor  kurzem  eingetretene  gonorrhoische  Infection  klinisch 
zweifellos  war.  Die  Diagnose  Metritis  gonorrhoica  wurde 
durch  genaue  mikroskopische  Untersuchungen  bestätigt.  Es  fanden 
sich  nicht  nur,  wie  dies  bisher  auch  andere  Untersucher  gezeigt 
haben,  Gonokokken  in  der  Uterusschleimhaut,  sondern  er  konnte 
sie  mitten  in  dem  Gewebe  des  Uterus  nachweisen.  Somit  ist  der 
Beweis,  dass  der  Gonococcus  vom  Endometrium  in  die  Musculatur 
emzudringen  und  dort  Entzündungen  hervorzurufen  im  Stande  sei, 
geliefert.  Madiener  macht  darauf  au&erksam,  dass  höchst  wahr- 
scheinlich die  isolirte  Erkrankung  des  Perimetriums  ohne  gleich- 
Jahrbach  der  practischen  Hedicin.    1896.  25 


386  Czempin. 

zeitige  Adnezerkrankung  durch  Wanderung  der  Gonokokken  in  das 
Perimetrium  zu  Stande  kommt. 

Bacteriologische    Studien    zur   Frage    der  weiblichen 
Gonorrhoe,  Gonorrhoe  stellte  P.  Kiefer-Berlin  (Monatsschr.  f.   Geburtsh. 

^®'®''  u.  Gynäkol.  Bd.  3)  an.  Den  häufigsten  Befund  bildet  der  Gono- 
coccus,  gegen  den  die  übrigen  Mikroorganismen,  Staphylo-,  Strepto-, 
Pneumokokken  und  das  Bacterium  coli  weit  zurücktreten.  Das 
Eindringen  der  Gonokokken  in  die  Peritonealhöhle  über  die  Tuben 
hinaus  kommt  spontan  anscheinend  sehr  selten  vor,  das  Eindringen 
derselben  bei  Operationen  in  die  Bauchhöhle  gibt  bekanntlich  im 
allgemeinen  eine  gute  Prognose. 

Klein,  G.  Klein-München  (Die  Gonorrhoe  des  Weibes.  Münchener 

med.  Wochenschr.  Nr.  23  u.  24)  gibt  eine  exacte  Uebersicht  über 
den  zeitigen  Stand  unseres  Wissens  in  dieser  Frage:  Reinzüchtong 
des  Gonococcus,  Nachweis  desselben,  sein  Verhalten  zu  den  ver- 
schiedenen Geweben,  seine  Verbreitungswege,  Metastasen,  Misch- 
infection  und  Latenz  der  Gonokokken,  femer  Winke  über  die 
0.  Schäffer.  Therapie.  —  O.  Schaf fer-München  (ibid.  Nr.  28  u.  29)  untersuchte 
die  Bedeutung  der  Silbersalze  für  die  Therapie  der  Gonor- 
rhoe. Er  fand,  dass  das  Argentum  nitricum  am  schnellsten  die 
Mikroorganismen  aus  dem  Hamröhrensecret  zum  Verschwinden  bringt. 

c.  Lageveränderungen  des  Uterus. 

Ventro-  Aus  der  Züricher  Universitäts-Frauenklinik  stellt  B.  £.  Bion 

fixstio  nteriqj^Q^^g.jyiggert.  Bern)  die  Resultate  der  Ventrofixatio  uteri  zu- 
3ion,  '  sammen.  42  Fälle  wurden  operirt;  der  Methode  nach  Leopold- 
Czernj  (Annähxmg  des  Fundus  durch  2 — 3  Seidensuturen  durch  die 
ganze  Dicke  der  Bauchwand  und  den  Fundus  uteri)  wurde  der  Vorzug 
gegeben.  In  3  FäUen  trat  Schwangerschaft  mit  normalem  Verlauf 
darnach  ein,  ohne  dass  nach  der  Geburt  und  dem  Wochenbett  eine 
Störung  der  erzielten  Fixation  stattfand.  Unter  den  42  FäUen  ist 
ein  Misserfolg,  Exitus  durch  Jodoformintoxication.  14mal  wurde  bei 
einer  Retroflexio,  16mal  bei  doppelseitiger  Adnexerkrankung  mit 
Betroflexio,  7mal  bei  einseitiger  Erkrankung  der  Adnexe  und  5mal 
bei  Prolaps  operirt. 

Einen  neuen  Anhänger  findet  die  Alexander'sche  Operation 

Alexander,  jj^  Q  Küstner-Breslau  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  7).  Er 

Op^r^tioD,  ^^^^1^1^  dieselbe  in  der  typischen  Weise  aus:  beiderseits  Einschnitt  in 

Kttstner,      der  Bichtung  des  Ligamentum  Pouparti,  Aufsuchen  und  Spalten  des 


Geburtshülfe  nnd  Gynäkologie. 


387 


Leistenkanals,  Isolirung  des  Lig.  rotundum,  dann  Resection  und 
Vem&bnng  des  letzteren.  Im  ganzen  operirte  Küstner  in  30  PäUen; 
einmal  wurde  das  Ligament  der  einen  Seite  nicht  gefunden.  Die 
Erfolge  waren  gut;  ein  Pessar  wurde  nicht  eingelegt. 

Kumma-G^nf  (ibid.  Nr.  14)  hat  14mal  die  Alexander'sche 
Operation  ausgeführt,  4mal  bei  Prolaps,  lOmal  bei  Betroflexio 
uteri  Von  den  ersteren  waren  innerhalb  1 — 3  Jahren  1  Fall  recidiv 
geworden,  von  den  letzteren  2,  von  den  geheilten  ist  1  Fall  schon 
6^«  Jahre  in  Beobachtung. 

Eine  intraperitonealeKürzung  der  runden  Mutterbänder 
bei  Verlagerung  der  Gebärmutter  machte  M.  Mann-Buffalo 
(Med.  News,  März  23).  Er  zieht  es  vor,  wenn  bei  Gelegenheit 
anderer  Operationen  die  Bauchhöhle  geöffiiet  worden  ist  und  sich 
eine  Verlagerung  findet,  oder  wenn  es  sich  um  eine  E^troflesio 
fixata  handelt  oder  eine  Erkrankung  der  Anhänge  vorliegt,  die 
Alexander-Adam'sche  Operation  nach  Eröffiiung  der  Bauchhöhle 
vorzunehmen.  Die  Mutterbänder  werden  einzeln  gespannt,  mit  einem 
Häkchen  in  die  Höhe  gehoben,  in  drei  gleiche  Theile  gefaltet  und 
diese  drei  Falten  dicht  an  der  Gebärmutter,  an  den  Bauchdecken 
und  unter  einander  mit  Silkworm  vernäht. 


Kumma, 


M.  Mann. 


Vagino- 
fixation, 
P.  Müller, 


P.  Müller -Bern  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1, 
H.  4)  spricht  sich  in  einem  kleinen  Aufsatz  über  die  Vagino fixation 
des  retrovert(irten  Uterus  sehr  anerkennend  aus.  Er  hält  die 
Operation  für  sehr  einfach  und  fuhrt  sie  stets  ohne  Eröffiiung  des 
Peritoneums  aus.     Er  operirte  43mal,  stets  mit  gutem  Erfolg. 

A.  Mackenrodt-Berlin  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  G^äkol.  Mackenrodt 
Bd.  2,  H.  5)  ist  mittlerweile  zu  der  Ansicht  gelangt,  dass  die  früher  von 
ihm  so  warm  empfohlene  und  [mehrfach  modificirte  Vaginofixation 
zu  verwerfen  sei;  die  Resultate  sind  unbefriedigend,  da  immer  noch 
lO^/o  S.ecidive  eintreten.  Er  schlägt  deshalb  als  Ersatz  die  von 
der  Scheide  aus  auszuführende  Vesicofixation  vor,  d.  h.  Ver- 
nähung des  möglichst  durch  Besection  verkürzten  Blasenperitoneums 
mit  dem  Fundus  uteri,  schichtweise  Anheftung  der  vom  Collum  ab- 
gelösten Blasenwand  auf  das  Corpus  uteri  bis  zum  inneren  Mutter- 
mund. 


V.  Hochenegg  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  16)  hatte 
die  sacrale  Methode  auch  bei  fixirter  Betroflexio  angewandt. 
In  dem  betreffenden  Falle  war  der  Uterus  derart  retrofiectirt  und  fixirt, 
dass  es  zu  Verlegung  des  Bectums  und  Kothanhäufung  gekommen 


388  Czempin. 

Sacraie     war.  Nach  Losung  der  sehr  starken  Verwachsungen  wurde  in  dem 
Operation    yQjj  Freund  angegebenen  Sinne  die  Cervix  mit  dem  Peritoneum  des 
Retrofiexio  ^e^izbeins  fixirt.  Patientin  machte  eine  schwere,  durch  Eiterretention 
V.  Hochenegg.  complicirte  ßeconvalescenz  durch. 

In   zwei   Fällen   von   irreponibler  Inversio   uteri   machte 
Operation    Dures,  wie  Franchommes  (Joum.  des  Sciences  m^d.  de  Lille  Nr.  22 
i)ei  Inversio  u.  24)  berichtet,  die  Hysterectomia  vaginalis  uteri.     Die   Ex- 
Dnres'       stirpation  geschah  derart,  dass  zuerst  das  Scheidengewölbe,   dann 
Pranchommea.  das  Peritoneum  eingeschnitten  und  die  vordere  XJteruswand  gespalten 
wurde.    Die  Bander  der  Oeffiiung  wurden  breit  aus  einander  ge- 
halten, durch  diese  die  Adneza  und  Ligamente  nach  aussen  gezogen 
und  abgebunden.     Dann  wurde  die   hintere  Uteruswand  gespalten, 
die   seitlichen  Scheidengewölbe  versorgt  und  so  eine  Uterushälfte 
nach  der  anderen  abgetragen. 

d.  Das  Fibromyom  des  Uterus. 

Unter-  P.   Kuhn -Kopenhagen  (Nord.  med.  Arkiv  H.  3)  führte  die  in 

bindnng  der  anderen  Ländern   bereits   obsolet  gewordene  Unterbindung  der 

bei  Myom     Arteriae  uterinae  bei  Fibroma  uteri  in  sechs  Fällen  aus.    Ein 

Kuhn.        thatsächlicher  Erfolg  in  Bezug  auf  Verkleinerung  der  Geschwulst  und 

Nachlass  der  Blutungen  trat  nur  einmal  auf.   Li  den  anderen  Fällen 

war    der   Erfolg    nur    ein   sehr   unsicherer,    zum   Theil   ein   völlig 

negativer. 

Thyreoidin  Jouin  (Mercred.  m^d.    Nr.  81)   gab  Myomkranken   4 — 8mal   täglich 

bei  Myomen,  0,15  Schilddrüseneztract.     Er  glaubt  3mal  Yermindening  der   Blutungen 
Jouin.        ^^^  2inal  deutliche  Verkleinerung  des  Tumors  beobachtet  zu  haben  und 
i-Äth  zu  weiteren  Prüfungen. 

Stiel.  Ho f m e i e r -Würzburg  (Centralbl.  f.  Q^burtsh. u. Oynäkol. Nr 44) 

Versorgung  ij^bt  in   der  Frage   der  Stielversorgung   bei    Myomopera- 

nach  ^y*^™°'^iQn^ij  hervor,  dass  er  bereits  3  Jahre  vor  Chrobak  die  Methode 
tomieen,      vm.^^^  j  j  /»,  ■• 

Hofmeier,  der  „retroperitonealen  Stielversorgung  vorgeschlagen  und  ausgeführt 
hat.  Allerdings  legte  er  auf  die  von  Chrobak  hervorgehobene 
Licongruenz  der  peritonealen,  den  Cervixstumpf  bedeckenden  Lappen 
keinen  Werth  und  hält  sie  practisch  für  bedeutungslos.  Zur  Des- 
infeotion  des  Cervizstumpfes  verwendet  Hof  m  ei  er  nicht  mehr  den 
Thermocauter,  sondern  irrigirt  in  den  letzten  Tagen  vor  der  Opera- 
tion Scheide  und  Uterushöhle,  letztere  mittels  Braun'scher  Spritze 
mit  20°/oiger  Alkohol-Carbolsäurelösung.    Der  Stumpf  selbst  bleibt 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


389 


offen,  nachdem  durch  seitliche  Umstechungen  die  Arteriae  uterinae 
und  die  tiefer  abgehenden  Aeste  derselben  geschlossen  sind.  Etwaige 
Nachblatnngen  werden  ebenfalls  durch  Querligaturen  geschlossen. 
Den  Gununischlauch  hat  Hofmeier  in  seinen  so  behandelten  13 
letzten  Pällen  fortgelassen.  Die  Heilung  war  stets  eine  gute,  bis  auf 
eine  einer  Peritonitis  erlogene  Kranke. 

EdgarKurz-  Florenz  (ibid.)  macht  gegenüber  der  über  die  Stiel-  Karz, 
Versorgung  bei  Myomen  bestehenden  Streitfrage  darauf  aufmerksam, 
dass  abgebundenes  Gewebe  nicht  nothwendig  der  Nekrose  anheim- 
hRem  muss,  dass  vielmehr  nur  durch  die  Einschränkung  in  der  Er- 
nährung eine  Schrumpfung,  ein  Schwund  des  abgebundenen  Gewebes 
ohne  Eiterung  und  Sepsis  eintritt. 

Runge -Göttingen  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  49)  Range, 
verzichtet  bei  der  supravaginalen  Amputation  auf  die  Bedeckung  des 
Stumpfes  mit  Peritoneum  und  legt  den  Hauptwerth  auf  eine  exacte 
Blutstillung :  Naht  des  ausgeschnittenen  Cervicaltrichters  in  der  Tiefe 
mit  feinen  Suturen,  darüber  grössere  die  Stumpfränder  zusammen- 
ziehende Suturen,  welche  das  Peritoneum  mitfassen,  ohne  dass  auf 
die  genaue  Adaptirung  desselben  besonderer  Werth  gelegt  wird.  Er 
hatte  unter  27  Operationen  26  glatte  Heilungen,  einen  Todesfall  an 
Pneumonie. 

Einen  sehr  complicirten  Vorschlag  macht  S.  Stock er-Luzem      stocker. 
(ibid.).     Nach  einer  complicirten  Vemähimg  des  Stumpfes  mit  dem 
Peritoneallappen  invertirte  er  den  Stumpf  durch  den  hinter  dem- 
selben geöffiieten  Douglas's'chen  Baum  nach  der  Scheide.     Ein  Fall 
mit  Heilung. 


Den  grössten  Fortschritt  in  der  operativen  Entfernung 
des  myomatösen  Uterus  stellt  die  von  A.  Martin  (Berl.  klin.  Abdominale 
Wochenschr.  Nr.  29)angegebeneTotalezstirpation  per  coelio-       J.^^^\. 

/•~*©  o  ^  ^  r  f  exstirpation 

1 0  m  i  a  m  dar.  Martin  beschreibt  sein  Verfahren  und  berichtet  über  b  e i  M  y  o  m, 
81  derart  operirte  FäUe.  Nach  Hervorwälzung  der  Geschwulst  durch  A.  Martin, 
den  Bauchschnitt  werden  die  beiderseitigen  Ligamente  bis  zum  GoUum 
hinab  abgebunden,  dann  das  hintere  Scheidengewölbe  von  der  Scheide 
aus  mittels  Komzange  stumpf  eröffiiet,  die  Cervix  im  hinteren  Theil 
ausgelöst,  dann  werden  die  seitlichen  Scheidengewölbe  unterbunden. 
Die  Portio  wird  mittels  einer  Kugelzange  nach  der  Bauchhöhle  zu- 
gezogen und  zuletzt  die  Blase  vom  Collum  uteri  stumpf  abgelöst. 
Nach  Auslösung  des  Uterus  hat  Martin  4dmal  das  Peritoneum  des 
Beckenbodens  offen  gelassen,  von  diesen  starben  30,3  ^/o,  54mal  das 
I^eritoneum  des  hinteren  Douglas  mit  dem  Peritoneum  der  Blase  ver- 


390 


Czempin. 


Schuchardt, 


Cushing, 


Abdominale  näht,  nachdem  sämmtliche  ligatur&den  zur  Scheide  herausgeleitet 

exsUrpation^^^^®^  waren.   Von  diesen  starben  9,5  °/o.    In  einer  dritten  Gruppe, 

bei  Myom,    den  berichteten  81  Fallen  wurde  24  Stunden  vorher  die  Scheide 

Martin,       mit  Sublimatgaze  tamponirt  und  unmittelbar  vor  der  Operation  mit 

Seifenwasser,  Alkohol  und  Sublimat  desinficirt.    Von  diesen  starben 

nur  7,4  */o. 

Schuchar dt- Stettin  (Ueber  die  Totalexstirpation  der 
myomatösen  Gebärmutter  von  der  Bauchhöhle  aus. 
Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1 ,  H.  3)  ist  ebenfalls  ein 
Anhänger  dieser  Methode  (Martin).  Er  hat  fünf  Fälle  operirt  mit 
einem  Todesfall. 

Eine  sehr  lesenswerthe  referirende  Schilderung  der  Entwicko- 
lung  der  abdominalen  Hysterektomie  und  Totalexstir- 
pation des  Uterus  in  Amerika  gibt  E.  W.  Gushing-Boston 
(Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  6).  Im  ganzen  fand 
er  in  der  amerikanischen  Litteratur  1584  abdominale  Myom-,  Ejrebs- 
imd  Adnexoperationen  mit  222  Todesfällen  =  14  ^/o.  Genaue  Angaben 
sind  nur  von  1086  Fällen  vorhanden,  ebenfalls  mit  14  ^/o  TodesMlen; 
im  einzelnen  vertheilt  sind  zu  nennen:  supravaginale  Amputationen 
mit  extraperitonealer  Stielbehandlung  431  mit  13  ^/o  Todesfallen,  mit 
intraperitonealer  Stielbehandlung  31  (38,7 °/o  Todesfälle),  infiraperi- 
tonealer  Stielbehandlung  (Ohrobak)  245  mit  8,5  °/o  Mortalität. 
Abdominale  Totalexstirpationen  wegen  Myom  266  (14,3  ^fo  Mortalität), 
Krebs  79  (29,1  «/o  Mortalität),  Salpingitis  40  (7,5  ^/o). 

Richelot- Paris  (Gaz.  des  höp.  Nr!  29)  beschreibt  seine  Me- 
thode der  totalen  Hysterektomie  bei  Fibrom.  Die  Methode 
ist  der  in  Deutschland  durch  A.  Martin  eingeführten  identisch, 
nur  findet  die  Ablösung  unter  Anlegung  von  Klemmen  statt.  Zuerst 
wird  durch  Laparotomie  der  Tumor  freigelegt  und  nach  oben  ge- 
wälzt, dann  unter  Beihülfe  der  von  der  Scheide  aus  eindringenden 
Hand  das  Scheidengewölbe  von  oben  her  erö&et  und  von  der 
Scheide  her  dann  die  Klemmen  zur  Versorgung  der  Ligamente  ein- 
geführt. 

H.  Delag^niöre-Le  Maus  (Heber  abdominale  Total- 
exstirpationen bei  fibrösen  Uterustumoren.  Nouv.  arch. 
d'obst^tr.  et  de  gyn^col.  Nr.  6)  verwirft  die  combinirten  Operations- 
methoden, welche  gleichzeitig  von  der  Scheide  und  vom  Bauch  aus 
vorgehen  wegen  der  Möglichkeit  der  Infectionsgefahr.  Er  wendet 
die  vaginale  Hysterektomie  bei  kleinen  Tumoren  an,  welche  die 
Symphyse  nur  zwei  Querfinger  überragen,  und  bei  genügend  be- 
quemem Zugang  zum  Becken,  bei  grösseren  Geschwülsten  operirt  er 


Richelot, 


Belagöniöre. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  391 

von  den  Bauchdecken  aus.  Zum  Abschluss  des  Beckenbodens  bildet  er 
aus  dem  Peritoneum  der  vorderen  Uteruswand  eine  Manschette,  welche 
über  das  eröffiiete  Scheidengewölbe  genäht  wird. 

J.  Veit  (Verhandl.  d.  Deutsch.  Gesellsch.  f.  Gynäkol.)  bespricht     Vaginale 
die  Fortschritte  der  vaginalen  Operation  von  Uterus- pP®""^''®" 

°  j.       .  **®*  Myomen, 

myomen.     Er   warnt   davor,    ohne  strenge  Indication  Myome   zu       j.  Veit, 

operiren.  Bei  bedeutender  Grösse  der  Geschwülste  ist  die  vaginale 
Operation  ungeeignet,  bei  Einklemmung  im  Becken  soll  principiell 
vaginal  operirt  werden,  und  zwar  möglichst  nur  durch  Enucleation 
des  oder  der  Tumoren.  Die  Totalexstirpation  soll  nur  aus  techni- 
schen Gründen  in  Frage  kommen,  wenn  die  Blutstillung  Schwierig- 
keiten bereitet  oder  wenn  zu  multiple  Geschwulstbildung  besteht. 
Lässt  sich  die  untere  Peripherie  des  Tumors  nicht  ins  Becken  hinein- 
drücken, so  liegt  hierin  die  Ghrenze  der  vaginalen  Operation  gegen 
die  Laparotomie.  Muss  man  wegen  Blutung  operiren,  so  soll  man, 
wenn  es  irgend  geht,  die  Enucleation  der  in  diesen  Fällen  meist 
schon  submucös  oder  polypös  sitzenden  Geschwülste  versuchen.  Für 
die  Enucleation  von  der  Vagina  empfiehlt  Veit  die  Spaltung  der 
vorderen  Wand  der  Cervix  und  des  unteren  Uterinsegmentes  nach 
Ablösung  der  Blase  ohne  Eröffnung  des  Peritoneums. 

Graefe -Halle  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  ist  Gegner  öraefe. 
der  Colpohysterotomia  anterior  medialis  zur  Entfernung  sub- 
mucöser  Uterusmyome.  Er  zieht  die  alte  Methode,  energische 
Erweiterung  des  Cervicalkanals  mit  Laminaria  und  mit  Hegar'schen 
Stiften,  vor.  Wenn  die  Zerkleinerung  und  Ausschälung  von  Myomen 
bei  dieser  Methode  nicht  gelingt,  so  ist  immer  noch  die  mediale 
Spaltung  möglich.  Bei  multiplen  Myomen,  bei  welchen  die  Methode 
von  verschiedenen  Seiten  (Ohrobak)  Widerspruch  erfahren  hat, 
kann,  wie  Graefe  hervorhebt,  trotzdem  ein  günstiger  Einflusä  ein- 
treten: bei  intramuralen  Myomen  lassen  nach  der  Düatation  die 
Schmerzen  nach,  bei  multiplen  Myomen  tritt  oft  ein  Aufhören  der 
Blutungen  bei  Entfernung  mehrerer  submucöser  Myome  ein. 

Hermes  berichtet  über  die  Erfolge  der  Oastration  bei  Castration 
Myomen  (Archiv  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  1)  an  der*>«i^yomen, 
Hand  von  30  durch  Fehling  ausgeführten  Operationen  und  38  von 
Kaltenbach  openrten  Fällen.  Fehling  hatte  10**/o,  Kalten- 
bach  4,2  °/o.  Unter  den  genesenen  Fällen  trat  in  78,4  °/o  früher 
oder  später  die  Menopause  ein ,  in  17  */o  hielten  die  Blutungen  un- 
regelmässig an,  in  4^/o  regelmässig,  in  94  V  ^^^  Fälle  schrumpfte 
der  Tumor,  in  einem  Falle  wuchs  er  trotz  der  Menopause  weiter. 


392  Czempin. 

In  emem  Anfeatz,  betit^:  ^Totalexstirpation  statt  Oa- 
Castration  stration",  behandelt  H.  Fritsch-Bonn  (Dentsche  med.  Wochen- 
^*^^^Jy^*"»  Schrift  Nr.  24)  die  Frage,  ob  bei  operativ  zu  behandehiden  Erkran- 
kungen der  weiblichen  Genitalorgane  der  Eingriff  von  der  Scheide 
ans  dem  vom  Abdomen  her  vorgezogen  werden  soUe.  Er  zieht  bei 
entzündlichen  Adneztomoren,  bei  diagnosticirter  Pyosalpinx  die  La- 
parotomie vor,  dagegen  empfiehlt  er  die  Totalezstirpation  für  alle 
Fälle,  in  welchen  er  firüher  die  Castration  ausführte,  da  er  bei  letz- 
teren Operationen  manche  Misserfolge  zu  verzeichnen  hatte.  Ganz 
besonders  gilt  das  von  den  Castrationen  wegen  Myom  und  all- 
gemeiner nervöser  und  dysmenorrhoischer  Beschwerden.  Bei  der 
Castration  sind  es  besonders  die  Stumpfexsudate,  welche  den  Er- 
folg der  Operation  illusorisch  machen ;  auf  der  anderen  Seite  ist  die 
Möglichkeit  von  Bauchhemien  immer  in  Betracht  zu  ziehen,  auch 
ist  die  Prognose  bei  vaginalen  Exstirpationen  eine  bessere.  Auch 
bei  üterusmyomen  ist  sie  eventuell  unter  Zuhülfenahme  von  Keil- 
ausschneidungen  eine  zu  empfehlende  Operationsmethode. 

e.  Das  Carcinom  des  Uterus. 

Radioale  Jacobs-Brüssel  (Annales  de  Flnstit.  St.  Anne  Nr.  2)  veröffent- 

Behandiung  |^^j^^  seine  Erfolge  bei  radicaler  Behandlung  des  XJteruscarcinoms. 

des  Uterus-  ,  ^  ® 

carcinoms,  Er  ist  der  Ansicht,  dass  man  nach  dem  55.  Jahr  mit  der  palliativen 

Jacobs,  Behandlung  ebenso  gute  Resultate  erhält  wie  mit  der  Totalexstir- 
pation,  da  in  diesem  Alter  der  Verlauf  der  Krankheit  ein  sehr  lang- 
samer ist.  Von  46  Operationen  sind  nur  8  definitiv  geheilt,  22  Kranke 
haben  Recidiv  bekommen,  6  Kranke  sind  erst  vor  kurzem  operirt, 
10  sind  gestorben.  Seine  Dauererfolge  sind  im  allgemeinen  un- 
günstig. Von  17  Frauen,  welche  jünger  als  40  Jahre  waren,  ist  nur 
eine  nach  Jahresfrist  ohne  Becidiv  geblieben. 

Gibt  schon  dieser  Beitrag  einen  Beweis,  dass  die  Ansichten  über 
die  Badicalbehandlung  des  Uteruskrebses,  wie  sie  sich  seit  Jahr- 
zehnten in  Deutschland  ausgebildet  haben,  erst  allmählich  und  schwer 

Lewen.  Eingang  in  anderen  Ländern  finden,  so  zeigt  ein  von  A.  H.  N.  Lewers- 
London  veröffentlichter  Aufsatz  (Untersuchung  der  Vorzüge 
der  vaginalen  Hysterektomie  und  der  supravaginalen 
Amputation  der  Cervix  bei  Cervizcarcinom.  Lancet, 
6.  Juli),  dass  auch  in  England  die  radicalen  Operationen  gegenüber 
den  bisher  übUchen  palliativen  Behandlungsweisen  Eingang  sich  ver- 
schaffen. Lewers  hat  26  Fälle  von  Cervixcarcinom  mit  supra- 
vaginaler Amputation,   23  Fälle   mit  vaginaler  Hysterektomie   aus- 


Geburtahülfe  und  Gynäkologie.  393 

geführt.  Unter  diesen  letzteren  iiguriren  allerdings  6  Fälle  von 
primärem  Carcinom  des  Uteruskörpers.  Er  kommt  zu  folgenden 
Schlüssen:  Ist  die  Erkrankung  noch  in  einem  Stadium,  in  welchem 
durch  operative  Behandlung  Heilung  erwartet  werden  kann,  so  bietet 
die  supravaginale  Amputation  der  Cervix  gerade  so  gute  Chancen 
wie  die  vaginale  Totalexstirpation,  welch  letztere  indessen  eine  etwas 
grössere  Operationsgefahr  mit  sich  bringt.  Ist  dagegen  die  Er- 
krankung so  weit  vorgeschritten,  dass  sie  nicht  mehr  vollständig 
mittels  supravaginaler  Amputation  geheilt  werden  kann,  so  ist  auch 
von  der  Totalexstirpation  in  den  seltensten  Fällen  etwas  zu  erwarten. 
Im  grossen  Oanzen  neigt  Lewers  indessen  mehr  zur  vaginalen 
Totalexstirpation,  besonders  in  Rücksicht  auf  die  Gefahr,  dass  bei 
Carcinom  der  Cervix  auch  der  Uteruskörper  mit  erkrankt  sein 
könne. 

A.  Erosener-Krakau  (Nouv.   arch.    d'obst^tr.   et   de  gyn^col.     Thermo- 
Nr.  7)  spricht  sich  für  die  Exstirpation  mittels  Thermocauters  aus,    ^^^^^  **®* 
eine  Methode,  welche  Prof.  de  Jordan  zu  gleicher  Zeit  mit  Macken- exstirpation. 
rodt  angewandt  hat,  nur  mit  dem  Unterschied,  dass  ersterer  noch      Rosener. 
Klemmen  liegen  lässt.    Die  Ausbrennung  hat  den  Hauptzweck,  die 
so  oft  auftretenden  Recidive,  welche  besonders  durch  die  Inoculirung 
von  Krebskeimen  in  das  gesunde  Gewebe  durch  die  Hände  und  In- 
strumente des  Operateurs  stattfinden,  zu  vermeiden. 


Ein  FaU   von  Fistula   ileo- vaginalis    carcinomatosa 
wurde  von  v.  Erlach- Wien  (Wiener  kUn.  Wochenschr.  Nr.  24)  mit      Fistula 
Glück  operirt.  ^l®°-„ 

•■^  vaginalis 

Die  Fistel  anstand  nach  Exstirpation  des  Uterus  wegen  Carcinoms  der^ach  Uterus- 

Portio.  Die  Heilung  war  reactionslos  verlaufen.  5  Monate  nach  der  Ope- exstirpation, 
ration  trat  in  der  Scheide  ein  carcinomatöses  Geschwür  auf,  welches  all-  ^-  ^rlach. 
mählich  sich  vergrösserte  und  zu  einer  Dünndarmfistel  führte,  v.  Er  lach 
machte  die  Laparotomie,  schnitt  den  adhärenten  Tbeil  der  Dünndarm- 
Schlinge  aus  und  vereinigte  das  abführende  und  zuführende  Ende  der 
Darmschlinge.  Das  ausgeschaltete  Darmstück  hatte  eine  Länge  von  30  cm. 
Der  Verlauf  war  glatt.  Patientin  starb  1  Jahr  später  infolge  des  Carcinoms. 


Matthieu   sah   nach    einer    vaginalen    Hysterektomie    eine        Darm- 

schleichend    auftretende   Darmocclusion   durch   Abklemmung   einer  Dünn-     occlusion 

darmschlinge   an   der  Narbe.    Die  Patientin   bekam  3  Monate   nach   der  ^^^^  Total- 
f.        ,.     ^_  ..    ,       rti  »1.         .  .  1    T^  ,       ■•  ■*▼    ,  exstirpation, 

Operation    dyspeptische    Störungen,    Indisposition   und   Erbrechen.     Nach      Matthieu. 

15  Monaten  starb  sie.    Bei  der  Section  fand  sich  eine  kleine  Dünndarm- 

sehlinge  6  cm  lang  mit  der  Hysterektomienarbe  verlöthet  und  um  ihre  Axe 

gedreht. 


394 


Czempin. 


Hornkrebs 

des  üterns- 

körpers, 

Flaischlen. 


N.  Flaischlen- Berlin  (Zeitschrift  f.  Gebortsh.  u.  Gynäkol. 
Bd.  32,  H.  3)  berichtet  über  einen  Fall  von  primärem  Horn- 
krebs des  Corpus  uteri.  Bisher  sind  in  der  Litteratur  drei  FäUe 
beschrieben  worden.  Die  Matrix  der  Neubildung  wurde  durch  das 
mehrschichtige  Plattenepithel  gebildet,  welches  bei  der  alten  Frau 
—  54  Jahre  —  die  ganze  Uterushöhle  auskleidete  und  dessen  Ent- 
stehung Flaischlen  auf  eine  Metaplasie  des  Cylinderepithels 
zurückführt. 


Einen    Fall    von     doppeltem    üteruscarcinom    beschreibt 

Doppeltes    Paschen -Bonn   (Universitätsklinik)   (Centralbl.   f.  Geburtsh.   u.   GjnSkol. 

Uterus-      Nr.  40).    Es  fand  sich  ein  Carcinom  der  Cervix  und  eine  Durchsetzung  der 

^p^^  h  °™'    Corpusmusculatur  mit  Carcinomknoten,  von  welchen  beim  Abtasten   nichts 

zu  fühlen  war.    Diese  Fälle  müssen   darauf  hinweisen,   die  hohe  Portio- 

amputation  definitiv  durch  die  Totalexstirpation  des  Uterus  zu  ersetzen. 


Ovarial- 

abscess, 

Langer. 


f.  Erkrankungen  der  Ovarien. 

Langer-Prag  (Archiv  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  39,  H.  1) 
beschreibt  fünf  Fälle  von  solitärem  Ovarialabscess,  welche 
er  als  Corpus  luteum-Abscesse  anspricht.  Er  ist  der  An- 
sicht, dass  die  Mehrzahl  der  solitären  Ovarialabscesse  aus  den  frü- 
heren Stadien   des  Corpus  luteum  durch  Infection  entstanden  sind. 


Ovarial- 

resection, 

Matthaei. 


Matthaei  (Ueber  Ovarialresection.  Zeitschr.  f.  Geburtsh. 
u.  Gynäkol.  Bd.  31,  H.  2)  theilt  sechs  Fälle  aus  der  Berliner  Frauen- 
klinik mit,  in  denen  bei  Ovarialgeschwülsten  der  einen  und  theil- 
weiser  Erkrankung  des  Ovariums  der  anderen  Seite  makroskopische 
Eeste  des  letzteren  zurückgelassen  wurden.  Von  diesen  sechs  Kranken 
haben  fünf  nach  der  Operation  von  neuem  concipirt  und  lebende 
Kinder  geboren. 


k 


g.  Chronisch  eitrige  Erkrankungen  der  Uterusadnexa. 

Intraaterine  R.  Pichevin  (Nouv.  arch.  d'obst^tr.  et  de  gyn.  Nr.  B)  spricht 
Tiierapie  *>ei  yQ^  ^euem  der  intrauterinen  Therapie  bei  periuterinen  Ent- 
Zündungen  das  Wort.  Diese  Behandlungsweise,  welche  in  Deutsch- 
land wohl  völlig  obsolet  geworden  ist,  in  Amerika  zuweilen  noch 
Yertheidiger  findet,  besteht  in  Dilatation  und  Ausschabung.  Er  er- 
kennt selbst  an,  dass  die  langsame,  allmähliche  Dilatation  mit 
Laminaria  schlecht  ertragen  wird,  und  dilatirt  deshalb  in  einer  Sitzung 
in  Narkose.    Daran   schliesst  er  die  Ausschabung  und  noch  einige 


Adnez- 
erkran- 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


395 


Zeit  fortgesetzte  Jodoformgazetamponade.  —  Dol^ris  (ibid.  Nr.  4) 
ist  ebenfaÜB  ein  Anhänger  der  conservativen,  intrauterinen  Behand- 
lung von  Adnexerkrankungen.  Er  warnt  davor,  in  acuten  schmerz- 
haften Stadien  und  bei  infectiösen  Processen  zu  operiren.  —  P.  Petit 
(ibid.  Nr.  2 — 4)  vertritt  den  gleichen  Standpunkt.  Er  berichtet 
über  190  Fälle  von  kleineren  gynäkologischen  Eingriffen  wegen 
Erkrankungen  des  Endometriums,  unter  welchen  sich  zahlreiche 
Fälle  von  Adnexerkrankungen  befinden. 


Dol6riB, 


Petit. 


Die  vaginale  Radicaloperation  bei  doppelseitigen 
chronischen,  eitrigen,  resp.  entzündlichen  Adnexerkran- 
kungen empfiehlt  L.  Landau-Berlin  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr  38) 
von  neuem  unter  Bericht  der  von  ihm  bisher  operirten  Fälle.  Be- 
kanntlich hat  Landau  das  in  Frankreich  benutzte  „Klemmverfahren^, 
d.  h.  die  Exstirpation  des  Uterus  mittels  Klemmen  an  Stelle  der  Ligatur 
aufgenommen.  Er  openrte  112mal  wegen  maligner  Neubildung  mit 
8  Todesfallen,  56mal  bei  Myomen  mit  4  Todesfällen,  2mal  wegen 
acuter  puerperaler  Sepsis  mit  multiplen  Eiterheerden  im  Becken  mit 
1  Todesfall.  Von  109  Fällen  von  Adnexerkrankungen  starb  einer 
an  septischer  Peritonitis.  Den  Hauptwerth  der  Methode  legt  Landau 
darauf,  alles  Erkrankte  in  erster  Linie  freizulegen,  hervorzuholen, 
zu  stielen  und  auszuschneiden.  Li  anderer  Weise  geht  die  Methode 
vorwärts  bei  fixirtem  Uterus.  Hier  ist  eine  Freilegung  im  ganzen 
nicht  möglich,  hier  muss  wie  beim  Nahtverfahren  in  erster  Linie 
der  Blutung  vorgebeugt  werden.  Die  Operation  lässt  sich  denmach 
in  vier  Gruppen  theilen :  Die  erste,  bei  welcher  der  Uterus  als  Ganzes 
aus  seinem  Bett  entwickelt  wird,  vorderer  und  hinterer  Douglas 
eröffiiet,  die  Adnexa  hervorgezogen  und  abgeklemmt,  und  dann  diese 
mit  dem  Uterus  ausgeschnitten  werden.  Bei  der  zweiten  Gruppe 
wird  nach  Freilegung  der  Cervix  der  Uterus  an  der  Vorderwand 
aufgeschnitten  und  durch  Weiterspaltung  desselben  unter  gleich- 
zeitigem Höherklettem  mit  Muzeux'schen  Zangen  die  Auslösung  der 
Adnexa  ermöglicht.  Bei  der  dritten  Gruppe,  bei  besonders  schweren 
Adnexerkrankungen,  wird  der  Uterus  total  in  der  Medianlinie  ge- 
spalten, und  die  Anhänge  der  entsprechenden  Uterushälfte  werden 
bimanuell  ausgelöst.  Bei  der  vierten  Gruppe  handelt  es  sich  um  die 
Gastratio  uterina  im  Sinne  P^an's  und  Segond^s,  d.  h.  die  unregel- 
massige  Zerstückelung  des  Uterus. 

Die  P6an'sche  Operation  (Hysterectomie  övacuatrice)  hat 
auch  in  der  Klinik  zu  Leyden  (Prof.  Treub)  Eingang  gefunden. 
R.  Brower  (Inaug.-Dissert.  Zürich)   beschreibt  das  Verfahren  und 


Radical- 
operation 
bei  Adnex- 
erkran- 
kungen, 
L.  Landau, 


R.  Brower. 


396 


Czempin. 


drei  in   der  genannten  Klinik  operirte  Fälle.     Zwei  Fälle  betrafen 
parametrale  Eiterbeerde  mit  Heilung,   ein  FaU  eine  Puerpera  mit 
Pyämie  und  Beckenabscessen,  welcher  an  allgemeiner  Sepsis  starb. 
Badioai-  Dübrssen  (Arcb.  f.  Gebnrtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49,  H.  2)  wendet 

Operation    gi^j^  \j^  einem  Aufsatz:    „lieber  die   Technik  und  Indication 
erkran-      ^®^  vaginalen  Hysterektomie,   speciell   bei   schwerer  Adnex- 
kangen,     erkrankung^^    gegen    die    von    Landau    inaugurirte    Methode    der 
Diihrssen,     Klemmenbehandlung.     Den  Hauptwerth  legt  er  auf  die  Scheiden- 
dammincision  bei  enger  Vagina  und  bei  fixirtem  oder  vergrössertem 
Uterus,   eventuell   werden    auch  noch  bei   engscheidigem   Gewölbe 
multiple    oberflächliche    Einschnitte    des   Scheidenwundrandes    vor- 
genommen  oder  wird  durch  eine  grössere  Spaltung  der  vorderen 
Scheidenwand  mit  Ablösung  des  Scheidenlappens  von  der  Blase  nach 
Mackenrodt  das   Operationsfeld  erweitert.     Diese  VorbereitungB- 
operation  ermöglicht  nach  Dührssen   auch  bei  kindskopfgrossem 
Uterus   ohne  Zerstückelung   desselben   und   ohne  Anwendung  von 
Klemmen   die   Exstirpation.     Einen   grösseren  Werth   als   auf  die 
vaginale    Totalexstirpation    bei    schweren  Adnexerkrankungen   legt 
Dührssen   auf  die  von  ihm  zuerst  jsielbewusst  durchgeführte  vagi- 
nale Laparotomie  durch  das  vordere  Scheidengewölbe.   Diese  Methode 
verdient  seiner  Ansicht  nach  den  Vorzug,   weil  durch  dieselbe  der 
Uterus  und  eventuell  ein  Stückchen   eines   gesunden  Ovarialrestes 
und  damit  der  Patientin  die  Menstruation  erhalten  werden  kann. 
Jacobs,  Jacobs-Brüssel  (Med.  Eec,  Jimi  15)  beschreibt  seine  von  der 

Scheide  ausgeführte  totale  „Castration^\  d.  h.  Entfernung  des  Uterus 
und  der  Ovarien.  Ln  ganzen  hat  er  391mal  operirt  mit  12  Todes- 
fallen =  2,9**/o.  45mal  wurde  wegen  Gebärmutterkrebs  operirt  mit 
1  Todesfall,  38mal  wegen  Uterusfibroid ,  darunter  23mal  einfache 
Hysterektomie  ohne  Todesfall,  15  Hysterektomieen  mit  Zerstücke- 
lung mit  2  Todesfällen.  3mal  operirte  er  wegen  Extrauteriu- 
schwangerschaft.  Diese  Fälle  verliefen  alle 'glücklich.  Er  operirte 
stets  im  frühesten  Stadium,  ehe  starke  Lageveränderungen  eintraten. 
19mal  operirte  er  wegen  vollständigen  Vorfalls  der  Geschlechtsorgane 
mit  1  Todesfall;  272mal  veranlassten  Erkrankungen  der  Uterus- 
anhänge die  Operation  mit  6  Todesfällen  =  2,2 '^/o.  In  157  Fällen 
schwerer  Eiterungen  musste  Jacobs  21  mal  kleinere  oder  grössere 
Theile  der  Uterusanhänge  zurücklassen,  ohne  dass  eine  Nachoperation 
nöthig  gewesen  wäre.  Unter  403  Hysterektomieen  hat  Jacobs 
5  Darmflsteln,  3  Blasenfisteln,  1  Ureterfistel  beobachtet.  6mal  ope- 
rirte Jacobs  wegen  Beckenneuralgie  und  Tuberculose  mit  5  Heilungen. 
Küstner,  O.  Küstner- Breslau  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  12  u.  13) 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  397 

stellt  die  leitenden  Gesichtspunkte  für  die  operative  Be- 
handlung der  chronisch  entzündeten  Adnexa  uteri  und 
der  Beckeneiterungen  dar.  Er  führt  eine  Beihe  von  Grund- 
typen der  Adnexerkrankung  auf:  gonorrhoische  —  eitrige  —  Tuben- 
entzündung mit  oder  ohne  Eierstocksentzündung,  puerperal-septische 
Infection  mit  oder  ohne  Gewebseiterung  im  Parametrium  oder  Ovarium 
und  eitriger  Perimetritis;  trockene  adhäsive  Perimetritis  bei  fixirter 
Eetroflexio;  dasselbe  mit  hämorrhagischen  Ueberresten  bei  früh  ab- 
gelaufener ektopischer  Schwangerschafb.  Er  warnt  davor,  frische 
gonorrhoische  Adnexerkrankungen  operativ  zu  behandeln,  da  gerade 
hier  eine  Spontanausheilung  möglich  ist.  Bei  Lageveränderung  ist 
er  für  conservative  Behandlung,  d.  h.  Beseitigung  der  Pseudomembran. 
Um  festzustellen,  ob  Adnextumoren  pathogenen  Eiter  enthalten,  wird 
der  Urin  auf  Indican  untersucht,  resp.  die  Probepunction  der  Tumoren 
mit  bacterieller  Untersuchung  vorgenommen.  Ist  bei  der  Operation 
Eiter  gefunden,  so  wird  er  mikroskopirt  und,  falls  er  nicht  steril 
ist,  nach  Mikulicz  tamponirt.  Im  grossen  und  ganzen  ist  Küstner 
mehr  für  die  Cöliotomie  als  für  die  P^an-Segond-Landau'sche 
Vaginaloperation.  Letztere  will  er  besonders  bei  fixirter  Betroflexio 
nicht  mehr  zeugungsfähiger  Frauen  anwenden,  bei  welchen  die  Lösung 
der  Adhäsionen  nicht  gelungen  war. 

Schauta-Wien  (Ueber  Adnexoperationen)  hebt  bei  Ge-  Sohauta. 
legenheit  des  Wiener  Congresses  seinen  augenblicklichen  Stand- 
punkt für  die  Adnexoperationen  hervor.  Bei  gonorrhoischer  Er- 
krankung der  Adnexe  soUen  dieselben  immer,  auch  wenn  die  Adnexe 
der  einen  Seite  sich  als  scheinbar  gesund  erweisen,  beiderseits  ent- 
fernt werden.  Mit  ihnen  soU  gleichzeitig  der  Uterus  exstirpirt 
werden,  bei  kleinen  Geschwülsten  per  vaginam,  bei  grösseren  durch 
die  Laparotomie. 

Die   Colpotomia  anterior,   d.  h.  die  Eröffnung  der  Bauchhöhle 
von  der  Scheide  aus  zwischen  Blase  und  Uterus  findet  ihre  besonderen 
Anhänger  inDührssen,A.  Martin  und  Kossmann-Berlin (Deutsche  Colpotomia 
med.  Wochenschr.   Nr.  48).     Letzterer  beschreibt  die  Technik  ein- *'^*®'^^®'^  ^®^ 
gehend   in    einem   Aufsatz:    „Vaginifixura   uteri   und    Elytro-      erkran- 
cöliotomie"    (Beitr.   z.   Geburtsh.   etc,    Festschr.,   gewidmet  Aug.     kungen, 
Martin,  Berlin,  S.  Karger).     Die  Operation  besteht  im  wesentlichen     K^'»«™*'^- 
darin,  dass   ein  Einschnitt  in  die  vordere   Scheidenwand  gemacht 
wird,  die  hintere  Blasenwand  vom  Uterus  abgelöst  und  der  nach  vom 
gedrängte  Uterus  an  die  Scheidenwand   genäht  wird.     Durch  die 
Eröffiinng  der  Excavatio  uteri  lag  es  nahe,  kleinere  Geschwülste,  sub- 


398 


Czempin. 


erkran- 
kangen, 
Kossmann, 


A.  Maitiii. 


Coipotomia  seröse  Myome  des  Uterus  und  kleinere  Tumoren  der  Adnexe  durch 
anterior  bei  ^Q  SO  gebildete  Oeffiiung  zu  entfernen.  Gegenüber  den  schweren 
Bedenken  der  Vaginifixur  bei  noch  innerhalb  der  Geschlechtsreife 
stehenden  Frauen  beschreibt  Kossmann  drei  FäUe,  in  denen 
Schwangerschaft  eingetreten  ist.  Indess  sind  diese  FäUe  noch  nicht 
zur  Geburt  gekommen,  so  dass  eine  sichere  Entscheidung  über  den 
dauernden  Einfluss  auf  Schwangerschaft  und  Geburt  aus  denselben 
nicht  gezogen  werden  kann. 

Einen  eingehenden  Vortrag  hielt  A.  Martin -BerHn  (Verhand- 
lungen d.  Deutschen  Ghesellschaft  f.  Gynäkol.,  Leipzig)  auf  dem 
Wiener  Congress  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Gynäkologie  über 
die  Bedeutung  der  Coipotomia  anterior  für  die  Operationen 
an  den  Beckenorganen.  Er  berichtete  über  60  Fälle.  14mal 
operirte  er  zur  Beseitigung  uteriner  Neubildungen,  7mal  bei  B>etro- 
flexio  (vaginale  Fixation),  36mal  wegen  Perimetritis  adhaesiva,  dmal 
wegen  Oophoritis  chronica.  Sind  die  Tuben  und  Ovarien  an  den 
seitlichen  und  hinteren  Beckenbändem  festgewachsen,  so  liegt  hier 
die  Grenze  des  Verfahrens.  Myome  von  mehr  als  Faustgrösse  durch 
diese  Operation  anzugreifen,  räth  Martin  dringend  ab. 


Conser-  Jacobs  (Ann.  de  Tlnstit.  St.  Anne,  Juni  15)  hat  in  17  Fällen 

vatiye       ^^  conservative  Adnexoperation   per   vaginam   ausgeführt. 

Operation    ^^  handelte  sich  um  solche  Fälle,  bei  welchen  die  Adnexa  sehr  tief 

per  vaginam,  lagen.    Der  Douglas'sche  Baum  wurde  quer  mit  dem  Thermocauter 

Jacobe.       durchschnitten,  nachdem  die  Portio  mit  einem  Muzeux  hervorgezogen 

war.    Das  Peritoneum  wird  mit  dem  Finger  erö£&iet,  der  eingeführte 

Zeigefinger  löst  die  Verwachsungen  und  holt  die  Organe  herunter.    In 

einigen  Fällen  wurden  kleine,  cystisch  entartete  Ovarien  ignipunctirt. 

Die  Erfolge  waren  unsicher.    Zur  Exstirpation  werden  die  Klemmen 

benutzt,  die  Oeffiiung  im  Peritoneum  durch  Gaze  offen  gehalten.    Er 

operirte  2  Extrauterinschwangerschaften,  15  Fälle  von  Erkrankungen 

der  Tuben,  resp.  Ovarien  ohne  TodesfalL 


lieber  Zerreissung  des  Mastdarms  bei  abdominaler  Pyo- 
Mastdarm-   salpinxoperation  und  deren  Behandlung  berichtet  M.  Sänger- 

^*'^be""*   ^^P^^^^^*^^^^-^-^^'^^^^^^-^y^*^°^*'^^-^'^)'  Nach  der  Auslösung 

Pyosaipinx-  ^^^  schwer  auf  dem  Beckenboden  adhärenten  linksseitigen  Pyosalpinx 

Operation,    zeigte  es  sich,  dass  das  Ercctum  auf  der  vorderen  Seite  durch  einen 

*^*       ca.  5  cm  breiten  Riss  quer  verletzt  worden  war.    Die  Naht  war 

wegen  der  narbig  entzündlichen  Verwachsung  der  Stelle  sehr  schwer. 

Die  Stelle  wurde  dann  nach  der  Mikulicz'schen  Methode  tamponirt. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  399 

Es  trat  Heilang  und  allmähliclier  Verschluss  der  Fistel  ein.  In  der 
Epikrise  dieses  Falls  macht  Sänger  auf  die  verschiedenen  Möglich- 
keiten des  chirurgischen  Verfahrens  bei  dieser  Art  von  Neben- 
Verletzung  aufinerksam.  Die  sorgfältige  unmittelbare  Naht  des  !Risses 
ist  die  am  nächsten  liegende  Methode.  Sie  verlangt  indessen  hin- 
sichtlich der  Möglichkeit  mangelhafter  Heilung  eine  prophylactische 
Drainage  nach  Mikulicz.  Nach  dem  Vorgehen  einiger  Operateure 
kann  auch  oberhalb  der  Nahtstelle  ein  abgeschlossener  Baum  künst- 
lich aus  Peritonealfalten  der  umliegenden  Organe  geschaffen  werden. 
Das  idealste  Verfahren  erscheint  Sänger  indessen  das  von  Howard 
A.  Kelly  (Johns  Hopkins  Hospital  Eeports,  Febr.)  in  einem  gleichen  Kelly. 
Fall  ersonnene  und  mit  Glück  durchgeführte  Verfahren.  Derselbe 
durchschnitt  die  Flexura  sigmoidea  quer,  umsäumte  deren  Bänder 
mit  langen  Knopfiulhten  unter  Langlassung  der  Fäden.  Diese  wurden 
mittels  einer  vom  Anus  her  eingeführten  Komzange  erfasst  und  so 
in  das  zu  einem  Schlitz  verengte  Rectum  hineingezogen,  dass  dessen 
Bander  gut  an  die  invaginirte  Flexur  anschlössen.  Das  Verfahren 
erlaubt  einen  völligen  Schluss  der  Bauchhöhle. 

b.  Harnfisteln. 

Thomas  A.  Emmet  (Amer.  Joum.  of  obstetr.,  Mai)  beschreibt      Vesico- 

eine  unheilbare  Vesicovairina If ist el,  bei  welcher  alle  Weichtheile     vaginal- 

fisteln 
des  Septum  vesico- vaginale  fehlten.     Er  benutzte  zum  Schluss  des      Emmet,' 

Defectes  den  Uterus  selbst,  der  Best  der  Fistel  musste  nach  der  Sectio 
alta  von  oben  her  geschlossen  werden.  Er  vermied  es,  eine  Harn- 
röhre aus  Weichtheilen  zu  bilden,  welche  Muskelfasern  an  und  für 
sich  nicht  enthielten,  da  er  einen  practischen  Erfolg  von  derartigen 
Plastiken  sich  nicht  versprach,  und  legte  der  Patientin  eine  Bauch- 
fistel an.  —  In  ähnlicher  Weise  verfuhr  W.  A.  Freund-Strassburg  w.  A.  Freund, 
(Samml.  klin.  Vortr.,  N.  F.  Nr.  118)  in  zwei  Fällen,  welcher  bei 
grossen  Blasendefecten  nach  einer  sehr  geistreichen  Methode  eben- 
falls den  Uteruskörper  zur  Deckung  des  Defects  heranzog. 

F.  Schauta  (Ueber  die  Operation  fixirter  Blasen-  Sohanta. 
scheidenfisteln.  Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  1) 
schildert  die  Schwierigkeiten  der  Fisteloperationen  derjenigen  Fisteln, 
bei  welchen  der  eine  Fistelrand  vollkommen  fehlt  und  die  Fistel 
unmittelbar  an  das  Periost  des  einen  absteigenden  Schambeinastes 
in  eine  Narbenmasse  übergeht.  Es  gelang  ihm  in  zwei  mitgetheilten 
Fällen  dadurch  die  Fistelränder  beweglich  und  einer  operativen  Ver- 
einigung zugänglich  zu  machen,  dass  er  die  Weichtheile  des  be- 


400 


CzempiiL 


treffenden  Schambeinastes ,  die  Scheidenwand  und  mit  ihr  die  Um- 
gebung der  Fistel  mit  dem  Finger  und  dem  Elevatorium  von  der 
Hinterwand  des  Knochens  abloste.  Dadurch  gelang  die  Naht  und 
nach  einer  Nachoperation  die  Heilung. 


Ureter- 

yaginal- 

fiBteln, 

KeUy, 


Bamm, 


Foamel, 


Howard  Kelly  (Johns  Hopkins  Hosp.  Bull.,  Febr.)  operirte 
eine  nach  Uterusexstirpation  entstandene  Uretervaginalfistel. 

Er  machte  die  Laparotomie  und  legte  den  oberen  Theil  des  Ureter» 
und  der  A.  iliaca  coimuunis  frei,  resecirte  ihn  infolge  der  stark  narbigen 
Verwachsung  und  nahte  ihn  in  die  Blase  ein,  welche  zu  diesem  Zweck  von 
den  horizontalen  Schambeinästen  losgelöst  wurde.     Heilung. 

Einen  weiteren  Beitrag  zu  den  Harnleiter  fisteln  bringt 
E.  Bu mm -Basel  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  4). 

Es  handelte  sich  um  eine  rechtsseitige  Ureterscheidenfistel  nach 
schwerer  Zangengeburt.  Das  Verfahren  bestand  zunächst  in  einer  8  Wochen 
dauernden  Vorbereitungscur  zur  Lockerung  der  starren  Fistelränder.  Dann 
wurde  in  einer  ersten  Sitzung  möglichst  nahe  der  üreterenfistel  eine 
künstliche  Blasenscheidenfistel  angelegt.  In  einer  zweiten  Sitzung  wurde 
die  Blasenwand  mit  der  Ureterenwand  vernäht,  in  einer  dritten  Sitzung 
der  Rest  der  Blasenfistel  geschlossen.    Der  Erfolg  war  ein  sehr  günstiger. 

Die  Häufigkeit  der  Ureterenverletzung  bei  der  vaginalen 
Totalexstirpation  mittels  ELlammem  betont  auch  Fournel  (Gaz. 
des  höpit.  Nr.  49)  und  sieht  den  Grund  darin,  dass  die  die  Klammer 
anlegende  rechte  Hand  die  ELlammer  dieser  Seite  unwillkürlich  zu 
weit  nach  rechts  hinüberschiebt,  während  die  linke,  den  Uterus  nach 
unten  ziehende  Hand  unwillkürlich  eine  Drehung  des  Uterus  mit 
seiner  rechten  Kante  nach  hinten  hervorruft. 

Ureterenverletzungen  sind  mit  der  Zunahme  der  vaginalen 
Operationen  heute  häufiger  als  früher,  dementsprechend  auch  die  zur  Hei- 
lung der  Verletzung  ausgeführten  Operationen  häufig  und  in  ihrer  Technik 
Westermark.  sehr  interessant.  F.  Weste rmark- Stockholm  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  7) 
sah  sich  bei  einem  ausgedehnten  Cervixcarcinom ,  welches  er  nach  der 
sacralen  Methode  operirte,  genöthigt  ein  Stück  der  Blasenwand  und  einen 
Theil  des  linken  Ureters  zu  reseciren.  Nach  Entfernung  der  Neubildung 
wurde  die  Blasenwunde  bis  auf  eine  kleine  Oeffhung  verschlossen,  in  welch 
letztere  der  centrale  Ureterstumpf  eingenäht  wurde.  Die  Heilung  erfolgte 
nach  Wunsch.  Im  ganzen  hat  Westermark  ISmal  vom  Kreuzbein  aus 
den  Uterus  exstirpirt,  dabei  Smal  den  Ureter  verletzt  In  einem  Fall 
wurde  die  directe  Naht  mit  Erfolg  vorgenommen,  im  anderen  die  ent- 
sprechende Niere  resecirt. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


401 


i.  Seltenere  Neubildungen: 
Sarcoma  deciduocellulare,  Myoma  sarcomatoaum,  Dermoidcyste. 


Sarooma 

deoiduo- 

cellulare, 

Ahlfeld, 


Marchand, 


Ahlfeld  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  Heft  3) 
beschreibt  einen  Fall  von  Sarcoma  uteri  deciduocellulare  bei 
Tubenschwangerschaft. 

Es   handelte   sich   um   ein    17jähriges   Mädchen.     Auf   der   vorderen 
Scheidenwand  bestand  eine  hühnereigrosse,  zerfallene,  blutende  Neubildung, 
welche  mikroskopisch  dem  Sarkom  der  Chorionzotten  ähnelte.    Ausserdem 
bestand   eine   Tubenschwangerschaft.     Die   Patientin   erkrankte   nach   der 
Auslöffelung  einer  zweiten  Metastase  der  Scheidenwand  tödtlich  an  Sepsis. 
Die  histologische  Beschreibung  dieses  Falles  gibt  F.  Marchand- 
(xiessen  (Ueber   die   sog.   „decidualen"  Geschwülste  im  An- 
schluss  an  normale  Geburt,  Abort,   Blasenmole  und  Ex- 
trauterinschwangerschaft.   Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  GynäkoL 
Bd.  1,  Heft  5  u.  6).    Was  die  Ursache  der  Blasenmolenbildung  be- 
trifft, so  hält  Marchand  es  für  das  wahrscheinlichste,   dass  die 
frühzeitig  entstehenden  allgemeinen  Molen  auf  ein  schon  im  Ovarimn 
pathologisch   verändertes,   in   irgend   einer  Weise   geschädigtes   Ei 
zurückzuführen  sind,  welches  doch  noch  einer  gewissen  Entwicklung 
fähig  geblieben  ist.     Die  wichtigste  dieser  primären  Veränderungen 
des  Eies  ist  wohl  diejenige  seiner  epithelialen  Theile,  durch  welche 
vielleicht    schon    ftühzeitig    eine    hydropische    Beschaffenheit    des 
Chorionbindegewebes  herbeigeführt  wird.    Die  epithelialen  Elemente 
sowohl  des  Ektoderms  als  des  Syncytiums  zeichnen  sich  schon  früh 
durch   eine   abnorme  Wucherungsfähigkeit   aus,    durch   welche   sie 
geradezu  die  Bedeutung  maligner  Geschwulstelemente  erhalten.    In 
dem  bindegewebigen  Theil  des  Chorions  überwiegen  aber  die  degene- 
rativen Processe  die  activen  Wucherungsvorgänge. 

Tannen  (Arch.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  49,  H.  1)  beschreibt 
einen  neuen  Fall  von  Sarcoma  uteri  deciduocellulare.  Die  Krank- 
heit ist,  wie  alle  bisher  beschriebenen  Fälle  zeigen,  ausserordentlich  bös- 
artig. Die  klinischen  Erscheinungen  begannen  ca.  V*  J^hr  nach  der  Aus- 
stossung  einer  3monatlichen  Blasenmole.  Die  Patientin  ist  die  fünfte  von 
den  in  der  Litteratur  beschriebenen,  welche  radical  operirt  ist,  und  die 
zweite,  welche  noch  lebt.  Sie  ist  9  Monate  post  operationem  noch  ohne 
Reeidiv. 

Kuppenheim-Pforzheim  (Centralbl.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Nr.  34)    Kuppenheim. 
schildert  einen  Fall  von  Sarcoma  deciduocellulare.    Die  Krankheit 
hegann  nach  einer  Frühgeburt.  Der  Uterus  wurde  vaginal  exstirpirt,  Patientin 
genas ;  1  Jahr  nach  der  Operation  noch  gesund.    Die  Diagnose  wurde  mikro- 
skopisch festgestellt  und  von  autoritativer  Seite  bestätigt. 

Jihrbnch  der  piactischen  Medicin.    1896.  26 


Tannen, 


402  Czempin. 

Sarooma  E.  Fränkel  (Arch.  f.  Geburtah.  u.  Gynäkol.  Bd.  48,  Heft  1) 

decidno-     beschreibt  ebenfalls  eine  nach  Blasenmole  auftretende  maligne 

oollularo 

E.  Fränkei!    Geschwulst  des  Uterus. 

Hier  handelte  es  sich  um  ein  Carcinom,  das  IV'  Jahre  nach  digi- 
taler Entfernung  der  Beste  einer  Blasenmole  die  ersten  Symptome  machte. 
Die  Kranke  wurde  operirt  und  ging  an  Metastasen  zu  Grunde.  Höchst 
wahrscheinlich  ist  das  Carcinom  vom  Epithel  der  Chorionzotten  aus- 
gegangen. 

Myoma  Pick-Berlin  (Zur  Lehre  vom  Myoma  sarcomatosum  und 

sarcoma-    ^-[y^j,   ^[q  g^g    Endotheliome   der  Gebärmutter.  Arch.   f. 
Pick.         G^burtsh.  u.  Gynäkol,  Bd.  49,  Heft  1). 

Es  handelte  sich  um  eine  combinirte  Geschwulst,  welche  sich  mikro- 
skopisch als  Myom  erwies,  das  in  den  peripherischen  Partieen  in  starker 
sarkomatöser  Entartung  begriffen  war.  Pick  wies  den  directen  üeber- 
gang  von  Muskelzellen  in  Sarkomzellen  nach.  Ausserdem  fand  sich  in 
der  Mucosa  ein  zweiter,  vollsiUndig  isolirter  geschwulstbildender  Process, 
der  sich  als  Carcinosarcoma  auswies,  das  von  den  Endothelien  der  Lymph- 
gefässe  ausgegangen  war. 

Eetroreotaie         Schulz e-Wittenberge  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  22)  be- 
Dermoid-    gehreibt  einen  Fall  von  retrorectaler  Dermoid  cysto  und  ihre 

Cyste,  ,  ,  .  "^  . 

Schnize.       Exstirpation.     Die  Geschwulst  stülpte  die  äussere  Haut  zwischen 
After  und  Steissbeinspitze  stark  vor.    Die  Ausschälung  gelang  leicht. 


Lehrbücher  und  Mono|graphieen. 

P.  Zweifel,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe.    4.  Aufl. 

P.  Strassmann,  Schemata  zur  Eintragung  der  äusseren  und  inneren 
geburtshülflichen  Untersuchung.    Berlin. 

K.  Ab el ,  Die  mikroskopische  Technik  und  Diagnose  in  der  gynäkologischen 
Praxis.    Berlin. 

G.  Leopold,  Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  2.  Band  der  Arbeiten  aus 
der  kgl.  Frauenklinik  in  Dresden.    Leipzig. 

F.  Schauta,  Lehrbuch  der  gesammten  Gynäkologie.    1.  Lfg. 

H.  Eisenhart,  Die  Wechselbeziehungen  zwischen  internen  und  gynäko- 
logischen Erkrankungen.     Stuttgart. 

Graefe,  Ueber  SteriHtät    Wien. 

A.  Eoblank,  Beitrag  zur  Lehre  von  der  üterusruptur.    Stuttgart. 

A.  Martin,  Die  Krankheiten  der  Eileiter. 

A.  Zentzer  und  M.  Bourcart,  Die  Heilgymnastik  in  der  Gynäkologie 
und  die  mechanische  Behandlung  von  Erkrankungen  des  Uterus  und 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  403 

seiner  Adneza  nach  Th,  Brandt.  Deutsch  bearbeitet  von  M.  Dolega. 
Leipzig. 

R.  Ziegenspeck,  Anleitung  zur  Massagebehandlung  (Th.  Brandt)  bei 
Frauenleiden.    Berlin. 

J.  Donat,  Die  gynäkologische  Untersuchung.    Leipzig. 

J.  W.  Ballantyne,  The  diseases  and  deformities  of  the  foetus.  Edin- 
burgh. 

H.Fehling,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe  für  Hebammen.  8.  umgearb.  Aufl, 
von  G.  Wal  eher. 

Beiträge  zur  Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  Festschrift,  August  Martin 
gewidmet.    Berlin, 


V. 

Augenlieilknnde. 

Von  Professor  Dr.  G«  Horstmann  in  Berlin. 

1«  ülgemeines,  Heilmittel,  Instrumente« 

Aetiologie  Perles  (Experimentelles  zur  Lehre  von  den  Infectionskrank- 

dor  heiten  des  Auges.  Virchow's  Arch.  Bd.  140,  S.  209)  hat  die  Frage,  ,wie 

InfectionB-   yej-jujt^ei^    aich    ^ie   verschiedenen  Bacterienformen    bei    künstlicher   Ein- 
kr&nküeiteii 
des  Auges    bringung  im  Auge**,   einer  eingehenden  Untersuchung  unterzogen.    Ausser 

Perles.  Tuberkelbacillen  wurden  alle  möglichen  Arten  von  Beinculturen  in  die  vordere 
Kammer  und  den  Glaskörper  geimpft.  Am  interessantesten  ist  der  Ver- 
such mit  dem  Friedländer'schen  Bacillus,  er  erwies  sich  als  hochgradig 
virulent.  Die  minimalste  Spur  von  Pneumobacillen,  in  den  Glaskörper  ge- 
bracht, erzeugt  Panophthalmie  und  etwa  nach  16  Stunden  Ruptur  des  Aug- 
apfels; ähnlich,  nur  etwas  weniger  stürmisch,  wirkt  der  FraenkeTsche 
Pneumococcus.  Von  der  unverletzten  Bindehaut  aus  kam  keine  Infection 
zu  Stande.  Der  schwere  Eiterungsprocess  blieb  regelmässig  local.  Die 
mit  virulenten  Fr  aenkel- Weich  selb  au  mischen  Pneumokokken  geimpften 
Kaninchen  gingen  hingegen  in  wenigen  Tagen  an  Allgemeininfection  mit 
den  Lanzettkokken  zu  Grunde;  erst  als  die)  Pneumokokken  in  Eiern  ge- 
züchtet wurden,  gelang  es,  einen  so  schwachen  Virulenzgrad  zu  erzielen, 
dass  intraoculare  Impfung  Panophthalmie  bewirkte,  das  Leben  jedoch  er- 
halten bHeb. 

Aetiologie  Auf  Grund  sorgfältiger  experimenteller  Untersuchungen  glaubt  Bach 

der  (Bacteriologische    Untersuchungen    über    die    Aetiologie    der 

Keratitis     Keratitis  und  Conjunctivitis   eozematosa  nebst  Bemerkungen  zur 

Junctivitis   Eintheilung,  Aetiologie  und  Prognose  der  HomhautgeschwÜre.    v.  Graefe*s 

eozematosa,  Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  41,  H.  2,  S.  159)   annehmen  zu  können,   dass   die 

Baoh.         ekzematösen  Augenerkrankungen  hervorgerufen  werden  durch  den  Staphjlo- 

coccus  pyogenes  aureus.    Er  war  im  Stande  durch  Implantation  von  pyo- 

genen  Bacterien  arteficiell  typische  Phlyctänen  in  der  Hornhaut  und  Binde- 


Augenheükunde.  405 

haat  des  Kaninchens  und  Menschen  zu  erzeugen.  Er  nimmt  einien  directen 
Zusammenhang  an  zwischen  dem  Ekzem  des  Auges  und  dem  anderer  Eörper- 
stellen,  hervorgerufen  durch  den  gleichen  Erreger. 

Der  Diplococcus  pneumoniae  vermag  eine  bedeutende  Rolle  in  der  Patho- 
genese  der  Augenerkrankung  zu  spielen,  wie  Bach  (Experimentelle       Aetio- 
üntersuchungen  über   die  Bedeutung  des  Pneumoniecoccus  in     logische 
der  Pathologie  des  Auges.    Arch.  f.  Augenheük.  Bd.  31,  S.  196)  ^^^' ^I^^HH^q. 
gewiesen  hat.    Bringt  man  denselben  in  die  vordere  Kammer,   so  kommt    coccns  am 
es  entweder  zur  eitrigen  Iridocyclitis  oder   zur  typischen  Panophthalmie.        Auge, 
In  den  Glaskörper  eingeimpft,  erzeugt  er  Panophthalmie  oder  Glaskörper-        ^"^• 
abscess  mit  langsamer  Atrophie  des  Auges.   Nicht  selten  konunt  es  zur  All- 
gemeininfection.    In  die  Tenon*sche  Kapsel,  überhaupt  in  die  Orbitalhöhle 
gebracht,  bringt  der  Diplococcus  eine  phlegmonöse  Entzündung  hervor,  die 
Becundär  zur  Infection  und  Zerstörung  des  Bulbus  Veranlassung  geben  kann. 
Der  Process  kann  ausheilen,  es  kann  aber  auch  Allgemeininfection  eintreten. 
Eine  directe  Beziehung  des  Pneumoniecoccus  zur  sympathischen  Ophthalmie, 
insofern  als  derselbe  als  Erreger  derselben  anzusehen  wäre,  besteht  nicht. 

Nach   den  Untersuchungen  von  Bach  (Bacteriologische   Unter-     Wirkung 
Buchungen  über  den  Einfluss  von  verschiedenen,  speciell  anti-         anti- 
septischen Verbänden  auf  den  Keimgehalt  des  Lidrandes  und    septischer 

Verbände 
Bindehautsackes.    Arch.  f.  Augenheük.  Bd.  31,  S.  179)  sind  wir  nicht   ^^g  Auges 

im  Staude,  durch  einen  längere  Zeit  hindurch  angelegten  antiseptischen  Bach. 
Verband  mit  einiger  Sicherheit  die  Lidränder  oder  den  Bindehautsack  steril 
zu  machen.  Loa  Gegentheil,  es  findet  auch  unter  sog.  antiseptischen  Ver- 
bänden eine  grössere  oder  geringere  Keimvermehrung  statt.  Gleichgültig 
war  es,  ob  ein  Sublimatverband  oder  ein  Verband  mit  Hydrargyrum  oxy- 
c/anatnm  angelegt  war.  Die  Keimvermehrung  bei  den  antiseptischen  Ver- 
bänden blieb  oft  nicht  in  irgend  einer  auffallenden  Weise  hinter  der  Keim- 
Termehrung  bei  einfach  feuchten  oder  trockenen  Verbänden  zurück. 

Ohne  neue  EjrankengeBchichten  mitzutheilen,  gibt  Darier  (En-      Subcon- 
core  les  iniections  soTis-conjonctivales.  AnnaL d^Ocul.  Bd.  112,   j'mctivaie 
8.  381)  einen  gedrängten  TJeberblick  über  den  gegenwärtigen  Stand    injection^ 
der   Frage    der    snbconjunctivalen    Sublimatinjectionen.      Die    ver-       Darier, 
schiedenen  Theorieen  über  die  Absorption,  die  Einwände  gegen  diese 
Methode,  die  Indicationen  nnd  die  Gontraindicationen  sind  vollständig 
ans  einander  gesetzt. 

Bull  (Die  Frage  der  Wirksamkeit  subconjunctivaler  Injec-         Bull, 
tionen  von  Sublimat  bei  Augenleiden.    New  York  med.  Joum. 
1895,  Jan.)  hat  sabconjunctivale  Injectionen  von  Sublimat  in  den- 
jenigen Fällen  versucht,   für  welche  es  empfohlen  worden  ist,   und 
er  halt  es  zweifellos  fiir  nützlich.     Aber   die   grossen   Schmerzen, 


406 


HontinaniL 


Sohmidt- 
Rimpler, 


Snbcon-     welche  seinem  Gebrauche  fast  immer  folgen ^  bilden  einen  grossen 
sWumal'  Hemmflohuh  för  seine  Anwendung.    Die  einzigen  Päüe,  in  welchen 
injectionen,  ^^  Sublimatinjectionen  eine  bestimmte  Wirkimg  dorch  Milderang 
Bon,        schwerer  S3rmptome  nnd  Abkürznng  der  Dauer  des  Processes  aus- 
zuüben scheinen,  wären  die  von  Scleritis  und  acuter  Iridochorioiditis 
nicht  syphilitischer  Art. 

Schmidt-Rimpler  (üeber  subconjunctivale  Sublimat- 
injectionen. Therapeut.  Monatshefte  S.  113)  hat  60  Patienten 
nach  dem  Vorgang  von  Darier  mit  subconjunctiyalen  Sublimat- 
injectionen behandelt.  Er  fand,  dass  dieselben  bei  Hypopyonkeratitis, 
Homhautulcerationen  und  diffuser  Keratitis  ohne  Einfluss  waren. 
Dagegen  hatten  sie  einen  solchen  bei  Iritis  und  vielleicht  bei  Chorio- 
retinitis. Bei  den  infectiösen  Verletzungen  blieben  sie  wirkungslos. 
Schulte,  —  Schulte  (Die  therapeutischen  Erfolge  der  subconjuncti- 
valen  Sublimatinjectionen.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f. 
Augenheilk.  Bd.  33,  S.  B3)  injicirte  1 — 1  '/<  Theilstriche  einer  1 :  1000 
kochsalz£reien  Sublimatlösung  und  fand,  dass  sie  bei  Erkrankungen 
der  Chorioidea,  der  Eetina,  der  Sehnerven,  des  Glaskörpers  und  bei 

Meliinger,  iridocyclitischen  Processen  gute  Dienste  leistete.  —  Mellinger 
(Klinische  und  experimentelle  Untersuchungen  über  subconjuncti- 
vale Infectionen  und  ihre  therapeutische  Bedeutung.  Arch.  f. 
Augenheilk.  Bd.  29,  S.  238)  fand  dieselben  fbr  vortheilhaft  bei 
Affectionen  der  Cornea  und  Uvea.  Der  [wohlthätige  Einfluss  der- 
selben ist  als  eine  Folge  einer  anregenden  Wirkung  auf  die  Lymph- 
circulation  anzusehen.  Subconjunctivale  Sublimatinjectionen  (1 :  2000) 
haben  durch  Erregung  einer  adhäsiven  Entzündung  eine  Oblitera- 
tion  des  subconjunctivalen  Baumes  zur  Folge  und  sind  bei  häufiger 
Anwendung  oft  von  heftigen  Schmerzen  begleitet.  Gleich  günstigen 
therapeutischen  Einfluss  haben  subconjunctivale  Injectionen  von  Koch- 

Gatmann.  salz  ohne  den  Nachtheil  jener.  —  Gutmann  (Ueber  subconjuiic- 
tivale  Injectionen.  Ibid.  S.  250)  ist  der  Ansicht,  dass  bei  keiner 
der  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen  ein  unzweifelhafter  Beweis 
vom  Erfolg  der  Sublimatinjectionen  erbracht  sei.  Er  selbst  hatte 
dieselben  bei  11  Fällen  von  Affectionen  der  Cornea  und  Uvea  aus- 
geführt, ohne  jemals  auch  nur  eine  vorübergehende  eclatante  Besse- 
rung gesehen  zu  haben. 


Form- 
aldehyd, 
Oukita, 


Guaita  (B  Formolo  in  ottalmojatria.  Annal.  di  Ottalm.  Bd. 23, 
S.  360)  hält,  nach  den  von  ihm  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen, 
das  Formol  für  ein  sicher  wirkendes  Antisepticum.  Starke  Lösungen 
tödten  die  Mikroben,  und  schon  schwache  Lösungen  verhindern  die 


b.' 


Augenheilkunde.  407 

Entwickelong  der  Gulturen.  Durch  Irrigation  mit  der  2°/ooigeii 
Lösung  entsteht  Aseptik  der  Bindehaut,  die  oft  bis  zu  24  Stunden 
andauert,  was  Verf.  von  den  anderen  Antisepticis,  selbst  vom  Subli- 
mat, nicht  behaupten  kann. 

Barabaschew  (Ueber  Tormaldehyd.  Wjestnik  Ophth.  1895,  Barabaschew. 
Nr.  2)  gibt  zunächst  eine  ausführliche  Uebersicht  über  die  Litteratur 
der  antiseptischen  Eigenschaf  ben  wie  der  medicinischen  Anwendung 
des  Pormaldehyds.  Er  gebraucht  dieses  Mittel  jetzt  schon  ein  Jahr 
und  hält  es  für  das  beste  Antisepticum  in  der  Augenpraxis. 
Schwache  Lösungen  (^«ooo — V«>oo)  ^^^  vollkommen  wirksam,  geben 
unbedeutende  Beizerscheinungen  im  Auge  und  können  dauernd  ge- 
braucht werden.  Stärkere  Lösungen  reizen  stark  und  sind  deshalb 
nach  Cocamisirung  anzuwenden.  Bei  Ermüdung  der  Augen  träufelt 
sich  Barabaschew  ein  paar  Tropfen  einer  schwachen  Lösung  in  die 
Augen  und  fühlt  danach  eine  angenehme  Erfrischimg.  Bei  Trachom 
schwinden  die  katarrhalischen  Erscheinungen,'  und  die  Kömer 
scheinen  abzunehmen.  Eine  Lösung  von  ^looo  mit  vorhergehender 
Cocainisimng  kürzt  bei  Blennorrhoea  adulterorum  und  neonatorum 
bedeutend  die  Dauer  des  Processes  ab.  Bei  Ulcus  corneae  serpens 
und  anderen  infectiösen  Keratitiden  sah  Barabaschew  nach  Instil- 
lationen einer  Lösung  von  V^ooo  eclatanten  Erfolg.  La  einem  Falle 
von  recidivirendem  katarrhalischem  Herpes  corneae  gab  eine  leichte 
Abschabung  der  Cornea  und  eine  nachträgliche  Auswaschimg  mit 
einer  Lösung  (mit  Cocainisirung)  von  Pormaldehyd  unmittelbare 
Heilung.  Atropin,  Eserin  und  andere  Augentropfen  in  einer  Lösung 
von  V«ooo  blieben  2  Monate  und  auch  länger  steril.  Zur  Desinfection 
der  Listrumente  ist  das  Formaldehyd  sehr  tauglich. 

Groenouw  (Ephedrin-Homatropinlösung,  ein Mydriaticum  Ephedrin- 
von  rasch  vorübergehender  Wirkung.  Deutsche  med.  Wochenschr.  l^omatropin, 
Nr.  10)  verwendete  versuchsweise  in  fast  100  Fällen  Ephedrin, 
hydrochl.  1,0,  Homatrop.  hydrochl.  0,01,  Aq.  dest.  10,0.  2 — 3  Tropfen 
bewirken  nach  SVs  Minuten  Erweiterung  der  Pupüle,  welche  nach 
einer  halben  Stunde  das  Maximum  erreicht,  nach  einer  weiteren 
lialben  Stunde  wieder  abnimmt  und  nach  4 — 6  Stunden  wieder 
verschwunden  ist.  —  BiOaction  der  Pupüle  auf  Licht  ist  voll- 
kommen aufgehoben.  Die  Accommodation  wird  nicht  beeinflusst. 
Keine  Reizerscheinungen,  keine  Nebenwirkungen.  Hiermit  ein 
für  diagnostische  Zwecke  vollkommen  ausreichendes,  sehr  brauch- 
bares Mydriaticum.  Obige  Mischung  erwies  sich  als  zweck- 
mässig. 


'408  Horstmann. 

Gaiiicin,  Mellinger  (Gallicin,  ein  neues  Präparat  der  GaUnssäure  und 

MeUinger.  g^j^Q  Anwendung  in  der  Augenheilkunde.  GorrespondenzbL  f. 
Schweizer  Aerzte  Nr.  8)  hat  mit  Gallicin,  einem  Methyläther 
der  Gallussäure,  an  200  Krankheitsfällen  Versuche  gemacht.  Das 
üittel,  in  Pulverform  1 — 2mal  täglich  in  den  Conjunctivalsack  ge- 
stäubt, empfiehlt  sich  bei  Katarrhen  der  Bindehaut  mit  consecutivem 
Ekzem  und  mit  Follikelbildung,  femer  bei  phlyctänulärer  Entzündung 
und  Keratitis  superficialis. 

2.  Anatomie  und  Physiologie« 

Histologie  Greeff  (Die  Eetina  der  Wirbelthiere.    Untersuchungen 

der  Retina,  j^j^j  ^^j^  Golgi-Cajal'schen  Chromsilbermethode  und  der  Ehrlich- 
scheu  Methylenblau&rbung.  Wiesbaden,  J.  F.  Bergmann)  hat  sich 
der  mühevollen  Arbeit  unterzogen,  die  bahnbrechenden,  wenig  zu- 
gänglichen Arbeite4  Ramon  y  Cajal's  über  die  Retina  zu  über- 
setzen, übersichtlich  zusammenzustellen  und  hie  und  da  mit  er- 
läuternden Anmerkungen  zu  versehen.  Sehr  erwünscht  ist  die  vom 
TTebersetzer  beigegebene  Einleitung,  die  Methoden  (Golgi-Cajal 
und  Ehrljilch)  betreflFend  und  die  Litteratur Übersicht.  Die  vortreff- 
lichen Originalabbildungen  erhöhen  den  Werth  dieses  willkommenen 
Buches.  Die  einzelnen  Kapitel  geben  Aufschluss  über  die  B«tma 
der  Knochenfische,  Frösche,  Reptilien,  Vögel  und  Säugethiere.  Es 
ist  ein  unentbehrliches  Buch  für  jeden,  der  sich  gegenwärtig  über 
die  Anatomie  der  Retina  belehren  will. 

Faser-  Pribytkow  (lieber  den  Verlauf  der  Fasern  des  Sehnerven 

verlauf  des  ^^^  ^qj^  Ort  ihrer  Endigung  in  den  subcorticalen  Centren. 
Prib^nkow*'  Moskau)  gelangt  bei  seinen  anatomischen  Studien  über  den  Fasemverlauf 
des  Sehnerven  an  enucleirten  thierischen  und  menschb'chen  Augen  zu 
folgenden  Resultaten :  Bei  Meerschweinchen  ist  die  Sehnervenkreuzung  eine 
vollständige;  beim  Kaninchen,  dem  Hunde,  der  Katze  und  dem  Menschen 
nur  eine  partielle.  Die  Zahl  der  gekreuzten  Fasern  ist  grösser  als  die  der 
ungekreuzten.  Die  gekreuzten  und  ungekreuzten  Fasern  bilden  im  Tractus 
opticus  keine  gesonderten  Bündel;  im  Chiasma  gibt  es  auch  keine  be- 
sonderen Bündel  sich  kreuzender  und  ungekreuzt  bleibender  Fasern  im  Sinne 
eines  Fasciculus  dexter  et  simster  imd  einer  Conunissura  cruciata  Hannoveri. 
In  den  Sehnerven  des  Hundes  und  der  Katze  haben  die  ungekreuzt  bleiben- 
den Fasern  in  Form  von  Bündeln  eine  laterale  oder  dorsolaterale  Lage» 
Die  sich  kreuzenden  Fasern  nehmen  den  grösseren  ventromedialen  Theil  der 
Nerven  ein.  Die  Commissura  arcuata  anterior  von  Hannover  existirt 
nicht.  Beim  Menschen  und  bei  höheren  Säugethieren  (Hund,  Katze)  ist  die 
Vertheilung  (Lagerung)  der  gekreuzten   und  ungekreuzten  Fasern   in   den 


Augenheilknnde.  409 

Sehnenren  eine  gleiche.  Im  vorderen  Abschnitte  des  Sehnerven  nach  Ein- 
tritt der  Art.  centralis  retinae  in  den  Nerv  theilen  sich  die  ungekreuzten 
Fasern  in  zwei  nicht  scharf  gesonderte  Bündel :  einen  dorsalen  (dorsolateralen) 
und  einen  ventralen  (ventrolateralen).  In  der  Mittellinie  des  Chiasma  liegen 
ausschliesslich  die  sich  kreuzenden  Fasern.  Die  Sehnervenfasem  endige|n 
beim  Meerschwein  und  Kaninchen  zum  grössten  Theile  im  vorderen  Zwei- 
btlgel,  ein  geringerer  Theil  geht  mit  dem  Tractus  peduncularis  transversus 
zum  Tegmentum,  und  ein  sehr  geringer  Theil  endigt  im  Corpus  genicula- 
tom  eztemum.  Bei  der  Katze  und  dem  Hunde  endigt  der  grösste  Theil 
im  Corpus  geniculatum  extemum,  der  geringere  im  vorderen  Zweihügel, 
ond  ein  sehr  geringer  Theil  zieht  in  den  Tractus  peduncularis  transversus. 
Wahrscheinlich  endigt  ein  Theil  der  Fasern  auch  im  Pulvinar.  Der  Oculo- 
motoriuskem  steht  in  keiner  directen  Verbindung  mit  Sehnervenfasem. 
Pupillare  Fasern  ziehen  mit  dem  Tractus  opticus,  wenigstens  bis  zur  Ab- 
zweigung von  letzterem  der  in  den  vorderen  Arm  des  Vierhügels  ziehenden 
Bündel;  den  Ort  der  Endigung  der  Pupillarfasem  konnte  Verf.  nicht  fest- 
stellen. Die  Existenz  von  Sehnervenfasem,  die  von  der  Retina  direct  zur 
Hirnrinde  ziehen,  ist  nicht  nachgewiesen.  Das  Stratum  zonale  des  Vier- 
hügels ist  nicht  die  Fortsetzung  der  Sehnervenfasem.  Eine  centrale  Kreuzung 
der  Sehnervenfasem  im  Vierhügel  existirt  nicht. 

Gutmann    (Ueber   die   Natur    des  Schlemm'schen  Sinus  und    Anatomie 
»eine  Beziehung  zur  vorderen  Kammer,    v.  Graefe's  Arch.  f.  Ophth.  *®* 

Bd.  41,  H.  1,  S.  28)  hat  an  35  frischen  menschlichen  Leichenaugen  und  an^^j^^j^  Sinus 
6  Affenaugen  Iigectionsversuche  vorgenommen,  um  festzustellen,  ob  die  Gatmami, 
vordere  Kammer  in  offener  Verbindung  mit  dem  Venensystem  stehe.  Er 
wandte  hauptsächlich  Tusche  und  Berliner  Blau  an.  So  gelang  es  ihm 
jedesmal  den  Schlemm^schen  Venenkranz  und  die  damit  zusammenhängen- 
den Aeste  der  vorderen  Ciliarvenen  mit  Leichtigkeit  von  der  vorderen 
Kammer  aus  zu  füllen.  Demnach  scheint  zum  mindesten  am  Leichenauge 
die  vordere  Kammer  —  entgegen  der  Ansicht  Leber*s  —  mit  dem  Raum- 
system des  Grenzgewebes  und  mit  dem  Sohle mm'schen  Sinus  unmittelbar 
zu  communiciren. 

Leber  (Der  Circulus  venosus  Schlemmii  steht  nicht  in  offener  Leber. 
Verbindung  mit  der  vorderen  Kammer.  Ibid.  S.  235)  hat  zur  Klarlegung 
eben  dieser  Frage  seine  vor  24  Jahren  aufgestellte  Behauptung,  dass  die 
vordere  Kammer  nicht  in  offener  Verbindung  mit  dem  Venensystem  stehe, 
durch  neue  Versuche  bestätigt.  Er  meint,  dass  die  Versuche  anderer 
(Gntmann)  nur  deswegen  gegen  seine  Behauptung  zu  sprechen  scheinen, 
weil  es  sich  bei  diesen  lun  einen  Filtrationsvorgang  handle.  Die  in  die 
vordere  Kammer  unter  einem  gevnssen  Druck  ii\jicirten  Farbstoffe  gelangen 
mitunter  durch  Filtration  und  nicht  durch  offene  Communication  in  den 
Circulus  venosus  Schlemmii. 

Griffith  (Critidsm   conceming  recent  views  as  to  the  secretory 
fnnction  of  the  ciliary  body.     Ophthalm.  Rev.  Bd.  13,  S.  247)   gibt 


410  Horstmann. 

Fanction    zuerst  einen  ausführlichen  Bericht  über  die  Structur  der  Gegend  des  Corpus 
des  ciliare.    Er  kommt  zu  dem  Schluss,  dass  der  Humor  aqueus  von  der  ge- 

1  lar-  falteten  Oberfläche  des  Corpus  ciliare  abgesondert  wird  und  nicht  von  den 
QrmatL  Drüsen  des  Corpus  ciliare.  Die  Theorie  von  der  glandulären  H;yperpla8ie 
in  cjclitischen  Membranen,  wie  sie  von  Alt  aufgestellt  und  von  Collins 
angenommen  worden  ist,  hält  Verf.  für  absurd  und  der  allgemeinen  Patho- 
logie widersprechend.  Der  Ansicht  Nicati^s,  dass  der  Humor  aqueus  von 
der  ChoriocapiUaris  abgesondert  wird,  welche  zwischen  zwei  impermeable 
Häute  eingeschlossen  ist,  innen  die  Lamina  vitrea  und  aussen  die  Sattl er- 
sehe intravasculäre  Membran  (Tapetum),  hält  derYerf.  entgegen,  dass  eine 
intensive  chorioideale  Erkrankung  die  intraoculare  Tension  nicht  alterirt, 
was  bei  Cyclitis  wohl  der  Fall  ist.  Femer  ist  es  die  Frage,  ob  die  Bruch- 
sche  Membran  wirklich  impermeabel  ist  und  ob  die  Sattler*sche  Membran 
bei  dem  Menschen  wirklich  vorhanden  ist. 

Functionen  Weinland  (Neue  Untersuchungen  über  die  Functionen  der 

^,  .^V    .     Netzhaut  nebst  einem  Versuch  einer  Theorie  über  die  im  Nerven 
Netzhaat, 

Weüiiand.  wirkende  Kraft  im  allgemeinen.  Tübingen)  hat  in  einer  ausführlichen, 
sehr  interessanten  Arbeit  versucht,  eine  einheitliche  Theorie  über 
die  Functionen  der  Netzhaut  zu  liefern,  indem  er  die  Anatomie  zum 
Ausgangspunkte  nimmt.  Verf.  zerlegt  die  Aufgaben  der  Betäna  in 
drei  verschiedene  Thätigkeiten:  die  erste  ist  die  Umsetzung  des 
Lichtes  in  eine  andere  Bewegung,  die  im  Nervenrohr  weiter  geleitet 
werden  kann.  Die  zweite  ist  die  Weiterleitung  dieser  Bewegung 
nach  dem  Bjtb..  Die  dritte  ist  die  Regulirung  der  zur  Umsetzung 
zugelassenen  Lichtmasse.  Ln  Anschluss  an  die  Abhandlung  dieser 
drei  Abschnitte  und  die  zugehörigen  Apparate  wird  noch  die  Frage 
nach  der  überhaupt  im  Nerven  wirkenden  Kraft  und  die  Möglich* 
keit  von  Lichtempfindung  von  Seiten  des  Auges  ohne  Lichteinwirknng 
erörtert.  Verf.  fasst  die  Resultate  der  umfangreichen  Untersuchung 
in  eine  grosse  Reihe  von  Sätzen  zusammen.  So  unterscheidet  er  unter 
anderem  nur  einen  SehstofF  im  Auge  und  verlegt  denselben  in  die 
Pigmentzellen  des  äusseren  Blattes  der  Netzhaut.  Die  durch  das 
Licht  bewirkte  Umsetzung  dieses  Stoffes  findet  in  einem  geschlossenen 
Räume,  dem  Umsatzraume,  zwischen  der  Glaslamelle  und  der  äusseren 
Grenzhaut  (Siebhaut)  statt.  Li  diesem  Räume  befindet  sich  das 
Becherepithel  und  die  durch  die  Siebhaut  eintretenden  Zapfen  und 
Stäbe,  zwischen  diesen  ist  eine  dünne  Flüssigkeitsschicht,  so  dass  sie 
ftioh  ungehindert  gegen  einander  verschieben  können.  Die  chemische 
thnsotzung  des  Sehstoffes  durch  das  Licht  verursacht  Yolumsver- 
(indorung  in  den  Bechern,  diese  wirkt  als  Druck  auf  die  entgegen- 
ütoUondon  Zapfen.  Je  nach  Helligkeit  und  Farbe  ist  die  Litensität, 
Ui^tfkiohoutlich  die  Anstiegscurve    des  Druckes  verschieden.     Neben 


Augenheilkunde.  411 

diesem  den  Drack  aufiiehmenden  und  zum  Gehirn  leitenden  Zapfen- 
System  besteht  ein  zweites  zurückleitendes,  das  Stabsystem.  Das 
Stabsystem  erhält  seine  Impulse  unmittelbar  vom  Zapfensystem  des- 
selben Auges  und  vom  Gehirn  durch  centrifiigale  Fasern  (Vierhügel). 
Das  Stabsystem  dient  hauptsächlich  zur  Pigmentregulirung  im  Um- 
satzraum, die  Pigmentregulirung  adaptirt  das  Auge  für  Helligkeits- 
grade. Das  Kömerpigment  regulirt  die  Sehschärfe,  indem  es  das 
dazwischen  fallende  Licht  absorbirt,  es  entstehen  dadurch  möglichst 
scharf  umschriebene  Lichtbilder  auf  der  Netzhaut.  Auch  die  Länge 
der  Zapfen  ist  hinsichtlich  der  Sehschärfe  von  Belang.  Bei  der 
Naharbeit  finden  in  der  Povea  infolge  der  grossen  Nähe  der  Licht- 
quelle fortgesetzt  verhältnissmässig  grosse  Schwankungen  in  der 
Intensität  des  einwirkenden  Lichtes  statt.  Dadurch  kommt  es  zu 
fortgesetzten  starken  Stössen  auf  die  Wände  des  Umsatzraumes  (auch 
Ghorioidea  und  Sclera).  Diese  Stösse  können,  weim  die  Scleralkapsel 
nicht  sehr  fest  ist  (in  der  Jugend),  diese  zum  allmählichen  Ausweichen 
nach  aussen  bringen.  Dadurch  kommt  es  zu  einer  Verlängerung 
des  Bulbus,  zu  Ektasieen  der  Sclera  und  Ghorioidea,  sowie  zu  Er- 
krankungen  des  betreffenden  Maculabezirkes.  So  entsteht  nach  des  Ver- 
fassers Anschauung  die  gewöhnliche,  durch  Ueberthätigkeit  der  Augen 
hervorgerufene  Myopie  (?).  In  der  plexiformen  Schicht  von  Ramon 
y  Cajal  findet  die  Uebergabe  des  durch  den  Zapfen  zugeführten 
Druckes  auf  die  Ganglienzellen  statt.  Diese  Uebergabe  erfolgt  an 
mehrere  Ganglienzellen  für  jeden  Zuleitstamm.  Nach  der  Peripherie 
der  Netzhaut  zu  nehmen  die  Uebertragungen  allmählich  an  Feinheit 
ab,  daher  die  Abnahme  des  Earbenwahmehmungsvermögens  in  der 
Netzhautperipherie.  Die  Farbenblindheit  ist  eine  zweifache,  echte 
und  scheinbare.  Erstere  beruht  hauptsächlich  auf  einer  Herabsetzung 
der  Feinheit  der  Uebertragungen,  die  scheinbare  auf  einer  Aenderung 
des  Sehstoffes.  Das  Mischungsgesetz  der  Farben  ist  der  Ausdruck 
for  die  Addition  der  Formen  der  Anstiegscurven ,  die  sich  bald  zu 
einer  resultirenden  Ourve  (neue  Farbe)  vereinigen,  bald  bei  ihrer 
Addition  eine  gerade  Linie  (weiss,  complementäre  Farben)  bilden. 
Die  Contrasterscheinungen  entstehen  durch  das  Beharrungsvermögen 
der  Ganglienzellen,  welche  einen  Einfluss  auf  die  sie  gleichzeitig 
neben  einander  treffenden  Druckbewegungen  üben.  Die  Nachbilder 
entstehen  entweder  dadurch,  dass  die  Ganglienzelle  nicht  augenbHck- 
Hch  in  ihre  Ursprungsform  zurückkehrt  (positives  Nachbild)  oder 
bei  der  allmählichen  Rückkehr  der  GangHenzelle  in  ihre  Euhelage 
(farbiges  Nachbild)  in  der  Complementärfarbe  oder  infolge  der 
Pigmentbewegung,  die  das  Stabsystem  hervorruft  (negatives  Nach- 


412  Horetmann. 

bild).    Bas  Bild  geht  in  Drack  umgesetzt  in  den  Nervenröhren  des 
Nervus  opticus  zum  Gehirn. 

8«  Befractions-  nnd  Accommodationsanomalieen« 

Sehleistung  Unter  Sehleistung  versteht  Triepel  (Ueber  Sehleistung  bei 
^*Mo^^^*'  Myopie,  v.  Graefe's  Archiv  f.  Ophthahn.  Bd.  40,  H.  B,  S.  BO)  die 
Fähigkeit,  Gegenstände  zu  erkennen,  die  sich  auf  der  Retina  im 
Zerstreuungskreise  abbilden.  Zu  diesem  Zwecke  untersuchte  er 
888  Augen,  bei  denen  zum  Theü  reine  Formen  von  Myopie  con- 
statirt  wurden,  zum  Theil  Myopie,  complicirt  mit  regelmässigem 
Astigmatismus,  oder  einfach  myopischer  Astigmatismus  nachzuweisen 
war,  ohne  Correction  durch  Gläser.  Er  fand  bei  Myopen  im  Alter 
von  9 — 20  Jahren,  dass  dem  grösseren  Alter  die  bessere  Sehleistung 
entspricht.  Bas  Tragen  von  Brillengläsem  zum  Bück  in  die  Feme 
verschlechtert  die  Sehleistung,  möglicherweise  wird  sie  verbessert 
durch  Tragen  von  Gläsern  bei  der  Arbeit.  Astigmatismus  ver- 
,  schlechtert  die  Sehleistung  des  myopischen  Auges,  immerhin  bleibt 
die  Sehleistung  besser,  als  wenn  alle  Meridiane  des  brechenden 
Systems  die  Brechkrafb  des  am  stärksten  brechenden  Meridians 
hätten. 

staphyioma  Nach  den  Untersuchungen  von  Schnabel  und  Herrnheiser 

und  MvoüU  (^®^®^  Staphyioma  posticum,  Conus  und  Myopie.  Zeitschr. 
Schnabel  a. '  f.  Heilkunde.  Bd.  41)  schwankt  die  Axenlänge  der  meisten  Augen 
Herraheiaer.  u^^  niedriger  und  mittlerer  Myopie  in  der  Eegel  innerhalb  derselben 
Grenzen  wie  die  Axenlänge  emmetropischer  Augen.  Wesentlich 
anders  ist  das  Verhältniss  bei  höheren  Graden  von  Myopie,  von 
10  Dioptrieen  und  mehr.  Auch  bei  ihnen  besteht  keine  constante  Be- 
ziehung zwischen  Axenlänge  und  Myopiegrad.  Bie  Höhe  und  Breite 
dieser  Augen  ist  in  der  Begel  grösser  als  bei  emmetropischen.  Die 
Form  derselben  gestaltet  sich  verschieden,  je  nachdem  die  Ver- 
grösserung  des  Bulbusstückes  hinter  dem  Ansatzkreise  der  geraden 
Augenmuskeln  eine  totale  oder  partielle  ist.  Nur  ein  kleiner  Theil 
dieser  Augen  zeigt  scharf  umschriebene  Ektasieen;  das  Scleralstöck 
zwischen  Opticus  und  Obliquus  inferior  ist  stets  vergrössert  und 
hat  ein  geblähtes,  blasenwandähnliches  Aussehen,  während  das  Seiend- 
stück  vor  den  Sehnen  immer  normale  Bimensionen  besitzt,  wodurch 
sich  solche  Bulbi  von  den  durch  Brucksteigerung  vergrösserten 
unterscheiden.  Bei  allen  myopischen  Augen  aber  findet  sich  eine 
verminderte  Resistenz  der  Sdera.     Oft  liegt  der  Zwischenscheiden- 


Augenheilkunde.  413 

raom  nicht  in,  sondern  hinter  der  Sclera.     Die  Duralscheide  des 
Opticus  setzt   sich  in  beträchtlichem  Abstände  von  der  Oberfläche 
der  Sehnerven  an  die  hintere  Fläche  der  inneren  Scleralschicht  an, 
wodurch  das  vordere  Ende  des  Zwischenscheidenramns  eine  ganz 
abnorme  Form  und  Weite  gewinnt.  Allen  Myopiegraden  gemeinsam 
kommt  der  Conus  zu.  Er  fehlt  nur  ausnahmsweise  den  myopischen 
Angen  und  ist  in  nicht  myopischen  Augen  nur  selten  zu  finden. 
Der  sichelförmige  Conus,   er  mag    nach   aussen  oder  unten  liegen, 
entsteht,  wenn  die  vorderen  Aderhautschichten  von  der  Axe  des 
Sehnerven  weiter  abliegen  und  die  innere  Scheide  sich  in  die  Ebene 
der  Augenhäute  umlegen  muss,  um  zum  Rande  der  Lamina  elastica 
chorioideae  gelangen  zu  können,  wo  dann  ein  Theil  der  dem  Seh- 
nerven zugewendeten  Fläche  der  inneren  Scheide  sichtbar  wird.  Im 
Bereiche  des   Conus  fehlt  die  Netzhaut;    der  Conus  gehört  daher 
stets  zum  bHnden  Fleck  und  zeigt  kein  Pigmentepithel.  Bei  grossem 
sichelförmigem  Conus  findet  sich 'eine  Gestaltsveränderung  der  Papille 
durch  Superposition  der  Chorioidea.  Der  ringförmige  Conus  ist  durch 
seine   anatomische  Grundlage   vom   sichelförmigen  vollständig  ver- 
schieden.    Hierbei  ist  der  Durchmesser  des  Sclerochorioidealkanals 
und  des  von  ihm  umschlossenen  Sehnervenkanals  abnorm  gross,  der 
Dorchmesser  der  Papille  aber  normal.  Infolge  dessen  liegt  zwischen 
den  Papillengrenzen  und  dem  Papillenrande  ein  ringförmiger  Streifen 
des  Querschnittes  des  von  den  äusseren  Augenhäuten  umschlossenen, 
Yon  den  Bändern  der  Lamina  cribrosa  durchzogenen  Sehnervenstückes. 
Dieser  Ring  zwischen  dem  Rand  der  Papille  und  dem  Rand  des  Cho- 
rioidealkanals  bildet  den  ringförmigen  Conus.  Die  mächtigen,  buchtig 
begrenzten  weissen  Felder  in  hochgradig  myopischen  Augen  sind  ent- 
weder überhaupt  keine  Coni,  oder  sie  setzen  sich  aus  Coni  und  entzünd- 
lich veränderten  Partieen  der  inneren  Augenhaut  zusammen.  Alle  Coni 
sind  angeboren  und  können  mit  fortschreitendem  Wachsthum  des  Auges 
an  umfang  zunehmen.    Myopische  Augen  sind  in  der  Regel  durch 
Conus  und  eine  besondere  ScleralbeschafPenheit,  oder  bloss  durch  den 
Conus  und  die  Abnormität  der  Sclera  ausgezeichnet.  Alle  myopischen 
Angen  sind  durch  die  geringere  Resistenz  der  Sclera  um  den  Opticus 
ausgezeichnet,  was  als  die  angeborene  Disposition  zur  Myopie  be- 
zeichnet werden  muss.     Die  Augen,  welche  in  der  Schule  myopisch 
werden,  besassen  dieses  Verhalten,  ehe  sie  myopisch  geworden  sind, 
sind  aber  nicht  krank.     Jeder  Fall  von  tjrpischer  Myopie  entsteht 
durch  eine  Wachsthumsanomalie  des  Auges.     Diese  führt  je  nach 
der  Ausprägung  des  Bildungsfehlers  in  den  äusseren  Augenhäuten 
eine  relativ  zu  grosse  Länge  des  Auges  herbei  oder  ein  Staphyloma 


414  Horetmann. 

staphyioma  postdcum.     Der  Glaube,   dass  die  Myopie   der  Schulkinder   durcli 

postioum    Entwickelung  eines  Staphyioma  posticimi  entstehe,  dass  jede  der- 

Schnabel  u. '  artige  Myopie  im  Stande  sei,  einen  hohen  Qrad  zu  erreichen  und  die 

HermheiBer.    Existenz  des  Auges  zu  bedrohen,  ist  ein  falscher,  ebenso  auch  die 

Lehre  vom  myopischen  Process,  der  Sclerochorioiditis,  der  Neuritis 

der  Myopen  und  dem  Accommodationskrampf.    Die  Entstehung  das 

Staphyioma  posticum  kann  nicht  verhütet  werden,  ebenso  nicht  der 

ITebergang  der  Schulmyopie  in   die  hochgradige  Myopie,  weü  sie 

auch  gar  nicht  stattfindet.     Nur  dann  wäre    die  Schulmyopie  ein 

wirkliches  TJebel,    wenn  sie  zu   den  hohen  Graden   heranwachsen 

könnte.    Doch  das  Auge,  das  in  der  Schule  myopisch  wird,  erwirbt 

kein  Staphyioma  posticum  und  kann  es  nicht  erwerben. 


4«  Anomalieen  der  Muskeln  und  Herren« 

Schiel-  Nach  den  Erfahrungen  von  Schweigger  (Die  Erfolge   der 

8^we"°"'  Schieloperation.  Archiv  f.  Augenheilk.  Bd.  29,  S.  166)  ist  bei 
convergirendem  Schielen  mit  normalem  Binocularsehen  der  endgültige 
Erfolg  der  Tenotomie  am  schielenden  Auge  in  der  Mehrzahl  der 
FäUe  nicht  genügend.  Bei  periodischem  Schielen  ohne  Doppelsehen 
empfiehlt  es  sich  zimächst,  die  einfache  Tenotomie  auszufuhren.  "PHn 
nicht  genügender  Erfolg  kann  durch  die  Operation  am  anderen  Auge 
vervollständigt  werden.  Eür  die  einfache  Tenotomie  des  Internus 
am  abgelenkten  Auge  bei  permanentem  Schielen  eignen  sich  nur 
die  Fälle,  in  welchen  die  durchschnittliche  Ablenkung  nicht  mehr 
als  etwa  4  mm  beträgt.  Bei  grösserer  Ablenkung  muss  die  Ver- 
nähung des  Antagonisten  mit  ausgeführt  werden.  Durch  eine  beider- 
seitige Tenotomie  der  Intemi  kann  man  eine  Ablenkung  ausgleichen, 
welche  etwa  5  mm  beträgt.  Ist  der  Erfolg  ein  zu  geringer,  so  ist 
die  Verlagerung  am  Platze.  Ein  Erfolg  der  Tenotomie  des  Extemus 
kann  nur  in  den  Fällen  von  Divergenz  beobachtet  werden,  wo  noch 
normales  binoculares  Einfachsehen  besteht,  besonders  also  beim  perio- 
dischen divergirenden  Schielen.  In  denjenigen  Fällen  von  Insu£Gcienz 
der  Intemi,  wo  ohne  divergirendes  Schielen  eine  mangelhafte  In- 
nervation zur  Convergenz  vorhanden  ist,  genügt,  wenn  die  Con- 
vergenzinnervation  nur  verringert,  aber  nicht  vollständig  verloren 
ist,  die  Verwendung  prismatischer  Brillen.  Diejenigen  Fälle  aber, 
in  welchen  gleichzeitig  divergirendes  Schielen  vorhanden  ist,  erfordern 
operative  Abhülfe.  —  Aus  der  Thatsache,  dass  die  Beseitigung  des 
convergirenden   oder  divergirenden  Schielens  häufig  genügt,   auch 


Augenheilkunde. 


415 


eine  gleichzeitige  Höhenablenknng  verschwinden  zu  lassen,  lässt  sich 
die  Kegel  ableiten,  dass  bei  gleichzeitiger  Höhenablenknng  stets  die 
Seitenablenkung  zunächst  beseitigt  werden  muss.  Bleibt  aber  dann 
noch  eine  Höhenablenkung  bestehen,  so  muss  sie  ebenfalls  operativ 
in  AngrijBT  genommen  werden.  —  Entsteht  Schielen  in  einem  Lebens- 
alter, in  welchem  normales  binoculares  Einfachsehen  bereits  zur 
Gewohnheit  geworden  ist,  so  sind  meistens  Doppelbilder  nachzuweisen, 
mid  die  Schieloperation  ergibt  dann  normale  binoculare  Verschmel- 
zimg. Bei  weitem  in  den  meisten  EäUen  entsteht  aber  Schielen 
in  einem  Lebensalter,  in  welchem  das  normale  binoculare  Einfach- 
sehen noch  nicht  in  den  festen  Bestand  der  physiologischen  Ge- 
wohnheiten übergegangen  ist,  und  wenn  dann  auch  die  Schielope- 
ration eine  Stellung  schaffit,  welche  normale  binoculare  Verschmelzung 
ermöglicht,  wird  doch  ein  normales  binoculares  Einfachsehen  nicht 
mehr  erlernt. 

Melville  (A  new  method  of  tying  the  sutures  in  ad- 
vancement  of  the  ocular  muscles.  Arch.  of  Ophthalm.  Bd.  24, 
S.  376)  verfahrt  bei  der  Vorlagerung  folgendermassen :  Nach  Ein- 
fadelung  werden  die  Enden  des  Fadens  zusammengeknüpft,  so  dass 
der  Eaden  eine  grosse  Schlinge  bildet.  Nun  sticht  man  dicht  an 
der  Cornea  durch  Conjunctiva  und  die  oberste  Schicht  der  Sclera 
ein  und  aus,  parallel  dem  Verlauf  des  Muskels\  zieht  den  Faden 
halb  durch  und  führt  dann  rückwärts  die  Nadel  durch  die  Faden- 
schlinge  am  Ende.  Wird  jetzt  angezogen,  so  ist  das  umstochene 
Stück  Conjunctiva  und  Sclera  sehr  fest  gefasst.  Oberhalb  und  unter- 
halb des  Muskels  wird  ein  solcher  Faden  eingelegt.  Li  gewohnter 
Weise  wird  nun  der  Muskel  frei  präparirt  und  durchschnitten.  Die 
Nadeln  werden  nun  nach  rückwärts  in  den  Muskel  eingestochen,  in 
einer  Entfernung  entsprechend  dem  Grad  des  Schielens,  und  schliess- 
lich werden  die  beiden  Fäden  von  oben  [nach  unten  mit  einander 
geknotet. 

Fergus  (An  Operation  for  the  advancements  of  a  rectus 
muscle.  Ophthabn.  Rev.  Bd.  14,  S.  163)  legt  zwei  Einschnitte 
parallel  zu  dem  Rand  des  Muskels  und  zieht  zwei  Suturen  durch 
Muskel  und  Conjunctiva  nahe  am  Canthus  in  der  gewöhnlichen 
Weise.  Diese  werden  nun  über  Muskel  und  Conjunctiva  festgeschnürt 
imd  die  letztere  dann  durch  den  Schnitt  durch  den  Muskel  mit 
durchtrennt.  Die  Nähte  werden  nun  nach  vom  durch  den  sehnigen 
Ansatz  des  Muskels  und  dann  durch  die  Conjunctiva  nach  oben  und 
miten  von  Cornea  durchgezogen  und  angezogen. 


Helyüle, 


Fergus. 


416 


Ho 


5.  Srkraakui^B  der  Lider,  des  Thriaenapparates,  der  Orbita 

iiBd  Hebeabiklea. 

Um  festzustellen,  ob  das  Chalazion  auf  taberculöser  Basis  beruht, 
Aetioiogie  impfte  Landwehr  (Zur  Aetiologie  des  Chalazion.    Ziegler's 
^^^,        Beitr.  z.  pathoL  Anat.  u.  allgenL  PathoL  Bd.  16,  K  2,   8.  255)  den 
Landwehr.'   Inl^t  von  sieben  Chalazien  auf  Thiere  über.    In  keinem  Falle  ge- 
lang es  aber,  Impftabercolose  beim  Yersachsthiere  henrorzumfen. 
Da  indessen  von  verschiedenen  Aatoren  Tnberkelbacillen  in  Chalazien 
gefunden  worden  sind,  so  ist  anzunehmen,  dass  nur  in  einer  kleinen 
Reihe  von  Fällen  das  Chalazion  als  tuberculöses  Prodact  anzusehen 
ist,  in  der  Mehrzahl  aber  dasselbe  sich  nicht  auf  der  Basis  der  Tnber- 
culose  entwickelt. 


Behandlang  Bayer  (Die  moderne  Behandlung  der  Dacryocystitis. 

der  Dacryo-  CorrespondenzbL  d.  Vereins  deutscher  Aerzte  in  Reichenberg  Nr.  3) 


cystitis, 
Bayer, 


De  Bono, 

Alaimo- 

Harohetti, 


AhlstrÖm. 


spricht  sich  gegen  die  Sondinmg  der  Thränenwege  als  Hauptmittel 
der  Behandlung  bei  Dacryocystitis  chronica  aus  und  empfiehlt  den 
practischen  Aerzten  folgendes  Verfahren:  Das  untere  Thranen- 
röhrchen  wird  gespalten,  ein  adstringirendes  Augenwasser  wird  ein- 
geträufelt und  ein  fleissiges  Ausdrücken  des  Inhalts  des  Thränen- 
Sackes  den  Patienten  ans  Herz  gelegt.  In  einer  Anzahl  von  Fällen 
soll  man  mit  diesem  gelinden  Verfahren  ausreichen.  Ist  dem  nicht 
so,  so  nimmt  man  eine  Probesondirung  vor,  um  sich  zu  überzeugen, 
ob  eine  Strictur  vorliegt.  Dabei  leistet  das  Cocain  vorzügliche 
Dienste,  insbesondere  dadurch,  dass  es  die  Operation  weniger  schmerz- 
haft gestaltet.  Ist  keine  Strictur  vorhanden,  so  verstärkt  man  in 
diesem  Fall  die  Behandlung,  indem  man  mit  der  Anel'schen  Spritze 
Zink-  oder  Argentum  nitricum-Lösung  durchspritzt.  Bei  bestehender 
Knochenaffection  hat  die  Einspritzung  von  Jodoformglycerin  (1  :  10) 
vortrefiFliche  Dienste  geleistet. 

De  Bono  und  Alaimo-Marchetti  (Le  iniezioni  iodate 
nella  cura  delF  dacriocistiti  croniche.  Arch.  di  Ottalm.  Bd.  2, 
Nr.  6,  S.  195)  haben  bei  alten  Thränensackleiden ,  besonders  bei 
Ektasie  des  Sackes,  mit  grosaem  Erfolg  Einspritzungen  einer  Jod- 
lösung gemacht.  (Jod  0,50,  Jodkali  5,00,  Wasser  50,00.)  Man  soll 
aber  dabei  trachten,  dass  die  Flüssigkeit  nicht  in  den  Bindehautsack 
gelangt. 

AhlstrÖm  (Om  exstirpation  af  tarsäcken.  Eira  1894, 
Nr.  16)  stellt  folgende  Indicationen  für  die  Exstirpation  des  Thränen- 


Augenheilkunde.  417 

Sackes  auf:  1.  Bei  Operationen  am  Bulbus,  wenn  die  Zeit  nicht  für 
eine  andere  Behandlung  ausreicht.  2.  Wenn  die  conservative  Be- 
handlung nicht  hilft.  3.  Bei  Ektasie  des  Sackes,  selbst  wenn  der 
Kanal  permeabel  ist.  4.  Bei  Tuberculose  des  Sackes.  5.  Bei  Ob- 
literation  des  Kanals.  6.  Bei  Mstula  sacci  lacrymalis,  wenn  jede 
andere  Behandlung  misslingt. 

Bei  einfachem  Thränenträufeln  ohne  Infection  der  Thränenwege, 
bei  denen  eine  Uebersecretion  von  Thränen  vereint  mit  zunehmen- 
der  Functionsunfähigkeit    von    Orbicularis,    Thränenpunkten    und 
Thränensack   die   ganze   Krankheit   bildet,    sowie    bei   ekzematöser 
Keratitis  mit  sehr  starkem  Thränenfluss  empfiehlt  Hegg  (Die  Ex-  Behandlung 
stirpation  der  Thränendrüse  bei  Thränenträufeln.     Corre-     „,  *.?® 
spondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  22)  die  Exstirpation  der  palpe-    t  rauf  eins, 
bralen  Thränendrüse  nach  Wecker.  Hegg. 

Panas  (Des  pseudoplasmes  malins  de  l'orbite.  Arch.  Geschwülste 
d'Ophtalm.  Bd.  15,  Nr.  9)  ist  der  Ansicht,  dass  viele  für  Lymphome,  ^^p^^'**' 
Sarkome  und  Syphilome  gehaltene  Neubildungen  der  Orbita  durch 
Mikroorganismen  oder  auf  dem  Boden  einer  durch  Toxine  erzeugten 
Dyskrasie  entstanden  und  als  infectiöse  Tumoren  aufzufassen  seien. 
Die  Syphilis  ist  wohl  eine  dieser  Dyskrasieen,  aber  nicht  die  einzige. 
Panas  stützt  diese  Ansicht  auf  mehrere  eigene  und  fremde,  zum 
Theil  ausserhalb  des  Gebietes  der  Augenerkrankungen  liegende  Be- 
obachtungen, von  denen  folgende  kurz  erwähnt  seien.  Beiderseitiger 
Exophthalmus,  anscheinend  durch.  Orbitalsarkom  bedingt,  bei  einem 
ozanakranken ,  nicht  syphilitischen  Mann  heilte  durch  Arsenik  voll- 
ständig. —  Eine  junge  nicht  syphilitische  Frau  erkrankte,  nachdem 
ihr  „sarkomatöse^^  Polypen  aus  der  linken  Nasenhöhle  entfernt 
worden  waren,  an  linksseitigem  Exophthalmus,  verursacht  durch  eine 
Zellgewebsinduration  der  Orbita.  Dieser  Tumor  war  ebenso  wenig  wie 
die  Polypen  sarkomatös.  Erhebliche  Besserung  durch  Arsenik.  Eine 
symmetrische  Geschwulst  beider  Oberkieferknochen  bei  einem  15jäh- 
rigen  Knaben  heilte  ebenfalls  durch  das  gleiche  Mittel.  —  Bei  einem 
anscheinend  sarkomatösen  Tumor  der  Orbita  ist  also  zunächst  eine 
allgemeine  Behandlung  zu  versuchen  mit  Jod,  Arsenik  oder  den 
Toxinen.  Das  Aufsuchen  des  Ausgangspunktes  der  Infection:  Nase 
mit  Nebenböhlen  und  Pharynx,  sowie  die  bacteriologische  Bestim- 
mung der  Toxine  geben  einen  Fingerzeig  für  Diagnose  und  Therapie. 
Die  Chirurgie,  welche  hier  oft  erfolglos  ist,  kommt  erst  in  zweiter 

Linie. 

Jahibach  der  practischen  Medioin.    189&  27 


418  Horstmann. 

Auf  Grund  der  Beobachtung  von  24  eigenen,  sowie  der  bis  jetzt 

Stirnhöhlen-  veröffentlichten  fremden  Fälle  von  Erkrankung  des   Sinus  frontalis 

erkran-      gj^^  Kuhnt  (Ueber  die  entzündlichen  Erkrankungen  der 

Kohnt '      Stirnhöhlen  und  ihre  Folgezustände.    Wiesbaden,  F.  J.  Bergmann) 

eine  genaue  Beschreibung  dieser  AfPection.  Zunächst  bespricht  er  das 

klinische  Bild  derselben,  die  ätiologischen  Momente,  die  pathologische 

Anatomie,  die  Diagnose,  die  Complicationen  an  der  Augenhöhle,  dem 

Sehorgan  und  Gehirn,  sowie  die  Therapie.    Den  Schluss  der  Arbeit 

bilden  die  Krankengeschichten  der  24  selbst  beobachteten  Fälle,  von 

denen  14  operativ  behandelt  worden  waren. 

6.  Erkrankungen  der  Gonjnnetiray  Cornea  nnd  Selera. 

Behandlung  Nach  Kaltes    (Traitement  de  Tophtalmie  des    nouveau- 

^«^     .    n6s.     Arch.  d'Ophtahn.  Bd.  14,   S.  780)   Erfahrungen  ist  die  aus- 

neonatorum  giö^ig©  Reinigung  und  Desinfection  des  Conjunctivalsackes  das 
Kalt.  Nöthigste  bei  der  Behandlung  der  Blennorrhoea  neonatorum  und 
genügt  zur  Heilung.  Er  hat  daher  einen  Trichter  aus  Ebonit  an- 
fertigen lassen,  dessen  ausgebogener  Brand  in  den  Conjunctivalsack 
eingeführt  wird,  so  dass  er  von  den  Lidern  umschlossen  wird.  Aus 
dem  mit  dem  Trichter  durch  einen  Gummischlauch  verbundenen 
25 — 80  cm  hoch  über  dem  Auge  gehaltenen  Irrigator  fliessen  2  Liter 
einer  Lösung  von  Kali  hypermanganicum  und  reinigen  den 
Bindehautsack,  dessen  Falten  durch  den  Flüssigkeitsdruck  ausgeglichen 
sind,  aufs  gründlichste.  Das  Verfahren  wird  bei  leichten  FäUen 
Morgens  und  Abends,  bei  schweren  3— 4mal  tägHch  angewandt  und 
erfordert  jedesmal  7 — 8  Minuten.  Li  den  Zwischenzeiten  wird  alle 
2  Stunden  eine  etwas  stärkere  Lösung  eingeträufelt.  Die  Anwendung 
soll  bereits  am  1.  Tage  geschehen,  Homhautgeschwüre,  deren 
Grund  sich  zeitweise  braun  färbt,  bessern  sich  schnell;  die  dabei 
entstehende  weisse  Trübung  des  Homhautgewebes  ist  ohne  Be- 
deutung. Li  allen  schweren  Fällen  war  bereits  nach  4 — 5  Tagen 
erhebliche  Besserung  vorhanden.  Die  Behandlung  muss  in  allmäh- 
lich abgeschwächter  Weise  bis  zum  völligen  Verschwinden  der 
Absonderung  fortgeführt  werden.  Heüung  erfolgt  innerhalb  7  bis 
10  Tagen.  Diese  Behandlung  ist  nach  Verf. 's  Ansicht  ungefährlich 
und  unter  Aufsicht  des  Arztes  von  jeder  Hebamme  oder  geübten 
Wärterin  leicht  auszuftihren. 

Parinaud    (Gonjonctivite    lacrymale   k   pneumocoques 
des  nouveau-nes.    Annal.  d'Ocul.  Bd.  112,  S.  369)  erinnert  an  die 


Augenheilkunde.  419 

Thatsache,    dass  die  Geburtshelfer   und  die  Hebammen  eine  voll-    Gutartige 
kommen  gutartige,  aber  oft  sehr  langdauemde  Bindehautentzündung  x^^.^^.'*^^* 
der  Neugeborenen  kennen ^  die  von  den  Augenärzten  weit  seltener        Neu- 
beobachtet  wird.     Wenn  dies  der  Fall  ist,  wird  die  Ursache  der  geborenen, 
Conjunctivalaffection  meist  in  einer  Obstruction  des  Thränennasen-       ^n^'*  • 
kanals  geftmden.     Diese  Conjunctivitis   tritt  in  den  ersten  Tagen 
nach  der  Geburt  auf  und  äussert  sich  durch  spärliche,   schleimig- 
eitrige Secretion  ohne  Schwellung  der  Lider  und  ohne  Chemosis. 
Die  Conjunctiva  bulbi  ist  zuweilen  leicht  injicirt  und  die  Lidconjimc- 
tiva  wird  bald  sammetartig.    Morgens  sind  die  Augen  meist  verklebt. 
Ein  leichter  chronischer  Schnupfen  gesellt  sich  meist  diesen  Sym- 
ptomen bei.    Die  Affection  heilt  oft  in  8  oder  4  Wochen  imter  dem 
Einfluss    von    Borsäurewaschungen    oder    ohne    jegliche    Therapie. 
Zuweüen  heilt  sie  auf  einem  Auge  und  dauert  auf  dem  anderen 
Auge   fort.     In   diesem   FaUe   findet  man   den  Thränennasenkanal 
verstopft. 

Die  bacteriologische  Untersuchung  .hat  gezeigt,  dass  man  in 
allen  diesen  Fällen  den  Pneumococcus  im  Conjunctivalsecret  findet, 
sei  es,  dass  man  dasselbe  direct  untersuche  oder  mit  demselben 
Culturen  anlege.  Der  Gonococcus  und  der  Week'sche  Bacülus  sind 
dagegen  nie  gefanden  worden.  Die  Verstopfung  des  Nasenkanals 
ist  wahrscheinlich  secundär,  sei  es,  dass  sie  in  der  Nase  ihren 
Ursprung  nehme,  sei  es,  was  weniger  wahrscheinlich,  <^ass  die  Ent- 
zündung sich  von  der  Conjunctiva  auf  die  Thränenwege  fortpflanze. 

Peters  (Zur  Behandlung  der  Bindehautkatarrhe.  Zehender's  Behandlung 
klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  83,  S.  370)  empfiehlt  bei  Binde-  .  ^^/^f^^.^j^ 
hautkatarrhen  in  Verbindung  mit  Hautekzem,  bei  chronischen  Ka-       peters 
tarrhen   ohne   letzteres,    sowie   der   sog.  Blepharitis   angularis   das 
Einstreichen  einer  Salbe,  die  aus  0,2 — 0,6  Ichthyol,  ammon.,  0,B  Amyl. 
tritic,  ebenso  viel  Zinc.  und  VaseL  Amer.  2,5  besteht,  in  den  Con- 
jimctivalsack. 

In   acht  FäUen  von  Conjunctivitis  crouposa  konnte  Schirmer  Diphtherie 
(Zum  klinischen  Bild  der  Diphtheriebacillen-Conjunctivitis.         **®^ 
v.  Graefe's  Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  40,  H.  B,  S.  160)  den  Zusammen-  und  Serum- 
hang mit  Diphtherie  nachweisen  und  fast  überall  den  Löffler'schen    therapie, 
Bacillus  finden.    Er  ist  der  Ansicht,  dass  die  Conjunctivitis  crouposa     Schirmer. 
durch  diesen  Bacillus  erzeugt  wird. 

Die  bacteriologische  Untersuchung  hat  das  so  lang  gesuchte 
licht    auf    die    pseudomembranösen    Affectionen    der    Conjimctiva 


420 


Horstmann. 


Moraz, 


Coppez, 


geworfen.     Vom  Standpunkt  der  bacteriologischen  Eintheilung  aus 

Diphtherie  wirft  Morax   (La   conjonctivite    dipht^rique,    son   traitement 

r.     /^'x.      par  le   s^rum   antitoxique.    Annal.  d'Ocul.  Bd.  113,    S.  238)    einen 

Oonjunctiva  *^  ^  .  '  ^ 

undSerum-  E.ückblick  auf  die  früheren  Glassificationsversuche  und  zeigt,  dass 
therapie,  es  unerlässlich  ist,  mit  den  von  der  Oonjunctiva  erhaltenen  Culturen 
Thierimpfungen  vorzunehmen,  um  den  Pseudodiphtheriebacülus  von 
dem  wahren  Diphtheriebacillus  zu  unterscheiden.  Unter  Anwendung 
dieser  Yorsichtsmaassregehi  hat  er  entgegen  Uhthoff  und  Fränkel 
den  Diphtheriebacillus  nie  auf  der  gesunden  Oonjunctiva  nachweisen 
können  und  ebenso  wenig  bei  anderen  Affectionen  der  Oonjunctiva 
als  der  pseudomembranösen  Oonjunctivitis.  Vier  Krankengeschichten 
geben  interessante  klinische,  ätiologische  und  bacteriologische  That- 
sachen  über  die  pseudomembranösen  Oonjunctivalaffectionen.  Bei 
wahrer  diphtheritischer  Oonjunctivitis  erhält  man  durch  die  Serom- 
therapie  überraschende  Besultate, 

Ooppez  (Un  cas  de  dipht^rie  oculaire  gu6ri  par  la  s^ro- 
th6rapie.  Annal.  d'OcuL  Bd.  112,  S.  341)  schreibt  den  Ein- 
spritzungen von  Behring'schem  Heilserum  einen  günstigen  Einfluss 
zu  auf  die  Oonjunctivitis  diphtheritica«  Bei  einem  einjährigen  Mäd- 
chen war  die  locale  Anwendung  von  Oleum  cadinum  ohne  Einfluss 
geblieben  auf  eine  diphtheritische  Oonjunctivitis  mit  fest  anhaftenden 
Membranen.  Eine  einzige  Einspritzung  brachte  schnelle  Besserung 
und  baldige  Auflösung  des  diphtheritischen  Exsudates.  Die  bacterio- 
logische Untersuchung  ergab  reichliche  DiphtheriebaciUen  und  spär- 
liche Streptokokken. 

In  dem  Fall  von  Hoppe  (Ein  Fall  von  Augen-  und  £.achen- 
diphtherie,  behandelt  mit  Behring's  Heilserum.  Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  12)  -handelte  es  sich  um  einen  2jährigen 
Jungen,  der  an  Buchen-  und  Augendiphtherie  litt.  Die  Oomea  war 
getrübt.  Nach  Injection  des  Behring'schen  Heüserums  schwanden 
die  diphtheritischen  Erscheinungen,  auch  die  Hornhaut  hellte  sich 
allmählich  wieder  auf. 

Königshöfer  (Ein  Fall  von  Diphtheritis  der  Oonjunc- 
tiva, behandelt  mit  Behring's  Heilserum.  Oorrespodenzbl.  d. 
württemb.  ärztl.  Landesvereins  Nr.  13)  beobachtete  bei  einem  2jäh- 
rigen  Kinde  Diphtherie  der  Oonjunctiva  an  beiden  Augen  mit  rechts- 
seitiger schwacher  Ulceration  der  Oomea.  Es  wurde  zweimal  das 
Behring'sche  Serum  injicirt.  2  Tage  nach  der  zweiten  Injection 
begann  die  Heilung. 

Bei   einem  1^2 jährigen  Knaben  trat  Diphtheritis   conjunctivae 
Recken,       beiderseits  mit  rechtsseitigem  Ulcus  corneae  auf.     Recken  (Beh- 


Hoppe, 


Königshöfer, 


Augenheilkunde.  415 

eine  gleichzeitige  Höhenablenkung  verschwinden  zu  lassen,  lässt  sich 
die  Begel  ableiten,  dass  bei  gleichzeitiger  Höhenablenkung  stets  die 
Seitenablenkung  zunächst  beseitigt  werden  muss.  Bleibt  aber  dann 
noch  eine  Höhenablenkung  bestehen,  so  muss  sie  ebenfalls  operativ 
in  Angriff  genommen  werden.  —  Entsteht  Schielen  m  einem  Lebens- 
alter, in  welchem  normales  binoculares  Einfachsehen  bereits  zur 
Grewohnheit  geworden  ist,  so  sind  meistens  Doppelbilder  nachzuweisen, 
rmd  die  Schieloperation  ergibt  dann  normale  binoculare  Verschmel- 
zung. Bei  weitem  in  den  meisten  Fällen  entsteht  aber  Schielen 
in  einem  Lebensalter,  in  welchem  das  normale  binoculare  Einfach- 
sehen noch  nicht  in  den  festen  Bestand  der  physiologischen  Ge- 
wohnheiten übergegangen  ist,  und  wenn  dann  auch  die  Schielope- 
ration eine  Stellung  schafft,  welche  normale  binoculare  Yerschmelzrmg 
ermöglicht,  wird  doch  ein  normales  binoculares  Einfachsehen  nicht 
mehr  erlernt. 

Melville  (A  new  method  of  tying  the  sutures  in  ad-  Meiville, 
vancement  of  the  ocular  muscles.  Arch.  of  Ophthalm.  Bd.  24, 
S.  375)  verfahrt  bei  der  Vorlagerung  folgendermassen :  Nach  Ein- 
fadelung  werden  die  Enden  des  Fadens  zusammengeknüpft,  so  dass 
der  Faden  eine  grosse  Schlinge  bildet.  Nun  sticht  man  dicht  an 
der  Cornea  durch  Conjunctiva  und  die  oberste  Schicht  der  Sclera 
ein  und  aus,  parallel  dem  Verlauf  des  Muskels^  zieht  den  Faden 
halb  durch  und  führt  dann  rückwärts  die  Nadel  durch  die  Faden- 
schlinge am  Ende.  Wird  jetzt  angezogen,  so  ist  das  umstochene 
Stück  Conjunctiva  und  Sclera  sehr  fest  gefasst.  Oberhalb  und  unter- 
halb des  Muskels  wird  ein  solcher  Faden  eingelegt.  Li  gewohnter 
Weise  wird  nun  der  Muskel  frei  präparirt  und  durchschnitten.  Die 
Nadeln  werden  nun  nach  rückwärts  in  den  Muskel  eingestochen,  in 
einer  Entfernung  entsprechend  dem  Grad  des  Schielens,  und  schliess- 
lich werden  die  beiden  Fäden  von  oben  [nach  unten  mit  einander 
geknotet. 

Pergus  (An  Operation  for  the  advancements  of  a  rectus  Fergus. 
muscle.  Ophthalm.  Rev.  Bd.  14,  S.  163)  legt  zwei  Einschnitte 
parallel  zu  dem  Rand  des  Muskels  und  zieht  zwei  Suturen  durch 
Muskel  und  Conjunctiva  nahe  am  Canthus  in  der  gewöhnlichen 
Weise.  Diese  werden  nun  über  Muskel  und  Conjunctiva  festgeschnürt 
imd  die  letztere  dann  durch  den  Schnitt  durch  den  Muskel  mit 
durchtrennt.  Die  Nähte  werden  nun  nach  vom  durch  den  sehnigen 
Ansatz  des  Muskels  und  dann  durch  die  Conjunctiva  nach  oben  und 
imten  von  Cornea  durchgezogen  und  angezogen. 


414  Horstmann. 

Staphyloma  posticum.     Der   Glaube,   dass   die  Myopie   der  Schulkinde 
poBtionm    Entwickelung  eines  Staphyloma  posticum  entstehe,  dass  j 
Schnabel  n. '  Bjrtige  Myopie  im  Stande  sei,  einen  hohen  Grad  zu  erreichen 
Hermheiser.    Existenz  des  Auges  zu  bedrohen,  ist  ein  falscher,  ebenso 
Lehre  vom  myopischen  Process,  der  Sclerochorioiditis,  der 
der  Myopen  und  dem  Accommodationskrampf.    Die  Entstel 
Staphyloma  posticum  kann  nicht  verhütet  werden,  ebenso  * 
Uebergang  der  Schulmyopie  in   die  hochgradige  Myopie, 
auch  gar  nicht  stattfindet.     Nur  dann  wäre    die  Schulm^ 
wirkliches  Uebel,    wenn  sie  zu   den  hohen  Graden   herai 
könnte.    Doch  das  Auge,  das  in  der  Schule  myopisch  wirc 
kein  Staphyloma  posticum  und  kann  es  nicht  erwerben. 


4,  Anomalieeii  der  Mnskeln  nnd  Nenren, 

Schiel-  Nach  den  Erfahrungen  von  Schweigger  (Die  Erf 

sohw^"  OT*    Schieloperation.    ArcHv  f.  Augenheilk.  Bd.  29,    S.  16 
convergirendem  Schielen  mit  normalem  Binocularsehen  der 
Erfolg  der  Tenotomie  am  schielenden  Auge  in  der  Me? 
Fälle  nicht  genügend.  Bei  periodischem  Schielen  ohne  D 
empfiehlt  es  sich  zunächst,  die  einfache  Tenotomie  auszuft 
nicht  genügender  Erfolg  kann  durch  die  Operation  am  anc 
vervollständigt  werden.     Für  die  einfache  Tenotomie  dt 
am  abgelenkten  Auge  bei  permanentem  Schielen  eignei 
die  Fälle,  in  welchen   die  durchschnittliche  Ablenkung 
als  etwa  4  mm  beträgt.     Bei  grösserer  Ablenkung  mu> 
nähung  des  Antagonisten  mit  ausgeführt  werden.  Durch 
seitige  Tenotomie  der  Intemi  kann  man  eine  Ablenkung 
welche  etwa  6  mm  beträgt.     Ist  der  Erfolg  ein  zu  gerix 
die  Verlagerung  am  Platze.   Ein  Erfolg  der  Tenotomie  d 
kann  nur  in  den  Fällen  von  Divergenz  beobachtet  werde 
normales  binoculares  Einfachsehen  besteht,  besonders  also 
dischen  divergirenden  Schielen.  In  denjenigen  Fällen  von 
der  Intemi,  wo  ohne  divergirendes  Schielen  eine  man 
nervation  zur  Convergenz  vorhanden  ist,    genügt,  wer 
vergenzinnervation  nur  verringert,   aber  nicht  voUstän«'" 
ist,  die  Verwendung  prismatischer  Brillen.     Diejenigen  ' 
in  welchen  gleichzeitig  divergirendes  Schielen  vorhanden  i 
operative  Abhülfe.  —  Aus  der  Thatsache,  dass  die  Bes 
convergirenden   oder  divergirenden  Schielens  häufig  g 


io^afaeöbsde. 


4; 


üefieg^  aiieEL  sis  kl  g]flirhieiriggr^'~ 
Seiteabta^car  sDidist  beBÖogt  vcrda 
ii«k  eme  EfiAoifaileBkimg  besteheiL  sc*  m 

ilte.  is  YEldteDl  nnrmali»«  bboOllin^ 

^  &  SdaekpeEi&Qii  e^ 

zi3i|.  Ba  TSBm  in  den  mostEL  Tüwr 
in  ss£&  L^K&nher,  is  weldum  äai» 
ieko  codi  idclit  in  den  fenoi 
T(Mätai  übergegangen  ist.  m 

Scan  eine  Stdbmg  sclaffi,  weicfc : .^.         •,„•...._ 

ixö^t,  irird  doch  ein  mmasf  hsur^-^  1^  ^ 

MeUille  lA  new  aeäuc  c  to-  -j     - 
"ä:cement  of  the  ocnlar  mnsck»  ^^i  -  — -. 
>  roi  verfahrt  bei  der  Todagmmr  lumurmüT^  ^  ' 
iitinng  werden  die  Enden  de^  Jido«  -  |„,  ''*    ^ 

•jt'Fiden  eine  grosee  Sddinge  oiiaa  Xr  k.s  /  "* 
•t:  Cornea  durch  Conjmcöva  imd  in  ,.«^1.  ,1/*  *"  ' 
J=5ndaiig,paraneldeaT(riarfteS,j^  .       '  ^"^ 

^'vdMnndfitodaimriBiwKÄc^V^  ^   *   "'* 
;^%amEnde.   Wirf  jete  a,ga«i  \  /"^  '   -'^ 

^nck  C<mianctiva  und  Sdera  aehr  fe  ft 

;*;^  ^ö  Huskeb  wirf  em  soWiBr  Fioa 
•^ese  wirf  nnn  der  Mngkd  6q  pij^ 

'^^ieln  werfen  nnn  nach  mküm  ii  i^^ 

SisEatfemnng  entep^echelKldeIllGIKs- 
^^^  ^«den  die  beiden  Fäden  von  obtt 

^"gus  (An  Operation  for  the  ..^. 

:^^  n  dem  Band  des  Mni  1  ®*  ''^^  *•  ta-^ 
^^^  ^  cJTl  ^^'^  ^*  lieb  r^  J^*==^ 
J^'  ^  UqnnctiTa  nahe  am  P^u  .       ''^ft  :&• 


^  «^ 


^e 

X 


..     —  <^»'9«>K»na  nahe  Mn  p^L  .  " -^«s*  *. 


käKz 


««^K^^ihte  werfen  l.r'*^^»^ 


417 

Idie  Zeit  nicht  für 
3  conservative  Be- 
3,  selbst  wenn  der 
ackes.  5.  Bei  Ob- 
ymalis,   wenn  jede 


L  der  Thränenwege, 

int  mit  zunehmen- 

ränenpunkten    und 

ie   bei   ekzematöser 

It  Hegg  (Die  Ex-  Behandlung 

iiträufeln.     Corre-     «,,5jf«.n 

Tnranen- 
tirpation  der  palpe-    träufelns, 

Hegg. 


le    Forbite.     Arch.  Geschwülste 

der  Orbita, 


'M^ 


viele  für  "Lymphome, 
•n  der  Orbita  durch 
"ch  Toxine  erzeugten 
on  aufzufassen  seien, 
ber  nicht  die  einzige, 
iie  und  fremde,   zum 
ikungen  liegende  Be- 
seien.   Beiderseitiger 
m  bedingt,  bei  einem 
•3  durch  Arsenik  voU- 
u  erkrankte,  nachdem 
Nasenhöhle    entfernt 
verursacht  durch  eine 
war  ebenso  wenig  wie 
^  durch  Arsenik.    Eine 
chen  bei  einem  15jäh- 
le  Mittel.  —  Bei  einem 
ist  also  zunächst  eine 
>d,  Arsenik   oder  den 
PS  der  Infection:  Nase 
^cteriologische  Bestim- 
!)iagnose  und  Therapie. 

'kommt  erst  in  zweiter 
I 

27 


Panas. 


424 


HorstmanxL 


Inter- 
stitielle 
Keratitis 

bei 
Syphilis, 
Tronsseaa, 


Bosse. 


achtungen  sucht  Trousseau  (LaK^ratite  interstitielle  dans 
la  Syphilis  acquise.  Annal.  d'Ocnl.  Bd.  114,  8.  206)  das  kli- 
nische Bild  der  interstitiellen  Homhautentzün(king  bei  acquirirter 
Syphilis  festzustellen.  Diese  Erkrankung  befallt  die  Frauen  häufiger 
als  die  Männer  und  fast  immer  einseitig.  Unter  den  11  eigenen 
PäUen  Trousseau' s  finden  sich  8  Frauen  und  3  Männer;  9  der 
11  Fälle  waren  einseitig.  Die  Becidive  sind  selten,  im  Gegensatz 
zu  der  interstitiellen  Keratitis  der  hereditären  Syphilis.  Die  Hom- 
hautaffection  erscheint  fast  immer  nach  dem  Ende  des  1.  Jahres, 
von  der  Infection  an  gerechnet,  und  vor  dem  Anfang  des  3.  Jahres. 
In  je  2  Fällen  war  dieselbe  von  Syphiliden  der  Bindehaut  und  der 
Lider  begleitet.  Die  Kranken  zeigten  keine  besonders  ausgesprochene 
Kachexie.  Der  Beginn  und  die  Fortschritte  der  Hornhauttrübung 
sind  schwankend,  die  Vascularisation  ist  weniger  vollständig  als  die 
bei  hereditärer  Syphilis  beobachtete,  die  Heilung  meist  eine  voll- 
ständige und  rasche,  unter  dem  Einfluss  der  Quecksilberbehand- 
lung. 

Bosse  (Ueber  die  interstitielle  Keratitis  hereditär- 
luetischer Natur  und  ihren  Zusammenhang  mit  Gelenkaffec- 
tionen.  Inaug.-Diss.  Berlin)  macht  auf  den  Zusammenhang  der  inter- 
stitiellen Keratitis  mit  hereditär  -  luetischen  Gelenkaffectionen  auf- 
merksam. Letztere  befallen  in  weitaus  grösster  Zahl  der  Fälle  das 
Kniegelenk.  Das  in  d7°/o  constatirte  Zusammenfallen  beider  Er- 
krankungen kann  durch  übereinstimmenden  anatomischen  Bau  der 
Gelenkknorpel  und  der  Hornhaut  erklärt  werden.  Die  Ernährung 
dieser  beiden  Theile  wird  nicht  direct  von  den  Blutgefässen  besorgt, 
sondern  nur  von  der  Gewebsflüssigkeit ,  die  sich  in  den  von  Binde- 
gewebszeUen  nicht  vollständig  ausgefüllten  Safblücken  der  Gewebe 
befindet,  die  ihrerseits  wieder  mit  Blut-  und  Lymphzellen  zusammen- 
hängen. 


fugax, 
Fnchs. 


Episcleritis  Bei  der  Episcleritis  periodica  fugax  besteht  nach  Fuchs  (Ueber 

^VL*??i*^**  Episcleritis  periodica  fugax.  Wiener  klin.  Wochenschr. 
Nr.  35)  eine  heftige  Entzündung  der  Conjunctiva  bulbi,  besonders 
aber  des  darunter  liegenden  episcleralen  Gewebes.  Secretion  ist 
nicht  vorhanden,  auch  tritt  keine  Knotenbildung  in  der  Sclera  auf, 
vielmehr  schwindet  die  Affection  ohne  Spuren  zu  hinterlassen  nach 
wenigen  Tagen,  um  aber  in  ziemlich  regelmässigen  Zwischenräumen; 
welche  von  einigen  Wochen  bis  zu  einigen  Monaten  variiren,  wieder 
aufzutreten.  Die  Dauer  des  Leidens  beträgt  in  der  Regel  mehrere 
Jahre.    Die  Therapie  ist  in  den  meisten  FäUen  machtlos.    Am  häufig- 


Augenheilkunde.  417 

Sackes  auf:  1.  Bei  Operationen  am  Bulbus,  wenn  die  Zeit  nicht  für 
eine  andere  Behandlung  ausreicht.  2.  Wenn  die  conservative  Be- 
handlung nicht  hilft.  3.  Bei  Ektasie  des  Sackes,  selbst  wenn  der 
Kanal  permeabel  ist.  4.  Bei  Tuberculose  des  Sackes.  5.  Bei  Ob- 
Hteration  des  Kanals.  6.  Bei  Fistula  sacci  Iacr3nnali3,  wenn  jede 
andere  Behandlung  misslingt. 

Bei  einfachem  Thränenträufeln  ohne  Infection  der  Thränenwege, 
bei  denen  eine  Uebersecretion  von  Thränen  vereint  mit  zunehmen- 
der Functionsunfahigkeit  von  Orbicularis,  Thränenpunkten  und 
Thränensack  die  ganze  Krankheit  bildet,  sowie  bei  ekzematöser 
Keratitis  mit  sehr  starkem  Thränenfluss  empfiehlt  Hegg  (Die  Ex-  Behandlung 
stirpation  der  Thränendrüse  bei  Thränenträufeln.     Corre-     „,  ^.?® 

/%    ri  \  Thranen- 

spondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  22)  die  Exstirpation  der  palpe-    t  rauf  eins, 
bralen  Thränendrüse  nach  Wecker.  Hegg. 

Panas  (Des   pseudoplasmes  malins  de  Torbite.     Arch.  Geschwülste 
d'Ophtahn.  Bd.  15,  Nr.  9)  ist  der  Ansicht,  dass  viele  für  Lymphome,    ^^^n^g'**' 
Sarkome  und  Syphilome  gehaltene  Neubildungen  der  Orbita  durch 
Mikroorganismen  oder  auf  dem  Boden  einer  durch  Toxine  erzeugten 
D3rskrasie  entstanden  und  als  infectiöse  Tumoren  aufzufassen  seien. 
Die  Syphilis  ist  wohl  eine  dieser  Dyskrasieen,  aber  nicht  die  einzige. 
Panas  stützt  diese  Ansicht  auf  mehrere  eigene  und  fremde,   zum 
Theil  ausserhalb  des  Gebietes  der  Augenerkrankungen  liegende  Be- 
obachtungen, von  denen  folgende  kurz  erwähnt  seien.    Beiderseitiger 
Exophthalmus,  anscheinend  durch  Orbitalsarkom  bedingt,  bei  einem 
ozanakranken ,   nicht  syphilitischen  Mann  heilte  durch  Arsenik  voll- 
Btändig.  —  Eine  junge  nicht  syphilitische  Erau  erkrankte,  nachdem 
ihr    „sarkomatöse^^    Polypen    aus    der    linken   Nasenhöhle    entfernt 
worden  waren,  an  linksseitigem  Exophthalmus,  verursacht  durch  eine 
Zellgewebsinduration  der  Orbita.  Dieser  Tumor  war  ebenso  wenig  wie 
die  Polypen  sarkomatös.    Erhebliche  Besserung  durch  Arsenik.    Eine 
symmetrische  Geschwulst  beider  Oberkieferknochen  bei  einem  15jäh- 
rigen  Knaben  heilte  ebenfalls  durch  das  gleiche  Mittel.  —  Bei  einem 
anscheinend  sarkomatösen  Tumor  der  Orbita  ist  also   zunächst  eine 
allgemeine  Behandlung   zu  versuchen   mit  Jod,   Arsenik   oder   den 
Toxinen.    Das  Aufsuchen  des  Ausgangspunktes  der  Infection:  Nase 
mit  Nebenhöhlen  und  Pharynx,   sowie  die  bacteriologische  Bestim- 
mung der  Toxine  geben  einen  Fingerzeig  für  Diagnose  und  Therapie. 
Die  Chirurgie,  welche  hier  oft  erfolglos  ist,  kommt  erst  in  zweiter 

Linie. 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    189&  27 


414  Horstmaim. 

Staphyioma  posticum.     Der   Glaube,   dass   die  Myopie   der  Schulkinder   durch 

postionm    Entwickelung  eines  Staphyioma  posticum  entstehe,  dass  jede  der- 

Schnabei  n. '  BTÜge  Myopie  im  Stande  sei,  einen  hohen  Gbrad  zu  erreichen  und  die 

Hermheiser.    Existenz  des  Auges  zu  bedrohen,  ist  ein  falscher,  ebenso  auch  die 

Lehre  vom  myopischen  Process,  der  Sclerochorioiditis,  der  Neuritis 

der  Myopen  und  dem  Accommodationskrampf.    Die  Entstehung  des 

Staphyioma  posticum  kann  nicht  verhütet  werden,  ebenso  nicht  der 

Uebergang  der  Schulmyopie  in   die  hochgradige  Myopie,  weü  sie 

auch  gar  nicht  stattfindet.     Nur  dann  wäre    die  Schulmyopie   ein 

wirkliches  XJebel,    wenn  sie  zu   den  hohen  Graden    heranwachsen 

könnte.    Doch  das  Auge,  das  in  der  Schule  myopisch  wird,  erwirbt 

kein  Staphyioma  posticum  und  kann  es  nicht  erwerben. 


4,  Anomalieen  der  Muskeln  und  Nenren« 

Schiel-  Nach  den  Erfahrungen  von  Schweigger  (Die  Erfolge   der 

Schw^^OT*  Schieloperation.  Archiv  f.  Augenheilk.  Bd.  29,  S.  16B)  ist  bei 
convergirendem  Schielen  mit  normalem  Binocularsehen  der  endgültige 
Erfolg  der  Tenotomie  am  schielenden  Auge  in  der  Mehrzahl  der 
EäUe  nicht  genügend.  Bei  periodischem  Schielen  ohne  Doppelsehen 
empfiehlt  es  sich  zunächst,  die  einfache  Tenotomie  auszuführen.  Ein 
nicht  genügender  Erfolg  kann  durch  die  Operation  am  anderen  Auge 
vervollständigt  werden.  Für  die  einfache  Tenotomie  des  Internus 
am  abgelenkten  Auge  bei  permanentem  Schielen  eignen  sich  nur 
die  EäUe,  in  welchen  die  durchschnittliche  Ablenkung  nicht  mehr 
als  etwa  4  mm  beträgt.  Bei  grösserer  Ablenkimg  muss  die  Yer- 
nähung  des  Antagonisten  mit  aufgeführt  werden.  Durch  eine  beider- 
seitige Tenotomie  der  Intemi  kann  man  eine  Ablenkung  ausgleichen, 
welche  etwa  5  mm  beträgt.  Ist  der  Erfolg  ein  zu  geringer,  so  ist 
die  Verlagerung  am  Platze.  Ein  Erfolg  der  Tenotomie  des  Extemus 
kann  nur  in  den  FäUen  von  Divergenz  beobachtet  werden,  wo  noch 
normales  binoculares  Einfachsehen  besteht,  besonders  also  beim  perio- 
dischen divergirenden  Schielen.  In  denjenigen  FäUen  von  Insu£6cienz 
der  Intemi,  wo  ohne  divergirendes  Schielen  eine  mangelhafibe  In- 
nervation zur  Convergenz  vorhanden  ist,  genügt,  wenn  die  Con- 
vergenzinnervation  nur  verringert,  aber  nicht  vollständig  verloren 
ist,  die  Verwendung  prismatischer  Brillen.  Diejenigen  Fälle  aber, 
in  welchen  gleichzeitig  divergirendes  Schielen  vorhanden  ist,  erfordern 
operative  Abhülfe.  —  Aus  der  Thatsache,  dass  die  Beseitigung  des 
convergirenden   oder  divergirenden  Schielens  häufig  genügt,    auch 


Augenheilkunde.  415 

eine  gleichzeitige  Höhenablenkniig  verschwinden  zu  lassen,  lässt  sich 
die  Kegel  ableiten,  dass  bei  gleichzeitiger  Höhenablenkung  stets  die 
Seitenablenkung  zunächst  beseitigt  werden  muss.  Bleibt  aber  dann 
noch  eine  Höhenablenkung  bestehen,  so  muss  sie  ebenfalls  operativ 
in  Angriff  genommen  werden.  —  Entsteht  Schielen  in  einem  Lebens- 
alter, in  welchem  normales  binoculares  Einfachsehen  bereits  zur 
Gewohnheit  geworden  ist,  so  sind  meistens  Doppelbilder  nachzuweisen, 
und  die  Schieloperation  ergibt  dann  normale  binoculare  Verschmeiß 
znng.  Bei  weitem  in  den  meisten  Pällen  entsteht  aber  Schielen 
in  einem  Lebensalter,  in  welchem  das  normale  binoculare  Einfach- 
sehen noch  nicht  in  den  festen  Bestand  der  physiologischen  Ge- 
wohnheiten übergegangen  ist,  und  wenn  dann  auch  die  Schielope- 
ration eine  Stellung  schafft,  welche  normale  binoculare  Verschmelzung 
ermöglicht,  wird  doch  ein  normales  binoculares  Einfachsehen  nicht 
mehr  erlernt. 

Melville  (A  new  method  of  tying  the  sutures  in  ad-  Melvüle, 
vancement  of  the  ocular  muscles.  Arch.  of  Ophthalm.  Bd.  24, 
S.  375)  verfahrt  bei  der  Vorlagerung  f olgendermassen :  Nach  Ein- 
fadelung  werden  die  Enden  des  Fadens  zusammengeknüpft,  so  dass 
der  Faden  eine  grosse  Schlinge  bildet.  Nun  sticht  man  dicht  an 
der  Cornea  durch  Conjunctiva  und  die  oberste  Schicht  der  Sclera 
ein  und  aus,  parallel  dem  Verlauf  des  Muskels\  zieht  den  Faden 
halb  durch  und  führt  dann  rückwärts  die  Nadel  durch  die  Faden- 
schlinge am  Ende.  Wird  jetzt  angezogen,  so  ist  das  umstochene 
Stück  Conjunctiva  und  Sclera  sehr  fest  gefasst.  Oberhalb  und  unter- 
halb des  Muskels  wird  ein  solcher  Faden  eingelegt.  Li  gewohnter 
Weise  wird  nun  der  Muskel  frei  präparirt  und  durchschnitten.  Die 
Nadeln  werden  nun  nach  rückwärts  in  den  Muskel  eingestochen,  in 
einer  Entfernung  entsprechend  dem  Grad  des  Schielens,  und  schliess- 
lich werden  die  beiden  Fäden  von  oben  [nach  unten  mit  einander 
geknotet. 

Fergus  (An  Operation  for  the  advancements  of  a  rectus  Fergus. 
muscle.  Ophthalm.  Rev.  Bd.  14,  S.  163)  legt  zwei  Einschnitte 
parallel  zu  dem  Band  des  Muskels  und  zieht  zwei  Suturen  durch 
Muskel  und  Conjimctiva  nahe  am  Canthus  in  der  gewöhnlichen 
Weise.  Diese  werden  nun  über  Muskel  und  Conjunctiva  festgeschnürt 
und  die  letztere  dann  durch  den  Schnitt  durch  den  Muskel  mit 
durchtrennt.  Die  Nähte  werden  nun  nach  vom  durch  den  sehnigen 
Ansatz  des  Muskels  und  dann  durch  die  Conjunctiva  nach  oben  und 
unten  von  Cornea  durchgezogen  und  angezogen. 


428  Horstmann. 


10.  Krankheiten  der  Netzhant  nnd  des  SelinerTen« 

Behandlung  Aus  dem  Studium  von  38  Fällen  schliesst  Bull  (Neuere  Er- 

^®'  fahrungen  über  die  Behandlung  der  Netzhautablösung, 
abiösung,  Trans.  Amer.  Ophthabn.  Soc.  1894),  dass  es  noch  immer  keine 
Bnii,  besseren  Mittel  für  die  Behandlung  der  Netzhautablösung  gibt,  als 
die  alten  Methoden,  die  durch  Bettruhe,  Atropin,  Verband  und  inner- 
liche Anwendung  irgend  eines  Mittels  die  Absorption  subretinaler 
Flüssigkeit  herbeiführen.  Zur  letztgenannten  Indication  hält  er  Pilo- 
carpin nicht  für  am  besten,  sondern  zieht  kleine  Dosen  von  Natron 
bicarbonicum  und  Kali  jodatum  vor.  Die  Function  kann  uns  vorüber- 
gehende Erleichterung  verschaffen,  und  Trennung  von  Trübungen 
und  Glaskörper  darf  man  nur  dann  machen,  wenn  sie  nicht  vasculär 
sind.     Er  verurtheilt  Schöler's  Methode  gänzlich. 

Deutflchmann,  Deutschmann  (Ueber  ein  neues  Heilverfahren   bei 

Netzhautablösung.  Beiträge  z.  Augenheilk.  Bd.  20,  S.  1),  ein 
Anhänger  der  Leber'schen  Ansicht,  dass  die  Netzhautablösung  durch 
einen  Zug  von  Seiten  des  schrumpfenden  Glaskörpers  hervorgerufen 
werde,  durchschneidet  mit  einem  zweischneidigen  Linearmesser  die 
Sclera,  Chorioidea  und  Eetina  zunächst  an  der  Stelle  der  Ablösung, 
schiebt  das  Messer  quer  durch  den  Glaskörper  vor,  bis  es  auf  der 
anderen  Seite  an  die  Bulbuswand  anstösst,  und  zieht  es  dann  mit 
ganz  vorsichtig  im  Glaskörper  nach  beiden  Seiten  hin  leicht  schnei- 
dender Bewegung  wieder  durch  die  Eingangsöffnung  zurück.  Hier- 
durch wird  das  subretinale  Exsudat  entleert,  die  Netzhaut  an  ver- 
schiedenen Stellen  eingeschnitten,  etwaige  Glaskörperstränge,  die 
die  Netzhaut  halten,  durchtrennt  und  auch  die  präretinale  Flüssig- 
keit abgelassen.  Auf  diese  Weise  wird  es  ermöglicht,  dass  sich  die 
Netzhaut  wieder  an  die  Aderhaut  anlegt ;  die  Blutung  hält  die  letztere 
mit  ersterer  verklebt.  Die  Operation  wird  öfters  wiederholt,  bis  der 
gewünschte  Erfolg  eingetreten  ist.  Ausserdem  injicirte  Deutsch- 
mann bei  sehr  schweren  Fällen  Kaninchen  entnommenen  Glas- 
körper, der  mit  sterilisirter  '/^^/oiger  Chlomatriumlösung  verdünnt 
ist,  in  den  präretinalen  Baum;  danach  trat  wiederholt  dauernde 
Wiederanlegung  der  Netzhautablösimg  ein. 
Tenon.  Terson   (Quelques   consid6rations   sur  l'application  de  1*6 lec- 

trolyse  k  douze  cas  de  d^collement  de  lar^tine.  Annales 
d'Ocul.  Bd.  114,  S.  22)  wendet  die  monopolare,  positive  Elektrolyse 
vermittelst  einer  feinen  Nadel  aus  Iridiumplatin  bei  fiischer  Netz- 
hautablösung an.  Die  Stromstärke  ist  5  Milliamperes,  die  Dauer  der 
Sitzung   eine  Minute.     Die  Einstichöffiiung   einer  feinen,   mit  dem 


Augenheilkunde.  429 

positiven  Pol  in  Verbindung  stehenden  Nadel  schliesst  sich  leicht, 
im  (regensatz  zu  der  von  der  negativen  Nadel  hervorgebrachten 
OefBiung.  Die  negative  und  die  bipolare  Elektrolyse  sind  daher  zu 
verwerfen.  Bei  einer  8  Tage  alten  Netzhantablösung  wurde  eine 
vollkommene  Heilung  erhalten,  mit  einer  später  (nach  9  Monaten) 
auftretenden  Hemeralopie.  In  acht  Fällen,  die  2 — 8  Wochen  alt 
waren,  wurde  dreimal  eine  vorübergehende,  für  einmal  eine  dauernde 
Verbesserung  des  Sehvermögens  erzielt.  Mit  Ausnahme  von  zwei 
Fällen  der  letzteren  Kategorie  (je  zwei  Sitzungen)  war  die  Elektro- 
lyse in  jedem  Pall  nur  einmal  angewendet  worden.  Im  ganzen  sind 
17  Fälle  behandelt  worden. 

Hirschberg   (lieber  Netzhautentzündung  bei  ange-    Xetzhant- 
borener  Lues.     Deutsche   med.   Wochenschr.  Nr.  26  u.  27)   gibt  «>»*2*»d"ng 
eine  ausführliche  Beschreibung   der  von  ihm,   und  zwar  meist  bei  con  gen  italer 
Kindern  von  5 — 18  Monaten  bei  angeborener  Lues  beobachteten  Ent-     Syphilis, 
Zündungsvorgänge   der  Netzhaut.     In  frischen  Fällen  fand   er  Seh-  ^ 

nerveneintritt  und  Umgebung  getrübt,  namentlich  aber  helle  Stipp- 
chen in  der  Retina^  die  sich  später  zum  Theil  pigmentirten,  femer 
donkelgraue  Färbung  in  der  Netzhautmitte,  sowie  in  der  Peripherie 
helle  rosafarbene,  später  weisse,  scheckige  oder  dunkle  Heerde.  Zu- 
weilen fand  sich  auch  die  areolare  Form.  Häufiger  als  diese  frischen 
Veränderungen  fand  er  bei  Schulkindern  ältere  abgelaufene,  und 
zwar  meist  mit  diffuser  Hornhautentzündung  verbunden.  Der  letz- 
teren war  die  Netzhautentzündung  meist  voraufgegangen.  Nach  Ab- 
lauf der  Hornhautentzündung  konnte  er  regelmässig  Veränderungen 
durch  Netz-  und  Aderhautentzündung  nachweisen.  Die  Quecksilber- 
behandlung erzielte  in  frischen  Fällen  erhebliche  Besserung, 

11,  Augenerkrankviigreii  Im  ZosamMenluiBir  mit  sositfgreii 

KSrperkrankkelteB« 

Hertel  (Beziehungen  der  Akromegalie  zu  Angenerkran- Akrom^^fcalM 
kungen.    v.  Graefe's  Archiv  f.  Ophthalm.  Bd,  41,  H.  1,  S.  187;  fand  ""^  ^ö«"" 
tmter  174  Fällen  von  Akromegalie  91,  also  53*«  mit  Störungen  de»     knn^^n, 
Sehorgans  complicirt.   Einzelne  Affectionen,  wie  Conjunctivitis*,  (:Jla«-        M*jrt^K 
körpertrübungen   und  Refractionsanomalieen  sind  rein  zufällige  Be- 
fiuide.    Andere  dagegen  stehen  in  unmittelbarer  Beziehung  zu  dem 
Bilde  der  Akromegalie.    Hierher  gehören  eine  abnorme  Verdickung 
der  Lider,  und  zwar  des  Tarsus,  ebenso  wie  der  Haut,  femer  eine 
starke  Prominenz  der  Orbitalränder,  so  dass  die  Bulbi  tief  im  Innern 


430  Horstmann. 

Akr Omegaliedes  Schädels  ruhend  erscheinen.  Ein  anderes  Mal  besteht  dagegen 
undAugen-  Exophthalmus.  Eine  dritte  Gruppe  von  Erscheinungen  wird  durch 
k"nge";  die  an  den  peripherischen  Nerven  vorgefundene  gleichzeitige  Hyp«r- 
Hertei.  plasie  bedingt.  Hierher  zählen  Schmerzen  in  den  Augen,  Supra- 
orbitalneuralgieen ,  vermehrte  Thränenabsonderung,  Hyperplasie  der 
Thränendrüse ,  Nystagmus,  Paresen  im  Gebiet  des  Oculomotorius, 
Aufhebung  der  Gonvergenzbewegung  und  Störungen  in  der  Function 
der  inneren  Oculomotoriusäste.  Der  N.  abducens  war  niemals  be- 
troffen. Die  vierte  Gruppe  umfasst  die  Affectionen  des  optischen 
Apparates.  Die  Schädigungen  werden  eingeleitet  durch  Neuritis  nervi 
optici  mit  Uebergang  in  Atrophie,  femer  durch  Druck  von  der  Um- 
gebung her,  der  schliesslich  zur  Atrophie  fuhrt.  Ursachen  sind 
Knochenverdickungen,  vor  allem  aber  die  bei  der  Akromegalie  oft 
vergrösserte  Hypophysis  cerebri.  Es  entsteht  klinisch  in  letzterem 
Fall  die  ca.  elfmal  publicirte  temporale  Hemiopie.  Fünfinal  wurde 
eine  Stauungspapille  constatirt.  Die  Abnahme  des  Sehvermögens  bis 
zur  Amaurose  gehört  zu  den  subjectiven  Fundamentalsymptomen  der 
Akromegalie. 

Monocnlare  Lagrange  (De  la  Diplopie  monoculaire  chez  les  hy- 

^*P^°J*^®.  ^®*st6riques.  Revue  d'Ophtalm.  Nr.  1)  gibt  uns  eine  ebenso  voll- 
Lagrange.'  ständige,  als  kritisch  gut  ausgearbeitete  Monographie  der  mon- 
ocularen  Diplopie  bei  Hysterischen.  Den  Anlass  zu  dieser  Arbeit  gab 
die  persönliche  Beobachtung  eines  Falles  hysterischer  monocularer 
Diplopie,  der  sich  durch  die  Details  seiner  Symptome  von  der  Mehr- 
zahl dieser  Fälle  unterscheidet  und  sich  unmöglich  auf  optische 
Weise  erklären  lässt.  Ein  12jähriges  Mädchen  zeigt  ohne  äussere 
Ursache,  nachdem  lancinirende  Kopfschmerzen,  Empfindlichkeit  des 
linken  Auges,  Schlaflosigkeit  vorausgegangen  sind,  plötzlich  eine 
ausgesprochene  permanente  Diplopie  des  rechten  Auges.  Dieses  Auge 
ist  vollkommen  normal,  emmetropisch,  seine  Sehschärfe  ist  aber  auf 
ein  Fünftel  herabgesetzt,  und  es  besteht  die  für  Hysterie  charakte- 
ristische Dyschromatopsie.  Die  Conjunctiva  bulbi  ist  vollkommen 
anästhetisch.  Das  falsche  Bild  steht  höher  als  das  wahre.  Welches 
auch  die  Entfernung  des  Objectes  ist,  die  Entfernung  der  beiden 
Bilder  bleibt  constant  4 — 5  cm.  Die  Affection  heilt  schliesslich  durch 
Suggestion.  Die  hysterische  monoculare  Diplopie  ist  doppelter  Art: 
die  Mehrzahl  der  Fälle  entsteht  auf  optische  Weise.  Durch  unregel- 
mässige Brechung,  meist  infolge  unregelmässigen  Accommodations- 
krampfes,  werden  auf  der  Netzhaut  zwei  oder  mehrere  Bilder  ge- 
formt.   Neben  dieser  „optischen"  oder  „peripherischen"  hysterischen 


Angwtheilknnde«  431 

monocülaren  Diplopie,  die  meistens  eine  Polyopie  ist,  besteht  eine 
centrale  hysterische  Diplopie.  Bei  dieser  ist  der  Brechnngsapparat 
des  Auges  vollkommen  normal  und  die  Diplopie  wahrscheinlich  Folge 
einer  fimction^en  Störung  in  den  Sehcentren.  Für  die  feineren  Unter- 
schiede der  Symptomatologie  beider  Affectionen  verweisen  wir  auf  das 
OnginaL  Die  centrale  hysterische  Diplopie  ist  schon  im  Jahre  1864 
dnrchDachesne  de  Bonlogne  beschrieben nnd erklart  worden  ond 
vor  ihm  (1864)  dnrch  Fallot.  In  neuerer  Zeit  ist  sie  zu  Gunsten 
ilirer  Zwillingsschwester,  der  peripheren  hysterischen  Polyopie,  in 
den  Hintergrund  gedrängt  worden.  Es  ist  das  Verdienst  Lagrange's, 
die  beiden  AfFectionen  genan  vergehen  und  jeder  derselben  den  ihr 
zukommenden  Platz  angewiesen  zu  haben. 

Dodd  (Diabetic  retinitis.  Archives  of  OphthaL  Bd.  24,  Diabetische 
S.  106)  fuhrt  aus,  dass  bei  späterem  Diabetes  meist  Albuminurie  auf-  **i!^l^*^' 
tritt  und  deshalb  von  manchen  Autoren  die  dabei  auftretende  Re- 
tinitis als  durch  die  Albuminurie  und  nicht  durch  den  Diabetes  be- 
dingt aufgefasst  wird.  £r  hat  deshalb  aus  der  litteratur  die  Falle 
Ton  reiner  ßetinitis  diabetica  ohne  Albuminurie  gesammelt,  denen  er 
drei  selbst  beobachtete  Fälle  hinzufugt.  Die  Retinitis  diabetica  tritt 
unter  verschiedenen  Bildern  auf.  Meist  findet  sich  die  von  Hirsch- 
berg genannte  B.etLnitis  centralis  punctata  diabetica:  kleine  helle 
Flecke  besonders  am  hinteren  Pol  des  Fundus.  Dann  kommen  auch 
grossere  in  dem  ganzen  Augraihintergrund  zerstreute  Flecke  vor. 
Niemals  fliessen  die  weissen  Flecke  zu  einem  Haufen  zusammen,  wie 
bei  der  Albnminnrie.  Endlich  kommt  auch  noch  eine  rein  hämor- 
rbagische  Form  der  Retinitis  vor. 

Heinzel  (Einige  weitere  Fälle  von  Amblyopie  in  der  Lac-  Amblyopie 
tationsperiode.    Beiträge  z.  Augenheilk.  Bd.  21,  S.  31)  bringt         *'**. 
drei  Fälle  von  Amblyopie  in  der  Lactationsperiode ,  aus  denen  im       Heinzel. 
Verein  mit   seinen   früheren  Beobachtungen  hervorgeht,    dass   ge- 
legentlich zur  2ieit  der  Milchsecretion  Störungen  von  Seiten  des  Seh- 
organs vorkommen,  die,   meist  auf  beiden  Augen  aufoetend,    alle 
6rade  der  Sehstorung  bis  zur  Amaurose  zeigen  können.    Die  Pa- 
pille bietet  verschiedene  Bilder,  je  nachdem  der  Sitz  der  auf  Toxine 
zurückgeführten  Entzündung  in  der  Papille  oder  retrobulbär  gelegen 
ist.   In  der  Regel  findet  man  zuletzt  eine  partielle  Sehnervenatrophie, 
aber  mit  nur  geringer  Verminderung  des  Sehvermögens. 


432  Horstmann. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Rochon-Duvigneaud,  Pröcis  i conographique  d'anatomie  nonnal  de 
Toeil.    Paris. 

H.  V.  Helmholtz,  Handbuch  der  physiologischen  Optik.  9.  u.  10.  Lfg. 
Hamburg  und  Leipzig. 

C.  Schweigger,  Sehproben.    3.  verbesserte  Aufl.    Berlin. 

L.  Weiss,  Schriftprobentafeln  zur  Bestimmung  der  Sehschärfe  in  der  Feme. 
Wiesbaden. 

E.  Fuchs,  Lehrbuch  der  Augenheilkunde.  5.  verbesserte  Aufl.  Leipzig 
und  Wien. 

R.  Greeff,  Lehrbuch  der  Ophthalmoskopie  (Bearbeitung  und  Erweiterung 
von  C.  Schweig ger's  Vorlesung  über  den  Gebrauch  des  Augen- 
spiegels).   Wiesbaden. 

Gl.  du  Bois-Rejmond,  Klinische  Augenheilkunde.  1.  Theil.  AbeFs  med. 
Jahrbücher,    Leipzig. 

P.  Sil  ex,  Gompendium  der  Augenheilkunde  für  Studirende  und  Aerzte. 
3.  verbesserte  Aufl.    Berlin. 

Trousseau,  Traitement  des  maladies  des  yeux.    Paris. 

A.  Neisser,  Stereoskopischer  medicinischer  AÜas.  Sammlung  photograpbi- 
scher  Bilder  aus  dem  Gesammtgebiete  der  klinischen  Medicin,  der 
Anatomie  und  der  pathologischen  Anatomie.  1.  Folge  der  Abtheilung 
Ophthalmologie.     Gassei. 

H.  Magnus,  Augenärztliche  Unterrichtstafeln.  Für  den  akademischen  und 
Selbstunterricht.  Heft  7:  A.  Yossius,  Die  wichtigsten  Geschwülste 
des  Auges.  14  Tafeln  mit  Text.  Heft  8:  A.  Yossius,  Das  Staphylom 
der  Gomea  und  Sclera.  8  Tafeln  mit  Text.  Heft  9;  W.  Gzermak, 
Die  topographischen  ^Beziehungen  der  Augenhöhle  zu  den  umgeben- 
den Höhlen  und  Gruben  des  Schädels.   14  Tafeln  mit  Text.   Breslau. 


YL 

OhrenkrankheiteiL 

Von  Dr.  H*  Koek,  Ohrenaizt  in  Braanschweig. 

A«  ABAt#Mle  bb4  Pkjiiol^gie« 

Randall  (Statistische  Stadien  über  das  Foramen  Rivini  and        Topo- 
über   die  Gehörgangsaxe,  in  ihren  Beziehangen  za  der  intra-  ^«"»pliiiche 
tympanalen  Chirurgie.    Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  40,  H.  1)  anter/mchte     ^^^  ohrs 
die  Richtung  des  knöchernen  Gehörgangs  an  100  macerirten  .Schädeln  und       Raadall, 
fand  als  mittlere  Abweichung  der  Gehörgangsaxe  10*  nach  oben  und 
10^  nach  Tom.     Unter  den  Fallen  mit  einem  kleineren  Steigungswinkel  als 
10**  war  das  orale  Fenster  frei  sichtbar  in  14*.«,   zum  Theü   sichtbar  in 
45%   und   ganz  verborgen  in  41*/«:   bei   Schädeln  mit   einem   SfceigungK- 
wiokel    über    10*  stellten   sich   diese   Zahlen   auf  S9,48   und   13  7«*     D^m 
Foramen  Rivini  muss  nach  Verf.  stets   als   ein   pathologisches  Product 
angesehen  werden,  vieUeicht  als  das  Ren-ultat  einer  unbeachtet  vorüber  ge- 
gangenen Mittelohreiterung.     Während  unter  260  Tronmielfellen   von  er- 
wachsenen Personen,  welche  niemals  über  Otorrhoe  oder  Ohrenschmerzen 
geklagt  hatten,  eine  Oeffnung  am  oberen  Pole  dei«  Trommelfell  O^mal  vor- 
handen   war,    konnte   eine   solche  bei    Kindern  bi>*    zu    14  Jahren    unter 
94  Trommelfellen  nur  9mal  nachgewiesen  werden  und  niemaU  bei  Kindern 
in  den  ersten  4  Lebensjahren. 

Das  vorläufige  Resultat  der  Untersuchungen  Matte's  ül>er  die  Frage     Ursprung 
nach  dem  Ursprung   der   Fasern    des   Nervus   acusticus    (Arch.  f.  dei 

Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  1)  lässt  sich  dahin  zu^jammenfa^sen,  dans  im  Stamme  ^«'vu» 
des  Nervus  acusticus  zwei  Arten  von  Ner\'enfasern.  sen^orij^che  und  sensible,  Matt«- 
za  unterscheiden  sind.  Erstere,  die  die  Mehrzahl  bilden,  stammen  von 
Zellen  des  Ganglion  vestibuläre,  die  sich  anatomisch  wie  Spinal- 
ganglienzellen verhalten;  sie  senden  einmal  einen  centripetalen  Fortsatz 
ins  verlängerte  Mark.  Der  zweite  Fortsatz  dringt  nach  der  Peripherie  vor, 
um  sich  unter  dem  Bilde  freier  Nervenendigung  an  den  Endapparaten  dtth 
Jahrbach  der  practisdieD  Medidn.    1996.  28 


434 


Koch. 


Ursprung     häutigen  Ohrlabyrinths  fächerartig  auszubreiten.  —  Die  sensiblen,  centri- 

^®*  petal  verlaufenden  Nervenfasern  nehmen  ihren  Ursprung  von  den  an  der  Peri- 

acusticus     P^^rie  gelegenen  Neuroepithelzellen,  die  aber  nicht,  wie  Angers  annimmt-, 

Matte.        mit  den  Ganglienzellen  des  Ganglion  vestibuläre  eine  einzige  morphologische 

Einheit  bilden,   sondern  durch  das  Ganglion  hindurchziehen,   um  mit  col- 

lateralen  Endbäumchen   an   centralwärts  gelegenen  Kernen  ihr  Ende   zu 

finden. 


Gortrsche 
Membran, 

Cojme  u. 

Cannieu. 


Coyne  und  Cannieu  (Recherches  sur  T^pith^lium  sensoriel  de  Torgan 
auditif.  Annal.  des  malad,  de  ToreiUe  Nr.  5)  behandeln  das  sensorielle 
Epithel  der  Cristae  und  Maculae  acusticae  sowie  des  Cortrschen  Organs. 
Ebenda  geben  dieselben  Autoren  (Recherches  sur  la  membrane  de  Corti) 
eine  kurze  Zusammenfassung  sowohl  ihrer  neueren  Untersuchungsresultate 
betreffs  des  Gortrschen  Organs,  als  auch  der  alten  bekannten  und  durch 
ihre  Untersuchungen  ebenfalls  wieder  bestätigten  Thatsachen. 


labyrinths, 
Matte, 


Bernstein, 


Physiologie  Matte  (Experimenteller  Beitrag   zur  Physiologie    des   Ohrlaby- 

des  Ohr-  rinths.  Pflüger's  Arch.  Bd.  57)  gelangte  bei  seinen  Versuchen  an  Tauben 
durch  Sondirung  und  Exstirpation  zu  dem  Resultate,  dass  nur  die  Bogen- 
gänge statische  Organe  sind,  die  Otolithen  (gegen  Breuer  u.  s.  w.) 
akustische.  Verf.  stellte  ferner  gegenüber  R.  Ewald  fest,  dass  der  Stamm 
des  Nervus  acusticus  selbst  sicher  durch  Schallwellen  nicht  erregt  wird. 
Bereits  2 — 3  Wochen  post  operationem  tritt  eine  ausgebreitete,  secundäre, 
aufsteigende  Degeneration  der  Acusticusfasem  bis  zu  den  centralwärts  ge- 
legenen Centren  ein. 

Bernstein  (Ueber  die  specifische  Energie  des  Hörnerven,  die 
Wahrnehmung  binauraler  (diotischer)  Schwebungen  und  die  Beziehungen 
der  Hörfunction  zur  statischen  Function  des  Ohrlabyrinths.  Pflüger^s 
Arch.  Bd.  57)  bestätigt  zunächst  die  Beobachtungen  und  Schlüsse  Mattete. 
Ueber  die  Beziehungen  der  Hörfunction  zur  statischen  Function  des  Ohr- 
labyrinths  äussert  sich  Verf.  dahin,  «dass  das  gemeinschaftliche  Princip, 
auf  welchem  die  Thätigkeit  des  statischen  und  des  Hörorgans  beruht,  offen- 
bar darin  beruht,  dass  beide  Organe  Nervenendapparate  ei^thalten,  welche 
durch  Flüssigkeitsbewegungen  in  Erregung  versetzt  werden.  Die  Entwicke- 
lungsgeschichte  des  Gehörorgans  im  Thierreich  lässt  darauf  schliessen,  dass 
der  Otolithenapparat  die  ältere  und  unvollkommenere  Bildungsform  des 
Organs  ist,  aus  welchem  durch  Vervollkommnung  otolithenfreie  Apparate 
entstanden  sind,  einerseits  die  Bogengänge  für  die  statische  Function,  anderer- 
seits die  Schnecke  für  die  Hörfunction." 

Strehl  (Beiträge  zur  Physiologie  des  inneren  Ohres.  Pflüger 's  Arch. 
f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  61,  S.  205)  kommt^  was  das  Hören  der  labyrinth- 
losen Tauben  anbelangt,  zu  dem  Resultate,  dass  solche  Thiere  unzweifel- 
hafte »Schallreactionen*  zeigen,  letztere  aber  nicht  durch  die  Acusticiis- 
stümpfe,  sondern  vielleicht  durch  tactile  Wahrnehmung  der  vibrirenden 
Bewegung  hervorgerufen  werden.    Bei  den  Untersuchungen  über  den  Zu- 


Strehl, 


Ohrenkrankheiten.  435 

sammenhang  des  galvanischen  Schwindels  mit  dem  Labyrinth 
fand  Verf.  im  Gegensatze  zu  Ewald,  dass  labyrinthlose  Frösche  und  Tauben 
bei  galvanischer  Durchströmung  des  Kopfes  deutliche  Reaction  zeigen, 
welche  er  als  eine  Folge  der  directen  Einwirkung  auf  das  Gehirn  und  nicht 
auf  das  Labyrinth  ansieht.  Bezüglich  des  statischen  Sinnes  nimmt  Verf. 
an,  dass  derselbe  nur  bei  Vögeln  eine  Bedeutung  besitze,  hält  dagegen  die 
Bedeutung  des  Labyrinthes  für  die  statische  Function  des  Menschen  für 
äusserst  gering  und  führt  das  abweichende  Verhalten  der  Taubstummen  in 
Bezug  auf  Locomotion  und  Haltung  auf  erziehliche  Mängel,  grössere  Aengst- 
liohkeit  und  Befangenheit  zurück. 

Stern  (Taubstummensprache  und  Bogengangsftinction.  Pflüger's  Btem. 
Archiv  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  60,  S.  124)  untersuchte  eine  grosse 
Anzahl  von  Taubstummen,  die  seiner  Zeit  schon  in  Bezug  auf 
Drehschwindel,  Nystagmus,  galvanischen  Schwindel  und  ihr  loco- 
raotorisches  Verhalten  geprüft  waren,  auch  auf  ihre  Sprach- 
fähigkeit, und  zwar  mit  Bücksicht  auf  Deutlichkeit  und  Geläufig- 
keit der  Sprache ;  hierbei  zeigte  es  sich,  dass  sich  in  jeder  Versuchs- 
gruppe unter  den  normal  reagirenden  ein  weit  grösserer  Procentsatz 
von  gut  Sprechenden  befand,  als  unter  den  abnorm  reagirenden,  und 
hieraus  kann  vielleicht  geschlossen  werden,  dass  ein  Zusammenhang 
zwischen  der  Fähigkeit  des  articulirten  Sprechens  und  der  Fähig- 
keit, normal  zu  reagiren  besteht,  vielleicht  im  Sinne  der  £w aid- 
schen Tonustheorie. 

B.  Untersnchungsmethoden. 

Alderton    (Stimmgabeluntersuchungen    mit    Gabeln    mittlerer  Stimmgabe i- 
Höhe  an  über  600  Fällen.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  26,  H.  4)       «'^*«^- 
liefert  in  einer  ausführlichen  Arbeit  ein  gutes  Bild  über  die  Resul-      Alderton. 
täte  seiner  Stimmgabeluntersuchungen  bei  den  einzelnen  Ge- 
hörsaffectionen.    Zur  Verwendung  kamen   c  =  128  Schwingungen, 
c^  =  256  Schwingungen,  c'  :=  512  Schwingungen,  c'  =  1024  Schwin- 
gungen und  c*  =  2048  Schwingungen. 

Die  von  Werhovsky  angestellten  Prüfungen  der  Hör-   Hördauer, 
dauer  im  ganzen  Verlaufe  der  Tonscala  bei  Erkrankungen    Werhovsky. 
des  mittleren  und  inneren  Ohres  (Zeitschr.  f.   Ohrenheilk. 
Bd.  28,  H,  1)  ergaben  Resultate,  welche  durchaus  mit  den  bisherigen 
Ergebnissen  der  Functionsprüfung  des  Ohres  im  Einklänge  stehen. 

Ohlemann  (Beitrag  zn  Schuluntersuchungen  des  Ge- 
törorganes.  Archiv  f.  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  1)  bespricht  die 
Utersuchungen  hauptsächlich  vom  Standpunkte  des  Schularztes  und 


436  Koch. 

Gehör-       schlägt   deshalb   zur  Vereinfachung   derselben   eine  Eintheilong   in 
Prüfungen   i^öhere,  mittlere  und  geringere  Grade  der  Hörfahigkeit  vor;  je  nach- 
kindern,     dem  Flüstersprache  verstanden  wird  bis  zu  1  m,  von  1 — 5  m  und 
Ohiemann,     5 — Q  ^  j  grössere  Räume  dürften  wohl  wenig  vorkommen.  Aus  dem- 
selben Grunde  der  Vereinfachung  befürwortet  Ohlemannals  zweck- 
mässigste  und  beste  Prüfungsmittel  die  Taschenuhr  und  die  Flüster- 
sprache.    Unter  354  Schülern  des  königl.  Gymnasiums  zu  Minden 
zeigten  74  einen  Gehörsdefect ,   und  zwar  58  eine  geringe,   15  eine 
mittlere,  1  eine  höhere  Gehörsbeeinträchtigung. 
Jousiain.  Unter  2072  von  Jouslain  (Statistique  de  Paudition  dans 

les  ^coles  primaires  de  l'arrondissement  de  Saint-Jean  d'Ang^ly. 
Rev.  d.  Laryngol.  Nr.  14,  S.  673)  untersuchten  Kindern  im  Alter  von 
5 — 15  Jahren  hörten  257  die  Uhr  nur  bis  zu  50  cm  und  394  nur 
bis  zu  1  m. 

Webe r's eher  Nach  Barth  (Ueber  die  sog.  Lateralisirung  bei  Knochenleitung. 

^Bmüi°^'  Ber.  üb.  d.  IV.  Vers.  d.  Deutschen  otolog.  Gesellsch.  Monatsschr. 
f.  Ohrenheilk.  Nr.  7)  ist  das  Lateralisiren  bei  Knochen- 
leitung entweder  ein  subjectives  oder  ein  objectives.  Letz- 
teres ist  ausschliesslich  bedingt  durch  Veränderungen  in  der 
Leitung  und  in  der  Resonanz.  Bei  dem  subjectiven  Herüber- 
hören kommt  ausser  diesen  zwei  Punkten  zuerst  noch  eine  einseitige 
Erkrankung  des  percipirenden  Apparates  in  Betracht;  ausserdem 
spielen  aber  wahrscheinlich  auch  noch  andere  Momente  mit.  Der 
Weber'sche  Versuch  beruht  also  auf  complicirten  Verhält- 
nissen imd  kann  daher  nur  mit  Kritik  angewendet  zu  brauchbaren 
Untersuchungsergebnissen  führen. 

Schall-  Alt  (Versuch  zur  Bestimmung  eines    Schallleitung s- 

leitungs-  hindernisses.  Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  11)  empfiehlt  einen 
be Stimmung,  Versuch,  der  sowohl  an  Stelle,  als  auch  zur  Ergänzung  des  Weber- 
Alt,  sehen  Versuches  in  der  Diagnostik  verwendet  werden  kann  und 
darauf  beruht,  dass,  wenn  man  bei  geschlossenem  Munde  einen  Ton 
summt  und  hierbei  ein  Ohr  mit  dem  Finger  verschliesst ,  der  Ton 
nur  in  dem  verschlossenen  Ohre  percipirt  wird.  Bei  Patienten  nun, 
bei  denen  der  We herrsche  Versuch  nach  einem  Ohre  lateralisirt 
wird,  wird  der  Ton  nur  in  diesem  Ohre  gehört. 

Aus  den  Beobachtungen  Brunner^s  (Zur  diagnostischen  Ver- 
werthung  der  oberen  und  unteren  Tongrenze,  sowie  des 
Rinn  e'schen  und  S  c  h  w  a  b  a  c  haschen  Versuches.   Zeitschr.  f.  Ohren- 


Ohrenkrankheiten.  487 

heilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  sei  hervorgehoben,  äasa  auch  Aenderungen    Obereund 
in  der  Spannung  des  Mittelohrapparates  im  Stande  sind,   die  obere  _,  ^^^^^^ 
Tongrenze  zu  beeinflussen,  und  dass  andererseits  nicht  so  ganz  selten      Brnnner. 
bei  deutlichen  Mittelohrleiden  mit  etwas  collabirtem  und  theilweise 
adhärentem    Trommelfell    eine  intacte  untere   Tongrenze  gefunden 
wird. 

Zwaardemaker  (Akustische  Eisenbahnsignale  und  Aknttische 

Gehörschärfe.     Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  28,  H.  1)  kommt  zu  Eisenbahn- 

'  Signale  and 

folgenden  Schlusssätzen:  Höracbärfe, 

1.  Beim   Indiensttreten   soll   für   Locomotivführer   und  Heizer  Zwaardemaker, 
jedenfalls  auf  einer  Seite  ein  im  grossen  Ganzen  normales  Gehör 
gefordert  oder  jedenfalls  nur  eine  leichte  Herabsetzung  zugelassen 

werden. 

2.  Jedes  2. — 5.  Jahr  sollen  die  Beamten  mit  der  continuir- 
liehen  Tonreihe  untersucht  und  deren  Hörfeld  bestimmt  werden. 
Die  Fähigkeit,  die  akustischen  Signale  noch  in  genügender  Ent- 
fernung hören  zu  können,   wird  dann  aus  dem  Hörfelde  beurtheüt. 

3.  Die  Gehörschärfe  für  die  Sprache  soll  für  in  Dienst  sich  be- 
findende Beamte  keinesfalls  unter  1  m  FlQstersprache  (einfach  ab- 
gewandte) heruntergehen. 

Bloch  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  empßehlt  zur     ConNtatl- 
Ermittelung    einseitiger   completer   Taubheit   folgendes        «"»"«f 
Verfahren:  Die  beiden  langen  Enden  eines  gegabelten  Hörschlauches    comvlntar 
werden   von  hinten  her  in  die  beiden  Gehörgänge  des  zu  Unt^^r-    Taubheit, 
suchenden    eingesetzt.     Auf  das   Verbindungsstück    setzt    man    die        ''J'"'*'« 
schwingende  Gabel   auf.     Bei   einseitiger   completer   Taubheit  kann 
der   Ton    nur   in   dem   noch    functionirenden   Ohre   gehört   werrlen. 
Bei  Verschluss   des  zu   diesem  fuhrenden  Schenkels  hört   die  Ton- 
Wahrnehmung    auf.      Bei    Verschluss    des    zu    dem    tauben    Ohre 
leitenden  Schlauches  wird  im  Gegentheil  der  Ton   im  anderen  Olir 
lauter  gehört  und  bei  Aufhebung   des  VerschluH.sf^H   wieder  leiser. 
Ist  aber  noch  ein  merklicher  Rest  von  Perceptionsvennrigcn    vor- 
handen, so  wirkt  der  Verschluss  nach  diesem  Ohre  entgegengOHf  jtzt : 
der  Ton   wird   leiser   und   ins   andere  Ohr  verlegt,    mit  der  Auf- 
hebung   des   Verschlusses   wieder    lauter    und    rückt   in    den    Kopf 
hinein. 

Okuneff  (Die  diagnostische  Bedeutung  der  Veränderung  der 
Knochenschallleitung   zur   Erkenn! ni.ss    tiefliegender   Erkrankun 


438 


Koch. 


Percntsion  des   Warzenfortsatzes   bei    eitrigen   Entzündungen    des   Mittelohres 
des  Warzen-  qq^q  ^qj*  Stirn-  und  Oberkieferhöhle  und  sämmtlicher  Knochen  des 


fortsatzes, 
Okoneff, 


Weygandt. 


Körpers.  Archiv  f.  Ohrenheilk.  Bd.  38,  H.  3  u.  4)  urgirt  die  Wichtig- 
keit der  Percussion  des  Warzenfortsatzes,  indem  dieselbe 
unter  anderem  besonders  in  zweifelhaften  Fällen  eine  frühere  Tre- 
panation gestattet  und  so  eine  bessere  Prognose  liefert.  Ein  Vorzug 
des  Verfahi*ens  ist  auch  seine  Verwerthbarkeit  bei  Kindern  und  bei 
Kranken  in  bewusstlosem  Zustande.  Eine  begrenzte  stabile  Däm- 
pfung der  Knochenschallleitung  längs  dem  Aussenrande  des  Processus 
mastoideus  in  verticaler  Richtung  soU  ein  sicheres  Merkmal  der 
Thrombose  des  Sinus  transversus  sein. 

Dahingegen  spricht  Weygandt  (Percussion  und  Auscultation 
des  Ohres.  Dissert.  inaug. ,  Marburg)  auf  Grund  der  behufs  Nach- 
prüfung auf  der  Marburger  otiatrischen  Poliklinik  vorgenommenen 
Untersuchungen  diesen  Untersuchungsmethoden  fast  jeden  practischen 
Werth  ab. 


Ohrlupe, 
MtOler. 


Müller  (Ein  Beitrag  zur  Diagnostik  der  endotympanalen  Ad- 
häsivprocesse.  Wiener  med.  Blätter  Nr.  21)  beschreibt  eine  neue 
0  h  r  1  u  p  e  zur  Erleichterung  der  Diagnose  in  Fällen  von  Synechieen 
imd  Adhäsionen  in  der  Trommelhöhle. 


C.  Krankheiten  des  äusseren  Ohrs. 

Hämatom  Randall  (Zeit^chr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  1)  berichtet  Über  einen 

d e s  L o b n  1  u 8 ,  YaX\  von  doppelseitigem  Hämatom  des  Lobulus,*  entstanden  durch  hef- 
tigen Zug  an  den  Lobuli  selbst  oder  an  den  Ohrringen  behufs  Erweckung 
aus  einem  epileptischen  Anfalle. 


Randall. 


Lupus  durch 
Ohrlöcher-  Fournier  (Ref.  Deutsche  Medicinalzeitung  Nr.  66)  beobachtete  zwei 

stechen,      Fälle  von  Uebertragung  von  Lupus  durch  Stechen  der  Ohrlöcher. 
Fournier. 


Periauri- 
culäres 
subcutanes 
phleg- 
monöses 
Oedem, 
QelU. 


Gell^  (Des  oedömes  phlegmoneux  sous-coutan6s  peri-otiques.  Ann.  des 
mal.  de  Toreille  Nr.  6)  macht  auf  ein  eigenthümliches  acutes  schmerzhaftes 
periauriculäres  Oedem  aufmerksam,  das  oft  denFacialislähmungen 
vorausgebt,  immer  einseitig  ist  und  sich  über  die  ganze  Gesichtsseite 
ausdehnt.  Das  Oehörgangslumen  ist  stark  verlegt.  Das  Auftreten  von 
Schwindel  und  Geräuschen  deutet  auch  auf  ein  Tiefergreifen  hin.  Häufig 
sind  Schwellungen  der  Pharynxschleimhaut  dabei.  Aetiologisch  kommen 
nervöses  Leiden,  Gicht,  Infection  in  Betracht.  Differentialdiagnostisch 
kommen  Entzündungen  im  Canalis  Fallopii,  Entzündungen  des  äusseren 
und  mittleren  Ohres,  Erysipel,  Ekzem  und  Warzenfoi-tsatzerkrankungen  in 
Frage.    Charakteristisch   für   dieses    Oedem   ist  jedoch   das   spurlose  Ter- 


Ohrenkrankheiten.  439 

schwinden  in  8 — 12  Tagen;  es  hinterlässt  jedoch  zuweilen  Schwerhörigkeit 
oder  Facialislähmong. 

Cocheril  (De  la  restauration  du  pavillon  de  roreille.     Rev.  Ohrmasche i- 
de   laryngol. ,   d'otolog.  Nr.  3  u.  4)  liefert  eine  mit  zahlreichen  Ab-     ??***i^' 
bildungen  ausgestattete  sehr  ausfuhrliche  Arbeit  über  Ohrmuschel- 
plastik  bei   sämmtlichen  Processen,   die   zu   der  Operation  Ver- 
anlassung geben  können. 

Brück  (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  7,  S.  153)  berichtet   über  einen  Syphilis  des 
Fall  von  doppelseitiger  syphilitischer  Erkrankung  des  äusseren  6e-     äusseren 
hörgangs,  Condylomata  lata,  bei  einem  27jährigen  Patienten.   Die  Syphilis        Brück       * 
des  äusseren  Ohres  ist  selten.    So  fand  Despr^s  unter  1200  Syphilitikern 
nur  5mal  breite   Condylome   des  äusseren  Gehörgangs,   Bück  unter  4000 
Ohrenkranken  SOmal  Syphilis  des  äusseren  Ohrs,   darunter  ebenfalls  5mal 
Condylomata  lata,  und  B.  Baginsky  unter  20000  Ohrenkranken  deren  nur 
4mal  im  ganzen,  obigen  Fall  mit  eingerechnet. 

U  vk  0  ti  8  c  hfi 
Herzog  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  beschreibt  einen       Otitis 

FaU  von  hartnäckiger  Otitis  externa  diffusa  infolge  von  Y erticillium      externa 

Graphii.  diffusa, 

Herzog. 

Bei  schweren  Stenosen  des  knorpeligen  Grehörganges 
mit  starker  Hypertrophie  der  Weichtheüe,  aber  von  nicht  zu  grosser 
Aasdehnung   genügt  nach   Gorradi   (Des   st^noses  rebeUes  de  la  Behandlung 
portion  cartilagineuse  du  conduit  auditif  externe  et  de  leur  traite-  ^  hg 
ment.    Annales  des  malad,  de  l'oreille  Nr.  4)  die  circuläre  Excision.     stenose, 
Bei  stärkerer  Ausdehnung  jedoch  muss  der  Gehörgang  behufs  Ex-      Corradi. 
cision  der  tiefsten  Partieen  am  Ansätze  an  den  knöchernen  Gehör- 
gang losgelöst  werden. 

D*  Krankheiten  des  mittleren  nnd  inneren  Ohrs. 

Gestützt  auf  die  Resultate  von  Versuchen,   sowie  auf  die  Be- 
obachtung einiger  FäUe  aus  der  Praxis  kommt  Corradi  (Die  Per-       Trau- 
foration  des  Trommelfells  durch  indirecte  Ursache,   besonders  von    manische 
dem    gerichtsärztlichen    Standpunkte    aus.      Archiv   f.    Ohrenheilk.  Perforation, 
Bd.  39,  H.  4)   zu  folgenden  Schlüssen:   Während   die  Trommel-       Corradi. 
fellperforationen    durch    indirecte    Ursache   infolge   von    Luft- 
druck im   äusseren  Gehörgang   ihren   Sitz   gewöhnlich   mehr   oder 
weniger  gegen  die  Mitte  hin  haben,  in  der  Nähe  des  unteren  Endes 
des  Hammergriffs,  haben  diejenigen  durch  indirecte  Ursache, 
infolge  von  Kopfschlägen  ohne  Knochenfractur  ihre  Stelle  oft  gegen 
den  Hand  hin,   so   dass  sie  überhaupt  als  von  einer  thatsächlichen 


440 


Kocb. 


Gehör- 
organs- 
verletasun- 


Trennmig  des  TrommelfeUs  von  dem  knöchernen  Rahmen  abhängig 
anzusehen  sind.  Diese  Perforationen  durch  indirecte  Ursache  infolge 
von  Schlägen  auf  den  Kopf  ohne  Knochenfractur  sind  jedenfalls 
sehr  selten  und  setzen  eine  beträchtliche  Kraft  voraus  bei  dem  Stosse, 
von  welchem  sie  verursacht  sind.  Gewöhnlich  entsprechen  sie  jenem 
Segment  des  knöchernen  Bahmens,  welches  gegen  die  geschlagene 
Kopfstelle  gewendet  ist. 

Ueber  Verletzungen  des  Gehörorgans  infolge  von  Unter- 
kieferläsionen   und    deren    Würdigung    als    UnfaUverletzungen 
Unterkiefer-'^P^c^^  Haug  mit  Bezug   auf  drei   selbst   gesehene  Fälle   in   der 

läsionen,     Monatsschr.  f.  UnfaUheilk.  Nr.  1. 
Haug. 

Teichmann  (Ueber  den  Einfluss  von  Schwerhörigkeit  auf  die 
Arbeits-  und  Erwerbsfahigkeit.  Aerztl.  Sachverständ.-Zeitg.  Nr.  7) 
betrachtet  die  Verletzungen  oder  Krankheiten  des  Gehör- 
organs vom  Standpunkte  der  socialen  Versicherungsgesetze: 
1.  des  Krankenversicherungsgesetzes,  2.  Unfallgesetzes,  3.  der  In- 
validitätsversicherung. Zu  Nr.  2  werden  folgende  Procentsätze  vor- 
geschlagen :  Bei  Hörweite  für  laute  Sprache  bis  zu  1  m  25  ^/o  Er- 
werbsfehigkeit ;  von  1—5  m  22  °/o  ;  von  5—10  m  11  ^/o  ;  von  10—20  m 
5^/o  Erwerbsfehigkeit.  Bei  Nr.  3  handelt  es  sich  um  die  Beur- 
theilung,  ob  hochgradige,  mittlere  oder  geringe  Gehörsbeeinträch- 
tigung vorliegt.  Bei  Fällen  mittleren  Grades  wird  volle  Erwerbs- 
unfähigkeit beim  Vorhandensein  noch  anderer  Gebrechen  attestirt 
werden  können. 

Aus  den  Untersuchungen  Ferreri's  (Die  Alterationen  des 
Mittelohres  im  Greisenalter.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4), 
die  an  über  200  Greisen  angestellt  sind,  soll  hervorgehen,  dass  als 
Ursache  der  Schwerhörigkeit  oder  Taubheit  im  Greisenalter 
nicht  Involutionsprocesse,  sondern  nach  ihrer  Frequenz  die  Geruminal- 
ansammlungen ,  die  hyperplastischen  Formen  des  Mittelohrkatarrhs, 
die  Folgen  von  Mittelohreiterungen,  die  chronischen  Mittelohreite- 
rungen und  schliesslich  die  seltenen  Acusticusläsionen  zu  betrachten 
sind.  Nach  Politzer  dagegen  ist  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  eine  Ver- 
knöcherung der  Labyrinthkapsel  vorhanden* 


Schwer- 
hörigkeit 
und  sociale 
Versiehe- 
rangt- 
gesetze, 
Teichmann. 


Schwer- 
hörigkeit 
im  Greisen- 
alter, 
Ferreri. 


Gegen  die  sog.  Autophonie,  die  durch  tonische  Contrac- 

tion  des  Tensor  veli  erzeugt  wird,  aber  auch  durch  Narbencontrac- 

Äatophonie,  tion    oder  Inanitionsatrophie   entstehen   kann,    hat   Kays  er    (Zur 

Kayser.       Pathologie  und   Therapie  der  objectiven  Ohrgeräusche.     Archiv   f. 


Ohrenkrankheiten.  441 

Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  2  u.  3)  Verstopfimg  der  Tnbenmündimg 
durch  ein  indifferentes  Fett  mit  Erfolg  angewendet.  Die  c Ioni- 
schen Zuckungen  des  Tensor  veli  erzeugen  die  Tnbarcrepi- 
tation,  und  stehen  diese  localisirten  Mnskelkrämpfe ,  wie  auch 
z.  B.  der  Tic  convuLsiT  etc.,  in  naher  Beziehung  zur  Chorea  und 
Hvsterie.  Ausser  den  hierbei  üblichen  Mitteln  erweist  sich  zuweilen 
ein  Druck  auf  das  Gaumensegel,  den  Warzenfortsatz,  den  Nervus 
vagus  wirksam.  In  drei  Fällen  wurde  dauernde  Heilung  erzielt 
durch  das  Einfuhren  eines  Katheters  durch  die  ganze  knorpelige 
Tube.  Zaufal  zieht  bei  Autophonie  und  allen  Erscheinungen,  die 
auf  krampfartige  Zustande  der  Gaumenmusculatur  zurückzufuhren 
sind,  seit  Jahren  die  Massage  des  intrapharyngealen  Tuben- 
theils  in  Verbindung  mit  der  Dehnung  der  Tubengaumenmusculatur 
durch  den  Finger  mit  Erfolg  in  Anwendung. 

Bosenbach    (Mechanischer    Schutz    vor    störenden    Gehörs-      Watte> 
erregungen.     Münch.   med.  Wochenschr.  Nr.  33)   empfiehlt  als   am     T**f'*"r   . 
zweckmässigsten,  um  sehr  laute  (rerausche  bis  auf  ein  Minimum  ab-    störenden 
zoschwächen,  recht  fest  gerollte,  nicht  ganz  kleinfingerdicke  Watte-  Gcransehen, 
Vaselincylinder,   die  2 — 2*«  cm  in  den  Gehörgang  eingeführt        **" 
werden.     Die  Yaselinmenge  darf  nicht  zu  reichlich  sein. 

Garzia  (Die  Bedeutung  der  Sjrphilis  bei  gewissen  Ohrenkrank-     Syphili- 

Leiten.     Zeitechr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  weist  darauf  hin,       *»«<^*»« 

.       .  ,  Mittelohr- 

wie  die  Ursache  der  langen  Dauer  mancher  eitrigen  Mittelohr-     eitemng, 
entzündungen    in    einem    auf    Syphilis    beruhenden    cariösen       Gania. 
Process   zu  suchen  ist;   in   diesen  Fällen  ergibt  die  specifische  Be- 
handlung sehr  gute  Resultate. 

Gehörsstörungen    bei    Tabes    sind    nach    Gollet    (Les        Ohr- 
troubles  auditiä  du  tabes  et  la  reaction  du  nerf  auditif .  Bef.  Annal.  ®'^5"!^"°^ 

bei  Tabes, 
des  mal   de   l'oreille  1894,   Nr.  12)   sehr  häufig,   haben  ihren  Sitz        ckillet. 

meistentheils  im  SchalUeitungsapparat  und  beruhen  auf  trophischen 

Stönmgen  infolge  Erkrankung  des  Trigeminus. 

Käst  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  44,  S.  187)  berichtet  über  einen  Taubheit  bei 
Fall  von  chromscher  Lencaemia  lienalis  mit  acuter  Taubheit  auf  Lc'ik&niie, 
beiden  Ohren  binnen  24  Stunden.  Es  handelte  sich  um  eine  35jährige  Frau. 
Das  Grebörvermögen  war   absolut    aufgehoben;    auch    die   Knochenleitung. 
Trommelfelle  beiderseits  intact     Im  Augenhintergrund  eine  kleine  Blutung. 

Auf  Grundlage   eines   eigenen   Materials   von   262  Individuen, 
welche    in     blutsverwandtschaftlichem    Verhältnisse     standen,     mit 


442 


Koch. 


Heredität  namentlicher  Berücksichtigung  von  27  Vätern  und  35  Kindern,  24 
der  Ohren-  Müttern  und  29  Kindern,  und  146  Geschwistern,  betont  Eitelberg 
'''Eateiberg'"'  (^'e^er  Ohrenerkrankungen  bei  Verwandten.  Wiener  med.  Wochen- 
schrifb  Nr.  20  u.  21)  die  Heredität  nicht  nur  der  chronischen 
Nasen-,  Bachen-  und  Mittelohrkatarrhe,  sondern  auch  der  eitrigen 
Mittelohrentzündungen.  Es  ist  daher  in  hereditär  belasteten  Fami- 
lien mit  verdoppelter  Vorsicht  über  die  Gehörsperception  der  Kinder 
zu  wachen. 


Aetiologie 

der  acuten 

Otitis 

media, 

Lermoyez  n. 

Helme, 


Pes  u. 
Gradenigo, 


Pes  n. 
Oradenigo. 


Nach  den  bacteriologischen  Untersuchungen  von  Ler- 
moyez und  Helme  (Les  staphylocoques  et  Totorrh^e.  Ann.  des 
mal.  de  Foreille,  Jan.)  werden  die  acutenMittelohrentzündungen 
meistens  durch  einen  Mikroorganismus,  imd  zwar  nur  durch  einen, 
hervorgerufen.  Am  häufigsten  finden  sich  Streptokokken  und 
Pneumokokken.  Erst  später  treten  andere  Mikrobenarten  auf, 
Staphylokokken  und  namentlich  der  Staphylococcus  albus;  deren 
Erscheinen  zeigt  nach  den  Verff.  den  Uebergang  in  das  chronische 
Stadium  an.  Sie  dringen  meistens  vom  Gehörgang  durch  die 
Trommelfellperforation  und  nicht  durch  die  Nase  ein  imd  können 
zwar  im  Gehörgange  schon  vorhanden  sein,  werden  aber  gewöhnlich 
erst  durch  Verbandstoffe,  namentlich  Watte,  eingeführt.  Um  diesen 
Uebergang  in  das  chronische  Stadium  zu  vermeiden,  ist  eine  strenge 
Asepsis  der  Nase  und  des  Mundes,  der  Instrumente  imd  der  Ver- 
bandstoffe nothwendig.  Um  die  Wattetampons  gut  zu  sterilisiren, 
empfehlen  die  Verff.  als  einfaches  Mittel  folgendes  Verfahren:  Der 
Watteträger  wird  in  eine  Alkohol-Borsäurelösung  getaucht  und  an- 
gezündet; dadurch  wird  die  Watte  in  wenigen  Secunden  sterilisirt, 
ohne  ihre  hydrophile  Eigenschaft  zu  verlieren. 

Im  Gegensatz  zu  Lermoyez  und  Helme  sind  Pes  und  Gra- 
denigo  (Les  staph3'locoques  pyog^nes  dans  les  otites  moyennes 
aigus  et  chroniques  et  en  particuHer  de  leur  mode  de  traitement. 
Annal.  des  malad,  de  Toreille  Nr.  7)  zu  der  Ueberzeugung  gelangt, 
dass  im  allgemeinen  die  primäre  und  secundäre  Infection  des  Mittel- 
ohrs naso-pharyngealen  Ursprungs  ist  und  dass  nur  sehr  selten  die 
secimdäre  Infection  vom  Gehörgange  aus  durch  die  Trommelfell- 
perforation hindurch  stattfindet.  Die  von  den  Verff.  geübte  Be- 
handlung ist  in  diesem  Jahrbuch  1895  mitgetheilt. 

Pes  und  Gradenigo  (Beitrag  zur  Lehre  der  acuten  Mittelohrent- 
zündungen infolge  des  Bacillus  pyoeyaneus.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  26, 
H.  2  u.  3)  äussern  sich  im  Anschluss  an  zwei  eigene  Fälle  dahin,  dass  nach 
den  gegenwärtigen  Kenntnissen  angenommen  werden  kann,  dass  der  Bacil- 


Ohrenkrankheiten. 


443 


lus  pyocyaneus  allgemeine  Infectionen  hervorzurufen  vennag  und  dass 
unter  den  localen  Infectionen,  welche  er  zu  erzeugen  pflegt,  die  acuten 
Mittelohrentzündungen  hervorzuheben  sind. 

Kutscher  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  10)  berichtet  über  einen 
Fall  von  Otitis  media  acuta  bei  einem  27« jährigen  Knaben  im  Verlaufe 
eine»  Rachendiphtherie,  wo  der  Diphtheriebacillus  mit  Sicherheit  als 
der  Erreger  der  Mittelohreiterung  angesehen  werden  musste.  Sowohl  in 
den  primären  diphtherischen  Heerden,  als  auch  im  Ohreiter  fanden  sich 
die  Diphtheriebacillen  fast  in  Reincultur. 


Otitis 

media 

diph- 

theritica, 

Kutscher. 


Das  Charakteristische  der  von  Körner  (Eine  neue  Form  der   Influenza- 


influenzaotitis.  Zeitschr.  ft  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  1)  beobachteten 
drei  Fälle  von  Influenzaotitis  bestand  darin,  dass  erst  ziemlich 
spät  nach  dem  spontanen  Durchbruch  des  Exsudats  oder  nach  der 
Paracentese  an  die  Stelle  der  an  mehreren,  bisweilen  zahlreichen 
Punkten  durch  das  Trommelfell  hindurch  gewucherten  Paukenhöhlen- 
schleimhaut —  in  Form  stecknadelkopfgrosser,  kupferrother,  granu- 
lirender  Stellen  —  ringförmige  Hämorrhagieen  traten,  in  Gestalt  von 
nicht  geschlossenen  braunrothen  Bingen. 

Eitelberg  (Wiener  med.  Presse  Nr.  24  u.  25)  liefert  einige 
Beiträge  zur  Influenzaotitis,  zumal  ihrer  nervösen  Form,  imd 
ihrer  Complication  mit  Facialisparalyse. 


Otitis, 
Kömer, 


Eitelberg. 


Kretschmann  (Ueber  eine  Form  von  Paukenhöhleneiterung.      Pauken- 
Monatsschrift^  f.  Ohrenheilk.  Nr.  7)  behandelt  diejenigen  Eiterungen,     ej^^r^" 
welche  in  dem  unteren  Abschnitt  der  Paukenhöhle,  vom  Verf.  Kretschmann. 
als  Recessus  hypotympanicus  bezeichnet,   ihren  Sitz  haben. 
Da  dieser  Raum  in  der  Regel  einen  sinuösen  Bau  zeigt,  werden  sich 
hier  häufig  eitrige  Processe   etabliren,    deren  Anwesenheit  nur  bei 
Fehlen  des  Trommelfells  im  ganzen  oder  wenigstens  in  seinem  un- 
teren Abschnitt  festgestellt  werden  kann ;  sonst  muss  sondirt  werden. 
Von  derartigen  Patienten  wurde  häufig  ein  spannendes  Gefühl 
in  der  Gegend  der  Mitte  des  Musculus  sternocleidomastoi- 
deus  angegeben. 

Müller  (Wiener  med.  Wochenschr.  1894,  Nr.  43—45)   kommt  Behandlung 
bezügHch  der  abortiven  Wirkung  der  frühzeitigen  ^ara-^^J»^'^*^«^^^^^^^ 
centese  auf  die  acute  Mittelohrentzündung  zu  folgendemparacentpue 
Kesome:  In  allen  Fällen,   wo   eine  ganz  fiische,   nicht  compli-         de» 
cirte    Mittelohrentzündung    (kein    Allgemeinleiden,    Tuber-    ^'°g*j,^^^^' 
culose,  Diabetes  etc.)  vorüegt,   ist  die  Paracentese  unverzüglich       Müller. 
auszuführen.    Dieselbe  hat  dann  eine  antiphlogistische  und  schmerz-* 


444  Koch. 

stillende  Wirkung.  Die  Paracentese  wirkt  abortiv  oder  gestaltet  zu- 
mindest den  Verlauf  des  Processes  günstiger  und  begünstigt  die 
Restitutio  ad  integrum.  Die  Nachbehandlung  ist  in  der  Regel  eine 
rein  exspectative.  Contraindicirt  ist  die  Paracentese  be- 
sonders bei  hochgradiger  Tuberculose,  bei  schwerem  Diabetes  (über- 
haupt bei  constitutionellen  Erkrankungen).  Bei  Tuberculose  is^  die 
Paracentese  zu  unterlassen,  wenn  Aussicht  besteht,  den  spontanen 
Durchbruch  des  Exsudats  hintanzuhalten,  oder  wenn  die  Eiterung 
eine  so  stürmische  ist,  dass  der  spontane  Durchbruch  unmittelbar 
bevorsteht.    Bei  schwerem  Diabetes  macht  Verf.  die  Paracentese  nur 

ex  indicatione  vitali. 

« 

Trocken-  Haug  (Zur  Polymyositis  infectiosa  ex  otitide.  Archiv  f. 

behandiung,  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  2  u.  3)  theilt  drei  FäUe  mit,  in  denen  es  sich  um 
Muskelmetastasen,  um  Muskelabscesse  innerhalb  der  Muskel- 
substanz und  der  Fascie  handelt,  die  im  Verlaufe  einer  vulgären  acuten 
eitrigen  Otitis  media  ohne  causalen  Nexus  mit  einer  All- 
gemeinin fection  sich  entwickelt  hatten.  Haug  wendet  schon 
seit  1V2  Jahren  bei  der  acuten  Mittelohreiterung  nur  die  absolut 
trockene  Behandlung  an;  hierbei  soll  der  Verlauf  der  Erkrankung 
um  die  Hälfte  abgekürzt  werden  und  Complicationen  von  Seiten  des 
Warzenfortsatzes  viel  seltener  auftreten.  Luftdouche  wird  innerhalb 
der  ersten  14  Tage  überhaupt  nicht  geübt. 
Hessler.  Ziemlich  dieselben  Grundsätze  fuhrt  auch  He  ssler  aus   (Die 

Behandlung  der  acuten  Mittelohr-  und  Warzenfortsatz- 
eiterungen.  Archiv  für  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  3  u.  4),  welcher 
ebenfalls  für  die  Trockenbehandlung  plaidirt  und  die  Luftdouche  im 
entzündlichen  Stadium  nur  zu  diagnostischem  Zwecke  verwendet 
wissen  will,  ob  die  Trommelfellöffnung  noch  genügend  weit  ist;  tritt 
nach  der  Douche  noch  Eiter  aus,  so  besteht  Eiterverhaltung,  und  es 
muss  die  Paracentese  gemacht  werden.  Das  Ohr  soll  möglichst  oft  mit 
Watte  ausgetupft,  aber  wegen  eventueller  Eiterretention  nicht  mit 
Watte  verschlossen  werden.  Ist  die  Trepanation  des  Warzenfort- 
satzes indicirt,  so  erfolgt  nur  die  typische  Aufmeisselung  nach 
Schwartze.  Der  Eisbeutel  wird  nur  im  Anfange  der  Erkrankung, 
Jodanstrich  überhaupt  nicht  mehr  angewendet.  Die  Oeffiiimg  im 
Knochen  soll  5 — 8  mm  betragen.  Aus-  und  Durchspülungen  sind  zu 
vermeiden.  Am  besten  ist  lose  Tamponade  mit  sterilisirter  Gaze; 
der  Gang  selbst  bleibt  frei;  Verbandwechsel  alle  2 — 3  Tage,  wobei 
das  in  der  Tiefe  sitzende  Secret  mit  sterilisirter  Gaze  abgewischt 
wird.     Bei  dieser  Behandiung  schliesst  sich  die  Knocheniistel  von 


Ohrenkrankheiten.  445 

aussen.  Der  Patient  darf  erst  am  3.  fieberfreien  Tage  das  Bett 
verlassen;  bei  pyämischen  Zuständen  muss  erst  der  Puls  wieder 
ganz  normal  geworden  sein. 

Koll  (Das  Nosophen  in  der  rhinologischen  und  otologischen  Nosophen, 
Praxis.  Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  29)  erzielte  mit  dem  Noso- 
phen, in  nicht  zu  grosser  Menge  eingestäubt,  sowohl  bei 
der  acuten  als  auch  chronischen  Mittelohreiterung,  sowie  bei  den 
Erkrankungen  des  Meatus  extemus  recht  günstige  Erfolge.  Zur 
Ausspülung  des  Ohres  wurde  eine  0,2 — 0,5  "/o  ige  Lösung  des  Anti- 
nosins  (Natronsalz  des  Nosophens)  verwendet. 

Voss    (Die   Behandlung    der   Facialislähmung   nach  Behandlang 
acuter  Otitis  media.     Archiv  f.  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  4)  em-*«^'^  Facialis- 

c-,  •        t  lähmung 

pfiehlt,  wenn  die  sonstigen  üblichen  Mittel  in  Stich  lassen,  gestützt  nach  acute r 

auf  einen  Fall  mit  Ausgang  in  Heilung,    die  Ausräumung   der  in  Otitis  media, 

diesen  Fällen  möglicherweise  hyperämischen  Spongiosa,   als  Grrund 

des  Fortbestehens  der  Lähmung,  bis  in  die  Nähe  des  Antrum,  ohne 

letzteres  zu  eröffiien.     Verf.  ging  hierbei  von  den  Besserungen  aus, 

die  Facialislähmungen  bei   chronischer  Otitis  nach  Aufmeisselungen 

erfahren. 

Lake  (Remarks  on  facialis  paralysis  in  recent  Otitis  media  and  Lake, 
the  treatment  of  acute  Otitis,  when  the  hearing  power  is  threatened. 
Joum.  of  laryngol.  Ref  Centralbl.  f.  Chir.  Nr.  35)  weist  darauf  hin, 
wie  relativ  häufig  Facialislähmungen  bei  acuten  Pauken- 
höhleneiterungen der  Kinder  vorkommen  und  fuhrt  die  Ursache 
auf  die  unvollkommene  Ausbildung  der  knöchernen  Wand  des  Facial- 
kanals  zurück.  Um  die  Lähmung  zu  heben  und  das  Gehör  zu 
schützen,  empfiehlt  Lake ,  möglichst  frühzeitig  das  Antrum  mastoideum 
zu  öffiien.  Bei  langjährigen  Lähmungen  wurde  oft  noch  durch  den 
galvanischen  Strom  volle  Heilung  oder  wenigstens  bedeutende  Besse- 
rung erzielt. 

Aus   dem  Berichte  Barnick's  (Jahresbericht  aus  Prof.  Haber-  Behandlung 
mann's  Klinik  f.  Ohren-,  Nasen-  u.  Halskranke   an  der  Universität         ^f' 
in  Graz  für  die  Zeit  vom  1.  October  1893  bis  30.  September  1894.Q^^jg|jjg^i^. 
Archiv  für  Ohrenheilk.  Bd.  38,  H.  3  u.  4)  seien  die  günstigen  Re-     Paraffin- 
sultate  in  der  Behandlung  der  Mittelohrkatarrhe  durch  Paraffin-  *"^ß^H^^"'"' 
injectionen,  0,5  Jodoformparaffin  jeden  3.  Tag,   hervorgehoben. 
Besonders  waren  es  die  schon  seit  Jahren  bestehenden  katarrhali- 
schen Mittelohrprocesse ,  sowohl  die  hyperplastischen  mit  subacuten 


446  Koch. 

Nachschüben,  als  auch  die  mit  geringer  Secretion  einhergehenden 
Formen,  die  günstig  beeinflusst  wurden. 

Behandlung  Ebenso  wandte  auch  Alt  (Ueber  die  Anwendung  des  Vase- 

^f^  linum  liquidum  bei  der  Behandlung  einiger  Mittelohraffectionen. 
Otitis  media  Cö^^^bl-  ^'  gösanmit.  Therap.  H.  6)  bei  250  Kranken  die  Vas elin- 
mit  ^aseiin- iniectionen  in  systematischer  Weise  an  und  fand  ebenfalls,  dass 
injec  lonen,  ^^g^Hj^jj  jj^f  chronischen  veralteten  Katarrhen  des  Mittelohrs   mit 

Alt, 

positivem  Binne'schen  Versuch  sich  viel  empfehlenswerther  erwiesen, 
als  der  einfache  Katheterismus.  Sowohl  bezüglich  der  Hörschärfe 
als  auch  der  quälenden  subjectiven  Beschwerden  wurde  nahezu  in 
allen  Fällen  eine  beträchtliche  Besserung  erzielt.  Bei  Sklerose  wurden 
nur  geringe  Erfolge  gewonnen. 
Deistanche.  Delstanche    (Das   flüssige   Vaselin   in   der   Behandlung   der 

Mittelohrerkrankungen.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4) 
rühmt  im  Oegensatz  zu  Alt  die  schönen  Erfolge  der  Injectionen 
von  einfachem  oder  jodoformirtem  Vaselin  —  3 — 4  g  —  auch  bei 
der  Otitis  media  purulenta  acuta,  die  manchmal  eine  ausgeprägte 
Abortivwirkung  hatten. 

—  mit  Das  Princip  des  von  Hang  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5) 

^V^'        angegebenen  Verfahrens  zur  mechanischen  Behandlung  eines 

verddn-  ®  ^  .  .... 

nungs-       Theilesder  chronischen  nicht  eitrigen  Mittelohraffec- 

ap parat,  tionen  (Massage  des  Trommelfells  und  seiner  Adnexe)  bestellt  in 
einer  bei  absolutem  Abschluss  des  Gehörganges  erfolgenden  ab- 
wechselnden Luftverdünnung  und  Luftverdichtung.  Der  namentlich 
zur  systematischen  Selbstbehandlung  bestimmte  Apparat  besteht  aus 
einem  derben  ^jt  m  langen  Grummischlauch,  der  an  dem  einen  Ende 
einen  hohlen  hölzernen  Zapfen  trägt,  welch  letzterer  in  einem  ge- 
wöhnlichen, an  seinem  Gehörgangsende  mit  einem  Stückchen  Gummi- 
schlauch überzogenen  Ohrtrichter  von  Hartgummi  steckt.  Das  andere 
Ende  trägt  eine  kleine  durchbohrte  Holzolive.  Der  Ohrtrichter  muss 
fest  in  das  Ohr  hineingedreht  und  nun  mit  dem  Munde  eine  stark 
saugende  Bewegung  vorgenommen  werden,  ungefähr  10 — 20mal 
hinter  einander  und  2mal  des  Tages.  Nie  darf  ein  Schmerzgefühl 
empfanden  werden.  Nur  bei  thatsächlich  bestehender  Verminderung 
der  functioneUen  Beweglichkeit  des  Hammerambossgelenks  oder  ab- 
normer Fixation  des  Steigbügels  ist  das  Verfahren  angezeigt;  ins- 
besondere eignen  sich  die  Anfangsformen  der  Sklerose.  Ist  nach 
4  Wochen  noch  kein  Nutzen  ersichtbar,  so  ist  mit  der  Behandlung 
unbedingt  aufzuhören. 


Hang. 


Ollrenkrankheiten. 


447 


Lucae  (Weitere  Mittheilongen  über  die  mit  der  federnden  Druck-       —  mit 
sonde  gemachten  Erfahrungen.    Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  2  u,  3)    ^«dernder 
untersuchte  46,  diagnostisch  meist  zweifelhafte  Fälle  —  ob  periphere       Lucae. 
oder  Acusticuserkrankung  — ,   die  nur  mit  der  Drucksonde  be- 
handelt wurden,  bezüglich  der  Heilresultate  zu  dem  Ausfall  des  Kinne- 
sehen  Versuches  und  der  Perception  der  musikalischen  Töne  und 
fand,  dass  von  letzteren  mit  einer  einzigen  Ausnahme  die  höchsten 
Töne  noch  relativ  gut  gehört  wurden.     Es  ergab  sich,  dass  gerade 
die  Fälle  mit  positivem  Binne  (20)   mit  einer  Ausnahme  sämmtlich 
sehr    gebessert  wurden;    hieran   schliessen    sich   die   ebenfalls   ge- 
besserten Fälle,  wo  Rinne  vor  der  Behandlung  negativ  und  dann 
positiv  ausfiel  (8),   während  von  den  übrigen    18   mit  constantem 
negativem  Rinne   12  gebessert  wurden.     Auch  in  2  Fällen  von  un- 
zweifelhaftem Labyrinthleiden  war  die  Drucksonde  von  entschiedenem 
Nutzen. 


Okuneff  (Ueber  die  Anwendimg  des  Acidum  trichloraceticum 
bei  chronischen  eitrigen  Entzündungen  des  Mittelohres.  Monatsschr. 
f.  Ohrenheilk.  Nr.  1)  empfiehlt  auf  das  eindringlichste  die  Behand- 
lung der  chronischen  Ohreiterungen  mit  Trichloressigsäure. 
Nach  Anästhesirung  der  Paukenhöhle  mit  10 — lB*^/oiger  Coca'mlösung 
wird  ein  kleiner  Säurekrystall  an  die  Schlinge  eines  gewöhnlichen 
Eisendrahtes  angeschmolzen  und  die  zu  ätzende  Stelle  leicht  berührt; 
sodann  rasche  Ausspülung,  Austrocknung  imd  Einblasen  von  Aristol, 
Borsäure  u.  dergl.  Die  Procedur  wird  1 — 2mal  wöchentlich  vor- 
genommen xmd  kommt  zur  Anwendimg:  1.  bei  chronischer  Mittel- 
ohreiterung mit  grosser  Perforation,  2.  bei  kleineren  Granulationen 
auf  dem  Trommelfell  und  im  Gehörgange,  3.  um  trockene,  über- 
häutete Perforation  zur  Vernarbung  zu  bringen.  Besonders  letzteren 
Punkt  urgirt  Verf.  und  nennt  es  wirklich  ein  Verbrechen,  wenn  man 
wenigstens  bei  Kindern  nicht  nach  diesem  Ziele  strebt;  hier  darf 
die  Aetzung  nur  alle  8 — 9  Tage  stattfinden.  Unter  42  Fällen  er- 
zielte Verf.  38mal  das  Aufhören  der  Eiterung,  also  bei  90 ''/o.  Ver- 
narbung der  Defecte  und  Perforationen  bei  23  ^jo . 

Couetoux  (Du  pansement  de l'otite  moyenne  purulente  chronique. 
AnnaL  des  malad,  de  Foreille  Nr.  10)  hebt  namentlich  die  Ueber- 
legenheit  des  Qö'^/oigen  Alkohols  vor  dem  90"/oigen  in  der  Be- 
handlung der  chronischen  Mittelohreiterung  hervor. 


Acidum 
trichlor- 
aceticum, 
Okuneff. 


950/0  ig  er 
Alkohol, 
Couetoux. 


Hoover  (Teinture  d'iode   dans  le  traitement  des  inflammations  Jodtinctur, 
suppuratives  chroniques  de  ToreiUe.    Ref.  Rev.  de  laryngol.  Nr.  21)       Hoover. 


448  Koch. 

empfiehlt  die  Jodtinctur,  mittels  Watteträger  applicirt,  ziir  Behand- 
lung der  chronischen  Otorrhoe. 

Bei  Ausfall  der  Oehörsperception  auf  einem  Ohre 
Hör  Übungen,  warnt  Alt  (Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  5)  die  Patienten  dringend 
^^^'  davor,  ihr  schlechteres  Ohr  zu  vernachlässigen.  Anstatt  nur  mit 
dem  guten  Ohre  zu  hören,  wie  es  in  solchen  Fällen  meistens  geschieht, 
soUen  sie  sich  im  Gegentheil  möglichst  anstrengen,  mit  dem  schlech- 
teren Ohre  zu  hören.  Femer  ist  zu  empfehlen,  das  bessere  Ohr 
öfters  am  Tage  (16— 20mal)  für  kurze  Zeit  (2—3  Minuten)  mit  Wolle 
und  mit  dem  Finger  zu  verstopfen  und  für  das  schlechtere  Ohr 
Hörübungen  in  der  Weise  anzustellen,  dass  aus  möglichst  grosser 
Entfernung  aus  einem  Buche  vorgelesen  und  jedes  Wort  nach- 
gesprochen wird.  Verf.  hofft  auf  diese  Weise  bei  noch  nicht  zu 
weit  vorgeschrittenen  Fällen  günstige  Resultate  zu  erzielen. 

Warzen-  Knapp   (Zeitschr.   f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)   discutirt 

fortsatz-     ^jg  Indicationen  der  Warzenfortsatzoperationen  bei  acuter 
Operationen,    ... 

Knapp.       eitriger  Mittelohrentzündung,  mit  vier  erläuternden  Fällen. 

In  seinen  Beiträgen  zur  Ohrenchirurgie  (Deutsche  med. 
Excision  Wochenschr.  Nr.  46 — 57)  will  Haug  an  der  Hand  eigener  Beob- 
deröchör-  achtungen  ein  Bild  von  der  Richtung  geben,  in  der  sich  in  letzter 
Hang.  Zeit  die  Therapie  einiger  der  wichtigsten  Ohrkrankheiten  bewegt. 
Zuerst  wird  die  Excision  von  Hammer  und  Amboss  abgehandelt. 
Dieselbe  wird  hauptsächlichst  aus  zwei  Gründen  ausgeführt:  I.  zur 
Heilung  von  Eiterungen  und  11.  zur  Hörverbesserung.  Ad  Nr.  I 
kommen  in  Betracht:  1.  die  Excision  cariöser  Oehörknöchelchen 
vom  Gehörgange  aus,  2.  die  Excision  gesunder  Gehörknöchelchen 
vom  Gehörgange  aus  wegen  Caries  im  Kuppelraum,  8.  Excision  von 
Gehörknöchelchen  bei  Warzenfortsatzeröffhung.  Eine  zahlreiche 
Casuistik  ülustrirt  den  segensreichen  Erfolg  dieser  Methoden.  Sodann 
folgt  die  Excision  des  gesunden  Hammers  zur  Hörverbesserung  und 
zur  Hebung  von  Geräuschen.  Während  die  Hammerexstirpation 
wegen  Eiterung  zugleich  auch  sehr  häufig  geradezu  enorme  Hör- 
verbesserungen ergibt,  werden  zwar  auch  hier  bei  der  namentlich 
in  Betracht  kommenden  Sklerose  zuweilen  Hörverbesserungen  erzielt, 
aber  der  Erfolg  ist  unsicher,  und  das  Hauptgewicht  liegt  bei  dieser 
Operation  in  der  Erleichterimg  der  subjectiven  Beschwerden.  Die 
Amboss-  und  Hammer-Ambossexstirpation  gibt  schlechte  Resultate 
bezüglich    Hörverbesserung.     Den   Schluss    der   Arbeit    bildet    die 


OfarenknBldKeiteii.  449 

Kachbehandlang  der  radicalen  Warzenfortsatzanfmeisse- 
Inng  mit  sofortigem  Verschluss  und  den  dabei  in  Betracht 
kommenden  Lappenbildongen  mkd  Nahtmethoden. 

Anstatt  der  Exdsion  des  TrommelfeUs  mitsammt  dem  Hammer 
und  Amboss  soll  nach  Burnett  (Chirurgische  Behandlung  des  chroni-Excision  des 
fichenPaukenhöhlenschwindels, oft falschlichMeniere'sche Krank-  ^"^«sses» 
heit  genannt.  Transactions  of  the  Amencan  otological  Society.  Arch. 
f.  Ohrenheilk.  Bd.  38,  H.  1  u.  2)  die  Entfernung  des  Ambosses 
allein  und  sogar  nur  diejenige  seines  langen  Fortsatzes  genügen 
behu&  Besserung  des  Gehörs,  des  Ohrensausens  und  des  Schwindels. 
Die  Besserung  beruht  auf  der  Entlastung  des  Steigbügels  von  dem 
Druck  des  Tensor  tympanL 

Karutz  (Ein  Fall  Ton  StapesextractioiL  Zeitscbr.  f.  Ohrenheilk.  Stapes- 
Bd.  27,  H.  3  u.  4)  extrahirte  einer  Patientin  den  Stapes  wegen  Sklerose,  extraction, 
Ton  unangenehmen  Zufällen  nach  der  Operation  war  nur  kurzdauernde 
Polsverlangsamnng  und  8  Tage  langer  ziemlich  starker  Schwindel  zu  be- 
merken. Das  Tronmielfell  war  nach  5  Tagen  geschlossen.  Die  erzielte  Hör- 
Verbesserung  war  nach  8  Monaten  wieder  verschwunden,  dagegen  dauernde 
Besserung  der  snbjectiven  Gehörsempfindungen. 

Zaufal  (Zur  Hautplastik  in  Verbindung  mit  der  radiccden  Haatplastik 
Freüegung  der  Mittelohrräume.     Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  10)    „.  ^®/ ^ 
berichtet  über  fünf  Pälle,  die  nach  der  Körner'schen  Plastik  be-    Operation, 
handelt  wurden  und  deren  Besultate  sehr  für  diese  Methode  sprechen ;       Zanfai, 
nur  für  grössere  Cholesteatome  dürfte  letztere  nicht  genügen. 

Die  Methode  S tacke's  (lieber  eine  Methode  der  Plastik  zur  Stacke, 
Deckung  der  bei  der  operativen  Freilegung  der  Mittelohrräume  ent* 
blössten  Knochenflächen.  Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  9)  besteht 
darin,  dass  mehrere  Lappen  gebüdet  werden.  Ein  Hautlappen,  mit 
der  Basis  nach  oben,  wird  bis  über  die  Linea  temporalis  abpräparirt 
und  nach  oben  umgeschlagen,  sodann  ein  Periostlappen  von  der 
Linea  temporalis  nach  unten  bis  zur  Lisertion  des  Knopfnickers 
mittels  Baspatoriums  abpräparirt  und  nach  unten  umgeschlagen. 
Der  längere  Hautlappen  wird  von  oben,  der  kürzere  Periostlappen 
von  unten  eingepflanzt.  Ist  der  Periostlappen  zu  klein,  so  wird 
Periost  von  einem  Hinterhauptslappen  mit  herangezogen.  Die  be- 
stehenbleibende Fistel  kann  nach  Jahren  osteoplastisch  gedeckt 
werden. 

Passow's  Verfahren  (Eine  neue  Transplantationsmethode  für 
die  Badicaloperation   bei    chronischen  Eiterungen   des  Mittelohres. 

Jalirbiich  der  practischen  Mediain.    1896.  29 


450  Koch. 

H au tp las tik  Berlin)   besteht   darin,    dass   die    obere  Wand   der  Knochenwxmde 
Mtt'Y  h      ^^^  grossen  Theil  durch   den   äusseren  Gehörgang  bedeckt  wird, 
Operation,    die   untere   und   eine   kleinere    oder   grössere  Fläche  der   hinteren 
Passow,       Wand  in  ihrem  äusseren  Theil  durch  einen  Hautlappen  vom  Halse 
her,    die    Wundfläche   an   der   Ohrmuschel    selbst    durch    die   um- 
geklappte Haut  hinter  dem  Ohrmuschelansatz.     Die  vordere  Wand 
ist  mit  dem  hier  in  situ  gebliebenen  äusseren  Gehörgang  überzogen. 
Der  Yortheil  der  Methode  besteht  also  darin,  dass  die  Wundfläche, 
die  durch  Granulationsbildung  heilen  muss,  erheblich  eingeschränkt 
und  somit  eine  schnellere  Epidermisirung  ermöglicht  wird.  —  Be- 
treffs der  Einzelheiten  der  Technik  muss  auf  das  Original  verwiesen 
werden. 
Mann.  Mann  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  48)  wandte  in  einigen 

Fällen  mit  gutem  Erfolge  die  v.  Mangel dt'sche  Transplantations- 
methode (s.  S.  804)  bei  der  Eadicaloperation  an,  gibt  eine  genaue 
Beschreibung  seines  Vorgehens  und  stellt  dieser  Behandlungsmethode 
eine  sehr  günstige  Prognose. 

Ohr-  Brück  (lieber  eine  unter  dem  Bilde   einer  Ohrenerkrankung 

er  kr  an  nn^g  yeriai^fende  Neurose   des   Eiefergelenks.     Deutsche  med.  Wochen- 
gelenks-    Schrift  S.  B30)  theilt  fünf  Fälle  mit,  wo  eine  Ohrenerkrankimg  durch 

nenrose,     einen  falschlich  in  das  Ohr  verlegten  irradiirten  Schmerz,  von  einer 
firuck 

Kiefergelenksneuralgie  herrührend,  vorgetäuscht  wurde.  Sämmt- 

liche  Fälle,  stets  einseitig,  betrafen  das  weibliche  Geschlecht  jüngeren 
oder  mittleren  Alters,  zum  Theü.  von  ausgesprochen  nervösem  Cha- 
rakter, und  wurde  immer  rasche  Heilung  erzielt  durch  Arsen  mit 
Eisen  oder  einem  Nervinum,  sowie  auch  anscheinend  durch  psychische 
Einwirkung. 

Hyperostose         Steinbrügge  (Zur  Hyperostose  des  Felsenbeins.  Zeitschr. 
des  Felsen-  £  Ohrenheilk.  Bd.  26,  H.  4)  beharrt  auf  seiner  Anschauung  von  der 
steinbrägge.    Osteosklerose,  dass  dieselbe  einen  Schutz  gegen  das  Vordringen  der 
Eiterung  nach  den  Meningen  und  dem  Gehirn  abgibt. 

Carcinom  Danziger's  Patientin  mit  Garcinom   des  Gehörorgans   (Monats- 

des  Ohrs,     gchrift  f.  Ohrenheilk.  Nr.  5  u.  10)  war  eine  54  Jahre  alte  Frau,  die  seit  dem 
anoger.      |q   i^ebensjahre  an  doppelseitiger  Otorrhoe  litt.    Das  Carcinom  sass  links- 
seitig und  war  wahrscheinlich  von  der  Schleimhaut  des  Mittelohres   aus- 
gegangen. 
Sarkom  des 

«,  ^-^*^^«^l«!.  Kirchner  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  8  u.  4)  beschreibt  einen 

Kirchner.      ^*^  von  Sarkom  des  Processus  mastoideus  bei  einem  Manne,   der 


Ohrenkrankheiten .  451 

viele  Jahre  an  eitriger  Mittelohrentzündung  gelitten  hatte.  Das  Neoplasma 
war  primär  in  den  Zellen  des  Processus  mastoideus  entstanden. 

Tnberoulose 
Knapp  (Zeitschr.   f.  Ohrenheilk.   Bd.  26,   H.  2  u.  3)   berichtet  über  des  Warzen- 

einen  Fall  primärer  Tuberculose  des  Warzenfortsatzes.  fortsatzes, 

Knapp. 

L entert  (Pathologisch-histologischer  Beitrag  zur  Cholesteatom-       Ch ole- 
frage.  Aus  der  Kgl.  Universitäts-Ohrenklinik  zu  HaUe  a.  S.   Archiv  f.     %*«»*o™' 

.  Leiitert. 

Ohrenheilk.  Bd.  89,  H.  4)  unterscheidet  auf  Grund  seiner  Unter- 
suchungen folgende  Entstehungsarten  der  Cholesteatome:  1.  durch 
Einwachsen  von  Epidermis  in  die  Paukenhöhle  und  weiterhin  in 
das  Antrum  und  die  pneumatischen  ZeUen  und  Auskleidung  dieser 
Kämne,  so  dass  für  die  Degenerationsproducte  kein  Ausweg  vor- 
handen ist  (Hab ermann);  2.  durch  Abschnürung  eingewanderten 
Plattenepithels  resp.  Implantation  durch  Trauma  (Betentionstumoren) : 
a)  in  Granulationen,  so  dass  es  nach  Art  der  Kaufmann'schen 
Enkatarrhaphieen  zu  einem  geschlossenen  Sack  anwachsen  muss ;  b)  in 
einer  eröffiieten  Ejiochenzelle  durch  Granulationen,  welche  weiterhin 
die  Zelle  überdachen  und  von  beiden  Flächen  mit  Epidermis  über- 
zogen werden,  welch  letztere  somit  zu  einem  geschlossenen  Sack 
auswachsen  muss  („primäres^'  Cholesteatom  oder  Eecidiv  oder  arte- 
ficieU  nach  Operationen  wegen  Caries) ;  c)  in  einer  eröffiieten  Ejiochen- 
zelle, welche  durch  den  Operateur  mit  einem  Hautlappen  bedeckt 
wird,  wonach  das  in  der  Zelle  zurückgebliebene  Epithel  zu  einem 
Sack  auswachsen  kann  (recidiv-arteficielles  Cholesteatom). 

Scheibe  (Bildungsanomalieen  im  häutigen  Labyrinth  Tanbstumm- 
bei  Taubstummheit.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  2)  be-    ^f**?"*^ 

A.  .  .  hautiges 

richtet  über  einen  weiteren  Fall,  der  dafür  spricht,  dass  Entwicke-  Labyrinth, 

lungshemmungen  sich  allein  auf  die  häutigen  Theile  des  Labyrinths       Scheibe. 

beschränken  können. 

Ebenda  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  2)  liefert  Scheibe  Taabstumm- 
auch   einen   histologischen  Beitrag   zur   Taubstummheit    durch     heit  und 
Otitis  interna.   Während  die  knöcherne  Labyrinthkapsel  fast  über-     interna, 
all  intact  ist,   sind  die  häutigen  Gebilde  grösstentheils  zu  Grunde      Scheibe. 
gegangen  und  ist  das  Lumen  des  Labyrinths  in  beträchtlicher  Aus- 
dehnung ausgefüllt  von  neugebildetem  Bindegewebe  und  Knochen- 
sabstanz. 

Politzer  (Heutiger  Zustand  der  pathologischen  Anatomie 
des  Labyrinths.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  theilt 


452  Koch. 

Fat  ho-       die  pathologisch -anatomischen  Veränderungen  in  drei  Kategorieen : 

A**^r  mf     ^'  Hyperämie,  2.  Blutergüsse,  8.  primäre  resp.  secundäre  Labyrinth- 

des         entzündung  und  beschreibt  ausführlich  unter  Berücksichtigung  der 

Labyrinths,  verschiedenen  ätiologischen  Momente  die  Anatomie  und  Folgezustände 

Politzer.        ^  .       i  tt   . 

der  emzelnen  Kategoneen. 

Labyrinth-  Asher's  Arbeit  (Ueber  den  Druck  im  Labyrinth,  vornehmlich 

druck  bei    ^  i  Hirntumor.    Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  27,  H.  6  u.  6),   an   der 

Hirntumor,  ,  .  . 

Asher.  Hand  eines  nach  jeder  Eichtung  hin  genau  untersuchten  Falles, 
liefert  einen  werthvoUen  Beitrag  zur  Lösung  der  Frage  des  Einflusses 
eines  abnorm  erhöhten  intracraniellen  Druckes  auf  das 
Labyrinth.  Dass  nur  in  einer  geringen  Zahl  von  Hirntumoren 
Hörstörungen  beobachtet  werden  im  Gegensatz  zu  der  Häufigkeit 
der  Veränderungen  am  Augenhintergrunde,  erklärt  sich  daraus,  dass 
das  Ohrlabyrinth  die  Einwirkung  erhöhten  intracraniellen  Druckes 
viel  besser  und  länger  zu  compensiren  im  Stande  ist,  als  das  Auge. 

Ueberden  Mendel  (Ueber  den  Schwindel.     Deutsche  med.  Wochenschr. 

Schwindel,  j^j..  23.  Vereinsbeü.  Nr.  IB)  betrachtet  den  Schwindel  als  einen 
Symptomencomplex ,  der  in  einer  durch  eine  abnorme  Function  der 
Augenmuskeln  bedingten  krankhaften  Störung  des  Körpergleich- 
gewichts besteht.  Der  Orund  dafür  ist  in  einer  Circulationsstorung 
im  Gebiete  der  Augenmuskelkeme  zu  suchen.  Auch  der  Moniere- 
sehe  Ohrschwindel,  sowie  der  Schwindel  bei  Otitis  media  dürfte  nacli 
Mendel  hierauf  beruhen. 

Heni^re'aohe  Nach  Grub  er  (Ueber  Morbus  Menierei.  Monatsschr.  f.  Ohren- 
Erkrankung. iieilk.  Nr.  6)  soUen  mit  „Morbus  Menierei"  nur  die  primär  im 
™  *'*  Labyrinth  auftretenden  Processe  bezeichnet  werden,  welche  die  be- 
kannte Trias  hervorrufen,  und  er  ist  der  Ueberzeugung,  dass  die- 
selben viel  häufiger  durch  secretorische  oder  exsudative  Processe 
als  durch  Hämorrhagieen  bedingt  sind  und  dass  hierbei  nament- 
lich auch  die  Adnexa  des  Labyrinths,  die  Wasserleitungen, 
und  ganz  besonders  der  Eecessus  Cotugni  eine  grosse  Holle 
spielen. 

Sehr  eingehende  Untersuchungen  über  die  Gleichgewichts- 
störungen bei  Ohrenkranken  hat  v.  Stein  (Zeitschr.  f.  Ohren- 
heilk.  Bd.  27,  H.  2,  8  u.  4)  angestellt.  Die  Gleichgewichtsstörungen 
treten  hauptsächlich  bei  Labyrinthleiden  auf;  da  sie  aber  auch  bei 
totaler  Taubheit  fehlen  können,   muss  ein  bestimmter  Nervenzweig 


Ohrenkrankheiteii.  453 

nur  for  die  Grehörsempfindniigen  vorhanden  sein.    Sie  werden  femer      Qieieii- 
öfters  bei  acnten  und  chronischen  IGttelohrleiden,  seltener  bei  solchen    s^^^cJ»*»- 
des  äusseren  Ohres  beobachtet  nnd  sind  dann  häufig  nur  vorüber-     bei  Ohr- 
gehender  Natur.     Bei    chronischen   Mittelohrleiden    schwankt   ihre      erkran- 
Intensität  sehr.     Bedingt  werden  sie  hier  wahrscheinlich  durch  er-       '^^^^^ 
höht^i    liabyrinthdmck,    Hyperämie    resp.    Entzündung    des   Laby- 
rinthes,   oder  ^eichzeitig  durch  alle  drei  Ursachen.     Die  Mehrzahl 
der  Patienten  leidet  an  Coordinationsstörungen  ohne  eine  Spur  von 
SchwindeL     £s  werden  sodann  die  Merkmale,   wie  sich  diese  Co- 
ordinationsstörungen von  den  durch  andere  Ursachen  bedingten  unter- 
scheiden,   genau   beschrieben,   femer   darauf  hingewiesen,   wie   im 
allgemeinen    ein  Parallelismus   zwischen   subjectiven   Gehörsempfin- 
dungen   und   Gleichgewichtsstörungen   sich    nicht    feststellen    lässt, 
jedoch  sehr  starke  Geräusche  oft  von  Störungen  begleitet  sind,  wie 
starke  Geräusche  ohne  Gehörsschwächung  mit  gleichzeitig  gut  mar- 
kirten  Coordinationsstörungen  mehr  für  ein  Labyrinthleiden  sprechen, 
und  wie  auf  diese  Weise  noch  unter  Umständen  eine  Diagnose  er- 
möglicht wird,  wo   die  anderen  Methoden  im  Stiche  lassen.     Nach 
ausfuhrlicher  Aufzählung  der  verschiedenen  in  Betracht  kommenden 
C^mbinationen  zwischen  Luft-,  Ejiochenleitung,  Coordinationsstörungen 
nnd  subjectiven  Geräuschen  und  der  daraus   zu  folgernden  diagno- 
stischen Schlüsse  folgt  die  Localisation  der  Coordinationsstörungen. 
Hieran  schliesst  sich  die  Aufzählung  der  verschiedenen  Combinationen 
der  Symptome  einer  Labyrintherkrankung.     Li  prognostischer  Hin- 
sicht äussert  sich  Verf.  dahin,   dass,  je  stärker,  permanenter  oder 
mannichfaltiger    die  Gleichgewichtsstörungen  bei  peripheren  Ohren- 
leiden mit  Schwächung  des  Gehörs  sind,   desto  weniger  Hoffiiung 
auf  eine  Herstellung  des  Gehörs  vorhanden  ist.     Eine  grosse  Anzahl 
ausführlicher  Ej-ankengeschichten  büden  den  Schluss. 

Die  Otitis  interna  kann  nach  Gradenigo   (Die  allgemeine  Allgem ein- 
Behandlung bei  der  Otitis  interna.     Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  Behandlung 

■^^  der  Otitis 

H.  3  IL  4)  erworben  oder  erblich  sein.  Die  erworbene  ist  öfter  mit  interna, 
Syphilis  oder  Eheumatismus  verbunden.  Bei  den  syphilitischen  Formen  Gradenigo. 
gibt  eine  früh  eingeleitete  specifische  Behandlung  sehr  oft  glänzende 
Eesultate.  Bei  den  rheumatischen  Formen  wirkt  nur  die  Hydro- 
therapie nebst  einer  Localbehandlung  günstig.  Bei  der  Otitis  interna 
nach  Otitis  media  bei  Tuberculosen  ist  eine  Besserung  nur  bei 
Hebung  des  Allgemeinzustandes  möglich.  Bei  Gewerbelabjointhitis 
gibt  die  Jodmedication  gute  Eesultate.  Die  vom  Verf.  als  para- 
tuböTculöse  oder  parasyphilitische  bezeichneten,  auf  Erblichkeit  be- 


454  Koch. 

ruhenden  Formen  werden  von  der  inneren  Behandlung  wenig  be- 
einflusst. 

A.iigemein*  Gell6  (Die  allgemeine  Behandlung  der  Ohrenkrankheiten.  Zeit* 

behandiung     j^^^  £  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  3  u.  4)  bespricht  zuerst  die  Pro- 

der  Ohren*  .         ,  ... 

k  rank  hei  ten,pliylazis  mit  Hinweis  auf  die  multiplen  Infectionswege  beim  Fötus, 

OeiiÄ.  \^q{  jeiji  Neugeborenen  und  beim  Elind;  dann  folgt  die  Heredität, 
die  infectiösen  Processe  der  Mutter  während  der  Schwangerschaft, 
die  hygienischen  und  diätetischen  Fehler.  Die  Behandlung  der 
Otitis  acuta  kann  anfangs  eine  abortive  sein,  insbesondere  in 
Fällen  von  Oto-Osteoperiostitis  infectiosa  (Influenza),  wo 
eine  allgemeine  Behandlung,  obwohl  nicht  so  erfolgreich,  doch 
nicht  unnützlich  bleibt.  Die  verschiedenen  Indicationen  bei  der 
Otitis  grippalis,  rheumatica,  guttosa  etc.  werden  ausfuhr- 
lich abgehandelt.  Bei  der  Otitis  media  chronica  muss  die  all- 
gemeine Behandlung  auf  die  ätiologischen  Momente  begründet  sein: 
Tuberculose,  Scrophulose,  Syphilis,  Diabetes  etc.  Bei  der  Otitis 
chronica  mit  Schwindelanfallen  muss  die  nervöse  XJeberreizbarkeit 
der  Nervencentra  und  des  Labyrinthes  zu  modificiren  versucht  werden. 
Auch  die  Formen  mit  subjectiven  Gehörsstörungen  können  durch 
verschiedene  allgemeine  Mittel  behandelt  werden.  Das  letzte  Kapitel 
ist  der  Schwerhörigkeit  im  allgemeinen  gewidmet  und  deren  Be- 
handlung mit  Suggestion,  Hypnotismus  und  Elektricität.  Verf.  schliesst 
damit,  dass,  obwohl  die  allgemeine  Behandlung  nicht  zu  unter- 
schätzen ist,  doch  dieselbe  erst  in  zweiter  Linie  steht  und  die  Local- 
behandlung  bei  allen  Formen  von  Ohrenerkrankungen  die  Haupt- 
sache ist. 

Pilocarpin  Shirmunsky   (Pilocarpin   bei   Erkrankungen   des  Mittelohres 

^®!         imd   des    Labyrinthes.     Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.   Nr.  2)   resumirt 

erkrankung,  ^^^*  ^-  -^^^  ^^^  frischen  Erkrankungen  des  Labyrinthes,  welches 

Shinnunsky.    Ursprungs  sie  auch  sein  mögen  (syphilitischen,  traumatischen   oder 

secxmdären)  kann  man  erfolgreiche  Wirkung  von  subcutanen  Pilo- 

carpininjectionen  erwarten,  und  zwar  um  so  sicherer,  je  zeitiger 

die  Behandlung  begonnen  wird.     2.  Bei  veralteten  Lab3n:inthaffec- 

tionen  und  bei  sog.  trockenen  Mittelohrkatarrhen,  wo  sich  bereits 

persistente  Veränderungen  gebildet  haben,  sind  sowohl  subcutane, 

wie  directe  Lijectionen  von  Pilocarpin  in   die  Paukenhöhle  auf  den 

Process  von  gar  keinem  Einfluss. 

Cochleae  Goldstein's  Fall   (Exfoliation  der  Cochlea,    des  Vestibulum 

Ooldstein.'     und    den  Canalis   semicircularis.     Wien.   med.   Presse  Nr.  87  u.  38) 


Ohrenkrankheiten.  455 

beansprucht  namentlich  deshalb  Interesse,  weil  durch  sorgfältige  und  feine 
Proben  auf  der  afficirten  Seite  ganz  entschieden  Grehörsempfindungen  con- 
statirt  werden  konnten. 

Meier  (Zur  Fortleitung  otitischer  Eiterungen  in  die  Schädelhöhle  durch     Otitis  che 

den    Canalis  caroticus.     Arch.  f.  Ohrenheilk-  Bd.  37,  H.  1  u.  2)  theilt  die     Eiterung 

Krankemreschichte  von  drei  Fällen  mit,   in   denen  die  Section  die  directe  ^^      ana  is 
^^  .  caroticus, 

Fortleitung   der   Ohreiterung   durch   den   carotischen  Kanal  in        Heier. 

die  Schädelhöhle  feststellte,  und  betont,  dass  diese  Fortleitungsbahn  bisher 

noch  nicht  die  gebührende  Berücksichtigung  gefunden  habe. 

Basirend  auf  den  Krankheitsverlauf  und  den  Sectionsbefond  von  Meningitis 
zwei  Fällen,  darunter  einer  aus  der  eigenen  Praxis,  sowie  unter *®'°**  otica, 
Zogmndelegung  einer  Beihe  ähnlich  verlaufener,  aber  zum  Theil 
geheilter,  aus  der  Litteratur  zusammengestellter  Fälle  gibt  es  nach 
Levi  (lieber  Meningitis  serosa  im  Gefolge  chronischer  Ohrentzün- 
dung.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  26,  H.  2  u.  3)  auch  eine  oti- 
tische Meningitis  serosa. 

Yulpius  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  2)  berichtet   über   drei    Epidnrale 
Falle    von   acuten    eitrigen    Influenzaotitiden  mit  epiduralen  Ab-    ^^*,^*"®' 
sc  essen,  welche  letztere  sich  durch  keine  besonderen  Zeichen  zu  erkennen 
gegeben  hatten  und  erst  bei  der  Eröffnung   des  Warzenfortsatzes  entdeckt 
inirden.     Alle  drei  FaUe  endeten  in  Heilung. 


Vnlpios. 


Jansen  (Optische  Aphasie  bei  einer  otitischen  eitrigen  Ent-     Optische 
Zündung   der  Hirnhäute  am  linken   Schläfenlappen  mit  Ausgang  in  ^V^^^^e  bei 
Heilung.     Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  35)  gibt  die  Schilderung  eines  Falles    Hirnhaut- 
Ton  umschriebener  eitriger  Entzündung  der  Hirnhäute  und  der  Rindensub-entzü n dang, 
stanz  an  der  unteren  Fläche   des  linken  Schläfenlappens  im  Anschluss   an        Jansen, 
eine  chronische  Mittelohreiterung.  Durch  die  Trepanation  wurde  die  Heilung 
herbeigeführt.    Der  Fall  ist  besonders  interessant   durch   die   festgestellte 
partielle  optische  Aphasie  beim  Fehlen  motorischer  Sprachstörungen.  Wichtig 
i»t  femer  die  Beobachtung  der  Nackensteifigkeit  bei  extra-  und  intraduraler 
Eiterung  an   den  Hirnhäuten  am  Boden  der  mittleren  Schädelgrube,   wie 
sie  sich  sonst   nur    bei   diffuser   eitriger  Cerebrospinalmeningitis   oder   bei 
Eiterheerden  in  der  hinteren  Schädelgnibe  findet. 

Zur  Beantwortung  der  Frage,  wie  häufig  linksseitige  otitiöche 
Temporalabscesse  sensorische  Aphasie  verursachen,  konnte 
Schmiegelow   (Beitrage  zur  Diagnose   und  Behandlung  der   oti- 
tischen Himabecesfle.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  26,  H.  4)  54  Fälle,  J 
darunter  2  eigene,  zosammenstellen,  wo  entweder  die  Operation  oder             -^^^ 


456  Koch. 

Sensorisohe  die    Section    den    Temporalabscess    bewiesen    hatte.      Von    diesen 
Aphasie  und  54  Fällen  boten  23  Fälle  (42<*/o)  mehr  oder  weniger  ausgesprochene 
oti tische     Sprachstörungen  dar,  und  kann  das  sensonsche  Sprachcentrum  so- 
Temporal-    wohl  durch  Druck  von  innen  (temporale  Gehimabscesse),  wie  von 
Schtniegelow,   Ä^^^ö^^  (epidurale  Abscesse)  beeinflusst  werden.    Da  diese  Aphasie 
nicht  immer  stationär  oder  von  fortschreitendem  Charakter  ist,  son- 
dern rein  transitorisch  sein  kann,  so  deutet  dies  darauf  hin,   dass 
dieselbe  nicht  durch  eine  directe  Läsion  des  Sprachcentrums,  sondern 
von  secundären  Veränderungen   in   dem  den  Abscess   umgebenden. 
Gehimgewebe  und  speciell  in  den  Leitungsbahnen,  welche  mit  dem 
Sprachcentrum  in  Verbindung  stehen,  bedingt  wird.  ~  Bei  Abscessen 
im  Schläfenlappen  will  Schmiegelow  immer  zuerst  den  Processus 
mastoideus   geöffiiet  wissen,    um  darauf  durch  Wegmeisselung  der 
Decke  im  Gehörgange  und  Processus  mastoideus  das  Gehirn  anzu- 
greifen.  Bei  Worttaubheit  soll  stets  die  Possa  media  geöfPnet  werden. 

Aphasie  bei  Nach  H.  Oppenheim  (Ueber  den  Charakter  der  Aphasie  beim 

\^f.    '       otitischen  Abscess  des  linken  Schläfenlappens.    Kurze  Mittheüunii. 
seitigem  -^-^  ^ 

Schläfen-  Portschr.  d.  Med.  Nr.  18)  beruht  die  bei  den  otitischen  Eiterheerden 
läppen-      des  linken  Schläfenlappens  auftretende  Sprachstörung  auf  der  Läsion 

Oppenheim.  ^®^  sensorischen  Sprachcentrums  oder  auf  der  Unter- 
brechung der  Bahnen,  welche  dieses  mit  anderen  Bindengebieten, 
verknüpfen. 

otitische  Der  eine  der  von  Knapp  mitgetheilten  Fälle  (Geschichte  und  Autopsie 

Hirn-  zweier  tödtlich  verlaufenen  otitischen  Hirnkrankheiten:  1.  eines  fy- 
Enapp  '  pischen  Schläfenlappenabscesses  und  2.  eines  acuten  otitischen  Retropharyn- 
gealabscesses  mit  eitriger  Leptomeningitis  der  Yorderlappen.  Zeitschr. 
f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  1)  verdient  deshalb  besonderes  Interesse,  weil 
er  zeigt,  dass  vom  Ohre  aus  ein  Retropharyngeal abscess  durch  den 
Canalis  pro  tensore  tympani  in  dem  die  Tuba  umgebenden  Gewebe  ent- 
stehen kann  —  vielleicht  mit  consecutiver  Meningitis  durch  Fortpflanzung 
von  dem  Abscess  aus  mittelst  der  im  Kanäle  des  Tensor  tympani  zahlreich 
vorhandenen  Knochenlücken. 

Otitisohe  In  dem  Fall  von  Treitel  (Ein  Fall  von  multiplem  otiti- 

Hirn-        gchem   Hirnabscess  nebst  einer  Statistik  aus  dem  path.-anat. 

ftuScesse 

Treitel.  '  Institut  zu  Berlin.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27,  H.  1)  fand  sich 
ein  Abscess  im  rechten  Temporallappen,  ein  apfelgrosser  Abscess 
im  hinteren  Theile  des  Temporallappens  und  dem  angrenzenden 
OccipitaUappen,  ausserdem  in  letzterem  noch  mehrere  kleinere  Ab- 
scesse.    Unter  6000  in  der  Berliner  Charit6  ausgeführten  Sectionen 


' 


*-s    « 


Würden  21  G^ünaiiaDeaBt  rfenmösL.    öi—jt  T  nn.^t:   ^jl 
leidoi.    XTnses'  ^^-^r^  7  Hizssi^kaoeägisL  ^vrz*  ^nr-  'ha   h.ilo.  ^il 

haft  ist«   da  er  ix  Scr  äsn.  ina-ü^i.    r»ir*  s:r^«:reL 


Grmdez:iz:     Benz«  xcr  ix*rL  :r*iit:_-t:x  -~  i-rxrr:i  £*r  l.*^i»jLL.xjir 

den  und  nicLi  ^rbLT^sn^sr.  TiTtv.     Zrs:  ie^rr-rr-^L  2?-  ±^  "rea?»! 

die  OhiTänic*  r^  l~.r^.    \*z£  itn.  -errsr-sr^iL  ii^-^r-^  i^n.  SiJLiLiL  — 

Unter  68  YiZä^  Tic  Misroi-mi*  ":»e:':*il-T'i^-*-  Ttfri.  hl  jrczr-rfL  ^*iir^ 

operiit   mit   3  T>5esS*Z-t:i.     i:  Xifüzi^rn*   iZii   I    ■r-^rtr^rZinbs.ÄSt 
und  8  HeihrngaL. 

Picqne  «Ih;   xr&fDcZj^^i    iie*    i:»i>=j§    :>ir4r:r^"ii    '••'^•^^'    ■  '*   *^i       Pai^r»*. 
otites  moTcimes. 
wenn  Störan^^^eai   vct*äz:-> 

den  Warzenforisatz  za  T^-^:.  fcri  -ri.':r:?^"f — it-^  ■>Tlirr^7-=.p  •.;=.«! 
dagegen  rath  er  raers«  lar  Er::Eiiz^  i±s  WArzr:rj:':rÄirz>t^  'iizi  ersr. 
wenn  nach  48  Sroniai  n->:i  k^i=.^  B=Ä?«^r:=^  21 :1  zrziz'.,  dcTi  H^^rri 
im  Gehirn  von  der  W:ir.ie  a-i^  a:^iz:is-i:Ji'rr-  —  R=i  i-er  E^is- 
cuBsion  über  diesen  Y^rtra^?  ä^irZ'^  s£:L  Borger  &zi  ife  SriTe 
Picqne'a,  während  die  Chinirrai  B::it:-rr,  Sch'srarz.  Cham- 
pion niere  ach  dahin  äosserrec.  dks«  \rrizi  Aiizrrr.rrZL  T:n  Gehim- 
erscheinmigen  znersc  die  llr':?r.';r,g  de»  Wirzi=iir:rtsatZ'es  vorgeconi- 
men  weiden  aolle,  nnd  dann  erst  abrnwArren  5*=L  h-cTir  man  weiter 
vorgehe. 

Nach  T-  Bergmann  iTTeber  einige  F.:rtö«:hr:ue  im  Gebiete  der  t. 
Himchimrgie.  CentralbL  f.  Chir.  Xr.  27»  ist  es  hr:i  der  Schwierigkeit  der 
Diagnose  zwischen  Hirn-  mid  ep-itvmpaniachem  Absce&s  norhwendig, 
den  operativen  Eingriff  so  einzurichten,  dass  er  beide  zugleich  zu 
treffen  vermag,  und  zwar  znerst  den  epirvmpaniächem  Zwei  senk- 
rechte  Linien,  die  eine  vor  dem  Ohre  von  der  Basis  des  Tragus 
gegen  die  Pfeihoaht,  nnd  die  andere  ihr  parallel  vom  hinteren  Um- 
fange des  Warzenfortsatzes  gezogen,   begrenzen  das  Operationsfeld. 


458  Koch. 

Behandlung  Durch  Ablösung  der  Ohrmuschel  nach  unten  nebst  Haut  und  Periost* 
♦  •*•  ^1,  «   trichter  des  äusseren  Gehörganges  wird  ein  etwa  zwei  Finger  breiter 

Ovitiscnon 

Hirncompli-  Abschnitt  der  Schuppe  freigelegt,  aus  dem  nun  entsprechend  der 
cationen,  Lage  des  Tegmen  tympani  ein  viereckiges  Stück  ausgemeisselt  werden 
'  kann.  Von  hier  aus  kann  dann  auch  ohne  Gefahr  das  Antrum  mastoi* 
deum  eröffnet,  eventuell  auch  in  die  Fossa  sigmoidea  eingedrungen 
werden.  Ferner  kann  von  obiger  Schädellücke  auch  der  Sinus  trans- 
versus  durch  Abmeissehi  des  Knochens  in  dem  hinteren  unteren 
Winkel  erreicht  werden.  Soll  der  Sinus  von  der  äusseren  Flache 
des  Warzenfortsatzes  eröffnet  werden,  so  wird  dieselbe  bis  zum  Zu- 
sammenfluss  der  Lambda-,  Parietal-  und  Mastoideabiaht  freigelegt, 
und  gewährt  das  sich  hier  findende  Emissarium  wichtige  Anhalts- 
punkte für  die  Diagnose  und  die  Richtung  des  Meisseis,  indem 
hervorquellende  Eitertröpfchen  den  perisinuösen  Abscess  anzeigen, 
ein  Thrombus  in  ihm  auch  ein  sicheres  Anzeichen  einer  Thrombose 
des  Sinus  cavernosus  ist.  Findet  sich  nach  Eröffnung  der  Fossa 
sigmoidea  der  Sinus  von  Eiter  umspült,  so  empfiehlt  es  sich,  der 
Eröffiiung  xmd  Entleerung  des  Sinus  die  XJnterbindimg  der  Vena 
jugularis  vorauszuschicken.  —  Bei  einem  eventuellen  Kleinhim- 
abscess  wird  der  Warzenfortsatz  noch  weiter  nach  hinten  und  unten 
bis  zur  oberen  Grenze  der  Linea  arcuata  aufgemeisselt. 
Jansen,  Jansen  (lieber  die  Operationsmethoden  bei  den  verschiedenen 

otitischen  Gehimcomplicationen.  Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  9)  fand 
unter  184  intracraniellen  Eiterungen,  die  während  der  letzten  3  Vs  Jahre 
auf  der  Berliner  Königl.  Ohrenklinik  zur  Beobachtung  kamen,  144mal 
extradurale  Abscesse,  35mal  Sinus  transversus-Thrombose  und  5mal 
Himabscesse.  Von  extraduralen  Abscessen  lagerten  IGlmal  die  Eite- 
rungen in  der  hinteren  Schädelgrube,  38mal  in  der  mittleren,  14mal 
in  beiden.  In  Fällen  mit  zweifelhafber  Diagnose  muss  somit  zunächst 
die  hintere  Schädelgrube  im  Anschluss  an  die  Aufmeisselung  des 
Warzenfortsatzes  eröffnet  werden.  Nach  Darlegung  der  Operations- 
methode bespricht  Verf.  die  epitympanischen  Eiterungen,  bei  denea 
häufig  die  Entfernung  des  Tegmen  tympani  vom  Warzenfortsatz  aus 
genügt;  bei  grösserer  Ausdehnung  empfiehlt  Jansen  die  Eröffnung 
der  mittleren  Schädelgrube  nach  den  Vorschlägen  v.  Bergmannes, 
aber  im  Anschluss  an  die  Aufineisselung  des  Warzenfortsatzes.  Eine 
ausführliche  Besprechung  widmet  Jansen  einer  dritten  Form  von 
extraduralen  Abscessen,  die  vom  Vorhof  durch  die  Kanäle  an  die 
hintere  obere  Kante  durchbrechen  und  deren  Prognose  infolge  ihrer 
tiefen  Lage  ungünstig  ist.  Hier  muss  die  mittlere  Schädelgrube  von 
der  Schuppe  aus  geöffnet  werden    und  sowohl  die   obere  wie   die 


Meier. 


OhreokranUieiteii.  459 

hintere  Wand  des  Warzentheils  bis  an  den  LabTrinthnerv  fortge- 
nonunen  werden.  Bei  dem  destractiven  Charakter  der  Labyrintheite- 
mng  in  diesen  Fällen  empfiehlt  Jansen  anch  noch  die  Eröffiinng 
des  Vorhofes  im  Ansohlnsa  an  die  Freflegong  des  extradnralen  Ab- 
scesses  nnd  beschreibt  die  Methode.  Dieselbe  Operationsmethode 
empfiehlt  Jansen  bei  denjenigen  KLeinhimabscessen,  bei  denen  die 
Eiterung  ans  dem  Yorhofe  resp.  den  Kanälen  aof  das  Hirn  fort> 
geschritten  ist,  nnd  weiterhin  anch  bei  denen,  bei  welchen  eine 
Vorhofseitenmg  mit  Sicherheit  diagnosticirt  werden  kann.  Nach 
dieser  Methode,  aber  ohne  das  Labyrinth  anzugreifen,  sind  anch 
zweimal  Abscesse  im  Schläfenlappen,  einmal  mit  gutem  Erfolg,  ein- 
mal mit  vorübergehendem,  operirt  worden.  Bei  Sinusthrombose 
kann  der  Sinus  entweder  von  der  mittleren  oder  von  der  hinteren 
Schädelgrube  angesucht  werden ;  soweit  die  septische  Beschaffenheit 
reicht,  wird  er  incidbrt  und  die  äussere  Wand  fortgeschnitten.  Beim 
üebergreifen  des  septischen  Thrombus  auf  die  Jugularis  ist  die 
Unterbindung  der  letzteren  angezeigt. 

Aus  dem  Bericht  von  Grunert  und  Meier  (Jahresbericht  über  Gnmert  n. 
die  Thätigkeit  der  Königl.  Üniv.-Ohrenklinik  zu  Halle  a.  S.  vom 
1.  April  1894.  Arch.  f  Ohrenheilk.  Bd.  38,  H.  3  u.  4)  sei  Folgendes 
hervorgehoben.  Die  Hammer-Ambossextraction  wurde  nur 
relativ  selten  ausgeführt.  Von  den  acht  operirten  FäUen  sind  vier 
dauernd  geheilt.  In  dem  einen  Falle  trat  nach  der  Operation  Dipla- 
cusis  binauralis  auf,  und  dürfbe  diese  Entstehungsart  sowie  auch 
die  Functionsprüfimg  für  den  SchaUleitungsapparat  als  Vermittler 
der  Diplacusis  sprechen.  Von  intracranieUen  Folgeerkrankungen 
wurde  je  ein  FaU  von  eitriger  Sinusphlebitis  imd  Schläfenlappen- 
abscess  dauernd  geheut.  Von  subduralen  Abscessen  wurde  eine 
ganze  Anzahl  operirt  und  geheilt.  Unter  den  ausführlich  mitge- 
theüten  Todesfällen  ist  ein  Fall  sehr  lehrreich,  in  welchem  die  letale 
Meningitis  durch  das  Eindringen  des  abgleitenden  Raspatoriums 
durch  den  dünnen,  weichen,  rachitischen  Ejiochen  in  das  Schädel- 
innere veranlasst  wurde.  Bei  der  epikritischen  Besprechung  eines 
Falles,  der  zuerst  auf  eine  Meningitis  hinwies,  bei  weiterer  Beob- 
achtung jedoch  auf  einen  Schläfenlappenabscess  hinzudeuten  schien, 
wird  die  schon  viel  discutirte  Frage  erörtert,  ob  der  Himabscess 
im  Schläfenlappen  vom  Tegmen  tympani  oder  von  der  Schläfen- 
schuppe aus  eröfinet  werden  soll,  und  äussern  sich  die  VerfF.  auf 
Grund  ihrer  Beobachtimgen  bei  diesem  Falle  dahin,  dass  die  Trepa- 
nation auf  den  Schläfenlappen  von  der  Schuppe  aus  unvergleichlich 
übersichtlicher  sei  als  vom  Tegmen  tympani  aus.     Daher  scheint  es 


460 


Koch. 


Qmnert  n. 
Heier, 


Schwartze, 


Behandlung  dringend  empfehlenswerth ,  principiell  an  dem  ersteren  Wege  beim 
.^®'.        Eingehen  auf  den  Schläfenlappen  in  allen  den  Fällen  festzuhalten,  wo, 

Hirncompii-  wie  zumeist,  die  Diagnose  nicht  absolut  sicher  ist  und  nicht  bei 
cationen,  ^^j.  Freilegung  der  Mittelohrräume  eine  Fistel  im  Tegmen  tympani 
sich  findet,  welche  dann  eine  directe  Wegleitung  in  den  Hirn- 
abscess  abgibt.  Ausserdem  wird  so  mit  viel  grösserer  Wahrschein- 
lichkeit eine  Infection  der  Meningen  und  der  Himsubstanz  vermieden 
werden  können  für  den  Fall,  dass  sich  kein  Abscess  findet.  Ist  aber 
von  der  Schuppe  aus  ein  Abscess  gefunden  und  entleert  und  er- 
fordert seine  Lage  eine  tiefere  Drainage,  als  die  Oeffiiung  der  Schuppe 
sie  ermöglicht,  dann  wird  es  angebracht  sein,  noch  nachträglich  eine 
Gegenöffiiung  durch  das  Tegmen  tympani  anzulegen. 

Nach  diesem  Princip  ist  auch  von  Seh  wart  ze  (Otogener 
Hirnabscess  des  rechten  Schläfenlappens.  Heilung  durch. 
Operation.  Mittheilungen  aus  d.  Kgl.  Universitäts-Ohrenklinik  zu 
Halle  a.  S.)  der  schon  oben  erwähnte  geheilte  Fall  von  Schläfen- 
lappenabscess ,  eine  35jährige  Frau  betreffend,  operirt  worden. 
Schwartze  erklärt  allerdings  in  der  Epikrise  das  Vorgehen  vom 
Tegmen  tympani  aus  nur  dann  für  verwerflich,  wenn  der  Abscess 
nicht  bis  an  die  Oberfläche  des  Schläfenbeins  heranreicht,  sondern 
noch  von  einer  Schicht  gesunder  Himsubstanz  umgeben  und  von  ge- 
sunden Hirnhäuten  bedeckt  wird.  —  Die  Diagnose  eines  Hirn- 
abscesses  intra  vitam  wird  nach  dem  erfahrenen  Autor  erst  dann 
vollkommen  sicher,  „wenn  wir  bei  der  Operation  den  Eiter  abfliessen 
sehen,  und  nur  wo  eine  vollständige  und  lange  Zeit  controUirte 
Heilung  des  Grundleidens  erreicht  ist,  darf  man  von  Dauerheilung 
eines  otogenen  Himabscesses  sprechen^^  Im  Falle  des  Verf. 's  war 
die  letzte  Controlle  genau  1  Jahr  nach  der  Entlassung  erfolgt. 

Eulenstein  (Mittheilungen  über  den  tiefen  Hirnabscess  bei 
acuten  Erkrankungen  im  Schläfenbein,  nebst  Bericht  über  einen 
operativ  geheilten  Fall  von  Grosshimabscess.  Monatsschr.  f.  Ohren- 
heilk.  Nr.  3)  stellt  die  bisher  pubUcirten  18  Fälle  von  Hirnabscess 
bei  acuter  Otitis  media  zusamn^en  und  fügt  noch  einen  neuen 
hinzu,  der  einige  interessante  Besonderheiten  bietet.  Der  Sitz  des 
Abscesses  entsprach  in  allen  Fällen  der  erkrankten  Schläfenbeinseite, 
6mal  rechts,  11  mal  ünks,  Imal  fehlt  die  Angabe.  3mal  handelte  es 
sich  um  multiple  Abscesse.  Von  den  11  operirten  Fällen  sind  6  ge- 
heilt. —  Bei  dem  eigenen  Falle  hatte  sich  die  Percussion  des  Processus 
mastoideus  als  ein  vorzügliches  diagnostisches  Hülfsmittel  erwiesen, 
da  bei  der  fehlenden  Ohreiterung,  bei  der  Intactheit  der  Bedeckungen 
des  Processus  mastoideus  nur  aus  der  Aetiologie  (Influenza),  dem  Sitzo 


Eulenstein, 


Ohrenlcraukheiteu.  461 

der  Schmerzen  im  Znsanunenliaiig  mit  dem  Percueaionsresultat  die 
Diagnose  auf  Erkrankimg  dea  Warzenfortsatzes  gestellt  werden 
konnte.  Zu  keiner  Zeit  bestand  Somnoleoz,  nie  Fieber,  dagegen  im 
Beginn,  als  ein  bisher  noch  nicht  beobachtetes  Frühsymptom,  ein 
8  Tage  dauernder  Singultas,  ferner  eine  augenfällige  Herabsetzung 
der  Körpertemperatur  und  Gehörsherabsetzung  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite. 

Femer  wurden  Gehimahscesse   mit  glücklichem  Erfolg  operirt: 
von  Winter  und  Deanesly  {Cerebral  abscess  successfully   treated     Winter  i 
by  Operation.   The  Lancet  1894,  9.  Dec.)-    IGjähriger  Patient.   Links-     ^*"*"'^ 
seitige  acute  Mittelohreitening.    Der  Abscess  eass  im  Cerebellum. 

Moore  (A  caae  of  abscess  in  tempore -sphenoidal  lobe  secondary       Moota, 
to  middle  ear  suppuration;  recovery.  The  Lancet,  30.  April).  9jähriges 
Mädchen.     Linksseitige  chronische  Hittelohreiterung.     Abscess  im 
Temporo-Spheno  idallappen . 

Im   Falle  von   PoUak   (Beitrag   zur  Kenntniss   der   otitischen       PoU»k 
Himabscesse.  Wien.  med.  Wochenschr.  1894,  Nr.  47),  einen  14jähFigen 
Euahen  betreffend,  war  der  Abscess  im  Scbläfenlappeo  spontan  nach 
Eröfßinng  des  Warzenfortsatzes  durchgebrochen. 

Hessler  (Ueber  die  otitische  Pyämie.     Arch.  f.  Obrenheilk.  Bohandl 
Bd.  38,  H,  1  u.  2)  stellt  die  Pyamie  durch  Osteophlebitis  allein,  ohne    ^^^^^ll^ 
Mitbetheiliguug  des  Hirnsinus,   nicht  in  Abrede.     Im  Gegensatz  zu      Pyämi 
Körner  jedoch,  der  die  Aufnahme  der  osteophlebitischen  Eiterstoffe      Hewie; 
direct  ins  Blut  geschehen  lässt,  möchte  sie  Heaslor  insofern  durch 
Mitwirkung  des  Sinus  stattfinden  lassen,   als  die  pblebitischen  oder 
periphiebitischen  Processe  in  den  kleinen  Venen,  welche  den  Warzen- 
fortsatz   durchziehen,    sich  längs   derselben  bis   in   den  Sinus  fort- 
setzen.   Der  Sinus  selbst  wird  nun  nicht  oder  nur  streckenweise  am 
Kande  zur  Thrombose  kommen,  aber  die  in  das  Lumen  frei  hinein- 
ragenden osteophlebitischen  Pfropfe  werden  von  dem  Blutstrom  fort- 
geschwemmt.   Die  Prognose  ist  eine  günstige,  die  Fälle  heilen  fast 
alle,  mit  und  ohne  Operation  am  primär  erkrankten  Ohr  und  an  den 
secundären  Metastasen. 

Langenbnch  (Unterbindung  der  Vena  jugularis  wegen  Otitis  pyaemi< ;..  Lingent' 
Deutsche  med.  Woohenachr.  Nr.  23).  17jährige  Patientin  mit  reehtaseitit,'.!- 
cbroniscfaer  Mittelohreitening.  Aufineiaaelung  dea  Processua  maetoideua.  Ki-m 
Eiter.  Der  Sinus  entleert  aiucheinend  ganz  uonnalea  Blut,  Die  freigeli»''' 
Vena  jogularis,  frei  von  Thromben,  wird  doppelt  unterbunden.  Suforlii"  :■ 
AofhSreo  der  Schüttelfröste,  jedoch  noch  später  Metaataseu  im  Ellbotf' n 
und  Handgelenk.  Verf.  lägst  dahin  gestellt,  ob  diese  Metastasen  erst  n«ch 
Coterbindung   der  Vene   oder    schon    vorher   enstanden  sind;    doch   will 


J 


462 


Koch. 


Langenbuch  in  Zukunft  auch  die  Vena  mediana  colli  und  die  Jugularis 
externa  unterbinden,  um  noch  sicherer  einer  Resorption  pyämischen  Ma- 
terials vorzubeugen. 

Behandlung  Vos8  (Ein  Beitrag  zur  operativen  Behandlung  der  Sinusthrom- 

oti tischen   ^^^e.     Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  39,  H.  2  u.  3)  liefert  fünf  Kranken- 

Sinus-       geschichten  von  operirter  Thrombose   des   Sinus  transversus 

thrombose,  ^  Anschluss  an  Otitis  media,  und  zwar  in  drei  Fällen  an  eine  acute 

Voss,  , 

Mittelohrentzündung  trotz  sachgemässer  Behandlung.  Drei  Fälle  ge- 
nasen. Der  Sinus  soll  sofort  untersucht  werden,  sobald  der  geringste 
Verdacht  auf  Thrombose  vorhanden  ist.  Die  Vena  jugularis  soll 
stets  unterbunden  werden,  und  zwar  ehe  am  Sinus  gearbeitet  wird. 
Der  eine  Fall,  ein  3^2 jähriges  Mädchen  mit  rechtsseitiger  chronischer 
Mittelohreiterung  betreffend,  zeigt,  dass  auch  eine  'Lungenmetastase 
einen  günstigen  Ausgang  nicht  absolut  ausschliesst.  Der  andere  ge- 
heilte Fall  betraf  ein  13jähriges  Mädchen  mit  linksseitiger  chroni- 
scher Mittelohreiterung, 

Weitere  operativ  glücklich  geheilte  Fälle  von  Thrombose  des  Sinus 

Secker  Walker,  transversus  und  otitischer  Py&mie  berichten:    Secker  Walker  (A  case  of 

double  mastoid   diseaae  with   septic  thrombosis   of  the  lateral  sinus.     The 

British   med.   Journal,   13.  April).    24jährige  Patientin  mit  doppelseitiger 

chronischer  Mittelohreiterung.    Eröffiiung  des  linken  thrombosirten  Sinus. 

Milligan,  William  Milligan  (Thrombosis  of  the  intracranial  sinuses  secondary 

to  suppiurative  diseases  of  the  middle  ear.  The  Lancet,  20.  April).  25j&h- 
riger  Mann  mit  rechtsseitiger  chronischer  Mittelohreiterung.  Doppelte 
Unterbindung  der  Vena  jugularis.  —  Derselbe  Autor  theilt  auch  einen  Fall 
mit  von  Thrombose  des  Sinus  cavernosus  infolge  rechtsseitiger  acuter  Mittel- 
ohreiterung bei  einem  3jährigen  Mädchen.  Nach  Herausnahme  des  rechten 
Augapfels  wegen  eines  retroocularen  Abscesses:  Heilung. 

Reinhard,  Reinhard   (Beitrag  zur  operativen  Behandlung  der  otitischen  Sinus- 

thrombose mit  allgemeiner  Pyämie.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  13). 
Erster  Fall.  24jähriger  Patient  mit  rechtsseitiger  chronischer  Mittelohr- 
eiterung (cf.  Jahrb.  1895,  S.  419).  —  Zweiter  Fall,  löjähriger  Patient  mit 
linksseitiger  chromscher  Mittelohreiterung.  Unterbindung  der  Vena  jugu- 
laris. —  In  einer  Anmerkung  weist  Verf.  auf  einen  dritten  Fall  hin,  der 
ebenfalls  auf  der  Genesung  begriffen  ist. 

Poulsen,  Poulsen  (Ein  Fall  von  purulenter  Sinusthrombose  nach  chronischer 

Otitis  media.    Oeffuung  des  Sinus;  Heilung.    Ref.  Deutsche  Medinalzeitung 
Nr.  71).     15jähriger  Patient;  linksseitige  chronische  Mittelohreiterung.    Ob 
die  Vena  jugularis  unterbunden  werden  soll   oder  nicht,   dafür  lässt  sich 
nach  Verf.  bis  jetzt  eine  allgemeine  Regel  nicht  aufstellen. 
Pitts,  Pitts   (Otorrhoea;    lateral   sinus   thrombosis;    Operation;    recovery). 

9jähriger  Knabe ;  rechtsseitige  chronische  Mittelohreiterung.  Unterbindung 
der  Vena  jugularis. 


Ohrcukmikheheii.  463 

Passow  (Ein  Fall  Ton  penannösem  Abscess  and  Sinosthromboee  mit 
Ausgang  in  Heihing.  BerL  klin.  Wc»dien>chr.  Xr.  48 >.  2DJäiiriger  Mann: 
reditsBeitige  chronische  Mitteiohreitemn^.  Ton  IntereMae  var  hier  das 
Verhalten  der  Kniephänomene;  de  fehlten  ror  der  Entleerung  des  Eiters 
ans  der  Schadelhöhle  nnd  waren  am  anderen  Tage  leicht  zu  erzielen. 

Abbe   (Schwere    Prämie   nnd   Jugnlariäthromboee.    Xew  York   med.         Abbe. 
Record.  27.  Jnli).     3^)ährige  Patientin:  linksgeitige  acTite  Minelohreiterang. 
Unterbindung  der  Vena  jngnlaris. 

Crockett  lEin  Fall  von   operatirer  Eröfiiinng  des  Sinus  lateralis  mit       Crockett, 
Bemerkungen  über   acht  unoperirte  Falle.     TraiLSäction.«   of  the  American 
otol<^.  eocietr.    Areh.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  40.  H.  1 ».   54jähnge  Frau ;  rechte 
seitige  chronische  Mittelohreitenmg. 

Gifford  Nash  iTwo  case^  of  $epticaemia  dae  to  middle  ear  disesLae:  Nash, 
Operation:  recovery.  The  Lancet.  3.  AGga?t».  Erster  FalL  12jähriger  Knabe: 
chronische  Mittelohreiterung.  Im  Warzenf ortatz  kein  Eiter:  keine  Throm- 
bose des  Sinus.  —  Doppt?l*«:ritige  Plearapneumonie.  —  Zweiter  Fall. 
15jähriger  Knabe.  Linksseitige  ciLroni^-ke  Mittelohreiterung.  Sabdnral- 
abscess  und  Thrombose  des  Sinu«  lateralis.  —  Unterbindung  der  Vena 
jugulans. 

Bück  (Ein  Fall  Ton  acuter  Hittelohrentzündong  mit  Aa^gang  in  eitrige         Badk, 
Periphlebitis   und   Thrombo^   des    Sinus    lateralis.      Operation.     Heilang. 
Transactions   of  the  American   otoL  societr.     Arch.  f.  Ohrenheilk.   Bd.  40. 
H.  1).    54jäliriger  Mann:  links^tige  aeute  Mittelohrenträndang. 

Moos  (Zwei  Fälle  von  otitischer  Himerkrankung.   Sinanhrom böse  und         Ifoc«, 
Abscess.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  27.  H.  3  u.  4».  2T;ährige  Frau ;  rechts- 
seitige acute  Mitteiohreitenmg.    UnterbindoEg  d*^  Vena  jngnlaris. 

In  dem  Falle  von  Spira   iITeber  Sinusthrom^o^e  und  Prämie  im  An*         Spira, 
Bchluss  an  Otitis  media  snpporatiTa.    Wiener  klin.  Rond-chau  Xr.  33 — 3oi 
war   die  Pyamie  die   Folge   der  Verletzung   de*   Sinm   bei  Eröffnung  de<j 
Warzenfortsatzes. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

F.  Bezold,  üeberschau  über  den  gegenwartigen  Srand  der  Ohrenheil- 
kunde. Nach  den  ErgebmA*en  meiner  24jihngen  *tatIytL'.<:hen  B^;- 
obachtnng.    Wiet^baden. 

Barkner,  Behandlung  der  bei  Infertion*krankh*^ten  vorkoirimenden  Obr- 
affectionen.  Separatab^irrik  aa*  dem  Haryi'o  a'  h  '1er  -peciellen  T>ie- 
rapie  innerer  Krankh*^iten.  Herai-gege'^^en  von  Penzoldt  und 
Stintzing.    Bd.  1.  S.  o79 — 605. 

Bürkner,  Behandlung  der  bei  Erkranknngen  der  .\thrri»jngi»organe  vor- 
kommenden Ohrenkrankheiten.  Hand'o^':h  der  -pe^ieJIen  Therapie 
innerer  Krankheiten,  heraa-^gegeoen  ron  Pf:nzoi*\t  ijnd  h t i  n  t x i n g, 
Bd.  3,  S.  589—591. 


464  Koch. 

H  a  u  g ,  Die  Grundzüge  einer  hygienischen  Prophylaxe  der  Ohrentzündongen 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  allgemeinen  hygienischen  Maass- 
nahmen.  Haug's  „Klinische  Vorträge  aus  dem  Gebiete  der  Otologie 
und  Pharyngo-Rhinologie".    Jena. 

Eitelberg,  lieber  die  vom  Gehörorgane  ausgelösten  allgemeinen  und 
localen  Reflexerscheinungen.    Haug's  Klinische  Vorträge. 

P.  Rohr  er,  Die  Intoxicationen,  speciell  die  Arzneiintoxicationen  in  ihrer 
Beziehung  zu  Nase,  Rachen  und  Ohr.   Haug*8  Klinische  Vorträge, 

Eulenstein,  Die  Folgekrankheiten  der  eitrigen  Mittelohrentzündungen, 
ausschliesslich  der  durch  acute  Eiterungen  entstandenen  Warzenfort- 
Satzerkrankungen.    Haug's  Klinische  Vorträge. 

Stetter,  üeber  die  chronische  trockene  Entzündung  des  Trommelfells, 
eine  in  das  Behandlungsbereich  des  practischen  Arztes  fallende  häufige 
Erkrankung.    Haug's  Klinische  Vorträge. 

Hegetschweiler,  Die  phthisische  Erkrankung  des  Ohres,  auf  Qnind 
von  89  Sectionsberichten  Bezold's.    Wiesbaden. 

G.  Gellä,  Des  pressions  centrip^tes  (^preuve  de  Gell^).  Etüde  de  s^m^co- 
logie  auriculaire,    Th^e  de  Paris. 

Schmaltz,  Die  Beziehungen  der  acuten  Mittelohrentzündung  zum  Ge- 
sammtorganismus.  Bresgen's  Sammlung  zwangloser  Abhandlungen 
aus  dem  Gebiete  der  Nasen-,  Ohren-,  Mund-  und  Halskrankheiten. 
Halle  a.  S. 

V.  Frankl-Hochwart,  Der  Meniere'sche  Symptomencomplex«  Die  Er- 
krankungen des  inneren  Ohres.    Wien. 

Jankau,  Die  Hygiene  des  Ohres  und  die  Prophylaxe  der  Ohrerkrankungen. 
143  Seiten  Text  mit  6  Abbildungen.    Leipzig. 

Steuer,  Die  häufigsten  Ohrenkrankheiten  im  Bilde.  Nebst  Anleitung  zur 
Untersuchung  des  Gehörorgans.  63  Seiten  Text  mit  15  Holzschnitten 
und  43  Abbildungen  in  16f arbigem  Chromodruck.    Leipzig. 

Katz,  Stereoskopischer  Atlas  des  menschlichen  Ohres  nach  durchsichtigen, 
makroskopischen  Präparaten.  10  stereoskopische  Photographieen  in 
Mappe.    Berlin. 

E.  Reinhardt,  Die  chirurgische  Eröffnung  der  Mittelohrräume.  Greifswald. 

Hang,  üeber  das  Cholesteatom  der  Mittelohrräume.  Ein  üeberblick  über 
den  gegenwärtigen  Stand  der  Cholesteatomfrage  nebst  einigen 
eigenen  neuen  Beobachtungen  zur  Genese  dieser  Bildung.    Jena. 

Jansen,  Erfahrungen  über  Sinusthrombosen  nach  Mittelohreiterungen  wäh- 
rend des  Jahres  1898«    Sanmilung  klinischer  Vorträge. 


YU. 

Krankheiten  der  Nase,  des  Nasenrachenraiuns, 
des  Mnndes,  des  KeMkopfs,  der  Luftröhre. 

Von  Dr.  J.  Michael  in  Hamburg. 

1.  Allgemeines. 

a.  Neue  Instrumente  und  Methoden. 

Bark -Liverpool  (Journal  of  laryngol.  Nr.  2)  erfand  ein  Mund- 
speculum   das    durch   Federkraft  geöffnet  wird.     Kretschmann 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  5)  wendet  bei  hypertrophischen  Ton- 
sillen, die  sich  mit  dem  Tonsillotom  nicht  fassen  lassen,  Morcellement 
an  und  beschreibt  ein   geeignetes  Instrument.     Schliess  (Therap. 
Monatsh.  Nr.  4)  empfiehlt,  Knochen,  die  in  den  Larynx  gelangt  sind,  mit 
Säuren  zu  tractiren.     Sind  Knochen  im  Magen,  so  sollen  verdünnte 
Säuren  getrunken  werden.     Leus  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  18) 
beschreibt  ein  neues  selbsthaltendes  Nasenspeculum.  Casselberry 
(Journal  of  laryngol.  Nr.  8)  empfiehlt  Elektrolysis  zur  Beseitigung 
der  Cristen  und  Spinen  das  Septums   und  bespricht  ausführlich  die 
Technik  dieser  Methode.   Egidi  (Supplemente  al  policlinico)  gibt  ein 
vereinfachtes  Einfuhrungsinstrument  für  Intubationscanülen   an. 
Dasselbe  kann  zugleich  als  Extractor  benutzt  werden.    Binck-Elber- 
feld  beschreibt  in  der  Deutschen  med.  Wochenschr.  Nr.  25  eine  neue 
Spritze  zu  submucösen  Injectionen  in  die  Larynxschleimhaut, 
£  sohle  (Therap.  Monatsh.,  Juni)  ein  Sichelmesser  zur  Schlitzung  der 
Krypten  in  hypertrophischen  Tonsillen.  Hei  dt  (Annales  pour  les  mal. 
des  oreilles,  März)  empfiehlt  Elektrolyse  für  Nasenoperationen.   Eben- 
daselbst beschreibt  Ziem  eine  Nasendouche,  die  ohne  Oefahr  für 

Jahrbuch  der  practischen  Hedicin.    1896.  30 


4G(i  Michael. 

die  Ohren  verwendet  werden  kann.  Winckler  beschreibt  im  Archiv 
f.  Laryngol.  Bd.  3,  H.  1  u.  2,  eine  Curette  zur  Operation  der  Zungen- 
tonsillen,  Zwaardemaker  (ebenda)  ein  verbessertes  Ringmesser, 
Wolf  eine  elektrische  Trep.hine  für  rhinologische  Zwecke. 

Eine  neue  elektrische,  ausserordentlich  zweckmässige  Lampe  con- 
Elektrische  struirte  Kirstein  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  29).  Das  optische 
K*^M^'  System  derselben  besteht  aus  Convexlinse,  durchbohrtem  Planspiegel 
und  Sehscheibe,  fö,cherförmig  mit  einander  verbunden.  Die  Lampe 
ist  sowohl  als  Stativlampe  wie  als  Stimlampe  zu  verwenden  und 
verbindet  die  Vortheile  der  directen  Beleuchtung  (einfache  Ein- 
stellung) mit  denen  der  indirecten  (die  Sehaxe  in  das  Centrum  des 
Lichtstrahlenbündels  zu  bringen). 

Die  wichtigste  larjmgologische  Neuigkeit  dieses  Jahres  ist: 
AutoBkopie,  Kirstein,  Die  Autoskopie  des  Kehlkopfs  und  der  Luftröhre 
(Besichtigung  ohne  Spiegel.  Berlin  1896),  worin  der  Autor  seine  im 
Mai  dieses  Jahres  zuerst  demonstrirte  Methode,  soweit  sie  bis  jetzt 
vervollkommnet  ist,  ausführlich  beschreibt.  Mit  Spateln,  die  dem 
Reich  er  tischen  Kehlkopf  heber  nachgebildet  sind,  ist  es  dem  Verf. 
gelungen,  den  Kehlkopf  direct  zur  Anschauung  zu  bringen.  Zur 
Beleuchtung  dient  eine  ebenfalls  vom  Verf.  construirte  elektrische 
Lampe,  jedoch  ist  auch  Reflectorbeleuchtung  für  die  Untersuchung 
brauchbar.  Die  Besichtigung  der  hinteren  Larynxwand  in  unver- 
kürztem Bilde,  ein  gründlicherer  Einblick  in  die  Gegend  der  Bifor- 
cation  und  der  beiden  Hauptbronchien  sind  Leistungen  dieser  Methode, 
welche  mit  dem  Kehlkopfspiegel  nicht  erreicht  werden  können  und 
für  welche  sie  sich  einen  dauernden  Platz  erobern  wird.  Erst  wenn 
die  Technik  mehr  durchbildet  und  allgemein  verbreitet  ist,  wird  es 
sich  herausstellen,  inwieweit  die  Autoskopie  mit  dem  Kehlkopf- 
spiegel concurriren  oder  diesen  verdrängen  wird. 

stroboskop,  Oertel-München  (Arch.  f.  Laryngol.  Bd.  3,  H.  1  u.  2)  hat  das 

Oertei.  ^^^  ^^im  im  Jahr  1878  construirte  Laryngostroboskop  wesentlich 
verbessert  und  theüt  die  Ergebnisse  der  mit  demselben  vorgenommenen 
Untersuchungen  mit:  Beim  Gesang  werden  die  Töne  des  Brust- 
registers durch  die  Schwingungen  der  Stimmbänder  in  ihrer  ganzen 
Länge  und  Breite  hervorgebracht,  während  die  Töne  im  Falsett- 
register durch  Längstheilung  der  Stimmbandfläche  in  aliquote  Theile 
unter  Bildung  von  Knotenlinien  entstehen.  Bei  Krankheitszuständen 
zeigte  die  Untersuchimg  mit   dem  Listrumente  manche  interessante 


KrantheJigi  ocr  Xe-»*--  firf  iL./>eii'  t** 


Phänomene.     Sowohl    iur  oie  Ply^iiLi'p^ 
liefert  die  larrngaftixrboskopiicli-  UnT-jir?!::! 


•-  Arzüri 


t  i  •-  — 


Koll   «Beri-  kiin,  \rc«c-li"er:5.2lr.  Xr.  2-^    -eiLir.rllT  X;«>-:i}:rn  &2>   X.sv^iit^ 
Antisepticiim  bei  XasenkraziLLerrcs .   el«eT^:»  Li-even    MZziiL-  med.       ,^^'~* 
Wochenschr.  Nr.  22i-  Händ-el    flii.  Nr.  3^  ti.  -t!     liznc'S^ilrT   '»ei  Li^rrstifii, 
Laiynxtubercnlose  «s.  S.  145  u.  o7S*.  EiaätL 

2.  KmklMiteB  4^  Ijoe  ni  ihrer  lehcaMhlM. 


Kav.'»er  (Arch.  f.  Larvn^:!  B-L  3.  H.  1  :i.  2  lu:  dir  Sji:dr.:-::r.\cbr* 
Methode  der  Untersuchasg  der  Xa-rr^äThr^uns  ?>-  J^Lr'-'U.h  IS^o. 
S.  425)  dahin  TervoUkomcirrt .  ■iav^  rr  ■!:>  grrWMLn-L'rn  A:i:-ii:^^.ke  «iTiroh 
Momentphotographie  fixiit. 

Bei  seinen  UßtersU'jhuii^en  üb^r  drE.  Wcz  d-^s  Luftsiroin-  d::rch 
die  Nase  kam  Scheff  «Klin-  Zrit-  und  ^tr^itfras^rrn  Xr.  iSi  zu  dem 
Resultate,  dass  es  nur  einen  weiten  und  tindemis^Ictaen  Weg  durL-h  diese 
Höhle  gibt  und  das  dies  der  mittlrTr-H-  Xa-^erüMiifir  i^t.  Der  Zu^ani:  zum 
unteren  Na^ngang.  der  an  und  für  ?ich  wefentli-h  enger  i«t  als  d»fr  miniere, 
wird  durch  das  Vorderend<*  der  unteren  Mu-ehel  verlegt.  Im  oWreu  Ab- 
schnitt der  Nasenhöhle  treten  die  Wände  nah  aneinander,  und  die  Widen 
oberen  Muscheln  bilden  weitere  Hindernisse. 


Sdirif. 


Bergen  grün  (Petersb.  med.  Wochenschr.  Xr.  40»  schildert  ein- 
gehend die  Allgemeinveränderungen,  die  sich  an  Xasen- 
verengernngen  ansehliessen,  als  Katarrhe  der  Bes^tirationsorgane, 
Gesichtsekzeme,  Hör-  und  Sprachstörungen  und  ner\'öse  Symptome. 
Ein  ähnliches  Thema  behandelt  Fink  iBresgen's  Sammlung  H.  2). 
Beim  Schnupfen  der  Kinder  kommt  ätiologisch  Erkältung  tmd  Ein- 
dringen von  Mikroorganismen  in  Betracht.  Die  Folgen  sind  theüs 
durch  die  Verlegung  der  Nasenlichtung,  theüs  durch  die  quantitative 
imd  qualitative  Veränderung  der  Secretion  bedingt.  Ausser  den  be- 
kannten Störungen  bringt  Verf.  auch  Laryngismus  und  Keuchhusten 
zur  Nasenverengerung  in  Beziehung.  Gerber  behandelt  denselben 
Gegenstand  in  seiner  Antrittsvorlesung  (Berlin  1896)  und  betont 
besonders  die  Verbildungen  des  Brustkorbs,  die  sich  im  Anschluss 
an  Nasenverengerungen  entwickeln. 

Aus  dem  Aufsatz  von  Waldow:  Ueber  Kiefermissbildungen 
bei  Verlegung  der  Nasenathmung  (Arch.  f.  LarjTigol.  Bd.  3, 
H.  3)  ist  die  interessante  Thatsache  hervorzuheben,   dass  der   sog. 


Xasen- 
stenosen. 
Bergen  ginn. 


Fink. 


Gerber, 


WaWow. 


468  Michael. 

gothisclie  Gaumen,  den  man  a  priori  bei  jeder  früh  erworbenen,  lang 
bestehenden  Nasalstenose   erwarten   sollte,   sich  nur  in  Begleitung 
adenoider  Vegetationen  des  Nasenrachenraums,  niemals  bei  Stenose 
aus  anderen  Ursachen  findet. 
Nasen-  Die  Untersuchungen  Hopman's  (Arch.  f.  Larjmgol.  Bd.  3,  H.  1 

Hopman  ^'  ^^  liefern  das  Ergebniss,  dass  Enge  und  anderweitige  Un- 
regelmässigkeiten der  Choanen  und  des  oberen  Bachenraums 
nicht  nur  auf  syphilitischer  resp.  geschwüriger  Basis,  sondern 
häufig  auch  durch  fehlerhafte  Anlage  entstehen  infolge  von  an- 
geborenen oder  früh  erworbenen  Wachsthumsstörungen. 

Eisen'bahft-  B.  Fraenkel- Berlin  (Arch.  f.  Laryngol.  Bd.  3,  H.  3)  beschreibt 

schnupfen,   ^^gj^  acuten  Schnupfen,  der  manche  Personen  bei  ieder  Eisen- 

B.  Fraenkel.  /.    ,  p  n 

bahn  fahrt  befällt,  so  lange,  wie  diese  dauert,  besteht,  aber  ausser 
dieser  Zeit  keine  charakteristischen  Symptome  aufweist.  Aetiologisch 
muss  Staub  und  Rauch  beschuldigt  werden.  Prophylactisch  empfiehlt 
sich  Wattetragen  während  der  Eisenbahnfahrt  und  Injection  schwacher 
Argentum  nitricum-Lösungen. 

Mikro-  St.  Clair  Thomson   und  Hewlett   (Medicochirurgical   trans- 

organismen  ^ctions  Bd.  78)   untersuchten   die   Nase   auf  Mikroorganismen, 
in  der 
Nase,        Si®    kamen   zu   anderen  Resultaten    als  Löwenberg  und   Hajek. 

St.  Clair      Man  muss  nämlich   zwischen  Naseneingang  und  Nasenschleimhaut 
H^Tt?       unterscheiden.     In  dem  mit  Vibrissae  und  Talgdrüsen  erfüllten  Theil 
der  Nase  findet  man  zahlreiche  Mikroorganismen,  während  die  Nasen- 
schleimhaut selbst  von  denselben  fast  vollständig  frei  ist. 

Tuberkel-  Strausa  (Bull,  de  l'acad.  med.)  fühi*te  einer  gröaaeren  Anzahl  gesunder, 

baoillen      ^^  Krankenhäusern  thätiger  Personen  sterilisirte  Wattebäuschchen   in   die 
eesunden     Nase  ein  und  konnte  mit   denselben  Tuberculose   an  Meerschweinchen  her- 
Nase,         vorrufen,    ein   Beweis,    dass  virulente    Bacillen  längere   Zeit   in    der    ge- 
Strauss.       sunden  Nase  verweilen  können,  ohne  Local-  oder  AUgemeininfection  hervor- 
zurufen. 

Hydrorrhoea  nasalis  wird  im  Anschluss  an  drei  beobachtete 
Hydrorrhoea Fälle  von  Fink  (Wiener  med.  Presse  Nr.  42  ff.)  besprochen.  Die 
nasalis,  Schleimhautabsondenmg  wird  vom  Trigeminus  ausgelöst,  jedoch  nicht 
von  seinem  Stamme,  sondern  von  den  feinsten  Endästen  aus.  In 
einem  der  Fälle  des  Verf. 's  wurden  in  einer  Stunde  40  ccm  Flüssig- 
keit entleert.  Dieselbe  war  wasserklar,  hatte  ein  specifisches  Ge- 
wicht von  1003  und  enthielt  0,83  ®/o  Rückstand,  der  fast  ganz  aus 
ClNa  bestand.     Sind  locale  pathologische  Zustände  vorhanden,    so 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc. 


469 


sind  diese  za  beseitigen;  wo  diese  fehlen,  behandle  man  mit  Aristol 
und  anderen  secretbeschränkenden  Mitteln. 


Monre-Bordeanx  (Arcbivos  latinos  de  Rinologia  etc.,  Jan.)  gibt 
an,  dass  das  Ulcus  perforans  simplex  septi  narium  wesentlich 
hantiger  vorkommt,  als  meist  angenommen  wird.  Er  behandelt  das- 
selbe durch  Umschneidung  der  Perforationsränder  mit  einer  Loch- 
zange. 

Bei  Ozaena  beobachtete  Strübing-Greifswald  (Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  39  u.  40)  häufig  ein  Uebergreifen  des  Processes 
auf  den  Kehlkopf,  in  welchem  sich  ebenfalls  zahlreiche  Borken  vor- 
fanden. Auch  in  diesen  konnten  die  von  Abel  beschriebenen 
Ozaena-Bacülen  gefunden  werden. 

Löwenberg-Paris  (Archivos  latinos,  Aprü)  hat  im  Pasteur- 
schen  Institut  Untersuchungen  über  den  Erreger  der  Ozaena  an- 
gestellt mit  folgendem  Resultat:  der  Coccobacillus  der  Ozaena  ist 
ein  Mikroorganismus  sui  generis,  ist  exquisit  pathogen  und  wird 
in  allen  Fällen  von  Ozaena  angetroffen. 


Ulcus  septi 

narium» 

Moore. 


Ozaena, 
Strübing, 


Löwenberg. 


AlsVarix  der  Nasenmuscheln  beschreibt  Win grave  (Lancet, 
15.  Juni)  eine  eigenthümliche  Form  von  Hypertrophie  der  Muschel- 
enden, die  sich  durch  höckerige  Form  und  starken  Gefassreichthum 
auszeichnet.  Die  Behandlung  besteht  wie  bei  den  anderen  Formen 
in  der  Abtragung  der  erkrankten  Partieen  mit  der  kalten  oder  galvano- 
caastischen  Schlinge. 

Als  Rhinitis  sicca  anterior  bezeichnet  Siebenmann 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  44)  einen  eigenthümlichen ,  bisher 
wenig  beachteten  Krankheitszustand  des  Naseneingangs.  Nach  des 
Verf. 's  Erfahrungen  leiden  10  "'o  aller  Nasenkranken  an  diesem 
Symptomencomplex.  Das  Secret  vertrocknet  am  Naseneingang  zu 
Borken  und  verfilzt  sich  mit  den  Vibrissae.  Als  Endstadium  des 
acuten  Nasenkatarrhs  geht  dieser  Zustand  häufig  in  Heilung  über. 
Geschieht  dies  nicht,  so  nimmt  die  Schleimhaut  eine  grauliche  Fär- 
bung an.  Der  Patient  wird  durch  Spannung  der  Borken  veranlasst 
sie  zu  entfernen;  dadurch  entstehen  dann  hartnäckige,  häufig  reci- 
divirende  Blutungen.  Allmählich  epidermisirt  dann  die  Schleimhaut. 
Weitere  Misshandlungen  der  Schleimhaut  können  zur  Perforatior 
des  Septums  fuhren;  bisweilen  reagirt  dieselbe  auch  durch  Wuch' 
rung,  und   es   bildet  sich   der  sog.  blutende  Septumpolyp.     "P"' 


Varix  der 

Nasen- 

muBcheln, 

Wingrave. 


Rhinitis 

sicca 
anterior, 
Siebenmann. 


470  Michael. 

Rhinitis     können   Perichondritis   des   Septums   und  Erysipelas   faciei  im   An- 
V^^.""        schluss   an   die   Krankheit   auftreten.     Auch   mikroskopisch   konnte 

anterior,  .  .  ^ 

Siebenmann.  Verf.  an  excochleirten  Stücken  die  Degeneration  der  Schleimhaut 
nachweisen.  Die  Diagnose  wird  gesichert  durch  das  gefimisste  Aus- 
sehen, die  klebrige  Beschaffenheit  und  die  eigenthümliche  Schleim- 
hautfärbung. Ein  begleitendes  Ekzem  der  umgebenden  Haut  kann 
das  Krankheitsbild  bisweilen  verdecken.  Die  Therapie  besteht  in 
Kurzschneiden  der  Vibrissae,  Salbenbehandlung  und,  wo  Scrophulose 
vorliegt,  einer  entsprechenden  Allgemeintherapie.  Gegen  das  Nasen- 
bluten empfiehlt  Verf.  Betupfen  mit  übermangansaurem  Kali  in 
Substanz. 

Käsen-  W  i  n  k  1  e  r  -  Bremen  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  41 — 47 )  hält 

Operationen,  ^-^    theilweise ,    resp.    gänzliche    Entfernung    der  unteren 

Winkler,  i      i       •  \q  •     •     i. 

Muscheln  indicirt: 

1.  bei  allen  schweren  Stenosen,  hervorgebracht  durch  breite  Ver- 
wachsungen der  unteren  Muscheln  mit  dem  Septum,  sobald  mildere 
Methoden  erfolglos  angewendet  sind; 

2.  bei  solchen  Stenosen,  deren  Beseitigung  bereits  durch  Caustica 
vergeblich  versucht  ist  und  wo  auf  Besserung  der  vorhandenen  S}Tn- 
ptome  nur  durch  Elimination  der  Nasenverstopfung  gehoü^  werden 
kann; 

3.  bei  Nasenstenosen  durch  papillomatöse  Degeneration  der 
unteren  Muscheln,  wenn  durch  dieselbe  Erscheinungen  (z.  B.  an  den 
Augen)  bedingt  sind,  die  nur  durch  Besserung  der  Circulations- 
verhältnisse  in  der  Nase  beseitigt  werden  können. 

Die  Operation  wird  mit  Messer,  Knochenzange  und  Scheere  aus- 
geführt  unter   Cocainnarkose.     Die   Blutung   wird   durch  Jodoform- 
gaze gestillt.     Wie  viel  von  der  Muschel  zu  entfernen,   hängt  von 
der  Natur  des  einzelnen  Falles  ab. 
Leimoyez.  Eür  intranasale  Operationen  gibt  Lermoyez  (Annales 

pour  les  mal.  des  oreilles,  März)  folgende  beherzigenswerthe  Vor- 
schriften: Jede  Nasenoperation,  auch  die  einfachste,  kann  meningi- 
tische  Symptome  im  Gefolge  haben  und  daher  fiir  den  Patienten  sehr 
gefährlich  werden.  Man  soll  deshalb  nur  dann  operiren,  wenn  eine 
Affection  vorliegt,  die  dem  Patienten  ernstere  Störungen  verursacht 
imd  wenn  man  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  annehmen  kann,  dass 
der  operative  Eingriff  die  Symptome  beseitigen  wird.  Kinder,  Greise, 
Herzkranke  und  Hämophile  sind  möglichst  zu  verschonen.  Wäh- 
rend einer  acuten  Rhinitis  und  während  der  Menses  soll  nicht  operirt 
werden.     Es   soll  mit  peinlicher  Asepsis  vorgegangen  werden.     Bei 


KruikLeiuü  der  Xistc  üt>  Kj,lt-ii>  rit. 


471 


sehr  grossen  Operatäonen  ir^ajdrT  man  ChLc'TC'i^jrm  an,  Wi  kleinen 
Eingriffen  Cocain.  Die  KintrmrnT.g  vt.»n  AVarre  nauh  drr  Operati.'ii 
ist  stets  zweckmässig  wt*gen  ihrer  cc«irkj»riniirenden  und  t:»cx'liisiven 
"Wirkung.  Nervöse  Personen  reÄgiren  am  die  Kinfulirnng  der  Wane 
bisweilen  mit  KopfsclimerÄen ,  Ef»ij'Lora  und  Seilst-' 'nuigen.  I>ann 
muss  man  auf  die  Tamjx»nade  Verzicht  Iristen  und  briiar.dvlT  «iaim 
mit  Insu£Bationen  geeigneter  Pulver. 


h.  Ntrl'trnhrihlen. 

Zahlreiche  Publicationen  beschäftigen  dich  auch  mit  den  Em- 
pyemen der  Stirnhöhle  und  deren  operativer  Beseitigimg.  Per 
vias  naturales  wird  hier  wenig  erreicht ;  wo  Indicationen  fiir  die  Er- 
öffnimg der  Höhle  vorliegen,  muss  dieselbe  von  der  Stirn  aus  in 
Angriff  genommen  werden.  Ton  der  Wundhöhle  aus  lä^st  sich  dann 
allerdings  das  Foramen  nasofrontale  zur  Drainage  zuweilen  rer- 
werthen.  Luc  (Journal  o£  laryngol.  Xr.  8>  theüt  vier  Fälle  mit,  in 
denen  durch  Eröffiitmg  und  Ausräumung  der  Stirnhöhle  Empyeme  der- 
selben geheilt  wurden.  Moure  (Journal  ol  laryngol.  Xr.  S)  versucht 
durch  Entfernung  eines  Theils  der  Mittelmuschel  sich  den  Zugang 
zur  Stirnhöhle  frei  zu  machen«  mehr  zur  Feststellung  der  Diagnose 
als  zur  directen  Behandlung,  die  von  vom  aus  vorzunehmen  ist. 

Lichtwitz-Bordeaux  (Bresgen's  Sammlung  H,  7)  bespricht  die 
Folgezustände  der  Eiterungen  in  den  Nebenhöhlen  und 
bezeichnet  als  solche  üblen  Geruch  aus  der  Nase,  Eiteransammlung 
im  Nasenrachenraum,  Exophthalmus,  Ohrenkatarrhe,  Kopfschmerzen, 
Entzündungen  und  Erysipele  der  Gesichtshaut ,  Störungen  in  den 
Respirations-  und  Circulationsorganen,  Fieber,  Schlafsucht  und  melan- 
cholische Zustande.  —  Ln  Anschluss  an  drei  Fälle,  von  denen  einer 
letal  verlaufen  ist,  beschreibt  Ripault(Ann.  des  mal.  de  Toreille  etc., 
Nov.)  die  auf  der  Klinik  von  Gouguenheim  übliche  Behandlung 
der  Stirnhöhlenempyeme.  Es  wird  die  vordere  "Wand  auf- 
gemeisselt,  sehr  sorgfaltig  mit  dem  scharfen  Löffel  alles  Krankhafte 
entfernt  und  dann  bis  zur  vollständigen  Heilung  drainiii:.  Schech 
(Archiv  f.  Larjrogol.  Bd.  3,  H.  1  u.  2)  bespricht  die  Diagnose  des 
Leidens.  Für  die  Kopfschmerzen,  die  sich  auch  bei  Erkrankungen 
anderer  Nebenhöhlen  finden,  ist  es  charakteristisch,  dass  sie  durch 
Beklopfen  der  vorderen  und  unteren  Wand  der  Stirnhöhle  wesent- 
lich verstärkt  werden;  ebenso  ist  die  Haut  h^^erästhetisch.  Ein 
besonders  wichtiges  Zeichen  ist  die  Auftreibung  der  Höhle,  die  in 
manchen  Fällen  ausserordentlich  grosse  Dimensionen  annimmt.    Die 


Empyem 
der 

Stirnhohle. 

Lttc\ 

Moure, 


Licht  wiiz. 


Ripault, 


Schech, 


472 


Michael. 


Empyem 

der 

Stirnhöhle, 


Ziem, 


M.  Schmidt, 
Grünwald. 


Behandlung  von  der  Nase  aus  ist  fast  stets  aussichtslos;  ge- 
waltsame Versuche,  den  Eingang  per  vias  naturales  zu  erzwingen, 
sind  weder  ungefährlich  noch  erfolgreich.  Die  einzig  wirksame  Me- 
thode ist  die  EröfBtiung  von  der  Stirn  aus  mit  nachfolgender  Aus- 
kratzung der  Schleimhaut. 

Ziem-Danzig  (Journal  of  laiyngol.  Nr.  12)  befürwortet  fiir 
die  Eröffnung  der  Nebenhöhlen  die  Anwendung  des  zahnärztlichen 
Bohrers.  Sowohl  für  die  Stirnhöhle  als  auch  für  die  anderen  Neben- 
höhlen soll  dies  Instrument  in  erster  Linie  angewendet  werden.  Bei 
der  Stirnhöhle  bedient  er  sich  desselben  zur  Probepunction  von  der 
Gegend  der  Augenbrauen  aus.  Ist  der  Befund  negativ,  so  lässt  man 
die  Oefihung  sich  schliessen,  ist  Eiter  vorhanden,  so  dient  sie  als 
Ausgangspunkt  für  weitere  Eingriffe. 

In  einer  Discussion  auf  dem  Congress  süddeutscher  Laryngo- 
logen  macht  Moritz  Schmidt  auf  die  Gefahren  der  grossen  Opera- 
tion aufmerksam,  während  Grün wald  glaubt,  dass  gerade  zaghafte 
Eingriffe  die  Propagation  des  Eiters  begünstigen,  während  kühne 
Eröffnungen  der  Nebenhöhlen,  besonders  nach  Amputation  des  vor- 
deren Endes  der  Mittelmuschel  leicht  ausführbar  und  erfolgreich 
sind. 


Fremd- 
körper der 
Highmors- 
höhle, 

Baratoux. 

Nachblutung 

bei 

Kröffnung 

der 
Highmors* 

höhle, 
Sheppegrell. 


Behandlung 

der 
Highmors- 
höhlen- 
eiterung, 
N.  Mackenzie, 
Bos^orth, 
Ziem. 


Die  Litteratur  über  die  Erkrankungen  der  Highmorshöhle 
ist  sehr  reichhaltig,  jedoch  ohne  wesentlich  Neues  zu  bringen. 
Baratoux  (Progr^s  m^d.,  6.  April)  erzählt  von  zwei  Fremdkörpern, 
die  er  aus  Highmorshöhlen  entfernt  hat,  in  einem  Fall  einen  orange- 
grossen  Wattetampon,  der  nach  einer  Zahnoperation  zur  Stillung  der 
Blutung  eingeführt  war,  und  im  zweiten  einen  Laminariastift,  durch 
den  die  Oeffiaung  in  der  Alveole  erweitert  werden  sollte.  —  Shepp  e- 
grell  (Journal  of  laryngol.  Nr.  9)  beobachtete  bei  einem  im  übrigen 
gesimden  Patienten  nach  Eröffnung  der  Highmorshöhle  von  der  Alveole 
aus  eine  höchst  bedrohliche  Nachblutung,  die  er  sich  nur  durch  An- 
nahme einer  angiomatösen  Entartung  der  Höhlenschleimhaut  erklären 
zu  können  glaubte.  —  In  der  British  laryngological  Association  fand 
über  die  Behandlung  der  Höhleneiterung  eine  Discussion  statt  (Joum. 
of  larjoigol.  Nr.  9),  in  welcher  Northrup  Mackenzie  die  Forde- 
rung aufstellt,  streng  aseptisch  zu  operiren  und  stets  den  Inhalt  der 
Highmorshöhle  bacteriologisch  zu  untersuchen.  Bosworth  hält  für 
die  Eröffnung  der  Siebbeinhöhlen  den  zahnärztlichen  Drillbohrer  für 
das  zweckmässigste  Instrument.  Im  übrigen  bringt  die  sehr  aus- 
führliche Discussion  nichts  wesentlich  Neues  zu  Tage.  Ziem 
(Joum.  of  laryngol.  Nr.  10)  empfiehlt  die  Eröffiaimg  der  Highmorshöhle 


Krankheiten  der  Nase,  iles  Rachens  etc.  473 

mit  einem  Drillbohrer  von  der  Alveole  aus  oder  vom  Raum  zwischen 
zwei  Alveolen. 

Burger  (Volkmann's  Vorträge  Nr.  111)  gibt  ein  neues  Symptom  Diagnose  des 
lur  Empyem   der  Kieferhöhle  an.     Er  fand,   dass  bei  der  Durch-    Empyems 
leuchtung  der  Höhle  der  Patient  auf  der  freien  Seite  eine  Licht-    Highmors- 
empfindung  im  Auge  bekommt,  welche  auf  der  kranken  Seite  fehlt.       höhle. 

Zahlreiche  anatomische  und  bacteriologische  Einzelheiten  bezüg-         ^^^  ' 
lieh  der  Empyeme   der  Highmorshöhle  und  ein  sehr  reich- 
haltiges   Litteraturverzeichniss    derselben    bringt    die    Arbeit     von 
Dm ocho WS ky- Warschau  (Archiv  f.  Laryngol.  Bd.  3,  H.  3).  Dmochowsky. 

Nolteni US-Bremen  (Wiener  med.  Presse  Nr.  21)  beobachtete       Seröse 
in  37FäUen  seröse  Erkrankung  der  Oberkieferhöhle.   Bei  Erkrankung 

der 

der  Punction  entleerte   sich  eine  klare,  bernsteingelbe,   schnell   ge-    Highmors- 
rinnende  Flüssigkeit.    Da  die   Symptome   nicht  immer  sicher  sind,       höhle, 
so  empfiehlt  sich  eine   Probepunction   von   der  Nase  aus  mit  dem     ^  ^ 
Kraus e'schen  Troikart.     Darauf  wird  der  Inhalt  mit   einer  Klyso- 
pompe  entleert.     Für  seröse  Erkrankung  pflegt  dies  einmal  geübte 
Verfahren  zu  genügen. 

Delavan  (Journal  of  laryngol.  Nr.  8)  bespricht  ausführlich  die  Siebhein- 
Operation  des  erkrankten  Siebbeins  und  ihre  Indicationen.  ^^u^f"  ^"^' 
Wenn  bei  acutem  Schnupfen  sich  Symptome  von  Retention  in  den 
Nebenhöhlen  einstellen,  so  genügt  eine  geeignete  Behandlung  der 
Xasenschleimhaut,  um  Abschwellung  und  damit  Freiwerden  der  Aus- 
führungsgänge zu  erzielen.  In  chronischen  Fällen  jedoch  muss  die 
Siebbeinhöhle  selbst  in  Angriff  genommen  werden.  Zu  diesem  Zweck 
wird  ein  Theil  der  Mittelmuschel  resecirt,  etwaige  polypöse  Neu- 
bildungen entfernt  und  dann  mit  einem  Bohrer  oder  scharfen  Löifel 
der  Eingang  in  die  Siebbeinhöhlen  erzwungen.  Aus  der  Höhlung 
werden  hypertrophische  Schleimhaut  und  etwa  vorhandene  Se- 
quester entfernt  und  dann  mit  desinficirenden  Pulvern  und  Gaze- 
tamponade nachbehandelt.  Man  soll  jedoch  nicht  vergessen ,  dass 
diese  radicale  Operationsmethode  ein  ziemlich  gefährlicher  Eingriff 
ist,  der  nur  in  dringenden  Fällen  gewagt  werden  soll.  Ist  jedoch 
der  Eingriff  gut  überstanden,  so  sind  irgendwelche  functionelle  Nach- 
theile nicht  zu  befürchten. 

S«  Krankheiten  des  Mundes,  des  Rachens  nnd  des  Nasenrachenraums. 

Sigel- Berlin  (Arch.  f  Laryngol.  Bd.  3,  H.  1  u.  2)  gibt  eine  aus- 
führliche und  reich  illustrirte  Beschreibung  der  Mundseuche  der 


474  Michael. 

Mund-       Menschen  (Maul-  und  Klauenseuche  der  Thiere).    Selbst  ein  kurzer 
seuclie,      Auszug,  der  nur   das  Wesentlichste   wiedergäbe,   würde  den  Kaum 
hier  überschreiten ;  deshalb  beschränken  wir  uns  darauf,  auf  die  vor- 
treffliche Arbeit  zu  verweisen. 

Leuko-  Ed.  Schiff- Wien  (Wiener   klin.    Rundschau  Nr.  8)    hält    die 

^q*h'ff'  Leukoplakia  oris  nicht  für  so  unzugänglich  für  die  Therapie, 
wie  dies  von  anderen  Seiten  geschieht.  Er  hat  bei  der  Behandlung 
mit  Lapis  und  Chromsäure  gute  Resultate  erzielt.  Es  ist  allerdings 
wichtig,  die  Krankheit  möglichst  früh  in  Behandlung  zu  nehmen, 
da  die  Umwandlung  in  Carcinom  in  Anbetracht  der  exorbitanten 
Epithelentwickelung  erfahrungsgemäss  eine  recht  grosse  ist. 

Syphi-  Li even- Aachen  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  22)  hat   nach 

litische      Trennungder  syphilitischen  Verwachsungen  des  weichen 

Verwach-  o  j  r  & 

sungendes  Oaumens   mit  der  harten  Rachenwand   von   der  Choane   aus   mit 
weichen     Hülfe  eines  Katheters  einen  dünnen  Gummiballon  an  die  Stelle  det» 
L^eve"*'    gesetzten   Defectes    eingeführt,    diesen   durch    einen    Schlauch    von 
vom  aus  aufgeblasen  und  durch  dies  relativ  wenig  belästigende  Ver- 
fahren gute  Resultate  erzielt. 

Mandel-  Lemariet-Beaujou  (Ann.  des  mal.  de  Toreille  etc.  Nr.  5)  hat 

Geschwülste,  jj^^jy,Qj,Q  gestielte  Mandelgeschwülste  untersucht  und  kam  zu  dem 
Resultat,  dass  dieselben  entweder  eine  accessorische  Tonsille  dar- 
stellen oder  dass  ein  Lappen  der  Tonsille  oder  die  ganze  hyi>er- 
trophirt  und  sich  in  eine  gestielte  Geschwulst  verwandelt. 

Mandelstein,         Ein   sehr  grosser  Mandelstein   wurde  von  Botey  (Archivos 
Botey,        latinos,  Febr.)  aus  einer  stark  geschwollenen  schmerzhaften  Mandel 
entfernt, 
ßeausoleil.  C.  Beausoleil  (Mercredi  m6dical,  April  24)  bekam  einen  Patienten 

in  Behandlung,  der  seit  langer  Zeit  an  starkem  Fieber  und  Schling- 
beschwerden litt.  Die  rechte  Tonsille  war  stark  geröthet  und  ge- 
schwollen. Auf  eine  Incision  entleerte  sie  neben  Blut  und  Eiter 
auch  einen  grossen  Stein,  nach  dessen  Entfernung  sämmtliche  Be- 
schwerden bald  verschwanden. 

Chronischer  j^q^    chronischen  Rachenkatarrh,    seine   Ursachen   und 

katarrh,     seine  Behandlung  bespricht  Fink  (Haug's  klin.  Vorträge  Bd.  1,  H.  5). 

Fink, 

Pharyngitis,         Garel-Lj'^on  (Ann.  des  mal.  de  Toreille,  Februar)  beobachtete  eine 

Garel.        eigenthümliche  Form  von  Pharyngitis,  welche  sich  durch  Chroni- 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  475 

cität,  hochgradige  Empfindlichkeit  der  Schleimhaut,  sehr  »tarke 
Hyperämie,  die  sich  bis  hinab  auf  die  Stimmbänder  erstreckt,  und 
durch  eine  gewisse  Trockenheit  auszeichnet.  In  allen  Fällen,  es 
waren  21 ,  wies  die  Untersuchung  des  Urins  Zucker  oder  Ei  weiss 
nach.  Welchen  dieser  beiden  Stoflfe  man  finden  wird,  lässt  sich  aus 
dem  Anblick  der  Pharyngitis  im  voraus  nicht  bestimmen.  Stets 
hat  dieselbe  jedoch  einen  pathologischen  Urinbefund  begleitet.  Sie 
ist  oft  das  erste  Symptom  des  betreffenden  schweren  Allgemeinleidens 
und  ihre  Kenntniss  deswegen  von  besonderem  Interesse. 

In  einem  Aufsatz,  der  die  Veränderungen  der  Sprache  bei 
angeborenen    Gaumendefecten    behandelt,    betont   Gutzmann  Sprache  bei 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  39)  insbesondere  die  Wichtigkeit,  com-     ^*«™^"- 
plicirende  Störungen,  die  durch  Nasalstenosen,  Katarrhe  oder  Neu-     Gutzmann. 
bildungdn  des  Rachens  und  Kehlkopfes  hervorgerufen  werden,  einer 
eingehenden  Berücksichtigung  zu  unterziehen. 

Ritter  (Deutsche  Medicinalztg.  Nr.  78)  macht  darauf  aufmerk-      Angina 

sam,  dass  Kinder  mit  cariösen  Zähnen  häufig  an  recidivirenden  „     «ach 

^  .  Zahncaries, 

Anginen   leiden.     In   mehreren  Fällen  aus  der  Praxis   des  Verf. 's        Ritter, 
verschwand   diese  Disposition,    nachdem   einige   cariöse  Zähne   ent- 
fernt waren. 

Eine  wichtige  Quelle  für  tuberculöse  Infection  des  Mundes       Mund- 
fand J ar un t o WS ky- Posen    (Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  18)  *^  ®5^"  ^^^ 
gelegentlich    der  Untersuchung  des  Inhaltes  einer  cariösen  Zahn-  Zahncaries, 
höhle.     In   derselben   befanden  sich  zahllose  Bacillen,    ein  Beweis    Jaruntowsky. 
dass    derartige   Höhlen  Brutstätten    für  Tuberculöse   bilden   können 
und   schon  aus  diesem  Grunde  sorgfältig  behandelt  werden  müssen. 


Tidey- London  (Journal  of  laryngol.  Nr.  8)  hat  die  Beob-  Septische 
achtung  gemacht,  dass  septische  Tonsillitis  in  vielen  Pällen  ^^^  ^' 
von  septischer  Pneumonie  gefolgt  wird,  und  glaubt,  dass  derartige 
Erkrankungen  in  derselben  Weise  aufzufassen  sind  wie  z.  B.  Masern 
und  Scharlach,  als  eine  Infection  des  ganzen  Organismus,  die  an  ein- 
zelnen Organen  zu  Tage  tritt.  Die  verursachenden  Mikroorganismen 
sind  bei  dieser  Affection  Streptokokken. 

Der  kürzlich  verstorbene  Entdecker  der  adenoiden  Vegetationen,  Wil- 
helm Meyer  in  Kopenhagen,  hat  noch  in  diesem  Jahre  seinen  letzten 
interessanten  Beitrag  zur  Kenntniss  dieser  Neubildungen  geschrieben  (Ho- 
spitals tidende  Nr.  6).  Er  hatte  über  die  Verbreitung  derselben  folgende 
Mittheilungen  gesammelt.  Bei  den  Eskimokindern  in  Grönland  findet  man 
im  Alter  von  8 — 14  Jahren  fast  .stets  Vegetationen  mindestens  in  75  7«  ^^^ 


476  Michael. 

Statistik     Kinder,  ebenso  sind  in  Nord-Dacota  die  Indianerkinder  meistens  damit  be- 
^®'  haftet.     Chinesen  und  andere  mongolische  Völkerschaften,  auch  Mischlinge 

Veireta-  ^^^  Portugiesen  und  Mongolen  zeigen  häufig  die  Affection;  selten  wird  sie 
tionen,  dagegen  bei  den  Siamesen  gefunden.  In  Sumatra  fand  man  sie  nur  bei 
Wilhelm  Meyer.  3^2  Vo  der  eingeborenen  Bevölkerung,  auf  der  Insel  Saparoa  nur  in  0,7*^/0. 
Verf.  kommt  zu  dem  Resultat,  dass  die  kaukasische  ebenso  wie  die  mongo- 
lische Rasse  zu  Vegetationen  disponirt  ist;  dass  das  kalte  Klima  der  Ent- 
wickelung  derselben  günstiger  ist  als  das  warme.  Um  zu  erfahren,  ob  die 
Krankheit  von  jeher  bestanden,  hat  Verf.  zahlreiche  Büsten  und  Porträts  aus 
früherer  Zeit  auf  den  charakteristischen  Gesichtsausdruck  untersucht.  Unter 
berühmteren  Persönlichkeiten  konnte  er  sie  mit  Sicherheit  constatiren  bei 
Canova,  bei  Karl  V.  und  bei  Franz  II.  von  Frankreich.  In  der  Gallerie 
des  Vatican  finden  sich  einige  Porträts  mit  ganz  frappantem  Ausdruck  von 
Vegetationen.  An  den  Statuen  griechischer  Bildhauer,  die  ihre  Modelle 
zu  idealisiren  pflegen,  findet  man  sie  nie  oder  selten,  häufiger  bei  römischen. 
Jedenfalls  ergibt  diese  Forschung  das  Resultat,  dass  die  Vegetationen  von 
jeher  bestanden  haben. 

Spontane  Bekanntlich  verschwinden  meist  die  adenoiden  Vegetationen 

^^^^^^'^^'"'^^nach  dem  12.  Lebensjahr.   Ueber  die  Vorgänge  bei  ihrer  Rückbüdung 

adenoiden    hat  d'Aguanno  (Bolletino  dell.  mal.  et  delP  orecchio  etc.,  Oct.)  Unter- 

Vegeta-     suchungen  angestellt  und  ist  zu  dem  Resultat  gelangt,  dass  dieselbe 

d'Aguanno.    ^^^  Veränderungen   in    den    Wandungen    der   ernährenden   Gefasse 

beruht. 

In  jedem  Jahre  werden  eine  Anzahl  Todesfälle  berichtet,  die 
bei  der  Operation  adenoider  Vegetationen  oder  Tonsillotomieen  in  der 
Narkose  vorgekommen  sind.  Das  verhindert  eine  Anzahl  Autoren 
nicht,  immer  wieder  zu  empfehlen,  diese  Operationen  unter  Anwendung 
narkotischer  Mittel  vorzunehmen,  angeblich,  weil  dann  gründlicher  ope- 
rirt  werden  kann.  Bei  der  absoluten  Harmlosigkeit  dieser  Geschwülste 
hat  das  gründliche  Operiren  gar  keinen  Zweck,  wenn  es  auf  Kosten 
Behandlung  der  Sicherheit  des  Patienten  geschieht.  Wilson  (Med.  Chron.,  Febr.) 
,  *^®y,        wendet  gar  drei  Anästhetica  zu  gleicher  Zeit  an,  erst  Lachgas,  dann 

adenoiden  .  ~,  o     j 

Vegeta-      Aether    und    schliesslich    Chloroform.      Hopman-Köln    (Bresgen's 

tionen,      Samml.  H.  5  u.  6)  entfernt  in  einer  Sitzimg  in  der  Narkose  Tonsillen 
Hopman       ^^^  Vegetationen.   Unter  1106  Fällen  hatte  er  nur  einen  Todesfall. 
Baar,        Baar  (Lancet,   Sept.  5)    empfiehlt   ebenfalls  die  Narkose,    obgleich 
Tesicr,        ihm  verschiedene  Todesfälle  bekannt  sind.    Tesier  (Th^se  de  Paris) 
empfiehlt  Bromäthyl  für  Nasenoperationen.    Er  gibt  Kindern  bis  zu 
8  Jahren  5  g,  älteren  10  g.     £r  bezeichnet  diese  Methode  als  neu; 
weshalb  ist  nicht  ersichtlich,   denn  dieselbe  ist  bereits  vielfach  er- 
probt und  verfügt  sogar  schon  über  eine  Anzahl  Todesfalle. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc. 


477 


He  pl  er -Halle    empfiehlt    zur    Beseitigung    der    adenoiden       Kepler, 
Vegetationen   das  neue  Pharyngotom  von  Schütz  (Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  24),  Krebs  (Ther.  Monatsh.,  Juni)  das  Baginsky-       Krebs, 
sehe  oder  das  Gottstein'sche  Bingmesser. 

Hobbs  (Journal  of  Larjoig.  Nr.  2)  empfiehlt,  für  die  Operation       Hobbs. 
der  adenoiden  Vegetationen  anstatt  der  Zangen  ein  pincettartiges 
Instrument  anzuwenden. 


4.  Krankheiten  des  Kehlkopfs. 

Eine  sehr  dankenswerthe  Arbeit  ist  die   sorgfältige  Untersuchung 
über    Singstimme    der    Kinder    von    Paulsen-Kiel    (Arch.   f.   Physiol.  Singstimme, 
Bd.  61),  die  Verf.  an  den  Kindern  der  Kieler  stadtischen  Schulen  angestellt       Paulsen. 
hat.     An  dieser  Stelle  kann  dieselbe  nur  der  Aufmerksamkeit  der  Interes- 
senten empfohlen  werden. 

Haring  (Journal  of  laryngol.  Nr.  8)   hat  gefunden,   dass  bei  lieber-       Ueber- 
anstrengung  der  Stimme  die  freien  Stimmbandränder  convex  sind  und *"^^'®^^^"^ 
sich  mit  ihrer  Convexität  bei  der  Phonation  in   der  Mitte  berühren ,   wäh-        w»^««     ' 
rend  vom  und  hinten  ein  Spalt  bleibt.    Auf  das  Vorhandensein  des  Spaltes 
in  der  vorderen  Partie  ist  deswegen  zu  achten,  weil  derselbe  für  die  Dif- 
ferentialdiagnose von  Paralyse  der  Arytaenoidei  von  Wichtigkeit  ist.   Diese 
Convexität   der    Stimmbandränder   ist   für   den    üeberanstrengungszustand 
ebenso  charakteristisch  wie  die  Convexität  für  Katarrhe  und  Neurosen. 


Haring. 


Chiari  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  27)  nimmt  an,  dass 
Prolaps  der  Ventriculi  Morgagni  ausserordentlich  selten  vor- 
kommen, dass  dieser  Zustand  in  den  meisten  der  beschriebenen  Fälle 
durch  Tumoren  oder  Bindegewebshypertrophieen  vorgetäuscht  sei. 
Ein  neuerer  von  ihm  beobachteter  Fall  erwies  sich  mikroskopisch 
als  ödematöse  Schleimhautfalte. 


Ventrikel- 

prolaps, 

Chiari. 


In  Fällen   von   Verwachsungen   und   Verengerungen   im     Syphiii- 
Rachen    und   Kehlkopf   nach   Lues    machte   P.   Heymann    ^^If^^® 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  30)  die  Erfahrung,  dass  es  zwar    Stenosen, 
gelingt,  das  Fortschreiten  von  Ulcerationen  durch  geeignete  Therapie   P-  Heymann, 
zu  vermeiden,   dass  es  jedoch  nicht  möglich   ist,   den  Process  der 
Vemarbung  irgendwie  zu  beeinflussen.    Wir  sind  daher  gezwungen, 
den  Verlauf  dieses  Processes   abzuwarten  und  dann  die   gebildeten 
Stenosen  in  zweckmässiger  Weise  durch  Messer,  Galvanocauter  oder 
Bilatatorien  nach  Möglichkeit  zu  beseitigen. 

Co rradi- Verona  (Ann.  des  mal.  de  Poreille  etc.,  Sept.)  empfiehlt 
bei  Stenosen  des  Larynx  die  Dilatation  mit  Laminarien. 
Bie  Stäbchen  werden  in  ähnlicher  Weise  eingeführt  wie  die  Schrotte r- 


478 


Michael. 


Behaiidluug  sehen  Bolzen.    Sie  haben  den  Vortheil,  dass  sie  sich  leicht  einfuhren 
^®'         lassen   und   nicht  wie   metallene  Dilatatoren,    welche   einen   relativ 
Stenosen,     dicken  Durchmesser  besitzen  müssen,  um  erweiternd  zu  wirken,  Ver- 
Corradi.       letzungen  der  Schleimhaut  hervorbringen. 


Herpes 

laryngis, 

Secretan. 


Secretan  (Annal.  pour  mal.  des  oreilles  etc.  Nr.  8)  beschreibt 
im  Anschluss  an  mehrere  Fälle  den  Symptomencomplex  des  Herpes 
laryngis.  Bei  einem  Prodromalfieber,  welches  über  40°  in  die 
Höhe  gehen  kann,  folgt  die  Eruption  zahlreicher  Bläschen  auf  der 
Larynxschleimhaut.  Die  Bläschen  verschwinden  nach  einigen  Tagen 
wieder.     Die  Krankheit  geht  stets  in  Heilung  über. 


P  a  c  h  y- 

dermia 

laryngis, 

Habermann. 


Hab  ermann -Graz  (Prager  Zeitschr.  f.  Heilk.  Bd.  16)  bat  14  Prä- 
parate von  Pachydermia  laryngis  anatomisch  untersucht  und 
kommt  zu  folgenden  Resultaten:  In  allen  Fällen  fanden  sich  hyper- 
trophische Veränderungen  des  Bindegewebes  derMucosaund  Submucosa 
des  Stimm-  und  Taschenbandes.  Oft  finden  sich  polypenartige  oder 
papilläre  Auswüchse  einzelner  Partieen.  Am  Processus  vocalis  findet 
man  starke  Proliferation  des  Bindegewebes,  die  jedoch  an  den 
Bändern  desselben  stärker  ist  als  in  der  Mitte,  so  dass  hier  eine 
Delle  entsteht.  Diese  Anordnung  ist  wahrscheinlich  durch  Druck 
der  Spitzen  des  Processus  vocalis  gegen  einander  bei  der  Phonation 
erzeugt.  Oft  entspricht  die  Delle  an  der  einen  einer  Vorwölbung  an 
der  anderen  Seite.  Das  Plattenepithel  war  an  manchen  Stellen  in 
eine  Homschicht  verwandelt.  In  einigen  Fällen  wurden  Geschwüre 
und  Oedeme  beobachtet. 

Thost  (Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.)  bespricht  den  Infectionsmodus 
bei  der  Kehlkopftuberculose.  Er  glaubt,  dass  eine  Infection  durch 
tuberculose  ^®  Blutbahn  relativ  selten  ist,   dass  dagegen  der  gewöhnliche  Weg 
Thost,        der  ist,  dass  das  tuberculose  Sputum  in  die  Larynxschleimhaut  ein- 
dringt und  dieselbe  inficirt.    Anämische  Gefangene  und  Beconvales* 
centen  sind  für  diese  Infection  besonders  empfänglich, 
(ileitaraann.  Eine  Publication   Gleitsmann^s   (New  York  medical  Journal, 

Oct.  19)  über  denselben  Gegenstand  ist  durch  das  ausserordentlich 
Klinisches   reichhaltige    Litteraturverzeichniss    bemerkenswerth.      Bonfiglio 

Bild  der     lieferte  in  den  Archivii  ital.  di  laringoL,   Ott.  eine  ausfuhrliche  Be- 
Larynx-  ,  i  t       j     •    -r-i  n 

t  ab  er  cui  ose,  Schreibung  der  primären   Larynxtuberculose.     In  drei  Fällen 

Bonflgiio.      fand   Verf.    eine   manifeste   Larynxtuberculose,    ohne   dass   sich    in 

anderen   Organen   irgend    eine   Veränderung   nachweisen    liess.      In 

zwei  der  Fälle  fanden  sich  Geschwüre   auf  den  Stimmbändern,  und 

im  dritten   handelte  es   sich  um   einen  Tumor.     Derselbe  wurde  ex- 


Pathogenese 
der 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc. 


479 


Heryng, 
Krause, 


stirpirt    und   durch    histologisch-bacteriologische    Untersuchung   die 
Diagnose  sicher  gestellt. 

In  der  British  laryngological  Association  (Joum.  of  laryngol.  Nr.  8) 
besprachen  Krause  und  Heryng  die  von  ihnen  seiner  Zeit  inaugu-  Behandlung 
rirte  Localbehandlung  der  Larynxtuberculose.     Krause         ^^^ 

Larynx- 
meint,  dass  man  in  der  Wahl  der  Fälle  nicht  so   zurückhaltend  zutaijerculose, 

sein  brauche,  wie  das  von  manchen  Autoren  empfohlen  wird,  denn 
auch  diejenigen,  deren  Lungenstatus  so  ungünstig  ist,  dass  eine 
Heilung  nicht  mehr  erwartet  werden  kann,  finden  durch  die  chirur- 
gische Behandlung  Erleichterung  ihrer  localen  Beschwerden.  An 
der  Technik  der  Operation  haben  die  Erfahrungen  der  letzten  Jahre 
nichts  geändert;  doch  haben  dieselben  gezeigt,  dass  man  sehr  tief 
imd  ausgiebig  operiren  kann.  Recidive  kommen  im  Larynx  seltener 
vor  als  in  den  Lungen.  Heryng  hebt  die  Hauptindicationen  der 
Behandlung  hervor.  In  erster  Linie  ist  es  die  Dysphagie,  welche  uns 
veranlassen  soll,  operativ  einzugreifen.  Eine  zweckmässige  diäteti- 
sche und  klimatische  Behandlung  soll  der  operativen  stets  folgen. 
Tuberculöse  Ulcera  können  spontan  heilen,  doch  wird  diese  Heüung 
durch  Entfernung  des  Krankhaften  unterstützt.  Die  Operation  ist 
besonders  indicirt  bei  Erkrankung  der  Epiglottis,  bei  hartnäckigen 
tubercidösen  Tumoren,  bei  partieller  Erkrankung  des  Kehlkopfs; 
contraindicirt  sind  die  Eingriffe  bei  acuter  Miliartuberculose.  Bei 
hochgradigen  Stenosen  ist  die  Tracheotomie  voranzuschicken.  Vor 
der  Operation  wird  Cocain,  nach  derselben  Py oktanin  applicirt.  Fast 
die  ganze  obere  Larynxpartie  ist  der  Behandlung  zugänglich.  Der 
Erfolg  der  Operation  hängt  ab  von  der  localen  Ausbreitung,  dem 
Allgemeinzustand,  dem  Lungenstatus,  dem  Alter,  dem  Temperament 
und  der  Beschäftigung  des  Kranken,  ö^r  Geschicklichkeit  des  Ope- 
rateurs. Die  Prognose  ist  immer  zweifelhaft  zu  stellen.  Gleitsmann  Gleitsmann, 
schliesst  sich  im  wesentlichen  den  ausgesprochenen  Anschauungen 
an,  ebenso  In g als,  während  Wright  sich  skeptisch  verhält.  Ein 
grosser  Theil  der  ferneren  Redner  schliesst  sich  den  ausgesprochenen 
Anschauungen  von  Krause  und  Heryng  an. 

Hajek  (Centralbl.  f.  Ther.  Nr.  2)  empfiehlt  die  Curettage,  um 
local  begrenzte  Heerde  auszuräumen,  geschwulstförmige  stenosirende 
Massen  zu  entfernen.  Sie  eignet  sich  jedoch  nur  für  Patienten  mit 
gutem  Allgemeinzustand  und  localer  Begrenzung  im  Larynx.  Zu- 
weilen erweist  sich  die  Tracheotomie  sehr  segensreich.  Ueber  die 
Larynxspaltung  liegen  noch  nicht  genügend  Erfahrungen  vor. 

Einen  seltenen  Fall  von  Heilung  einer  fortgeschrittenen  Larynx- 
tuberculosezeigteA.RosenberginderBerl.  med.Gesellsch.,  6.  Febr. 


Ingals, 
Wright, 


Hajek. 


480  Michael. 

Behandlung  Im  Jahre  1887  kam  Patient  in  Behandlung  mit  ausgedehnten  Ulce- 
^   ^®^         rationen,  welche  die  hintere  Larynxwand,  beide  Taschen-  und  Stimm- 

Larynx-  ,         . 

tubercuiose,  bänder  einnahmen.  Die  Diagnose  wurde  durch  Bacillenbefund  be- 
A.  Rosenberg,  stätigt.  Die  Behandlung  bestand  in  Mentholinhalationen  und  -Pinse- 
lungen. Jetzt  befindet  sich  Patient  vollständig  wohl.  Beide  Taschen- 
bänder sind  narbig  so  sehr  retrahirt,  dass  man  die  Stimmbänder  in 
vollständiger  Breite  sehen  kann.  Die  Stimmbänder  sind  an  den 
Rändern  ebenfalls  narbig  verändert.  Patient  lebt  in  dürftigen  Ver- 
hältnissen imd  kann  als  Lehrer  seinen  Kehlkopf  nicht  schonen. 

Subgiot-  Ferreri  (Archivio  ital.  di  otologia  Heft  2)  beschreibt  die  sub- 

1 18 che       crlottischen  benignen  Tumoren.     Diese  Tumoren  sind,   wenn  sie  zur 
benigne      ^  ®  .  . 

Tumoren,  Beobachtung  kommen,  stets  grösser  als  die  Stimmbandtumoren. 
Ferren.  "Dies  liegt  daran,  weil  dieselben,  solange  sie  klein  sind,  keinerlei  Sym- 
ptome machen  imd  erst  wenn  sie  Athembeschwerden  verursachen, 
die  Patienten  veranlassen,  ärztliche  Hülfe  in  Anspruch  zu  nehmen. 
Die  beobachteten  Geschwülste  waren  theils  Mjrxome,  theils  Fibrome. 
In  den  beiden  von  ihm  beobachteten  Fällen  war  Verf.  im  Stande 
per  vias  naturales  zu  operiren,  doch  war  in  manchen  anderen  Fällen 
die  Tracheotomie  und  Spaltung  des  Kehlkopfs  zur  Entfernung  des 
Neoplasmas  nothwendig.  In  einem  dritten  vom  Verf.  beobachteten 
Falle  von  subglottischem  Fibrom  (Archiv,  di  otologia  etc.  Heft  4) 
war  die  Schwangerschaft  von  ausgesprochenem  Einfluss  auf  die  Ent- 
wickelung  des  Timiors.  Patientin  war  schon  in  zwei  früheren 
Schwangerschaften  heiser  gewesen;  doch  hatte  sich  dies  später  von 
selbst  verloren.  Bei  ihrer  dritten  Schwangerschaft  erkrankte  sie  in 
der  Mitte  der  Zeit  an  Heiserkeit  und  Athemnoth,  als  deren  Ursache 
sich  ein  schnell  wachsendes  Fibrom  ergab.  Es  gelang,  sie  bis  zum 
Ende  der  Gravidität  mit  Intubation  hinzuhalten.  Einige  Wochen 
nach  der  Entbindung  entfernte  Verf.  den  Tumor  mit  der  schneiden- 
den Zange. 

Larynx-  Powers  und  White  (Medical  Record  Nr.  12)  bringen  eine  Zu- 

ex9tirpationga,ji,jienstellung  von  309  Fällen  partieller  oder   totaler  Larynx- 

bei  malignen  x  •  .  •  i«  m  -x  i  -n-n 

Tumoren,     exstirpation  wegen  maligner  Tumoren  mit  sechs  neuen  Fallen. 

Powers  u.  101  Fälle  =  32  ®/o  starben  infolge  der  Operation  durch  Shok,  Hämor- 
^^  *»»te,  rhagie,  Pneumonie,  septische  Infection  oder  Erschöpfung.  Bei  Total- 
exstirpation  betrug  die  Mortalität  36  ^/o,  bei  partieller  nur  27*'o, 
Nur  10°|o  der  Ueberlebenden  waren  nach  3  Jahren  noch  recidiv- 
frei.  Von  letzteren  bekamen  nur  wenige  später  Recidive  nach  Ab- 
lauf von  3  Jahren. 


Krankheiten  der- Nase,  des  Rachens  etc.  481 

Pean  berichtet  über  einen  Fall  (Bulletin  de  Tacademie  de  m^de-  P^an. 
eine  Nr.  3),  in  welchem  wegen  malignen  Tumors  des  Larynx 
auch  die  untere  Hälfte  des  Pharynx  und  die  obere  Partie  des 
Oesophagus  entfernt  wurde.  Durch  eine  zweckmässige  Prothese 
wurde  ein  bezüglich  der  Sprache  und  des  Schluckens  zufrieden- 
stellendes Resultat  erreicht. 

Rhino- 
Baurowicz-Krakau   (Wiener   klin.  Wochenschr.   Nr.  22)   hat  sklerom  bei 

zahlreiche  Fälle    von    sog.    Chorditis    inferior    hypertrophica    Chorditi» 
untersucht  und  stets  Rhinosklerombacillen  gefunden.  Baurowicz 

Roemisch-Freiburg  i.  Br.  (Arch.  f.  Lar3Tigol.  Bd.  2,  H.  3)  fand  Becnrrens- 
in  39  Fällen  von  Recurrenslähmung  13mal  ein  abnormes  Ver-  lai»mniig, 
halten  der  Epiglottis.  Beim  ruhigen  Athmen  wurde  einmal  eine 
zuckende  Bewegung  des  Kehlkopfs  nach  der  gesimden  Seite  gesehen. 
Bei  der  Phonation  wurde  eine  ähnliche  Bewegung  verbunden  mit 
einer  Erhebung  des  Kehldeckels  11  mal  beobachtet  (Schrötter  sah 
in  einem  Falle  eine  zuckende  Bewegung  nach  der  kranken  Seite 
hinK  Als  Ursache  dieser  Bewegung  musste  eine  Contraction  des 
M.  aryepiglotticus  der  gesunden  Seite  bei  Ausfall  dieses  Muskels 
auf  der  gelähmten  Seite  angesehen  werden.  Dass  nur  bei  einem 
bestimmten  Procentsatz  der  Fälle  die  Erscheinung  auftritt,  deutet 
darauf  hin,  dass  die  Innervationsverhältnisse  des  Kehlkopfs  bei  ver- 
schiedenen Individuen  derselben  Species  verschieden  sein  können. 

Roemisch  (Arch.  f.  Laryngol.  Bd.  3,  H.  1  u.  2)  bespricht  sehr     Roemisch. 
ausführlich  das  Verhalten  des  Aryknorpels  bei  Recurrens- 
lahmungen.     Das   wichtigste  Resultat   ist,   dass   die  Zuckungen   des 
Aiyknorpels   der  gelähmten   Seite   durch   Zug   der  gesunden   Seite, 
durch  den  Interarytänoidmuskel  übertragen,  au.sgelö.st  werden. 

S  c h e  i  e  r  (Wiener  med.  Presse  Nr.  23  u.  24)   beschreibt   einen    c  o o rd i  n a- 
Fall  von  Coordinationsstörung  des  Kehlkopfs,  welche  dem       tion»- 
Bilde  der  seiner  Zeit  von  Michael  beschriebenen  Dyspnoea  spastica  Kahlkopf«, 
entspricht.    Die  betreffende  Patientin  brauchte  jedoch  nicht  wie  der       rti:h»MT. 
erwähnte  Fall  tracheotomirt  zu   werden,    doch    blieb    sie    eben  falls 
trotz  aller  angewandten  Mittel  ungeheilt. 

Die  Casuistik  der  posttyphösen  Lähmungen   wurden  durch 
Lublinski  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  20j  um  mehrere  Fälle        po*»- 

vermehrt,   von  denen  zwei  die  Tracheotomie  erforderlich   macht«;n.  'yi'Ji"*" 

In  den  anderen  Fällen  trat  nach  einigen  Wochen  Heilung  ein.     Kn  i^hmun« 

waren  einseitige  oder  doppelseitige  PosticiMlährnungen.  t.iWlri»hi. 

Jabibach  der  pnctbehem  Jfedidii.    HM.  3} 


482  Michael. 

Diphtherie- 
mittel: 

Mangan-  5.  Krankheiten  der  Luftröhre. 

saures 
^**'°°'  Durch  die  Serumtherapie  (welche  von  anderer  Seite  bearbeitet 

Gatrin.  r        \ 

Magnesium-  ^^^^  ^^t  die  Zahl  der  anderen  unfehlbaren  Diphtheriemittel  gegen 
Sulfid,  das  vorige  Jahr  wesentlich  vermindert.  Catrin  (Bulletin  des  höp., 
Martin.       j^-  27^  empfiehlt  mangansaures  Natron,  Martin  (Lancet,  Febr.  9) 

super oxyd,  Magnesiumsulfid,  Navratil  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr. 4)  Wasser- 
Navratil.  stofFsuperoxyd ,  Wall  6  (Deutsche  Medicinalztg.  Nr.  10)  Salaktol, 
Wall6.   '     Draer  (Wiener  klin.  Rundschau  Nr.  10)  Sozojodol. 

Sozojodol, 

Draer.  Buchholz  (Petersb.  med.  Wochenschr.  Nr.  24)  beobachtete  in 

Nach- 
blutungen   zwei  Fällen  von  Tracheotomie  nach  Diphtherie  tödtliche  Nach- 

*>«>  blutungen.     In  beiden  Fällen   fand   er  bei   der  Section  eine  Per- 

.^_.     *     foration  des  Truncus  anonvmus  durch  Canül endruck, 
tomie, 

Buchholz.  Kobler   (Wiener   klin.   Rundschau  Nr.  12 — 18)   stellt  in   einer 

ausgezeichneten  Arbeit  zahlreiche  eigene  und  fremde  Beobachtungen 

Fremd-      über  Fremdkörper  in   der  Trachea   und   in  den  Bronchien 

körper  in  zusammen  und  gelangt  zu  folgenden  Schlüssen  bezüglich  der  Therapie: 
Kobler.  '  ^^^  Fehlen  von  krankhaften  Erscheinungen  ist  das  Vorhandensein 
eines  Fremdkörpers  an  und  für  sich  keine  Indication  zur  Einleitung 
von  Extractionsversuchen,  doch  soll  das  betreffende  Individuum  stets 
unter  wachsamer  Aufsicht  des  Arztes  sein.  Treten  durch  den  Fremd- 
körper irgend  welche  krankhafte  Symptome  auf  oder  haben  sich  con- 
secutive  Zustände  eingestellt  und  ist  das  Vorhandensein  des  Fremd- 
körpers noch  erwiesen,  d.  h.  nicht  etwa  anzunehmen,  dass  er  schon  ex- 
pectorirt  sei,  oder  ist  er  frei  beweglich  und  damit  die  Gefahr  des 
Hineingelangens  in  die  Glottis  gegeben,  so  ist  die  Tracheotomie  vorzu- 
nehmen, an  welche  dann  Expulsionsversuche  durch  Hustenreize  und 
Brechmittel,  eventuell  Extractionsversuche  anzuschliessen  sind. 

In  einem   Fall  von    syphilitischer   Stenose  der   Trachea 

Sy  p  h  i  1  i-      und  des  linken  Hauptbronchus  vermochte  Sei  f  f  e  r  t  -  Würzburg  ( Münch. 

tische       j^^^i    Wochenschr.  Nr.  31)  durch  Katheterisation  der  Luftröhre  und 
Tracheal- 
Btenoae,      des  linken  Bronchus  eine  bedeutende  Besserung  zu  erzielen.     Verf. 

Seiffert.       verwendete   Schlimdsonden  mit  unten   abgerundetem  Ende,   welche 

er  32  cm  von  den  Schneidezähnen  aus  einfuhren  konnte. 

Trauma-  CoUey   (Deutsche  Zeitschr.   f.  Chirurg.   Bd.  40)   hat  in   einem 

tische       Falle   von  traumatischer   Strictur  der  Trachea    einige  Ringe 
Strictur  der  .        ®  ^ 

Trachea,     derselben  resecirt  und  dann  genäht.   Der  Fall  ist  geheilt.   Versuche 

coUey.        an  Thieren  ergaben,   dass  es  am  zweckmässigsten  sei,  die  Trachea 

in  Bajonettform   auszuschneiden,   so   dass   die  vorderen  Hälften  der 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  483 

oberen   mit  den  hinteren  der  unteren  Einge  durch  Naht  vereinigt 
werden  können. 

ijihaiigr.    Krankheiten  der  Schilddrüse  und  Myxödem. 

Eine   sehr  ausfuhrliche   Schilderung  des  Myxödems  bringt 
Pel  (Volkmann's  klin.   Vorträge  Nr.  23).     Die  Krankheit  entsteht  Krankheits- 
häufiger  beim  weiblichen  Geschlecht.   Das  Alter  von  30 — 50  Jahren     ^iiddes 
ist  am   meisten  geiährdet.     Die  grössere  Häungkeit  der  Krankheit         pei. 
in  manchen  Gegenden  ist  bisher  nicht  erklärt.     Beim  Zusammen» 
treffen  des  Myxödems  mit  anderen  Krankheiten  handelt  es  sich  nur 
um  zufälliges  Zusammentreffen.   Woher  die  der  Krankheit  zu  Grunde 
hegende   Atrophie   der   Schilddrüse    kommt,    ist    unbekannt.      Die 
fxmctionellen  Störungen  sind  depressiver  Natur,   als  Benommenheit, 
Torpidität   und   Gedächtnissschwäche.     Die  auffallendsten  Erschei- 
nungen treten  an  der  Haut  auf.   Sie  schwillt  an,  wird  hart  und  ge- 
spannt.    Das  Gesicht  bekommt  einen  ganz  charakteristischen  Aus- 
druck.    Die  Haare  sind  trocken,  spröde  und  fallen  leicht  aus.    Der 
therapeutische  Gebrauch  von  Schilddrüse  ist  ausserordentlich  zuver- 
lässig in  seiner  Wirkung. 

Durch  die  therapeutische  Verwendung  der  Schilddrüse  gewannen 
auch   die  durch  übermässigen  Gebrauch  derselben  hervorgebrachten 
Erscheinungen  grosses  Interesse.   B  u s  c  h  a  n  (Deutsche  med.  Wochen-      Schild- 
schrifb  Nr.  44)   hat  derartige  Versuche  an  sich  angestellt,  aber  ob-      drüsen- 
gleich   er    relativ    grosse   Mengen   der   Drüse   zu   sich   nahm,    die  Myxödems, 
Erscheinungen  von  Thyreoidismus  nicht  bekommen.     Ei  führte  das      Buschan, 
auf  seine   Lebensweise   (er  geniesst  wenig   Fleisch  und  gar   keine 
AlkohoUca)   zurück.     Er  begründet  diese  Anschauung  auf  die  Ana- 
logie   mit    Thierversuchen ,    welche    ergaben,    dass    alle    von    der 
Thyreoidea  abhängigen  Erscheinungen  bei  Pflanzenfressern  gar  nicht 
oder  nur  in  geringem  Maasse  auftreten.    Bei  Katzen  tritt  nach  Ex- 
stirpation  der  Schilddrüse   sofort   Tetanie   ein,  wenn   man   sie   mit 
Fleisch  futtert,  während  man  durch  Milchfütterung  die  Anfälle  hintan- 
halten  kann. 

In  einem  dauernd  geheilt  gebliebenen  Fall  von  Myxödem  beob- 
achtete  Ewald  (Berl.  medicin.  Gesellsch.,  10.  Juni)  das  Auftreten  von  Ewald. 
Zucker  im  Harn  seit  dem  Beginn  der  Behandlung  mit  Thyreoidtabletten. 
Auch  nach  dem  Aussetzen  der  Behandlung  erhielt  sich  der  Zucker- 
gehalt. Er  ist  jetzt  1,7  °/o ,  steigt  aber  zeitweilig  trotz  einer  im 
ganzen  antidiabetischen  Diät  auf  6  ^/o.  Die  Glykosurie,  es  handelt  sich 
um  rechtsdrehenden  Zucker,  macht  durchaus  keine  Erscheinungen. 


484  Michael. 

Patient   ist   in  jeder  Beziehung  vollständig  wohl.     Bisweilen  auf- 
tretendes Druckgefiihl  über  den  Augen  wird  durch   den  Gebrauch 
von  ein  bis  zwei  Tabletten  schnell  beseitigt. 
Schild-  Kocher  (Schweizer  Corresp.-Bl.  Nr.  1)  fand,  das«  die  Fütterung 

dräsen-  mit  Schilddrüse  bei  Myxödem  und  Cachexia  strumipriva  vorzügliche 
Myxödem**  Erfolge  gibt.  Auch  90  °/o  der  Kröpfe  kann  man  durch  diese  Be- 
Rocher.  handlung  verkleinern,  indessen  ist  die  Zahl  der  mit  Jod  zu  beein- 
flussenden Fälle  ebenso  gross.  Die  Thyreoideabehandlung  hat  des- 
halb hier  keinen  besonderen  Vorzug.  Beim  Morbus  Basedowii  ist 
umgekehrt  ein  Ueberfluss  an  Schilddrüsensecretion  die  Ursache  der 
Symptome.  ELier  kann  man  daher  durch  Verkleinerung  der  Drüse 
Besserung  erzielen.  Bei  der  Fxothyreopexie  (der  Verlagerung  der 
die  Trachea  comprimirenden  Schilddrüse)  wird  durch  Druck  auf  die 
Drüse  während  der  Operation  zuweilen  der  Organismus  mit  Schild- 
drüsensecret  überschwemmt.  Dadurch  entstehen  bisweilen  den 
Basedo waschen  ähnliche  Symptome,  welche  erst  nach  einiger  Zeit 
wieder  verschwinden. 

Ueber  die  Schilddrüsentherapie  siehe  auch  S.  568. 

Thyreoiditis  Holger  Mygind  (Journal  of  laryng.  Nr.  3)  beschreibt  im 
aontft,  Anschluss  an  einen  beobachteten  Fall  die  Symptome  der  seltenen 
Thyreoiditis  acuta.  Ueber  die  Aetiologie  ist  nichts  Sicheres  be- 
kannt; die  Krankheit  tritt  nach  Erkältungen  oder  ohne  jede  nach- 
weisbare Ursache  auf;  sie  wird  meistens  in  den  Jahren  von  20  bis 
40  beobachtet.  Da  es  keinen  zur  Section  gekommenen  Fall  gibt, 
lässt  sich  über  die  pathologische  Anatomie  wenig  sagen.  Die 
Krankheit  beginnt  mit  starkem  Fieber.  In  wenigen  Tagen  schwillt 
die  Schilddrüse  auf  beiden  Seiten  bis  zu  Hühnereigrösse.  Die 
Haut  erscheint  meist  nicht  infiltrirt,  zuweilen  ist  sie  geröthet;  die 
Localtemperatur  scheint  erhöht.  Die  Schwellung  verschwindet  in 
wenigen  Tagen,  lässt  aber  häufig  nachweisbare  verhärtete  Partieen 
in  der  Drüse  zurück.  Die  subjectiven  Symptome  sind  Dysphagie, 
Dyspnoe,  Heiserkeit  und  Husten,  zuweilen  auch  Stauungserscheinungen 
durch  Compression  der  grossen  Halsgefässe.  Die  Diagnose  ist  leicht, 
weil  die  Erscheinungen  sehr  charakteristisch  sind;  die  Behandlung 
hat  in  Antiphlogose  zu  bestehen. 
Jeanselme.  Nach  Jeans elme  (Gaz.  des  h6p.,  Febr.  2)  entsteht  Strumitis 

stets  durch  Infection.  Dieselbe  wird  im  Anschluss  an  fast  sämmt- 
liehe  Infectionskrankheiten  beobachtet,  geht  je  nach  ihrer  Intensität 
direct  in  Heilung  oder  in  Vereiterung  oder  in  Gangrän  über. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  485 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Stoerk,   Die  Erkrankungen  der  Nase,   des  Rachens  und  des  Kehlkopfes. 

Wien. 
Bresgen- Frankfurt  a.  M.,  Krankheiten  und  Behandlungsweisen  der  Nasen-, 

Mund-  und  Rachenhdhle,   sowie  des  Kehlkopfs  und  der  Luftröhre. 

3.  Aufl.    Wien. 

Fl atau -Berlin,  Nasen-,  Rachen-  und  Kehlkopfkrankheiten.    Berlin. 

Grünwald- München,  Lehre  von  den  Nafleneiterungen.    2.  Aufl. 

Joal- Paris,  Respiration  en  chant.    Paris. 

Botey-Barcelona,  Estudios  clinicos  sobre  laringologia,  otologia  y  rinologia. 

4.  fasciculo:  Inglaterra.    Madrid. 
Onodi-Pest,  Innervation  des  Kehlkopfs.    Wien. 

Seiffert  und  Kahn,  AÜas  der  Histopathologie  der  Nase,  der  Mundrachen- 
höhle  und  des  Kehlkopfs.  Mit  77  Bildern  auf  40  chromolithographirten 
Tafeln  und  8  Holzschnitten  im  Text.    Wiesbaden. 

Schnitzler,  Klinischer  Atlas  der  Laryngologie  und  Rhinologie  mit  Text 
von  Kajek  und  A.  Schnitzler.  7.  (Schluss-)Lieferang.  Wien. 
Braumüller. 

Kahnt,  Ueber  entzündliche  Krankheiten  der  Stirnhöhle  und  ihre  Folge- 
zustände.   Wiesbaden. 


vm. 
Haut-  und  venerisclie  Erankheiten. 

Von  Dr.  Max  Joseph  in  Berlin. 

A.  Hautkrankheiten. 

I.  Anatomie  und  Physiologie. 

In  ihren  eingehenden  Untersuchungen  zur  Kenntniss  des  Eleidins  in 
E 1  e  i  d  i  u ,  normaler  und  pathologisch  veränderter  Haut  kommen  D  r  e  y  s  e  1  und  0  p  p  1  e  r 
Dreyselu.  (^rch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  30,  H.  1)  zu  einer  Bestätigung  der  Be- 
^^  ^'  Schreibungen  Buzzi's.  Auch  nach  ihren  Beobachtungen  ist  das  EleTdin 
eine  Substanz  von  zähflüssiger  Beschaffenheit,  die  sich  überall  im  Stratum 
lucidum  der  menschlichen  Haut,  in  der  Begrenzung  der  Haarbälge  und 
an  den  die  Homschicht  durchsetzenden  Partieen  der  Schweissdrüsenaus- 
führungsgänge,  in  Gestalt  von  feinen  Tropfen  und  Tröpfchen  und  grösseren 
Lachen  findet.  In  den  Schleimhäuten  ist  das  Eleidin  nur  an  den  lieber- 
gangsstellen  zur  Haut  und  auch  da  nur  in  ganz  geringer  Menge  zu  con- 
statiren.  Kurze  Alkoholhärtung  hat  auf  die  Färbbarkeit  und  Gonsistenz  de» 
Klel'dins  keinen  wesentlichen  Einfluss.  Seine  Darstellung  in  alkoholgehärteter 
Haut  ist  demnach  am  einfachsten.  Die  Färbung  gelingt  am  besten  in  Pikro- 
carminammoniak  und  sulfosaurem  Nigrosin.  Das  EleÜdin  wird  durch  die 
Färbung  gewissermassen  fixirt  und  zeigt  nach  derselben  gewissen  chemischen 
Einwirkungen  gegenüber  eine  wesentlich  vermehrte  Widerstandsfähigkeit. 
Der  Gehalt  der  Epidermis  an  Elei'din  ist  nicht  immer  proportional  dem  an 
Keratohyalin ,  an  normaler  Haut  ist  er  im  allgemeinen  abhängig  von  der 
Dicke  der  Homschicht  und  daher  am  grössten  an  den  Fussaohlen  und  an 
den  Fingerbeeren.  Bei  ihren  zahlreichen  Untersuchungen  an  pathologisch 
veränderter  Haut  fanden  die  Verfasser,  dass  bei  reinen  Hyperkeratosen 
eine  Vermehrung  des  Elel'dins  wie  des  Keratohyalins  vorhanden  ist.  Bei 
Krankheiten,  welche  wesentlich  mit  Verhomungsanomalieen  einhergehen. 
Parakeratosen,  geht  das  EleYdin  vollständiger  und  zeitiger  zu  Grunde  als 
das  Keratohyalin  und  ist  nie  gefunden  worden,  wenn  die  Kerne  im  Stratum 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  487 

oomeum  ihre  ("arbbarkeit  bewahrt  hatten,  auch  wenn  Keratohyalin  an 
solchen  Stellen  nachweisbar  war.  Im  Molluscum  contagiosum  ist  auch  das 
Eleidin,  ebenso  wie  das  Keratohyalin,  und  zwar  zwischen  keratohyalin- 
haltiger  und  eigentlicher  Homschicht  sehr  stark  vermehrt. 

Bei  seinen  Untersuchungen  über  die  normale  und  pathologische 
Histologie  des  ünterhautfettgewebes  kommt  L.  Heitzmann  Fettgewebe, 
(Arch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  32)  zu  dem  Schlüsse ,  dass  die  Fettkugel  Heitzmann. 
keineswegs  eine  einzige  und  einfache  ZeUe  darstelle.  Sie  ist  im  Gegentheil 
daä  Product  einer  ganzen  Anzahl  von  Protoplasmakörpern.  Die  Mastzellen 
hält  er  für  die  Vorläufer  der  Fettkugelbildung.  Er  hält  es  für  möglich, 
dass  durch  die  Mastzellen  die  Bildung  von  Fettkugeln  eingeleitet  werde 
in  ähnlicher  Weise,  wie  bei  dem  Ossificationsprocesse  häufig  eine  Kalk- 
ablagerung in  einzelnen  Protoplasmakörpern  vorausgeht. 


II.  Pathologie  und  Therapie. 

1.  Entzündliche  Dermatosen. 

TJeber  das  Verbältniss  von  Schuppenflechte  zu  Ge- 
lenkerkrankungen berichtet  Eger  (Berl,  klin.  Wochenschrift  Psoriasis, 
Nr.  27)  im  Anschluss  an  die  früheren  Mittheilungen  Gerhardt's  '^^^' 
(cf.  dieses  Jahrb.  1895,  S.  451).  Er  konnte  drei  einschlägige  Beob- 
achtungen sammeln.  In  dem  einen  Falle  trat  die  Gelenkaffection 
und  die  Schuppenfiechte  auf  im  Gefolge  einer  schweren  nervösen 
Erkrankimg,  Verstinmiung ,  wüthender  Kopfschmerzen  mit  Brech- 
reiz, welche  letzteren  den  Kranken  auch  später  neben  Schlaflosig- 
keit häufig  heimsuchten.  In  der  zweiten  Beobachtung  litt  die  Mutter 
an  Paralysis  agitans,  die  Schwester  an  verschiedenen  Nerven- 
störungen. Während  diese  beiden  Patienten  durch  eigenartige  Ge- 
lenkaffectionen  ihre  Zusammengehörigkeit  zu  den  Gerhardt'schen 
und  Bourdillon'schen  Beobachtungen  erweisen,  tritt  bei  dem 
dritten  Falle  eigenthümlicherweise  eine  schwere,  in  ihrer  Eigenart 
ganz  an  die  Bourdillon'schen  Psoriasiskranken  erinnernde  Ge- 
lenkkrankheit bei  der  Mutter  der  Kranken  auf,  sie  bleibt  von  Pso- 
riasis, der  an  dieser  leidende  Sohn  dagegen  von  der  Gelenkaffection 
frei.  Während  in  den  Gerhard  tischen  Fällen  die  Psoriasis  dem 
Gelenkleiden  voranging,  trat  bei  diesen  Kranken  die  arthritische 
Affection  zuerst  auf.  Bei  dem  einen  ging  sie  viele  Jahre,  bei  dem 
anderen  wenige  Wochen  oder  Tage  der  Psoriasis  voraus.  Die  grosse 
Hartnäckigkeit  der  rheimiatischen  Erkrankung,  das  Freibleiben  des 
Herzens  und  die  gänzliche  Erfolglosigkeit  der  Salicylpräparate  traten 


488  Joseph. 

auch  hier  wieder  als  pathognomonisches  Symptom  in  den  Vorder- 
grund. 

Ueber    einen    sehr   interessanten  Fall  von  vaccinaler   Pso- 
Psoriasis    riasis  berichtet  Rioblanc  (Annal.  de  Dermat.  et  deS3rphil.  Nr.  10). 

vaccinalis,   -ß^j  einem  Soldaten  verwandelten  sich  nach  der  Impfung  zuei-st  die 
Rioblanc.  ,  p  • 

Pusteln  in  Psoriasisplaques,  kurze  Zeit  darauf  entstand  eine  all- 
gemeine Psoriasis  vulgaris,  die  unter  Arsengebrauch  abheilte. 

Psoriasis-  Nach  Bulkley's  Statistik  (Transactions  of  the  medical  society 

Verbreitung,  q£  ^j^^  state  of  New  York)  machte  die  Psoriasis  etwa  4*/o  aller  Haut- 
krankheiten aus.  Männer  und  Frauen  waren  etwa  zu  gleichen 
Theilen  betroffen,  meist  im  Alter  von  20 — 35  Jahren.  Nur  in  56 
von  366  Fällen  bestand  Heredität.  Therapeutisch  empfiehlt  er  den 
innerlichen  Gebrauch  von  Alkalien  neben  localer  Behandlung. 

Psoriasis-  Ref.    (Deutsche   Aerzte-Zeitung  Nr.   15)    gibt   eine   Uebersicht 

behandlung,  ü^^r  333  von  ihm  behandelte  Fälle  von  Psoriasis.  Die  Er- 
krankung beginnt  mit  Vorliebe  während  der  Entwickelungsjahre, 
sowie  des  mittleren  Lebensalters  aufzutreten,  verschont  blieb  nur 
das  allererste  Kindesalter.  Am  erfolgreichsten  wirkt  das  Chrys- 
arobin  (1:10  Traumaticin) ,  als  Ersatz  empfiehlt  sich  für  den  Kopf 
und  das  Gesicht  eine  10"/oige  Pyrogallolsalbe.  Der  Pyrogallussaure 
am  nächsten  in  der  Schnelligkeit  des  Erfolges  steht  das  GaUanol 
oder  Gallussäureanilid  in  Form  einer  10^/oigen  Traumati cinlösung 
oder  10^/oigen  Salbe.  Am  langsamsten  wird  die  Psoriasis  durch  die 
weisse  Präcipitatsalbe  beeinflusst.  Innere  Mittel,  vor  allem  Arsen» 
sind  nicht  zu  vernachlässigen. 

Die    von   Bramwell   zuerst   vorgeschlagene   Behandlung    der 
-Thyreoidea-  Psoriasis    mit    Thyreoideaextract   wurde    von    Thibierge 
extract      (Annal.  de  Dermat.   et  de  Syphil.   Nr.  8  u.  9)  an  11  Fällen   sorg- 
Psoriasis    ^^tig  geprüft.     Die  Behandlungsdauer  schwankte  zwischen  18  und 
Tiiibierge,      54  Tagen.'    Die  Resultate  der  Behandlung  waren  durchaus  negativ, 
häufig  trat  überhaupt  keine  Wirkung  ein,  mitunter  war  sie  so  lang- 
sam,  dass  Arzt  und  Patient  die  Geduld  verloren.     Verf.  will  daher 
diese  Behandlung  nur  auf  diejenigen  Fälle  beschränkt  wissen,   in 
welchen  jede  andere  Methode  fehlschlug. 
Preece,  P  r  e  e  c  e  (The  British  med.  Journ.,  80.  März)  behandelte  eine  26jährige 

Dame,  welche  an  einer  sehr  weit  ausgebreiteten  Psoriasis  litt,  ebenfalls  mit 
Thyreoideaextract.  Die  Psoriasis  war  in  der  Familie  erblich,  und  die  Pa- 
tientin hatte,  so  lange  sie  sich  erinnern  konnte,  daran  gelitten.  Es  wurden 
zuerst  4  Tabletten  täglich  gegeben,  und  nach  1  Woche  war  bereits  merk- 
liche Besserung  zu  constatiren,  man  stieg  bis  auf  6  Tabletten.  Hierbei 
stellte  sich  Kopfschmerz  und  Schwindel  ein,  so  dass  die  Dosis  auf  1  Tablette 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  489 

täglich  vermindert  werden  musste.    Dann  stieg  Verf.  wieder  bis  auf  6  Ta- 
bletten, worunter  schliesslich  Heilung  eintrat. 

Im  Gegensatze  dazu  sah  Purdon  (The  Dublin  Journ.  of  med.  science       Purdoti. 
Nr.  1)  wiederum  von  der  Anwendung  der  Thyreoidtabletten  bei  Psoriasis 
schlechte  Erfolge. 

Wohl  der  jüngste  aller  bisher  beobachteten  Psoriasisfälle   ist  ein  von    Psoriasis 
Rille  beschriebener  (Wien.  med.  Wochenschr.).     Das  Kind   kam  im  Alter      bei  Neu- 
von  5V«  Wochen  zur  Beobachtung  und  nach  Angabe  der  Mutter  soll  schon  ^*  p^n  "^"* 
am  5.  oder  6.  Lebenstage  die  Psoriasis  aufgetreten  sein. 

In  den  meisten  Fällen  von  Nephritis  resp.  Albuminurie  bei 
Ekzem  ist  ein  toxisch  wirkendes  Medicament  als  Ursache  der  Nieren- 
veränderung anzusehen.  Nur  ziemlich  vereinzelt  wird  darauf  hin- 
gewiesen, dass  auch  die  HautafFection  an  sich  im  Stande  sei, 
eine  Nephritis  zu  erzeugen.  Und  doch  kommt  letztere  wohl  nicht 
ganz  selten  vor.  Daher  veröffentlicht  C.  Brubns  (Mehrere  Fälle  Ekzem  und 
von   acuter  Nephritis  bei  Ekzem.     Berl.  klin.  Wochenschrift   Nephritis, 

...  .    .  .      .  Brunns. 

Nr.  28)  aus  der  medicinischen  Klinik  zu  Leipzig  sechs  Kranken- 
geschichten, in  denen  im  Gefolge  des  Ekzems  eine  acute,  bestimmt 
nicht  auf  medicamentösen  Einflüssen  beruhende  Nephritis  beobachtet 
wurde.  Die  Ekzeme  waren  theils  primäre  tbeils  Scabiesekzeme. 
Die  Nephritis  wurde  während  der  Ekzembehandlung  in  ihrer  Ent- 
stehung von  Anfang  an  und  meist  auch  in  ihrem  Verlaufe  bis  zur 
Heilung  genau  beobachtet.  Es  handelt  sich  hierbei  um  acut  ent- 
standene Nephritiden,  die  zum  Theil  mit  Sicherheit,  zum  Theil  mit 
grösster  Wahrscheinlichkeit  auf  die  HautafFection  an  sich  und  nicht 
auf  dabei  verwandte  Medicamente  zurückzufuhren  waren.  Ueber 
die  Art  dieser  Entstehung  einer  Nephritis  als  Folge  einer  Haut- 
erkrankung sind  wir  allerdings  noch  vollkommen  im  unklaren. 
Verf.  glaubt  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit,  dass  bei  der  Entstehung 
der  Ekzemnephritis  eine  gewisse  Disposition  des  Individuums  mit- 
spiele. Denn  während  sehr  viele  Kranke  mit  universellem  Ekzem 
gar  keine  Nierenstörung  zeigen,  acquiriren  andere  eine  Nephritis, 
bei  denen  die  Ekzeme  sich  gar  nicht  einmal  über  den  ganzen  Körper 
zu  erstrecken  brauchen. 


Qalezowslii. 


Galezowski  (Annal.  de  Dermatol.  et  de  Sjrphü.  Nr.  4)  weist      Ekzem- 
mit   Recht    auf   die    schwere   Heilbarkeit    der   Ekzeme    an   den    J^herapie, 
Augenlidern   hin.     Bei  grosser  Reizbarkeit   der  Haut  verwendet 
er  mit  grossem  Erfolge  Calomel  rein  und  gemischt  mit  Acid.  boric. 
pulv.     Bei  mehreren  Kranken  musste  er  den  Gebrauch  von  Flüssig- 
keiten und  Salben  unterlassen,  da  beide  immer  Beizung  hervorriefen; 


490  Joseph. 

hier  benuzte  er  Douchen  resp.  Spray  von  folgender  Lösung :  Naphthol 
0,06,  Acid.  carbol.  10,0,  Aq.  destiU.  100,0. 

Impetigo  Bei  dem  von  B.  Schulze  (Arch.  f.  Dermatol.  u.  Syphil.  Bd.  30) 

herpeti-  beobachteten  Falle  von  Impetigo  herpetiformis  handelte  es  sich  um 
B.  Schulze,  die  zweite  Erkrankung  derselben  Person.  Auffallenderweise  war  die 
erste  Erkrankung  in  den  letzten  Monaten  der  sechsten  Schwanger- 
schaft aufgetreten  imd  hatte  über  die  siebente  hinaus  angehalten. 
Erst  bei  der  neunten  Gravidität  trat  eine  neue  Erlu*ankung  auf, 
während  der  Verlauf  der  dazwischen  liegenden  achten  und  die  Ge- 
burt des  achten  Kindes  keinerlei  Beschwerden  oder  Krankkeits- 
Symptome  hervorrief.  Die  Schleimhaut  war  intact.  Die  sonst  mit 
Vorliebe  befallenen  Inguinalfalten  waren  frei,  ebenso  die  Ellbogen 
und  Füsse,  sowie  der  behaarte  Kopf.  Eine  wesentliche  Besserung 
trat  sofort  nach  der  Geburt  des  Kindes,  welches  übrigens  voll- 
kommen gesund  blieb,  ein.     Es  erfolgte  später  Heilung. 

Behandlung  In  einem  Falle  von  Pityriasis  rubra  sah  Scatchard  (The 

^V    .     British  med.  Joum.,  30.  März)  bei  einer  72jälirigen  Frau  einen  guten 
rubra  mit    Erfolg  von  der  Thjn'eoidbehandlung.    Infolge   der  Hauterkrankung, 
Thyreoid-    >^elche  im  Verlaufe  ungefähr  eines  Jahres  sich  fast  über  den  ganzen 
Scatchard.     Körper  ausgebreitet  hatte,  waren  Appetitmangel,  Gewichtsverlust  und 
psychische  Depression  eingetreten.    Nachdem  vielfach  therapeutische 
Massregeln  fehlgeschlagen  hatten,  bekam  die  Patientin  ^t — 1  Th3n*eoid- 
tablette  von  5  g,  Imal  täglich  nach  der  Hauptmahlzeit.     Schon  nach 
12  Tagen  stellten  sich  Zeichen  der  Besserung  ein,  2  Monate  später 
war  die  Haut  normal.    Nur  der  Allgemeinzustand  hatte  selir  ge- 
litten, besserte  sich  aber  unter  Gebrauch  von  Strychnin  und  Wein. 

Complica-  Ueber  Complicationen  der  Vaccination  berichtet  L.Frank 

Vaccination  (J^^^^"^-  ^^  cutan.  and  genito-urin.  diseases,  April).  Die  nach  Vacci- 
Frank.  nation  zu  beobachtenden  Krankheiten  kann  man  zweckmässig  in  solche 
theilen,  welche  der  Vaccine  an  sich  und  solche,  die  einer  Misch- 
infection  zur  Last  gelegt  werden  müssen.  Zu  den  ersteren  gehören 
ausser  den  localen  Erscheinungen  auch  solche,  welche  den  ganzen 
Körper  betreffen:  Erythema  vaccinicum  und  Urticaria.  Das  erstere 
erscheint  am  1.  oder  2.  Tage  nach  der  Impfung,  oder  am  8.  resp. 
9.  Tage  nach  dem  Reiben  der  Impfpusteln.  Im  ersteren  Falle  ist 
es  einer  Scarlatina  traumatica  analog  zu  betrachten,  im  letzteren 
hängt  es  von  der  Resorption  eitrigen  Inhaltes  der  Pusteln  ab.  Das 
Erythem  geht  mitunter  mit  Fiebererscheinungen  einher.    Urticaria 


Haut-  und  veneri-^h^  Krankheiten.  491 

kommt  gar  nicht  selten  zur  Beobachtung.   Infolge  einer  Mischinfection 
entstehen  Impetigo  contagiosa,  Fnranculose  nnd  Errsipelas. 

G,  Lewin  (Beriin.  klin-  Wochenschr.  Nr.  37i  plaidirt  fnr  die  Keratosis 
Identität  des  Liehen  raber  acmninatns  (Kaposi)  und  der  Pityriasis '''*'^*'"'*^*'** 
pilaris  rubra  (Besnier),  indem  er  die  för  die  Differenzirnng  an- 
geführten klinischen  und  anatomischen  Ergebnisse  für  belanglos  er- 
klärt. Er  schlägt  für  diese  Krankheitsfälle  die  Bezeichnung  der 
Keratosis  universalis  multiformis  vor  und  bestreitet  die  Existenz  des 
Liehen  ruber  Hebrae,  da  es  eine  ohne  Anwendung  von  Arsen  ab- 
solut tödtliche,  bei  Anwendung  desselben  aber  stets  heilbare  Krank- 
heit nicht  gebe. 


e 


Zur  Behandlung  der  Acne  faciei  empfiehlt  Pospelow   (La  Behandian 
Sem.  ixL^d.  Nr.  28)  die  Massage.     Dieselbe   wird  Abends  ca.  15  bis    ^«*'  ^o*«. 
20  Minuten  ausgeführt.     Darnach  wird  das  Gesicht  gewaschen  und 
mit  Beispuder  bestreut.   Morgens  nur  10  Minuten  massirt  und  wieder 
mit  Reispuder  bedeckt. 

Gegen  Acne  vulgaris  empfiehlt  Boeck   (Monatsh.  f.  pract,       —mit 
Dermatol.  Bd.  16,  H.  5)  das  Entenwalöl,  Oleum  chaenoceti,   in   fol-  E»*«nwalöl, 
gender   Mischung:    Camphorae,    Acid.    salicjl.   ana  0,3 — 0,5,    Sulf. 
praecip.  10,0,  Zinci  oxydat.  2,0,  Sapon.  medic.  1,0,  Ol.  chaenoceti  12,0. 

An  der  Hand  zweier  eigener  Beobachtungen  berichtet  Ehrmann  Folliculitis, 
( Arch.  f.  Dermatol.  u.  Syphü.  Bd.  32)  über  EolliculitisCSycosis)  Ehnnann. 
nuchae  sclerotisans  und  ihre  Bedeutung  nebst  Bemerkungen 
über  Haargruppenbildung.  Als  erster  hatte  Ferd.  Hebra  eine  be- 
sondere Sycosisform  am  Hinterhaupte  und  im  Nacken  an  der  Haar- 
grenze  beschrieben.  Hierbei  zeigten  sich  theils  einzeln  stehende, 
theils  linear  an  einander  gereihte  erbsen-  bis  bohnengrosse ,  sehr 
harte,  theils  schwach  geröthete,  theils  normal  gefärbte  Knoten,  die 
stets  von  mehreren  büschelförmig  vereinten  Haaren  durchbohrt  waren, 
<lie  selbst  dem  stärksten  Zuge  nicht  wichen,  sondern  im  Centrum 
der  einzelnen  Knoten  festsassen.  Bei  dieser  Erkrankung,  welche 
wesentlich  von  der  Dermatitis  papillaris  capillitii  (Kaposi)  unter- 
schieden ist,  gelang  Ehrmann  der  Nachweis,  dass  der  ganze 
Process  durch  Staphylokokken  erzeugt  wird.  Diese  führen  zu  einer 
tiefgreifenden  sklerosirenden  Entzündung  der  Nackenhaut,  weil  die 
Haarfollikel  vermöge  ihrer  anatomischen  Besdiaffenheit  ungemein 
weit  und  tief  in  das  Unterhautzellgewebe  führten.     Diese  von  ihm 


492  Joseph. 

als  Folliculitis  oder  Sycosis  nuchae  sclerotisans  bezeichnete  Affection 
gelang  ihm  dui*ch  elektroljrtische  Zerstörung  der  Haarbälge  zu  heben. 

Behandlung  Bei  Fissura  ani  empfiehlt  Williger  (Centralbl.  f.  Geburtsh. 

derFiBsur»  ^   Gynäkol.  Nr.  18)  Ichthyol. 

Ichthyol.  ^1®  Frostmittel  verwendet  C.  Boeck  (Monatsh.  f.  pract.  Dermat, 

Frostmittcl, Bd.  21.   H.  4)   Folgendes:    Ichthyoli,    Resorcini,    Tannini  ana    1,0, 

Boeck.        Aquae  5,0.  S.  Zum  Einpinseln  Abends,  darauf  Salbenmull.   Büerdurch 

wird   die  Haut  schmutzig  schwarz  verfärbt.     Daher  empfiehlt   sich 

besser  Folgendes :  Besorcini  2,0,  Mucilag.  Gummi  arab.,  Aquae  ana  5,0, 

Talci  pulv.  1,0.  M.  D.  S.  Zum  Einpinseln  Abends. 

2.  Circulationsstörungen  der  Haut. 

Epidermo-  In  seinen  „Dermatologischen  Mittheüungen^*  beschreibt  J.  Hoff- 

lysisbnlloiajQ^i^Q  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  3  u.  4)  zunächst   einen  jener 
hereditarift  /  •» 

J.  Hoffmann.'  seltenen  Fälle  von  hereditärer  Neigung  zu  traumatischer  Blasen- 
bildung, wie  sie  zuerst  Golds c heider  beschrieben  und  später  von 
Köbner  als  Epidermolysis  bullosa  hereditaria  bezeichnet  wurde. 

Es  handelte  sich  um  einen  20jährigen  Glaser,  bei  welchem  sich  die 
Blasenbildung  zuerst  im  2.  Lebensjahr  an  Händen  und  Füssen  eingestellt 
hatte.  Weniger  der  Druck  gegen  eine  Stelle  der  Haut  erzeugte  die  Blasen 
als  vielmehr  das  Reiben  eines  harten  Handwerkszeugs  etc.  Bevorzugt 
wurden  jene  Stellen,  an  welchen  die  Kleidungsstücke  dem  Körper  fest  an- 
lagen und  bei  jeder  Bewegung  rieben.  Die  Abhebung  der  oberen  Epi- 
demiisschichten  erfolgte  im  Verlaufe  von  12 — 24  Stunden  ohne  subjective 
Erscheinungen.  In  der  weiteren  Verwandtschaft  dieses  Mannes  bot  ein 
jetzt  87jähriger  Landwirth  die  gleichen  Störungen.  Auffällig  war,  dass  bei 
diesen  beiden  Kranken  die  Nägel  fehlten. 

Das  Leiden  war  also  exquisit  erblich.  Doch  wird  es  immer 
nur  von  denjenigen  Personen,  Männern  oder  Frauen,  auf  die  Nach- 
kommen übertragen,  welche  selbst  damit  behaftet  sind.  Bleibt  ein 
Glied  der  Familie  frei,  so  bleiben  es  auch  seine  Nachkommen.  Dieser 
abnorme  Zustand  der  Haut  verliert  sich  dann  niemals  wieder. 

Grosse  Aehnlichkeit  bot  mit  dieser  Beobachtung  ein  anderer 
Pemphigus -Kranker,  ein  36j  ähriger  Mann,  welcher  aber  wohl 
als  ein  auf  hereditärer  Grundlage  entstandener  chronischer  Pem- 
phigus aufgefasst  werden  muss.  Auch  diese  Affection  tritt  sehr 
selten  auf.  Neben  der  Heredität  war  besonders  auff^g  in  diesem 
Falle  das  Bestehen  der  Blasen  während  43  Jahren,  die  leichte  Ver- 
schiebbarkeit imd  Löslichkeit  der  obersten  Epidermisschicht  beim 
Anfassen  wie  bei   der  elektrischen  Untersuchung  des  Kranken  und 


Haut'  und  Tenerische  Krankheiten.  493 

schliesslich  der  afebiile  chronische  Verlauf.  Aach  hier  fehlten  übrigens 
alle  Zehennagel. 

Auch  Elliot  (Joum.  of  cut.  and  genito-nrin.  diseases,  Jan.)  be-  Epidermo- 
schreibt  zwei  Fälle  von  Epidermolysis  bullosa,  in  denen  lysis 
wiederum  Heredität  zu  constatiren  war.  In  dem  ersten  Falle  traten  £]|Jq(.  ' 
die  Blasen  ohne  vorherige  Höthung  nach  Druck,  Heiben,  Gehen, 
Rudern  etc.  besonders  stark  im  Sommer  auf,  wo  auch  die  Hyper- 
idrosis  sehr  stark  entwickelt  war.  In  dem  zweiten  Falle  bestand 
die  Affection  schon  seit  der  Kindheit.  Beide  Male  wurde  durch  die 
Behandlung  kein  Erfolg  erzielt.  Verf.  hält  den  ganzen  Process  nach 
dem  Resultat  der  histologischen  Untersuchung  einer  Blase  für  einen 
entzündlichen:  das  Stratum  comeum  war  unverändert,  die  Epithel- 
schicht der  Blasendecke  zeigte  granuUrte  Zellen,  die  untere  Seite 
der  Decke  war  gebildet  von  grösseren  granulirten  kernlosen  Zellen. 
Der  Blaseninhalt  war  kömig  mit  Fibrinfasem  ausgefüllt,  ohne  Leuko- 
cyten  oder  irgend  welche  Zellenformen.  In  der  Umgebung  der 
Blasen  war  keine  Kemtheilung.  Der  Papülartheil  des  Coriums  bildete 
den  Grund  der  Blase,  entweder  ganz  entblösst  oder  noch  bedeckt  mit 
Epithellagen.  Die  Papillen  waren  geschwollen,  ödematös,  die  Blut- 
gefässe dilatirt,  geringe  perivasculäre  Infiltration.  Damach  erklärt 
sich  der  Verf.  die  Blasenbildung  als  die  Folge  einer  plötzlichen 
reichlicheren  Exsudation  von  Serum  bei  einer  ererbten  Reizbarkeit 
der  Hautgefasse.  Die  Flüssigkeit  dringt  in  das  Bete  ein,  welches 
schon  durch  die  Hyperidrosis  gelockert  ist,  und  wenn  sie  bis  zu 
dem  am  wenigsten  widerstandsfähigen  Theile  desselben  vorgedrungen 
ist,  erzeugt  sie  Blasen. 

Das  Bestehen  einer  Urticaria  pigmentosa  seit  über  20  Jahren 
beschreibt  Morrow  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  dis.,  Nov.).    Noch    Urticaria 
immer  Hess  Sich  an  den  gelbKch  pigmentirten  Flecken  eine  deutliche  P ^ 8^ °*®°*o^'*» 
Urticaria  erzeugen.    In  diesem  Falle  war  übrigens  auch  die  Schleim- 
haut des  Rachens  und  Gaumens  befallen. 

Ueber  Arzneiexantheme  liegen  wieder  eine  grosse  Reihe  Mit- 
theilungen   vor:    Friedheim   (Deutsche   med.  Wochenschr.   Nr.  11)      Arznei- 
beschreibt   als   eine  sehr  seltene  Form  solche  nach  innerlichem  Ge-  ^'^»"tJieme: 

Diffiii&liR 

brauche  von  Digitalis.   Die  Quecksilberexantheme,  welche  nach  Auf-     Friedheim ' 
streuen  von  Spuren  von  Calomel   auf  Erosionen  und  auf  Ulcera  ad 
genitalia  auftreten,  sind  nicht  so  selten. 

Einen  seltenen  Fall  von  Arzneiexanthemen  nach  einer  einmonat- 
lichen Behandlung  mit  Jodkalium  berichtet   du   Castel   (Annal. 


492  Joseph. 

als  Folliculitis  oder  Sycosis  nuchae  sclerotisans  bezeichnete  Affection 
gelang  ihm  duixh  elektrolytische  Zerstörung  der  Haarbälge  zu  heben. 

Behandlung  Bei  Pissura  ani  empfiehlt  Williger  (Centralbl.  f.  Geburtsh. 

'^^anT"'''*  ^-  ^y^äkol.  Nr.  18)  Ichthyol. 

Ichthyol.  -^  Frostmittel  verwendet  C.  Boeck  (Monatsh.  f.  pract.  Dermat. 

Frost  mittel,  Bd.  21.  H.  4)   Folgendes:    Ichthyoli,   Resorcini,    Tannini  ana   1,0, 

Boeck.        Aquae  5,0.  S.  Zum  Einpinseln  Abends,  darauf  Salbenmull.   Hierdurch 

wird   die  Haut  schmutzig  schwarz  verfärbt.     Daher  empfiehlt   sich 

besser  Folgendes :  Resorcini  2,0,  Mucüag.  Gummi  arab.,  Aquae  ana  5,0, 

Talci  pulv.  1,0.   M.  D.  S.  Zum  Einpinseln  Abends. 

2.  Circulationsstörungen  der  Haut. 

Epidermo-  In  seinen  „Dermatologischen  Mittheilungen ^^  beschreibt  J.  Hoff- 

lysisbulloiajQ^i^Q  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  3  u.  4)  zunächst  einen  jener 
J.  Hoffmann.'  seltenen  Fälle  von  hereditärer  Neigung  zu  traumatischer  Blasen- 
bildung, wie  sie  zuerst  Golds cheider  beschrieben  und  später  von 
Köbner  als  Epidermolysis  bullosa  hereditaria  bezeichnet  wurde. 

Es  handelte  sich  um  einen  20jährigen  Glaser,  bei  welchem  sich  die 
Blasenbildung  zuerst  im  2.  Lebensjahr  an  Händen  und  Füssen  eingestellt 
hatte.  Weniger  der  Druck  gegen  eine  Stelle  der  Haut  erzeugte  die  Blasen 
als  vielmehr  das  Reiben  eines  harten  Handwerkszeugs  etc.  Bevorzugt 
wurden  jene  Stellen,  an  welchen  die  Kleidungsstücke  dem  Körper  fest  an- 
lagen und  bei  jeder  Bewegung  rieben.  Die  Abhebung  der  oberen  Epi- 
dermisschichten  erfolgte  im  Verlaufe  von  12 — 24  Stunden  ohne  subjective 
Erscheinungen.  In  der  weiteren  Verwandtschaft  dieses  Mannes  bot  ein 
jetzt  87jähriger  Landwirth  die  gleichen  Störungen.  Auffällig  war,  dass  bei 
diesen  beiden  Kranken  die  Nägel  fehlten. 

Das  Leiden  war  also  exquisit  erblich.  Doch  wird  es  immer 
nur  von  denjenigen  Personen,  Männern  oder  Frauen,  auf  die  Nach- 
kommen übertragen,  welche  selbst  damit  behaftet  sind.  Bleibt  ein 
Glied  der  Familie  frei,  so  bleiben  es  auch  seine  Nachkommen.  Dieser 
abnorme  Zustand  der  Haut  verliert  sich  dann  niemals  wieder. 

Grosse  Aehnlichkeit  bot  mit  dieser  Beobachtung  ein  anderer 
Pemphigus- Kranker,  ein  36jähriger  Mann,  welcher  aber  wohl 
als  ein  auf  hereditärer  Grundlage  entstandener  chronischer  Pem- 
phigus aufgefasst  werden  muss.  Auch  diese  Affection  tritt  sehr 
selten  auf.  Neben  der  Heredität  war  besonders  auffUUig  in  diesem 
Falle  das  Bestehen  der  Blasen  während  43  Jahren,  die  leichte  Ver- 
schiebbarkeit imd  Löslichkeit  der  obersten  Epidermisschicht  beim 
Anfassen  wie  bei   der  elektrischen  Untersuchung  des  Kranken  und 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  493 

schliesslich  der  afebrile  chronische  Verlauf.   Auch  hier  fehlten  übrigens 
alle  Zehennägel. 

Auch  Elliot  (Joum.  of  cut.  and  genito>urin.  diseases,  Jan.)  be-  Epidermo- 
8chreibt  zwei  Fälle  von  Epidermolysis  bullosa,  in  denen  ^y^^* 
wiederum  Heredität  zu  constatiren  war.  In  dem  ersten  Falle  traten  ^m^^  ' 
die  Blasen  ohne  vorherige  Röthung  nach  Druck,  Reiben,  Gehen, 
Radem  etc.  besonders  stark  im  Sommer  auf,  wo  auch  die  Hyper- 
idrosis  sehr  stark  entwickelt  war.  In  dem  zweiten  Falle  bestand 
die  Affection  schon  seit  der  Kindheit.  Beide  Male  wurde  durch  die 
Behandlung  kein  Erfolg  erzielt.  Verf.  hält  den  ganzen  Process  nach 
dem  Resultat  der  histologischen  Untersuchung  einer  Blase  für  einen 
entzündlichen:  das  Stratum  comeum  war  unverändert,  die  Epithel- 
ßchicht  der  Blasendecke  zeigte  granulirte  Zellen,  die  imtere  Seite 
der  Decke  war  gebildet  von  grösseren  granulirten  kernlosen  Zellen. 
Der  Blaseninhalt  war  kömig  mit  Fibrinfasem  ausgefüllt,  ohne  Leuko- 
cyten  oder  irgend  welche  Zellenformen.  In  der  Umgebung  der 
Blasen  war  keine  Kemtheüung.  Der  Papülartheil  des  Coriums  bildete 
den  Grund  der  Blase,  entweder  ganz  entblösst  oder  noch  bedeckt  mit 
Epithellagen.  Die  Papillen  waren  geschwollen,  ödematös,  die  Blut- 
gefässe dilatirt,  geringe  perivasculäre  Infiltration.  Damach  erklärt 
sich  der  Verf.  die  Blasenbildung  als  die  Folge  einer  plötzlichen 
reichlicheren  Exsudation  von  Serum  bei  einer  ererbten  Reizbarkeit 
der  Hautgefässe.  Die  Flüssigkeit  dringt  in  das  Rete  ein,  welches 
schon  durch  die  Hyperidrosis  gelockert  ist,  und  wenn  sie  bis  zu 
dem  am  wenigsten  widerstandsfähigen  Theile  desselben  vorgedrungen 
ist,  erzeugt  sie  Blasen. 

Das  Bestehen  einer  Urticaria  pigmentosa  seit  über  20  Jahren 
beschreibt  Morrow  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  dis.,  Nov.).    Noch    Urticaria 
immer  Hess  sich  an  den  gelblich  pigmentirten  Flecken  eine  deutliche  P  ^smento  8  a, 
Urticaria  erzeugen.    In  diesem  Falle  war  übrigens  auch  die  Schleim- 
liaut  des  Rachens  und  Gaumens  befallen. 

lieber  Arzneiexantheme  liegen  wieder  eine  grosse  Reihe  Mit- 
theilungen vor:   Friedheim   (Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  11)      Arznei- 
beschreibt  als   eine  sehr  seltene  Form  solche  nach  innerlichem  Ge-  ^!^*°*^®™®- 
L  ....  .  Digitalis, 

brauche  von  Digitalis.   Die  Quecksilberexantheme,  welche  nach  Auf-     Friedheim. 

streuen  von  Spuren  von  Calomel  auf  Erosionen  und  auf  Ulcera  ad 
genitalia  auftreten,  sind  nicht  so  selten. 

Einen  seltenen  Fall  von  Arznei exanthemen  nach  einer  einmonat- 
Hehen  Behandlung  mit  Jodkalium  berichtet   du   Castel   (Annal. 


498 


Joseph. 


Sklero- 

dactylie, 

Wolters. 


Sklero- 
dermie, 
Friedbeim. 


Lapas 
erythema- 
tosus, 
Danlos, 
Vollmer. 


Haut- 

atrophie, 

EUiot, 


Bronson. 


und   Streckseiten  der  Extremitäten.     Mit   der  Besserung  der  All- 
gemeinerkrankung bildet  sich  auch  das  Exanthem  zurück. 

4.  Regressive  Ernährungsstörungen. 

Ueber  einen  Fall  von  Sklerodactylie  der  unteren  Extremität 
berichtet  Wolters  (Arch.  f.  Dermatol.  u.  Syphil.).  Die  Exarticulation 
der  gangränösen  grossen  Zehe  gab  ihm  Veranlassung  zu  eingehenden 
histologischen  Untersuchungen.  Dabei  zeigte  sich  neben  einer 
lacunären  Atrophie  des  Knochens  sowohl  in  diesem  wie  in  der  Haut 
besonders  an  den  Gefässen  das  Bild  der  interstitiellen  Entzündung. 
Das  Periost  war  im  fibrösen  Gewebe  völlig  aufgegangen.  Die  Gelenk- 
knorpel waren  noch  nicht  alterirt. 

Eriedheim  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  berichtet  über 
einen  Fall  von  Sklerodermie,  der  durch  Hauthämorrhagieen  aus- 
gezeichnet war.  Dieselben  kommen  sehr  selten  in  der  Symptomato- 
logie des  Skleroderma  vor. 

Dan  los  (Annal.  de  Dermatol.  et  de  Syphil.,  Mai)  beobachtete 
eine  junge  Dame  mit  Lupus  erythematosus,  welche  tuberculös  war 
und  deren  älterer  Bruder  von  Jugend  auf  an  Lupus  vulgaris  faciei 
gelitten  hatte.  Vollmer  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  38)  sah 
in  einem  Fall  von  Lupus  erythematosus  discoides  im  Gesicht  einen 
sehr  guten  Erfolg  von  Hg-Pflastermull  und  der  Lassar'schen  Schäl- 
paste. Letztere  blieb  jeden  Morgen  eine  Stunde  auf  dem  Gesicht 
liegen. 

Ueber  einen  Fall  von  idiopathischer  Hautatrophie  berichtet 
Elliot  (Joum.  of  cutan.  and  genito-urin.  diseases,  April).  Die  Krank- 
heit entwickelte  sich  im  Laufe  von  ca.  15  Jahren,  indem  der  Process 
langsam  vom  Knie  nach  oben  fortschritt.  Die  Haut  war  in  diesem 
Bereiche  vollständig  atrophisch,  ausserordentlich  trocken,  runzlig, 
schlaff,  dunkelroth,  schuppig,  ohne  Haare.  Die  Venen  waren  er- 
weitert. Der  Process  schien  damit  zu  beginnen,  dass  eine  purpur- 
rothe  cyanotische  Zone  sich  allmählich  weiter  ausbreitete.  Hierbei 
wurden  zunächst  die  Venen  erweitert  und  varicös,  die  Haare  fielen 
aus.  Ln  Bereiche  der  Erkrankung  bestand  weder  Hyper-  noch 
Anästhesie. 

Eine  ähnliche  sehr  ausgedehnte  symmetrische  Atrophie 
der  Extremitäten  beschreibt  Bronson  (Joum.  of  cutan.  and 
genito-urin.  diseases,  Jan.).  Bemerkenswerth  war  in  diesem  Falle,  dass 
der  Haarwuchs  verschwunden  war  und  in  den  atrophischen  Bezirken 


ypbil.  Nr.  8H 
ixng,   welche 
irt  -war.     D'« 
rden,  tmd  von 


'"■'!■  •,!.     ■■■"■■■■ 

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"" ''"'''.' ,. '"' 


^      bestand  em«  m»- 

-sendet  Sabourmd 

*.^h8t  blasenziehende 

^IBlasen  und  applicirt 

^t>ie  Heilung  erfolgt 


1      ^^  • 

laaa   ^j 
»teilte,^ 
Uli- 


»  ^*'''"'  tericiiiel  EeC 
-»«.«et""'"-  »«"- 


494  Joseph. 

Arznei-      de  Dermat.  et  de  Syphil.  Nr.  3).    Es  traten  im  Gesicht  und  am  ganzen 
exantheme:  Queren   Theile  des  Körpers  Blasen  auf.     Aus   diesen  entwickelten 
kalium,      sich  theilweise  Granulationen,  theilweise  Geschwüre,  die  mit  pigmen- 
du  Castel.     tirten  Narben  abheilten. 

-Bromo-  J.  Müller  (Monatsh.  f.  pract.  Dermatol.  Bd.  20,  H.  8)  beschreibt 

form,        einen  Fall  von  Exanthem  nach  Bromoform-  und  Wolters  (Therap. 

J.  Müller.  ,  .  . 

—  Sulfonal,  Monatsh.  Nr.  12)  nach  Sulfon algebrauch.   Em  merkwürdiges  Anti- 
Wolters,     p V r i n exanthem  beobachtete  Morel-Lavallee  ( Annal.  de  Dermatol. 
vrin        et  de  Syphil.).     Es  traten  rothe  erhabene  Flecke  jedesmal  auf,   die 
Morel-Lavallee.  urticariaähnlich  aussahen   und  stark  juckten.     Später  wiederholten 
sich   die  Flecke  an  denselben  Stellen,  besonders  am  Hals  und  am 
Epigastrium,    wo    ein    besonderer    Druck    der   Kleidung    ausgeübt 
wurde.     Es  traten  aber  auch  einige  neue  hinzu.     Die  alten  Flecke 
recidivirten  schliesslich  in  Blasen-  und  dann  in  Geschwürsform,  um 
mit  Pigmentflecken  abzuheilen. 

Ueber  zwei  Fälle  von  Ray naud's eher  Erkrankung  berichtet 
Raynauds  Cranston  Nash  (Joum.  of  cutan.  and  genito-urin.  diseases,  Juli). 
Er  krank  11 11  g,  jjj  ^^^  ersten  handelte  es  sich  um  einen  23jährigen  Mann,  bei  welchem 
die  ophthalmoskopische  Untersuchung  die  spasmodischen  Contractionen 
der  Arterien  des  Augenhintergrundes  ergab,  wie  sie  für  die  Ray  na  ud- 
sche  Erkrankung  charakteristisch  sind.  Es  wurde  Galvanisation  des 
Rückenmarks  eingeleitet,  der  positive  Pol  auf  die  Cervical-  und  der 
negative  auf  die  Lumbaigegend  aufgesetzt.  Nach  6  Tagen  mit  drei 
AppUcationen  täglich  war  der  Patient  geheilt.  In  dem  zweiten  Falle 
handelte  es  sich  um  einen  35jährigen  Mann.  Auch  hier  zeigte  die 
ophthalmoskopische  Untersuchung  die  spasmodischen  Arteriencontrac- 
tionen.  Da  bei  diesem  Patienten  die  Anamnese  Syphilis  und  der 
ophthalmologische  Befund  die  Zeichen  der  syphilitischen  Endarteriitis 
ergab,  so  wurde  eine  specüische  Therapie  eingeleitet,  welche  nach 
kurzer  Zeit  ebenfalls  Heilung  ergab. 

3.  Progressive  Ernährungsstörungen. 

Keloiil,  Die  Keloidbildung  in  einem  Falle  Block's  (Joum.  of  cutan. 

and  genito-urin.  diseases,  März)  war  ganz  ungewöhnlich,  denn  sie 
trat  bei  einem  14jährigen  Mädchen  am  Bücken  in  Form  zweier 
Geschwülste  nach  Verbrennung  durch  Blitzschlag  auf. 

Dubreuilh  (Annal.  de  Dermatol.  et  de  Syphil.,  Mai)  geht  auf 
das    klinische    Studium   und    die   Anatomie    der    bisher   selten    be- 


Ha^-   "HIL  i   T'-^>rzi^:lr    ii^^iZL 


4<*o 


schriebenen  Warzen  an  der  F-sssilIe  r-in-  Sie  ri-t^-ic^iicn  durcL 
Druck  und  sind  am  Cap^nt  drrs  ersr-rzi  c»drT  drrri<:ii  UrtAiars^us  oder 
am  Hacken,  den  Stützpankt<*ii  dt^  Fufi**».  geir'r.y.McL  ]c<.aH>irr.  Die 
Entfernung  geschieht  am  beeren  nir  ier  C:ircrTre.  AiiS5>er  der  Ter- 
dickung  der  Homschichten  ergab  ä:ii  nur  eine  gelinge  Wnoherang 
in  der  Curis  nnd  den  Papillen,  eice  Al-naiane  der  elÄsrischen  Fasern 
und  eine  'wnchemde  Basalschicht-  Der  aüdÄhliche  Uebergang  am 
Rande  der  Warzen  in  das  gessunde  Gewel»e  ist  gegeii::l»er  den  Verrucae 
planae  juveniles  charakteri^^tisch. 


Ueber  eine  Hyperkeratose  an  Han«id^che  und  Fusssohle  bei 
einer  Dame,  die  ausser  einem  zeirweüigen  Genihl  Ton  Todtsein  der 
Finger  keine  sonstigen  Symptome  daHK»t.  berichtet  Hallo peau 
(Annal.  de  DermatoL  et  de  SyphiL,  Mait.  Die  Atfection  begann  etwa 
im  Alter  von  20  Jahren  und  war  hauptsächlich  an  den  Gelenkbeugen, 
und  zwar  um  die  Ausfuhrungsgänge  der  Schweissdrüsen  localisirt. 
E.S  bestand  keine  Hyperidrosis.  Das  Leiden  stimmt  mit  der  von 
Mibelli  beschriebenen  Porokeratose,  nur  die  Localisation  ist  difFerent. 
Es  ist  merk^iTürdig,  wie  häufig  die  Schweis,>drüsenausfuhrungsgänge 
an  kerato tischen  Processen  bet heiligt  sind. 


Hyper- 
keratose. 
üaUopeaa. 


Einen  sehr  interes^anten  Fall  von  Xaevus  linearis  tichthvosis 
linearis)  unius  lateris  beschreibt  A.  Alexander  (DermatoL  Zeitschr.)  Xaevus, 
bei  einem  7jährigen  Knaben.  Die  Aflfection  war  im  strengsten  Sinne  Alexander, 
des  Worts  halbseitig.  Der  Fall  hat  ein  hervorragendes  theoretisches 
Interesse,  und  Baschko  glaubt  in  einigen  Bemerkungen,  welche  er 
zu  diesem  Falle  macht,  folgende  Erklärung  dafür  geben  zu  können : 
An  den  Stellen,  wo  beim  Embryo  zwei  gegen  einander  wachsende 
Hantbezirke  auf  einander  stossen,  beginnt  an  der  unteren,  der  Cutis 
zugewandten  Epidermisfläche  eine  lebhafte  Proliferation,  die  sich  in 
dem  Hervorsprossen  von  Epithelleisten  kundgibt.  Diese  DüFerenzi- 
nmg  der  Grenzfläche  zwischen  Cutis  und  Epidermis  schreitet  dann 
von  den  Grenzen  der  einzelnen  Hautbezirke  allmählich  über  deren 
ganze  Fläche  vor.  Treten  nun  aus  irgend  welchem  Grunde  Störungen 
in  der  normalen  Entwickelung  dieser  Gebilde  ein,  welche  eine  ex- 
cessive  Bildung  derselben  zur  Folge  haben,  so  ist  es  erklärlich, 
wenn  gerade  die  Grenzlinien,  welche  ja  den  Ausgangspunkt  der 
BiiFerenzinmg  darstellen,  mit  Vorliebe  Sitz  derartiger  Störungen  sind. 

Nobbs    (The  British  med.  Joum.,    80.  März)    sah   bei  einem  ichthyoniM, 
46jährigen  Mann,  welcher  seit  seiner  Kindheit  an  Ichthyosis  gelitten       Nobb«. 


496  Joseph. 

hatte,   einen   auffälligen   Erfolg   von   der  Thyreoidbehandlung. 
Dieselbe  wurde  6  Monate  lang  fortgesetzt. 

Um  ein  histologisches  ünicum  handelte   es  sich  in   einem   Falle   von 

Schweig 8-    Andry  (Annal.  de  Dermat.  et  de  Syphil.  Nr.  7).     Bei  einer  kleinen,  etwa 

drüsen,      kirschkemgrossen,  harten  und  runden  Geschwulst,   welche  über  der  linken 

Augenbraue   sass,   handelte   es   sich   um   Bindegewebswucherung   um   die 

Schweissdrüsen  herum,  während  die  Schweissdrüsen  selbst  nicht  gewuchert 

waren. 

Von  verschiedenen  Seiten  wii'd  neuerdings  die  Ansicht  vertreten, 

dass  das  Ulcus  rodens  von  den  Schweissdrüsen  ausgeht.     Einen 

Adeno-       Beitrag  zu  dieser  Frage  liefert  Eordyce  (Adeno-Oarcinoma  of  the 

^p^m"°™'  ^^^  originating  in  the  coil  glands.  Joum.  of  cutan.  and  genito- 
urin.  diseases,  Febr.).  Er  beobachtete  bei  einem  BBjährigen  Manne 
ein  Ulcus  rodens.  Der  Tumor  war  halb  so  gross  wie  ein  kleines 
Ei  und  nicht  deutlich  gegen  die  Umgebung  abgrenzbar.  Die  histo- 
logische Untersuchung  ergab,  dass  die  Cutis  von  Bändern  und  Massen 
von  drüsenartigem  Aussehen  durchzogen  war.  Dieselben  waren 
von  kleinen  epithelialen  Zellen  gebildet  und  reichten  bis  an  die  Epi- 
dermis heran.  Die  letztere  war  imverändert  mit  Ausnahme  der 
Ulceration.  Nach  unten  durchsetzten  sie  das  Bindegewebe.  Cysten- 
ähnliche  Hohlräume,  umsäumt  von  einer  einfachen  Schicht  epithelialer 
Zellen,  boten  das  Aussehen  vergrösserter  Schweissdrüsen.  Stellen- 
weise war  die  Membrana  propria  durchbrochen,  und  die  epitheliale 
Neubildung  ging  auf  das  Bindegewebe  über.  Die  Hohlräume  waren 
ausgefüllt  mit  jungen  Zellen.  Es  bestand  also  eine  vollkommene 
Drüsenstructur  in  der  Neubildung. 

Talgdrüsenadenome  mit  theilweise   hyaliner  Entitrtung  der 

Adenoma     Gefässe,   des  Bindegewebes   und  der  Zellen   beobachtete  Bar  low 

sebaoeum,  (Adenomata  sebacea.  Bibl.  med.)  bei  einem  50jährigen  Arbeiter  auf 
dem  Kopfe.  Verf.  deiinirt  das  Adenom  als  eine  functionsuntüchtige 
und  vom  Muttergewebe  verschiedene  Drüsenneubildung,  welche  neben 
der  EpithelproUferation  und  dem  bindegewebigen  Stroma  nocb  eine 
deutliche  Kapsel  besitzt.  Die  Talgdrüsenadenome  können  wahrschein- 
lich verkalken  resp.  ossiiiciren,  gelegentlich  aber  auch  carcinomatö^ 
degeneriren. 

iiailopeau  u.  Hallopeau  und  Lere d de  (Annal.  de  Dermat ol.  et  de  Syphil., 

Leredde.      Mai)  bemühen  sich,  unter  Zustimmung  Besnieres  undBarth^lemy's, 

an  der  Hand  eines  Falles  von  Adenoma  sebaceum  nachzuweisen, 

dass  diese  Affection  mit  dem  Naevus  vasculosus  ven^ucosus  identisch 

ist.     Der  Beginn  in  der  Kindheit,  eine  gewisse  Sjanmetrie  sprechen 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  493 

schliesslich  der  afebrile  chronische  Verlauf.   Auch  hier  fehlten  übrigens 
alle  Zehennägel. 

Auch  EUiot  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  diseases,  Jan.)  be-  e pider mo- 
ächreibt  zwei  Fälle  von  Epidermolysis  bullosa,  in  denen  lysis 
Mriedemm  Heredität  zu  constatiren  war.  In  dem  ersten  Falle  traten  ^m^^  * 
die  Blasen  ohne  vorherige  Röthung  nach  Druck,  Beiben,  Gehen, 
Rudern  etc.  besonders  stark  im  Sommer  auf,  wo  auch  die  Hyper- 
idrosis  sehr  stark  entwickelt  war.  In  dem  zweiten  Falle  bestand 
die  AfPection  schon  seit  der  Kindheit.  Beide  Male  wurde  durch  die 
Behandlung  kein  Erfolg  erzielt.  Verf.  hält  den  ganzen  Process  nach 
dem  Resultat  der  histologischen  Untersuchung  einer  Blase  für  einen 
entzündlichen:  das  Stratum  comeum  war  unverändert,  die  Epithel- 
schicht der  Blasendecke  zeigte  granulirte  Zellen,  die  untere  Seite 
der  Decke  war  gebildet  von  grösseren  granulirten  kernlosen  Zellen. 
Der  Blaseninhalt  war  kömig  mit  Fibrinfasem  ausgefüllt,  ohne  Leuko- 
cyiien  oder  irgend  welche  Zellenformen.  In  der  Umgebung  der 
Blasen  war  keine  Kemtheilung.  Der  Papülartheil  des  Coriums  bildete 
den  Grund  der  Blase,  entweder  ganz  entblösst  oder  noch  bedeckt  mit 
Epithellagen.  Die  Papillen  waren  geschwollen,  ödematös,  die  Blut- 
gefässe dilatirt,  geringe  perivasculäre  Infiltration.  Damach  erklärt 
sich  der  Verf.  die  Blasenbildung  als  die  Folge  einer  plötzlichen 
reichlicheren  Exsudation  von  Serum  bei  einer  ererbten  Reizbarkeit 
der  Hautgefclsse.  Die  Flüssigkeit  dringt  in  das  Rete  ein,  welches 
schon  durch  die  Hyperidrosis  gelockert  ist,  und  wenn  sie  bis  zu 
dem  am  wenigsten  widerstandsfähigen  Theile  desselben  vorgedrungen 
ist,  erzeugt  sie  Blasen. 

Das  Bestehen  einer  Urticaria  pigmentosa  seit  über  20  Jahren 
beschreibt  Morrow  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  dis.,  Nov.).    Noch    Urticaria 

immer  liess  Sich  an  den  gelblich  pigmentirten  Flecken  eine  deutliche  l^^smentosa, 

__  Morrow. 

Urticaria  erzeugen.   In  diesem  Falle  war  übrigens  auch  die  Schleim- 
haut des  Rachens  und  Gaumens  befallen. 

Ueber  Arzneiexantheme  liegen  wieder  eine  grosse  Reihe  Mit- 
theilungen vor:   Friedheim   (Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  11)      Arznei- 
beschreibt  als   eine  sehr  seltene  Form   solche  nach  innerUchem  Ge-  ^^*°***®?®* 
brauche  von  Digitalis.   Die  Quecksilberexantheme,  welche  nach  Auf-     Friedheim. 
streuen  von  Spuren  von  Calomel   auf  Erosionen  und  auf  Ulcera  ad 
genitalia  auftreten,  sind  nicht  so  selten. 

Einen  seltenen  Fall  von  Arzneiexanthemen  nach  einer  einmonat- 
Uchen  Behandlung  mit  Jodkalium   berichtet   du   Castel   (Annal. 


492  Joseph. 

als  Folliculitis  oder  Sycosis  nuchae  sclerotisans  bezeichnete  Affection 
gelang  ihm  dui'ch  elektrolytische  Zerstörung  der  Haarbälge  zu  heben. 

Behandlung  Bei  Pissura  ani  empfiehlt  Williger  (Centralbl.  f.  Geburtsh. 

"^"/i  m"ir*  ^'  ^y^^^^l-  ^^'  1^)  Ichthyol. 

Ichthyol.  -Als  Frostmittel  verwendet  C.  Boeck  (Monatsh.  f.  pract.  Dermal. 

Frostmittci, Bd.  21.  H.  4)   Folgendes:    Ichthyoli,   Eesorcini,    Tannini  ana    1,0, 

Boeck.        Aquae  5,0.  S.  Zum  Einpinseln  Abends,  darauf  Salbenmull.   Hierdurch 

wird   die  Haut  schmutzig  schwarz  verförbt.     Daher  empfiehlt   sich 

besser  Folgendes :  Eesorcini  2,0,  Mucilag.  Gummi  arab.,  Aquae  ana  5,0, 

Talci  pulv.  1,0.  M.  D.  S.  Zum  Einpinseln  Abends. 

2.  Circulatio  11  s Störungen  der  Haut. 

Epidermo-  In  seinen  „Dermatologischen  Mittheilungen^^  beschreibt  J.  Hoff- 

lysis  hnlloiajQg^Qi^  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  3  u.  4)  zunächst  einen  jener 

J.  Hoffmann.'  seltenen   Fälle   von   hereditärer  Neigung   zu   traumatischer  Blasen- 

bildimg,  wie  sie  zuerst  Golds ch eider  beschrieben  und  spater  von 

Köbner  als  Epidermolysis  bullosa  hereditaria  bezeichnet  wurde. 

¥j8  handelte  sich  um  einen  20jährigen  Glaser,  bei  welchem  sich  die 
Blasenbildung  zuerst  im  2.  Lebensjahr  an  Händen  und  Füssen  eingestellt 
hatte.  Weniger  der  Druck  gegen  eine  Stelle  der  Haut  erzeugte  die  Blasen 
als  vielmehr  das  Reiben  eines  harten  Handwerkszeugs  etc.  Bevorzugt 
wurden  jene  Stellen,  an  welchen  die  Kleidungsstücke  dem  Körper  fest  an- 
lagen und  bei  jeder  Bewegung  rieben.  Die  Abhebung  der  oberen  Epi- 
demiisschichten  erfolgte  im  Verlaufe  von  12 — 24  Stunden  ohne  subjective 
Erscheinungen.  In  der  weiteren  Verwandtschaft  dieses  Mannes  bot  ein 
jetzt  87jähriger  Landwirth  die  gleichen  Störungen.  AuffUllig  war,  dam  bei 
diesen  beiden  Kranken  die  Nägel  fehlten. 

Das  Leiden  war  also  exquisit  erblich.  Doch  wird  es  immer 
nur  von  denjenigen  Personen,  Männern  oder  Frauen,  auf  die  Nach- 
kommen übertragen,  welche  selbst  damit  behaftet  sind.  Bleibt  ein 
Glied  der  Familie  frei,  so  bleiben  es  auch  seine  Nachkommen.  Dieser 
abnorme  Zustand  der  Haut  verliert  sich  dann  niemals  wieder. 

Grosse  AehnUchkeit  bot  mit  dieser  Beobachtung  ein  anderer 
Pemphigus -Kranker,  ein  36j  ähriger  Mann,  welcher  aber  wohl 
als  ein  auf  hereditärer  Grundlage  entstandener  chronischer  Pem- 
phigus aufgefasst  werden  muss.  Auch  diese  Affection  tritt  sehr 
selten  auf.  Neben  der  Heredität  war  besonders  aufftlUig  in  diesem 
Falle  das  Bestehen  der  Blasen  während  43  Jahren,  die  leichte  Ver- 
Bchiebbarkeit  und  Löslichkeit  der  obersten  Epidermisschicht  beim 
Anfassen  wie  bei  der  elektrischen  Untersuchung  des  Kranken  und 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  493 

schliesslich  der  afebrile  chronische  Verlauf.   Auch  hier  fehlten  übrigens 
alle  Zehennägel. 

Anch  Elliot  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  diseases,  Jan.)  be-  E pider mo- 
ächreibt  zwei  Fälle  von  Epidermolysis  bullosa,  in  denen  lysis 
wiederom  Heredität  zu  constatiren  war.  In  dem  ersten  Falle  traten  j^^^^^  ' 
die  Blasen  ohne  vorherige  Röthung  nach  Druck,  Beiben,  Gehen, 
Rudern  etc.  besonders  stark  im  Sommer  auf,  wo  auch  die  Hyper- 
idrosis  sehr  stark  entwickelt  war.  In  dem  zweiten  Falle  bestand 
die  Affection  schon  seit  der  Kindheit.  Beide  Male  wurde  durch  die 
Behandlung  kein  Erfolg  erzielt.  Verf.  hält  den  ganzen  Process  nach 
dem  Restdtat  der  histologischen  Untersuchung  einer  Blase  für  einen 
entzündlichen:  das  Stratum  comeum  war  imverändert,  die  Epithel- 
Schicht  der  Blasendecke  zeigte  granulirte  Zellen,  die  imtere  Seite 
der  Decke  war  gebildet  von  grösseren  granulirten  kernlosen  Zellen. 
Der  Blaseninhalt  war  kömig  mit  Fibrinfasem  ausgefüllt,  ohne  Leuko- 
cyten  oder  irgend  welche  Zellenformen.  In  der  Umgebung  der 
Blasen  war  keine  Kemtheüung.  Der  Papillartheil  des  Coriums  bildete 
den  Grund  der  Blase,  entweder  ganz  entblösst  oder  noch  bedeckt  mit 
Epithellagen.  Die  Papillen  waren  geschwollen,  ödematös,  die  Blut- 
gefässe dilatirt,  geringe  perivasculäre  Infiltration.  Damach  erklärt 
sich  der  Verf.  die  Blasenbildung  als  die  Folge  einer  plötzlichen 
reichlicheren  Exsudation  von  Serum  bei  einer  ererbten  Reizbarkeit 
der  Hautgefasse.  Die  Flüssigkeit  dringt  in  das  Bete  ein,  welches 
schon  durch  die  Hyperidrosis  gelockert  ist,  und  wenn  sie  bis  zu 
dem  am  wenigsten  widerstandsfähigen  Theile  desselben  vorgedrungen 
ist,  erzeugt  sie  Blasen. 

Das  Bestehen  einer  Urticaria  pigmentosa  seit  über  20  Jahren 
beschreibt  Morrow  (Joum.  of  cut.  and  genito-nrin.  dis.,  Nov.).    Noch    Urticaria 
immer  Hess  sich  an  den  gelblich  pigmentirten  Flecken  eine  deutliche  l^^s™®***^^**» 
Urticaria  erzeugen.    In  diesem  Falle  war  übrigens  auch  die  Schleim- 
haut des  Ilachens  und  Gaumens  befallen. 

Ueber  Arzneiexantheme  liegen  wieder  eine  grosse  Reihe  Mit- 
theilungen vor:   Friedheim   (Deutsche   med.  Wochenschr.   Nr.  11)      Arznei- 
beschreibt  als   eine  sehr  seltene  Form  solche  nach  innerlichem  Ge-  ^'^*°**^®?®- 

Digitalis, 

brauche  von  Digitalis.   Die  Quecksilberexantheme,  welche  nach  Auf-     Friedheim, 
streuen  von  Spuren  von  Calomel   auf  Erosionen   und  auf  Ulcera  ad 
genitaUa  auftreten,  sind  nicht  so  selten. 

Einen  seltenen  Fall  von  Arzneiexanthemen  nach  einer  einmonat- 
Uchen  Behandlung  mit  Jodkali  um  berichtet   du   Castel   (Annal. 


Mattoni*8 

Moorsalz, 

Ehnnann. 


506 


Joseph. 


liehst  eingedickten,  wässrigen  Heidelbeerextract  bei  einzebien  rönnen 
von  Ekzemen  sehr  gute  Erfolge.  Eine  specifische  Einwirkung,  wie 
man  zuerst  glaubte,  hat  es  aber  nicht. 

Ehrmann  (Wien.  med.  Blätter  Nr.  22)  sah  bei  einigen  hyper- 
keratotischen  Hautkrankheiten  (Liehen  pilaris,  Ichthyosis,  Keratosis 
palmaris  und  plantaris,  sowie  bei  chronischen,  inveterirten,  circuin- 
scripten  Fällen  von  Psoriasis  vulgaris)  gute  Erfolge  von  Bädern  mit 
Mattoni's  Moorsalz. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Verhandlungen  der  Deutschen  dermatologischen  Gesellschaft.    Vierter  Con- 

gress.    Im  Auftrage   der  Gesellschaft  herausgegeben  von  Professor 

N  e  i  s  s  e  r.    Wien.     Braumüller. 
Brocq  et  Jacquet,  Pr^cis  61^mentaire  de  Dermatologie.    Maladies  en 

particulier.    2.  u.  3.  Theil.    Paris. 
G.  L  e  w  i  n  und  J.  H  e  1 1  e  r ,  Die  Sklerodermie.  Eine  monographische  Studie. 

Berlin. 
Internationaler  Atlas  seltener  Hautkrankheiten,  herausgegeben  von  Unna, 

Morris,  Leloir  und  Duhring.    Lfg.  11  u.  12. 
Neisser,  Stereoskopischer  medinischer  Atla«.    Lfg.  3  u.  4. 
Joseph,  Lehrbuch  der  Hautkrankheiten.    2.  Aufl.    Leipzig. 
Philippson  und  Török,   Allgemeine  Diagnostik   der  Hautkrankheiten, 

begründet  auf  pathologische  Anatomie.    Wiesbaden. 
Beiträge    zur    Dermatologie    und    Syphilis;    Festschrift   gewidmet  Georg 

Lewin  zur  Feier  seines  50jährigen  Doctoijubiläums.     Berlin. 
F.  J.  Rosenbach,   lieber  die  tieferen  eiternden  Schimmelerkrankungen 

der  Haut  und  über  deren  Ursache.    Wiesbaden. 
H.  Radcliffe  Crocker,  Atlas  of  the  diseases  of  the  skin.    Bd.  5  u.  6. 

Edinburg  und  London. 


B.  Venerische  Krankheiten. 


1.  Gonorrhoe. 

Aehnlich  wie  seiner  Zeit  die  Crede*ache  Methode  zur  Ver- 
hütung der  gonorrhoischen  Conjunctivitis  glänzende  Erfolge  erzielt 
hat,  so  schlägt  jetzt  Blokusewski  (Zur  Verhütung  der  gonorrhoi- 
schen Infection  beim  Manne.  Dermatol.  Zeitschr.)  ein  Verfahren  zur 
Verhütung  der  gonorrhoischen  Urethralinfection  vor.  Es  sollen  mög- 
lichst  bald,  bis   etwa  ^4  Stunde   nach    dem    Coitus,  2—3  Tropfen 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  507 

einer  2 "/o igen  Argent.  nitr. -Lösung  nach  vorangegangenem  Uriniren  Prophylaxe 

in  die  Fossa   navicularis   eingeträufelt  werden.     Das  Uriniren  soll  ^      ^^^^ 

Gonorrhoe, 

stossweise  mit  intermittirendem  Auflegen  des  Fingers  auf  die  Urethral-   Blokusewski, 

mündimg  erfolgen.     Die  Lösung  ist  in  einem  besonderen  portativen 

Tropfglas  mit  Gummiplatte  in  jeder  Apotheke  (2  Mk.)  erhältlich  und 

von  dem  Patienten   stets   bei  sich  zu  führen.     Da  dieses  Verfahren 

für  die   gesunde  Urethra   durchaus  unschädlich,   vom  theoretischen 

Standpunkt  aus  aber  als  sehr  zweckmässig  bezeichnet  werden  muss, 

so  empfiehlt  N  e  i  s  s  e  r  (Ueber  Versuche  zur  Verhütung  der  gonorrhoi-     a.  Neisser. 

sehen  Urethralinfection.     Deutsche  Med.-Zeitg.  Nr.  69)   dasselbe  zu 

möglichst   allgemeiner  Einfuhrung  in  der  Hoffnung,  dass  hierdurch 

die  Zahl  der  Gonorrhöen  ganz  erheblich  gemindert  werde. 

Li  der  Reincultur   der  Gonokokken  erreichte  H.  Hei-Gonokokken- 
man   (Joum.   of  cut.   and   genito-urin.   diseases,    Sept.)   die   besten     J'^J*.'*^' 
Resultate  mit  dem  Exsudate  acuter  Pleuritiden  und  bediente  sich  zur 
Färbung  einer  2°/oigen  alkoholischen  Methylenblaulösung. 

Mit  der  von  Steinschneider  angegebenen  Modification  des 
Wert  heimischen  Verfahrens  zur  Reincultur  von  Gonokokken  er- 
zielte Wright  (The  Americ.  Joum.  of  the  medical  sciences,  Febr.)  Wright. 
in  sieben  Fällen  von  gonorrhoischer  Urethritis,  in  acht  Fällen  von 
Ophthalmia  purulenta,  in  vier  Fällen  von  Pyosalpinx  und  in  einem 
Falle  von  Vaginitis  bei  einem  Kinde  positive  Erfolge.  Er  macht 
darauf  aufinerksam,  dass  man  nur  in  den  frischen  Fällen  von  Gonorrhoe 
Erfolg  mit  den  Reinculturen  hat. 

In  seinen  forensischen  Gonorrhoefragen  bespricht  Neisser  Gonorrhoe 
(Aerztl.  Sachverständigen -Zeitung  Nr.  12)  folgenden  sehr  inter- (^o^;^';»^««*^^' 
essanten  Fall:  Ein  junger  Mann  war  wegen  Körperverletzung  an- 
geklagt worden,  weil  er  ein  junges  Mädchen,  das  er  mehrfach  zum 
Beischlaf  verführte,  mit  Tripper  angesteckt  haben  sollte.  Der  Haus- 
arzt hatte  nur  nach  klinischen  Gesichtspunkten  das  Gutachten  ab- 
gegeben, dass  das  junge  Mädchen  an  Gonorrhoe  leide.  Neisser 
gibt  nach  genauester  Erwägung  aller  in  Betracht  kommenden  Um- 
stände den  wohl  zu  beherzigenden  Eath,  stets,  sobald  die  Gonorrhoe- 
frage in  irgend  einer  Weise  forensisch  gestreift  wird,  die  mikro- 
skopische Secretuntersuchung  zu  Hülfe  zu  nehmen.  Wenn  dieselbe 
trotz  sorgfältiger  und  sachgemässer  Untersuchung  negativ  ausfällt. 
80  wird  sie  freilich  in  vielen  Fällen  die  gewünschte ,  klare  und  un- 
zweideutige Entscheidung  nicht  geben  können,  ein  negativer  Befund 
ist  kein  sicherer  Beweis  für  das  Nichtvorhandensein.   Fällt  sie  aber 


508  Joseph. 

positiv  aus,  dann  ist  sie  das  wichtigste  Hülfsmittel ,  um  dem 
Sachverständigen  einen  bestimmten  Ausspruch  und  dem  Richter  ein 
bestimmtes  Urtheil  zu  ermöglichen. 

lieber  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  von  Gonokokken  und 
anderen  Bacterien   im  Secrete  der  Cervix  uteri  bei  scheinbar 
Gonokokken  gesunden  Prostituirten  berichtet  M.  Kopytowski  (Archiv  f. 
bei  Pro-      Dermatol.  u.  Syphil.  Bd.  32).     Er  untersuchte  das  Secret  aus   dem 
Kopytowski*    Cervicalkanal  bei   den  Prostituirten   am  Tage  ihrer  Entlassung  aus 
dem  Spital.     Die  Zahl  der  Untersuchungen  belief  sich  auf  163,  von 
denen  in  92  Fällen  Gonorrhoe  klinisch  festgestellt  worden  war,  in  71 
dagegen    die  Kranken    an  anderen   Affectionen    litten  und   kh'nisch 
Gonorrhoe  nicht  diagnosticirt  wurde.     In  9  Fällen  der  ersteren  Ka- 
tegorie  und  in  5  der  zweiten  Reihe  wurden  Gonokokken  gefunden. 
Hieraus  erhellt,  dass  die  aus  dem  Hospital  entlassenen  und  klinisch 
hinsichtlich  der  Gonorrhoe  für  gesund  erklärten  Prostituirten  in  der 
That  nur  relativ  gesund  sind.    Die  Zahlen  sind  wahrscheinlich,  wie 
Verf.   sehr  richtig  bemerkt,   noch  zu  niedrig  gegriifen,  weil  er  aus 
äusseren  Gründen  keine  Bacterienculturen  anlegen  konnte. 
Pryor.  Auch  Pryor   (Joum.    of  cut.   and  genito-urin.    diseases,  März) 

untersuchte  197  Prostituirte  und  fertigte  von  diesen  600  mikro- 
skopische Präparate  an.  Er  fand  in  der  Cervix  uteri  in  31,3  **|o  Gono- 
kokken, davon  bestanden  in  17  Fällen  keine  Symptome.  In  der 
Vagina  zeigten  zwar  180  Ausfluss ,  es  wurden  aber  nur  7mal  Gono- 
kokken gefunden.  In  der  Urethra  wurden  112mal  Gonokokken  gefunden, 
davon  hatten  21  eitrigen  Ausfluss  und  91  nicht.  Die  Mehrzahl  der 
Fälle  von  eitriger  Urethritis  und  Endometritis  cervicahs  ist  fiir 
gonorrhoisch  zu  erklären.  Verf.  behandelt  die  chronisch  gonorrhoische 
Urethritis  im  Harnröhrenspeculum  mit  Argent.  nitr.,  für  die  Cervix 
verwendet  er  Jodtinctur,  doch  widersteht  der  gonorrhoische  Cervix- 
katarrh  ungemein  lange  der  Behandlung.  Besonders  bemerkenswerth 
ist  noch,  dass  Verf.  einmal  die  von  Rosinski  beschriebene  Stoma- 
titis gonorrhoica  neonatorum  beobachtet  hat. 

In   der  Therapie   der  Gonorrhoe   spielen  in   der  letzten  Zeit 
die  Argentumverbindungen   eine  hervori'agende  Rolle.     Unter  ihnen 
Behandlung  zeigt  nach  Schaff  er  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  28  u.  29)  das 
der         Argentamin  die  grösste  Desinfectionskraft  gegenüber  den  Gono- 
mit         kokken   und   die   stärkste   Tiefenwirkung.     Allerdings   reizt  es  mit- 
A  Igen  tarn  in,  unter  ziemlich  stark.     Es  wird  in  Lösungen  von  1:3000  verwandt, 
soll    aber   das  Argentum   nitricum   nicht   verdrängen,    sondern    ab- 
wechselnd mit  diesem  verwandt  werden. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten. 


509 


—  mit 
Argoniii, 
Liebrecht, 


R.  Meyer, 


Auch  nach  Aschner's  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  13 — 18)  Aschner. 
Erfahrungen  ist  das  Argentamin,  eine  Aethylendiaminsilber-Phosphat- 
lösang,  ein  vorzügliches  gonokokkentödtendes  Mittel.  Die  Eiter- 
secretion  ist  zwar  zunächst  eine  etwas  vermehrte,  lässt  aber  im  Ver- 
laufe von  3 — 4  Tagen  auffallend  nach.  Daher  ist  der  zum  Schluss 
auftretende  schleimige  spärliche  Ausfluss  erst  nach  Anwendung  von 
Adstringentien  fortzubringen. 

Demgegenüber  versuchten  B. ö h m a n n  \md  Liebrecht  (Therap. 
Monatsh.,  Juni)  Silberverbindungen  herzustellen,  welche  durch  Ei- 
weiss  nicht  gefällt  werden.  Dies  gelang  ihnen  in  folgender  Weise: 
Wenn  man  eine  Lösung  der  Natriumverbindung  des  Caseins  mit 
Argent.  nitr.  versetzt  und  die  Mischung  mit  Alkohol  fäUt,  so  stellen 
die  entstandenen  Niederschläge  nach  dem  Trocknen  ein  feines, 
weisses  Pulver  dar,  welches  sie  als  Argon  in  bezeichnen.  Nach  den 
Untersuchungen  E..  Meyer's  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh., 
20.  Oct.)  besitzt  dasselbe  verschiedenen  Bacterien  gegenüber,  speciell 
den  Gonokokken,  eine  wirksame  Desinfectionskraft.  Es  dringt  zwar 
nicht  erheblich  in  die  Tiefe  der  Gewebe  ein,  bildet  aber  weder  mit 
Eiweiss  noch  mit  den  Chloriden  einen  Niederschlag  und  wirkt  auch 
in  starker  Concentration ,  im  Gegensatz  zum  Argentamin,  weder 
ätzend  noch  reizend.  Daher  wandte  es  Jadassohn  (Archiv  f. 
Dermatol.  u.  Syphil.)  in  einer  Concentration  von  1,5 — 2%  an.  Es 
eignet  sich  gerade  wegen  seiner  nicht  ätzenden  Eigenschaften  zur 
Behandlung  acuter  Gonorrhöen  der  Urethra  anterior  und  posterior 
des  Mannes,  der  Urethra  imd  des  Uterus  der  Erau.  Adstringirende 
Eigenschaften  dagegen  scheinen  dem  Argonin  zu  fehlen,  und  daher 
müssen  zur  rein  antikatarrhalischen  Behandlung  gelegentlich  andere 
Mittel  zu  Hülfe  genommen  werden. 

Von  der  Janet'schen  Methode  sahen  Valentine  (Joum.  of 
cut.  and  genito-urin.  diseases,  Juni)  und  Cennston  (ibid.,  Oct.), 
sowie  Frank  gute  Erfolge.  Die  Gonokokken  verschwanden  meist 
nach  der  zehnten  Lrigation,  und  die  durchschnittliche  Dauer  der 
Gonorrhoe  betrug  15  Tage.  Complicationen  stellten  sich  nur 
selten  ein. 

Ries    (Therap.   Monatsh.   Nr.   9)    erinnert    an   die   vorzügliche 
Wirkung,   welche  die   von  Ultzmann  zuerst  empfohlene  Behand- 
lung  der  chronischen  Urethritis   gonorrhoica  anterior  und  posterior  Spülungen, 
und   der  Urethrocystitis   gibt.     Sie  besteht  im  wesentlichen   in  der         Ries 
Durchspülung  der  Urethra  mit  einer  lauwarmen  Lösung  von  Argent. 

nitr.  1:1000. 

Fried  lieb  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  25)  empfiehlt  bei 


Jadassohn. 


—  mit 

Janet's 

Methode, 

Valentine, 

Cennston, 

Frank. 


—  mit 

ültzmann- 

scheu  Durch- 


510  Joseph. 

Behandlung  der  Gonorrhoe  ein  einfaches  Instrument  zum  Einführen  von  Salben 

der         jj^  ^^  Harnröhre. 
Gonorrhoe 
mit  Salben-  Ghotzen  (Archiv  f.  Dermatol.  u.  Syphil.)  empfiehlt  noch  einmal 

Instrument,  (Jas  schon  früher  von  ihm  im  Jahre  1892  eingeführte  Alumnol,  ein 

— *mTt       STilfosaures    Naphthol- Aluminium.      Er     verwendet    eine    1 — 2^/oige 

Alumnol,     Alumnollösung  für  die  vordere  und  eine  5 °/o ige  Lösung  für  die  hin- 

Chotzen.      f^^e  Harnröhre.     Bei  weiblichen  Patienten   kamen  Ö'^/oige  Alumnol- 

stäbchen  nach  folgender  Vorschrift  zur  Verwendung:  Alumnol  0,25, 

Amyl.  oryzae  2,0,  Sacch.  3,0,  Ungt.  Glycerini  0,5,  Mucilag.  gtt.  III, 

Aq.  dest.  gtt.  Vm.     M.  f.  baciU.  Nr.  X. 

Cystitis  Allen  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  diseases,  April)  behandelt 

^°"^"^°^^*'  die  Cystitis,  namentlich  die  gonorrhoische,  welche  meist  den  Blasen- 
hals beMlt,  mit  Kaliumpermanganat.  Eine  grosse  Ultzmann-Spritze 
(150  ccm)  voll,  die  einen  elastischen  Katheter  trägt,  spritzt  er  in  die 
Blase  und  lässt  sie  gleich  wieder  ausfliessen.  Dann  spritzt  er  60  bis 
90,0  ein  und  lässt  sie  darin,  solange  der  Patient  es  verträgt.  Die 
Concentration  ist  demnach  1 : 4 — 5000.  Nach  der  ersten  Injection 
folgt'  binnen  4 — 6  Tagen  die  zweite  von  1 :  3000,  die  folgenden  sollen 
1 :  2000  genommen  werden, 
«oldberg.  B.  Goldberg  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  26)  berichtet  von 

einem  Falle  von  Cystitis  chronica  gonorrhoica,  die  mehrere 
Jahre  bestand  und  von  der  Patientin  durch  eine  heftige  Influenza 
plötzlich  und  gänzlich  befreit  wurde. 

Die  innerliche  Anwendung  des  Cantharidins  bei  cystitischen 

Cantharidin  Beschwerden  räth  Freudenberg  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  23) 

^KL^dL'bOTß'' ^^   folgender  Form;   Cantharidini  0,001,  Alkohol  ad  solv.  1,0,   Aq. 

dest.  ad  100,0.  D.  S.  3 — 4mal  täglich  einen  Theelöifel  zu  nehmen  und 

in  einem  Weinglase  Wasser  zu  verdünnen. 

Tripper-  Balzer  (Annales  de  Dermatol.  et  de  Syphil.,  Mai)  berichtet  über 

rheumatis-  ^^^^^  günstige  Resultate,  welche  er  bei  der  Behandlung  des  Tripper- 
ßalzer.       rheumatismus  mit  Terpentinbädem  (Sapon.  virid.  200,0,  Essent. 
terebinth.    100,0)    erhalten    hat.     Diese   Mischung    wird   beim    Be- 
reiten des  Bades  demselben  zugesetzt.     Die  Bäder  sollen  möglichst 
heiss  sein. 

Als   eine  neue  Behandlung  der  Epididymitis  und  Orchitis 

Kpididy-     empfiehlt  Tuttle  (Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  diseases,  Oct.)  die 

°J**!*'        locale  Anwendung  von  Guajacol.     Die  Temperatur  sinkt  schnell, 

und   die  Schmerzen  lassen  bedeutend  nach.    Man  pinselt  entweder 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  511 

reines  Guajacol  oder  eine  Salbe  (2 — 3  :  30)  auf.  Es  wird  dem  Verf. 
nur  entgangen  sein,  dass  diese  Methode  nicht  neu  ist,  sondern  be- 
reits früher  von  Balz  er  und  Lacour  empfohlen  wurde. 

Prostataabscesse   sind  selten   und  dann  meist  durch  Go- 
norrhoe hervorgerufen.    Von  den   30  Abscessen,   welche   Casper    Prostat a- 
(BerL   klin.  Wochenschr.  Nr.  21)  beobachtete,  war  dies  25mal  der    ^^cmbot^' 
Fall,  indess  nur  einmal  konnten  Gonokokken  nachgewiesen  werden. 
Die  Eröffnung  des  Abscesses  erfolgt  zuweilen  vom  Perineum,  meist 
vom  Rectum  aus  nach  gründlicher  Desinfection. 

Xäcbst  der  Urethritis  ist  die  häufigste  blennorrhagische  Aifection 
beim  Weibe  die  Bartholinitis.  Bergh  (Monatsh.  f.  pract.  Der-  Bartholi- 
matol.  Bd.  21 ,  H.  8)  fand  die  linke  Seite  häufiger  ergriff*en  als  die  ^^^^^ 
rechte.  Meist  ist  nur  der  Ausföhrungsgang ,  sehr  selten  die  Drüse 
selbst  betroffen.  Die  Behandlung  besteht  zunächst  in  Einspritzungen 
von  l*/oigen  Argent.  nitr.-Lösungen  in  den  Gang;  Abscesse  müssen 
früh  eröffnet  werden. 

2.  Venerische  Helkosen. 

Audry   (Monatsh.   f.   pract.   Dermatol.   Bd.   20,   H.  5)   hat  inBacillen  des 
einer  nicht  ulcerirten  Drüse  nach  Ulcus  moUe  die  Unna'schen  Ba-^^^^*  ™^^^®' 

Audry. 

ciUen  in  den  Lymphspalten  nachgewiesen.  Dieselben  lagen  stets 
im  Protoplasma  der  Rundzellen  und  waren  meist  nicht  in  Ketten- 
form  vorhanden.  Es  ist  dies  der  erste  Fall,  wo  die  Bacillen  in 
einem  Bubo  gefunden  wurden,  bevor  derselbe  vereitert. 

Die  Behandlung  des  Ulcus  molle  beginnt  A.  Neisser  (Berl.  Behandlung 
klin.  Wochenschr.  Nr.  36)  damit,  dass  er  mit  einem  watteumwickelten  uicus^moile 
Stäbchen  den  ganzen  Geschwürsgrund  und  specieU  die  unterminirten         mit 
Ränder  mit  reiner   Carbolsäure  auswischt.     Ref.   kann    auch^*^^°if^^r®» 
nach  seinen  eigenen  Erfahrungen  bestätigen,  dass  diese  Aetzung  den 
Vortheil  gegenüber  anderen  Methoden  hat,  dass  sie  absolut  schmerz- 
los ist  und  häufig  das  Auftreten  von  Recidiven  verhindert.  Auf  das 
Ulcus  wird  dann  Jodoform  aufgestreut,  wobei  man  sich  hüten  muss, 
dass  auch  nur  eine  Spur  auf  die  Kleidungsstücke  gelangt,  oder  als 
Ersatzmittel  Europhen  resp.  Thioform.    Neisser  macht  dann  noch 
auf  die  Beziehung   der  Ulcus  moUe-Infection  zu  tertiären  Syphilis- 
formen   aufmerksam.    Es  kommt  nicht  selten  vor,   dass  Personen 
einige  Tage  nach  dem  letzten  Coitus  Ulcera  zeigen,  die  zunächst  als 
typische  Ulcera  mollia  imponiren,   allmählich  aber  das  Bild  eines 


512  Joseph. 

serpiginösen  Syphilids  mit  Heilung  auf  der  einen,  Fortschreiten 
des  Unterminirungs-  und  Zerstörungsprocesses  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite  annehmen.  In  diesen  Fällen  war  also  das  Ulcus 
moUe  provocatorisch  der  Ausgangspunkt  eines  tertiären  Sj'philis- 
recidivs,  dessen  Heilung  prompt  unter  Jodkalium  erfolgte. 
Behandlung  Die  von  Welander  (Wiener  klin.  Rundschau)  empfohlene  Be- 

des  Ulcus    ]iaii(iiuiig  des  Ulcus  moUe  mit  localen  Applicationen   von  warmem 

warmem     Wasser  (41®  C.)   kann   keinen  Anspruch  auf  allgemeine  Einfuhrung 

Wasser,      machen. 

Welander.  ^^.   ^j^^j-piden  und   phagedänischen  Schankern   empfiehlt 

—  mit       Feibes  (Dermatol.  Zeitschr. ,  Sept.)  folgendes  Verfahren :  Der  Schanker 
Sublimat  etc.  ^jj.^    gründlich   mit   Sublimat   gewaschen,    die   Fetzen   der    unter- 

X  6LD68«  __^ 

minirten  Ränder  mit  der  Scheere  abgetragen,  die  Wunde  cocainisirt, 
mit  Sublimat  abgerieben,  mit  Watte  getrocknet  und  mit  Ungt. 
leniens  bedeckt.  Einige  Stunden  nach  der  Operation  und  die  folgen- 
den Tage  nimmt  man  folgende  Salbe :  Argent.  nitr.  0,2 — 0,5,  Balsam, 
peruv.  4,0,  Ungt.  Wilson.  15,0. 

—  mit  Trostorff  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  50)  empfiehlt  das 
^"^Tro^torff'"'  Jodoformin  (geruchloses  Jodoform)  beim  Ulcus  moUe. 

Condyloma  Vollmer  (Archiv  f.  Dermatol.  u.  Sj^h.  Bd.  30)  weist,  ebenso 

acuminatum,^g  schon  vor  ihm  Reissner,  auf  das  fast  regelmässige  Vorhanden- 

Tlümm.'      sein  von  Nerven  in  den  spitzen  Condylomen  hin.    Thimm  (Reichs- 

Med.-Anzeiger  Nr.  13 — 15)   berichtet   aus  des   Ref.  PoUklinik   über 

die  vorzüglichen  Erfolge,  welche  wir  bei  der  Behandlung  der  Condy- 

lomata  acuminata  mit  For malin  erhalten  haben. 

8.  Syphilis. 

a.  Haut  und  Schleimhaut. 

Ursprung  Ashmead  ( Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  diseases,  Oct.)  glaubt , 

^    ^^^5. .        dass  in  Bolivia  und  Peru  die  Lues  schon  vor  Columbus  existirt  habe. 
Syphilis, 

Aahmead.  Zur  Prophylaxis  der  venerischen  Krankheiten  unter  den 

Prophylaxis  Arbeitern  macht  Havas  (Wiener  med.  Presse  Nr.  32)  folgende  Vor- 

^.    ^®5, .       schlage:    1.    Einheitliche   Regulinmg   der  Prostitution,    2.   die    Be- 

Syphilis,  j         p  . 

Havas.  lehrung  und  Auf  klänmg  der  Arbeiter  über  das  Wesen  der  Lues  und 
der  venerischen  Erkrankungen  dui'ch  populär  gehaltene  billige  Bro- 
schüren, 3.  in  den  Bestimmungen  der  Krankenkassen  sind  die  Lues 
und  die  venerischen  Erkrankungen  den  übrigen  Erkrankungen  gleich- 
zustellen, 4.  die  unentgeltliche  Behandlung  dieser  Erkrankung  in  den 
Spitälern  und  unbeschränkte  Aufnahme  der  einer  spitalsmässigen  Be- 
handlung Bedürftigen. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  513 

Nach  den  Beobachtungen  Fournier's  (Le  Bulletin  m^.  Nr.  9)    Tonsiiiar- 

sind  die  Tonsillarschanker  etwa^  ebenso  häufiir  wie  die  an  der    Schanker, 
r»  /•  j  j«  •  ^  .....  .  Foumier. 

Zunge  auftretenden  und  zeigen  sich  meist  einseitig.  Ausnahmsweise 
hat  Bnlkley  sogar  dmal  einen  doppelseitigen  Tonsillarschanker 
gesehen.  Im  Gegensatze  zu  dem  letzteren  Beobachter,  welcher  die 
rechte  Tonsille  häufiger  als  die  Unke  betroffen  sah,  fand  Fournier 
den  Schanker  auf  der  linken  Tonsille  40-  und  auf  der  rechten  nur 
12mal. 

Boeck  (La  sem.  med.  Nr.  37)  empfiehlt  bei  syphilitischen  Chromsäure 
Schleimhautläsionen    des    Mundes   Pinselungen    mit    10^/oiger  ^ei  syphiii- 
wässriger  Ghromsäurelösung  und  unmittelbar  darauffolgende  Aetzungg^jjigjmjjj^^^ 
mit  Lapisstift.    Diese  gemischte  Cauterisation  empfiehlt  er  auch  bei    läsionen, 
Behandlang  des  Ulcus   moUe,  besonders   wenn  sie  Neigung  haben,       Boeck. 
phagedänisch  oder  serpiginös  zu  werden. 

Bei  den  mercuriellen  Exanthemen,  über  welche  0.  Rosen-  Mercurieiie 
thal  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  23)  berichtet,  handelt  es  sich  meist  EJ^antheme, 
um  eine  Folliculitis,  Ekzeme  und  Erytheme.  Seltener  sind  multi- 
forme Hautausschläge,  pemphigusähnliche  Flecke  und  Hämorrhagieen ; 
letztere  sind  wahrscheinlich  durch  Embolieen  veranlasst.  Unabhängig 
von  der  Art  der  Anwendung  des  Quecksilbers  ist  nur  maassgebend 
die  Disposition   auf  der  einen  und  die  Dosis  auf  der  anderen  Seite. 

C.  Berliner  (Monateh.   f.   pract.   Dermatolog.  Bd.  20)   beobachtete       N abel- 
einen sehr  interessanten  Fall  von  Ulcus   durum   des  Nabels,   dessen    sohanker, 
genauer  Infectionsmodus  sich  nicht  eruiren  Hess.  ^^  ^^^' 

Albers  (Gesellsch.  d.  Charite-Aerzte,  16.  Mai)  stellte  einen  28jährigen  Danmen- 
Mann  mit  einer  syphilitischen  Infection  durch  Biss  in  den  Daumen  schanker, 
vor.  Patient  wurde  von  einem  Gegner  in  den  linken  Daumen  gebissen,  die  Albere. 
Wunde  verheilte,  aber  nach  2 — 3  Wochen  röthete  sich  die  Bisswunde  und 
zeigte  einige  Tage  darauf  eine  gelbliche  Pustel,  welche  Patient  selbst  er- 
ö&ete.  Nur  blieb  die  Wunde  offen,  und  in  der  nächsten  Zeit  bemerkte 
Patient,  dass  die  Achseldrüsen  anschwollen.  Später  wurde  constitutionelle 
Lues  festgestellt.  Lewin  macht  im  Anschluss  hieran  darauf  aufmerk- 
sam, dass  hier  nicht  der  Speichel  das  inficirende  Virus  enthält,  sondern  die 
in  den  Mundorganen  vorhandenen  breiten  Condylome.  Er  möchte  noch 
einmal  die  allgemein  herrschende  Ansicht  bekämpfen,  dass  bei  diesen 
Fingeraffectionen  immer  die  Cubitaldrüsen  anschwellen.  An  den  Fingern 
befinden  sich  zwei  Arten  von  Lymphgef ässen :  die  Vasa  lymphatica  super- 
ficialia  münden  in  die  Axillardrüsen,  die  profunda  in  die  Cubitaldrüsen. 
lat  also  die  Verletzung  oberflächlich,  so  schwellen  die  Axillardrüsen  an,  bei 
tieferen  Verletzungen  die  Cubitaldrüsen. 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1896.  33 


514 


Joseph. 


Extra- 

genitale, 

Infection, 

Joseph. 


Seine  eigenen  Erfahrungen  über  extragenitale  Syphilis- 
in fection  stellt  Kef.  {Beitr.  zur  DermatoL  u.  Sjphil.  Festschr. 
gewidmet  G.  Lewin)  zusammen.  Er  verfugt  über  50  eigene  Beob- 
achtungen. Die  Sklerosen  der  Lippen  nehmen  den  bei  weitem 
grössten  Theil  der  extragenitalen  PrimäraBFecte  ein.  Meist  waren 
Frauen  betroffen.  Bei  einer  solchen  beobachtete  er  ein  eigenthüm- 
Uches  Exanthem  an  der  Brust,  einen  isolirten  Koseolafleck,  ringsum  eine 
circuläre  Pigmentatrophie  und  dann  einen .  grossen  unregelmässigen 
Kranz  von  Papeln.  Den  Lippenkranken  am  nächsten  stehen  die 
an  den  Tonsillen,  dann  die  Zunge,  am  Kinn,  der  Nase,  am  Anus 
und  am  Bauche.  Ein  Fall  von  Reinfectio  syphilitica  wurde  beob- 
achtet.    Der  Verlauf  war  meist  ein  gutartiger. 


Leuko- 
plakie, 
Lydston. 


Lydston  (Joum.  of  cutan.  and  genito-urin.  diseases,  März)  hält 
die  Leukoplakie  nicht  für  einen  specifischen  syphilitischen  Process, 
sondern  glaubt  vielmehr,  dass  die  Lues  eine  gewisse  Grundlage 
für  dieselbe  schaBPe,  vielleicht  auf  dem  Wege  trophoneurotischer 
Störungen.  Oft  ist  auch  eine  zu  starke  Quecksüberbehandlung  an- 
zuschuldigen, ebenso  Tabak,  Alkohol,  stark  gewürzte  Speisen  und 
Caustica.  Wegen  der  Gefahr  der  Umwandlung  zu  malignen  Ge- 
schwülsten hält  er  bei  hartnäckigen  Fällen  die  radicale  Entfernung 
für  angezeigt. 


Papeln 

der  Gon- 

junotiva, 

Staerlin. 


Während  man  bisher  die  syphilitischen  Schleimpapeln 
der  Conjunctiva  zu  den  grössten  Seltenheiten  rechnete,  fand 
Staerlin  (Monatsh.  f.  pract.  DermatoL  Bd.  20,  H.  1)  xmter  200 Syphi- 
litikern bei  21,  das  sind  10,5  "/o  Schleimpapeln  der  Conjunctiva. 
Gewöhnlich  wurden  auch  an  anderen  Körperstellen  Papeln  gefunden 
imd  dadurch  die  Diagnose  wesentlich  erleichtert.  Es  zeigten  sich 
dunkelbläuliche,  bisweilen  blass-  oder  graurothe,  leicht  gekörnte 
Knötchen,  die  nur  unbedeutend  über  die  Oberfläche  emporragten. 
Die  Grösse  derselben  schwankte  zwischen  Stecknadelknopf-  und 
Erbsengrösse.  Bevorzugt  wurde  die  Conjunctiva  der  Unterlider, 
besonders  der  Uebergangsf alten. 


Schanker  Ch^misse  (Annal.  de  DermatoL  et  de  Syphil.  Nr.  1)  berichtet 

nach        ^Y)eT   einen  Fall  von  multiplen  Schankern  nach   Tätowirunc. 
Tätowirnnff 

ch^miBse.    '  ^i^  Bereiche  der  tätowirten  Stellen  entstanden  14  Tage,  nachdem  die 

Farbe  mit  Speichel  zwecks  Tätowirung  verrieben  worden  war,  fünf 

charakteristische  Primäraffecte  mit  harten,  indolenten  Drüsen  in  der 

Achselhöhle  imd  nach  weiteren  4  Woche  Boseola. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  515 

Holth  (Arch.  f.  Augenheilk.  Bd.  30)  berichtet  über  einen  sehr  Lids chanker, 
interessanten  Fall  von  hartem  Schanker  am  Augenlide,  welcher  Hoith. 
durch  Autoinoculation  entstanden  war.  Ein  Matrose  inficirte  sich 
am  26.  October,  Mitte  November  wurde  ein  schon  längere  Zeit  be- 
stehender Schanker  hart.  Ende  November  flog  dem  Patienten  ein 
kleines  Stück  Kost  in  das  Auge,  Patient  rieb  fortwährend  und  be- 
kam einen  harten  Lidschanker. 

Nach  seinen  Beobacbtungen  über  die  Autoinoculation  des 
primären  syphilitischen  Geschwüres  gelangt  A.  Zarewicz  (Arch.        Auto- 
f.  Dermatol.  u.  Syph.  Bd.  32)  zu  der  Ueberzeugung,  dass  die  Sklerose  ^''z^!^^^^^"' 
nicht    die  Folge  einer   schon  bestehenden  allgemeinen  Infection  ist, 
sondern  dass  erst  von  hier  aus  die  allgemeine  Infection  vor  sich  geht. 
Daher  empfiehlt  er  eindringlichst  in  jedem  Falle  die  Excision. 

Aus  des  Ref.  Poliklinik  veröffentlicht  Thimm  (Deutsche  med.  Wochen-  Makro- 
schrift Nr.  24)  einen  sehr  seltenen  und  interessanten  Fall  von  Makro-  cheilie, 
cheilie,  bedingt  durch  syphilitische  Erkrankung  der 
Lippenschleimdrüsen.  Es  sind  bisher  nur  sieben  Fälle  beobachtet, 
in  welchen  die  Makrocheilie  als  ein  Folgezustand  von  entzündlichen  Affec- 
tionen  bestand.  Bei  der  55jährigen  Frau  waren  Ober-  und  Unterlippe 
gleichmässig  verdickt,  und  unter  dem  Gebrauche  von  Jodkalium  war  nach 
4  Wochen  von  der  Entstellung  des  Gesichtes  kaum  mehr  etwas  zu  bemerken. 
Wahrscheinlich  lag  hier  eine  specifisch  syphilitische  Affection  der  Lippen- 
schleimdrüsen vor. 

b.  Viscerallues. 

Einen  Fall  von  Haematoma  durae  matris  auf  syphilitischer 
Basis  berichtet  R.  Hahn  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6).     Es     Syp hin- 
ist dies  ausser  einem  von  Beck  früher  veröffentlichten  der  einzige      tisch  es 
bisher  beobachtete,  welcher  im  Anschlüsse  an  acquiriii^e  Lues  zu         ^^^ 
Stande   kam.     Bei  hereditärer  Lues  hat  B.umpf  diese  Pachymenin-  Duramater, 
gitis  interna  haemorrhagica  erwähnt.  n^hw. 

O.  Palm  er  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5)  stellte  an  der  SyphiUs- 
Abtheüung  von  Engel-Reimers  in  Hamburg  Untersuchungen  über  ''^l^^^^^ 
die  Residuen  recenter  Syphilis  bei  Weibern  bezüglich  ihrer 
Häufigkeit  und  ihrer  diagnostischen  Bedeutung  an.  Er  constatirte,  dass 
während  der  ersten  2  Jahre  nach  Entstehen  der  Krankheit  bei  den 
nicht,  wie  die  Prostituirten,  regelmässig  und  gründlich  behandelten 
Weibern  ein  sehr  charakteristisches  Ensemble  vorhanden  ist,  nämlich 
Chlorose  in  80*/o,  Drüsenschwellungen  in  70°/o,   Schilddrüsenver- 


516 


Joseph. 


Syphilis- 

residuen. 

Palmer. 


^össerung  in  45  ®/o ,  hypertrophische  mit  gitterartigen  Karben  ver- 
sehene Tonsillen  in  60*/o,  areoläre  Alopecie  in  36*/o,  femer  auf 
der  äusseren  Haut  Leukoderma  in  70°/o,  Pigmentflecke  als  Residuen 
von  papulosquamösen  und  pustulösen  Exanthemen  in  55  ^/o,  Karben 
von  breiten  Condylomen  und  hypertrophische  Perinealfalten  in  50 •/o. 
Gegen  das  Ende  des  zweiten  Jahres  ändert  sich  aber  das  Bild  sehr 
rasch,  und  es  bleibt  alsdann  von  all  diesen  Kesiduen  für  die  folgen- 
den Jahre  nur  noch  das  Leukoderma  übrig,  dagegen  konunen  in 
80  ^/o  der  FäUe  die  Plaques  opalines  hinzu.  Man  kann  also  sagen, 
wo  man  jenes  Ensemble  von  Kesiduen  findet,  handelt  es  sich  durch- 
schnittlich immer  um  Syphilis,  die  nicht  älter  ist  als  höchstens 
2  Jahre,  und  man  kann  femer  behaupten,  je  jünger,  mithin  je  ge- 
meingefährlicher die  Syphilis  ist,  desto  vollständiger  ist  der  vorhin 
beschriebene  Complex  charakteristischer  Stigmata  vorhanden. 


Syphili- 
tische 

Neuritis, 
Oaucher. 


Labyrinth- 
Syphilis, 
MöUer. 


Eine  primäre  syphilitische  Keuritis  kommt  im  frühen 
Stadium  der  Lues  ausserordentlich  selten  vor.  Gaucher  (Annal.  de 
Dermatol.  et  de  Syphü.  Kr.  4)  stellte  einen  solchen  vor.  Hier  zeigten 
sich  bereits  4  Wochen  nach  Auftreten  des  PrimäraBFectes  sensible 
und  motorische  Störungen  im  Gebiete  des  Ulnaris ;  die  übrigen  Arm- 
nerven waren  nicht  afficirt.  Die  specifische  Behandlung  führte  be- 
deutende Besserung  herbei.  Es  fand  sich  keine  Exostose  oder 
Periostitis. 

Auf  Grund  einer  ganzen  Reihe  eigener  Beobachtungen  lenkt 
Verf.  die  Aufmerksamkeit  auf  die  intensive  Störung  des  Gleich- 
gewichtes, welche  sich  bei  Labyrinthsyphilis  oft  schon  früher  als 
alle  übrigen  Symptome  einstellt.  Zur  differentiellen  Diagnose  ist  es 
wohl  bemerkenswerth,  dass  bei  Labyrinthaffectionen  die  Perception 
für  hohe  Töne  im  allgemeinen  bedeutender  vermindert  ist  als  für 
tiefe;  bei  Affectionen  des  Mittelohrs  ist  es  umgekehrt. 


Syphili- 
tischer 
lüteras, 
Roque  u. 
Devic. 


Ueber  einen  sehr  seltenen  Fall  von  Icterus  gravis  im  zweiten 
Stadium  der  Syphilis  mit  tödtlichem  Ausgang  berichten  Roque 
und  Devic  in  Lyon  (Wiener  med.  Blätter  Nr.  1). 

Eine  27jährige  bisher  immer  gesunde  Frau  hatte  im  Alter  von  14  Jahren 
einen  leichten  Emotionsicterus  durchgemacht,  der  ohne  Complicationen  bald 
verschwand.  Sie  wurde  von  ihrem  Manne  inficirt,  dieser  zeigte  am  10.  Januar 
die  Initialerscheinungen,  sie  selbst  am  25.  Januar.  Im  März  und  April 
traten  bei  ihr  Roseola  und  Plaques  muqueuses  auf.  Im  Juli  empfand  Pa- 
tientin vollständige  Appetitlosigkeit  und  Eräfteverfall,  Meteorismus  und  ein 
wenig   Ascites.      Temperatur  39,5   und   leichtes  subicterisches  Colorit   der 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  517 

Haut.  Die  Leber  klein  und  nicht  schmerzhaft.  Im  Urin  neben  deutlicher 
Albuminurie  eine  enorme  Verminderung  des  Harnstoffes  (5,0  pro  die),  die 
Gegenwart  von  ürobilin  und  schliesslich  das  Vorhandensein  einer  alimen- 
tären Glykosurie  zu  constatiren.  Diagnose:  Icterus  gravis.  P]s  bildete  sich  ein 
typhöser  Zustand  heraus ,  auf  der  allgemeinen  Decke  waren  zahlreiche 
Hämorrhagieen  zu  sehen,  und  nach  10  Tagen  Exitus  letalis  durch  abun- 
dante  Intestinalblutungen.  Bei  der  Autopsie  fand  man  typische  Hepatitis 
gummosa,  die  Leber  wog  nicht  mehr  als  640  g. 

Diese  schwere  parench3n[natöse  Erkrankung  der  Leber  trat  im 
secundären  Stadium  der  Lues  auf.  Vielleicht  hat  der  frühere  Emotions- 
icterus  in  der  Leber  Veränderungen  gesetzt,  welche  das  Auftreten 
einer  so  seltenen  Localisation  der  secundären  Lues  begünstigten. 
Hervorzuheben  ist,  dass  zu  einer  Zeit,  wo  die  Diagnose  noch  nicht 
sicher  zu  stellen  war,  sich  Symptome  vorfanden,  welche  auf  eine  tiefe 
Alteration  der  Leberthätigkeit  hinwiesen  (Verminderung  der  Ham- 
stoffmenge,   Anwesenheit  von  ürobilin  und  alimentäre  Glykosurie). 

c.  Hereditäre  Lues. 

lieber  ein  bisher  wenig  beachtetes   Symptom  der  hereditären 
Lues   berichtet  Krisowski   (Berl.   klin.   Wochenschr.  Nr.  41)  aus   Narben  hei 
des  Ref.  Poliklinik,     Es  zeigen  sich  bei  der  hereditären  Syphilis  ^»«^ditärer 

.  .  Lues, 

sehr  häuüg  radiär  gestellte  Narben  rings  um  den  Mund.  Diese  Krisowski. 
linearen  Narben  strahlen  in  der  Kegel  in  unregelmässiger  Stemform 
von  der  Mundöfhung  aus  und  können  sowohl  symmetrisch  als  auch 
unsymmetrisch  sein.  Sie  bleiben  gewöhnlich  das  ganze  Leben  hin- 
durch bestehen  und  sind  zuweilen  so  zart,  dass  man  genau  zusehen 
muss,  um  sie  überhaupt  als  solche  zu  erkennen.  Sie  entstehen  in- 
folge ulceröser  syphilitischer  Processe,  welche  der  Heilung  wegen  der 
fortwährenden  Bewegungen  des  betroffenen  Organes  lange  widerstehen. 
Diese  linearen,  radiär  um  den  Mund  gestellten  Narben  sind  für 
hereditäre  Lues  charakteristisch. 

d.  Therapie  der  Syphilis. 

Spiegier  (Wien.  med.  Blätter  Nr.  11)   macht   den   Vorschlag,  Behandlung 
auf  Personen,  die  im  Beginne  der  Incubation  sind,  Blutserum  von  ^®y  ^yp^*^*^ 
Individuen,  welche  an  gummösen  Residuen  einer  alten  Syphilis  leiden,     therapie 
zu  übertragen.     Auf  diesem  Wege  müsse  es  möglich  sein,  in  einem      Spiegier, 
frühen   Incubationsstadium   den  Ausbruch   der  Allgemeinsyphilis   zu 
coupiren. 

Gilbert  und  Fournier  (La  semaine  m^dicale  S.  181)  führten     Gilbert  u. 
aerotherapeutische  Versuche   bei  Lues  in   der  Weise   aus ,   dass  sie      Foumier. 


518 


Joseph. 


Behandlung  das  Blut  von  tertiär  Sj^hilitischen  oder  Blut  von  Thieren  über- 
'^^^^^P*^*^*'*  trugen,  welche  vorher  mit  dem  Blute  von  Syphilitikern  geimpft  waren. 
Gilbert  u.  Der  Erfolg  war  nicht  constant,  Besserung  trat  zwar  häufig  ein,  aber 
niemals  Heilung  aller  Symptome,  so  dass  der  Misserfolg  dieser 
Methode  ein  mehr  oder  weniger  vollkommener  war.  Trotzdem  halten 
die  Ver£F.  noch  weitere  Versuche  für  nöthig,  um  ein  endgültiges 
Urtheil  fallen  zu  können. 


Fournier. 


—  mit 
Ueberstrei- 

ehungen 
von  Salbe, 

Welander. 


Welander  (Dermatol.  Zeitschr.)  berichtet  über  369  Syphilitiker, 
welche  mit  den  von  ihm  empfohlenen  Ueberstreichungen  von 
Mercurialsalbe  behandelt  wurden.  Er  fand  das  Verfahren  sehr 
wirksam,  bequem  und  angenehm,  da  FoUiculitiden  gar  nicht  vor- 
kamen. Quecksilber  wurde  in  grösseren  Kugeln  im  Urin  noch  lange 
Zeit  nach  der  Cur  nachgewiesen.  Die  Ueberstreichungen  wurden 
im  Bette  vorgenommen,  Patient  bleibt  10 — 14  Stunden  danach  warm, 
aber  ohne  zu  schwitzen,  liegen. 


—  mit 

intra- 

venöser 

Injection 

von 

Snblimat, 

Görl. 


Dinkler 


Görl  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  20)  hatte  dieBaccell i'sche 
Methode  der  intravenösen  Injection  mit  Sublimat  an  einigen  Patienten 
versucht.  Als  ein  besonderer  Nachtheil  dieser  Methode  ist  hervor- 
zuheben das  schnelle  Eintreten  von  Recidiven.  Aus  diesen  wie  aus 
verschiedenen  anderen  Gründen  werden  sich  wohl  dieBaccelli'schen 
Injectionen  nur  für  bestimmte  Ausnahmefälle  eignen,  als  Behand- 
lung in  jedem  Fall,  \vie  es  Baccelli  will,  wird  sie  sich  kaum  in 
die  Praxis  einführen. 

Auch  Dinkler  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18—20)  hat  in 
der  Heidelberger  Klinik  acht  Männer  und  eine  Frau  nach  der  An- 
gabe B  a  c  c  e  1 1  i^s  mit  intravenösen  Sublimatinjectionen  behandelt.  Nach 
diesen  Erfahrungen  war  man  schliesslich  ganz  davon  abgekommen, 
bei  weiblichen  Individuen  ohne  besonders  weite  und  auf  grössere 
Strecken  hin  oberflächlich  liegende  Venen  intravenöse  Injectionen 
zu  versuchen.  Auch  beim  männlichen  Geschlecht  sind  fettleibige 
Individuen  fast  ausnahmslos  imbrauchbar,  femer  müssen  alle  die- 
jenigen ausgeschaltet  werden,  bei  denen  nach  6 — 10  Injectionen  der 
ganze  Vorrath  brauchbarer  Hautvenen  erschöpft  ist.  Schliesslich  ist 
aber  Verf.,  wie  alle  übrigen,  welche  diese  Methode  nachgeprüft 
haben,  davon  abgekommen.  Die  Gründe  dafür  sind:  1.  das  Auf- 
treten thrombotischer  Processe,  welche  eine  imausbleibUche  Conse- 
quenz  der  intravenösen  Sublimatinjectionen  bilden ;  2.  was  am  meisten 
ins  Gewicht  fllUt,  ist  die  Gefahr  des  Recidives  bei  dieser  Methode, 
welche  hier   eher  grösser   ist   als   bei  der  bisher  vorzugsweise  ge- 


Haut^  und  venerische  Krankheiten.  519 

brauchten  Einreibungscur.  Daher  glaubt  er,  dass  die  intravenösen 
Injectionen  wegen  ihrer  schnellen  Wirkung  bei  den  rapide  fort- 
schreitenden Formen  der  Haut-  und  Schleimhautsyphilide,  so  wie  vor 
allem  bei  den  schweren  Fällen  von  Lues  des  Centralnervensystems 
zur  Einleitung  der  antisjphilitischen  Behandlung  warm  empfohlen 
werden  können.  In  ganz  verzweifelten  Fällen  dürfte  sich  vielleicht 
auch  eine  gleichzeitige  Anwendung  der  Inunctions-  und  Injectionscur 
rechtfertigen  lassen. 

G.  Lewin  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12 — 14)  betont  den  hohen       —  mit 
Werth  seiner  subcutanen  Sublimatiniectionscur  gegenüber  den    Sublimat, 

"  .  .        .  G.  Lewin 

Übrigen  Darreichungen  von  Quecksilber.  So  versichert  er,  bei  keinem 
der  von  ihm  mit  seiner  Methode  behandelten  Patienten  sei  im  Ver- 
laufe von  ca.  32  Jahren  eine  irgendwie  intensive  Stomatitis  aufgetreten. 
Auch  kein  Fall  von  ausgesprochener  Enteritis  kam  vor.  Ueber 
Schmerzen  klagten  einzelne  mehr  oder  weniger,  doch  hat  er  nur 
ausnahmsweise  die  Cur  deshalb  unterbrechen  oder  gar  aufgeben 
müssen. 

Man  hat  in  letzter  Zeit  versucht,  statt  der  täglichen  geringen 
Sublimatinjectionen  lieber  seltenere,  aber  grössere  Dosen  zu  geben. 
Allgeyer  und  Sprecher  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  38)  AUgeyer  u. 
veröffentlichten  aus  der  Hautklinik  in  Turin  einen  Fall  von  Queck-  Sprecher, 
silberintoxication  mit  Scharlacherythem  nach  solcher  hochdosirten 
Sublimatinjection.  Hier  trat  die  Intoxication  nach  einer  einzigen 
Injection  von  5  cg  ein.  Sie  zeigte  sich  in  ihrem  gewöhnlichen  Bilde, 
von  besonderem  Literesse  waren  jedoch  das  typische  Scharlacherythem 
und  die  hochgradige  Angina,  die  sich  als  specielle  Reaction  des 
Organismus  hinzugesellten. 

Die  Berechtigung  der  vor  dem  Ausbruche  der  secundären  Sy- 
philissymptome inaugurirten  specifischen  Behandlung  bildet  seit  längerer 
Zeit  eine  Streitfrage  in  der  Syphilidologie.   Während  von  einzelnen 
Seiten  behauptet  wird,  dass  infolge  der  frühzeitigen  Behandlung  sehr 
schnell   schwere  Veränderungen  in  den   centralen  wie  in  den  peri- 
pheren Theilen   des  Nervensystems   auftreten,   glaubt  A.  Deutsch 
(Der  Einfluss   der  frühzeitigen    antiluetischen  Behandlung   auf  das     Nervea- 
Nervensystem.     Arch.  f.  Dermatol.  u.  Syphil.  Bd.  28)  nach  seinen  in   *'^**®™  .^®* 
Schwimme  r's  Klinik  angestellten  Beobachtungen  gerade  das  Gegen-      Deutsch. ' 
theil   erweisen   zu   können.     Nach  ihm  hat  gerade   die  frühzeitige 
Behandlung  ihre  volle  Garantie  in  Bezug  auf  ihre  günstige  Wirkung, 
denn  während  durch  die  spätere  Behandlung  Veränderungen,  wenn 


520  Joseph. 

auch  fimctioneller  Natur,  entstehen,  die  das  Nervensystem  eventuell 
zu  organischen  Veränderungen  pradisponiren,  verhindert  die  früh- 
zeitige Behandlung  die  nachtheiligen  Zufalle.  Das  letzte  Wort  wird 
aber  trotz  dieser  Ausfuhrungen  noch  nicht  in  der  Frage  gesprochen 
sein,  wann  die  antisyphilitische  Behandlung  zu  beginnen  hat. 

Lehrbücher. 

van  Niessen,  Der  Syphilisbacillus.    Wiesbaden. 

Y.  Düring,  Klinische  Vorlesungen  über  Syphilis.    Hamburg. 


IX. 


Einderkrankheiteii. 


Von  Privat-Docent  Dr.  H.  Nenmann  in  Berlin^). 


A.  Phy8iologie. 

Olshausen  hatte  als  Hülfsursache   für  den  ersten  Athemzug        Erste 
die  Compression  des  Thorax  beim  Durchtritt  durch   die  untere  Vagina  an-    Athmung, 
gesprochen  (s.  Jahrb.  1895 ,   S.  476 ,   ferner  Berl.  Min.  Wochenschr.  Nr.  6,     ^l»^^«"' 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  13)   und  war  hierbei  auf  Widerspruch  bei 
Runge  gestossen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  5,  Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  50). 
Die   experimentellen  Versuche   von   Zuntz   und   P.   Strassmann,    die 
allerdings  an  Leichen  angestellt  sind  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  17)  geben 
Runge  Recht,  insofern  sich  die  atelektatische  Lunge  nicht  durch  Com- 
pression des  Thorax  zur  Ausdehnung  bringen  lässt,   sondern  nur  durch 
Manipulationen,  welche  direct  eine  Inspiration  veranlassen. 


Runge, 

Zantz  u. 
Strassmann. 


Schfld. 


Walter   Schild   (Zeitschr.   f.  Hygiene  Bd.  19,   Nr.  1)  forschte  im        Erste 
Darminhalt  Neugeborener  nach  Bacterien  und  fand  den  Inhalt    Baoterien 
des  Rectums  unmittelbar  nach  der  Geburt  stets  steril.    Die  erste  Infection    *"L  .*^™* 
geschieht  unabhängig  von  der  Nahrung  durch  verschiedene  Bacterienarten, 
worunter  sich  auch  peptonisirende  befinden.  Die  Zeit  dieser  ersten  Infection 
schwankt  je  nach  der  Aussentemperatur  und  fällt  in  den  Sommermonaten 
frühestens   auf  die  4.,   spätestens  auf  die  20.,   meist  aber  auf  die  10.  bis 
17.  Stunde  nach   der  Geburt.    Die  Eingangspforten   dieser   Bacterien  sind 
der  Mund  und  der  Anus,  und  zwar  schlagen  die  in  den  früheren  Stunden 
auftretenden   den   letzteren   Weg,    die    späteren   beide   Wege   ein.     Die 
Quellen,   denen   diese  Bacterien  entstammen,    sind  theils  die  Luft,   theils 
das  Badewasser,  dagegen  nur  ausnahmsweise  die  Wäsche  oder  die  Vagina 
der  Mutter.   Das  Sterilisiren  der  Kindemahrung  hat  einen  absoluten  Werth 
nur  in  Bezug  auf  die  Abtödtung  pathogener  Bacterien. 


^)  Die  Abschnitte  »Rachitis"  und  »Diphtherie**  sind  von  meinem  Assi- 
stenten Herrn  Dr.  Michael  Cohn  bearbeitet. 


522 


Neumann. 


Analyse  der 
Frauen- 
milch, 
E.  Pfeiffer, 


Heubner, 


Camerer. 


Emil  Pfeiffer  (Verhandl.  d.  11.  Vers.  d.  Gesellßch.  f.  Kinderheilk.) 
gibt  100  neue  Analysen  von  ausgebildeter  menschlicher  Milch  aus 
allen  Monaten  des  Stillens  nebst  2  Analysen  von  Colostrum.  Der  Gesammt- 
durchschnitt  ergibt  Trockensubstanz  11,778,  Eiweisskörper  1,944,  Fett  3,107, 
Zucker  6,303,  Salze  0,155.  Der  Eiweissgehalt  übertriflft  also  den  von  Hof- 
mann (s.  vorigen  Jahrg.  S.  476)  ermittelten  nicht  unerheblich.  Analysen 
dieser  Art  sind  für  die  Bestimmung  des  Nährwerthes  einer  künstlichen  Er- 
nährung wichtig.  Nach  Pfeiffer  würden  100  ccm  menschliche  Milch 
63,1  Rohcalorieen  haben  und  insofern  von  der  Marktmischmilch  (mit  67,4  Roh- 
calorieen)  nicht  wesentlich  abweichen. 

Hingegen  bekräftigt  Heubner  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40,  H.  1 
bis  3)  gegen  Pfeiffer  unter  Bezugnahme  auf  neuere  Untersuchungen 
seine  Angaben  über  den  erheblich  niedrigeren  Eiweissgehalt  der  Frauen- 
milch, wie  er  sie  nach  Hof  mann  gemacht  hatte  (s.  Jahrb.  1895,  S.  477). 
und  findet  auch  von  Seiten  Camerer's  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40. 
H.  2  u.  3)  Unterstützung. 


Auf  die  Ergebnisse  der  mühevollen  StofFwechseluntersuchungen 
Kindlicher  Camerer's  (Der  Stoffwechsel  des  Kindes  von  der  Geburt  bis 
zur  Beendigung  des  Wachsthums.  Tübingen  1894)  kann  hier  nicht 
genauer  eingegangen  werden.  Immerhin  geben  wir  die  Körper- 
gewichte und  täglichen  Gewichtszunahmen:  A  für  97  Frauenmilch- 
kinder und  B  für  28  künstlich  ernährte  Kinder;  infolge  der  Ver- 
besserung der  Emährungsmethoden  sind  die  letzteren  Zahlen  höher 
als  für  31  vor  10 — 20  Jahren  beobachtete  Fälle. 


Stoff- 
wechsel, 
Camerer, 


Bei  der 
Geburt 

Am  Ende  der  Wochen 

1 

2 

4 

8 

12 

16      20 

24 

28 

82 

36 

40 

44 

48 

52 

Gewicht 

8150 

8410 

8560 

8980 

4810 

5ÖS0 

«220 

«800 

7810 

7740 

8170 

8630 

8880 

9220 

»510 

9880 

A 

Tägl.  Za- 
nähme 

81      29      26      21     21      18      15     15      16      9                12 

Gewicht 

8470 

3390 

8500  8810 

4430 

5090 

5800 

6550 

7180 

7650 

8140 

8600 

8880 

9710 

B 

Tägl.  Za. 
nähme  1) 

2 

1     2 

1       2 

2      2 

4      9 

5      2 

1      1 

6      1 

6      1 

5      i 

i     ^ 

'i 

r 

1)  Vom  Ref.  berechnet. 

Lange.  J.   Lange  (Ueber  den  Stoffwechsel  der  Säuglinge    bei 

Ernährung  mit  Kuhmilch.  Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  39)  fasst 
seine  Resultate  in  folgender  Weise  zusammen:  Die  N- Ausnutzung 
der  Kuhmilch  ist,  wenn  letztere  gehörig  zubereitet  (d.  h.  verdünnt, 
mit  Milchzucker  versetzt  imd  sterilisirt)  ist,  eine  annähernd  ebenso 
vollkommene,  wie  die  der  Muttermilch  (95,46 ''.'a  gegenüber  98,8  "/o); 


Kinderkrankheiten.  523 

die  Menge  der  ausgeschiedenen  Kothfixa  ist  beim  dyspeptischen 
Säugling  etwa  doppelt  so  gross  wie  beim  gesunden  Säugling;  dem- 
entsprechend ist  auch  die  24stündige  N-Menge  der  Fäces  bei  Dys- 
pepsieen  grösser,  dagegen  ist  der  procentuale  N-Gehalt  der  dys- 
peptischen  Ausleerungen  etwa  um  ebenso  viel  kleiner,  als  bei 
normaler  Function  des  Magendarmtractus.  Der  mit  Milch  ernährte 
Säugling  befindet  sich  nicht  im  Stickstoffgleichgewicht,  sondern  er 
behält  N  in  grösserer  Menge  zurück,  und  zwar  meist  bedeutend 
mehr  als  der  gleichzeitigen  Gewichtszunahme  entspricht;  dieses  Stick- 
stoffdeficit  kann  nach  Lange  vielleicht  am  ehesten  dadurch  erklärt 
werden,  dass  der  ausserordentlich  schnell  wachsende  Körper  des 
jungen  Kindes  eine  erhebliche  Menge  von  Zellen  neu  bildet  und 
hierzu  den  Stickstoff  zurückbehält,  ohne  dass  Lange  in  Abrede 
stellen  will,  dass  ein  kleiner  Theil  desselben  vielleicht  auf  Kechnung 
der  vermehrten  Darmarbeit  oder  durch  Bildung  freien  Stickstoffs 
(durch  Darmbacterien)  erklärt  werden  kann. 

Durch  einige  neue  Versuche  zeigt  Bendix  (Berl.  klin.  Wochen-     Vcrände- 
schrift  Nr.  16)  wiederum,   dass  durch  einmaliges  Sterilisiren  bei     mng  der 
100®  eine  chemisch  nachweisbare  Modi  fication  in  der  Zusammen-       durch 
Setzung  der  Milch  nicht  stattfindet.  Auch  die  Verluste  an  Eiweiss  sterilisiren. 
und  Fett,  die  durch  wiederholtes  Sterilisiren  eintreten,   fallen  nicht       Bendix. 
flir  die  Ernährung  in  die  Waagschale. 


Nach  den  Erfahrungen  NorbertAuerbach's  (Therap.  Monatsh. ,     s  t  e  r  i  l  i  s  i- 
Januar)  reicht  zur  sicheren  Sterilisirung   der  Milch  80  Minuten        rung. 
langes  Kochen   oder  kurzes  Erhitzen   auf  115"  im  allgemeinen  aus; 
bei  letzterem  Verfahren  wird  die  Milch  in  Aussehen  und  Geschmack 
weniger  verändert.   Bei  der  häuslichen  Herstellung  der  Kindermilch 
empfiehlt  Auerbach,  das  Deficit  an  Fett  durch  Zuf ügung  von  Kahm    Häusliche 
zu  ergänzen;  zu  diesem  Zweck  bewahii;  man  eine  Milchmenge,  die  un-  Herstellung 
gefahr  der  Hälfte  der  zur  Säuglingsemährung  nothwendigen  Kuhmilch  j^jj^^jg^^jU^jj 
gleichkommt,  in  einer  flachen  Schüssel  2  Stunden  kühl  und  ohne  sie     Auerbach, 
zu  bewegen   auf,   schöpft  dann  den  gebildeten  Rahm  ab   und  ver- 
mischt ihn  mit  der  Tagesmenge  unabgerahmter  Milch.  —  Hingegen 
empfiehlt  Wilhelm  Steffen  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40)  folgen-     w.  steflfen. 
des :  Er  mischt  Milch  und  Kalbsbrühe  zu  gleichen  Theilen  und  gibt 
zu  100  g  der  Mischung   1  Theelöffel  Sahne   und  3,8  g  Milchzucker ; 
die  Brühe  wird  aus  V*  Pfund  Kalbfleisch  auf  ^Z?  Liter  Wasser  ge- 
kocht.   Steffen  rühmt  diese  Mischxmg  nach  klinischen  Erfahrungen 
und  auf  Grund  des  Experiments,  nach  dem  sie  in  feinere  oder  zum 


524  Neumann. 

mindesten  weichere  Gerinnsel  als  mit  Wasser  verdünnte  Milch  durch 
den  Magensaft  verwandelt  wird. 

Gärtner'Bche  Escherich  (Mittheil.  d.  Vereins  d.  Aerzte  in  Steiermark  Nr.  1) 

Pettmilch,  rühmt  die  Bekömmlichkeit  der  Gärtner'schen  Fettmilch  bei 
Kindern  mit  gesunden  Verdauungsorganen;  dieselbe  ist  femer  an- 
gezeigt bei  Kindern  mit  hartnackiger  Verstopfung,  hingegen  zu  ver> 
meiden  bei  acuten,  mit  Diarrhöen  verlaufenden  Verdauungsstörungen. 
Popper,  Hingegen  ergaben  die  von  Popper  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  19) 
an  der  Monti'schen  Poliklinik  angestellten  Emährungsversuche  mit 
Gärtner's  Fettmilch  kein  besonders  glänzendes  Resultat. 
Backhaus.  Backhaus   (Berl.  kHn.  Wochenschr.  Nr.  27)   schlägt  folgende 

Methode  vor:  £s  wird  die  Milch  durch  Centriftigiren  in  Rahm  und 
Magemuich  zerlegt;  aus  der  Magermilch  wird  dann  ein  Theil  des 
Caseins  durch  Labferment  ausgefällt,  das  erzielte  Milchserum  wird 
unter  vermindertem  Druck  auf  vier  Fünftel  des  Volums  condensirt; 
dann  wird  so  viel  Kahm  zugesetzt,  dass  der  Casem-  und  Fettgehalt 
demjenigen  der  Frauenmilch  entspricht.  Es  wird  durch  discontinuir- 
liches  Erhitzen  sterilisirt.  Diese  Mischung  I  wird  für  ältere  Kinder 
durch  zwei  andere  Mischungen  ergänzt,  welche  aus  Magermilch^ 
Wasser,  Kahm  und  Milchzucker  hergestellt  werden.  Die  Abgabe 
der  Milch  erfolgt  in  Portionsflaschen.  BilligstenfaUs  würde  der  Liter 
Milch  30—40  Pfg.  kosten. 

Ausnutzung  Heubner  (Berliner  klin.  Wochenschr.)  liess  durch  Carstens 

des  Mehls,  Versuche  über  die  Ausnutzung  des  Mehls  im  Darm  iunffer 
Säuglinge  anstellen  und  fand,  dass  dieselbe  eine  sehr  vollständige 
ist.  Der  ausschliesslichen  Ernährung  mit  Mehlen  würde  jedoch  unter 
anderem  schon  der  Umstand  entgegenstehen,  dass  ein  Säugling  nicht 
die  zu  seiner  Ernährung  nöthige  Menge  zu  sich  nehmen  könnte; 
immerhin  sind  die  Mehlsuppen  (besonders  aus  Reis-  und  Hafermehl) 
bei  Verdauungsstörungen  zum  vorübergehenden  Ersatz  der  Milch 
sehr  geeignet. 

Ausnutzung  Bendix  (Therap.  Monatsh.,  Juli)  untersuchte   die  Ausnutzung 

der  ^jj^j  Verwendbarkeit  der  Schokoladen  fette  beim  Kinde.  Die 
ladenfette.  H a u 8 w a  1  d t'sche  Kraftschokolade,  welche  2,1  "/o  freie  Oelsäore  ent- 
Bendix.  hält,  wurde  ebenso  wie  eine  gewöhnliche  gute  Schokolade  (benutzt 
wurde  die  deutsche  Hildebrandt'sche)  sehr  gut  ausgenutzt;  die 
Elinder  nahmen  sie  in  erheblichen  Mengen  zu  sich;  Uebersättigung, 
die  sich  nach  3 — 4  Wochen  einzustellen  pflegte,  erforderte  vorüber- 
gehend Verminderimg  der  Tagesdosen.     Bendix  empfiehlt  die  An- 


Kinderkrankheiten. 


525 


Infection 
der  Neu- 
geborenen: 
Nabel- 


wendung der  Schokolade  zur  Hebung  der  Ernährung  bei  Schwäche- 
zuständen verschiedener  Art. 

B.  Pathologie  und  Therapie. 

I.  Krankheiten  der  Nengeboreaen. 

Die  Angaben  über  die  Häufigkeit  septischer  Erkrankungen 
beim  Neugeborenen  und  im  besonderen  über  die  Häufigkeit  von 
Nabelin fectionen  in  Anstalten  fallen  günstiger  als  bisher  aus. 
Grosz  (Jahrb.  f.  Eünderheilk.  Bd.  40)  sah  auf  der  zweiten  geburts- 
hülfliehen  Klinik  in  Budapest  einen  ganz  normalen  Heilungsprocess 
des  Nabels  freilich  nur  in  21,6*^/0,  unter  den  pathologischen  Zu- 
ständen war  feuchte  Gangrän  des  Nabelschnurstumpfes  am  häufigsten,  erkrankung 
Temperatursteigerungen  von  38®  und  mehr  kamen  aber  —  in  den 
ersten  10  Lebenstagen  —  nur  bei  6,8  */o  der  Kinder  zur  Beobachtung ; 
unter  den  betreffenden  26  Fällen  war  dabei  8mal  die  Heilung  des 
Nabels  scheinbar  normal.  An  sicherer  Sepsis  starb  nur  1  Kind.  Der 
Nabel  wurde  drei  Finger  weit  von  der  Bauch  wand  unterbunden,  nach 
dem  Bade  in  ein  sterilisirtes  Leinwandläppchen  eingehüllt  und  mit 
einer  Leinenbinde  festgehalten;  der  Verband  wurde  zweimal  täglich 
erneuert  (bei  Durchnässung  auch  öfters). 

In  der  Provinzial-Hebammenlehranstalt  in  Danzig  fieberten  von 
100  Neugeborenen,  wie  Hermes  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  17)  mit-  Hermes, 
theilt,  noch  weniger,  nämlich  nur  zwei.  Der  Nabel  wird  hierbei  ent- 
sprechend den  Vorschriften  des  Preussischen  Hebammenlehrbuches 
behandelt:  Abnabelung  vier  Querfinger  breit  vom  Nabel  mit  in 
S'j'oigem  Carbolwasser  bewahrtem  leinenen  Bändchen;  Einhüllung 
des  Nabelschnurrestes  in  Watte,  welche  mit  4"/oiger  Carbolvaseline 
bestrichen  ist;  Vermeidung  der  Infection  durch  die  Pflegende.  Die 
Mumification  wird  hierbei  verzögert,  so  dass  der  Nabelschnurrest 
später  abfallt,  als  bei  eintrocknenden  Methoden. 

Am  günstigsten  sind  aber  die  Resultate  der  Nabelbehandlung 
auf  der  Univeraitäts-Frauenklinik  in  Breslau,  indem  hier  Keilmann  Keilmann. 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  bei  400  Neugeborenen  über- 
haupt keine  Temperatursteigerungen  feststellen  konnte.  Hier  wird 
der  Stumpf  mit  desinficirtem  Leinbändchen  so  unterbunden,  dass  er 
nur  in  Länge  von  2 — 3  cm  stehen  bleibt;  nach  dem  ersten  Bade 
wird  er  sorgfaltig  getrocknet,  mit  Watte  versorgt  und  durch  Nabel- 
bind« fixirt.  Das  Wesentliche  ist  aber,  dass,  abgesehen  von  dem 
ersten  Bad,  das  Baden  der  Kinder  unterbleibt;  hierdurch  sah  Keil- 
mann in  Uebereinstimmung  mit  den  Angaben  von  Doktor  (s.  voriges 


526 


Neumann. 


Infection 

der  Nea- 

geborenen: 

Nabel- 

erkranknng, 

Keilmann, 

Schrader, 


Sdüiep. 


Sepsis, 
Finkelstein. 


Strepto- 
kokken- 
diphtherie, 
Epstein. 


Jahrb.)  nicht  nur  eine  bessere  oder  viebnehr  ideale  Nabelheilnng, 
sondern  auch,  bei  Vergleich  mit  den  gebadeten  Kindern,  einen  ge* 
ringeren  Gewichtsverlust  und  eine  schnellere  und  regebnässigere  Aus- 
gleichung desselben.  Dass  sich  die  Unterlassung  des  Bades,  ab- 
gesehen vom  ersten  Reinigungsbad,  auch  in  der  Privatpraxis  durch* 
fuhren  lässt,  erfahren  wir  aus  einem  Vortrag  von  Schrader 
(Centralbl.  f.  Gynäkol.  1894,  Nr.  46);  derselbe  schlägt  den  Nabel- 
schnurrest in  ein  trockenes  Leinwand-  oder  Mulllappchen,  der  Verband 
wird  für  gewöhnlich  nicht  gewechselt ;  die  Nabelbinde  wird  nicht  zu 
fest  angelegt  und  beim  Trockenlegen  öfters  aufgebunden,  damit  die 
trocknende  Luft  hinzutreten  kann;  wenn  nöthig,  wird  durch  Auf- 
pudem  von  Dermatol  ausgetrocknet. 

Hingegen  bezweckt  Schliep  (Therapeut.  Monatsh.,  Juni)  eine 
schnelle  Mumification  des  Nabels  dadurch,  dass  er  täglich  zweimal  den 
Nabelschnurrest  mit  2"/oiger  Höllensteinlösung  bepinselt;  hierbei 
schrumpft  die  Nabelschnur  schnell  ein,  wird  lederartig  trocken  und 
fallt  meist  am  3. — 4.  Tage  tadellos  ab. 

Infolge  der  im  Vergleich  zu  früher  grösseren  Seltenheit  von 
septischen  Zuständen  bei  Säuglingen  schreitet  die  bacteriologiache 
Dm'chforschung  dieser  Verhältnisse  nur  langsam  fort. 

Finkelstein  (Berlin,  klin.  Wochenschr.  Nr.  23)  beobachtete 
bei  einem  9  Tage  alten  Kinde  einen  innerhalb  12  Stunden  ver- 
laufenden eigenthümUchen  Process,  der  durch  Cyanose  mit  Ictems, 
Gefassspasmen  und  Gangrän  charakterisirt  war;  das  Blut  war  dunkel 
und  zäh;  im  Urin  neben  viel  Eiweiss  Hämatoidinkömchen.  Die 
Krankheit  musste  als  acute  Streptokokkensepsis  aufgefasst 
werden;  die  Mutter  starb  an  puerperaler  Sepsis. 

Bei  einem  8tägigen  S3rphilitischen  Kinde  mit  hämorrhagischer 
Diathese  wurde  ferner  ein  Kapselbacillus  gefunden,  daneben  Bacillus 
pyocyaneus  ß,  Verf.  fasst  eine  Gruppe  von  hämorrhagischen  Erkran- 
kungen zusammen,  deren  Ursache  in  KapselbaciUen  zu  suchen  ist; 
er  zögert  jedoch  mit  Recht,  in  Hinsicht  auf  andere  Befunde  die 
hämorrhagischen  Erkrankxmgen  auf  ein  einziges  Bacterium  zurück- 
zufuhren; Hämorrhagieen  können  thatsächlich  aus  verschiedenster 
Ursache  —  unter  anderem  auch  durch  den  Bacillus  pyocyaneus,  wie 
dies  das  Experiment  zur  Genüge  zeigt  —  veranlasst  werden. 

Epstein  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  39)  beschreibt  eine  Strepto- 
kokkendiphtherie bei  einem  3  Wochen  alten  Kinde,  von  der  er 
annimmt,  dass  sie  eine  secundäre  Localisation  einer  allgemeinen  Sep- 
tikämie  sei;  er  glaubt,  dass  die  bestehende  Gastroenteritis  Veran- 
lassung ti\r  die  Streptokokken  war,  vom  Darmtract  aus  einzudringen. 


Einderkrankheiten.  527 

II.  Allgemeine  eonstltntlonelle  Krankhelteii« 

1.  Rachitis. 

Hagenbach-Burckhardt  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  21)  Aetioiogie 
versucht,  ohne  neue  Thatsachen  beizubringen,  die  Hypothese  zu  ^®f  . 
vertheidigen ,  dass  es  sich  bei  der  Bachitis  wahrscheinlich  um  Hagenbach- 
eine  chronische  Infectionskrankheit  handle.  Er  erinnert  anParrot,  ßurckhardt. 
der  die  Krankheit  mit  der  Syphilis,  an  Oppenheim  er,  der  sie 
mit  der  Malaria  in  Zusammenhang  brachte,  femer  an  Kassowitz, 
der  von  einem  im  Blute  circidirenden  Reiz  spricht,  sowie  an  Vol- 
land,  der  bereits  die  Existenz  specifischer  Mikroben  als  wahrschein- 
lich hinstellt.  Als  Beweis  für  die  Infectionstheorie  gelten  Hagen- 
bach-Burckhardt  die  bekannten  Thatsachen,  dass  die  Bachitis 
hauptsächlich  infolge  verdorbener  Luft  entsteht,  dass  sie  im  Winter 
daher  häufiger  ist,  dass  sie  mit  der  Erhebung  über  der  Meeres- 
fläche allmählich  abnimmt,  Erscheinungen,  die  sich  mit  der  An- 
nahme eines  InfectionsstofPes  sehr  gut  erklären  lassen.  Mit  Bezug 
auf  die  geographische  Verbreitung  erinnert  er  an  die  auch  sonst 
viel  Analoges  darbietende  Tuberculose.  Die  vornehmliche  Locali- 
sation  am  Knochensystem  würde  die  Bachitis  mit  den  anderen  chro- 
nischen Infectionskrankheiten  des  Kindesalters,  mit  der  Syphilis  und 
Tuberculose,  gemein  haben.  Als  Beweis  könne  endlich  gelten  das 
Vorkommen  einer  acuten,  mit  Fieber  einhergehenden  Bachitis,  sowie 
die  Häufigkeit  des  Milztumors.  Der  Einwand,  dass  man  Thiere 
einfach  durch  Entziehung  von  Kalk  in  der  Nahrung  rachitisch 
machen  könne,  sei  deshalb  nicht  stichhaltig,  weil  die  Knochen- 
veränderungen noch  nicht  das  gesanmite  klinische  Bild  der  Krank- 
heit ausmachen;  xmd  was  die  fötale  Bachitis  anlangt,  so  sei  ihre 
Identität  mit  der  später  entstehenden  nicht  erwiesen.  Die  bisher 
angenommenen  ätiologischen  Factoren  würden  nach  dieser  Theorie 
nnr  prädisponirende  Momente  für  das  Zustandekommen  der  Infection 
darstellen. 

Die   vorjährige  Angabe  Büdel's,    dass   bei   der  Bachitis  eine    Kalk  st  off- 
Störung  der  Kalkresorption  vom  Darmkanale  aus  nicht  be-  Wechsel  bei 
stehe,  dass  mithin  eine  verminderte  Kalkresorption  nicht  die  Ursache         R^y 
der  Krankheit  sein  könne,  bestätigt  B  e  y  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  35)  durch  erneute  Stoffwechselversuche.     Er  fand  femer,   dass 
die  Darreichung  von  Phosphor-Leberthran  (0,01 :  100,0,  3mal  täglich 
1  Theelöffel)  den  Kalkgehalt  des  Urins  bei  Bachitis  erheblich  steigert 
und  denmach  die  Kalkresorption  vom  Darmkanal  aus  zu  begünstigen 


528  Neumann. 

scheint.     Gereinigter  Leberthran  an  sich  zeigte   diese  Wirkung   in 
viel  geringerem  Maasse,  Phosphor  allein  that  es  fast  gar  nicht. 
Häufigkeit  In  Biga  leiden,  wie  Mey  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  28) 

„     ,f^.       berichtet,    70 — 90%    aller  Kinder  an  Kachitis,   was  wohl   mit  den 

Rachitis,  '  .  is  ^  't        ■»• 

Mey.         schlechten  Wohnungsverhältnissen  und  der  rauhen  Lun;,  welche  die 

Kinder  viele  Monate   hindurch  an   das  Zimmer  fesselt,   zusanmien- 

hängt. 

Tetanie  bei  Tetanie  fand  Szegö  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40)  nur  bei 

Rachitis,     g^jj^eren  Rachitikem.     Unter  205  FäUen  von  florider  RAchitis  traf 

Szego. 

er  das  Facialisphänomen  104mal,   das  Trousseau'sche  20mal  und 

46mal   alle  beide  an.     In   106   der  Fälle  war  Laryngospasmus   mit 

oder  ohne  Eklampsie  vorhanden;  imter  diesen  gelang  es  83mal  das 
Spontan-  ,     ,  ^  '  '^      ^ 

heiUng      Facialisphänomen,    18mal  das  Trousse aussehe,    25mal  beide  aus- 

rachitischer  zulösen. 
V  ^  r  k  r  ft  Ol« 

mangen  ^^®  Frage  über  die  Spontanheilung  rachitischer  Ver- 

Indicationenkrümmungen  haben  Veit  (Arch.  f.  kUn.  Chir.  Bd.  50)  und  Kamps 
für  osteo-    (Bruns,  Beiträge  zur  klin.  Chir.  Bd.  14)  zu  lösen  gesucht.   Vergl.  Ab- 
Veit, '       schnitt  „Chirurgie",  S.  354. 


Kamps. 


2.  Barlow'sche  Krankheit. 


Bei  dem  steigenden  Interesse  fiir  diesen  noch  räthselhaften 
KrankheitsbegrifP  geben  wir  eine  Schilderung  desselben,  wie  sie 
Barlow'sche  Barlow  selbst  (übersetzt  von  Ludwig  Elkind,  Centralbl.  f. 
^Barlow**  '  ^^^*  M^edicin  Nr.  21  u.  22)  neuerdings  entwirft.  Die  Krankheit 
kann  nach  zurückgelegtem  4.  Lebensmonat  zu  jeder  Periode  des 
Kindesalters  einsetzen,  beginnt  jedoch  am  häufigsten  zwischen  dem 
9.  und  18.  Monat.  Bei  dem  etwas  blassen  Kind  zeigt  sich  auf  ein- 
mal ohne  nachweisbare  Ursache  eine  heftige  Unruhe,  welche  jedoch 
das  Eigenthümliche  hat,  nur  bei  Bewegung  zu  entstehen;  sie  ist 
diurch  einen  Schmerz  in  den  unteren  Extremitäten  veranlasst,  welche 
zunächst  auf  der  einen,  dann  auch  auf  der  anderen  Seite  eine  nicht 
scharf  begrenzte  Schwellung  wahrnehmen  lassen;  sie  werden  zu- 
nächst nach  oben  gezogen  gehalten,  während  sie  später  nach  aussen 
gedreht  imd  unbeweglich,  wie  in  einem  Zustand  von  Pseudoparalyse 
liegen.  Auch  stellt  sich  jetzt  eine  grosse  Schwäche  der  Wirbelsäule 
ein.  Weiterhin  entsteht  an  einer  Scapula  oder  auch  an  beiden  eine 
leichte  Schwellung,  und  es  können  femer  auch  die  oberen  Extremi- 
täten, wenn  auch  in  geringerem  Grade  als  die  unteren  erkranken. 
Die  Gelenke  bleiben  dauernd  frei,  hingegen  können  in  schweren 
Fällen  Spontanfracturen  in  den  Epiphysenlinien  entstehen,  und  zwar 


Kinderkrankheiten.  529 

am  häufigsten  in  den  oberen  und  unteren  Epiphysen  des  Femur, 
sowie  in  der  oberen  Epiphyse  der  Tibia,  seltener  am  oberen  Ende 
des  Humerus ;  Fractoren  am  Femur  in  einiger  Entfernung  von  der 
Epiphyse  bilden  eine  Ausnahme.  In  dieser  Periode  kann  der  Thorax 
eine  auffallende  Veränderung  in  der  Art  erleiden,  dass  das  Stemum, 
die  angrenzenden  Knorpel  und  die  entsprechenden  Bippenenden  nach 
hinten  eingesunken  erscheinen,  ,,gleichsam  als  ob  sie  von  vom  her 
durch  einen  Stoss  zerbrochen  und  nach  hinten  getrieben  wären". 
Gelegentlich  lässt  sich  auch  an  den  Schädel-  und  Gesichtsknochen 
eine  Verdickung  finden.  Ziendich  plötzlich  kann  eine  Vortreibung 
des  einen  und  am  nächsten  oder  zweiten  Tag  auch  des  anderen 
Bulbus  auftreten,  mit  einer  ödematösen  und  etwas  sanguinolenten 
Schwellung  des  Oberlides ;  die  Conjunctiva  zeigt  kleine  Ekchymosen 
oder  bleibt  ganz  normal.'  —  Während  des  Krankheitsverlaufes  ent- 
wickelt sich  eine  hochgradige  Anämie ;  schliesslich  ist  die  Hautfarbe 
erdfahl  oder  gelb,  und  es  entstehen  Sugillationen.  Die  Abmagerung  ist 
nicht  charakteristisch,  hingegen  die  allgemeine  Schwäche,  durch 
Muskelschwund  bedingt,  sehr  beträchtlich.  Die  Temperatur  ist  nur 
vorübergehend,  während  die  Knochen  befallen  werden,  erhöht.  Die 
Betheiligung  des  Zahnfleisches  hängt  von  der  Zahl  der  vorhandenen 
Zähne  ab;  es  kann  die  Nahrungsaufnahme  durch  die  MundafPection 
erschwert  werden ;  gelegentlich  finden  auch  Blutungen  aus  der  Nase 
statt.  Appetit  und  Verdauung  bleibt  meist  gut.  Bei  vorgeschrittener 
Kachexie  können  zufallige  CompUcationen  zum  Tode  fähren,  oder  die 
Krankheit  nimmt  einen  chronischen,  recidivirenden  Verlauf ;  im  all- 
gemeinen dauert  sie  —  unbehandelt  —  2 — 4  Monate.  Langsam  nimmt 
Schwellung  und  Spannung  an  den  Knochen  ab,  und  es  fallen  der  Muskel- 
schwund und  die  neugebildeten  Schwarten  sehr  ins  Auge,  die  erst 
nach  Monaten  resorbirt  werden.  Die  Fracturen  in  den  Epiphysen 
heilen  ohne  wesentliche  Deformität,  diejenigen  in  der  Diaphyse  unter 
üppiger  Callusbildung ;  gleichzeitig  bessert  sich  die  Beweglichkeit 
und  der  übrige  Symptomencomplex.  Der  Urin  enthält  oft  Spuren  von 
Eiweiss  und  Blut  sowie  grobe  harnsaure  Concremente.  Milz  ist  nur 
selten  vergrössert.  Herz  imd  Lungen  zeigen  klinisch  nichts  Besonderes. 
TTeber  den  pathologisch  -  anatomischen  Befund  gehen  wir  hier  kurz 
hinweg :  er  zeigt  bekanntlich  eine  hochgradige  Osteoporose  und  Blu- 
tungen. Bei  der  Differentialdiagnose  verwirft  Bar  low  einen 
engeren  Zusammenhang  mit  der  Rachitis  und  anderen  Krankheiten 
und  bekräftigt  seine  Ansicht,  dass  es  sich  um  infantilen  Scorbut 
handle;  gerade  bei  diesem  sind  auch  die  beschriebenen  Knochen- 
läsionen (einschliesslich  der  Fractur)  und  die  subperiostalen  Blu- 
Jahrbnch  der  practischen  Medicin.    1896.  34 


530  Neumann. 

Bari ow'8 che  tiingen   schon   früher   beobachtet  worden.     Auch   die  Aetiologie 
Krankheit,  gp^icht  für  Scorbut:  keines  der  erkrankten  Kinder  erhielt  die  Brust, 

Barlow,  '^  ,  ' 

vielmehr  wurden  alle  künstlich  ernährt  (condensirte  Milch,  Mehl- 
präparate etc.);  es  sind  besonders  die  Eänder  aus  besseren  Ständen 
heimgesucht,  weil  die  Kinder  der  Aermeren  schon  ziemlich  früh 
neben  der  Milch  von  der  Kost  der  Erwachsenen  (im  besonderen 
Kartoffeln)  erhalten.  Als  antiscorbutische  Diät  schlägt  Barlow 
vor:  frische  Milch,  mit  Milch  zubereitetes  Kartoffelpüree,  täglich 
1  Esslöffel  Fleischsaft,  oder  1  Esslöffel  Orangen-  oder  Traubensaft, 
mit  Wasser  verdünnt.  Der  Erfolg  zeigt  sich  nach  2 — 3  Tagen  und  ist 
überraschend.  Wird  die  Diät  hingegen  nicht  geändert,  so  sind  alle 
übrigen  Mittel  ohne  Wirkung.  Gelegentlich  zeigt  sich,  in  Ueber- 
einstiramung  mit  der  Erfahrung  bei  Erwachsenen,  dass  die  Kinder 
die-  antiscorbutische  Diät  auf  die  Dauer  nicht  vertragen.  Zuweilen 
tritt  die  Orbitalhämorrhagie  als  einziges  oder  wesentliches  Symptom 
des  infantilen  Scorbuts  auf,  das  Gleiche  ist  mit  der  Hämaturie 
der  FaU. 

Hischsprunp,  Im  Gegensatz  zu  Barlow  meint  Hirschsprung  (Jahrb.  für 

Kinderheilk.  Bd.  41),  dass  sich  hinter  der  Möller'schen  oder  Bar- 
1 0  w'schen  Krankheit  als  constitutionelles  Leiden  die  Rachitis  ver- 
stecke, und  zwar  in  der  Weise,  dass  sich  in  den  chronischen  Verlauf 
derselben  eine  acute  Form  interponire.  Die  FäUe,  auf  welche  sich 
Hirschsprung  stützt,  haben  allerdings  manche  Eigenthümlich- 
keiten,  die  seine  Meinung  stützen,  während  andererseits  die  hämor- 
rhagische Diathese  bei  ihnen  ganz  fehlt  (ausser  einem  Fall,  wo  sie 
terminal  auftrat)  und  ebenso  die  Mundaffection  nicht  oder  nur  in 
geringer  Intensität  zur  Beobachtung  kam.  Wo  die  Mundaffection 
bei  der  Barlo waschen  Krankheit  auftritt,  möchte  sie  Hirsch- 
sprung zu  einer  stärkeren  rachitischen  Erkrankung  des  Kiefer- 
knochens in  Beziehung  setzen.  —  Der  Anschauung  von  Hirschsprung 
Fürst,  kommt  die  von  Fürst  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18)  nahe;  dieser 
hält  dafür,  dass  die  Annahme  eines  infantilen  „Scorbuts"  eine  durch- 
aus willkürliche  sei  und  dass  ein  solcher  nicht  einmal  in  Epi-  und 
Endemieen  von  Scorbut  beobachtet  sei ;  was  die  B  a  c  h  i  t  i  s  betreffe, 
.so  bekämen  zwar  rachitische  Kinder  nur  höchst  selten  Barlo wasche 
Krankheit,  aber  fast  alle  Fälle  von  Barlow'scher  Krankheit  litten 
an  leichter  oder  mittelschwerer  Rachitis;  er  ist  geneigt,  die  Bar- 
1 0  w'sche  Krankheit  für  eine  hämorrhagische  Form  der  Bachitis  an- 
zusehen. 

Der   Barlow'sehen   Schilderung   entspricht  mehr    als    diejenige   von 

F\ eu.leiib«  1  ff.    HirHchsprung  ein  von  A.  F r e u d e n b e r g  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  19) 


Kinderkrankheiten.  531 

beobachteter  Fall;  bemerkenswerth  ist  hier,  dass  während  nur  die  rechte 
untere  Extremität  eine  starke  Schwellung  erfuhr,  eine  lähmungsartige 
Schwäche  auch  im  anderen  Bein  und  vorübergehend  auch  in  den  oberen 
Extremitäten  eintrat.  Ein  eclatanter  Erfolg  wurde  in  diesem  Fall  durch 
die  Darreichung  frischer  Bierhefe  (zuerst  5mal  täglich  1  Messerspitze,  später 
Ümal  täglich  1  Theelöffel)  erzielt;  das  blutende  Zahnfleisch  wurde  mit 
frischem  Citronensaft  bepinselt. 

III.  Chronische  InfectlonskrAiikhelten. 

1.  Tuberculose. 

H.  Kossei  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Bd.  21)  kommt  Tuberculose 
bezüglich  der  Tuberculose  im  frühen  Kindesalter  zu  dem  i™  fJ^^hen 
Schluss,  dass  sie  mit  seltenen  Ausnahmen  durch  Infection  seitens  der  h.  Kossei 
Umgebung  entsteht.  Die  bacteriologische  Diagnostik  betreffend ,  so 
Hess  sich  nur  selten  das  Sputum  im  Rachen  an  einem  Wattebausch 
auffangen ;  hingegen  Hessen  sich  in  mehreren  Fällen  die  verschluckten 
Tuberkelbacillen  in  den  Fäces  nachweisen ,  einige  Male  fanden  sich 
die  Bacillen  in  dem  Eiter  einer  tuberculösen  Otitis,  bezw.  in  dem 
Secret  einer  tuberculösen  Pharynxerkrankung.  Probeinjectionen  mit 
Tuberculin  wurden  in  folgender  Weise  vorgenommen:  bei  Säuglingen 
wurde  mit  0,2  mg,  sonst  mit  1  mg  begonnen  und,  wenn  keine  Beac- 
tion  eintrat,  später  5  mg  und  weiterhin  10  mg  injicirt;  erfolgte  Fieber- 
reaction  (es  wurden  nur  fieberlose  Kranke  injicirt),  so  wurde,  um 
sicher  zu  gehen ,  die  gleiche  Dosis  nach  der  Entfieberung  noch  ein- 
mal wiederholt.  Von  63  Kindern  im  Alter  von  1 — 10  Jahren  re- 
agirten  auf  die  Injection  mit  Tuberculin  28;  nur  bei  4  von  ihnen 
liess  sich  klinisch  Tuberculose  feststellen ,  so  dass  K  o  s  s  e  1  40  "/.» 
latente  Tuberculose  annimmt.  Eine  wirksame  Prophylaxe  kann  man 
erst  erwarten,  wenn  sich  bei  Laien  und  Aerzten  die  Ueberzeugung 
von  der  Uebertragung  durch  Ansteckung  Bahn  gebrochen  hat.  Diese 
Ueberzeugung  wird  auch  kaum  durch  die  Versuche  von  Bar  und  Bar  u.  R6noii. 
Renon  (Rev.  mens,  de  mal.  de  Tenf.,  Novembre)  zu  erschüttern 
sein;  diese  stellten  mit  freilich  nicht  ganz  einwandsfreier  Methodik 
fest,  dass  ausnahmsweise  von  Müttern  mit  schwerer  Tuberculose 
Bacillen  auf  den  Fötus  übergehen;  sie  verimpften  Blut  der 
Vena  umbilicalis  (vom  Placentarende  entnommen)  in  5  Fällen  und 
erzielten  2mal  Tuberculose  der  Versuchsthiere. 

Zapper t  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40)  theilt  eine  Reihe  von  Lähmuiu^eu 
Fällen   mit,   in   denen   als   erstes   Symptom  oder  im   Verlauf  einer         ^^^i 
tuberculösen  Meningitis  Halbseitenlähmungen  auftraten;  >ienineitis 
es  Hessen  sich  bei  der  Section  Erkrankungsheerde  an  der  Convexität,       Zappert 


532 


Neumann. 


oder  in  der  Kapselregion,  oder  an  der  Basis  einer  Hemisphäre  nach* 

weisen. 
TuberculöBe  In  Frankreich  war  die  Injection   von  Naphtolum  camphoratum 

PeritonitiB,     ^^j^  Function  bei  tuberculöser  Peritonitis  empfohlen;    nach 

Netter. 

einem  Todesfall,  über  den  Netter  (Bull,  et  M^m.  de  la  Soc.  med. 
des  Höpit.  de  Paris)  berichtet,  wird  man  hiervon  Abstand  nehmen. 


Syphili- 
tische 

Oculomo- 
torius- 

lähmang, 
Zappert. 


Syphili- 
tische sym- 
metrische 
Oangrän, 
Krisowski. 


Syphili- 
tische 
Periostitis, 
Trousseaa. 


2.  Syphilis. 

Zappert  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  19)  sah  bei  einem  5jährigen 
Mädchen,  das  in  seinem  ersten  Jahre  hereditäre  Lues  gehabt  hatte, 
eine  Lähmung  des  linken  Oculomotorius;  dieselbe  hatte  sich  plötzlich 
eingestellt,  nachdem  es  vor  8  Tagen  mit  Erbrechen,  Kopfschmerz 
und  Misslaunigkeit  erkrankt  war.  Die  Lähmung,  welche  das  Auge 
im  äusseren  Augenwinkel  einstellte,  Beactionslosigkeit  der  Pupille 
auf  Licht  und  Accommodation ,  sowie  Ptosis  zur  Folge  hatte,  ver- 
schwand unter  antisyphüitischer  Behandlung  im  Verlauf  von  3  Monaten. 

Krisowski  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40)  beobachtete  bei 
einem  ca.  2jährigen  Knaben  symmetrische  Gangrän,  welche,  wie 
die  Heilung  unter  einer  Liunctions-  und  Jodkalium  cur  bewies,  mit 
Becht  auf  hereditäre  Syphilis  zurückgeführt  wurde. 

Wegen  seiner  diagnostischen  Wichtigkeit  tragen  wir  noch  eine 
Beobachtung  Trousseau's  aus  dem  Jahre  1894  nach  (Refer.  in 
Bev.  mens,  des  maladies  de  l'enf.,  Juillet).  2  \/2 jähriges  Kind,  welches 
seit  14  Tagen  traurig  und  abgeschlagen  war,  Nachts  aufschrie,  die 
Hände  zum  Kopf  führte,  bekam  Krämpfe,  nach  denen  tiefes  Coma 
eintrat.  Auffällig  war  hierbei,  dass  das  rechte  Auge  starken  Ex- 
ophthalmus mit  Böthung  imd  Schwellung  der  Conjunctiven  zeigte. 
Da  der  Vater  syphilitisch  war,  wurde,  obgleich  Mutter  und  Kind 
anscheinend  nicht  inficirt  waren,  die  Diagnose  auf  eine  syphilitische 
Periostitis  der  Orbita  gestellt  und  in  der  That  in  wenigen  Tagen 
durch  specifische  Cm*  Heilung  erzielt. 


IT.  Acute  Infectlonskrankheiten. 

Allgemeines. 

Ehrlich  hatte  im  Thierexperiment  gezeigt,   dass  von  iiumunisirten 

Müttern  die  immunisirenden  Stoffe  nur  in  geringem  Grade  durch  Vererbung, 

Säugungs-    in  höherem  Grade  durch  Säugung  auf  das  Kind  übergehen.  H.  Neu  mann 

immnnität,   (Deutsche  med.  Wochenschr.)  untersuchte,   wie   weit   auch  beim  Menschen 

eine  Säugungsinmiunität  fOr  die  im  Säuglingsalter  häufigsten  Infectionskrank- 

heiten  zu  beobachten  ist.    Während  die  Brustkinder  dm-chmaeerter  Mütter 


Keamann. 


Kinderkrankheiten. 


533 


ebenso  leicht  an  Masern  erki*anken,  wie  diejenigen  nicht  durchmaserter 
Mütter,  besteht  für  den  Keuchhusten  allerdings  eine  gewisse  Säugungs- 
immunität,  so  dass  die  Brustkinder  von  Müttern,  welche  den  Keuchhusten 
hatten,  weniger  leicht  an  ihm  erkranken,  als  wenn  die  Mütter  ihn  nicht 
durchgemacht  haben. 

1.  Diphtherie. 

Grössere  epidemiologische  Studien  über  Diphtherie  ver- 
danken wir  Nil  Filatow  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  39),  der  eine 
an  interessanten  Details  reiche  Schilderung  von  der  Ausbreitung  der 
Krankheit  im  Süden  Busslands  entwirft,  und  Spengler  (Jahrb.  f. 
Kinderheilk.  Bd.  40),  welcher  sich  eingehend  mit  der  Diphtherie- 
bewegung im  Königreich  Sachsen  beschäftigt.  Aus  der  Zusammen- 
stellung Hecker's  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  18)  über  die 
Diphtheriesterblichkeit  in  den  grösseren  Städten  Deutschlands  wäh- 
rend der  Jahre  1883 — 93  erfahren  wir,  dass  die  Diphtheriemortalität 
daselbst  im  Abnehmen  begriffen  ist. 

Einen  Einblick  in  die  Art,  wie  Diphtherieepidemieen  unterhalten  und 
verbreitet  werden,  gewähren  die  Beobachtungen  von  A  a  s  e  r  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  22).  Erwähnt  sei  Folgendes :  Gelegentlich  einer  Diphtherie- 
epidemie in  einer  Kaserne  nahm  er,  da  trotz  sorgfältigster  Infection  die 
Epidemie  nicht  erlosch,  Massenuntersuchungen  des  Halsschleims  der  ge- 
sunden Insassen  vor.  Er  fand  dabei  unter  89  Personen  bei  17,  d.  h.  19°/o  der 
Gesunden  virulente  Diphtheriebacillen.  Nach  Isolirung  dieser  17  Fälle  kam 
keine  Neuerkrankung  mehr  vor.  Von  den  17  bekam  1  schon  am  nächsten 
Tage  eine  schwere  Diphtherie .  2  andere  bekamen  Angina  lacunaris ,  die 
übrigen  blieben  gesund,  zeigten  aber  während  der  Zeit,  in  der  sie  Bacillen 
im  Halse  hatten,  eine  starke  Röthung  der  Schleimhaut  des  Halses. 

Seine  bereits  im  vorigen  Jahre  erhobenen  Bedenken  gegen  die 
mrsächliche  EoUe  des  Löffler'schen  Bacillus  macht  Hansemann 
(Virch.  Arch.  Bd.  139)  von  neuem  geltend.  Er  stützt  sich  dabei  im 
wesentlichen  auf  folgende  drei  Thatsachen:  1.  auf  die  mangelnde 
Constanz  des  Vorkommens  der  Stäbchen  bei  der  Diphtherie;  2.  auf 
das  Auftreten  derselben  bei  anderen  Gelegenheiten ;  3.  auf  den  eigen- 
thümHchen  Ausfall  der  Thierversuche.  In  geschickter  W^eise  wider- 
legt C.  Fraenkel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  diese  Ein- 
wände, indem  er  den  ersten  Punkt  mit  der  Mangelhaftigkeit  unserer 
üntersuchungsmethoden  und  den  zweiten  mit  den  verschiedenen 
Virulenzgraden  der  Bacillen  (ihr  Vorkommen  bei  Ehinitis  fibrinosa) 
oder  der  verschiedenen  Disposition  der  Menschen  (Vorkommen  bei 
Gesunden)  erklärt.  Dass  die  Diphtherie  spontan  bei  Thieren  nicht 
auftritt,  sei  die  Folge  des  Mangels  der  Infectionsbedingungen ;  im 
übrigen   aber  biete  die   experimentell  erzeugte  Diphtherie  in  vielen 


Epidemio- 
logie der 
Diphtherie, 
Nfl  Filatow, 
Spengler, 


Hecker, 


Aaser. 


Aetiologie 

der 

Diphtherie, 

Hansemann, 


C.  Fraenkel. 


584  Neiimann. 

Stücken  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  der  des  Menschen  dar.  —  Eine 

bedeutsame  Stütze  für  die  Anschauung,  dass  in  der  That  die  echt« 

Bretonneau'sche  Diphtherie  nur  durch  den  Löf Herrschen  Bacillus 

Aetiologie   hervorgerufen  werde,  bilden  die  Angaben  KosseTs  (Charite-Annalen, 

,    ^®^    .      20.  Jahrg.)  aus  dem  Koch'schen  Institut.     Hier   gelang  unter   den 
Diphtherie,  -i  n.  i        -i-v.   i    i       •  r»  tt'    i  •      r*^«  -r^  n 

H.  Kossei.     wegen  angebucher  Diphtherie  aufgenommenen  ümdem  m  243  Fällen 

der  Bacillennachweis ,  und  22mal ,  also  in  nur  8  **/o ,  fiel  die  wieder- 
holte Untersuchung  der  Krankheitsproducte  negativ  aus.   In  21  Fällen 
der  letzteren  Gruppe  wurden   aus   den  Belägen  Streptokokken   ge- 
Pseudo-      züchtet,    die    wohl    als    die    Erreger   dieser   Pseudodiphtherieen    zu 
diphtherie.   gelten   haben.     Dass   beide  Gruppen   in   der   That   ätiologisch    ver- 
schieden waren,  geht  auch  aus  Folgendem  hervor :  Von  den  243  posi- 
tiven Fällen  endeten  51  ^=^  21 ''/o  tödtlich:  von  den  22  Kindern  starb 
keines.     Betheiligung  des  Larynx  kam  bei  letzteren  zwar  4mal  vor, 
die  Erscheinungen  bildeten  sich  aber  hier  immer  von  selbst  zurück. 
Nie  wurden  Lähmungserscheinungen  oder  Nephritis  beobachtet.    Da- 
gegen kam  es  mehrmals  zur  Complication  mit  Bronchialkatarrh  oder 
sogar  Bronchopneumonie. 
Patho-  Katzenstein  (Münch.  med.  Abhandl.,  München  1895)  beschreibt 

logische     (jJQ  secundären  Veränderungen  in  den  Organen  an  9  Fällen  von 
der  primärer  E-achendiphtherie    und    1    Fall   von   Croup.     Am  Herzen 

Diphtherie,  fand  sich  fettige  Degeneration  oder  trübe  Schwellung  der  Musculatur, 
Katzenst^'in.  Wucherung  der  GefässendotheHen ,  sowie  starke  Verdickung  und 
structuiiose  Beschaffenheit  der  Gefässwände.  Letzterer  Veränderung 
schreibt  Katzenstein  eine  gewisse  Bedeutung  für  das  Zustande- 
kommen des  Herztodes  bei  Diphtherie  zu.  Interstitielle  Wucherungen 
traf  er  3mal  an.  Die  Befunde  an  der  Lunge,  Leber,  Milz,  Nieren 
gewähren  kein  besonderes  Interesse,  da  sie  im  allgemeinen  von  den 
üblichen  Angaben  nicht  abweichen.  Direct  schädliche  Wirkungen 
von  Heilseruminjectionen ,  die  in  mehreren  der  Fälle  angewandt 
waren,  konnten  nicht  constatirt  werden.  Nur  das  in  2  Fällen  be- 
obachtete, sonst  sehr  seltene  Auftreten  von  nekrotisirender  Pneu- 
monie ist  Katzenstein  geuoigt,  in  einen  gewissen  Zusammenhang 
mit  der  Serumtherapie  zu  bringen. 

Bei    der   anatomischen    Untersuchung    zweier   Fälle   von   post- 
Püstdlph-     (liphth er i tischen  Lähmungen  fand  Preisz  ( Deutsche Zeitschr. 
iherltisoho   j-  Kervonheilk.  Bd.  6)  degenerative  Processe  in  den  peripheren  Nerven 
Preisz         "'^^^  ^'*  ^^^^  Ganglienzellen  im  Vorderhom  des  Rückenmarks.   Ausser- 
dem waren   die   vorderen    und  hinteren  Wurzeln  erkrankt,    und   die 
(^oU'schen  Stränge   zeigten    aufsteigende  Degeneration.     Im  Gegen - 
Hasche.       satz   hierzu   stoUte  Hasiln»    Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  die 


Kinderkrankheiten.  535 

anatomische  Untersuchung  in   einem  Falle  von  ausgedehnter   post- 
diphtheritischer  Lähmung  merkwürdigenveise  mit  absolut  negativem 

Eesultate  an. 

Es  handelte  sich  um  einen  9jähngen  Knaben,  welcher  nach  Diphtherie 
Gaumensegel-  und  Stimmbandparese  sowie  arhythmische  Herzaction  bekam ; 
dazu  gesellte  sich  eine  Lähmung  verschiedener  Augenmuskeln  und  eine 
motorische  Schwäche  und  Ataxie  der  Kxtremitäteumusculatur.  Die  genaue 
mikroskopische  Untersuchung  des  Rückenmarks,  der  Medulla  oblongata, 
zahlreicher  peripherer  Nei-ven  (Vagus,  Recurrens,  Oculomotorius ,  Ischia- 
dicus  etc.)  und  Muskeln  ergab  normale  Verhältnisse,  resp.  Verändeiningen  so 
geringfügiger  Natur,  dass  sie  noch  als  in  der  Breite  des  Normalen  liegend 
anzusehen  waren. 

Einen  Beitrag  zur  Pathogenese  des  Herztodes  bei  Diph- 
therie liefert  die  Arbeit  von  Beck  imd  Stapa  (Wien.  klin.  Wochen- Pathogenese 
Schrift   Kr.  18).     Durch   hämodynamische  Thierversuche  wiesen   die    dßhtheri- 
Autoren  nach,   dass   unmittelbar  nach  intravenöser  oder  subcutaner        sehen 
Einführung   des  Diphtheriegiftes   in  den  Organismus  Störungen  der   Herztodes, 
Blutcirculation   nicht   auftreten;    Blutdruckhöhe    und   Frequenz    der 
Herzschläge  bleiben  zimächst  normal.    Erst  später  stellten  sich,  und 
zwar  plötzlich,  analog  den  Erscheinungen  beim  Menschen,  frühestens 
^'i  Stunde  vor  dem  Tode,  rasche  Herabsetzung  des  Blutdrucks  und 
Verlangsamung  und  Unregelmässigkeit   des  Pulses  ein.     Die  Circu- 
lationsstörungen  sind,  wie  weiter  nachgewiesen  werden  konnte,  nicht 
die  Folge  einer  Lähmimg  des  Athmungs-  oder  vasomotorischen  Cen- 
trums,   sondern  beruhen   auf  einer  plötzlichen  Herzlähmung.     Diese 
kommt    ihrerseits  wohl  zu  Stande   infolge  von  Ernährungsstörungen 
in  den  den  Herzmuskel  innervirenden  Herzcentren. 

Das  Problem  der  persönlichen  Disposition,  resp.  der  natürlichen 
Immunität  gegenüber  der  Diphtherie  hat  eine  mehrfaciie  Bearbeitung 
erfahren.   Zunächst  berichtet  Wassermann  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  19)   Immunität 
ausfuhrlicher  über  die   von  ihm   aufgefundene   und  bereits   im  vor-    gege'^uber 

1        1  1       T»i  ^      T^r  ^  Diphtherie, 

jähngen  Bericht  erwähnte  Thatsache,  dass  das  Blut  gesunder  Menschen  Wassermann, 
nicht  selten  diphtheriegiftzerstörende  Eigenschaften  besitzt.   Eine  Be- 
stätigung  erfährt   dieser  Befund   durch  Orlowski   (Deutsche  med.      Orlowski, 
Wochenschr.    Nr.  25),    welcher   gleichfalls    festzustellen   vermochte, 
dass  bei  einer  nicht  geringen  Zahl  von  Kindern,   welche   angeblich 
niemals  an  Diphtherie  gelitten  haben,  das  Blutserum  eine  das  Diph- 
theriegift abschwächende  und  selbst  neutralisirende  Wirkimg  besitzt. 
Und  zu  einem  analogen  Ergebnisse  gelangten  auch  Rudolf  Eis chl  Rudolf  Fischlu. 
und  v.  Wunschheim   (Jahrb.   f.   Kinderheilk.   Bd.  41)   bei  Unter- ^^^^»'^^*^«*'° 


536  Neumaiin. 

Immunität  suchung  der  Frage,  worauf  die  geringe  Disposition  Neugeborener^ 
D  ^Wh"^^"^   an  Diphtherie   zu   erkranken,   beruhe.     Zu   ihren  Experimenten  be- 

R.  FiBchlu/  nutzten  sie  das  Blut,  das  beim  Abnabebi  aus  dem  placentaren  An- 
V.  Wunschheim,  theil  der  durchschnittenen  Nabelschnur  hervorspritzt.  Es  zeigte 
sich,  dass  das  Blutseinim  der  Neugeborenen  auf  Diphtheriebacillen 
nicht  in  nennenswerthem  Maasse  bactencid  wirkt,  dass  es  dagegen 
bei  räumlich  getrennter  Injection  im  Stande  ist,  Meerschweinchen 
vor  der  Infection  mit  der  mehrfach  tödtlichen  Dosis  vollvirulenter 
Diphtheriecultur  zu  schützen.  Auch  bei  Injection  von  Diphtherie- 
gift gelang  es,  die  Thiere  sehr  oft  vor  der  Intoxication  zu  schützen, 
wenn  die  Dosis  des  Serums  hoch  genug  gewählt  war.  Damit  war 
der  Nachweis  eines  Schutzkörpers  im  Blute  der  Neugeborenen  er- 
bracht, dessen  antitoxische  Eigenschaften  noch  durch  eine  Reihe 
von  Mischversuchen  nach  der  Ehrlich'schen  Methode  sicher  gestellt 
wurden.  Unter  82  untersuchten  Fällen  fand  sich  der  Schutzkörper 
in  68  oder  83°fo,  während  nur  14  oder  17**/o  ihn  nicht  enthielten, 
was  mit  den  von  Wassermann  für  die  Erwachsenen  gefundenen 
Zahlen  fast  vollkommen  übereinstimmt.  Das  Vorhandensein  des 
Schutzkörpers  im  Blut  ist  mithin  als  eine  angeborene  Eigenschaft 
anzusehen.  Die  Frage  nach  seiner  Herkunft  und  seiner  Specifität 
lassen  die  Autoren  oifen. 

Diagnose  Fe  er   (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  21)   bespricht 

•  h^h  '  öi'^gß^®^*^  <ii6  Schwierigkeiten,  welche  es  unter  Umständen  macht, 
Feej  '  lediglich  aus  dem  localen  Befunde  die  echte  Diphtherie  mit  Löffler- 
schen  Stäbchen  von  venvandten  AfiPectionen  zu  unterscheiden.  Die 
lacunäre  Angina  ist  meistens  nicht  baciUär;  trotzdem  fand  Feer 
früher  unter  1 1  Fällen  2mal,  und  seither  unter  ca.  25  Fällen  wiederum 
2mal  virulente  Diphtheriebacillen.  Als  Unterscheidungsmerkmal  gibt 
er  an:  „Streicht  man  bei  der  gewöhnlichen  lacunären  Angina  mit 
einem  festen  Wattebausch  über  die  gelben  Massen,  welche  in  den 
Krypten  der  Tonsillen  sitzen,  so  bleibt  meist  (nicht  immer)  Eiter 
oder  weicher  Brei  daran  haften.  Ist  dagegen  die  lacunäre  Angina 
bacillärer  Natur,  so  sind  die  frischen  Beläge  nicht  eitrig,  sondern 
derb,  fibrinhaltig."  In  einem  Theil  der  Fälle  bilden  sich  noch  später 
confluirende  Membranen.  Eine  grössere  Ausdehnung  der  Membranen, 
besonders  über  die  Tonsillen  hinaus,  spricht  ausserordentlich  für 
echte  Diphtherie.  Indessen  kommen  einerseits  Fälle  mit  ganz  gering- 
fügigen Auflagerungen  vor,  die  man  ohne  bactenologische  Unter- 
suchung nicht  für  Diphtherie  halten  würde;  und  andererseits  gibt 
es  Fälle  mit  unzweifelhaften  Membranen  ohne  Löffler*sche  Bacillen. 
Die  Membranen  sind  bei  letzterer  Gruppe  zwar  weniger  fibrinreich. 


Kinderkrankheiten . 


537 


aber  makroskopisch  nicht  von  wahrer  Diphtherie  zu  unterscheiden. 
Schliesslich  existiren  Fälle  von  katarrhalischer  Angina,  von  Koryza, 
LarjTigitis  etc.,  deren  diphtherische  Natur  auf  klinischem  Wege  erst 
spät  oder  gar  nicht  erkennbar  ist.  In  solchen  zweifelhaften  Fällen 
ist  mithin  die  bacteriologische  Untersuchung  zur  Diagnosenstellimg 
nicht  zu  umgehen.  Oft  wird  schon  das  mikroskopische  Präparat 
Aufscbluss  geben;  am  sichersten  entscheidet  die  Cultur,  für  welche 
das  Löffle r'sche  Blutserum  immer  noch  den  besten  Nährboden  dar- 
stellt. Die  Gewinnung  desselben  wird  bedeutend  erleichtert,  wenn 
man  seine  Sterilisation  mit  Chloroform  vornimmt.  Ein  leicht  herstell- 
barer und  meist  ausreichender  Ersatz  für  Blutserum  ist  das  gekochte 
Hühnereiweiss.  Auch  Silberschmidt  (Münch.  med.  Wochenschr.  Süberschmidt, 
Nr.  9)  erklärt  das  Blutserum  für  den  geeignetsten  Nährboden  bei 
der  Diagnosenstellung,  da  andere  Mikroorganismen  auf  demselben 
schlechter  oder  gar  nicht  wachsen,  während  er  Glycerinagar  zu 
diesem  Zwecke  für  unzuverlässig  hält.  Dass  das  blosse  mikro- 
skopische Präparat  an  sich  schon  sehr  werthvoll  für  die  Diagnose 
sein  kann,  lehren  die  Beobachtungen  Plaut's  (Deutsche  med.  Wochen-  Plaut, 
Schrift  Nr.  18),  bei  denen  sich  im  Ausstrichpräparate  in  Ueberein- 
stimmung  mit  dem  klinischen  Bilde  Diphtheriebacillen  fanden,  während 
das  Culturverfahren  und  selbst  der  Thierversuch  zeitweise  fehlschlug. 
Bei  der  hohen  Wichtigkeit,  welche  die  bacteriologische  Diagnose 
der  Diphtherie  nicht  nur  in  Bezug  auf  die  Therapie,  sondern  auch 
bezüglich  der  Anzeigepflicht,  der  Isolirung  des  Erkrankten,  des  Fem- 
haltens der  Geschwister  und  der  Desinfection  der  Wohnung  besitzt, 
erweist  sich  die  Nothwendigkeit,  Centralstellen  einzurichten,  welche 
diese  Untersuchung  für  den  Practiker  ausführen,  immer  dringender. 
V.  Esmarch  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  schlägt  zu  diesem  v.  Esmarch. 
Zweck  vor,  dass  die  Aerzte  kleine  Papierpacketchen,  die  als  Inhalt 
ein  Stück  steriHsirten  Schwamm  von  Erbsengrösse  berherbergen 
und  sorgfältig  zusammengefaltet  sind,  bei  sich  tragen  sollen,  um  bei 
einem  verdächtigen  Fall  mit  dem  an  einer  Pincette  oder  Komzange 
befestigten  Schwämmchen  etwas  von  der  Oberfläche  der  Mandeln 
abzuwischen;  es  soll  dann,  wieder  in  das  Papier  eingewickelt,  per 
Post  nach  der  Untersuchungsstelle  gesandt  werden.  Für  Königsberg 
hat  V.  Esmarch  eine  derartige  Einrichtung  getroffen. 

Die  Angaben  über   die  Dauer   der  Incubation  bei   Diphtherie 
lauten  sehr  verschieden.     Carstens   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  35)  Incubation 
konnte  bei  einem  Kinde,   dessen  zwei  andere  Geschwister  bereits  um  die-  ^®' 

selbe  Zeit  an  Diphtherie   erkrankt   waren,    durch   täglich  vorgenommene  J^*P"*°®^*®' 
bacteriologische  Untersuchung  des  Mundschleims  feststellen,    dass  an  dem 


538  Xeomann. 

Tage,  an  dem  sich  zum  ersten  Mal  Bacillen  zeigten,  auch  schon  die  ersten 
Klagen  der  Patientin  laut  wurden.  Am  nächsten  Tage  war  bereits  ein 
Belag  auf  der  einen  Mandel,  hohes  Fieber  und  Milztumor  vorhanden.  Die 
Incubation  betrug  hier  also  höchstens  24  Stunden. 

Annrie  bei  Goodall  (The  Lancet  Nr.  3727)  lenkt  die  Au^erksamkeit  auf 

Diphtherie,  ^^  Vorkommen   von  Anurie   in   schweren,    tödtlich   verlaufenden 
Goodall.  .... 

Fällen  von  Diphtherie.    Dieselbe  ist  nicht  mit  einer  acuten  Nephritis 

in  Zusanmienhang  zu  bringen,  da  die  Nieren  bei  der  Section  normal 
erscheinen  oder  wenigstens  nur  sehr  geringfügige  Veränderungen 
aufweisen ;  auch  ist  sie  nicht  als  Folge  von  Herzschwäche  anzusehen, 
sondern  sie  beruht  wohl  auf  einer  unmittelbar  schädigenden  Wirkung 
des  Diphtheriegiftes  auf  den  Theil  des  Nervensystems,  welcher  die 
Urinabsonderung  beeinflusst. 
Septische  V.  Bänke  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  41)  schlägt  vor,  den  Be- 

Diphtherie« griff  der  sog.  ^septischen  Diphtherie**  ganz  fallen  zu  lassen  und 
statt  dessen  besser  von  ^Diphtheria  foetida"*  oder  „Diphtheria  gravis^ 
zu  sprechen.  Er  weist  nämlich  nach,  dass  das  Heilserum  in  diesen 
Fällen  sich  ebenso  wirksam  zeigt  wie  bei  den  übrigen  Fällen,  dass 
der  bacteriologische  Befund  auch  keinen  wesentlichen  Unterschied 
erkennen  lässt,  dass  femer  die  pathologisch-anatomischen  Verände- 
rungen bei  dieser  Gruppe  keinerlei  Uebereinstimmung  mit  denen  bei 
gewöhnlicher  Sepsis  darbieten  und  dass  endlich  auch  der  Fieber- 
verlauf völlig  abweicht  von  dem  Typus,  welchen  sonst  die  septico- 
pyämischen  Erkrankungen  meist  innezuhalten  pflegen. 
Prognose  Die   Untersuchung   des    Harnsediments   hält   Bernhard 

der  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  19)  für  das  beste  Mittel,  um  die  Schwere 
Bernhard.  '  ^^^  einzelnen  Falles  von  Diphtherie  im  voraus  zu  beurtheilen.  Er 
stellt  folgende  Sätze  aui*:  „Zeigt  das  Sediment  schon  im  Anfang  der 
Erkrankung  die  charakteristischen  morphotischen  Bestandtheüe  in 
reichlicher  Menge  (gequollene,  getrübte,  fettig  metamorphosirte,  zer- 
bröckelte Nierenepithelien ,  hyaline  und  granulirte  Cy linder,  freie 
Fetttropfen,  Leukocyten,  selten  rothe  Blutkörperchen),  so  ist  die 
Voraussage  ungünstig  zu  stellen.  Es  wird  entweder  Exitus  ein- 
treten oder  im  günstigsten  Falle  erst  nach  langem  Krankheitslager, 
nach  schweren  Herz-  und  Lähmungserscheinungen  die  Genesung. 
Tritt  das  Sediment  erst  in  der  2.  Woche  der  Erkrankung  auf,  so 
wird  die  Prognose  etwas  günstiger,  doch  werden  auch  hier  häufig 
Lähmungen  und  oft  genug  der  Tod  eintreten." 

Die  überwiegende  Mehrzahl  aller  therapeutischen  Arbeiten 
bezüglich  der  Diphtherie  bilden  Berichte  über  die  practische  An- 
wendung des  Heilserums  und  die  mit  demselben  erzielten  Resultate. 


Kinderkrankheiten.  539 

Von  zahlreichen  Krankenhäusern  und  Privatärzten  des  In-  und  Aus- Therapie  der 
landes  liegen  bereits  Erfahrungen  über  die  Wirkung  des  Mittels  vor,  ^ipn**»«rie: 
und  die  Litteratur  über  die  Heilserumtherapie  hat  schon  einen  solchen 
Umfang  angenommen,  dass  wohl  jedes  medicinische  Journal  dies- 
bezügliche Arbeiten  enthält  und  eine  specieUe  Aufzählung  der  ein- 
zelnen Berichte  im  engen  Rahmen  dieses  Referats  ganz  unmöglich 
ist.  Die  Litteratur  findet  sich  übrigens  unter  anderem  im  Jahrb.  f. 
Kinderheilk.  Bd.  41  referirt  vor.  Auch  in  verschiedenen  ärztlichen 
Versammlungen  stand  die  Heilserumtherapie  im  verflossenen  Jahre 
auf  der  Tagesordnung,  so  im  Frühjahr  auf  dem  Congress  für  innere 
Medicin  und  im  Herbst  in  der  Section  für  Kinderheilkunde  auf  der 
Naturforscherversammlung  zu  Lübeck,  woselbst  Heubner  imd  Solt-  Heubner, 
mann  die  Referate  erstatteten.  Femer  wurde  sie  zum  Gegenstand  Soitmann, 
grosser  Sammelforschungen  gemacht,  unter  denen  die  vom  kaiser- 
lichen Gesundheitsamt,  sowie  die  von  der  Deutschen  medi- 
cinischen  Wochenschrift  veranstalteten  besondere  Erwähnung 
verdienen.  Eine  Besprechung  erfuhren  die  bisherigen  Resultate  der 
Statistik  durch  Behring  selbst  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  38) 
auf  der  Lübecker  Versammlung.  Li  besonderen  Monographieen  haben 
schliesslich  von  deutschen  Pädiatern  Escherich  (Diphtherie,  Croup,  Escherich, 
Serumtherapie.  Wien  1895),  A.  Baginsky  (Die  Serumtherapie  der  A.  Baginsky, 
Diphtherie.  Berlin  1895)  und  Heubner  (Klinische  Studien  über 
die  Behandlung  der  Diphtherie  mit  dem  Behring'schen  Heilserum.  Behring. 
Leipzig  1895)  ihre  hierher  gehörigen  Erfahrimgen  niedergelegt. 
Fassen  wir  das  Ergebniss  der  gi'ossen  Statistiken,  sowie  der  Einzel- 
berichte zusammen,  so  lauten  dieselben  im  grossen  und  ganzen  sehr 
ermathigend,  zum  Theil  sogar  äusserst  günstig.  Die  Zahl  der  An- 
hänger der  Serumtherapie  wird  allmählich  eine  immer  grössere,  die 
der  Gegner  immer  kleiner.  Nach  einer  Zusammenstellung  von 
Heubner  haben  sich  von  80  Autoren  61  günstig,  16  zweifelhaft  imd 
3  ungünstig  über  das  Mittel  ausgesprochen.  Das  kann  jedenfalls 
zur  Zeit  bereits  als  feststehend  gelten,  dass  keine  andere  Behand- 
langsweise  der  Diphtherie  bisher  so  günstige  Resultate  gezeitigt  hat, 
wie  diese.  Bewiesen  scheint  es  ferner  zu  sein,  dass  die  Gesammt- 
sterblichkeit  an  Diphtherie  in  grossen  Städten,  wie  Berlin,  London, 
Paris,  seit  der  Einführung  der  Heilserumtherapie  eine  merkliche 
Abnahme  erfahren  hat.  Was  die  Einwirkung  auf  den  localen 
Process  anlangt,  so  wii*d  das  rasche  Abstossen  der  Membranen  und 
die  Verhütung  eines  Uebergangs  auf  den  Larynx  bei  frühzeitiger 
Behandlung  fast  allgemein  hervorgehoben.  Auffällig  sind  femer  die 
günstigen   Erfolge    der   Behandlung   bei   Kindern    in    den   beiden 


540  Neumann. 

Therapie  derersten  Lebensjahren,  sowie  bei  den  Fällen  sog.  septischer  Diph- 
Diphtherie:  therie.  Auch  die  Prognose  bei  Tracheotomirten  undintubirten 
scheint  durch  das  Serum  in  günstigem  Sinne  beeinflusst  zu  werden. 
Als  unangenehme  Nebenwirkungen  wurden  wie  im  Vorjahr  Haut- 
ausschläge und  Gelenkschwellungen  mehrfach  beschrieben;  da  diese 
Wirkungen  indessen  wohl  nicht  dem  Antitoxin  als  solchem  zukommen, 
so  steht  zu  erwarten,  dass  ihr  Auftreten  sich  in  Zukunft  ganz  wird 
vermeiden  lassen,  nachdem  es  in  den  Höchster  Fabriken  gelungen 
ist,  ein  so  kräftiges  Serum  herzustellen,  dass  bereits  1  ccm  desselben 
die  einfache  Heildosis  enthält,  mithin  die  Menge  der  erforderlichen 
Injectionsflüssigkeit  eine  sehr  geringe  ist. 

Die  Berichte  über  den  Werth  der  Immunisirung  sind  noch 
zu  spärlich,  als  dass  sie  ein  definitives  Urtheil  zuliessen.  Recidive 
nach  Heilserumtherapie  sind  jedenfalls  öfters  beobachtet  worden. 

Von  localen  Mitteln  bei  der  Behandlung  der  Diphtherie  er- 
Locaie       fahrt  das  Wasserstoffsuperoxyd  durch  Neudörfer  (Wien.  med. 

BehandlunR,  ^Q^jjQjjg^jy,   Nr.  2  u.  ff.),   der  Liquor  ferri  sesquichlorati  von 
Neudöxfer,  .  . 

Rosenthal,  neuem  durch  Eosenthal  (Therap.  Monatsh.,  November)  eine  warme 
Empfehlung. 

Beim  Kapitel  der  T räch eotomie  verdient  nachträglich  wenig- 
stens eine  Erwähnung   die   aus   dem  Jahre  1894  stammende   inter- 

Tracheo-  essante  Arbeit  von  Hagen-Bose  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.) 
tomie,  über  die  ersten  12  Jahre  der  Diphtheriebaracke  im  Berliner  Kranken- 
hause Bethanien.     Aus  dem  Landkrankenhause  zu  Hanau  berichtet 

Ambrosius.  Ambrosius  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg.  Bd.  40)  über  99  Tracheo- 
tomieen  mit  46  Heilungen.  Er  empfiehlt  besonders  die  Tamponade 
nach  Langenbuch  mit  Jodoformgaze  und  die  Ausräumung  der 
Trachealmembranen  mit  nachfolgender  Sublimatauspinselung  der 
Luftröhre. 

Intubation,  Bei  der  Intubation  sah  van  Hes  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chirurg, 

van  Hes.  g^  42)  unter  64  Fällen  28  =  44  «'/o  Heilungen ,  gegenüber  47  *»  o 
Heilungen  bei  der  Tracheo tomie.  Er  hält  sie  indicirt  in  Fällen,  wo 
die  Diphtherie  auf  Bachen  und  Kehlkopf  beschränkt  ist,  femer  bei 
erschwerter  Entfernung  der  Canüle  nach  primärer  Tracheotomie. 
Contraindicirt  ist  sie  dagegen  bei  Kindern  aus  den  beiden  ersten 
Lebensjahren  j  sowie  bei  Complication  mit  Lungenerkrankungen. 


Kinderkrankheiten. 


541 


2.  Scharlach. 

Es  tritt  im  Verlauf  der  Scharlachnephritis   zuweilen  auch  eine 

Herzerweiterung    mit    ihren   schweren   Folgeerscheinungen   auf. 

Steffen  (Ueber  einige  wichtige  Krankheiten  des  kindlichen  Alters)  Behandlung 

sah  von  dreisten  Dosen  von  Seeale  comutum  überraschende  Erfolge;   ^®f  scaria- 

^  tinösen 

80  gab  er  einem  6jährigen  Knaben  2stündlich  0,5  Seeale  comutum       Herz- 

und  Hess  auf  diese  Weise  mit  dem  besten  Erfolg  innerhalb  6  Tagen  Erweiterung, 

7e  1      •  1  Steffen. 

.5  g  verabreichen. 

3.  Typhus. 


Steffen    (Ueber   einige   wichtige   Krankheiten   des   kindlichen     Typhus- 
Alters)  wendet  bei  Typhus  gern  das  Thallinum  sulfuricum  an;   er  ^^^^^^ ^"'*^' 
verabreicht  jedesmal,  sobald  die  Temperatur  über  39,0  steigt,  kleineren 
Klndem    0,1 — 0,05,     älteren    0,125 — 0,26  g;    hierbei    starben    von 
91  typhuskranken  Kindern  5. 

4.  Keuchhusten. 

Uli  mann  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  40)  redet  in  der  Behand-  Behandlung 

des  Keuch- 
hustens mit 
Luftcur, 
ÜUmann. 


long  des  Keuchhustens  einer  energischen  Freiluftcur  das  Wort, 
mit  der  er,  ohne  wesentliche  Anwendung  von  Medicamenten,  gute 
Erfolge  hatte. 

Rüssel  Wells  und  Gerard  Carret  (The  Lancet,  June  8) 
haben  in  der  Poliklinik  des  Great  Ormond-street  Hospital  in  823  FäUen 
von  Keuchhusten  das  Cocain,  muriaticum  verabreicht  und  geben 
an,  einen  guten  Erfolg  erzielt  zu  haben ;  die  durchschnittliche  Dauer 
des  Keuchhustens  betrug  hierbei  nur  3  Wochen,  Krankheitsgefühl 
und  Anorexie  schwanden  bald,  die  Anfälle  wurden  seltener,  der 
Schlaf  besser;  die  Anfälle  verschwanden,  um  nicht  zurückzukehren. 
Abgesehen  von  leichter  Diarrhoe  kamen  keine  Nebenwirkungen  des 
Cocains  zur  Beobachtung;  es  wurde  gegeben  (in  wässriger  Lösung) 
3— 4mal  im  Tag:  beim  Erwachsenen  1  Gran,  bei  einem  Kind  von 
5—6  Jahren  */«  Gran,  von  2 — 3  Jahren  '/« — V»  Gran,  von  3  und  8  Mo- 
naten */i6  Gran. 

Stooss  (29.  med.  Bericht  über  die  Thätigkeit  des  Jenner^schen 
Kinderspitals  in  Bern)  verwendete  das  Antispasmin,  mit  dem 
Demme  Versuche  begonnen  hatte,  in  ca.  2(X)  Fällen  gegen  Keuch- 
husten imd  war  von  ihm  befiiedigt,  obgleich  er  es  nicht  als  Speci- 
ficum  ansieht;  das  Antispasmin  wurde  kleineren  Kindern  in  0,2°/oiger 
Losung  —  jeweils  sofort  nach  einem  Anfall  10  g  —  verabfolgt.  Auch 
bei  dem  quälenden  Husten  Masernkranker  bewährte  es  sich. 


—  mit 
Cocain, 
Wells  u. 

Carret. 


—  mit 
Anti- 
spasmin, 
Stooss. 


542  Neumann. 


5.  Parotitis  epidemica. 

Dass  nach  Parotitis  epidemica  eine  tödtliche  Nephritis  anf- 
Nephritis    tritt ^  igt  selten.    Le  Roy  (Rev.  mens,  des  mal.  de  l'enf.,  Avril)   be- 
^Le  Roy    '   schreibt  einen  solchen  Fall,  der  1  Monat  nach  ganz  leichter  Primär- 
erkrankung  bei  einem  9jährigen  Mädchen  zur  Beobachtung  kam. 

6.  Blennorrhoe. 

Metastasen  Haushalter  (Rev.  mens,  des  mal.  de  Tenf.,  Oct.)  beobachtet« 

Blennorrhoe  ^^^  einer  Epidemie  von  Blennorrhoe  der  Neugeborenen  eine  meta> 
Haushalter,  statische  Entzündimg  im  rechten  Knie-  und  linken  Handgelenk;  aus 
der  Gelenkflüssigkeit  Hessen  sich  Gonokokken  cultiwen.  Haus- 
halter macht  darauf  aufmerksam,  dass  das  Elnie  gerade  beim  Neu- 
geborenen fast  regelmässig  betroffen  ist  und  dass  die  Krankheit 
ohne  schwere  Beeinträchtigung  des  All<]cemeinbefindens  in  längstens 
1  Monat  auszuheilen  pflegt. 

7.  Acuter  Gelenkrht^umatismus. 

Arthviti'i  »Joukovskv    berichtet    von    einem    Fall   von   acutem   Gelenk- 

rtcnta.       rhoumatismus  bei   einem  Kind    von  2  Monaten  (Ref.  Rev.  mens.  d. 

.to«kov>K>\ 

luaL  tlo  Tonf,,  Nov.K  der  wegen  des  frühen  Lebensalters  bemerkens- 

wortli  scheint.  Nach  einer  Erkältung  bekam  das  Kind  plötzlich 
Fiober,  und  es  stellten  sich  successive  Schwellungen  und  Schmerzen 
iu  den  vei*schiedensten  Gelenken  ein,  die  unter  Natrium  salicvlicum 
schnell  verschwanden.  Die  Mutter  hatte  seit  einiger  Zeit  an  Rheuma- 
tismus gelitten. 

y.  Krankheiten  der  Cirenlationsorirane. 

In  .Vnlehnung  an   die   l>ekannten  -\rbeiten.   welche   sich  niit   der   Be- 
stimmunjf  der  Blutdichte  und  ihrer  klinischen  liiHleutung  beschäfliifen,  hat 
H  hH  »U  c  h  t  o    M  o  n  t  i  ( U  e  b  e  r  V  e  r  ä  n  d  e  r  u  n  <r  e  u   der  H  l  u  t  d  i  c  h  t  e   bei  Kindern. 
h^\  Kiiulovn,  \rrh.  f.  Kinderheilk.  Bd.  18)  eine  jf  rosse  KW  he  rntersuchungen  ausgeführt. 
^'*'"**'         die  wc>entlich  frühere  KeMiItate   >»estätij?en.     Die  Blutdichte    beträgt   beim 
Neiijrebt>renen   im   Mittel  1,060,  sinkt  bis  zum  2.  Monat  auf  1,050  und  be- 
ginnt sich  im  6.  Monat   zu  erhöhen   (1.052):   im   2.— 10.  Jahre   ist   sie   im 
Mittel  1.054.   Von  der  Aufführung  der  einzelnen  ttruppen  absehend,  haben 
wir  den  Kindruck,  dass  starkes  Fieber  die  Blutdichte  allsremein  steigert; 
in   einzelnen   Fallen   ging   allerdings   die   Steijjerung   der  Blntdichte   dem 
Fieber  schon   um   mehrere  Stunden  voraus.     Verminderung  der  Blut- 
ilichte  wird   im  alljfemeinen  l>ei   anämischen  Zustanden   verschiedener  Art 
biMdMichtet;  bei  Besserung  nahm  Blutdichte  und  Köq>ergewicht  entsprechend 


Kinderkrankheiten.  543 

zu.  Anders  bei  der  Nephritis:  hier  besteht  geringere  Blutdichte,  welche 
mit  Heilung  unter  Abnahme  des  Körpergewichtes  wieder  ansteigt.  Im 
allgemeinen  geht  Blutdichte  und  Hämoglobingehalt  parallel;  bei  der  Chlo- 
rose aber  sinkt  nur  der  Hämoglobingehalt;  ferner  kommt  Incongruenz 
unter  sehr  verschiedenen  Verhältnissen  vor,  in  welchen  durch  Fieber, 
Kachexie,  Hydrämie  etc.  complicirte  Verhältnisse  geschaffen  werden. 

Berggrün  studirte  die  Fibrinausscheidung  beim  gesunden    Fibrinaus- 
und  kranken  Kinde   (Arch.   f.   Kinderheilk.  Bd.  18,   H.  3  u.  4).     Das    Scheidung 

Kinderblut  scheidet  reichlicher  Fibrin  aus  als  das  Blut  der  Erwachsenen ;       v   a 

Kinder, 

während  der  Verdauung  nimmt  der  Fibringehalt  noch  zu.    Eine  Vermeh-      Berggrün. 

rung  des  Fibrins  fand  Berggrün  besonders  ausgeprägt  bei  Lungentuber- 

culose,  bei  croupöser  Pneumonie  und  bei  eitriger  Pleuritis,  eine  Verminderung 

in  einem  von  fünf  Fällen  chronischer  Nephritis,   femer  in  einem  Fall  von 

acutem  Gelenkrheumatismus.  Die  Bestimmung  der  Trockenrückstände  liefert 

eine  werthvolle  Ergänzung  der  Blutuntersuchung,  insofern  die  Abweichungen 

von  der  Norm  als  Gradmesser  für  die  Schwere  der  jeweiligen  Erkrankung 

dienen  können ;  die  Herabsetzung  der  Werthe  ist  aber  nicht  für  eine  specielle 

Erkrankung  charakteristisch. 

Potain   und   Vaquez   (La  Semaine   m6d.   S.  413)   treten   der      Wachs- 
Frage  von  der  Waclisthumshypertrophie  des  Herzens,  von       *  "™*' 
der  in  Frankreich  viel  die  Rede  ist,  kritisch  näher.   Sie  finden  ziemlich  trophie  des 
erhebliche   individuelle  Differenzen  in  dem  Flächeninhalt  der  Herz-  kindlichen 
dämpf ung  bei   Gesunden;   am   besten  lässt  er  sich  zu  dem  Thorax-      Potain  u 
umfang  in  eine  constante  Beziehung  bringen.    Verhältnissmässig  zu       Vaquez. 
gross  war   die    Herzdämpfung    bei   Soldaten,    in   dem  Maasse,    als 
sie  besonders  häufig  und  lange  gymnastischen  Uebungen  oblagen; 
femer,   abgesehen    von  noch  bestehenden  pathologischen  Zuständen, 
bei    rachitischer    Thoraxdeformität.      Herzklopfen,    Kopfschmerzen, 
Beschleunigung  und  Unregelmässigkeit  des  Pulses,  wie  sie  während 
des  Wachsthums  häufig  vorkommen,  waren  stets  auf  andere  Ursachen 
als  auf  Herzvergrösserung  zui'ückzuführen. 


Tl.  Krankheiten  der  Terdaniingrsorgrane. 

Der  Vortrag,  den  H.  Hirschsprung  (Jahrb.  f.  Kinderheilk. 
Bd.  39)  im  voiigen  Jahre  auf  der  Naturforscherversammlung  über 
Darminvagination  hielt,  verdient  eine  etwas  genauere  Wieder- 
gabe. Hirschsprung  sah  die  Darminvagination  bei  61  Kindern 
64mal;  das  Verhältniss  der  Knaben  zu  den  Mädchen  war  2^2:1; 
46  Kinder  waren  noch  kein  Jahr  alt,  von  ihnen  standen  die  meisten 


544  Neumaim. 

Darm-  in  der  zweiten  Hälfte  des  1.  LebenssemesterSi  danach  in  der  ersten 
in  Vagina-  Hälfte  des  2.  Semesters;  das  jüngste  Kind  war  7  Wochen  alt. 
Hirachsprung.  Bemerkenswerth  ist,  dass  von  den  Kindern  des  1.  Lebensjahres 
85°/o  noch  die  Brust  erhielten  und  die  Kinder  in  der  Regel  sehr 
gut  ernährt  waren;  allerdings  bestanden  trotzdem  bei  einer  grossen 
Zahl  functionelle  oder  katarrhalische  Störungen  des  Darmes.  Als 
Dünndarminvagination  fasst  Hirschsprung  die  Invaginatio 
ilei  und  die  Invaginatio  ileo-colica  zusammen,  während  er  die  Invaginatio 
ileo-coecalis  und  die  Invaginatio  coli  als  Dickdarminvagination  be- 
zeichnet. Von  den  genauer  verarbeiteten  Dünndarminvaginationen, 
welche  zu  *®/ii  Eander  unter  9 Monaten  betrafen,  verliefen  alle  tödlich; 
die  Geschwulst,  meist  in  der  rechten  Bauchseite  gelegen,  ist  nur 
selten  nachweisbar;  der  Verlauf  ist  nicht  so  stürmisch,  wie  es 
sonst  geschildert  wird  —  wahrscheinlich  im  Zusammenhang  mit 
dem  zarten  Alter;  im  Gegentheil  können  die  Symptome  so  gering- 
fügig sein,  dass  selbst  der  Erfahrene  sie  zunächst  verkennt.  Am 
charakteristischsten  verlaufen  die  Dickdarminvaginationen,  und  zwar 
speciell  die  überhaupt  am  häufigsten  vorkommenden  ileo-cöcalen 
Invaginationen.  Bei  völliger  Gesundheit  plötzlicher  Beginn;  nach 
einer  Defäcation  andauernd  reichliche  Schleim-  und  Blutausleerungen ; 
leicht  nachweisbare,  meist  voluminöse  Geschwulst  in  der  linken 
Bauchhälfte  (meist  in  Bügelform);  man  findet  die  Geschwulst  nicht 
selten  im  Mastdarm,  seltener  ausserhalb  des  Afters.  Die  In- 
vaginatio ileo-coecalis  lässt  sich  von  der  Invaginatio  coli  sicher  nur 
unterscheiden,  wenn  man  eine  doppelte  anstatt  einer  einfachen  Oeff- 
nung  an  der  Geschwulst  im  Mastdarm  palpiren  kann.  Zur  ge- 
nauen Feststellung  muss  man  in  jedem  Fall  chloroformiren,  in  der 
Narkose  versucht  man  dann  gleich  durch  Massage  während  etwa 
10  Minuten  die  Invagination  zu  lösen  (Hirschsprung  erzielte 
hiermit  4  Heilungen).  Bei  Dünndarmstenose  schreitet  man  —  wenn 
die  Massage  erfolglos  bleibt  —  sofort  zur  Operation,  bei  Dick- 
darmstenose versucht  man  in  diesem  Falle  erst  noch  Wasserein- 
giessung;  bei  sicherer  Beocöcalinvagination  empfiehlt  hiemach 
Hirschsprung  ebenfalls  sofort  die  Operation  vorzunehmen,  während 
man  bei  einfacher  Invaginatio  coli  die  Wassereingiessung  wieder- 
holt versuchen  kann.  In  Rücksicht  darauf,  dass  die  in  den  letzten 
10  Jahren  ausgeführten  5  Laparotomieen  alle  ungünstig  verliefen, 
stellte  Hirsch  Sprung  die  Indication  zur  Operation  in  dieser  vor- 
sichtigen Weise.  Zuweilen  genügt  schon  eine  Enterotomie  zur  Her- 
stellung der  Durchgängigkeit.  Hirse  hsprung  hatte  60  ^|  o  Heilungen 
bei  seinen  Invaginationen. 


Kinderkrankheiten. 


545 


Im  Anschluss  an  die  Schilderung  eines  Falles  von  angeborener 
Verstopfung,  welche  bei  dem  3jährigen  Mädchen  zweimal  zur  Darm- 
occlnsion  führte,  spricht  sich  Marfan  (Revue  des  mal.  de  l'enf.,  Angeborene 
April)  dahin  aus,  dass  —  abgesehen  von  den  Fällen  angeborener 
Verengerung  im  Darmrohr  —  die  gewöhnliche  Ursache  eine  zu  starke 
SchUngenbildung  des  S  romanum  sei;  erst  secundär  trete  die  Dilatation 
und  Hypertrophie  des  Colon  ein.  Auf  die  therapeutischen  Vor- 
schläge, die  Marfan  für  die  Behandlung  der  congenitalen  sowie 
der  alimentären  Verstopfung  macht,  gehen  wir  hier  nicht  genauer  ein. 


Ver- 
stopfung, 
Marfan. 


Seibert  (New  Yorker  med.  Monatsschr.  Bd.  7)  findet  nicht 
nur  immer  bei  chronischem  Darmkatarrh  Nierenentzün- 
dung, sondern  sah  auch  im  Verlauf  von  acutem  Gastrointestinal- 
katarrh  mehrfach  solche  acut  einsetzen;  in  aUen  Fällen,  wo  das 
Fieber  länger  als  3  Tage  anhielt,  fand  er  Eiweiss.  Auf  Nephritis 
deutet  Fieber,  graue  Hautfarbe,  die  schon  nach  einer  Woche  auf- 
tretende Anämie  sowie  grosse  Unruhe;  Oedeme  sind  selten.  Thera- 
peutisch empfiehlt  Seibert  Entleerimg  des  Darms,  Beseitigung  des 
Katarrhs,  Zuführung  grösserer  Mengen  Wassers,  femer  Thee,  Kaffee, 
Natrium  salicylicum  u.  dergl.  mehr.     Alkohol  verwirft  er. 

Künkler  (Allg.  med.  Centralztg.  Nr.  13  u.  14)  sah  gute  Erfolge 
von  der  Darreichung  des  Tannigens,  wenn  er  dasselbe  nach 
Ablauf  der   ersten   acuten  Erscheinungen  bei  Darmaifectionen   gab. 

Drews  (Allg.  med.  Centralztg.  Nr.  35  u.  36)  rühmt  es  für  jedes 
Stadium  der  Darmkrankheiten ;  er  gibt  3 — 4mal  täglich  0,2 — 0,3,  bei 
Kindern  über  einem  halben  Jahr  sogar  einfach  3mal  täglich  eine 
Messerspitze. 

Ungar  lässt  durch  seinen  Schüler  Schmitz  (Jahrb.  f.  Kinder- 
heilk.  Bd.  39)  wiederum  die  Naphthalinbehandlung  der 
Oxyuren  in  empfehlende  Erinnerung  bringen.  Er  gibt  0,15  bis 
0,4  Naphthalin  in  10  Dosen,  und  zwar  hiervon  täglich  4mal  1  Pulver. 
Wiederholung  in  8 — 14  Tagen  3-  und  mehrmal.  Wenn  unter  46  Fällen 
20  rückfällig  wurden,  so  ist  das  Resultat  dieser  Behandlung  kaum 
als  ein  glänzendes  zu  bezeichnen. 


Nephritis 
bei  Darm- 
katarrh, 
Seibert. 


Tannigen 
bei  Darm- 
katarrh, 
Künkler, 
Drews. 


Oxyuren, 
Schmitz. 


Schoenfeldt  (Arcli.  f.  Kinderheilk.  Bd.  19)   theilt  mit,   dass 

Karewski  ausser  den  früheren  9  Fällen  jetzt  noch  16mal  £* a d i c a  1- 

operationen  bei  Leistenbrüchen  von  Kindern  vorgenommen 

hat.     Ebenso   wie   in   der   ersten   Serie   keine   B,ückfalle    eintraten, 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    18D6.  35 


546 


Neumann« 


Hernio- 

tomie, 

Schoenfeldt. 


konnte  auch  bei  der  neuen  Serie  nach  einer  durchschnittlichen 
Heilungsdauer  von  10  Tagen  ein  dauernder  Erfolg  constatirt  werden. 
Vom  6.  Lebensjahre  an  wendet  Kare wski  nicht  mehi*  seine  eigene 
Methode  an  (Zusammendrehen  des  frei  präparirten  Bruchsackes  und 
Tamponade  des  Kanals  durch  den  restirenden  Stumpf),  sondern  die 
Methode  von  Kocher  oder  von  Henry  O'Hara.- 


Imita- 
torische 
Hysterie, 

Szegö. 


yn.  Krankheiten  des  Nerrensjstems« 

Szegö  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  41)  theilt  eine  Beihe  von 
epidemisch  (in  Anstalten)  oder  vereinzelt  auftretenden  Fällen  von 
bewusster  oder  unbewusster  Nachahmung  mit.  In  den  Epidemieen 
handelt  es  sich  um  die  imbewusste  Nachahmung  von  Klanglauten 
verschiedener  Art. 


Hydro- 

cephalus, 

V.  Hanke. 


Spastische  Zustände  aller  Extremitäten,  besonders  wenn  ausser- 
dem öfter  eklamptische  Anfälle  auftreten,  deuten  nach  v.  Ranke 
(Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  39)  schon  in  seinen  Aufangsstadien  bei 
noch  nicht  vorhandener  Vergrösserung  des  Schädels  auf  Hydro- 
c  e  p  h  a  1  u  ß. 

Derselbe  (ibid.)  theilt  einen  Fall  von  Hydrocephalus  mit, 
den  er  mit  Jodinjection  im  Anschluss  an  die  Function  behandelte. 
Obgleich  das  Kind  die  starke  Beaction  überstand  und  aus  anderem 
Grunde  starb,  ermuthigt  der  Sectionsbefund  nicht  zur  Nachahmung. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

A.  Steffen,    Ueber   einige  wichtige   Krankheiten   des  kindlichen  Alters. 

Abhandlungen  und  Beobachtungen   aus   dem  Stettiner  Kinderspital. 

Tübingen. 
O.  H  e  u  b  n  e  r ,  Klinische  Studien  über  die  Behandlung  der  Diphtherie  mit 

dem  Behring'schen  Heilserum.    Leipzig. 
Escherich,  Diphtherie,  Croup,  Serumtherapie.    Wien. 
B  a  g  i  n  8  k  y ,  Die  Serumtherapie  der  Diphtherie.    Berlin. 


X. 

Elimatologie  und  Balneologie 

(einschliessl.  Hydrotherapie). 

Von    Dr.    Felix    Beetz    in    München. 

AUgremeines. 

Die  16.  Versammlung  der  balneologischen  Gesellschaft  zu  Berlin  H  y  g  i  e  u  e  d  e  r 
(8. — 11.  März)  hat  beschlossen,  den  Einzelstaaten  die  Berücksich-  <^"*'orte. 
tigung  folgender  Forderungen  als  für  Cur  orte  maassgebend  zu  em- 
pfehlen: 1.  gründliche  Entwässerung  des  Bodens  imd  Beseitigung 
der  AbfallstoiFe,  2.  BeschaiFung  einwandfreien  Trinkwassers,  3.  Sorge 
für  reines  Eis,  4.  Errichtung  eines  Krankenhauses  fiir  Infections- 
krankheiten ,  5.  einer  Desinfectionsanstalt ,  6.  eines  Leichenhauses, 
7.  Erlass  einer  Baupolizeiordnung,  8.  Schaffung  eines  Ortsgesundheits- 
rathes,  in  dem  ein  Arzt  Sitz  imd  Stimme  hat.  Seitens  des  Ministers 
wurde  die  baldige  Einbringimg  eines  Gesetzes  zum  Schutze  von 
Heilquellen  gegen  Abbohrung  u.  s.  w.  in  Aussicht  gestellt. 

lieber  künstliche  Mineralwässer  undSalzmischungen  Künstliche 
hat  O.  Liebreich   der  balneologischen  Gesellschaft  (9.  März)  Be-     Mineral- 

W  81 S  S  P  I* 

rieht  erstattet:  Wenn  auch  die  Chemie  in  der  Synthese  einzelner  q  Liebreich. 
Körper  Grosses  geleistet  hat,  so  ist  doch  die  Analyse  gemischter 
Salze  bis  in  die  feinsten  Einzelheiten  nicht  thimlich.  Jede  Analyse 
von  Mineralwässern  zeigt  ein  gewisses  Manko,  welches  zur  Zeit  nicht 
erklärlich  ist.  Die  neuerdings  gefundene  Dissociation  der  Salze  in 
ihren  Lösungen  lässt  es  verständlich  erscheinen,  warum  eine  Nach- 
ahmung nicht  möglich  ist.  Vielleicht  ist  die  Wirkimg  vieler  Mineral- 
wässer dadurch  zu  erklären,  dass  die  Vereinigung  kleiner  Gaben  von 
Arzneimitteln  kräftiger  wirkt,  als  eine  grössere  Dosis  eines  einzelnen 


548  Beetz. 

Mittels,   wie  dies  auch  von  Lepine  für  verschiedene  Arzneimittel 

Sa n do w'h    nachgewiesen  werden  konnte.  —  0.  Dornblüth  tritt  gegenüber  den 

Mineral-     Bestrebungen,    die    Sandow'schen   Mineralwassersalze    als 
wassersalzc 
o.  Dombläth.  minder werthig  aus  der  Praxis  zu  verdrangen,  in  der  Deutschen  med. 

Wochenschr.  Nr.  29  wegen  deren  Billigkeit,  Reinheit  und  Zuver- 
lässigkeit für  die  Beibehaltung  derselben  ein;  bei  sämmtlichen 
Sandow'schen  Brunnensalzen  ist  jetzt  die  Zusammensetzung  an- 
gegeben, und  zwar  nicht  in  den  berechneten  Zahlen  der  Quellen- 
analysen, sondern  in  den  Werthen  der  ofiBcinellen  Salze. 

Kohlen-  V.  Pettenkofer  veröffentlicht  in  der  Zeitschrift  für  Kranken- 

'**p"^V^®'*'pflege  Nr.  1  eine  Abhandlung  zu  Gunsten  der  Quaglio'schen 
Kohlensäurebäder  gegenüber  den  Keller'schen.  Die  letzteren 
werden  durch  Einleiten  flüssiger  Kohlensäure  bereitet.  Bei  ersteren 
wird  Salzsäure  dem  Bade  zugesetzt,  in  welchem  sich  doppeltkohlen- 
saures Natron  befindet.  Der  Patient  sitzt  also  in  schwach  alkali- 
schem Wasser.  Wenn  nun  allmählich  die  Säure  ins  Bad  gelangt, 
so  wird  in  allen  Poren  der  Haut  Kohlensäure  frei  und  die  Wirkung 
'  der  freien  Kohlensäure  auf  die  Haut  wird  hierdurch  gesteigert.  Dass 
hierbei,  wie  Keller  behauptet,  sich  so  viel  Kohlensäure  über  dem 
Wasserspiegel  ansammeln  könnte,  dass  hierdurch  die  Luft  irrespirabel 
würde,  hält  v.  Pettenkofer  für  unmöglich. 

Pbysio-  Ueber  physiologische  differente  Bäderwirkung  hat  Stifler- 

logische     Stehen  (Deutsche  Medicinalztg.  Nr.  36  u.  37)  der  balneologischen  Gesellschaft 

tlifferente    ijgrichtet.     Stifler  hat  vor,  während  und  nach   dem  (rebrauche  von  ver- 
Bade r- 
wirkung      schiedenen  Bäderarten  an  einer  gesunden  Versuchsperson  Pulscurven   auf- 

Stifler,  genommen.  Er  erhielt  bei  dem  Süsswasserbade  nur  eine  leichte  Depression 
der  Ordinate,  bedingt  durch  den  grösseren  Druck  des  Bademediums.  Im 
Moorbade  nimmt  die  Höhe  der  Ordinate  ab,  die  Abscisse  zu,  bei  allmäh- 
lichem Sinken  des  Blutdruckes.  Im  Moorbade  nimmt  anfangs  die  Frequenz 
und  die  Tiefe  der  Inspiration  zu;  dadurch  wird  der  venöse  Zufluss  durch 
beide  Hohlvenen  befördert  und  damit  eine  ausgiebige  Diastole  des  He^zen^ 
erzielt.  Das  Schlagvolum  des  Herzens  wird  grösser  bei  verminderter  Energie 
desselben.  Im  kohlensauren  Stahl  bade  fand  sich  Zunahme  der  Höhe  der 
Ordinate  und  Abnahme  der  Länge  der  Abscisse,  beides  bei  gesteigertem 
Blutdrucke;  hier  steigt  im  Gegensatz  zum  Moorbade  der  arterielle  Druck 
über  den  venösen.  Die  Dnickditlerenz  zwischen  Arterien  und  Venen  wir«I 
grösser,  und  um  so  energischer  wird  die  Thätigkeit  des  Herzens. 

Frey-Baden-Baden  (Wie  wirkt  vermehrte  Flüssigkeitsaufnahme, 
specit'll  des  Badener  Thermalwassers  auf  Diurese  und  Diaphorese?  Vortrag 
hfim  14.  Balneologeucongress.    AUgem.  med.  Centralztg.  Nr.  24)  suchte  bei 


Klimatologie  und  Balneologie.  549 

seinen  Experimenten  zunächst  den  Wasserkreislauf  unter  normalen  Ver-  Flüssig- 
hältnissen zu  studiren.  Wenn  dem  Körper  2000  g  Wasser  zugeführt  wurden,  l^eits- 
80  schied  er  etwa  1300  im  Harn  wieder  aus.  Der  Rest  des  Wassers  ver-„„j  ninvoo« 
lässt  den  Körper  durch  die  Haut  und  die  Lungen  und  zum  Theil  durch  Frey, 
den  Darm.  In  der  Ausscheidung  der  Flüssigkeitsmenge  beim  Trinken  von 
Badener  Thermalwasser  an  Stelle  des  gewöhnlichen  Wassers  machte  sich 
kein  wesentlicher  Unterschied  geltend;  aber  letzteres  wird  schon  nach 
8 — 12  Stunden  ausgeschieden,  ersteres  dagegen  erst  nach  24  Stunden.  Man 
muss  zwei  verschiedene  Functionen  der  Nieren  unterscheiden :  1 .  die  flüssige 
Ausscheidung  der  Endproducte  des  Stoffwechsels,  2.  die  Ausscheidung  des 
überflüssigen  Wassers,  welche  stets  dem  Ueberschuss  an  Wasser,  den  wir 
trinken,  entspricht.  Die  erstere  Function  wird  durch  gewöhnliches  Wasser 
gar  nicht  beeinflusst;  dagegen  bewirkt  das  Badener  Thermalwasser  eine 
45  7o  betragende  Vermehrung  der  täglichen  Hamsäureausscheidung.  Die 
Hamstoffausscheidung  bleibt  unbeeinflusst.  Aus  diesen  Versuchsergebnissen 
geht  hervor,  dass  das  Badener  Thermalwasser  in  den  Stoffwechsel  des  Or- 
ganismus eingreift,  und  durch  die  vermehrte  Hamsäureausscheidung  erklärt 
sich  sein  erfahrungsgemäss  günstiger  Einfluss  auf  die  verschiedenen  Fonnen 
harnsaurer  Diathese.  Warmes  und  kaltes  Thermalwasser  wirken  in  gleicher 
Weise.  Welche  Bestandtheile  des  Thermalwassers  diese  Wirkung  auf 
Diurese  bezw.  Diaphorese  hervorrufen,  ist  einstweilen  noch  unbekannt. 


Klimatologrie. 

Meissen-Hohenhonnef   (Deutsche  Medicinalzeitung ,    5.  Sept.)  Höhenklima 
macht  gegenüber   der  Thatsache,    dass  neuestens   so  hoher   Werth.  ^      ^"^ 
auf  die  Zunahme  der  rothen  Blutkörperchen  in  höheren  get^ung  des 
Regionen  gelegt  wird,  darauf  aufmerksam,  dass  es  nicht  angehe,      Blutes, 
auf  eine  einzelne  Erscheinung,  die  noch  dazu  nicht  ganz  sicher  sei,      Meissen, 
weitgehende  Schlüsse  zu  bauen.    Es  handle  sich  auch  um  viel  zu  ge- 
ringe Höhenzahlen.   Nach  den  Untersuchungen  vonLoewy  vermag 
selbst  Verdichtung   der  Luft   auf  den   doppelten  Atmosphärendnick 
und  Verdünnung  bis  auf  den  halben  weder  Sauerstoifaufnahme  noch 
Kohlensäureausscheidung  zu  ändern. 

Ueber  Einwirkung  des  Höhenklimas  auf  die  Zusammen- 
setzung des  Blutes  schreibt  G-rawitz  (Berl.  klin.  Wochenschr.  E.  Grawitz. 
Nr.  33  u.  34).  Uebereinstimmend  wird  von  den  Forschem  ange- 
geben, dass  mit  der  Erhebung  über  dem  Meere  die  rothen  Blut- 
körperchen eine  beträchtliche  Zunahme  zeigen  und  dass  diese  Zu- 
nahme mit  dem  Niedersteigen  in  die  Ebene  wieder  verschwindet. 
Von  vornherein  waren  diese  Erscheinungen  nicht  wahrscheinlich. 
Denn  beim  Eintreten  der  Vermehrung  hätte  auch  eine  Leukocytose 


550  Beetz. 

Höhenklima  vorhanden  sein  müssen,  was  nicht  der  Fall  war;   ebenso  fehlte  die 
^^^         bei   massenhaftem   Zugrundeeehen    von    Blutkörperchen   sonst    auf- 
Setzung     tretende  Hämoglobinurie,   Anhäufung  von  Galle   in  der  Leber   und 
des  Blutes,  Icterus.  Die  imzweifelhafte  Vermehrung  der  Blutkörperchen  erklärt  sich 
■  aber  hinreichend  durch  die  vermehrte  Wasserabgabe  und  damit  durch 

die  Eindickung  des  Blutes.  Grawitz  hat  durch  das  Thierexperi- 
ment  bewiesen,  dass  nicht  nur  dieses  der  Fall  ist,  sondern  dass  auch 
die  Blutkörperchen  an  der  Wasserabnahme  participiren  und  hier- 
durch kleiner  werden.  Dies  erklärt  auch  das  mehrfach  beobachtete 
Auftreten  der  Mikrocyten.  Ein  derart  concentrirtes  Blut  gibt  die 
beste  Anregung  des  Stoffwechsels. 

Koppe.  Koppe   (Münchener  med.  Wochenschr.,  17.  September)   hat  in 

Reiboldsgrün  wieder  Blutkörperchenuntersuchungen  vor- 
genommen. Schon  am  Tage  nach  der  Ankunft  dortselbst  fand  er 
die  Zahl  der  Blutkörperchen  vermehrt ;  in  den  ersten  Tagen  des  Auf- 
enthalts in  Reiboldsgrün  schwankt  die  Zahl  der  Blutkörperchen  sehr, 
um  dann  höher  zu  bleiben,  als  sie  in  der  Niederung  war.  An  den 
Tagen,  an  welchen  die  Zählung  wenig  Blutkörperchen  ersehen  lies», 
finden  sich  viele  derselben  im  Stadium  der  Abschnürung,  weshalb 
Koppe  annimmt,  dass  ein  Theil  der  fertigen  normalen  Elemente 
durch  Abschnürung  in  je  mehrere  kleine  Theile  zerfällt. 

lieber  die  Volumsveränderung    der   rothen   Blutkörperchen 

Voluin-       bei  der  Athmung  berichtet  v.  Limbeck  (Allgem.  med.  Centralztg.  Nr.  17). 

V  er  an  de-     ß^i   Einleitung  von    Kohlensäure   nimmt    das  Volum   der   Blutkörperchen 

gj^^  zu  infolge  von  Eintritt  von  Walser  und  Kochsalz   aus   dem  Serum   in   die 

körpercheii.  Körperchen.    Es  steigt  dann   deren  absolutes  und  fällt  ihr  relative«  Ge- 

V.  Limbeck.     wicht.    Neuerliche  Oxydation  lässt  das  Volum  der  Blutkörperchen   auf  die 

ursprüngliche  (rrösse  nchrumpfen. 

Höhenklima  Aug.  Ladendorf- St.  Andreasberg  (Deutsche  Medicinalzeitung, 

Tube^rk  1-  ^^'  ^^^^^^  ^^^  ^®^^  ^  Jahren  den  Bacillengehalt  des  Aus- 
baciilen,     wurfs    seiner   Patienten    controUirt    und    auch    bei    jenen  FäUen, 

A  Ladendorf.  welche  einen  üblen  Verlauf  genommen  haben,  stets  Verminderung 
des  Bacillengehaltes  wahrgenommen.  Mit  der  Abnahme  der  Bacillen 
geht  eine  regelmässig  auftretende  Eormveränderung  derselben  einher. 
Das  einzelne  Stäbchen  vergrössert  sich,  die  Körnchen  treten  aus 
einander,  die  Einschnürimgen  zwischen  denselben  werden  tiefer, 
und  zuletzt  tritt  Zerfall  der  Körperchen  ein.  Bringt  man  den  Aus- 
wurf eines  Phthisikers  unter  verminderten  Luftdruck,  so  sind  die 
Veränderungen  der  Bacillen  die  nämlichen,  wie  eben  beschrieben. 


Klimatologie  und  Balneologie. 


551 


J.  Lazarus,  Bergfahrten   und   Luftfahrten   in    ihrem  Bergfahrten 

Einflüsse    auf  den  menschlichen  Organismus  (Berl.  klin.         *°^ 
___     _  ,-  ^^/-x,s-rr  ,1  T»  Luftfahrten, 

VVochenschr.,  5.  u.  12.  October).     Kronecker  hat  zur  Beantwor-     j  Lazarus. 

tung  der  Frage,  ob  und  unter  welchen  Bedingungen  der  Bau  und 
Betrieb  einer  Bahn  auf  die  Jungfrau  ohne  Gefahrdung  von  Menschen- 
leben möglich  sei,  zehn  Personen  verschiedenen  Alters  von  Zermatt 
aus  2000  m  in  die  Höhe  tragen  lassen.  Bei  allen  war  der  Puls  in 
der  Höhe  bedeutend  frequenter  als  im  Thale;  die  Pulscurve  zeigte, 
dass  die  Spannimg  der  Arterien  beträchtlich  abgenommen  hatte; 
ebenso  war  die  Vitalcapacität  vermindert.  Diese  Symptome  traten 
gleichzeitig  bei  den  Personen  mit  farbstoiFreichem  Blute,  wie  bei 
Blutarmen  auf.  Bei  allen  war  der  Appetit  vermindert.  Das  auf- 
fallendste Symptom  war  aber  der  schädliche  Einfluss  geringer  Muskel- 
bewegungen. Zwanzig  Schritte  auf  der  sanft  ansteigenden  und  be- 
quem gangbaren  Fimfläche  genügten,  um  wahren  Fieberpuls  zu 
erzeugen.  Besser  als  die  in  Bern  heimischen  Personen  bewegten 
sich  die  in  Zermatt  wohnenden.  Dagegen  fand  A.  Lo ewy  (s.  oben)  in 
der  pneumatischen  Kammer,  dass  er  selbst  eine  Verdünnung  der 
Luft  um  300  mm  entsprechend  einer  Höhe  von  4400  m ,  innerhalb 
20  Minuten  eingetreten,  ohne  besondere  Störung  vertrug,  während 
dieselbe  bei  einer  Versuchsperson  zu  bedrohlichen  Erscheinungen 
führte.  Ebenso  hat  Boussignault  in  dem  hochgelegenen  Bogota 
an  sich  keinerlei  Störungen  empfanden,  und  dies  ist  auch  bei  den 
Luftschiffem  der  Fall ,  wenn  sie  schnell  bis  4000  m  gelangen.  Der 
Gegensatz,  welcher  zwischen  beiderlei  angeführten  Beobachtungen 
liegt,  gleicht  sich  aus,  wenn  man  das  psychische  Moment  mit  in  Be- 
tracht zieht.  Danach  wird  man,  wenn  die  hoch  hinauf  führenden 
Bahnen  in  der  That  ins  Leben  treten  sollten,  Neurastheniker,  aber 
auch  Leute  mit  Störungen  der  Circulation  und  Respiration  vor  dem 
Gebrauche  dieser  Bahnen  warnen  müssen. 


E.  Henoch  schildert  in  der  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  44  das 
Meraner  Klima.  Obwohl  gegen  Nordwinde  nicht  geschützt,  im 
Gegentheil  von  diesen  im  März  und  April  oft  stark  durchbraust ,  ist 
Meran  im  Winter  äusserst  windstill  und  beansprucht  in  dieser  Be- 
ziehung, sowie  was  Staubfreiheit  der  Luft  anlangt,  den  ersten  Platz 
unter  den  klimatischen  Winteraufenthaltsorten.  Nur  die  langdauemde 
Trockenheit  wird  zuweilen  lästig  empfunden.  Schneefrei  ist  dagegen 
Meran  nicht ;  der  Schnee  bleibt  aber  nicht  liegen,  imd  ist  überhaupt 
der  Winter  kurz.  Gut  würde  es  sein,  wenn  die  Gurgäste  Meran  nicht 
immer  schon  im  Mai  verlassen  würden,  da  dieser  Monat,  wie  auch  der 


Meran, 
Henoch. 


552 


Beetz. 


Merao, 
Henoch. 


Juni  prächtig  und  nicht  so  heiss  sind,  wie  man  allgemein  glaubt.  Als 
grosser  Yorzng  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  in  Heran  im 
Gegensatz  zu  den  weiter  südlich  gelegenen  Curorten  ordentliche  Oefen 
gefunden  werden.  Henoch  tritt  dem  von  vielen  Aerzten  getheilten 
Vorurtheil  entgegen,  als  ob  Heran  durch  die  grosse  Anzahl  der  dort 
sich  aufhaltenden  Phthisiker  einen  deprimirenden  Eindruck  mache. 
Die  Art  der  Besucher  hat  sich  im  letzten  Jahrzehnte  sehr  geändert. 
Durch  das  Entstehen  der  geschlossenen  Anstalten  werden  schwerere 
Kranke  dorthin  gezogen,  während  die  hierher  vorzüglich  passenden 
Abgearbeiteten  und  Neurastheniker  in  starker  Zunahme  begriffen  sind. 


('orsioa, 
Fürbringer. 


Sanatorien. 


P.   Fürbringer    (Maitage    in    Corsica.     Deutsche    med. 
Wochenschr.  Nr.  14  u.  15).     Die  Mitteltemperatur  an  der  Küste  be- 
trägt 18  ®  C. :  im  Sommer  24  *,  im  Winter  11,5  **.   Die  Winterisothermen 
beschreiben  hohe  Bögen  um  die  Nordküste  der  Insel,  und  so  kommt 
es,  dass  Corsica,  dessen  Centrum  noch  nördlich  von  Rom  und  Barce- 
lona liegt,  doch  mit  Sicilien  zu  concurriren  vermag  und  selbst  Capri 
nicht  die  Milde  von  Corsica  erreicht.     Kranke  mögen  die  Seefahrt 
von  Nizza  aus,  nicht  ab  Livomo,  unternehmen ;  für  die  Seekrankheit 
besonders  Empfindliche  fahren  besser  mit  den  grossen  Dampfern  der 
transatlantischen  Gesellschaft  von  Marseille  ab.     Ausser  der  in  den 
deutschen  Beisehandbüchem   angegebenen  Eisenbahnstrecke  Bastia- 
Corte   existiren  noch  Vivario-Ajaccio ,   Bastia-Ghisonaccia  (nördliche 
Hälfte  der  Ostküste)   und  Ponte  Leccia-Calvi  im  Nordwesten.     Die 
schöngelegene   Gebirgsstadt   Corte   eignet  sich   in   erster  Linie  zum 
Sommer-  und  Wintercurort,  besonders  für  Neurastheniker  und  Lungen- 
kranke.      Nur    für   wirklich   Pflegebedürftige   ist   noch    nicht    aus- 
reichend gesorgt.    Das  herrliche  Ajaccio  wird  leider  nur  als  Winter- 
station benutzt;    als  es  Fürbringer  im  Mai  besuchte,  war  es  von 
Kranken   leer,   und   doch  beruhen   die  Vorzüge  Ajaccios  gegenüber 
denen  der   Riviera  nicht  lediglich   auf  der  Erhöhung   der  Winter- 
temperatur, sondern  auf  der  Milderung  der  Extreme.   Wer  sich  nicht 
an  das  Brunnenwasser  halten  will,  der  findet  als  angenehmes  Tisch- 
getränk ein  einheimisches  Mineralwasser,  den  Orezzaner  Eisensäuer- 
ling, dessen  Eisengehalt  etwa  dem  des  Schwalbacher  Stahlbrunnens 
entspricht. 

Die  Gesellschaft  der  französischen  Sanatorien  errichtet  im  Ein- 
verständnisa  mit  der  Municipalität  von  Ajaccio  unweit  der  Stadt  drei 
Sanatorien  für  Schwindsüchtige :  eines  am  Meeresstrande,  eines  in  1000  und 
eines  in  1600  m  Höhe.  Kin  Theil  der  zu  en-ichtenden  Pavillons  wird  der 
Amiendirection  der  Stadt  zur  Verfügung  gestellt;  diese  unterscheiden  .«dch 


Klimatologie  und  Balneologie.  553 

von  jenen  für  zahlungsfähige  Patienten   nur   durch  die   weniger  luxuriöse 
Ausstattung. 

Honigmann- Wiesbaden  (Aegypten  als  klimatischer  Aegypten, 
Curort.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  34)  hat  sich  in  Be-  Honigmann, 
gleitung  eines  Patienten  den  Winter  über  in  Helouan  aufgehalten 
und  dort  eine  grosse  Anzahl  Phthisiker  beobachten  können.  Am 
besten  befinden  sich  jene,  welche  an  beginnenden  Katarrhen  und 
Infiltrationen,  oft  sogar  mit  geringer  Höhlenbildung  litten,  auch 
wenn  Blutungen  vorangegangen  waren.  Diese  empfinden  die  Luft- 
trockenheit auch  subjectiv  als  directe  Wohlthat.  Binnen  kurzem 
hört  Husten  und  Auswurf  auf,  und  alle  übrigen  Begleiterscheinungen 
gehen  rasch  zurück.  Während  man  sich  an  der  Riviera  alljährlich 
auf  eine  Beihe  von  Tagen  gefasst  machen  muss,  an  denen  Kälte  und 
Regen  den  Patienten  in  seine  zugigen  und  schlecht  geheizten  Zimmer 
treibt,  kann  man  für  Unterägypten  einen  dauernden  Aufenthalt  im 
Freien  mit  mildem  Sommerklima  garantiren,  bei  einer  Luft,  die  „ein- 
zuathmen  eine  Wohlthat  ist,  von  einer  Wärme,  die  trotz  hoher  Hitze- 
grade nie  unbehaglich  wird". 

Ausser  den  Phthisikem  sind  in  erster  Linie  Nierenkranke  als 
solche  zu  nennen,  welche  hierher  passen,  „Die  bei  diesen  er- 
zielten Erfolge  sind  geradezu  auffällig;  vor  allem  sinkt  die  Albu- 
minurie bei  den  meisten  Patienten  schon  in  den  ersten  Tagen  des 
Aufenthaltes  ganz  erheblich."  Der  Grrund  mag  nur  in  der  ausser- 
ordentlichen Steigerung  der  Hauttemperatur  liegen.  Die  Hautgefässe 
sind  hierbei  stark  erweitert,  ohne  dass  es  bei  der  Trockenheit  der 
Luft  zum  wirklichen  Schwitzen  kommt,  weil  die  Feuchtigkeit  sofort 
wieder  verdunstet.  Femer  sind  noch  Rheumatiker  und  Neurasthe- 
niker  als  Hauptcandidaten  für  Aegjrpten  zu  nennen ;  gerade  die  letz- 
teren bedürfen  aber  besonders  des  Rathes  eines  mit  den  dortigen 
Verhältnissen  wohl  vertrauten  Arztes,  um  in  der  Wahl  des  Cur- 
aufenthaltes  gegen  Fehlgriffe  geschützt  zu  sein. 

Graebner  (Cannes  eine  maritime  Winterstation  für 
Kinder.  St.  Petersb.  med.  Wochenschr.  Nr.  35).  Die  Seehospize  sind 
in  der  Regel  nur  den  Sommer  über  geöffnet;  die  meisten  derjenigen, 
welche  ihre  Thätigkeit  im  Winter  nicht  einstellen,  sind  so  weit  nörd- 
lich gelegen,  dass  der  Genuss  frischer  Luft  nur  in  beschränktem 
Maasse  und  das  Baden  im  Meer  monatelang  gar  nicht  möglich  ist.  Zur 
Heilung  schwererer  tuberculöser  Gelenk-  oder  Knochenaffectionen  ist 
aber  eine  längere  Dauer  der  Curzeit  nöthig.  Hierzu  bietet  das  Dolfus- 


554  Beetz. 

Cannesals  sehe  Asyl  in  Cannes  Gelegenheit,  eine  Wohlthätigkeitsanstalt  des 
maritime  bekannten  Grossindustriellen  dieses  Namens  und  eines  Genfer  Vereins. 
Station,  Hier  können  die  Pensionäre  den  ganzen  Winter  im  Meere  baden,  imd 
Graebner.  hier  halten  sie  sich  nur  Nachts  im  Hause  auf.  Ein  Vergleich  mit 
anderen  Anstalten,  insbesondere  mit  Banyuls  s.  m.  zeigt,  dass  in 
Cannes  die  Erfolge  schneller  eintreten,  femer,  dass  die  Wintercur  in 
Cannes  sehr  wohl  durchführbar  ist.  —  Den  Gegensatz  zu  der  erfolg- 
reichen Behandlung  der  scrophulösen  Kinder  in  der  Dolfus'schen  An- 
stalt zeigt  das  Dispensaire  Lemwal  in  Nizza.  Hier  werden  die  Kinder 
ängstlich  vor  der  Berührung  mit  ftischer  Luft  oder  dem  Meere  ge- 
schützt, und  sind  die  Eesultate  geradezu  klägliche,  ebenso,  wie  dies 
auch  in  Familien  der  Fall  ist,  welche  mit  ihren  kranken  Kindern 
zum  Ueberwintem  nach  Cannes  kommen  und  die  in  der  Heimath  ge- 
wohnte Lebensweise  mit  ihrer  Bequemlichkeit  und  ihrem  Luxus  nicht 
ablegen  wollen.  Cannes  eignet  sich  wegen  seines  vorzüglichen 
sandigen  Badestrandes  besser  zum  Baden,  als  Nizza,  Branlieu  oder 
Mentone. 

Winter-  Hu  ch z  er  m  e ye r  -  Oeynhausen    (Winter euren.     Deutsche 

euren,  Med.-Ztg.  Nr.  93  u.  94).  Man  leugnet  die  günstigen  Wirkungen  des 
Aufenthaltes  Kranker  in  freier  Luft  nicht,  aber  man  schätzt  dies 
nicht  so  hoch,  dass  man  die  richtige  Folgerung  zöge,  diese  Wir- 
kungen müssten  das  betreffende  Leiden  bessern,  wenn  es  besserungs- 
fähig ist,  und  erträglicher  machen,  wenn  es  imerträglich  ist.  Pur 
die  Lungenleidenden  ist  die  Frage  durch  Daves  etc.  gelöst.  Für 
Rheumatismen  sorgen  Wiesbaden  und  Aachen.  Dass  viele  Formen 
von  Neuralgieen  Abhängigkeit  von  thermischen  und  barometrischen 
Schwankungen  zeigen,  ist  bekannt ;  solche  Patienten  empfinden  aber 
ihre  Verschlimmerung  mit  eben  so  grosser ,  wenn  nicht  grösserer 
Heftigkeit  im  Zimmer,  als  beim  Aufenthalte  im  Freien.  Wintercuren 
hält  Huchzermeyer  für  indicirt  1.  bei  verlangsamter  oder  im- 
voUkommener  Reconvalescenz  nach  acuten  und  subacuten  Krank- 
heiten (dies  hat  die  besten  Erfolge,  während  eine  Nichtberück- 
sichtigung Schaden  stiftet) ;  2.  bei  functionellen  chronischen  Störungen 
in  verhältnissmässig  gesunden  Körpern  nach  jahrelanger  abnormer 
Lebensweise;  3.  bei  organischen  Erkrankungen,  bezw.  bei  vor- 
geschrittenen Stadien  der  zweiten  Gruppe.  Im  Literesse  der  £nt- 
wickelung  von  Wintercurorten  liegt  die  Trennung  der  Lungen- 
kranken von  allen  anderen.  Das  Sanatorium  in  Oeynhausen,  sowie 
sein  Curhaus  ermöglichen  dort  die  Wintercur;  im  vorigen  Winter 
wurden  schon   2746  Bäder  verabreicht. 


Klimatologie  und  Balneologie.  555 

L.  Fürst -Berlin  (Deutsche  Med.-Ztg.,  13.  Mai)  plaidirt  für  die     Freiluft- 

Errichtung  von  Hallen,  welche  nach  der  Seite  des  Meeres  offen ^^^*\*^°'^®° 

.  ,  .  .  am  Meeres- 

und nach  der  Landseite  gegen  die  Sonne  geschützt  sind.     In  diesen     strande, 

soll  Meerwasser  maschinell  zerstäubt  und  als   Inhalation  gebraucht      L.  Fürst. 
werden  können. 

Auf  der  Naturforscherversammlung  in  Lübeck  zeigte  v.  Ziems-       Klima- 
s e n ,  wie  die  frühzeitige  geeignete  Behandlung  der  Tuberculosen  „  ^^^ ^?l® 

.  ,  .  ^         ,     Behandlung 

im   eigensten   Interesse   der  Versicherungsanstalten  liegt,    wie   die         der 
hanseatischen  Versicherungsanstalten  zuerst  erkannt  haben.     Wenn       Tuber- 
die  31  bestehenden  Versicherungsanstalten,  zu  denen  noch  die  8  Zu-   v^Ziemssen 
gelassenen  kommen,   jedes  Jahr  nur  250  der  klimatischen  Behand- 
lung überweisen,  so  kommt  schon  eine  recht  imponirende  Zahl  heraus. 
Am  wichtigsten  ist,    dass   gerade   die  in  den  ersten  Anfängen  der 
Krankheit    befindlichen  Fälle,    ja    selbst   nur    die   verdächtigen    in 
frühzeitige  Behandlung  kommen.     Es  ist  ganz  unmöglich,  dass  jede 
Versicherungsanstalt  ein  eigenes  Sanatorium  baut;  vielmehr  werden 
es  viele  vorziehen,  die  vorhandenen  zu  benutzen. 

Glax-Abbazia  (Zur  Klimatotherapie   des  Morbus  Ba-     Klimato- 
öedowii.   AUg.  med.  Centralzeitg.  Nr.  31)  betont  den  günstigen  Er-  ^*^l[*^^^ 
folg  des  Seeklimas  von  Abbazia  in  fünf  Fällen  von  Morbus  Basedowii;  Bas^dowü, 
die  Behandlung  bestand   in  Halbbädem  mit  Seewasser   von  24°  R.         ^l«"^- 
bis  18°   abnehmend,   Galvanisation   am  Halse   und  täglicher  Appü- 
cation  des  Leiter'schen  Wärmeregulators  auf  das  Herz  wähi*end  einer 
Stunde. 

Balneologrle. 

H.  Neumann  rühmt  in  der  AUg.  med.  Centralztg.  (Nr.  3)  die   Brücken  au 
ausgezeichnete   diuretische  Wirkung   der  Wernarzer  Quelle  in      ^^^^^ 
Brückenau   bei  Erkrankungen   der  Nieren  imd  besonders      loideu, 
bei  Scharlachnephritis  und  Schwangerschafbsniere.   Auch  bei  Diabetes     Neumann, 
mellitus  mit  Eiweissausscheidung  hat  er  gute  Erfolge  gesehen.     Ek 
müssten   deshalb  Diabetiker,    bei   welchen  Eiweiss  im  Harne  beob- 
achtet  wird,   nicht    wie  bisher    Karlsbad   und  Neuenahr  aufsuchen. 
Gegen  letzteren  Satz  wendet  sich  G.  K  ü  h  n  -  Neuenahr  (AUg.  medic.    Xeuenahr, 
Centralztg.  Nr.  7),   der  den  Neuenahrer  Quellen  einen  günstigen        ^"^^• 
Einfluss  auf  die  Abnahme  von  Eiweiss-  und  Zuckerausscheidung  zu- 
schreibt und  betont,  dass  es  ein  Fehler  sei,  Karlsbad  mit  Neuenahr 
zu  verwechseln.   Letzteres  gehöre  zu  den  alkaHschen  Säuerlingen  mit 
hervortretendem    Gehalt    an    Natriumbicarbonat    und    Kohlensäure, 
und  Fresenius  habe  in  ihm  neuerdings  Arsen  in  verhältnissmässig 
grösserer  Menge  nachgewiesen. 


haller 
Quelle. 


556  Beetz. 

Friedrichs-  Eine    neue  Bitterquelle    ist    in  Friedricbshall   erbohrt 

worden.  Dieselbe  enthält  in  1000  Gewichtstbeilen  Na^2S^4  ^j^  — 
MgS04  5,9  —  NaCl  7,3  —  MgCl2  4,7  und  soll  sich  durch  grössere 
Wirksamkeit  und  besseren  Geschmack  vor  der  alten  Quelle  vortheil- 
haft  auszeichnen. 

Bali  er  bei  Grödel-Nauheim  hat  in   der  balneologischen  Gesellschaft  am 

Arterio-     g   März   über  Bäder  bei  Arteriosklerose  vorgetragen.     Von 
Sklerose,  .  .        ,  . 

Grödel.  der  Ansicht  ausgehend,  dass  Bäder,  wie  sie  gewöhnlich  bei  Kreis- 
laufstörungen zur  Anwendung  kommen,  eine  Blutdrucksteigerung  her- 
beiführen und  deshalb  die  Gefahr  des  Berstens  etwaiger  Miliar- 
aneurysmen vorliegt,  hat  man  die  Arteriosklerose  als  Contraindication^ 
speciell  für  die  kohlensäurehaltigen  Soolthermen  aufgefasst.  Nach 
G  r  ö  d  e  Ts  Erfahrungen  ist  dies  nicht  richtig.  Bei  den  kühlen  COy- 
Soolbädem,  wie  sie  in  Nauheim  verordnet  werden,  tritt  zu  Beginn 
des  Bades  eine  Steigerung  des  Blutdruckes  ein.  Diese  wird  aber 
sehr  bald  durch  eine  compensatorische  Erweiterung  der  inneren  Ge- 
fässbezirke  ausgeglichen.  Sehr  rasch  schwindet  auch  durch  eine 
Reizung  der  Kohlensäure  die  Contraction  der  Hautgefasse.  Pur  die 
Verwendung  der  Thermalsoolbäder  stellt  Grödel  folgende  Indi- 
'  cationsgruppen  auf:  1.  Bekämpfung  der  die  Sklerose  begünstigenden 
Krankheiten,  wie  Gicht,  Gelenkrheumatismus,  Neurasthenie.  2.  Directe 
Einwirkimg  auf  die  bei  Entstehung  der  Arteriosklerose  in  Betracht 
kommenden  Störungen  der  Einzelorgane,  Besserung  der  Blutbeschaifen- 
heit.  3.  Förderung  der  Compensation  bei  den  durch  Arteriosklerose 
bedingten  Kreislaufstörungen.  Apoplektiker  sind  nie  vor  Ablauf  eines 
Jahres  der  Badecur  zu  unterwerfen. 

Kohlensaure  F.  Baur,  Beitrag  zur  Wirkung  kohlensäurehaltiger  Sool- 

Sooibader    |jäder    bei   chronischem    interstitiellem    Morbus    Briachtii 
bei  Morbus  , 

UtI frhtii,  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  32).  Die  Badebehandlung  er- 
Banr.  folgte  nach  den  für  chronische  Herzleiden  bestinmiten  Principien: 
vorsichtiger  Beginn  mit  2  ^/o  igen  kohlensäurefreien  Soolbädem  und 
allmähliche  Steigerung  der  wirksamen  Bestandtheile ,  des  Chlor- 
natriums, Chlorcalciums  und  der  Kohlensäure  bis  zur  schliesslichen 
Anwendung  der  stark  kohlensäurehaltigen  Sprudelbäder.  Die  Tempe- 
raturen schwankten  zwischen  35  und  32®  C.  In  der  Kegel  zeigte  sich 
schon  nach  den  ersten  Bädern  eine  Hebung  des  Allgemeinbefindens ; 
Hand  in  Hand  mit  derselben  ging  eine  erfreuliche  Steigerung  der 
körperlichen  Leistungsfähigkeit ;  auch  die  Diurese  erfuhr  eine  Steige- 
rung.  Die  Albumenausscheidung  schwankte,  war  aber  nie  vermehrt, 


Klimatologie  und  Balneologie.  557 

sondern  meist  vermindert.  Am  raschesten  verschwanden  die  sub- 
jectiven  Herzbeschwerden.  Der  Schwerpunkt  der  Bäderbehandlung 
liegt  nach  Verf.  in  ihrer  tonisirenden  Wirkung  auf  das  Herz. 

E.   Hirsch-Nauheim,    Behandlung    der   Bleichsucht    mit  Kohlensaure 
CO-2-haltigen  Soolbädern  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31).    »ooibäder 
Die  Bleichsucht   verursacht    ausser  der  Veränderung   in   der  Blut-       sucht 
beschaffenheit  Störungen  der  Circulation,  Veränderungen  am  Herzen,     E.  Hirsch. 
sensible  und  psychische  Anomalieen  und  Störungen  in  der  sexuellen 
Sphäre.     Da  der  Herzmuskel  schwacli  und  widerstandslos  und  der 
Herzschlag  unregelmässig  und  matt  ist,  so  müssen  CO^-haltige  Koch- 
salzbäder, die  eine  kraftvolle  Arbeit  des  Herzens  hervorrufen,  nicht 
nur  die  Herzmuskelinsufficienz  heben,  sondern  damit  auch  tiefe  und 
regelmässige  Athemzüge  herbeiführen.    Die  Centren  der  Qefäss-  und 
Uterusnerven  liegen  räiunlich  nahe.   Ein  Beiz,  der  das  erstere  trifft, 
muss  auch  beim  zweiten  zur  Geltung  kommen,  und  Contractionen  der 
Gebärmutter  müssen  kräftigend  auf  dieses  Organ  einwirken. 

Die  Versuche  CarlDapper's  (Untersuchungen  über  die  Wir-    Kissinger 
kunfi^    des    Kissinger    Mineralwassers    auf    den    Stoff-     Mineral- 

w&sscri  in 

Wechsel  des  Menschen.    Berlin,  klin.  Wochenschr.,  15.  August)       stoff- 
über  den  Eiweissumsatz  bei  Gebrauch   des  Kissinger  Bakoczy-  und     wechsoi, 
des  Bitterwassers  ergaben,  dass  der  Eiweissumsatz  nicht  gesteigert         »pper. 
wurde;   nicht   einmal  die   öfter   beschriebene  Steigerung  der  Ham- 
stofifausfuhr  in  den  ersten  zwei  Tagen  der  Trinkcur  trat  ein.     Ent- 
fettungscuren  können   also  so  geleitet  werden,   dass  starke  Abgabe 
von  Körperfett  ohne  Gefahrdung  des  Eiweissvorrathes  erreichbar  ist. 
Umgekehrt  zeigte  sich,  dass  der  Fettverlust  durch  den  Koth  unter 
dem  Gebrauche  des  Kissinger  Wassers,  selbst  bei  Heranziehung  be- 
deutender Mengen    desselben,    nicht  gesteigert  wird.     Man   erhält 
selbst   dann  normale  Ausnutzungswerthe  der  Nahrung,  wenn  durch 
die  Wässer  reichliche  dünne  Entleerungen  herbeigeführt  werden. 

Die  experimentellen  und  klinischen  Beobachtungen  Gurwitsch's    ContrexC- 
(Petersb.  med.  Wochenschr.,  1.  Beilage)  über  den  Einfluss  des  künst-     ville  und 

Ausschei' 

liehen  und  natürlichen  Contrexeville-Wassers  (Source  de  pa-  düng  der 
villon)  auf  die  Ausscheidung  von  Harnsäure  und  über  die  Harnsünre, 
Hehandlung  der  Nephrolithiasis  mit  diesem  Wasser  führten 
zu  folgenden  Schlusssätzen:  1.  Die  durchschnittliche  tägliche  Ham- 
menge steigt  bei  Anwendung  des  Contrex6vüle-Wassers.  Diese  Stei- 
gerung bleibt  nach  der  Beendigung  der  Ciu*  noch  eine  Zeitlang  be- 
stehen.  2.  Mit  Vermehrung  der  Hammenge  beobachtet  man  ein  Sinken 


558  Beetz. 

des   specifischen  Gewichtes.     3.  Die  absolute  Menge   der  Hamsani'e 
nimmt  in  der  MehrzaU  der  Fälle  ab. 

Die  Resultate  waren  bei  Anwendung  des  natürlichen  wie  des 
künstlichen  Wassers  gleich.  Wenn  schon  die  dinretische  Wirkung 
des  Wassers  und  seine  Fähigkeit,  den  Procentgehalt  der  Harnsäure 
zu  verringern,  von  gutem  Einflüsse  auf  die  Nephrolithiasis  sein 
müssen,  so  kommt  noch  hinzu,  dass  der  Harn  unter  dem  Einflüsse 
des  Contrexeville- Wassers  die  Fähigkeit  erlangt.  Harnsäure  zu  lösen. 

Eiseuwässer         J.  Fridberg  (Petersb.  med.  Wochenschr.,  Beilage  S. 27)  kommt 
'*"*         bezüglich  der  Wirkung  der  Eisenwässer,  des  Ferrum  sulfuri- 

HämoglobiD,  ^,     ,  ^-i-rr  i^-  ii 

Fridberg.  cum  und  des  Hämogallols  auf  den  Hämoglobingehalt 
und  die  Zahl  der  rothen  Blutkörperchen  imBlute  An- 
ämischer zu  folgenden  Resultaten:  Pyrophosphorsaures  Eisen- 
wasser, Schwalbacher  Stahlbrunnen  und  Pvrmonter  wirken  weder 
günstig,  noch  ungünstig  auf  das  Blut  Anämischer.  Ferrum  suHuri- 
cum  bedingt  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  eine  unbedeutende  Erhöhung 
des  Hämoglobingehaltes  und  der  Zahl  der  Erythrocyten.  Daher 
bessert  sich  auch  der  Zustand  der  Patienten  nach  Anwendung  des 
Mittels.  Hämogallol  hat  eine  deutliche  günstige  Wirkung  auf  das 
Blut  Anämischer,  indem  es  einerseits  Hämoglobin  und  rothe  Blut- 
körperchen vermehrt  und  andererseits  die  Zahl  der  Leukocyten 
herabsetzt. 

Schlamm-  Nach  W e i 8 z - Pistyin  (Pester  med.-chirurg.  Presse  Nr.  14  u.  15) 

bäder  und    nehmen   Schwefel-  und  Schlammbäder  in  der  conserva- 

tnberculose,*^^®^ -^^^^^^^^^S  ^^^  Knochen-  und  Gelenktuberculose 
Weisz.  den  ersten  Platz  ein.  Bei  nicht  eiternden  und  nicht  mit  Zerfall 
drohenden  TJebeln  gelingt  es  in  vielen  Fällen  durch  den  systemati- 
schen Gebrauch  derselben  die  Erankheit  zum  Stillstand  zu  bringen. 
Auch  bei  eitrigen  Processen  erzielt  man  wesentliche  Besserung,  wenn 
nicht  Heilung.  Die  genannten  Bäder  bilden  eine  kräftige  Stütze  der 
chirurgischen  und  orthopädischen  Behandlung;  träge  Operations- 
wimden,  monatelang  offen  bleibende  Fisteln  und  Geschwüre  heilen 
xmter  schneller  Abnahme  des  zuerst  reichlich  fliessenden  Secretes. 
Ausgeschlossen  von  der  balneotherapeutischen  Behandlung  sind  nur 
hochgradig  empfindliche  Gelenke,  besonders  wenn  der  Patient  stark 
fiebert. 

W.  Predtetschenski  (lieber  einige  Blutveränderungen 
unter  dem  Einflüsse  von  Moorbädern.  Petersb.  med.  Wochen- 


Klimatologie  und  Balneologie.  559 

sckrift  Beil.  3)  hat  das  Blut  bei  Patienten,  welche  mit  den  Szakki-   Moorbäder 

Moorbädern  (s.  d.  Jahrb.  1894,  S.  788)  behandelt  worden  waren,  unter-    ^»^  Blut- 

'  verande- 

sucht.     Er  fand,  dass  unter  dem  Einflüsse   des  Moors  sowohl  das        rung, 

specifische  Gewicht  des  Blutes,  als  auch  die  Menge  des  Hämoglobins  Predtetachenski. 
zunahmen.  Das  Maximum  des  Ansteigens  des  specifischen  Gewichts 
betrug  0,019,  des  Hämoglobins  21  ^/o;  die  Zahl  der  rothen  Blut- 
körperchen nahm  rasch  zu.  Die  Alkalescenz  des  Blutes,  welche  bei 
allen  Patienten  mit  chronischem  Gelenkrheumatismus  die  normalen 
Werthe  nicht  erreichte,  stieg  unter  dem  Einflüsse  der  Moorbäder 
an,  und  dieses  Resultat  blieb  auch  nach  Beendigung  der  Cur  be- 
stehen. 

« 

Nach  Bluemchen  (Beobachtungen  über  Öandbäder.  Zeit-  Sandbäder, 
Schrift  f.  Krankenpflege  Nr.  11)  macht  die  gelinde  Wirkung  die  Bluemchen, 
Sandbäder,  welche  sich  am  besten  zur  Behandlung  von  chronischen 
Rheumatismen,  Arthritis,  chronischen  Nephritiden  und  Exsudaten 
eignen,  auch  bei  Kranken  mit  Herz-  oder  Lungenaffectionen  brauchbar. 
Die  andersartigen  Bäder  werden  weniger  gut  und  weniger  lange  er- 
tragen, weil  sich  die  Körpertemperatur  des  Badenden  im  Wasser, 
im  Dampf  und  in  der  Luft  viel  mehr  erhöht,  als  im  heissen  Sande; 
Wärmeverlust  durch  Leitung  oder  Strahlung  erleidet  der  Badende 
in  keinem  der  medicinischen  Bäder,  welche  höher  temperirt  sind, 
als  sein  Körper.  Im  Sandbade  ist  die  Verdunstung  vom  Gesicht 
aus  ganz  uneingeschränkt;  ebenso  die  Wärmeabgabe  durch  die  Ath- 
mung.   Letzteres  trifft  übrigens  auch  bei  den  Kastendampfbädern  zu. 

Nach  E.  Grawitz  (Ueber  Sandbäder.  Deutsche  Medicinal-  E.  Grawitz 
Zeitung,  18.  März)  unterscheidet  sich  das  heisse  Sandbad  von  dem 
einfachen  heissen  Wasserbad  durch  den  sehr  hohen  Temperaturgrad. 
Bei  Temperaturen  unter  40  °  C.  fühlen  sich  die  Kranken  im  Sand- 
bade nicht  wohl.  Am  besten  bekommt  ihnen  eine  Temperatur  von 
50**  C.  Ln  Sandbade  kommen  die  Patienten  sehr  bald  zu  profusem 
Schwitzen ;  die  Körpertemperatur  steigt  schnell,  aber  selten  über  1 ". 
Der  Patient  kann  V2 — 1  Stunde  im  Bade  bleiben;  die  hier  ab- 
gegebene Schweissmenge  beträgt  1 — IV2  kg.  Dass  der  Körper  im 
Bade  nicht  überhitzt  wird,  liegt  daran,  dass  der  heisse  Sand,  welcher 
den  Körper  umgibt,  alsbald  mit  Schweiss  durchtränkt  wird  und  dass 
infolge  dessen  dem  Körper  nicht  mehr  viel  neue  Wärme  zugeführt 
wird,  während  im  Wasserbade  immerfort  neue  heisse  Partieen  des 
Wassers  mit  dem  Körper  in  Berührung  kommen;  femer  daran,  dass 
die  Kranken  mit  dem  Sandbade  in  die  kühle  Aussentemperatur  ge- 
bracht werden.     Infolge   dessen  sind  sie  viel  weniger  Congestionen 


560 


Beetz. 


zum  Kopf  ausgesetzt  und  im  Stande,  durch  Atlimen  in  kühler  Luft 
den  Körper  abzukühlen  und  dabei  reichlich  Wasser  abzugeben.  Der 
Erfolg  der  genannten  Bäder  bei  Arthritis  deformans,  chronischen 
Gelenkrheumatismen  und  hydropischen  Ergüssen  ist  auffällig. 

Heisse  J.  Traugott  (Behandlung   der  Chlorose  mit  warmen 

Luftbäder   Luftbädern.     Blätter  f.  klin.  Hydrotherapie  Nr.  4)  versuchte  bei 

bei  Chlorose,    .  .  .  « 

Traugott.  einer  Anzahl  von  Ghlorotischen  heisse  Luftbäder,  um  zu  sehen, 
welcher  Antheil  bei  den  therapeutischen  Versuchen  mit  Aderlass 
und  Dampfbad  der  Diaphorese  zukomme.  Es  wurden  44  Chlorotische 
auf  diese  Weise  behandelt;  keine  der  Patientinnen  nahm  Eisen, 
Arsen  oder  dergleichen.  Bei  allen  aber  wurde  eine  rasche  und 
dauernde  Besserung  erzielt,  und  bei  allen  war  eine  Zunahme  des 
Hämoglobins,  eine  Vermehrung  der  rothen  Blutkörperchen  und  Er- 
höhung des  specifischen  Gewichtes  des  Blutes  zu  constatiren.  Auch 
verschwanden  die  Herz-  und  Gefassgeräusche. 


Uydria- 

tische 

Therapie 

und  Stoff. 

Wechsel, 

Strasser. 


Hydrotherapie. 

Alois  Strasser  berichtet  in  der  Wiener  Klinik  (Bd.  4)  über 
das  Verhalten  des  Stoffwechsels  bei  hydriatischer 
Therapie.  Strasser  hat  diese  Frage  an  zwei  Männern  geprüft : 
einem  Neurastheniker  und  einem  an  langsam  fortschreitender  Lateral- 
sklerose Leidenden.  Beide  wurden  durch  einige  Tage  auf  Stick- 
stoffgleichgewicht gesetzt.  Dann  bekam  der  Erstere  um  9  Uhr  früh 
eine  Abreibung  von  12  ®  R. ,  um  V«  12  Uhr  eine  kalte  Regendouche, 
Nachmittags  ein  Halbbad  von  20  ^  R.  mit  Abkühlung  bis  auf  20  •  R. 
Jeder  Procedur  folgte  ein  Spaziergang  bis  zur  Erwärmung.  Der 
zweite  Patient  erhielt  früh  um  8  Uhr  eine  Abreibung  bis  zur  Er- 
wärmung, um  12  Uhr  einen  fliessenden  Rückenschlauch  von  12  ^  R. 
durch  eine  halbe  Stunde.  Nachmittags  4  Uhr  ein  Halbbad  von  22  ®  R. 
mit  Abkühlung  auf  20  ®  R.  Auch  hier  folgt  jeder  Procedur  Be- 
wegung, soweit  dieses  beim  Zustande  des  Patienten  möglich  war. 
Die  Stickstoffausscheidung  war  nun  während  der  Badeperiode  in 
beiden  Eällen  gegenüber  der  Vor-  und  Nachperiode  ausgiebig  ge- 
steigert. Die  Harnsäureausscheidung  war  während  der  Badezeit 
ebenfalls  sehr  gesteigert,  imd  diese  Steigerimg  hielt  noch  in  der 
Nachperiode  an.  Ebenso  war  auch  die  Ausscheidung  der  Phosphor- 
säure sowohl  absolut,  als  im  Verhälti^iss  zum  Gesammtstickstoff 
während  der  Badezeit  sehr  gesteigert.  Die  Extractivstoffe  zeigten 
indessen  ganz  geringe  Werthe,  woraus  Strasser  schliesst,  dass 
der  weitaus  grössto  Theil  des  Stickstoffs  zur  Bildung  normaler  End- 


Klimatologie  und  Balneologie.  561 

producte  des  Stoffwechsels  verwendet  worden  ist,  so  zwar,  dass  fiir 
Extractivstoffe  nur  mehr  ein  sehr  geringer  Bruchtheil  übrig  ge- 
blieben ist  und  dass  durch  die  hydriatische  Therapie  der  Stoff- 
wechsel qualitativ  und  quantitativ  im  Sinne  einer  normalen  Thätig- 
keit  des  lebenden  Organismus  gesteigert  wird. 

Bornstein- Landeck   hat  der  balneologischen   Gesellschaft  in      Heisse 
BerHn    über    die   Wirkung   heisser   Bäder   auf   den    Stoff-    Bäder  und 
Wechsel   vorgetragen.     Bornstein  hat  an  sich  selbst  Versuche     Wechsel 
mit  Bädern  von  40 — 42  ®  C. ,    die  allmählich  bis   45  °  C.   gesteigert     Bornstein. 
wurden,   bezüglich  des  subjectiven  Befindens  sowie  der  Functionen 
des  Organismus  angestellt.    Bornstein  nahm  tägUch  ein  Bad  und 
blieb  17 — 20  Minuten  in  demselben.   Es  wurde  täglich  dieselbe  genau 
bestimmte  Nahrung  eingenommen,  und  die  Ausscheidungen  wurden 
analysirt.   Die  Körpertemperatur  betrug  vor  dem  Bade  in  der  Mund- 
höhle 34  ^  C,  stieg  im  Bade  auf  38,5  ®  C.  und  ging  dann  auf  die  Norm 
zurück.   Der  anfangs  beschleunigte  Puls  wurde  allmählich  langsamer. 
Frösteln   nach    dem   Bade    wurde    nicht  beobachtet.      Schon   nach 
3  Minuten  trat  der  Schweissausbruch  ein.   Die  Stickstoffausscheidung 
im  Harn  betrug   am  3.  Tage  14.47  g,   sank   dann  auf  13,71  g  und 
stieg    dann   wieder   an.     Im  Gesichtsschweiss   fanden    sich    0,46  g 
Stickstoff.     Die  Verminderung  im   Harn   und  Koth  ist   eine  Folge 
der  vermehrten  Schweisssecretion. 

J.  Lefevre  (La  puissance  et  la  resistance  thermogenetique      Körper- 
de  Forganisme  humain  dans  un  bain  d'une  heure  ä  la  tempera-  temperatur 
turede7degr^8.  Ref.  im  Centralbl.  f.  imiere  Med.  Nr.  45)  hat  einen  gesunden    '  "*  ^  *  J*  ®  "* 
Mann  in  ein  Bad   von  7,4®  C.  gesetzt  und   die  Beeinflussung   der  Körper-       Leftvre. 
temperatur    durch   fortlaufende   Messungen  in   der  vom  Wasser  nicht   be- 
rührten Achselhöhle  festgestellt.    Es  ergab  sich,   dass  während  der  ersten 
12 — 15  Minuten  die  Temperatur  unverändert  blieb  und  dann  langsam  sank. 
Nfu;h  einer  halben  Stunde  erreichte   die  Schnelligkeit  des  Sinkens  bei  87® 
ihr  Maximum;  dann  sank  die  Temperatur  fast  unmerklich,   bis  sie  nach 
einer  Stunde  36®  erreichte. 

Winckler  bespricht  in  denBlättem  für  klinische  Hydrotherapie  Aberg'sche 
(Nr.  7)    die  Aberg'sche  Eiswassercur.     Diese   besteht  in  dem  Eiswasser- 

c  n  r 

folgenden   Verfahren:    1.  Stufe   der  Cur:  der  Eumpf  des  Patienten     winckier. 
wird  mittels  eines  Schwammes  mit  Wasser  von  0  ®  gewaschen.   Der 
Nacken   wird   hierbei  besonders  gekühlt.     2.  Stufe:    der  Kopf  des 
Kranken    wird  in  einer  Badewanne    Übergossen,    sodann   auch   der 
Rumpf.   3.  Stufe:  Vollbäder  von  7—13*'.   Nach  jeder  Procedur  wird 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    I89(j.  3(3 


562 


Beetz. 


Improvi- 

Hirtes 

Dampfbad, 

Winterniiz. 


der  Körper  sehr  gut  abgetrocknet:  anfangs  bleibt  der  Patient  danach 
im  Bette,  spater  mnss  er  sich  Bewegung  machen.  In  der  kalten 
Jahreszeit  müssen  die  Zimmer  sehr  gut  geheizt  sein,  nm  Rheoma- 
tismen  zn  vermeiden.  Aberg  rühmt  die  Erfolge  der  etwas  ener* 
gischen  Behandlung  sehr. 

Winternitz  beschreibt  in  den  Blättern  fiir  klinische  Hydro- 
therapie Nr.  1  eine  einfache  Vorrichtung,  um  ein  Dampf- 
bad zu  improvisiren.  Eine  gewöhnliche  Badewanne  erhält  einen 
Holzrost;  auf  diesen  setzt  sich  der  Patient.  Die  Wanne  wird  durch 
eine  Wolldecke  zugedeckt.  Nun  lässt  man  heisses  Wasser  unten  zu- 
strömen und  in  kurzer  Zeit  ist  der  im  Bade  Ruhende  in  voller 
Transspiration. 


Wasser- 

drack- 

Tnassa^e, 

Lahmann. 


L  ah  mann  (Blätter  f.  klin.  Hydrotherapie  Nr.  11)  hat  zur 
^ W asserdruckmassage^  eine  Badewanne  mit  einem  höher  oder 
tiefer  stellbaren  Schaufelrade  montirt,  das  durch  seine  Drehungen  eine 
tüchtige  Durchschüttelung  der  Decken  und  Organe  des  Unterleibes 
vorzunehmen  gestattet,  welche  je  nach  der  Schnelligkeit  der  Drehungen 
mehr  oder  weniger  nachdrucklich  ist. 


Kalte  Brei-  Be'dford  Brown  (Blätter  f.  klin.  Hydrotherapie  Nr.  1)  empfiehlt 

umachläge,  kalte  Breiumschläge  als  Antipyretica  beihohemPieber.  Die- 
selben  werden  ähnlich  gemacht,  wie  das  in  diesem  Jahrbuche 
(1893,  S.  627)  angegebene  Eiskataplasma.  Leinsamenmehl  wird  mit 
kochendem  Wasser  zu  einem  weichen  Brei  verrührt,  dieser  durch 
Eiswasser  gekühlt  und  in  erforderlicher  Orösse  als  Stammumschlag 
verwendet. 


Warme  Alfred  Högerstedt  (St.  Petersb.  med.  Wochenschr.  Nr.  1  ff.) 

Vollbäder    experimentirte   an  Patienten   mit   chronischen    Circulations- 
r i ^nn io      Störungen  über  die  an  denselben  beobachteten  Wirkungen  warmer 
tions-       Vollbäder  von  30 ^  R.  Der  thermische  IndifFerenzpunkt  des  Bades 
«torungen,   jj^^   y^gj    ^^^3^  Temperatur   von   34— 3B*  C.     Der   Wärmeverlust, 
welchen  ein  gesunder  und  nicht  besonders  fetter  Mensch  in  einem 
solchen  von  15 — 25  Minuten  Dauer  erleidet,  entspricht  ungefähr  dem 
normalen  mittleren  Wärmeverlust.   In  den  von  Högerstedt  beob- 
achteten Fällen   steigt  im  warmen  Bade  die  Leistungsfähigkeit  des 
linken  Ventrikels;   dank   dieser  gesteigerten  Leistung  vermag  der 
linke  Ventrikel  die  während  des  Bades  angestiegenen  und  nur  lang- 
»am  abgeklungenen  Widerstände  im  Venenstrom  zu  überwinden.  (Aber 


Klimatologie  und  Balneologie.  563 

im  warmen  Bade  befand  sich  ein  ^osser  Theil  des  Blutes  gar  nicht 
im  Venensystem,   sondern  in  den  erweiterten  Hautcapillaren.   Ref.) 

F.  S.  Woroschilski  (Allg.  med.  Centralztg.  Xr.  49)  hat  nach      fleisse 
dem  Vorgange  A u f r e c h t's   zwei  Fälle  von   schwerer   Cerebro-    B&derbei 
Spinalmeningitis    mit  eclatantem  Erfolge  mit  32®  warmen      gpinal- 
Waaaerbädern  behandelt  und  fordert  zu  weiteren  Beobachtungen  auf.  meningitis, 

Woroschilski. 
Schütze  (Borlachbad  -  Kosen)  hat  am  8.  März  der  balneologischen      Hydria- 
Gesellschafb  über  die  hjdriatische  Behandlung  der  Gonorrhoe  vor-       tische 
getragen.    Schütze  spült  mit  einem  canellirten  Röhrchen  den  Penis  von  ®®^*5*^^^'*s 

fi  A  IT 

hinten  her  aus  und  bringt  die  Fälle  ohne  Medicamente  zur  Heilung.  -  Öie  Gonorrhoe 
Dauer  der  Behandlung  ist  etwas  länger,  als  bei  den  alten  Methoden.  Schütze. 

W.  Raiford  (Bruchreposition  unter  Hydrotherapie.  Americ.       Brach- 

med.  surg.  Bill.  Bd.  6,  Nr.  8)  lässt  Patienten  mit  HernienvorfeU  die  Rücken-  reposition 
läge  mit  leichter  Beckenhochlagerung  einnehmen,   die  Schenkel  in  einem       u"^!^^ 

etwas  mehr  als  rechten  Winkel  gebeugt.    Kaltes  Wasser  wird  nun  sanft,  therapie 
aber  reichlich  von  oben  auf  die  Bruchgeschwulst  und  den  Unterbauch  ge-       Raiford. 
gössen,  während  der  Operateur  die  Reposition  vollzieht. 

L.  Buxbaum   (Die    hydriatische   Behandlung   der      Hydria- 
Diarrhoe.   Blätter  f.  klin.  Hydrotherapie  Nr.  9).   Die  Diarrhoe  ent-       tische 
steht   entweder    durch  die   abnorme  Beschaffenheit   der  Nahrungs-         ^^^ 
mittel,  welche  eine  vermehrte  Darmsecretion  oder  stärkere  peristal-    Diarrhoe, 
tische  Bewegungen  verursachen,  oder  sie  beruht  auf  einem  krank-     Bu^ijaum. 
haften  Zustande  der  Darmschleimhaut  selbst.    Femer  kann  dieselbe 
durch  Lanervationsstörungen   und    durch   ungleiche  Blutvertheilung 
bedingt   sein.     Zur  Behandlung   des    ersten  Falles,    der   abnormen 
Beschaffenheit  der  Nahrungsmittel,  ist  die  peristaltische  Bewegung 
zu  beschleunigen,  was  durch  kurz  dauernde  kalte  Sitzbäder  erreicht 
wird.     Das  Umgekehrte  hat  zu  geschehen,  wenn  diese  Bewegungen 
an  sich   zu   schnell  sind;   dies  geschieht  durch  langdauernde  Halb- 
oder Sitzbäder  nur  wenige  Ghrade  unter  der  Körpertemperatur,  oder 
durch  feuchte  Einwickelungen,  eventuell  mit  Winternitz'  Magen- 
schlauch.  Bei  chronischen  Hyperämieen  mit  Katarrhen  des  Darmes 
ist  Ableitung  nach  aussen,   d.  h.  Hyperämisirung  der  Haut  noth- 
wendig.     Dies  geschieht  durch  kräftige  Abreibung  mit  grobem,  in 
kaltes    Wasser    getauchtem,    gut    ausgewundenem    Laken,    länger 
dauerndes  kühles  Sitzbad  mit  Frottirung  der  eingetauchten  Körper- 
partieen,  Leibbinde.     Die  nervöse  Diarrhoe  der  Neurastheniker  be- 
darf keiner  sehr   erregenden  Proceduren;   hier  eignet  sich  das  von 
24  °  auf  22  *»  abgekühlte  Halbbad. 


564  Beetz. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Barwinsky,  Anleitung  zur  hydropathischen  Behandlung  der  acuten  In- 

fectionskrankheiten.    Leipzig. 
Fr.  Schilling,  Hydrotherapie  für  Aerzte.    2.  Aufl. 
W.J.  vanBebber,  Hygienische  Meteorologie  für  Aerzte  und  Naturforscher. 

Stuttgart. 
J.  Herrnheiser,  Verzeichniss  der  Cui-orte  und  Sommerfrischen  Deutsch- 
böhmens.   Prag. 
Herm.  Reimer,  Klimatische  Wintercurorte.   4.  Aufl.   Berlin. 
Cornel  Preysz,  Die  Seebäder,  deren  Wirkung  und  Gebrauch.  Budapest. 
F.  Wolff,   Einfluss    des   Gebirgsklimas   auf  den  gesunden  und   kranken 

Menschen.    Wiesbaden. 
Enrico  Barocchini,    Sanatoria  nel   cantone  dei  Grigioni   (la  Puglia 

medica). 
H.  Heinzelmann,  Gardone-Riviera.    München. 
J.  Betons,  La  eure  de  Bareges.    Paris. 
J.  Beysse,  Thermalquellen  von  Aachen   und  Burtscheid,   Festschrift  der 

36.  Versammlung  deutscher  Ingenieure. 
Leop.  Badt,  Mineralwasser  von  Assmannshausen   bei  Gicht  und  Nieren- 

concrementen.     Wiesbaden. 
Ewich,  Andauernder  Gebrauch  alkalischer  Wässer.    Köln. 
W.  Gastl,  Giesshübl-Sauerbrunn,  seine  Curmittel  und  Indicationen. 
H.  Helmkampff,  Die  Salzquelle  und  die  Moorbäder  von  Bad  Elster  bei 

Retardationen  des  Stoffwechsels.    Leipzig. 
E.  Ludwig,  Schwefelbad  Ilidze  bei  Sarajewo  in  Bosnien.    4.  Aufl.  Wien. 
Marc,  Vortchriften  über  Wildungen.    Ebenda. 

Frhr.  Jul.  v.  Oefele,  Bad  Neuenahr,  ärztliche  Gesichtspunkte.  München. 
Oeynhausen  und  seine  Indicationen,  Festschrift  von  den  Aerzten  des  Bades. 
H.  Zelle,  Kohlensäurehaltige  Bäder.    Dresden. 


XI. 

Arzneimittellelire  und  Toxikologie'). 

Von  Prof.  W.  F.  Loebisch,  Director  des  Universitäts-Laboratoriums 
für  angewandte  medicinische  Chemie  in  Innsbruck. 

Seramtheraple. 

Den  bedeutendsten  Antheil  an  den  therapeutischen  Bestrebungen 
des  verflossenen  Jahres  müssen  wir  der  Serumbehandlung  und  der 
Organotherapie  zuerkennen.  Zunächst  war  es  das  Behring'sche 
Diphtherieheilserum,  dessen  Wirksamkeit  allenthalben  geprüft  wurde, 
dann  aber  war  eine  grosse  Anzahl  von  Forschem  mit  Untersuchungen 
beschäftigt,  welche  dahin  zielen,  die  Serumtherapie  auch  für 
andere  Infectionskrankheiten  verwerthbar  zu  machen.  Die  schon 
im  vorigen  Jahre  begonnenen  Bestrebungen,  die  Antitoxine  des 
Tetanus,  des  Typhus,  der  Cholera  asiatica,  des  Erysipels,  der  In- 
fection  mit  Staphylokokken  etc.  herzustellen  und  deren  Wirksamkeit 
experimentell  festzustellen,  wurden  eifrig  fortgesetzt  und  haben  die 
Aussichten  für  eine  allgemeinere  Anwendung  der  Immunisirungs- 
therapie  gekräftigt.  Doch  der  Practiker  wird  sich  einstweilen  noch 
mit  dem  grossartigen  Fortschritt  begnügen,  welchen  die  ärztliche 
Kunst  bei  der  Behandlung  mit  Diphtherie  errungen  hat,  und  wir 
verweisen  bezüglich  der  übrigen  damit  im  Zusammenhange  stehen- 
den Ergebnisse  der  bacteriologischen  Forschung  auf  die  bezüglichen 
Abschnitte  dieses  Berichtes  (Bacteriologie,  Innere  Medicin,  Kinder- 
heilkunde, Chirurgie,  OeffentUche  Gesundheitspflege). 

Einen  eingehenden  Bericht  über  die  Leistungen  und  Ziele 
der    Serumtherapie    veröffentlicht   Behring   (Deutsche    med. 


*)  Bezüglich  Toxikologie  vgl.  den  Abschnitt  , Gerichtliche  Medicin". 


566  Loebisch. 

Leistungen  Wochenschr.  Nr.  38  u.  £f.).    In  diesem  behandelt  er  zunächst  aus- 
und  Ziele    f(i}u.iiQ)j  ^q  Statistik  der  Behandlung  der  Diphtherie  mit  Heilserum, 
therapie,    wie  sie  sich   aus  der  Sammelforschung   und   aus  der  Krankenhaus- 
Behring.      Statistik  ergibt.     Als   erreichbares  Ziel   der  Serumtherapie   stellt  er 
eine  Verminderung  um   75  "/o  der  Gesammtmortalität  eines   Landes 
an  Diphtherie   hin.     Um   den  Werth   des  Diphtherieheilserums  vol- 
lends   zu    würdigen  Y    muss    man    jedoch    auch    die    immunisirende 
Leistungsfähigkeit  desselben  in  Betracht  ziehen.     Das  nächste  Ziel, 
Einführung  das  sich  Behring  stellt,  ist  die  Einführung  der  allgemeinen 

„      ®'.        Immunisirung.      Zu    diesem    Behuf e    muss    die    dem    scesunden 
allgemeinen  .         °    ,  .        .  ^     t*****^** 

immuni-     Menschen  einzuspritzende  Flüssigkeit  vollkommen  unschädlich  sein. 

sirung.  j)iq  nicht  selten  beobachteten  Nebenwirkungen,  bestehend  in  Aus- 
schlägen und  Schmerzen,  müssen  ausgeschaltet  werden.  Das  kann 
erreicht  werden,  wenn  man  das  zu  Lnmunisirungszwecken  dienende 
Serum,  bevor  es  in  die  Fläschchen  gefüllt  wird,  auf  seine  Neben- 
wirkungen prüft.  Da  man  nun  fiir  die  Lnmunisirung  etwa  die 
Hälfte  der  in  einer  heilenden  Dosis  vorhandenen  Antitoxineinheiten 
anwenden  muss,  so  konnte  das  obenerwähnte  Postulat  noch  nicht 
durchgeführt  werden.  Seitdem  hat  sich  unter  Mitwirkung  von  Prof. 
Ehrlich  die  Production  der  Farbwerke  in  Höchst  an  Heilserum 
in  der  Weise  gesteigert,  dass  sie  im  Stande  sind  ohne  jede  Schwierig- 
keit jeden  Monat  100000  Heildosen  abzugeben,  im  Jahre  also  mehr 
als  eine  Million.  Von  grösster  Wichtigkeit  ist  aber  die  qualitative 
Verbesserung  des  Heilserums;  Bisher  kam  durchschnittlich  ein 
Senmi  zur  Verwendung,  welches  die  einfache  Heildosis  in  5  ccm 
enthält.  Gegenwärtig  sammeln  die  Farbwerke  Vorräthe  von  solchem 
Serum,  von  welchem  in  1  ccm  die  einfache  Dosis  unter  die  Haut 
gespritzt  wird.  Diejenige  Lnmunisirungsdosis ,  welche  Behring 
für  erforderlich  und  genügend  erachtet,  ist  demnach  schon  in  einem 
halben  Cubikcentimeter  enthalten. 

Ueber  schädliche   Nebenwirkungen  des  Diphtherie- 

Neben-       heilserums  berichten  P.  Marcuse   (Deutsche  med.  Wochenschr. 

Wirkungen  ^r.  35)  und  Zielenziger  (ibidem).    Li  beiden  Fällen  traten   die 

Diphtherie-  von  SO  zahlreichen  Beobachtern  schon  mitgetheilten  Erscheinungen, 

Serums,      Urticaria-,    masem-,   scharlachähnliches  Exanthem,    unter    Tempe- 

zieienziger     rat^irerhöhung  mit  Gelenkschmerzen,  Albuminurie  auf.  In  zwei  FäUen 

des  letzteren  Autors  trat  nach  dem  Abblassen  des  Ausschlags  Becidiv 

ein,  von  denen  das  eine  tödtlich.  verlief.    Gleiche  Erfahrungen  theilt 

A.  Thomas.    A.  M.  Thomas  (Med.  record.,  15.  Juni)  aus  einem  grossen  Material 

mit.     Doch   sprechen   sich   sämmtliche  Autoren   über   die   günstige 


Arzneimittellehre  und  Toidkologie.  567 

Wirkung  des  Heilserums  zur  Herbeiführung  einer  Immunität  gegen 
Diphtherieinfection  für  eine  gewisse  Zeitdauer,  als  auch  für  die  offen- 
kundige Unschädlichkeit  seiner  Anwendung  selbst  bei  Kindern  im 
zarten  Alter  aus. 


Organotherapie  (Sehüddrttsen,  ThjmnS)  Nierenextract^ 
Nebennierenextraety  Prostata). 

C.  A.  Ewald   (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  2  u.  3)  bezeichnet      Schild- 

die    Thyreoideabehandlung   bei  Myxödem   und   Cachexia^    urusen- 

•^  .  .  .  behandlung : 

strumipriva  als  einen  gesicherten  Besitz  der  Therapie.    In  einem  bei  Myxödem 
sehr  ausgeprägten  FaU  von  Myxödem  beobachtete  er,  dass  die  Ein-        und 

C^  A  o  h  A  X  i  H 

spritzung  von  frisch  bereiteten  Schüddrüsen  fast  weniger  wirksam  ^^^^^.p^.^,^ 
war  als  die  Einfuhrung  von  1 — 2  ThjTreoideatabletten  pro  die  durch  c.  a.  Ewald, 
den  Magen.  Stoffwechseluntersuchungen  ergaben,  dass  während  der 
Behandlung  weder  eine  Abgabe  noch  ein  bemerkenswerther  Ansatz 
von  Eiweiss  stattfand.  Besonders  interessant  war  das  Auftreten 
von  Melliturie  unter  dem  Gebrauch  der  Tabletten;  sie  hat  die 
Besserung  des  Zustandes  nicht  verzögert.  A.  D  e  n  n  i  g  (Münch.  A.  Dennig, 
med.  Wochenschr.  Nr.  17)  hat  Stoffwechselversuche  an  drei  Personen 
ausgeführt,  die  6,  4  und  12  Tage  englische  Thyreoideatabletten  (je 
1  Tablette  =  0,3  g  Schilddrüsensubstanz)  erhielten.  Die  Gewichts- 
abnahme betrug  in  den  einzelnen  Fällen  4,5,  3,7  und  5,0  kg.  Nach- 
dem Verf.  im  Selbstversuch  11  Tage  lang  täglich  2 — 3  Tabletten 
genommen  hatte,  konnte  er,  und  zwar  am  Ende  des  Versuches, 
einen  reducirenden  Körper  nachweisen,  welcher  auch  mit  Phenyl- 
hydrazin krystallisirte,  jedoch  optisch  inactiv  war.  Ob  diese  Zucker- 
art mit  der  von  Ewald  nach  Einnahme  von  Tabletten  beobachteten 
identisch  ist,  bleibt  noch  dahingestellt. 

Infolge  der  nicht  ganz  übereinstimmenden  Resultate  der  Stoff- 
wechselversuche bei  Fütterung  mit  Schilddrüsen  von  Vermehren, 
Ewald  und  Dennig  stellten  L.  Bleibtreu  und  H.  Wendelstadt  L.  Bleibtreu, 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  22)  solche  Versuche  an,  um  die  Frage  zu  H-  Wendelstadt. 
lösen,  ob  bei  der  Fütterung  von  Schilddrüsenbestandtheilen  der  zur  Be- 
obachtung kommende  Gewichtsverlust,  der  ja  unzweifelhaft  zum  Theil  auf 
vermehrter  Wasserabgabe  beruht,  nicht  auch  durch  Abgabe  von  Eiweiss- 
substanz  mit  bedingt  ist.  Es  ergab  sich  aus  den  Tabellen,  dass,  nachdem 
durch  eine  gleichbleibende  Nahrung  ein  annäherndes  Stickstoffgleichgewicht 
hergestellt  war,  mit  dem  Einsetzen  der  Schilddrüsenfütterung  (3  Tage  je  3, 
7  weitere  Tage  je  4  Tabletten)  eine  Steigei-ung  der  Stickstoffausfuhr  be- 
gann, welche  sich  in  einer  negativen  Stickstoff bilanz  documentirte.  Die 
bezüglichen  Beobachtungen  ergaben  auch,   dass  dieses  Deficit  während  der 


568  Loebisch. 

Schilddrusenfüttening  keineswegs  auf  einer  Stdrung  der  Resorption  der  Ei- 

Weisskörper  oder  der  Fette  im  Darmkanal  beruht. 

Schild-  L ebre ton  (La  Presse  medicale  Nr.  1)  heilte  infantiles  Myxödem, 

drttsen-      an  welchem  ein  ISjähriges  Kind  seit  seinem  3.  Lebensjahre  litt,  sehr  schnell 

behandlang:  dm-ch  Einführung  von  tlkglieh  einem  Lappen  einer  Schilddrüse.   Als  Neben- 

'   f     t'\         Wirkung  konnte  nur  eine  Aufregung  wenige   Stunden  nach   der  Mahlzeit 

Myxödem,    während  der  Perioden  der  Behandlung  nachgewiesen  werden.    Dabei  hatte 

Lebreton.      die  Behandlung  jeweilig  einen  9  Monate  lang  dauernden  Erfolg,   wonach 

die«^elbe  wiederholt  werden  musste. 

—  bei  Morin  (Therap.  Monatsh.  S.  593)   hat  in   der  Annahme,    dass 

Tubercuiose,  jjj  einer  Anzahl  von  Fällen  die  Schilddrüsenfimction  in  einem  solchen 
Maasse  gemindert  ist,  dass  sie  einen  Znstand  der  Prädisposition  zur 
Ttiberculose  erneuert,  ohne  dass  sie  beträchtlich  genug  vermindert 
wäre,  um  zum  M3rxödem  zu  fuhren,  den  Versuch  gemacht,  die  ver- 
schiedenen Formen  der  Tuberculose  mit  Schilddrüsenextract  zu 
behandeln.  Bei  B  a  s  e  d  o  w'scher  Krankheit  verwendete  er  Hammel- 
schilddrüse; tiir  die  Tubercolösen  die  Pil.  extr.  thyreoid.,  wie  sie 
Kocher  für  die  Behandlimg  der  Cachexia  thyreopriva  empfohlen 
hat.  Bei  vorgeschrittener  Tuberculose  blieb  der  Erfolg  aus.  Doch 
schien  es,  dass  bei  beginnender  Lungentubercolose,  bei  tubercnlösen 
Drüsen  und  bei  noch  nicht  eiternden  Knochentuberculosen  die  Zu- 
fi\hrung  von  Schilddrüse  eine  gewisse  Besserung  erzeugte.  (Ange- 
sichts des  gesteigerten  Verbrauches  an  Eiweiss  und  Fett  während 
der  Schilddrüsentherapie  wären  die  Versuche  nur  mit  grosser  Vor- 
sicht wieder  aufzimehmen.) 

Die  Bedeutung  der  Schilddrüsentherapie  in  der  Nervenheilkunde 

bei        enirtert  Leo  Stiegnitz   (New  York.  med.  Monatsh.  H.  6).     Beim 

«'»ptlnis-     Orptinismus  ist  die  Wirkung  der  Schilddrüse  um  so  deutlicher,  jo 

^i^ffii!tj;    jün^pr  der  Cretin  ist,   d.  h.  je  weniger  lang  die  Entwickelung   des 

(Vntrnlnervensystems  aufgehalten  wurde.     Man  darf  jedoch  hoffen, 

rlnPM  man  es  künftig  beim  congenitalen    Myxödem  durch  die 

friUin   und  fortgesetzte  DaiTcichung  des  Mittels   zur  Entwickelung 

eiiiPR    eigontlichen   cretinoiden  Zustandes   überhaupt  nicht  kommen 

tnB9('n    wird.     Bei   B  a  s  e  d  o  Wischer   Krankheit   wird    der   Zustand 

\\\\\'v\\  Schilddrüsenextract  verschlimmert.    In  drei  Fällen  des  Verf.'s 

>ii\hiti^ti  die  Tachycardie,  die  Herzschwäche,  der  Tremor,  die  allge- 

v^^M«p   Hchwäche  und  die  nervöse  Unruhe  zu,  in   einem  FaUe   er- 

-'vjittM»  profuse  Seh  weisse  und  Durchfalle.    Bei  Akromegalie  er- 

..*   u^\  Putnam,  Solis-Cohen,  Farson  subjective  Besserung  ohne 

V«  ..w,^t'ung  des   objectiven  Symptomenbildes.     Stiegnitz  sah   in 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  569 

zwei  Fällen  trophischer  Erkrankung  der  Fingernägel  und  in  einem      Schild- 
Falle  von  Scleroderma  circumscriptum  bedeutende  Besserung  unter  ,   drüsen- 

^  behandluug 

Behandlung  mit  Schilddrüsenextract.    Beinhold  versuchte  bei  kröpf-  beiGeistes- 
leidenden  Geisteskranken  die  Schilddräsenfutterung.   Die  Kröpfe  ^Krankheiten, 
sind   verschwunden,    die    psychopathischen   Erscheinungen   wurden       ®*°  ° 
jedoch  nur  wenig  beeinflusst. 

Byron  Bramwell  (Brit.  med.  Joum.,  1.  Juni)  gelang  es  einen        -  *>ei 
Fall  von  Tetanie  mit  Schilddrüsenextract  zu  heilen.  «^^^^'''^'i 

B.  Bramwell. 

Von  englischen  Autoren,  welche  Thyreoidt ab letten  bei  Haut- 
krankheiten versuchten,    sahen  gute  Erfolge   Scatchard  (Brit.  -  bei  Haut- 
med.  Joum.,   30.  März)  bei  Pityriasis  rubra;   Nobbs   (ibid.)  bei*^^*^^^^«^*®»^' 
allgemeiner  Ichthyosis;   Preece   (ibid.)   bei  Psoriasis  einer  seit       NobbT  ' 
der  Kindheit  daran  leidenden  26jährigen  Dame.    Im  letzteren  Falle       Preece, 
musste  die  Behandlung  wegen  sehr  heftiger  Kopfschmerzen  öfters 
unterbrochen  werden.   Bei  Sklerodermie  eines  2^/4 jährigen  Kindes, 
welche  ätiologisch  auf  eine  durchgemachte  Diphtherie  zurückgeführt 
wird,  fand  J.  P.  Marsh  (Medic.  News,  20.  April)  die  Schilddrüsen-       Marsh. 
medication   entschieden  günstig,   ohne  vollständige  Heilung  zu  be- 
wirken.  Als  unangenehme  Nebenwirkung  trat  eine  deutliche  Aende- 
rung  des  Charakters  mit  Streitsucht  auf. 

B^cl^re   (La  Presse  m^dicale   Nr.  3)    beobachtete  bei   Thier-Uebie  Neben- 
versuchen,   dass   ein  mit  Schilddrtisenstücken   gefuttertes  Thier  am  Wirkungen 
Ende    des    10.    Tages    starb.     In   Anbetracht    der    klinischen    Er-      drüsen- 
fahrungen  räth  er,   mit  grosser  Aufmerksamkeit  das  Verhalten  des  behandiung 
Pulses   zu  verfolgen.     Es  kann  während   der  therapeutischen  An-  ^Thyreoidis- 
wendung  der  Schilddrüse  und   selbst  noch  nach  mehrtägigem  Aus-       Beci^re, 
setzen  derselben  plötzlich  der  Tod  eintreten.     Es  wird  nämlich  die 
Herzthätigkeit  so  sehr  erregbar,  dass  die  geringste  Anstrengung  eine 
Erhöhung  der  Pulsfrequenz  von  70  auf  160  Schläge  bewirken  kann. 
Es  soll  also  die  Dosirung  des  Mittels  in  jedem  einzelnen  Falle  durch 
vorsichtiges  Probiren  bestimmt  werden. 

Da  die  im  Handel  vorkommenden  Thyreoideapräparate  zum 
Theil  von  Schilddi^üsen  stammen,  die  sich  bei  ihrer  Verarbeitung  in 
mehr  oder  minder  hochgradiger  Fäulniss  befinden,  hielt  es  Otto 
Lanz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  37)  für  möglich,  dass  es  sich  o.  Lanz. 
beim  sog.  Thjnreoidiflmus  nicht  um  eine  specifische  Schilddrüsen- 
wirkung, sondern  um  eine  Art  Fleischvergiftung  handle.  Die  dahin 
gerichteten  Versuche  ergaben  jedoch,   dass   die   Thiere   auch  beim 


570  Loebisch. 


Neben  Darreichen  entsprechender  Gaben  frischer  Schiiddrnsen  zu  Gnmde 
Wirkungen  gejjgn^  Immerhin  kann  die  GifWirknng  infolge  Yerarbeitong  zer- 
dräsen-  setzten  Drüsenmaterials  die  specifische  Wirkung  der  Schilddrose 
behandlang,  —  die  Hyperthyreosis  —  compliciren.  Letztere  äussert  sich  je  nach 
^''^^  der  Provenienz  des  Drüsenmaterials  und  nach  der  Art  des  Versuchs- 
thieres  in  verschiedener  Intensität.  Bei  weiblichen  Thieren  scheint 
das  toxische  Frincip,  das  den  Thyreoidismus  auslöst,  entweder  schon 
im  Uterus,  oder  durch  die  Milch  der  Mutter  auf  die  Jungen  zu 
wirken.  Die  Schilddrüse  vom  Schwein  und  ihre  Präparate  wirken 
in  ganz  gleicher  Weise  wie  die  vom  Schaf  und  Rind.  Aus  den  Er- 
gebnissen der  Thierversuche,  welcke  O.  Lanz  (Correspondenzbl.  f. 
Schweizer  Aerzte  Nr.  10)  zur  Feststellung  der  Wirkung  des 
Schilddrüsensaftes  durchführte,  heben  wir  die  folgenden  Thai- 
sachen hervor:  Die  subcutane  Injection  von  Schilddrüsensaft  bewirkt 
Atrophie  der  normalen  Schilddrüse.  Die  Schilddrüsenpräparate  haben 
cumulative  Wirkung:  Während  vom  Kaninchen  eine  einmalige  In- 
jection von  5  ccm  ohne  Erscheinungen  ertragen  wird,  kann  der  Tod 
nach  4tägigem  Aussetzen  von  Injectionen  erfolgen,  mit  welchen  all- 
mählich auf  5  ccm  angestiegen  wurde.  Auf  thyreoidektomirte  Thiere 
wirkt  die  Schilddrüsensaftinjection  nicht  deletär,  sondern  lebens- 
verlängemd  ein. 

Gegen  den  Missbrauch  der  Thyreoidintabletten,  nament- 
lich gegen  deren  Anwendung  zur  raschen  Entfettung  von  Seiten  des 
A  Euienbnrg,  weiblichen  Fublicums  wendet  sich  Eulenburg  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  31).  Bei  einer  Dame,  die  auf  Anrathen  des  Apo- 
thekers über  einen  Monat  hindurch  täglich  je  6  Pastillen  genommen 
hatte,  traten  neben  beträchtlicher  Abmagerung  (17  Pfund  in  2  Monaten) 
schwere  Störungen  der  Herz-  und  Nierenthätigkeit  und  Erscheinungen 
einer  offenbar  hydrämischen  BlutbeschafiFenheit  auf.  Der  Vertrieb 
der  Thyreoideatabletten  und  ähnlicher  Präparate  sollte  dem  Hand- 
verkauf entzogen  werden,  eine  Forderung,  die  von  ärztUcher  Seite 
allgemeine  Zustimmung  gefunden  hat. 

Gegen  die  Annahme,  dass  im  SchilddrÜsensafte  ein  gefährliches  «Herz- 
Becker,  gift*  enthalten  sei,  führt  Becker  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  37) 
einen  Fall  ins  Feld,  wobei  ein  2Vsjährige8  Eönd  nicht  weniger  aL) 
90  Stück  Thyreoidintabletten  (ä  0,3)  «auf  einmal **  verzehrte ,  ohne  dass 
irgend  welche  beängstigende  Symptome  darnach  aufgetreten  wären.  Es 
zeigte  sich  in  den  folgenden  Tagen  weder  Abnahme  des  Körpergewichts, 
noch  enthielt  der  Urin  Eiweiss  oder  Zucker.  Auch  4  Wochen  später  war 
das  Kind  so  wohl  wie  früher.  Becker  hält  demgemäss  die  unter  Thy- 
reoidismus zusammengefassten  Erscheinungen  für  rein  nervOser  Natur,  auf 
Suggestion,  Einbildung,   Angst  vor  dem  räthselhaft  wirkenden  Mittel  be- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


571 


Schilddrüse: 

Thyreo- 

protei'd, 

Notkin. 


ruhend.  Wie  erklart  aber  Be  c  k  e  r  die  Ergebnisse  der  Thierversuche,  die  doch 
an  einer  Giftwii'kung  der  Thyreoidea  keinen  Zweifel  lassen?  Auch  hat  er 
selbst  nicht  gesehen,  dass  die  Tabletten  wirklich  vom  Kinde  verschluckt 
wurden.  Die  Beobachtung  fusst  auf  den  Versicherungen  des  Dienst- 
madchens. 

J.  A.  Notkin  (Wiener  med.  Wochenschr.  Nr.  19  u.  20)  stellte  Bestand 
aus  Schilddrüsen  einen  zur  Gruppe  der  Proteide  gehörenden  Körper  t heile  der 
dar,  welcher  sich  durch  seine  Reactionen  von  allen  bis  nun  bekannten 
Eiweisskörpem  unterscheidet.  Das  chemisch  reine  Thyreoproteid 
ist  giftig.  Das  Vergiftungsbild  erinnert  lebhaft  an  die  Erscheinungen 
der  thyreopriven  Kachexie.  Das  Thyreoproteid  wird  sehr  langsam 
im  Organismus  zersetzt,  resp.  aus  demselben  ausgeschieden  und  be- 
sitzt daher  eine  cumulative  Wirkung.  Auf  ein  Thier,  dessen  Schild- 
drüse resecirt,  dessen  functionsfähige  Drüsenmasse  also  verkleinert 
worden  ist,  wirkt  das  Thyreoproteid  schon  in  Dosen  giftig,  welche 
gesunde  Thiere  ohne  Schaden  vertragen.  Lässt  man  dagegen 
der  resecirten  Schüddrüse  Zeit  zu  hypertrophiren ,  so  verhält  sich 
das  Thier  wie  ein  gesundes.  Notkin  hält  das  Thyreoproteid  nicht 
für  ein  Secret  der  Schilddrüse,  sondern  für  ein  Product  des  all- 
gemeinen Stoffumsatzes.  Es  ist  höchst  wahrscheinlich  das  Gift, 
welches  sich  nach  der  Schilddrüsenexstirpation  im  Körper  anhäuft  und 
die  Erscheinungen  der  thyreopriven  Kachexie  verursacht;  dasselbe 
wird  vom  eigentlichen  Schilddrüsensecret,  welches  ein  eigenartiges 
Ferment  (Enzym)  enthält,  zerstört  resp.  entgiftet.  Die  Bedeutung 
der  Schilddrüse  besteht  also  darin,  dass  sie  das  Blut  vom  Thyreo- 
proteid reinigt,  letzteres  in  ihren  Bläschen  sammelt,  durch  ihr  speci- 
fisches  Secret  entgiftet  und  dann  in  sozusagen  gereinigtem  Zustande 
zur  weiteren  Ausnutzung  dem  Organismus  zurückgibt. 


S.  Fraenkel. 


Sigmund  Fraenkel  (Wien.  med.  Blatt.  Nr.  48)  gelang  es,  im  Thyreo- 
Laboratorium  des  Hofraths  Ludwig-Wien  aus  dem  wässrigen  Ex-  s"V^°*|J"; 
tract  der  Schilddrüse  nach  Abscheidung  der  Eiweisskörper  und 
Leimsubstanzen  eine  Base  zu  isoliren,  welche  er  Thyreoantitoxin 
nennt  und  für  den  physiologisch  wirksamen  Bestandtheil  der 
Thjnreoidea  hält.  Diese  Base  von  der  Zusammensetzung  CriH|iN305 
ist  im  Wasser  und  Alkohol  löslich,  in  Aether  und  Aceton  unlöslich. 
Sie  wird  aus  ihren  Lösungen  durch  Jodquecksilberjodkalium,  Phos- 
phorwolframsäure und  andere  Alkaloidreagentien  gefällt.  Die  Ver- 
suche mit  dem  Thyreoantitoxin  ergaben,  dass  demselben  ebenso 
wie  dem  Extract  der  Thyreoidea  (Seh  äff  er,  Haskowetz),  eine 
blutdruckemiedrigende  und  pulsbeschleunigende  Wirkung  zukommt. 


572  Loebisch. 

Subcutane  Injectionen  von  l^/oiger  Losung  der  neuen  Base  waren 
im  Stande,  die  bei  thyreoidektomirten  jungen  Katzen  auftretenden 
Krämpfe  wieder  zum  Stillstand  zu  bringen.  S.  Fraenkel  glaubt 
alle  therapeutischen  Eigenschaften  der  Schilddrüse  aus  den  Eigen- 
schaften des  Thyreoantitoidns  erklären  zu  sollen,  indem  die  ^Be- 
l  schleunigung  des  Pulses  zur  Erklärung  der  Wirkung  der  Thyreoidea 

auf  die  Resorption  und  den  GesammtstofiPwechsel  ausreichen  muss"^. 
In  hohem  Grade  interessant  ist  die  Entdeckung  einer  organischen 
Jodverbindung  als  normalen  Bestandtheils  der  menschlichen  Schüd- 
Thyrojodin,  drüse  von  E.  Baumann  (Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie  Bd.  21,  H.  4). 
umann.    pj^g^  Jodverbindung,  das  Thyrojodin,   bildet  den  wirksamen  Be- 
standtheil  der  Schilddrüse,  und  letztere   erscheint  uns   demnach  als 
ein  Organ,  welches  eine  besondere  selective  Fähigkeit  für  Jod  hat. 
Zugleich  vermittelt  uns  die  Entdeckung  die  Einsicht  der  Wirksam- 
keit des  Jods  bei  Hypertrophie  der  Schilddrüse. 

Bereitung  Bezüglich  der  Bereitung   der   Schilddrüsentabletten  theilt 

der  Schild-  jj^  königliche  Hofapotheke  zu  Dresden  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  24) 
tabletten  folgendes  Verfahren  mit:  Es  werden,  um  das  richtige  Material  zu  erhalten, 
auf  dem  Schlachthofe  die  Schilddrüsen  von  einem  daselbst  angestellten 
Thierarzte  den  frisch  geschlachteten  Thieren  entnommen.  Sodann  werden 
dieselben  zur  Abtödtung  etwaiger  Culturen  schnell  mit  Alkohol  abgespült 
und  zwischen  Fliesspapier  getrocknet.  Da  die  Drüsen  eine  ziemliche  zähe 
Epidermis  besitzen,  ist  das  Eindringen  des  Alkohols  in  das  Innere  derselben 
so  gut  wie  ausgeschlossen.  Von  allen  Fetttheilen  sorgfältig  befreit,  um 
späteres  Ranzigwerden  zu  vermeiden,  werden  die  Drüsen  nunmehr  klein 
gewiegt  und  bei  30  ^  C.  schnell  im  Vacuum  vollständig  getrocknet.  Die  so 
getrockneten  Schilddrüsen,  in  welchen  alle  wirksamen  Bestandtheile  un- 
verändert erhalten  sind,  werden  unter  Zugabe  von  Milchzucker  zu  Tabletten 
comprimirt,  deren  jede  0,3  g  frischer  Schilddrüse  entspricht. 

Nach  E. Merck  (Pharm.  Journal  and  Transact.,  30.  März)  werden  die 
Thyreoidintabletten  nach  folgender  Verschreibung  bereitet:  Glandul. 
thyreoideae  sicc,  Kaolini  ana  82,0,  Vanillini  1,65,  Mucil.  ti'agacanth.  q.  s.  ut 
f.  pill.  Nr.  XXX.    Consperge.    S.  2 — 5  Pillen  täglich  zu  nehmen. 

Von  dem  Gedanken  ausgehend,  dass  der  beim  Kropf  wirkende 
Bestandtheil  der  Schilddrüse  auch   in  anderen  Organen  vorhanden 
Thymusbel  sein  könne,   versuchte  Mikulicz  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  IC) 
Kropf  und    Hammelthymus  in  zehn  Fällen  von  Kropf,  einmal  bei  Basedow- 
scher       scher  Krankheit.     Es  wurde  ausschliesslich  frischer,  roher  Hammel- 
Krankheit,  thymus  dreimal  wöchentlich  10 — 15  g  anfangs,  später  25  g  feingehackt 
K.  Mikulicz.    ^^£  ßj.^^  verabfolgt.     Resultate   sehr  günstig.     Selbst  der  Fall  von 
Basedo  w'scher  Krankheit  besserte  sich  erheblich,  zwar  nicht  in  Bezug 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  573 

auf  den  Rückgang  des  Kropfes,  sondern  merkwürdigerweise  hinsicht- 
lich des  Exophthalmus  und  vor  allem  des  subjectiven  Befindens. 

Frühere  Untersuchungen  haben  ergeben,   dass  die  Einspritzung  des 
Glycerinextraets  der  Niere   die  toxische  Kraft  des   ausgeschiedenen  Urins 
steigert.    M.  Bra  (Compt.  rend.  des  seanc.  de  la  soc.  de  biol.  Nr.  26)  hat      Nieren- 
nun  ausgehend  von  der  ,  Analogie  der  epileptischen  Erscheinungen  mit  den      extra  et 
paroxystischen  Manifestationen  mancher  Vergiftungen*  Epileptikern  tag-    „  *.  j  *  *  **. 
lieh  zwei  Dessertlöffel  eines  Extractes  verabreicht,  welches  durch  248tündige     '  m.  Bra. 
Maceration  zerkleinerter  Schweinsniere  in  der  gleichen  Menge  Glycerin  und 
durch  nachherige  Filtration  hergestellt  worden  war.    In  der  Mehrzahl  der 
Fälle  sollen  die  Anfälle  leichter  und  seltener  geworden  sein,  solange  das 
Kxtract  verabreicht  wurde  (??). 

Thierversuche,  von  Oliver  in  Gemeinschaft  mit  Prof.  Schäfer  Neben- 
(Brit.  med.  Association,  Juni)  ausgeführt,  ergaben,  dass  die  Neben-  t^^^t^ 
nieren  eine  Substanz  enthalten,  welche  auf  den  Tonus  der  Blut-  Morbus 
gefasse  und  auf  das  vasomotonsche  Centrum  einen  mächtigen  Ein--^^^***®"*"^*^- 
fluss  ausübt;  sie  bewirkt  nämlich  erhebliche  Contraction  der  Blut-  schäfer 
gefasse,  und  die  Herzaction  wird  durch  Beizung  des  vasomotorischen 
Centrums  verlangsamt.  Demnach  sind  die  Nebennieren  als  Drüsen 
aufzufassen,  deren  Secret  einen  mächtigen  Einäuss  auf  die  glatten 
und  quergestreiften  Muskelfasern  ausübt.  Die  Einwirkung  des  Magen- 
saftes verändert  das  in  den  Nebennieren  enthaltene  wirksame  Princip 
in  keinerlei  Weise,  das  im  Vacuum  getrocknete  Pulver  ist  ebenso 
wirksam  wie  die  frische  Drüse  oder  ein  aus  dem  Organ  bereitetes 
Extract.  Beim  Menschen  verwendete  Oliver  Tabletten  aus  ge- 
trocknetem Nebennierenpulver  zu  0,18 — 0,30  (der  fünffachen  Menge 
des  frischen  Organs  entsprechend)  zwei-  bis  dreimal  täglich,  am  besten 
nach  den  Mahlzeiten  genommen.  Auch  bei  längerer  Darreichung 
traten  keine  unangenehmen  Erscheinungen  auf,  nur  selten  musste 
bei  allzugrosser  Puls  verlangsamung  das  Mittel  ausgesetzt  oder  die 
Dosis  herabgemindert  werden.  Ein  Fall  von  Morbus  Addisonii 
besserte  sich  imter  der  Behandlung  mit  diesen  Tabletten  ganz  auf- 
fallend, die  Bronzefarbung  wurde  geringer,  die  Muskelkraft  hob  sich. 
Wurden  die  Tabletten  ausgesetzt,  so  trat  wieder  der  frühere  Zu- 
stand ein.  Oliver  verwendete  die  Tabletten  auch  bei  asthenischen 
Zuständen',  bei  Menopause,  Neurasthenie,  Anämie,  um  den  Tonus 
des  vasomotorischen  Apparats  zu  steigern.  In  manchen  Formen  von 
Anämie,  welche  vielleicht  mit  den  Nebennieren  in  Connex  standen, 
nahm  der  Hämoglobingehalt  des  Bluts  rasch  zu.  Bei  Diabetes 
mellitus   wurde   in   einigen   Fällen   Herabminderung  der  Zucker- 


574  Loebisch. 

ausscheidung  erzielt,  auch  bei  Diabetes  insipidüs  war  die  Wirkung 
eine  günstige.  Da  beim  Morbus  Basedowii  eine  Vermebrong  der 
Tbyreoideasecretion  angenommen  wird  und  das  Secret  der  Neben- 
nieren eine  antagonistische  Wirkung  entfaltet,  so  durfte  sich  nach 
den  Autoren  dessen  Anwendung  vielleicht  auch  in  diesem  Falle 
günstig  erweisen. 

ToxiBchc  D.  Gourfein  (Compt.  rend.   de  Tacad.  des  sciences,   August  5)  be- 

SubBtaiiz  gt&tigt  die  schon  früher  festgestellte  Thatsache,   dass  man  aus  der  Kapsel 

K^eraer  der  Nebennieren  (vom  Rind.  Ha^el  oder  Kalb)  eine  in  Alkohol  lösliche 

Neben-  toxische  Substanz  extrahiren  kann,   welche,   Thieren  subcutan  ii^icirt>  con- 

nieren,  stant  Erscheinungen  hervorruft,  welche  hauptsächlich  das  Nervensystem  be- 

Gourfein.  treffen.    Der  Tod  erfolgt   nach  kurzer  Zeit,   und  der  Sectionsbefund  ist  r— 

abgesehen  von  BlutüberfülIuDg  der  Lungen  —  negativ. 

Toxische  Nach  L.  A.  Gluzinski   (Wien.   klin.  Wochenschr.   Nr.  14)   ruft  die 

Wirkung     intravenöse  Iiyection  des  Glycerinextractes  der  Nebenniere  Paraplegie  und 

(1 6  s  I'f  e  b  e  n* 

«•«-««        Schwinden  der  Sensibilität  der   hinteren  Extremitäten  hervor:   in  der  vor- 
nieren-  ^  ^  r    » 

extractR,  deren  Körper hälfte  zeigen  sich  leichte  Krämpfe,  die  sich  bis  zum  Opistho- 
Gluzinski.  tonus  steigern  können.  Die  Respiration  wird  beschleunigt,  der  Blutdruck 
zuerst  stark  erhöht,  die  Pupillen  erweitert;  das  Thier  stirbt  nach  einigen 
Minuten  unter  Dyspnoe  und  allgemeiner  Lähmung.  Eine  subcutane  In- 
jection  tödtet  nur,  und  zwar  erst  nach  einigen  Tagen,  wenn  grössere  Dosen 
des  Extractes  zur  Anwendung  gelangt  waren.  Das  Nebennierenextract  be- 
einflusst  das  Centralnervensystem.  • 

Die  Verabreichung  roher  thierischer  Prostata  bei  Prostata- 
Prostata  beihypertrophie  versuchte  Reinert  (Bericht  über  den  XTTT    Congi*. 
Prostata-     f  innere  Med.     Centralbl.   f.   innere   Med.   Nr.  21).     Aus   dem  Ver- 

hyper- 

trophie,      gleich  der  vor  und  nach  der  Behandlung  in  Plastilin  aufgenommenen 
Reinert.       Modelle  ergab  sich  eine  erhebliche  Verkleinerung  des  Organs  während 
der  Cur,   dementsprechend   besserten  sich  auch  die  subjectiven  Be- 
schwerden der  Kranken  und  deren  Allgemeinbefinden. 

Arzneimittel. 

Kohlensünre. 

Durch  rectale  Anwendung  von  Kohlensäuregas  erzielte 
A.  Rose  (New  York  med.  Joum.,  März)  beachtenswerthe  Heilerfolge 
bei  Dysenterie,  Hyperemesis  gravidarum,  Keuchhusten,  Prostatitis 
und  Impotenz.  Zur  Anwendung  dient  folgender  einfacher  Apparat: 
Eine  Flasche  mit  weitem  Halse,  durch  deren  Stöpsel  ein  Glasrohr 
mit  daran  befestigtem  Gummischlauch  geht,  wird  etwa  zu  einem 
Drittel  mit  Wasser  gefüllt,  in   diesem  wird  Natnum  bicarbonicam 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  575 

aufgelöst  und  kurz  vor  dem  Gebrauche  Acidum  tartaricum  crystalli- Kohlensäure 
satum  zugefügt.    An  dem  Gunmiischlauch  findet  sich  das  ins  Rectum         ^^^ 
einzuführende  Ansatzstück.     Am  deutlichsten  waren  die  Erfolge  bei    Erbrechen' 
Dysenterie  und  beim  Erbrechen  der  Schwangeren.     Gegen  letzteres         her- 
hat  Schücking    die    rectale   Anwendung    des    kohlensäurereichen  ^®^/*'*?*''"' 
Wassers  von  Pyrmont  schon  1885  mit  Erfolg  versucht.  husten. 


A.  Rose. 


Kali  ehlorieam. 


Die  Beobachtungen  Brandenburg's  (Berl.  klin.  Wocbenschr.  Kalium- 
Nr.  27)  in  einem  Falle,  in  dem  eine  28jährige  Frau  zu  Selbstmord-  clilorat- 
zwecken  etwa  40gKaliumchloratin  Lösung  getrunken  hatte,  bieten  Brandenburg.* 
wegen  des  gründlichen  Studiums  des  Falles  Interesse.  Der  Fall 
endete  letal.  Nur  in  den  beiden  ersten  Tagen  konnte  Methämo- 
globin im  Blut  und  im  Urin  nachgewiesen  werden,  wenn  auch  die 
Lösung  des  Hämoglobins  noch  weitere  Fortschritte  machte.  Die 
Zahl  der  rothen  Blutkörperchen  nahm  im  *  Laufe  der  Vergifbung 
dauernd  ab  (von  4,3  Millionen  auf  1,6  Millionen),  während  die  farb- 
losen Blutkörperchen  eine  beträchtliche  Vermehrung  erfuhren.  Der 
Trockenrückstand  des  Bluts  fiel  allmählich  auf  66  "/o  des  normalen. 
Gleichzeitig  sank  die  Zahl  der  rothen  Blutkörperchen  auf  35  ^/o  der 
normalen.  Die  Schädigung  der  Nieren  verrieth  sich  schon  am 
1.  Tage  durch  den  Gehalt  des  Harns  an  Eiweiss  imd  Cylindem. 
Sie  begann  am  5.  Tage  bestimmend  auf  den  Krankheitsverlauf  (Auf- 
treten von  Goma)  einzuwirken.  Der  Sectionsbefund  war  der  schon 
von  anderen  Beobachtern  geschilderte.  Auffallend  waren  die  Pigment- 
anhäufungen in  den  Nierenkanälchen ,  vom  zerstörten  Blutfarbstoff 
herrührend.  Für  die  subacuten  Formen  der  Vergiftung  dürfte  auch 
in  therapeutischer  Beziehung  auf  die  parenchymatöse  Degeneration 
des  Nierenparenchyms  ein  grösseres  Gewicht  gelegt  werden,  welche 
in  Verbindung  mit  dem  schlechten  Zustande  des  Herzens  eine  hin- 
reichende Thätigkeit  der  Niere  zu  verhindern  fähig  ist.  Für  die 
Therapie  empfiehlt  Brandenburg  möglichste  Entfernung  des  Giftes 
aus  dem  Magen,  Stärkung  der  Herzkraft  durch  Excitantien,  die 
stockende  Nierenfunction  ist  durch  gelinde  diuretische  Mittel,  etwa 
CofPem,  aufzubessern,  dabei  zugleich  durch  Erregung  der  Schweiss- 
secretion  und  Ableitung  auf  den  Darm  mit  grossen  Dosen  Alkali- 
salzen die  Niere  zu  entlasten.  Nächstdem  wäre  an  die  Transfusion 
von  normalem  Blut  zu  denken.  Da  nach  v.  Mering  schon  Zusatz 
geringer  Mengen  von  Natriumcarbonat  die  Zersetzung  des  Blutes 
durch    Kaliumchlorat    bedeutend    verlangsamt,    würde    die   Zufuhr 


576  Loebisch. 

grösserer  Mengen  von  Natriumcarbonat,  welche  die  Alkalescens  des 
Blutes  steigern,  von  Nutzen  sein.  Die  therapeutische  Anwendung 
des  Kali  chloricum  ist  zu  meiden  bei  Kohlensäureanhäufung  und 
Verminderung  der  Alkalescenz  im  Blute ;  bei  Erkrankung  des  Herzans 
und  der  Nieren  und  bei  Zuständen,  bei  denen,  wie  bei  Chlorose, 
die  Thätigkeit  der  blutbildenden  Organe  herabgesetzt  ist. 

Jodsäure. 

Seine  vorjährigen  Untersuchungen  über  die  klinische  Verwerth- 
Jodsaare  barkeit  der  Jodsäure  fortsetzend  hat  J.  Buhemann  (Deutsche  med. 
Salze,  Wochenschr.  Nr.  37)  diesmal  die  Verbindimgen  der  Jodsäure  mit 
.  Metallen  (Lithium,  Strontium,  Silber,  Quecksilber)  und  mit  Alkaloiden 
(Atropin,  Chinin,  Code'in,  Hyoscin,  Strychnin)  untersucht  und  sie 
sämmtlich  therapeutisch  brauchbar  befunden.  Besonders  wirksam 
zeigte  sich  das  Argentum  jodicum  in  Gaben  von  5 — 10  mg  als 
Adstringens  bei  acuten  Diarrhöen,  chronischen  Entzündungen  und 
Darmblutungen.  Zugleich  hat  es  den  Vorzug,  dass  es  die  Magen- 
functionen  nicht  stört.  Jodsaures  Lithium  in  subcutaner  Li- 
jection  zu  0,1  g  war  bei  harnsaurer  Diathese  und  bei  Nierenkoliken 
von  gut^r  Wirkung.  Es  sistirte  die  massenhafte  Ausscheidung 
krystallinischer  Harnsäure.  Lmerlich  gab  er  das  Mittel  monatelang 
in  Pillen  zu  0,15 — 0,2  g  dreimal  täglich  bei  eingewurzelter  Gicht. 
Hydrargyrum  jodicum  erwies  sich,  in  JodkaU  gelöst,  in  Gaben 
von  1  cg  jodsaurem  Quecksilberoxyd  in  Form  von  subcutanen  In- 
jectionen  prompt  bei  Syphilis  wirksam.  Er  verschreibt:  Hydrarg. 
bijodic.  0,115,  Kai.  jod.  0,08  auf  10  Aqu.,  also  0,01  jodsaures  Queck- 
silber in  der  Spritze.  Es  genügten  meist  20 — 30  Lijectionen  zu 
0,01 — 0,015.  Die  Lösung  hält  sich  monatelang  unzersetzt.  Von  den 
Alkaloiden  wird  namentlich  die  antineuralgisch6  Wirkung  des  Codelns 
durch  die  Verbindung  desselben  mit  Jodsäure  gesteigert ;  es  scheint 
sich  die  Wirkung  des  Säureradicals  zu  der  der  Base  zu  summiren; 
es  wurde  das  Codeinum  jodicum  als  subcutane  Injection  von 
0,03 — 0,05  verwendet.  Das  Hyoscinumjodicum  wirkt  bei  interner 
wie  bei  subcutaner  Application  zwei-  bis  dreimal  so  stark  als  die 
Halogenverbindungen  dieses  Alkaloids.  Bei  Iritis  und  Keratitin 
wirkte  es  in  0,05 — 0,06 '*/oiger  Lösung  als  Mydriaticum,  ohne  zu  reizen. 
Auch  das  jodsaure  Atropin  ist  in  */t — l^lt^joiger  Lösung  in  der 
oculistischen  Praxis  gut  zu  verwerthen.  Die  Lösung  hält  sich  recht 
lange  keimfrei.  Das  jodsaure  Chinin  zeigte  in  Dosen  von  0,05 
bis  0,1,  sowohl  innerlich  als  subcutan  injicirt,  einen  sichtbaren  neuro- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  577 

tonischen  Einfluss.  "Es  wurde  auch  bei  Neuralgieen  versucht.  Doch 
war  eine  grössere  Wirksamkeit  der  Verbindung  gegenüber  anderen 
Chininsalzen  nicht  deutlich  sichtbar.  Ruhemann  hebt  als  Vorzüge 
der  jodsauren  Salze  deren  leichte  Löslichkeit  hervor,  welche  die 
subcutane  Anwendung  derselben  gestatten,  femer  die  Wirksamkeit 
der  Jodcomponente,  welche  theils  als  schmerzlinderndes  Agens,  wie 
beim  jodsauren  Codem,  theils  als  antibacterielles  Mittel  bei  An- 
wendung des  jodsauren  Silbers  im  Darm  zur  Geltung  kommt. 

Ligrnosulflt. 

Lignosulfit  ist  ein  neues,  zur  Behandlung  der  Lungentuber- 
culose  und  anderer  Krankheiten  der  Athmungsorgane  durch  Inhala- 
tionen von  Franz  Hartmann  empfohlenes  Präparat.  Dasselbe  Ligno sulfit- 
wird aus  der  sauren  schwefeligsauren  Kalk  enthaltenden  Kochflüssig- ^^^*'**^°^®'* 
keit  gewonnen,  mit  welcher  die  Fichtenstämme  bei  der  Herstellung  p  Hartmann'. 
der  Cellulose  nach  dem  sog.  Sulfitverfahren  behandelt  werden. 
Es  gehen  bei  diesem  Verfahren  in  die  Kochflüssigkeit  die  aromati- 
schen Bestandtheile  des  Holzes,  sowie  die  anorganischen  und  organi- 
schen Salze  desselben  über,  und  es  ist  wahrscheinHch ,  dass  eine 
etwaige  günstige  Wirkimg  des  Lignosulfits  auf  die  Athmungsorgane 
auf  den  Gehalt  desselben  an  aromatischen  Bestandtheilen  in  Ver- 
bindxmg  mit  schwefeliger  Säure  zurückzuführen  ist.  In  Hallein 
bei  Salzburg  ist  ein  Zimmerverdunstungsapparat  in  Thätigkeit,  durch 
welchen  die  Luft  des  Krankenzimmers  mit  Dämpfen  von  Lignosulfit 
gefüllt  wird.  Zugleich  ist  ein  von  Dr.  Kellner  erfundener  auto- 
matisch wirkender  Apparat  in  Anwendung,  durch  welchen  der  Ge- 
halt der  Luft  an  schwefeliger  Säure  im  Inhalatorium  jederzeit  leicht 
bestimmt  werden  kann.  Dermalen  bestehen  ausser  in  HaUein  auch  noch 
in  Meran,  Ems,  Mentone,  Cannes,  Eeichenhall  Inhalatorien,  welche 
Lignosulfit  anwenden.  In  Ermangelung  eines  Verdunstungsapparates 
kann  man  das  Lignosulfit  auf  einem  Teller  oder  noch  besser  auf 
Tannenzweigen,  die  auf  einer  Schüssel  aufgehäuft  sind,  verdunsten 
lassen.  Wenn  die  Flüssigkeit  nicht  genügend  stark  riecht,  so  wird 
sie  durch  Zusatz  von  frischem  Lignosulfit  verstärkt.  Die  Einath- 
mungen  waren  bisher  bei  Lungentuberculose ,  Bronchialkatarrh, 
Keuchhusten  von  guter  Wirkung  (s.  Litter atur).  Das  wirksame 
Princip  des  Lignosulfits  bildet  ohne  Zweifel  die  schwefelige  Säure, 
welche  auch  als  solche  in  Form  von  Inhalationen  schon  früher  gegen 

Phthise  angewandt  wurde. 

Jahrbuch  der  pracfcischen  Medioin.    1896.  37 


578  Loebisch. 


Salpetrigre  Sänre. 

Vergiftnng,  Eine  Vergiftung  durch  Einathmung  von  salpetriger  Säure  mit 

•  Pawl-  letalem  Ausgange  wurde  von  Gustav  Paul  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  38) 
beobachtet.  Der  S^ährige  Arbeiter  reinigte  die  Bleikammem  einer  Schwefel- 
säurefabi  ik  in  üblicher  Weise  zugleich  mit  anderen  Arbeitern.  Zu  Hause  an- 
gelangt, musste  er  die  ganze  Nacht  husten;  3  Tage  später  erfolgte  der  Exitus. 
Die  Section  ergibt  acutes  Lungenödem ;  die  linke  Lunge  bindegewebig  mit 
dem  Thorax  verwachsen.  Der  Todesfall  bei  einem  Arbeiter  infolge  Reini- 
gimg der  Bleikammern  war  der  erste  in  der  renommirten  alten  Fabnk. 
Ks  wurde  daher  für  den  Eintritt  des  acuten  Lungenödems,  dessen  Symptome 
das  Krankheitsbild  beherrschten,  ausser  der  Einwirkung  der  salpetrigen 
Säure  auch  die  bei  der  Obduction  vorgefundene  ausgedehnt«  bindegewebige 
Verwachsung  der  linken  Lunge  wesentlich  mitverantwortlich  gemacht.  E.** 
machen  eben  die  giftigen  Dämpfe  ihre  verderblichen  Einflüsse  auf  eine  ihrer 
freien  Beweglichkeit  und  Ventilationsfähigkeit  beraubte  Lunge  intensiver 
geltend,  als  auf  gesunde  Respirationsorgange. 

BorsAure. 

Bei  Beschwerden,  welche  durch  Anhäufen  von  Gasen  im  Darm 

hervorgerufen  werden  (Au%etriebensein  des  Leibes,  Aufstossen  von 

Gasen,  ungenügende  Stuhlentleerung)  hat  Flatau  Insufflationen  von 

insuffla-     Borsäure  in  den  Mastdarm  empfohlen.    Merkel  (Münchener  med. 

n^™^-™**    Wochenschr.  Nr.  52)  hat  diese  Therapie  in   mehreren  Pällen   sehr 

in  den       wirksam  gefunden.    Es  wurden  jedesmal  2 — 4  g  Borsäure  mittels 

Mastdarm    öummiballons  durch  ein  ziemlich  weites  Ansatzrohr  möglichst  hoch 

bfi  i 

Darmleiden  öingeblasen  und   dieser  Vorgang  2 — 6mal  wöchentlich  durch  einige 
Merkel.       Zeit  eingehalten.    Nach  Aussetzen   der  Medication   traten   in  vielen 
Fällen    Recidive    ein;    nach    öfterer    Wiederholung   der    Cur    ver- 
schwanden die  Beschwerden  meistens  dauernd. 

Borsäure-  Einen    Fall   von   Borsäurevergiftung  schildert    J.   Schwyzer 

Vergiftung,  (New  Yorker   medicin.   Monatsschr.  Nr.  8).     Ein  mit  Arteriosklerose   und 
'  Myocarditis  chronica  behafteter  Mann   nahm  wegen  eines  Blasenkatarrhs 

15  g  Borsäure  (statt  15  Gran).  Nach  wenigen  Stunden  Collaps,  Herzaction 
Hchwach,  Anurie,  nach  36  Stunden  Exitus.  Die  Section  ergab  acute  De- 
generation von  Niere  und  Leber.  Verf.  schliesst  aus  dem  Befunde,  dass  bei 
Vorhandensein  einer  chronischen  Nephritis  Borsäure  intern  nicht  gereicht 
werden  sollte;  bei  alten  Patienten  mit  Prostatahypertrophie.  Cystitis  und 
l'yelitiH  iHt  BorHäure  nur  in  kleinen  Dosen  anzuwenden. 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


579 


Lithiumsalze. 

In  einer  experimentellen  Arbeit  zeigt  Mendelsohn  (Deutsche  Diuretische 
med.  Wochenschi*.  Nr.  41),   dass   die  therapeutisch  so  vielfach  an-^*^,^^?^  ^®^' 
gewendete  hamsäurelösende  Wirkung  der   Lithiumsalze  wesentlich       salze 
auf  deren  Fähigkeit,   die  Diurese   zu  steigern,   zurückzuführen  ist. M-  Mendelsohn, 
Von    allen    in   dieser   Richtung    geprüften   Salzen   zeigte   sich   das 
Lithium   citricum   am  wirksamsten.     Beim  Menschen,   sowohl  beim 
kranken  als  beim  gesunden,  wirkten  Gaben  von  0,1  täglich  3 — 4mal 
ausgesprochen  diuretisch.     Besonders   deutlich   war   dies    auch   bei 
einem  Kranken  mit  Nierensteinen  der  Fall.   Dass  hierbei  nicht  etwa 
die  Säurecomponente  die  Wirkung  erzeugte,   ist  dadurch  erwiesen, 
dass  auch  das  Chlorlithium  diuretisch  wirkte. 

In  der  Sitzung  des  Vereins  für  innere  Medicin  in  Berlin  vom 
1.  Juli  demonstrirte  Jastrowitz  eine  Brausepulvermischimg  von  Jastrowitz, 
saurem  weinsaurem  Lithium  (Bitartrate  of  Lithia),  welches 
gegen  Gicht  häufig  gebraucht  wird  und  von  guter  Wirkung  sein 
soll.  Es  wird  zu  einem  Theelöifel  voll ,  d.  i.  ca.  3,5  g  in  einem 
halben  Glase  Wasser  mehrmals  des  Tages  gegeben. 

Polakow  rühmt  das  Lithiumbromid  als  sicheres  Diureti-  Poiakow. 
cum  bei  acuter,  aber  auch  bei  parenchymatöser  Nephritis,  ebenso 
bei  Schwangerschaftsnephritis.  In  acuten  Fällen  ist  die  Wirkung 
ausgesprochener  als  in  chronischen.  Es  wurde  in  folgender  Weise 
gegeben:  Lithii  brom.  1,5 — 2,0,  Natr.  bicarb.  4,0,  Aq.  dest.  240,0, 
Tinct.  Menth,  pip.  gtt.  2.     S.  3—4  Esslöffel  in  24  Stunden. 


Kalk. 

Grube  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  beobachtete  an  einem 
von  ihm  aufgegebenen  Diabetiker,  dass  er  nach  einem  halben  Jahre 
gesund  und  kräftig  aussah.  Der  Patient  theilte  mit,  dass  er  tägUch 
1  Theelöffel  gepulverter  Eierschalen  nehme,  die  ihm  von  einem 
Leidensgenossen  angerathen  wurden.  Die  Untersuchung  ergab  im 
auffallenden  Gegensatze  zu  dem  Allgemeinbefinden  2 — 3  ®/o  Zuckei* 
im  Harn.  Bei  einem  anderen  Patienten,  der  andauernd  viel  Zucker 
ausschied  und  sein  Sehvermögen  fast  völlig  eingebüsat  hatte,  ver- 
suchte nun  Grube  ein  den  Eierschalen  analog  zusammengesetztes 
Pulver  aus  kohlensaurem  und  neutralem  phosphorsaurem 
Kalk  (täglich  3,5  +  0,5  g)  und  erzielte  den  gleichen  Erfolg  der 
Besserung  des  Allgemeinbefindens  und  beträchtlicher  Gewichts- 
zunahme trotz  Fortdauer  der  Zuckerausscheidung.  Verf.  hält  es  für 
möglicb,   dass   die  Zufuhr   des  bei  Diabetes  in  grosser  Menge  aus- 


Kalk  bei 
Diabetes 
mellitus^ 
K.  Grube. 


580  Loebisch. 


geführten,  durch  die  Nahrung  aber  keineswegs  ersetzten  Kalkes  auf 
das  Allgemeinbefinden  günstig  wirkt,  und  weist  auf  die  zwischen 
Osteomalacie  und  Diabetes  bestehenden  Analogieen  hin. 

ArseB. 

Chronische  H.  Schlesinger   (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  44)   demon- 

Arsen-       ^^j,^,^  ^^j^^j^  -p^^j  ^^^  Pigmentation  der  Haut   infolge  Arsenik- 

intoxicatiou,  ^  c   i  •       -ci       i     • 

Tl.  Schlesinger,  göhrauchs.     Es   wurde  wegen  Drüsentumoren   bol.   arsenic.  J*owlen 

gegeben. 

In  diesem  Falle  waren  Hände  und  Füsse  etwas  weniger  pigmentirt 
als  der  übrige  Körper.  Die  Schleimhäute  sind  gar  nicht  pigmentirt.  Dies 
dürfte  für  die  Differentialdiagnose  gegenüber  dem  Morbus  Addisonii  und 
der  Argyrie  von  Werth  sein,  da  bei  beiden  auch  die  Schleimhäute  mit 
afficirt  sind.  Die  Pigmentation  trat  3  Wochen  nach  Begrinn  der  Arsen- 
medication  auf  und  nahm  bei  Fortsetzung  derselben  stetig  zu.  Die  Menge 
des  eingenommenen  Arseniks  betrug  bis  zum  Beginne  der  Braunfärbung 
beim  vorgestellten  Patienten  0,125  g  (auf  Acidum  arsenicosum  berechnet). 
Seit  Beginn  der  Erkrankung  hat  der  Patient  0,464  g  Acidum  arsenicosum 
zu  sich  genommen.  Sonstige  Erscheinungen  von  Arsenikintoxication  fehlen 
bei  dem  Kranken.  Die  Therapie  der  Erkrankung,  welcher  eine  individuelle 
Disposition  zu  Grunde  liegt  (namentlich  jüngere,  auch  weibliche  Individuen 
werden  leicht  davon  befallen),  besteht  im  frühzeitigen  Aussetzen  der  Arsen- 
medication. 

Bezüglich  der  Wirkung  des  Arseniks  auf  die  Rückbildung  der 
Drüsentumoren  macht  Schlesinger  auf  Grund  seiner  Beobach- 
tungen auf  der  Klinik  Schrötter  darauf  aufmerksam,  dass  in 
einigen  Fällen  erst  nach  lange  fortgesetzter  Arsenmedication  die 
Rückbildungsvorgänge  in  den  Drüsen  plötzlich  auftreten  und  sich 
Hehr  rasch  vollziehen.  Im  vorgestellten  Falle  hielt  der  therapeutische 
Effect  nur  kurze  Zeit  an.  Man  muss  also  bei  diesen  AjBPectioneu 
die  Arsenmedication,  auch  wenn  monatelang  kein  EiFect  eintritt,  un- 
entwegt fortsetzen. 

Kupfer. 

Noch  in  neuester  Zeit  ist  die  Giftigkeit  der  per  os  eingefiihrten 
Kupferverbindimgen  bestritten  worden.     Die  sanitätspolizeiliche  Be- 
wirk uug     <ieutung  der  Frage  regte  W.  Filehne  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
a«s  Kupfers,  ^^-  1^)  zur  neuerlichen  Untersuchung  derselben  an.    Dabei  erwiesen 
w.  Filehne.    sich   weinsaures  Kupferkalium   und    -Natrium ,    also   Verbindungen, 
Welche  entstehen,   wenn  Traubensaft,   Most  oder   gegohrener  Wein 
^it   Kupfer    und    Legirungen    desselben   oder  mit   Kupfersalzen    in 
erührung  kommen,  bei  interner,  wie  bei  intravenöser  und  subcutaner 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  581 

Einverleibung  bei  Kaninchen  als  giftig.  Bezüglich  der  Todesursachen 
ergaben  Filehne's  Untersuchungen  vollständige  Uebereinstimmung 
des  Kupfers  mit  den  anderen  Schwermetallen:  Schädigung  des  Blutes, 
fettigen  Zerfall  der  LeberzeUen,  Degeneration  der  Zellen  in  den 
Nierenkanälchen.  Auch  beim  Hunde  waren  diese  Veränderungen 
durch  innerliche  Darreichung  von  Kupfersalzen  zu  erzielen.  Die 
schwere  Anämie,  die  im  Vergiftungsbilde  zu  Tage  tritt,  spricht  nicht 
gegen  die  blutbildende  Eigenschaft,  die  jetzt  dem  Kupfer  zuge- 
schrieben wird,  im  Gegentheil,  sie  beweist  die  besonderen  Beziehungen 
zwischen  Kupfer  und  Blut.  Es  wirken  also  Kupfersalze,  in  nicht 
Erbrechen  erregender  Dosis  eingeführt,  auch  beim  Menschen  ge- 
sundheitsschädlich. Insbesondere  ist  Wein  vor  nachträglicher  Be- 
rührung mit  Kupfer  zu  bewahren.  (Bei  Besprengung  der  Weintraube 
mit  Bordeauxbrühe  entsteht  eine  organometalHsche  Kupferverbindung, 
in  welcher  das  Kupfer  erst  nach  dem  Veraschen  nachweisbar 
wird.) 

Kobert  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1  u.  3)  behandelt  in  Kupfer- 
historischer Darstellung  das  Kupfer  in  pharmakologischer  Beziehung.  k*?°/' 
Die  parasiticide  und  tonisirende  Wirkung  des  Kupfers  zeigt  sich  auch 
bei  dessen  Anwendung  in  Form  der  oben  erwähnten  Bordeauxbrühe 
gegen  die  Peronospora  des  Weinstockes.  Nicht  nur  der  Pilz  wird 
durch  die  Kupferlösung  getödtet,  dieselbe  wirkt  auch  wachsthum- 
befördemd  auf  die  Bebe.  Nach  Tschirch  geht  das  Kupfer  in  den 
lebenden  Organismus  der  Pflanze  über  und  wird  vom  Chlorophyll 
chemisch  gebunden.  In  Organen  des  Menschen  wurde  durch  genaue 
Untersuchung  Kupfer  wiederholt  gefunden.  Im  Versuchen  mit  intra- 
venösen Einspritzungen  von  Kupferoxydnatrium  beobachtete  Kobert, 
dass  das  Blutserum  wenige  Stunden  nach  der  Injection  wieder  völlig 
kupferfrei  war,  dagegen  fand  sich  Kupfer  in  den  Blutkörperchen 
(Kupferhämoglobin  nach  Kobert).  Kobert  fordert  zu  Versuchen 
mit  Kupfer  bei  Tuberculose,  Chlorose,  Lues  u.  s.  w.  auf  und  em- 
pfiehlt hierfür  das  Kupferhämol  von  E.  Merck,  dessen  Cu-Gehalt 
2  ®'o  Kupfer  beträgt.  Die  Verordnung  lautet :  Bp.  Haemoli  cu- 
prati  0,1,  Pastae  Cacao  arom.  0,5.  M.  f.  pulvis.  Dispens,  dos.  tal. 
Nr.  20.     D.  S.  3mal  täglich  1  Pulver. 

Eisen. 

Die  Eisentherapie  erfuhr  auf  dem  13.  Congi'ess  für  innere  Me- 
dicin  zu  München  eine  eingehende  Erörterung.  Der  Standpunkt  des 
Theoretikers  wurde  von  Bunge  vertreten.    Ausgehend  von  den  Er- 


582  Loebisch. 

Eisen-       gebnissen    der    Untersuchungen    von    Glycinski,    Hamburger, 
therapie,     gchmiedeberg,    F.   Voit,   welche    darthun,    dass   anorganische 
Eisenverbindungen  entweder  gar  nicht  oder  wenigstens  nicht  in  er- 
heblicher Menge    aus   dem  Magen-  und  Darmkanal   zur  Resorption 
gelangen,  suchte  Bunge  nach  organischen  Eisenverbindungen,  welche 
im  Körper  resorbirbar  sind,  als  solche  diesem  Eisen  zuführen,  welches 
dann  zum  Aufbau  des  Hämoglobins  dienen  kann.   Derartige  resorbir- 
bare  organische  Eisenverbindungen  fand  Bunge  im  Eidotter  in  Eorm 
eines  sog.  Nucleoalbumins,  welches  er  Hämatogen  nennt,  weil  es  eine 
Vorstufe  des  Hämoglobins  büdet.    Auch  in  der  Milch,  femer  in  den 
vegetabilischen  Nahrungsmitteln  finden  sich  resorbirbare  organische 
Eisenverbindungen.     Auffallend  ist  der  geringe  Gehalt  der  Milch  an 
Eisen,   die   doch  alle   zum  Aufbau  eines  jungen  Organismus  noth- 
wendigen   Stoffe   in   hinreichender  Menge   enthalten  sollte.     Dieses 
Manco  wird  aber  für  das  neugeborene  Individuum  dadurch  gedeckt, 
dass   es  bei  seiner  Geburt  einen  ausserordentlich  reichen  Beserve- 
vorrath  an  Eisen,  welches  dem  mütterlichen  Placentarkreislaufe  ent- 
stammt, mit  auf  die  Welt  bringt.   In  Bezug  auf  künstlich  hergestellte 
organische  Eisenpräparate,  wie  das  Ferratin,  warnt  er  aus  der  Re- 
sorbirbarkeit  solcher  Präparate  auf  die  Assimilirbarkeit  zu  schliessen. 
Daraus,  dass  das  Ferratin  resorbirt  wird,  folgt  nicht,  dass  es  auch 
zur  Hämoglobinbildung  das  Material  bildet.    Als  die  günstigste  Art, 
dem  Körper  Eisen  zuzuführen,   erscheint  Bunge   die  mittels  einer 
passenden  eisenreichen  Nahrung,  d.  h.  vorzugsweise  der  Darreichung 
von  Vegetabilien.  Es  ist  möglich,  dass  diejenigen  Recht  haben,  welche 
die  Erfolge   der  Eisentherapie  auf  Suggestion  zurückfuhren.  —  Der 
Quincke.      zweite  Referent,   Quincke,  bespricht  zunächst  den  inneren  Stoff- 
wechsel des  Eisens  im  Körper,   wonach  er  drei  Zustände  des   im 
Körper  enthaltenen  Eisens  unterscheidet:    1.  Organeisen  oder  cellu- 
läres  Eisen,   2.  gelöstes  circulirendes  Eisen,  3.  Reserve-  oder  Vor- 
rathseisen.    Die  Eisenpräparate  selbst  bespricht  er  in  sechs  Gruppen: 
l.  Ferrocyanverbindungen  und  Ferridverbindungen  haben  keine  Eisen- 
wirkungen. 2.  Gleichartiges  Blut.  3.  Gelöstes  Hämoglobin.  4.  Gitronen- 
saure  und  pflanzensaiu*e  Eisensalze ;  sie  coaguliren  Eiweiss  nicht  und 
zeigen  dadurch  ein  abweichendes  Verhalten  auch  im  Körper.   5.  Un- 
lösliche Eisensalze;   sie  können  auch  vom  Unterhautzellgewebe  aus 
zur  Resorption    kommen.     6.   Die   meisten  übrigen   Eisensalze;    sie 
bilden   in  Magen  und  Darm  Eisenalbuminate.     Wie  Thierversuche 
und  nocli  besser  die  therapeutischen  Erfahrungen  am  Menschen  be- 
weisen, kommen  diese  im  normalen  Körper  nur  wenig,  mehr  jedoch 
im   anämisohou  Körper   zur  Resorption  und  werden  assimilirt.     Die 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  583 

gebräuchlichen  Eisenoxydulsalze  sind  sehr  brauchbare  Präparate. 
Daneben  auch  die  £isenalbuminate.  Bei  der  Dosirung  ist  der  wirk- 
liche Eisengehalt  der  Präparate  genauer  wie  bisher  zu  berück- 
sichtigen. Auch  subcutan  kann  Eisen  angewendet  werden.  Ueber 
die  Hämoglobinpräparate  fehlen  genügende  Erfahrungen,  um  ein 
sicheres  Urtheil  abgeben  zu  können. 

Asa  foetida. 

Angeregt  durch  Empfehlimgen  italienischer  Aerzte  versuchte 
Nicolas  Warman  (Therap.  Monatsh.  S.  18)  Asa  foetida  in  der  Asa  foetida, 
geburtshülflichen  und  gynäkologischen  Praxis,  dabei  be-  Warman. 
obachtete  er  eine  sedative  Wirkung  des  Mittels  auf  die  Innervation 
des  Uterus.  Bei  Abortus  imminens,  wo  keine  Indication  zu 
irgend  welchem  Eingriff  besteht  und  wo  Schröder  ruhige  Rücken- 
lage mit  grossen  Opiumdosen  empfohlen  hat,  bewirkt  Asa  foetida  einen 
ruhigen  Verlauf  der  Lösung  des  Uterusinhaltes,  wobei  es  zu  keinen 
heftigen  Blutungen  kommt.  In  diesen  Fällen  reicht  man  es  vortheü- 
haft  in  Klysmen  (25 — 30  Tropfen  Tinct.  asae  foetid.  in  2 — 3  Esslöffeln 
Wasser) ;  doch  wirkt  es  keinesfalls  mehr  den  Abortus  verhütend,  so- 
bald die  Verbindung  des  Fötus  mit  dem  mütterlichen  Organismus 
gelockert  ist.  Erfolgreicher  war  die  Wirkung  bei  Abortus  habitualis. 
Hier  verordnet  Verf.  nach  Tur  azza:  Gummi  resinae  Asae  foetid.  6,0. 
Fiant  pilulae  60.  2  Pillen  täglich  und  nach  und  nach  bis  10  Pillen 
täglich  mit  allmählicher  Verminderung  bis  zu  der  Geburt  zu  nehmen. 
Ueberdies  empfiehlt  Warman  das  Mittel  bei  chronischer  Ob- 
stipation der  Frauen,  und  zwar  mit  der  Begründung,  dass  nicht 
die  damiederliegende  Peristaltik  erregt  wird,  sondern  dass  der  reflec- 
torische  Reiz,  der  die  Obstipation  verursacht,  gehoben  wird,  so  dass 
der  Stuhl  dann  von  selbst  eintritt.  Das  Mittel  galt  schon  früher  in 
kleinen  Dosen  als  die  Verdauung  fördernd,  in  grösseren  Dosen  die 
Darmperistaltik  erregend,  hauptsächlich  aber  als  Antispasmodicum. 
Die  Angaben  Warman's  passen  also  zum  Theil  in  den  alten 
Rahmen. 

Atropin. 

C.  Binz  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  46)  schildert  mehrere  Fälle 
von  arzneilicher  Vergiftung  durch  irrthümliches  Einspritzen  von 
Atropin,  wobei  das  Vier-,  ja  Zehnfache  der  Maximaldosis  zur  An- 
wendung kam.  In  den  mitgetheilten  Fällen  konnte  die  drohende 
A tropin vergiftimg    durch    sofortige    Injection    von    Morphium    ver- 


584  Loebisch. 

Antagonis-   mieden  werden  oder  auch  die  schon  auftretenden  Ersefaeinongen  der 

™^'         Intoxication    ebenfalls    durch    Morphinminjectionen    rückgängig   ge- 

Atropin  und  macht   werden.     Binz  möchte  ans  den  Erfahrungen  die  Vorschrift 

Morphium,    ableiten,  dass  der  Arzt  sich  keine  l*/oige,  sondern  nur  eine  einpro- 

miliige  Lösung  von  Atropin  vorrathig  halten  solL    Taucht  der  Arzt 

seine  Spritze  in  die  zehnfach  weniger  starke  Liösung  und  injicirt  damit 

1  mg  Atropin  unter  die  Haut,  so  werden  wohl  bei  den  meisten  Men- 
schen Erregungszustände  auftreten,  jedoch  nicht  in  dem  Maasse,  dass 
sie  Bedenken  erregen  und  das  Ansehen  des  Arztes  stark  schädigen. 
Zugleich  betont  er  neuerdings  den  therapeutischen  Antagonismus  von 
Atropin  und  Morphium,  der  namentlich  bei  gleichzeitiger  oder  sehr 
rasch  auf  einander  folgender  Beibringung  sich  am  Menschen  noch 
klarer  ausprägt,  als  bei  Thierversuchen. 

Digitoxin. 

Masius  fand  das  Digitoxin  (Merck)  bei  Pneumonie,  bei  Herz- 
fehlem und  bei  Typhus  abdominalis  als  kräftiges  Herztonicum  wirk- 
sam. Unter  26  behandelten  Fällen  trat  Erbrechen  nach  Verab- 
reichen von  3  bezw.  4's  mg  nur  6mal  ein.  Nach  Aussetzen  des 
Mittels  erholte  sich  der  Magen  bald.  In  einer  grosseren,  sehr  sorg- 
Digitoxin,  faltig  durchgeführten  Versuchsreihe  prüfte  Wenzel  unter  der  Lei- 
^^"•''  tung  von  ITnverricht  (Centralbl.  f.  klin.  Medicin  Xr.  19>  das- 
selbe Präparat  in  schweren  Fällen  von  Herzklappenfehlem,  Myo- 
carditis  und  Nephritis.  Er  gab  das  Mittel  per  Klysma.  Es  wurde 
nach  einem  jedesmaligen  Reinigungsklystier  zuerst  3mal  am  Tage. 
später  nur  2mal,  zuletzt  nur  Imal  ein  15  g  einer  Lösung :  Digitoxin  0,01, 
Alkohol  10,0,  Aq.  dest.  ad  200,0  auf  100,0  Wasser  enthaltendes, 
lauwarmes  Klystier  gegeben.  Der  Kranke  erhielt  somit  pro  dosi 
0,00075  Digitoxin,  die  Tagesdosis  überschritt  noch  um  einige  Zehntel- 
miUigramm   die   von   Schmiedeberg,    Binz.   Lewin  u.   a.    auf 

2  mg  festgestellte  Maximaldosis  pro  die.  Diesmal  wurde  an  toxischen 
Nebenwirkimgen  nur  bei  zwei  sehr  herabgekommenen  Individuen 
Erbrechen  beobachtet,  welches  nach  Aussetzen  des  Mittels  sofort  auf- 
hörte. Sämmtliche  ELranken  reagirten  auf  das  Digitoxin,  welches 
Wenzel  tYur  ein  mächtiges  Caidiacum  erklärte  das  selbst  dann  noch 
wirksam  ist,  wenn  andere  Medioamente,  selbst  das  Digitalisinfas  ver- 
«m^^tMi.  Die  diun^tische  Wirkung  ist  ausgezeichnet.  Durch  die  An- 
WMiduu^  des  Digitoxins  per  Klysma  können  die  Störungen  von  Seiten 
d<^  Di^^tionstn^otus  sehr  reduoirt.  fa^  ganz  vermieden  werden. 
Auoh  %l   i'*  o  r  i  u  \  Aunales  de  la  Societe  medico-chirurgicale  de  Liege, 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  '        585 

Mai),  der  das  Digitoxin  in  einer  Pneuinonieepidemie  in  grösserem  Corin. 
Maassstabe  versuchte,  spricht  sich  sehr  günstig  über  das  Mittel  aus. 
Er  gab  es  in  etwas  hohen  Dosen,  indem  er  bei  Erwachsenen  eine 
Lösung  von  3 — 4  mg  Digitoxin  Merck  in  Chloroform  imd  Al- 
kohol ana  mit  Aq.  dest.  ad  200,0  auf  3mal  binnen  24  Stunden  ein- 
nehmen liess.  Für  Kinder  von  10 — 15  Jahren  2 — 3  mg,  für  Kinder 
bis  1  Jahr  ^[2  mg  pro  die.  Erbrechen  zeigten  6  °/o  der  Patienten ; 
je  concentrirter  die  Lösung,  desto  leichter  tritt  dasselbe  auf,  doch  warnt 
Corin  vor  zu  sehr  fractionirten  Dosen.  Li  Litervallen  von  48  Stun- 
den konnte  die  Dosis  von  3  mg  mehrmals  wiederholt  werden.  Cu- 
mulativwirkung  trat  nie  auf.  Corin  betont  die  Nothwendigkeit,  das 
Mittel  rechtzeitig  und  iu  gehöriger  Dosis  zu  verabreichen. 

Ephedrin  und  Pseudoephedrin. 

Nach  den  im  pharmakologischen  Institute  von  Prof.  J.  Dogiel 

an  der  Universität  Kasan  theils  an  Fröschen,  theils  an  curaresirten 

Katzen    imd   Hunden    ausgeführten    Untersuchungen    E.    Grabens    Ephedrin 

(Therapeut.  Monatsh.  S.  556)  enthält  sowohl  das  nach  der  russischen  ^\,    ^®?  °' 

,  .  ,  epnearin, 

Pharmakopoe  bereitete  Infusum  Ephedrae  vulgaris  stark  wirkende,  sehr  Grabe, 
ähnliche,  doch  nicht  vollkommen  identische  Körper,  von  denen  bis 
jetzt  die  Alkaloide  Ephedrin- Nagai,  Pseudoephedrin-Merck  und 
Ephedrin- Spehr  isolirt  und  pharmakologisch  untersucht  wurden. 
E.  Grrahe  fasst  die  gemeinschaftliche  Wirkung  des  Infuses  und  der 
genannten  Alkaloide  in  folgende  Sätze  zusammen:  kleine  Gaben 
(0,2 — 0,3  ccm  einer  l°/oigen  wässrigen  Lösung  der  salzsauren  Alka- 
loide) per  OS,  subcutan  oder  intravenös  applicirt,  verursachen  ein 
bald  vorübergehendes  Steigen  des  Blutdruckes,  Verlangsamung  der 
Herzcontractionen  bei  gleichzeitiger  Verstärkung  zu  Anfang  und 
nachheriger  Abschwächung  der  letzteren,  als  Folge  einer  Parese  der 
Vagusendignngen  und  wahrscheinlich  auch  der  glatten  Muskelfasern 
des  Herzens  selbst.  Grössere  Gaben  (3 — 6  ccm  einer  wässrigen 
1 — 2®/oigen  Lösung)  verursachen  ein  Sinken  des  Blutdruckes  infolge 
der  Abnahme  des  Gefässtonus.  Diese  Erscheinungen  werden  bei 
Fröschen  von  einer  in  mehrfachem  Sinn  aufzufassenden  Arhythmie 
fast  aller  sich  contrahirenden  Elemente  des  Herzens  begleitet.  Stets 
wird  eine  vom  Grade  der  Vergiftung  in  ihrer  Stärke  abhängende 
Parese  der  Vagi  hervorgerufen,  und  schliesslich  bietet  sich  als  con- 
stante  Erscheinung  eine  beträchtliche  Pupillenerweiterung  mit  massiger 
Accommodations-  und  Refractionsbeeinträchtigimg,  welche  hauptsäch- 
lich infolge   von  Sympathicusreizung ,   doch   auch  theilweise  wahr- 


586  Loebiacb. 

scheinlich  infolge  einer  leichten  Parese  der  Oculomotoriusendigungen 
des  Sphincter  pupillae  und  schliesslich  auch  noch  möglicherweise 
infolge  einer  Parese  der  Musculatur  der  Iris  selbst  hervorgerufen 
wird. 

CTti  sinTergriftiiiigr* 

lieber  drei  Fälle  von  Cyüsinvergifbung  infolge  Genusses  der 
Frucht  des  Goldregens  (Cytisus  Laburnum)  bei  4jährigen  Zwil- 
lingsbrüdem  und  einem  3jährigen  Mädchen,  von  denen  ein  Fall  letal 
Cytisin-  endete,  berichtet  W.  Saake  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  23). 
^*^s'  k**"^  "^^®  Vergiftung  trat  in  allen  Fällen  unter  dem  Bude  eines  acuten,  sehr 
intensiven  Brechdurchfalls  auf,  verbunden  mit  Temperatursteigerung, 
clonischen  Krämpfen  des  grössten  Theiles  der  Körpermuskeln,  Pu- 
pillenerweiterung, gefolgt  von  einem  auffallenden  Schwund  der  Ex- 
tremitätenmusculatur.  In  sämmtlichen  Fällen  bestand  Anurie  resp. 
Oligurie.  Allgemeine  Prostration.  Schmerzen  geringfügig.  In  allen 
drei  Fällen  haben  die  Kinder  das  Gift  um  wenigstens  14,  im  Fall  2 
sicher  um  24  Stunden  vor  Beginn  des  Erbrechens  genossen.  In  der 
Incubationszeit  fehlten  aufföllige  Symptome.  Bei  der  Section  lallt 
die  Anämie  der  Organe  des  Intestinaltractes  im  Gegensatze  zur 
starken  Hyperämie  der  Kopfhöhle  auf.  Die  Therapie  bestand  in 
Darreichung  eines  Emeticums  und  eines  Abführmittels,  innerlich  0,1 
Acid.  tannic. ,  kalte  Compressen  auf  den  Kopf,  zur  Anregung  der 
Herzthätigkeit  Excitantien. 

SchwaiiimTergiftniigren. 

Schwamm-  Prof.  Tappeiner  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  7)   berichtet 

vergif-  ^^YyQY  einige  im  August  und  September  des  Jahres  1894  in  München 
Tappeiner,  vorgekommene  Vergiftungen  mit  dem  KnoUenblätterschw^amm 
(Agaricus  bulbosus  s.  Amanita  phalloides).  Von  18  Fällen  endeten 
5  tödtlich.  Dieser  Schwamm  wird  häufig  mit  dem  Champignon  ver- 
wechselt, und  die  meisten  der  in  neuerer  Zeit  zur  Kenntniss  ge- 
langten Schwammvergiftungen  sind  auf  seine  Rechnung  zu  setzen. 
Die  Vergiftungssymptome  treten  auffallenderweise  spät,  erst  nach 
10 — 12  Stunden  auf.  Sie  verliefen  in  den  beobachteten  Fällen  als 
choleriformer  Anfall  ohne  bedeutende  cerebrale  Symptome  mit  Aus- 
gang in  Genesung  und  in  gastrointestinalen  Erscheinungen,  die 
wenig  ausgesprochen  waren  oder  bald  zurücktraten,  dafür  aber  starke 
nervöse  Symptome,  Delirien,  Convulsiowen  mit  Ausgang  in  Tod  in 
«inigen  Fällen.    Zwei  letale  Fälle  setzten  bereits  nach  4  Stunden  mit 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  587 

heftigen  gastroenteritischen  Erscheinungen  ein,  auf  welche  bald 
ein  comatöser  Zustand  folgte.  Dabei  war  auffallend  eine  starke 
Pnlsverlangsamung  und  Anurie,  während  in  den  anderen  Fällen  der 
Urin  keinerlei  auffällige  Erscheinungen  darbot.  Das  giftige  Princip 
des  EjioUenblätterschwammes  ist  nach  Kobert  eine  eiweissartige 
Substanz,  das  P  h  a  1 1  i  n.  Dieses  bewirkt  sehr  energisch  die  Auflösung 
der  Blutkörperchen  und  eine  fettige  Entartung  und  Infiltration  der 
Leber,  wie  man  sie  nur  bei  Phosphorvergiftung  zu  sehen  bekommt. 
Während  die  Leber  normal  einen  Fettgehalt  von  8,9 — 25,5  */o  auf  das 
wasserfreie  Organ  berechnet  aufweist,  hatte  sie  in  zwei  Fällen  nach 
den  Bestimmungen  von  Tappeiner  53,6  bezw.  68,9 */o  Fettgehalt. 
Therapeutisch  erwiesen  sich  nach  Entleerung  des  Magens  und  Darms 
als  Excitantien  die  Campherinjectionen  vortheilhaft. 

Eine  Keihe  beherzigenswerther  Vorschläge,  um  Vergiftungen 
durch  Pilze  zu  verhüten,  welche  die  genauere  Kenntniss  der 
essbaren  Pilze  zur  wesentlichen  Voraussetzung  haben,  veröffentlicht 
Hasemann  (Med.-chir.  Centralbl.  1895).  Hasemann. 

Sallgenin. 

Das  Saligenin  war  den  Chemikern  schon  längst  als  ein  Spal- 
tungsproduct  des  in  der  Weidenrinde  vorkommenden  Glykosids 
Salicin  bekannt.  Dieses  Glykosid,  welches  unter  der  Einwirkung 
von  Emulsin,  Hefe  und  Fäulnissbacterien  in  SaHgenin  und  Glykose 
zerfallt,  wurde  schon  im  Jahre  1876  von  Senator  als  Antipyreticum 
bei  fieberhaften  Krankheiten  (9 — 10  g  bei  Erwachsenen)  verwendet. 
Nach  Einnahme  desselben  lässt  sich  im  Harn  Salicylsäure  nach- 
weisen. L.  Lederer  (Münch.  med.  Wochenschr.  1894,  S.  619)  macht  Saligenin, 
nun  aufmerksam  darauf,  dass  die  von  vielen  anderen  Autoren  er-  ®  ^^^' 
probte  Wirkung  des  Salicins  nur  auf  dem  darin  enthaltenen  Saligenin 
beruht;  es  ist  nämlich  letzteres  der  Alkohol  der  Salicylsäure  (Salicyl- 
alkohol),  welcher  im  Organismus  in  saHcyKge  Säure  (Salicylaldehyd) 
und  weiter  in  Salicylsäure  übergeführt  wird.  Wird  Salicin  inner- 
lich genommen,  so  treten  thatsächlich  im  Urin  neben  unverändertem 
Salicin  Saligenin,  salicyUge  Säure,  Salicylsäure  und  SaUcylursäure 
auf.  Leder  er  schlägt  nun  vor,  statt  des  Salicins  direct  Saligenin 
zu  geben.  Diesem  Vorschlage  stand  bis  jetzt  der  hohe  Preis  des 
Präparates  entgegen.  Nun  gelang  es  der  Fabrik  Dr.  F.  v.  Hey  den 
Nachf.,  das  Saligenin  aus  Carbolsäure  und  Formaldehyd  synthetisch 
darzustellen.  Da  aber  bei  der  Darreichung  von  Salicin  nur  eigent- 
lich 43  •' 0  desselben  als  Saligenin  zur  Wirkung  gelangen,  so  schlägt 


588  Loebisch. 

Saiigenin,  Lederer  vor,  am  Krankenbette  den  Versuch  zu  machen,  statt  des 
Lederer.  Salicins  das  nunmehr  wohlfeile  Saligenin  therapeutisch  zu  verwerthen. 
Einer  Tagesgabe  von  8 — 12  g  Salicin  würde  3,4 — 5,2  g  Saligenin  ent- 
sprechen. Nach  unserer  Meinung  müsste,  da  das  Saligenin  im 
Organismus  zu  salicyUger  Säure  und  diese  weiter  zu  Salicylsäure 
oxydirt  wird,  erst  durch  Thierversuche  und  dann  durch  Versuche 
am  Menschen  ein  Unterschied  in  der  Wirkung  zwischen  Saügenin 
und  Salicylsäure  constatirt  werden.  Lässt  sich  ein  solcher  Unter- 
schied zu  Ungunsten  des  Saligenins,  wie  es  höchst  wahrscheinlich 
ist,  nicht  finden,  dann  würde  die  Praxis  an  dem  Saligenin  erst  dann 
ein  Interesse  haben,  wenn  es  im  Preise  niedriger  als  die  Salicyl- 
säure wäre. 

PapaYD« 

Gegen  Dyspepsie  der  Anämischen  bei  beginnender  Phthise, 
Papain,      nach   chronischem   Bronchialkatarrh   fand   Edward  G.  Younger 
E.  G.  Younger.  (^rpjjQ   Lancet,    April   27)    das    Papain    wirksam.      Er    verordnete 
0,06  Papain   mit   0,3  verdünnter   Salzsäure   und   35  g   Chloroform- 
wasser.    Diese  Mixtur  dreimal  täglich  nach  dem  Essen  zu  nehmen. 

Gantharidin« 

Cantharidin  Cantharidin  wurde  neuerdings  von  Freudenberg  (Wien.  klin. 

bei  Cystitis, -^Q^jljgjjg^jjjj.  ;^j,  23)  bei  cystitischen  Beschwerden  gonorrhoischen 

Urspnmgs  mit  Erfolg  versucht.  Von  56  Fällen  kamen  32  zur  völ- 
ligen Heilung.  Er  empfiehlt  es  daher  zur  neuerlichen  Prüfung.  Es 
wurde  in  folgender  Weise  gegeben:  Cantharidin  (Merck)  0,001, 
Alkohol  ad  solvend.  1,0,  Aq.  dest.  ad  100,0,  3 — 4mal  täglich  1  Thee- 
löffel  einnehmen.  Tritt  nicht  in  den  ersten  3 — 4  Tagen  deutliche 
Bessenmg  ein,  so  gebe  man  das  Mittel  nicht  weiter.  In  diesen 
Dosen  treten  geschlechtliche  Erregungen,  Albuminurie  nicht  auf; 
als  Nebenwirkungen  wurden  nur  je  einmal  Hautjucken,  masem- 
förmiges  Exanthem  und  vorübergehende  Rückenschmerzen  beobachtet. 
Ausgeschlossen  ist  das  Cantharidin  nui'  in  jenen  Fällen,  wo  über- 
haupt von  inneren  Mitteln  nichts  zu  erwarten  ist,  also  z.  B.  bei 
stärkerem  Residualham.  Das  Mittel  ist  sehr  billig. 
Cantharidin-  P.  Oennaro   Petteruti  (11  policlinico   1894,   November;    Therap. 

saures  Kali  Monatsh.,  Februar)  hit  unter  drei  Fällen  sicher  nachgewiesener  Lungen- 
®*   M  ^^^^   tuberculose  durch  Injectionen  mit  der  L  i  e b r  e i c h'schen  Lösung  von  can- 
Petterutii      tharidinsaurem  Kali  bei  zweien  eine  völlige  Heilung,  bei  einem  dritten  er- 
hebliche Besserung  erzielt.     Die  Beobachtung  erstreckte  sich  auf  8  Jahre. 
Abuminurie  trat  nie  auf,   Urobilinausscheidung  in  grosser  Menge   bei   den 
ersten  fünf  Injectionen. 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  589 

O.  Liebreich  (Therap.  Monatsh.  S.  167)  berichtet  über  Liebreich. 
neuere  günstige  Erfahrungen,  die  er  mit  dem  Cantharidin  bei  Lupus 
und  Tuberculose  gemacht  hat.  Diese  Erfolge  bestätigen  seine 
Theorie  des  Nosoparasitismus ,  welche  für  die  durch  den  Tuberkel- 
bacillus  gesetzte  Schädigung  schon  das  Bestehen  einer  Erkran- 
kung voraussetzt.  Beim  wahren  Parasitismus  kann  die  Zelle 
schon  allein  durch  Vernichtung  des  Parasiten  gesunden.  Beim  Noso- 
Parasitismus  reicht  die  Abschwächung  oder  Tödtung  des  betreffenden 
Parasiten  keineswegs  zur  Heilung  hin;  diese  ist  nur  möglich,  wenn 
die  Lebensthätigkeit  der  Zelle  gehoben  wird.  Bei  Lupus  und  der 
Kehlkopfbuberculose  tritt  eine  sichere  Besserung  nach  Cantharidin  ein. 
So  wurde  ein  kleiner  Lupus  vulgaris  durch  42  Dosen  (zusammen 
-8,38  mg)  ohne  Narbenbildung  geheilt.  Die  Nieren  zeigten  sich  bei  einem 
hochgradig  phthisischen  Mädchen  mit  Lupus,  welches  Cantharidin 
während  2'/«  Jahre  erhalten  hatte,  bei  der  Section  nach  genauesten 
Untersuchungen  (Hansemann)  normal.  Doch  muss  genau  beob- 
achtet und  bei  Nierenreizimgen  das  Mittel  ausgesetzt  werden.  Auch 
bei  Sklerodermie  und  Pityriasis  rubra  pilaris  sah  er  gute  Erfolge. 
Liebreich  wendet  das  Cantharidin  in  letzterer  Zeit  nicht  mehr  in 
Form  von  subcutanen  Lijectionen  an,  sondern  per  os.  Die  zu  inner- 
hchem  Gebrauch  bestimmte  Lösung  wird  folgendermassen  herge- 
stellt (Therap.  Monatsh.  S.  165):  Man  löse  genau  gewogenes  0,1  g 
Cantharidinum  crystallisatum  in  500  ccm  Tinctura  Aurantii  corticis. 
Man  verfährt  am  besten  so,  dass  man  zuerst  0,1  g  in  300  ccm  der 
Tinctur  bei  massiger  Wärme  in  einem  */s  Liter-Kolben  auflöst  und 
nach  dem  Abkühlen  auf  '/a  Liter  auffüllt.  Die  Lösung  wird,  wenn  der 
Alkoholgehalt  der  Tinctur  richtig  ist,  vollkommen  klar.  Die  Lösung 
darf  den  Patienten  nicht  selber  in  die  Hand  gegeben  werden.  Zum 
Gebrauch  wird  je  nach  dem  Falle  ^i» — '/2 — 1  ccm!  der  Lösung 
aus  einer  Pravaz-Spritze  gemessen  in  ein  kleines  Glas  Wasser  ge- 
gossen, das  etwa  20 — 30  ccm  Wasser  enthält.  Die  opalescirende 
Lösung  hat  einen  angenehmen  Geschmack,  man  lässt  die  Patienten 
etwas  Wasser  nachtrinken  und  einen  Bissen  Brod  nachessen. 

Urotropin  (Uexametliylentetramln). 

Dieser  Verbindung,  welche  sich  beim  Eindampfen  einer  am- 
moniakalischen  Formaldehydlösung  bildet,  kommt  nach  Arthur  Ni- 
colaier (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  34)  die  Fähigkeit  zu,  die 
Hamsecretion  zu  vermehren  und  das  Ausfallen  von  Harnsäure  bezw. 
von  hamsauren  Salzen  aus  dem  Urin  zu  verhindern.    Das  Urotropin 


590 


Loebisch. 


Gystitis, 
Nicolaier. 


Urotropin  ist  eine  einsäurige  Base  und  bildet  farblose  weisse  Kry stalle^ 
gegen       welche  sich  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  lösen.     Es  geht  nach 

steine  und  innerlicher  Darreichung  sehr  rasch  in  den  Harn  über;  bereits  nach 
V«  Stunde  lasst  es  sich  durch  Bromwasser,  mit  dem  es  einen  orange- 
gelben Niederschlag  von  Urotropindibromid  gibt,  nachweisen.  0,5  g 
des  Mittels  waren  nach  etwa  13  Stunden,  1  g  nach  etwa  27  Stunden 
mit  dem  Harn  vollständig  ausgeschieden.  Die  wichtigste  Eigenschaft 
des  Mittels  ist,  dass  der  Harn  bei  seiner  Darreichung  die  saure 
Keaction  behält  und  überdies  die  Pähigkeit  erhält,  hamsaure 
Concremente  aufzulösen.  Diese  Eigenschaft  würde  ihm  einen 
Vorzug  geben  vor  dem  Piperazin,  Lycetol  und  Lysidin,  welche 
zwar  in  wässriger  Lösung  Harnsäure  zu  lösen  vermögen,  im  Harn 
aber  diese  Eigenschaft  nicht  besitzen  (Mendels ohn).  Eine  weitere 
wichtige  Eigenschaft  des  Urotropins  ist  die,  dass  es  die  Entwicke- 
lung  von  Bacterien,  besonders  der  der  ammoniakalischen  Harn* 
gährung  und  des  Bacterium  coli  hemmt.  In  zwei  Fällen  von  Gystitis, 
in  denen  der  Urin  stark  ammoniakalisch  war,  sah  Nicolaier  nach 
Anwendung  des  Urotropius  den  Harn  sauer  werden,  auch  das  vorher 
sehr  reichlich  abgeschiedene  Sediment  verringerte  sich  ganz  erheblich. 
Nicolaier  gibt  das  Mittel  dermalen  in  Tagesgaben  von  1,0 — 1,5,  in 
Wasser  gelöst  Morgens  auf  einmal  zu  nehmen.  In  dieser  Dose 
wird  das  Mittel  sehr  gut  vertragen.  Man  kann  bei  Erwachsenen 
bis  zu  6  g  täglich  geben,  doch  stellte  sich  bei  dieser  grossen  Gabe 
Brennen  in  der  Blasengegend,  das  meist  nach  dem  Urinlassen  auf- 
trat, zeitweise  auch  vermehrter  Harndrang  ein.  Wurde  das  Mittel 
weiter  gegeben,  so  traten  im  Sediment  des  Harns  zahlreiche  Ueber- 
gangsepithehen,  zuweilen  auch  rothe  Blutkörperchen  auf. 


InhaUtioBsanftsthetiea  (Chloroform,  Aether,  Bronftthjl). 


Bromäthyl. 
Hennike, 


Nach  Werner  Hennike  (Inaug.-Dissert.  aus  d.  pharmakolog. 
Instit.  zu  Bonn)  Uegt  die  Gefährlichkeit  der  Inhalationsanästhetica 
für  die  Narkose  vor  allem  in  der  Grösse  des  Spielraums,  der  gegeben 
ist  durch  die  Höhe  derjenigen  Concentration,  welche  noch  in  kurzer 
Zeit  durch  Athmungslähmungen  direct  zum  Tode  fuhren,  imd  jener, 
welche  gerade  ausreicht,  um  eine  brauchbare  Narkose  herbeizufuhren 
respective  zu  erhalten.  Für  die  Gesammtbeurtheilung  kommen  jedoch 
noch  andere  Momente  in  Betracht.  Für  den  Aether  besonders  die 
reizende  Einwirkung  auf  die  Luftwege  und  die  weniger  gute  und 
weniger  ruhige  Narkose,  für  Bromäthyl  die  gefahrlichen  Nach- 
wirkimgen.     Die    bei    den   Versuchen    mit   Bromäthyl    beobachtete 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  591 

Nachwirkung  leitet  H.  D  res  er  davon  her  (Arch.  f.  exp.  Patholog.  Dreser. 
u.  Phannakolog.  Bd.  36,  H.  3  u.  4),  dass  nicht  alles  inhalirte  Brom- 
äthyl wieder  ausgeathmet  wird,  sondern  dass  ein  Theil  im  Organis- 
mus zurückgehalten  wird,  der  später  zerlegt  wird,  und  dass  die  dabei 
gebildeten  intermediären  Producte  eine  energischere  Wirkung  äussern 
als  das  Bromäthyl  selbst.  Er  konnte  sowohl  im  Harn  von  Kaninchen 
nach  Bromäthylinhalationen  als  im  Harn  von  sieben  chirurgischen 
Patienten,  welche  für  kurzdauernde  Operationen  mit  Bromäthyl  nar- 
kotisirt  wurden,  recht  beträchtliche  Mengen  Brom  nachweisen. 

Zur  Bereitung  einer  gleichmässigen  Aqua  Chloroformii  em- 
pfiehlt Serree  (Therap.  Monatsh.,  Juli)  folgendes  Verfahren,  welches        Aqua 

darauf  beruht,  dass  sich  1  Th.  Chloroform  in  140  Th.  Wasser  löst.      Chioro- 

,  formii, 

Man   schüttelt  1  Th.  Chloroform  mit  200  Th.  Wasser  in  einer  nur       serrte. 

zu  */♦  geföUten  Flasche  8 — lOmal  je  3  Minuten  lang  kräftig  durch 

und  bewahrt  die  so  erhaltene  Chloroformlösung  in  gut  verschlossenen 

Gefassen  am  kühlen  Orte  auf. 


Carbolsftnre. 

Noch  immer  gibt  die  medicamentöse  Anwendung  der  Carbol- 
säure   zu  Vergiftungen  Anlass.     Herlyn  (Deutsche  med.  Wochen-  Vergiftung 
Schrift  Nr.  41)  schildert  einen  Pall,  in  welchem  eine  3°/oige  Carbol-         "V^.. 

C  arbolsäure- 

lösung  statt  zu  einer  Scheidenausspülung  als  Kly  stier  benutzt  wurde,  kiy  stieren, 
Kaum  merkte  die  Prau,   dass  die  Flüssigkeit  (200  g)  in  den  Darm       Herlyn, 
eindringt,  war  sie  auch  alsbald  im  tiefsten  CoUaps.   Erst  durch  wieder- 
holte Aetherinjectionen  kam  sie  wieder  zum  Bewusstsein ;  schleimig- 
blutige Diarrhöen.    R.  C.  Lucas  imd  W.  A.  Lane  (Lancet,  1.  Juni)      Lucas  u. 
beobachteten  Vergiftungen  bei  einem  15-  und  bei  einem  6 '/«jährigen        ^*'*®' 
Knaben,  denen  sie  die  zur  Operation  vorbereiteten  Körpertheile  mit 
in  5^/oiger  Carbollösung  eingetauchten  Compressen  einen  halben  Tag 
lang  umwickelt  hatten.     Schwerer  Collaps   mit  niedrigen  Tempera- 
turen,   extrem  schwachem  Puls  führte  in  ein  4-   bezw.  Sstündiges 
Coma  mit  aufgehobenem  Comealreflex   über,   während  die  Reaction 
der  Pupillen  erhalten  blieb.    Zuckungen  der  Augenlider  und  geringe 
tetanische  Contractionen  an  Händen  und  Armen ;  die  Urinausscheidung 
vorübergehend   unterdrückt.     Excitantien   von    gutem   Nutzen.      In 
einem  Falle  reactiver  Fieberanstieg  bis  40,3  ^.    Erbrechen  und  Carbol- 
ham   2 — 3  Tage  hindurch.     Oscar  Silbermann   (Deutsche  med.  o.  Silbennann. 
Wochenschr.  Nr.  41)  theüt  aus  dem  Malteserkinderhospital  zu  Breslau 
drei   Fälle    von    Carbolsäurevergiftung    mit.      Fall   1    betrifft    einen 
dreiwöchentlichen  Knaben,   der  wegen  Phlegmone   der  Haut  2*^/oige 


592  Loebisch. 

Vergiftung  Carbolsänrewasserumschläge   als  Hausmittel   erhielt.     Exitus   letalis. 

^     ."IV.        Fall  2,   ein  sechswöchentliches  Mädchen,   welches  von  der  Mutter 
uarooisaiire-  ^  ' 

klystieren,  3®/oige  Carbolumschläge  erhielt;  der  dritte  Fall  betrifft  einen  6jäh- 
o.  Silbermann,  rigen  Knaben,  der  eine  Citronenlimonade  mit  einer  3*^/oigen  Carbol- 
säure  verwechselte  und  etwa  einen  EsslöflFel  der  Lösung  trank.  Be- 
züglich der  Theorie  der  Phenolvergiftung  leitet  0.  Silbermann 
die  Erscheinungen  von  der  Schädigung,  welche  das  Blut  durch  das 
Phenol  erfahrt,  her.  Es  schädigt  in  erster  Keihe  die  Leukocyten; 
bei  den  rothen  Blutkörperchen  entwickelt  sich  am  häufigsten 
Schrumpfung,  und  nur  selten,  bei  schwächlichen  Individuen,  kommt 
es  zur  Auslaugung  des  Hämoglobins,  Hämoglobinämie  bezw.  Icterus 
als  Zeichen  einer  Blutdissolution.  Die  Blutschädigung  ist  es  auch, 
welche  die  Veränderungen  in  den  einzelnen  Organen  hervorruft. 

Enterol. 

Ausgehend  von  der  Thatsache,  dass  bei  der  Darmfaulniss  im 
menschlichen  Organismus  ausser  Indol,  Scatol  und  Phenol  die  iso- 
meren Kresole  ständig  als  Gegenproduct  der  Darmfiäulniss  gebildet 
werden  und  dass  unter  allen  diesen  Körpern  gerade  die  Darmkresole 
(las  wirksamste  Princip  der  „natürlichen  Darmantiseptik"  darstellen, 
Enteroiais  hat  P OS s- Potsdam  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  47)  zunächst 
Darm-       ^^^  Mischunffsverhältniss  dieser  Darmkresole  bestimmt  (die  Methode 

desinficiens,     ...^«.,  .  .,  \ 

Foss.         luerfür  gibt  \eri.  nicht   an,   auch  ist  durch  mchts  bewiesen,   dass 

das  Mischungsverhältniss  ein  constantes  ist)  und  dann  aus  chemisch 
reinen  isomeren  Kresolen  das  Enterol  dargestellt,  welches  jene  im 
selben  Mischungsverhältnisse  enthalten  soll,  in  dem  sie  im  mensch- 
lichen Organismus  vorkommen.  Das  Enterol  krystallisirt  bei  Zimmer- 
temperatur und  verliert  diese  Eigenschaft  erst,  wenn  es  in  feuchter 
Luft  5"/o  Wasser  aufgesogen  hat.  Es  ist,  in  einer  Verdünnung  von 
mindestens  0,1  zu  100,0  genommen,  fiir  einen  kräftigen  Erwachsenen 
in  Dosen  von  1 — 2,5 — 5  g  pro  die  absolut  ungiftig,  ohne  unange- 
nehme Beize  und  sonstige  Nebenerscheinungen.  Bei  grösseren  Dosen 
tritt  eine  graugrünliche  Verfärbung  des  Urins  auf,  welche  analog 
Avie  bei  der  Carbolsäure  darauf  hinweist,  dass  ein  Theil  der  das 
Enterol  bildenden  Kresole  nicht  in  ätherschwefelsaure  Salze  umge- 
wandelt wurde.  Foss  zieht  aus  seinen  therapeutischen  Versuchen 
den  Schluss,  dass  das  Enterol  in  genügender  Gabe  ein  ganz  zuver* 
lässiges  Mittel  zur  Desinfection  des  Darminhaltes  selbst  bei  den 
schwersten  Infectionen  darstellt.  Ueberdies  wird  der  Harn  bei 
innerem  Gebrauch  des  Enter ols  in  grossen  Dosen  leicht  antiseptisch 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  593 

und  nn^hig  zu  gähren«  Er  fand  es  wirksam  bei  Cholera  nostras, 
bei  Cholera  infantum,  bei  acutem  und  chronischem  Darmkatarrh, 
auch  besonders  bei  der  trockenen  Form  des  letzteren,  zur  Desinfection 
des  Harns  bei  frischen  und  subacuten  Fällen  von  Blasen-  und  Nieren- 
beckenkatarrh. Bei  dem  durch  Stauung,  Tumoren  oder  Steine  unter- 
haltenen chronischen  Blasenkatarrh  mit  tiefen  Veränderungen  der 
Schleimhaut  und  der  Muscularis  gelang  die  Heilung  nicht  inmier; 
doch  eignete  es  sich  zu  Ausspülungen  bei  diesen  Affectionen.  Die 
von  Foss  bisher  angewendeten  Präparate  sind  1.  das  Enterol,  mit 
Spuren  Jonon  versetzt,  welches  verdünnten  Lösungen  den  üblen  Geruch 
nimmt;  2.  Enterolkapseln  4  0,25;  3.  Enterolpülen  k  0,1;  4.  Enterol- 
abfuhrpillen  und  Enteroleisenpillen  (die  gebräuchlichsten  Formen  mit 
Enteroizusatz).  In  diesen  Pillen  ist  der  Enterolgeruch  durch  einen 
zweckmässigen  Ueberzug  verdeckt,  und  dieselben  sind  durchaus  an- 
genehm zu  nehmen.  Die  Dosirung  siehe  oben ;  bei  Cholera  infantum 
wurde  es  in  Lösung  von  0,1 — 0,26 :  100,0,  1 — 2stündlich  1  Thee- 
löffel,  mit  Eiweisswasser  oder  Reiswasser  verdünnt  gegeben.  Sämmt- 
liche  Enteroipräparate  sind  durch  Dr.  Kade's  Oranienapotheke  (Berlin) 
zu  beziehen. 

Greolin. 

Auf  Grund  der  bisherigen  Litteratur  zeigt  R.  Friedländer  Creoiin- 
(Therap.  Monatsh.,  März),  dass  die  dem  Creolin  bei  seiner  Ein-*^*®*/®^*^'^' 
fährung  nachgerühmte  Eigenschaft  j  dass  es  absolut  ungifbig  sei, 
nicht  mehr  aufrecht  erhalten  werden  kann.  Zwar  sind  Neben- 
wirkungen des  Creolins  nicht  eben  gefahrlich,  doch  mahnen  sie 
ebenfalls  zur  Vorsicht.  Schon  der  Geruch,  den  in  Schalen  unbedeckt 
stehende  l'/2°/oige  Creolinlösung  verbreitet,  bewirkte  selbst  bei  ganz 
gesunden  Personen  Kopfschmerzen,  Zunahme  der  Pulsfrequenz  von 
70  auf  100 — 120,  starkes  Klopfen  der  Hals-  und  Schläfearterien,  bei 
einer  Person  sogar  Erbrechen  (Stille,  Ihlienworth,  Cramer). 
Sehr  häufig  wird  das  Auftreten  von  Ekzemen,  starkem  Juckreiz, 
scharlachähnlichem  Ausschlag  nach  mehrtägiger  Anwendung  1-  bis 
2^/oiger  Creolinlösung  zu  Umschlägen  gemeldet.  Dabei  kam  es  zur 
Beschleunigung  und  Kleinheit  des  Pulses,  hochgradiger  Unruhe ;  der 
Uiin  war  dunkelbraun  wie  Carbolham.  Nach  dem  Aussetzen  der  Um- 
schläge cessirten  die  Erscheinungen  nach  1 — 2  Tagen  (Wackez, 
Bischofswerder  und  Cramer).  Zahlreiche  Versuche  an  Thieren 
machen  es  unzweifelhaft,  dass  durch  Resorption  einer  grösseren 
Menge  von  Creolin  lebensgefahrliche,  selbst  tödtliche  Litoxicationen 

hervorgerufen  werden  können.    Die  bisher  bei  Selbstmordversuchen 
Jahrbuch  der  praotischen  Medicin.    1896.  3S 


594 


Loebisch. 


Creoiin-     löit  Creolin  (250  g)  mid  bei  versebentlicbem .Genuas  von  70  g  beob- 

i]itoxicatioii,|^hteten  Symptome  der  Yergiftong  abneln  in  einzehien  Theilen  der 

.  Fnedisii  er,  Q^j^i^iy^^if^^Qj^  ^md  zeigen  folgende  Symptome :  CoUaps  mit  Verlast 

des  Bewnsstseins,  Pols  kamn  inblbar,  Atbmnng  dyspnoisch,  Tempe> 
rator  mn  mehrere  Grade  erniedrigt,  Erbrechen  grünlich  gefärbter 
Massen,  die  Creolingemch  zeigen,  dünne  grünbranne,  ebenfalls  nach 
Creolin  riechende  Stühle.  Der  Urin  dunkel  olivengrün,  enthalt  etwas 
Eiweiss.  Bei  sofortigen  Gegenmaassregeln,  Magenausspülungen, 
Analepticis,  tritt  Besserung  schon  nach  Stunden  ein;  nur  Erbrechen 
und  Durchfalle  halten  mehrere  Tage  an,  ebenso  kann  im  Harn  der 
Eiweissgehalt  zunehmen  mit  nachtraglichem  Aufixeten  von  Blut- 
körperchen, Nierenepithelien  und  Hamcylindem.  2  Tage  nach  dem 
Selbstmordversuch  wurden  Vergrösserung  der  Milz  und  Leber,  Icterus, 
später  chronische  Krämpfe  in  den  oberen  Extremitäten  constatirt. 
Erst  nach  20  Tagen  wurde  der  Patient  geheilt  entlassen.  —  Intoxi- 
cation  nach  Ausspülung  der  Blase  wegen  starker  Blasenblutung  mit 
Gramer,  einer  V»  */oig6ii  Creolinlöstmg  beobachtete  Cr  am  er.  —  Einen  neuer- 
lichen EaU  von  Creolinvergiftung  infolge  eines  Selbstmordversuches 
bei  einer  60jährigen  Frau,  die  75  g  Creolin  getrunken  hatte,  schildert 
Eritz  Pinner  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  41). 

Bereits  2  Standen  nach  dem  Genüsse  schweres  Coma  mit  Zeichen  der 
Herzschwäche.  Den  raschen  Übergang  des  Giftes  in  die  Blutbahn  beweist 
der  positive  Ausfall  der  Tribromphenolreaction  in  dem  2  Stunden  nach  dem 
Genüsse  des  Creolins  der  Blase  entnommenen  Urin.  Nach  erfolgter  Magen- 
aiisspülung  schwanden  die  bedrohlichen  Symptome  bald.  Die  Ausscheidung 
der  Creolinreste  durch  die  Niere  dauerte  6  Tage,  die  nervösen  Erschei- 
nungen, die  während  der  Intoxication  vorhanden  waren,  schwanden  nach 
Verlauf  von  14  Tagen. 


Pinner. 


Katrlum  sozojodolienm. 

Zur  Prophylaxis  und  Therapie  der  Diphtherie  schlagt 

Natrium     S.  Schwarz  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  43)  InsufSationen   von 

sozojodoli-  Natrium  sozoiodolicum  in  folgender  Form  vor:  Kindern  unter  9  Jahren 
cum  gegen  u  o 

Diphtherie,  Natrii  sozojodolic.  3,0,  Flor.  sulf.  6,0,   Saccharin  1,0;  Kindern   von 

s.  Schwarz.  2 — 4  Jahren:  Natrii  sozojodolic,  Flor.  sulf.  ana  mit  Hinzusetzung  von 
Saccharin,  und  Kindern  üher  4  Jahren:  Natrii  sozojodol.  pulverisat. 
subtiliss.  mit  etwas  Saccharin  verrieben.  Zur  Neutraüsirung  etwa 
verschluckter  Membranfetzen  stündliche  Verabreichung  eines  Ess- 
löffels einer  KaU  chloricum-Solution  (1 — 1,5 :  180,0).  Ausserdem  Robo- 
rantia  und  zur  Vermeidung  der  postdiphtherischen  Lähmungen  vom 
Anfang  der  Behandlung  an,   2— 3mal  täglich  Extr.  nucis  vomic.  in 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie, 


595 


verschiedenen  Dosen.  Die  Gesammtmortalität  sank  unter  dieser  Be- 
handlung auf  8 — 10°/o.  rieber  und  Prostration  schwinden  rasch. 
Auch  prophylactische  Gurgelungen  mit  2*/oiger  Sozojodol-Natrium- 
losung  hatten  den  besten  Erfolg. 


Elchengrün» 
Iven, 


Jodoform  nnd  Ersatzmittel:  Airol,  Dermatoly  Earophen, 

Loretln,  Vosoplien. 

Jodoformin  (geruchloses  Jodoform).  Eine  von  der  chemi-  Jodoformin, 
sehen  Eabrik  L.  G.  Marquardt  dargestellte  Verbindung  des  Jodo- 
forms mit  einem  schwach  antiseptischen  Körper  (FormaHn).  Es 
bildet  ein  geruchloses,  fein  vertheütes,  weisses  Pulver,  welches  sich 
durch  Einwirkung  des  Lichtes  leicht  gelb  färbt.  Es  hat  einen 
Jodoformgehalt  von  75 ^/o,  ist  in  Wasser  unlöslich,  schmilzt  unter 
plötzlicher  Zersetzung  bei  178^,  spaltet  bei  Einwirkung  von  Säuren 
und  Alkalien  Jodoformale,  lässt  sich  mit  Glycerin  zur  Emulsion  und 
mit  wasserfreien  Materialien  zu  Salben  verarbeiten.  Wie  Eichen- 
grün (Therap.  Monatsh.  S.  487)  und  Iven  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  36)  ausfuhren,  zersetzen  die  Wundsecrete  das  Jodo- 
fonnin  so,  dass  sich  Jodoform  abspaltet,  wonach  das  Jodoformin 
antiseptisch  dem  Jodoform  vollständig  gleichwerthig  ist.  Die  Ab- 
spaltung des  Jodoforms  hört  mit  Ablauf  der  Secretion,  also  bei  ein- 
tretender Heilung,  auf,  weshalb  der  Geruch  nach  Jodoform  stets 
ein  minimaler  ist.  Trostorff  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  50) 
fand  es  bei  Ulcus  moUe  von  guter  Wirkung,  der  Jodoformgeruch 
trat  erst  beim  Wechsel  der  Watte  um  die  Eichel  herum  und  beim 
Waschen  der  erkrankten  Theile  auf.  In  Uebereinstimmung  mit  den 
oben  angeführten  Autoren  wird  der  Mangel  an  Beizerscheinungen 
bei  Anwendung  des  Mittels  hervorgehoben.  Trostorff  benutzte  es 
bei  chronischer  Gonorrhoe,  um  nach  vorausgegangener  anderweitiger 
Behandlung  im  TJrethroskop  die  Schleimhaut  der  Harnröhre  —  Epi- 
theldefecte,  Infiltrate  im  submucösen  Bindegewebe  —  durch  Ein- 
pudern der  Fartieen  mit  Jodoformin  zur  Heilung  zu  bringen. 


Trostorff. 


Airol.  Das  von  der  chemischen  Fabrik  Hoffmann,  Traub 
u.  Co.  in  Basel  dargestellte  Präparat  ist  eine  Verbindung  von  Wis- 
muth,  Jod  und  Gallussäure,  Wismuthoxyjodidgallat,  und  wird 
als  Ersatzmittel  des  Jodoforms  „wegen  seiner  Geruchlosigkeit  und 
XJngififcigkeit"  empfohlen.  Es  stellt  ein  graugrünes,  voluminöses, 
geruch-  und  geschmackloses  Pulver  dar,  welches  Hchtbeständig  ist 
und  der  feuchten  Luft  ausgesetzt  in  ein  rothes  Pulver  —  eine  noch 


Airol. 


596 


Loebisch. 


Airol,  basischere  Wismuthoxyjodidverbindung  mit  geringerem  Jodgehalt  — 
übergeht;  auch  auf  Wunden  färbt  es  sich  offenbar  unter  Jodabgabe 
gelb.  Es  ist  in  Wasser  und  Weingeist  unlöslich,  in  Alkalien  und 
in  verdünnten  Säuren  unter  theilweiser  Zersetzung  löslich.  Mit 
wenig  Wasser  und  Glycerin  büdet  es  eine  haltbare  Emulsion,  mit 
Howaid,  Vaselin  und  wasserfreiem  Adeps  haltbare  Salben.  R.  u.  W.  Howald 
empfehlen  es  besonders  als  Streupulver,  bei  Brandwunden,  frischen 

Veiei,  Wunden,  Quetschungen,  Ulcus  molle.  Veiel  (V.  Congress  d.  Derma- 
tologie in  Graz,  Wien.  med.  Presse  Nr.  48)  fand  es  bei  Unterschenkel- 
geschwüren, besonders  bei  vorhandenen  Ekzemen,  bei  eingewachsenem 
Nagel,  als  schmerzstillendes,  reinigendes  Wundmittel  brauchbar.  Eine 

Hägier,  grössere  Versuchsreihe  an  chirurgischen  Kranken  führte  C.  S.  Hägler 
(Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  13)  aus.  Er  wendete  das 
Airol  meist  in  trockener  Form  mit  dem  Bläser  oder  imprägnirt  in 
G-azestoff  an.  Das  feine  Pulver  lässt  sich  überallhin  gleichmässig 
vertheilen.  Bei  tuberculösen  Abscessen  wurde  es  als  10^/oige  Emulsion 
in    gleichen   Theilen   Wasser    und   Glycerin  in   die   Abscesshöhlen 

Fahm.  injicirt.  J.  Eahm  (ibidem  Nr.  8)  gab  das  Mittel  auch  innerlich  zu 
0,2  pro  dosi  gegen  Diarrhöen.  Auch  hier  wurde  Besserung  con- 
statirt. 


Dermatol, 
Wiemer. 


Zu  den  Lobrednem  des  Dermatols  gesellt  sich  0.  Wiemer 
(Therap.  Monatsh.  S.  15),  der  das  Mittel  in  der  operativen  Chirurgie 
versuchte.  Nach  ihm  begünstigt  es  den  Heilungs verlauf  namentlich 
finscher  Wunden  durch  seine  austrocknende  Wirkung  ausserordent- 
lich, jede  Beizerscheinung  von  Seite  der  Gewebe  fällt  dabei  weg; 
sind  jedoch  bereits  Zersetzungsvorgänge  in  der  Wunde  eingetreten, 
so  ist  ein  Erfolg  nicht  zu  erwarten.  Die  von  Wiemer  benutzte 
lO^/oige  Dermatolgaze  bietet  den  Vorzug,  dass  sie  in  strömendem 
Wasserdampf  sterilisirt  werden  kann. 

Die  einzige  angebliche  Dermatolvergiftung  erwidmte  bisher 
Weis  m  Uli  er  (Berl.  Min.  Wochenschr.  1891,  Nr.  61);  nunmehr 
theilt  0.  Wiemer  einen  PaU  mit,  den  er  als  typische  Dermatol- 
vergiftung betrachten  möchte. 

Bei  einer  Frau,  bei  der  nach  der  Laparotomie  carcinomatös  degenerirte 
Ovarialcysten  mit  seoundärem  Uebergreifen  auf  Mesenterium  und  Darm- 
eerosa  gefunden  wurden,  kam  es  zu  Darmperforation.  Es  wurde  nun  die 
circuläre  Resection  eines  Stückes  des  Darmrohres  ausgeführt.  Es  wurden 
für  die  Operation  8—10  g  Dermatol  verbraucht.  8  Tage  nach  der  Ope- 
ration traten  heftiger  Darmkatarrh,  Eiweiss  im  Urin  und  eine  Stomatitis 
auf,  die  sich  durch  Schwellung  des  Zahnfleisches,  der  Zunge,  der  Wangen- 
schleimhaut, Lockerung  sämmtlicher  Zähne  und  SchwarzfÄrbung  des  Zahn- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  597 

fleisches   charakterisirte.     Diese   Schwaxzfärbung    blieb    noch   wochenlang 
nach  dem  bald  erfolgenden  Rückgang  der  übrigen  Symptome  bestehen. 

Es  handelte  sich  hier  um  eine  typische  Wismuthvergiftung,  wie 
sie  auch  bei  Anwendung  von  Wismuthsubnitrat  zur  antiseptischen 
Wundbehandlung  beobachtet  worden  ist. 

Wegen  der  Reizlosigkeit  und  seiner  Ungiftigkeit  empfiehlt  Saal-  Enrophen, 
feld  (Therap.  Monatsh.,  Nov.)  das  Europhen,  namentlich  fiir  die  Saalfeld. 
Kinderpraxis.  Ein  Puder  aus  Talcum  mit  Zusatz  von  6 — 10  ^'/o  Eu- 
rophen  und  6  •/.  Lanolinum  anhydricum  war  bei  Intertrigo  wirksam. 
Ueberdies  bestätigt  er  die  Heilwirkung  des  Mittels  bei  Ulcus  molle. 
Als  Pulver  oder  als  10 — 20 ^/o ige  Salbe  bewirkte  es  bei  gummösen 
Oeschwüren  rasches  Nachlassen  der  Schmerzen  und  des  Brennens. 
Bei  pustulösem  Ekzem  und  Polliculitiden  bewährte  sich  lO^'/oiges 
Europhen-Lanolin ;  bei  Balanitis  Europhenstreupulver  (1 : 4  Talcum 
oder  besser  Borsäure). 

Das  Loretin  wird  wieder  von  B.  Korff  nach  Erfahrungen  auf     Loretin, 
der  Abtheilung  des  Prof.  Schinzinger  (Münch.  med.  Wochenschr.        ^°^* 
Nr.  28)  wegen  seiner  Geruchlosigkeit,  Ungiftigkeit  und  Reizlosigkeit  als 
Wundheilmittel  empfohlen.    Verf.  hat  diesmal  den  hohen  bactericiden 
Werth  des  Loretins  gegenüber  anderen  Desinficientien  experimentell 
dargethan. 

Das  von  Classen  und  Lob  dargestellte  Nosophen  ist  analog 
dem  Jodoform  ein  organisches  Jodsubstitutionsproduct.     Es  enthält 
61,7  °/o  Jod  und  stellt  ein  gelbliches,  in  Wasser,  Alkohol  und  Säuren 
unlösliches,  in  Aether  leicht  lösliches,  geruchloses  Pulver  dar  vom 
Charakter  einer  schwachen  Säure;  mit  Alkalien  bildet  es  leicht  lös- 
liche Salze  von  blauer  Farbe ;  das  Natronsalz  wird  unter  dem  Namen 
„Antinosin"  in  den  Handel   gebracht.     Wegen   seiner  Geruch- 
losigkeit  und  Ungiftigkeit  wird  es  als  Ersatzmittel  des  Jodo- 
forms empfohlen.     Die  Versuche  von  C.  Binz  und  N.  Zuntz  (Fort-    Nosophen 
schritte  der  Medicin  Nr.  14)  ergaben  zunächst,   dass  das  Nosophen    (Tetrajod- 
dem  Organismus  jedenfalls  weniger  gefahrlich  ist  als  das  Jodoform,   phthalein), 
Unmittelbar   ins  Blut  als  Natronsalz  eingespritztes  Nosophen  wird   Antinosin, 
in    ziemlicher    Menge    in    den    Darmkanal    ausgeschieden;    in    den       zuntz.* 
Harn    geht    es    nur    dann   reichlich    über,    wenn    dieser    alkalisch 
reagirt;   wohl  wirkte  die  intravenöse  Anwendung  des  Natronsalzes 
schädlich,  doch  kommt  diese  für  den  practischen  Gebrauch  nicht  in 
Betracht.     Es  verhindert  gleich  dem  Jodoform  die  Eiterung,  in- 
dem es   auf  die  Leukocyten  direct  lähmend  wirkt  und  somit  deren 
Auswanderung  aus  den  Gefassen  hintanhält.    Den  Einfluss  des  Noso- 


598 


Loebisch. 


O.  Lassar, 


Seifeit, 


phens  auf  die  Wundheilung  im  Vergleich  mit  dem  des  Jodoforms, 
Nosophen,  Dermatols,  Europhens  und  Aristols  prüften  N.  Zuntz  und 
E  ^1^'  E.  R.  W.  Frank  (Dermatol.  Zeitschr.  Bd.  2,  H.  4).  Das  Nosophen 
erzielte  selbst  bei  inficirten  Wunden  trotz  der  nachweisbaren  Gegen- 
wart von  pathogenen  Bacterien  im  Gewebe  gute  Wimdheilung,  und 
zwar  im  directen  Gegensatz  zu  den  Vergleichswunden.  Bei  den 
reinen  Wunden  war  der  Heilungsvorgang  ein  glatter,  während  die 
Vergleichspräparate  mehr  oder  weniger  starke  Reizung  der  Wunde 
und  deren  Umgebung  verursachten.  Auch  diese  Forscher  heben  die 
Geruchlosigkeit  des  Mittels  und  das  Fehlen  toxischer  Erscheinungen 
hervor.  0.  Lassar  (Dermat.  Zeitschr.  Bd.  2,  H.  4)  fand  Nosophen 
bei  Ulcus  moUe,  Herpes  progenitaUs,  Balanitis,  femer  bei  kleineren 
Flächenwunden  und  in  Ueberhäutung  begriffenen  Granulationen,  über- 
dies bei  Cystitis,  wo  eine  InsufBcienz  der  Blasenmusculatur  vorlag, 
in  Form  von  Ausspülungen  (1  Theil  Natronsalz  zu  400 — 500  Theilen 
Wasser)  von  prompter  Wirkung.  Er  hebt  den  exsiccatorischen 
Charakter  des  Pulvers  hervor,  welche  unter  Umständen  auch  zur 
Secretretention  führen  kann ;  Exustenbildung  ist  daher  zu  vermeiden : 
andererseits  kann  die  Schleimhaut  der  Nase  durch  Einführung  von 
Nosophen  rasch  zur  Abtrocknung  geführt  werden.  Seifert  (Wien, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  12)  wandte  es  in  Form  von  Einblasungen  bei 
Rhinitis  hypersecretoria  an,  femer  zur  Nachbehandlung  nach  Aetzungen 
mit  Chromsäure  und  Trichloressigsäure.  Das  Nosophen  soU  nur  in 
V.  Koorden,  sehr  dünner  Schicht  aufgetragen  werden,  v.  Noorden  (Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  22)  empfiehlt  die  lO^joige  Nosophengaze  als  Er- 
satz der  Jodoformgaze  in  jenen  Fällen,  wo  letztere  wegen  ihres 
penetranten  Geruches  aus  socialen  Gründen  zu  meiden  ist ;  doch  hat 
sie  sich  auch  bei  tuberculösen  Hautgeschwüren  und  namentlich  bei 
Tamponade  innerhalb  der  Mund-  und  benachbarten  Höhlen  brauchbar 
erwiesen. 

Auf  Grund  der  eingangs  erwähnten  Versuche  an  Thieren  und 
am  Menschen,  welche  die  Unschädlichkeit  des  Nosophens  auch  bei 
innerlicher  Darreichung  erwiesen,  versuchte  Rosenheim  (Sitzung 
der  Berl.  med.  Gesellsch.,  Allg.  med.  Centralztg.  Nr.  62)  das  Mittel  in 
zahlreichen  Fällen  von  chronischem  Darmkatarrh  in  Gaben  zu  0,3  bis 
0,5  täglich  3mal.  Zu  diesem  Zwecke  empfiehlt  er  insbesondere  das  Wis- 
muthsalz des  Tetrajodphenolphthaleins  (das  Eudoxin),in Dosen  von  0,3 
bis  0,5  g  3 — 5mal  nach  dem  Essen  zu  nehmen.  Das  Mittel  wurde  vom 
Magen  gut  vertragen,  bei  empfindlichem  Magen  besser  Tannigen;  es  war 
bei  Tuberculose  und  Amyloid  ebenso  wirkungslos  wie  alle  anderen 
Mittel;  doch  schien  es  im  Darm  in  einigen  Fällen   desinficirend  zu 


£udoziii, 
Rosenheim. 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  599 

wirken,  das  Kollern  und  An^etriebensein  hörte  auf.  Die  wassrige 
Losung  des  Katriumsalzes  (1 — 3:1000)  versuchte  Bosenheim  zu 
Magenausspülungen;  in  einem  Falle  traten  Beizerscheinungen  auf, 
sonst  wirkte  die  Lösung  desinficirend.  Ob  das  Nosophen  je  die  Be- 
deutung des  Jodoforms  in  der  Wundbehandlung  erreichen  wird,  ist 
kaum  wahrscheinlich,  inunerhin  kann  es  wegen  seiner  Geruchlosig- 
keit  in  vielen  EäUen  als  dessen  Ersatzmittel  Anwendung  finden. 

Salophen  —  Acetylparamidophenolsalicylsaure  —  ist  eine  dem 
Salol  analoge  ätherartige  Verbindung,  in  welcher  mit  der  Salicylsäure 
statt  des  Phenybnestes  der  weit  weniger  gifidge,  dem  Phenacetin  ver- 
wandte Best  des  Acetylparamidophenols  verbunden  ist.  In  Deutsch- 
land seit  1891  namentlich  von  Siebel,  P.  Guttmann,  E.Koch, 
K.  Osswald,  Dräsche  und  Holzschneider  als  ein  Ersatzmittel 
des  Natriumsalicjlates  bei  Individuen,  welche  letzteres  nicht  ver- 
tragen, empfohlen,  hat  Huot  (s.  Litteratur)  neuerdings  das  Verhalten  Haloph<*n. 
des  Salophens  im  Organismus  an  Thieren  versucht  und  schliesslich  ' 

dessen  therapeutische  Wirkung  bei  acutem  Gelenkrheumatismus,  bei 
Chorea  und  verschiedenen  Neuralgieen  klinisch  geprüft.  Er  fand 
im  Selbstversuche,  dass  das  Mittel,  welches  bekanntlich  nur  im  alka- 
lischen Darmsäft  zerlegt  wird,  bei  Einnahme  von  5  g  auf  einmal 
nur  zu  67,57*0  ausgenutzt  wird.  Schon  Siebel  wies  daraufhin, 
dass,  wenn  die  Dosis  von  5 — 6  g  überschritten  wird,  die  Ausnutzung 
des  Mittels  eine  unvollständige  wird.  Huot  möchte  es  daher  nur 
in  täglichen  Gaben  von  3 — 4  g  und  in  Anbetracht  der  allmühlichen 
Zersetzung,  die  es  im  Darm  erfährt,  in  6  Dosen  getheilt  darreichen. 
Auch  er  hält  das  Salophen  for  ein  Ersatzmittel  des  NatriumsaHcylates 
bei  Gelenkrheumatismus  und  wirksam  bei  Behandlung  der  üliorea  und 
von  Neuralgieen-  B.  Drews  (CentralbL  f.  innere  Med.  Nr.  47)  em-  l^r«wM 
pfiehlt  Salophen  zur  Behandlang  der  nervösen  Form  der  In- 
fluenza. Er  gibt  bei  hefidgen  Anfällen  dieses  Leidens  bei  Er- 
wachsenen zuerst  eine  Dosis  von  2.0  Salophen  und  läsHt  dann  in 
2— 3stündigen  Intervallen  je  1.0— o— 6  g  pro  die  nehmen,  bei  ge- 
ringerer Intensität  der  Symptome  auch  bei  schwächeren  Personen. 
Frauen  genügen  oft  Dosen  von  0,5 — 0,75  in  2— 3«tiindlichen  Pau«on ; 
bei  Kindern  0,3 — 0,5  pro  dosi  je  nach  dem  Alter  und  4 — 5  g  pro  die. 
Unangenehme  Nebenwirkungen  wurden  nicht  beobachtet. 


600  Loebisch. 


Plienacetiii. 


Einen  Fall  von  Phenacetinvergiftung  mit  tödtlichem  Ausgange 
Phenacetin-  schildert  G.  Krönig  (Berl.  kHn.  Wochenschr.  Nr.  46).  Der  17jährige 
^  ^  ^if  ä'*  ^  °  ^'  I^öi^l^g  ^^^  DÜt  der  Wahrscheinlichkeitsdiagnose  Sepsis  ins  Kranken- 
haus, dabei  fiel  aber  die  eigenthümlich  fahlgelbe,  ins  Aschgrau 
spielende  Hautförbung  auf.  Die  an  dem  bereits  moribunden  Patienten 
vorgenommene  Blutuntersuchung  ergab  den  Befand  einer  in  den  ver- 
schiedensten Stadien  befindlichen  Lösung  der  rothen  Blutkörperchen, 
wie  sie  auch  nach  Vergiftung  mit  chlorsaurem  Kali  so  häufig  be- 
schrieben wurde.  Nach  den  Erfahrungen  Krönig's  bedingt  die 
Sepsis  derartige  Veränderungen  an  den  rothen  Blutkörperchen  keines- 
wegs. Weitere  Erkundigungen  ergaben  nun,  dass  der  Patient,  der 
schon  vor  3  V«  Wochen  erkrankt  war,  als  einziges  Medicament  bis  zur 
Ueberführung  ins  Spital  Phenacetin  genommen  hatte,  und  zwar  1,0  g 
pro  dosi  und  4mal  des  Tages  statt,  wie  der  Arzt  verordnete,  nur  2mal. 
Bei  der  Section  waren  das  Blut  und  die  blutreichen  Organe  sämmt- 
lich  auffallend  braun  gefärbt.  Auch  zeigten  sämmtliche  Organe  eine 
für  die  kurze  Zeit  auffallige  faule  Zersetzung.  Krön  ig  weist  auf 
die  in  der  Litteratur  verzeichneten  Fälle  von  unangenehmen  Neben- 
wirkungen nach  1 — 2  g  Phenacetin  hin.  v.  Jaksch  beobachtete 
bei  Eändem  schon  nach  Darreichung  von  0,1 — 0,2  g  Phenacetin  pro- 
fuse Schweisse  mit  intensiver  Cyanose,  ja  sogar  CoUapssymptome. 
Er  bringt  den  Bath  Eürbringer's  bezüglich  der  Anwendung  der 
neuen  Antipyretica  in  Erinnerung,  nämlich  jedesmal  erst  mit  kleinsten 
Dosen  dieser  Mittel  die  Reaction  des  betreffenden  Patienten  zu  er- 
forschen, bevor  man  zu  gewöhnlichen  Dosen  übergeht. 

Lactophenin. 

Dieses  von  v.  Jaksch  im  vorigen  Jahre  empfohlene  Antipyre- 
ticum  hat  sich  seitdem  in  zahlreichen  Versuchen  als  ein  dem  Phen- 
acetin ebenbürtiges  Mittel  bewährt.     Jedoch  auch  hier  machen  sich 
mit  zunehmender  Anwendung  die  unangenehmen  Nebenerscheinungen 
Lactophenin. geltend.     Strauss  (Therap.  Monatsh.,  Sept.)  theilt  3  Fälle  mit,  in 
Strauss,       denen  nach  Anwendung  von  3mal  täglich  1  g  Icterus  auftrat,  welcher 
auch  nach  dem  Aussetzen  des  Mittels  noch  längere  Zeit  fortdauerte. 
Köibi,       Kölbl  (Wiener  med.  Presse  Nr.  42)  berichtet  von  CoUapserschei- 
nungen  nach  Anwendung  des  Mittels  selbst  in  kleinen  Anfangsdosen, 
und  widerräth  dessen  Anwendung  in  der  Trauen-  und  Kinderpraxis. 
Senflt.        Dem  gegenüber  beruft  sich  Senfft  (Wiener  med.  Presse  Nr.  60)  auf 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  QQl 

die  übereinstimmend  günstigen  Erfahrungen .  zahlreicher  anderer 
Autoren  und  glaubt  die  beobachteten  üblen  Nebenwirkungen  daher 
leiten  zu  sollen,  dass  das  Mittel  entweder  in  zu  grossen  Einzeldosen 
oder  häufig  regelmässig  selbst  dann  noch  4 — 5mal  täglich  fort- 
gegeben wird,  wenn  die  Temperatur  den  für  die  Verabreichung  von 
Antipyretica  zu  supponirenden  Grad  nicht  erreicht  hat.  In  der  Kinder- 
praxis verabreicht  er  es  bis  zu  einem  Jahre  nur  bis  0,05  g,  von  da 
ab  bis  zum  14.  Lebensjahre  wurden  Dosen  nach  der  für  das  Eindes- 
alter gebräuchlichen  Scala  verwendet:  im  2.  Lebensjahr  '/s,  im  3.  V«, 
im  4,  '/s,  im  7. — 12.  '/a,  im  12. — 14.  Lebensjahre  V«  Dosis  fiir  Er- 
wachsene. 

Amygdophenln« 

Das  Amygdophenin,  wie  das  Phenacetin  ein  Derivat  des 
Paramidophenols ,  bei  welchem  jedoch  in  der  NH^-Gruppe  an  die 
Stelle  eines  Wasserstofiatoms  ein  Mandelsäurerest  eingefügt  ist  und 
das  Wasserstoffatom  der  Hydroxylgruppe  durch  Aethylcarbonat  ver- 
treten wird,  wurde  von  R.  Stüve  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  46)  Amygdo- 
auf  der  Abtheilung  v.  Noorden's  (Frankfurt  a.  M.)  therapeutisch  ^g*****"* 
versucht.  Das  Mittel,  ein  grauweisses  krystallinisches  Pulver,  das 
sich  im  Wasser  schwer  löst,  zeigte  sich  namentlich  als  Antirheu- 
maticum  sowohl  bei  Gelenkrheumatismus  mit  fieberhaftem  als  mit 
nicht  fieberhaftem  Verlauf  wirksam.  Als  Antipyreticum  waren 
die  Resultate  weniger  sicher,  als  Antineuralgicum  zeigte  es  häufig 
Erfolg.  Es  wurde  in  Gaben  von  1,0  ein-  oder  mehrmal  täglich  bis 
zu  Tagesmengen  von  5 — 6  g  verordnet.  Ueble  Nebenwirkungen  soll 
das  Mittel  keine  haben. 

Apoljsin. 

Dieses  von  L.  v.  Nencki  und  J.  v.  Jaworski  (Gaz.  lekarska,  Apoiysin, 
Mai.  Allg.  medicin.  Centralzeitung  Nr.  60—62)  empfohlene  Anti-  J'f^^^^^ 
pyreticum  und  Antineuralgicum  ist  in  seiner  chemischen  Constitution 
mit  dem  Phenacetin  verwandt.  Während  letzteres  durch  die  Substi- 
tution eines  Atoms  Wasserstoff  der  NH2-Gruppe  durch  den  Essig- 
säurerest im  Paraphenetidin  entsteht,  enthält  das  Apoiysin  an  der- 
selben Stelle  den  Rest  der  Citronensäure.  Es  stellt  ein  weissgelb- 
liches,  krystallimsches  Pulver  von  schwach  säuerlichem  Geschmacke 
dar,  welches  sich  in  kaltem  Wasser  1 :  55  löst,  in  heissem  Wasser 
in  allen  Verhältnissen.  Es  schmüzt  bei  72*  C.  Li  Alkohol  und 
ebenso  in  Glycerin  ist  es  leicht  löslich.  Bei  einer  grossen  Anzahl 
acuter  fieberhafter  Krankheiten  bewirkte  das  Apoiysin  eine  Tempera- 
turverminderung  von  1 — 1,8°  C.   mit  gleichzeitiger  Linderung  der 


J 


602 


Loebisch. 


Apoiysin,  Schmerzen.  Bei  Neuralgieen  wurden  die  schmerzhaften  Anfalle  in 
V.  Nencki,  üj^er  Dauer  abgekürzt ,  häufig  auch  zum  Schwinden  gebracht.  Bei 
leerem  Magen  imd  Dyspepsia  acida  ist  die  Anwendung  des  Mittels, 
welches  de  norma  erst  im  Darm  in  seine  Oomponenten  gespalten 
werden  soll,  contraindicirt.  Unangenehme  Nebenwirkungen  wurden 
bis  jetzt  nicht  beobachtet.  Das  Mittel  wurde  bisher  in  Pulverform 
gegeben,  einigemal  auch  in  Verbindung  mit  Bromiden,  auch  mit  den 
Salzen  des  Coffeins.  Die  antipyretische  Dosis  beträgt  3  g  pro  die  in 
stündlichen  Gaben  von  1  g.  Bei  Kindern  3mal  täglich  0,2 — 0,4  g. 
Die  Unschädlichkeit  des  Mittels  gestattete,  dasselbe  bei  Puerperal- 
fieber bis  zu  6  g  pro  die  zu  geben.  Bei  Neuralgieen  während  des 
Anfalles  0,5,  1,0 — 1,5.  In  Bezug  auf  die  Verschiedenheiten  in  der 
Zusammensetzung  des  Apolysins  und  des  Citrophens  (s.  d.)  sei  an 
dieser  Stelle  nur  bemerkt,  dass  sie  sich  zu  einander  verhalten,  wie 
Lactophenin  zum  milchsauren  Paraphenetidin.  Die  ätherartige  Bin- 
dung, in  welcher  das  Phenetidin  im  Apoiysin  sich  findet,  bewirkt, 
dass  letzteres  in  alkalischen  Flüssigkeiten  nur  schwer  zerlegt  wird, 
andererseits  ist  das  Apoiysin  in  saurem  Magensafb  leichter  spalt- 
bar wie  das  Phenacetin,  wodurch  es  im  Nachtheil  gegen  letzteres  ist 
Hildebrandt.    (Hildebrandt,  Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  45). 

Gitrophen. 

Citrophen,  Eine  von  Benario   (Deutsche  medicin.  Wochenschr.  Nr.  26) 

Benario,  empfohlene  Verbindung  des  Paraphenetidins  mit  Oitronensänre ; 
ein  weisses  Krystallpulver ,  welches  bei  181°  schmilzt.  Nach 
Benario  besitzt  es  einen  säuerlichen  Geschmack  und  löst  sich 
in  etwa  40  Theilen  kaltem  und  in  50  Theilen  siedendem  Wasser. 
Seifert,  Nach  Seifert  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  32)  schmeckt  es  nicht 
sauer  und  löst  sich  erst  in  etwa  13  000  Theilen  kalten  Wassers.  Es 
setzt  die  fieberhafte  Körpertemperatur  herab  und  besitzt  analgetische 
Wirkung  wie  Phenacetin.  Es  wurde  in  Einzeldosen  von  0,5 — 1,0, 
in  Tagesdosen  bis  6,0  gegeben.  Wegen  seiner  Zusammensetzung 
zeigt  es  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  dem  Apoiysin ;  ihre  Kenntniss 
ist  insofern  von  practischem  Interesse,  als  die  Verschiedenheit  im 
chemischen  Bau  der  beiden  Substanzen  tins  über  die  verschiedene 

Hildebrandt,  therapeutische  Wirksamkeit  derselben  aufklärt.  Wie  H.  Hilde- 
brandt (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  45)  zeigte,  ist  im  Apoiysin  ein 
Molecül  Phenetidin  mit  einem  Molecül  Citronensäure  unter  QjO-Aus- 
tritt  verbunden,  während  im  Citrophen  drei  Molecüle  Phenetidin  mit 
einem  Molecül  Citronensäure,  hier  jedoch  ohne  Wasseraustritt,  zu- 
sammenhängen. Es  ist  also  im  Apoiysin  das  Phenetidin  inniger  gebunden 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


603 


als  im  Oitroplien,  welch'  letzteres  als  citronensaures  Salz  des  Pheneti- 
dios  aufge£as8t  werden  kann.  Das  von  B  e  n  a  r  i  o  wegen  seines  hohen 
Gehaltes  an  Phenetidin  an  Stelle  des  Phenacetins  nnd  Lactophenins 
als  Antipyreticum  empfohlene  Gitrophen  ist  aber  gerade  wegen  der 
lockeren  Bindung  des  Phenetidins  in  demselben  nach  den  Erfahrungen 
von  Treupel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  und  Hilde-  Treupel, 
brandt's  keineswegs  ein  imschadlich  wirkendes  Mittel.  Wohl  wirkt 
es  wegen  des  grossen  Gehaltes  an  Phenetidin  energisch  antipyre- 
tisch,  jedoch  auch  aus  der  gleichen  Ursache,  hesonders  aber  auch 
wegen  der  lockeren  Bindung  des  letzteren  im  Molecül  zugleich  im 
höheren  Maasse  toxisch.  Man  wird  also  einstweilen  von  der  An- 
wendung des  Mittels  am  Krankenbette  Abstand  nehmen. 

Ferripjrin. 

Das  vom  Apotheker  Witkowsky  hergestellte  Ferripyrin  Ferripyrin, 
enthält  auf  ein  Molecül  Eisenperchlorid  drei  Molecüle  Antipyrin,  Witkowsky, 
somit  12  **/o  Eisen ,  24  %  Chlor  und  64  °/o  Antipyrin ;  es  stellt  ein 
orangerothes  Pulver  dar,  das  sich  in  kaltem  Wasser  leichter  wie 
in  heissem  Wasser  löst.  Das  Mittel  soll  vor  dem  Eisenchlorid 
den  Vorzug  haben,  dass  es  auf  die  Schleimhäute  keine  Aetzwirkung 
ansübt,  und  wurde  als  Hämostaticum  und  Adstringens  empfohlen. 
Hedderich  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  versuchte  es  auf  der 
Klinik  von  Jurasz  in  Heidelberg  zur  Stillung  von  Blutungen 
aus  gefässreichen  Tumoren  der  Nase  und  des  Nasenrachenraumes  in 
18— 20*/oiger  Lösung.  Mit  dieser  wurden  Wattetampons  getränkt 
nnd  letztere  an  die  blutende  Fläche  gelegt.  Das  Ferripyrin  kann 
auch  als  Pulver  benutzt  werden.  Witkowsky  glaubt  es  zur  inner- 
lichen Anwendung  bei  Magenblutungen  fiir  Erwachsene  in  Dosen 
von  0,5  (mit  Elaeosacch.  Menthae),  ferner  zuinjectionen  bei  Gonor- 
rhoe in  1 — 1, 5 °/o igen  Lösungen  empfehlen  zu  sollen.  W.  Cubasch 
(Wiener  med.  Presse  Nr.  7)  wendete  das  Ferripyrin  bei  chlorotischen 
und  anämischen  Zuständen  und  den  mit  diesen  einhergehenden  Neur- 
algieen,  Dyspepsieen  mit  befriedigendem  Erfolge  an.  Er  verordnet 
wässerige  Lösung  von  0,3 — 0,6  °/o,  und  zwar  in  Einzeldosen  von  0,5 
3— 4mal  täglich ;  bei  chronischem  Darmkatarrh,  wo  das  Mittel 
adstringirend  wirken  soll,  in  etwas  höheren  Gaben  zu  0,1 — 0,2  pro 
dosi,  2 — 3mal  täglich,  gleichzeitig  mit  Tct.  opii  simpl.  oder  Tct.  colomb. 
comp.  Es  ist  bekannt,  dass  Eisenchlorid  und  Antipyrin  zwei  wirk- 
same Mittel  sind,  und  es  ist  wohl  möglich,  dass  ihre  im  Ferrip3rrin 
vorliegende  Vereinigung  fiir  manche  FäUe  eine  günstige  Applications- 
fonn  derselben  darbietet. 


Hedderich, 


Cabasch. 


604 


Loebisch. 


Argonin, 
Röhmaim, 


R.  Heyer, 


JadaBsohn. 


Argonin  (ArgentnmeaseYn). 

Diese  von  Eöhmann  und  Liebrecht  aus  Silber  und  Casem 
(Höchster  Parbwerke)  dargestellte  Metalleiweissyerbindung  wird 
als  lösliches  Silberpräparat  (4,28  ^/o  Silber  enthaltend)  empfohlen, 
welches  weder  mit  Kochsalz  noch  mit  Eiweiss  noch  in  beides  ent- 
haltenden Flüssigkeiten  Niederschläge  erzeugt  und  überdies,  wie 
R.  Meyer's  Versuche  (Zeitschrift  f.  Hygiene  Bd.  20)  ergeben, 
gegenüber  Bacterien,  speciell  Gonokokken  gegenüber,  eine  bedeutende 
Desinfectionskraft  äussert.  Wohl  hat  es  in  wässriger  Lösung  eine 
geringere  desinficirende  Ejaft  wie  Argentum  nitricum  und  Argent- 
amin.  In  eiweisshaltigen  Flüssigkeiten  nimmt  die  desinficirende 
"Wirkimg  aller  drei  Mittel  ab,  jedoch  relativ  am  geringsten  beim 
Argonin,  so  dass  die  bactericide  Kraft  des  Argonins  sich  der  des 
Argentamins  nähert.  Einen  Vorzug  des  Argonins  bildet,  dass  es 
keine  Aetzwirkungen  besitzt ,  also  die  Schleimhaut  im  Gegensatz  zu 
den  beiden  oben  genannten  Silberpräparaten  nicht  reizt.  Das  Ar- 
gonin ist  ein  weisses  Pulver,  leicht  in  heissem,  schwer  in  kaltem 
Wasser  löslich ;  die  Lösung  ist  schwach  opalescirend,  reagirt  neutral 
und  soll  in  dunkeln  Gefässen  aufbewahrt  werden.  Durch  Zusatz  von 
Alkalien  wird  die  Lpsung  aufgehellt.  Das  Silber  lässt  sich  im  Ar- 
gonin durch  die  gewöhnlichen  Silberreagentien  nicht  nachweisen. 
Jadassohn  (Archiv  f.  Dermatol.)  empfiehlt  das  Mittel  in  1 ,5 — 2  ^/oiger 
Lösung  vorzugsweise  zur  Behandlung  acuter  Gonorrhöen  der  Urethra 
anterior  und  posterior  des  Mannes,  der  Urethra  und  des  Uterus  der 
Frau;  adstringirende  Eigenschaften  scheinen  dem  Mittel  zu  fehlen, 
es  eignet  sich  daher  keineswegs  zur  antikatarrhalischen  Behandlung. 


Nikotianaseife. 


seife, 

Hentzel, 

P.  Taenzer. 


Deutschland  exportirt  jährlich  riesige  Mengen  Tabakslauge  nach 
Argentinien,  wo  dieselbe  zur  Behandlung  räudiger  Schafe  dient. 
Nikotiana-  Apotheker  Mentzel  in  Bremen  hat  eine  Tabakslauge  enthaltende 
Seife  mit  10  %  Tabakextract  und  etwa  0,7  °/o  Nikotin  hergestellt. 
P.  Taenzer  (Monatsschr.  f.  pract.  Dermatol.  Nr.  12)  hat  die  braun- 
schwarze, mit  Bergamottöl  parfiimirte  Seife  insbesondere  gegen  durch 
thierische  Parasiten  hervorgerufene  Hautkrankheiten  empfohlen,  na- 
mentlich gegen  Krätze,  überdies  auch  als  juckstillendes  Mittel.  Nach 
bisherigen  Mittheilungen  dürfte  namentlich  bei  Kindern  Vorsicht  in 
der  Anwendung  der  Seife  empfohlen  sein.  Ein  damit  behandeltes 
Kind  wurde  von  Erbrechen  und  Pulsänderung  befallen. 


**iLJtitr*    HDl    -  .MTt^ru.g^t.  ^fc^^^^fc 


Fr.  Hart  mann.   R-r   »io*-   Stäii-Erzzis^-inäsi-  Ezr  E-il:^:^  >itr   L:23;i?fa> 

Inhalationea  ir:x  T.'.gra:tyi''r:,     WS^r, 
August  in  Hnot.  I*e  rA^tä:--   rz  aiZ:-Tlr:sf-     PäH?w 

Kobert,  Arbeiten  des  f-b&gTTAJg :I :'z£i4!b^*  lTi?uZT;n«s  ir;  IVcrj^l.   St;an$auiH 
£.  Labbee.  Les  n>eidiea2:iez:3»  =^>'=T<ejk:=x.    P^risw 
0.  Liebreich  und  A.  LacgA^rd.  C: in^iesdiisn  der  AixneiTerordnnng. 

Berlin. 
0.   Liebreich,    unter   MinriTkszvg    tmi    ÜArtin    llendelsohn   und 

Arthur   Würzl-^rg.   EnerklojÄdie   der  Therapie.     L  u.  3.  Lfsr. 

BerUn. 
W.  F.    Loebisch,    Die   n-rceren  Aizneiraiuel   in   ihrer  Anwendung   und 

Wirkung.    4.  Aufl.    Wien, 
Sabli,  Ueber  die  Thoapie  de*  Tetanus  und  über  den  Werth  der  Semui- 

thoapie.     BaseL 
0.  Scbmiedeberg,  Grundriß  der  Arzneimittellehre.  3. umgearbeitete  Aufl. 

Leipzig. 
H.  Tappeiner,  Lehrbuch  der  Arzneimittellehre  und  Arzneiverordnung^- 

lehre.     2.  neu  bearbeitete  Aufl.    Leipzig. 
William  H.  Welch,  The  treatment  of  diphteria  bj  Antitoxin.    Trans- 

actions  of  the  Association  of  American  Physicians.    Toi.  10. 


xn. 
Grericlitliclie  Medicin. 

Von  Prof.  Dr.  Fr«  Strassmann,  Director  der  ünterrichtsanstalt  für 

Staatsarzneikunde  in  Berlin. 

!•  Zweifelhafte  geschlechtliche  Yerhältnisse« 

Gonokokken.  L.  Wachholz  und  J.  Nowak  (Zur  Lehre  von  der  foren- 
Waehholz  u.  gig^hen  Bedeutung  der  Gonokokkenbefunde  in  alten 
Flecken.  Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  u.  öffentl.  Sanitätsw. 
3.  F.  Bd.  9,  H.  1)  glaubten  einen  Fleck  am  Unterrocke  eines  Dorf- 
mädchens, der  ihnen  zur  Begutachtung  überwiesen  war,  als  wahr- 
scheinlich von  Trippereiter  herrührend  bezeichnen  zu  müssen,  weü 
sie  mikroskopisch  Diplokokken  fanden,  die  sich  morphologisch  und 
mikrochemisch  den  Gonokokken  entsprechend  verhielten.  Zwei  Impf- 
versuche ergaben  negatives  Resultat,  Culturversuche  nur  täuschende 
BeAinde  durch  die  von  Bumm  gezüchteten  Diplococci  albicans 
tardissimus  und  subflavus.  Trotzdem  Hessen  sich  auch  diese  Be- 
funde noch  für  die  Annahme  der  Anwesenheit  echter  Gonokokken 
verwerthen,  da  sich  mikroskopisch  nach  Gram  entf&rbbare,  in  Zellen 
gelagerte  Diplokokken  gefunden  hatten  und  da  echte  Gonokokken 
durch  Austrocknung  bekanntlich  schnell  ihre  Fortpflanzungsfähigkeit 
verlieren,  somit  erstere  als  echte  Gonokokken  in  den  Culturen  nicht 
aufgehen  durften.  Die  Annahme  der  Gutachter  fiel  mit  der  gerichts- 
ärztlichen Besichtigung  beider  in  Frage  kommenden  Personen,  die 
vollkommen  gesunde  Genitalien  ergab.  Wie  die  Untersuchung  statt- 
ge^inden  hat,  wird  leider  nicht  gesagt  und  es  muss  deshalb  noch 
zweifelhaft  bleiben,  ob  es  berechtigt  ist,  wenn  die  Verff.  zu  folgenden 
Schlüssen  kommen:  1.  Man  ist  nicht  berechtigt,  in  forensischen  FäUen 
auf  Grund  des  morphologischen  und  mikrochemischen  Verhaltens 
allein   Gonokokken   zu   diagnosticiren.     2.    Da   durch  Austrocknen 


Gerichtliche  Medicin.  (J07 

Gonokokken  ihre  Portpflanzungsfahigkeit  schnell  verlieren,  somit 
Impf-  und  Culturversuche  ergebnisslos  werden,  ist  die  Untersuchung 
alter  Plecke  auf  Gonokokken  von  vornherein  aussichtslos. 

Corrado  (Giomale  di  med.  legale  Bd.  2)  beobachtete  bei  einer  55jäh-    Lactation 
rigen  Frau  Fortdauer  der  Lactation  bei  gleichzeitig  fast  atrophischen  o*»ne  voran- 
Bnistdrüsen.    Die  Milchabsonderung  hatte  seit  der  ersten  Schwangerschaft  ^^oeburT^ 
im  20.  Jahre  nie  ganz   aufgehört.     Ihr  letztes  Kind  nährte  sie  5  Jahre,       Corrado. 
und  16  Jahre  nach  dessen  Geburt  —  im  Alter  von  46  Jahren,  —  begann  sie, 
nach  dem  Tode  ihrer  Tochter,  ihrer  Enkelin  die  Brust  zu  geben  und  nährte 
sie  4  Jahre.    Die  Milch  zeigte  bei  der  Untersuchung  die  Beschaffenheit  des 
Colostrum. 

2.  Yergiftnngen. 

Fr.  Strassmann  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20)  verbreitet    Anatomie 

sich  über  den  anatomischen  Nachweis  forensischer  Ver-   «j,®*^«!!!' 

giitnngen, 

giftungen.  Bei  denjenigen  Giften,  die  eine  wesentlich  locale  Wir- Fr.  strassmanii. 
kung  ausüben,  finden  sich  zwar  durchweg  eigentliche  Aetzung,  ent- 
zündliche Beaction  und  Blutungen,  doch  ist  die  Ausdehnung  dieser 
Processe,  die  Art,  wie  sie  sich  combinirenl,  bei  den  einzelnen  Sub- 
stanzen eine  verschiedene,  und  es  entstehen  so  bestimmte  anatomische 
Bilder,  die  fiir  die  verschiedenen  Aetzgifbe  charakteristisch  sind,  wenn 
sie  auch  nicht  in  jedem  Falle  gefunden  werden.  Bei  stärkeren  Lösungen 
von  Carbol  und  Sublimat,  bei  arseniger  Säure  in  Substanz  finden 
wir  die  Wand  des  Verdauungsapparates  in  grösserer  oder  geringerer 
Ausdehnung  verätzt:  trübe,  weiss,  hart;  mikroskopisch  zeigt  sich  die 
Verätzung  fast  ausnahmslos  auf  die  obersten  Schichten  beschränkt, 
auf  derselben  aufliegend  ein  Exsudat,  das  die  Weigert'sche  Fibrin- 
reaction  gibt,  das  auch  noch  in  die  Oeffnung  der  Drüsen  hineinreicht 
und  dieselben  erweitert  hat,  das  stellenweise  auch  das  oberflächliche 
Epithel  blasenförmig  abgehoben  hat.  Da  die  gerinnungshemmende 
Wirknng  der  lebenden  Epithelzellen  fortgefallen  ist,  ist  die  Gerinnung 
des  gesetzten  Exsudates  natürlich.  Unter  diesen  verschiedenen  Ver- 
giftungen ist  wieder  die  durch  Phenol  an  ihrem  Geruch  kenntUch, 
die  durch  arsenige  Säure  durch  das  Auftreten  der  Veränderung 
in  Form  kleiner  Flecken  und  durch  den  Befund  von  ArsenikkrystaUen 
in  den  Membranen  resp.  auf  den  nach  Ablösung  der  nekrotischen 
Massen  gesetzten  Geschwüren.  Bei  Aufiiahme  von  Schwein  furter 
Grün  zeigt  sich  eine  graugrüne  Verfärbung  der  Magenwand;  bei 
Arsenlösungen  können  sich  die  localen  Veränderungen  auf  einfache 
entzündliche  Böthung  und  Schwellung  beschränken ;  ebenso  bei  Auf- 
nahme verdünnter  Carbol-  und  Sublimatlösungen;  beim  Sublimat 


308  Strassmann. 

Anatomie    treten  noch  die  bekannten  durch  die  Ausscheidung  des  Giftes  an  den 

der  Ver-      Schleimhäuten   bewirkten  Veränderungen   hinzu.     Aehnliche  Pem- 
giftniigeii,  , 

Fr.  Strassmann.  Wirkung  des  Carbols  hat  man  erst  neuerdings  beschrieben:  Bronchitis 

und  Bronchopneumonie  bei  Einverleibung  per  os  (Lang er h ans), 
Hämorrhagieen  und  Geschwüre  im  oberen  Darm  bei  Carbolklystieren 
(Ungar).  Für  die  Sublimatvergiftung  theilt  der  Autor  einen  Fall 
ausführlicher  mit,  bei  dem  es  im  Verlaufe  der  Vergiftung  zu  einem 
Abort  kam  und  sich  nun  die  Diphtherie  nicht  wie  sonst  am  Dick- 
darm, sondern  an  den  durch  den  Abort  in  den  Genitalien  gesetzten 
Wundflächen  localisirte. 

So  complicirt  die  Veränderungen  sind,  die  die  Schwefelsäure 
imd  die  ihr  bis  auf  einzelne  Punkte  (Xanthoproteinreaction)  ähnlichen 
anderen  Mineralsäuren  verursachen,  so  kann  man  doch  für  die  inner- 
halb der  gewöhnlichen  Zeit  (24 — 48  Stunden)  acut  zum  Tode  fuhrenden 
Veränderungen  ein  typisches  Büd  festhalten.  Im  Magen  und  zimächst 
auch  im  Dünndarm  zeigt  sich  die  Schleimhaut  schwarz  höckerig, 
theils  verdickt,  theils  verdünnt;  mikroskopisch  sieht  man  grosse 
Extravasate,  die  die  Schleimhaut,  die  Submucosa,  auch  Theile  der 
Muscularis  erfüllen,  während  zu  gleicher  Zeit  Theile  der  Magen- 
wand, meistens  der  grösste  Theü  der  Mucosa  abgeschmolzen  ist. 
Es  handelt  sich  bei  dieser  Abschmelzung  zunächst  um  rein  mecha- 
nische Vorgänge,  die  abgestorbenen  Massen  werden  bei  den  Magen- 
bewegungen oder  durch  die  Verdauung  abgelöst;  entzündliche  Vor- 
gänge sieht  man  dabei  zunächst  noch  nicht.  In  dieser  Beziehung 
besteht  ein  Gegensatz  zwischen  Säuren  und  Laugen,  insofern  bei 
letzteren  die  Ablösung  der  Aetzschorfe  zwar  zum  Theil  auch  mechanisch 
geschieht,  in  der  Hauptsache  jedoch  auf  entzündlichem  Wege,  und 
damit  abhängig  ist  von  dem  gleichzeitigen  Auftreten  entzündlicher 
Eeaction  um  die  Schorfe.  Damit  entsteht  hier  ein  abweichendes 
mikroskopisches  Bild.  Ein  fernerer  Unterschied  wird  bedingt  durch 
die  braunrothe  Farbe  der  Blutungen  bei  Laugenvergifkungen  im  Gegen- 
satz zu  der  auch  mikroskopisch  deutlichen  schwarzbraunen  bei  den 
Säurevergiftungen.  Es  wird  weiter  ausgeführt,  wie  schnell  hier 
secundäre  Entzündung  sich  einstellt;  es  wird  eine  Speiseröhre 
demonstrirtf,  die  nach  einer  in  24  Stunden  zum  Tode  flüirenden 
Laugenvergiftung  zwar  noch  einzelne  nekrotische  Fetzen,  im  ganzen 
aber  eine  gereinigte  Wundfläche  in  Gestalt  einer  auf  der  Musctdaiis 
aufliegenden  Granulationsschicht  zeigt.  Es  werden  Beispiele  ftir  die 
gewöhnliche  Localisation  der  schwersten  Veränderungen  im  Fundus, 
wie  fiir  die  ausnahmsweise  am  Pylorus  auftretenden,  vorgeführt, 
sowie    ein    Beispiel    einer    Narbenstrictur    nach    Laugenvergiftong 


Gerichtliche  Medicin.  609 

an  ihrem  gewöhnlichen  Sitze,  dem  unteren  Drittel  der  Speise- 
röhre. 

Auch  die  Ozalsäurevergiftung  zeigt  bei  der  Section  in  den 
häufigsten  Fällen  am  Magen  die  Combination  von  Blutungen  und 
Abschmelzung,  welche  die  Mineralsäuren  erkennen  lassen;  nur  sind 
hier  die  Extravasate  nicht  so  erheblich  wie  bei  jener.  Charakteristisch 
ist  der  Befund  von  KrystaUen  Oxalsäuren  Kalkes,  zumeist  in  Porm 
abgebrochener  Säulen  auf  der  Schleimhaut,  wie  auch  in  den  in  der- 
selben vorhandenen  Blutungen. 

Die  Wirkung  des  den  Laugen  nahestehenden  Cyankali  beschränkt 
sich  auf  eine  starke  Entzündung ;  man  findet  reichliche  Absonderung 
blutigen  Schleimes  auf  der  difPos  gerötheten  Schleimhaut,  mikro- 
skopisch starke  Hyperämie,  Hämorrhagieen;  auch  kleinzellige  Wuche- 
rung kann  trotz  des  schnellen  Todes  nachweisbar  sein.  Durch 
Weiterwirkung  der  alkalischen  Substanz  nach  dem  Tode  kommt  es 
zur  AufqueUung  und  blutigen  Imbibition  der  obersten  Schleimhaut- 
schichten, die  auch  mikroskopisch  zu  erkennen  ist.  Gewöhnlich  ist 
die  Farbe  des  Blutes  im  Magen  und  in  der  Magenwand  eine 
hellrothe  —  mitunter  ist  Cyanhämatin  im  Magenblute  nachweis- 
bar — ,  manchmal  auch  eine  braunrothe  bei  G-ebrauch  von  zersetztem 
Cyankali. 

V.  Würthenau   (Inauguraldissertation,  Berlin)   hat  auf  Ver-       Dosis 
anlassung  des  Ref.  Thierversuche  über  die  Frage  angestellt,  wie  es      letalis 
sich  bei  gleichzeitiger  Einverleibung  mehrerer  Gifte  mit      Qiften 
der  Dosis  letalis  verhält.    Dieselben  wurden  im  Anschluss  an  einen  v.  Würthenau. 
Fall  ausgeführt,  in   dem  diese  Frage  von  Interesse  war;   es  soUte 
eine  Sabina-  und  Colchicummischung  gereicht  werden;   beide  Gifte 
waren  nicht  in  der  tödtlichen  Menge  in  der  Mixtur  enthalten,  doch 
in  einer  die  Hälfte  derselben  übersteigenden  Quantität,  und  es  erschien 
möglich,   dass  bei   der   vielfach   ähnlichen  Natur   der   beiden   eine 
Summation  ihrer  Wirkungen  stattfinde,  so  dass  diese  Mischung  doch 
eine  tödtliche  Folge  hätte  haben  können.  Die  Versuche  Würthenau's 
ergaben  indess  nicht  das  erwartete  Resultat;   Mischungen  der  zwei 
Gifte  mussten  beide  in  fast  letaler  Dosis  enthalten,  um  den  Tod  zu 
bewirken.     Auch  bei  einander  so   nahestehenden  Giften,  wie   den 
einzelnen  Alkoholarten  (Aethyl-,  Propyl-,  Amylalkohol)  trat  eine  ein- 
fache Summation  nicht  ein,   sondern  es  musste  in  Mischungen  von 
jedem   mehr  als  die  Hälfte   der  tödtlichen  Gabe  gereicht  werden. 
Bei   einander  entgegenwirkenden  Giften  ist  das  Yerhältniss  selbst- 
verständlich ein  entsprechend  anderes. 

Jahrbach  der  pracUschen  Medioiii.    1896.  39 


610 


Strassmann. 


Vergiftnng  C.  Binz  (Arzneiliche  Vergiftung  vom  Mastdarm  und 

per  anum  et  yQjj  ^^j.  Scheide  aus  und  deren  Verhütung.  Berliner  klin. 
Binz.  Wochenschr.  Nr.  3)  bringt  einige  Fälle,  in  denen  medicamentöse 
Vergiftungen  bei  Anwendung  von  Klystieren,  Suppositorien,  Vaginal- 
kugeln eintraten,  weil  die  resorbirende  Wirkung  der  Mastdarm-  und 
Scheidenschleimhaut,  obwohl  sie  wissenschaftlich  längst  festgestellt 
ist,  den  verordnenden  Aerzten  unbekannt  geblieben  war.  Es  recht- 
fertigt sich  hiemach  die  kürzlich  vom  Gesundheitsamt  beantragte, 
vom  Btindesrath  beschlossene  Ausdehnung  der  Gültigkeit  der  Maximal- 
dosen auf  diese  Art  von  Medicationen. 


Hedderich, 


Phosphor-  Hedderich  (Ueber  Leberatrophie  bei  acuter  Phosphor- 

vergiftung,  Vergiftung.  Münch.  med.  Wochenschr.)  theilt  aus  ErVs  Klinik  einen 
Fall  von  Phosphorvergiftung  mit,  der,  bis  das  Geständniss  des  Selbstmord- 
versuchs erfolgte,  für  acute  gelbe  Leberatrophie  angesprochen  wurde.  Da- 
für sprach  das  deutliche  Kleinerwerden  der  Leber,  das  allerdings  mit  ein- 
tretender Genesung  später  einer  Zunahme  wieder  Platz  machte,  die  Schwere 
der  Cerebralsymptome,  besonders  der  etwa  6  Tage  anhaltende  tiefe  Sopor. 
Phosphor  wurde  nicht  nachgewiesen,  erklärlicherweise,  da  die  Patientin 
erst  ziemlich  spät  das  Krankenhaus  aufsuchte.  Im  Harn  fanden  sich  weder 
Leucin,  noch  Tyrosin,  noch  Fleischmilchsäure.  Aehnliche  Fälle  protrahirter 
Phosphorvergiftung,  in  denen  im  Verlauf  der  2.  Woche  Verkleinerung  ein- 
trat, haben  schon  früher  A.  Fraenkel,  Erman  u.  a.  beschrieben.  — 
Interessant  ist  das  bei  acuter  Phosphorvergiftung  seltene  Vorkommniss, 
dass  Patientin  drei  Zähne  verlor. 

Nach  den  von  Smita  (Friedreich's  Blätter  Jahrg.  46)  in  Ludwig's 
Laboratorium  angestellten  Untersuchungen  schwankt  der  Phosphorgehalt 
der  Zündhölzchen  zwischen  0,000167  und  0,00178,  zumeist  zwischen 
0,0005  imd  0,001,  so  dass,  da  wir  die  Dosis  letalis  auf  0,1  berechnen  dür- 
fen, ein  Packet  von  100  Streichhölzern  zur  Vergiftung  mitimter  ausreichen 
kann. 

Haberda.  F.  Haberda   (Friedreich*s  Blätter  Jahrg.  46)  theilt  drei  Fälle  einer 

bisher  noch  nicht  häufig  beobachteten  Erscheinimg  bei  subacuter  Phos- 
phorvergiftung mit,  nämlich  von  Hautgangrän  an  den  Füssen,  offenbar 
bedingt  durch  die  Herzschwäche  und  durch  die  Alteration  der  Blutgefässe, 
welche  die  Phosphorvergiftung  setzt. 


Smita, 


Kohlenoxyd- 

naohweis, 

R.  Scholz. 


Eudolf  Schulz  (Zeitschr.  f.  Medicinalb.  Bd.  8,  Nr.  20)  em- 
pfiehlt, übereinstimmend  mit  den  Erfahrungen  des  Ref.,  zum  Kohlen- 
Oxydnachweis  besonders  die  KunkePsche  Tanninprobe  neben 
der  Spectraluntersuchung ,  die  sie  an  Leistungsfähigkeit  eher  noch 
übertrifft.  Sie  wird  so  angestellt,  dass  20^/oige  Blutlösung  in  Wasser 


Gerichtliche  Medicin.  611 

xmd  S^'oige  Tanninlösung  zu  gleichen  Theilen  vermischt  werden.  Die 
entstehende  rothe  Parbe  bleibt  bei  CO-£lat  bestehen,  während  sie  bei 
kohlenoxyd&eiem  mehr  und  mehr  in  eine  braune  übergeht. 

R.  Gurrieri  (Giomale  di  med.  leg.  Bd.  2)  hat  die  bekannten      Chloro- 

Versuche   von   Dolbau    fortgesetzt.     Es   gelang    ihm  unter  neun  ^ormirung 
Personen  vier  direct  aus  dem  Schlafe,  ohne  dass  sie  inzwischen  er-      Wiiien, 
wachten,  in  die  Chloroformnarkose  überzuföhren.  Gurrieri, 

Wachholz  (TJeberVeränderungender  Athmungsorgane      Carboi- 
infolge  vonCarbolsäurevergiftung.   Deutsche  med.  Wochen-  ^^JL^^^^^/^^* 

.  .  Wachholz. 

schrifb  Nr.  9)  beobachtete  zwei  Carbolvergiftungen ,  bei  denen  es 
ebenso  wie  in  den  fiüher  von  Langerhans  beschriebenen  PäUen 
zur  Entwickelung  einer  Bronchopneumonie  gekommen  war.  Durch 
Thierversuche  bestätigte  er  die  von  Langerhans  ausgesprochene 
Vermuthung,  dass  die  Ursache  dieser  Erscheinung  die  Ausscheidung 
des  Carbols  durch  die  Lungen  sei;  die  Untersuchung  des  Lungen- 
destillats ergab  stets  Phenolgehalt.  Die  Menge  des  durch  die 
Lunge  entleerten  Giftes  nimmt  zu  mit  der  aufgenommenen  Masse 
und  mit  der  Dauer  des  Lebens  nach  der  Intoxication. 

Die  bisher  beobachteten  Lysolvergiftungen  hatHaberda  Lysoi- 
zusammengestellt  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  16  u.  17).  Reines  ^^^u'^'^^' 
Lysol  hat  bei  innerlichem  Gebrauche  Vergiftungen  bewirkt,  in  denen 
ähnUche  Allgemeinerscheinungen,  wie  bei  der  Carbolvergiftung  be- 
obachtet wurden  und  auch  braune  Verätzungen  an  der  äusseren 
Haut,  der  Schleimhaut  des  Verdauungs-  und  Bespirationsapparates 
sich  zeigten«  Ein  TheelöfFel  hat  Kinder  im  ersten  Lebensjahr  ge- 
tödtet.  Den  Tod  eines  Erwachsenen  sah  Pägerlund  nach  100  g; 
es  ist  das  der  einzige  bisher  bekannte  Pall  von  Selbstmord  durch 
Lysol.  Um  gewaltsame  Tödtung  handelt  es  sich  in  einem  von  Ha- 
ber da  selbst  beobachteten  Pall.  Alle  anderen  Male  lag  der  Lysol- 
vergiftung eine  Verwechselung  zu  Grunde. 

Die  sechs  Pälle  von  Nitrobenzolvergiftung  (Berl.  klin. 
Wochenschr.  S.  187),  die  Schild  auf  Aufrecht's  Abtheilung  imNitrobenzoi- 
Magdeburger  Krankenhaus  beobachtete,  betrafen  durchweg  weibliche  ^*'|Ä^j  "^^^ 
Lidividuen ;  zweimal  war  Nitrobenzol  zum  Zwecke  des  Selbstmordes, 
viermal  als  Abortivum  genommen  worden;  dreimal  trat  der  Abort 
wirklich  ein,  und  die  Patientinnen  genasen  ebenso  wie  die  beiden 
Selbstmörderinnen  von  ihrer  schweren  Vergiftung ;  der  vierte  endete 


012  Strassmann. 

tödtlich,  bevor  Zeichen  einer  beginnenden  Austreibongsthätigkeit  der 
Gebärmutter  sich  eingestellt  hatten.  Neben  den  bekannten  Erschei- 
nungen der  Nitrobenzolvergiftung  ist  bemerkenswerth,  dass  Schild 
vorübergehende  Steigerung  der  Patellarreflexe,  Pussclonus  und  einmal 
Icterus  sah. 

strychnin-  C.  Ipsen  (Zur  Differentialdiagnose  von  Pflanzenalka- 

nachweis,  loiden  und  B acte rien giften.  Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med. 
u.  öffentl.  Sanitatswesen  3.  F.,  Bd.  10,  S.  1)  weist  durch  Versuche 
nach,  dass  das  Strychnin  aus  Gemischen,  in  welchen  es  mit  den 
Stofiwechselproducten  einer  Anzahl  pathogener  Mikroorganismen,  be- 
sonders dem  ihm  physiologisch  so  ähnlichen  Tetanotoxin  vorhanden 
ist,  so  rein  abgeschieden  werden  kann,  dass  sämmtliche  Einzel- 
reactionen  damit  sich  vornehmen  lassen.  Er  fuhrt  die  Thatsache 
zurück  auf  die  grosse  Widerstandsfähigkeit  des  Strychnins  einer- 
seits, die  geringe  des  Tetanotoxins  speciell  andererseits. 


8.  Andere  gewaltsame  Todesarten;  Leiehenerselieinniigen. 

ErhängungB-  Neue  Versuche  von  A.  Tamassia  (Atti  delB.  istituto  veneto 
*od.  -ßj  ß^  fahrten  zu  dem  gleichen  Ergebniss,  wie  die  früheren,  näm- 
lich zu  dem,  dass  die  blosse  Hirnanämie  infolge  Gompression  der 
Halsgefässe  den  Tod  beim  Erhängen  nicht  herbeiführt.  Tracheo- 
tomirte  Thiere  sterben  nicht,  wenn  sie  erhängt  werden,  auch  nicht, 
wenn  die  Garotiden,  die  Jugulares,  die  Vagi  unterbunden  und  die 
Vertebrales  comprimirt  werden.  Dagegen  stirbt  das  aufgehängte  nicht 
tracheotomirte  Thier  stets  unter  Erstickungserscheinungen  infolge 
Verschlusses  der  Athemwege;  der  Tod  tritt  nur  schneller  ein,  wenn 
die  grossen  Blutgefässe  des  Halses  und  die  Nerven  zugleich  unter- 
bunden werden,  und  es  zeigen  sich  im  letzteren  Falle  zugleich  Sym- 
ptome von  Seiten  der  Vagi. 

Erhängen  Reineboth  (Yierteljalirsschr.  f.  gerichtl.  Med.  Bd.  9)  beobachtete  er< 

bei  Tra  che  0- folgreichen  Selbstmord  durch  Erhängen  bei  einem  Mann,  an  dem  wegen 
r''°  hoth  Cardnose  von  Oesophagus,  Schilddrüse,  Pharynx  und  Lymphdrüsen  de^ 
Halses  die  Tracheotomie  ausgeführt  worden  war.  Der  Strick*  lag  oberhalb 
der  Canüle,  zwischen  Kinn  und  Canülenöfifhung ;  letztere  war  vollkommen 
frei.  Es  kann  also  beim  Erhängen  der  Tod  auch  erfolgen  durch  Gom- 
pression der  grossen  Gefässe  und  Nerven  des  Halses  bei  freien  Luftwegen. 
Freilich  betraf  der  vorliegende  Fall  einen  schwerkranken  Mann  —  es  fand 
sich  noch  Lungenbrand  und  jauchige  Pleuritis;  doch  gelang  es  Reineboth 


Gerichtliche  Medicin. 


613 


—  wie  schon  früher  Misuracca  — ,  auch  Thiere  auf  diese  Weise  zu 
todten.  Die  Bauer  der  Erhängung  beträgt  unter  diesen  Umständen  beim 
Kaninchen  das  Dreifache  der  gewöhnlich  nothwendigen  Zeit. 


nung, 
Messerer, 


Ueber  einen  interessanten  Fall  von  fahrlässiger  Tödtung  eines 
Geisteskranken  durch  Verbrennung  hatte  das  Medicinalcomite  München 
(Referent  Messer  er)  ein  Obergutachten  abzugeben  (Friedreich's  Blätter  Tod  durch 
Jahrg.  46).  Ein  Wärter  hatte  einen  Geisteskranken  nach  dem  Bade  mit  Verbren- 
Salicylspiritus  abzureiben ;  dieser  fing  Feuer,  und  der  Kranke  erlitt  tödtliche 
Brandwunden.  Es  bestand  der  Verdacht ,  dass  der  Pfleger  sich  einen 
Cigarrenstummel  hatte  anzünden  wollen  und  dabei  den  Spiritus  entflammt 
hatte,  während  er  selbst  glauben  machen  wollte,  der  Spiritus  hätte  sich 
dadurch  entzündet,  dass  der  Kranke  denl  Dampfcylinder  des  Badezimmers 
zu  nahe  gekommen  sei.  Die  Versuche  des  Medicinalcomites  ergaben  die 
Unmöglichkeit  dieser  Behauptung;  der  Spiritus,  der  selbst  durch  glühende 
Körper  von  700 — 800  °  C.  nicht  zu  entzünden  ist,  während  der  Heizcylinder 
unter  den  fraglichen  Umständen  nur  127  °  besitzt,  konnte  nur  durch  oflFene 
Flamme  in  Brand  gesetzt  worden  sein.  —  Der  angeklagte  Wärter  wurde 
verurtheilt. 

Brouardel  (Ann.  d'hygiöne  Bd.  34)  berichtet  unter  Beifügung  in- 
teressanter Abbildungen  über  die  gelegentlich  des  Brandes  der  Komischen 
Oper  in  Paris  gemachten  Erfahrungen.  Rein  durch  CO-Vergiftung  waren 
von  den  68  Opfern  27  Personen  getödtet  worden.  Sie  lagen  in  Massen 
auf  einander,  mit  Rauch  bedeckt,  aber  Kleidung  und  Körper  unverbrannt. 
Lungen  stark  congestionirt,  CO  im  Blute,  keine  Blutcylinder  in  den  Lungen- 
gef&fisen,  die  erst  bei  höheren  Hitzegraden  durch  Kochen  des  Blutes  ent- 
stehen. 7  Personen  waren  der  Hitze  erlegen  und  mehr  oder  weniger  ver- 
brannt. CO  fand  sich  auch  hier  im  Blute;  in  den  Lungengefössen  Blut- 
cylinder. Die  immer  an  bestimmten  Stellen  eintretende  Verkohlung  der  Glied- 
maassen  erklärt  Verf.  dadurch,  dass  an  diesen  Stellen  die  Haut  zuerst  platzt 
und  dadurch  das  tiefere  Gewebe  schneller  der  Zerstörung  ausgesetzt  wird. 
Die  üeberlebenden  zeigten  alle  Benommenheit  und  völlige  Amnesie ;  ausser- 
dem einzelne  Aphonie  und  Hämorrhagieen  aus  Lunge,  Nase,  Darm,  Gebär- 
mutter, welche  Verf.  als  Selbsthülfe  des  sich  des  veränderten  Blutes  ent- 
ledigenden Organismus  auffasst. 


Brouardel. 


Kratter. 


Julius  Kratter  (Der  Tod  durch  Elektricität.  Leipzig  Tod  durch 
und  Wien  1896)  hatte  mehrfach  Gelegenheit,  tödtliche  wie  nicht ^^®^^'',^^^^***» 
tödtliche  Vemnglückungen  durch  Elektricität  zu  beobachten  und  zu 
begutachten ;  er  hat  weiterhin  in  ausgedehntem  Maasse  Thierversuche 
behufs  Ergänzung  der  am  Menschen  gesammelten  Erfahrungen 
angestellt,  und  er  hat  schliesslich  die  gesammten,  meist  an  wenig 
zugänglichen  Stellen  der  ausländischen  Litteratur  niedergelegten  ex- 
perimentellen und  klinischen  Untersuchungen  anderer  Forscher  über 


314  Strassmann. 

Tod  durch  das  gleiche  Thema  verwerthet.  Auf  Grund  des  gesammten  Materials 
Eiektricit&t.gQigjjgi-  q^  etwa  zu  folgenden  Schlüssen.  Thiere,  deren  Nerven- 
system weniger  empfindlich  ist,  sind  schwerer  durch  Elektricität  zu 
tödten,  Kaninchen  und  Meerschweinchen  ertragen  elektrische  Ein- 
wirkungen, durch  welche  sicher  ein  Hund,  dessen  Gewicht  20mal 
so  gross  ist,  und  höchst  wahrscheinlich  auch  ein  Mensch  blitzartig 
schnell  getödtet  wird.  Die  Gefahr  der  tödtlichen  Einwirkung  steigt 
mit  der  Dauer  der  Contactzeit,  während  sie  mit  der  Erhöhung  der 
Spannung  nicht  entsprechend  zunimmt.  Die  unmittelbare  Wirkung 
bestand  bei  den  Thierversuchen  stets  in  einer  tetanischen  Contrac- 
tion  aller  Muskeln  und  sofortigem  Aussetzen  der  Athmung,  die 
sich  in  den  nicht  tödtlichen  Versuchen  nach  einiger  Zeit  wieder 
einstellt.  Das  Herz  schlägt  während  des  Eespirationsstillstandes  fort, 
wenn  auch  verlangsamt.  Der  Blutdruck  steigt,  wie  die  Beobachtung 
am  Kymographion  zeigt,  schnell  in  die  Höhe,  um  dann  terrassen- 
förmig abzusinken.  —  Bei  den  nicht  tödtlichen  elektrischen  Ver- 
unglückungen ist  augenblickliche  Bewusstlosigkeit  ein  wenn  auch 
nicht  ausnahmsloses,  doch  fast  stets  beobachtetes  Symptom,  es  folgen 
ihnen  gewöhnlich  tage-  und  wochenlang  dauernde  nervöse  Erschei- 
nungen, Kopfschmerz,  Schwindelgefühl,  Palpitationen,  seltener  moto- 
rische Lähmungen  und  Sensibilitätsstörungen.  Der  Leichenbefund 
bei  Mensch  und  Thier  zeigt  als  regelmässige  Erscheinimgen  die  all- 
gemeinen Erstickungssymptome,  besonders  die  Ekchymosen  unter  der 
Pleura,  dem  Pericard,  Endocard  u.  s.  w. ;  in  den  Lungen  kommt  es 
nicht  selten  bis  zur  Entwickelung  eines  wirklichen  Oedems.  Die 
Befunde  im  centralen  Nervensystem  sind  in  der  Kegel  negativ ;  auch 
die  histologische  Untersuchung  desselben  (ebenso  die  des  Blutes) 
lieferte  keine  Resultate.  Nur  in  einzelnen  Fällen  entstehen  kleine 
punkt-  und  streifenförmige  Blutaustretungen  in  den  Wandungen  des 
vierten  Ventrikels  und  in  den  Meningen.  Mitunter  ist  der  Weg,  den 
der  elektrische  Strom  im  Körper  gemacht  hat,  durch  Blutungen  be- 
zeichnet, welche  sich  insbesondere  an  den  Scheiden  der  grossen  Ge- 
fasse  und  Nerven  finden  können;  ausnahmslos  sind  die  Eintritts- 
stellen imd  wohl  auch  immer  die  mitunter  mehrfachen  Austrittsstellen 
durch  Verbrennungen  der  verschiedensten  Grade  gekennzeichnet. 
Selten  sind  schwerere  Verletzungen,  unter  denen  besonders  grossere 
meningeale  Blutungen  zu  nennen  sind.  Der  Tod  durch  Elektricität 
beruht  nach  alledem  in  einer  schweren  fonctionellen  Schädigung  des 
Centralnervensystems ,  besonders  des  Respirationscentrums,  infolge 
deren  es  zur  inneren  Erstickimg  kommt.  Gegen  die  im  Staate  Ne-w 
York  bekanntlich  eingeführte  Hinrichtung  durch  Elektricität  spricht 


Gerichtliche  Medicin.  gX5 

sich  Kratter  unter  eingehender  Würdigang  der  vorliegenden  Be- 
richte entschieden  ans.  Das  VerfieJiren  ist  ein  unsicheres,  wenn  man 
nur  einen  einmaligen,  wenige  Secnnden  andauernden  Stromschluss 
anwendet;  es  wird  nur  dadurch  sicher,  dass  man  den  elektrischen 
Strom  so  oft  und  so  lange  anwendet,  bis  der  Tod  wirklich  ein- 
getreten ist;  damit  wird  aber  das  Verfahren  ein  barbarisches.  Den 
Schluss  des  höchst  lesenswerthen  Werkes,  aus  dessen  Inhalt  wir 
hier  nur  einiges  herausgegriffen  haben,  bildet  eine  Besprechung  der 
practischen  Schutzmaassregeln. 

Filomusi-Guelfi  (Giomale  di  med.  legale  Bd.  2)  zeigt,  dass  Unngertod, 
die  Atrophie  der  Thymusdrüse  bei  Säuglingen  nur  eine  Theü- ^^°"'''®*-^''®^^' 
erscheinung  der  allgemeinen  Atrophie  ist  und  deshalb  für  die  Dia- 
gnose des  Todes  durch  mangelbafte  Ernährung  ohne  irgend  welche 
specifische  Bedeutung  ist. 

Das  von  Schjerning  in  der  Festschrift  zur  lOQjährigen  Stif-    Tod  durch 
tungsfeier    des    Friedrich-Wilhelms-Institutes    (Berlin)    nütgetheüte^y^''^^?^^®''' 
gerichtsärztliche   Gutachten    dürfte    in    der   That    ein   Unicum   be- 
treffen. 

Bei  einer  Felddienstübung  stürzte  in  den  Reihen  der  Angreifer,  als 
dieselben  etwa  320  m  vom  Gegner  entfernt  waren ,  ein  Soldat  nieder ;  er 
war  offenbar  mit  einem  scharfen  Geschoss  durch  den  Kopf  geschossen.  Es 
fand  sich  bei  der  Section  eine  diesem  Geschoss  entsprechende  Einschuss- 
öffiiung  in  Helm,  Haut,  Schädel,  während  die  Ausschussöifiiungen  grösser 
waren ;  das  Geschoss  hatte  anscheinend  Ablenkung  erfahren  und  den  Schädel 
als  Querschläger  verlassen.  Im  übrigen  beschränkten  sich  die  Schädel- 
verletzimgen  auf  einzelne  Fissuren.  Zur  Ermittelung  des  Thäters  war  es 
von  wesentlicher  Bedeutung,  ob  der  Schuss  mit  einer  scharfen  Patrone  ab- 
gegeben war,  oder  ob  das  scharfe  Projectil  auf  eine  Platzpatrone  aufgesetzt 
worden  war,  also  nicht  mit  voller  Pulverladung  geschossen  worden  war. 
Schjerning  bejaht  die  letztere  Alternative,  da'^nach  seinen  bekannten 
Schiessversuchen  im  ersteren  Falle,  bei  voller  Ladung,  auf  die  gedachte 
Entfernung  hin  eine  viel  schwerere  Zertrümmerung  des  Schädels  hätte  ein- 
treten müssen. 

Rudolf  Schulz  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Bd.  8,  Nr.  11)  hat  einen      Verbren- 
jener  höchst  seltenen  Fälle  beobachtet  und  beschrieben,   in  denen  es  beim     nun g  bei 
Tode    durch   Erschiessen   infolge  Entzündung   der  Kleider   durch   die  '^n^ a^llx^^ 
Pulverflamme   zu   ausgedehnten  Verbrennungen   der   Leiche  kommt.     Dio 
Beobachtung  betraf  einen  Selbstmörder,   der  sich  einen   unmittelbar  tödt- 
liehen  Brustschuss  beigebracht  hatte. 


616  Strassmann. 

Mord  durch  A.  Haberda  (Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  Bd.  10)  gibt  einen 

Hammer-  Bericht  über  den  vielbesprochenen  Fall  des  durch  seinen  Sollicitator  E.  er- 
"®^^*^®'  mordeten  Advocaten  Dr.  R.  in  Wien.  Die  anfängliche  Vermuthnng  eines 
Selbstmordes  wurde  von  Hof  mann  zurückgewiesen,  nachdem  die  Obduction 
als  Todesursache  eine  Anzahl  schwerer  Verletzungen  des  Schädels  nach- 
gewiesen hatte,  die  ihrer  Form  nach  offenbar  von  Hammerschlägen  her- 
rührten. Ein  Hammer  fand  sich  aber  bei  der  Leiche  nicht,  er  wurde  erst 
später  an  dem  Orte  gefunden,  wo  ihn  der  Mörder  nach  seinem  Gestllndniss 
fortgeworfen  hatte.  Interessant  ist,  dass  der  Verstorbene  mit  schweren 
Schädelwunden,  Gehimverletzungen  und  einer  Zerreissung  des  Längsblut- 
leiters,  aus  der  eine  intensive  Blutung  erfolgt  war,  noch  4Vs  Stunden  lebte ; 
femer  dass  sich  neben  den  durch  Gegenwehr  entstandenen  Quetschwunden 
auf  dem  Handrücken  auch  eine  Schnittwunde  über  der  Radialis  und  eine 
Stichwunde  in  der  Magengrube  fanden,  die  der  Mörder  dem  Schwerverletzten 
offenbar  beigebracht  hatte,  um  einen  Selbstmord  zu  fingiren.  Zu  diesem 
Zwecke  hatte  er  ihm  jedenfalls  auch  das  zusammengeklappte,  hierbei  benutzte 
Radirmesser  in  die  Westentasche  gesteckt.  Bemerkenswerth  ist  femer,  dass 
der  Hammer,  wahrscheinlich  weil  er  neu  und  ganz  glatt  polirt  war,  nur 
wenig  Blutspuren  aufwies  und  dass  auch  an  dem  Thäter  nur  geringe  Blut- 
spuren zurückblieben.  Es  erklärt  sich  dies  daraus,  dass,  wie  die  im  gerichÜich- 
medicinischen  Institute  von  Wien  an  Blutlachen  und  an  lebenden  Thieren 
angestellten  Versuche  ergeben  haben,  das  Blut  bei  Schlägen  mit  einem 
Hammer  und  ähnlichen  Werkzeugen,  wenn  die  Schläge  nicht  senkrecht  ge- 
führt wurden,  in  der  Regel  und  grösstentheils  in  der  Richtung  der  Schläge, 
somit  vom  Thäter  weg  oder  nach  den  Seiten  spritzt,  weshalb  der  Thäter  mehr 

BlutBpnren  oder  weniger  verschont  bleiben  kann.    Fiotrowski  hat  diese  VerhäÜnisse 

beiKopfver-  weiter  verfolgt.    (Ueber  Entstehung,  Form,  Richtung  und  Ausbreitung  der 

letzungen,    ßlutspuren  nach  Hiebwunden  des  Kopfes.    Mit  15  Tafehi.    Wien  1896.) 
Piotrowski. 

Trauma-  Frey  er- Stettin  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Bd.  8,  Nr.  22)  fand  an  der 

tische        exhumirten,  hochfaulen  Leiche  einer  15  Tage  früher  gestorbenen  Frau,  die 

Gallenstein.  j2  Tage  vor  ihrem  Tode  durch  Fusstritte  gegen  den  Leib  misshandelt 
zertrünme-  a  o 

rnne         worden  war  und  seitdem  bis  zum  Tode  gekränkelt  hatte,   einen  der  drei 

Freyer.       grösseren  in  der  Gallenblase  befindlichen  Steine  in  zahlreiche  Bröckel 

zertrümmert.    Im  übrigen  war  der  Befund  wegen  vorgeschrittener  Fäulniss 

negativ.    Verf.  hält  eine  spontane  Zerbröckelung  dieses  einen  Steines  für 

unwahrscheinlich  und  nimmt  an,   dass   in  seinen,  wie  in  anderen  Fällen, 

die  GaUensteinzertrümmerung  als  forensisches  Zeichen  einer  stattgehabten 

Misshandlung  gelten  könnte. 

Tranma-  W.  Asher  gibt  im  8.  und  9.  Bande  der  Vierteljahrsschrift  für 

D'^'b^t^'      gerichtliche  Medicin   auf  Grund  der  bisherigen  Beobachtungen  und 
Asher.   '    eines  selbstgesehenen  Falles  eine  Darstellung  des  klinischen  Bildes 
des  traumatischen  Diabetes. 


Gerichtliche  Medicin.  617 

An  derselben  Stelle  verö£Pentlicht  P.  Guder  eine  klinisch-foren-  Trauma  und 
dsche   Studie   über   den   Zusammenhang    zwischen   Trauma   und'^^^®'®'*^^^®' 

^  Guder. 

Tnberculose.  Beide  Arbeiten  liefern  eine  erschöpfende  Samm- 
lung und  kritische  Würdigung  des  einschlagenden  Materials  und 
bieten  deshalb  eine  vortreffliche  Grundlage  für  die  Bearbeitung 
zweifelhafter  Fälle. 

Dufour  (Annales  d*hygiene  Bd.  34)  berichtet  einen  eigenthümlichen      Trauma- 
Fall  traumatischer  Neurose  nach   heftiger  Erschütterung   des  linken       tische 
Hypochondriums  gelegentlich  eines  Wagenzusammenstosses.     Seit  dem  Un-     Neurose, 
fall,  dem  zunächst  etwas  Bluthusten  folgte,  bestand  Dyspepsie  mit  häufiger 
Regurgitation  der  Speisen,  von   denen  ein  grosser  Theil  auf  diese  Weise 
ohne  Erbrechen  wieder  entleert  wurde.    Der  Patient  kam  sehr   herab;   er 
zeigte  stark  gesteigerte  Reflexerregbarkeit  des  Rachens ;  der  Magensaft  war 
fast  salzsäurefrei. 

Die  Geburtsverletzungen  der  Neugeborenenund  deren 
forensische    Bedeutung    hat   Paul   Dittrich   (Yierteljahrsschr.    f.  oeburtsver- 
gerichtl.  Med.  Bd.  9)  behandelt.    Wir  sehen  hier  ab  von  den  schwe-   letzungen 

.  *  .  .        .  der  Neu- 

reren  Verletzungen,  die  durch  geburtshülfliche  Eingriffe  bewirkt  geborenen, 
werden,  weü  dieselben  für  die  Lehre  vom  Kindesmord  ohne  prac-  Dittrich. 
tische  Bedeutung  sind.  Wohl  aber  möchten  wir  hervorheben,  dass 
Dittrich  neue  Beweise  dafür  bringt,  dass  auch  bei  spontan  be- 
endeter Geburt  und  bei  festen  und  normal  dicken  Knochen  sich 
Fissuren  an  den  Scheitelbeinen  finden  können,  wenn  das  Verhältniss 
des  Kindskopfes  zum  mütterlichen  Becken  ein  ungünstiges  ist. 
Dittrich  hat  auch  erneut  einen  jener  seltsamen  Fälle  von  ange- 
borenem Hautdefect  am  Scheitel  eines  Neugeborenen  beobachtet,  wie 
sie  schon  früher  Hof  mann  beschrieben  und  abgebildet  hat. 


H.  Schlesinger   (Friedreich's  Blätter  Jahrg.  46)  sah   unzweifelhafte      Katalep- 
kataleptische  Todtenstarre  bei  zwei  an  Tetanie  infolge  Magenerkran-       tische 
kungen  leidenden  Personen.    Beide  Male  gingen  die  generalisirten  Muskel-         °     ^^' 
krämpfe  direct  in  die  kataleptische  Todtenstarre  über ;  beide  Male  trat  der    Schlesinger, 
Tod  infolge  Erstickung  ein;   in   beiden  Fällen  waren  auch  vor   dem  Tode 
Campheräthereinspritzungen  mehrfach  injicirt  worden.     Die   den  Eintritt 
der    Todtenstarre    beschleunigende    Wirkung    des    Camphers    hat    früher 
A.  Pal  tauf   experimentell    bewiesen.   —  Einen  ferneren  Fall,    in  dem 
kataleptische  Todtenstarre  angenommen  werden  musste,  theilt  Wahncau      Wahncau. 
(Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  Bd.  10)  mit. 

Ranke   (Friedreich's  Blätter  Jahrg.  46)   berichtet  einen  neuen  Fall  Sarggehurt, 
von   Sarggeburt   bei   einer   an   Eklampsie  verstorbenen,    im  7.  Monat       Ranke, 
schwangeren  Person. 


618 


Strassmann. 


Leichen- 
zerstücke- 
lung, 
£.  Hichel. 


Eduard  Michel  (Yierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  Bd.  10) 
hat  eine  sehr  fleissige  ZusammensteUimg  der  bisher  in  der  Litterator 
niedergelegten  Fälle  crimineller  Leichenzerstückelung  ge- 
liefert. Wir  machen  auf  die  Arbeit  aufinerksam;  sie  entzieht  sich 
ihrer  Natur  nach  einem  Referat. 


Zurech- 

nungs- 

fähigkeit, 

Schaefer. 


4.  Zweifelhafte  Geisteszustände. 

Im  Anschluss  an  drei  Fälle  geminderter  Zurechnungsfahigkeit 
infolge  geringgradigen  Schwachsinns  spricht  Schaefer  (Deter- 
minismus und  Zurechnungsfahigkeit  mit  drei  Gutachten  über  Ex- 
hibition.  Yierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  u.  öffentl.  Sanitätswesen 
3.  F.,  Bd.  10,  S.  99)  für  eine  Umänderung  des  §  51  unseres  Straf- 
gesetzbuchs nach  der  Seite  des  Determinismus  hin.  Er  weist 
nach,  dass  der  Paragraph  in  seiner  jetzigen  Gestalt  noch  ganz  auf  der 
alten,  mit  unserer  heutigen  Naturanschauung  nicht  mehr  vereinbaren 
Lehre  von  der  Willensfreiheit  beruht,  dass  er  dadurch  nicht  nur  der 
persönlichen  Ueberzeugung  des  Einzelnen  einen  Zwang  auflegt,  son- 
dern auch  der  Praxis  nicht  mehr  genügt.  Infolgedessen  ist  auch 
schon  das  Strafgesetzbuch  in  sich  nicht  consequent,  indem  es  ge- 
minderte Zurechnungsfähigkeit  im  allgemeinen  nicht  anerkennt, 
andererseits  aber  Grade  der  Zurechnungsfähigkeit  je  nach  dem  Alter 
und  Strafminderung  bei  Kindsmord  schafipfc.  Am  besten  zeigen  die 
Uebergangsfälle  zwischen  Gesundheit  und  Ej*ankheit,  wie  wenig  wir 
wissenschaftlich  mit  §61  auskommen,  in  welchem  zwar  nach  den 
Motiven  zum  Entwurf  des  Strafgesetzbuchs  frei  gesund,  unfrei  krank 
bedeutet,  ein  Uebergang  zwischen  frei  und  unfrei  aber  nicht  an- 
erkannt wird,  wie  er  zwischen  Bjankheit  und  Gesundheit  doch  sicher 
besteht.  So  ist  auch  in  praxi  der  Einzelne  gezwungen,  in  diesen 
Fällen  deterministisch  zu  denken,  thut  es  bewusst  oder  unbewusst, 
ohne  es  aber  auszusprechen.  Weiter  zeigt  Verf.,  dass  der  Deter- 
minismus sehr  wohl  geeignet  ist,  menschliche  Verantwortlichkeit, 
einen  Schuldbegriff,  freilich  nicht  im  alten  Sinne,  und  eine  Strafe 
zu  begründen,  von  nicht  geringerem  sittlichem  Werth,  wie  früher. 
„Verantwortlichkeit  ist  nicht  Freiheit,  sondern  natürliche  Noth- 
wendigkeit,  und  Strafe  ist  das  natürliche  Mittel,  durch  welches  zu- 
gleich die  Gemeinschaft  geschützt  und  der  Einzelne  befähigt  wird, 
den  Forderungen  der  Gemeinschaft  gerecht  zu  werden."  —  Wir 
müssen  es  uns  versagen,  näher  auf  den  sehr  interessanten  Aufsatz 
einzugehen,  und  möchten  jedem  das  Studium  desselben  rathen,  der 
Gelegenheit  hat,  mit  der  Frage  sich  practisch  zu  beschäftigen. 


Gerichtliche  Medicin.  619 

Ein    in   FriedreicVs   Blättern   (Jahrg.  46)    Teroffentlichtes    Gatachten  zwangs- 

Krafft-Ebing's  betrifft  eine  16jährige  in  mässigein  Grade  imbecille  Per-  vorBtel- 

Bon,  die  wiederholt  mit  dem  Beginn  der  Menstroation  nnter  dem  Einfloss  langen, 
Ton  ZwangsTorstellangen  Brandstiftnngen  aosgeföhrt  hatte. 

An   derselben   Stelle   berichtet   Ast  mehrere  Fälle  von   Gewaltthaten Melancholie, 
Melancholischer;  ein  Gatachten   über  einen  weiteren  derartigen  Fall  Ast, 

(Mord  des  Kindes  nnd  Yersnchter  Selbstmord)  hat  Leppmann  (Aerztl.  Sach-     Leppmann. 
Terständigenzeitnng  Nr.  20)  veröffentlicht. 

E.  Siemerling  (Württembergisches  Correspondenzbl.)  gibt  auf  sittliche» 
Ghrond  reicher  Erfahrung  eine  Uebersicht  über  das  Vorkommen  von  Verbrechen 
Sittlichkeitsverbrechen,  natürlichen,  contraren  und  perversen     Btörang, 
Sexoalacten  bei  den  verschiedenen  Formen  der  Psychosen,  besonders     Siemerling. 
bei   pathologischen  Hanschznstanden,  bei  Imbecillitat  nnd  erblicher 
Degeneration  überhaupt,  bei  neurasthenischen  Zuständen. 

M.  Koppen  (Charite-Annalen  Bd.  19)  veröffentlicht  als  Beitrag Qnernlauten- 
zur  forensischen  und  klinischen  Beurtheilung  des  sog.  Querulanten-       wahn, 
wahns  zwei  Beobachtungen  über  Querulanten,  die  sich  in  das  Oe- 
biet  der  raisonnirenden  Form  der  chronischen  Paranoia  einreihen. 

Feige  hat  im  9.  und  10.  Bande  der  Yierteljahrsschrift  für  ge-ßpiiep tische 
richtliche  Medicin  in  dankenswerther  Weise  eine  umfassende  Dar-  l*«yc^oien, 
Stellung    der  Geistesstörungen    der   Epileptiker   gegeben. 
An  derselben   Stelle  hat  Bef.   vier  Fälle  seiner   Beobachtung  mit-Fr.Strasimant». 
getheüt,  in  denen  ein  Mordversuch,  ein  Diebstahl,  wiederholte  Ex- 
hibition  und  wiederholte  Sachbeschädigung  (Bespritzen  von  Damen- 
kleidem  mit  Tinte)  im  epileptischen  Stupor  bezw.  Dämmerzustand 
ausgeführt  worden  waren.    Mehrere  Fälle  traumatischer  Epilepsie 
mit  consecutiver  Geistesstörung^  die  forensisch  zu  beurtheilen  waren, 
hat  Siemerling  (Tübingen  1895 j  bekannt  gemacht   und   zugleich     siemerliuK. 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  42  u.  43)  eine  generelle  Darstellung  der 
transitorischen  Bewusstseinsstörungen  der  Epileptiker  in  forenHischer 
Beziehung  gegeben.  —  Endlich  hat  Thiele  (Zeitschr.  f.  Medicinal-       Thl«l.'. 
beamte)    einen   höchst  eigenthümlichen  Fall   unbegründeter   Selbst- 
anschuldigung  bei  einem  Epileptiker  veröffentlicht. 

A.  Cramers  Gatachten  über  Mord  im  Zustand  dan  pathologi- 
schen Rausches  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  16)  betrifft  einen  wenig 
beföhigten,  mangelhaft  entwickelten,  aber  nicht  schwachMinnigen  Menschen, 
der  auch  sonst  keine  Spuren  von  Gei^te^ikrankheit  zeigte.  Kr  war  nar.li 
dem  Mord  (Erdrosselung  seiner  Geliebten)  bewusstlos  und  «chwer  berauscht 
aufgefunden  worden.    Es  wurde  in   glaubhafter  Weise  Amnesie  für   den 


620  Strassmann. 

Fat  ho-  Vorfall  angegeben.  Gramer  nimmt  einen  pathologischen,  keinen  gewöhn- 
logiBoher     liehen  Rausch  an,   theils  aus  diesem  Grunde,   theils  weil   die  That  mit 

(^^e  '  grosser  Muskelenergie  ausgeführt  sein  musste.  Erklärt  wird  das  Eintreten 
dieses  Zustandes  durch  das  schnelle  Trinken  reichlicher  Mengen  Schnapses 
bei  dem  an  Herzpalpitationen  leidenden  Mann,  der  zudem  durch  voran- 
gegangenen Beischlaf  und  seelische  Aufregungen  (Aufforderung  der  Frau, 
ihn  zu  ermorden)  geschwächt  war. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Brouardel,  La  mort  et  la  mort  subite.    Paris. 

Der  Process  Czynski.     Stuttgart. 

Dragendorff,  Die  Ermittelimg  der  Gifte.    4.  Aufl.    Göttingen. 

van  Erkelens,  Strafgesetz  und  widernatürliche  Unzucht.    Berlin. 

Haberda,  Die  fötalen  Ereislaufwege  der  Neugeborenen.    Wien. 

Hitzig,  üeber  den  Querulantenwahnsinn.    Leipzig. 

Kratter,  Tod  durch  Elektricität.    Leipzig  und  Wien. 

Officieller  Bericht  Über  die  zwölfte  Hauptversammlung  des  Preussischen 
Medicinalbeamtenvereins.  Berlin.  (Enthält  unter  anderem :  Bein- 
hauer, Ueber  den  Standpunkt  des  ärztlichen  Sachverständigen  bei 
Anklagen  wegen  Wochenbettfiebers ;  Becker,  üeber  die  gerichtlich' 
medicinische  Beweisführung  bei  Unfallverletzten;  Mittenzweig, 
Ueber  criminellen  Abort.) 

Piotrowski,  Blutspuren  bei  Kopfverletzungen.    Wien. 

Raffalo wisch,  Homosexualiiftt.    Berlin. 

F.  Strassmann,  Lehrbuch  der  gerichtlichen  Medicin.     Stuttgart 


xnL 


Oeffentliches  Cresimdheitswesen. 

Von   Regierungs-   und   Medicinalrath   Dr.    Wemich   in   Berlin. 


A.  Gesundheitslehre  und  Gesundheitspflege. 

1.  Klima;  Lnft,  Sonnenlieht;  Haarbedeeknng,  Kleidnng, 

Jedermann,  der  seit  den  ersten  Veröffentlichungen  des  Ge- 
sundheitsamtes die  zurücktretende  Bedeutung  des  klimatischen  Moments 
für  die  practische  Hygiene  verfolgt  hat,  empfindet  vielleicht  ein 
gewisses  Bedürfiiiss,  noch  einmal  ein  zusammenfassendes  Büd  der 
traditionellen  „Wettereinflüsse^  vor  sich  zu  haben.  Ein  solches  ge- 
währt Dr.  W.  J.  V a n B e b b e r ^s Buch  über  die hygienischeMeteo- 
rologie  (Stuttgart).  Wenig  Neues  und  nur  dürftige  Ausblicke  bieten 
die  mit  den  Krankheitszuständen  sich  beschäftigenden,  aus  A.  H  i  r  s  c  h, 
Lombard,  Flügge,  Payer  stammenden  Abschnitte  „Hygiene  der 
Tropen",  „Hygiene  der  gemässigten  Zonen",  „Hygiene  der  kalten 
Zonen".  Hier  fragt  man  vergebens,  an  welchen  Punkten  sich  Meteo- 
rologie und  Hygiene  noch  berühren,  und  möchte  wünschen,  dass 
Verf.  dem  Physiologen  und  Pathologen  das  Wort  gelassen  hätte.  Die 
Wiedergabe  der  Hauptabschnitte  wird  die  Leser  am  besten  darüber 
Orientiren,  was  sie  in  dem  sehr  gewissenhaft  gearbeiteten  Buche 
Bebber's  zu  finden  erwarten  können.  Er  behandelt  in  Abschnitt  I 
die  „Physikalischen  Eigenschafken  der  Luft",  in  n  die  „Bestand- 
theile  der  Luft",  in  DI  die  „Temperatur",  in  IV  die  „Niederschläge", 
in  V  die  „Gewitter",  in  VI  „Luftdruck  und  Wind",  in  VH  „Wetter 
und  Küma",  in  VD!  „Das  Klima". 

lieber  klimatische  Erholungscuren,  insbesondere  den 
Einflnss    der    Feriencolonieen    auf   kranke    Kinder    hat   Schmid- 


Elima, 
van  Bebber. 


Sohmld- 
Monnard. 


622 


Wemich. 


Monnard  (Zeitschr.  f.  Krankenpfl.  Nr.  6)  für  Halle  die  Ergebnisse 
geprüft  (Athmmig,  Gewichtszunahme,  Farbe,  Mnskelelasticität  etc.). 
Hieran  schliesst  sich  eine  werthvolle  Kritik  betreffend  die  Erholungs- 
plätze (Gebirge,  Meer,  Soolbadeorte,  Wälder). 


Licht,  W.Kruse(UeberdiehygienischeBedeutung  desLichts. 

^  ^me,     ^^g  ^^^  hygienischen  Institut  zu  Bonn.    Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  In- 
fectionskrankh.  Bd.  19,  H.  2). 

Rubner,  Rubner  (TJeber  die  Sonnenstrahlung). 

Gramer^  Gramer    (Die   Messung    der   Sonnenstrahlen   in   hygienischer 

Hinsicht). 

Rubner  (Ueber  den  Einfluss  der  Sonnenstrahlung  auf  Stoff- 
Zersetzung,  Wärmebildung  und  Wasserdampfabgabe  bei  Thieren. 
Arch.  f.  Hyg.  Bd.  20,  S.  309—364). 

In  erster  Linie  erschien  es  Rubner  von  Bedeutung,  den  EinfluBS  der 
Sonnenstrahlung  auf  den  menschlichen  und  thierischen  Organismus  zu 
studiren  mit  Hinsicht  auf  den  Wärmewerth.  Durch  Gramer  wurden  die 
Mittel  geprüft,  vermöge  deren  am  einfachsten  mit  einer  der  Aufgabe  an- 
gemessenen Genauigkeit  die  Sonnenstrahlmig  in  absolutem  Maass  bestimmt 
werden  könnte.  In  zweiter  Linie  war  dann  unter  genau  bekannten  Strah- 
lungsverhältnissen Stoffzersetzung  und  Athmung  beim  Thiere  zu  prüfen. 
Ein  unter  Zuziehung  des  Poui  11  e tischen  Pyrheliometers  geaichtes  Vacuum- 
thermometer  nach  Arago-Davy  schien  zur  Messung  der  Sonnenstrahlung 
verwendbar.  Stellte  man  mit  den  Sonnenversuchen  die  Sonnenausschluss- 
versuche  in  Vergleich,  so  ergab  sich :  Ein  der  Sonnenstrahlung  ausgesetztes 
Thier  zeigt  eine  Vermehrmig  der  Gesammtwärmeproduction  und  eine  sehr 
gesteigerte  Wasserverdampfung;  —  die  Wlb^neregulation  eines  sich  son- 
nenden Thieres  wird  durch  einen  Ueberschuss  der  Sonnen-  über  die  Schatten- 
temperatur um  18°  ebenso  beeinflusst  wie  durch  einfaches  Steigen  der 
Lufttemperatur  um  rund  9^  Somit  reagirt  erst  auf  einen  ganzen  Grad 
Ueberschuss  von  Sonnentemperatur  über  die  Schattentemperatur  der  thie- 
rische  Körper  mit  derselben  Zersetzung  wie  bereits  auf  einen  halben  Grad 
einfacher  Lufttemperaturerhöhung.  Die  Schlussfolgerungen  gelten  für  iQimata 
mit  hohen  Schattentemperaturen  (imser  sommerliches  Klima);  für  ein 
Klima  von  energischer  Strahlung  combinirt  mit  niedriger  Schattentempe> 
ratur  (wie  etwa  Daves)  hätte  sich  der  Vorgang  des  erwärmenden  Einflusses 
der  Strahlung  innerhalb  des  Gebietes  der  chemischen  Wärmeregulation 
abgespielt. 
E.  V.  Esmarch.  E.  V.  Esmarch  (Ueber  Sonnendesinfection.  Zeitschr.  f. 
Hyg.  Bd.  16,  H.  2).  Den  gewöhnlichen  Desinfectionsmitteln  bleiben, 
wie  V.  Esmarch  in  Erinnerung  bringt,  manche  zu  desinficirende 
Stücke  unzugängUch;  er  rechnet  hierzu  Ledersachen,  Polstersitze, 
foumirte  Möbel,   Pelze  und  weist  auf  die  vielfachen  Versuche  hin. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  623 

laut  deren  die  Sonne  sich  als  ein  wirksames  Mittel  zur  Abtödtung 
von  Bacterien  erwiesen  hat.  Demgemäss  stellte  er  eigene  Experimente 
mit  der  Besonnnng  der  vorher  genannten  Sto£Pe  an  und  kam  in  die 
Lage,  durch  eine  Tabelle  wohlangeordneter  Versuche  nachzuweisen, 
dass  den  Sonnenstrahlen  eine  desinficirende  Wirkung  zwar  zukommt, 
aber  nicht  für  die  Praxis,  da  den  tiefer  sitzenden  Bacterien  und 
Keimen  gegenüber  die  Sonnendesinfection  im  Stiche  lässt. 

Rubner  (Einfluss  der  Haarbedeckung  auf  Stoffver-  Natürliche 

brauch  und  Wärmebildung.   Arch.  f.  Hyg.  Bd.  20,  S.  365.  —   ,  ..  \'','?  , 

"  •'^  '  künstliche 

Die  mikroskopische  Structur  unserer  Kleidung.  Arch.  f.  Hyg.        Haut- 
Bd.  23,  H.  1.  —  Thermische  Studien  über  die  Bekleidung  des  Bedeckung, 
Menschen.   Arch.  f.  Hyg.  Bd.  23,  H.  1:   Feuchtigkeit  und  Wärme-       ^^^''^''' 
leitung.  —  Die  äusseren  Bedingungen  der  Wärmeabgabe  von  feuchten 
Kleiderstoffen.     Arch.  f.  Hyg.  Bd.  33,  H.  1). 

Die  mikroskopische  Structur  der  Kleidung  wird  bei  20 — 50facher  Ver- 
gröBserung  an  Schnitten  untersucht,  welche  letztere,  quadratcentimetergrossen 
Zeugstücken  (in  Aetheralkohol ,  dann  24  Stunden  in  zähflüssiger  Celloidin- 
lösnng  durch  Aufkleben  auf  Kork,  durch  Erhärten  in  60°/oigem  Alkohol  prä- 
parirt)  entnommen,  durch  das  Mikrotom  in  der  Grösse  von  50  |i  hergestellt,  mit 
Anilinöl  und  Xylol  behandelt  und  in  Canadabalsam  eingelegt  werden.  Um  die 
mikroskopischen  Ansichten  verständlich  zu  bezeichnen,  unterscheidet  Rubner 
die  Lufträume  in  Fadenrämne  (in  den  einzelnen  Fäden  selbst).  Zwischen-, 
fadenräume  und  Contacträume  (kleine  Lufträume  in  Berührung  mit  be- 
nachbarten Gegenständen).  Beispielsweise  würden  dichte  glatte  Gewebe  " 
fast  nur  Contacträume  aufweisen;  Faden-  und  Zwischenfadenräume  fast  * 
gar  nicht. 

Zur  Messung  der  Oberflächentemperatur  an  bekleideten  und 
unbekleideten  Stellen  sowohl  als  auch  an  den  einzelnen  Kleidungs- 
stücken selbst  dienten  Thermoelemente  aus  Eisen  ujid  Neusilber,  die 
in  Verbindung  standen  mit  einem  Spiegelgalvanometer.  Die  Ober- 
flächentemperaturen erwiesen  sich  verschieden,  je  nach  den  Schwan- 
kungen der  Wärmeproduction  im  Organismus  selbst  und  je  nach  den 
Schwankungen  der  die  Wärmeregulation  beeinflussenden  Momente 
der  Anssenwelt.  Stieg  die  Aussentemperatur  von  16  °  auf  26,5  ®,  so 
stieg  die  Kleidungstemperatur  von  26,6  ^  auf  29,7  ®,  die  Temperatur 
der  nackten  Stellen  um  4,3°.  Je  höher  die  Temperatur,  desto  ver- 
schwindender ist  die  Differenz  zwischen  Kleidungs-  und  Haut- 
temperatur.  Das  Anlegen  mehrschichtiger  Kleidung  erhöht  successive 
die  Haattemperatur,  so  das  Anlegen  von  Hemd,  Weste,  Bock  von 
27,9''  anf  31,1°.    Die  Behaglichkeitsgrenze  liegt  nahe  bei  33°. 


624  Wernich. 


2,  Hygiene  des  Wohnens;  kfingtliche  Erwärmnngr)  Belenchtang, 

Lflftnng« 

Logir-  Common  lodging  houses,  casual  wards  and  shelters  (Sanit.  Record, 

häuser,      Angust  23).     Es  werden  verschiedene   Lücken  aufgedeckt,   welche 

infolge  der  Begriffsbestimmung  über  Logirhäuser  niederen  Banges 

besonders  in  dem  Strafverfahren  über  unterlassene  Desinfection  zu 

Tage  getreten  sind. 

Haus-  Röchling   (Technische  Einrichtungen   für  Wasserversor- 

entwäflse-  ^^  Kanalisation    in  Wohnhäusern.     Mit    27  Abbildungen. 

rung,  o        o  ^  ... 

H.  Aifr.  Roch-  Braunschweig.     Friedrich  Vieweg  &  Sohn). 

i"*ß»  A.   Unna   (Die   Ausführung   der   Hausentwässerung   mit 

Rücksicht  auf  die  hygienische  Bedeutung  der  Kanalgase.   Centralbl. 

f.  allg.  Gesundheitspfl.  Bd.  14,  H.  11  u.  12). 
£.  GottsohUch.  Gottschlich  (Die  hygienische  Bedeutung  des  Ha  usschwamms. 

Aus   dem  hygienischen  Institut  zu  Breslau.     Zeitschr.   f.   Hyg.    u. 

Infectionskrankh.  Bd.  20,  H.  3). 

Eine  ausfuhrliche  Studie  über  die  Kohlenoxydgasvergif- 
tung  vom  medicinal-  und  sanitätspolizeilichen  Standpunkte  ver- 
Heizung undöffentlichte  Störmer  (Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  u.  öffentl. 
^jj^^jj^jg^"^ 'Sanitätswesen  Bd.  9,  H.  1 — 3).  In  der  gross  angelegten  Arbeit  werden 
oxydgas-  die  Eigenschaften  der  einzelnen  CO-haltigen  Gasgemische  analytisch 
Vergiftung,  ^^j^^  ^  ihren  Beziehungen  zur  Heiz-  und  Stubenlufb,  die  Schädlich- 
keit der  Ofenklappen,  die  Verstopfungen  der  Rauchrohre  und  der 
offenen  Kohlenbecken  nebst  den  Bedenklichkeiten  der  Carbon-Natron- 
öfen und  alle  Möglichkeiten  verborgener  Kohlensäureentstehungen 
betrachtet.  Vom  Leuchtgas  und  seinen  drohenden  Gefahren,  der 
Möghchkeit,-  dass  dieses  Gas  geruchlos  werden  und  noch  gi£tig 
wirken  könne,  wird  ein  anschauliches  Bild  geliefert.  Die  mehr* 
fachen  Fälle,  in  denen  die  warme  Luft  in  Häusern  aufsaugend  auf 
das  in  den  Erdboden  ausgeströmte  Gas  wirkte,  werden  analysirt.  — 
Von  actuellem  Interesse  ist  der  Abschnitt  über  Wassergas  und  seine 
Abarten.  Die  Verwendung  derselben  in  der  Industrie  scheint  nicht 
gefährlicher  als  die  des  Leuchtgases  zu  sein.  Von  den  Gruben- 
und  Minengasen  werden  ausfuhrliche  Analysen  mitgetheilt.  Es  ist 
auf  den  verschiedenen  Gehalt  der  Pulverdämpfe  an  CO  Rücksicht 
zu  nehmen,  der  bei  den  einzelnen  Pulversorten  verschieden  aus- 
fallt. Auch  bei  den  deletären  Wirkungen  der  Dämpfe  anderer  Spreng- 
stoffe ist  der  CO-Gehalt  von  Wichtigkeit.  —  Was  nun  die  Häufig- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  625 

keit  der  CO- Vergiftungen  betrifft:,  so  dürfte  sie  sehr  gross  —  ja, 
die  CO-Vergiftnng  dürfte  mit  ihrem  Antheil  von  36 '/o  von  allen 
Vergiftungsarten  die  hanfigste  sein.  Ln  ganzen  prenssischen  Staate 
betrogen  alle  Yergift^ongsfaile  1890  273,  1891  337.  Davon  waren 
im  Jahre  1890  172,  1891  180  Kohlendnnst-  nnd  Leuchtgasvergif- 
tongen.  Die  Wassergasvergiftxmgen  sind  in  New  York  am  hanfigsten 
(1886  35  Fälle).  CO-haltige  Grubengase  haben  in  Preussen  stets 
eine  bedeutende  Zahl  von  ünglücksüülen  hervorgebracht,  derdn  Höhe 
mit  275  auf  das  Jahr  1885  fieL  Eine  Berliner  Statistik  zeigt  die 
Verunglückungen  durch  Kohlenoxydgas  und  Leuchtgasvergiftungen 
seit  1865  in  langsamer  Abnahme. 

Geelmuyden   (Ueber   die  Yerbrennungsproducte    des     Verbren- 

Leuchtgases  und  deren  Einfluss   auf  die  Gesundheit.     Arch.  f.      n^ngs- 

^        prodiictc 

Hyg.  Bd.  22,  H.  2)  hat  in  seiner  Arbeit  nach  verschiedenen  mit  be-  des  Leucht- 
sonderen Methoden  angestellten  Vorversuchen  (es  handelt  sich  um  gas  es, 
das  Gas  in  Christiania)  die  Luft  in  mit  Gas  übermässig  stark  be-  ^^^'^y^®'^- 
leuchteten  Wohnzimmern  geprüft.  Er  kommt  zu  dem  Schluss,  dass 
eine  Verunreinigung  der  Luft  bis  zu  1  °/o  bei  Gasbeleuchtung  niemals 
oder  nur  unter  exceptionellen  Verhältnissen  in  unseren  Wohnräumen 
zu  Stande  kommen  dürfte.  Ein  Kohlensäuregehalt  von  0,6,  ja  0,8  ^/o 
wird  in  schlecht  ventüirten  Zimmern  allenfalls,  in  gut  ventilirten 
jedoch  schwerlich  ein  höherer  als  0,2 — 0,3,*^/o  eintreten  können.  Der 
Gehalt  an  schwefliger  Säure  wird  kaum  höher  steigen  als  bis  zu 
0,001 — 0,0015  VoL-Proc.  —  Die  mit  der  Gasbeleuchtung  unumgäng- 
lich verbundene  Wärmestrahlung  ist  geringer  als  die  bei  der  Kerzen- 
beleuchtung entstehende.  Wendet  man  grosse  Brenner  an,  so  ist 
sie  auch  weniger  hoch  als  die ,  von  Petroleumlampen  ausgehende. 
Es  liegen  also  keine  Gründe  vor,  die  Gasbeleuchtung  für  die  Ge- 
sundheit schädlicher  anzusprechen  als  die  Beleuchtung  mit  anderen 
Substanzen,  durch  deren  Verbrennung  Licht  erzeugt  wird.  —  Auch 
werden  noch  gärtnerische  Experimente  angefahrt,  die  zeigen,  dass 
es  sehr  wohl  möglich  ist,  selbst  die  meisten  Palmenarten,  welche  über- 
haupt in  Wohnzimmern  gedeihen,  auch  in  solchen  Zimmern  zu  ziehen, 
in  denen  Gas  gebrannt  wird. 

In   ähnlichen  Bahnen   bewegen   sich   die  umfänglichen  Unter-    The  Lancet 
suchungen,  welche  The  Lancet,  special  analytical  and  sanitary  Com-    ^»^oratory. 
mission  unter  dem  Titel  „Ine ande sc ent  System  of  Gas  Light- 
in g"  (Lancet,  Jan.  6)  veröffentlicht  hat.     Ausgegangen  wurde  hier 
von  der  Leuchtkraft  und  dem  Gasverbrauch  seitens  der  verschiedenen 
Brennerconstructionen. 

Jahrbuch  der  practiBcheii  Medicin.    1896.  4Q 


626  Wemich. 

Oasgiüh-  W.  Oentsch  (Gasglühlicht.  Dessen  Geschichte,  Wesen  und 

licht        Wirkung.    Stuttgart). 

W.  Gentsch.  ^  o      / 

3«  Reinhaltmngr  des  Erdbodens  in  den  Wohnplfttzen  nnd  in  ihrer 

Umgrebnngr* 

In  seinem  kurzen  Vortrage  über  die  Gräberfauna  (Ann.  d'hyg.  publ., 

Begräbnis s-  Januar)  führt  Mögnin  hauptsächlich  die   älteren  Untersuchungeergebnisse 

platze,       Bergeret's  unter  näherem  Eingehen  auf  die  Larven  der  in  Frage  kom- 

'       menden  Coleopteren,  Lepidopteren  und  einiger  sonstigen  Inseotenfamilien 

auf.  Er  neigt  dazu,  im  ganzen  acht  grössere  Gruppen  von  Leichenverzehrem 

zu  unterscheiden. 

Städtische  Hinkeldeyu   (Die   Nothwendigkeit  weiträumiger   Be- 

^^°^^P^***®' bauung  bei  Stadterweiterungen  und  die  rechtKchen  und  technischen 
Mittel  zu  ihrep^  Ausführung.  Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  ö£Pentl.  Ge- 
sundheitspflege Bd.  27,  H.  1). 

In  einer  grösseren  Arbeit  „The  drainage  of  villages" 
spinks.  versucht  Spinks  (Sanit.  Becord,  Sept.  20  fiP.)  eine  genaue  Definition 
aller  in  der  Public  health  act  1875,  Part  m  vorkommenden  Be- 
griffe, besonders  in  Bezug  auf  Röhren,  Böhrensysteme,  deren  Con- 
struction,  Mussverunreinigung,  Jauche  und  ihre  Verwerthung,  Be- 
rieselung von  Privatländereien;  auch  in  Bezug  auf  Nebenapparate 
von  Kanalnetzen,  Fortbewegung  ihres  Inhaltes,  Ventilation  und  Ein- 
steigschächte, dabei  mögliche  Constructionsfehler  etc. 
Schnee-  Weyl  (Ueber  Schneebeseitigung.    Hyg.  Bimdschau.   Dis- 

beseitigung,  cussionen  i.  d.  Gesellsch.  f.  öffentl.  Gesundheitspfl.). 
Weyl.  ^    ' 

Müll-  Beincke,   Andreas  Meyer  (Beseitigung  des  Kehrichts 

b  e  8  e  i  t  i  g  u  n  g,  ^^^  anderer  städtischer  Abfiüle,  besonders  durch  Verbrennung.  Viertel- 
Andreas  Meyer,  ja™3schr.  f.  öffentl.  Gesundheitspfl.  Bd.  27,  H.  1). 

Die  Müllverbrennung  in  England  und  die  in  Berlin 
Böhm  u.Grohn. anzustellenden  Versuche  (Reisebericht  von  Böhm,  Stadtrath 
und  Grohn,  Begierungsbaumeister.  Berlin).  Das  von  Strassen, 
Marktplätzen  und  aus  den  Häusern  stammende  Müll  besteht J  be- 
kanntlich aus  Asche,  imvollständig  verbrannter  Kohle,  vegetabilischen 
und  animalischen  Besten,  besonders  Fischen,  Fleischresten,  Gemüse- 
resten, aus  Papier,  Abfallen  der  Textilindustrie,  Scherben,  metallischen 
Dingen,  Stroh  (Bettstroh),  Leder,  Sand,  Bauschutt,  Strassendung 
und  anderen  Sachen.  Wie  die  Beseitigung  am  bequemsten,  billigsten 
und  am  hygienisch  zweckmässigsten  zu  bewerkstelligen  ist,  darüber 
ist   eine  Klärung  der  Anschauungen  noch  nicht  eingetreten.    Die 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  627 

^Kosten  setzen  sich  nämlich  zusammen  ans  dem  Kapital  fiir  Gmnd- 
erwerb,  Verzinsung  und  Amortisation.  Es  ist  Kohle  nothwendig 
zum  Anheizen  des  Ofens  und,  sofern  das  MüU  nicht  von  selbst  brennt, 
auch  zum  Unterhalten  der  Verbrennung.  Ca.  20 '/o  des  Anlage- 
kapitals sind  nothwendig  als  Aufbesserungskosten,  und  die  Her- 
stellung der  Anlage  als  eine  concessionsmässige ,  insbesondere  die 
Anlage  des  Rauchverzehrers  von  Jones  würde  die  Verbrennung  jeder 
Tonne  Mülls  xna  ca.  30  °/o  vertheuem.  Die  Anlage  einer  Zelle,  deren 
sechs  auf  50000  Einwohner  erforderlich  sind,  kostet  14000  M.  Ham- 
burg ist  mit  dem  Bau  imd  der  Einrichtung  einer  Eeihe  von  Zellen 
bereits  vorgegangen.  Für  Berlin  bringt  der  Bericht  von  Böhm 
und  Gr  ohn  ein  grundlegendes,  wenn  auch  noch  nicht  in  allen  Theilen 
abgeschlossenes  Material.  Die  Verff.  stellen  sich  früheren,  den  gleichen 
Gegenstand  behandelnden  Berichten  (Th.  Weyl)  etwas  skeptisch 
gegenüber  und  weisen  insbesondere  darauf  hin,  dass  das  kohlenreiche 
England  in  seinem  MüU  stets  mindestens  10  ^/o  unverbrannter  Kohle 
habe,  während  Berliner  Müll  davon  höchstens  1  °/o  aufweise,  und  dass 
infolge  dessen  der  hiesige  Müll  nicht  ohne  Zusatz  von  Kohle  brennen 
würde.  Dazu  komme,  dass  die  feine  Asche  der  hier  üblichen  Bri- 
quettes  die  Brennbarkeit  der  übrigen  StofiFe  des  Mülls  zu  paralysiren 
im  Stande  wäre  und  somit  die  Ausnutzung  der  Wärme  und  die 
Bentabilität  der  Nebenanlagen  sehr  fraglich  sein  würden.  —  That- 
sächlich  brennen  die  meisten  Sorten  des  Berliner  Mülls  nicht  ohne 
perpetuirlichen  beträchtlichen  Kohlenzusatz. 

Zur  Gesundheitspflege  auf  dem  platten  Lande  for- 
mulirt  Scholtz  (Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  ö£Pentl.  Gesundheits-  Hygiene 
pflege  Bd.  27,  H.  2)  eine  Beihe  von  bestimmten  Forderungen,  näm-  ^i*^  ^ 
lieh:  die  Einführung  ländlicher  Bauordnungen,  welche  auch  die  schoitz. 
Hygiene  so  weit  berücksichtigen,  dass  sie  bei  der  Bauanlage  ge- 
setzliche Mindestforderungen  bezüglich  bewohnter  Räume  festlegen, 
auch  Bestimmungen  trefiPen  hinsichtlich  der  Benutzungen  der  B.äume 
und  nicht  weniger  auch  Bedacht  nehmen  auf  die  Assanirung  der 
nächsten  Umgebungen  ländlicher  Wohnstätten  (Einrichtungen  der 
Gehöfte) ;  eine  dauernde  und  systematische  Ueberwachung  der  Schul- 
gesundheitspflege unbeschadet  einer  besonderen  Regelung  der  Vor- 
beugongmaassnahmen  beim  Auftreten  ansteckender  Krankheiten;  eine 
durchgebildete  Beaufsichtigung  des  Fleischverkehrs  auf  dem  Lande 
zum  Schutz  gegen  Schädigungen  der  Gesundheit  und  gegen  materielle 
üebervortheilung.  Nöthig  ist  hier  eine  allgemeine  und  in  verschiedenen 
Instanzen  zur  Controlle  stehende  Fleischbeschau  (nicht  bloss  Trichinen- 


628 


Weniich, 


WasBer- 
gesetze, 
Thomson, 


Smartf 


Büsing, 
Wemioh. 


schau) ;  Einsetzung  permanenter  Sanitätscommissionen  auch  in  kleinen 
ländlichen  Orten. 

4.  Hygrienische  Wasserwirthsohaft. 

Eine  Reihe  wohlerwogener  Hülfsgesetze  zur  Durchfuhrung  der 
„drainage  and  plumbing  Regulations^'  1892  brachte  Thom- 
son in  seiner  Perth  health  lecture  (Sanit.  Record,  16.  Febr.)  zur 
Besprechung. 

Eine  interessante  ParaUele  zwischen  den  Anschauungen  der 
deutschen  bacteriologischen  Schule  und  den  englischen  Bericht- 
erstattern über  die  Frage  der  Wasserverunreinigung  und 
Wasserreinigung  zieht  die  Arbeit  von  Smart  (Sanit.  Kecord, 
13.  April),  um  zu  dem  Ergebniss  zu  gelangen,  dass  im  Augenblick 
sich  die  Lehre  von  den  Wasserbacterien  in  einem  zu  chaotischen 
Zustande  befinde,  um  als  Grundlage  für  die  Aufstellung  allgemeiner 
Birectiven  dienen  zu  können« 

Bemerkungen  über  Wasserschutz  unter  Bezugnahme 
auf  den  Entwurf  eines  preussischen  iWassergesetzes 
machten  nach  verschiedener  Richtung  Büsing  und  Wernich 
(Beil.  zur  hygienischen  Rundschau  Bd.  B,  Nr.  18).  Ersterer  will  den 
Schutz  der  Gesetze  nicht  allein  für  die  offen  fliessenden,  sondern 
auch  für  die  Grundwasser  in  Anspruch  nehmen.  Wahrscheinlich 
wird  in  der  Heranziehung  der  letzteren  die  Zukunft  des  Wasser- 
versorgungsproblems liegen.  Es  ist  erwünscht,  dass  neben  wirth- 
schaftlichen  Interessen  des  Wasserschutzes  auch  die  gesundheitlichen 
zu  ihrem  Recht  kommen.  Der  unberechtigte  Unterschied  zwischen 
Quell-  und  Grundwasser  wäre  fallen  zu  lassen.  —  Wernich  be- 
tonte den  Schutz  und  die  Regelung  der  Wassergewinnung,  auch 
besonders  unter  Fetsetzung  genauer  Bestimmungen  über  das  Eigen- 
thumsrecht  der  Wasserflächen  und  Wasseremten  und  Hess  sich  über 
die  Forderung  aus,  das  gereinigte  Wasser  und  die  Thätigkeit  der 
Wasserwerke  in  dieser  Richtung  unter  das  Nahrungsmittelgesetz  zu 
stellen.  Es  sei  aber  auch  ein  Schutz  der  Wasserwerke  gegen  das 
Verdict  der  „Verseuchung"  zu  erstreben  und  für  diese  Zwecke  die 
Gründung  eines  deutschen  Wasserwerkrechts  im  Auge  zu  behalten. 


FiuBs-  Rubner  (Hyg.  Rundschau  Nr.  20),  Beitrag  zur  Kenntniss  der 

verunreini-  Flu  SS  Verunreinigung  durch  anorganische  Stoffe. 

Rubnw,  Stubben    (Oentralbl.  f.   aUg.   Gesundheitspfl.   Bd.   14,   H.   11 

Stubben,      u.  12).    Die  Lösung  der  Wasserversorgungs-,  Entwässerungs- 
und Reinigungsfrage  in  Paris. 


Oeffentliches  Gesondheitswesen. 


629 


Rfinsdi, 


Fischer, 


G.  Kabrhel   (Arch.   f.   Hyg.   Bd.  22,   H.  4),    Experimentelle   Filtration, 
Studien  über  Sandfiltration.  ^'  ^»^rhel. 

Beinsch  (CentralbL  f.  BacterioL  Bd.  16,  Nr.  22).  Die  Bacterio- 
logie  im  Dienste  der  Sandfiltrationstechnik. 

Fischer  (Yortr.  in  d.  Qtes.  f.  off.  Gesnndheitspfl.  Hyg.  ßund- 
schaa  Nr.  7).  Das  Sandplattenfilter  und  seine  Anwendung  zur 
centralen  Wasserversorgung  der  Städte. 

Jolin  (Zeitscbr.  f.  Hyg.  Bd.  17,  S.  517).    Einige  Untersuchungen        joiin. 
über  die  Leistungsfähigkeit  der  Kieseiguhr filter  (System  Nordt- 
meyer-Berkefeld). 

Köttsdorfer   (Zeitschr.  f.  Nahrungsmittel-TJnters.,  Hygiene  u.    Köttsdorfer, 
Waarenkunde  Bd.  9,  Nr.  8).     Versuche  über  die  Wirksamkeit  des 
Berkefeld-Filter. 

Wilm  (Orig.- Artikel  in  d.  Hyg.  Rundschau  Nr.  10).  Unter- 
suchungen über  die  Leistungsfähigkeit  von  Baumstämmen  als  Bac- 
terienfilter. 

Wilm  (Hyg.  Rundschau  Nr.  10).  Ueber  Filtration  von  See- 
wasser durch  Holzstamme. 


Wüm. 


Wüm. 


Sickenberger  (Chem.  Ztg.  Bd.  14,  S.  35).  Zur  chemischen 
Reinigung  des  Trinkwassers. 

A.  Lode  (Oesterr.  Sanitätsw.,  Beil.  zu  Nr.  22).  Die  Gewinnung 
von  keimfreiem  Wasser  durch  Zusatz  von  Chlorkalk  (Traube- 
sches  Verfahren).  Vorgetragen  in  der  Sitzung  der  österreichischen 
Gesellschafii  für  öffentliche  Gesundheitspflege  in  Wien. 

Bassenge  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  20,  H.  2,  S.  227).  Zur  Her- 
stellung keimfreien  Trinkwassers  durch  Chlorkalk. 

Cayley  (Lancet,  12.  Febr.  Cholera-  und  Typhus-Erfahrungen). 
Filters  in  conneadon  with  the  spread  of  disease. 

Schardinger  (Centralbl.  f.  BacterioL  Bd.  16,  Nr.  21).  Beitrag 
zur  hygienischen  Beurtheilung  des  Trinkwassers. 

Dupont  (Ann.  d'hyg.  publ.,  Juillet).  20  mg  „Permanganate  de 
chaux"  auf  einen  Liter  Seinewasser  möchte  Dupont  für  genügend 
halten,  um  letzteres  steril  und  gutem  Quellwasser  gleich  zu  machen. 

Die  Annales  d'hygiene  publique  et  de  m6d.  legale  (December) 
bringen  einige  günstige  Versuchsreihen  Pouchet's  über  Kanal- 
wasserreinigung durch  den  Process  Howatson:  eine  Mischung 
von  Eisenoxyd  (Ferrozon)  mit  Kieselsäure,  Kalk,  Aluminium,  Mag- 
nesia mit  noch  einigen  alkalischen  Zusätzen. 

Willonghby.  Sewer  or  Drain  (Sanit.  Record,  20.  April). 
Schwierige  technische  Details  der  Erneuerung  der  Londoner  Kanali- 


Chemisc,lie 

WaBser- 

reinigung, 

Sickenberger, 

A.  Lode, 


Bassenge, 

Cayley, 

Scheurdinger, 
Dupont, 


Pouchet, 


Willonghby. 


630 


Wemich. 


Ghemisohe 
Wasser- 

reinigung, 

Ludwig  n. 

HülsBuer, 


Iv&noff. 


sationsnetze  mit  besonderer  Rücksichtnahme  auch  auf  die  Kosten- 
fragen. 

Ludwig  und  Hülssner  (Mit  4  Kth.  Tafehi,  Stuttgart).  Die 
Reinigung  der  Kanalwässer. 

Iv4noff  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Bd.  15,  H.  1, 
S.  86).  Versuche  über  die  Desinfection  der  städtischen  Ab- 
wässer mit  Schwefelsäure. 

Der  eifrige  Vorkämpfer  für  Reinlichkeit  und  Volksbäder,   S.  Baruch 

Simon  Baruch.  ^  New  York  (Sanit.  Record,  July  19),  hat  es  zunächst  fttr  New  York  City 

durchgesetzt,  dass  das  Gesetz  über  öffentliche  Badeanstalten,  welches 

jede  Stadt  über  50000  Einwohner  zur  Anlegung  solcher  verpflichten  soll, 

eine  Ausführung  —  einstweilen  in  Gestalt  von  Brausebädern  —  erfährt. 


Yolksbäder, 


5«  Nahrnngsmittel-Hygiene  und  -Beanfsichtigmng,' 

Verpackung         Bonhoff  (Hyg.  Rundschau  Nr.  7).    Eine  Verpackung  von 
NahrungB-    flüssigen  und  halbflüssigen  Nahrungsmitteln  behufs  Steril- 
mitte in,     erhaltung  derselben  nach  Oefinen  der  Qeflisse. 

Bonhoff. 


Fleisch- 
beschau, 
Marx, 


Nooard. 


Marx  (Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  öflFentl. Gesundheitspfl.  Bd.  27, 
H.  4)  verbreitete  sich  über  Fleischbeschau  und  die  Nothwendig- 
keit  ihrer  Einfuhrung  für  alles  zur  Ernährung  der  Menschen  bestimmte 
Schlachtvieh  vor  und  nach  dem  Schlachten.  Als  Gfrundlage  der 
Forderung  dienen  die  Beweise  des  Zusammenhanges  bestimmter 
Zoonosen  (Milzbrand,  B.otz  etc.)  mit  schweren  Erkrankungen  bei 
Menschen  und  kurze  Analysen  von  Massenerkrankungen  nach  Fleisch- 
vergiftung,  welche  Marx  an  einer  Beihe  bekannter  imd  vielbe- 
sprochener Vorkommnisse  anstellt. 

Nocard  (De  Femploi  de  la  viande  de  cheval  dans  certains  sau- 
cissons.  Ann.  d'hyg.  publ.,  Avril)  empfiehlt  als  sicherstes  Reagens 
auf  die  aus  Pferdefleischwürsten  extrahirte  Bouillon 
Jodwasser. 


Alkohol, 
Prinsing. 


F.  Prinzing,  Trunksucht  und  Selbstmord  und  deren  gegen- 
seitige Beziehungen  (Berlin).  Der  allgemein  bekannte  und  zugestandene 
Zusammenhang,  dass  Alkoholisten  häufig  Selbstmörder  werden,  be- 
durfte an  sich  keines  Beweises.  Auch  die  Trennung,  welche  Verf. 
macht:  in  Selbstmorde  im  Zustande  geistiger  Umnachtung  gegen- 
über Selbstmorden  der  geistig  Gesunden  —  ist  misslich  und  psycho- 
logisch unwahr.  Hier  ist  von  einer  wirklichen  Gegenüberstellung 
nicht  zu  reden.  Wo,  wann,  warum  wird  der  Trinker  zum  „geistig 
TJmnachteten"  ?  —  Bei  18*/o  Selbstmördern,   meint  Verf.  im  fiinften 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  Q31 

Kapitel,  bleiben  die  Motive  nnbekaimt;  aber  tragen  nicht  noch  viel 
mehr  Procente  der  angeblich  ansgemachten  Motive  das  Zeichen  der 
XJnwahrscheinlichkeit  an  sich?  —  Die  am  Schlnss  angestellten 
Tabellen  (sie  sind  vielfach  bereits  in  ähnliche  Erörterungen  über- 
gegangen) ,,Motive  der  Selbstmörder^  reden  hierüber  eine  beredte 
Sprache.  Die  zwei  Karten  von  Deutschland,  in  welche  einerseits 
die  Frequenz  des  Selbstmordes,  andererseits  die  Menge  des  von  der 
Bevölkerung  consumirten  Alkohols  einsohra£firt  sind,  ähneln  sich  in 
Sachsen,  Schlesien,  Brandenburg.  Sie  differiren  stark  in  Schleswig- 
Holstein,  wo  viel  Selbstmorde  und  wenig  Alkohol  zusammentreffen, 
und  nicht  weniger  in  Preussen  und  Pommern,  wo  wenig  in  Suicidium 
gemacht  und  gleichzeitig  massenhaft  Alkohol  consumirt  wird.  So 
haben  Prinzin g's  Beweise  manche  Lücke. 

Dräer  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheitspfl.  Bd.  14,  H.  11  u.  12).  Künstliche 
Die   Bacterien  der  künstlichen  Mineralwässer,   speciell      ^Jl"* 

'      *  Wasser, 

des  Selterswassers  und  der  Einfluss  der  Kohlensäure  auf  dieselben,        Dräer. 
sowie  auf  Choleravibrionen. 


A.  Jolles  (Centralbl.  f  allg.  Gesundheitspfl.  Bd.  14,  H.  11  u.  12).   Margarine, 
Ueber  Margarine.     Eine  hygienische  Studie.  *    *^  ^^' 

Sidney  (British,  med.  Joum.  S.  1392),   Cheese   and  butter Hygiene  dei 
as  possible  carriers  of  typhoid  and  cholera  infeotion.  ^^^  Milch 

Vorschläge  zur  Eegelung  der  sanitäts-  imd  marktpoUzeilichen  pro  du  et  e. 
ControUe  der  Marktmilch  in  Wien  macht  Kammer  er  (Oesterr.  Sidney, 
Sanitatswesen  Nr.  14).  Es  soll  die  Ausfuhr  von  Milch  in  fremde 
Gemeinden  von  einer  besonderen  Genehmigung  der  zuständigen  Auf- 
sichts-(Polizei-)Behörden  abhängig  gemacht  und  die  Milchwirth- 
schaften  unter  thierärztliche  ControUe  gestellt  werden.  Nicht  mehr 
als  den  Werth  einer  Voruntersuchung  sollte  die  ControUe  durch  dit; 
Marktbeamten  haben,  welche  gleichwohl  in  den  zur  Vorfügung 
stehenden  geläufigen  TJntersuchungsmethoden  gründlich  zu  schulen 
mid  mit  einer  eingehenden,  aUe  vorkommenden  Fälle  gründlich  be- 
rührenden Instruction  auszurüsten  sein  würden.  Auf  ihre  ControUü 
hätte  dann  stets  noch  die  wirkUch  fachmännische  seitens  eincH 
Nahrungsmittel-Chemikers  zu  folgen  (städtischer  Angestellter  an  der 
Spitze  eines  städtischen  TJntersuchungsamtes).  —  Eine  Enquete  von 
Pachmännem  hätte  die  Grenzwerthe  für  die  maassmöglichen  Be- 
standtheile  resp.  fiir  die  Marktfähigkeit  der  einzelnen  Rahm-  und 
Milcbsorten  festzulegen.     Conser\''irende  Zusätze   zur  Milch  seien  zu 


632 


Wemich. 


Hygiene  der  verbieten,  das  Pasteurisiren  dagegen  zu  gestatten,  vielleicht  zu 
Milch,  fördern.  Schüler  sollten  in  den  Schulen,  das  Publicum  durch  die 
Presse  in  steter  Wiederholung  darauf  geführt  werden,  nur  gekochte 
Milch  zu  gemessen.  Für  die  Säuglingsemährung  sollten  humanitäre 
Vereine  etwa  in  der  Weise  Sorge  tragen,  dass  sie  sterilisirte  Milch 
zu  den  der  unbemittelten  Erlasse  geläufigen  Preisen  abgeben  Hessen. 
Aber  auch  Belehrungen  über  Beinhaltung  der  Geschirre  etc.  müssten 
hier  gewissermassen  erziehlich  mitwirken.  Beim  Milchverkaufen 
durch  kleine  Betriebe  wäre  die  Beschränkung  einzuführen,  dass  die 
Müch  —  zur  Verhütung  der  Verpanschung  und  der  Weiterbehand- 
lung an  unreinen  Orten  —  nur  in  geschlossenen  Behältern  zugeführt 
und  gehalten  würde. 
Rubner,  Rubner  (Hyg.  Bundschau  Nr.  22).     Notiz  über  die  Unter- 

scheidung gekochter  und  ungekochter  Milch. 

Eine  „Verbesserung  bei  den  Vorrichtungen  zur  Herstellung 
A.  Stutzer,  sterilisirter  Milch"  sieht  Stutzer  (Hyg.  Bundschau  Nr.  24)  in 
einem  anderweitigen  rationellen  Ersatz  der  Verschlussvorrichtungen 
mit  Gummi.  Für  die  Au&ahme  riechender  Stoffe  ist  die  Milch  sehr 
empfindlich;  schon  beim  Beginn  der  Erhitzung  nimmt  sie  den 
Gummigeschmack  an,  noch  mehr,  sobald  Dämpfe  aus  der  Milch  im 
Maschenhalse  kreisen,  den  Gummiverschluss  berühren  und  verdichtet 
in  die  Müch  zurückfliessen.  Die  Einschaltung  eines  Aluminium- 
ventils vor  der  Gummikappe  wäre  im  Stande,  den  Missständen  vor- 
zubeugen, da  ein  solches  leicht  genug  ist,  sich  während  des  Sterili- 
sirens  spontan  zu  heben  und  die  Dämpfe  austreten  zu  lassen. 

A.  Stutzer  (Vortr.  in  d.  25.  Generalversamml.  d.  Niederrh. 
Vereins  f.  öffentl.  Gesundheitspfl.,  Bonn).  Die  Milch  als  Kinder- 
nahrung und  Vorschläge  zu  einer  neuen,  den  Eorderungen  der 
Hygiene  und  Volkswirthschafb  besser  entsprechenden  Verkaufsweise 
der  Milch. 
Backhaus.  Backhaus  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  26  u.  27).    Ueber  Her- 

stellung von  Kindermilch.    (Vergl.  auch  die  im  Abschnitt  „Kinder- 
krankheiten" über  Milch  handelnden  Arbeiten.) 


6.  Hygricn«  des  schulpflichtigen  Kindesalters. 

Schulränme,         In  geschlossenen  Schulräumen  stellten  Buete  und  Enoch 

Ruete,        (Münch.    med.    Wochenschr.,    21.   u.   28.  Mai)   bacteriologische 

Untersuchungen  an.     Das  Minimum  der  vorgeftmdenen  Keime 

belief  sich   auf  1500,   das  Maximum  auf  3000000  im  Cubikmeter. 

268000  Keime  im  Cubikmeter   SchuUuft  dürften  den  Durchschnitt 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  633 

bilden.  Weshalb  so  angemein  verschiedene  Ergebnisse  erhalten 
wurden,  vermögen  Verff.  nicht  zn  erklaren.  (£s  handelte  sich  nm 
winterliche  Untersuchungen.)  18  Bacterienarten  wurden  isolirt  und 
gezüchtet.  Mit  einem  pathogenen  Bacülns  wurden  Yerimpfungen 
angestellt,  die  bei  verschiedenen  Yersuchsthi^-en  schwankende  Re- 
sultate ergaben. 

Die  hygienischen  Anforderungen  an  ländliche  Schulen 
suchte  Solbrig  (Frankfurt  a.  M.)  zu  fisiren.  Seine  Abhandlung  Solbrig, 
berücksichtigt  nur  ländliche  Schulen.  In  ihrer  ersten  Hälfte  enthält 
sie  die  Anforderungen,  welche  die  Gesundheitspflege  an  den  Bau 
imd  die  innere  Einrichtung  der  Schulgebäude  und  an  die  Ertheilung 
des  Unterrichts  zu  stellen  hat,  in  der  zweiten  gibt  sie  für  vier  Kreise 
im  Kegierungsbezirke  liegnitz  eine  Beschreibung  der  Schulverhält- 
nisse ähnlich  derjenigen,  welche  vor  zwei  Jahren  zuerst  Langer- 
hans fiir  den  Kreis  Hankensbüttel  geliefert  hat.  Die  übersicht- 
liche und  erschöpfende  Darstellung  dürfte  denjenigen  Collegen  wül- 
kommen  sein,  welche  ländliche  Schulen  zu  revidiren  haben. 

Zur  Schulhygiene  in  Rumänien  äussert  sich  Felix  (Zeitschr.  f.  Felix. 
Scbulgesundheitspfl.  Nr.  12)  in  mehrfach  kritischen  Bemerkungen.  Nicht 
genügende  Ventilation  und  zu  seltene  Reinigung,  nicht  mustergültige  Zu- 
stände in  manchen  Internaten  bilden  die  Hauptpunkte.  Dazu  fehlt  es  an 
Erfüllung  des  Programms  der  Haushaltungslehre,  welche  vielfach  nur  auf 
dem  Papier  figurirt  Die  nämliche  Klage  wie  in  Deutschland,  dass  die  un- 
bemittelten Mädchen  ohne  jede  Ausrüstung  mit  nützlichen  Kenntnissen  in 
das  practische  Leben  treten,  wird  auch  dort  gehört.  Lehrcurse  für  Haus- 
haltung, Hauswirthschaft ,  Kochkunst,  Wäschereinigen  etc.  sind  dringend 
zu  fordern. 

Abbildungen  für  den  hygienischen  Unterricht  in  Schulen 
bespricht   Otto   Janke    (Zeitschr.   f   Scbulgesundheitspfl.   Nr.  11).  Unterriohts- 
Eine  Grösse,   um  alle  Details  zu  erkennen,   Tafeln,   die  nur  le  ein      ^®.^V^' 

'  ^  ^  '  '  «*  Stande, 

Object  bringen,  Colorirung,  nichts  Unschönes  oder  Verletzendes  dar-  o.  Janke 
zustellen:  das  wären  die  an  anatomische  Abbildungen  zu  stellenden 
Torderungen,  für  deren  Erfüllung  einige  neuerdings  erschienene 
Werke  (Fiedler,  Wenzel,  Klika,  Ebenhöch)  als  Beispiele  an- 
geführt werden.  Für  anschauliche  Belehrung  auf  einem  anderen 
•wichtigen  Gebiet  werden  Kalle's  Nahrungsmitteltafeln  als  Beispiel 
aufgeführt. 

Eine  Schulüberbürdung  ia  ziemlichem  Maass  als  wirklich 
vorhanden  anzuerkennen,  zeigt  sich  Lagneau  (Du  surmenage  intel- 
lectuel  dans  les  ecoles  et  de  la  nervosit6.    Ann.  d'hygi^ne  publ.  etc., 


634 


Wemich. 


bärdang, 
LagTieau, 


Jä^er, 


Eulenborg, 


Schttiüber-  FövT.)  durchaus  geneigt.  Dmi  zufolge  sind  Nervosität,  Neurasthenie, 
Geisteskrankheiten  als  Folgen  unverkennbar.  Auch  den  körperlichen 
Störungen  zeigt  er  volle  Beachtung;  die  Prüfung  der  Abhülfen  ist 
etwas  im  Tone  gar  zu  allgemeiner  Betrachtungen  gehalten. 

Jäger  (Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  öff.  Gesundheitspfl.  Nr.  26 
u.  27).  Schulhygienische  Untersuchungen  zur  Beurtheilung  der 
Ueberbürdungsfrage. 

Noch  einmal  „Zur  Schulüberbürdung"  äussert  sich  Eulen- 
burg (Deutsche  med.  Wochenschr.,  28.  November),  und  zwar  specieU 
zu  dem  Verhältniss  zwischen  Unterrichtspausen  und  Ermüdung  und 
körperlichen  Belastung  durch  das  Hin-  und  Herschleppen  der  Schul- 
bücher. 4175 — 5200  g  werden  tagtäglich  mehrere  Male  auf  dem 
Bücken  lljähriger  Knaben  transportirt,  die  dadurch  förmlich  zu 
Schleppkulis  herabgedrückt  werden.  Auch  die  schlecht  abgestimmten 
Verhältnisse  der  Stundenpläne  zu  dem  Confirmandenunterrichtsbesuch 
und  die  unpractische  Legung  der  Sommerferien  werden  in  den  Be- 
reich dieser  Kritik  gezogen. 


Schulbank- 
frage, 

F.  Dornblüth, 
Goetze, 

Rettig, 


F.  Dornblüth  (Zeitschr.  f.  Schulgesundheitspfl.  Bd.  8,  S.  154). 
Goetze's  Sitz-  und  Stehschulbank. 

Goetze  (Nochmals  meine  Sitz-  und  Stehschulbank.  Zeitschr.  f. 
Schulgesundheitspfl.  Bd.  8,  S.  271). 

W.  Rettig's  neue  zweisitzige  Schulbank  (Verlag  d.  Leipz. 
Lehrmittelanstalt)  hat  keine  beweglichen  Theile  und  beansprucht 
keine  grössere  Saaltiefe  als  die  der  mehrsitzigen  Bänke.  Es 
wird  dies  dadurch  erreicht ,  dass  die  Pultbreite  120  cm  hält ,  die 
Sitzbreite  für  die  Person  nur  36  cm ,  so  dass  auf  jeder  Seite  des 
Sitzes  12  cm  frei  bleiben  und  dem  Zwischengange  zu  Oute 
kommen,  dass  die  Stirnwand  der  Bank  nicht  am  Ende  der  Pult- 
platte, sondern  am  Ende  der  Sitzbank  angeordnet  ist  und  dass 
endlich  die  Pultplatte  für  einen  Schüler  bei  dieser  Bank  ohne 
Nachtheil  um  2  cm  verkürzt  werden  konnte.  Die  Bank  ist  femer 
am  Boden  derartig  befestigt,  dass  sie  umgelegt  und  dadurch  der 
Saalboden  für  die  Reinigung  freigelegt  werden  kann.  Die  Be- 
festigung wird  auf  der  vom  Eenster  abgewendeten  Seite  durch  zwei 
Gelenkstücke  mittels  Schlüssels  auf  einer  am  Boden  festgeschraubten 
Schiene  bewerkstelligt;  die  Umlegung,  welche  bequem  eine  Person 
besorgen  kann,  erfolgt  um  die  Längsaxe  des  Zimmers.  Ausserdem 
hat  die  neue  Bank  einen  durchbrochenen  Rost  zum  Aufsetzen  der 
Füsse,  der  bei  allen  Grössennummem  19,5  cm  über  dem  Boden  steht, 
sie  ist  nach  deutschem  System  erbaut  und  mit  engem  Lehnenabstand 


Oeffentliches  Gesondheitswesen.  635 

• 

und  schmaler  Sitzbank  versehen.  Ob  die  zahlreichen  Vorzüge  des 
Systems  in  pädagogischer,  banlicher,  wirthschaftlicher  und  saniUlrei' 
Beziehung,  welche  der  Verf.  am  Schlüsse  seiner  lesenswertheu  Bro- 
schüre aufzählt,  ihatsächlich  vorhanden  sind,  das  kann  nur  der  Ver- 
such lehren. 

A.  Hermann   (Zeitschr.  f.  Schulgesundheitspfl.  Bd.  8,   S.  518   A  Hennimu. 
bis  520).     Ein  zum  Sitzen  imd  Stehen  eingerichtetes  Schulpult 
mit  aufklappbarem  Tischblatt,  Sitz>  und  Fussbrett. 

Einige  Worte  über  die  Kinderheilstätten  an  den  deutschen 
Seeküsten    veröffentlicht    M.  Salomon,    der    Generalsecretär    des    Vertohip 
Unternehmens  in  der  Zeitschr.  f.  Krankenpfl.  (Nr.  8).     Er  geht  auf  j..    ig^^Klii 
die  Transporte,  die  Dauer  der  Curperiode  (6  Wochen),  die  Kosten-     Btation, 
frage  und  die  Curerfolge  näher  ein.  ^*  ftÄlüiwon. 

Ueber  die  dauernden  Erfolge  der  Feriencolonieen  verbreitet 
sich  ein  ausfuhrlicher  Bericht  von  Goepel  (Deutsche  Vierteljahrs-  Feri«»- 
Schrift  f.  off.  Gesundheitspfl.  Bd.  27,  H.  2).  Auf  einen  lOjährigen  ""^^J^"  [,«""' 
Zeitraum  erstreckten  sich  die  auf  363  —  besonders  jüngere  —  Kinder 
bezüglichen  Beobachtungen.  Aus  den  Messungen  und  Wägungen 
der  Colonisten  im  Vergleich  zur  gleichaltrigen  sonstigen  Jugend  (sie 
sind  in  der  Arbeit  durch  Curven  veranschaulicht)  ergibt  sich  als 
eine  Einwirkung  der  Ferienaufenthalte  eine  Zunahme  der  Körper- 
lange und  des  Körpergewichts  über  den  Durchschnitt  hinaus.  Hier- 
bei wurden  die  Altersperioden  absichtlich  nicht  mit  eingerechnet, 
in  welchen  eine  raschere  Entwicklung  ohnehin  normalerweise  auf- 
zutreten pflegt.  Bereits  zurückgebliebene  Kinder  näherten  sich  den 
normalen  wieder  unter  Einfluss  der  Ferienaufentlialte.  So  laochte 
deren  Wirkung  der  Verf.  ansehen  wie  einen  AccuiiiulÄi<<;r  d«r 
„Wachsthumsenergie",  der  Kraft  zur  Anbildung  von  Organg^i weJxj. 
Was  die  am  günstigsten  beeinflussten  fehlerhaften  Conntitutiuneu 
und  Körperconstitutionen  betrifft,  so  möchte  Goepel  aln  HtArAm 
nennen:  körperlich  Zurückgebliebene,  allgem^ein  schwäch! i<;lj  (j<; baute 
(mit  oder  ohne  Scrophulose),  mit  Bpitzenkatarrh  BtihaivaUi  o<i<;r  H*fiiHi 
tubercolöser  Anlage  Verdachtige,  EeconvaleK^^int/j«  von  Ht^iwurtiu 
acuten  Krankheiten.  Dass  eine  grossere  AnzM  ju;^<?jjdji<;h(;r  lü'ij 
viduen  unter  der  Nachwirkung  der  rerieiiaul'<;jjtijLuJur  au<;li  di^;  Kr 
werbsfahigkeit  gewinnen,  darf  kaum  aiige^sweiiWlt  w<:ri-<j<;jj. 

In  seanem  sehr  beachten« werthen  A  uiüuiz  ,.ß  <;  r  u  f  *>  w  a  )i  1    i  -  ij  d 
Sehkraft"*    (Zeitschr.  f.  ScLvJgf;«{imditeitH;.»fi.,  W^i;    mac}jt  Kanfl 
mann  den  Vorschlag,  d^u  aub  Vü!.k*ibob'jleii  Ai>gehendeü  ^^ 


636  Wernich. 

Berufswahl  schein  auszustellen.    An  der  Sehkraft  Geschwächte  sollten  die  Berufe 
„  ^J^^  ,,     als   Feuerarbeiter,  Mechaniker,    Schriftsetzer  etc.  meiden   (s.   auch 

l::S    unter  „Arbeiterhy^e")- 
F.  Dorabiüth.  r.  Dornblüth  (Viertel] ahrsschr.  f.  öflF.  Gesundheitspfl.  Bd.  27, 

H.  1).     Intemats-Erziehung  und  Schulhygiene. 

Zahnpflege,  Ros6  (Zeitschr.  f.  Schulgesundheitspfl.  Bd.  8,  S.  65 — 87).     Die 

Ros6.         Zahnpflege  in  den  Schulen. 

7.  Arbeiterhygieno« 

Ueber  den  Einfluss  der  Arbeitszeit  auf  die  Gesundheit 
der  Arbeiter  im  allgemeinen  hat  sich  in  gründlicher  Weise 
Arbeitszeit  E.  Roth  verbreitet  (Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  öflFentl.  Gesund- 
Gesundheit  heitspflege  Bd.  27,  H.  2).  Die  Arbeitsdauer  muss  um  so  kürzer  sein, 
E.  Roth,  je  anstrengender  —  körperlich  und  geistig  —  und  je  gefährlicher 
die  gewerbliche  Beschäftigung  ist;  —  je  weniger  entwickelt  und  je 
weniger  widerstandsfähig  der  Organismus  des  Arbeiters  ist  (Frauen, 
sowie  jugendliche  Arbeiter  unter  Heraufsetzung  der  Altersgrenze 
für  die  letzteren  auf  das  18.  Lebensjahr);  —  Maximalarbeitsdauer 
von  10  Stimden  (Ausnahmen  für  solche  Betriebe,  welche  eine  genaue 
Umgrenzung  der  Arbeitszeit  nicht  zulassen);  —  Einschränkung  der 
Ueberstundenarbeit ;  —  Vor-  und  Nachmittagspausen  für  jugendliche 
Arbeiter  mit  Ausfüllung  durch  Turn-  und  Bewegungsspiele ;  —  auch 
für  erwachsene  Arbeiter  ausser  1  stündiger  Mittagspause  noch  Arbeits- 
unterbrechungen einer  4fltündigen  ununterbrochenen  Arbeitsdauer 
und  einer  mehr  als  8stündigen  Tagesarbeit.  Auf  Hausindustrie  und 
Handwerk  wären  ähnliche  gesetzliche  Schutzmaassnahmen  zu  er- 
strecken. 

Arbeiter-  Erst  aus  dem  Jahre  1893  liegen  (Deutsche  med.  Wochenschr., 

kranken-     21.  März),  den  umfangreichen  Vorarbeiten  entsprechend,  die  Ergeb- 

rung  in      nisse  der  Arbeiterkrankenversicherung  in  Berlin  vor.     Die 

Berlin,      niedrigsten   ErkrankungszifPem  weisen   auf:    die   Gastwirthsinnung 

A^r^  toltedt  ^^''^)'    ^^®  Schneider  (14,7  °/o),   die  Weber  (16,9  ^/o).     Die  meisten 

Berlin.       Kranken  hatten  zu  verpflegen :  die  Pferdebahn-Krankenkassen  (96,4, 

resp.  8B,5  ®/o  der  Angestellten),  die  Steinsetzer  (71,3  °/o),  die  Städtische 

Parkdeputation  (63,9 °/o).     Die  höchsten  Sterbeziffern  lieferten:   die 

Glaser  (2,17  */o),  die  Dachdecker  (2,11  ®/o),   die  Cigarrenmacher  (mit 

2,04  °/o).    Die  weiblichen  Kassenmitglieder  lieferten  allgemein  einen 

etwas  niedrigeren  Zugang  der  absoluten  Zahl  nach,  beanspruchen 

aber  durchschnittlich  3,67  Tage  mehr  zur  Heilung  als  die  Männer. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  637 

Als  Berufe,   die   von  solchen  jungen  Leuten  ergriffen  werden 

sollten,   bei   denen   eine  Schwächung   der  Sehkraft  anlässlich  des 

Schulabganges  attestirt  wird  (s.  vorigen  Abschnitt),  bezeichnet  Ka uff-     Sehkraft 

mann  die  Beschäftigung  als:  Landwirth,  Gärtner,  Gastwirth,  Bäcker,  „     V^    ^i 

.  .  p.      ,.  '  Berufswahl, 

Küfer,  Schweizer  (Molkereiberuf),  die  Wäschebranche,  Pferde-  und     Kauffinann. 
Viehzucht,  Vertrieb  von  Landes-  und  Rohproducten,  Mälzerei  und 
einige  ähnliche. 

Hinsichtlich  der  viel  ventilirten  Frage:  Unter  welchen  Voraus- 
setzungen sind  die  sog.  Ueberanstrengungen  des  Herzens 
directe  oder  indirecte  Folge  eines  Betriebsunfalls?  (Monatsschr.  f. 
Unfallbeilkunde  Nr.  8)  gelangt  Schindler  nach  seinen  Ermittlungen       ü e b e r- 

dazu,  nach  der  Terminologie  von  Fräntzel  anzunehmen,  dass  lieber- » i» s t r e n g u n g 
^  ...  des  Herzens, 

anstrengungen  des  Herzens  nur  diejenigen  Veränderungen  des  letz-     Schindler. 

teren  genannt  werden  sollten,  welche  unmittelbar  nach  einer  ein- 
maligen oder  in  kurzen  Zwischenräumen  mehrmals  erfolgten,  be- 
stimmt nachweisbaren  ausserordentlichen  Kraftanstrengung  entstehen 
und  sofort  zur  Arbeitseinstellung  infolge  der  stürmischen  Herzthätig- 
keit  und  grössten  Athemnoth  zwingen.  Diese  Herzveränderungen 
erfüllen  den  Begriff  des  Betriebsunfalles. 

Dagegen  sind  hierher  nicht  zu  rechnen  und  sind  keine  Be- 
triebsunfälle jene  als  selbständige  Ermattung  des  Herzens 
zu  verstehenden  Veränderungen,  welche  nach  gewohnheitsmässigen, 
jahrelang  hindurch  fortgesetzten  Kraftleistungen  imd  schwerer  Arbeit 
sich  einstellen,  ob  auch  immerhin  plötzlich.  Denn  dass  auch  solche 
sehr  acut  (seltener  allmählich)  bei  Gelegenheit  der  gewöhnlichen 
Arbeit  nach  Jahren  —  also  ohne  Unfall  —  in  die  Erscheinung  treten 
können,  ist  erwiesen. 

Li  der  Monographie  von  Magnus:   Die  Einäugigkeit  in  ihren    Einäugig- 
Beziehungen  zur  Erwerbsfähigkeit   (Breslau),   findet  man  alle  Be-     ^  ^**  ^u  ^ 
Ziehungen  der  Einäugigkeit,   sei  es  nach  der  Seite,  wie  und  wann    fähigkeit, 
der  Defect  zu  Stande  kommt,  sei   es,   wie   er   ertragen  (sozusagen       Magnus, 
überwunden  und  compensirt)  wird  oder  in  wie  hoher  Quote  er  zum 
Berufswechsel  treibt,   vollständig   erschöpft  und   ausgetragen.     Der 
gesammte  Verlust,  den  der  einäugig  Gewordene  erleidet,  setzt  sich 
aus  der   Schmälerung  des  Jahresverdienstes  und  der  Schmälerung 
der  Concurrenzfahigkeit  zusammen.     Wechselt  aber  der  Betroffene 
seinen  Beruf  (gewöhnlich  Eisenbranche),    so  verliert  er  noch  an- 
nähernd das  Doppelte  mehr,   als  wenn  er  seinen  Beruf  beibehält. 
Hierzu  ist  um  so  mehr  zu  rathen,  als  die  in  den  ersten  Zeiten  nach 


638 


Wemich. 


Eintritt  der  Einäugigkeit  vorhandenen  optischen  Störungen  (mon- 
oculärer  Sehact)  später  vom  Einäugigen  hesser  heherrscht  werden. 
Inwieweit  dies  geschehen,  muss  durch  eine  erneuerte  Untersuchung 
—  etwa  1  Jahr  nach  dem  Heilvorgang  —  eruirt,  dann  auch  erst 
die  Beute  fiir  den  Unfall  endgültig  festgestellt  werden. 

Prophylaxis  Havas    (Die   Prophylaxis    der    venerischen    Krankheiten 

^f  ,       unter  den  Arbeitern.    Vortrag,  gehalten  auf  dem  8.  internationalen 
veneriscnen  ^'    ^  ^ 

Krankheiten,  Congress  für  Hygiene  und  Demographie  zu  Budapest.  Wiener  med. 
Havas.       Presse  Nr.  32). 


Milzbrand, 
A.  Lewin, 

H.  Eppinger. 


Schwind- 
sucht der 
Arbeiter, 
Sommerfeld. 


A.  Lewin  (Ueber  den  Milzbrand  beim  Menschen.  Centralbl. 
f.  Bacteriol.  Bd.  16,  Nr.  17  u.  18). 

H.  Eppinger  (Die  Hadernkrankheit,  eine  typische  Inhala- 
tions-Milzbrandinfection  beim  Menschen  unter  besonderer  Berück- 
sichtigung ihrer  pathologischen  Anatomie  und  Pathogenesis.  Jena 
bei  G.  Fischer,  1894). 

Ueber  Schwindsucht  der  Arbeiter,  ihre  Ursachen,  Häufig- 
keit und  Verhütung  stellte  Th.  Sommerfeld  (Zeitschr.  d.  Central- 
stelle  f.  Wohlfahrtseinrichtungen  Nr.  12 — 18)  eine  Reihe  beachtens- 
werther  Thatsachen  zusammen. 


Antheil  von  SchwindsuchtstodesfWen  an 


1000 
SterbeÜUlen 


Berufe  ohne  Staubentwickelung 

Berufe  mit  Staubentwickelung 

und  zwar  Berufe  mit  Entwickelung  mineralischen 
Staubes 

metallischen  Staubes 

von  Kupferstaub 

von  Eisenstaub 

von  Bleistaub 

organischen  Staubes 

von  Leder-  und  Fellstaub 

von  Wolle-  und  Baumwollestaub 

von  Holz-  und  Papierstaub 

von  Tabakstaub 

Durchschnitt 
MännUche  Bewohner  Berlins  über  15  Jahre    .     . 


4,98 


381,0 
480,0 

403,43 

470,58 

520,5 

403,7 

501,0 

537,08 

565,9 

554,1 

507,5 

598,4 


478,9 


332,8 


Oeifentliches  Gesundheitswesen.  639 

Ueber  Schleifer,  Feilenhauer,  Steinmetzen,  Steinbildhauer,  Glas- 
arbeiter, Porzellanarbeiter,  Kalköfenarbeiter,  Gipsöfenarbeiter,  Achat- 
schleifer, Diamantschleifer,  Kohlenbergwerksarbeiter,  Bäcker,  Müller 
finden  sich  für  den  Specialinteressenten  noch  weitere  nicht  nnwesent- 
liche  Daten.  Die  Mittel,  der  grossen  Schwindsuchtssterblichkeit  ab- 
zuhelfen, werden  gefunden  in  Vorsicht  bei  der  Berufswahl,  guter 
Ventilation,  grossen  Arbeitsräumen,  Staubverhütung,  Reinlichkeit, 
Beachtung  der  Cornet'schen  Spuckvorschriften,  Sanatorien. 

Den   Berufskrankheiten   der   Buchdrucker  hat   Hei- Krankheiten 
mann  (Conrad's  Jahrb.  f.  Nationalökonomie  und  Statistik  Bd.  10)     der  Buch- 
eine  neue  Darstellung  gewidmet.   Rheumatismen,  die  häufige  Krank-    q.  Heimann, 
heitserscheinungen  sind,  dürften  (ebenso  wie  Magenkrankheit,  Nerven- 
leiden)   als  Theilerscheinungen   der  Bleikrankheit   zuweilen   gelten. 
Doch   wird  die  Häufigkeit   der  letzteren   gegenwärtig  etwas   über- 
schätzt.   Auch  die  Differentialdiagnose  sowohl  der  Neurasthenie  als 
des  Alkoholismus   gegenüber  den  Bleieinwirkungen  ist  nicht   ohne 
Schwierigkeiten.  Auf  die  Augenerscheinungen  wie  auf  die  Krampf- 
adem geht  die  Arbeit   näher  ein.    Die  Disposition  zu  Tuberculose 
ist  durch  das  Vorhandensein  von  Bleistaub  erheblich  gesteigert.   Die 
Schädlichkeit  desselben  —  auch  sofern  er  durch  ungereinigte  Hände 
und  mit  denselben  eingeführte  Speisen  in  die  Verdauungsorgane  ein- 
geführt wird  —  kann  durch  Staubabsaugung  und  Reinlichkeit  be- 
deutend verringert  werden. 

Folgende  Vorschriften  und  Regeln  für  die  Ziegeleiarbeiter  be- 
gründet Dr.  H.   Berger  (Die  Gesundheitsverhältnisse   der     Hygiene 
Ziegeleiarbeiter.     Sep.-Abdruck  aus   d.   Deutschen  Vierteljahrs-     arbeiter, 
Schrift  f.  öfFentl.  Gesundheitspfl«  Bd.  17,   H.  1)  nach  der  Einsicht,     H.  Berger. 
welche  er  in  die  Technik  des  Ziegeleibetriebes  gewann,  in  seiner 
Arbeit  näher: 

,  An  Krämpfen  jeder  Art  Leidende  und  Trunksüchtige  sind  in  Ziegeleien 
wegen  der  Gefahr  von  Verletzungen  durch  mechanische  Gewalt  nicht  zu 
beschäftigen.  Arbeitsuchende  schwacher  Constitution,  mit  schwacher  Brust, 
überhaupt  solche,  deren  Gesundheit  nicht  sicher  ist,  sind  vor  der  Annahme 
thunlichst  ärztlich  auf  ihre  Gesundheit  zu  untersuchen  und  eventuell  ab- 
zuweisen, wenn  sie  der  Gefahr  von  Lungenerkrankungen  in  besonderem 
Maasse  ausgesetzt  zu  sein  scheinen.  Den  Arbeitern  ist  wöchentlich  zweimal 
Mittags  Fleischkost  zu  beschaffen.  Auf  Ziegeleien  ist  für  Beschaffung  guten 
Trinkwassers  Sorge  zu  tragen.  Die  Arbeiter  sind  anzuhalten,  zweimal 
monatlich  ein  Bad  oder  eine  Douche  zu  nehmen,  entweder  in  einem  nahen 
freien  Gewässer  oder  in  einer  Badeeinrichtung  der  Ziegelei.    Eine  Dampf- 


640  Wemich. 

Hygiene  derbadeeinrichtung  empfiehlt  sich  besonders  wegen  der  häufigen  rheumatischen 
Ziegelei-  Affectionen  der  Ziegler.  Die  Schlaf  räume  sollen  mindestens  12  cbm  Luft- 
arbeiter, yg^m^  uji^j  4  qm  Bodenfläche  für  den  Mann  gewähren,  die  Zahl  der  in  einem 
Räume  zulässigen  Bewohner  ist  behördlich  zu  fixiren,  der  Standort  der 
Betten  ist  thunlichst  zu  markiren,  jeder  Arbeiter  soll  ein  Bett  für  sich 
haben,  das  Uebereinanderstellen  der  Betten  ist  verboten.  Für  jeden  Schlaf- 
raum ist  einer  der  Arbeiter  als  Aeltester  zu  bestimmen,  welcher  für  Ord- 
nung zu  sorgen  hat  und  für  Unordnung  verantwortlich  ist.  Genügendes 
Waschgeräth  ist  zu  stellen;  Betten,  Fussböden  und  Wände  sind  gehörig 
rein  zu  halten,  auch  die  Fenster  gehörig  zu  lüften,  eventuell  ist  im  Winter 
zu  heizen.  Aborte  müssen  in  genügender  Anzahl  vorhanden  sein  und  rein 
gehalten  werden,  nur  auf  ihnen  darf  die  Nothdurft  verrichtet  werden;  Zu- 
widerhandlungen sind  durch  Ordnungsstrafen  zu  ahnden.  Verbandstoffe 
sind  in  der  Ziegelei  vorräthig  zu  halten,  ebenso  Mittel  zur  Wiederbelebung ; 
ein  Aufseher  soll  mit  den  ersten  Maassnahmen  bei  UnföUen  vertraut  sein. 
Neu  ankommende  Arbeiter  aus  seuchenverdächtigen  Gegenden  sind  in  der 
ersten  Zeit  genau  zu  beobachten.  Bei  Ausbruch  von  Infectionskrankheiten 
ist  sofort  strengste  Isolirung  nothwendig  und  dem  betreffenden  Medicinal- 
beamten  alsbald  Anzeige  zu  erstatten.  Die  Einrichtung  eines  kleinen 
Lazareths  und  für  den  Fall  des  Ausbruchs  ansteckender  Krankheiten  einer 
kleinen  Baracke  empfiehlt  sich  sowohl  im  Interesse  der  Arbeitnehmer  als 
der  Arbeitgeber." 

Kalium-  Eine  kurze,  aber  überzeugende  Darstellung  der  Art  und  Weise, 

Chromat-    ^^  gj^j^  ^^^  ^^j,  Einwirkung  des  Kaliumchromat-  und  Kalium- 
staub,       ,  .    ,  r>t  ' 

Paul  Müller,  bichromatstaubes,  aber  auch  des  verstäubenden  Chlomatnoms 
und  Chlorkaliums  (weniger  Chlormagnesiums)  bei  den  betreffenden  Ar- 
beitern die  perforirenden  Geschwüre  der  Nasenscheidewand  entwickeln, 
gibt  Paul  Müller  (Vierteljahrsschr.   f.   gerichtl.   Med.  u.   öffentl. 

Sanitätswesen  H.  4). 

• 

Argyrie,  L.    Schubert   (Ueber    die   Argyrie    bei   Glasperlenver- 

L.  Schubert.,    süberem.    Zeitschr.  f.  Heük.  Bd.  16). 

Die  Veränderungen  der  Lunge  bei  Steinmetzen  haben  durch 
Steinmetzen- Beck  (Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  u.  öfFenÜ.  Sanitätswesen 
Arno^Bwk.  ^*  ^^  ®"^®  durch  bunt  illustrirte  Bilder  veranschaulichte  Darstellung 
erfahren.  Der  pathologische  Process  nimmt  seinen  Ausgang  von 
den  Lymphge&ssen,  die  durch  dauernde  "Reizung  eine  enorme  Endothel* 
abschilferung,  demnächst  eine  ObUteration  eingehen,  zu  welcher 
letzteren  natürlich  auch  die  eingeathmeten  Steinstaubmassen  bei- 
tragen und  nicht  weniger  die  an  der  unwegsamen  Stelle  sich  stauende 
Lymphe.     Das  Bild   erinnert   in   äusserlicher  Aehnlichkeit    an  die 


Oeffentliches  Gesundheitswesen. 


641 


Tuberkelbildung,  beaonders  da,  wo  die  Heerde  eine  wachsende  Aus- 
dehnung erfahren,  aucli  wo  der  bindegewebige  Einschluss  und  wo  die 
Abkapselung  der  Staubgebilde  bereits  etwas  weiter  vorgeschritten 
ist.  Wird  mehr  und  mehr  eine  ausgiebige  Compression  des  Lungen- 
gewebes herbeigeführt,  so  ist  ausgedehntes  Emphysem  mit  seinen 
ungünstigen  Ausgangen  die  unvermeidliche  Folge. 

tx «* jy i A n A  Hai* 

Bremond  (Note  sur  les  ouvriers  employes  dans  les  raf^eries  petroieum- 

raffinerieen, 
Bremond. 


de  petrole.     Rev.  d'hyg.  Nr.  2,  S.  166—172). 


Aus  einer  Becapitulation  der  bedeutsamsten  Arbeiten  auf  dem  Ge- 
biete der  Bleivergiftungen  möchte  S tu  1er  in  seiner  Abhandlung  Blei- 
(Ueber  die  Bleivergifkmg  der  Maler,  Anstreicher  und  Lackirer.  ^^''^Jl'""^' 
Deutsche  Vierteljahrsschr.  f.  öffentL  Gesundheitspfl.  Bd.  27,  H.  2) 
nachstehende  Forderungen  und  Abhülfemaassregeln  betont  wissen. 
Die  Beschäftigung  mit  Bleifarben  birgt  Gefahren  in  sich  für  den 
unvorsichtigen  und  unsauberen  Arbeiter.  Die  Gefahren  sind  durch 
Beobachtung  folgender  Vorschrifiben  zu  vermeiden:  Das  Abkratzen 
alter  Bleifarben  von  Wänden  und  Gegenständen  darf  nur  nach  vor- 
herigem Aufweichen  durch  Seifenlauge  vorgenommen  werden.  Das 
Schleifen  darf  nur  auf  nassem  Wege  erfolgen.  Die  Stiele  der  Werk- 
zeuge sind  von  anhafbenden  Farbenresten  rein  zu  halten.  Das  Lecken 
am  Pinsel  ist  verboten.  Bei  stäubenden  Arbeiten  sind  Nase  und 
Mund  durch  Vorbinden  reiner  Tücher  zu  schützen.  Nach  Be- 
endigung derselben  müssen  ausser  den  Händen  auch  Haar,  Gesicht, 
Nasenlöcher  abgewaschen  werden.  Hierzu  empfiehlt  sich  neben  dem 
Gebrauch  von  Wasser,  Seife  und  Bürste  eine  wässrige  Lösung  von 
weinsaurem  Ammoniak,  womit  auch  der  Mund  gespült  werden  soll. 
Vor  jedem  G^nuss  von  Nahrungsmitteln  und  Getränken  ist  diese 
Reinigung  vorzunehmen.  Bei  der  Arbeit  darf  nicht  geraucht  werden. 
Die  Arbeit  ist  nur  in  hierzu  ausschliesslich  bestimmtem  Arbeitsanzuge 
zu  verrichten,  der  vor  Beginn  der  Arbeit  anzulegen,  nach  Beendigung 
derselben  auszuziehen  ist.  Bei  jedem,  auch  dem  leichtesten  Unwohl- 
sein hat  sich  der  Arbeiter  an  einen  Arzt  zu  wenden. 

Lehmann  (Ueber  giftfreies  Bleiweiss.  Hyg.  Bundschau  Nr.  21).      Lehmann. 


8.  Hygriene  des  Yerkefers,  der  Gefängrnlssey  der  Krankenanstalten. 

In  dringender  Weise  wird  von  Thomas  (Sanit.  Record,  Nov.  8) 

auf  Einfuhrung  einer  methodischen  Reinigung  und  Inspection  innen 

verschmutzter  und  hygienisch  bedenklicher  Eisenbahnwaggons  hin- 
Jahrbnch  der  practischen  Medicm.    1896.  41 


Eisen- 
bahnen, 
Thomas. 


642  Wernich. 

» 

gewiesen.  Auf  vielen  englischen  Bahnen  ist  keine  Person  für  diese 
Aufgaben  verantwortlich  angestellt,  und  dieselben  werden  demnach 
nicht  in  Angrüf  genommen« 

Schiffe,  Nocht  (Bemerkungen  zur  Schiffshygiene.    Hyg.  Bundschau 

Kocht.  jjj,    14) 

Rettungs-  Die  Apparate  von  der  Bopp^s  zur  Bettung  aus  Wasserge- 

apparate  aus^g^j^j.  (g^j.   ^  Polytechnischen  Gesellschaft)  sind  wiederholt  in  Ham- 

S;;  bürg  in  der  Aussenalster  einem  grösseren  Kreise  von  Sachverständigen 
von  der  Kopp,  mit  bestem  Erfolg  vorgeführt  worden,  unter  anderem  auch  der  See- 
berufsgenoBsenschafb.  Zwei  der  Apparate  bestehen  hauptsächlich 
aus  einem  Gummibeutel,  welcher  mit  einer  MetaUhülse  durch  einen 
kurzen  Gummischlauch  verbunden  ist.  Die  Metallhülse  dient  zur 
Aufnahme  des  Glasfläschchens  mit  Chlormethyl,  letzteres  läuft  in 
eine  feine  Spitze  aus.  Femer  enthält  der  Boden  der  Metallhülse 
die  Zerbrechungsvorrichtung.  Letztere  besteht  aus  einem  Stift, 
welcher  an  einem  Ende  ein  Messerchen  trägt.  Eine  Spiralfeder 
trachtet  das  Messerchen  gegen  die  Glasspitze  zu  treiben  und  diese 
zu  zerbrechen.  Sie  wird  gespannt  gehalten  durch  einen  Papierring. 
Wird  letzterer  nass,  so  tritt  die  Zerbrechungsvorrichtung  augenblick- 
lich in  Wirksamkeit,  [und  das  sofort  verdampfende  Chlormethylgas 
bläht  den  Gummibeutel  auf.  Die  einzelnen  Vorgänge  folgen  einander 
so  rasch,  dass  der  Verunglückte  2  Secunden,  nachdem  er  ins  Wasser 
tauchte,  durch  den  Apparat  getragen  wird.  Gegen]  vorzeitiges 
Nasswerden  des  Binges  durch  Begen,  Sturzseen  etc.  ist  entsprechend 
Vorsorge  getroffen.  Sollte  das  Gas  langsam  aus  dem  Ballon  ent- 
weichen —  was  aber  erst  nach  6 — 8  Stunden  eintritt  — ,  so  kann 
der  Verunglückte  sets  wieder  Lufb  hineinblasen;  zu  diesem  Zweck 
befindet  sich  am  Gummiballon  ein  mit  Hahn  und  Bückschlagsventü 
versehener  Schlauch.  Die  Bettungsapparate,  welche  bestimmt  sind, 
am  Körper  getragen  zu  werden,  haben  die  Form  einer  Jacke  oder 
eines  grösseren  Opemglasetuis.  An  Stelle  der  selbstthätigen  Zer- 
brechungsvorrichtung kann  bei  den  beiden  Apparaten  auch  eine 
solche  benutzt  werden,  welche  erst  durch  den  Druck  auf  einen  Knopf 
in  Thätigkeit  tritt.  Ein  dritter  Apparat  hat  die  Bestimmung, 
einem  Verunglückten  zugeworfen  zu  werden.  Der  Gummibeutel 
Hegt  zusammengerollt  in  einer  Blechkapsel.  Sobald  letztere  ins 
Wasser  geworfen  wird,  öffiiet  sie  sich  selbstthätig.  Der  Gummi- 
beutel quillt  heraus  und  nimmt  eine  ringartige  Form  an.  Dieser 
Apparat  hat  gegenüber  den  Bettungsringen,  wie  sie  sonst  gebraucht 


Oeffentliches  Gesundheitswesen. 


643 


werden,  den  grossen  Vorzug,  dass  er  viel  kleiner  und  handlicher 
ist,  als  jene,  daher  er  auch  bedeutend  weiter  geworfen  werden  kann. 
Er  besitzt  genügend  Tragfähigkeit  für  zwei  Personen.  Der  Wurf- 
apparat ist  verbunden  mit  einem  selbstthätigen  Leuchtapparat, 
so  dass  er  auch  als  Nachtrettungsboje  benutzt  werden  kann. 

Kolb  (Beobachtungen  über  Tuberculose  in  Gefängnissen. öefängnisse, 
Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Bd.  19,  H.  3).  -    ^*'^^- 


üeber  die  Entwickelung  des  modernen  Krankenhausbaues 
hat  sich  Rubner  (Zeitschr.  f.  Krankenpflege  Nr.  2)  geäussert.  Von  den 
HumanitHtsanstalten  des  Alterthums,  den  mönchischen  Krankenstiftungen, 
wie  den  vermeintlichen  Musteranstalten  der  Renaissancezeit  sind  ent- 
sprechende Beispiele  gegeben  und  der  Wendepunkt  scharf  gekennzeichnet, 
von  welchem  ab  man  lernte  die  zu  stellenden  Forderungen  zu  definiren 
und  zu  begründen  nach  Maass  und  Zahl. 

In  einer  durch  Klarheit  und  Anschaulichkeit  ganz  besonders 
ausgezeichneten  Darstellung  (Zeitschr.  f.  Krankenpflege  Nr.  10  und 
Vortrag  in  der  Deutschen  GeseUsch.  f.  öffentl.  Gesundheitspflege)  hat 
H.  Schmieden  die  Fortschritte  und  Erfahrungen  im 
Krankenhausbau  abgehandelt.  „In  welcher  Art  von  Gebäuden 
sollen  die  Kranken  untergebracht  werden?"  So  hat  die  erste  Frage 
zu  lauten,  die  zweite  dann  sich  der  Nothwendigkeit  von  Absonderungs- 
gebäuden zuzuwenden,  deren  Einstellung  natürlich  den  ganzen  Plan 
wesentlich  beeinflusst.  „Jedes  Land  hat  dabei  seine  Eigenart." 
Aussenwände,  Decken,  Fussböden,  Beheizung,  Treppen,  Verbindungs- 
gänge, ihre  Vortheile  und  Nachtheile  finden  sich  überall  zum  vollen 
Verständniss  gebracht. 


Kranken- 
häuser: 
Kranken- 
hausbau, 
Rubner, 


Schmieden. 


W.  Key  (The  Ventilation  of  hospital  and  the  treatment     flospitai- 
of  infected  air.   Lancet,  11.  Mai,  auch  Sanit.  Record,  17.  Mai).  Ver-  ''®^' ^^y''''' 
schiedene  Methoden,  um  den  Luftwechsel  in  Ej*ankensälen  zu  be- 
schleunigen. 

Zur  Lösung  des  schwierigen  Problems  des  Krankentransports, 
speciell  in  dem  Sinne,  dass  in  Grossstädten  aufaahmebedürftige  Kranke 
nicht  wegen  Ueberfüllung  a  limine  zurückgewiesen  und  auf  die  Suche 
gefahren  werden,  hat  J.  Schwalbe  (Deutsche  med.  Wochenschr.,  Kranken- 
25.  Juli)  für  Berlin  den  Vorschlag  gemacht,  in  den  Polizeirevieren  j^g^^^,^^*' 
Tafeln  aufzuhängen,  die  mit  dreimal  täglich  zu  berichtigenden  Zahlen- 
angaben der  in  den  wichtigsten  Krankenhäusern  freien  Betten  aus- 
zustatten wären  —  etwa  durch  Vermittelung  einer  telephomschen 


644  Wemich. 

Centsralstation.     Die  Prüfung  des  Projects  befindet  sich  noch  in  der 
Schwebe. 

städtische  Ein  wichtiges  Specialgebiet  wird  von  v.Ziemssen  beschritten, 

Reconvaies-  ^^enn  er  sich  (Zeitschr.  f.  Krankenpflege  Nr.  3)  über  die  Bedeu- 
anstaiten  ^^^g  städtischer  Reconvalescentenanstalten  auslässt. 
V.  Ziemssen.  Von  den  Gefahren,  welche  den  Genesenden,  so  lange  sie  sich  in  den 
Krankenhäusern  aufhalten,  in  Gestalt  der  Infectionen  drohen,  wird 
ausgegangen,  aber  auch  dargethan,  wie  mangelhaft  in  so  manchen 
Lebenslagen  für  den  Genesenden  fürgesorgt  ist,  der  in  schnellem 
XJebergang  aus  dem  Schutz  des  Krankenhauses  entlassen  wird.  Das 
Krankenversicherungswesen  wirkt  ohne  Heimstätten  für  Genesende 
kaum  halb.  Die  Reihenfolge  der  gerade  diese  Pflege  Beanspruchen- 
den dürfte  (vom  Dringlichsten  angefangen)  sein:  acute  Krankheiten, 
Verletzungen  (auch  die  durch  Operationen),  Wochenbett,  dann  von 
den  chronischen  Leiden  die  Ernährungsstörungen ;  chronische  Nerven- 
leiden. Auszuschliessen  wären:  Geisteskrankheiten,  Epilepsie,  An- 
steckungskrankheiten (S3rphilis),  ekelerregende  Haut-  (auch  chirur- 
gische) Krankheiten,  übelriechende  Affectionen,  acuter  und  chronischer 
Alkoholismus.  lieber  die  Vorzüge  städtischer  und  ländlicher  Re- 
convalescentenanstalten lässt  sich  noch  discutiren. 


B.  Bekämpfung  der  Infectionskrankheiten. 

1.  AUgremeine  Maassnahmen. 

Sanit&ts-  Mitscha,   lieber   die   Organisation    des    öffentlichen 

J*^*         Sanitätsdienstes  in  Oesterreich,     (Hygien.  Rundschau  Nr.  23). 
Mitscha,     '         ^^^  Gedanken,  die  in  Preussen  von  den  Gemeinden  zu  besolden- 
den Communalärzte  zur  Bekämpfung  der  seuchenartigen  Krank- 
heiten mehr  heranzuziehen  als  bisher,  regte  E.  Roth  an  (Deutsche 
E.  Roth,      Vierteljahrsschr.   f.   öfPentl.  Gesundheitspflege  Bd.  27,  H.  3).     Beim 
Vertrage  müssten  nicht  bloss  die  armenärztlichen  Functionen,  sondern 
Mitwirkungen  sanitätspolizeilichen   Charakters   aller   Art,    auch  die 
Schulgesundheitsaufsicht  gefordert  und  entsprechend  honorirt  werden. 
Hambaiger  Unter  den  allen  sich  in  Hamburg  niederlassenden  Aerzten 

Senat.  statutarisch  auferlegten  Pflichten,  wie  sie  vom  1.  Januar  1895  an 
beobachtet  werden  müssen  und  eventuell  mittels  hoher  Geldstrafen 
(bis  zu  1000  Mk.)  eingeschärft  werden,  befinden  sich  —  als  in  Be- 
ziehung zu  diesem  Abschnitt:  1.  alle  Fälle  ansteckender  Krank- 
heiten auf  dem  Medicinalbureau  zu  melden ;  2.  Todesbescheinigungen 


Oeffentliches  Gesimdheitsweseii.  645 

auszustellen;  3.  von  jedem  fnr  emen  Geisteskranken  ausgestellten 
Aufiaahmeattest  der  Polizeibehörde  ohne  Verzog  Anzeige  zu  machen ; 
4.  über  die  unter  seiner  Leitung  stattgehabten  Entbindungen 
allwöchentlich  der  Aufsichtsbehörde  für  die  Standes- 
ämter durch  Einsendung  der  Geburtsbescheinigungen  Anzeige 
zu  machen. 

In  Berlin  endigten  die  Vorarbeiten  für  die  Anstellung  vouGesandheits- 
G  esun  dh  ei  ts  auf  Sehern   (welche  für  Becherchen  und  Bericht-  aufseher, 
erstattungen  über  ungesunde  Wohnungen^  Haltekinder,  Ausbrüche  an-  General- 
steckender Krankheiten  angestellt  werden  sollten)  mit  der  definitiven  Sanitäts- 
Weigerung    der    Stadtbehörden,    subalterne    Beamte    mit    so    aus-  B«"*^^*- 
gedehnten  Befugnissen  in  die  Wohnungsverhai tn isse  der  Bürger  ein- 
dringen zu  lassen. 

Sanitary   Inspectors:    their    general    powers    and    duties Gesundheit s- 
(Gegenstände  der  systematischen  Haus-zu-Haus-Inspectionen  [Sanit.  .  *e^**i^*^j 
Record  Nr.  29]).  '"^    °^  *°  ' 


England. 


In  England  macht  die  Durchfuhrung  der  Anzeigepflicht  im  Anzeige- 
Sinne  der  „Infectious  disease(notification)act^  Schwierig-  ^^^^J^i^Vh^ 
keiten  (Lancet,  19.  Jan.).  Schon  der  Begriff  Ausbruch  (sc.  einer 
„gefahrlichen  Seuche^),  an  welchen  die  Verpflichtungen  des  Medical 
of&cer  of  health  überall  angeknüpfib  werden,  kann  verschieden  ge- 
deutet werden  und  wird  thatsächlich  umstritten.  Die  Zahl  der 
Reisen  und  Besuche,  durch  welche  der  Beamte  zu  seinen  Pest- 
stellungen und  Ordres  gelangt,  scheint  weiter  ia  Frage  gestellt  zu 
sein;  auch  viele  Anordnungen  und  Verbote  scheinen  zu  Misshellig- 
keiten gefuhrt  zu  haben.  Selbst  ob  der  Medical  officer  unbedingt 
nöthig  habe,  das  Krankenzimmer  eines  Infectionskranken  selbst  zu 
betreten,  wurde  Gegenstand  von  Zweifeln.  Die  vollständige  Har- 
monie zwischen  dem  beamteten  und  dem  behandelnden  Arzt  wird 
als  nothwendig  gefordert,  scheint  aber  nicht  überall  gesichert  zu 
sein.  Als  einer  der  Hauptübelstände  wird  die  Multiplicität  der 
Atteste  und  Meldungen  betrachtet,  wie  sie  über  den  nämlichen 
Kranken  bei  der  subsidiären  Meldepflicht,  welche  das  Gesetz  vor- 
schreibt, leicht  vorkommen  kann. 


Unter  den  Maassnahmen,  welche  auf  dem  platten  Lande  den  In-    isolirung, 
fectionskrankheiten    gegenüber    für  erforderlich   und   finicht- 
bringend  erachtet  werden,  meint  B6do in  (Ann.  d'hyg.  publ.,  April) 


646 


Wemich. 


der  Isolirung  den  Vorzug  geben  zu  sollen.  Er  denkt  dabei  an 
ganz  kleine  Isolirhäuschen,  in  denen  nur  für  den  Kranken  selbst  ein 
zweckentsprechender  Raum  einzurichten  wäre. 

Die  heutige  Dampfdesinfection  im  Lichte  der  Wirklich- 
keit (Deutsche  Yierteljahrsschr.  f.  öfPentl.  Gesundheitspflege  Bd.  27, 
Dampf-  H.  1)  stellt  Schmidtmann  dar.  Er  wendet  sich,  gestützt  auf  Er- 
de sinfec-  fahrungen  im  Beg.-Bez.  Oppeln,  gegen  verschiedene  modern  gewor- 
schmidtmaim,  dene  Anforderungen.  So  gegen  die,  dass  jede  Desinfectionskammer 
unter  allen  Umständen  zwei  gegenüberstehende  Thüren  haben  müsse. 
Femer  gegen  die,  dass  die  Kammer  in  öffentlichen  Desinfections- 
anstalten  oder  solchen,  die  vom  Publicum  mitbenutzt  werden,  eine 
Innenlänge  von  2  m  und  einen  Nutzungsraum  von  2  cbm  haben  müsse. 
Der  Umstand,  dass  einmal  ausnahmsweise  eine  grössere  Sprungfeder- 
matratze zur  Desinfection  gelange,  kann  die  Beschaffimg  eines 
grossen  kostspieligen  Apparates  nicht  rechtfertigen.  Dies  geschieht 
vielmehr  nur  unter  der  Voraussetzung,  dass  sich  die  Nothwendigkeit 
voraussehen  lässt,  eine  grössere  Menge  inficirter  Objecte  binnen  kurzer 
Zeiträume  zu  desinficiren.  AnschafPungs-  und  Betriebskosten  müssen 
mit  der  voraussichtlichen  Benutzung  in  Verhältniss  gesetzt  werden. 
(Im  Oppelner  Bezirk  stellten  sich  die  Kosten  für  eine  Desinfection 
bei  den  grossen  Apparaten  auf  1,80,  bei  den  mittleren  auf  1,20,  bei 
den  kleineren  auf  0,80  Mk.)  Die  Vortheile  der  mit  gespanntem 
Dampf  arbeitenden  Apparate  treten  dort  weniger  in  die  Erscheinung, 
wo  es  auf  eine  besondere  Schleunigkeit  bei  der  einzelnen  Desinfec- 
tion nicht  ankommt.  Diese  Apparate  bedürfen  auch  eines  geschulten 
Personals,  und  nur  da,  wo  für  ein  solches  Vorsorge  getroffen  werden 
kann,  arbeiten  sie  zuverlässig.  Demgemäss  hält  Verf.  die  Ausbildung 
der  Desinfectoren  mit  für  die  wichtigste  Seite  des  ganzen  Des- 
infectionsthemas. 

Oehmichen  (Beiträge  zur  Desinfectionslehre.  Arbeiten 
aus  dem  Kaiserl.  Gesundheitsamt  Bd.  11,  H.  2). 

Eür  Interessenten  des  Desinfectionsthemas  bildet  der  zu- 
sammenfassende Ueberblick,  den  Priestley  unter  dem  Titel  „Dijs- 
infectors  and  Disinfectants  1874 — 9B:  A  Contrast"  (Sanit.  Record, 
5.  Juli)  mit  entsprechenden  Abbildungen  bietet,  des  Belehrenden  eine 
Fülle. 


Oehmichen, 


Priestley. 


Neuer 
Desinfec- 
tion s- 
apparat, 
Vogel, 


A.  Vogel  (Ein  neuer  Desinfectionsapparat  mit  stark- 
strömendem, gespanntem  Wasserdampf,  nebst  Bemerkungen  über  die 
Bedeutung  der  Strömung,  Spannung,   Temperatur  des  Dampfes  bei 


Oeffeiitli'^fa«^  G«$%in«ibei&?v«««ii.  ^7 


der  Desinfection.  Zeitschr.  £  Hygiene  n.  InfecdoDiskraiikheiteii  Bd.  19. 
H.  2). 

Thoinot   (XJne   noavelle   emde  k  desmienion   par  U    vapeur      Ttioüiot. 
humide  soos  pression  —  emde  de  MM.  Vaillard  &  Besson.   Ann. 
d'hyg.  publ.  etc.,  April  i.     Cylindrisclier  Ofen  mit  Doppelmantel  and 
circolirendem  Dampf:  110 — 112*  za  erreichen- 

Willonghby    iPractical    disinfection     Sanit.   Becord,     6.    u.    woioBghby. 
13.  Dec).     Kritik  älterer  Methoden  nnd  Vorschläge  für  schwer  xn 
desinficirende  Bäume  mid  Objecte. 

Desinlee- 

M.    n.    A.    J  oll  es    (Weitere   Untersnchmigen   über   die   Des-       tions- 

infectionsfähigkeit  von  Seifenlösnngen.  Zeitschr.  f.  Hyg.    ^"»»8'^*»^ 

u.  Infectionskrankh.  Bd.  19,  H.  1).  lösan^en, 

M.  a.  A.  JoUes. 

2.  MajwsBAluieB  f^tgtm  efanelse  iBfectioBSkrarnkheiten. 

a.  Tuberculose. 

Bollinger  (Ueber  Schwindsnchtssterblichkeit  in  ver-     Statistik 
schiedenen    Städten    Deutschlands    nebst    Bemerkuniren    über„  ^  ^^^'^. 

^  Tttbereulose. 

Häufigkeit    der  Bindertuberculose.    Mänchener    med.    Wochenschr.     BoUini:«r 
Nr.  1  u.  2). 

Einige  Untersuchungen  von  Staub  auf  Tuberculose- 
bacillen  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infectionskrankh.  Bd.  19,  H.  1)  theilt 
Kirchner  mit.  Gelegenheit  dazu  bot  der  im  Garmsonlazareth  Tuberkel« 
Hannover  bestehende  Brauch,  die  Stationen  von  Zeit  zu  Zeit  zu  ^»olUen  iui 
wechseln,  so  dass  auch  die  Tuberculosestation  von  Zeit  zu  Zeit  Um-  Kiix^hn(»i\ 
Züge  hält.  Ein  Anlass  fand  sich  auch  noch  in  dem  Verdacht,  der 
auf  eine  Feldwebelwohnung  wegen  mehrfacher  auf  einander  folgender 
Tuberculoseerkrankungen  gefallen  war.  So  lange  Kirchner  Stücke 
verunreinigter  Schwämme  den  Probethieren  (Meerschweinchen)  direct 
imter  die  Haut  verimpfte,  erfolgten  viele  Todesfälle  infolge  von 
Wundkrankheiten.  Nach  Einspritzung  aufgeschwemmter  Bouillon- 
culturen  blieben  die  Thiere  am  Leben  und  gesund.  Eins  von  acht  ging 
ein,  weü  es  mit  Material  geimpft  war,  welches  vom  Speiglas 
stammte  —  nicht  vom  aufgefangenen  Staube.  Der  Staub  der  ver- 
schiedenen Krankenzimmer  —  auch  der  Tuberculosestation  —  war 
von  Tuberkelbacillen  frei.  Die  Luft  in  dergleichen  Zimmern  wie  der 
von  ihr  getragene  Staub  ist  ungefährlich,  wenn  nur  eben  der  Aus- 
wurf in  zweckmässiger  Weise  aufgefangen  und  beseitigt  wird.  Im 
Gregenfalle  finden  sich  die  Bacillen  natürlich  nicht  allein  im  Spoi- 


648 


Wemich. 


glase,  sondern  auch  an  den  Aussen-  und  Unterflächen  desselben,  auf 
der  Platte  der  Nachttische  und  Nachtschränke,  an  Händen,  Gesicht^ 
Betten  und  Wäsche  des  Kranken,  und  zwar  im  infectionstüchtigen 
Zustande.  Eine  für  die  Speigefässe  angeordnete  Desinfection  ist  so- 
nach auch  auf  ihre  Standorte  und  ihre  nächste  Umgebung  aus- 
zudehnen. 

Prophylaxe  G.  Cornet  (Die  Prophylaxis  der  Tuberculose  und  ihre 

Tubercuiose,-^®®^***®-  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20,  S.  430).  Nach  einer 
Cornet.  Zwischenzeit  von  mehreren  Jahren,  die  seit  seinen  ersten  Publi- 
cationen  über  den  nämlichen  Gegenstand  verflossen  sind,  fühlt  Verf. 
sich  berechtigt,  eine  durchschnittliche  Berechnung  der  Tuberculose- 
gefahr  zu  unternehmen.  Die  Ubiquität  des  Tuberculosebacillus ,  zu 
deren  Annahme  man  sich  früher  —  bald  nach  der  Entdeckung  — 
geneigt  fand,  beruhte  auf  falscher  Auffassung.  Femer  ist  aber  auch 
der  Tuberculose  nicht  sein  ganzes  Leben  lang  krank  und  nicht  be- 
ständig ein  Producent  virulenten  Sputums.  Die  Gelegenheit  schon^ 
mit  Tuberculosen  zusammen  zu  treffen,  ist  verschieden  nach  den 
Altersgruppen;  die  davon  abzuleitende  Gefahr  aber  ist  verschieden 
je  nach  der  Art  des  tuberculös  erkrankten  Organs  und  nach  der 
Weise,  wie  der  Kranke  die  Reinlichkeit  beobachtet.  Aus  diesen 
Gründen  ist  die  Verhütung  keine  aussichtslose,  sondern  eine  dank- 
bare Aufgabe.  Gornet  sieht  seine  Erfolge  am  überzeugendsten  dar- 
gethan  durch  die  Statistik  der  Strafanstaltsziffem  (146,6  :  10000 
1881—82;  81,2  :  10000  1893—94)  und  der  Ziffern  aus  preussischen 
Irrenanstalten  (200  :  10000  1880;  150  :  10000  1891).  Cornet  geht 
so  weit,  die  Summen  der  durch  die  prophylactischen  Maassnahmen 
vor  dem  Tod  an  Tuberculose  bewahrten  Menschen  (in  Preussen 
allein)  für  die  Jahre  1887 — 93  auf  70000  zu  berechnen,  und  be- 
müht sich.  Einwände,  die  sich  auf  anderweite  hygienische  Ver- 
besserungen stützten  (Erhöhung  des  Luftcubus,  bessere  Diät  etc.)  zu 
entkräften. 


Volksheil- 
stätten, 
O.  Liebe, 


Volksheilstätten  für *L|ungenkranke  (Breslau,  S.  Schott- 
länder, 8^,  111  Seiten).  Als  zusammenhängende  und  umfangreichste 
Darstellung  des  vielbehandelten  Gegenstandes  erheischt  die  Schrift 
„Beiträge  zur  Volksheilstättenfrage^  (Hygien.  Eundschau  Nr.  17) 
von  G.  Liebe  eine  auszügliche  Wiedergabe.  Wichtig  ist  für  den 
Interessenten  schon  die  Litteraturzusammenstellung,  welche  nicht 
weniger  als  129  Nummern  umfasst.  Dann  findet  man  die  Tuber- 
culose nach  Häufigkeit,  volkswirthschaftlicher  Bedeutung,  nach  üeber- 


OeffenÜiches  Gesundheitswesen.  g49 

tragungsarten,  Disposition,  nach  Verhütungs-  und  Heilungsmaass- 
nahmen,  wie  Heilerfolgen  abgehandelt.  Die  besonderen  Schwind- 
auchtsanstalten  und  die  Volkssanatorien  bilden  weitere  Gegenstände 
der  Darstellung.  Das  „Wo"  dieser  eigenartigen  Einrichtungen  möchte 
Verf.  dahin  entschieden  wissen,  dass  die  Seeküste  gemieden,  das 
Hochgebirge  bevorzugt  werde,  100 — 200  Kranke  wären  die  geeignete 
Belagziffer;  besondere  constructive  oder  sonstige  Eigenarten  wären 
zu  meiden.  Die  Verwaltung  der  Volk^sanatorien  gehört  unter  ärzt- 
liche Leitung.  Neubauten  würden  Umbauten  (gleichviel  aus  welcher 
ursprünglichen  Kategorie)  vorzuziehen  sein.  Hinsichtlich  der  Diät 
möchte  Liebe  noch  mehr  grundlegende  Stoffwechselbeobachtungen 
abwarten. 

Eine  neue  Heilstätte  für  Lungenkranke  (Deutsche  med.  a.  Eoienbarg, 
Wochenschr.,  7.  Nov.)  soll  für  weniger  bemittelte  Kranke  aus  dem 
Stande  der  Gelehrten,   Lehrer,  Künstler  und  Schriftsteller  in  der 
Umgebung  von  Berlin  errichtet  werden. 

Ueber  die  Lungenheilstätten  der  Invaliditätsversiche- 
rungsanstalten stellte  Ascher  (Deutsche  med.  Wochenschr.,  9.  Mai)  Ascher. 
allerlei  beachtenswerthe  kritische  Materialien  zusammen.  Der  Kosten- 
punkt wird  nicht  weiter  berührt;  dagegen  die  Schwierigkeiten  der 
Auswahl,  die  mehrfachen  Verantwortlichkeiten  der  behandelnden 
Aerzte  und  die  reellen  Ourerfolge  durchgesprochen.  Dass  die  meisten 
der  jetzt  in  Ours  befindlichen  Attestformulare  fiir  die  Beurtheilung 
des  Curerfolgs  (besonders  des  dauernden)  wenig  verwerthbar  sind, 
wird  offen  anerkannt.  Neben  der  Behandlung  muss  die  hygienische 
Erziehung  des  Patienten  nicht  unbeachtet  bleiben. 

b.  Diphtherie. 

P.  H.  Bryce  (Practical  difficulties  of  medical  healthüifferentiai- 
officers    and    physicians    in    dealing    with    suspected     Diagnose 

.  .  .     .  der 

cases  of  diphtheria.  The  Journal  of  the  American  association,  Diphtherie, 
3.  November)  redet  einer  verschärften  DifPerentialdiagnose  gewisser  P-  H.  Bryce. 
Schlundaffectionen  gegenüber  der  wahren  Diphtherie  das  Wort  und 
möchte  mindestens  die  (selten  tödtlichen)  nicht  diphtherischen 
Anginen  und  die  der  Diphtherie  nur  verwandten  anderweitig 
bacteriellen  Invasionen,  die  aber  eine  recht  hohe  Sterb- 
lichkeit haben,  von  der  durch  Diphtheriebacillen  hervorgerufenen 
classischen  Diphtherie,  alle  drei  Erkrankungsformen  natürlich 
auch  vom  Larynxcroup  streng  geschieden  wissen.  Die  Bacülen- 
diagnose  hat  ihren  besonderen  Werth  bei  jenen  nach  der  Gestaltung 


650  Wemich. 

Differential- der  Membranen  oft  so  zweifelhaften  Fällen ,  welche  durch  ihr  Ver- 
diagnose     bringen  in   eine  Diphtherieabtheilung   erst  in   die  Gefahr  gerathen, 

Diphtherie  Löffle  rasche  Bacillen  zu  acquiriren  und  damit  in  eine  der  so  oft 
p.  H.  Bryce.  tödtlichen  Mischinfectionen  umgewandelt  zu  werden.  Wie  gross 
diese  Gefahr  mitunter  bei  Scharlachanginen  werden  könne, 
wisse  jeder  Practiker.  —  Es  scheint  Bryce  sicher,  dass  man  die 
Kenntniss  der  complicirenden  Mikroben  noch  weiter  werde  vertiefen 
und  ausdehnen  können.  Seien  besonders  die  Gesundheitsbeamten 
allmählich  noch  sicherer  in  derselben  vorgeschritten,  so  werde  man 
die  vorher  erwähnten  zweifelhaften  anginösen  Formen  nicht  mehr  in 
die  Diphtheriepavillons  bringen,  man  werde  hinsichtlich  ihrer  Dauer, 
ihrer  Herstellung,  ihrer  Behandlung  mit  Antitoxin  imd  besonders  auch 
über  ihre  Ansteckimgsfähigkeit  ganz  andere  Ansichten  gewinnen  als 
jetzt.  Dass  die  Fragen  in  Betreff  der  Isolirung,  des  Sohulverbots,  der 
Desinfection  im  Anschluss  hieran  vielfach  neu  zugespitzt  werden 
müssten,  leuchtet  ein. 

Immunität,  Kuprianow  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  16,  Nr.  10  u.  11),  Ex- 

Kuprianow.    perimentelle  Beiträge  zur  Frage  der  Immunität  bei  Diphtherie.   Aus 
dem  hygienischen  Institute  zu  Greifswald. 

Prophylaxe,  Livius     Fürst     (Grundzüge     einer    systematischen 

L   Fürst  \  o  j 

Diphtherieprophylaxis.  Klinische  Zeit-  und  Streitfragen 
Bd.  8,  H.  6.  Wien,  Holder  1894,  37  S.).  —  Derselbe  (Die  kli- 
'  nische  und  bacterielle  Frühdiagnose  bei  diphtherie- 
verdächtigen Anginen.  Berliner  Klinik,  März.  30  S.).  Fürst, 
der  in  den  beiden  überschriftlich  genannten  Monographieen  eine 
reiche  Erfahrung  auf  dem  diagnostischen  und  therapeutischen  Felde 
an  den  Tag  legt,  sucht  und  findet  eine  wesentliche  Seite  der  Diph- 
therieprophylaxe in  der  „abhärtenden  Pflege".  Abnorme  Bioize  müssen 
von  der  kindlichen  Rachenschleimhaut  abgehalten,  die  Gebote  der 
Reinhaltung  des  Mundes  aufs  peinlichste  befolgt  werden.  Auch 
schlägt  er  vor,  die  mechanische  Entfernung  etwa  inhalirter  Keime 
täglich  zu  wiederholen  und  macht  Vorschläge,  mittels  nicht  toxi- 
scher Mittel  eine  chemische  Aufhebung  der  Entwickelungs- 
iahigkeit  der  doch  noch  sitzengebliebenen  Keime  anzustreben. 

Resultate 
der 

Heilserum-  „Sammelforschung  über  die  Heilserumtherapie  der 
therapie,  Diphtherie."     (Veranstaltet  von  der  Deutschen  medicin.  Wochen- 
Wochen-  Schrift.     R-echenschaftsbericht  in  „Vereinsbeilage"  derselben,  Nr.  21 
Schrift,  des  Jahrganges  1895.)    Aus  allen  Theilen  Deutschlands  ging  ein  Ma- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  651 

terial  von  10312  Diphtheriefallen  ein,  unter  denen  58B3  mit  Heil- 
serum, 4479  ohne  solches  behandelt  wurden.  Auf  die  mit  Heilserum 
behandelten  5833  Fälle  entfielen  an  Todesfallen  559  =  9,6  ^fo ;  auf 
die  ohne  Heilserum  behandelten  4479  Fälle  dagegen  656  =  14,7  ®/o. 
Die  Sterblichkeit  der  mit  Antidiphtherin  behandelten  Diphtherie- 
erkrankungen (welche  übrigens  zu  sonstigen  Diphtheriezeiten  fast 
ausnahmslos  bedeutend  höher  geschätzt  wurde)  bleibt  also  nach  dieser 
Berechnung  um  5,1  ®/o  hinter  den  anderweitig  behandelten  zurück. 

A.  Baginsky  (Die  Serumtherapie  der  Diphtherie)  a.  Baglnsky. 
hat  das  Aronson'sche  wie  das  Behring'sche  Heilmittel  auf  Grund 
eines  umfassenden  Beobachtungsmateriak  einer  unbefangenen  Be- 
urtheüung  imterworfen,  auch  die  einzelnen  Krankheitsfalle  klinisch 
erörtert  und  steht  nicht  an,  es  auszusprechen,  dass  die  Serum- 
therapie zu  den  grössten  Errungenschaften  der  Medicin  auf  thera- 
peutischem Gebiete  gehört. 

c.  Blattern. 

Landmann  (Hyg.  Rundschau  Nr.  21),  Bacteriologische  Unter-  Impfstoff, 

suchungen  über  den  animalischen  Impfstoff.   E.  Hart,  Report  e^hmi"' 
on    vaccination   as   a  brauch   of    preventive    medicine    (Lancet, 
March). 

L.   Stumpfs  Ergebnisse   der  Schutzpockenimpfung  impf- 

im  KönigreichBayern  im  Jahre  1894  (Münch.  med.  Wochenschr.  ^**il**^^' 

*  "^  ^  L.  Stumpf. 

12.,  19.  u.  26.  Nov.)  zerfallen  in  einen  Zahlentheil  (138369  Impf- 
pflichtige, 123334  Wiederimpfpilichtige  wurden  geimpft)  imd  einen 
technischen  Theil,  der  sich  mit  Qualität  und  Quantität  der  Thier- 
lymphe  und  der  Antiseptik  der  Impfung  beschäftigt. 

d.  Typhusgruppe. 

Zu  einer  erneuten  Durchprüfung  der  gegen  den  Flecktyphus 

geeigneten  Vorbeugungsmaassnahmen   gaben   Pietrusky  (Viertel-  Prophylaxe 

iahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.  u.  öffentl.  Sanitätswesen  H.  4)  die  mehr-„      ,^®^  ^ 
^  ^  ''  ^   Flecktyphus, 

fachen  in  Oberschlesien  beschriebenen  Ausbrüche  dieser  Krankheit  pietrusky. 
Veranlassung.  Die  Einschleppung  durch  Landstreicher  und  Bettler 
scheint  sicher  —  nicht  weniger  die  stärkere  Verbreitung  durch  das 
Einliegerwesen  und  durch  massenhafte  Zusammendrängung  in  Schlaf- 
stellen. Als  Gelegenheitsursachen  treten  unzweckmässige  Ernährung 
imd  Unsauberkeit  in  den  Vordergrund.  Demgemäss  schlägt  Pie- 
trusky zur  Vorbeugung  Assanirung  der  Wohnungen,  Aufsicht  über 
das  Schlafetellenwesen  auch  im  kleinen,  Bekämpfung  des  Vaga- 


652 


Wemich. 


bundenthums ,  Sorge  für  Krankentransportmittel,  geeignete  Des- 
infectionen  neben  den  bereits  im  1835er  B/egulativ  befohlenen  Maciss- 
regeln vor. 

Aetioiogie  A  Report  on  the  possible  conveyance  of  certain  water- 

^®®.         borne   diseases,    especially   typhoid    fever,    by    oysters    and 
typhus.      other  molluscs. 

e.  Wochenbettfieber. 

Die  „Zeitschrift  für  Krankenpflege"  (1895,  H.  1)  bringt  in  einem 
Wochenbett- Aufsatz  Goldberger's  über  die  Wochenbettpflege  nach  den 
G^db*^'*       in  der  Königl.  Frauenklinik  zu  Dresden  (Prof.  Leopold)  üblichen 
Grundsätzen    eine  sehr  lesenswerthe  Darstellung  der  Maassnahmen, 
mittels  deren  dort  den  Hauptgefahren  des  Wochenbettes  entgegen- 
gearbeitet wird:  neben  der  Nachblutimg  besonders  der  Infection. 
Um   von   der  Infectionspforte ,    den   äusseren  Genitalien,    jede  An- 
steckung fern   zu  halten,   werden  dieselben  mit  steriler  Watte  be- 
deckt,   welche   durch  einen  Schutzverband  (dreieckiges  Tuch)  fixirt 
wird.    Ohne  die  Hände  mit  den  Lochien  in  Verbindung  zu  bringen, 
kann  der  die  Behandlung  Leitende  den  unteren  Zipfel  des  Tuches 
zurückschlagen,   die  Genitalien  besichtigen,   die   gebrauchte  Watte 
mittels  einer  langen  Prncette  entfernen. 
Poten,  W.    A.    Poten,    Director    der     Provinzial  -  Hebammen  -  Lehr- 

und  Entbindungsanstalt  zu  Celle  (Berlin,  32  S.)  tritt  mit  dem  Ge- 
danken vor  die  OefPentüchkeit,  den  Hebammenschülerin^en  statt 
mechanischer  Anlemung  Begriffe  und  Ueberzeugungen  bei- 
zubringen :  er  will  dies  in  erster  Reihe  für  die  Lehre  vom  Wochen- 
bettfieber ,  der  Puerperalinfection ,  erreichen  und  legt  dar ,  wie  er 
mittels  mikroskopischer  Demonstrationen  jenen  die  Entstehung  der 
Fäulniss  und  „verwandter  Processe"  verständlich  macht.  Auch  die 
Wirkung  antiseptischer  Mittel  wird  „unter  steter  Vorführung  des 
Experiments  besprochen ;  es  werden  practische  Desinfectionsübungen 
mit  Dämpfen  und  kochendem  Wasser  angeschlossen,  die  in  ihrem 
Erfolg  durch  Anlegung  von  Culturen  wiederum  controllirt  werden". 
Erst  wenn  die  Schülerinnen  auf  diese  Weise  gehörig  vorbereitet 
sind,  wendet  sich  Poten  zur  Besprechung  der  infectiösen  Krank- 
heiten. Es  ist  zu  hoffen,  dass  die  vorgeschlagene  Unterrichtsmethode 
bis  zur  Ausgabe  und  Veranstaltung  eines  neuen  Hebammen-Lehr- 
buchs einer  fruchtbaren  Discussion  seitens  der  Fachmänner  unter- 
zogen werden  wird.  Letzteren,  aber  auch  der  zahlreichen  Gruppe 
unserer  Lehrer,  welche  sonst  noch  dem  Hebammenwesen  ihre  wohl- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  653 

wollende  Aufinerksamkeit  schenkt,   möchten  wir  das  Studium  der 
kleinen  Monographie  hierdurch  empfohlen  haben. 

Die  maassgebenden  Erörterungen,  welche  über  die  Einschränkung 
der  inneren  Untersuchung  in  der  Geburtshülfe  (Hebammenpraxis) 
zwischen  beiden  Autoren  in  der  Deutschen  medicinischen  Wochen- 
schrift ausgetragen  wurden  (1894,  Nr.  51  —  1895,  Nr.  30),  ergänzt 
Sperling  durch  eine  Fortsetzung  (1895,  Nr.  52).  „Die  innere  SperUng. 
Untersuchung  von  Seiten  der  zur  strengen  Durchfuhrung  der  Anti- 
sepsis nicht  fähigen  Hebammen  erschien  mir  als  das  gi'össte  XJebel 
fiir  die  Hygiene  des  Wochenbettes." 

Poten,    Versuche    über    die    Desinfection    der    Hände. Desinfection 
(Monatsschr.   f.  Geburtshülfe  u.   Gynäkologie  Bd.  2,  H.  2,  August.)   *®^  Hände, 
Die  Desinfection  desFingers  undderHand  vorgeburts-  ' 

hülflichen  Untersuchungen  und  Eingriffen.  (Ausd.  Univ.- 
Frauenkl.  in  Marburg.  Von  Geh.  Med.-EathProf  F.  Ahlfeld.  Deutsche 
med.  Wochenschr.,  19.  Dec.)  Während  Poten  nach  seinen  Versuchen 
dem  Alkohol  den  Hauptantheil  an  gelungenen  Handreinigungen  und 
Handdesinfectionen  wegen  seiner  epidermislösenden  und  schrumpfen- 
den Wirkung  beilegt,  schreibt  Ahlfeld  folgende  Vorbereitung  für  Ahlfeld, 
die  Alkoholdesinfection  vor.  Nach  Kürzung,  Glättung  und  Reinigung 
der  Nägel  erfolgt  eine  3  Minuten  dauernde  Waschung  der  Hände  in 
sehr  warmem  Wasser  mit  Seife,  unter  Benutzung  einer  Bürste  oder 
auch  ohne  diese.  Abspülung  der  Hand  in  klarem  Wasser.  Abreiben 
der  Hand,  ganz  besonders  aber  des  Fingers,  der  zur  Untersuchung 
benutzt  werden  soll,  in  96®/oigem  Alkohol  mit  handgrossen  Flanell- 
läppchen. Es  ist  durch  geeignete  drehende  und  stopfende  Be- 
wegungen des  zu  sterilisirenden  Fingers  dafür  Sorge  zu  tragen, 
dass  der  Alkohol  unter  den  Nagelfalz  eindringe.  Der  so  sterilisirte 
Finger  nimmt  nun,  ohne  mit  etwas  bestrichen  zu  werden,  die  Unter- 
suchung vor.  Diese  Methode  genügt,  wenn  es  sich  um  eine  geburts- 
hülfliche  Untersuchung  mit  einem  Finger  handelt.  Sie  genügt  aber 
nur  unter  den  Vorbedingungen,  dass  der  Untersuchende  eine  glatto 
Haut,  kein  tiefes  Nagelbett  u.  s.  w.,  kurz,  eine  zur  Keimfreimachun^ 
geeignete  Hand  hat,  und  dass  er  nachweislich  nicht  mit  Hohr  viru- 
lenten Mikroorganismen  zu  thun  gehabt  hat.  Ist  eine  dioHor  Vor- 
bedingungen nicht  erfüllt,  oder  muss  der  Arzt  die  Hand  in  d'w. 
Genitalien  einfuhren,  so  bedarf  en  einer  verschärften  Handroinigung, 
die  in  folgenden  Proceduren  zu  bestellen  hat :  Ausgiebige  WuHchun^ 
der  Hand  und  des  Armes  mit  Bürste  und  Seife  in  Hehr  warmem 
Wasser,   mindestens  5  Minuten  hindurch.     Die  Nägel  Hiud  vor  und 


654  Wemich. 

noch  einmal  während  der  Waschung  zu  reinigen.  Abbürsten  der 
Hand  und  des  Armes  oder  Abreiben  mit  Flanell  in  96°/oigem  Alkohol 
durch  5  Minuten.  Jeder  einzelne  Finger  ist  besonders  zu  reinigen, 
wie  dies  bei  der  einfachen  Desinfection  für  den  untersuchenden 
Finger  vorgeschrieben  ist.  Die  so  sterüisirte  Hand  wird  dann  direct 
zur  Untersuchung  oder  zum  Einfuhren  in  die  Genitalien  bei  geburts- 
hülflichen  Operationen  benutzt. 

Seiner  reichen  Erfahrung  über  die  Organisation  des  Heb- 
Organi-  ammenwesens  gibt  Schatz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  41) 
sationdes  ^  einem  auf  der  67.  Naturforscherversammlung  gehaltenen  Vortrage 
Wesens  Ausdruck.  Däss  man  das  Lempensum  für  die  Schülerinnen  nur  auf 
Schatz.  das  wirklich  Nothwendige  beschränkt,  ist  wenigstens  in  einigen  Heb- 
ammenlehrbüchem  schon  angestrebt  worden  —  oder  erreicht.  Die 
practischen  Uebimgen  in  Desinfection  und  (äusserer)  Untersuchung 
an  Schwangeren  und  Gebärenden,  wie  in  Handreichungen  für  die  Ge- 
bärenden und  die  Assistenz  für  den  Arzt  scheinen  noch  nicht  durch- 
weg so  viel  angestellt  zu  werden,  wie  es  die  Schwierigkeit  der  Er- 
lemimg  verlangt.  Weniger  einig  als  bezüglich  der  Hebammen- 
schulen  ist  man  bezüglich  der  Auswahl  der  Schülerinnen. 
Viele  wollen  nur  Frauen  besserer  Stände  oder  besserer  Bildung  zu- 
lassen, manche  nur  unverheirathete.  Die  sich  nicht  verheirathenden 
Mädchen  sind  nur  zum  kleinen  Theil  zu  Hebammen  wirklich  branch- 
bar, Frauen  nur  dann,  wenn  sie  sonst  tüchtig,  aber  unglücklich  ver- 
heirathet  oder  verwittwet  sind.  Beides  trifPt  nicht  häufig  zusammen. 
„Die  Wittwen,  welche  sich  am  meisten  melden  oder  angemeldet  werden 
und  welche  wir  so  häufig  nur  aus  Mitleid  aufiiehmen,  machen  uns 
gewöhnlich  die  grösste  Noth.  Genau  genommen  haben  wir  also  trotz 
der  vielen  Klagen  nach  weiblichem  Broderwerb  gar  kein  genügend 
grosses  Material  für  die  Ausbildung  genügend  vieler,  wirklich  guter 
Hebammen.  So  viel  man  auch  darauf  sehen  soll,  möglichst  gutes 
Material  zu  beschaffen,  so  wird  dieses  doch  auch  künftig  im  all- 
gemeinen immer  ungenügend  bleiben.^* 

Die  Nachexamina,  wie  solche  in  Baden  und  Freussen  ein- 
gerichtet sind,  können  das  Hebammenwesen  auch  nicht  wesentlich 
fördern.  Solche  Examina,  bei  denen  in  Baden  wenigstens  zehn,  in 
Freussen  fünf  Hebammen  mit  einem  Mal  geprüft  werden,  können 
gar  kein  richtiges  Bild  von  den  Fähigkeiten  der  Hebamme,  noch 
viel  weniger  ein  solches  von  ihrer  practischen  Thätigkeit  geben. 
Sie  könnten  als  Mittel  zur  Aufbesserung  der  Kenntnisse  nur  in- 
sofern dienen,   als  sie  einige  Hebammen   zum  Nachlesen  anregen. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  655 

Die  wirkliche  Ausführung  des  Examens  aber  bringt  eine  etwaige 
Furcht  vor  ihm  bald  zum  Schwinden,  und  damit  auch  die  An- 
regung zum  Selbststudium.  Zudem  erfolgen  die  Examina  für  die- 
selbe Hebamme  nur  aUe  3  Jahre  einmal.  Die  Nachexamina  sind 
nicht  einmal  geeignet,  die  Gandidaten  für  etwaige  Nachcurse  aus- 
zuwählen; denn  ganz  leidliche  Hebammen  mit  nicht  gutem  Mund- 
werk würden  dabei  sehr  schlecht  fahren.  Zuletzt  hat  man  regel- 
mässig wiederkehrende  zwangsweise  Nachcurse  in  der  Hebammen- 
schale empfohlen.  Solche  Curse  müssten  doch  wenigstens  alle  10  Jahre, 
besser  noch  alle  5  Jahre  eine  Hebamme  treffen.  Eine  Hebammen- 
schule müsste  bei  lOjährigem  Turnus  jährlich  die  doppelte,  bei 
ojährigem  Turnus  die  vierfache  Anzahl  der  von  ihr  jährlich  neu 
ausgebildeten  Hebammen  aufnehmen.  Dies  wäre  aUerdiQgs  nicht 
unmöglich,  besonders  bei  solchen  Hebammenschulen,  welche  im  Jahre 
nur  einen  Cursus  abhalten.  Aber  die  Kosten  und  die  Störung  im 
Lande  durch  solche  Einrichtung  würden  doch  recht  gross  sein,  und 
für  die  besseren  Hebammen  würden  längere  Nachcurse  überflüssig 
sein,  während  sie  bei  nur  massig  langer  Dauer  für  die  schlechten 
Hebammen  nicht  genügen  würden.  Es  müsste  also  je  nach  der 
Qualität  der  Hebamme  ein  Unterschied  gemacht  werden.  Dies  würde 
practische  Schwierigkeiten  und  recht  häufig  auch  grosse  Ungerechtig- 
keiten mit  sich  bringen.  Hebammen  mit  gutem  Wissen  und  gutem 
Mundwerk,  aber  mit  geringer  Zuverlässigkeit  und  schlechten  Resul- 
taten in  der  Praxis  würden  leicht  solchen  mit  geringerem  Wissen, 
aber  grosser  Zuverlässigkeit  und  guten  Resultaten  vorgezogen  und 
die  letzteren  länger  zurückgehalten  werden. 

Schatz  verlangt  eine  möglichst  grosse  Anzahl  von  Aufsichts- 
ärzten, so  bei  400  Hebammen  Mecklenburgs  60  Aufsichtsärzte.  -Da- 
mit die  Aufsichtsfiihrung  durch  die  zahlreichen  Aufsichtsärzte 
möglichst  gleichmässig  geschieht,  erhalten  diese  neben  der  Hebammen- 
ordnung besondere  Instructionen,  und  werden  die  öeburtslisten  der 
Hebammen  mit  Erinnerungen  und  sonstigen  Bemerkungen  der  Aerzte 
versehen  an  die  medicinische  Centralbehörde  eingesandt  und  dort 
superrevidirt.  Daraufhin  oder  auch  auf  jede  besondere  Anfrage  erhält 
der  Aufsichtsarzt  jede  gewünschte  Auskunft.  Fälle  von  Puerperal- 
fieber oder  anderen  ansteckenden  Krankheiten  in  der  Praxis  der 
Hebamme  müssen  sofort  direct  gemeldet  imd  die  Hebammen  mit 
ihren  inficirten  Kleidern  und  dem  Instrumentarium  zur  kostenlosen 
Desinfection  in  die  Hebammenschule  gesandt  werden.  Dort  wird 
diese  Gelegenheit  benutzt,  um  die  Hebamme  und  ihr  Instrumentarium 
wieder  einer  eingehenden  Prüfung  zu  unterziehen.   Wiederholen  sich 


656 


Wemich. 


Wesens, 
Schatz. 


Organi-  Infectionsfölle  bei  derselben  Hebamme,  so  wird  diese  so  lange  in 
sation  des  ^^p  Hebammenschule  zurückgehalten  und  in  der  Desinfection  geübt, 
bis  eine  neue  Infection  ausgeschlossen  erscheint.  Zeigt  sich  eine 
Hebamme  unfähig  und  die  Belehrung  durch  den  Aufsichtsarzt  nicht 
genügend,  so  wird  sie  bei  der  Gewerbecommission  angezeigt,  um 
entweder  ganz  suspendirt  oder  zu  einem  Nachcursus  in  der  Heb- 
ammenschule verurtheilt  zu  werden. 

Die  Erfolge  dem  Wochenbettfieber  gegenüber  waren  befriedi- 
gende. Denn  die  Sterblichkeit  desselben  ist  seit  einem  Jahrzehnt 
um  2^/0  in  Mecklenburg  herabgegangen;  das  wiU  sagen:  es  sind 
pro  Jahr  auf  18000  entbundene  Frauen  jährlich  im  Durchschnitt 
18  weniger  gestorben. 


Scharlach- 
Über- 
tragung, 
Grasset. 


Hasern- 


f.  Einige  sonstige  einheimische  Inf ectionskrankheiten. 

Zur  Scharlachübertragung  auf  dem  Wege  einer  Brief- 
sendung veröffentlicht  Grasset  (Ann.  d'hyg.  pubL,  Aoüt)  einen 
jener  charakteristischen  FäUe,  in  denen  bei  absolut  isoHrter  Lage 
des  Hauses,  absoluter  Unmöglichkeit  irgend  eines  sonstigsn  Contacts 
der  alleinige  Träger  nur  ein  vom  Scharlachkranken  übersandter  Brief 
sein  kann,  in  welchem  aber  dieser  Kranke  hier  noch  grössere  Stücke 
der  bei  ihm  abgegangenen  Epidermisfetzen  mit  übersandt  hatte 
(4  cm  Durchmesser).  Der  Brief  war  am  21.  November  eingegangen, 
der  Krankheitsausbruch  war  am  30.  November  erfolgt. 

Zur  Prophylaxe  der  Masern  hält  Caspar  (Vierteljahrsschr. 
Prophylaxe,  f.  gerichtl.  Med.  u.  öffentl.  San.-Wesen  H.  2)  eine  behördliche  lieber- 

Caspar« 

wachung  dieser  Krankheit  für  geboten  und  das  Laissez  aller  ihr 
gegenüber  —  auch  die  geflissentliche  Herbeiziehung  durch  fortgesetzte 
Berührung  von  Geschwistern  zum  Zweck  der  Durchseuchung  der 
ganzen  Familie  —  für  bedenklich.  Eine  besondere  Betrachtung  ist  dem 
Wohnen  der  Lehrerfamilien  in  den  Schulhäusern  gewidmet.  Be- 
gräbnissfeierlichkeiten, Confirmandenunterricht,  Besuch  gemeinsamer 
Schulen  durch  Kinder  aus  verschiedenen  Ortschaf  ben  spielen  bei  den 
Masern  und  ihrer  Verbreitimg  sehr  erheblich  mit.  Der  Hauptumzugs- 
termin  der  ländlichen  Arbeiter,  0  st  er  n,  ist  von  schlagender  Bedeutung 
für  die  Steigerung  der  Krankheit.  Eine  Uebertragung  der  Masern 
durch  leblose  Objecte  (Briefe,  Bücher,  Schulhefte)  mag  als  möglich 
zugestanden  werden.  80  ergeben  sich  zwanglos  die  vorbeugenden 
Maassnahmen:  Beschränkung  des  Verkehrs  masemkranker  mit  ge- 
sunden Kindern ;  Desinfection  verseuchter  Taglöhnerwohnungen,  Vor- 


Oefirntl:.;Lr-  •>:-?i=i  Tl-rri-^e-rn.  t>o7 

sieht    im  Postverkehr:   SchnIscLlüsse :  üf-z^- z::j:^  Tind  Desinfection 
der  Schulen;  Beschränkung  der  LeicLr^rjcha^iaTellTiT. gen. 


amt. 


Als  gesnndheitspolizeiliche  lfaasscaiizL.€n  gegen  Ent^ehnng  nnd 
Verbreitung  von  Malariaerkrankcngen  empfehlt  Guttmann  Wechsel- 
(Vierteljahrsschr.  f.'gerichtL  Med.  u.  ö3eiitl  San--Wesen  H.  3»  unter  p  (J^j^^^ 
Hinweis  auf  ihr  parasitäres  Wesen  und  ^e  Ht:  ]  tsbed  ingnugen  ihrer 
Entstehung:  Sanirung  des  verdächtigen  Bodens.  Beschaffung  un- 
verdächtigen Trinkwassers,  Meiden  constatirter  Malariaheerde ;  femer 
für  Uebersiedelnde  die  Wahl  der  erprobt  besten  Jahreszeit,  Aptimng 
der  Lebensweise  durch  Aneignung  der  geläufigen  und  erprobten 
Lebensbedingungen ;  Erhöhung  der  Widerstands&hig^eit  des  Körpers 
(eventuell  auch  durch  Arsoigenuss}:  Vermeidung  unreinen  Wassers, 
Schlafens  auf  dem  Boden,  Xachtaufenthalts  im  Freien ;  endlich  auch 
prophylactischen  Chiningebrauch« 

g.  Cholera- 

Die  „Arbeiten  aus  dem  Kaiserlichen  Gesundheitsamt"  schliessen  Choiera- 
die  Sonderdarstellungen  über  die  Cholera  mit  einem  Rückblick  auf  ^j^^ej-ijciieg 
das  Jahr  1894  ab  (Berlin,  Springer).  Mit  dem  20.  Januar  1894  er-  Gesundheits- 
reichten  auch  die  im  Beg.-Bez.  Oppeln  noch  gemeldeten  sporadischen 
FäUe  ein  Ende  —  die  Cholera  war  im  Gebiete  des  Reiches  erloschen. 
Ihre  ausserdeutschen  Schauplatze  waren  Bussisch-Folen  und  einige 
imiere  Gouvernements,  demnächst  (jralizien.  Aber  auch  in  Frankreich 
(Departement  Finistere),  in  Belgien  und  in  den  Niederlanden  (Maas- 
gebiet, Provinz  Limburg,  Amsterdam)  war  noch  immer  eine  nicht 
unbedeutende  Anzahl  sporadischer  Fälle  bemerkbar.  Westlich  der 
Elbe  wurden  nun  im  Laufe  des  Sommers  1894  im  ganzen  35  FäUe 
(mit  13  Todesfallen)  festgestellt;  die  der  russischen  Gh-enze  benach- 
barten Verwaltungsgebiete  Preussens  hatten  von  Einschleppungen 
mehrfach  zu  leiden.  So  der  Reg.-Bez.  Oppeln  Ende  Mai  und  August. 
Es  kam  hier  zu  190  tödtlichen  Cholerafällen  (Maximum:  September). 
Eine  Gruppe  von  12  Erkrankungen  (6  Todesfälle)  im  Reg.-Bez.  Liegnitz 
brachte  Heerdbildungen  oder  Verschleppungen  nicht  hervor.  —  Ver- 
einzelten Charakter  zeigten  die  in  Westpreussen  von  Ende  Juni  ab 
zur  Meldung  gelangten  Erkrankungen  (131  Todesfalle),  mit  Aus- 
nahme der  in  den  Orten  Tolkemit  imd  Tiegenhof  gehäuften  Fälle. 
Im  Gebiet  der  Netze  hatte  Nakel,  in  Ostpreussen  hatte  Niedczwedczen 
(Kreis  Johannisburg)  eine  Epidemie.  BerKn  hatte  einen  (zugereisten) 
Fall.     Kurz  vor  Jahresschluss  (1894)   starb  noch  ein  aus  Helsingör 

gekommener  Matröse  in  Einlage  (Danziger  Niederung).     In  den  zwei 
Jahrbach  der  practischen  Medicin.    189ü.  42 


658  Wemich. 

Cholera-  Karten  ist  der  Unterschied  zwischen  den  Verhältnissen  des  Gholera- 
stBtistik.  jalires  1873  und  des  Jahres  1894  bildlich  dargestellt.  Die  Gesammt- 
zahl  der  im  Jahre  1873  in  den  12  Begierungsbezirken :  Königsberg, 
Gnmbinnen,  Danzig,  Marienwerder,  Potsdam,  Frankfurt,  Stettin, 
Posen,  Bromberg,  Breslau,  Liegnitz  und  Oppeln,  sowie  in  der  Stadt 
Berlin  gezählten  Erkrankungen  an  Cholera  belief  sich  laut  den  Nach- 
weisungen im  6.  Hefte  der  Berichte  der  Choleracommission  für  das 
Deutsche  Reich  (Berlin  1879)  auf  43550  neben  22986  Todesfällen; 
es  erkrankten  demnach  364,0  und  starben  192,1  von  Himderttauseud 
der  in  den  erwähnten  Landestheilen  damals  vorhandenen  12  Millionen 
Einwohner.  Im  Jahre  1894  wurden  in  denselben  Gebieten  mit  Aus- 
nahme des  Regierungsbezirks  Posen,  der  von  der  Cholera  verschont 
blieb,  unter  rund  13  Millionen  Einwohnern  960  Erkrankungen  (d.  i. 
7,3  auf  100000  Lebende)  und  470  Todesfälle  (3,6)  festgestellt.  Wäre 
die  Bevölkerung  in  demselben  Verhältniss  wie  1873  von  der  Seuche 
heimgesucht  worden,  so  hätte  die  Zahl  der  Erkrankungen  sich  um 
46766,  die  der  Todesfälle  um  24717  höher  belaufen. 
Epidemio-  Origine  hydrique  du  chol^ra  (La  semaine  m^dicale,  XVI- 

logie»       ann^e,  1).  Analyse  einiger  bekannter  gewordener  Choleraepidemieen, 
wie  sie  sich  an  Elussläufen  abspielten. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

H.  Albrecht,   Handbuch  der  practischen  Gewerbehygiene  mit  besonderer 

Berücksichtigung  der  Unfallverhütung.  Lfg.  4.    Berlin. 
Th.  WeyTs  Handbuch  der  Hygiene.    Jena. 

Lfg.  17 :  Asyle,  niedere  Herbergen,  Volksküchen  u.  s.  w.  von  M.  Knauff. 
Mit  18  Abbildungen  im  Text.  —  Schiffshygiene  von  D.  Eulen- 
kamp ff  in  Bremen.    Mit  17  Abbildungen  im  Text. 
Lfg.  18:  Gewerbehygiene.    Theil  2:  Specielle  Gewerbehygiene.    Abthei- 
lung 1 :   Hygiene  der  Berg-,   Tunnel-  und  Hüttenarbeiter  von 
Dr.  med.  Ab.  Füller,  C.  Meissner,  0.  Säger. 
Lief.  19:  Oeffentlicher  Kinderschutz  von  H.   Neumann.    Mit  7   Ab- 
bildungen. 
A.  Pfeiffer,   Verwaltungshygiene.     Ein   Handbuch   der   öffentlichen    Ge- 
sundheitspflege  für  Verwaltungsbeamte.    Berlin, 
M.  Rubner,  Lehrbuch  der  Hygiene.     Systematische  Darstellung   der  Hy- 
giene und  ihrer  wichtigsten  üntersuchungsmethoden.   Zum  Gebrauche 
für  Studirende   der  Medicin,   Physikatecandidaten ,   Sanitätsbeamte. 
Aerzte,  Verwaltungsbeamte.   Mit  273  Abbildungen.   5.  Aufl.   Leipzig, 
und  Wien. 
M.  Pistor,  Das  Gesundheitswesen  in  Preussen  nach  deutschem  Reichs-  und 
preussischem  Landrecht.    Bd.  1.     1.  Abtheilung.    Berlin,    288  S. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  (j59 

Jnles  Arnould,  Nouveaux  elements  d'hygiöne.  Troisieme  edition  publice 
avec  le  concours  de  MM.  E.  Arnould  et  H.  Surmont.  Avec 
260  figures  dans  le  texte.    Paris.    Gr.  8.     1224  pag. 

Walther  Lange,  Der  Barackenbau,  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
Wohn-  und  Epidemiebaracken.  Mit  138  Textabbildungen  und  23 
Tafeln.    Leipzig. 

Jahresbericht  des  chemischen  Untersuchungsamtes  der  Stadt  Breslau  für  die 
Zeit  vom  1.  April  1893  bis  31.  März  1894.     Breslau. 

M  Q  n  k  und  Uffelmann,  Ernährung  des  gesunden  und  kranken  Menschen. 
3.  Aufl.  Bearbeitet  von  J.  Munk  und  C.  A.  Ewald.  Wien  und 
Leipzig.    591  S. 

RobertKoppe,  Das  Alkoholsiechthum  und  die  Kurzlebigkeit  des  modernen 
Menschengeschlechts.    Moskau.    50  S. 

Leo  Burgerstein  und  Dr.  Aug.  Netolitzky  in  Wien,  Handbuch 
der  Schulhygiene.  Mit  154  Abbildungen  im  Text.  Jena.  16.  Lfg. 
von  WeyTs  Handbuch  der  Hygiene.    429  S. 

R.  Wehmer,  Gnmdriss  der  Schulgesundheitspflege.  Unter  Zugrunde- 
legung der  fürPreussen  gültigen  Bestimmungen  bearbeitet.  Mit  17  Ab- 
bildungen.   Berlin. 

0.  Janke,  Ueber  den  Unterricht  in  der  Gesundheitslehre.  Hamburg  und 
Leipzig.     168  S. 

L.  Becker,  Lehrbuch  der  ärztlichen  Sachverständigenthätigkeit  für  die 
Unfall-  und  Invaliditätsgesetzgebung.     Berlin.    356  S. 

Julius  Eratter,  Der  Tod  durch  Elektricität.  Eine  f orensisch-medicinische 
Studie  auf  experimenteller  Grundlage.  Mit  7  Abbildungen  im  Text, 
3  Curven-  und  8  lithographischen  Tafeln.  Leipzig  und  Wien.    159  S. 

B.  M.  L  er  seh,  Geschichte  der  Volksseuchen  nach  und  mit  den  Berichten 
der  Zeitgenossen,  mit  Berücksichtigung  der  Thierseuchen.  Berlin. 
455  S. 


Sachregister. 


A. 


Abdominal  typhufi,  Aetiologie  des  652. 

Aberg'sche  Eiswassercur  562. 

Abscesse,  epidurale  456. 

Abscess,  Typbusbacillen  in  13. 

Acetonurie  217. 

Acbillodynie  357. 

Acne,  Behandlung  der  491. 

Acne,  Entenwalöl  bei  491. 

Addison^sche  Krankheit,  Nebennieren- 
extract  bei  573. 

Adductorenreflexe  49. 

Adenocarcinom  der  Haut  496. 

Adenocarcinom  der  Leber  42. 

Adenoide  Vegetationen,  Behandlung 
476,  477. 

Adenoide  Vegetationen ,  Statistik 
475. 

Adenoide  Vegetationen ,  spontane 
Rückbildung  476. 

Adenoma  sebaceum  496. 

Adenome  des  Darmes  30. 

Aderlass  und  Blutdichte  287. 

Adhäsion,  Daim-  206. 

Adnexerkrankungen,  Colpotomia  an- 
terior bei  397. 

Adnexerkrankungen,  intrauterineThe- 
rapie  bei  394. 

Adnexerkrankungen ,  Radicalopera- 
tion  395. 

Adnexoperation ,  conservative ,  per 
vaginam  398. 

Aegypten  553. 

Aether  und  Chloroform  298. 

Aethylidenmilchsäure  und  Fettsäuren 
im  diabetischen  Harn  276. 

Airol  (pharmakologisch)  595. 

Airol  gegen  Unterschenkelgeschwüre, 
eingewachsene  Nägel ,  Blasenbil- 
dung, eiternde  Wunden  505. 


Akromegalie  108. 

Akromegalie  und  Augenerkrankun- 
gen 429. 

Akromeg^e ,  Schilddrüsenbehand- 
lung bei  568. 

Aktinomykose,  Gehirn-  257. 

Aktinomykose,  Lungen-  150,  257. 

Aktinomykose,  Jodkali  bei  257. 

Aktinomykose  des  Magens  200. 

Albuminnachweis  213. 

Albuminurie,  cyklische  215. 

Albuminurie,  functionelle  215. 

Albumosurie  219. 

Albnmosurie  bei  Osteomalacie  295. 

Aleuronatcakes  280. 

Alexander- Adam'sche  Operation  386. 

Algedometer  48. 

Alkalescenz  des  Blutes  288. 

Alkaptonurie  218. 

Alkohol  und  Selbstmord  680. 

Alkohol  bei  Diabetes  280. 

Alkoholherz  170. 

Alkohol  bei  Herzkrankheit  181. 

Alkoholismus  bei  Kindern  126. 

Alkoholismus  und  toxische  Psychosen 
124,  126. 

Alkoholismus,  Heilanstalten  für  125. 

Alkoholmissbrauch  124. 

Alopecie  499. 

Alumnol  bei  Gonorrhoe  510. 

Amaurose,  urämische  227. 

Amblyopie  bei  Lactation  431. 

Anmesie  nach  Erhängungsversnch 
120. 

Amöben  bei  Dysenterie  22,  266. 

Amöben  bei  Endometritis  23. 

Amputation  nach  Gritti  307. 

Amputationsstümpfe,  tragföhige  307. 

Amygdophenin  601. 

Amygdophenin  bei  Rheumatismus 
265. 


Sachregister. 


661 


Amyloid,  Resorption  des  26. 

Amyloid,  Sarkom  bei  30. 

Anämie  und  Chlorose  290. 

Anämie  bei  Neurosen  290. 

Anämie,  pemiciöse  291. 

Anämie,  pemiciöse,  Behandlung  der, 
mit  Knochenmark  292. 

Anämie,  pemiciöse,  Eisengehalt  der 
Organe  bei  291. 

Anämie,  pemiciöse,  Pathogenese  der 
291. 

Anämie ,  pemidöse ,  Rückenmarks- 
erkrankung  bei  69,  292. 

Anämie,  pemiciöse,  Transfusion  bei 
292. 

Anästhesie,  Local-  302. 

Anästhesirung  und  Narkose  298. 

Anaigen  bei  Malaria  255. 

Analgesie  des  Ulnarisst-ammes  bei 
Paralyse  128. 

Analgesie,  ülnaris-  129. 

Analgesie  der  Unterschenkel  bei  pro- 
gressiver Paralyse  129. 

Aneurysma  der  Arteria  hepatica  209. 

Aneurysma  der  Mesaraica  superiorl85. 

Aneurysma,  Perforation  eines  Aorten- 
in  die  Vena  cava  superior  184. 

Aneurysmen,  Aorten-  und  Syphilis 
184. 

Aneurysmen,  Genese  der  39. 

Angina,  nichtdiphtherische  17. 

Angina  pectoris,  Behandlung  180. 

Angina  pectoris  bei  Gicht  und  Dia- 
betes 175. 

Angina  und  Polyarthritis  264. 

Angina  nach  Zahncaries  475. 

Ankylose  des  Ellenbogengelenks  348. 

Antefixatio  uteri,  Geburt  bei  366. 

Antin osin  597. 

Antipyrin,  Exantheme  494. 

Antispasmin  bei  Keuchhusten  541. 

Antistreptokokkenscrum  263. 

Antitoxinausscheidung  261. 

Antitoxine  240. 

Antitoxin  bei  Tetanus  puerperalis  379. 

Antitoxin,  Thyreo-  571. 

Anurie  bei  Diphtherie  538. 

Anzeigepflicht  in  England  645. 

Aorta,  Stenose  der  184. 

Aortenaneurysma,  Perforation  in  die 
Vena  cava  superior  184. 

Aortenaneurysmen  und  Syphilis  184. 

Aortenklappen,  Anomalie  38. 

Aortenruptur  39. 

Aphasie,  optische,  bei  eitriger  Hirn- 
hautentzündung 456. 


Aphasie,  sensorische,  und  otitische 
Temporalabscesse  455. 

Aphthen  der  Genitalien  383. 

Apolysin  601. 

Apoplexie  102. 

Aqua  Chloroformii  591. 

Aqua  oxygenata  bei  Lungenschwind- 
sucht 146. 

Aquaeductus  Sylvii,  Tumoren  in  61. 

Arbeiterkrankenversicherung  in  Ber- 
lin 636. 

Arbeiterschwindsucht  638. 

Arbeitszeit  und  Gesundheit  636. 

Area  Celsi  21. 

Argentamin  bei  Gonorrhoe  508. 

Argonin  509,  604. 

Argyrie  640. 

Arhythmie,  reflectorische  167. 

Aristol  bei  Lungenschwindsucht  146. 

Arsenintoxication,  chronische  580. 

Arteria  hepatica,  Aneurysma  der 
209. 

Arteriae  uterinae,  Unterbindung  der, 
bei  Myom  388. 

Arteriitis  syphilitica  38. 

Arteriosklerose  102. 

Arteriosklerose,  Bäder  bei  556. 

Arthritis  acuta  542. 

Arthritis  s.  auch  Polyarthritis. 

Arthrodese  im  Fussgelenk  354. 

Arzneiexantheme :  Digitalis  493,  Anti- 
pyrin, Bromoform,  Jodkalium,  Sul- 
fonal  494,  Quecksilber  513. 

Arzneimittellehre ,  Lehrbücher  der 
605. 

Asa  foetida  583. 

Aspergillus  in  der  Lunge  21. 

Asthma  und  Nasenkrankheit  149. 

Asthma,  Behandlung  mit  Coffein  149. 

Ataxie,  Friedreich's  hereditäre  81. 

Athemgeräusch ,  Erklärung  des  135. 

Atbmung,  erste  521. 

Athmungsorgane ,  Lehrbücher  der 
Krankheiten  der  159. 

Atrophie,  acute  gelbe  der  Leber  41 

Atrophie,  Haut-  498. 

Atrophie,  Knochen-  45. 

Atrophie,   Leber-  bei   acuter  Phos 
phorvergiftung  610. 

Atropin  und  Morphium ,  Antagonis 
mus  583. 

Augenerkrankungen  und  Akromega 

He  429. 
Augenheilkunde,  Lehrbücher  der  432 
Auge,  Infectionskrankheiten ,  Aetio 

logie  404. 


G62 


Sachregister. 


Augenkrankheiten,  ätiologische  Be- 
deutung des  Pneumococcus  405. 

Auge,  Wirkung  antiseptisoher  Ver- 
bände 405. 

Ausschabung,  Uterus-  bei  Extrauterin- 
schwangerschaft  361. 

Autoinoculation  515. 

Autophonie  440. 

Autoskopie  des  Kehlkopfes  466. 


B. 


Bacillen,  Cholera-,  Cultur  der  244. 

Bacillen  des  Ulcus  molle  511. 

Bacterien  der  Lymphe  254. 

Bacterien,  Morphologie  der  1. 

Bacterien,  Scheiden-  2. 

Bacterien,  Aufnahme  der,  durch 
Wunden  3. 

Bacterien,  Aufnahme  der,  in  den 
Körper  3. 

Bacterien,  intravitale  Aufnahme  der, 
aus  dem  Darme  3. 

Bacterien ,  postmortale  Aufnahme 
der,  Tom  Darm  aus  3. 

Bacterien  im  Blut  und  Harn  2. 

Bacterien,  choleraähnliche  244. 

Bacterien  im  Darm  des  Neugebore- 
nen 2. 

Bacterien  im  Darm  der  Leichen  2. 

Bacterien,  erste,  im  Darm  521. 

Bacterien,  erbliche  Uebertragung  2. 

Bacterien ,  extracellulare  Vernich- 
tung 7. 

Bacterien  in  der  Leiche  10. 

Bacteriologie,  Lehrbücher  der  45. 

Bacterium  coli,  Gasbildung  durch  9. 

Bacterium  coli,  putride  Bronchitis 
durch  10. 

Bacterium  coli  und  Cholerabacillus  15. 

Bacteriurie  235. 

Bad,  kaltes,  Körpertemperatur  im  562. 

Bäder,  heissa,  und  Stoffwechsel  561. 

Bäder,  heisse,  bei  Cerebrospinal- 
meningitis  562. 

Bäder,  Kohlensäure-  548. 

Bäder,  warme,  bei  Circulations- 
störungen  181. 

Bäder,  warme  Voll-,  bei  Circulations« 
Störungen  561. 

Bäderwinning  ^  physiologische  diffe- 
rente  548. 

Balneologie,  Lehrbücher  der  564. 

Barlow'sche  Krankheit  294,  528,  530. 

Bartholinitis  511. 


Basedow'sche  Krankheit  99,  102. 
Basedow'sche    Krankheit ,    Biyson's 

Zeichen  bei  101. 
Basedow'sche  Krankheit,  chirurgische 

Behandlung  101. 
Basedow'sche  Krankheit,  Einfluss  der 

Schwangerschaft  auf  100. 
Basedow*sche   £[rankheit ,   familiäre 

Erkrankung  100. 
Basedow'sche    Krankheit ,    G^nital- 

erkrankungen  bei  380. 
Basedow*8che    Krankheit,    Klimato- 

therapie  553. 
Basedow'sche  Krankheit,  Läsion  des 

Strickkörpers  100. 
Basedow'sche    Krankheit ,     Muskel - 

dystrophie  101. 
Basedowsche  Krankheit,    Myxödem 

bei  101. 
Basedow'sche  Krankheit,   operative 

Behandlung  323. 
Basedo wasche  Ejrankheit,  Schilddrü- 
sentherapie bei  100. 
Basedow'sche    Krankheit ,    Thymus- 

fütterung  bei  100,  323,  572. 
Becken,  plattes  360. 
Begräbnissplätze  626. 
Bembrüche,  Gehverband  308. 
Beinschiene  316. 
Ber^-  und  Luftfahrten  551. 
Ben-Beri,  eine  Malariakrankheit  22. 

89. 
Berufswahl  und  Sehkraft  636,  637. 
Blaflenbildang,  Airol  bei  505. 
Blasengeschwülste  bei  Fuchsinarbei- 

tem  345. 
Blasennaht  345. 
Bleichsucht,  kohlensaure  Soolbäder 

bei  557. 
Bleilähmungen  90. 
Bleiliniment  505. 
Bleivergiftung  641. 
Bleiweiss  641. 

Blennorrhoe,  Metastasen  bei  542. 
Blindheit,  präataktische  bei  Tabes  80. 
Blutalkalescenz  288. 
Blutalkalescenz  bei  Infection  4. 
Blutalkalescenz  und  Leakocy tose  289. 
Blut,  Bacterien  im  2. 
Blutbefand  bei  Diabetes  276. 
Blutbefund  bei  Leukämie  293. 
Blutbildung  in  Milz   und  Knochen- 
mark 289. 
Blutbildung,    Siderosis  und  Leuko- 

cytose  289. 
Blutdichte  und  Aderlass  287. 


Sachregister. 


663 


Blutdichte  bei  Girculationsstörungen 

165. 
Blutdichte  bei  Kindern  542. 
Blutdichte  in  den  Tropen  287. 
Blutdruckmessung  164. 
Blutdruck  bei  Urämie  228. 
Blut,    Fibrinausscheidung    im,    der 

Kinder  543. 
Blutgase  287. 

Blutgerausche ,  Entstehung  der  161. 
Blutgerinnung  24. 
Blut,  Glykogen  im  273. 
Blut,  Harnsäure  im,  und  Harn  286. 
Blut,   Harnsäure    im,    bei   Nephritis 

228. 
Blutkörperchen  290. 
Blutkörperchen,  rothe  24. 
Blutkörperchen,  rothe,  Regeneration 

der  27. 
Blutkörperchen,  rothe,    Respiration 

der  288. 
Blutkörperchen,   rothe,  Yolum    der 

287. 
Blutkörperchen,  weisse  24. 
Blutkörperchen,    Volumveränderung 

550. 
Blutkörperchenvolum  im  Fieber  288. 
Blutpigment,  Bildung  von  26. 
Blut,  Salz  des  287. 
Blutserum,    bactericide    Kraft    des 

240. 
Blutserum  s.  auch  Serum. 
Blutserumtherapie ,    Geschichte    der 

239. 
Blut   bei   ungenügender  Ernährung 

288. 
Blutung,  Magen-  198. 
Blutvei&iderung  und  Moorbäder  559. 
Blutzerfall,  Veränderungen  des  Harns 

durch  217. 
Blutzerfall,  Harnsäure  und  Xanthin- 

basen  bei  acutem  285. 
Blutzusammensetzung    und    Höhen- 
klima 549. 
Borsäure,  Insufflationen  von,  in  den 

Mastdarm  578. 
Borsäurevergiftung  578. 
Brechdurchfall,  Nephrolithiasis  nach 

230. 
Breiumschläge,  kalte  563. 
Bromäthyl  590. 
Bromoform,  Exantheme  494. 
Bronchialstenose  und   Bronchopneu- 
monie 138. 
Bronchiektasieen ,    Behandlung    mit 

Carbolinjectionen  149. 


Bronchiektasieen ,  tympanitisch-me- 
tallischer  Schall  bei  136. 

Bronchitis  fibrinosa  chronica  138. 

Bronchitis,  putride,  Aetiologie  138. 

Bronchitis,  putride,  Bacterium  coli 
bei  10. 

Bronchopneumonie  und  Bronchial- 
stenose 138. 

Bronzediabetes  277. 

Bronzekrankheit,  geheilt  durch  Ne- 
bennierenextract  102. 

Brown-Sequard*8che  Lähmung  71. 

Bruchreposition  unter  Hydrotherapie 
562. 

Brückenau  bei  Nierenleiden  555. 

Brustfellgeschwülste  157. 

Brust,  Krankheiten  der  323. 

Bryson'sches  Zeichen  bei  Basedow- 
scher Krankheit  101. 

Buchdrucker,   Krankheiten  der  639. 

Bulbärparalyse,  progressive  66. 

Bulbä]7>aralyse,  Pseudo-  67. 

Bulbärparalyse ,  Typus  Erb  -  Gold- 
fiam  66. 


C. 


Cachezia  strumipriva,  Schilddrüsen- 
behandlung bei  Myxödem  und  567. 

Gaissonarbeiter,  Krankheit  der  70. 

Gakes,  Aleuronat-  280. 

Calcaneus,  Tuberculose  des  356. 

Calomel  bei  Hydrops  230. 

Ganalis  caroticus  und  otitische  Eite- 
rung 455. 

Gannabis  indica  bei  Dermatosen  504. 

Gannes,  maritime  Winterstation  554. 

Gantharidin  bei  Gystitis  236,  510,  588. 

Gantharidin  bei  Lungenschwindsucht 
145. 

Gantharidinsaures  Kali  bei  Lungen- 
phthise  588. 

Garbolinjectionen  bei  Bronchiekta- 
sieen 149. 

Garbolinjectionen  bei  Lungengangrän 

149. 
Garbolsäure,  Behandlung  des  Ulcus 

moUe  mit  511. 
Garbolsäure  -  Klystiere ,     Vergiftung 

durch  591. 
Garbol Vergiftung  611. 
Garcinom  in  Dermoidcysten  3. 
Garcinom  s.  auch  Adenocarcinom. 
Garcinom,  Ohr-  450. 
Garcinom,  Uterus-  44,  392,  894. 
Garcinom,  Uterus-,  doppeltes  394. 


664 


Sachregister. 


Carcinom,  Scheiden-  383. 

Garcinomgenese  32. 

Carcinomübertragung  33. 

Garcinomparasiten  33. 

Garcinom  s.  auch  Krebs. 

Gardia,  Inspection  der,  und  Gastro- 
skopie 188. 

Garotisdrüse,  Geschwülste  der  320. 

Gasei'nsalben  504. 

Gastration  bei  Myomen  391. 

Gastration  bei  Osteomalacie  296. 

Gastration  bei  Prostatahypertrophie 
346. 

Gatguteiterung  310. 

Gatgut,  Präparirung  des  382. 

Gauda  equina,  Krankheiten  der  70. 

Gentraineryensystem,  Histologie  des 
50. 

Gentralnervensystem ,  Regeneration 
des  28. 

Gerebrospinalmeningitis,  Diplococcus 
intracellularis  bei  19. 

Gerebrospinalmeningitis ,  heisse  Bä- 
der bei  562. 

Ghalazion,  Aetiologie  des  416. 

Ghalicosis  34. 

Ghemotaxis  25. 

Ghinin  bei  Influenza  271. 

Ghinin  bei  Schwarzwasserfieber  256. 

Ghirurgie,  Lehrbücher  der  357. 

Ghloral  bei  Tetanus  261. 

Ghlorinchinin  bei  Typhus  251. 

Ghloroform  und  Aether  298. 

Ghloroformü,  Aqua  591. 

Ghloroformnarkose ,  Harnbefunde 
nach  299. 

Ghloroformirung  wider  Willen  611. 

Ghloroformtod  300. 

Ghlorose,  Gastroptose  bei  291. 

Ghlorose,  Genitalerkrankungen  bei 
381. 

Ghlorose,   heisse  Luftbäder  bei  560. 

Gholera  13. 

Gholera,  Aetiologie  242. 

Gholera,  Diagnose  der  13,  14. 

Gholera,  Mischinfection  bei  245. 

Gholeraniere  223. 

Gholera,  PfeifTer's  specifische  -Reac- 
tion  242. 

Gholeraserum  6. 

Gholera,  Therapie  245. 

Gholeraähnliche  Bacterien  244. 

Gholerabacillen,  Gultur  der  244. 

Gholerabacillus  und  Bacterium  coli  15. 

Gholerabacillus  und  Proteus  15. 

Gholera,  Swine  plague,  bog  4. 


Gholeratoxin  244. 

Gholeravibrionen,  Tenacitat  der  244. 

Gholesteatome  31,  451. 

Ghorditis  inferior,  Rhinosklerom  bei 
481. 

Ghorea  hereditaria  104. 

Ghorea,  Pathogenese  104. 

Ghromatopsie  bei  Hysterie  98. 

Ghromsäure  bei  syphilitisch.  Schleim- 
hautläsionen 513. 

Ghylopericardium  182. 

Ghylothorax  154. 

GiliarkÖrper,  Function  des  410. 

Gilien  der  Bacterien  1. 

Girculationsstörungen,  Blutdichte  bei 
165. 

Girculationsstörungen,  warme  Bäder 
bei  181,  561. 

Girrhose,  Leber-  42. 

Gitrophen  602. 

Glavicula,  temporäre  Resection  der 
305. 

Goagulationsnekrose  223. 

GocaYn  bei  Keuchhusten  541. 

Goccidium  oviforme  23. 

Gochlea,  Exfoliation  der  454. 

Goffei'n  bei  Asthma  149. 

Goffeinsulfosäure,  toxische  Glykosurie 
durch  274. 

Golibacillen,  Differentialdiagnose  zwi- 
schen, und  Typhusbacillen  12,  248. 

Golitis  208. 

Golitoxinaemia  cerebrospinalis  63. 

Golloidbüdung  36. 

Golpotomia  anterior  bei  Adnexerkran- 
kungen  397. 

Goma  diabeticum  277. 

GompensationsstÖrung  des  Herzens, 
Ursache  der  38. 

Gondyloma  acuminatum  512. 

Gonjunctiva,  Diphtherie  der,  und 
Serumtherapie  419. 

Gonjunctiva,  Papeln  der  514. 

Gonjunctiva,  Sublimatii^jection  405. 

Gonjunctivitis,  Behandlung  der  419. 

Gonjunctivitis ,  gutartige,  der  Neu- 
geborenen 419. 

Gonjunctivitis  follicularis  und  Tra- 
chom 422. 

Gonstanter  Strom  bei  Typhus  251. 

Gontrex^ville  und  Ausscheidung  der 
Harnsäure  557. 

Gonus  medullaris  72. 

Gomutin  378. 

Gorsica  552. 

Gorti'sche  Membran  434. 


Sachregister. 


665 


Coxa  vara  350. 
Creolinintoxication  593. 
Creidsisinus,  Schilddrüsenbehandluiig 

bei  568. 
Curorte,  Hygiene  der  547. 
Cylinder  im  eiweissfreien  Harn  220. 
Cyste,  Flimmer-  40. 
Cyste,  Gras-  im  Darm  40. 
Qrste  der  Leber  41. 
Cystenniere  43. 
C^stinurie  230. 
Cystitis,  bacterielle  235. 
Cystitis,  Cantharidin  gegen  236,  510, 

588. 
Cysiitis  gonorrhoica  510. 
Cystitis,  ürotropin  gegen  589. 
Cystoskopie  237,  303,  340. 
CytisinvergiftuDg  586. 


D. 


Dacryocystitis,  Behandlung  der  416. 
Dampfbad,  improvisirtes  563. 
Dampfdesinfection  646. 
Darm,  Adenome  des  30. 
Darmadhäsion  206. 
Darmanastomose  331. 
Darm,  Antiperistaltik  203. 
Darmansschaltung  332. 
Darm,  Bacterien,  erste,  im  521. 
Darmdesinfection  bei  Typhus  250. 
Darmdesinficiens,  Enterol  als  592. 
Darm,  Flagellaten  im  209. 
Darm,  Gascysten  im  40. 
Darmgeschwüre  41. 
Darminnervation  204. 
Darminvagination  333,  543. 
Darmkatarrh,  Eudoxin  bei  208. 
Darmkatarrh,  Nephritis  bei  545. 
Darmkatarrh,  Nosophen  bei  208. 
Darmkatarrh,  Tannigen  bei  545. 
Darmlänge  205. 

Darm,  Mastdarmemährung  202. 
Darm,  Mastdarmgeschwüre  41. 
Darm,  Mastdarmresorption  204. 
Darmocclusion  nachTotalezstirpation 

des  Uterus  393. 
Darm,    physikalische   Untersuchung 

205. 
Darm,  Polypenbildung  im  209. 
Daumen,  Schanker  am  513. 
Decidua,  Geschwülste  der  31. 
Delirien,  Initial-  bei  Typhus  117. 
Dementia  paralytica,  Frequenz  der 

127. 


Dermatitis  herpetiformis  501. 

Dermatol  596. 

Dermatomyositis  acuta  312. 

Dermatomyositis  chi'onica  84. 

Dermoidcysten,  Carcinom  in  31. 

Dermoidcyste,  retrorectale  402. 

Descemet! tis  425. 

Desinfection,  Dampf-  646. 

Desinfection  der  Hände  303, 364,  653. 

Desinfectionsapparat,  neuer  646. 

Desinfectionsfähigkeit    von    Seifen- 
lösungen 647. 

Desinfection,  Wund-  3. 

Diabetes,  Aetiologie  275. 

Diabetes,  Aethylidenmilchsäure  und 
Fettsäuren  im  Harn  276. 

Diabetes,  Alkohol  bei  280. 

Diabetes,  Angina  pectoris  bei  Gicht 
und  175. 

Diabetes,  Blutbefund  276. 

Diabetes,  Bronze-  277. 

Diabetes,  Coma  277. 

Diabetes  decipiens  276. 

Diabetes,  Diätetik  279. 

Diabetes,  Epilepsie  bei  277. 

Diabetes,  gastrische  Krisen  bei  276. 

Diabetes,  Hämochromatose  bei   278. 

Diabetes,  Kalksalze  bei  280,  579. 

Diabetesniere  224. 

Diabetes,  Operation  bei  281. 

Diabetes  und  Pankreas  41,  274,  281. 

Diabetes,  Retinitis  bei  431. 

Diabetes,  traumatischer  616. 

Diabetes  u.  traumatische  Neurose  275. 

Diabetes,  Uraniumnitrat  bei  280. 

Diabetes,  Xanthoma  bei  497. 

Diabetes  insipidus,  Behandlung  mit 
Nebennieren  281. 

Diaphanoskopie  302. 

Diaphorese  bei  Hydrops  229. 

Diarrhoe,   hydriatische  Behandlung 
563. 

Diarrhoe,  Nephritis  nach  224. 

Diathese,  hämorrhagische  294. 

Digitalis,  Arzneiexanthem  bei  493. 

Digitalis  bei  Pneumonie  140. 

Digitoxin  181,  584. 

Digitoxin  bei  Pneumonie  140. 

Diphtherie,  Aetiologie  533. 

Diphtherie,  Anurie  bei  538. 

Diphtheriebacillen ,  ätiologische  Be- 
deutung 16. 

Diphtheriebacillen  bei  Gesunden  16. 

Diphtheriebacillen  in  Hautwunden  17. 

Diphtheriebacillen  nach  der  Heilung 
16. 


666 


Sachregister. 


Diphtheriebacillen  in  Wasser  17. 

Diphtheriebacillen  in  Winterkälte  17. 

Diphtherie,  Behandlung  mit:  Man- 
gansaurem Natron ,  Magnesium- 
sulfit, Salaktol,  Sozojodol  Wasser- 
stoffsuperoxyd 482,  mit  Heilserum 

539,  Natrium  sozojodolicum  594, 
locale  Behandlung  540,  Intubation 

540,  Tracheotomie  540, 
Diphtherie    der     Conjunctiva    und 

Serumtherapie  419. 

Diphtherie,  Diagnose  586. 

Diphtherie,  Differentialdiagnose  der 
649. 

Diphtherie,  Epidemiologie  der  532. 

Diphtherieheilserum,  Nebenwirkun- 
gen 566. 

Diphtherieheilserum -Therapie  419, 
650. 

Diphtherieheilserum  und  normales 
Pferdeserum  5. 

Diphtherieheilserum  -  Injection ,  Ver- 
änderungen der  Organe  bei  17. 

Diphtherieimmunität  6,  535,  650. 

Diphtherieimmunisirung  5. 

Diphtherie,  Incubation  der  587. 

Diphtherie,  Lähmung  nach  88, 
534. 

Diphtherieniere  224. 

Diphtherie,  Otitis  media  acuta  bei 
443. 

Diphtherie,  Pathogenese  des  Herz- 
todes nach  535. 

Diphtherie,  pathologische  Anatomie 
534. 

Diphtherie,  Prognose  der  539. 

Diphtherieprophylaxe  650. 

Diphtherie,  Pseudo-  534. 

Diphtherie,  septische  538. 

Diphtherie,  Streptokokken-  18. 

Diphtherie,  Streptokokken-  bei  Neu- 
geborenen 526. 

Diphtherie,  Tracheotomie,  Nachblu- 
tungen 482. 

Diphtherie,  Veränderungen  der  Or- 
gane bei  17. 

Diplegia  cerebralis  spastica  52. 

Diplococcus  intracellularis  19. 

Diplopie,  monoculare,  bei  Hysterie 
430. 

Disposition  4. 

Diurese  und  Flüssigkeitsaufnahme 
549. 

Diuretica  bei  Herzkranken  179. 

Diuretin  bei  Herzkrankheiten  180. 

Diuretin  bei  Hydrops  230. 


Diuretin,  toxische  Glykosurie  durch 

274. 
Divertikel  des  Magens  40,  201. 
Drainage  bei  Laparotomie  806. 
Drucksonde,  federnde  bei  Otitis  media 

445. 
Dura  mater,  Hämatom  der  515. 
Dura  spinalis,  Tumor  der  72. 
Dysenterieamöben  22,  266. 
Dysenterie,  Kohlensäure  bei  575. 
Dysenterie,  Steptokokken  bei  267. 
Dyspepsie,  Papain  gegen  588. 
Dyspnoe,  Wesen  der  cardialen   166. 


£. 


Ecchondrosis  physalifora  32. 

Echinococcus  in  Gehirn  58. 

Echinococcus  im  Herz  176.- 

Echinococcus  in  der  Leber  209. 

Echinococcus  in  der  Milz  209,  838. 

Ei,  äussere  Ueberwanderung  des  861. 

Einäugigkeit  und  Erwerbsfähigkeit 
637. 

Eisenbahnhygiene  642. 

Eisentherapie  582. 

Eisenwässer  und  Hämoglobin  558. 

Eiswassercur  562. 

Eiter,  Morphologie  des  25. 

Eiterung  809. 

Eiterung  durch :  Gonokokken  9,  un- 
bestimmte Mikroben  9,  Tjrphus- 
bacillen  9. 

Eiterung,  Catgut-  310. 

Eiterung,  Highmorshöhlen-,  Behand- 
lung 473. 

Eiterung,  künstliche,  bei  malignen  Ge- 
schwülsten 314. 

Eiterung,  otitische,  und  Canalis  ca- 
roticus  455. 

Eiweiss,  Fettbildung  aus  281. 

Eiweiss  s.  Albumin. 

Eklampsie  44. 

p]klampsie  bei  Mutter  und  Kind  377. 

Eklampsie,  operative  Behandlung  375. 

Eklampsie,  symptomatische  Behand- 
lung 377. 

Eklampsie,  Ureterverschluss  bei  878. 

Ekzem,  Myrtillin  bei  506. 

Ekzem,  Nephritis  nach  224,  489. 

Ekzemtherapie  487. 

EleYdin  480. 

Elektricität,  Tod  durch  613. 

Elektrolyse,  Wirkung  der  240. 

EUenbogengelenksanKylose  348. 


Sachregister. 


667 


Embolie  69. 

Embolie,  künstliche  49. 

Embolie  der  Pulmonalarterie  188. 

Empyem    der  Highmorshöhle,  Dia- 
gnose des  473. 

Empyem,  metapneumonisches  153. 

Empyem  der  Stirnhöhle  471. 

Encephalitis  54. 

Encephalitis,  Influenza-  269. 

Endocarditis  37,  167. 

Endocarditis  bei  Gonorrhoe  168. 

Endocarditis  bei  Tnbercolose  88. 

Endometritis,  Amöben  bei  28. 

Endometritis    decidualis    in    der 
Schwangerschaft  360. 

Endotheliom  29. 

Entenwalöl,  bei  Acne  491. 

Enteritis  phlegmonosa  40. 

Enterol  als  Darmdesinficiens  592. 

Enuresis  nocturna  237. 

Eosinophile  Zellen  290. 

Ephedrin  585. 

Ephedrinhomatropin  407. 

Epidermolysis  bullosa  hereditaria  492. 

Epididymitis  510. 

Epidurale  Abscesse  456. 

Epilepsie  94. 

Epilepsiebehandlung,     Flechsig'äche 
Methode  95. 

Epilepsiebehandlung  mit  Bromstron- 
tium 96. 

Epilepsiebehandlung,  chirurgische  96, 
317. 

Epilepsie,  Bewusstseinsstörungen  bei 
122. 

Epilepsie  bei  Diabetes  277. 

Epilepsie,  Geistesstörung  bei  619. 

Epilepsie,  Gliose  bei  95. 

Epilepsie,  Nierenextract  gegen  •  578. 

EpDepsie,  Reflex-  96.. 

Epilepsie,  senile  95. 

Episderitis  periodica  fugax  424. 

Erblichkeit  s.  Vererbung. 

Erhängen  bei  Tracheotomie  612. 

Erhängungstod  612. 

Erhftngungsversuch ,    Amnesie    nach 
120. 

Erwerbsfähigkeit    und  Einäugigkeit 
637. 

Erysipel  262. 

Erysipel,  Complication  des,  mit  Pneu- 
monie 262. 

Erysipel,  Gasabscesse  nach  9,  262. 

Erysipel,  Serum therapie  des  5. 

Erysipeltoxine     bei    malignen    Ge- 
schwülsten 814. 


Eudoxin  598. 

Eudoxin  bei  Darmkatarrh  208. 

Europhen  597. 

Europhen,  Ersatz  für  Jodoform  508. 

Evisceration  bei  verschleppten  Quer- 
lagen 370. 

Exantheme,  Arznei-:  Digitalis  498, 
Antipyrin,  Bromoform,  Jodkalium, 
Sulfonal  494,  Quecksilber  518. 

Exostosenbildung,  multiple  318. 

Extrauterinschwangerschaft,  Uterus- 
ausschabung bei  361. 


F. 


Facialislähmung  92. 
Fadalislähmung ,    Behandlung    der, 

nach  acuter  Otitis  media  446. 
Facialisparese  nach  Influenza  271. 
Fäces,  Harnsäure  und  Xanthinbasen 

in  den  284. 
Faserverlauf  des  Sehnerven  408. 
Felsenbein,  Hyperostose  des  450. 
Feriencolonieen  685. 
Ferment,  glykolytisches  281. 
Ferripyrin  603. 
Fettbildung  aus  Ei  weiss  281. 
Fettgewebe  der  Unterhaut  487. 
Fettleibige,  Herzarhythmie  bei   172. 
Fettmilch,  Gärtner'eche  524. 
Fibrinausscheidung     im    Blut     der 

Kinder  548. 
Fibroadenom  des  Magens  200. 
Fibromyom  des  Uterus  388. 
Fieber,  Blutkörpervolum  im  288. 
Fieber,  Einfluss  der  infectiösen,  auf 

den  Puls  241. 
Fieber,  Einfluss  des,  auf  Infections- 

krankheiten  241. 
Fiebererzeugung  28. 
Fieber,  Organentartung  bei  28. 
Fieber,  Schwarzwasser-  255. 
Fieber,  Texas-  246. 
Filtration  629. 

Fingergymnastik,  Apparate  für  816. 
Fingerverletzungen  348. 
Fissura  ani,  Behandlung  mit  Ichthyol 

492. 
Fistula    ileovaginalis    nach    Uterus- 

exstirpation  898. 
Flagellaten  im  Darmcanal  209. 
Flammentachographie  164. 
Flecktyphus,  Serumbehandlung  258. 
Flecktyphusprophylaxe  650. 
Fleischbeschau  680. 


668 


Sachregister. 


Flimmercyste  40. 
Flüssigkeitsaufnahme     und    Diurese 

549. 
Flussverunreinigung  628. 
Folliculitis  491. 
Formaldehyd  bei  Augenkrankheiten 

406. 
Frauenmilch,  Analyse  522. 
Fremdkörper  in  den  Luftwegen  137. 
Fremdkörperriesenzellen  26. 
Friedreich's  hereditäre  Ataxie  81. 
Friedrichshaller  Quelle  556. 
Frostmittel  492. 

Frucht,  todte,  Retention  der  369. 
Frühgeburt,  künstliche  370. 
Fuchsinarbeiter ,    Blasengeschwülste 

bei  345. 
Furunculose  bei  Influenza  270. 
Fussgelenk,  Arthrodese  im  354. 
Fuss,  Platt-,  Behandlung  355. 
Fusssch weisse  501. 


G. 


Gärtnerische  Fettmilch  524. 

Gallenblaseneiterung  249. 

Gallenblasen-  und  Leberchirurgie  337. 

Gallensteinzertrümmerung ,  trauma- 
tische 616. 

Gallicin  408. 

Ganglienzelle,  Granula  der  113,  114. 

Gangrän,  Haut-  499. 

Gangrän,  Lungen-  nach  Influenza  270. 

Gangrän,  puerperale,  des  Unter- 
schenkels 378. 

Gangrän,  symmetrische  102. 

Gangrän,  symmetrische,  bei  Syphilis 
532. 

Gangrän  bei  Typhus  249. 

Gasbildung  durch  Bacterium  coli  9. 

Gasbildung  bei  Erysipel  9. 

Gasbildung  in  der  Leber  209. 

Gascysten  im  Darm  40. 

Gasgährung  im  Magen  195. 

Gasglühlicht  626. 

Gastrische  Krisen  bei  Diabetes  276. 

Gastroptose  197. 

Gastroptose  bei  Chlorose  291. 

Gastroskopie  188. 

Gaumendefecte,  Sprache  bei  475. 

Gaumen,  weicher,  syphilitische  Ver- 
wachsung des  474. 

Gebärende,  äussere  Untersuchung  der 
363. 

Gebärmutter  s.  Uterus. 


Geburt  bei  Anteflxatio  uteri  366. 

Geburt,  Myom  bei  365. 

Geburtshülfe ,   Lehrbücher  der  402. 

Geburt,  Sarg-  617. 

Geburtsverletzungen  379. 

Geburtsverletzungen  der  Neugebore- 
nen 617. 

Gefängnisse,  Tuberculose  in  643. 

Gefässerkrankung,  Neuritis  durch  88. 

GefUssreflex,  bulbo medullärer  48. 

Geflügeltuberculose  11. 

Gehirn,  Aktin omykose  des  257. 

Gehirn,  Echinococcus  im  58. 

Gehimerkrankung  bei  Influenza  18. 

Gehimerkrankung,  otitische  457. 

Gehimgewicht  111. 

Gehirnhistologie  112. 

Gehirnnerven  90. 

Gehirn  s.  auch  Hirn. 

Gehirn,  elektrische  Reizversuche  am 
114. 

Gehirn,  Trauma  des  56. 

Gehörgang,  äusserer,  Syphilis  des  439. 

Gehörgangsverletzung  durch  Unter- 
kieferläsion 440. 

Gehörgangsstenose,  Behandlung  der 
438. 

Gehörknöchelchen,  Excision  der  448. 

Gehörprüfungen  an  Schulkindern  436. 

Gehörschärfe  und  akustische  Eisen- 
bahnsignale 437. 

Geisteskrankheiten ,  Schilddrüsen- 
behandlung  bei  569. 

Geistesstörung  und  Sittlichkeits- 
verbrechen 619. 

Gelbsucht  s.  Icterus. 

Gelenk,  Ellenbogen-,  Ankylose  348. 

Gelenkerkrankungen  bei  Influenza 
310. 

Gelenkinhalt  bei  Gelenkrheumatis- 
mus 20. 

Gelenkknochenhypertrophie,  pulrao- 
näre  148. 

Gelenkrheumatismus,  Aetiologie  des 
263. 

Gelenkrheumatismus ,  Kokken  im 
Harn  20. 

Gelenkrheumatismus  s.  auch  Poly- 
arthritis. 

Gelenktuberculose  311. 

Genitalien,  Aphthen  der  383. 

G  enitalerkrankungen  beiChlorose  381 . 

Genitalerkrankungen  bei  Influenza 
381. 

Genitalerkrankungen  bei  Morbus 
Basedowii  380. 


Sachregister. 


6G9 


Geschlechtskrankheiten,  Lehrbücher 
der  506. 

Geschwülste  der  CarotiBdrüse  320. 

Geschwülste,  Hirn-,  Operation  318. 

Geschwülste,  Genese  der  32. 

Geschwülste,  maligne,  Behandlung 
durch  Eiterung  314. 

Geschwülste,  maligne,  Behandlung 
durch  Eiysipeltozine  314. 

Geschwülste,  traumatische  Ursache 
der  32,  313. 

Geschwülste,  Transparenz  302. 

Gesichtsfeldstörungen  51. 

Gesichtslage,  Umwandlung  von  369. 

Gesundheitsaufseher  in  Berlin  645. 

Gesundheitsanfseher  in  England  645. 

Gesundheitswesen,  öffentliches,  Lehr- 
bücher für  659. 

Gicht  283. 

Gicht,  Angina  pectoris  bei  Diabetes 
und  175. 

Gicht,  Behandlung  mit  Lysidin  286. 

Gicht,  Behandlung  mit  Lithium  286. 

Gicht,  Hams&ureconcretionen  in  Ge- 
lenken 286. 

Gicht  und  Xanthinbasen  285. 

Gifte,  Dosis  letalis  bei  mehreren  609. 

Glaukom,  Behandlung  des  426. 

Glaukom  nach  Stardiscission  426. 

Gliose  bei  Epilepsie  95. 

Glykogen  im  Blute  273. 

Glykogen  und  Zucker,  Muskelarbeit 
273. 

Glykolyse  273. 

Glykosurie,  alimentäre  275. 

Glykosurie,  physiologische  214. 

Glykosurie,  toxische,  durch  CoffeYn 
274. 

Glykosurie,  toxische,  durch  Cofiein- 
sulfosäure  274. 

Glykosurie,  toxische,  durch  Diuretin 
274. 

Glykosurie,  toxische,  durch  Queck- 
silber 274. 

Glykosurie,  toxische,  durchThyreoidea 
274. 

Glykosurie,  toxisöhe,  durch  Tuberculin 
274. 

Gonokokken  606. 

Gonokokkencultur  507. 

Gonokokken,  Eiterung  durch  9. 

Gonokokken  bei  Prostituirten  508. 

Grenitalerkrankungen  bei  Verdauungs- 
störungen 381. 

Gerichtliche  Medicin,  Lehrbücher  der 
620. 


Gonorrhoe  385. 

Gonorrhoe,  Behandlung  mit:  Alum- 
nol  510.  Argentamin  508,  Argonin 
509,  Janet's  Methode  509,  Ultz- 
mann'schen  Durchspülungeu  509, 
Salbeniustrument  510,  Hydrothera- 
pie 562. 

Gonorrhoe  (forensisch)  507. 

Gonorrhoe,  Cystitis  bei  510. 

Gonorrhoe,  Endocarditis  bei  168. 

Gonorrhoe,  Hemiplegie  bei  55. 

Gonorrhoe,  Prophylaxe  der  507. 

Granula  der  Ganglienzelle  113.  114. 

Granula,  Natur  der  113. 

Greisenaiter,  Schwerhörigkeit  440. 

Gritti'sche  Amputation  307. 

Grosshimhemisphäre,  Entfernung  der 
49. 

Grosshirn  u.  psychische  Phänomene 

50. 
Guajacol  bei  Lungenschwindsucht  146. 
Guajacol  bei  Typhus  251. 
Gynäkologie,  Lehrbücher  der  402. 


H. 


Haarmange]  499. 

Hämatochylurie  235. 

Hämatom  der  Dura  mat<er  62,  515. 

Hämatom  der  Dura  mater,  Behand- 
lung 318. 

Hämatom,  intradurales  72. 

Hämatom  der  Ohrmuschel  438. 

Hämatoporphyrinurie  216. 

Hämaturie  bei  Malaria  254. 

Hämochromatose  26. 

Hämochromatose  bei  Diabetes  278. 

Hämoglobinbestimmung  288. 

Hämoglobin  und  Eisenwässer  558. 

Hämoglobin  bei  Lungenschwindsucht 
146. 

Hämoglobinurie  216. 

Hämophilie  294. 

Hämostatica,   intern  wirkende  382. 

Hallux  valgus  356. 

Halsrippen  321. 

Hammerzehenplattfuss  356. 

Harn,  Bacterien  im  2. 

Hambefunde  nach  Chloroformnar- 
kose 299. 

Harnblase,    Anästhesirung  der  236. 

Harnblase  s.  auch  Blase. 

Harn,  Cylinder  im  eiweissfreien  220. 

Harn,  diabetischer,  Aethylidenmilch- 
säure  und  Fettsäure  im  276. 


670 


Sachregister. 


Hamleiterfisteln  400. 

Hamleiterkatheterismus  237,  303. 

Harn,  Leukocytenzählung  im  221. 

Hamorgane,  Lehrbücher  der  Krank- 
heiten der  237. 

Harn,  Pentose  im  278. 

Hampigmente  220. 

Harn,  salpetrige  Säure  im  219. 

Harnsäure  212,  213. 

Harnsäure  Diathese,  Kalksalze  bei 
232. 

Harnsäure  im  Blut  bei  Nephritis  228. 

Harnsäure  im  Blut  286. 

Harnsäure  im  Harne  283,  286. 

Harnsäure,  Löslichkeit  der  231,  283. 

Harnsäure  und  Nudein  der  Nahrung 
284. 

Harnsäure  und  Xanthinbasen  in  den 
Fäces  284. 

Harnsäure  und  Xanthinbasen  bei 
acutem  Blutzerfall  285, 

Harnsäure,  Reaction  auf,  mit  Phos- 
phormolybdänsäure 283. 

Hamsäureconcretionen  in  gichtischen 
Gelenken  286. 

Hamsäuresteine,  Urotropin  gegen  589. 

Harnsäure,  Ausscheidung  der,  und 
Contrex^viUe  557. 

Harnsäure  u.  Xanthinbasen  bei  Leuk- 
ämie 292. 

Harnsäure  und  Leukocytose  289. 

Hamsecretionsvorgang  212. 

Hamsedimente  219. 

Hamsedimente,  Conservirung  der  221. 

Hamsedimente,  Färbung  der  220. 

Harn,  Sulfonal  im  218. 

Harn,  Veränderungen  durch  Blut- 
zerfall 217. 

HamTcrdÜnnung  214. 

Hamwege,  Krankheiten  der  235. 

Hausentwässerung  624. 

Hantatrophie  498. 

Hautbedeckung,  natürliche  und  künst- 
liche 623. 

Haut^n^n  499. 

Hautmeision,  subenidermale  305. 

Hautjucken,  GannsÜDis  indica  bei  504. 

Hautkrankheiten,  Lehrbücher  der  506. 

Hautkrankheiten ,  Schilddrüsenbe- 
handlung bei  569. 

Hautreflexe,  gesteigerte  bei  Tabes  78. 

Hauttransplantation  304. 

Hautwarzen  29,  495. 

Hebammenwesen,  Organisation  des 
654. 

Heilanstalten  552,  644,  648. 


Heilserumtherapie  der  Diphtherie  650. 

Heilserum ,   Diphtherie- ,   Nebenwir- 
kungen 566. 

Heilserum  s.  auch  Serum. 

Heilstätten  für  Kinder  635. 

Heizung  und  Beleuchtung  624, 

Hemianopsie  bei  Hysterie  98. 

Hemiatrophie  des  Gesichts  103. 

Hemicrame  103. 

Hemiplegie,  gonorrhoische  55. 

Hemisystolie  168. 

Hernien,  Tuberculose  der  337. 

Hemiotomie  bei  Kindern  546. 

Herpes  laryngis  478. 

Herpes  tonsurans  502. 

Herpes  zoster  89,  500. 

Herpes  zoster  bei  Malaria  254. 

Herz,  Alkohol-  170. 

Herzaffection  bei  Influenza  268. 

Herzaffection  der  Masturbanten  175. 

Herzarhythmie  bei  Fettleibigen  172. 

Herzbeschwerden,  prämenstruale  174. 

Herz,  Echinococcus  im  176. 

Herz,  Erkrankung  der  Vorhöfe  171. 

Herzerweiterung,  angiospastische  174. 

Herzerweiterung,   scarlatinöse ,    Be- 
handlung der  541. 

Herzfehler    durch    Quetschung    des 
Herzens  173,  324. 

Herz,  Fragmentation  des,  bei  Typhus 
250. 

Herzgeräusche,  accidentelle  diastoli- 
sche 169. 

Herzgewicht  bei  Tuberculosen  37. 

Herzhypertrophie,  idiopathische  172. 

Herz,  kindliches,  Wadisthumshyper- 
trophie  des  543. 

Herzklappenfehler,  complicirter  168. 

Herzklappenfehler  167. 

Herzkranke,  Diuretica  bei  179. 

Herzkrankheit,  Behandlung  mit  Al- 
kohol 181. 

Herzkrankheit ,    Widerstandsgymna- 
stik 181. 

Herzmuskelerkraukungen  170. 

Herzmyxom,  polypöses  176. 

Herz,  Neubildungen  176. 

Herzparasiten  176. 

Herz  der  Phthisiker  141. 

Herzpolypen  171. 

Herzschwäche    bei   Infectionskrank- 
heiten  242. 

Herzspitzenstoss,  Lehre  vom  161. 

Herzsyphilis  175. 

Herz ,   thrombenähnliche    Bildungen 
des  37. 


Sachregister, 


G71 


Herztod,  diphtherischer,  Pathogenese 
des  535. 

Herztone,  Entstehung  und  Zahl  derl60. 

Herztöne,  mechanische  Registrirung 
der  163. 

Herztuberculose  172. 

Herz,  üeberanstrengung  des  637. 

Herz,  Wirkung  der  Vagusdurchschnei- 
dung  auf  das  37. 

Heteroplastikbei  Schädeldefecten  318. 

Highmor8hdhleneiterung,6ehandlung 
472. 

Highmorshöhle,  £mpyem,  Diagnose 
des  478. 

Highmorshöhle,  Fremdkörper  der  472. 

Highmorshöhle,  Nachblutung  bei  Er- 
öffnung der  472. 

Highmorshöhle,  seröse  Erkrankung 
der  473. 

Hinken,  intermittirendes  88. 

Himabscesse,  otitische  456. 

Hirnblutung  53. 

Himchirurgie  57,  317. 

Himdruck  und  Stauungspapille  51. 

Himgeschwülste,  Operation  318. 

Hirnhautentzündung,  eitrige,  optische 
Aphasie  bei  456. 

Hirnkrankheiten  bei  Otitis  456. 

Himnerven,  centraler  Verlauf  der 
111. 

Himsyphilis  58. 

Hirntumor,  Labyrinthdruck  bei  452. 

Hirn  s.  auch  Gehirn. 

Höhenklima  un  d  Tub  erkelbacillen550. 

Höhenklima  und  Zusammensetzung 
des  Blutes  549. 

Höhlen  wunden,  starrwandige,Behand- 
lung  307. 

Hördauer  435. 

Hog  Cholera  4. 

Homkrebs  des  Uteruskörpers  394. 

HospitalTentilation  643. 

Hüftgelenkluxation,  angeborene,  Be- 
handlung 351. 

Hüftgelenkluxation,  angeborene,Gang 
bei  350. 

Hühnerei,  Eommabacillen  im  15. 

Hungertod  615. 

Hydriatische  Behandlung  derDiarrhoe 
563. 

Hydriatische  Behandlung  der  Gonor- 
rhoe 562. 

Hydriatische  Therapie  und  Stoff"- 
wechsel  560. 

Hydrocelenbehandlung  346. 

Hydrocephalus  546. 


Hy  dronephrose,  Pseudo-,  traumatische 
344. 

Hydronephrose,  Nephrektomie  bei344. 

Hydrops,  Diaphorese  bei  229,  Diuretin 
bei  230,  Calomel  bei  230,  mecha- 
nische Behandlung  229,  Pilocarpin 
bei  229,  Sonnenbäder  bei  229. 

Hydrops  s.  auch  Wassersucht. 

Hydrorrhoea  nasalis  469. 

Hydrotherapie,  Bruchreposition  unter 
562. 

Hyperidrosis  501. 

Hyperkeratose  495. 

Hyperostose  des  Felsenbeins  450. 

Hypertrophie ,  idiopathische ,  Herz- 
172. 

Hypertrophie  der  Prostata,  Behand- 
lung der  347. 

Hypertrophie,  Prostata-,  Castration 
bei  346. 

Hypertrophie ,  pulmonäre  Gelenk- 
knochen- 148. 

Hypertrophie,  Wachsthums-,  des  kind- 
hchen  Herzens  543. 

Hypertrophie,  wahre  Muskel-  85. 

Hypoleukocytosis,  toxische  241. 

Hysterie  97,  Oedem  bei  98,  Selbst- 
beschädigung bei  98,  Simulation 
von  Syringomyelie  bei  98,  mon- 
oculare  Diplopie  bei  430,  Simulation 
von  Tabes  dorsalis  bei  99. 

Hysterie,  imitatorische  546. 

Hysterische  Schmerzen  97,  Mamma 
97,  Stottern  98,  Stummheit  98, 
Hemianopsie  98,  Chrom atopsie  98. 


I. 


Ichthyol,  Behandlung  der  Fissura 
ani  mit  492. 

Ichthyosis  495. 

Icterus,  infectiöser  20,  210. 

Icterus,  syphilitischer  516. 

Ileocöcalgegend,  Geschwülste  der  334. 

Immunisirung,  Einführung  der  all- 
gemeinen 566. 

Immunisirung  durch  Serum  4,  durch 
Schlangengift  5,  gegen  Diphtherie  5. 

Immunisirungsversuche  bei  Typhus 
252. 

Immunität  6,  künstliche,  bei  Diphthe- 
rie 650,  natürliche  bei  Diphtherie  6, 
bei  niederen  Wirbel thieren  7,  Säu- 
gungs-  532. 

Impetigo  herpetiformis  490. 


(572 


Sachregister. 


Impf  Statistik  651. 

Impfstoff  651. 

Impfang,  Präventiv-  246. 

Indicanurie  219. 

Infectionskrankheiten ,  Blutalkales- 
cenz  bei  4. 

Infectionskrankheiten ,  Einfluss  des 
Fiebers  auf  241. 

Infectionskrankheiten,  Herzschwäche 
bei  242. 

Infectionskrankheiten ,  Lehrbücher 
der  271. 

Infection  bei  Neugeborenen:  Nabel- 
erkrankungen 525,  Sepsis  526, 
Streptokokkendiphtherie  526. 

Influenza,  Behandlung  mit:  Chinin 
271,  Salophen  271. 

Influenzaencephalitis  269. 

Influenza,   Facialisparese  nach  271. 

Influenza,  Furunculose  bei  270. 

Influenza,  Gefässverschlüsse  bei  268. 

Influenza,  Gehimerkrankung  bei  18. 

Influenza,  Genitalerkrankungen  bei 
381. 

Influenza,  Herzaffection  bei  268. 

Influenza,Eehlkopf affectionen  bei  27 1 . 

Influenza,  Knochenaffectionen  bei  270. 

Influenza,  Knochen-  und  Gelenk- 
erkrankungen 310. 

Influenza,   Lungenabscess  nach  148. 

Influenza,  Lungengangrän  nach  148, 
270. 

Influenza,  nervöse  270. 

Influenzaotitis  92,  443. 

Influenza,  pathologische  Anatomie  18. 

Influenzazunge  270. 

Inhalatorien,  Freiluft-  am  Meeres- 
strande 555. 

Initialdelirien  bei  TVphus  117. 

Instrumentenkochgef^  316. 

Intoxication  s.  auch  Vergiftung. 

Intubation  540. 

Inversio  uteri,  Operation  bei  388. 

Iritis,  Pathogenese  der  425. 

Irrenanstalten,  Verfügung  betreffend 
die  Privat-  181. 

Irresein,  inducirtes  118. 

Ischias  92. 

Iscliias,  Muskelwogen  bei  93. 

Ischias  scoliotica  93. 

Isolirung  645. 

J. 

Janet'sche  Methode  bei  Gonorrhoe  509. 
Jodkali  bei  Aktinomykose  257. 


Jodkalium,  Exantheme  494. 
Jodoform,  Europhen  für  503. 
Jodoformin  595. 
Jodoformin,   Behandlung  des  ülcas 

moUe  mit  512. 
Jodsaure  Salze  576. 
Jucken,  Cannabis  indica  gegen  504. 


K. 


Kaiserschnitt  372. 

Kaliumchloratvergifbung  575. 

Kaliumchromatstaub  640. 

Kalk  bei  Diabetes  mellitus  280,  579. 

Ealkstoffwechsel  bei  Rachitis  527. 

Kapselbacillus  8. 

Kataleptische  Todtenstarre  617. 

Katheterismus  der  Harnleiter  237. 

Kehlkopf  affectionen  bei  Influenza  27 1 . 

Kehlkopf,  Auteskopie  466. 

Kehlkopf,  CoordinationslSlimung  des 
481. 

Kehlkopf exstirpation  320,  481. 

Kehlkopf  krankheiten,  Lehrbücher  der 
485. 

Kehlkopflähmungen  nach  Typhus 
89,  481. 

Kehlkopflampe  466. 

Kehlkopfheurose,  klimakterische  94. 

Kehlkopfstenose,  Behandlung  478. 

Kehlkopfstenose,  syphilitische  477. 

Kellnerlähmung  92. 

Keloi'd  494. 

Keratitis  und  Coigunctivitis  eczema- 
tesa,  Aetiologie  404. 

Keratitis,  eitrige  423. 

Keratitis,  interstitielle,  bei  Syphilis 
424. 

Keratitis,  parenchymatöse  423. 

Keratese,  Hyper-  495. 

Keratosis  universalis  491. 

Keuchhusten,  Behandlung  mit:  Anti- 
spasmin  541,  Cocain  541,  Kohlen- 
säure  575,  Luftcur  541. 

Kiefergelenksneurose  und  Ohrerkran- 
kung 450. 

Kiefernekrose,  Tabes  dorsalis  mit  79. 

Kinder,  Alkoholismus  bei  126. 

Kinderheilstätten  635. 

Kinderkrankheiten,  Lehrbücher  der 
546. 

Kindermilch,  häusliche  Herstellonff 
523. 

Kissinger  Mineralwasser  im  Stoff- 
wechsel 557. 

Kleinhimerkrankungen  62. 


Sachregister. 


673 


Kleinhirahemisphäre,  Entfernung  der 

49. 
Kleinbirntumor  30. 
Klima  621. 

KUmatische  Behandlung  der  Tuber- 
culosen 555. 
Elimatologie,  Lehrbücher  der  564. 
Klimatotherapie    des  Morbus   Base- 

dowii  553. 
Klystier,  Oel-  bei  Obstipation  209. 
Kniegelenkstuberculose,  Behan  dlung 

353. 
Knochenatrophie  45. 
Knocbenerkrankungen  bei  Influenza 

270,  310. 
Knochenimplantation  45. 
Knochenmark,  Biologie  des  45. 
Knochenmark,  Behandlung  der  per- 

niciösen  Anämie  mit  292. 
Knochenmark,  Blutbildung  in  Milz 

und  289. 
Knochenmark,  Regeneration  des  27. 
Knochentuberculose    und   Schlamm- 
bäder 558. 
Körpertemperatur  im  kalten  Bad  562. 
Kohlenoxydnachweis  610. 
Kohlenoxydvergiftung  624. 
Kohlenoxjd Vergiftung ,    Lähmung 

nach  90. 
Kohlensäure    bei:    Dysenterie    575, 
Erbrechen    der  Schwängern  575, 
Keuchhusten  575. 
Kohlensäurebäder  548. 
Kohlensaure  Soolbäder    bei  Bleidi- 

sucht  557. 
Kohlensaure  Soolbäder  b^   Morbus 

Brightü  556. 
Kommabacül^ft  in  Aquarien  14. 
Kommabacülen,  Lebensdauer  der  — 

in  Fäcahen  14. 
Kommabadllen  und  FaolniM  14. 
KommabaciUen,  Giftbildang  der  15. 
KommabadUen  im  Hühnerei  15. 
Kopfverletzung,  Blutspuren  bei  616. 
KothunterBUchiuig  20^. 
Krankenhausbau  643. 
Krankentransport  643. 
Krebs,    Hom-,    des    Vtunuk'fgyan 

394. 
Kiebs,  Lungen-  a6,  14SP. 
Krebs,  Nieren-  293. 
Krebs,  PankreM-  210. 
Krebsseram  bei  BialigBieii  Oe4<.r«wij,' 

sten  314. 
Krebs  8.  auch  CaieuMmii. 
Krebs  und  Taberralo«* 


Jahrbnch  der  igatxxtf'.t^^  K»  ...<  vi      >^flr^ 


Kreislaufsorgane ,    Lehrbücher    der 

Krankheiten  der  185. 
Kreislaufstörungen,Müchcurenbeil  77 . 
Kreosotal    bei    Lungenschwindsucht 

146. 
Kropf,  Schilddrüsenfütterung  bei  322. 
Kropf,  Thymus  bei  572. 
Kropf,    Thymusfütterung   bei,    und 

Basedow'scher  Krankheit  323. 
Kuhmilch,  Veränderungen  der,  durch 

Sterilisiren  523. 
Kupferhämol  581. 
Kupfer,  toxische  Wirkung  580. 

L. 

Labyrinthdruck  bei  Hirntumor  452. 

Labyrintherkrankung,  Pilocarpin  bei 
454. 

Labyrinth,  pathologische  Anatomie 
des  452. 

Labyrinthsyphilis  516. 

Lactation,  Amblyopie  bei  431. 

Lactation  ohne  vorhergegangene  Oe* 
burt  607. 

Lactophenin  601. 

Lähmungen,  Blei-  90, 

Lähmung,  Ooordinatioas-  des  Kohl- 
kopfes 481. 

Lähmungen,    Facialis-,  nach  acut«'»* 
Otitis  media,  Behandlung  44<(. 

Lähmungen,  Kehlkopf-,  nacTi  Typhun 
89,  481. 

Lähmung,  Kellner-  92. 

Lähmungen  nach  Kohl(fnoxy(| Vergif- 
tung 90. 

Lähmungen,  Malaria-  89. 

Lähmung  d^m  N.  poronaeuN  129« 

LähmoDg,  Oculomotoriu«-  ^). 

Lähmung,  OculomoUiriuM-  b<'i  Hyplu- 
lis  5^2. 

Lähmung,  paroxyiirnaU;  familütnf  09. 

Lähmung,  |i<Mi/)iphtb«ri<(/:h«i  8H,  UM- 

Uihrijung,  lUwMrt^u^   i'M 

Lähmisng<;n  \m  iii^iom^MVir»»  Ma^h» 
gitis  XM. 

Likstfiry'nihit  i'aralyx«  ^,2. 

IjApHrfßUßmUi,  i;rairt*^«f  tmt  ti(Hi 

r*rfif>/fiiij«  ftV9 


674 


Sachregister. 


LarjDxezstirpation  bei  malignen  Tu- 
moren 480. 

Larynxtuberculoße,  Pathogenese  478, 
ElinischesBild  478,Behandlung479. 

LaryDxtuberculose,  Lignosaifitbei467. 

Larynx  s.  auch  Kehlkopf. 

Lateralsklerose,  amyotrophische  82. 

Leber,  acute  gelbe  Atrophie  der  41. 

Leber,  Adenocarcinom  42. 

Leberarterie,  Unterbindung  der  41. 

Leberatrophie  und  acute  Phosphor- 
vergiftung 610. 

Leber,  Cysten  der  41. 

Lebercirrhose  42. 

Lebercirrhose,  Milz  bei  39. 

Leber,  Echinokokken  in  der  209. 

Leber,  Gasbildung  209. 

Leber-  und  Gallenblascnchirurgie  337. 

Leberleiden  und  Nephritis  226. 

Leber,  Regeneration  der  28. 

Lehrbücher  und  Monographieen  der 
Arzneimittellehre  und  Toxikologie 
605. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der 
Athmungsorgane  159. 

Lehrbücher  der  Augenheilkunde  432. 

Lehrbücher  der  Bacteriologie  45. 

Lehrbücher  der  Chirurgie  357. 

Lehrbücher  der  Constitutionskrank- 
heiten  297. 

Lehrbücher  der  Gehurtshülfe  und 
Gynäkologie  403. 

Lehrbücher  für  öffentliches  Gesund- 
heitswesen 659. 

Lehrbücher  der'  gerichtlichen  Me- 
dicin  620. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der  Ham- 
organe  237. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der  Haut 
506. 

Lehrbücher  der  Inf ectionskrankheiten 
271. 

Lehrbücher  der  Kinderkrankheiten 
546. 

Lehrbücher  der  Klimatologie  und 
Balneologie  564. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der 
Kreislaiiforgane  185. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der  Nase, 
des  Rachens  etc.  485. 

Lehrbücher  der  Nervenkrankheiten 
109. 

Lehrbücher  der  Ohrenkrankheiten 
468. 

Lehrbücher  der  pathologischen  Ana- 
tomie 46. 


Lehrbücher  der  Psychiatrie  132. 

Lehrbücher  der  Syphilis  520. 

Lehrbücher  der  venerischen  Krank- 
heiten 506. 

Lehrbücher  der  Krankheiten  der  Ver« 
dauungsorgane  210. 

Leichenzerstückelung  618. 

Leiomyom  des  Uterus  28. 

Lepra  502. 

Lepra,  Erblichkeit  265. 

Lepra,  Metabolität  265. 

Leuchtgas,  Verbrennungsproducte  des 
625. 

Leukämie,  acute  293. 

Leukämie,  Behandlung  mit  Schild- 
drüse 294. 

Leukämie,  Blutbefund  bei  293. 

Leukämie,  Harnsäure  und  Xanthin* 
basen  bei  292. 

Leukämie,  Mitosen  bei  292. 

Leukämie,  Nervensystem  bei  293. 

Leukämie,  Priapismus  bei  293. 

Leukämie  und  Pseudo-  292. 

Leukämie,  Taubheit  bei  441. 

Leukocyten,  Emigration  der  25. 

Leukocyten  und  Serumwirkung  7. 

Leukocytenzählung  im  Harn  221. 

Leukocytenzerfall  213. 

Leukoc^tolyse  288. 

Leukocytose  288. 

Leukocytose  und  Blutalkalesceuz  289. 

Leukocytose,  Siderosis  und  Blutbil- 
dung 289. 

Leukocytose  und  Harnsäure  289, 

Leukoplakie  514,  574. 

Licht  (hygienisch)  622.- 

Lidschanker  515. 

Lignosulfitbei  Larynxtiiberculose467. 

Lignosulfit  bei  Lungenschwindsucht 
145,  577. 

Linsenkapselabhebungen  427. 

Lithium  231. 

Lithiumsalze,  Diuretische  Wirkung 
der  579. 

Lobulus,  Hämatom  des  438. 

Logirhäuser  624. 

Loretin  597. 

Lues,  hereditäre,  Narben  bei  517. 

Lues  s.  Syphilis. 

Luftbäder,  heisse,  bei  Chlorose  560. 

Luft-  und  Bergfahrten  551. 

Luftcur  bei  Keuchhusten  541. 

Luftverdünnungsapparat  bei  Otitis 
media  444. 

Lumbalpunction  63. 

Lungenabscess  nach  Influenza  148. 


Sachregister. 


675 


LungenaktiDomykose,  primäre  150, 
257. 

Langen alveolen,  Poren  der  35. 

Lnnge,  Aspergillas  fumigatus  in  der 
21. 

Lungen  blntang  142. 

Lunge,  congenitaler  Mangel  einer  134. 

Lungenentzündung,  indurative  147. 

Lungengangrän  148. 

Lungengangrän,  operative  Behand- 
lung 324. 

Lnngengangrän  nach  Influenza  270. 

Lungengangrän ,  Behandlung  mit 
Carboliigectionen  149. 

Lungengeschwülste  149. 

Lungen^eschwülste,  Diagnose  der  150. 

Lungeninduration  147. 

Lungeninfarct,  hämorrhagischer  25. 

Lungenkrebs  36,  149. 

Lungenphthise ,     cantharidinsaures 
Kali  bei  588. 

Lungenschwindsucht,  Balneotherapie 
144. 

Lungenschwindsucht ,  Behandlung 
mit :  Tubercaloseheilserum  144, 
Gantharidin,  Lignosulfit,  Pfeffer- 
münzöl,  Tubercolin  145,  Aristol, 
Aqua  oxygenata,  Guajacol,  Hämo- 
globin, Ereosotal,  Nucleün,  Peru- 
balsam ,  Phenosuccin ,  Zimmt- 
säure  146. 

Lungenschwindsucht  s.  auch  Phthisis 
und  Tuberculose. 

Lunge  bei  Steinmetzen  640. 

Lungentuberculose,  Histologie  der  35. 

Lupus  502. 

Lupus  erythematosus  498. 

Lupus  durch  Ohrlöcb erstechen  439. 

Lupus  der  Zunge  503. 

Luxation  der  Peroneussehnen  355. 

Lnxatio  penis  345. 

Lymphcyste  29. 

Lymphdrüsen,  subpleurale  36. 

Lymphe,  Bacterien  der  254. 

Lymphom,  malignes  30. 

Lysolvergiftung  611. 

Magen,  Aktin omykose  200. 
Magenbewegungen  191. 
Magenblutung  198. 
Magenchirurgie  326. 
Magendivertikel  40. 
Magen,  Druck  Verhältnisse  im  190. 
Magendouche  202. 


Magen darchleachtung  196,  291. 

Magenkrankheiten ,  elektrische  Be- 
handlung 202. 

Magen,  Fibroadenom  200. 

Magengährungen  195. 

Magengeschwür  40. 

Magengeschwür,  traumatisches  198. 

Magengeschwür  ,  mykotisch  •  pepti- 
sches  199. 

Magenkrankheiten,  Kautabletten  bei 
202. 

Magenkrankheiten,  chirurgische  Be- 
handlung 201. 

Magenkrankheiten ,  Mastdarmemäh- 
rung  bei  202. 

Magen,  Milchsäure  im  193. 

Magen,  Milchsäuregährung  194. 

Magennearose  199. 

Magen,  Salzsäurebestimmung  192. 

Magen,  Sanduhr-  40,  201. 

Magenschleimhautstückchen ,    Ab- 
lösung von  196. 

Magenschleimhautstückchen ,  Unter- 
suchung von  195. 

Magen,  schleimige  Degeneration  196. 

Magen,  Secretion  und  Resorption  im 
192. 

Magen,  Tractionsdivertikel  201. 

Ma£rocheilie  515. 

Malaria  254. 

Malaria,  Herpes  zoster  bei  254. 

Malarialähmungen  89. 

Malarialähmungen,  Beri-Beri  bei  89. 

Malariatherapie :  Anaigen  255,  heisse 
Einpackungen  255,  Schwefelräuche- 
rungen  255. 

Malaria,  tropische  22. 

Mallein  259. 

Malum  occipitale,  halbseitige  Zungen- 
atrophie 66. 

Mamma,  hysterische  97. 

Mandelgeschwülste  474. 

Mandelstein  474. 

Margarine  631. 

Masernprophylaxe  656. 

Massage,  Wasserdruck-  563. 

Mastdarmchirurgie  335. 

Mastdarmemährung  202. 

Mastdarmgeschwüre  41. 

Mastdarm,  lusufflationen  von  Bor- 
säure in  den  578. 

Mastdarm resorption  204. 

Mastdarm,  Vergiftung  des,  von  der 
Scheide  aus  610. 

Mastdarmverletzung  bei  Pyosalpinx- 
operation  398. 


676 


Sachregister. 


Masturbanten,  Herza£Pection  bei  175. 
Mattonrs  Moorsalz  506. 
Mechanische  Behandlung  von  Hydrops 

229. 
Megaloblasten  290. 
Mehl,  Ausnutzung  von  524. 
Melancholie  619. 

M^niere'sche  Krankheit  61,  62,  452. 
Meningitis     cerebrospinalis ,    heisse 

Bäder  bei  562. 
Meningitis,  Diagnose  der  64. 
Meningitis  gummosa  65. 
Meningitis,  Pachy-,  cervicalis  hyper- 

trophica  74. 
Meningitis  serosa  otica  455. 
Meningitis  tuberculosa,  Diagnose  65. 
Meningitis  tuberculosa^  Lähmungen 

bei  531. 
Meningomyelitis  73. 
Meran,  Klima  551. 
Mercurielle  Exantheme  513. 
Mesarai'ca  superior,  Aneurysma  der 

185. 
Metabolität  der  Lepra  265. 
Metastasen  bei  Blennorrhoe  542. 
Metritis  chronica  885. 
Metritis  gonorrhoica  385. 
Milchcuren    bei    Kreislaufstörungen 

177. 
Milch,  Frauen-,  Analyse  522. 
Milch,   Kuh-,  Veränderungen  durch 

Sterilisiren  523. 
Milchproducte,  Hygiene  der  631. 
Milchsäure  im  Magen  193. 
Milch,  Tuberkelbacillen  in  der  12. 
Milz,  Blutbildung  in,  und  Knochen- 
mark 289. 
Milz,    Echinokokken    in    der    209, 

838. 
Milz  bei  Lebercirrhose  39. 
Milz,  Regeneration  der  28. 
Milzbrand  638. 
Milzbrandbacillen  258. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Trichinose  8. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Prodigiosus  8. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Staphylococcus  4. 
Milzbrand,  Serum  bei  6. 
Milzbrandtoxin  258. 
Milzbrand,    Yerbreitungsmodus   des 

258. 
Mineralwässer,  künstliche  547,  631. 
Mineralwassersalze,  Sandow^s  548. 
Mischinfection  bei  Cholera  245. 


Mischinfection  von  Trichinose    und 

Milzbrand  3. 
Mischinfection   von   Milzbrand   und 

Prodigiosus  3. 
Mischinfection    von    Milzbrand  und 

Staphylococcus  4. 
Missbildung  34. 
Mitosen  bei  Leukämie  292. 
Mitralgeräusch ,     Localisation     des 

systolischen  168. 
Mitralinsufficienz,  Venenpuls  bei  168. 
Mittelohreiterung  bei  Syphilis  441. 
Mittelohrentzündung  s.   auch  Otitis 

media. 
Mittelohroperation,   Hautplastik  bei 

449. 
Molluscum  contagiosum  494. 
Moorbäder  und  Blutveränderung  559. 
Moorsalz,  Mattoni's  506. 
Morbus  Addi8onii,Nebennierenexiract 

bei  578. 
Morbus  Basedowii   s.  Basedow^ache 

Krankheit. 
Morbus  Brightii,  kohlensaure  Sool- 

bäder  bei  556. 
Morbus  Weilii  267. 
Mord  durch  Hammerschläge  616. 
Morphium  und  Atropin,  Antagonis- 
mus zwischen  588. 
Morphologie  des  Eiters  25. 
Müllbeseitigung  626. 
Mumps,  Nephritis  nach  542. 
Mundseuche  474. 
Mundtuberculose  11. 
Mundtuberculose  nachZahncaries  475- 
Muskelarbeit,  Glykogen  und  Zucker 

278. 
Muakelatrophie,  spinale  86. 
Muskel dystrophie  bei  Morbus  Base- 
dowii 101. 
Muskelgeschwulst  an  den  Nieren  283. 
Muskelhypertrophie^  wahre  85. 
Muskel,  KranUieiten  der  84. 
Muskelwogen  bei  Ischias  98. 
Myasthenia  gravis  85. 
Myelitis,  infectiöse  78. 
Myelitis,  Polio-,  anterior  chronica  81. 
Myelom  29. 
Myelomeningitis  78. 
Myoclonie  104. 
Myom,  abdominale8,Totalex«iiirpation 

bei  889. 
Myom,  Castration  bei  391. 
Myom  bei  Geburt  865. 
Myoma  saroomatosum  402. 
Myom,  Thyreoidin  bei  388. 


Sachregister, 


677 


Myom,  Unterbindung  der  Art.  ute- 

rinae  bei  388. 
Myom,  vaginale  Operation  391. 
Myomotomie,    Stiel  Versorgung  nach 

388. 
Myopie,  Sehleistnng  bei  412. 
Myopie,   Staphyloma  posticum  und 

412. 
Myositis,  Dermato-,  chronica  84. 
Myositis,  ossificans  84. 
Myositis,  Poly-,  suppurativa  312. 
Myotonia  105. 

Myronin  bei  Hautkrankheiten  505. 
Myrtillin  bei  Ekzem  506. 
Myxödem,  Erankheitsbild  der  489. 
Myxödem  bei  Morbus  ßasedowii  101. 
Myxödem ,    Schilddrüsenbehandlung 

bei,  und  Cachexia  strumipriva  567. 
Myxödem,  Schilddrüsentherapie  102, 

483. 
Myxom,  polypöses,  im  Herz  176. 

Nabelerkrankung  bei  Neugeborenen 

525. 

Nabelschanker  513. 

Nabelschnurumschlingung  365. 

Nachblutung  bei  Eröffnung  der  High- 
morshohle  472. 

Nägel,  eingewachsene,  Airol  bei  505. 

Naevus  495. 

Nahrungsmittelverpackung  630. 

Narben  bei  hereditärer  Lues  517. 

Narkose,  Aetherchloroform-  299. 

Narkose,  Aether-,  und  Pneumonie  301 . 

Narkosenlähmungen  302. 

Narkose,  neue  Methode  300. 

Nasenathmung  467. 

Nase,  Tuberkelbacillen  in  der  ge- 
sunden 468. 

Nasenkrankheit  und  Asthma  149. 

Nasenkrankheit,  Nosophen  bei  467. 

Nase,  Lehrbücher  der  Krankheiten 
der  etc.  485. 

Nasenmuschel,  Varix  der  469. 

Nase,  Mikroorganismen  468. 

Nasenoperationen  470. 

Nasenstenose  467. 

Natrium  sozojodolicum  gegen  Diph- 
Üierie  594. 

Nebennieren,  accessorische  44. 

Nebenniere  bei  Diabetes  insipidus  281. 

Nebennierenerkrankungen  43. 

Nebennierenextract  bei  Morbus  Addi- 
sonii  573. 


Nebennierenextract ,  toxische  Wir- 
kung des  574. 

Nebennieren,  toxische  Substanz  in  der 
Kapsel  der  574. 

Neben nierentumor  233. 

Nekrose,  Coagulations-  223. 

Nephrektomie  bei  Hydronephrose  344. 

Nephrektomie  bei  malignen  Tumoren 
344. 

Nephritis,  alkoholische  225. 

Nephritis,  bacterielle  42. 

Nephritis  nach  Diarrhoe  224,  545. 

Nephritis,  eitrige  232. 

Nephritis  nach  Ekzem  224,  489. 

Nephritis,  Harnsäure  im  Blut  bei 
228. 

Nephritis  nach  Hautwunde  224. 

Nephritis  und  Leberleiden  226. 

Nephritis  nach  Mumps  542. 

Nephritis,  parenchymatöse  222. 

Nephritis  nach  Quecksilber  225. 

Nephritis  bei  Schwangerschaft  226. 

Nephritis,  Symptomatologie  228. 

Nephritis,  syphilitische  225. 

Nephritis,  Therapie  228. 

Nephritis  s.  auch  Nierenentzündung. 

Nephrolithiasis  230. 

Nephrolithiasis  nach  Brechdurchfall 
230. 

Nephrolithiasis  s.  auch  Nierensteine. 

Nephrotyphus  250. 

Nervenkrankheiten,  Lehrbücher  der 
109. 

Nervensystem  bei  Leukämie  293. 

Nervensystem  bei  Syphilis  519. 

Nervus  acusticus,  Ursprung  des  433. 

Nervus  cutaneus  femoris  externus, 
Parästhesie  93. 

Nervus  peronaeus,  Lähmung  des  129. 

Netzhautablösung,  Behandlung  der 
428. 

Netzhautentzündung  bei  congenitaler 
Syphilis  429. 

Netzhaut,  Functionen  410. 

Neuenahr  555. 

Neugeborene,  Bacterien  im  Darm 
der  2. 

Neugeborene ,  Geburtsverletzungen 
der  617. 

Neugeborene,  gutartige  Conjunctivi- 
tis der  419. 

Neugeborene,  Nabelerkrankung  525. 

Neugeborene,  Sepsis  526. 

Neugeborene ,  Streptokokkendiph- 
therie 526. 

Neuralgie  der  Niere  234. 


678 


Sachregister. 


Neuralgie,  Trigeminus-  91. 
Neurasthenie  93. 

Neuritis  ascendens,  Behandlung  309. 
Neuritis  durch  Gefäsaerkrankung  88. 
Neuritis  optica    als   Symptome   der 

Tabes  78. 
Neuritis  des  Plexus  brachialis  92. 
Neuritis,  puerperale  86. 
Neuritis,  syphilitische  516. 
Neurom  30. 

Neurom  des  Rückenmarks  73. 
Neurose  93,  174. 
Neurosen,  Anämie  bei  290. 
Neurose  des  Eiefergelenkes  91,  450. 
Neurose,  klimakterische  Kehlkopf-  94. 
Neurose,  Magen-  199. 
Neurose,  traumatische  94,  617. 
Neurose,  traumatische  u.  Diabetes  275. 
Niere,  bewegliche  234. 
Niere,  Cholera-  222. 
Niere,  Diabetes-  224. 
Niere,  Diphtherie-  224. 
Niere,  elastische  Fasern  der  212. 
Niere,  Lage  der  211. 
Niere,  Muskelgeschwulst  233. 
Niere,  Neuralgie  234, 
Nierenchirurgie  341. 
Nierenentzündung  s.  auch  Nephritis. 
Nierenerkrankungen  u.  Paralyse  130. 
Nierenextract  gegen  Epilepsie  573. 
Nierenexstirpation  343. 
Nierenkrankheit  und  Psychose  118. 
Nierenkrebs  233. 
Nierenleiden,  Brückenau  bei  555. 
Nierenmangel  34,  341. 
Nierenpalpation  214. 
Nierensteine  s.  Nephrolithiasis. 
Nierentuberculose  43,  232. 
Nierenverletzungen  342. 
Nierenwassersucht  222. 
Niere,  Wander-  und  Perityphlitis  234. 
Niere,  Wander-  und  subcutane  Nieren- 

zerreissung  343. 
Nierenzerreissung ,    subcutane    und 

Wandemiere  343. 
Niere,  Schwangerschafbs-  359. 
Nikotianaseife  604. 
Nitrobenzol Vergiftung  611. 
Nosophen  597,  598. 
Nosophen  bei  Darmkatarrh  208. 
Nosophen  bei  Nasenkrankheiten  467. 
Nosophen  bei  Otitis  media  447. 
Nosophen  bei  Wunden  504. 
Nucl^in  212. 

Nuclein  u.  Harnsäure  der  Nahrung284. 
Nucll»in  bei  Lungenschwindsucht  146. 


0. 


Oberkiefer,  Tumor  des  31. 

Oberkieferresection,  blutlose  320. 

Obstipation,  Insufflationen  von  Bor- 
säure in  den  Mastdarm  bei  578. 

Obstipation,  Oelklystiere  bei  209. 

Oculomotoriuslähmung  90. 

Oculomotoriuslähmung  bei  Syphili£ 
532. 

Oedem  bei  Hysterie  98. 

Oedem,  periauriculäres  439. 

Oesophagoskopie  187. 

Oesophagoskopie ,      therapeutincher 
Wert  der  189. 

Oesophagusdivertikel  180. 

Oesophagus,  Neurosen  des  190. 

Oesophagus,  Polypen  des  190. 

Oesophagustuberculose  40,  190. 

Ohr,  Carcinom  450. 

Ohr,  topographische  Anatomie  des 
433. 

Ohrenkrankheiten,  Allgemeinbehand- 
lung 454. 

Ohrenkrankheit,  Heredität  der  442. 

Ohrenkrankheiten  und  Taubstumm- 
heit 451. 

Ohrenkrankheiten,   Lehrbücher   der 
463. 

Ohrerkrankungen ,     Gleichgewichts- 
störungen bei  453. 

Ohrerkrankung    und   Kiefergelenks- 
neurose 450. 

Ohrerkrankung  bei  Tabes  441. 

Ohrgeräusche ,  Wattevaselincylinder 
bei  441. 

Ohrlabyrinth  s.  auch  Labyrinth. 

Ohrlabyrinth,  Physiologie  des  434. 

Ohrlöcherstechen,  Lupus  darch  438. 

Ohrlupe  438. 

Ohr,  Mittel-,  Eiterung,  syphilitische 
441. 

Ohrmuschelplastik  439. 

Onychomycosis  501. 

Operationstisch  316. 

Ophthalmia  neonatorum,  Behandlung 
der  418. 

Ophthalmie,  sympathische  425. 

Orbita,  Geschwülste  der  417. 

Osteomalacie ,  Albumosurie  bei  295. 

Osteomalacie,  jugendliche  295. 

Osteomalacie,  Yerkennung  der  296. 

Osteomalacie,  Therapie:  Castration 
296,  Phosphor  296. 

Osteomyelitis  310,  311. 

Osteotomie,  Indicationen  für  528. 


i>7i> 


otitische  Eitanng 
ticus  45d.* 

Otitiscfae  Gehimabeceaae.  Apfiaäe  bei 
455. 

Otitische  ffiTTia>>nrpiiP<F  55.  456. 

Otitische  Hirnbankiirite«  45ö.  457. 

Otitische  Mom^itis  sana  455. 

Otitische  Prämie  461. 

Otitis,  Inflaema-  92,  443. 

Otitis  interna,  Allgemeinbefajuidhni^ 
453. 

Otitis  interna.  Taabstammheh  imd 
451. 

Otitis  media,aciite,  AeCiologie  der  442. 

Otitis  meclia,  acnte,  Behandlung  der 
Faoialisläh mung  nach  447. 

Otitis  media,  Behandinng  mit  Loft- 
verdännongsapparat  444. 

Otitis  media,  federnde  Drockionde 
445. 

Otitis  media,  Paraoentese  des  Trom- 
melfells 445. 

Otitis  media^  Trockenbehandlnng445. 

Otitis  media,  chronische,  Behandlung 
mit :  Acidnm  trichloraoeticam  447, 
95**/oigem  Alkohol  447,  Jodtinctor 
447,  Paraffininjedionen  443,  Vase- 
lininjectionen  444. 

Otitis  media  diphtheritica  443. 

Otitis  media  s.  aoch  Mittelohrent- 
zündung. 

Otitis  externa,  mykotische  439. 

Orarialabscess  394. 
.OTarialresection  394. 

Ovariotomie  in  der  Schwangerschaft 
361. 

Oxalurie  230. 

Oxyuren  545. 

Ozaena  469. 


P. 


Pachjdermia  laryngis  478. 
Pachymeningitis     cervicalis     hyper- 

trophica  74. 
Paget^s  Krankheit  497. 
Pankreaschimrgie  337. 
Pankreas  und  Diabetes  41,  274,  281. 
Paokreaskrebs  210. 
Papain  gegen  Dyspepsie  588. 
Papeln  der  Conjunctiva  514. 
Papilloma  neuropathicum  500. 
Paracentese     des   Trommelfells    bei 

Otitis  media  445. 
Parästhesie  des  N.  cutaneus  femoris 

extemus  93. 


I 


C»^iis  sEied^  44S. 
^zalTse.  Analjc^ssi^  d^  Flnarisstam- 

B«s  b«i  it:sr 

Paralyse.  proer>?ssiT««  AetioIo«:W  diM' 

1^' 
Panirse.  proosnüssiTe,  AaaLc^e^  der 

Pauralrse,  progressire«  Diäurnots^  iukI 

Sjmptomatolocie  der  1S<X 
ParalTae.  Frühform  der  pro^nessiT^n 

12S 
Paraljse,  proewssire  bei  Syphilis  l^T, 
Paraly^,  LandnrVhe  S:?. 
PaialTse    und    Nienenerkraaknn^n 

13CL 
Paralyse,  spastische  spinäilo  S4v 
Paramvoclonus  liH. 
Paranoia,  s^^undan?  124. 
Paiapleuritis  primär«  15$. 
Paratyphlids  ;vk>. 
Parotitis  bei  Pneumv^nie  141. 
Pathologische  Anatomie«  Lehrbücher 

der  46. 
Paukenhöhleneiterong  44^ 
Pentose  im  Harn  278. 
Peptonurie  130,  21S. 
Percussionstechnik ,  Instrumente  fur 

136. 
Pericarditis.  eitrig  1S8, 
Pericarditis,    eitrijje.     Iwoi^ivMi    Wi 

328. 
Pencsurditis.  urämische  ^6. 
Pericarditis,  Zeichen  der  1S2. 
Pericardium,  Chylo-  1S5. 
Periostitis,  syphilitische  5S3. 
Peritoneum,  Resorption  von\  4^. 
Peritonitis,   eitrige  puer|>er;ile »   l*«» 

parotomie  bei  379« 
Peritonitis,  tuberculöse  »V^J« 
Perityphlitis  334, 

Perityphlitis,  Beliandlung  der  '^><V 
Perityphlitis,  rheumatische  iMS, 
Perityphlitis  und  Wuudenueiv  *J:^4, 
Peron&us,  Lälimuiig  des  lihK 
Peronäussehnen,  laixAtio«  der  S.NN, 
Perubalsam  bei  LuwgtHisohwi«tUuoht 

146. 
Petroleuniraffinerieeu,   Hvjjieue   der 

641. 
Pfeffermünzöl    bei    Lungenach  wind» 

sucht  145. 
Pferdeserum  und  Diphtheriescrum  5. 
Phagocytose  bei  Rauschbniiul  7. 
Phagocytoae  bei  Vibrion  scptique  7. 
Pharyngitis  474, 


676 


Sachregister. 


MaBturbanten,  HerzaJQPection  bei  175. 
Mattoni^s  Moorsalz  506. 
Mechanische  Behandlung  von  Hydrops 

229. 
Megaloblasten  290. 
Mehl,  Ausnutzung  von  524. 
Melancholie  619. 

Meniere'sche  Krankheit  61,  62,  452. 
Meningitis     cerebrospinalis ,    heisse 

Bäder  bei  562. 
Meningitis,  Diagnose  der  64. 
Meningitis  gummosa  65. 
Meningitis,  Pachy-,  cervicalis  hyper- 

trophica  74. 
Meningitis  serosa  otica  455. 
Meningitis  tuberculosa,  Diagnose  65. 
Meningitis  tuberculosa,  Lähmungen 

bei  581. 
Meningomyelitis  78. 
Meran,  Klima  551. 
Mercurielle  Exantheme  518. 
Mesaraica  superior,  Aneurysma  der 

185. 
Metabolität  der  Lepra  265. 
Metastasen  bei  Blennorrhoe  542. 
Metritis  chronica  385. 
Metritis  gonorrhoica  385. 
Milchcuren    bei    Kreislaufstörungen 

177. 
Milch,  Frauen-,  Analyse  522. 
Milch,  Kuh-,  Veränderungen  durch 

Sterilisiren  528. 
Milchproducte,  Hygiene  der  631. 
Milchsäure  im  Magen  198. 
Milch,  TuberkelbaciUen  in  der  12. 
Milz,  Blutbildung  in,  und  Knochen- 
mark 289. 
Milz,     Echinokokken    in    der    209, 

338. 
Milz  bei  Lebercirrhose  39. 
Milz,  Regeneration  der  28. 
Milzbrand  638. 
Milzbrandbacillen  258. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Trichinose  8. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Prodigiosus  8. 
Milzbrand,  Mischinfection  von,  und 

Staphylococcus  4. 
Milzbrand,  Senun  bei  6. 
Milzbrandtoxin  258. 
Milzbrand,    Verbreitungsmodus   dos 

258. 
Mineralwässer,  künstliche  547,  681. 
Mineralwassersalse,  Sandow^s  548. 
Mischinfection  bei  Cholera  245. 


Mischinfection   von  Trichinose    und 

Milzbrand  8. 
Mischinfection   von   Milzbrand   und 

Prodigiosus  3. 
Mischinfection   von    Milzbrand   und 

Staphylococcus  4. 
Missbildung  84. 
Mitosen  bei  Leukämie  292. 
Mitralgeräusch ,     Locaüfiation      des 

systolischen  168. 
Mitralinsufficienz,  Venenpuls  bei  168. 
Mittelohreiterung  bei  Syphilis  441. 
Mittelohrentzündung  s.   auch  Otitis 

media. 
Mittelohroperation,  Haatplastik  bei 

449. 
Molluscum  contagiosum  494. 
Moorbäder  und  Blutveränderung  559. 
Moorsalz,  Mattoni's  506. 
Morbus  Addisonii,Nebennierenextract 

bei  573. 
Morbus  Basedowii   s.  Basedow'sche 

Krankheit. 
Morbus  Brightii,  kohlensaure  Sool- 

bäder  bei  556. 
Morbus  Weilii  267. 
Mord  duixih  Hammerschläge  616. 
Morphium  und  Atropin,  Antagonis- 
mus zwischen  588. 
Morphologie  des  Eiters  25. 
Müllbeseitigung  626. 
Mumps,  Nephritis  nach  542. 
Mundseuche  474. 
Mundtuberculose  II. 
Mundtuberculose  nach  Zahncaries  475. 
Muskelarbeit,  Glykogen  und  Zacker 

273. 
Muakelatrophie,  spinale  86. 
Muskel dystrophie  bei  Morbus  Base- 
dowii 101. 
Muskelgeschwulst  au  den  Nieren  233. 
Muskelhypertrophie,  wahre  85. 
Muskel,  Krankheiten  der  84. 
Muskelwogen  bei  Ischias  93. 
Myasthenia  gravis  85. 
Myelitis,  infectiöse  73. 
Myelitis,  Polio-,  anterior  chronica  81. 
Myelom  29. 
Myelomeningitis  73. 
Myoclonie  104. 
Myom,  abdominaleSfTotalexstiipation 

bei  389. 
Myom,  Castration  bei  391. 
Myom  bei  Geburt  365. 
Myoma  saroomatosum  402. 
Myom,  Thyreoidin  bei  388. 


Sachregister. 


()81 


Psendohydronephrose,  traumaÜfiche 
344. 

Pseudoleukämie  292. 

Psoriasis  487. 

PsoriasisbehaBdlung  488. 

Psoriasis  bei  Neugeborenen  489. 

Psoriasis,  Thyreoidea  bei  489. 

Psoriasis  vaccinalis  488. 

Psoriasisverbreitung  488. 

Psychiatrie,  Lehrbücher  der  132. 

Psychose,  epileptische  619. 

Psychose,  Erblichkeit  der  116. 

Psychose  und  Nierenkrankheit  118. 

Pychose,  polyneuritische  118. 

Psychose,  Thyreoidbehandlung  132. 

Psychose,  toxische  und  Alkoholismus 
124,  126. 

Psychose,  Tnberculinbehandlung  bei 
131. 

Pulmonal arterie,  £mbolie  der  183. 

Puls,  Einfluss  der  infectiösen  Fieber 
auf  den  241. 

Pulsrhythmus  167. 

Pulswaage  164. 

Pupillen,  willkürliche  Erweiterung  52. 

Putride  Bronchitis  durch  Colibacillen 
10. 

Pyämie  8. 

Prämie,  otitische  461. 

Pyelitis,  Behandlang  232. 

Pygopagus  34. 

Fyocyaneusculturen  bei  Typhus  251. 

Pyonephrose  378. 

Pyopneumothoraz,  operative  Behand- 
lung des  157. 

Pyosalpinxoperation ,  Mastdarmver- 
letzung bei  398. 

Quecksilber,  Exantheme  bei  513. 

Quecksilber,  Nephritis  nach  225. 

Quecksilbersalbe  bei  Ulcera  cruris  505. 

Quecksilber,  toxische  Glykosurie  durch 
274. 

Querlage,  Evisceration  bei  verschlepp- 
ter 370. 

Querulantenwahn  119,  619. 


R. 


Rachenkatarrh,  chronischer  474. 
Rachen,  Lehrbücher  der  Krankheiten 

des  485. 
Rachitis,  Aetiologie  527. 
Rachitis,  Häufigkeit  der  528. 


Rachitis,  Kalkstoifwechscl  bei  527. 

Rachitis,  Spontanheilung  von  Ver- 
krümmungen 354,  528. 

Rachitis,  Tetanie  bei  528. 

Rausch,  pathologischer  619. 

Raynaud^sche  Erkrankung  102,  494. 

Reconvalescentenan  stalten  644. 

Rectum,  Plattenepithelkrebs  des  32. 

Recurrenslähmung  481. 

Reflexe  48. 

Reflexe,  Adductoren-  49. 

Reflexe,  Gefäss-,  bulbomedulläre  48. 

Regeneration  der  rothen  Blutkörper- 
chen 27. 

Regeneration  des  Centralnerven- 
systems  28. 

Regeneration  des  Knochenmarks  27. 

Regeneration  der  Leber  28. 

Regeneration  der  Milz  28. 

Regeneration  der  Uterusschleimhaut 
28. 

Reizversuche,  elektrische,  am  Gehirn 
114. 

Resection,  Oberkiefer-,  blutlose  820. 

Resection,  temporäre,  der  Clavicula 
305. 

Resection,  Trigeminus-,  intracranielle 
319. 

Resorbin  503. 

Respirometer  186. 

Retina,  Histologie  der  408. 

Retinitis,  diabetische  431. 

Retroflexio,  sacrale  Operation  388. 

Rettungsapparate  aus  Wassergefahr 
642. 

Rhabdomyom  der  Nierengegend  28. 

Rheumatismus,  Tripper-  510. 

Rheumatismus  s.  auch  Muskelrheuma- 
tismus  und    Gelenkrheumatismus. 

Rhinitis  sicca  anterior  469. 

Rhinoplastik  319. 

Rhinosklerom  bei  Chorditis  inferior 
481. 

Rindenerregbarkeit,  Einfluss  der  Ent- 
zündung auf  die  115. 

Rotz,  Diagnose  258. 

Rückenmarksabscess  74. 

Rückenmark,  Comprcssion  des  70. 

Rückenmark,  elektrische  Erregbar- 
keit des  68. 

Rückenmarkshemmungscentren  50. 

Rückenmark,  Krankheiten,  des  bei 
pemiciöser  An&mie  69,  292. 

Rückenmark,  Neurom  des  73. 

Rückenmark,  secundUre  Degeneration 
68. 


682 


Sachregister. 


Rückenmark,   Stichverletzungen  70, 

325. 
Rückenmark,  Tumor  des  72. 
Ruhr,  Therapie  267. 
Ruhr  8.  auch  Dysenterie. 


S. 


Sacralteratom,  fötales  379. 

Säugungsimmunität  532. 

Salben  504. 

Salbeninstrument  bei  Gonorrhoe  510. 

Salbeüberstreichungen    bei   Syphilis 

518. 
Salicyl  bei  Polyarthritis  265. 
Saligenin  587. 
Salophen  599. 
Salophen  bei  Influenza  271. 
Salpetrige  Säure,  Vergiftung  mit  578. 
Salze  des  Blutes  287. 
Salze,  jodsaure  576. 
Sanatorien  552,  644. 
Sandbäder  559. 

Sandbäder,  heisse,  bei  Hydrops  229. 
Sandow's  Mineralwassersalze  548. 
Sanduhrmagen  40,  201. 
Sanitäts-  und  Meldedienst  644. 
Sarcoma  deciduocellulare  401. 
Sarggeburt  617. 
Sarkom  mit  Amyloid  30. 
Schädeldefecte,  fleteroplastik  318. 
Schädelgrube,  Tumor  in  der  hinteren 

61. 
Schallleitungshindemis,  Bestimmung 

desselben  436. 
Schanker,  Daumen-  513. 
Schanker,  Lid-  515. 
Schanker,  Nabel-  513. 
Schanker  nach  Tätowirung  514. 
Schanker,  TonsiUar-  513. 
Scharlach,  Herzerweiterung,  Behand- 
lung bei  541. 
Scharlachübeiiragung  656. 
Scheidenbacterien  2. 
Schenkel,  Unter-,   Verkrümmungen, 

Spontanheilung    rachitischer   354. 
Schenkelvene,  Verletzung  der  849. 
Schief  hals,  musculärer  321. 
Schieloperation  414. 
Schienenhülsenapparate  316. 
Schiffshygiene  642. 
Schilddrüse,Be6tandth6ileder,Thyreo- 

proteid  571. 
Schilddrüsenbehandlung    bei    Akro- 

megalie  568. 


Schilddrüsenbehandlung  bei  Base- 
dow'scher  Krankheit  101,  102. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Cretinis- 
mus  568. 

Schilddrüsenbehandlung ,  Gefahren 
der  282,  569. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Geistes- 
krankheiten 569. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Haut- 
krankheiten 569. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Kropf 
322. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Leuk- 
ämie 294. 

Schilddrüsenbehandlung  beiMyxödem 
und  Cachexia  strumipriva  567. 

Schilddrüsenbehandlung  des  Myx- 
ödems 488. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Tetanie 
569. 

Schilddrüsenbehandlung  bei  Tubercu- 
lose  568. 

Schilddrüsenfunction  322. 

Schilddrüsentabletten,  Bereitung  der 
572. 

Schilddrüsentheorie  99. 

Schlammbäder  und  Knochentubercu- 
lose  558. 

Schlangengift,  Immunisirung  durch  5. 

Schleimhautläsionen ,  syphilitische, 
Chromsäure  bei  513. 

Schleimhaut,  Uterus-,  Regeneration 
der  384. 

Schlemm'scher  Sinus,  Anatomie  des 
409. 

Schneebeseiti^ung  626- 

Schnupfen,  Eisenbahn-  468. 

Schokoladenfette,  Ausnutzung  der524. 

Schulbankfrage  634. 

Schulkinder,  Gehörprüfungen  436. 

Schulräume,  Hygiene  der  632. 

Schulterblatt,  angeborener  Hochstand 
des  323. 

Schulüberbürdung  633. 

Schwammvergiftungen  586. 

Schwangere,  Kohlensäure  bei  Er- 
brechen der  575. 

Schwangerschaft,  Diagnose  359. 

Schwangerschaft,  Einfluss  der,  auf 
Basedow'sche  Krankheit  100. 

Schwangerschaft,  Endometritis  deci- 
dualis  in  der  360. 

Schwanger8chaft,Extrautei*in-,Utem8- 
ausschabung  bei  361. 

Schwangerschaft,  fVuchttod  in  der. 
durch  Trauma  360. 


Sachregister. 


683 


Schwangerschaft,  Ovariotomie  in  der 
361. 

Schwangerschaft,  Porro-Operation  in 
der  362. 

Schwangerschaftsnephritis  226,  359. 

Schwarzwasserfieber  255. 

Schwarzwasserfieber,  Chinin  bei  256. 

Schwefelräucherungen  bei  Malaria 
255. 

Schweissdrusen  496. 

Schwerhörigkeit  im  Greisenalter  440. 

Schwerhörigkeit  und  sociale  Yer- 
sicherungsgesetze  440. 

Schwindel  53,  452. 

Schwindsucht  der  Arbeiter  638. 

Schwindsuchtssterblichkeit  12. 

Schwindsucht  s.  auch  Lungenschwind- 
sucht. 

Scorbut  294. 

Sehhügel  50. 

Sehkraft  und  Berufswahl  636,  637. 

Sehleistung  bei  Myopie  412. 

Sehnenscheidenafi^ectionen  bei  Poly- 
arthritis 264. 

Sehnerv,  Faserverlauf  408. 

Sepsis  bei  Neugeborenen  526. 

Septikämie  8. 

Serum,  Cholera-  6. 

Serum,  Immunisirung  und  Heilung 
durch  4. 

Serum,  Pneumokokken-  5- 

Serum  bei  Milzbrand  6. 

Serum  s.  auch  Heilserum. 

Serumeins pritzung  240. 

Serumtherapie  bei  Diphtherie  539, 650. 

Serumtherapie,  Diphtherie  der  Con- 
junctiva  und  419. 

Serumtherapie  des  Erysipels  5. 

Serumtherapie,  Flecktyphus  253. 

Serumtherapie,  Erebs-  bei  malignen 
Geschwülsten  314. 

Serumtherapie,  Leistungen  und  Ziele 
566. 

Serumtherapie^  Pneumokokken  5. 

Serumtherapie  bei  Syphilis  517. 

Serumtherapie  bei  Tetanus  260,  261. 

Siderosis  34. 

Siderosis,  Leukocytose  u.  Blutbildung 
289. 

Siebbeinerkrankung  473. 

Singstimme  477. 

Sinus,  Schlemm*scher,  Anatomie  409. 

Sinusthrombose  462. 

Sittlichkeitsverbrechen  und  Geistes- 
störung 619. 

Sklerodactylie  498. 


Sklerodermie  103,  498. 

Sklerose,  inselförmige  76. 

Soor  20. 

Speiseröhre,  Tuberculose  der  190. 

Speiseröhre  s.  auch  Oesophagus. 

Sphygmomanometer,  neues  163. 

Spiegelschrift  60. 

Spina  bifida  occulta  34. 

Spitzenstoss  des  Herzens,  Physiologie 
der  Bewegungen  162. 

Splenektomie  338. 

Splenopexis  339. 

Sporenbildung  1. 

Sprachcentrnm,  Störungen  des  59. 

Sprosspilze,  pathogene  21. 

Sputum ,  Tuberkelbacillennachweis 
im  136. 

Staphylococcus ,  Mischinfection  von 
und  Milzbrand  4. 

Staphyloma  posticum  und  Myopie  412. 

Stardiscission,    Glaukom   nach   426. 

Stauungspapille  und  Hirndruck  51. 

Steinmetzenlunge  640. 

Stenose  der  Aorta  184. 

Stenose,  Gehörgangs-,  Behandlung 
438. 

Stenose,  Nasen-  467. 

Sterilisiren ,  Veränderung  der  Kuh- 
milch durch  523. 

Stimmbandlähmung  bei  Typhus  249. 

Stimme,  Ueberanstrengung  477. 

Stimmgabeluntersuchungen  435. 

Stirnhöhle,  Empyem  471. 

Stirnhöhlenerkrankung  418. 

Stimlappen,  Function  der  50* 

Stimlappen,  Zerstörung  beider  114. 

Stofi^wechsel   und  heisse  Bäder  561. 

Stoffwechsel,  kindlicher  522. 

Stomatitis  39. 

Stottern,  hysterisches  98. 

Streptococcus,  Arten  des  8. 

Streptokokkendiphtherie  18. 

Streptokokkendiphtherie  bei  Neu- 
geborenen 526. 

Streptokokken  bei  Dysenterie  267 

Streptokokken ,  erbliche  Uebertra- 
gung  2. 

Striae  601. 

Stroboskop,  Laryngo-  466. 

Struma  36. 

Strychninnachweis  612. 

Stummheit,  hysterische  98. 

Sublimat,  Behandlung  des  Ulcus  molle 
mit  512. 

Sublimatinjectionen,  intravenöse,  bei 
Syphilis  518. 


684 


Sachregister. 


Sublimatinjection ,    subconjunctivale 

405. 
Sublimat  bei  Syphilis  519. 
Sublimatvergiftung  27. 
Sulfonal,  Exantheme  494. 
Swine  plague,  hog  cholera  4. 
Symphyseotomie  373. 
Symphyseotomie ,     Nachoperationen 

nach  374. 
Syphilis   des   äusseren   Gehörganges 

439. 
Syphilis  und  Aortenaneurysmen  184. 
Syphilis,  Arteriitis  33. 
Syphilis,  Behandlung  mit:  Serum  517^ 

Salbeüberstreichungen  518,  Subli- 

matinjectionen,   intravenösen  518, 

Sublimat  519. 
Syphilis,   congenitale,   Netzhautent- 

zünduDg  bei  429> 
Syphilis,  Herz-  175. 
Syphilis,  Icterus  bei  516. 
Syphilisinfection ,  extragenitale  514. 
Syphilis,  interstitielle  Keratitis  bei 

424. 
Syphilis,  intestinale  41. 
Syphilis,  Eehlkopfstenose  bei  477. 
Syphilis,  Labyrinth-  516. 
Syphilis,  Lehrbücher  der  520. 
Syphilis,   Mittelohreiterung  bei  441. 
Syphilis,  Nephritis  bei  225. 
Syphilis,  Nervensystem  bei  519. 
Syphilis,  Neuritis  bei  516. 
Syphilis,  Oculomotoriuslähmung  bei 

532. 
Syphilis,  Periostitis  nach  532. 
Syphilis,  progressive  Paralyse  bei  127. 
Syphilis,  Prophylaxe  512. 
Syphilisresiduen  515. 
Syphilis,  Schleimhautläsionen,  Chrom- 
säure bei  513. 
Syphilis,  symmetrische  Gangrän  bei 

532. 
Syphilis  und  Tabes  77. 
Syphilis,  Trachealstenose  bei  482. 
Syphilis,  Ursprung  512. 
Syphilis,   Verwachsung  des  weichen 

Gaumens  474. 
Syphilome,  Diagnose  313. 
Syringomyelie  74. 
Syringomyelie,  Simulation  von  98. 

T. 

Tabes  dorsalis,  Aetiologie  78. 
Tabes  dorsaliSjBehandlung :  Einübung 
coordinirter  Bewegungen  80. 


Tabes  dorsalis,  Analgesie  des  Ulnaris 
bei  80. 

Tabes  dorsalis,  präataktische  Blind- 
heit 80. 

Tabes  dorsalis,  Diagnose  80. 

Tabes    dorsalis,    gesteigerte    Haut» 
reflexe  bei  78. 

Tabes  dorsalis  mit  Eiefemekrose  79» 

Tabes  dorsalis,   Neuritis   optica  als 
Symptom  der  78. 

Tabes  dorsalis,   Ohrerkrankung  bei 
441. 

Tabes  dorsalis  nach  Trauma  78. 

Tachycardie  79,  175. 

Täto wirungen,  Behandlung  der  503. 

Täto wirung,  Schanker  nach  514. 

Tannigen  bei  Darmkatarrh  545. 

Taubheit,    complete,    Constatirung 
einseitiger  437. 

Taubheit  bei  Leukämie  441. 

Taubstummheit  und  häutiges  Laby- 
rinth 451. 

Taubstummheit   und   Otitis  interna 
451. 

Tetanie  bei  Erwachsenen  107. 

Tetanie  im  Eindesalter  107. 

Tetanie  bei  Rachitis  528. 

Tetanie,  Schilddrüsenbehandlung  bei 
569. 

Tetanus  106. 

Tetanusbacillen,  Einfluss  des  Sonnen- 
lichtes auf  18. 

Tetanusbacillen,  Virulenz  der  19. 

Tetanus,  Chloral  bei  261. 

Tetanusgift  260. 

Tetanus  puerperalis,   Antitoxin  bei 
379. 

Tetanus,  rheumatischer  19. 

Tetanusserum,  Behrinp^'sches  260. 

Tetanusserum,  Tizzoni'sches  261. 

Tetanus,  Therapie  des  107. 

TetrajodphenolphthaleTn  597. 

Texasfieber  246. 

Thermocanter  bei  Utemsexstirpation 
393. 

Thränendrüsen ,      Behandlang     bei 
Thränenträufeln  417. 

Thrombose,  Sinus-  462. 

Thymus   bei    Kropf   und    Basedow- 
scher Erankheit  572. 

Thyreoantitoxin  571. 

Thyreoidbehandlung    bei    Psychose 
132. 

Thyreoidbehandlung,  Stoffwechsel  bei 
282. 

Thyreoideaextract  s.  Schilddrüse. 


Sachregister. 


685 


Thyreoidea,  toxische  Glykosurie  durch 
274. 

Thyreoidextract  bei  Pityriasis  rabra 
490. 

Thyreoidin  bei  Myomen  388. 

Thyreoidismus  36,  569. 

Thyreoiditis  acuta  484. 

Thyreoproteid  571. 

Thyrojodin  572. 

Tod  durch  Elektricität  613. 

Tod  durch  Erhängen  612. 

Tod  durch  Erschiessen  615. 

Tod  durch  Hunger  615. 

Tod  durch  Verbrennung  613. 

Todtenstarre,  kataleptische  617. 

Tongrenze,  obere  iind  untere  437. 

Tonsillarknochen  40. 

Tonsillarschanker  513. 

Tonsillitis,  septische  475. 

Toxicität  des  Urins  222. 

Toxikologie,  Lehrbücher  der  605. 

Toxin,  Cholera-  244. 

Toxine  und  Körpertemperatur  241. 

Toxische  Psychose  124. 

Trachea,  Fremdkörper  in  der  482. 

Trachealstenose,  syphilitische  482. 

Trachea,  traumatische  Strictur  der 
482. 

Tracheotomie  bei  Diphtherie  540. 

Tracheotomie,  Erhängen  bei  612. 

Tracheotomie,  Nachblutungen  482. 

Trachom,  Aetiologie  des  422. 

Trachom,  Behandlung  des  422. 

Trachom  und  Conjunctivitis  follicu- 
laris 422. 

Trachom,  Histologie  des  421. 

Trachom,  Statistik  des  423. 

Transcorticale  Bewegungsstörungen 
60. 

Transfusion  bei  pemiciöser  Anämie 
292. 

Transparenz  von  Greschwülsten  802. 

Transplantation,  Haut-  304. 

Transsudate,  Diagnose  von  Neubil- 
dungen aus  ^58. 

Trauma,  Akromegalie  und  108. 

Trauma,  Fruchttod  in  der  Schwan- 
gerschaft durch  360. 

Trauma  des  Gehirns  56. 

Trauma  und  Geschwulstbildungen 
313. 

Trauma  und  Tuberculose  617. 

Traumatischer  Diabetes  616. 

Traumatische  Gallensteinzertrümme- 
rung 616. 

Traumatische  Neurose  94.  617. 


Traumatische  Neurose  und  Diabetes 

275. 
Traumatische  Strictur  der  Trachea 

482. 
Traumatische  Trommelfellperforation 

439. 
Traumatische  Uterusruptur  363. 
Trichinose,  Mischinfection  von,  und 

Milzbrand  3. 
Trichomonaden  23. 
Trichophytia  blepharociliaris  502. 
Trigeminusneuralgie  91. 
Trigeminus,  Physiologie  des  47. 
Trigeminusresection ,     intracranielle 

319. 
Trinkerheilanstalten  125. 
Tripperrheumatismus  510. 
Trommelfellperforation,  traumatische 

439. 
Tubenruptur  361. 
Tubercufin,  toxische  Glykosurie  durch 

274. 
Tuberculose  Meningitis,  Lähmungen 

bei  531. 
Tuberculinbehandlung  bei  Psychosen 

131. 
Tuberculose  Peritonitis  532. 
Tuberculin  bei  Lungenschwindsucht 

145. 

Tuberculose,  Behandlung  der  Knie- 
gelenks- 353. 

Tuberculose  des  Calcaneus  356. 

Tuberculose,  Endocarditis  bei  38. 

Tuberculose,  Exsudation  bei  35. 

Tuberculose  in  Gefängnissen  643. 

Tuberculose,  Geflügel-  11. 

Tuberculose,  Gelenk-  311. 

Tuberculose  der  Geschlechtsdrüsen  1 1 . 

Tuberculose  der  Hernien  337. 

Tuberculose,  Herz-  172. 

Tuberculose  im  frühen  Kindesalter53 1 . 

Tuberculose  bei  Kindern  11,  531. 

Tuberoulose,  klimatische  Behandlung 
bei  555. 

Tuberculose,  Knochen-,  Schlamm- 
bäder bei  558. 

Tuberculose  und  Krebs  88. 

Tuberculose ,  Laiynx- ,  Behandlung 
479. 

Tuberculose,  Larynx-,  Lignosulfit  bei 
467. 

Tuberculose,  Larynx-,  Pathogenese 
478. 

Tuberculose,  Mund-  11. 

Tuberculose,  Mund-,  bei  Zahnoaries 
475. 


686 


Sachregister. 


Tuberculose,  Nieren-,  43,  232. 

Tuberculose,  Oesophagus-  40,  190. 

Tuberculose,  Pathogenese  der  141. 

Tuberculose,  Peritonitis  bei  532. 

Tuberculose,  Prophylaxe  der  141, 
648. 

Tuberculose,  Schilddrüsenbehandfamg 
bei  568. 

Tuberculose  und  seröse  Pleuritis  153. 

Tuberculose  der  Speiseröhre  40,  190. 

Tuberculosestatistik  647. 

Tuberculose  und  Trauma  617. 

Tuberculose  des  Warzenfortsatzes 45 1 . 

Tuberculose  s.  auch  Lungenschwind- 
sucht und  Phthisis. 

Tuberkelbacillen ,  erbliche  Ueber- 
tragung  3. 

Tuberkelbacillen  in  der  Marktmilch 
12. 

Tuberkelbacillen  in  der  gesunden 
Nase  469. 

Tuberkelbacillen    und    Höhenklima 

550. 

Tuberkelbacillen,  Pleomorphismus 
der  10. 

Tuberkelbacillen  im  Sputum  136. 

Tuberkelbacillen  im  Staub  647. 

Tumor  im  Aquaeductus  Sylvii  61. 

Tumor  der  Dura  spinalis  72. 

Tumor,  endothelialer  29. 

Tumor,  Hirn-,  Labyrinthdruck  bei  453. 

Tumor,  Kleinhirn-  30. 

Tumor,  Nebennieren,  233. 

Tumor  des  Oberkiefers  31. 

Tumor,  Pia-  29. 

Tumor  s.  auch  Geschwülste. 

Tumor  des  Rückenmarks  72. 

Tumor  in  der  hinteren  Schädelgrube 
61. 

Tumor,  subglottischer  benigner  480. 

Tumor  im  Vierhügel  60. 

Tunica  vaginalis,  freie  Körper  der  44. 

Thymusfütterung  bei  Basedow^scher 
Krankheit  100. 

Thymusfütterung  bei  Kropf  und  Base- 
dow^scher  Krankheit  323. 

Thyphus  abdominalis  12, 246, 651,652. 

Typhus  abdominalis ,  Behandlung 
durch  Bäder  250,  Blutserum  von 
Typhusrecon  valescenten  252,  Darm- 
desinfection  250 ,  Chlorin-Chinin 
251,  Constanten  Strom  251,  Guaja- 
col  251 ,  Immunisirungs  versuche252, 
Pyocyaneusculturen  251. 

Typhus  abdominalis,  Fragmentation 
des  Herzens  bei  250. 


Typhus,  Austern  als  Infectionsträger 
des  247. 

Typhus  bei  Kindern,  Behandlung  541. 

Typhusbacillen ,  erbliche  üebertra- 
gung  3. 

Typhusbacillen  im  Stuhl  12. 

Typhusbacillen,  DifPerentialdiagnose 
zwischen,  und  Colibacillen  12,  248. 

Typhusbacillen  in  Abscessen  13.  • 

Typhusbacillen  im  Wasser  13. 

l^phusbacillen  bei  Eiterungen  248. 

Typhusbacillen  im  Urin  248. 

Typhusdiagnose  247. 

Typhus,  Gangrän  bei  249. 

Typhus,  Initialdelirien  bei  117. 

Typhus,  intrauterine  Infection  248. 

Typhus,  Kehlkopf  lähmungen  nach  89, 
249,  481. 

Typhus,  Nephro-  250. 

Typhusreconvalescenten ,  Blutserum 
von  252. 

Typhusstatistik  246. 

Typhus  ezanthematicus  253. 

Typhus  exanthematicus  s.  auch  Fleck- 
typhus. 

Ueberanstrengung  des  Herzens  637. 

ülcera  cruris,  Quecksilber  bei  505. 

Ulcus  durum  des  Nabels  513. 

Ulcus  s.  auch  Schanker. 

Ulcus  moUe,  Bacillen  des  511. 

Ulcus  moUe,  Behandlung  mit:  Oar- 
bolsäure  511,  warmem  Wasser  512, 
Sublimat  etc.  512,  Jodoformin  512. 

Ulcus  septi  narium  469. 

Ulnaris,  Analgesie  des,  bei  Tabes  80. 

Ulnarisstamm ,  Analgesie  des,  bei 
Paralyse  128,  129. 

Ultzmann*sche  Durchspülungen  bei 
Gonorrhoe  509. 

Unterhautfettgewebe  487. 

Unterkieferläsion ,  Gehörgangsver- 
letzungen durch  440. 

Unterleibsbrüche ,  Rfidicaloperation 
der  335. 

Unterrichtsgegenstände,  Hygiene  der 
633. 

Unterschenkel,  Analgesie  der»  bei 
progressiver  Paralyse  129. 

Unterschenkelgeschwüre,  Airol  bei 
505. 

Unterschenkel,  puerperale  Gangrän 
des  378. 

Unterschenkelverkrümmungen,  rachi- 
tische, Spontanheilung  354. 


Sachregister. 


087 


Urämie,  Amaurose  bei  227. 
Urämie,  Blutdruck  bei  228. 
Urämie,  Pericarditis  bei  36. 
Uraniumnitrat  bei  Diabetes  280. 
Uranostaphyloplastik  319. 
Ureterenimplantation  345. 
Ureterenverletzungen  400. 
Ureteritij)  cystica  43. 
Ureterraginalfistel  400. 
Ureterverscbluss  bei  Eklampsie  378. 
Urethritis  236. 
Urin,  Blutfarb-  und  andere  Stoffe  im 

216. 
Urin,  Tozicität  des  222. 
Urin,  Tjphusbacillen  im  248. 
Urin  von  Variolakranken ,  Toxicität 

des  253. 
Urin  3.  auch  Harn. 
Urobiline  217. 
Urotropin  231. 
Urotropin  gegen  Harnsäuresteine  und 

Cystitis  589. 
Urticaria  pigmentosa  493. 
Uterus,     antefixirter,     Geburt    bei 

366. 
Uterusausschabung  bei  Extrauterin- 

Schwangerschaft  361. 
Uteruscarcinom  44,  392. 
Uteruscarcinom,  Behandlung  392. 
Uteruscarcinom,  doppeltes  394. 
Uterusexstirpation,  Fistula  ileovagi- 

nalis  393. 
Uterusexstirpation  in  der  Schwanger- 
schaft 363. 
Uterusexstirpation,  Thermocauter  bei 

393. 
Uterus,  Fibromyom  388. 
Uterus,  Inversio  des,  Operation  bei 

388. 
Uterus,  Involution  des  44. 
Uteruskatheter ,    Brauchbarkeit    der 

382. 
Uteruskörper,  Hornkrebs  394. 
Uterus,  Lageveränderungen  386. 
Uterus,  Leiomyom  28. 
Uterus,  retrovertirter,  Vaginofixation 

387. 
Uterusruptur  368. 
Uterusruptur,  traumatische  363. 
Uterusschleimhaut,  Regeneration  der 

28,  384. 


Y. 


Vaccination,  Complicationen  der  490. 
Vaginalcarcinom  383. 


VaginaleOperationen  beiMyomen891 . 

Vaginalfistel,  Vesico-  399. 

Vaginalfistel,  Ureter-  400. 

Vaginofixation  des  retrovertirten Ute- 
rus 387. 

Vagitus  uterinuB  380. 

Vaffusdnrchschneidung,  Wirkung  auf 
das  Herz  37. 

Varicen,  Ligatur  der  Vena  saphena 
magna  bei  349. 

VarioJakranke,  Toxicität  des  Urins 
von  253. 

Varix  der  Nasenmuscheln  469. 

Vaselininjectionen  bei  chronischer 
Otitis  media  444. 

Vena  anonyma,  Ruptur  der  185. 

Vena  cava  superior,  Perforation  eines 
Aortenaneurysma  in  die  184. 

Venenpuls  bei  Mitralinsuf fielen z  168. 

Ventrikelprolaps  im  Kehlkopf  477. 

Ventrofixatio  uteri  retroflexi  886. 

Verbrennungen  503. 

Verbrennung  bei  Erschiessen  615. 

Verbrennungen,  Todesursache  bei  24. 

Verbrennung,  Tod  durch  613. 

Verdauungsorgane,  Lehrbücher  der 
Krankheiten  der  210. 

Verdauungsstörungen,  Genitalerkran- 
kungen bei  381. 

Vererbung  der  Epidermolysis  bullosa 
492. 

Vererbung  der  Lepra  265. 

Vererbung  derOhrenhrankheiten442. 

Vererbung  der  Psychosen  116. 

Vererbung  der  Streptokokken  2. 

Vererbung  der  Tuberkelbacillen  3. 

Vererbung  der  Typhusbacillen  3. 

Vergiftung,  Arsen-,  chronische   580. 

Vergiftung  durch  Blei  641. 

Vergiftungen,  Anatomie  der  607. 

Vergiftung  durch  Borsäure  578. 

Vergiftung  durch  Carbol  611. 

Vergiftung  durch  Carbolsäurekly- 
stiere  591. 

Vergiftung  durch  Creolin  593. 

Vergiftung,  Cytisin-  586. 

Vergiftung  durch  Kaliumchlorat  575. 

Vergiftung  durch  Kohlenoxydgas  90, 
624. 

Vergiftung  durch  Lysol  611. 

Vergiftung  durch  Nitrobenzol  611. 

Vergiftung  durch  Phenacetin  600. 

Vergiftung  per  anum  et  vaginam  610. 

Vergiftung ,  Phosphor- ,  Leberatro- 
phie bei  610. 

Vergiftung  mit  salpetriger  Säure  578. 


688 


Sachregister. 


Vergiftungen,  Schwamm-  586. 
Vergiftung  s.  auch  Intoxication. 
Verstopfung,  angeborene  545. 
Vesicovaginalfistel  399. 
Vierhügel,  Tumoren  im  60. 
Volksheilstätten  648. 
Vollbäder,  warme,  bei  Girculations- 
Störungen  561. 


1¥. 

Wachsthumshypertrophie  des  kind- 
lichen Herzens  548. 

Wärme,  Hygiene  der  622. 

Wandermilz  339. 

Wandemiere  234. 

Wanderniere  und  Perityphlitis  234. 

Warzen  29,  495. 

Warzenfortsatzoperationen  448. 

Warzenfortsatz,  Percussion  des  438. 

Warzenfortsatz,  Tuberculose  451. 

Wasserdruckmassage  563. 

Wassergesetze  627. 

Wasserreinigung,  chemische  629. 

Wassersucht,  Nieren-  222. 

Wasser,  Typbusbacillen  im  13. 

Weber'scher  Versuch  436. 

Wechselfieber  657. 

Weil'sche  Krankheit  267,  268. 

Widerstandsgymnastik  bei  Herz- 
krankheit 181. 

Wintercuren  554. 

Wirbelsäule,  Krankheiten  der  323. 

Wirbelsäule,  traumatische  Erkran- 
kung 325. 

Wochenbettfieber  652. 

Wohnplätze,  städtische  626. 


Wunden,  Aufnahme  der  Bacterien 

durch  3. 
Wunden,  Behandlung  inficirter  304. 
Wnnddesinfection  3. 
Wunden,  Diphtheriebacillen  in  Haut- 

17. 
Wunden,  eiternde,  Airol  bei  505. 
Wunden,  Nephritis  nach  Haut-  224 
Wunden,  Nosophen  bei  504. 

X. 

Xanthinbasen  284. 

Xanthinbasen  und  Gicht  285,  286. 

Xanthinbasen  u.  Harnsäure  in  den 
Fäces  284. 

Xanthinbasen  und  Harnsäure  bei 
acutem  Blutzerfall  285. 

Xanthinbasen  u.  Harnsäure  bei  Leuk- 
ämie 292. 

Xanthoma  diabeticorum  497. 

Xeroderma  pigmentosum  497. 

Z. 

Zahncaries,  Angina  nach  475. 
Zahncaries,  Mundtuberculose  bei  475. 
Zangenoperationen  370. 
Ziegelarbeiterhygiene  689. 
Zimmtsäure  bei  Lungenschwindsucht 

146. 
Zuckerproben  im  Urin  214»  278. 
Zunge,  Influenza-  270. 
Zunge,  Lupus  der  503. 
Zungenatrophie ,     halbseitige ,     bei 

Malum  occipitale  66. 
Zurechnungsfähigkeit  618. 
Zwanffsvorstellungen  128,  619. 
Zwercnfellphänomen  134. 


Autorenregister. 


Aaaer  16,  533. 

Abadie,  d*  255. 

Abbe  468. 

Abel  K.  402. 

Abel,  R.    14,  15,  17,  244. 

Abei^  562. 

Achard  3.  76. 

Agaanno,  d^  47f>. 

Ahlfeld  360,  365,  371,  4Ca. 

Ahlström  42-3,  416. 

AUümo-Marchetti  416. 

Alberg  107. 

Alben  500,  513. 

Albert  357. 

Albertoni  294. 

Albrecht,  H-,  658. 

Alderton  435. 

Alexander.  A.  495. 

Allen  214,  510. 

Allgeyer  519« 

Alt  436,  444,  448. 

Alzheimer  128. 

Amann  136. 

AmbroflinB  540. 

Anderson  233. 

Andry  496. 

.\nton  128. 

Arens  14. 

Arnold  9,  45,  262. 

Amould,  Jules  659. 

Aschaffenbnrg  117,  120. 

Ascher  649. 

Aschner  509. 

Aschoff  150,  209,  257. 

Asher  452. 

Asher,  W.  616. 

Ashmead  502,  512. 

Askanazy,  S.  40,  180,  230,  290,  294. 

Ast  619. 

Jahrbuch  der  practischen  Hedidn.    1896 


Anche  2-53. 

Atjott  511. 

AthtUcJi  118.  aC*4,  523- 

Anfrecht  170,  223.  22-5,  333. 

Ansdier.  E.  277. 

B. 

Baar  476. 

Babes  19,  22,  172. 

Bacx^lli  272. 
,   Bach  34.5.  404. 

Bac-bns  17-3. 
i   Badocschi  35S. 

Backhaus  .324.  632. 

Badt,  Leopold  564. 

Bärri  423. 

Bagindr^,  A.  539,  546,  651. 
,   Baldwin  102.  145. 

Balfoor  145. 

Ballantvne,  J.  W.  403. 

Ballet  99. 

Ballowitz  34,  341. 

Balzer  510. 

Banti  20.  36,  38,  210,  267. 

Bar  3,  531, 

Barabaschew  407. 

Baracz,  y.  333. 

Baratoux  472. 

Bardach  5. 

Bardeleben,  t.  308. 

Bargebuhr  154,  182. 

Barkas  271. 

Barker,  A.  334.  ' 

Barlow,  Th.  294,  496,  528,  580. 

Bamick  443. 

Barocchini,  Enrico  564. 

Barrs,  A.  G.  292. 

Barth  45,  436. 

Baruch,  Simon  630. 

Barwinsky  564, 

44 


690 


Autorenregister. 


Bary  103. 

Basch,  S.  V.  163,  164. 

Bassenge  629. 

Bastionelli  271. 

Bathhurst  101. 

Baudet  79. 

Bauer  29. 

Baumann,  E.  572. 

Baumgarten  45,  271. 

Baumgarten,  S.  345. 

Baur,  F.  556. 

Baurowicz  481. 

Bayer  416. 

Beaucamp  296. 

BeauBoleil,  G.  474. 

Bebber,  W.  J.  van  564,  621. 

Bechterew,  v.  94,  107,  115. 

Beck  535. 

Beck,  Arno  640. 

Beck,  C.  304,  305. 

Becker  217,  570,  620. 

Becker,  L.  659. 

BecUre  569. 

Beco  3,  4,  10. 

B^doin  645. 

Behrend  82. 

Behring  6,  244,  539,  566. 

Bein,  Ö.  139. 

Beinhauer  620. 

Below  256. 

Benario  602. 

Benda,  C.  113,  497. 

Bendix  523,  524. 

Benedikt  84. 

Beneke  31. 

Beresowsky  386. 

Berg  246. 

Bergengrün  467. 

Berger  209. 

Berger,  H.  639. 

Berggrün  543. 

Bergh  511. 

Bergmann,  v.  317,  457. 

Bergmann,  A.  v.  310. 

Bergmann,  J.  202. 

Berkart,  J.  B.  286. 

Berliner,  C.  513. 

Bernhard  357,  538. 

Bernhardt  78,  93,  322. 

Bernstein  434. 

Bertrand  109. 

Besson  7. 

Betons,  J.  564. 

Betschart,  E.  150. 

Beumer  252. 

Beuthner,  0.  370. 


Beysse,  J.  564. 

Bezold,  F.  463. 

Bial  195. 

Bialacour  195. 

Bianchi  114. 

Biedert,  Ph.  210. 

Biedl  47. 

Bienfait  100. 

Bier  307,  311,  330. 

Biemacki,  E.  287. 

Binaud  375. 

Binz,  C.  583,  597,  610. 

Bion,  R.  E.  386. 

Biondi  26,  38. 

Birch-Hirschfeld  46. 

Bishop  216. 

Blachader,  A.  D.  295. 

Blech  246. 

Bleibtreu,  L.  282,  287,  567. 

Bleuler  95. 

Bloch  437. 

Block  494. 

Blokusewski  507. 

Bluemchen  559. 

Blumenfeld,  F.  143. 

Blumenthal  279. 

Boas,  J.  194,  210. 

Bodenstein  342. 

Bock  132. 

Boeck  491,  513. 

Boeck,  C.  492,  505. 

Boeckmann  347. 

Boedecker  67. 

Boedeker  120,  128. 

Böhm  32. 

Bogrouz  100. 

Böhm  626. 

Bohnstedt  34,  75. 

Bois-Reymond,  Gl.  du  432. 

Bollinger  12,  35,  46,  139,  647. 

Bona,  Hubert  225. 

Bondzynski,  St.  292. 

Bonfiglio  478. 

Bongers  192. 

Bonhoff  630. 

Bono,  de  416. 

Bordet  7. 

Borgherini  77. 

Bonssow  25. 

Bernstein  561. 

Borst  168. 

Böse  15,  245. 

Bosse  424. 

Bostroem  37. 

Bosworth  472. 

Botey  474,  485. 


I 


n91 


Botkin,  E.  24,  28a 
Bonlay  249. 
Bourcart,  IL  402. 
Bomigeois  425. 
Booiiet  605. 
BoornTille  138. 
Bozzi  36. 
Bra,  M.  573. 
Braatz  302,  316. 
Bramaon,  t.  318. 
Bramwelt  B.  109.  569. 
Brandenburg  575. 
Brasseit  124. 
Braolt  503. 
Biazü  208. 
Bremer  276. 
Bremond  641. 
Brenner,  t.  332. 
Bresgoi  4^5. 
Breslaner,  £.  504. 
Bret  157. 
Breuer  110. 
Brieger  12,  247. 
Brisand  99. 
Bristowe  130. 
Brock  2a  2«>2,  233. 
Brocq  506- 
Broers  44. 
Bronson  498. 
Brouardel  159,  613,  tc'.-. 
Brower,  B.  395. 
Brown,  Bedfoid  563. 
Bnioe  132. 
Broce,  A.  184. 
Brack  91,  439,  450. 
BrnhnE,  C.  224,  4^k 
Branner  310.  437. 
Brons  10,  70.  133. 
Bnmg.  P.  315.  316,  322. 
Bnxnion,  Laad^  1^. 
BroEh  104. 
Biyce,  P.  H.  649. 
Buchholz  482. 
Back  463. 
Bacqae  100. 
Badaj  41. 
Bürkner  463. 
Busing  628. 
Bujwid  9. 
Balkler  48*. 
BaU  4Ct5.  428. 
Bomm,  EL  400. 
Bange  1,  582. 
Borger  47:^. 
Boig^vtein,  Leo  659. 
Barkhardt  345. 


Bcrr    Cl.   ^    2yfL 

BDS!äie-Hi»a&*2JifcUi««ii.  T.  d.  296. 
Bist  :k.  5Ü^ 


CLiu.  2'/2.  >J2&- 
C  ailTTtgrt-e  5. 

Ci4lD*TCTC   2- 3. 

Ckil  !»•»*•-  111. 
CLii.i*-L  4-:>4. 


t.Ii'JL 


272. 


Cii*;>*;r.  L.  2>^2.  2^^'7,  2%.  fJOa,  511 

Lu-f^or  .  1/L    4i«4,  4i^7. 

Cäk^-VT:.  L    i::,5. 

Cc.*ii*;iiii.>   2'>. 

CiiT^*^-  ^;2';«. 
C-^li:  22,  2'»^. 

Cer*jt»'^j*f  2*5- 
CriaLi»eiiieB«e  7-!». 
Ci-StX'iiutua  1^1. 
C'iiar'.ot  l*'^j. 

Cnarriu  2*...:J. 
Ctatin  1.S7. 
riLemisse  -!»14. 
Cr.ihT  8.   477. 
'L'.'tz«!  -SlO. 
Cxiri«?VjiiiJiii05  2v3. 
CtiTOötek  20,  Ä63. 
Clark,  W.  281. 
Ciaj-ke.  J.  H.  185. 
CiauBeen  14,  244. 
Clement  :>3. 
Colt»ett  ^. 
Cocherü  43? 


692 


Autorenregister. 


Cohen,  Ali  244. 
Cohn,  H.  426. 
Cohnheim,  P.  195. 
CoUela  118. 
CoUet  441. 
CoUey  482. 
Gollins  95. 
Gomte  48. 
Coppez  420. 
Corin,  J.  140,  585. 
Comet,  G.  141.  648. 
Corradi  438,  489,  478. 
Corrado  607. 
Couetouz  447. 
Courtois-Snffit  216. 
Coyne  434. 
Gramer  594,  622. 
Gramer,  A.  619. 
Grimail  373. 
Crockett  463. 
Gsillag  89. 
Gubasch,  W.  603. 
Gunningham  100. 
Gurnow  22,  266. 
Gurschmann  206. 
Gushing,  E.  W.  390. 
Gzempin,  A.  306. 
Gzemy  314,  315. 


D. 

Daiber  238. 

Dallemagne  2. 

Damaye  357. 

Danilewsky,  B.  289. 

Danlos  498. 

Danziger  450. 

Dapper,  Garl  557. 

Darier  405. 

Darier,  J.  503. 

Dauber  168,  204. 

Daunice  278. 

Davis  374. 

Day,  Donald  332. 

Dayot  373. 

Deanesly  461. 

Dehio  113,  138,  171,  229. 

Deichert  40. 

Dejerine  75,  80,  106,  132. 

Delageniöre,  H.  390. 

Delavan  473. 

Delepine  14. 

Delorme  309. 

Delstanche  444. 

Demantk^  176. 


Demetriades  17. 

Dennig,  A.  65,  274,  282,  567. 

Dercum,  Francis  109. 

D^teindre  38. 

Deucher  16. 

Deutsch,  A.  519. 

Deutschmann  428. 

Devic  516. 

Dieckhoff  41. 

Dieudonne  272. 

Dinkler  518. 

Dinkwater  500. 

Dittrich,  Paul  617. 

Dmochowski  9,  41. 

Dodd  431. 

Döderlein  2. 

Dohle  38,  184. 

Dönitz  15. 

Doering  256. 

Dolega  352. 

Doleris,  J.  A.  880,  395. 

Donat  297. 

Donat,  J.  403. 

Domblüth,  F.  634,  636. 

Domblüth,  0.  548. 

Douglas  91,  500. 

Dräer  15,  482,  631. 

Dragendorff  620. 

Drake-Brockmann,  H.  295. 

Dreike  205. 

Dreser,  H.  591. 

Drews,  R.  271,  545,  599. 

Dreyer  504. 

Dreysel  486. 

Drobnik  82. 

Drossbach  372. 

Drummond.  W.  B.  292. 

Dubreilh  89. 

Dubreuilh  495,  501. 

Duchesne  249. 

Dührssen  384,  396. 

Duenschmann  33. 

Düring,  v.  520. 

Dufour,  617. 
'   Duhring  506. 
;   Dunbar  13,  242. 
I  Dunffem,  v.  15. 
:  Dunin  297. 
.  Dupont  629. 

Durante  357. 

Dures  388. 

E. 

Ebstein  89,  175,  196,  198,  275,  500. 
EdebohLi  234. 


AntoresregiBter. 


0.93 


Eger  487. 

Egger  70. 

Egaet  8. 

Ehrich  322. 

Ehrmaim  491,  506. 

Eichengrdn  595. 

Eichhorat  84,  153,  159,  230. 

Einhoin  191,  196. 

Eiseisberg,  t.  183,  323.  326. 

Eisendi&ht  299. 

fasenhart,  H.  402. 

Eitelberg  92,  271,  442,  443.  4*4. 

Eldredge  503. 

Elliot  493,  498, 

Elsenberg  225. 

Eimer  12,  247. 

Emanuel  360. 

fjnizierich  315. 

Emmet,  Th.  A.  399. 

Enderlen  70,  325. 

Engel,  W.  236. 

Engström  373. 

Enoch  245,  632. 

Enriquez  99. 

Eppinger,  H.  636. 

Epstein  526. 

Eqnet  272. 

Erlach.  ▼.  333,  393. 

Erkelens,  yan  620. 

Ernst  30. 

Esdierich  524.  539.  546. 

Esmarch,  t.  313. 

Esmarch,  E.  ▼.  537,  622. 

Enlenbni^,  A.  86,  96,  106,  159,  282, 

317,  378,  570,  634,  649. 
Enlenstein  460,  464. 
Ewald,  C.  A.  102,  274,  292,  483,  567. 
Ewich  564. 
Ewing,  J.  241,  289. 
Ejkman,  C.  287. 


F. 

Fabridus  336. 
Fahm,  J.  596. 
Fajersztajin  68. 
Faisflt  347,  350. 
Falk  35. 
Falkenberg  128. 
Faulds  346. 
Favre,  A.  378. 
Federow  77. 
Feer  536. 

Fehling,  H.  362,  403. 
Feibes  512. 


Feige  619. 

Feit  246. 

Felix  633. 

Fenwick,  H.  347. 

Fenifick,  W.  S.  210. 

Fere,  Ch.  9.=>, 

Fexgns  415. 

Ferren  440.  480. 

Ferner  1. 

Fiedler,  A.  152. 

Filatow,  Nil  .533. 

Filehnc,  W.  580. 

Filomnsi^nelfi  615. 

Fink  467,  468,  474. 

Finkelßtein  -526. 

Finottd  356. 

Fiocca  22.  2ö6. 

Firket  176. 

Fiflchel  221. 

Fischer  629. 

Fischer,  F.  329. 

Fischer,  H.  296. 

Fischl,  Rndolf  6.  535. 

Flaischlen,  N.  394. 

Flatau  485. 

Flechsig  95. 

Fleiner  197,  199. 

Flexner  13. 

Fodor  4. 

Fodor,  ▼.  228. 

Foges  260. 

Foote  247. 

Forchheimer  381. 

Fordyce  496. 

Fomario  81. 

Fornet  251. 

Fort,  Le  358. 

Foss  592. 

Foth  259. 

Fonmel  400. 
'   Foumier  438,  513,  517. 
I  Foiwell,  A.  185. 
'  Fraenkel,  A.  147,  293,  294,  318. 

FraenkeU  6.  468. 

Fraenkel,  C.  16,  272,  533. 

Fraenkel,  E.  41,  402. 

Fraenkel,  S.  571. 

Franchommes  388. 

Franck,  Fran^ois  lO*^. 

Francke  92. 

Francotte  130. 

Frank  374. 

Frank,  E.  R.  504,  509,  598. 
I   Frank,  L.  490. 

Franke,  F.  270.  310. 

Frankland  13,  248. 


j 


694 


Autorenregister. 


Frankl-Hochwart,  v.  464. 

Frazer  208. 

Frederickee  259. 

Frenkel  80. 

Freud  93,  110. 

Freudenberg,  A.  236,  510,  530,  588. 

Freudentfaal  264. 

Freudweiler  39. 

Freund,  H.  W.  3,  240,  248,  368 

Freund,  W.  A.  399. 

Frey  549. 

Frey,  v.  330. 

Freyer  616. 

Freyhan  269. 

Freysz  79. 

Fridberg,  J.  558. 

Friedenwald  193. 

Friedheim  103,  493,  498. 

Friedländer,  R.  593. 

Friedland  44. 

Friedlieb  510. 

Friedmann  133. 

Friedrich  241,  314. 

Fritsch,  H.  392. 

Fuchs  108,  361,  424. 

Fuchs,  E.  432. 

Fürbringer,  P.  225,  303,  552. 

Fürst,  Livius  530,  555,  650. 

Fürstner  106. 

Fulda  85. 


6. 

Gärtner  524. 

Galezowski  489. 

Garel  474. 

Garrod  216,  220. 

Garstang  258,  259. 

Garten  9. 

Gaucher  516. 

Gaudier  222. 

Garzia  441. 

Gasser  22,  266. 

Gasti,  W.  564. 

Gayet,  G.  294. 

Geelmuyden  625. 

Geigel,  R.  159,  160,  161. 

Gell6,  G.  439,  454,  464. 

GenUch,  W.  626. 

Georgiewski,  K.  N.  275,  293. 

Gerber  467. 

Gerhardt  229. 

Gessner  368. 

Gilbert  159,  517. 


Girode  159. 

Glantenay  357. 

Glax  553. 

Gleitsmann  478,  479. 

Glogner  22,  89. 

Gluzinski  142. 

Gluzinski,  L.  A.  574. 

Glynn  90. 

Göbel  129. 

Goepel  635. 

Görf  518. 

Goetze  634. 

Goldberg,  B.  221,  235,  510. 

Goldberger  652. 

Goldflam  69,  88. 

Goldscheider  7. 

Goldschmidt,  E.  203. 

Goldstein  455. 

GoodaU  88,  538. 

Goodbart  269. 

Gossmann  226. 

GottHeb,  R.  292. 

Gottschlich,  E.  624. 

Gottstein  107. 

Gouget  226. 

Gourfein,  D.  574. 

Gradenigo  442,  453,  457. 

Graebner  554. 

Graefe  367,  391,  402. 

Graf,  E.  274,  297. 

Grabe,  E.  585. 

Graser  341. 

Grassberger  245. 

Grasset  656. 

Grassmann  92. 

Grawitz,  E.  165,  288,  549,  559. 

Greeff,  R.  408.  432. 

Greidenberg  98. 

Griffith  410. 

Grigorjeflf  26. 

Grijns  287. 

Grill,  A.  200. 

Gritti  307. 

Grödel  556. 

Groenouw  407. 

Grohn  626. 

Gromakowsky  5. 

Grosglik  114. 

Grossmann  359,  369. 

Grosz  220,  240. 

Grösz  525. 

Grube,  K.  80, 275,  276,  280,  281,  579. 

Gruber  14,  452. 

Grudieflf  146. 

Grünwald  472,  485. 

Grützner  203,  204. 


Autorenregister. 


695 


Grunert  459. 
GaeU  25,  40.  ^ 

Guaita  40t>. 
Gubaroff,  A.  v.  377. 
Guder,  P.  617. 
Günther,  C.  45,  271. 
Gn^pin  232. 
Gürber,  A.  287. 
Guermonprez  372. 
Güterbock  237,  303,  342. 
Gniccdardi  265. 
Gnmprecht  260. 
Gnrlt  298. 
Gurrieri,  R.  611. 
Gurwitsch  557. 
Gutmann  406,  409. 
Guttmann,  P.  657. 
Gutzmaim  475. 
Guyon  237. 


Haasler  27. 

Haberda  610,  611,  616,  620. 

Haberkraut  202. 

Habermann  478. 

Hacker,  ▼.  202. 

Hägler,  C.  S.  596. 

Händel  467. 

Haenel  309. 

Häusler  175. 

Haffkine  246,  272. 

Hagenbach-Borekhardt  527. 

Hagen-Rose  540. 

Hahn,  E.  338. 

Hahn,  R.  515. 

Hajek  479. 

Halipre  499. 

Hall  230. 

Hallion  48. 

Hallopeau  495,  496. 

Hamburger,  H.  J.  24,  2^h. 

Hammer  31. 

Hampeln  184. 

Hansemann  16,  35,  533. 

Haring  477. 

Harold  102. 

Harris  221. 

Hart,  E.  651. 

Hartmann  357. 

Hartmann,  F.  577,  605. 

Härtung,  H.  289. 

Hasche  88,  534. 

Hasebrock  181. 

Hasemann  587. 


Haskovec  101. 

Haug  31,  440,  444,  445,  448,  464. 

Hauser,  G.  30,  33,  209. 

Haushalter  542. 

Havas  512,  638. 

Hawkins  357. 

Hecker  533. 

Hedderich  603,  610. 

Hedin  287. 

Heffron  268. 

Heffter,  A.  382. 

Hegar  359. 
i   Hegetschweiler  464. 
]  Hegg  417. 
'  Heidenhain,  L.  173,  264,  324. 

Heilbronner  113. 

Heimann,  G.  639. 

Heiman,  H.  507. 
•   Heindl  145. 

Heine  130. 

Heinrich,  G.  379. 

Heinzel  431. 

Heinzelmann,  H.  564. 

Heitier  168. 

Heitzmann,  L.  487. 

Helferich  357. 

Heller  20,  36. 

HeUer,  J.  225,  506. 

Heller,  Richard  70. 

Helm  211. 
t  Helme  442. 
'   Helmholtz,  H.  432. 

Hehnkampff,  H.  564. 

Hempe  133. 

Hemmeter  191,  202. 

Hennig  270,  271. 

Hennike,  Werner  590. 

Henoch,  E.  551. 

Henüffen  4. 

Hepler  477. 

Herbig,  MoUy  UH. 

Herda  307. 
'   Herlyn  591. 

Herroan  22^;. 

Hermann,  A.  f'f'io. 

Hermen,  O.  .'iOl, 

Herrn ^M,  R.  525. 

HermhfnMer  26^  412. 

HHrie\  429,  4'//), 
Hertn^  75. 
Heryng  479. 
Herz  .y>4 
Herz/jg  4'/ßU, 
Hes,  van  '>40. 
.  Hehler  44^;,  461. 


696 


Autorenregister. 


Heubel,  H.  40,  200. 

Heubner,  0.  522,  539,  546. 

Heukelom,  Siegenbeck  van  42. 

Heusner  851. 

Heusser  151,  257. 

Heussner  501. 

Hewlett  260,  468. 

Heydenreich  101. 

Heymann,  P.  477. 

Higier  93,  98,  99. 

Hubert  39. 

Hildebrand  30,  341. 

Hildebrandt,  H.  602. 

mit  222. 

Hindenbnrg,  W.  292. 

Hinkeldeyn  626. 

Hintze  9,  26,  209,  278. 

Hirsch,  Bruno  605. 

Hirsch,  E.  557. 

Hirsch,  K.  40,  201. 

Hirschberg  79,  429. 

Hirschfeld,  F.  217,  228,  277,  280. 

Hirschl  127. 

Hirschsprung,  H.  530,  543. 

Hitzig  10,  120,  133,  138,  148,  620. 

Hlawaczek  106. 

Hobbs  140,  250,  477. 

Hoche  68. 

Hochenegg,  v.  332,  388. 

Hochhaus  75. 

Hochmann  9. 

Hoeber  14. 

Högerstedt,  Alfred  181,  561. 

Hoffa  316,  353,  355. 

Hoffmann  93. 

Hoffmann,  A.  372. 

Hoffinann,  F.  A.  159. 

Hoffinann,  J.  492. 

Hofmeier  388. 

Hofmeister  350. 

Hohenemser  212. 

Hollborn  21. 

Hollmann  105. 

Holmberg  95. 

Holt  75. 

Holth  504,  515. 

Homen  74. 

Honigmann  553. 

Honl  11. 

Hoor  422. 

Hoover  447. 

Hopmann  468,  476. 

Hoppe  420. 

Houl  259. 

Howald,  R.  596. 

Howald,  W.  596. 


Huber,  A.  197. 
Huchzermeyer  554. 
Hülssner  630. 
Hueppe  272. 
Hueppe,  F.  45. 
Hürthle,  K.  163. 
Htisler  167. 
Hugg  101. 
Hughes  136. 
Hummel  257. 
Huot,  Augustin  599,  605. 
Hutchinson,  Woods  109. 


I. 

Ihle  316,  358. 
Ingals  479. 
Ingiani  245. 
Ipsen,  C.  612. 
Isnardi  347. 
Itzerott,  G.  46,  272. 
Ivanoff  630. 
Iven  595. 
Iwanicki  183. 

J. 

Jacob  109,  132. 

Jacob,  J.  174. 

Jacob,  P.  289. 

Jacobi  274. 

Jacobs  392,  396,  398. 

Jacobsohn  68. 

Jacobson,  G.  501. 

Jacoby,  G.  W.  277. 

Jacquet  506. 

Jadassohn  39,  509,  604. 

Jäckh  11. 

Jäger,  H.  19,  20,  210,  268,  634. 

Jaenselme  484. 

Jaksch,  V.  252,  275. 

Janet  98,  509. 

Jankau  464. 

Janke,  0.  633,  659. 

Janowski,  9,  25,  41,  90,  248. 

Jansen  456,  458,  464. 

Janson  41. 

Janssen  29. 

Jaruntowsky,  v.  11,  475. 

Jarussow  224. 

Jastrowitz  579. 

Jaworski,  J.  v.  601. 

Jelinek  240. 

Jenny  33. 

Joachimsthal  34. 


Jknxßi 


Joal  485. 

Joffroy  76. 

JohanneaBen  ^ 

Johnson  214. 

Johnston  497. 

Jolin  629. 

JoUes  217. 

Jolles,  Ad.  631.  647. 

JoUes,  IL  647. 

JoUy  85. 

Jones  10. 

Jones,  Lloyd  102. 

Jong,  de  ^ 

Jordan  844,  ^49. 

Joeef  488. 

Joseph,  M.  499.  9O6.  -5 14 

Jottkowitz  304. 

Jooin  380,  388. 

Jonkovsky  542. 

Jonalain  436. 

Julinsbiuger  HS,  114^ 

Jniinka  251. 


4t* 


Kabrhe],  6.  629. 

Eahlden,  t.  17,  90.  44 

Kahn  485. 

Kalischer  67,  79,  lOi. 

Kalt  418. 

Kamen,  19,  99. 

Kammerer  207,  631. 

Kampe  354,  528. 

Kaneda  281. 

Karewski  354. 

Karlinski  245. 

Karplus  90. 

Karutz  449. 

Käst,  A.  293,  441. 

Katz  464. 

Kaizenstein  17,  534. 

Kanffinann  636,  637. 

Kaufmann  273. 

Kaufmann,  J.  194,  195,  205. 

Kaurin  265. 

Kaper  440,  467. 

Keilmann  525. 

Kellgreen  357. 

Kelling  197.  206. 

KeUy,  H.  A.  205,  399,  400. 

Kempner  15. 

Key,  H.  643. 

Kiefer,  F.  386. 

Kietz  184. 

Eilliani  72. 

King  251. 


£'■;•;-.  ^    :^r    t:». 

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i._  44'    4<,T. 

K'.pp.T.  R.'i.  vS9. 

K:>|.ru>w-ki,  M.  508. 

Korff,  B.  597. 

Ko6«pI,  H.  11,  531,  534. 

Koecier  220. 

Kossmann  397. 

Kotlar  12. 

Kouwer  340. 
■  KrafftrEbing,  v.  77,  127,  619. 
:  Kramer,  w:  336,  355 

Kraske  319,  355. 

Kratter,  Jul.  613,  620,  659. 

Kraus  264. 

Krause,  F.  47,  308,  819,  324,   345. 

Krause,  P.  145,  479. 

Krauss  2. 

Krebs  477. 

Krecke  97. 

Krehl  28,  219. 

KrotMchtnann  44'5. 


698 


Autorenregister. 


Krieger,  Georg  272. 
Krisowski  517,  532. 
Erönig  2. 
Krönig,  G.  600. 
Kroenlein  818,  337. 
Kromayer  29. 
Kronacher  814. 
Kronthal  104,  118. 
Krückmann  26,  83. 
Krüger  240,  284. 
Krumbein  8,  272. 
Krumbholz  258. 
Krumm  171,  302. 
Kruse,  W.  622. 
Krynsky  814. 
Küchel  256. 
Kühn,  G.  555. 
Kühnau,  W.  289. 
Kümmell  70,  325,  347. 
Künkler  545. 
Küster  342. 
Küstner,  0.  386,  396. 
Küttner  9. 
Kuhn,  P.  388. 
Kuhnt  418,  485. 
Kumagawa  281. 
Kumma  387. 
Kundrat,  v.  300. 
Kuppenheim  401. 
Kuprianow  650. 
Kurz,  Edgar  389. 
Kuskow  18. 
Kutscher  443. 
Kuttner  198. 


L. 

Laag,  ter  236. 
Labböe,  E.  605. 
Lachowicz  10. 
Ladendorf,  A.  550. 
Lafon  218,  278. 
Lagneau  633. 
Lagrange  430. 
Labmann  563. 
Lake  446. 
Lamacq  75. 
Lamarol  267. 
Lambert  252. 
Lamy  69. 
Landau,  L.  895. 
Landerer  312,  330,  357. 
Landmann  254. 
Landwehr  416. 
Lane,  W,  A.  591. 


Langaard,  A.  605. 
Lange  302. 
Lange,  J.  522. 
Lange,  Walther  659. 
Langenbuch  461. 
Langer  394. 
Langerhans,  E.  197. 
Langerhans,  P.  46. 
Langermann,  E.  210. 
Langes  505« 
Langguth  34. 
Lanz,  Otto  36,  99,  569. 
Lapicque,  L.  277. 
Lapinsky  84. 
Lardy  157. 
Lassar,  0.  266,  598. 
Latzko,  W.  296. 
Laudenbach,  J.  28,  289. 
Lauenstein  310. 
Lazarus  247. 
Lazarus,  J.  551. 
Leahy  22,  266. 
Leber  409. 
Lebreton  568. 
Ledderhose  848. 
Lederer,  L.  587. 
[jedermann  503. 
Lefert  357. 
Leftvre,  J.  562. 
Legrain  253. 
Legry  234. 
Lehmann  282,  641. 
Lejars  357. 
Leichtenstem  102. 
Leimbach  80. 
Leistikow  503. 
Leloir  270,  506. 
Lemariet  474. 
Lemoine  17. 
Lenhartz  159. 
Lenhossek,  y.  132. 
Leo,  H.  210. 
L^on-Petit  159. 
Leopold,  G.  402. 
LeopoId-SpOrlin  863. 
Löpme,  R.  281. 
Leppmann  619. 
Leray  11. 
Leredde  496,  501. 
Lermoyez  442,  470. 
Lersch,  B.  M.  272.  659. 
Leser  353,  357. 
Leube,  W.  v.  159. 
Leusden  44. 
Leusser  350. 
Leutert  27,  451. 


Aatoroiregiäter. 


0i>9 


Levi  102,  ^44.  455. 

Levy,  E.  3.  15,  152.  156,  248.  2dä. 

258. 
Lewers,  A.  H.  X.  392. 
Lewin,  A.  638. 
Lewin,  E.  225- 
Lewin,  G.  491.  506,  519. 
Lichtwitz  471. 
Liebe,  6.  648. 
Liebrecht  509. 

Liebreich,  O.  141,  159.  547,  589,  605. 
Lieven  474- 
Limbecl^  ▼.  288.  550. 
Limoasier  214. 
Lindner  329. 
Lindt  34.  497. 
Litten  134. 
Lode,  A.  629. 
Loebiach,  W.  F.  605. 
Löhlein,  H.  361. 
Löwenberg  469. 
Löwenfeld,  L.  94,  110. 
Löwenthal  32. 
Löwit  25. 

Loewy,  A.  241,  289. 
Lombrofio  133. 
Loomis,  P.  175. 
Lop  140. 

Lorenz  321,  351,  352,  358. 
Lubarsch,  0.  278. 
Lnbinski  10. 
Lublinski  89,  481. 
Luc  471. 
Lacae  445. 
Lucas,  R.  C.  591. 
Ludwig  630. 
Ludwig,  E.  564. 
Ludwig,  H.  378. 
Lueck  229. 
Lütkens  347. 
Lutz,  A.  294. 
Lydston  514. 
Lynn,  Thomas  108. 


Macfarlane  215. 
Mackenrodi,  A.  367,  387. 
Mackenzie  101,  504. 
Mackenzie,  N.  472. 
Madelung  305. 
Mader  87. 
Madiener,  M.  369. 
Mafi^cci  21. 
Mager,  Wilhelm  70. 


Magnus,  H.  432,  637. 

Mainzer  339. 

Mandowski  137. 

Mangoldt,  ▼.  304. 

Mann  92,  450. 

Mann,  M.  387. 

Maiagliano  144. 

Marc  564. 

Marcano  266. 

Marcband,  F.  31,  34,  41,  40L 

Marchoux  6. 

Marckwald  29. 

Marcuse,  P.  566. 

Marfan  545. 

Marie,  P.  103,277,  281. 

Marinesco  83,  103,  221. 

Markusfeld  24. 

Marmier  258. 

Marmorek  5,  268. 

Marsh,  J.  P.  569. 

Marson  260. 

Martin  233.  248.  251,  257,  48J. 

Martin,  A.  389,  398,  402. 

Martius  134,  185,  196.  29L 

Marx  630. 

Masing  296. 

Mathieu,  A.  210. 

Matte  433.  434. 

Mattei  255. 

Matthaei  394. 

Matthes  219. 

Matthieu  393. 

Maupat^  94. 

Mazimowitsch  241. 

Mayet  176. 

Meder  41. 

Meermann  338,  370. 

Megnin  626, 

Meier  455,  459. 

Meine  218. 

Meinert,  E.  197. 

Meissen  549. 

Mellinger  406,  408. 

Meltzer  208. 

Meltzing  196,  291. 

Melville  415. 

Mendel  249. 

Mendel,  E.  102,  109,  129,  452. 

Mendelsohn,  M.  281,  236,  283,  286. 

579,  605. 
Mentzel  604. 
Merkel,  Fr.  361,  578. 
Meslay  295. 
Mesnil  7. 
Messerer  613. 
Mester  209. 


J 


700 


Autorenregister. 


MeUchnikoff  7,  243. 

Mettler  249. 

Meunier  502. 

Mey  528. 

Meyer  43,  130,  240. 

Meyer.  Andreas  626. 

Meyer,  E.  189. 

Meyer,  H.  104,  374. 

Meyer,  R.  509,  604. 

Meyer,  Wilhelm  475. 

Mibelli  502. 

Michel,  E.  618. 

Michelson  71. 

Mies  111. 

Mikulicz,  E.  100,  101,  201,  320,  323, 

326,  572. 
Müler  246. 
Miller,  J.  192. 
Milligan,  WiUiam  462. 
Millingen,  van  423. 
Milton  265. 
Minski,  P.  R.  190. 
Mintz  202. 
Miralli^  75. 
Mitscha  644. 
Mittenzweig  620. 
Miyake  235. 
Moeli  129. 
Möller  ä56,  516. 
Moesly  38. 
MoUi^re  229. 
Monier  249. 
Monprofit  372. 
Monti  112,  542. 
Moore  461. 
Moos  463. 
Morain  383. 
Morax  420. 
Moreau  126. 
Morel-Lavall^e  494. 
Morgan  138. 
Morin  568. 
Moritz  190. 
Morris  233,  506. 
Morrow  493. 
Morton  332. 
Moschcowitz  146. 
Moscher  117. 
Moss6  271,  278. 
Mosso,  A.  164. 
Motachutkowsky  48. 
Moure  469,  470. 

Müller,  7,  76,  438.  « 

Müller,  Fr.  161,  205. 
Müller,  J.  494. 
Müller,  Paul  72,  387,  640. 


Müller,  R.  381. 
Müller,  W.  293,  297. 
Müllerheim,  R.  364. 
Munk  659. 
Muormick  251. 
Murphy  331. 
Marray  108. 
Muscatello  42. 
Mutach  43. 
Mygind,  Holger  484. 


N. 


Nachod  299. 
Näcke  93,  126. 
Naegeli-Akerblom  140. 
Nageottc,  J.  73. 
Nannotti  358. 
Nash  494. 
Nash,  Gifford  463. 
Nasse,  0.  273,  313. 
Naunyn  95. 

Nauwerck,  C.  18,  30,  40,  199,  269. 
Navratü  482. 
Neftel  81. 

Neisser,  A.  369,  432,  506,  507,  511. 
Neisser,  P.  502. 
Nemann  505. 
Nencki,  L.  y.  601. 
Netolitzky,  Aug.  659. 
Netter  532,  658. 
Neuber  807. 
Neudörfer  540. 
Neufeld  245. 
Neumann,  Herm.  312. 
Neumann,  H.  532,  555. 
Neumann,  J.  383. 
Newmark  79,  90. 
Nicoladoni  335,  356. 
Nicolaier,  Arthur  231,  589. 
NicoUe  499. 
Niemann,  F.  46,  272. 
Nienhaus  346. 
Niessen,  van  520. 
Nyhoff  371. 
Nitze  303,  340. 
Nobbs  495,  569. 
Nocard  630. 
Nocht  642. 
Nolan  81. 
Noltenius  473. 
Nonne,  M.  69,  81,292. 
Noorden,  W.  v.  598. 
Noorden,  C.  v.  195,  274,  279,  282. 
290,  297. 


Autorenregister. 


701 


Nothnagel,  H.  210. 
Notkin,  J.  A.  571. 
NotthaflTt,  V.  33. 
Nowak,  J.  606. 


0. 

Obalinski  332,  355. 

Obennüller  12. 

Obersteiner  112. 

Obrastzow  205. 

Odeye  100. 

Oefele,  Jul.  v.  564. 

Oehmichen  646. 

Oertel  177,  466. 

Oestreich  39. 

Oettinger  73,  83. 

OflPer  283. 

Ohlemann  436. 

Okuneff  438,  447. 

Oliver  573. 

OlofF  264. 

Olshausen,  R.  521,  383. 

Onodi  485. 

Openchowski,  v.  67,  169. 

Oppenheim  72,  456. 

Oppenheimer  37,  100,  141, 

Oppler  194.  486. 

Orb  363. 

Orlowski  6,  240,  535. 

Orschansky  80,  129. 

Ort  253. 

Orth  42. 

Oseretzkowsky  111. 

Osler,  W.  210. 

Ott  213. 

Owen  100. 


P. 

Pässler  100. 
Pagenstecher  427. 
Paget  85,  497. 
Pailhas  83. 
Pal  204. 
Palleske  102. 
Palmer,  0.  515. 
Panas  417. 
Pandl  48. 
Pansier  98. 
Parinaud  419. 
Pariser  201,  327. 
Park,  Roswell  109. 
Parson  568. 


1 


Paschen  394. 
Passow  450,  463. 
Pasteur  88. 
Patrick  101. 
Paul,  G.  578. 
Paulsen  477. 
Paulus  214. 
Pavlowsky  176. 
P6an  357,  481. 
Peiper  252. 
Pel  260,  483. 
Pentzoldt,  F.  159. 
Pepper  230. 
Perles  404. 
Pernice  223. 
Peron,  A.  295. 
Perrero  19. 
Perrin  501. 
Perthes  343,  349. 
Pes  442. 
Peters  419. 
Petersen  315. 
Petit,  P.  305. 
Petruschky  8. 
Pettenkofer,  v.  548. 
Petteruti,  P.  G.  145,  588. 
Peytoureau  216. 
Pfeiflfer,  A.  658. 
Pfeiffer,  E.  230,  522. 
Pfeiffer,  R.  13,  243. 
Pfeiffer,  Th.  288. 
Pfuhl  18. 
Pfyffer,  G.  378. 
Philippson  506. 
Phocas  357. 
Phulpin  3,  93. 
Pichevin,  R.  394. 
Pick  23,  227,  402. 
Picqu6  457. 
Pietrusky  651. 
Pinard,  A.  373. 
Pincus  379. 
Pineles  66. 
Pinner,  Fritz  594. 
Pins,  E.  158. 
Piotrowski  616,  620. 
Pistor,  M.  658. 
Pitts  462. 
Plana  7. 
Plaut  537. 
Plehn,  F.  255. 
Plücker  340. 
Phiyn,  van  der  236. 
Podack  21. 
Podwyssozki  23. 
Poelchau  258. 


702 


Autorenregister. 


Polaillon  358. 
Polakow  579. 
PolgarBudapest  296. 
FoHtzer  452. 
PoUak  461. 
Ponfick  28. 
Popper  524. 
Port  209. 

Posner  204,  232,  238. 
Poepelow  491. 
Posaelt  90. 
Postnikow  344. 
Potain  543. 

Poten,  W.  A.  652,  653. 
Pouchet  629. 
Poulsen  462. 
Pousson  233,  286. 
Power  33. 
Powers  480. 
Pozzi  345. 
Predtetschenski  559. 
Preece  488,  569. 
Preisz  534. 
Preysz,  Cornel  564. 
Pribram,  A.  159. 
Pribytkow  408. 
Prieetley  646. 
Prince  78. 
Prinzing,  F.  630. 
Prus,  Jobann  76. 
Pryor  508. 
Purdon  489. 
Futnam  568. 

Queisner  369. 
Quenu  357. 
Quervain  249. 
Quincke  206,  297,  582. 

B. 

Rabino witsch  21. 
Rabow  605. 
Radasewsky  171. 
RadcliffeCrocker,  H.  506. 
Raffalowisch  620. 
Raiford,  W.  562. 
Raimondi  255. 
Randall  433,  438. 
Ranke  617. 
Ranke,  v.  538,  546. 
Ransom  6,  108,  244. 
Raschke  295. 


Rasumowsky  331. 

Rathke  28. 

Raymond  70,  75,  104. 

Raynaud  494. 

Recken  420. 

Recklinghausen,  v.  156. 

Rector  374. 

Rehn  345. 

Reiche  224. 

Reichel  306,  309,  332. 

Reichmann,  N.  192. 

Reimer,  Herrn.  564. 

Reinbach  36. 

Reineboth  168,  315,  612. 

Reinecke  221. 

Reinert  574. 

Reinert,  E-  290,  295. 

Reinhard  462. 

Reinhardt,  E.  464. 

Reinhold  569. 

Reinicke  364. 

Reinsch  629. 

Remak.  Ernst  66,  109. 

Renon  3,  531. 

Renki,  de  146. 

Resnicow  369. 

Rethi  271. 

Rettig,  VV.  634. 

Reusing  363. 

Rey  527. 

Rhyner  148,  270. 

Ria  157. 

Ribbert  32,  33. 

Richardson  91. 

Richelot  390. 

Richmond  14. 

Richter,  P.  F.  194,  213,  219,  241, 

289. 
Ricker  2,  3,  18,  28,  30. 
Ridley  421. 

Rieder.  H.  158,  159,  172. 
Rieger  130. 
Ries  509. 
Riess,  E.  364. 
Rille  489,  499. 
Rimpler  406. 
Rindfleisch,  v.  136. 
Rioblanc  308,  488. 
Ripault  471. 
Ritter,  C.  189. 
Ritter,  P.  475. 
Robei-tson  248. 
Roche  96. 
Röchet  357. 

Rochon-Duvigneaud  432. 
Röchling,  H.  Alfr.  624. 


RSbmann  509,  604. 

Roemisch  481. 

Roeaing  382. 

Röesler  357. 

Rover  3,  262,  283. 

Rohrer,  F.  464. 

Rokitansky  149. 

Rollestoa  43. 

Roniberg  242. 

Ropp,  V.  d.  642. 

Roque  214,  516. 

Rose  636. 

Rose,  A.  575. 

Rotenbscli,  F.  J.  506. 

Roaeobacfa,  O.  441. 

Boaenberg,  A.  479. 

Bosenberg,  P.  300. 

Roaener,  A.  393. 

Roaenfeld,  G.  283. 

Rosenbeim,  Th.  186,  187.  188.  190. 

193.  194,  201,  326,  327,  598. 
Rosenthal  540. 
Roaenthal,  0.  513. 
Roth  93,  250,  255. 
Roth,  F>.  636,  644. 
fiotha  133. 
Rotmami  145. 
Rotter  320,  357. 
Roy,  Le  542. 
Rubeska  362. 
Rubner,  M.  622,  623,  628,  632.  643, 

658. 
Rüedi,  A.  164. 
Raete  245.  632. 
Ruhemann,  J.  576. 
Ruinpel  13,  243. 
Rumpf  242,  251,  276. 

Runge.  M.  339,  889,  521. 
Rjdygier  101,  257,  311,  333,  839. 


Saake,  W.  586. 
Saalfeld  597. 
Sabouraud  499. 
Sacaze  224,  268. 
SacharofF,  N.  290. 
Sachs,  B.  109. 
Sackur  155. 
Sänger  65.  91. 
Sänger,  M.  372,  398. 
Sahli  169,  206,  272,  605. 
Salkoweki  278. 
SalomoD,  H.  635. 


Samter  354. 
Samuel  239. 
SanareUi  13,  244. 
Sandmerer  274. 
Sanfelice  21. 


Sarbo  113. 

SftTor,  R.  226,  235,  378. 
Sawtscheako  33. 
Scagliosi  228. 
Scatcbard  490,  569. 
Schäfer  16.  573,  618. 


Schaffer.  0.  386. 

Schaffer  68. 

Schaller  380. 

Schamberß  497. 

Schamechin  37. 

Schardinger  629. 

Schatz  654. 

Schaut«,  F.  397,  399,  403. 

Scbech  471. 

Schede  335. 

Scheer.  v.  der  22. 

Scheff  467, 

Scheibe  451. 

Scheiber,  S.  162. 

Scheier  481. 

Scherer  19. 

Schetalow  105. 

Schick  870. 

Scbjeming  615. 

Schiff  72. 

Schiff,  Ed.  474. 

Schild  611. 

Schild,  Walther  2,  521. 

Schilling,  Fr.  564. 

Schimmelbuach  3,  319. 

Schindler  637. 

Schirmer  419. 

SchleBinger  73,  74,  88,  194,  202. 

Schleainger,  Hermann  110,  580.  fi1 

Schliep  526. 

Schlodtheim  34. 

Schmaltz  464, 

Schmaus  35. 

Schmej  146. 

Schmid,  Uana  237. 

Schmid-Honoard.  621. 

Schmidt,  Ad.  23,    196. 

Schmidt,  M.  472. 

Schmidtmann  646 

Schmidtrßimpler  94,  421. 

Schmiedeberg,  O.  605. 

Schmieden,  H.  643. 

Schmjegelow  455. 


J 


-4 


704 


Autorenregister. 


Schmitz  545. 

Schnabel  412. 

Schneyfer,  J.  289. 

Schnitzler  106,  485. 

Schoenfeldt  546. 

Schönwerth  329. 

Scholl  315. 

Scholtz  627. 

Schottmüller  17. 

Schrader  526. 

Schreiber,  J.  93. 

Schrötter,  Hermann  v.  70. 

Schubert,  L.  640. 

Schuchardt  327,  890. 

Schule,  A.  68,  191,  192. 

Schüler,  Th.  315. 

Schürmayer  209. 

Schütze  562. 

Schulte  406. 

Schultheiss  304. 

Schulz,  Rudolf  610,  615. 

Schulze  402. 

Schulze,  B.  490. 

Schulze,  Fr.  84,  93. 

Schurz  229. 

Schwalbe,  J.  648. 

Schwartz  302,  460. 

Schwartz,  F.  361. 

Schwarz  33,  261. 

Schwarz,  S.  594. 

Schweigger,  C.  414,  432. 

Schwyzer,  J.  578. 

Scott  149. 

Scriba  235. 

Secker  Walker  462. 

Secretan  478. 

Seegen  278. 

Seelig  44,  193. 

Seelig,  A.  293. 

Seeligmüller,  A.  96. 

Seeligmüller,  J.  G.  A,  107. 

Seglas,  J.  109. 

Seibert  545. 

Seifert  598,  602. 

Seiffert  482,  485. 

Semon  94. 

Semple  248. 

Senator  82,  155,  218,  222,  234,  287. 

Sendler  337. 

Senfft  600. 

Senger  319. 

Serieux  125. 

Serr^e  591. 

Sharp,  G.  167. 

Sheild  249. 

Sheppegrell  472. 


Sheridan  14. 
Shirmunsky  454. 
Sickenberger  629. 
Sidney  631. 
Siebenmann  469. 
Siemerling,  E.  122,  619. 
Sigel  474. 

Silbermann,  0.  591. 
Silberschmidt  4,  16,  537. 
Silex,  P.  227,  426,  432. 
Singer  20,  103,  263. 
Sirleo  21. 
Skerritt  149. 
Smale,  F.  J.  288. 
Smart  628. 
Smita  610. 
Snell  124,  129. 
Snellen  425. 
Sobemheim  6. 
Sobieranski,  v.  212. 
Sölder,  V.  106. 
Solbrig  633. 
Solis-Cohen  568. 
Soltmann  539. 
Sommerfeld,  Th.  638. 
Sonnenburg  206,  357. 
Sonques,  A.  84. 
Sottas  106. 
Souch^res  258. 
Soumeau  216. 
Spano  244. 

Spengler,  C.  137,  533. 
Sperling  653. 
Spiegier  517. 
Spinks  626. 
Spira  463. 
Spitzer,  W.  273. 
Sprecher  519. 
Springthorpe  148. 
Spronck  244. 
Stacke  449. 
Staerlin  514. 
Stafford  347. 
Stalker  214. 
Stapa  535. 
Starlinger  68. 
Starr  357. 

Stavenhagen,  A.  46,  272. 
Steffen,  A.  541,  546. 
Steffen,  Wilhelm  523. 
Stein,  V.  453. 
Steinbrügge  450. 
Steindler,  L.  288. 
Steinhaus  24. 
Steinmetz  258,  304. 
Stejskal,  K.  v.  217,  285. 


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Stephan  213. 

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706 


Autorenregister. 


Tschudy  372. 
Tuffier  344. 
Turner  224. 
Tuttle  510. 


ü. 


üfiPelmann  659. 
Ullmann  330,  505,  541. 
Unna  504,  506. 
Unna,  A.  624. 
ünverricht  105,  108. 

Vagedes  261. 
Vaillard  260. 
Valentine  509. 
Vaquez  543. 
Veiel  505,  596. 
Veit  354,  528. 
Veit,  J.  360.  391. 
Veraguth  37. 
Vierordt,  H.  159, 
Villani  184. 
Vogel  250. 
Vogel,  A.  646. 
Voigt  272,  362. 
Voit  159. 
Volkmann  29. 
Volland  142. 
Vollmer  382,  498,  512. 
Voss  446.  462. 
Vramican  83. 
Vulpius  66,  93,  456. 

Wachholz,  L.  606,  611. 
Wagner  131. 
Wagner,  W.  318. 
Wahneau  617. 
Waldow  467. 
Walko  261. 
Wall^  482. 
Walters  146. 
Wanner,  R.  378. 
Warman,  Nicolas  583. 
Warthin  182. 
Washbume  5. 
Wassermann  6,  266,  535. 
Wateon  232,  347. 
Watton  91. 
Weaver  233. 
Wegele,  Carl  210. 
Wehmer,  R.  659. 


Weigert  132. 
Weü  267,  296. 
Weinland  410. 
Weintraud,  W.  212,  284. 
Weiss  265. 
Weiss,  L.  432. 
Weisz  558. 
Weisz,  E.  164. 
Welander  512,  518. 
Welch,  W.  H.  605. 
Wells,  Rüssel  541. 
Wendeler  38. 
Wendelstadt,  H.  282,  567. 
Wendt  423. 
Wenzel  181,  584. 
Werhovsky  23,  435. 
Werner  114. 
Wernich  628. 
Wernicke  132. 
Werth  384. 
Wesbrook  18. 
West,  S.  280. 
Westermark,  F.  400. 
Westphalen  360. 
Weygandt  438. 
Weyl,  Th.  626,  658, 
Whatelet  12. 
While,  Haie  208. 
White  267,  346,  480, 
Wichmann  98. 
Wiedehold,  M.  369. 
Wieland  312. 
Wiemer,  0.  596. 
Wiener  331. 
Wiener,  H.  192. 
Wücox  146. 
Williams  226,  357. 
Williamson  110. 
Williamson,  R.  T.  280. 
Willonghby  629,  647. 
Wilm  15,  629. 
Wüms  31. 
Wilson  476. 
Winands  40. 
Winckel,  F.  v.  379. 
Winckler  562. 
Windscheid  97. 
Winfield  89,  254. 
Wingrave  469. 
Winkler  470. 
Winter  461. 

Wintemitz,  R.  288,  562. 
Wissel,  E.  195. 
Withington,  Ch.  153. 
Witkowsky  603. 
Wittkowski  360. 


Antorenregifiter. 


WitEenhansen  136. 
Wölfler  828. 
Wolf  16. 

Wolf.  K.  86,  149. 
Wolff,  F.  564. 
Wolff,  J.  348. 
Woüenbei^  121. 
Wolters  494,  498. 
WoroBchÜBki.  F.  6.  562. 
Worotynsky  98. 
Woyer,  G.  377. 
Wnght  248,  479,  507. 
Wfirihenan,  t.  609. 
Würabui^,  Arthur  605. 
Wulff  284. 
Wulkow  379. 

Wunsdilieim,  v.  6,  42,  535. 
WurtB  266. 
Wjgodzki  865. 

Yonnger,  K  G.  588. 


Zancarol  22. 
Zaogger  179. 


Zappert  531,  532. 

Zarewicz,  A.  515. 

Zaufaul  17,  449. 

Zechmeister  258. 

Zeehoisen,  H.  4.  21H.  278. 

Zeisig,  A.  v.  286. 

Zelle,  H.  564. 

Zeller  9,  262. 

Zenker  24. 

Zenker,  £.  40,  190. 

Zenoni  24,  27. 

Zentzer,  A.  402. 

Zemer  1G6. 

Ziegelroth  287. 

Ziegenspeck,  H.  40H. 

Ziegler  82,  46,  318. 

Ziehen  182. 

Zielenziger  566. 

Ziem  472. 

Zienueen,  v.  228,  555.  644. 

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