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Full text of "Jahrbuch des Schweizer Alpen-Club"

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In  unserem  Verlage  ist  erschienen: 


Ueber  Eis  und  Schnee 


Bie  höchsten  Gipfel  der  Schweiz 

und 

die  Geschichte  ihrer  Besteigung. 

Von 

Gr.  Stixd-er^ 

alt  Begierungsstatthalter,  Ehrenmitglied  des  schweizerischen,  englischen 

und  italienischen  Alpenclnbs. 

IV.  Band. 

Preis :  broschirt  Fr.  6.  — ,  gebunden  Fr.  7.  50, 


Beim  Erscheinen  dieses  Bandes  haben  wir  die  3  ersten 
Bände  desselbe)i  Werkes: 

Bd.  I.  Berner  Alpen.  Bd.  IL  Walliser  Alpen, 

Bd.  IIL  Bernina, 

im  Preise  herabgesetzt  und  offeriren  dieselben,  so  lange  der 
geringe  Vorrath  des  I.  Bandes  noch  ausreicht,  zusammen- 
genommen ; 

broschirt  statt  Fr.  10.  60  zu  Fr.  6.  — 
gebunden     »      >    12. 25    »     »    7. 60 

Einzelne  Bände  behalten  ihren  alten  Preis  von  k  Fr.  3.  50. 

Studer's  Werk,  bekanntlich  größtentheils  aus  eigener  Anschauung 
geschrieben,  ist  für  den  Alpenclubisten,  der  sich  über  oben  genannte 
Gebiete  orientiren  will,  unentbehrlich. 

Bern.  SGiMill,  Tm&lü  &  Co.  (voriD.  I.  DalD'scbe  BQCHltaiimiis). 


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Jahrbuch 

des 

Schweizer  Alpenclub. 


1885-1886, 


inderte  AuSn^s. 


Bern. 

Verlag  der  Expedition  des  Jahrbuches  des  S.  Ä.  C. 

Schirid.  Fruick«  «  Co.  (loin.  J.  Dulpich*  Buchlundlang). 


»       •      • 


Stämpfli^sche  Buchdruckerei  in  Bern. 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 

Vorwort vii 

L  Clubgebiet. 

1.  Dr.  Emil  Burckhardt  Erinnerungen  aus  dem  Club- 
gebiet       3 

2.  S.  Simon,  Ein  photographischer  Streifzug  im  Club- 
gebiet       62 

3.  F.  V.  Almen,    Der  neueste  Jungfrauweg        .        .  89 

4.  G.  Kamiah.    Aus  den  Gomserbergen     ...  99 

5.  C.  Anders.    Das  Bietschhorn  über  den  Westgrat .  121 

6.  Dr.  H.  Bubi.    Doldenhom  und  Fründenjoch         .  135 

IL  Freie  Fahrten. 

1.  Louis  Kurz.    Col  de  Planereuse  et  Darrei  .        .  151 

2.  Dr.  Ktnil  Burckhardt.    Der  Lyskamm  .        .        .164 

3.  -R.  Wäber.    Aus  dem  Rhätikon     .        .        .        .189 

4.  Dr.  Th.  Curtius.    Aus  der  Gruppe  des  Bacone     .  218 

5.  Prof.  Dr.  K  Schulz.   Die  Aiguilles  d'Arve  und  die 
Aiguille  de  Goleon 245 

6.  Th,  Boret.  Aus  der  Adamellogruppe  und  denBrenta- 
Dolomiten 280 

7.  A,  Trautweiler.    Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes   .  303 


32G965 


IV 


III.  Abhandlungen. 

Seite 

1.  Dr.  H,  DübL    Die  Römerstrassen  in  den  Alpen  .       323 

2.  Prof.  Dr.  Albert  Heim.    Notizen  über  Wirkungen 

des  Blitzschlages  auf  Gesteire       ....      342 

3.  Prof.  Dr.  F.-Ä.  Forel.    Les  variations  periodiques 

des  glaciers  des  Alpes 358 

4.  J.  Goaz.    Bericht  über  die  Vermessungsarbeiten  am 
Rhonegletscher  im  Jahre  1885      ....      389 

5.  Eigene  Bambert    Villars-Chesieres  et  les  Alpes 
Vaudoises 398 


IV.  Kleinere  Mittheilungen. 

1.  Bedaction.    Neue  Bergfahrten  in  den  Schweizer- 
alpen 1885 433 

2.  M.  SchuppU.    Eine  Alpfahrt  im  ünterwallis       .  437 

3.  B,  Lindt    Lauterbrunner  Breithom    .        .        .  449 

4.  Ed.  Wartmann.    Blümiisalphorn  mit  Abstieg  auf 

der  Südwestseite  gegen  die  Fründen  452 

5.  —            Die  Oberaarjochhütte  .        .        .  452 

6.  Ed.  Gerwer.    Nebelbild  am  Urbachsattel    .        .  453 

7.  C.  Seelig.    Notizen  aus  den  Glarner-  und  Ümer- 
bergen 455 

8.  H.  Lavater-  Wegmann.    Crispalt ....  459 

9.  J.  Schiesser.    Tödi  mit  Abstieg  durch  die  Gliems- 
pforte ;        .        .  462 

10.  J.  Studer.    lieber  elektrische  Erscheinungen  auf 

dem  Säntis 469 

11.  0.  B.    Muretto-  und  Dordonapass       .        .        .  474 
\2.  S.  Simon.    Gletscherpickel 482 

13.  F.  Becker.  .  Randegger's  Alpenland     .        .        .  484 

14.  Dr.  H.  Bubi.  Dr.  Emil  Zsigmondy:  Die  Gefahren 

der  Alpen 486 


Seite 

15.  Bedaction.  Souvenirs  d'uii  alpiniste  par  E.  Javelle  488 

16.  —          Bergfahrten  von  Th.  Harpprecht        .  491 

17.  —  J.  Meurer :  Führer  durch  die  Dolomiten 

und  Illustrirter  Fuhrer  durch  West- 
tirol und  Vorarlberg      .         .        .  492 

18.  —           L'Echo  des  Alpes  1885      ...  495 

19.  —  Zeitschrift  und  Mittheilungen  des  D. 

und  Oe.  Alpenvereins     .        .        .  496 

20.  —           Oesterrcichische  Alpenzeitung    .        .  499 

21.  —                       „               Touristenzeitung      .  502 

22.  —  Societä  degli  Alpinisti  Tridentini.  An- 

nuario  XI 502 

23.  —          Alpine  Journal 504 

24.  —          Annuaire  du  Club  Alpin  Fran^ais  1884  505 

25.  A.  Francke,  Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885  507 


V.  Chronik  des  S.  A.  C.  für  das  Jahr  1885. 

I.  Jahresversammlung  in  Villars-sur-Ollon       .         .  533 

Protokoll  der  22.  Delegirtenversammlung  des  S.  A.C.  533 

„        der  21.  Generalversammlung  des  S.  A.  C.  541 
Zweiundzwanzigster   Jahresbericht    des    Central- 

comit6  des  S.  A.  C 542 

II.  Sectionen 558 

III.  Dreiundzwanzigste  Jahresrechnung  des  Schweizer 

Alpenclub  1885 603 


Index 607 


VI 


Artistische  Beilagen. 

a.  Iii  der  Mappe. 

1.  Excursionskarte  des  S.  A.  C.  für  1885 — 87  in  zwei  Blättern. 
1  :  50000.  Blätter  Grindelwald,  Lauterbrunnen,  Jungfrau, 
Obergestelen,  Aletschgletscher,  Binnenthal  des  Siegfried- 
Atlas.  Stich  von  R.  Leuzinger.  Schattirungston  von  Prof. 
A.  Heim. 

2.  S.  Simon:  Rundsicht  vom  Südgipfel  des  Trugbergs.  Farben- 
druck. 

3.  W,  Benteli  (nach  einer  Phot.  von  L.  Kurz):  Le  versant 
suisse  de  la  chaine  du  Montblanc,  Vue  prise  de  la  Tete 
de  Vari.    Phototypie. 

4.  J".  Schneiter :  Aussicht  von  Chiliomodi  gegen  Westen  (Pe- 
loponnes).  Farbendruck. 

5.  A.  Heim:  Gebirgsansicht  von  Villars-sur-Ollon.  Farben- 
druck. 


b.  Im  Buche« 


Seite- 


1.  R.  Ritz:  Hintergrund  des  Eginenthals.  Phototypie. 
Titelbild. 

2.  Schreckhorn  und  Nässihom  nach  einer  Photographie 

von  J.  Beck.    Phototypie 48 

3.  R,  Ritz :  Hintergrund  des  Gerenthals.  Phototypie.       1 12 

4.  Fisistöcke  und  Doldenhörner  nach  einer  Photo- 
graphie von  Mögle.    Farbendruck         .        .        .144 

5.  Der  Lyskamm  vom  Plateau  des  Lysjochs  aus  nach 

einer  Photographie  von  V.  Sella.    Phototypie        .       176 

6.  R.  Wäber:  Die  Kurzen  Gang.     Zinkogr.       .         .       205 

7.  —  Kleine  Furka.  „  .        .      207 

8.  —         Terrasse  der  „Platten"  von  der  Grossen 

Furka  aus.     Zinkogr.       .        .        .       208 

9.  Caviezel :  Die  Baconegruppe :   Abstürze  nach  der 
Malojastrasse.    Zinkogr 219 


VII 

Seite 

10.  Dr.  Th.  Curtius :  Baconekette  vom  P.  Mortara  bis 

zur  F.  Casnile.  (Kartenskizze.)  Lithogr.      .         .221 

11.  Klttcker:  Cima  del  Largo  von  der  Südostspitze 

aus  gesehen.     Zinkogr. 226 

12.  H.  Heubner:  Die  Aiguilles  d'Arve  nach  Skizzen 
von   K,  Schulz    und   L.  Darmstätter,     Zinkogr. 

I.  Aig.    centrale    und   Aig.    septentrionale   von 

Osten 256 

II.     „  „        von  Süden. 

IIl.     „      meridionale  von  Süden. 

13.  JE,  T.  Compton:  Die  Brentagruppe  von  der  Cima 

dei  Lasteri  aus  gesehen.    Phototypie  .        .        .      288 

14.  M.  Stocker:  Der  Malevo.  „  ...      301 

15.  Römerstrasse  am  Septimer  (aus  Bavier:  Strassen 

der  Schweiz).    Zinkogr 331 

16.  Römerstrasse  b.  Promontogno  (aus Bavier:  Strassen 

der  Schweiz).    Zinkogr 332 

17.  Quermauer  bei  Punkt  B  (aus  Bavier:  Strassen  der 
Schweiz).    Zinkogr 332 

18.  Profil   der  Römers trasse   bei   Promontogno   (aus 
Bavier:  Strassen  der  Schweiz).     Zinkogr.     .        .  333 

19.  A.  Heim:  Blitzstern  vom  Hauserstock.     Zinkogr.  355 

20.  0.  B.:  Pizzo  dei  Rossi.    Farbendnick         .        .      480 


Extrabeilage. 


O.  y.  Bülouj,    Repertoriiim   und    Ortsregister   fllr  die 

Jahrbücher  I— XX  des  Schweizer  Alpen- 
club (mit  einer  Uebersichtskarte  der 
Seh  weizer- Alpen) . 


Vorwort. 


Im  letzten  Jahrbuche,  pag.  VII,  hatte  die  unter- 
zeichnete Kedaction  zwei  Wünsche  ausgesprochen :  den 
Wunsch  nach  einer  Ergänzung  des  Jahrbuches  durch 
eine  neben  und  unabhängig  von  demselben  erscheinende 
Monatsschrift,  und  den  andern,  dem  21.  Bande  des^ 
Jahrbuchs  ein  Sachregister  über  die  20  ersten  Bände 
unseres  Cluborgans  beigeben  zu  können. 

Dieser  letztere  Wunsch  ist  nun  Dank  dem  Eifer  und' 
dem  uneigennützigen  Fleiß  eines  Clubgenossen  erfüllt 
worden.  Als  Extrabeilage  ist  diesem  Jahrbuche  ein 
Repertorium  und  Ortsregister  für  die  Jahrbücher  I — XX 
von  Herrn  0.  v.  Bülow  (Section  Bern)  beigegeben,  das, 
praktischer  eingerichtet  und  weit  vollständiger  als  das 
Inhaltsverzeichniß  zu  den  10  ersten  Bänden,  das  reiche,, 
in  unseren  Jahrbüchern  aufgespeicherte  touristische,, 
wissenschaftliche  und  artistische  Material  für  die  Be- 
nutzung leicht  zugänglich  macht. 

Während    das    alte   Inhaltsverzeichniß    ganz    voa 


sachlicher  oder  geographischer  Eintheilung  des  Stoffes 
absah  und  die  Arbeiten  einfach  nach  den  Namen  der 
Autoren  in  alphabetischer  Ordnung  aufzählte,  hat  sich 
Hr.  0.  V.  BUlow  die  große  Mühe  und  Arbeit  nicht 
verdrießen  lassen,  den  weitschichtigen  Stoff  vom  wissen- 
schaftlichen und  geographischen  Gesichtspunkte  aus 
einzutheilen  und  zur  Erleichterung  der  Orientirung  ein 
alphabetisch  geordnetes  Ortsregister  hinzuzufügen.  Er 
hat  mit  dieser  Arbeit  dem  Schweizer  Alpenclub  ein 
höchst  werthvolles  und  willkommenes  Geschenk  ge- 
macht und  die  Redaction  spricht  gewiß  im  Sinne 
sämmtlicher  Clubgenossen,  wenn  sie  ihm  hiemit  Namens 
des  S.  A.  C.  seine  sehr  verdienstliche  Arbeit  wärmstens 
verdankt. 

Nicht  so  gut  erging  es  dem  ersten  Wunsche.  Der 
S.  A.  C.  ersieht  aus  dem  Decembercircular  des  Cen- 
tralcomit6  und  dem  Jahresbericht  des  Herrn  Central- 
prilsidenteu ,  pag.  553  dieses  Jahrbuches ,  daß  der 
Anregung  zur  Publication  eines  neuen  officiellen  Organs 
neben  dem  Jährbuche  aus  Opportunitätsgründen  keine 
Folge  gegeben  wurde.  Ohne  das  Gewicht  dieser 
<Tründe  zu  verkennen,  glaubt  doch  die  Redaction,  das 
ßedUrfniß  nach  einer  Ergänzung  des  Jahrbuchs  durch 
periodisch  erscheinende  Mittheilungen  zur  Vermittlung 
des  Verkehrs  zwischen  den  Sectionen  und  zur  prompten 
Besprechung  clubistischer  Zeit-  und  Streitfragen  u.  s  w. 
werde  sich  in  der  Folge  immer  mehr  geltend  machen, 
«nd  sie  erachtet  deshalb  die  Frage  nicht  als  durch 
■den  negativen  Entscheid  des  Centralcomitö  aus  Ab- 
schied und  Traktanden  gefallen,  sondern  nur.  als  zeit- 
Tv eilig  verschoben. 


XI 

Auch  dieses  Jahr  muß  die  Redaction  den  Club- 
genoßsen  einen  dringenden  Wunsch  äußern  oder  viel- 
mehr wiederholen :  den  Wunsch  nach  rechtzeitiger  Ein- 
sendung der  Manuscripte.  Bei  verspäteter  Zusendung, 
wie  sie  bei  diesem  Jahrbuche  öfters  vorkam,  häuft 
sich  zeitweise  die  Arbeit  für  den  Redactor  tibermäßig 
an  und  seine  Aufgabe  wird  ihm  dadurch  unnützer  und 
fdr  das  Jahrbuch  durchaus  unersprießlicher  Weise  er- 
schwert. Rechtzeitige  Zusendung  leserlicher  Manuscripte 
in  druckfertigem  Zustande  liegt  ebenso  sehr  im  Interesse 
des  Jahrbuches  und  der  Autoren,  wie  der  Redaction. 

Für  den  22.  Band  sind  die  Termine  die  folgenden: 

1.  Januar  1887  für  Alles,  was  das  Clubgebiet  und 
die  artistische  Ausstattung  betrifft.  1.  Februar  für  die 
Freien  Fahrten  und  Abhandlungen.  1.  März  für  die 
Kleineren  Mittheilungen. 

Zum  Schlüsse  erübrigt  der  Redaction  noch  die  an- 
genehme Pflicht,  allen  Mitarbeitern  am  21.  Jahrbuche 
bestens  zu  danken  und  ihnen,  sowie  dem  ganzen  Club, 
das  Jahrbuch  auch  für  die  Zukunft  zu  empfehlen.  Zu 
nicht  geringerem  Danke  ist  sie  auch  dem  eidg.  topo- 
graphischen Bureau  verpflichtet,  dessen  Entgegen- 
kommen es  ermöglicht  hat,  die  Excursionskarte  durch 
Hinzuftigung  eines  Schattirungstones  auch  für  den 
Novizen  im  Kartenlesen  leicht  verständlich  zu  machen. 
Dieser  Schattirungston,  von  unserem  Centralvicepräsi- 
denten  Prof.  A.  Heim  mit  kundiger  Hand  ausgeführt, 
verbindet  sich  mit  der  von  Freund  R.  Leuzinger  mit 
gewohnter  Meisterschaft  gestochenen  Terraindarstellung 
mittels  Kurven  zu  einem  relief artigen,  zugleich  genauen 
und  malerischen  Bilde   der   Bodengestaltung   unseres 


xn 

Clubgebiets.  Möge  diese  schöne  Karte  nun  auch 
fleißig  im  Terrain  benutzt  werden  und  dem  nächsten 
Jahrbuche  eine  recht  reiche  Ausbeute  von  Berichte» 
aus  dem  Clubgebiet  zubringen! 


Bern,  im  Juni  1886. 


A.  Wäber. 


I 
i 
i 


I 

Clubgebiet. 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet 

Von 

Dr.  Emil  Burckhardt  (Section  Basel). 


Wohl  wenig  Theile  unserer  Schweizeralpen  sind 
in  den  Jahrbüchern  so  einläßlich  und  vielseitig  be- 
handelt worden,  wie  das  letzte  and  das  diesjährige 
Excursionsgebiet  des  8.  A.  C. :  die  Lötschthalergebirge 
und  das  Centralmassiv  der  Bemer  Alpen.  l]nd  doch 
weist  unser  einziges  officielles  Organ,  das  Jahrbuch, 
auch  für  diese  Gebiete  noch  mehrfache  Lücken  auf. 
Dieselben  auszufüllen  kann  eines  Einzelnen  Aufgabe 
nicht  sein.  Immerhin  aber  scheint  eine  Ergänzung 
unserer  Jahrbücher  im  Sinne  möglichster  Vollständig- 
keit der  Originalberichte  schweizerischer  Bergsteiger 
Über  das  jeweilige  Clubgebiet  wünschenswerth. 

Meine  Notizen  aus  dem  letzten  und  dem  jetzigen 
Clubgebiete,  in  dem  ich  schon  1862  meine  Anfänger- 
touren machte,  gehen  zum  Theil  weit  zurück,  vom 
Jahre  1885  bis  in  das  Jahr  1867,  bei  der  rasch- 
lebigen Entwicklung  der  modernen  Bergsteigerei 
(„  Alpinismus  ^  oder  gar  „  Hochalpinismus  ^  in  der 
8portsprache  der  jüngeren  und  jüngsten  Schule)  eine 


4  Emil  Burckhardt. 

längst  vergangene  Zeit.  Ich  glanbte  aber,  auch  ältere 
Aufzeichnungen  hervorsuchen  zu  dürfen,  nicht  sowohl, 
um  mit  „Mountaineering  in  the  old  style"  zu  cokettiren  — 
dazu  wären  meine  Mittheilungen  schon  ihrem  Inhalte, 
wie  ihrer  Form  nach  wenig  geeignet  — ,  sondern  -viel- 
mehr, um  sie  im  Vereine  mit  Notizen  aus  neuerer  und 
neuester  Zeit  meinen  CoUegen  zur  Verfügung  zu  stellen, 
als  einen  Beitrag  zur  Ausfüllung  einiger  Lücken  und 
zur  Ergänzung  schon  vorhandener  Berichte  in  unseren 
Jahrbüchern  über  das  letzte  und  das  diesjährige  Club- 
gebiet. 

I.  Das  Orosshom  (37G5  m.)  von  Ried  im  Lotschthale  aus. 

1885. 

Als  zweite  Spitze,  von  Westen  an  gearechnet,  ent- 
r^gt  der  mächtigen  Lauterbrunner-Lötßchener-Grenz- 
kettie,  welche  Bern  uad  Wallis  scheidet,  das  Groß- 
hora,  in  jähem  F^lsabsturze  gegen  Norden  und  in 
steiler,  8«ehön  entwickelter  Firnbildung  gegen  Buden, 
zu  3765  ^  ^)  Höhe  sich  aufschwiaigend. 

Wie  sein  Nachbar,  das  Lauterbrunaer  Breithom, 
fand  das  Großhom  in  den  Sechzigerjahren  seine  üeber- 
wiader.  Am  9.  S>eptember  1868  standen  zwei  Bdaweizer 
Clubistea,  die  Hen'en  Heinrich  Dübi  und  Emil  Ober, 
damals  Studenten  in  Bern,  mit  den  Führern  Johann 
Bisehoff  aus  Lauterbrunaen  und  Josef  Siegen  aus  ^ed, 
als  die  ersten  Besteiger,  auf  der  jungfräulichen  Spitze. 


^)  Die  Höhenangaben  sind  den  Excursionskarten  des 
S.  A.  C.  für  1884  und  für  1885/86  entnommen.  Sie  weichen 
von  den  H^henzablen  in  den  früheren  Karten,  im  Itinerar 
1882/83  und  in  Stnder,  ^Ueber  Eis  und  Schnee**,  etwas  ab. 


Erinnerungen  aus  dem  Glubgebiet  5 

Ceber  diese  von  Ried  a«&  unternommene  Bergfahrt 
hielt  Herr  Ober  im  Winter  1868 '69  einen  Vortrag  in 
der  Section  Bern,  8^  A.  C. ,  der  aber  leider  niemals 
im  Jahrbuche  zum  Abdrucke  kam.  Das  Einzige,  was 
veröffentlicht  wurde,  war  eine  von  dritter  Seite  her- 
röhrende kurze  Notiz  im  „  Anzeiger  von  Interlaken"  1868, 
Nr.  75,  wonach  die  Besteigung  eine  höchst  anstrengende 
und  mitunter  gefährliche  Expedition  von  22'  Stunden 
gewesen  sein  soll.  ^) 

Sieben  Jahre  ging  es,  bis-dasGrPoßhorn,  l'8'75j  seinen 
zweiten  Besuch  erhielt,  diesmal  von  Norden,  vom 
Lauterbrunnenthale,  bezw.  Trachsellauenen,  und'  zwar 
über  das  Schmadrijoch,  durch  Herrn  WyßJ-Wyß  (8.  A.C., 
Bern)  mit  Fuchs  und  Gertsch  von  Lauterbrunnen.  ^) 
Seither  wurde,  soweit  ich  fest&tellen  konnte,  das  Groß- 
hom  nicht  mehr  gemacht,  bis  am  12.  August  1885  Herr 
Otto  Schifferdecker  (S.  A.  C.)  von  Worms  a./Rh.  und 
ich  es  bestiegen.  Unsere  Expedition  war  eine  dbrch- 
aus-  improvisirte. 

Am  11.  August  VSSb  war  ich  auf  dem  Wege  vom 
Bemer  Oberlande  nach  Zermatt  über  den  Petersgrat 
nach  Ried'  gekommen,  wo  ich  zufällig  meinen  Sections- 
genossen  Schiflferdecker  antraf:  Wir  einigten  uns, 
zusammen  über  die  Lötschenlflcke  einen  Abstecher 
nach  dem  Eggischhom  zu  unternehmen.  A'm  folgenden 
Morgen,  den  12:  August  1885,  früh  3  Uhr  30;  gingen 
wir  von  Ried  das  obere  Lötschthal  hinauf  dem  Langen- 
gletscher  entgegen.  Unseres  ziemlich  schweren  Gepäckes 

1)  Briefiiche  Mittheilairg  von  Dr.  Dtibi  an-  den  Verfasser 
rom  ld.Decemberl8e6.  Studer,  „üeberEis  und  Sohne©**  1, 254: 
*)  Jahrb.  S.  A.  C.  XI,  1876/76,  278. 


6  Emil  Burckhardt 

wegen  hatten  wir,   zu  unseren  Führern  Josef  Rubin 
von  Ried  und  Peter  Schlegel  von  Grindelwald,   noch 
einen  Träger  Schlunegger  von  Lauterbrunnen,    somit 
Ueberfluß  an  Mannschaft.     Das  anfangs  zweifelbafte 
Wetter   wurde   nach  Sonnenaufgang   sehr   schön ,     so 
schön,  daß  es  uns  als  eine  Thorheit  erschien,  einen 
so  prachtvollen  Tag   an   einen  Paß  zu  wenden.      Ich 
hatte  auf  Eggischhom  nichts  zu  suchen,   zudem     die 
Lötschenlticke  schon  wiederholt  gemacht,   und    mein 
Clubgenosse  war  gerne  bereit,  dieselbe  für  diesmal  zu 
opfern.     So   entschlossen    wir   uns   denn   zum   einzig 
Richtigen:  zu  einer  Spitze,  und  zwar  zum  Großhorn, 
dessen  feine  Fimschneide  hellleuchtend  zu   uns    her- 
niederblickte,    als  wir   oberhalb  Gletscherstaffel    den 
Guggiboden  (zwischen  Guggisee  und  Punkt  2182)  er- 
reichten. Unsern  Leuten  war  der  Weg  so  unbekannt, 
wie  uns,  desto  größer  also  der  Reiz  der  improvisirten 
Bergfahrt. 

Unser  Gepäck  ließen  wir  im  Guggiboden  zurück 
und  behielten  den  nun  entbehrlich  gewordenen  Schlun- 
egger auf  seine  Bitte  hin  bei  uns.  Bei  Punkt  2182 
bogen  wir  links  vom  Wege  ab  und  wandten  uns  über 
„Heimischeggen '^  dem  Jägigletscher  zu,  den  wir  um 
6V2  Uhr  in  seiner  untern  Hälfte  tiberschritten.  Dieser 
Gletscher,  den  ich  1872  von  Trachsellauenen  über 
das  Schmadrijoch  ^)  kommend  begangen  hatte,  ist  in 


^)  Es  war  dies  wohl  die  zweite  oder  dritte  Ueberschreitung 
des  Schmadrijoches  überhaupt  und  die  erste  durch  einen 
Schweizer  Bergsteiger.  Als  Führer  hatte  ich  Peter  Kaufmann, 
als  Träger  Eud.  Kaufmann  von  Grindelwald,  die  beide  den 
Paß  nicht  kannten.    Wir  hielten  uns  zu  nahe  an  das  Groß- 


iJrinnerwngen  aus  dem  Clubgebiet  7 

diesen    13    Jahren    sehr    stark    zurückgewichen.     In 
directester  Linie  ging  es  üher  schlechtes  Geröll,  Schutt- 
halden und  steile,  gefrorene  Rasenköpfe  und  dann  über 
Oletscher    am   oberen  Fuße   des  Jägiknubels   empor. 
Derselbe  gehört  zum  Jägifu*n,  dessen  südöstlichen  Theü 
er  bildet.  Etwas  vor  8  ühr  war  die  sehr  ausgeprägte 
Einsattelung  zwischen   dem  Südfuße  des  Großhomes 
und  dem  Jägiknubel  (3143)  erreicht.  Sie  ist  auch  vom 
Ahnengletscher  (Exk.  Anenfirn),  also  von  der  Ostseite, 
leicht  zugänglich.  Als  Verbindung  zwischen  den  ver- 
gletscherten Hochthälem  des  Jägi-  und  des  Ahneniirnes 
würde  sie  passend  „Jägilücke"  genannt.  Dieser  Name 
wäre  meines  Erachtens  dem  mir  von  Rubin  mitgetheilten 
^Jägieck"  vorzuziehen.     Fesselnd  ist   der  Blick  von 
-der    Lücke    auf   die    furchtbar    wilde    Ostwand    des 
Lauterbrunner  Breithornes  und  nach  dem  zerrissenen 
Jägifim,  während  auf  der  andern  Seite  Mittaghorn  und 
Ahnengrat  weniger   zur  Geltung  kommen.  lieber  das 
Sattelhom  neben  der  Lötschenlücke  ragt  mächtig  das 
Aletschhom  hervor.     Es  sah  jetzt  in  warmem  Hoch- 
sommerglanze   anders   aus   als   an  jenem  Herbsttage 
vor  10  Jahren,  wo  es,  in  starrem  Schnee  und  Reif, 
mir  auf  seiner  Spitze  einen  frostigen  Willkomm  bot. 
Unsere  Rast   war  keine   lange,    denn  über   dem 
Schmadrijoch  stieg  eine  dunkle  Wolkenwand  auf  und 
«m  die  Schneehaube  des  Breithornes  begannen  röth- 
lichgraue  Nebel  ihr  Spiel  zu  treiben.    Um  8  Uhr  10 

iorn  und  verloren  dort  viel  Zeit.  Ich  führte  diese  Ueber- 
schreituDg  den  20.  August  1872  aus.  Das  Itinerar  erwähnt 
ihrer  nicht,  wohl  aber  derjenigen  von  Dr.  Dübi  und  Wyß-Wyß, 
1875,  welche  die  vierte  oder  fünfte  war. 


9  J^ml  Burckhßr.dt^ 

bracl?^ü  wir  auf.  P.^r  Aufstieg  liegt  kls«  vpi;  A.i^^ci  r 
sjtet^  in  n<Vr41iobei:  RiQh;MAng^  die  F^ri^äuge  iMia^ri^  na^lk 
(jleju.  Gipfelgrat^  und  auf  dj^ßsooi  mx-  $$nU^.    yo^ece 
Leute  mßfiji^i^^  ^\  b^  laug^sit  Sibul^giajDhJl^gen  g^üa^ßt ; 
doch  ka^  e^  bjessidi:-,   als^  ^\x  uui?  irg^adwiß   bp^O' 
duri^n^  ^^ai;  gab  ea  a,p,  d(9u  tie%Qn  f']irBpai:ti^^  wo 
uij;t^r  wäÄserig^m  ^tai^.  Efcj  zu  TagQ.  tcittj  fljßtofeioW 
PaQkarbieit,   a;björ  nie  fiUi:  längte»  &iir^pk,^B»     Weiter 
oben,  Ug  i(eichlich^  sel^r  TRwh^er  Stete?©©.  1><^  w<>>  der 
Bei;gl$::aÄin^  sj<^b  zju  ^ijpem  bfeiteu  RüQfc^ii;  \|r^itet,  ver- 
ursachi^,  <}j^  sjt^rb;^.  Ze];i;ia3.en}ieit  des^  t{QOhj[irQ^S.  omigei^ 
4ufentbalt.     Sp^t^i;  wii-d  (Jer  i^ijpken   äßhmäleF   upd 
nimmt  ai^sg§p?:%te  (pTrat^i^diOing  m>  P/^r  ^Wg-^»  Ta^©^ 
^uyor  g^falliBQe  I^^uacbn^e  Mi^urdi^,  }^.  hö^^r  wir  kiaman,. 
ua^j  80  bQSß^?;   zäh,,   \(m   auagea^djtjhijeter  Tragfähjig« 
\ißiiiy  hütete:  er  ^s,<^  aij^  deip.  yei;§i^t^n  Unjtiei^ru^^. 
Wir  hjii^ljbeQ,  i^uß  z^j^i^st  an  ^e  I^ai^i^höhe>  s^^lbsj))  daw>. 
al3.  si^  zu  scl^^a,!  i^d  yiQj;4^btig  bewäphtiet  wnirdiQ,  ti;4- 
verjSirt^n  \|!;ir  unfeer  di^rjSßlbi^P,  a^f  ^x  WQats.^ite,  übeir 
dem  Jägi%n,  Der'  Scl^Ujee  \^ar>.  so  gi^  daß  Qi^f;  selten 
durjQh.  d<Qn§elJben  hii|duEQh  biS;  inl^^  Wa^kQ  5w  g^^ftpkt 
wer.4en  mußt^,     D^  fetter  l)att(e.  siQh,  nachgerade 
zij^iplfßlj,  ungüpst^g.  geatalt^tf,    Wf\^.  wir  lyapen,  öftera 
in  dichtßii  Ni^b^l   eingehüllt,,  der,   hi|^  imd   da  vom 
Windig   z^rr^filfteUi,    die  Sonn^  4i'irchlHj^hei^,  li§ß,.    ^^a 
lag,  ein.  eigener   ßei^.  in.  diea^m   G^pge,    gleichsam 
in|8  ÜBgewi^e   h}p§i^ ,.  in:  ^M«  w<:^g©öden,  Dun^,  in 
dem  man  nichts  sah,  als  die  feine  Linie  des  Schnee- 
grates, wie  in's  ünendiiche  sich  verlierend.  Auf  Augen- 
blicke  glänzten   dann    unter  uns.  die  Firnfelder  des 
Jägigletschers    mit  ihren   wqit   oflfjenen   Spaltei),  um 


Erinnerungm  am  dem  Clubgebtet,  9 

gleich  darauf  wieder  hinter  dem  grauen  Sehleier  zu 
rerschwinden. 

Der  Anstieg  dauert  sehen  über  3^4  Stunden  von 
der  Jägiliieke  aus.  Es  war  IIV2  Uhr^  als  wir  d;le 
Depression  am  Fuße  des  letzten  6ipfelkammes  ge* 
Wonnen  hatten  und  eine  kurze  Rast  von  10  Miunten 
luelten.  Ein  friseher  Wind  tri^b  den  Nebel  auseln^udier 
und  zeigte  uus  den  Girat,  in  schneidiger  Schärfe  sieh 
scheinbar  noch  weit  und  hoch  hinaufziehend^  bis  zu- 
oberst abgedeckt. 

Nichts  ist  tittgerischer ,  auch  für  den  erfahrene» 
Bergsteiger,  als  die  Schätzung  der  Länge  und  Höh» 
solcher  Schneegräte.  ,,Noch  zwei  Stunde»",  meiatea 
die  Einen  von  uns,  noch  „drei"  die  Anderen.  Ich 
wußte,  daß,  wenn  der  Schnee  gut  blieb,  wir  viel  früher 
oben  sein  würden;  mein  AneroXd  wi^s  schon  über 
3600".  11.  40  nahmen  wir  das  letzte  Stück  Weges  ia 
Angriff.  Es  war  doch  etwas  länger,  alB  ich  glaubte^ 
denn  es  kostete  uns  füu  die  noch  circa  150»'  Steigung 
1  Stunde  20  M.  Auch  da  traversi-rten  wir  fast  bis- 
zuoberst,  hart  unter  der  Grathöhe,  an  der  Westwand» 
Einige  Paj^ien  derselben  sind  sehr  steil  und  erfordern 
große  Vorsicht.  Ganz  zuletzt  vertrauten  wir  uns  für 
eiijige  Schritte  der  Gratgwächte  an,  welche  festhielt^ 
dann  kanten  uns  ein  paar  Felsen,  die  von  der  ziem- 
lich aperen  Ostseite  hinauf  den  Grat  durchbrachen, 
zu  Statten.  Um  %  Uhr  ebnete  Rubin  die  zierliche 
Schneenadel  —  ein  Weißhom  en  miniature  -r-.  in  welche 
die  drei  Kanten  des  Berges  zusammenlaufen,  mit  dem 
Pickel,  um  Raum  für  den  Fuß  zu  gewinnen,  und  wir 
betraten  wechselweise  die  Spitze. 


10  Emil  Burckhardt. 

Der  Nebel  hatte  sich  wieder  über  das  Schmadri- 
joch  verzogen  und  der  größte  Theil  des  Horizontes 
war  frei.  Zu  unsern  Pttßen  lagen  das  tiefe  Thal  von 
Luiterbnnnien  und  die  grttnen  Weiden  von  Murren, 
hinter  uns  die  Riesen  des  Lötschthales ,  zm*  Seite 
•die  Firnfelder  des  Ahnengletschers  und  der  Lötschen- 
Ittcke,  des  Eingangsthores  zum  größten  Eisgebiet  der 
europäischen  Alpen.  Der  Ausspruch  eines  englischen 
Bergsteigers:  „Wenn  wir  in  den  Bergen  auch  nichts 
gelernt  haben,  als  die  Aussicht  von  einem  Hochgipfel 
nicht  mit  Worten  beschreiben  zu  wollen,  so  haben 
wir  doch  schon  ziemlich  viel  gelernt^,  hat  nicht  so 
ganz  Unrecht.  Es  gibt  Lieder  ohne  Worte,  aber  keine 
Bilder  ohne  Stift  und  Farbe. 

Anderthalb  Manneslängen  unter  dem  Gipfel,  auf 
der  Walliserseite ,  in  den  höchsten  aperen  Felsen 
des  Ostabhanges,  lagerten  wir  uns  neben  einigen,  wie 
von  Menschenhand  zusammengelegten  Steinen,  wohl 
•den  Resten  eines  Steinmannli  der  ersten  Besteiger  vor 
17  Jahren.  Ihr  Wahrzeichen  fand  sich  vor,  nicht  aber 
^as  ihres  Nachfolgers  von  1875.  Einem  halbver- 
blichenen, durchfeuchteten  Papierstreifen  entzifferten 
Avir  die  Notiz: 

„Den  9.  September  1868.  Heinrich  Dtibi,  stud. 
phiL,  Emil  Ober,  stud.  med.,  mit  den  Führern  Johann 
Bischoff  aus  Lauterbrunnen  und  Josef  Siegen  von  Ried. 
Abgang  von  Ried  um  3.  20.  Ankunft  hier  um  2.  30. 
JErste  Besteigung." 

Ich  nahm  den  Zettel,  der  sonst  wohl  ganz  zu 
Grunde  gegangen  wäre,  nach  Ersetzung  durch  eine 
Abschrift,  an  mich,  um  ihn  Dr.  Dübi,  nunmehrigem 


Erinnenmgen  aus  dem  Clubgebiet  11 

Präsidenten  der  Section  Bern  S.  A.  C,  dem  einzigen 
üeberlebenden  der  vier  ersten  Besteiger  von  1868,  als 
Andenken  an  seine  Gefährten ,  zuzustellen.  ^)  Rubin 
und  ich,  wir  blickten  famtiber  zum  Bietschhom,  das 
in  starrem  Ernste  uns  noch  um  mehr  ah  ein  halb^ 
Tansend  Fuß  tiberragte.  Am  18.  September  1878 
standen  Dr.  Moseley  vom  A.  C.  und  ich  mit  unseren 
Leuten  auf  der  wilden  Spitze,  die  wir  bei  frischem 
Schnee  und  in  starkem  Sturme  recht  eigentlich  er- 
zwungen hatten.  Moseley  hatte  Rubi  und  Roth  aus 
Grindelwald,  ich  Egger  von  dort  und  Rubin  aus  Ried 
als  Führer  und  Träger.  Von  diesen  sechs  Mann 
waren  Rubin  und  ich  allein  noch  am  Leben,  die  andern 
vier  hatten  seither  den  Tod  im  Hochgebirge  gefunden.^) 
Vk  Uhr  traten  wir  den  Rückweg  an.  Ich  wäre 
am  liebsten  durch  ein  Felscouloir  auf  der  Ostseite 
nach  dem  oberen  Ahnenfirne  abgestiegen,  wie  dies 
auch  Ober  und  Dübi  gethan  haben.  Der  in  Folge  des 
heißen  Sommers  1885  sehr  zerrissene  Zustand  dieses 
Gletschers  ließ  uns  davon  absehen.  Wir  stiegen  darum 
in  unseren  alten  Stufen  wieder  den  Gipfelgrat,  bezw. 
dessen  Westwand  ab.  Der  Schnee  war  weich,  doch 
machte  sich  die  Sache  wider  Erwarten  rasch  und  gut 
and  schon  3.  20  Nachmittags  waren  wir  wieder  in  der 
Jägilttcke.    Von  hier   aus  hatte  somit  die  Spitze  hin 

0  Siegen  verunglückte  1870  in  einer  Spalte  des  Langen- 
gletsehers,  Bischoff  fand  mit  Lehrer  von  AUmen  seinen  Tod 
1872  im  Roththalcouloir  und  Herr  Ober  starb  1873  in  der 
Blüthe  seiner  Jugendkraft  fern  von  der  Heimat  in  Italien. 

*)  Dr.  Moseley  stürzte  1879  vom  Matterhorn,  Rubi  und 
Roth  verschwanden  1880  mit  Dr.  Haller  spurlos  am  Lauter- 
aaijoch,  Egger  ging  1881  am  Mönchjoch  zu  Grunde. 


12  Mnil  Burckhardt 

und   zurück    7    St.  10  M.  Zeit,    einschließlich    zwei 
Halte  von  zusammen  40  M.,  erfordert.   Eine  Gesell • 
Schaft  von  nur  zwei  oder  drei  Mann  wird,  wenn  sie 
guten  Schnee  trifft,  die  Besteigung  in  noch  erheblich 
kürzerer  Zeit,  als  wir,  ausführen  können.  Ungünstigeir 
Schnee  oder  blankes  Eis  werden  dagegen  einen  Mehr^ 
aufwand  von  mehreren  Stunden  bedingen.  Das  Ti^aver- 
siren  an  der  Westwand,  besonders  in  den  steilen  letzten 
Partien   des   Gipfelgrates,    das    uns   so  gut  gelang*^ 
dürfte  nur  bei  vorzüglichem  Schneezustande  ausftihr- 
bar  sein,  andernfalls  läge  die  Gefahr  des  Abrutschen  & 
nahe. 

Nach  20  M.  Aufenthalt  in  der  Lücke  stiegen  wir 
3  Uhr  40  M.  leicht  und  kurz  über  Felsen  auf  der  Ost- 
seite zum  untern  Ahnenfim  herab,  ein  Weg,  dier  unserenoi 
steilen  Aufstieg  von  der  Westseite,  vom  Jägigletscher 
her,  weit  vorzuziehen  ist.   Wir  mußtaen  uns,  um  dem 
Gletscherbruche  zwischen  Punkt  3000  und  2650  aus- 
zuweichen, hart  an  den  Fuß  des  Jägiknubels  halten ; 
auch   hier   war  wider  Erwarten   der  Gletscher  stark 
zerrissen.     Der  unter   dem  Drucke   der    brennenden 
Mittagshitze   etwas   schläfrig   vorausgehende   Führer, 
dem  sein  Hintermann  mit  nachgeschlepptem  Seile,  die 
Pfeife  im  Munde,   dicht   und   sorglos   auf  dem  Fuße- 
folgte,    stürzte   hier  ganz   unnöthiger  Weise  in  eine 
Spalte.    Das  Herauslootsen  des  12 — 15  Fuß  tief  ge- 
fallenen, schweren  Mannes  aus  dem  gewölbten  Schrunde 
verursachte  Mühe  und  Aufenthalt,  eine  gerechte  Strafe 
für  unsere  Bummelei. 

Etwas  nach  4^2  Uhr  betraten  wir  die  Moräne  bei 
Krumm-Rück ;  über  die  steilen  Halden  „in  der  Aöen'^ 


Erinnertmgen  aus  dem  Clubgebiet.  13 

vsd  den  Bchafweg  beim  Jftgibach  herab  wurde  der 
Guggibodesi  erreicbt,  von  dem  aus  wir  11  Standen 
znvior  zum  Angriff  auf  das  Großhom  angesetzt  hatten. 
Abends  7.  20  waren  wir  in  Ri^,  das  ich  am  folgen- 
den Morgen  in  aller  Frtthe  verließ,  um  auf  dem 
TUwegte  Abends  Zermatt  2U  erreichen. 

Das  Oroßhom  ;kann  ich  als  schöne,  überaus  loh- 
Desde  Bergfahrt  warm  empfehlen.  Obschon  an  Höhe 
mtd  «B  Schwierigkeit  nur  zweiten  Ranges,  bietet  es 
dennoch  selbst  dem  Bergsteiger,  der  nicht  mehr  leicht 
tn  befriedigen  ist,  in  seinem  Gipfelgrate  eine  sehr 
anziehende,  reizvolle  Partie.  Wem  der  Beig  vom 
Lötschthale  aus  hin  und  zurück  nicht  genügt,  der  mag 
ihn  von  Ried  nach  Trachsellauenen  traversiren :  lieber 
den  Ahnengletscher,  die  JKgilücke  und  den  SÜdgrat 
ZOT  Spitze,  sodann  den  Westgrat  und  das  Schmadri- 
joch  hinunter  nach  Trachsellauenen;  jedenfalls  ein 
g«nz  anständiger  Tag.  Für  den  Durchschnittsgänger 
mittleren  Schlages  ist  die  Besteigung  von  Ried  aus 
ond  zurück  gerade  genug;  es  sind  immerhin  2265°^ 
directe  Steigung  und  der  Thalweg  bis  zum  Fuße  des 
Berges  zieht  sich  ziemlich  weit  hin.  Schwächere 
Gänger  mögen  in  Gletschorstaffel  übernachten,  wo 
man  ganz  gut  aufgehoben  ist. 

Unsere  Zeiten  waren: 

Ab  Ried  (1500")  3.  30  Mgs.  Jägigl.  6.  30.  Jägilücke 
7.  50— 8.  10.  Großhorn  (3765")  1.— 1.  30  Nachm.  (außer- 
clem  am  Gipfelkamme  10  M.  Halt).  Jägilücke  3.  20—3.  40. 
Abnengl.,  Moräne  4.  30.  In  Ried  7.  20.  Abds.  (unterwegs 
15  M.  Halt).  Total :  15  Std.  50  M.,  wovon  Marsch  14  Std. 
15  M.,  Rast  1  Std.  35  M. 


14  Emil  Burckhardt 

Herr  Dr.  Dtibi  hatte  die  Güte,  mir  über  die  erste 
Besteigung  des  Berges  folgende  Mittheilung  zu  machen  z 

„Wir  brachen  von  Ried  (9.  September  1868)  3  Uhur 
„20  Min.  auf  und  waren  circa  um  8  Uhr  am  Fiiß 
„des  Berges.  Wir  sind  nicht,  wie  Sie  gegangen  sind^ 
„über  den  Jägigletscher  hinaufgestiegen,  sondern  über 
„die  Moräne  am  Krumm-Rücken  hinter  dem  Jägiknubel 
„auf  den  Ahnengletscher.  Zwischen  Jägiknubel  und 
„Großhorn  legten  wir  das  Gepäck  ab  imd  begannen 
„gegen  9  Uhr  den  Angriff.  Wir  hofften,  Mittags  wieder 
„beim  Gepäck  zurück  zu  sein,  und  nahmen  nur  eine 
„Flasche  Wein  mit.  Aber  erst  um  2  Uhr  20  Min. 
„Nachmittags  kamen  wir  auf  den  Gipfel.  Wir  stiegen 
„zuerst  nördlich  gegen  den  Gipfelgrat  hinauf;  aber 
„je  höher  wir  kamen,  desto  schlimmer  wurde  die 
„Schneide,  und  schließlich  mußten  wir  in  die  östliche 
„Wand,  die  wir  traversirten ,  bis  zur  Schneide,  die 
„vom  Mittagjoch  hinaufzieht.  Auf  dieser  ansteigend, 
„erreichten  wir  den  Gipfel.  Beim  Abstieg  traversirten 
„wir  die  Wand  nicht  wieder,  sondern  gingen  durch 
„ein  Couloir  hinunter  auf  den  Ahnengletscher  und 
„über  denselben  zurück  zu  unserem  Gepäck,  das  wir 
„um  7  Uhr  Abends  fast  verhungert  erreichten.  Nachts 
„um  1  Uhr  rückten  wir  wieder  in  Ried  ein."  ^) 

Da  die  Herren  Ober  und  Dübi  1868  jugendlich 
rasche  Gänger  waren,  dennoch  aber  21  Std.  40  M. 
für  die  Besteigung  gebrauchten,  so  müssen  sie  aiif 
ihrem  Wege  Schwierigkeiten  angetroffen  haben,  die 
bei  unserer  Besteigung  nicht  vorhanden  waren. 


^)  Brief  von  Dr.  Dübi  an  den  Verfasser  vom  13.  Dec.  1885. 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgehiet  15» 

IL  Das  Lanterbranuer  Breithora  (3779  m«)  yom  Ried  aas« 

1880. 

Vom  westlichen  Nachbar  des  Großhornes,  dem. 
zwar  nur  um  ein  Weniges  höheren,  aber  doch  viel 
selbstständiger  und  mächtiger  entwickelten  Breithom^ 
schreibt  unser  Altmeister  Studer  anfangs  1883 :  ^) 

„Dieser  Gipfel  scheint  nach  seiner  ersten  Besteigung 
„im  Juli  1865  nur  einmal  von  einem  Engländer  be- 
„stiegen  worden  zu  sein.'* 

Es  ist  dies  ein  Irrthum.  Am  29.  Juli  1880  bestieg 
ich  den  Berg  von  Ried  im  Lötschthale  aus.  Diese 
Tour  mag  hier  Erwähnung  finden,  einmal,  weil  mein 
Weg  vom  Bergfuße  an  nicht  identisch  ist  mit  dem^ 
meines  Vorgängers,  Herrn  E.  v.  Fellenjyerg,  und  seiner 
englischen  Collegen,  der  Herren  Phffpott  und  Hörnby 
vom  A.  C. ,  und  meiner  Nachfolger ,  HeiTn  R.  Lindt 
mit  Sohn  und  Tochter,  sodann,  um  zukünftigen  Breit- 
bomfahrem,  besonders  jüngeren  Clubgenossen,  Anlei- 
tung zu  geben,  wie  sie  es  nicht  anfangen  müssen^ 
wenn  sie  den  Berg  machen  wollen.^) 

Die  anderen  Besteigungen  gingen  vom  Lauter- 
bninnenthale  aus  und  zwar  die  erste  von  Trachsellauenem 
mit  Bivouak  am  Lauterbrunner  Wetterhorn  („Kanzel'*) 
und  die  zweite  direct  von  Obersteinbergalp;  beide^ 
fährten  über  die  Wetterlücke  und  hatten  dieselbe 
sowohl  zum  Ausgangs-,  als  zum  Endpunkt  des  letztem 
An-  und  Abstieges.  Die  eine  wie  die  andere  benutzte^ 
zum  Hinaufwege  die  Südwand,  v.  Fellenberg  mehr 
westlich,  Lindt  mehr  östlich.     Der  Erstere  stieg  auf 

1)  Studer  (öupplement)  1883,  86.    *;  Jahrb.  S.  A.  C.  III^ 
1866,  293  flf.,  und  XX,  103  ff. 


16  Emil  Burckhardt, 

^em  gleichen  Wege  ab,  wähi^end  der  Letztere  direct 
über  den  Westgrat  zurückkehrte.  Mein  Aufstieg  ging 
^behfalifl  rott  delr  Wetterltlcke  aus,  die  ich  vom  Lötsch- 
thale  erreichte,  und  zwar  zuerst  über  den  Weßtgrat^ 
<lann  Über  die  ganze  Südwand  in  ein^t  großen  Traverse 
bis  zum  Südgrat  (genauer  S  S.  W.-Grat),  der  im  rechten 
Winkel  an  das  Hauptmassiv  des  Gipfels  absetzt,  und 
endlich   von   der   Gabel    in   dessen  oberstem   Theile 
über  die  Südseite  der  Firnhaube  zur  Spitze.  Mein  Ab- 
;8tieg  führte  wieder  zur  Gabel  und  von  dort  durch  das 
große  Couloir  direct  hinunter  auf  den  Innerthalgletseher. 
Schon  im  Juli  1867  hatten  einige  Mitglieder  der 
Bection   Basel  S.  A.  C. ,   unter   denen  ich   mich    be- 
fand,  die  Absicht,   das  Lauterbrunner  Breithom    in 
Terbitidüng  mit  einem  üebergange   über  die  Wetter- 
lücke von  Trachsellauenen  nach  dem  Lötschthale  zu 
besteigen.     Zu  unseren  Führern  zählte  Joh.  Bisohoff, 
det  1865  bei  V.  Fellenberg  gewesen  war.  Das  Glück 
war  uns   aber  nicht    günstig.     Bei   sehr  schiechtem 
Wetter  mußten  wir  froh  sein,   nur  durch  die  S^racs 
der  Wetterlücke  durchzukommen  und  den  üebergang 
nach  dem  Lötschthale   zu  finden.     Dort  wurden  wir 
■eingeregnet,    und   anstatt  die   erste  Besteigung   des 
Schienhoms  zu   versuchen,   die   auch   auf  dem  Pro- 
gramme stand,  mußten  wir  einen  ruhmlosen  Rückzug 
über   die  Lötschenlticke   nach   dem  Eggischhom   an- 
treten. *)  Als  ich  später  in  den  Sifebzigerjahren  wieder- 


^)  Das  Schienhorn  (3852  ">),  die  höchste  Spitze  des  öst- 
lichen Lötschthalkammes,  wurde  zum  ersten  Male  1869  von 
Dr.  Häberlin  aus  Prankfurt  (S.  A.  C.  und  D.  u.  Oe'.  A.  V.)  be- 
stiegen.   Jahrb.  S.  A.  C.  VI,  1869/70,  98. 


Erinnerimgen  aus  dem  Clubgebiet  17 

holt  im  LötBchthale  war,  meist  bei  nngtlnstiger  Wit- 
terung, nahmen  mich  andere  Aufgaben  in  Ansprach, 
Tor  denen  das  Lanterbronner  Breithom  zurücktrat. 
Doch  war  mir  dasselbe  von  meinen  mehrfachen  Gängen 
über  den  Petersgrat  her  in  lebendiger  Erinnerung 
geblieben  und  ich  hatte  mir  vorgenommen,  seine  Be- 
steigung gelegentlich  nachzuholen.  Es  wurde  1880, 
bis  es  dazu  kam. 

Den  28.  Juli  jenes  Jahres  langte  ich,  auf  dem  Rück- 
wege aus  der  Simplongruppe,  in  Begleitung  des  Herrn 
Felix  Burckhardt  (S.  A.  C),  in  Ried  an.  Als  Führer 
batte  ich  Christen  Jossi  aus  Grindelwald.  Mein  Freund 
war  aogenblieklich  tührer-  und  gepäcklos ;  Gletscher- 
piekel  und  Feldstecher  waren  die  ganze  Ausrüstung, 
^e  er  noch  sein  eigen  nannte.  Sein  Mann,  ein  ge- 
wisser Marti  von  Gattannen,  hatte  es  nämlich  fertig 
gebracht,  den  ihm  anvertrauten  Tornister  seines  Herrn 
zwischen  Brieg  und  Gampel  z^a  verlieren  und  dann 
auf  der  Buche  darnach  selbst  verloren  zu  gehen.  Die 
Sache  war  etwas  räthselhaft,  stand  aber  wohl  mit  dem 
treffliehen  Muscateller  Bri^'s  in  etwelchem  Zusammen- 
hange. Da  auf  Marti's  Eintreffen  am  gleichen  Tage 
mdit  mehr  zu  rechnen  war,  so  engagirten  wir  für  die 
auf  den  folgenden  Tag  festgesetzte  Breithonifahrt 
Josef  Rubin  aus  Ried,  d^i  bekannten  Bietschhom- 
fÜhrer. 

Am  29.  Juli  früh  war   aber  wider  Erwarten   der 

verlorene  Mann  nebst  Sack  wieder  vorhanden,  so  daß 

uns  nun ,    anstatt   zwei ,    drei   Leute   zur  Verfügung 

standen.  Erst  3  Uhr  20  Min.  Morgens,  fast  anderthalb 

Stunden  später ,   als  wir  wollten ,   konnten  wir   auf- 

2 


18  JEmü  Burckhardt, 

brechen.  ^)  Das  Wetter  war  schön,  doch  viel  zu  warm  ^ 
die  Sterne  flimmerten  verdächtig  und  deuteten  auf  Föhn^ 
Der  Weg  führt  das  Lötschthal  hinauf  bis  Pfafflernalp- 
(Exck.  ^Fafleralp,  Faflerthal"  etc.)  und  biegt  dort  Unks- 
in  das  einsame  und  wilde  Innerpfafflerthal  ab,  das  von 
der  Lonza  sich  nordwärts  zu  den  vergletscherten  Ab- 
hängen der  Wetterlticke  und  des  Breithomes  herauf- 
zieht. Nach  dreistündigem  scharfem  Marsche,  zuletzt: 
pfadlos  über  Schafweide  und  Geröll ,    war  das  erste 
Schneefeld  in  der  obersten  Thalstufe  und  20  Minuten' 
später ,  6  Uhr  40 ,  der  Innerthalgletscher  erreicht.  ^) 
Schon  8  Uhr   25  standen  wir   auf  der  Paßhöhe  der 
Wetterlücke  (3159").  Von  Ried  bis  hieher  hatten  wir 
5  Std.  5  M.  Zeit,  bezw.  4  Std.  35  M.  guten,  gleich« 
mäßigen  Ganges  gebraucht.     Um   die  Mittagsstunde 
spätestens   hofften  wir   auf  der  Spitze  und,   bequem 
gehend,  6  oder  7  Uhr  Abends  wieder  in  Ried  zurück 
zu  sein.     Wir  entschlossen  uns    zum  nächstliegenden 
Wege,  dem  Westkamm,  dessen  Felsen  wir  sofort  in« 
Angriff  nahmen.     Rubin  führte.     Der  Kamm  war  so- 
leicht,   daß  wir   das  Seil  ablegten,   um  rascher  und 
freier  voranzukommen.  Theils  über  die  Kante  selbst^ 
theils  auf  Gesimsen  oder  durch    kleine  Couloirs  die- 
selbe flankirend,  hatten  wir  nach  ^/4  stündigem  Anstiege 

^)  V.  Fellenberg,  der  1865  für  das  Breithom  nnterhallv 
der  Wetterlücke  an  der  ^»Kanzel"    in   der  Höhe  von   circa- 
2900"   bivouakirte,   bezeichnet  seinen   Aufbruch  aus    dem. 
1400"  höher  als  Ried  gelegenen  Bivouak  um  6  Uhr  Mgs.  als 
„viel  zu  spät".  Jahrb.  S.  A.  C.  III,  1866,  306. 

*)  1867  reichte  der  Innerthalgletscher  viel  weiter  her- 
unter und  die  Schneefelder  zogen  sich  bis  zu  den  mittlerea 
Thalstufen  herab. 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet,  19 

von  der  Wetterlttcke  aus  schon  eine  ansehnliche 
Höhe  ^)  erreicht.  Da  lenkten  wir  auf  Veranlassung  von 
Rubin  und  mir,  die  vorausgingen,  durchaus  zwecklos 
in  äie  steile  Südwand  ein.  Nun  kam  ganz  andere 
Arbeit  und  das  Seil  trat  in  seine  Rechte.  Erst  hori- 
zontal,  dann  abwärts,  viel  an  der  gewonnenen  Höhe 
verlierend,  dann  wieder  aufwärts,  ward  in  östlicher 
Richtung  traversirt.  Der  Fels  war  schlecht  und  wurde 
es  immer  mehr,  je  weiter  wir  vorrückten ;  in  den  Ritzen 
lag  viel  Eis  und  dazu  kam  ein  starker  Rest  von  einige 
Tage  zuvor  gefallenem  Schnee.  Bald  begann  auch  die 
Sonne  und  der  warme  Föhn  zu  wirken,  und  das  ganze 
Terrain  wurde  äußerst  unsicher.  Mein  Freund  und 
die  beiden  Bemer  erhoben  Einsprache  und  wollten 
wieder  auf  den  Westgrat  zurück ;  Rubin  und  ich  wider- 
sprachen. Wir  sahen  zwar  unseren  Fehler  ein;  noch 
wäre  es  Zeit  gewesen,  ihn  gut  zu  machen,  aber  ein 
gewisser  Eigensinn,  der  sonst  nationale  Eigenschaft 
unserer  CoUegen  von  jenseits  des  Canales  ist,  hielt 
uns  ab,  das  zu  thun,  was  wir  doch  als  das  allein 
Richtige  erkannten.  Die  Andern  fügten  sich,  obschon 
etwas  wie  „Unsinn'*  und  „colossale  Dummheit''  sich 
hören  ließ.  So  blieb  man  denn  in  der  Wand.  Unser 
nächstes  Ziel  war  ein  scharfer  Einschnitt,  eine  Lücke, 


V  Leider  hatte  ich  mein  Aneroid  nicht  bei  mir  und  mein 
Klinometer  war  einige  Tage  znvor  in  den  Felsen  des  Fletsch- 
homes  zerdrückt  worden ;  so  war  ich  den  ganzen  Tag  au^er 
Stande,  die  Messung  der  Höhe  und  der  Steigungswinkel  vor- 
zanehmen.  Ich  mache  aus  diesem  Grunde  keine  Gradangaben, 
da  dieselben,  wenn  nur  auf  Schätzung  beruhend,  durchaus 
imzuverläßig  sind. 


20  JEmil  BurckhardL 

ähnlich  der  „Gabel"  am  Gipfelfuße  des  Zinal-Roth- 
horns,  die  drüben,  wo  der  große  Stidgrat  am  Haupt- 
masslye  des  Berges  ansetzt,  hervortrat.  Die  letzte 
Strecke  bis  dorthin  war  nicht  gut.  Die  thauende  Schnee- 
und  Eiskruste  machte  ein  ordentliches  Klettern  fast 
unmöglich  und  doch  war  sie  nicht  stark  genug ,  um 
regelrechte  Stufen  zu  ertragen. 

Es  war  11  Uhr  20  Min.,  als  wir  die  „GabeF 
gewonnen  hatten.  Rechts  (östlich)  erblickten  wir  tief 
unter  uns  den  zerrissenen  Jägifirn,  hinter  uns,  hart  zu 
unseren  Füßen,  lag  das  große  Couloir,  in  einer  jähen 
Flucht  zum  Innerthalgletscher  abfallend.  Eine  kleine 
Felswand  trennte  uns  noch  von  der  Firnhaube,  die 
hier  ihre  steile,  südliche  Seite  weist. 

Nach  kurzer  Rast  stiegen  wir  über  die  Felsen 
zum  Firn ,  in  der  Hoffnung ,  derselbe  werde  uns 
rasch  emporhelfen;  doch  ward  unsere  Erwartung  ge- 
täuscht. Der  Schnee  erwies  sich  als  ganz  schlecht, 
wässerig  und  vom  heißen  Föhne  zersetzt;  es  fehlte 
ihm  jede  rechte  Verbindung  mit  der  alten,  vereisten 
Firnunterlage.  So  erforderte  er  tiefe  und  gute  Stufen 
im  unteren,  festen  Eise.  Wir  hielten  uns  zuerst  gegen 
die  .Ostkante  des  Firndaches,  dann  traversirten  wir 
schräg  links  aufwärts.  Es  wai*  11  Uhr  35  Min.,  als 
das  Stufenschlagen  begann,  und  fast  zwei  Stunden 
später,  ^k  2  Uhr,  als  es  auf  der  Spitze  endete. 

Der  ganze  Gipfel  wai*  stark  bewachtet  und  keine 
apere  Stelle  vorhanden,  wie  sie  15  Jahre  zuvor  die 
ersten  Besteiger  getroffen  hatten.  Von  der  zum  größten 
Theil  verhüllten  Aussicht  sahen  wir  nur  wenig,  so 
den  Niederblick  nach  Trachsellauenen  und   Murren; 


^Erinnerungen  au8  dem  Clubgebiet,  21 

dieses  Wenige  aber  war  packend  und  einzig  in  seiner 
Art.  Unser  Aufenthalt  dauerte  nur  10  Minuten ;  dunkle 
Gewitterwolken,  die  von  allen  Seiten  heranzogen, 
mahnten  zur  Eile.  Der  Versuch,  von  der  Spitze  direct 
über  den  Westgrat  nach  der  Wetterlücke  abzusteigen, 
wie  ihn  vier  Jahre  später  Lindt  mit  Erfolg  ge- 
macht hat,  wurde  zwar  vorgeschlagen,  unterblieb  aber, 
da  man  vorzog,  in  den  schon  gehauenen  Stufen  wieder 
zur  Gabel  zurückzukehren. 

1  Uhr  40  Min.  begannen  wir  den  Abstieg.  Er 
erforderte  fast  Fttnfviertelstunden ,  da  vielfach  frisch 
gehackt  werden  mußte.  Der  Schnee  war  in  denkbar 
schlechter  Verfassung  und  die  Gefahr  des  Abrutschens 
lag  nahe.  Ganze  Schichten  lösten  sich  ab  und  fuhren 
zischend  und  tosend  in  die  Felsen  unter  dem  Firn- 
dache. 2  ühr  50  Min.  war  die  Gabel  wieder  erreicht. 
In  einer  Stunde  hoffiten  wir  wieder  zum  Westgrat 
traversiren  zu  können,  der  uns  leicht  und  rasch  zur 
Wetterlücke  hinunterführen  mußte.  Als  wir  uns  aber 
anschickten,  wieder  in  die  Südwand  zu  gehen,  sahen 
wir,  daß  die  gesammte  Strecke,  welche  unter  der  Firn- 
haube  hindurchführt,  dem  Schneeabfall  und  den  Steinen 
aasgesetzt  war.  Die  ganze  Wand  unter  dem  Fimdache 
schien  in  Bewegung  zu  sein.  So  war  uns  denn  dieser 
Weg  abgeschnitten  und  als  Rückzugslinie  blieb  uns 
nur  das  große  Couloir  auf  den  Innerthalgletscher 
hinunter.«  Dasselbe  ist  mäßig  breit,  sehr  steil  und 
lang.  Wir  betraten  es  erst  3  ühr  05,  nachdem  wir  uns 
überzeugt,  daß  die  Schneestürze,  welche  durch  das- 
selbe abgingen,  genau  ihrem  natürlichen  Abflußkanal 
in  seiner  Mitte  folgten,   und  zwar   schlugen  wir  uns 


22  Emil  Burckhardt 

auf  seine  linke  (östliche)  Seite ,  indem  wir  uns   mög- 
lichst nahe  an  den  Fels  hielten.     Zuerst  kam   hartes 
Eis,  dann  vereister  Schnee.  Obschon  Rubin  ein  starker 
Mann  und  ein  sehr  tüchtiger  Stufenhauer  ist,  war  doch 
unser  Fortschritt ,    da   steil  abwärts  gehackt  werden 
mußte,  ein  langsamer.  So  ging  es  über  drei  Stunden, 
bis  nach  6  Uhr,  immer  auf  der  linken  Seite,  während 
wenige  Schritte   von   uns    ein  Schneesturz  nach    dem 
andern  die  Rinne   fegte   und   drüben   in    den  Felsen 
die  Steinschläge  krachten.    Diese  Felsen  wären  wahr- 
scheinlich gangbar  gewesen,   so  aber  blieben  sie  uns 
verschlossen.     Erst  nach  6  Uhr  Abds.  wurde    es  im 
Couloir  ruhiger,  und  um  6V2  konnten  wir  es  wagen, 
über  den  Lawinenkanal  auf  die  rechte  Seite  tiberzu- 
gehen ,   wo   der   Schnee  viel  besser  und  das   ganze 
Terrain    überhaupt    praktikabler    war.     Kurz    nach 
7  Uhr  waren  wir  am  Bergschrunde,  der  noch  einigen 
Aufenthalt  bereitete,  und  7.  20,  4  Std.  15  M.  nach 
Betreten  des  Couloirs,  auf  dem  flachen  Gletscher.  Die 
700 — 750™  von   der  Spitze   bis   hierher  hatten    uns 
somit  5  Std.  40  M.,  einschließlich  eines  kaum  viertel- 
stündigen Aufenthaltes  in  der  Gabel,  gekostet.  Damit 
war  unsere  Arbeit  am  Breithom,  die  11  Stunden  zuvor 
auf  der  Wetterlücke  begonnen  hatte,  zu  Ende. 

Erst  jetzt  kam  das  Gewitter,  das  den  ganzen 
Nachmittag  über  gedroht  hatte,  zum  Ausbruche,  und 
zwar  mit  acht  alpiner  Wuth.  Es  peitschte  »uns  noch 
auf  dem  Gletscher  tüchtig  durch  und  gab  uns  das 
Geleite  bis  weit  in's  Thal  hinunter.  Der  Abstieg  durch 
das  Innerpfafflerthal  in  stockfinsterer  Nacht,  bei  strö- 
mendem Regen,  der  unsere  Flaschenlateme  außer  Ge- 


Erinnertmgen  mis  dein  Clubgebiet  23 

brauch  setzte^  brachte  unsero  Gesellschaft  ganz  aus- 
einander. Erst  auf  der  Pfaffiemalp  fand  sich  die 
zersprengte  Colonne  wieder  zusammen.  11^4  Uhr 
Nachts  waren  wir  in  Ried. 

Der  30.  Juli  war  ein  rechter  Landregentag.  Am 
Tage  darauf  begleitete  ich  meinen  Freund  nach  Lauter- 
bnmnen  hinOber.  Mit  einiger  Befriedigung  blickte  ich, 
wie  wir  dem  Petersgrate  zustiegen,  nach  dem  Breit- 
hom.  Unser  Berg  glänzte  wieder  in  frischem  Schnee- 
kleide, als  wollte  er  uns  einladen,  das  Spiel  von 
Neuem  zn  beginnen,  das  wir  mit  ihm  gespielt  und 
fast  verloren  hatten. 

So  verlief  eine  Bergfahrt,  welche  mehrfache  Fehler 
in  der  Auswahl  des  Weges  und  schlechter  Schnee- 
^ustand  zu  einer  unverhältnißmäßig  schwierigen  und 
langen  gemacht  hatten.  Diese  Fehler  fielen  unserem 
Lötschthaler  Führer  Rubin  und  mir,  als  den  Leitern 
der  Partie,  zur  Last.  Rubin  soll  damit  kein  Tadel 
treffen ,  denn  er ,  wie  auch  Jossi ,  benahmen  sich 
während  der  ganzen  Tour  geradezu  musterhaft.  Auch 
Marti,  der  eigentlich  nur  Trägerdienste  leistete,  hat, 
so  viel  an  ihm  lag,  seine  Pflicht  gethan. 

Man  wird  vielleicht  sagen,  ich  habe,  um  aus  der 
an  sich  unbedeutenden  Besteigung  einer  mittleren 
Spitze  etwas  zu  machen,  der  Phantasie  zu  freien 
Spielraum  gelassen.  Dieser  Vorwurf  wäre  unbegründet. 
Das  Breithom  wurde  von  mir  geschildert,  wie  wir  es 
am  29.  Juli  1880  auf  unserem  Wege  und  bei  damaliger 
Bergbeschaffenheit  getroffen  haben,  d.  h.  im  Allge- 
meinen schwierig  und  stellenweise  recht  heikel.  Ich 
weiß  zwar,  daß  es  heutzutage  nicht   als  „fair^  gilt, 


24  Emil  Burckhardt. 

in  den  Bergen  überhaupt  etwa«  schwierig  zu  finden. 
Es  gehört  mit  zum  Schneid  der  neueren  hochalpiaen 
Schule,  das  als  leicht  darzufstellen,  was  in  That  und 
Wahrheit  oft  recht  schwer  geworden  ist.  Ein  ge- 
wöhnlicher, nicht  mehr  ganz  junger  Durchschnittsberg- 
steiger,  welcher  dieser  Schule  nicht  angehört,  djirf 
sich  aber  schon  das  Geständniß  erlauben,  ein  Berg: 
sei  ihm  unerwartet  schwierig  vorgekommen 

Man  wird  auch   die  Ton    uns   aulgewandte   Zeit^ 
19  Std.  55  M.,   wovon  nur  1  Std.  50  M»  Rast,  als 
sehr  lang  bezeichnen.     Sie  ist  es  auch  in  der  That. 
Das  Breithorn    hat    mich   mehr   Zeit    und   Mühe  ^- 
kostet,   als  das  bedeutend  höhere,  an   und  für  sieb 
weit  schwierigere  Biefcsctihom.     Diesee  letztere,   der 
Löwe  des  Lötschthales,  eine  Besteigung  ersten  Banges,, 
erforderte  für  mich  am  16.  September  1878  bei  un- 
günstigem Wetter  und  bei  sehr  schlechtem  Oipfelgrate 
von  Ried   aus  und  zurück    16  Marschstunden,   also* 
2  Stunden   weniger  als   das   Breithorn.^)     Ich  kann 
nicht  sag^i,  daß  1880  am  Breithorn  Herr  Felix  Burck- 
hardt und  ich  schlechter  gegangen  wären,  als  Dr.  Mo- 
sele^p  und  ich  zwei  Jahre  zuvor  am  Bietsehhom,  denn 
wir  waren  .Beide  trainirt  und  gut  disponirt. 

Doch  sind  solche  Vergleiche  schwiferig  und  bieten 
keinen  sichren  Maßstab.  Immerhin  darf  man  nicirt 
vergessen,  daß  nichts  wechselnder  ist,  ala  ein  und 
derselbe  Berg  zu  verschiedener  Zeit  und  auf  ver- 
schiedenem   Wege.    Das    zeigt    auch   Herrn   Lindt's 


*)  Schon  1872  und  1876  war  diese  Besteigung  mir  änta^ 
schlechtes  Wetter  vereitelt  worden. 


Erinnerungen  €M8  dem  Clubgebtet  26 

Breithornbesteigaiig ,  1884,  im  Vergleich  eu  der  defi^ 
Hcrra  V.  Felleaberg,  1865.^) 

Der  kürzeste  und  beste  Weg  auf  das  Breithorn 
ist  nobedingt  -der  yoü  Herrn  Lindt  bei  seiuem  Abstiege 
g;emachte  über  die  Westkante  von  der  Wetterltlcke 
aus.  Wer  von  Ried  aus  den  Berg  besteigen  will^ 
könnte  ihn,  durch  Oombinirai^  meines  Weges  mit  deo^ 
des  Herrn  Lindt,  auf  sehr  lohnende  Weise  traversiren : 
Aafstieg  durch  das  große  Couloir^  welches  zu  früher 
Stande  und  bei  gutem  Schnee  durchaus  gefahrlos 
sein  muß,  und  über  die  Südseite  der  Firnhaube,  Ab- 
stieg über  die  Westkante  zur  Wetterlticke.  Wer  daa 
Imge  Stufen»ehlagen  im  Couloir  scheut,  der  verssdie 
die  Felsen  auf  seiner  Westseite.  Unter  normalen 
Verhältnissen  und  auf  dem  richtigen  Wege  wird  ein 
g^ter  Gänger  ungefähr  zwei  Drittel  der  von  uns  be- 
Böthigten  Zeit,  also  13—14  Stunden,  einschließlich 
1 — 2  Stunden  Rast,  gebrauchen. 

Das  Breithom  ist  nicht  Modeberg  und  wird  es  nie 
werden.  Dazu  fehlen  ihm  noch  einige  hundert  Meter 

0  Jalirb.  XX ,  1884/85 ,  126.  In  t.  Pellenberg's  Zeit- 
ugjt^n  Bchelnt  mir  eja  Irrtfaum  obzuwalten,  der  wohl  in 
^nexa  Druck/ehler  seinen  Grund  hat.  v.  Fellenfoerg  brauchte 
von  der  Wetterlücke  auf-  den  Gipfel  bei  sehr  raschem  Gange 
3*^2  Stunden.  10  Uhr  40  war  er  oben.  Nach  Jb.  III,  1866^ 
310,  Teriieß  er  die  Spitze  um  2.  45  (?)  Nehm.,  hielt  sich  unter- 
wegs ntt  Ssmneln  von  Gesteinsproben  und  mit  einigen 
feologisehen  Amftiahmen  auf  vnd  gelangte  d<>ch  schon  nm 
3  Uhr  25,  also  in  niir  40  Minuten,  wieder  auf  die  Wetterlücke. 
Diese  Zeitangaben  sind  in  das  Itinerar  1882/83,  120,  über- 
gegangen. Anstatt  2.  45  sollte  es  vielleicht  12.  45  heißen? 
E«  ist  kaum  anzunehmen,  daß  r.  Fellenberg  Ton  10.  40  bis 
).  46,  also  4  Std.  5  M.,  auf  der  Spitze  geblieben  ist. 


.26  Emil  Burckhardt 

an  Höbe  und  ein  schöner  Name.  Die  great  attraction 
des  Lötschthales  ist  das  Bietschhorn,  das  seit  Er- 
Ibaunng  der  Clubhtitte,  Anfangs  der  Achtzigerjahre, 
öfters  gemacht  wird.  Es  ist  unbedingt  einer  der 
interessantesten  Berge  der  Schweiz  und  seine  Be- 
steigung gewährt  einen  mächtigen  Reiz.  Doch  man 
'kann  das  Eine  thun  und  das  Andere  nicht  lassen. 
Auch  das  bescheidene  Breithom,  diese  „Spitze  zweiten 
Ranges",  hat  seine  Anziehungspunkte  und  ist  eines 
Besuches  in  hohem  Grade  werth. 

Unsere  Zeiten  waren: 

Ab  Ried  (1500™)  3.  20  Mgs.  Innerthalgl.  6.  40  —  7.  10. 
Wetterlücke  8.  26.  Gabel  11.  20  —  11.  35.  Breithorn  (3779») 
1.  30  —  1.  40  Nehm.  Gabel  2.  50  —  3.  05.  Fuß  d.  großen 
Couloirs  7.  20  Abds.  InnerthalgL-Ende  8  —  8.  15.  Pfafflern- 
alp  9.  50  —  10.  10  Nachts.  In  Ried  11.  15.  Total:  19  Std. 
55  M.  Zeit,  wovon  18  Std.  10  M.  Marsch  und  1  Std.  45  M. 
Halt. 

III«  Vom  Gross-Nesthom  (8820  m«)  über  das  Gredetsch- 
joeh  (8525  m.)  nach  Brieg.  1876. 

Das  Groß-Nesthom ,  der  dritthöchste  Gipfel  der 
Lötschthaler  Alpen,  wird  in  neuerer  Zeit  von  Beialp 
aus  häufig  bestiegen,  und  mit  Recht.  Der  Berg  ist 
überaus  lohnend  und  weder  lang,  noch  schwierig. 
Auffallender  Weise  ist  ihm  bis  vor  wenigen  Jahren  von 
schweizerischen  Clubisten  nur  geringe  Aufmerksamkeit 
geschenkt  worden.  Während  schon  1865  durch  eng- 
lische Bergsteiger  die  erste  Besteigung  stattfand  und 
das  Alpine  Journal  von  1865 — 1874  über  drei  ver- 
Bchiedene  Auf-  bezw.  Abstiege  am  Nesthom  durch 
Mitglieder  des   A.  C.   zu   berichten  weiß,    enthalten 


Erinnerimgen  aiM  dem  Clubgebiet.  27 

nosere  Jahrbücher  bis  zu  ihrem  18.  Jahrgange,  1882/83, 
keine  Beschreibung  des  Groß-Nesthomes.  ^)  Es  war 
^as  Verdienst  des  Herrn  Prof.  Schieß  (S.  A.  C,  Basel), 
der  im  Jahre  1882  mit  seinem  Sectionscollegen,  Herrn 
Lttscher,  den  Berg  bestieg,  diese  Lücke  endlich  aus- 
gefällt zu  haben.*) 

Als  erste  Schweizer  Touristen  waren  wohl  Herr 
M.  Rosenmund  (S.  A.  C,  Zürich)  und  Herr  Prof.  C.  Morf 
(S.A.C,  Lausanne)  1875  auf  demGroß-Nesthorn.^)  Ich 
folgte  ihnen  1876  nach.  Sie,  wie  die  Herren  Schieß  und 
Liischer,  stiegen  vom  Beichfirnj  also  von  der  Nordseite 
über  den  Breithorngletscher  auf  und  ab.  Es  ist  dies 
auch  der  allgemein  übliche  Weg.  Der  Berg  ist  aller- 
dings auch  schon  von  Südosten,  vom  namenlosen  Gletscher 
zwischen  Groß-Nesthom  und  ünterbächhorn,  bestiegen 
worden.  Ebenso  wurde  ein  Abstieg  nach  dem  Gredetsch- 
thale  ausgeführt  und  dabei  das  Gredetschjocli  zum 
ersten  Male  überschritten.  Es  geschah  dies  am  1.  Juli 
1872  durch  die  Herren  Moore  und  Walker  vom  A.  C. 
mit  Melchior  und  Jakob  Anderegg.*)  Als  ich  am 
29.  August  1876  diesen  Weg  ebenfalls  machte,  war  mir 
die  Tour  von  Moore  und  Walker,  von  der  ich  aller- 
dings hätte  wissen  können  und  sollen,  noch  unbekannt. 

Dieser  Weg  bietet  schon  an  und  für  sich  einen 
ganz  interessanten  Gletscherpaß  über  den  Kamm 
zwischen  Groß  -  Nesthorn  und  Lötschthaler  Breit- 
horn  (3795™)    und    bildet    so    einen    Hochweg    vom 

J)  A.  J.  II,  1865/66,  pag.  211;  VI,  1872/74,  pag.  93;  VII, 
1874/76,  pag.  326.  —  Itinerar  1882/83,  pag.  157.  *)  Jahrb. 
S.A.  C.  XVIII,  1882/83,  pag.  57  flf.  »;  N.  A.  P.,  III,  301 
*)  A.  J.  VI,  1872/74,  pag.  93. 


28  EnUl  Burekhardt 

Beiehfirn  nach  dem  Gredetschtfaale.  Das  Gv^deiscii- 
jdch  (3525"")  ist  nicht  zu  verwechseln  mit  der  mehr 
als  500°»  niedrigeren  Gredßfec/iWcke  ^)  (3003»),  einer 
Scharte  nördlich  vom  Grubhorn  (It.  3180»°,  £xck. 
3206^),  die  einen  Uebergang  von  Baltschieder  nach 
Gredetsch  ermöglicht.^) 

Den  27.  August  Abends  war  ich,  in  Be^^tang 
von  Peter  Egger  und  Ohr.  Jossi  von  Grindelwald,  aii& 
dem  Lötschthale,  wo  ich  fünf  Tage  lang  vergeblicli  bei 
schlechtem  Wetter  vor  dem  Bietschhom  gelegen,  nach 
Beialp  gekommen,  in  der  Absicht,  das  Groß-Nestfaorn 
zu  besteigen,  das,  als  minderer  „Tossei"  nach  Egger's 
Ausdruck,  auch  bei  ungünstigen  Schneeverhältnisaen 
und  unsicherer  Witterung  zugänglich  sein  mußte. 

Am  28.  August  früh  schneite  es  wie  im  Winter. 
Als  am  Nachmittage  das  Wetter  sich  aufheilte,  ging^ 
ich  mit  Egger  bis  zum  Beichfirn,  recognoscirte  unseren 
Berg  und  gewann  die  Ueberzeugung,  daß  der  massen- 
hafte  Neuschnee  zwar  sehr  beschwerlich,  aber  bei  der 
herrschenden  Kälte  gefahrlos  sein  werde. 

Am  folgenden  Morgen,  29.  August  1876,  verzögerte 
schlechtes  Wetter  unseren  auf  2  Uhr  früh  festgesetzten 
Abmarsch  um  mehr  als  3  Stunden.  Erst  um  5  Uhr 
10  M.  früh  konnten  wir  nach  eingetretener  Auf- 
hellung aufbrechen.  Der  Schnee  lag  bis  in  die  Nähe 
des  Hotels ;  Moräne  und  Gletscher  waren  knietief  ver- 
schneit. 1  Uhr  15  Nehm,  standen  wir  nach  — 
weniger  für  mich,  als  für  meine  beiden  Leute  —  höchst 


*)  Prof.  Schieß,  1.  c. ,  pag.  64,  nennt  das  Oredetsoh- 
joch  irrthümlich  GredetscWwcA-e.  »)  Itinerar  1882/83,  pag.  146 
und  179,  und  Jahrbuch  S.  A.  C.  VIII,  1872/73,  pag.  216  ff. 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgehiet.  29 

ansireogeiider  Arb^t  auf  dem  Gipfel  des  Groß-Nest- 
hornes  (3820«°).*) 

Zorn  Anfsfieg  batten  wir,  und  zwar  mit  Recht, 
d»  östliclMste  von  den  vier  Couloirs  gewählt,  welche 
▼om  flachen  Betchfime  den  Breithom-Gletschcrbnich 
«mpor  zum  Hochfim  führen,  van  dem  es  links  (öst- 
lich) aufs  Groß-Nesthom  und  rechts  (westlich)  aufs 
Brmthom  gebt.  Ein  eisiger  Nordwind  ließ  es  uns 
auf  dem  Gipfel  zwar  nur  eine  Viertelstunde  aus- 
balt^,  versehafite  uns  aber  dafttr  den  Genuß  einer 
fast  wolkenlosen  Aussicht,  eine  der  schönsten,  die 
\fh  kenne.*)  Ich  muß  den  ersten  Nesthornbesteigem 
BMB  Erfahrung  beistimmen,  wenn  sie  dieselbe  als  noch 
«ehöner  als  die  vom  Aletschhom  und  vom  Dom  nennen, 
▼as  viel  heißen  will 

Viel  zu  früh,  IV2  Uhr,  mußten  wir  den  Gipfel 
▼erlassen,  entschlossen,  wenn  irgend  möglich,  anstatt 
wieder  nach  dem  Beichfim ,  nach  dem  Gredetsch- 
thale  zurfickzukehren.  Auf  dem  Grate  zwischen 
Oroß-Nesthom  und  Breithom  suchten  und  fanden  wir 
«inen  ganz  directen  Abstieg  nach  dem  oberen  Gredetsch- 
gMscher:  eine  zum  Tlieil  mit  Schnee  gefüllte  Kehle, 
die  uns  unschwierig  und  rasch  in  nur  20  Minuten  von 
^or  Gratb5be  aus  auf  den  Gletscher  fthrte. 


*)  Ueber  das  Kähere  der  Best^ung  des  Nefithomei, 
das  nicht  in  den  Bahmea  dieses  Berichtes  gebeert,  vgl. 
^.  A.P.  m,  paR.  301  flf.,  und  Jb.  S.  A.  C.  XVHI,  1.  c.  *)  S.  auch 
Rosenmund,  1.  c.  —  Schieß  und  Ltischer  sahen  nichts.  Sie 
waren  im  Nebel  oben  und  „trösteten  sich  mit  der  moralischen 
ITeberzeagrnn? ,  auf  dem  GroS-Nesthom  gewesen  zu  sein.*^ 
(SflUeß,  L  c^  67.)    Das  ist  immerhin  Etwas. 


30  Emil  Burckhardt. 

Die  Excursionskarte  1884  scheint  mir  diesen  lieber- 
gang  (Gredetschjoch ,  3525™)  zu  viel  nach  Westen^ 
gegen  das  ^Gredetschhömli^  (3663"^  s%  asu  TerlegGi; 
meines  Erachtens  liegt  er  mehr  östlich,  näher  beim, 
kleineren  Nesthorngipfel  (3720"*),  also  höher  als  der 
auf  der  Karte  mit  3525™  eingezeichnete  Paß,  und 
zwar  etwa  3600^  hoch. 

Es  war  3  Uhr,  als  wir  den  Gredetschgletscher 
gewonnen  hatten.  Seine  oberen  Partien  waren  steil 
und  der  massenhafte,  frische  Schnee  hielt  uns  be- 
deutend auf.  Erst  um  4  Uhr  20  war  das  untere  Ende 
des  Gletschers  erreicht,  und  zwar  in  dessen  östlichem 
Theile.  Von  hier  sollte  man  möglichst  direet  der 
Thalsohle  zuhalten.  Anstatt  dessen  gingen  wir  za 
viel  links,  in  die  östliche  Thalwand,  deren  steile 
Felsköpfe  und  schmale  Rasenbänder  uns  noch  eine 
mühsame  und  durchaus  unnütze  Kletterei  von  fast 
^/4  Stunden  bereiteten.  5  Uhr  wurde  der  Thalbode& 
betreten,  den  bis  weit  hinaus  noch  mächtige  Felder 
von  Lawinenschnee  deckten. 

Der  Gang  das  Gredetschthal  hinaus  ist  lang,  aber 
keineswegs,  wie  man  wohl  meinen  sollte,  einförmig, 
und  ohne  Interesse.  Der  einsame,  wilde  Charakter 
des  durch  Lawinen,  Felsstürze  und  Hochwasser  trost- 
los verwüsteten  Thaies  ist  einzig  in  seiner  Art;  er 
stimmt  ernst,  läßt  aber  nicht  gleichgültig. 

Prof.  Schieß,  der  vom  Breithomhochfime  nach* 
Gredetsch  herunterblickte,  sagt:  „Wir  sahen  unter 
uns,  gerade  südlich  streichend,  die  ungemein  ein- 
tönigen  Wände  des  Gredetschthales.  Wie  eine  halb- 
cylindrische    Furche ,    von    einem   Ungeheuern    Hohl- 


Erinnerimgen  aus  dem  Cluhgehiet.  31 

meißel  ansgehobelt,  liegt  es  in  gräulicher  Monotonie 
^OT  ans,  und  wir  können  Fellenberg  in  seinem  Itinerar 
nur  beistimmen,    wenn  er  es  als  das  längste,  mono- 
tonste, traurigste  und  wildeste  unter  allen  südlichen 
Seitenthälem   des  Bietschhornmassives  bezeichnet."*) 
Hätte  unser  College    das   Thal  selbst   begangen,, 
so  würde  es  trotz  alledem  seine  Aufmerksamkeit  erweckt 
haben,  zumal  an  einem  Tage,  wie  an  dem  unsrigen,, 
wo  von  jenseits  der  Rhone,   über  grüne  Waldberge,, 
das  Fletschhorn   mit    seinem   leuchtenden  Gletscher- 
mantel  in  den  warmen  Strahlen  der  Abendsonne  her- 
überglänzte, die  ganze  Thalöffiiung  des  Gredetsch  von^ 
einer  Bergwand  zur  anderen,  wie  ein  duftiges  Zauber- 
^bilde,  abschließend. 

üeber  die  ärmlichen,  arg  verwüsteten  Alpen  im> 
innem    und    im    äußern    „Gredetschläger"    geht    es,. 
immer  auf  der  rechten  Seite   des   Gredetschwassers. 
(auch    „Mund'*    oder    „Munt"bach),    dem    Thalaus- 
gange  zu.     Kurz    vor   demselben    überschritten    wir 
die  Mund,  um,  links  uns  wendend,  der  Hochterrasse 
von  Bürgisch  entlang,  die  rechte  Thalwand  des  Rhone- 
thales  zu  gewinnen.  Die  Nacht  war  eingebrochen,  als. 
wir  über  Naters  Abends  8  Uhr  15  Min,   Brieg   er- 
reichten. Sofort  nach  unserem  Eintreffen  meldete  ich, 
Qiu  etwaigen  Beftlrchtungen  vorzubeugen,  telegraphisck 
den  Grund  unseres  Ausbleibens  nach  Beialp.  ^) 


*)  Schieß ,  1.  c.  Vgl.  auch  über  Gredetschthal  Itinerar 
1882/83,  147/148  und  66.  *)  Das  Telegramm  langte  in  Folge 
Stornng  der  Leitung  nicht  an;  wir  wurden  darum  vermißt 
nsd  durch  eine  Expedition  von  5  Mann ,  die  20  Stunden, 
unterwegs  war,  aufgesucht. 


3Q  Emil  Btirckhardt. 

Daß  &raß-Nesthorn,  mit  Aufstieg  von  Beialp  und 
Abstieg  nach  Gredetsch  nnd  Brieg,  verdient,  viel  öfters 
gemaeht  zn  werden,  als  dies  tfcatsächlieh  geschieht. 
Anstatt  des  Nesthornes  kann  gana  wohl  das  L5tsch- 
thaler  Breithom  mit  diesem  Uehergange  verbanden 
werden.  Aber  anch  ohne  den  einen  oder  den  anderen 
dieser  Berge  mitzunehmen ,  ist  die  IJeberschreitung 
des  Gredetschjoches  von  Beialp  nach  Brieg  oder  Visp 
«ein  überaus  lohnender  Hochpaß. 

Der  Abstieg  vom  Nesthome  bezw.  vom  Gredetsch- 
joch  in*s  Rhonethal  zieht  sich  allerdings  etwas  weit 
hin,  denn  Entfernung  und  Höhendifferenz  sind  be- 
deutend. Die  letztere  beträgt  vom  Nesthorn  nach  der 
Rhone  (bei  Brieg  oder  Visp)  ai45%  resp.  3163". 
So  starke  Abstiege  von  der  Bergspitze  bis  in's  Nacht- 
quartier finden  sich  in  unseren  Schweizer  Alpen  im 
Bemer  Oberlande  nur  vereinzelt  und  im  Engadin  mit 
seiner  hohen  Thalsohle  und  seinen  veriiSTtnißmS^g 
niedrigen  Spitzen  gar  nicht.  Wer  das  Wallis  be- 
wandert, trifft  sie  oft  und  gewöhnt  sich  bald  daran. 

Dessen  ungeachtet  ist  das  Groß-Nesthorn  und  das 
•Gredetschjoch  von  Beialp  nach  dem  Rhonethal  keine 
besonders  lange  und  hauptsächlich  keine  schwierige 
Partie ,  so  daß  diese  Bergfahrt  auch  für  den  mittel- 
mäßigen Gänger  sehr  wohl  ausführbar  ist.  Wer  ran 
5  Uhr  früh  aufbricht  und  guten  Schnee  hat ,  wird 
bei  reichlichem  Rasten  bequem  Abends  6 — 7  Uhr 
in  Brieg  oder  in  Visp  sein. 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  Beiaip  (2137")  5.  10  früh.  Fuß  des  Breithom- 
^letschers  (Kehle)  8.  30  —  9.  — .  Höhe  der  Kehle  (Hoohflni) 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet  33 

11.20.  Gr.-Ne8thorn(3820'»)  1. 15  —  1.  30  Nehm.  Gredetsch- 
joch  (3525,  3600?™)  2.  10  —  2.40.  Ober-Gredetschgletacher 
3.  — .  Gletscherende  4.  20.  Gredetschthal  5.  — .  Gredetsch- 
läger  6.  20  —  6.  35.     Brieg  (675 »)  8.  15. 

Total:  15  Std.  5  M. ,  wovon  13  Std.  35  M.  Marsch  und 
1  St4.  30  M.  Rast. 

IT.  Notiz  über  die  erste  Bestei^nug  des  Trngbergr  (8988m.) 

and  aber  einen  Yersnch  anf  das  Finsteraarhorn 

Tom  Finsteraaijoche  aas.  18 71. 

Inmitten  des  größten  Eisgebietes  der  europäischen 
Alpen,  zwischen  Jungfraufirn  und  Ewigschneefeld, 
schwingt  sich  über  eisbepanzerten  Wänden  der  Trug- 
berg zur  schmalen  Gratzinne  auf.  Erst  in  neuerer 
Zeit  wurde  diese  Spitze  vom  menschlichen  Fuße  be- 
treten. Noch  1869  konnte  Studer  schreiben:  „Der 
Trugberg  ist  einer  jener  wenigen  Hochgipfel  der 
Bemer  Alpen,  die  noch  nicht  bestiegen  worden  sind."^) 

Es  war  am  13.  Juli  1871.  als  mir  die  erste  Be- 
Steigung  des  Berges  mit  Peter  Egger  und  Schlegel 
von  Grindelwald  gelang,  nachdem  das  Jahr  zuvor 
zwei  Versuche  von  Dr.  Häberlin  aus  Frankfurt  (S.  A.  C, 
Basel)  gescheitert  waren.  Schlechtes  Wetter  und  un^ 
günstige  Schneeverhältnisse  bei  schon  vorgerückter 
Jahreszeit  hatten  die  mit  schneidiger  Energie  aus- 
gefölirten  Angriffe  dieses  bewährten  Bergsteigers  ab- 
geschlagen. ^)  Eine  zweite  Besteigung  des  Gipfels  fand 
erst  1877  statt  durch  Herrn  v.  Fellenberg;  mit  Recht 
sagt  dwselbe :  dieser  schöne,  die  Quellfirne  des  Aletsch 
tind  die  Südseite  der  Berner  Alpen  dominirende  Berg 

0  Studer,  Ueber  Eis  und  Schnee,  1, 223.  *)  Jahrb.  S.  A.  C. 
Vn,  1871/72,  214  flf. 

3 


34  Emil  Burckhardt 

sei  noch  viel  zu  wenig  bekannt  und  gewürdigt,  und 
Häberlin,  der  zuerst  dem  Trugberg  nähere  Aufmerk- 
samkeit schenkte,  urtheilt  treffend  über  ihn:  „Bei 
„seiner  selbstständigen  Stellung  mitten  im  Quellgebiete 
„des  Groß-Aletschgletschers  ist  er  zugleich  einer  der 
„centralsten  Eisberge  unserer  Alpen."  ^) 

Unsere  Jahrbücher  enthalten  zwei  treffliche  Schil- 
derungen des  Trugberg,  die  eine  von  Häberlin,  in 
Band  VII ,  1871/72  ,  die  andere  von  Fellenberg^ 
Band  XIV,  1878/79.2)  Beide  bieten  erschöpfendes 
topographisches  und  touristisches  Material;  das  histo- 
rische findet  sich  summarisch  bei  Studer  I,  223.  Die 
nachfolgenden  Mittheilungen,  ein  gedrängter  Auszng^ 
aus  einem  Vortrage,  den  ich  im  Winter  1871/72  der 
Section  Basel  hielt,  sollen  das  Thatsächliche  der  ersten 
Besteigung  feststellen.  Da  diese  letztere  im  Anschlüsse 
an  einen  Versuch  auf  das  Finsteraarhorn  von  der 
Berner  Seite  (vom  Finsteraarjoche  aus)  stattfand,  so 
mögen  einige  Bemerkungen  auch  über  diese  Bergfahrt 
hier  ihren  Platz  finden. 

Im  Sommer  1871  hatte  ich,  nachdem  mir  1870 
die  Berge,  wie  manchem  Andern,  gänzlich  verschlossen 
gewesen  waren,  überhaupt  nur  8  Tage  für  dieselben 
verfügbar,  imd  diese  8  Tage  fielen  noch  dazu  in  die 
sehr  schlechte  erste  Hälfte  Juli ,  in  der  bis  auf  die 
Alpweiden  herab  Schnee  lag,  so  daß  alle  Hochtouren 
unmöglich  schienen.  Dennoch  versuchte  ich  die  Aus- 
führung meines  Planes:  Finsteraarhorn  vom  Finster- 

0  Häberlio,  1.  c,  215.  *)  Häberlin,  1.  c,  ^zwei  Versuche 
zur  Besteigung  des  Trugberges**,  und  v.  Fellenberg,  1.  c, 
«der  Trugberg". 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet  35 

aarjoch  aus,  Hinter- Viescherhorn  und  Trugberg,  drei 
überhaupt  noch  nicht  gemachte  Touren,  allerdings 
ohne  viel  Hoffnung  auf  Erfolg. 

Den  7.  Juli  langte  ich  in  Grindelwald  an,  wo  mich 
Peter  Egger  erwartete,  ging  mit  ihm  allein  am  fol- 
genden Tage  nach  dem  Finsteraar j och  und  recognoscirte 
die  Nordostwand  des  Finsteraarhomes,  besonders  die 
große  Kehle  gegen  den  Hugisattel,  durch  die  uns  ein 
Aufstieg  möglich  schien.  ^)  Das  Resultat  unserer  Prü- 
fung war  kein  günstiges  und  wir  kehrten,  im  Zweifel 
über  das,  was  zu  thun  sei,  nach  Grindel wald  zurück. 
Als  aber  am  9.  Juli  das  Wetter  sehr  schön  wurde, 
entschloß  ich  mich  doch  zu  einem  Versuche  und  über- 
nachtete mit  Egger  und  mit  Peter  Schlegel  im  Easten- 
stein,  der  noch  tief  im  Schnee  steckte.  Am  10.  Juli 
überschritten  wir,  bei  wieder  zweifelhafter  Witterung, 
in  den  ersten  Tagesstunden  das  Finsteraarjoch  und 
waren  schon  früh  am  Fuße  der  Hugikehle,  die  wir 
aber  wegen  fortwährender  Schnee-  und  Steinstürze 
nicht  zu  betreten  wagten.  So  wandten  wir  uns  denn 
zurück  zum  Agassizjoch,  um  über  dasselbe  und  direct 
über  den  Nordwestgrat  das  Finsteraarhorn  zu  besteigen, 
ein  Weg,  der  1868  zweimal,  einmal  abwärts  und  ein- 
mal aufwärts,  gemacht  worden  war.  2) 

*)  Stnder,  I,  91,  sagt  von  dieser  Kehle:  „Dieser  Weg 
dürfte  freilich  große  Schwierigkeiten  darbieten  und  nur  dann 
zn  versuchen  sein,  wenn  noch  eine  gehörige  Masse  von  Schnee 
jene  Kehle  ansföllt."  —  Dr.  Häberlin  hatte  1870  diesen  Weg 
machen  wollen ;  schlechtes  Wetter  ließ  ihn  nicht  einmal  bis 
zum  Finsteraarfim  gelangen.  Jahrb.  8.  A.  C.  XIV,  215. 

*)  Aufwärts,  zum  ersten  Male  durch  G.  E.  Fester  vom 
A.  C.   mit    Hans    Baumann    und    Peter   Bernet,    28.    Juli 


36  Emil  Burckhardt 

Der  Schnee  im  großen  Agassizcouloir  war  in  bo 
schlechter  Verfassung ,  daß  wir  in  die  nicht  viel 
besseren  und  tief  verschneiten  Felsen  gedrängt  wurden.  ^) 
Hier  entgingen  wir,  ungefähr  in  der  Mitte  der  Wand, 
mit  knapper  Noth  einer  Lawine.  ^)  Auf  der  Hohe  des 
Agassizjoches  (3850"*),  um  die  Mittagsstunde,  über- 
raschte uns  ein  sehr  starkes  Gewitter,  welchem  Nebel 
und  Schneegestöber  folgten.  ^)  Das  Finsteraarhorn  war 
für  uns  verloren,  und  nicht  einmal  das  noch  unbe- 
stiegene  Agassizhorn  (3956"),  das  in  einer  kleinen 
halben  Stunde  vem  Joche  aus  leicht  zu  erreichen  ge- 


1868 ,  A,  J.  IV ,  1868/70 ,  155 ,  abwärts  aber  schon  eine 
Woche  früher  y  am  20.  Jnli  1868,  durch  F.  Bischoff  und 
E.  Nötzlin,  S.  A.  C,  mit  Christen  Michel  and  Peter  Egger. 
Es  war  dies  die  erste  Traversirung  des  Finsteraarhornes 
vom  Viescherfirn  nach  dem  Finsteraarflrn  überhaupt.  Da 
leider  nichts  darüber  veröffentlicht  wurde,  blieb  sie  weiteren 
Kreisen  unbekannt. 

^)  Die  Felsen  des  Agassizjoches  sind  überhaupt  schlecht. 
Foster  nennt  sie  „much  desintegrated  and  unpleasant  climbing'*. 

*)  D6chy,  welchem  1872  der  zweite  Aufstieg  vom  Finster- 
aaijoch  auf  das  Finsteraarhorn  via  Agassizjoch  gelang,  war 
im  Couloir  in  Lawinengefahr.  (Jahrbuch  S.  A.  C. ,  1873/74, 
166.)  —  Auffallend  ist,  daß  D6chy  in  seinem  Aufsatze, 
1.  c,  „Das  Finsteraarhorn  von  Grindelwald  aus",  der  Tour 
von  Bischoff  und  Nötzlin  nicht  erwähnt,  obschon  ihm  die- 
selbe bekannt  sein  mußte.  Er  hatte  1872  für  seinen  Auf- 
stieg als  ersten  Führer  denselben  Christen  Michel  engagirt, 
der  1868  mit  den  genannten  Herren  den  Abstieg  gemacht 
hatte. 

")  Es  mag  dies  die  vierte  Ueberschreitnng  des  Agassiz- 
joches gewesen  sein.  Die  erste  machten  1866  Hornby, 
Philpott  und  Morshead  vom  A.  C. 


Erinnerungen  atis  dem  Clubgehiet.  37 

wesen  wäre ,  konnte  mitgenommen  werden.  ^)  Erst 
mit  einbrechender  Nacht  erreichten  wir  den  Faulberg, 
nachdem  wir  im  Nebel  auf  dem  Walliaer  Viescherfime 
vier  Standen  lang  in  der  Irre  herumgegangen  waren 
und  das  Unwohlsein  eines  meiner  Führer  bedeutenden 
Aufenthalt  verursacht  hatte.  Schlechtes  Wetter  trieb 
uns  am  11.  Juli  nach  dem  Eggischhom,  wo  der  Schnee 
bis  zum  Hotel  lag.  Mein  Plan  war  gewesen,  diesen 
Tag  im  Faulberg  zu  bleiben  und ,  während  ein 
Führer  auf  Eggischhom  Proviant  und  Holz  holte, 
mit  dem  andern  Hinter- Viescherhom  und  Trugberg  zu 
recognosciren,  am  12.  und  13.  diese  Berge  zu  ver- 
suchen und  dann  an  letzterem  Tage  noch  nach  Grindel- 
wald zurückzukehren. 

Regen  und  Schnee  hielten  nuch  1  ^/a  Tage,  bis  am 
12.  Abends,  auf  Eggischhom  fest^),  somit  war  einer 


0  Das  Agassizhorn  wurde  1872  znm  ersten  Male  von 
6.  Coolidge  (A.  C.)  vom  Joche  aus  in  20  Minuten  bestiegen. 
Der  Aufstieg  vom  Agassizjoch  über  den  Grat  zum  Finster- 
aarhom  kostete  1868  Foster  2  Std.  50  M.,  D6chy  1872  3  Std. 
25  M.  Für  das  Agassizjoch  selbst  brauchte  Foster  vom 
Fiosteraarfin  aus  37«,  D6chy  3,  ich  37»  Std.  D6chy  deutet 
meinen  mißlungenen  Finsteraarhornversuch  in  seinem  citirten 
Aofsatze,  pag.  160  und  162,  an.  Was  den  directen  Aufstieg 
vom  Finsteraarfirn  durch  die  Hugikehle  betrifft,  so  wurde 
ich  1875,  als  ich  ihn  wiederum  versuchen  wollte,  schon  am 
Fuße  der  Kehle  durch  ein  Gewitter  zurückgeschlagen.  Als 
ich  1876  das  Finsteraarhom  auf  gewöhnlichem  Wege  („von 
der  Knabenseite",  wie  derselbe  neuerdings  genannt  wurde) 
bestieg,  schien  mir  die  Nordostwand,  auch  die  Partie  unter 
dem  Hugisattel,  überhaupt  nicht  gangbar.  Herr  Carfroe  vom 
A.  C,  der  mit  mir  war,  theilte  meine  Ansicht. 

*)  Vgl.  Häberlin,  1.  c. ,   Jenes   denkwürdige  Unwetter, 


38  Emil  Burckhardt 

der  beiden  Berge  für  mich  verloren,  da  ich  am  14. 
in  Basel  sein  mußte.  Vom  12.  zum  13.  Juli  übernachtete 
ich  wieder  im  Faulberg,  entschlossen,  wenigstens  den 
Trugberg,  den  ich  für  den  „besseren"  von  den  beiden 
Gipfeln  hielt,  zu  machen. 

Am  13.  Juli,  3  Uhr  früh,  gingen  wir  gegen  den 
Berg  vor.  Unser  Weg  war  im  Allgemeinen  derselbe, 
den  sechs  Jahre  später  Herr  v.  Fellenberg  genommen 
hat.  Um  6  Uhr  30  begannen  wir  den  eigent- 
lichen Aufstieg,  der  des  vielen  Schnee's  wegen  sehr 
mühsam  und  langwierig  war,  aber  bei  Weitem  nicht 
die  Schwierigkeiten  bot,  wie  sie  das  Jahr  zuvor  den 
beiden  Versuchen  von  Dr.  Häberlin  sich  entgegen- 
gestellt hatten.  Von  7  Uhr  an  wurde  das  Wetter  sehr 
schlecht  und  stürmisch.  In  starkem  Schneefall  traver- 
sirtea  wir  an  der  Firnwand  über  dem  Ewigschneefeld 
aufwärts  und  gewannen  nach  ziemlich  langem  Stufen- 
schlagen an  steilem  Gehänge  (Messung  von  Fellen- 
berg: 52<>)  gute  Felsen.  Von  da  kamen  wir  unschwierig 
auf  den  Grat,  wo  uns  der  tobende  Sturm  sehr  zusetzte. 
Um  9^/2  Uhr  hatten  wir  eine  Felszacke  erreicht,  die 
möglicherweise  der  Gipfel  sein  konnte,  doch  griffen 
wir,  als  aus  dem  Nebel  die  Umrisse  einer  zweiten, 
scheinbar  höheren  Spitze  hervortraten,  auch  noch  diese 
an,  wobei  wir  eine  tiefe  Kluft  umgingen,  und  waren 
9  Uhr  50  oben.  Diese  letzte  Strecke  war  nicht 
leicht.  In  der  Annahme,  auf  dem  höchsten  Gipfel  zu 


das  für  zwei  Tage  alle  noch  so  kühnen  Bergfahrer  in  der 
Schweiz,  wie  in  Savoyen,  von  den  Zielen  ihrer  Wünsclie 
zurückwies."* 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet.  39 

sein,  erbauten  wir  einen  Steinmann.  Die  Aussicht^) 
war  eine  sehr  beschränkte :  Dichter  Nebel,  viel  Schnee- 
flocken und  einige  Meter  Felsgrat.  Sofort  nach  Be- 
endigung des  Steinmannes,  10  Uhr  10,  begannen 
wir  den  Abstieg,  und  zwar  nicht  auf  unserem  alten 
Wege,  sondern  nordöstlich,  nach  dem  oberen  Ewig- 
schneefeld zu.  Er  war  steil  und  erforderte  bei  dem 
damaligen  Schneestande  große  Vorsicht,  bot  aber 
keinerlei  Schwierigkeit.  11^/4  Uhr  waren  wir  auf 
dem  flachen  Firne,  wo  eine  normale  Temperatur  und 
völlige  Windstille  wieder  Leben  und  Wärme  in  unsere 
halb  erstarrten  Glieder  brachte. 

Als  wir  uns  dem  Mönchjoche  näherten,  hellte  sich 
das  Wetter  zusehends  auf  und  die  ersten  Sonnenblicke, 
die  um  den  Gipfelgrat  des  Trugberg  spielten,  ließen 
uns  erkennen,  daß  wir  unseren  Steinmann  da  gebaut, 
wo  er  von  Rechtswegen  hingehörte:  auf  die  Spitze 
eines  der  letzten  jungfräulichen  Zwölftausender  der 
Bemer  Alpen. 

Die  Berglihtitte  war  tief  verschneit  und  der  Zu- 
gang zur  Thtire  mußte  mtlhsam  ausgeschaufelt  werden.  ^) 

Unser  Rückweg  nach  Grindelwald  sollte  einen 
höchst  gelungenen  Abschluß  finden.  Als  wir  die  unteren 
Sehneefelder  des  Viescherfirnes  gegen  das  Kalli  hinab- 
gingen, sahen  wir  links  über  uns  drei  Männer  die 
Felsen  gegen  die  Eigerhöhle  aufsteigen.  Es  war  ein 
Herr  mit  zwei  Führern.  Nun  gegenseitiger  Zuruf  und 
Frage  über  „woher"  und  „wohin" ;  „Trugberg  heut'  früh 

0  Vgl.  über  dieselbe  v.  Fellenberg,  1.  c,  274,  und  das 
diesem  Jahrbuch  beigegebene  Panorama  von  S.  Simon. 
*;  Vgl.  auch  Häberlin,  1.  e.,  152. 


'1 


40  Emil  Burckhardt 

10  Uhr",  schallte  es  hinauf.  Der  Herr  grüßte  und  stieg^ 
still  mit  seinen  Leuten  weiter.  Es  war  Niemand  anders 
als  Dr.  Häberlin,  der  zwei  Tage  zuvor  bei  seinem 
dritten  Versuche  gegen  den  Trugberg  durch  schlechte» 
Wetter  schon  am  Mönchjoch  zurückgeschlagen  worden 
war  ^)  und  nun  zum  vierten  Male  zum  Angriff  vor- 
ging. Mein  College  änderte  jetzt,  wie  ich  später  er- 
fuhr, seinen  Plan,  ließ  den  Trugberg  bei  Seite  und 
machte  dafür  am  folgenden  Tage  unter  sehr  ungünstigen 
Verhältnissen  die  erste  Besteigung  des  Hinter-Vieseher- 
hornes  (4020  "*),  ^)  das  hinwiederum  mir  entgangen  war» 
So  wurden  binnen  zwei  Tagen  zwei  von  den  letzten 
noch  jungfräulichen  Hochgipfeln  des  Oberlandes  für 
den  S.  A.  C.  gewonnen. 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  Faulberg  (2847'»)  3  Uhr  früh.  Trugbergfoß  6  —  6.  80. 
Trugberg  (3983°)  9.  55  —  10.  10.  Mönc^Joch  12.  40  Nehm. 
Berglihütte  (alte)  1.  20  —  2.  40.  Bäregg  5.  40  —  6.  Griodel- 
wald  (989™)  7  Uhr  Abds.  Total:  16  Std.  Zeit,  wovon  13  Std. 
30  M.  Marsch  und  2  Std.  30  M.  Rast. 

y«  Notizen  über  den  K^tteaberg-SeJireeklMiriikaiiiiii* 

Gwäohteiyoch  (Mettenbergjoch),  3159™,  1872. 

Der  mächtige  Kamm,  der  nach  Nordwesten  vom 
Groß-Schrßckhom  gegen  das  Grindelwaldthal  sich  ab- 
senkt ,  läßt  sieh  in  zwei  Theile  zerlegen ,  in  den 
oberen,  mit  den  beträchtlichen  Erhebungen  des  Näael- 
hörn  (3749°»)   und  Klein -Schreckhorn  (3497«»),   und 


*)  Vgl.  Häberlin,  1.  c,  153.  *)  d.  h.  der  einen,  niedrigeren 
Spitze.  Die  etwas  höhere  wurde  erst  1885  von  den  bekannten 
führerlosen  Wiener  Bergsteigern  Dr.  Lammer  und  A.  Lorria 
bestiegen. 


\ 


Erinnerungen  aus  dem  Cltibgebiet,  41 

in  den  unteren,  mit  den  weniger  hohen,  aber  auf 
wuchtigem  Massive  fügenden  Gipfelbildungen  der 
Gwäehten  (3169«)  und  des  Mettenberg  (3107").  Die 
Hanptdepression  und  zugleich  die  nattlrliche  Theilstelle 
des  Gesammtkammes  findet  sich  da,  wo  sein  oberer 
Theil  nach  Ausstoßung  des  Klein-Schreckhornes  zur  selb- 
ständig  entwickelten  Spitze,  in  einer  Flucht  von  mehr 
als  300™  jäh  auf  den  unteren  Grattheil  absetzt. 
Diese  Stelle  scheint  zu  einem  Hochpasse  von  den» 
Grindelwald  -  Eismeer  nach  dem  Ober  -  Grindelwald-^ 
gletscher  wie  geschaffen ,  doch  wird  sie  sehr  selten 
dazu  benützt.  Das  Interesse  der  Bergsteiger  richtet 
sieh  mehr  auf  die  Spitzen  des  Mettenberges  und 
des  Klein-Scbreckhomes.  Diese  beiden  Berge  habea 
den  Vortheil ,  daß  sie  sehr  wohl  in  einem  Tage  vom 
Thal  aus  gemacht  werden  können,  der  erstere  leicht, 
und  kurz,  der  letztere  etwas  schwieriger  und  länger. 

Die  erste  Kammtlberschreitung  fand  1857  statte 
indem  der  Engländer  Anderson  ^)  das  noch  jung- 
fräuliche Klein-Schreckhorn  vom  Jjauteraarsattel  aus^ 
erstieg  und  durch  das  Grindelwald  -  Eismeer  seinen 
Abweg  nahm.  Bis  Anfangs  der  siebziger  Jahre  scheint 
kein  üebergang  ttber  den  Grat  mehr  erfolgt  zu  sein^ 
bis  1872  eine  englische  Partie  denselben  zwischen 
Mettenberg  und  Klein-Schreckhorn  vom  Gleckstein 
aus  nach  dem  Grindelwald  -  Eismeer  tiberschritten 
haben  soll. 

Unseren  Jahrbüchera  ist  dieser  üebergang  noch 
fremd  und  es  mögen  darum  einige  Mittheilungen  über 


^)  Peaks,  Passes  and  Glaciers,  I,  1859,  234. 


42  Emil  Burckhardt, 

«ine  Passirung  des  Grates  vom  Grindelwald-Eismeer 
nach  dem  Ober-Grindelwaldgletscher,  die  ich  1872 
^ausführte,  hier  ihren  Platz  finden. 

Mit  Peter  und  Rudolf  Kaufmann  verließ  ich  Grindel- 
ivald    den    2.   September    1872,    3.    15    früh,     war 
^egen    Tagesanbruch    auf   dem    Eismeer    und     stieg 
«oberhalb  der  Stieregg  (1795™)  über  steile  Schafweide, 
Guferhalden  und  durch  ein  in  seinen  oberen  Th  eilen 
mit  Schnee  ausgelegtes  Geröllcouloir  in  nordöstlicher 
Eichtung  gegen  den  Grat  hinan,  welcher  den  Metten - 
«berg   mit  dem  Klein-Schreckhorn   verbindet.     Gegen 
10  Uhr  wurde  zwischen  3094  und  3169  die  Kamm- 
höhe und  auf  derselben,  etwas  links,  die  „Gwächtön" 
'(Schneegipfel)  3169  erreicht.     Von  dieser  Spitze  ver- 
buchten wir  einen   directen  Abstieg  über  den  oberen 
Wechselgletscher.     Der  Versuch  mißlang ,    weil    am 
unrichtigen  Orte  gemacht.  Wir  hätten  uns  mehr  links, 
nordwestlich,  halten  sollen.  *)  —  Wir  kehrten  darum 
auf  den  Grat  zurück  und  gingen  theils  derselben  ent- 
lang ,    theils  unter  derselben ,    auf  der  Eismeerseite, 
nach  rechts,  östlich,  gegen  das  Klein-Schreckhorn  zu. 
Schließlich  wurden  wir   ein  gutes  Stück  abwärts  ge- 
drängt und  verloren   auf  diese  Weise  bedeutend    an 
der  gewonnenen  Höhe. 

1)  Hr.  Felix  O.  Schuster  (A.  C,  S.A.  C.  und  D.  u.  De.  A.  V.), 
der  im  Jahr  1880  direct  nach  dem  Ober- Grindelwaldgletscher 
abstieg,  bestätigt  dies.  Er  schreibt:  »l^er  directe  Abstieg 
Tom  Punkte  zwischen  dem  Mettenberg  und  der  Gwächten, 
über  den  steil  abfallenden  Gletscher  nach  dem  Ober-Grindel- 
waldgletscher war  sehr  schwierig  und,  so  viel  mir  bekannt, 
weder  vor-  noch  nachher  gemacht. '^  (Privatmittheilg.  v.  F. 
O.  Schuster.) 


Erinnerungen  aus  dem  Clvhgehiet,  48 

Es  war  schon  1.  10  Nachmittags,  als  wir  auf 
der  richtigen  Paßhöhe,  unmittelbar  am  Westfuße  des 
Klein-Schreckhornes,  bei  3159  der  Exck.  1885/1886, 
standen. 

Den  unbenannten  Gletscher  auf  der  Nordwestseite 
des  Klein-Schreckhornes  absteigend,  umgingen  wir 
den  Nordgrat  des  letzteren  bei  2815  und  gewannen 
so  den  Hochfirn  des  Ober-Grindelwaldgletschers.  Die 
Zerrissenheit  desselben  zwang  uns  zu  einem  weiten 
Bogen  gegen  den  Lauteraarsattel  hin.  Mehr  als  drei 
Standen  von  der  Paßhöhe  an  waren  wir  auf  dem 
Gletscher ,  bis  endlich  um  Va  5  Abends  derselbe 
hinter  uns  lag.  5  ühr  war  die  (alte)  Wetterhomhtitte 
und  nach  einer  allzulangen  Rast  in  derselben  auf 
dem  alten  Wetterhornwege  über  die  „Enge"  8.  35 
Grindelwald  erreicht. 

Meine  Führer  nannten  den  Paß  „Mettenbergjoch"; 
mir  scheint,  da  er  mit  dem  eigentlichen  Mettenberge 
nichts  zu  thun  hat ,  der  Name  „  Gwächtenjoch " 
richtiger.  ^) 

Dieser  üebergang  über  den  Mettenberg-Schreck- 
homkamm  wird  Jedem ,  der  neben  dem  Großen 
auch  das  Kleinere  zu  würdigen  weiß,  volle  Befriedi- 
gung bieten.  Für  die  Einzel kenntniß  des  Grindelwald- 
gebirges ist  er  von  entschiedenem  Werthe.  Wenn 
die  von  uns  erst  nach  anfänglichem  Fehlgehen  ge- 
fundene richtige  Paßhöhe  direct  erreicht  wird ,  so 
werden  2V2  bis  3  Stunden  erspart.  Die  Tour  kann  ganz 
wohl,  auch  für  mittlere  Gänger,  von  Grindel wald  hin 


*)  Schuster's  Paß  wäre  das  richtige  „Mettenbergjoch' 


44  Emil  Burckhardt, 

und  znrück  gemacht  werden,  ohne  ein  Uebemachten 
auf  der  Bäregg  mit  zwei  kleinen  Stunden  Zeitgewinn 
zu  erfordern. 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  Grindelwald  v989»),  3  15  früh.  Halt  in  der  Gwächten- 
kehle,  7.30—8.10.  „Gwächten"  (3169"),  10-10.  20.  Gwäch- 
tenjoch  (3159*°),  1.  10  —  1.40.  Glecksteinhütte ,  5—5.40. 
Grindelwald,  8.  35.  Total:  17  Std.  20  M.  Zeit,  wovon  15  Std. 
10  M.  Marsch  und  2  Std.  10  M.  Halt. 

Das  Nässihoru  (3749  in.). 

Erste  Besteigung,  1885. 

Während  das  Klein-Schreckhorn  in  neuerer  Zeit 
öfters  bestiegen  wurde,  fand  sein  höherer  Nachbar- 
gipfel,  das  Nässihorn  (3749"*),  die  bedeutendste  Er- 
hebung des  Mettenberg-Schreckhomkammes,  keine  Be- 
achtung. Es  mag  die  allzu  unmittelbare  Nähe  dea 
Groß-Schreckhornes,  welche  das  Nässihorn  nicht  recht 
zur  Geltung  kommen  läßt,  daran  Schuld  sein. 

Ich  hatte  schon  vor  mehrern  Jahren  eine  Er- 
steigung des  Nässihornes  vom  Lauteraarsattel  au» 
beabsichtigt,  mit  Abstieg  nach  dem  Grindelwald- 
Eismeer,  also  eine  Traversirung  des  Berges;  schlechtea 
Wetter  hatte  mich  zwei  Mal,  zuerst  1876  und  dann 
1881,  von  der  WetterhornhUtte  zurückgetrieben,  ohne 
mich  nur  zum  Angriffe  kommen  zu  lassen.  —  Erat 
1885  gelang  es  mir,  diesen  Gipfel  nachzuholen,  leider 
nicht  von  seiner  schönen  Seite,  dem  Lauteraarsattel^ 
und  auch  nicht  als  Traversirung,  sondern  als  einfache 
Besteigung  von  der  Eismeerseite  aus. 

Es   war  Anfangs  August    1885;    auf  die  pracht- 
vollen Juliwochen    folgten   im   Oberlande  acht  Tage 


Erinnertmgen  aus  dem  Clu^gebiet  45 

schlechten  Wetters,  das  manche  Bergfahrt  scheitern 
ließ.  Am  Vormittage  des  1.  August  befand  ich  mich 
mit  meinen  Führern  Chr.  Jossi  und  P.  8chlegel  auf 
dem  Rückzüge  von  einem  Unternehmen  im  Finsteraar- 
febiete,  zu  dessen  Durchführung  gute  Witterung  und 
tadelloser  Schnee  in  allererster  Linie  nöthig  sind. 
Beides  hatte  gefehlt  und  um  ein^  Niederlage  reicher 
traf  ich  um  die  Mittagsstunde  in  der  Olubhütte  an 
der  Schwarzenegg  ein.  Wir  waren  nicht  die  einzigen 
Oeschlagenen.  Die  Herren  Dr.  Guido  Lammer  und 
Dr.  August  Lorria,  die  berühmten  führerlosen  Wiener 
Bergsteiger,  mit  denen  ich  schon  eine  Woche  früher 
anläßlich  einer  Groß-Viescherhom-Besteigung  in  der 
Mönchhütte  am  ^Bergli^  zusammengetroffen,  gingen 
«oeben  nach  Grindelwald  hinab;  ihr  erster  Angriff 
auf  den  Nordwestgrat  des  Schreckhornes  war  Tags 
zuvor  an  der  Ungunst  der  Witterung  gescheitert. 
Dann  kam  ein  junger  Engländer  mit  zwei  Führern 
gehörig  abgewettert  von  einem  Versuche  auf  das 
Schreckhom  (gewöhnliche  Seite)  zurück. 

Nachmittags  hellte  sich  das  Wetter  etwas  auf,  und 
während  der  englische  Bergsteiger  zu  Thal  zog,  um 
bessere  Witterung  abzuwarten,  nachdem  er  uns  in 
liebenswürdigster  Weise  den  Rest  seines  Proviante» 
zur  Verfügung  gestellt  hatte,  blieb  ich  mit  meinen 
Leuten  in  der  Hütte,  mit  dem  Entschlüsse,  das  Nässi- 
homwenn  möglich  zu  traversiren,  jedenfalls  aber  zu 
besteigen.  Die  Nacht  durch  regnete  es,  gegen  Tages- 
anbruch aber  trat  eine  Besserung  ein  und  wir  konnten 
4  Uhr  5  früh  gegen  das  Nässihom  aufbrechen,  das 
Lammer  und  Lorria  —  wie  sie  scherzweise  sagten  — 


46  Emil  Burckhardt 

mir  als  älterem  Collegen  großmttthig  „gelassen"  hatten^ 
trotzdem  sie  es  bei  ihrem  Schreckhomversuche  leicht 
hätten  mitnehmen  können. 

Unser  Weg  war  Anfangs,  fast  zwei  Standen  lang^ 
derselbe,  wie  auf  das  Schreckhom,  das  große  Couloir 
hinauf.  Dasselbe  war  unten  in  leidlichem  Zustande,, 
erforderte  aber  weiter  oben  Stufenschlagen.  Doch 
fielen  trotz  der  frühen  Morgenstunde  mehrfach  Steine, 
während  ich  13  Jahre  zuvor  bei  einer  Schreckhomtour 
um  dieselbe  Tageszeit  das  Couloir  ohne  einen  einzigen 
Steinfall  passirt  hatte.  Dort,  wo  der  übliche  Schreck- 
homweg  rechts  in  die  Felsen  ablenkt,  blieben  wir 
noch  eine  gute  Strecke  gradaus  in  der  Kehle,  bis  uns- 
Steingefahr  zwang ,  nach  links ,  in  die  Felsen  der 
Nord  Westseite,  zu  gehen.  Bis  zu  denselben  war  eine 
gute  Anzahl  Stufen  quer  über  das  hier  sehr  steile 
Couloir  erforderlich.  Während  wir  die  losen ,  aber 
unschwierigen ,  Felsen  hinaufkletterten ,  begann  es- 
dermaßen  zu  schneien  und  zu  stürmen,  daß  wir  um 
V2  7  Uhr  an  einer  etwas  gedeckten  Stelle  Schutz 
suchten.  Ein  sehr  kräftiges  Fiühstück  war  die  na- 
türliche Folge  dieses  gezwungenen  und  verfrtihten 
Haltes.  Als  nach  20  Minuten  das  Schneegestöber 
nachließ  und  einem  sanften  Schneefall  ohne  merkliche 
Kälte  Platz  machte,  stiegen  wir  in  einer  Stimmung, 
die  des  schönsten  Sonnenscheines  würdig  gewesen 
wäre,  weiter,  unseren  Weg  hie  und  da  durch  auf- 
einandergelegte Steine  markirend.  Wie  wir  auf  der 
Höhe  der  Wand  (Exck.  3316),  zuletzt  über  einen 
Schneekamm,  den  obern  Kastensteinfim  erreichten, 
lichtete  sich  der  Nebel  und  erlaubte  uns  eine  genaue 


Erinnerungen  aus  deni  Cluhgebiet  47 

Orientirung.  Rechts  hatten  wir  die  riesenhafte  West- 
wand des  Schreckhornes ,  links ,  tief  unter  uns ,  den 
zerrissenen  (unteren)  Kastensteinfirn  und  vor  uns  ragte 
aus  grauen  Schneewolken  der  Kamm  des  Nässihomes*. 
Wir  überschritten  nun  den  Firn  direct  gegen  das^ 
Xässihom.  Der  Bergschrund  war  schlecht  und  ver- 
ursachte Aufenthalt  an  dem  Steinfall  ausgesetzter 
Stelle.  Auch  weiter  oben  fielen  Steine;  um  ihnen  aus- 
zuweichen, gingen  wir  links  und  stiegen  anhaltenct 
an  einer  Felsrippe  empor,  die  uns  weit  hinauf  in  die 
Wand  des  Nässigrates  führte.  Es  war  wieder  Nebet 
eingefallen,  so  daß  nicht  immer  die  besten  Stellenr 
aufgefunden  wurden.  Zuletzt  kam  eine  zwar  kurze,, 
aber  recht  steile  Eispartie,  welche  sorgfältige  Arbeit 
verlangte.  Genau  drei  Stunden  nach  unserem  Halt  oben- 
am  Schreckhomcouloir  —  9  Uhr  50  — •  steckte  mein 
Vordermann  seinen  Pickel  in  die  Gwächte  der  Kamm« 
höhe  und  sandte  seinen  Jodler  durch  das  winterliche 
Schneetreiben  nach  dem  Lauteraar  hinab.  An  einen 
Abstieg  nach  demselben  war  bei  diesem  Wetter  aller- 
dings nicht  zu  denken.  Doch  hatten  wir  unverhofftes 
Glück.  Der  Wind  trieb  auf  Augenblicke  den  Nebel 
auseinander  und  zeigte  unsere  Spitze  links  vor  uns  in 
nächster  Nähe.  Dem  Kamme  entlang  erreichten  wir  sie^ 
theils  über  Schnee,  theils  über  Fels,  mäßig  ansteigend^ 
leicht  in  20  Minuten  —  um  10  Uhr  10.  Es  ist  ein 
Felsgipfel  mit  verschiedenen  Absätzen.  Spuren  früherer 
Besteigungen  fanden  sich  nicht  vor.  Wir  erbauten 
zwei  Steinmannli,  eines  gegen  die  Lauteraar-,  das 
andere  gegen  die  Eismeer- Seite.  Aussicht  hatten  wir 
keine,   dafür  aber  durch  momentane  Nebelrisse  ein- 


48  Emil  Burckhardt 

seine  Ausblicke  von  um  so  größerem  Eindracke« 
10  Uhr  40  traten  wir  den  Rückweg  an,  auf  dem 
wir  noch  eine  kleine  Schneespitze,  die  sich  mehr  öst^ 
lieh,  gegen  den  Lauteraaraattei  zu,  etwas  höher  ala 
-die  Felsepitze  erhebt,  betraten  (10  Uhr  50). 

V2 1  Uhr  waren  die  Felsen  am  Schreckhom- 
-couloir  wieder  erreicht.  In  starkem  Regen  stiegen  will 
-das  Couloir  ab,  das  jetzt  in  denkbar  schlechter  Ver-i 
fassung  wai* ,  und  langten  Vs  3  Uhr  in  der  Hütte 
an,  wo  wir  einen  längeren  Aufenthalt  machten.  Der 
Rückweg  nacli  Grindelwald  verschaffte  uns  auf  dem 
Ober-Eismeere  die  Freude  einer  nochmaligen  Be- 
gegnung mit  Dr.  Lammer  und  Dr.  Lorria,  die,  ftti 
mehrere  Tage  mit  Proviant  versehen ,  trotz  un- 
günstigen Wetters  wieder  nach  der  Schwarzenegg 
gingen,  um  ihre  erbitterte  führerlose  Fehde  mit  dem 
^chreckhom  zu  Ende  zu  fechten.  ^)  7  Uhr  15  Abendf» 
waren  wir  in  strömendem  Regen  in  Grindelwald. 

Wenn,  wie  es  allen  Anschein  hat,  das  Nässihon 
früher  nicht  bestiegen  worden  ist,  so  kann  auf  sein< 
-erste  Ersteigung  Dent's  Ausspruch  angewandt  werden 
^We  could  not  but  feel,  that  if  we  were  to  aehievi 
„the  honour  of  a  first  ascent,  such  honour  would  b< 


^)  Lammer  und  Lorria  wurden  am  5.  August  wied 
durch  schlechtes  Wetter  zurückgeschlagen.  Am  lO./H.  Augu 
gelang  ihnen  der  dritte  Versuch,  indem  sie  das  Schreckho 
mit  (erstem)  Abstieg  über  den  Nordwestgrat  („Anderso 
grat**)  forcirten.  Es  ist  dies,  noch  dazu  ohne  Führer,  ein 
bewundernswerthe  Leistung  dieser  schneidigen  Bergsteige 
welche  sich  ihrer  führerlosen  Besteigung  der  Dent  Blanch 
im  Schneesturme  vom  22.  August  1885  (Mitth.  d.  D.  u.  Oe.  A.  V 
1886,  Nr.  1)  würdig  an  die  Seite  stellt. 


Erinnerungen  aus  dem  Cluhgehiet.  49 

^principally  due  to  the  fact,  that  we  had  subdivided 
^tbe  secondary  peaks  of  the  chain  more  minutely, 
^than  other  voyagers." 

Als  neue  und  lohnende  Tour  bleibt  nun  noch  mein 
ursprünglicher  Plan :  die  Traversirung  (neugermanisch : 
7,Querung'^)  des  Nässihornes  vom  Lauteraarsattel  zum 
Ober-Eismeer.  Nachdem  1857  das  Klein-Schreckhorn 
und  1872  das  Groß-Schreckhorn  in  dieser  Richtung 
traversirt  worden  sind,  wird  eine  üeberschreitung  des 
Kammes  zwischen  diesen  beiden  Spitzen  wohl  nicht 
mehr  lange  auf  sich  warten  lassen. 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  Schwarzenegg  (2500°*),  4.  05  früh.  Felsen  nord- 
westlich vom  Couloir,  6.  30 — 6.  50.  Nässikamm,  9.  50.  Nässi- 
lioni  (Felsspitze  3749"),  10. 10—10.40.  Schneespitze  (3760^? 
3784"?),  10.50.  Felsen  nordwestlich  vom  Couloir,  12.30. 
Schwarzenegg,  2.30— 3.30.  Grindelwald  (989  "),  7.15.  (Unter- 
wegs 15  M.  Halt.)  Total:  15  Std.  10  M.  Zeit,  wovon  13  Std. 
Marsch  und  2  Std.  10  M.  Halt. 

IVB.  Im  letzten  Drittel  unseres  Aufstieges  ver- 
ursachte der  Nebel  und  Schneefall  bedeutenden  Zeit- 
Terlust.  Auch,  glaube  ich,  würde  man  sich  besser 
mehr  rechts,  näher  an  das  Groß-Schreckhorn,  halten, 
wie  dies  Stafford  Anderson  am  7.  August  1883  bei 
seiner  Bezwingung  des  Schreckhomes  über  den  Nord- 
westgrat  gethan  hat  ^),  und  dann  links  dem  Kamm 
entlang  gehen.  Der  letzte  Theil  unseres  Anstieges 
gegen  den  Kamm  war  nicht  gut  gewählt.  Steinfall 
Wffd  zwar  bei  gutem  Wetter  kaum  drohen,  aber  es 
«ind  sonst  einige  schlechte  Stellen  vorhanden.  Im 
Schreckhomcouloir   dagegen    ist   stets   bis   zu  einem 

0  A.  J.  XI,  1882/1884,  438  flf. 


50  Bmü  BurcJchardt 

gewissen  Grade  Gefahr  von  Steinen;  dieselbe  kann 
nun  einmal  dort  nicht  ganz  vermieden  werden  *)► 
Lammer  und  Lorria  sind  am  11.  August  1885  nach 
ihrer  Traversirung  des  Schreckhomes  bis  weit  unten 
in  den  Nordwestfelsen  des  Couloirs  geblieben  und 
haben  so  dessen  größten  Theil  vermieden.  ^) 

YI«  Notiz  Ober  das  Orosts-Laateraarhoni  (4048  m.u  ISS^ 

8eit  1869,  der  zweiten  Besteigung  des  1842  zum 
ersten  Male  erstiegenen  Groß-Lauteraarhornes  durch 
einen  Schweizer,  Hm.  Ed.  Burckhardt-Zahn  (S.  A.  C.),. 
ist  dieser  Berg  mehrmals  gemacht  worden,  aber,  so 
viel  ich  habe  erfahren  und  auf  der  Spitze  selbst  er- 
sehen können,  ausschließlich  durch  ausländische  Berg- 
steiger. 

Es  mag  zugegeben  werden,  daß  das  Groß-Lauter> 
aarhorn  ungünstig  liegt,  etwas  zu  sehr  abseits  von 
den  jetzt  beliebten  Ausgangspunkten  für  die  Ober- 
länder  Hochtouren.  Doch  sollte  dies  kein  Grund  sein,, 
einen  Gipfel  ersten  Ranges  dergestalt  zu  vemach- 
lässigen.  Einige  Notizen  über  eine  von  mir  188S 
ausgeführte  Besteigung  des  Berges  mögen  denjenigen 
meiner  Clubgenossen  zur  Aufmunterung  und  Weg- 
leitung dienen,  bei  denen  vielleicht  das  Jahrbuch 
Nr.  VII  ^)  in  Vergessenheit  gerathen  ist. 

Ich  verließ   den  Pavillon  Dollfus   den   9.  August 


1)  Vgl.  ABcterson,  1.  c.  Dieser  Bergsteiger  meint:  ^of  all  the 
„abominably  long  conloirs  in  the  Alps  this  mnst,  I  tbink,  be 
„the  longest  aod  the  most  tiresome."  ')  Mitth.  des  D.  a.  Oe. 
A.  V.,  1885,  Nr.  19.  «)  Jahrb.  S.  A.  C,  VII,  1871/1872^ 
270  flf. 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebtet.  51 

1885,  2.  30  früh,  mit  Chr.  Jossi  und  Peter  Schlegel, 
bei  zweifelhaftem  Wetter,  das  aber  nach  Tages- 
anbruch, bis  auf  einen  eisigen  Nordwind,  sehr  schön 
wurde.  Um  6  Uhr  waren  wir  am  Fuße  des  Lauter- 
aarhomes,  oben  im  Strahleckfirn,  ungefähr  bei  Cui've 
3090  der  Exck.  6.  30  begannen  wir  den  Anstieg  über 
Lawinenschnee.  Leichte  Felsen  und  guter  Schnee  er- 
laubten ein  rasches  Vorankommen,  bis  weiter  oben 
eine  yoUständig  vereiste  Fimpartie  anderthalbstiin- 
diges  Stufenschlagen  erforderte.  Der  Stidkante  des 
Berges  entlang,  deren  Felsen  zwar  lose,  aber  un- 
sehwierig  sind,  gewannen  wir  die  Kammhöhe,  bei 
3955,  11  Uhr  05,  und  dem  Kamm  entlang,  theils 
auf  dessen  Schneide,  theils  auf  der  Lauteraarseite, 
die  höchste  Spitze  (4043»»)  12  Uhr  05.  Dieser  letzte 
Theil  der  Besteigung,  der  im  JB,  S.  A.  C.  VII  als 
sehr  schwierig  geschildert  wird,  bot,  da  hier  der 
Fels  ganz  fest  ist,  keine  ernstlichen  Schwierigkeiteiv, 
wie  denn  der  Berg  überhaupt  trotz  der  vorangegan- 
genen Schneefälle  in  recht  gutem  Zustande  war. 

Von  4043  kletterte»  wir  in  10  Minuten  Über  ekie 
sehr  lautere  Kammscharte  auf  eine  etwas  niedrigere, 
mehr  nördlich  gelegene  Spitze,,  12  Uhr  15  (zwischen 
4043  und  4030).  Es  ist  dies  der  Glanzpunkt  der 
ganzen  Besteigung,  ein  wahres  „Lauter"  aarhom.  Wie 
die  Führer  behaupteten,  soll  diese  kleinere  Spitze 
vor  uns  erst  ein  Mal,  am  8.  Juli  1885,  von  Mr.  Wil- 
liam-Williams (A.  C),  aus  Nordamerika,  bestiegen 
worden   sein.  ^)     Ich    fand    dieses   Herrn   Karte  und 

*)  Diese  Spitze  ist  bei  der  Be^eigung  des  Lamteraar- 
kornes  von  Westen  durch  Oakley  Maond,  wahrscheinlich 
schon  1881  betreten  worden.  (A.  J.  XI,  1882/1884,  31.) 


52  £fiii7  Burckhardt 

fugte  die  meinige  bei.  12^  a  Uhr  waren  wir  auf  der 
Haapt8pitze  zurück ,  anf  deren  windstiller  sonniger 
Südseite  *4  Stunden  bei  prachtvollster  Aussicht  ge- 
nußvoll gerastet  wurde.  Verschiedene  englische  Karten 
waren  da;  leider  aber  konnte  ich  die  Wahrzeichen 
der  ersten  und  zweiten  Besteigung  nicht  mehr  auf- 
finden. 1 '  4  Uhr  stiegen  wir  ab  und  waren  schon 
nach  2^2  Stunden,  obwohl  uns  die  unteren  Fim- 
halden  keine  einzige  Rutschpartie  gestatteten,  wieder 
auf  dem  Strahleckgletscher  (3.  45).  Nach  einem  halb- 
stündigen Halte  traten  wir  4. 15  den  Rückweg  über  die 
Strahleck  an  und  trafen  Nachts  10  Uhr  50  in  Grindel- 
wald ein. 

Ich  kann  das  Lauteraarhom  jedem  ordentlichen 
Bergsteiger  warm  empfehlen.  Sehr  mit  unrecht  steht 
es,  angeblich  wegen  SteinföUen  und  fauler  Felsen,  bei 
gewissen  Führern  in  Verruf.  Dem  Bietschhom  gegen- 
über z.  B.  ist  es  ein  Muster  von  Festigkeit,  und  doch 
läßt  sich  durch  die  schlechten  Felsen  Niemand  ab- 
halten,  auf  dieses  an  und  für  sich  schon  ungleich 
schwierigere  Bietschhom,  nach  Oakley  Maund  „the 
rottenest  of  mountains^,  zu  gehen.  Wer  also  in  der 
Wahl  seiner  Berge  eigenen  Willen  und  Selbständig- 
keit besitzt,  mag  das  Groß  -  LauteraarhoYn  machen, 
obschon  es  nicht  Mode  ist  und  nicht  als  fashionabler 
Berg  gilt.     Er  wird  reichlichen  Genuß  davon  haben. 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  PaviUon  DoUfus  (2380"),  2.  30  früh.  Fuß  des 
Lauteraarhomes,  6. — 6  30.  Felsen  der  Südkante,  9. 15—9. 25. 
Kammhöhe,  11  05.  Spitze  I  (4043  "),  12.05.  Spitze  II  (4035«?), 
12.  15—12.  20   Mittags.     Spitze  1 ,    12.  30—1. 15.    Fuß  des 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet.  53 

Lauteraarhornes,  3.45—4.15.  Grindelwald  (989™),  10.50 
Abds.  (Unterwegs  1  Std.  Halt.)  Total  20  Std.  10  M.  Zeit, 
wovon  17  Std.  10  M.  Marsch  und  3  Std.  Rast. 

NB.  Anstatt  vom  Pavillon  Dollfus  aus  kann  das 
Lauteraarhorn  auch  von  der  Schwarzenegghlltte  be- 
stiegen werden,  wobei  dann  über  die  Strahleck  ent- 
weder unser  Anstiegspunkt  erreicht,  oder  direct  vom 
Strahleckpasse  der  Südwestgrat  versucht  werden  kann. 
Eine  Besteigung  direct  von  Schwarzenegg  aus,  über 
den  Schreckfim  und  die  Westseite,  wie  sie  Oakley 
Mannd  1881  gemacht  hat,  mag  Bergsteigern  ge- 
wöhnlichen Schlages  kaum  anzurathen  sein. 

YII.  Der  Berglistock  (8657  ni.).  1867. 

lieber  den  selten  bestiegenen  Berglistock  enthalten 
unsere  Jahrbücher  bis  jetzt  nichts;  die  einzige  Be- 
schreibung in  deutscher  Sprache  ist  meines  Wissens 
die  lebensvolle  Schilderung  der  ersten  Besteigung  des 
Berges,  vom  26.  September  1864,  durch  Prof.  Aeby, 
in  dem  trefflichen  Werke  „das  Hochgebirge  von  Grindel- 
wald.**  1) 

1867  führten  Herr  Ed.  Nötzlin  (S.  A.  C.)  und 
ich  die  zweite  Besteigung  aus,  1868  Mr.  Pollock 
vom  A.  C.  die  dritte.  ^)  Ob  seither  der  Berg  wieder 
bestiegen  wurde,  ist  mir  unbekannt;  jedenfalls,  wenn 
es  der  Fall  gewesen  ist,  nicht  oft.  Studer  sagt  von 
dem  vom  Thale  aus  scheinbar  unbedeutenden,  weil 
weit  zurückliegenden  und  seine  breite  Front  bietenden 


0  „Das  Hochgebirge  von  Grindelwald",  von  Aeby, 
Fellenberg  und  Gerwer,  1865,  101  flf.  ^)  A.  J.  IV,  1868/70, 
156. 


54  Emil  Burckhardt 

Gipfel  treffend:  „Wer  aber  die  Hochfirne  des  oberen 
„Grindel Waldgletschers  überschreitet,  der  blickt,  wenn 
„er  sich  dem  Fuße  des  Berglistocks  nähert,  mit  Staunen 
„zu  den  nackten  Gneißwänden  empor,  welche  der 
„blendend  weißen  Hochfirnebene  himmelhoch  entwachsen 
„und  die  breite  Gipfelfront  desselben  zieren."  ^)  lieber 
unsere  Besteigung  ist  nichts  veröffentlicht  worden; 
die  nachfolgenden  Mittheilungen  sind  zum  größten 
Theile  einem  Berichte  an  die  Section  Basel,  S.  A.  C., 
vom  Jahre  1867,  entnommen. 

Die  Anregung  zu  unserer  Tour  verdanke  ich  Herrn 
Prof.  Aeby  persönlich,  der  mich  aufforderte,  wenn 
ich  einmal  über  den  Lauteraarsattel  gehe,  doch  un- 
fehlbar den  Berglistock  mitzunehmen.  Freilich,  meinte 
er,  sei  dies  ein  sehr  langer  Tag,  und  weiter,  als  vom 
Gleckstein  bis  zum  Pavillon  Dollfus,  würden  wir  nicht 
kommen.  Am  31.  Juli  1867  waren  mein  Freund  Nötzlin 
und  ich,  durch  schlechtes  Wetter  vom  Groß-Viescher- 
horn  zurückgetrieben,  in  Nebel  und  Schneefall  über 
das  Mönchjoch,  wo  damals  noch  keine  Clubhütte  das 
Abwarten  gestattete,  nach  Grindelwald  gekommen,  in 
der  Absicht,  den  Berglistock  und  den  Lauteraarsattel 
zu  machen. 

Unsere  älteren  Freunde  riethen  uns  von  dem  er- 
steren,  der  damals  als  sehr  schwierig  galt  ^),  ab.     Be- 


*;  Stnder  I,  250.  •)  Vgl.  Aeby,  1.  c.  Er  bezeichnet 
den  Berg  als  in  mancher  Beziehung  schwieriger,  als  das 
Schreckhorn,  und  nennt  ihn  „eine  heillose  Kletterei".  Pollock, 
1.  c,  ist  allerdings  mit  diesem  Urtheile  keineswegs  einver- 
standen. Er  schreibt:  „The  rocks  are  mach  brocken,  but 
afford  good  hold  everywhere  and  present  no  serious  difficülty." 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgebiet,  55 

sonders  Herr  Bohren  zam  Adler  und  der  berühmte 
Führer  Peter  Michel,  die  1864  den  ersten  mißlungenen 
Versuch  von  Prof.  Aeby  mitgemacht  und  die  Partie 
dann  als  hoffnungslos  aufgegeben  hatten,  wollten  uns 
•den  Berg  ausreden.  ^)  Sie  erreichten  aber  nur  so  viel, 
daß  wir  zu  unseren  Führern  Peter  Rubi  und  Peter 
Kaufmann  („Grabenpeter")  noch  Peter  Inäbnit  („Spiß- 
peter")  nahmen,  der  mit  Aeby  die  erste  Ersteigung 
gemacht  hatte. 

Nach  l^stägigem  Hegen  klärte  sich  am  Nach- 
mittage des  2.  August  das  Wetter  soweit  auf,  daß  wir 
nach  dem  Gleckstein  gehen  konnten.  In  dem  zwar 
engen,  aber  für  damalige  Ansprüche  recht  ordentlichen 
Höhlenlager,  das  meinem  Freunde  und  mir  von  unserer 
Wetterhorntour  von  1866  her  schon  bekannt  war, 
verbrachten  wir  eine  ganz  behagliche  Nacht.  Bei 
prachtvollem  Wetter,  dem  ersten  schönen  Tage  seit 
iVa  Wochen,  d.  h.  seit  Beginn  unserer  Bergreise, 
brachen  wir  am  3.  August  1867,  Morgens  3^2  Uhr, 
gegen  den  Berglistock  auf.  Der  früher  übliche  Lauter- 
aarsattelweg,  links  über  den  Obergrindelwaldfirn, 
wurde  eingeschlagen.  Der  Gletscher,  den  wir  in  drei 
Viertelstunden  erreichten,  war  in  seinen  unteren  Partien 
gUshart  gefroren  und  verursachte  fast  einstündiges 
Btufenhauen.  Weiter  oben  dagegen  war  er  in  ausge- 
zeichnetem Zustande  und  der  Gang  auf  dem  hart- 
gefrorenen Firne,  in  den  Strahlen  der  Morgensonne, 
kam  uns  trotz  des  weiten  Bogens  gegen  die  Rosenegg 
hin,  zu  dem  Schrunde  uns  zwangen,   wie  ein  wahres 


^)  Aeby,  1.  c,  108. 


56  Emil  Burckhardt. 

Lustwandeln  vor.  Wie  das  Wetter  und  der  Schnee^ 
so  waren  auch  wir,  Herren  und  Führer,  in  trefflicher 
Verfassung  und  zu  Allem  aufgelegt.  Das  Gelingen 
unseres  Planes:  Berglistock  und  Lauteraarsattel  in 
einem  Tage  bis  zur  Grimsel,  wurde  schon  jetzt  al» 
unfehlbar  angesehen.  Nur  der  bedächtige  Spißpeter 
warnte  vor  zu  großer  Zuversicht.  Er  hatte  mit  sehr 
guten  Gängern,  Pfarrer  Gerwer  und  Professor  Aeby,. 
einige  Jahre  zuvor  für  den  Lauteraarsattel  allein  von» 
Gleckstein  zum  Pavillon  DoUfus  einen  Tag  gebraucht.  ^) 
Ebenso  viel  hatte  die  erste  Ersteigung  des  Bergli- 
Stockes,  1864,  vom  Gleckstein  aus  und  zurück  er- 
fordert. 

In  5^/2  Std.,  9  Uhr  früh,  waren  wir  an  unserem 
Angriffspunkte,  dicht  an  der  Westfront  des  Berges, 
am  Fuße  eines  mächtigen  Lawinenkegels.  Spißpeter 
zeigte  uns  Aeby's  Weg:  Ein  steiles  Couloir,  das  fast 
bis  auf  die  Grathöhe  führte,  dann  einige  Felssätze 
und  auf  dem  Grate  links,  nördlich,  zur  Spitze.  ^> 
Die  Steigung  betrug  von  hier  noch  ungefähr  300""» 
Dieser  Weg  sieht ,  wie  mancher  andere,  von  unten 
häßlich  aus ;  bei  näherem  Zusehen  gewinnt  er  bedeu- 
tend und  ist  durchaus  nicht  schlimm. 

Gleich  zum  Beginn  begingen  wir  eine  große  Thor- 
heit.  Obschon  wir  sahen,  daß  der  Lawinenschnee  und 
der  Firn  weiter  unten  mit  Steinen  besäet  war ,  die 
nirgends  anders  als  das  Couloir  herunter  gekommen 
sein  konnten,  lagerten  wir  uns  gerade  da  zum  Früh- 

0  „Hochgeb.  v.  Grindelwald",  30.  ^)  Das  Couloir  ist  auf 
der  Exck.  nicht  sichtbar.  Es  beginnt  unterhalb  der  Zahl  & 
von  „3657". 


Erinnerungen  aus  dem  CluhgebieL  57 

sttickshalte,  in  der  Voraussicht,  daß  so  früh  Morgen» 
überhaupt  kein  Steinfall  eintreten  werde.  Unserem 
beschaulichen  Stillleben  bereiteten  aber  einige  Blöcke^ 
die  mit  Donnergepolter  das  Couloir  hinabjagten,  ein 
jähes  Ende.  Die  frohe  Tafelininde  stob  rechts  und 
links  auseinander  und  das  so  rücksichtslos  gestörte  Mal 
fand  hinter  gehöriger  Deckung  seinen  Abschluß.  Diese 
Warnung  war  sehr  am  Platze,  denn  sie  ließ  uns  dem 
Couloir  nicht  zu  sehr  trauen. 

9  Uhr  35  begannen  wir  den  Aufstieg.  Wir 
hielten  uns  so  lange  wie  möglich  in  den  Felsen,  und 
erst  als  dieselben  anfingen,  mit  einer  unangenehmen 
Eiskruste  bedeckt  zu  sein  —  eine  Folge  der  Regen- 
güsse und  Schneefälle  der  vorangegangenen  Tage  — 
gingen  wir  nothgedrungen  in  das  Couloir  selbst^ 
Dasselbe  war  steil  und  mit  jenem  dunkeln  und  gla- 
sigen Eise  ausgelegt,  von  dem  man,  wie  ein  englischer 
Bergsteiger  ganz  richtig  bemerkt,  so  oft  liest,  das- 
man  aber  so  selten  trifft.  Anderthalb  Stunden  wurden 
von  Rubi,  der  sich  die  Ehre  der  Führung  erbeten  ^ 
Stufen  geschlagen.  Während  dieser  ganzen  Zeit  fiel 
kein  einziger  Stein.  Als  weiter  oben  das  Couloir  sich 
verflachte  und  das  Eis  zu  dünn  wurde,  stiegen  wir 
wieder  über  die  Felsen  empor,  die  hier  zwar  lose, 
aber  trotzdem  nicht  schwierig  waren.  Es  war  fast 
12  Uhr,  als  wir  von  der  Grathöhe  in  das  leuchtende 
Pimmeer  des  Gauli  hinunterblicken  konnten.  Link» 
(nördlich)  über  den  Grat  und  einen  kleinen  schneeigen 
Vorgipfel  erreichten  wir  in  10  Minuten,  12  Uhr  5^ 
die  höchste  Spitze  (B657i°). 

Es  war  eine  apere  Felsspitze  mit  einer  mächtigen 


^8  Emil  Burckhardt 

<jrwächte  gegen  Süden.  Aeby^s  Flagge  fand  sich  in 
einer  Eisschicht  am  Fuß  des  Steinmannes,  von  Steinen 
halb  bedeckt,  vor  und  wurde  neu  aufgezogen.  Klein, 
wie  unser  verwettertes,  zerfetztes  Banner  war,  wurde 
€8  doch  von  Wetterhornbesteigern  bemerkt  und  trug 
«0  die  Kunde  von  unserem  Erfolge  noch  an  demselben 
Tage  nach  Grindelwald. 

Die  Luft  war  mild  und  klar,  die  Aussicht  über 
alle  Maßen  schön  und  unsere  Freude  groß.  Es  waren 
glückliche  Augenblicke,  die  wir  auf  dieser  Spitze  ver- 
lebten, nur  zu  kurz,  wie  alles  Glück.  Nach  einer 
halben  Stunde  schon  mußten  wir  die  Rückkehr  an- 
treten; bis  zur  Grimsel  lag  noch  ein  weiter  Weg 
vor  uns.  12  Uhr  35  wurde  der  Abstieg  begonnen, 
und  einige  Minuten  vor  drei  Uhr  waren  wir  unten  bei 
unserem  Gepäck. 

Die  nassen  Felsen  und  das  thauende  Eis  in  der 
Kehle  hatten  diesen  im  Vergleiche  zum  Aufstiege 
unverhältnißmäßigen  Zeitaufwand  verursacht.  Dies- 
mal fielen  im  Couloir  einige,  aber  unschädliche, 
Steine. 

Noch  blieb  uns  der  Lauteraarsattel  zu  überschreiten. 
Damals  ging  man  anders,  als  jetzt,  nicht  an  der  tiefsten 
Einsenkung  in  der  Mitte  des  Sattels,  bei  3156,  durch 
4ie  Schneelücke,  sondern  höher,  mehr  nördlich,  nahe 
am  Berglistock.  Aeby  und  Gerwer  hatten  vor  einigen 
Jahren  den  Fehler  begangen,  zu  weit  südlich  den 
üebergang  zu  versuchen,  und  waren  drei  Stunden  in 
der  Wand  des  Sattels  gewesen.^)    Rubi,  obschon  ihm 


i)  Hochgob.  V.  Grindelwald.  36/37. 


JErinnerungen  aus  dem  Glvhgebiet  59 

der  Paß  neu  war,  fand  dicht  am  Berglistock  einen 
prächtigen  Abstieg  über  die  Felswand,  der  unschwierig 
zum  Lauteraarfirne  herunterführt,  und  am  Fuße  der- 
selben eine  gute  Brücke  über  den  weit  klaffenden  Berg- 
schmnd. 

13  Jahre  später  sollte  der  Mann,  der  uns  so  sicher 
und  ruhig  führte,  unfern  von  dieser  Stelle  mit  zwei 
Gefährten  sein  Ende  finden,  und  wiederum  in  den 
ersten  Augusttagen  —  1880  —  war  es,  als  ich  den 
Lauteraarsattel  überschritt,  um  nach  den  Verun- 
glückten zu  suchen.  Dent  hat  Recht:  „The  glaciers 
are  melting  away,  the  rock  peaks  crumble ;  the  band 
of  change  and  death  is  everywhere."  ^) 

Gegen  4  ühr  waren  wir  auf  dem  Lauteraarfirne 
und  in  lebhaftem  Gange  Abends  8  Uhr  40  auf  der 
GrimseL  Wir  hatten  den  einzigen  schönen  Tag  gut 
angewandt.  Schon  in  der  Nacht  trat  wieder  schlechtes 
Wetter  ein,  das  uns  einen  Tag,  4.  August,  auf  der 
Grimsel  festhielt  und  am  5.  über  das  Finsteraar- 
joeh  (3340°»)  nach  Grindel wald  zurücktrieb.  Dieser 
damals  sehr   selten   begangene  Paß^)  war  den  Füh- 

0  A.  J.  X.  1880/82,  231,  „in  memoriam  E.  P.  Jackson.« 
*)  Daa  Finsteraarjoch,  einer  der  schönsten  Pässe  der 
Bemeralpen,  wird  auch  in  neuerer  Zeit  noch  viel  zu  wenig 
beachtet.  Wie  unter  den  Grindelwald -Eggischhornpässen 
(Jungfrau-,  Eiger-  und  Mönchjoch)  das  Jungfraiyoch ,  so 
lümmt  unter  den  Grindelwald-Grimselpässen  (Finsteraarjoeh, 
Strahleck  und  Lauteraarsattel)  das  Finsteraarjoeh  meiner 
Ansicht  nach  die  erste  Stelle  ein.  Langjährige  praktische 
Kenntniß  dieser  Hochpässe  —  ich  überschritt  das  Jungfrau- 
und  Eigerjoch  je  ein  Mal,  Mönchjoch  elf,  Finsteraarjoeh  vier, 
Strahleck  fünf,  Lauteraarsattel  drei  Mal  —  liegt  diesem 
meinem  Urtheile  zu  Grunde. 


60  Emil  BurcJchardt 

rem  so  unbekannt  wie  uns,  und  wir  hatten  im  Nebel 
und  Regen  Mühe,  uns  richtig  durchzufinden.  Es  muß 
eine  der  ersten  Ueberschreitungen  durch  Schweizer 
Bergsteiger  gewesen  sein.  Den  Berglistock  und  den 
€  alten »  Lauteraarsattel,  wie  ich  ihn  zum  Unter- 
schiede vom  jetzigen,  dem  <  neuen -^^  nennen  möchte, 
behalte  ich  in  guter  und  schöner  Erinnerung. 

Unsere  Zeiten  waren: 

Ab  Gleckstein  (2300"^)  3.  30  früh.  Berglistock  -  Fnß 
9.-9.  35.  Berglistock  (3657«)  12.  05—12.  35  Mittags.  Bergli- 
stock-Fuß  2.  55  —  3.  05.  Lauteraarfim  3.  55.  Unteraargl. 
5.  50—6.  10.  Grimsel  (1875»)  8.  40  Abds.  Total:  17  Std. 
10  M.  Zeit,  wovon  15  Std.  35  M.  Marsch  und  1  Stde.  35  M.  Rast. 


Meine  Notizen,  denn  etwas  Anderes  sollen  sie  nicht 
sein,  sind  für  meine  Collegen  vom  S.  A.  C.  bestimmt^ 
als  ein  schweizerischer  Originalbeitrag  aus  dem  Club- 
gebiete. Anforderungen,  wie  sie  der  englische  Climber^ 
oder  der  Hochalpinist  der  neudeutschen  Schule  stellt^ 
wollen  und  können  sie  nicht  gerecht  werden.  Unreifer^ 
verflachender  Dilettantismus  und  bis  zur  handwerks- 
mäßigen Vervollkommnung  getriebener  Klettersport 
sind  in  unseren  Tagen  der  Bergsteigerei,  wie  sie  uns 
die  Grtinder  unseres  Vereines  gelehrt  haben,  gleich 
gefährlich  geworden.  Möge  es  uns  Schweizer  Clubisten 
gelingen,  im  Sinne  der  Veteranen  des  S.  A.  C,  das 
Eichtige  zu  finden  und  uns  so  möglichst  unabhängig 
zu  stellen  von  ausländischen,  für  uns  keineswegs  pas- 
senden Einflüssen  der  Tagesmode,  die  auch  im  Berg- 
steigen ihre  allgewaltige  Herrschaft  übt.  Mögen 
wir  bedenken,  daß  technische  Kunstfertigkeit,  so  sehr 


Erinnerungen  aus  dem  Clubgehiet  61 

^r  dieselbe  auch  bewundern  und  vielleicht  beneiden, 
an  und  für  sich  noch  nicht  den  Bergsteiger  macht. 
Die  Liebe  zu  den  Bergen,  die  tiefinnere  Befriedigung, 
welche  sie  uns  mit  ihren  unerschöpflichen,  immer  neuen 
Eeizen  gewähren,  ist  das  Entscheidende.  Nur  wenn 
dieses  ethische  Moment,  wie  Zsigmondy  so  schön  sagt, 
uns  beseelt,  werden  wir  Bergsteiger  im  Geiste  Derer 
sein,  welche  vor  bald  einem  Vierteljahrhundert  unsere 
alpine  Körperschaft  in's  Leben  riefen. 


Ein  photographischer  Streifzug  Im  Ciubgebiet 

(Topographenleben  im  Hochgebirge.  *) 

Von 

S.  Simon  (Section  Uto). 

Wer  kennt  sie  nicht,  die  majestätische  Jungfrau^ 
deren  schimmerndes  Eisgewand  so  wundersam  in's 
herrliche  Interlakener  Bödeli  hinausleuchtet,  daß  e& 
jeden  Clubisten  von  achtem  Schrot  und  Korn  nur  so 
juckt,  den  Fuß  auf  ihr  stolzes  Haupt  zu  setzen! 

In  wilden  Hängen  stürzt  sie  nordwärts  zu  Thal,, 
so  vielfach  beschrieben  und  besungen,  daß  der  Leser 
gerne  die  Details  missen  wird. 

Nicht  so  schroff,  aber  in  anderem  Sinne  ebenso 
imposant,  dacht  sie  sich  nach  Süden  ab,  entsendet  sie 
doch  auf  dieser  Seite  ihre  Pirnlager  in  die  Mulde  des 
großen  Aletschgletschers ,  des  weitaus  größten  der 
Alpen,  von  dessen  gewaltigen  Eismassen  der  Leser 
eine  annähernde  Vorstellung  erhält,  wenn  er  be- 
denkt, daß  dieser  einzige  Gletscher,  in  Blöcke  von 
der  Größe  des  Hotels  Jungfraublick  in  Interlaken  zer- 


^)  Hiezu  die  Beilage:   Das  Panorama  vom  Trugberg. 


Ein  photographischer  Streif zug  im  Clubgebiet       63^ 

legt;  genügen  würde,  um  den  Aeqnator  mit  einem* 
continnirlichen  Eisgürtel  zu  umspannen.  Infolge  dessen 
tritt  anch  der  Gletscherbach,  die  Massa,  als  gehöriger 
Fluß  zu  Tage,  und  schlägt  sich  wildschäumend  durch 
tausend  Felsengebilde  in  enggesägter  Erosionsschlucht,, 
umrahmt  von  prächtigen,  tannbewehrten  Gletscher- 
schliffen,  bis  hinaus  zur  jungen  Rhone,  mit  dieser 
zum  Thalstieg  sich  einend. 

Doch  wozu  der  vielen  Worte  —  sagt  doch  ein 
einziger  Blick  auf  die  Karte  tausend  Mal  mehr!  Nehmen 
wir  diese,  die  Excursionskarte  dieses  Jahrbuches,  zur 
Hand  und  steigen  wir  im  Geiste  hinauf  in  die  Eis- 
gefilde  des  großen  Aletschgletschers,  bis  zur  Ooncordia- 
hötte,  dem  Ausgangspunkte  für  alle  größeren  Excur- 
sionen  in  diesem  Gebiete. 

Es  ist  der  14.  Juli  1885  und  kein  glanzvoller  Tag* 
Lautlose  Stille  herrscht  ringsumher,  nur  dann  und 
wann  fegt  frostkalt  ein  Windstoß  über  die  endlosen 
Eisflächen  mit  jenem  eigenthümlichen,  stimmungsvollen 
Rauschen,  das  nur  der  kennt,  der  selbst  im  Hoch- 
gebirge gewandert. 

Lustig  wirbelt  der  Schnee  umher,  doch  ist  das 
Schneegestöber  nicht  so  dicht,  daß  es  die  Aussicht 
gänzlich  hemmte ;  nein,  wir  ahnen  noch  die  eisumlagerten 
Formen  der  Jungfrau,  des  Dreieckhorns,  der  ebenen 
Fluh  und  wie  sie  alle  heißem,  durch  den  wechselnd 
dichten  Schleier  des  Schneegestöbers. 

Da!  Horch!  War  das  nicht  ein  femer  „Juchz" ? 
Ihr  haltet  schützend  die  Hand  vor  die  Augen  und  spähet 
ftcbarf  in  der  Richtung  des  Märjelensee's  hinaus,  da 
seht  Ihr  langsam,  ameisenartig  drei  Punkte  sich  ^t^evt 


^4  S.  Simon, 

Euch  bewegen.  Es  sind  drei  Männer,  die  der  Clubhtitte 
zustreben.  Näher  und  näher  kommen  sie,  schon  seht  Ihr 
«ie  hurtigen  Laufes  die  klaffenden  Spalten  überspringen. 
Kastlos  streben  sie  weiter,  schon  schlagen  sie  sich 
mit  zischender  Eisaxt  durch  das  Spaltenwirrwarr  unter 
der  Hütte,  schon  haben  sie  die  Schrunde  hinter  sich 
^nd  steigen  wetteifernd  die  steile  Halde  vor  der  Club- 
hütte hinan. 

Ei  der  Kukuk !  Da  der  Eine  ist  Euch  ja  vielleicht 
«chon  vorgestellt  worden  als  Säger,  Müller,  Schreiner, 
Meßgehülfe,  Portier,  Führer,  Vater  von  11  Kindern  etc., 
ja,  ja,  er  ist's,  es  ist  Tischhauser !  ^)  Gestattet  nach 
herzlicher  Begrüßung  dem  wackeren  Mann,  Euch  auch 
4ie  Anderen  vorzustellen.  Und  Tischhauser  beginnt 
ohne  Umschweife: 

„Der  Andere  hier  ist  auch  ein  vielseitiger  Mensch, 
«in  Basler,  dabei  ein  hübscher,  junger  Bursche,  wie 
ihr  seht.  Er  arbeitet  an  den  topographischen  Vor- 
arbeiten zu  einem  Präzisionsrelief  des  Berner  Ober- 
landes, ist  jedoch  sonst  seines  Zeichens  —  Hafner! 
Dies  hindert  ihn  aber  nicht,  auf  den  Basler  Brettern, 
die  die  Welt  bedeuten,  als  Volksverführer,  und  in  mehr 
oder  weniger  stummen  SpezialroUen,  die  ein  hübsches 
Aeußeres  erfordern,  entscheidend  in  den  Lauf  der 
^Zeiten  einzugreifen.  Und  damit  der  Basler  ganz  vollendet 
«ei,  heißt  der  junge  Mann  zum  Ueberfluß  noch  Merian, 
Emil  Merian. 

In  seinem  ganzen  Leben  war  Merian  noch  nie  in  den 


^)  Johannes  Tischhauser  aus  Sevelen,  ein  trefflicher 
Piihrer  aus  dem  St.  Galler  Oberlande,  der  beste  Zögling  der 
von  mir  seiner  Zeit  geleiteten  Führerschule.       .  S,  Simon, 


Ein  photographischer  Streifzug  im  Cluhgebiet.       65 

Bergen  und  verdankt  diese  erstmalige  Gelegenheit 
dort  dem  trotz  Schneegestöber  hemdärmeligen,  nackt- 
wadigen,  verwahrlosten  Subjecte,  das  im  Dienste  des 
^idg.  topographischen  Btireau's  hier  oben  für  mehrere 
Wochen  sein  Unwesen  treiben  wird,  dem  Schreiber 
dieser  Zeilen." 

Aber  was  ist  das!  Dort  hinten  kommt  ja  noch 
-eine  ganze  Colonne  den  Gletscher  empor:  Zwei,  vier, 
sechs!  Richtig!  Es  sind  unsere  Träger,  sechs  Mann, 
die  uns  Holz,  Proviant,  Decken  und  das  Plattenmaterial 
vom  Hotel  Jungfrau  am  Eggishorn  heraufbringen.  Sie 
haben  gut  geladen,  die  aimen  Bursche,  jeder  bedeu- 
tend über  einen  halben  Zentner.  Wir  selbst  kommen 
heute  mit  unseren  auch  nicht  allzu  leichten  Tornistern 
von  Viesch  herauf.  Langsam,  doch  stetig,  kommt  die 
Trägerkaravane  zur  Clubhtitte  emporgestiegen.  Er- 
schöpft stellen  die  Leute  ihre  Last  ab.  Die  ClubhUtten- 
thtire  wird  geschlossen,  es  dunkelt  bereits,  unstet 
pfeift  stoßweise  der  Wind  um  die  Hütte.  Die  Eis- 
iaainen  donnern  vom  Dreieckhorn  krachend  heniieder, 
da  sitzen  wir  Alle  ganz  urgemüthlich  hinter  dampfen- 
dem Mokka  und  freuen  uns  des  Daseins  und  plaudern 
und  lachen,  bis  mälig  Alle  das  Lager  beziehen. 

Gar  bald  verräth  das  ruhige  rhythmische  Athmen, 
daß  Alle  Gott  Morpheus  umfangen,  und  Jeder  opfert 
ihm :  Der  mit  kaum  hörbaren  Hauche,  Jener  mit  Kraft 
und  Feuer  und  Nachdruck  gleich  Sägemtihlengerassel. 

Es  ist  noch  dunkle  Nacht,  da  erhebt  sich's  in  der 
Führerabtheilung  der  Hütte:  sie  spähen  nach  dem 
Wetter  aus. 

„Wie  gsehfs  dri?"  ertönVs  schläfrig  von  der 
Pritsche  der  Chibistenseite !  „Schlecht,  es  regnet!" 


66  S.  Simon. 

j,So!  do  schlofe  mer  witer!'^ 

Im  Halbschlummer  vernehmen  wir  noch  vielstimmig' 
die  Worte:  „Adie,  mer  danke  denn!"  und  munkeln 
schlaftrunken  selbst  etwas  Aehnliches,  da  hören  wir 
die  äußere  Thtire  aufgehen,  es  sind  unsere  secha 
Träger,  die  nach  dem  Hotel  Jungfrau  heimziehen. 

Es  beginnt  zu  tagen.  Mißmuthig  schleichen  trübe 
Nebel  den  Gehängen  entlang,  indeß  wir  unsern  photo- 
graphischen Apparat  in  Kriegsbereitschaft  setzen,  die 
Chassis  laden  und  die  Clubhtitte  in  Stand  setzen. 
Um  allen  Eventualitäten  gerecht  zu  werden,  treffen 
wir  zugleich  Vorbereitungen  für  den  kommenden  Tag; 
doch  ohne  große  Hoffnungen  sehen  wir  ihm  entgegen» 

Wider  Erwarten  hellt  es  aber  gegen  Abfend  so 
entschieden  auf,  daß  ich  meine  beiden  Gehülfen  avisire, 
sich  für  morgen  auf  eine  allfällige  Besteigung  der 
Jungfrau  gefaßt  zu  machen  und  die  entsprechenden 
Dispositionen  zu  treffen. 

Es  ist  etwas  nach  Mitternacht,  da  erhebe  ich  mich^ 
schlage  Lärm  und  beharre  darauf,  sofort  die  Vor- 
bereitungen zum  Abmärsche  zu  treffen.  Nach  etwelchem 
passiven  Widerstände  und  dem  Ausstoßen  einiger  un- 
qualifizirbarer  aber  vielsagender  Laute,  die  noch  nicht 
bleibend  in  den  deutschen  Sprachschatz  übergegangen 
sind,  erheben  sich  nach  und  nach  auch  meine  beiden 
Genossen,  und  um  1  Uhr  30  Min.  treten  wir  zum 
Abmarsch  aus  der  Hütte. 

Kein  Wölklein  am  tiefblauen  Himmel !  Verheißungs- 
voll blinken  die  Sterne  funkelnd  hernieder.  Ein  lang- 
gedehnter Juchz  dringt  grüßend  zur  Jungfrau  hinüber! 

Das  Laternchen  wird  entzündet.    Wir  binden  uns 


Ein  photographischer  Streif zii^  im  Clubgebiet.       67 

an's  Seil,  und  Freund  Tischhauser  mit  seinen  Katzen- 
augen tibernimmt  die  Führung  über  die  Felsen  hinunter 
auf  den  ebenen  Firn.  Ihm  folgt  Merian,  ich  bilde  den 
Schluß.  Jeder  trägt  seinen  währschaften  Tornister. 
Eüstig  geht  es  hinüber  zur  Grüneckmoräne  und  über 
diese  hinaus  auf  den  Jungfraufirn. 

Gleich  einem  Irrlicht  strebt  Tischhauser  mit  dem 
unsichere,  huschende  Streiflichter  werfenden  Laternchen 
jungfrauwärts,  direct  dem  Ostausläufer  des  Roththal- 
homes  zu.  Der  Firn  zeigt  keine  Spalten,  und  aus  der 
ganzen  Configuration  der  Mulde  schließen  wir,  daß 
noch  auf  geraume  Zeit  keine  solchen  sich  finden  werden. 

Hei!  ist  das  ein  prächtiges  Wandern  über  den 
knarrenden  Schnee  in  belebender  Morgenfrische.  Und 
immer  näher  rückt  die  Jungfrau  heran,  und  höher  und 
höher  wächst  sie  dämonisch  empor,  und  Kranzberg 
und  Trugberg  bleiben  mälig  zurück. 

Prophetisch  erscheinen  die  Vorboten  des  nahen 
Tages.  Im  Osten  dämmert  es  mehr  und  mehr,  immer 
lichter  und  lichter  wird's.  Es  waltet  jenes  ahnungs- 
volle Wehen  und  Weben,  jenes  Ringen  nach  Licht, 
nach  Klarheit,  das  uns  stets  mächtig  die  Seele  erfaßt. 

Doch  siehe  da !  es  wächst  die  Steilheit  des  Firns, 
riesige,  weiche  Firnspalten  klaffen  weitspannend  uns 
an,  da  übernehme  ich  selbst  die  Führung. 

Keiner  von  uns  hat  je  die  Jungfrau  von  dieser 
Seite  gesehen.  Tischhauser  möchte  über  das  Roththal- 
hom  die  Besteigung  versuchen.  Merian  hat  noch  gar 
kein  Urtheil;  er  war  überhaupt  noch  nie  in  den  Bergen, 
als  im  Theater,  und  kennt  die  Alpen  bis  dato  blos 
von  dort  und  vom  Hörensagen. 


68  Ä  Simon, 

Ich  selbst  ziehe  vor,  das  Roththalhorn  zu  umgehen 
und  dem  Roththalsattel  zuzustreben,  von  dort  führt 
ohne  große  Wahl  eine  Eiskante  direet  zum  Gipfel. 

Die  Steigeisen  werden  angeschnallt,  und  schneidig 
geht  es,  durch  riesige  Spalten  lavirend,  um*s  Roth- 
thalhorn herum  und  den  grandiosen  Circus  hinan,  der 
von  den  Eishängen  der  Jungfrau  und  des  Roththal- 
homs  umschlossen  wird.  Wildgethtlrmte,  phantastische 
Eisgebilde  hängen  sturzdrohend  an  den  jähen  Flanken, 
dem  Fels  nur  in  den  Wänden  der  Jungfrau  Durch- 
blick gewährend.  Ueber  riesige,  eisharte  Lauinen- 
trtimmer  geht  es  stetig  empor,  da  wird  die  Böschung 
so  steil,  daß  das  Eisbeil  von  Nöthen. 

Mit  Macht  zieht  der  junge  Tag  heran.  Schon 
ahnen  wir  die  Sonne  an  der  duftigen  Glorie,  die  sich 
drüben  hinter  dem  Mönchjoche  verheißungsvoll  über 
das  Firmament  ergießt.  Da  zuckt  es  jählings  auf 
am  Gipfel  der  Jungfrau,  weißglühend,  lichtfluthend ; 
die  Sonne  schlägt  an. 

Und  tiefer  und  tiefer  steigt  das  Lichtmeer  her- 
nieder, schon  werden  auch  wir  von  ihm  umfluthet. 
Die  ganze,  wunderbare  Pracht  der  frostglitzemden 
Hoch  weit   entfaltet  sich  in  überwältigender  Majestät. 

Kein  Lüftlein  haucht,  kein  Laut  der  Lebewelt 
dringt  zu  uns  empor.  Nur  unsere  Eisaxt  zischt  rhyth- 
misch im  stiebenden  Eise;  sonst  herrscht  jene  hoch- 
weltliche Stille,  die  zu  bewundernder  Andacht  hinreißt. 

In  dieser  Stimmung  dringen  wir  stetig  empor; 
schon  naht  der  gewaltige  Bergschrund  des  Roththal- 
sattels, schon  stehen  wir  unter  ihm  und  bestaunen 
stumm  die  jenseitige,  sturzdrohende,  von  tausend  fun- 


Ein  photographischer  Streif zu>g  im  Clu>bgebiet,        69 

kelnden  phantastischen  Eiszapfen  umfranste  Eis  wand. 
Schon  traversire  ich,  eidechsenartig  kriechend,  sorg- 
sam die  luftige  Schneebrtlcke,  die  über  den  Schrund 
direct  auf  den  Sattel  führt,  indeß  Tischhauser  und 
Merian  diesseits  Posto  fassen,  um  zu  halten,  falls  die 
Brücke  unter  mir  brechen  sollte. 

Sie  hält !  Meine  Gefährten  folgen  nach,  und  über- 
wältigt schauen  wir  vom  Sattel  in  die  grandiosen 
Scenerien  des  schwindelnd  tiefen  Roththals  hernieder. 
Ein  langgezogener  Juchz  dringt  lebensfreudig  in  dieses 
hinaus,  mälig  verklingend. 

Nicht  weit  über  dem  Sattel  ragt  Fels  aus  dem 
Firn  der  Jungfrau  hervor ;  stufenhauend  steigen  wir  zu 
diesem  empor,  bis  sich  ein  geeigneter  Rastplatz  bietet. 
Es  ist  ein  herrlicher  Punkt,  ein  Plätzlein  zum  Gesunden, 
und  mancher  in  sich  selbst  zerfallenen,  brachliegenden 
Existenz,  könnte  sie  sich  einmal  zu  frischfröhlichem 
Wagen  entflammen,  würde  an  solcher  Stelle  neue 
Kraft,  neue  Lebenslust,  neue  Schaffensfreude  erblühen. 

Die  Aussicht  ist  überwältigend  grandios.  Die  Karte, 
etwas  Vertrautheit  mit  dem  Hochgebirge  und  etwas 
disciplinirte  Phantasie  gewähren  uns  eine  bessere  Vor- 
stellung als  die  weitläufigste  Beschreibung.  Klar  liegt 
der  Anstieg  vor  uns,  und  um  mich  nicht  allzu  sehr  zu 
ermüden,  übergebe  ich  Tischhauser  die  Führung,  habe 
ich  doch  bis  hieher  gegen  tausend  Stufen  gehauen. 
Flott  haut  nun  Tischhauser  seinerseits  die  Stufen,  die 
Merian  und  ich  für  den  Niederstieg  erweitem. 

Nach  langer  Hackerei  stehen  wir  auf  den  höchsten 
Felsen.  Ein  schwindelnder  Eisgrat  zieht  sieh  zur  letzten 
Schneide  empor,    die   sich  schlank  und  luftig  in  den 


70  S.  Simon. 

blauen  Aether  emporschwingt.  Links  schießt  die  Eis- 
wand kirchdachjäh  zur  Silberhornmulde ,  rechts  zum 
Jungfraufirn  des  Aletschgletschers  hernieder. 

^Dört  cha  me  nit  photographiere!''  schallt's  ein- 
stimmig aus  dem  Munde  meiner  Begleiter.  „Aber  do 
seht  me  jo  nit!"  ist  meine  Antwort,  und  ohne  lange 
Redensarten  trete  ich  an  die  Spitze  unserer  Colonne 
und  haue  direct  auf  schwindelnder  Eiskante  balancirend 
rüstig  Stufen  in  diese. 

Für  Tischhauser  und  mich  kann  ich  garantiren, 
daß  wir  nicht  ausgleiten  oder  schwindlig  werden,  und 
sollte  Merian  auf  die  eine  Seite  ausgleiten,  so  hätte 
Tischhauser  sogleich  zur  Balance  auf  die  andere  Seite 
zu  plumpsen ;  das  sind  unsere  knappen  Dispositionen. 

Merian  hat  sich  bis  dato  sehr  brav  gehalten,  ist 
es  doch  nicht  gerade  Jedermann's  Sache,  als  erste 
Bergtour  die  Jungfrau  niit  einem  Tornister  von  der 
Schwere  eines  Militärtornisters  zu  bewältigen.  Tisch- 
hauser und  ich  haben  analoge  Rtickenwärmer ,  denn 
unser  Instrument  fällt  in's  Gewicht. 

Das  Seil  zwischen  mir  und  Merian,  15™,  ist  ge- 
spannt, und  Sache  Merian's  ist  es  nun,  sein  alpines 
Meisterstück  zu  liefern  und  mir  von  den  Felsen  auf 
die  Firnkante  zu  folgen.  Nicht  ohne  einiges  Bangen 
schaut  er  in  die  beidseitigen  Tiefen;  es  zieht  ihm 
die  Beine  zusammen,  als  ob  er  Krämpfe  bekomme 
und  auf  die  Schneide  absitzen  wolle. 

Ich  habe  mich  umgedreht,  um  auf  Alles  scharf 
aufpassen  zu  können:  „Nur  ufrecht,  nit  absitze,  s'goht 
viel  besser!"  ist  mein  Trost.  „Nur  d'Füeß  guet  igsetzt 
und  immer  in  d'Stuefe  gluegt!" 


I 


Ein  photographischer  Streif zug  im  Clubgebiet.         71 

Die  Beine  Merian's  strecken  sich  wieder,  und  auf- 
recht folgt  er  mir  nach.  Es  geht  ganz  ordentlich. 
^Brav  e  so!"  ist  Tischhauser's  Bemerkung,  und  dieser 
vertrauend  haue  ich,  ohne  mich  weiter  umzusehen,  rüstig 
die  Stufen  bis  zum  Gipfel.  Merian  und  Tischhauser 
folgen  ruhig  und  sicher  nach. 

Der  höchste  Punkt  liegt  unter  mir,  doch  hier  ist 
keines  Bleibens,  kaum  gewährt  er  mir  Raum  zum 
Aufrechtstehen !  Aber  wollen  wir  hier  photographiren, 
80  bleibt  keine  Wahl,  als  den  Gipfel  um  so  viel  ab- 
zunehmen, bis  die  Schnittfläche  genügt,  um  das  In- 
strument aufzustellen. 

Wir  hauen  für  Merian  und  jeden  Tornister  eine 
große  Stufe  in's  Eis,  dann  beginnen  Tischhauser  und 
ich  die  Enthauptung  der  Jungfrau. 

Volle  anderthalb  Stunden  haben  wir  aus  Leibes- 
kräften drauflosgehauen.  Die  Jungfrau  ist  etwa  l  ^'2  ^ 
TÜedriger  geworden  —  da  scheint  der  Raum  zu  ge- 
nügen. Das  Instrument  wird  aufgestellt,  die  Füße 
werden  in  das  großblasige,  brüchige  Firneis  gestemmt, 
dann  geht  es  an's  Photographiren.  Tischhauser  und 
ich  operiren  mit  dem  Instrumente,  indeß  Merian  von 
seinem  Platze  aus  die  Chassis  übermittelt  und  wieder 
deponirt.  Jeder  hat  vollauf  zu  thun  und  nicht  ohne 
«eiltänzerische  Evolutionen  wird  glücklich  in  einer 
weiteren  halben  Stunde  die  Hochgebirgsrundsicht  in 
6  Platten  aufgenommen.  An's  Trianguliren  ist  des 
knappen  Raumes  und  hauptsächlich  des  schon  seit 
einigen  Stunden  sich  immer  kräftiger  entwickelnden 
Windes  wegen  nicht  zu  denken,  und  so  treten  wir, 
nachdem  uns  der  eisige  Luftstrom  durch  und  durch 
ausgekühlt,  um  1  Uhr  10  Min.  den  Rückweg  an. 


72  S,  Simon, 

Vorsichtig  geht  es  in  den  Stufen  hinunter  zum 
Roththalsattel,  und  ohne  Halt  weiter  über  hüftentief 
erweichte  Schneebrücken  und  bodenlose  Firnfeldw 
nach  dem  Jungfraufirn.  Erdrückend  heiß,  fast  unaus- 
stehlich umbrütet  uns  die  allseitig  reflectirte  Sonnen- 
gluth.  Die  Gesichtshaut  ist  total  geröstet,  trotzdem 
werden  noch  2  Platten  exponirt. 

Nun  folgt  der  spaltenlose  Gletscher.  Das  Seil 
wird  aufgerollt,  dann  traben  wir  etwas  abgespannt 
der  Hütte  zu,  die  wir  etwa  um  8  Uhr  erreichen. 

Das  Nachtessen,  Kaffee  mit  condensirter  Milch 
und  „Tatsch",  schmeckte  vortrefflich  und  nicht  minder 
auch  die  Nachtruhe. 

Etwas  abgespannt  vom  gestrigen  Tagewerke,  treten 
wir  am  17.  erst  9^^2  Uhr  Morgens  an.  Die  nassen 
Kleider  und  Effecten  werden  getrocknet,  und  schließ- 
lich wird  von  der  Hütte  aus  triangulirt. 

Während  der  Arbeit  sehen  wir  eine  Karavane  von 
6  Mann  der  Hütte  zustreben,  und  zu  meiner  Freude 
entpuppt  sich  diese ,  meine  Ahnung  bestätigend ,  ala 
die  photographische  Expedition  Sella^s.  Gar  bald 
haben  wir  gute  Bekanntschaft  geschlossen  und  ent- 
schließen uns  dazu,  in  Zukunft  so  viel  als  möglich 
gemeinsam  zu  handeln.  Es  wird  denn  auch  für  den 
folgenden  Tag  gemeinsame  Fahrt  auf  das  Finster- 
aarhorn  in  Aussicht  genommen.  Nach  einem  urgemüth- 
lichen  Abend  wird  das  Lager  bezogen  und  Alle  schlafen 
herrlich  und  in  Freuden. 

Gegen  Mitternacht  erhebt  sich  Freund  Tischhansery 
um  nach  dem  Wetter  „auszulugen'*.  Es  sieht  nicht 
vielverheißend   drein!    Wild   wogt   der  Nebelschleier 


Ein  photographischer  Streifzug  im  Cluhgebiet,       7$ 

um  die  Jungfrau  uud  dröhnend  gehen  die  Eislauinen 
vom  Dreieckhorn  zu  Thal.  Kleinlaut  kriecht  unser 
Späher  nach  kurzem  Berichte  wieder  auf  seine 
Matraze.  Nun  erhebt  sich  Vittorio  Sella,  füllt  seine 
Chassis;  auch  ich  erhebe  mich,  um  mir  ein  eigenes 
Crtheil  über  die  Witterung  zu  bilden.  Wie  freue  ich 
mich,  das  gethan  zu  haben! 

Fem  drunten  in  Italien  tobt  ein  grandioses  Ge- 
witter. Hiesige  Haufenwolken  ballen  sich  um  die 
Walliser  Alpen,  glühende  Blitze  blendend  entsendend,, 
daß  sieh  die  Berge  gleich  schwarzen  Dämonen  vom 
Goldgrund  der  aufleuchtenden  Wetterwolke  abheben. 
Alles  umrahmt  vom  Becken  des  Aletschgletschers^ 
über  das  hinaus  wir  wie  auf  einer  Bühne  den  Riesen- 
kampf der  entfesselten  Naturkräfte  sich  abspiele» 
sehen.  Wohl  eine  Stunde  lang  schauen  wir  dem  herr- 
lichen Schauspiel  zu,  und  da  wir  sehen,  daß  die 
Gewitterzone  stationär  bleibt,  so  entschließen  wir 
nns,  in  Anbetracht  der  vorgerückten  Zeit,  zu  etwaa 
Kleinerem  —  zum  Faulberg. 

2  Uhr  40  Min.  erfolgt  der  Abmarsch,  und  da  es 
hloß  eine  Stunde  bis  zum  Faulberggipfel  ist,  so  nimmt 
unsere  Expedition  keinen  Proviant  mit,  um  so  mehr^ 
als  wir  schon  Vormittags  zurückzukehren  gedenken^ 
um  Nachmittags  dem  Ausläufer  des  Dreieckhorns  einen 
B«8uch  abzustatten. 

Ich  lasse  Sella  mit  seiner  Expedition  den  Vortritt, 
UDd  es  führt  mit  meinem  Laternchen  Moritz  Salzmann, 
ein  sympathischer  Mann  und  wackerer  Führer,  die 
erste  Partie,  indeß  ich  selbst  die  Führung  unserer 
Expedition  übernehme. 


74  5.  Simon. 

Haarscharf,  wie  ich  den  Weg  ZHm  Trugberg  dem 
«IneD  Träger  Sella'a  als  wahrscheinlich  beschrieb, 
flthrte  uns  Moritz  trngbergwärts.  Schon  nach  den 
«rsten  Schritten  erkannte  ich,  daß  es  nicht  dem  Faul- 
berg, sondern  dem  Trugberg  gelte  —  sagte  das  auch 
sofort  Vittorio  Sella,  mit  dem  Bemerken,  daß  wir  ohne 
jeden  Proviant  seien,  jedoch  nichtsdestoweniger  die 
Partie  ausfechten  würden. 

Lnstig   geht  es  anfwärts.     Erst   durch    den   sehr 
interessanten  Gletscherbruch  des  Ewigschneefirns  über 
kuhngebaute  Eisthtlrme  hinüber  zur  Moräne  des  Trug- 
bergfirnes,  dann  dieser  entlang  zu  einem  auffallenden 
Schneeflecke  und  über  diesen  empor  zu  steilgethürmten 
Felsen,  die  eine  allerliebste,  gefahrlose  Kletterei  ver- 
ursachen.    Bald  stehen    wir    oben    auf  dem  Schnee- 
plateau  des  Trugbergea  und  eilen  stetigen  Sehrittes, 
mächtige  Spalten   anf  luftigen  Brllcken   traversirend, 
n  Gipfel  zu.  Lustig  schlägt  Moritz  diesen  empor  die 
ifen,  und  schon  6  Uhr  35  Min.  haben  wir  den  SUdglpfel 
ter  den  Füßen.   Da  Alles  einig  ist,  es  sei  dies  der 
ite  Punkt,   bleiben  beide  Parteien  hier:    Sella   ex- 
nirt  6  Platten,  indeß  ich  mit  8  Platten  die  Rand- 
ht  aufnehme  und  hernach  triangulire. 
Bis  9  Uhr  30  Min.  bleiben  wir  oben  und  steigen 
nn    ohne  jede  Gefahr   hinunter   zu   den  Gletscher- 
üchen,   wo  Sella   und  ich  je   2  Platten  exponiren. 
n  li'ii  Uhr  erfolgt    der  Abmarsch    nach  der  Con- 
rdiahütte  und  1  Uhr  20  Min.  treifen  wir  hier  wohl- 
halten ein,  nachdem  uns  das  zurückgelassene  La- 
nchen    zu  einigem   Suchen   veranlaßt,    das   durch 
ennd  Tischhauser's  scharfes  Auge  beendigt  wurde. 


Ein  photographischer  Streif z}Ag  im  Cluhgebiet       75 

Wir  legen  uns  zeitig  zu  Bette,  nachdem  wir  noch 
erfindlich  abgekocht  und  die  Cassetten  frisch  geladen, 
denn  morgen  soll  es  dem  Finsteraarhorn  gelten. 

So,  das  sind  einige  Tage  unserer  Campagne !  Und 
wochenlang  geht  es  so  im  gleichen  Style  fort.  Eine 
Menge  Hochgipfel,  Vorder-Rinderturren ,  nördliches 
Walliser- Viescherhom ,  Mittaghorn ,  werden  mit  dem 
Apparat  besucht,  auch  das  stolze  Finsteraarhorn  mit 
«einem  Vorposten,  dem  Finsteraar-Rothhorn,  nicht  ver- 
schont. Da  die  Besteigung  des  letzteren  in  unseren 
Jahrbüchern  noch  nicht  geschildert  worden  ist,  mögen 
einige  Angaben  über  dieselbe  hier  als  Tagebuchauszug 
folgen : 

27.  Julif  Rothhornsattel  und  Finsteraar-Rothhorn, 

„Ein  wolkenloser  Morgen  und  kein  Wind!"  Das 
unser  Jubelruf,  als  wir  2  Uhr  Morgens  vor  die  HUtte 
treten.  Ein  originelles  Frühstück,  bestehend  aus  einer 
guten  Dosis  Käse  und  einer  Flasche  Champagner,  mit 
der  uns  Papa  Cathrein  (vom  Hotel  Jungfrau)  überraschte, 
bildete  die  heutige  Operationsbasis. 

Erst  3  Uhr  15  Min.  wurde  abmarschirt.  Zum 
fünften  und  letzten  Male  traversirten  wir  die  Grün- 
homlticke  (4  Uhr  45  Min.),  dann  den  spaltenreichen 
Walliser- Viescherfim,  und  machen  am  Fuße  des  Roth- 
homs  eine  kurze  Rast.  Um  6  Uhr  steigen  wir  gegen 
den  Rothhornsattel  (Gemslücke)  und  deponiren  hier 
angekommen  unser  Gepäck.  7  Uhr  20  Min.  beginnen 
vir  mit  dem  Anstieg  gegen  das  Rothhorn,  blos  den 
Phototheodolit  mitfUhrend,  und  langen  nach  flotter 
Kletterei  (unmittelbar  dem  Grate  entlang,  der  die  Fort- 


76  S,  Simon. 

Setzung  des  Finsteraarhorns  bildet,  also  direct  von 
Nord  nach  Süd  ansteigend)  Punkt  8  Uhr  auf  dem 
Gipfel  an.  Die  Kletterei  ist  vielleicht  ein  Bischen 
schwieriger  als  jene  vom  Hugisattel  zum  Finsteraar- 
horn,  immerhin  nicht  schwer. 

Den  Gipfel  bildet  ein  genau  von  West  nach  Ost 
laufender,  fast  horizontaler  Schneegrat,  auf  dessen 
Ostecke  wir  operirten.  Die  Aussicht  ist  wunderschön^ 
gewissermaßen  mit  dem  Trugberg  verwandt,  denn  man 
steht  mitten  in  einer  Gletschei'wildniß  drinnen,  kaum 
ahnend,  daß  weiter  draußen  noch  cultivirtes  Land 
seine  Früchte  reife.  Ein  Steinmannli  als  Wahrzeichen 
früherer  Besteigungen  fanden  wir  nicht.  Auch  jetzt 
noch  ziert  den  Gipfel  keines,  denn  wir  hatten  keine 
Zeit,  uns  mit  der  Errichtung  eines  solchen  abzuplagen. 
Aber  eine  sehr  gut  geglückte  photographische  Rund- 
sicht vom  Gipfel  aus  kann  wohl  einem  Steinmannli 
als  ebenbürtig  zur  Seite  gestellt  werden. 

Nachdem  8  Platten  exponirt  und  triangulirt  worden, 
wird  der  Rückweg  angetreten.  Das  deponirte  Gepäck 
wird  aufgenommen  (Niederstieg  11  Uhr  15  bis  12  Uhr), 
dann  geht  es  im  Eilmarsche  in  tief  erweichtem  Firn- 
schnee hinüber  zur  Oberaarhütte,  einem  trefflichen 
HUttchen,  das  der  Section  Biel  alle  Ehre  macht." 

.  Gar  gemüthlich  hatte  sich  das  Clubhüttenleben  in 
Concordia-  und  Oberaarhütte  entwickelt,  als  wir  endlich 
unsere  Standorte  erschöpft  sahen  und  hinaus  ziehen 
mußten  in's  Land,  wo  Englisch  und  Muscat  fließt, 
nach  dem  Hotel  Jungfrau  am  Eggishorn.  Offen  ge- 
standen :  mir  graute  vor  dem  Hotelleben ;  wie  herrlich 
war   es  doch    in  der  ungebundenen,  wenn  auch  ent- 


Ein  photographischer  Streifzug  im  Cluhgehiet        77 

behrungsvoUen  und  strapazenreichen  Clubhütte!  Aber 
item,  es  muß  sein,  denn  es  wäre  unsinnig,  den  untern 
Theil  des  Aletscligletschers,  von  der  ClubhUtte  aus- 
gehend, zu  studiren.  Mit  ungleich  andern  Gefühlen 
ziehen  aber  meine  Gehülfen  hotelwärts.  Sie  schwimmen 
in  Wonne  und  Seligkeit  ob  des  zukünftigen  Hotel- 
lebens,  das  ihnen  nach  den  Strapazen  der  Clubhütte 
in  phantasieverklärter  Glorie  wie  ein  Land  der  Ver- 
beißung entgegenwinkt.  Schwer  bepackt,  schweiß- 
triefend kommen  wir  nach  mancherlei  photographischen 
Abenteuern  von  der  Oberaarhütte  über  den  Viescher- 
gletscher  und  dem  Märjelensee  entlang  zum  Hotel 
Jungfrau. 

Papa  Cathrein,  der  klassische  Wirth,  empfängt 
uns  als  vollendeter  gentleman  und  sorgt  des  Umsich- 
tigsten für  unsere  Bedürfnisse.  Bald  sehen  wir  uns 
gleich  sehr  getäuscht,  meine  Gehülfen  und  ich,  denn 
es  gefallt  mir  im  Hotel  vorzüglich.  Ich  knüpfe  eine 
Reihe  der  angenehmsten  Bekanntschaften  mit  eng- 
lischen Familien  an,  bin  ich  doch  gewöhnlich  des 
Abends  zur  table  d'höte  im  Hotel  zurück,  und  meine 
Oehülfen,  die  auf  Erlahmen  der  Energie  in  den  Be- 
quemlichkeiten des  Hotellebens  als  selbstverständlich 
gerechnet,  sehen  sich  nicht  minder  getäuscht,  denn 
wenn  es  das  Wetter  nur  irgendwie  erlaubt,  sieht  man 
bei  stockdunkler  Nacht  oder  bei  Mondenschein  drei 
Männer  zu  schwerem  Tagewerke  dem  Hotel  enthuschen 
lud  eilenden  Schrittes  der  Hochwelt  zustreben. 

Wir  bestiegen  u.  A.  in  der  Kette  des  Eggishoms 
außer  diesem  selbst  das  Fiescherhom  (2900™)  und  das 
Bettmerhom  (2865  ™),  ferner  das  Sattelhom  oder  Geiß- 
hom  (3746°»)  und  das  Setzenhorn  (3065°»). 


78  S,  Simon, 

Bald  ist  auch  dieses  Gebiet  erschöpft,  und  nuir 
geht  es  hinüber  über  die  Riederfurka  zur  Beiaip.  Auch 
hier  sind  wir  vorzüglich  aufgehoben  und  leisten  so- 
ziemlich  das  Schneidigste  unseres  Arbeitsprogrammes* 
Das  Wetter  ist  aber  auch  klassisch  schön,  kaum 
einen  Tag  kommen  wir  zum  Rasten,  und  meine  Ge- 
hülfen, die  schmerzen  früh  Morgens  beim  Abmärsche 
schon  alle  möglichen  Glieder  und  Körpertheile. 

Ja  ja,  es  ist  eine  strenge  Zeit,  und  wenn  ich  in 
meinem  Eifer  vielleicht  einmal  zu  weit  ging  und  zu 
große  Anforderungen  an  die  Leistungsfähigkeit  und 
den  guten  Willen  meiner  Begleiter  stellte,  so  mögen? 
sie  mir  dies  nicht  allzu  herb  anrechnen,  schonte  ich 
doch  auch  meine  Person  ganz  ebenso  wenig. 

Die  Rtickerinnerung,  die  stets  das  Schöne  bewahrt 
und  die  Strapazen  vertuscht,  wird  meinen  beiden 
Gefährten  einen  idealen  Ersatz  bieten  für  diese  männ- 
lich durchkämpfte  Sturm-  und  Drangperiode,  in  welche 
einige  Tagebuchblätter  einen  directen  Einblick  ge- 
währen mögen: 

(Copie  des  Tagebuches  vom  15.  bis  18.  August.) 
15,  August  /Samstagjf  Ausläufer  des  WeijShorns, 

Es  ist  eine  wunderschöne  Nacht,  als  wir  una 
2  Uhr  Morgens  nach  dem  Wetter  umsehen.  Es  wird 
daher  das  Schienhorn  in's  Auge  gefaßt,  und  3  Uhr 
Morgens  frischfröhlich  bei  Latemenschein  diesem  zu- 
gestrebt.    Es  geht  Alles  vorzüglich! 

Schon  haben  wir  den  Oberaletschgletscher  seiner 
ganzen  Länge  nach  bewältigt,  schon  liegt  die  ganz» 
Anstiegsrichtung   zum  Schienhorn   vor   uns   klar  und 


Ein  photographischer  Streif zug  im  Clubgebiet.        79 

offen,  da  gewahren  wir  zu  unserer  unangenehmen 
üeberraschung ,  daß  blankes  Eis  fast  ausschließlich 
die  oberste  Anstiegspartie  bildet.  Bei  der  heillosen 
Steilheit  der  Hänge  hätten  wir  bis  Abends  4  Uhr 
Stufen  hauen  können,  und  dann  wäre  es  wohl  zum 
Photographiren  zu  spät  geworden.  Wir  abstrahiren 
daher  vom  Schienhorn  und  wenden  uns  dem  Weiß- 
horn  zu.    Doch  auch  dieses  scheint  nicht  verführerisch. 

Wir  wollen  den  Stier  bei  den  Hörnern  packen 
nnd  direct  den  Anstieg  forciren.  Doch  gerathen  wir 
bald  in  ein  so  heilloses  Spaltenwirrwarr,  daß  an  ein 
weiteres  Vordringen  kaum  mehr  zu  denken.  Eine 
zeitraubende  Umgehung  hätte  uns  vielleicht  an  eine- 
ttbereiste  Felswand  von  circa  60  bis  65  **  Neigung 
gebracht,  aus  der  sturzdrohende  Felsblöcke  dämonisch 
hemiederstarren.  Unter  großer  Lebensgefahr  hätte 
sieh  dort  vielleicht  mit  heillosem  Zeitaufwand  der 
Anstieg  erzwingen  lassen.  Die  Klugheit  gebot  aber 
Halt.  Ich  erklärte  uns  für  heute  vom  Weißhom  ge- 
schlagen, aber  morgen  soll  der  Angriff  erneuert 
werden. 

Wir  treten  daher  den  Rückweg  an  und  steigen 
am  Stidausläufer  des  Weißhoms  neuerdings  empor,, 
gleichzeitig  einen  einigermaßen  praktikabeln  Zugang 
zum  Weißhorn  erspähend. 

Nach  vielem  Hij-  und  Herklettern  wird  endlich 
ein  guter  Standpunkt  für  photographische  Aufnahme^ 
gefunden,  und  es  werden  von  dort  unter  gleichzeitigem 
Trianguliren  5  Platten  exponirt.  Schließlich  wird  der 
Rückweg  angetreten,  und  oberhalb  der  Aletschhütten 
kommen   weitere   3  Platten   zur  Belichtung  und  zum 


r- 

> 


^0  S.  Simon. 

Eintrianguliren.  Gegen  Dunkelwerden  treffen  wir  im 
Hotel  wieder  ein,  ganz  zufrieden  mit  unserem  Tage- 
werke. 

10.  August  (Sonntaqjy   Weißhoim. 

Wieder  um  2  Uhr  Tagwache!  Um  3  Uhr  wird 
^em  Weißhorn  zugesteuert,  fest  entschlossen,  dies 
Mal  den  Anstieg  zu  erzwingen.  Ist  es  doch  im  Becken 
^ies  Oberaletschgletschers  so  central  gelegen,  daß  kein 
Punkt  für  meine  Zwecke  so  geeignet  ist.  Schneidig 
geht  es  denn  auch  bergan.  Bald  sind  wir  am  Südost- 
ausläufer des  Weißhorns,  wo  wir  gestern  photo- 
graphirten,  angelangt,  und  traversiren  über  das  Schutt- 
band zwischen  Moränenpunkt  (2807™)  und  Gipfel 
(3131 "»)  des  topographischen  Atlas  hinüber  auf  den 
vom  Weißhorn  in  wilden  Brüchen  sich  ergießenden 
Oletscher.  In  flottem  Aufstieg  wird  dieser  zum  Theil 
auf  riesigen  Schneebrücken  bewältigt. 

Den  obersten  Gipfel  bildet  ein  wild  ausgesägter 
Felszahn.  Wir  lösen  uns  vom  Seil  los,  lassen  dieses, 
da  es  nur  hinderlich  scheint,  am  Fuße  der  Felsen 
zurück  und  klettern  lustig  empor.  Ich  hielt  den  Berg 
für  jungfräulich,  aber  wenige  Meter  unter  dem  thurm- 
artigen  Gipfel  finden  wir  eine  Flasche  mit  dem  Namen 
Mr.  Coolidge's,  des  unerschrockenen  Bezwingers  des 
Schreckhorns  zur  Winterszeit.  Aber  die  allerhöchste 
Spitze,  obgleich  nur  wenige  Meter  über  uns  empor- 
ragend, sieht  nicht  gerade  verführerisch  aus. 

Wie  drohende  Finger  starren  zwei  Felsnadeln 
«Chief  überhängend  in  die  Luft  hinaus.  Kaum  be- 
greift man,  daß  sie  nicht  in  Folge  der  eigenen  Schwere 


Ein  photographischer  Streif zug  im  ClubgebieU       81 

niederdonnern  über  die  heillosen  Felshänge,  die  fast 
«enkrecht  zum  Beichfim  und  Aletschfirn  niederstürzen. 

Unmöglieh  scheinen  sie  noch  zu  vermögen,  einen 
Ifenschen  zu  tragen,  und  doch  müssen  wir  da  droben 
operiren,  denn  sie  verdecken  uns  den  besten  Theil 
4er  Aussicht. 

Wir  bereuen  nun  sehr ,  das  Seil  zurückgelassen 
zvL  haben,  doch  es«  ist  zu  spät,  um  es  zurückzuholen, 
denn  die  Zeit  drängt,  werden  doch  die  Eisbrücken 
-drunten  je  länger  desto  weicher.  Vorsichtig  klettere 
ich  daher  den  letzten  Felsthurm  hinan,  unmittelbar 
gefolgt  von  Freund  Tischhauser.  Der  oberste  Block 
ist  total  geborsten  und  hängt  bedenklich  über! 

Ehe  ich  ihn  zu  erklimmen  versuche,  rüttle  ich 
noch  aus  Leibeskräften  daran,  vielleicht  purzelt  er 
hinunter,  aber  nein,  er  hält  leider  fest.  Es  bleibt 
daher  keine  Wahl,  als  hinaufzukriechen. 

Der  höchste  Block  liegt  unter  mir.  Es  sieht  nicht 
gemüthlich  aus  und  von  Photographiren  hier  oben 
ist  keine  Rede,  da  das  Instrument  unmöglich  Platz 
£nden  würde. 

Doch  sieh  da,  unmittelbar  über  den  heillosen  Ab- 
gründen entragt  ihm  nur  wenig  tiefer  ein  Gesimse, 
-ob  er  wohl  noch  hält,  wenn  man  auf  dieses  tritt? 
Der  Versuch  muß  gemacht  werden! 

Ich  überkrieche  den  Block,  indeß  Tischhauser  der 

Länge  nach  diesseits  auf  der  Felsfläche  ausgestreckt 

als  Gegengewicht  dient  und  mich  zugleich  am  Kragen 

-erfaßt,  um  mich  zu  halten,  falls  das  faule  Gesimschen 

ausbrechen  sollte. 

Doch  es  geht  gut,  und  so  beschließe  ich  von  hier 

ß 


82  Ä  Simon, 

aus  zu  exponiren.  Wie  der  Apparat  aufgestellt  wtird«^ 
zn  welchen  Stellungen  ich  mich  zusammenlassen  mußt«;, 
das  läßt  sidi  nicht  heschreiben,  da  ist  das  Photo- 
graphiren auf  dem  EiögiÄtchien  der  JFtfogfrati  eine 
pure  Spielerei  dagegen. 

Nur  das  sei  erwähnt,  daß  während  ^er  ganzen* 
Operation  Tischhauser  als  Gegengewicht  diente.  Zu- 
gleich  hielt  seine  ^e  Hand  «ine  Schnur,  die  um  den 
Stativkopf  gebunden  war,  um  in  halten,  wenn  das- 
Instrument  sammt  dem  Gesimse  und  mir  herunter- 
purzeln wollte.  Mit  der  andern  hielt  et  mich  höchst 
liebreich  kräftig  am  Kragen,  nm  auich  mSch  Bclbst  vor 
dem  Sturze  zu  sicJiem,  wenn  ich  in  Folge  meiner 
Bewegungen,  die  in  vortÄcMSgster  Kniefeeuge  und  Ma- 
nipulationen mit  den  Annen  bestanden,  meinen  Stand- 
punkt zum  Ausbrechen  bringen  sofßte. 

Unmöglich  konnten  die  Kassetten  mit  den  Platten 
noch  irgendwo  auf  detn  PdErthurme  Platt  finden.  Wir 
deponirten  dahefr  die  OaBsetten  am  Fuße  desseTben,. 
und  Sache  Merlans  war  es  nun,  *(lr  jedcfs  Chassis  je 
ein  Mal  zu  uns  herauf  und  wieder  zum  Ohassiska^en 
zurück  zu  klettern.  MänniglicSi  löste  j^eine  Aitfg&be  zu 
voller  Zufriedenheft.  Aber  es  *wat  doch  'ein  tenffisch«r 
Standpunkt,  wie  ich  ihn  ti^  nicht  g'eräde  jeden  Tag" 
wünschte. 

Die  Aussicht  ist  wunderbafr  s<ton,  d:€fr  Anblick 
der  Breithorn-Nesthom-Eette  geradezu  überwallend. 

Zehn  Plätten  wurden  hier  ö*ponirt,  aum  Theil 
von  einem  andern  Standpunkt,  und  Ifierauf  wurde 
von  einem  dritten  Standpunkte  aus  ti^gttlirt,  denn 
die  beiden  photographischen  Standpunkte   hätten  aus- 


Ein  photographischer  Streifzitg  im  Clubgebiet.       88 

naheliegenden  Gründen  ein  Trianguliren  nicht  ge- 
stattet. Sciiließlieb  wurden  die  drei  Standpunkte  unter 
sich  coordinirt. 

Schon  8  ühr  40  Min.  war  der  Gipfel  erreicht 
gewesen,  doch  erst  12  ühr  30  Min.  war  unsere  Ar- 
beit Yollendet. 

Nicht  ohne  einige  Besorgniß  über  den  Zustand 
der  Schneebrttcken  traten  wir  den  Rückweg  an  und 
fthrten  ihn  zwar  mit  Aufwand  aller  Varsieht,  aber 
doch  so  rasch  durch,  daß  wir  schon  4  Uhr  Nach- 
mittags wieder  im  Hotel  eintrafen.  Sofort  wurden  die 
Chassis  lungeladen  und  der  Tagesbefehl  fUr  morgen 
edassen.    Es  gilt  dem  Fußhomvorsprung. 

il.  August  (Montag),     Fußhomvorsprung. 

Ein  kalter,  bissige  ^ordoät  bläst  Jb  Uhr  Morgens 
Tagwache. 

6  Uhr  15  Min.  marschiren  wir  dem  Oberaletfwh- 
gletseher  zu  und  steigen  diesem  entlang  bis  jsum 
nördlichsten  Ausläufer  d^  Fußhoniketta.  Erst  über 
eine  impertinente  Moräne,  dann  steiie  Pelsschliffe 
hinan  geht  es  flott  kleüiemd  ^u  einem  guten  Stand- 
punkt bietenden  Sücken  des  Fußhomgrates. 

9  Uhr  Möllns  ist  ein  solober  gefunden.  In  10 
Phitten  wird  von  zwei  Punkten  aus  die  Bundsicht 
aufgenommen,  dann  triangulirt  bis  1  Uhr  45  Min. 
Ohne  Weiteres  wird  nun  der  Rückweg  angetreten, 
und  schon  3  Uhr  45  Min.  sind  wir  im  Hotel  zurück. 

Unterwegs  wurden  noch  Farbstudien  über  die 
Moränen  und  die  Uf^'gesteine  des  Oberaletseh- 
gletschers  an  Hand  einer  Skizze  ausgeführt  und  ent- 


84  S.  Simon. 

sprechende  Gesteinsproben  gesammelt.     Wohl   selten 
finden  sich  solch'  frappante  Farbencontraste. 

i8.  AuguFt  /Dienstag/.    Breithorn. 

Schon  1  Uhr  30  Min.  ist  Tagwache,  und  2  Uhr 
15  Min.  wird  der  Abmarsch  angetreten.  Es  gilt  dem 
Lötschenthaler  Breithorn.  Bei  Laternenschein  wird 
munter  dem  Oberaletschgletscher  zugestrebt.  Flott 
geht  es  den  Gletscher  empor,  und  bald  stehen  wir 
unter  dem  Gletscherbruch,  der  dicht  neben  dem  Nest- 
horn  hemiederkommt  und  als  Anstiegsrichtung  zum 
Nesthorn  dient.    Diesen  benutzen  wir  zum  Aufstiege. 

Gestern  hat  ein  Amerikaner  das  große  Nesthorn 
bestiegen,  und  von  seiner  Expedition  sind  noch  famose 
Stufen  vorhanden,  die  uns  spielend  empor  gelangen 
lassen.  Der  Anstieg  ist  wunderschön  und  hat  viele 
Aehnlichkeit  mit  dem  Labyrinth  der  Berninapartie. 
Beidseitig  thttrmen  sich  hohe  Eisgebilde  empor,  manche 
sturzdrohend,  schief  aufragend.  Da  ist  Eile  vonnöthen, 
deßhaib  wird  wacker  ausgeschritten 

In  auffallend  kurzer  Zeit  sind  wir  oberhalb  dieser 
grandiosen  Eisbrüche  und  sehen  uns  auf  einem  ver- 
hältnißmäßig  ebenen,  von  riesigen  weichen  Fim- 
schrtlnden  durchzogenen  Plateau,  zwischen  dessen 
Spalten  wir  ziemlich  direct  dem  Lötschenthaler  Breit- 
horn zuhalten  können. 

Ein  orkanartiger  Wind,  der  während  des  ganzen 
Aufstiegs  gewüthet  hatte,  begleitet  uns  mit  wahrhaft 
infernalen  Weisen  bis  zum  Bergschrunde,  der  sieb 
gleich  einer  Cravatte  rings  um  den  Gipfel  legt.  Das 
letzte  Köpfchen  ist  sehr  steil,  doch  wird  es  trotz  des 


IJifi  photographischer  Streif zug  im  Clubgebiet        85 

famosen  Bergschrundes  ohne  Schwierigkeit  überwunden, 
und  sturmgepeitscht  stehen  wir  auf  dem  nördlichen 
(Fel8-)Gipfel. 

Das  Steinmannli  wird  sofort  gelyncht,  da  es  uns 
am  Aufstelleu  des  Instrumentes  hindert.  Und  nun 
wird  aufgestellt  und  photographirt  —  aber  wie! 

Fast  unmöglich  ist  es,  bei  dem  eisigen  Winde  auf 
dem  Gipfel  auszuhalten,  der  einem  so  intensiv  durch 
die  dünnen  Kleider  saust,  daß  es  uns  scheint,  er 
blase  direct  auf  die  bloße  Haut.  Bald  werden  mir 
die  Finger  so  starr,  daß  eine  Bewegung  derselben 
zur  Unmöglichkeit  wird.  Ich  steige  daher  in  den 
Windschutz  hinunter  und  lasse  den  einen  Gehttlfen 
das  Instrument  festhalten,  damit  es  nicht  herabge- 
schleudert würde,  indeß  ich  mich  durch  rasche  Kraft- 
anstrengungen insoweit  erwärme,  daß  es  mir  wieder 
möglich  wird,  die  Schieber-  zu  ziehen  und  den  Ob- 
jectivdeckel  zu  lüften.  Leider  thürmt  der  Wind  Nebel 
empor,  die  uns  zudem  noch  veranlassen,  lichte  Mo- 
mente abzuwarten,  und  kaum  habe  ich  die  Rundsicht 
exponirt,  so  hüllt  sich  der  Gipfel  schneeumwirbelt  in 
dicke  Nebelballen  ein.  Es  beginnt  regelrecht  zu 
schneien,  und  an's  Trianguliren  ist  nicht  mehr  zu  denken. 

8  Uhr  40  Min.  hatten  wir  den  Gipfel  erreicht, 
10  Uhr  10  Min.  treten  wir  den  Rückweg  an,  kaum 
einer  Bewegung  fähig  vor  Frosterstarrung.  Mit  stets 
zunehmender  Heftigkeit  umtobt  uns  der  Wind,  so  daß 
wir  uns  beeilen,  baldmöglichst  den  Gletscherbruch 
zu  erreichen.  Zum  Glück  ist  dieser  etwas  im  Wind- 
schutze,  sonst  wäre  wohl  der  eine  oder  andere  Eis- 
thurm  umgestürzt  worden  und  herniedergewettert,  ein 


86  S»  Simon, 

Ereigniß,  das  uns  in  unserm  schmalen  Eisconloir  eine 
bedenkliche  üeberraschung  bereitet  haben  würde. 

Ruhig,  kaltblütig  wird  aber  niedergestiegen,  denn 
bei  dem  heillos  steilen  Gehänge  heißt  es  sicher  in 
die  Stufen  des  spiegelblanken  Eises  treten.  Ein  Fehl- 
tritt des  Einen  würde  Alle  die  Bekanntschaft  des 
nächsten  der  vielen  Schrunde  machen  lassen,  die  weit 
klafend  unser  Couloir  durchziehen  und  auf  schmalen, 
luftigen  Eisbrücken  bewältigt  sein  wollen. 

Schon  um  11  Uhr  30  Min.  sind  wir  am  Fuße  der 
Eisbrüche,  und  erleichtert  athmen  wir  auf,  sind  wir 
nun  doch  außer  Oefahr, 

Gewiß  kam  es  von  Herzen,  als  ich  hier,  den 
ganzen  Weg  nochmals  überschauend,  einem  kirch- 
thurmhohen  Eiskoloß  zurief:  „So,  jetz  ghei  nummen 
abe,  genier  di  nit!^  — hätte  doch  der  Bursche  beim 
Zusammenbrechen  das  Couloir  so  total  ausgefegt,  daß 
a&  ein  Entrinnen  schwerlich  zu  denken  gewesen  wäre. 

Nach  kurzer  Rast  geht  es  weiter.  Um  1  ühr 
7  Min.  sind  wir  am  Ende  der  Moränen,  auf  gebahntem 
Wege,  und  2  Uhr  5  Mm.  schon  wieder  frisch  und 
munter  in  Beialp  zurück,  nur  bedauernd,  daß  uns  das 
Wetter  nicht  gestattete,  gleichzeitig  auch  das  Nest- 
horn  zu  besteigen,  von  dem  aus  ich  sehr  gerne  einige 
Platten  exponirt  hätte.  "^ 

(Ende  der  Tagebuchcopie.) 

Und  so  geht  es  fort,  Tag  für  Tag.  Wir  über- 
siedeln bald  in's  Lötschenthal  und  stürmen  theils  von 
Ried,  theils  von  der  Bietschhomhütte  aus  mehrere 
Punkte  der  Bietschhorn-  und  derLötschenkette:  Bietsch- 
horngrat,  Grindelspitzen,  Spahlrhorn. 


Ein  phaU)gra^^hi8Qher  Streif zusf  m  Cltibgübiet.       87 

Im  Ganzen  führten  wir  in  48  sich  folgenden 
Tagen  30  Besteigungen  und  15  Paßühergänge  aus. 

Der  Witterungsumachlag  und  die  DiYiaion6man<5ver 
«rheisehen  unsere  Rückkehr, 

£»  ist  der  26,  August,  ein  trostloser  Tag.  Trübe, 
melancholisch,  bewegungslos  hängt  das  Gewölke  um 
die  Bergeshäupter.  Einzelne  Tropfen  fallen  hernieder, 
die  unzähligen  Heuschrecken  leiden  entschieden  an 
Husten  und  Zipperlein.  Den  Vöglein  ist  das  Pfeifen 
vergangen.  Kalt  durchfeuchtet  der  Regen  die  Kleider ; 
68  könnte  nicht  trostloser  sein. 

Da  eilen  drei  Bursche  der  Lonza  entlang  thalaus, 
Oampel  zu,  jauchzend  und  johlend  wie  die  Wilden. 
Und  freudig  plaudern  sie  zusammen  und  finden  das 
Thal  so  wunderschön:  die  Wälder,  die  Flußscenerie, 
die  Wasserfälle,  die  malerischen  Dörfchen,  daß  alle 
Schönheiten  des  Hochgebirges  nur  eitel  Dunst  da- 
gegen. Sie  können  sich  an  der  regnerischen  Land- 
schaft nicht  satt  sehen. 

Ihr  habt  die  Drei  schon  erkannt  und  seid  erstaunt 
Sber  die  Macht  des  Stimmungsumschlags: 

Lange  ausschließlich  bewohnt,  übt  eben  doch  die 
Hochwelt  auf  uns  den  Eindruck  des  wüsten,  des  öden 
Gebirges  aus.  Nur  im  Contraste  wirkt  sie  bestrickend, 
und  auch  der  Eindruck  des  üeberwältigenden  schwindet 
mehr  und  mehr,  wenn  wir  uns  wochenlang  ausschließ- 
lieh darin  bewegen. 

Es  bedarf  dann  einer  aufrichtigen  Liebe  zur  Sache, 
soll  im  täglichen  Ringen,  Entbehren  und  Wagen  die 
Energie  und  die  Geistesfrische  nicht  erlahmen 

Aber  dennoch  sind  es  schöne  Zeiten,    an  die  wir 


88    S,  Simon,  Ein  photographischer  Streifzug  im  Clubgehiet, 

trotz    ihrer    Entbehrungen   nnd    Strapazen    stets   mit 
warmem  Herzen  zurückdenken. 

Und  hiemit;  lieber  Leser,  auf  Wiedersehn !  Und 
sollte  etwa  das  Eine  oder  das  Andere  zum  Selber- 
schauen  angeregt  haben,  dann:  „von  Herzen  glückliche 
Reise!" 


Der  neueste  Jungfrauweg. 

Von 

V',  von  Almen,  Lauterbmnnen. 


Wenn  man  bedenkt,  welch'  enormen  Aufwand  von 
Zeit  und  Mühe  es  erfordert,  um  den  Jungfraugipfel  von 
Grindelwald  aus,  vom  Eggishorn  her  oder  über  die 
Kleine  Scheidegg  zu  erreichen ,  so  kann  man  sich 
nicht  wundern,  daß  man  immer  und  immer  wieder 
zum  Roththal  zurückkehrte,  als  dem  am  nächsten  ge- 
legenen, also  natürlichsten  Ausgangspunkt  zur  Be- 
steigung der  Jungfrau. 

Nachdem  schon  1828  die  englischen  Bergsteiger 
Yeats  Brown  und  Fred.  Slade  einen  vergeblichen  Ver- 
such gemacht,  die  Jungfrau  vom  Roththal  aus  zu  be- 
steigen '),  gelang  es  am  9.  August  1864  den  Herren 
Leslie  Stephen,  Macdonald  und  Craufurd  Grove,  durch 
das  steile  und  gefahrliche  Couloir,  das  sich  direct 
gegen  den  Roththalsattel  zieht,  diesen  und  drei  Viertel- 
stunden später  den  Gipfel  zu  erreichen.     Damit  war 


0  Siehe  Studer:  Ueber  Eis  und  Schnee.  Supplementbandy 
pag.  10. 


"90  F.  V.  Almen. 

der  Zugang  zur  Jungfrau  vom  Roththal  aus  gefunden ; 
direct  war  er,  aber  weder  kurz  noch  gut.  Es  dauerte 
auch  volle  sieben  Jahre,  bis  die  Besteigung  auf  diesem 
Wege  wiederholt  wurde,  und  zwar  am  21.  Aug.  1871 
von  den  deutschen  Alpinisten  Herren  Voigt  und  Liebes- 
kind und  am  22.  August  desselben  Jahres  von  den 
Schweizerclubisten  Prof.  Aeby  und  Emil  Ober,  die 
jedoch  an  diesem  Tage  nur  den  Roththalsattel,  den 
Oipfel  aber  erst  zwei  Tage  später  auf  dem  gewöhn- 
lichen Wege  vom  Eggishorn  aus  erreichten.  *)  Die 
Möglichkeit,  von  dieser  Seite  auf  die  Jungfrau  zu 
gelangen,  war  also  sattsam  erwiesen;  aber  der  Weg 
war  ein  langer,  beschwerlicher  und  gefährlicher.  Immer- 
bin hatten  diese  Besteigungen  zur  Folge,  daß  1872  im 
Roththal  eine  Clubhtitte  erstellt  wurde.  Das  Couloir 
kam  aber  total  in  Verruf,  als  sich  am  24.  Juli  1872  das 
gräßliche  Unglück  ereignete,  dem  die  Führer  Bischoff 
und  V.  Almen  zum  Opfer  fielen  ^) ,  und  an  dem 
schlechten  Rufe  des  Roththalweges  wurde  auch  da- 
durch nicht  viel  gebessert,  daß  1873  Dr.  Dtibi  von 
Bern  ^)  und  1874  F.  Bischoff  von  Basel  die  Jungfrau 
vom  Roththal  zur  Kleinen  Scheidegg  traversirten  und 
daß  es  seither  auch  Anderen  gelungen  ist,  die  Jung- 
frau von  dieser  Seite  zu  bezwingen. 

üm's  Jahr  1879  oder  1880  herum  ventilirte  die 
.'Section  Oberland  —  angeregt  durch  den  verstor- 
l)enen   Oberförster  Kern   —    die   Frage   aufs   Neue, 


0  Siehe  Jahrbuch  VII,  pag.  495  u.  ff. 
*)  Siehe  Studer:    Ueber  Eis  und  Schnee.    Supplement- 
band  pag.  12  u.  ff. 

3;  Siehe  Jahrbuch  IX,  pag.  123  u.  ff. 


Der  neiieste  Jtmgfrauweg,  91 

irie  auf  einem  gefahrloseren  Wege  aus  dem  Roththal 
anf  die  Jnngfrau  zu  kommen  wäre,  und  erhielt  von 
^en  Führern  Fuchs  und  Lauener  auf  Befragen  die 
Antwort,  es  wäre  vielleicht  möglich,  von  der  Roth- 
tlialhütte  aus  tfber  das  „Rothe  Brett"  verhält- 
nißffläßig  gefahrlos  auf  die  Jungfrau  zu  gelangen. 
Dabei  verblieb  es,  bis  sich  im  Sommer  1881  Herr 
Dr.  DSbi  von  Neuem  daran  machte,  einen  sicheren 
Weg  vom  Roththal  aus  zu  suchen.  Der  tfickische 
Zufall  verhinderte  Dr.  Dtlbi,  die  Frucht  seiner  Arbeit 
^auz  und  voll  zu  genießen;  zwar  erreichte  er  den 
Gipfel,  aber  sein  Weg  über  den  westlichen  oder 
lußem  Grat  erwies  sich  als  eine  schwierige  Kletter- 
partie und  kaum  leichter  practicabel  als  der  bertlch- 
tigte  Weg  durch  das  Couloir.  ^) 

Die  Aufgabe,  vom  Roththal  aus  einen  neuen, 
l>es8em  Weg  nach  der  Jungfrau  zu  finden,  war  also 
noch  nicht  gelöst.  Den  ganzen  letzten  Sommer  nun 
redete  man  in  Führerkreisen  davon,  im  Herbst  einen 
neuen  Versuch  zu  machen.  Schließlich  thaten  sich 
die  Fahrer  H.  v.  Almen,  Sohn,  ü.  Brunner,  F.  Graf, 
Sohn,  K.  Schlunegger,  alle  vier  von  Wengen,  und 
J.  Stäger  von  Lauterbrunnen  zusammen,  um  das 
Wagestück  zu  versuchen,  und  nicht  ohne  Bedenken 
schloß  ich  mich  ihnen  an,  denn  wenn  auch  ein  Sohn 
der  Berge,  gehöre  ich  doch  keineswegs  zu  den  wag- 
halsigen Berggängem,  und  meine  clubistischen  Lei- 
stungen beschränkten  sich  bisher  auf  Schilthom,  Tschin- 
gelgletscher und  Petersgrat. 


0  8.  Jahrbuch  XVII,  pag.  273. 


92  F.  V.  Ahnen. 

E8  war  ein  prächtiger  Herbstsonntag  (20.  Sept.), 
als  wir  Mittags  den  Foargon  des  Hotels  Staubbach 
bestiegen  und,  begleitet  von  den  Glückwünschen  der 
ünsrigen,  thaleinwärts  fuhren.  Noch  lange  sah  ich 
ein  weißes  Tuch  winken,  und  es  wurde  mir  etwas 
bange  beim  Gedanken,  wie  meine  Frau  nun  während 
zwei  Tagen  um  mich  bangen  und  kümmern  würde. 
Im  Stechelberg  angekommen,  wendeten  wir  uns  links 
der  Stufensteinalp  zu.  Meine  Brust,  die  sonst  nichts 
weniger  als  mustergültig  genannt  werden  kann,  athmete 
kaum  die  reine  Alpenluft  der  hohem  Lagen,  so  fing 
sie  prächtig  an  zu  arbeiten.  Die  Bärenfluh  machte 
mir  gar  keine  Schwierigkeiten,  und  beim  Vernachten 
langten  wir  glücklich  in  der  Roththalhütte  an. 

Der  Comfort  daselbst  beschränkte  sich  auf  das 
denkbar  kleinste  Maß;  denn  ein  perfider  Luftzug 
machte  sich  durch  die  Trockenmauern  hindurch  sehr 
unangenehm  bemerkbar.  Stroh  und  Lische  waren  ver- 
dächtig feucht,  um  nicht  zu  sagen  naß,  und  einzelne 
Eisreste  deuteten  auf  das  Vorhandengewesensein  eines 
sogenannten  „Gletschers"  hin.  Die  Roththalhütte  be- 
findet sich  in  einem  so  traurigen  Zustand,  weil  dem 
Felsen  nach,  an  den  sie  sich  lehnt.  Regen-  und  Schnee- 
wasser  hinuntersickert,  welchem  Gonstructionsfehler 
einzig  durch  Versetzung  der  Hütte  abgeholfen  werden 
könnte. 

Item:  wir  richteten  uns  so  gut  als  möglich  ein 
für  die  Nacht,  brauten  uns  einen  währschaften  Kaffee 
und  legten  uns  endlich  zur  wohlverdienten  Ruhe 
nieder  —  mit  welchen  Gefühlen,  das  läßt  sich  leicht 
denken.     Furcht   des   Mißlingens    und   Hoffnung   des 


Der  neueste  Jungfrauweg,  93 

Gelingens  hielten  sich  die  Wage.  Jedenfalls  waren 
wir  weit  entfernt  von  dem  Ausspruch  Ducrot's:  „Je 
ne  reviendrai  que  mort  ou  vainqueur! 

Von  eigentlichem  Schlafe  konnte  keine  Rede  sein ; 
deßhalb  erhoben  wir  uns  schon  um  4  Uhr  von  unserm 
Lager,  und  da  das  Wetter,  soviel  man  bei  der  herr- 
schenden Dunkelheit  erkennen  konnte,  sich  nicht 
«chlecht  anließ,  so  wurde  das  Frühstück  bereitet  und 
Alles  zum  Aufbruch  fertig  gemacht. 

Beim  ersten  Schein  der  Morgendämmerung  — 
«irca  um  4^/*  Uhr  —  brachen  wir  auf.  Hier  oben 
hatten  wir  schönes  Wetter;  aber  unten  im  Thale,  da 
wogten  und  drängten  die  Herbstnebel  drohend  heran. 
Doch,  wie  von  guten  Berggeistern  gelenkt,  wichen 
sie  zurück,  ohne  uns  erreicht  zu  haben.  —  Von  der 
Hütte  aus  gingen  wir  ein  wenig  links,  um  auf  den 
Orat  zu  gelangen  und  auf  demselben  unser  Heil  zu 
versuchen,  da  wir  wußten,  daß  in  den  Strählplatten 
und  auf  dem  Rothen  Brett  für  uns  absolut  nichts  zu 
suchen  war.  Nach  einiger  Anstrengung  hatten  wir  den 
inneren  Grat  ^)  erreicht  und  auf  demselben  ging  es 
nun  durch  Gneißfelsen  ziemlich  steil  empor,  ungefähr 
wie  auf  einer  Dachfirst.  Das  Gestein  war  gut  und  so 
kletterten  wir  eine  gute  Stunde  lang  leicht  und  schnell 
in  die  Höhe.  Wir  waren  Alle  in  bester  Stimmung, 
Tiur  Stäger  schienen  die  „Roththalgeister",  von  denen 
H.  V.  Almen  letzte  Nacht  geträumt,  manchmal  das 
Steigen  sauer  machen  zu  wollen. 

Nun  erreichten   wir   das  Gebiet   des  Kalkfelsens. 


^)  Vgl.  Dr.  Dübi's  topographische  Angaben.  Jahrbuch  XVH, 
P.  280  und  281.  A.  d.  Bed, 


94  J^.  «.  Almen. 

Da  bis  hieher  Alles  so  gnt  gegangen  war,  so  gönstemr 
wir  uns,  trotz  der  in  Aussicht  stehenden  Alkohol- 
vorläge,  einen  stärkenden  Schluck,  banden  una,  je  drei 
zusammeu,  vorsichtig  an's  Seil,  und  aufwärts  ging's 
in  den  warmen  Strahlen  der  Septembersonne  über 
zertrümmerte  Kalkfelseu,  wohl  drei  Stunden  lang. 
Rechts  ging's  in  steilem  Abstürze  zum  Roththal 
hinunter,  und  die  ganze  Zeit  unseres  Aufatiegs  don- 
nerten und  polterten  die  Eisschläge  durch  das  be- 
rüchtigte Couloir  hinunter,  so  daß  man  nur  mit  Schau- 
dern an  die  verrufene  Passage  denken  konnte.  Wir 
dagegen  auf  unserm  Grat  waren  sicher  vor  Lawinen^ 
Eis-  und  Steinschlägen  und  rückten  rasch  vorwärta,, 
bis  der  Knotenpunkt  sichtbar  wurde,  wo  unser  Grat 
sich  mit  dem  westlichen  vereinigt.  Hier  kam  4ie  erste 
ernstliche  Schwierigkeit  in  der  Form  eines  Felskopfs;, 
der  sich  vor  uns  anfthtirmte.  Der  Bursehe  war  nicht 
zu  umgehen,  wollten  wir  nicht  riskireu,  in's  Boden- 
lose zu  fallen,  und  zur  linken  Seite  machte  glänzendes 
Eis  eine  allfUllige  Passage  noch  schwieriger  (wenig- 
stens hatte  es  den  Anschela).  Der  Stier  mußte  daher 
bei  den  Hörnern  gepackt  werden^  Der  Felskopf  hatte 
eine  Höhe  von  circa  3  Meter.  Graf  mußte  als  Bahn- 
brecher voraus.  Eine  kleine  Spalte  gewährte  Händen 
und  Füßen  einigen  Hatt.  Dazu  halfen  wir  mit  Hän- 
den und  Pickeln  xiach,  bis  er  oben  war;  nun  wurde 
Einer  um  den  Andern  am  Seil  .hinau%ehißt. 

Hier  begann  das  Reich  des  Granits;  wir  kletterten 
dann  wohl  eine  gute  Stunde  ;in  den  Granitblöcken 
empor,  was  uns  sehr  förderte.  Die  Aussicht  erwei- 
terte  sich;    die    Silberlücke    schimmerte   links    unter 


Der  neueste  Jungfrauweg,  95- 

Qn8,  und  von  da  an  galt  es  bei  uns  als  ausgemachte 
Sache,  das  Wagestück  werde  uns  gelingen.  Plötzlich 
seigte  »ich  der  Grat  eine  kleine  Strecke  weit  Ter- 
^letscfa^  und  rechts  und  links  fiel  er  ziemlich  steil 
ab.  Es  wurden  daher  Stufen  gehackt  und  die  Stelle 
möglichst  vorsichtig  passirt.  Nun  ging's  noch  eine 
kleine  Stunde  vorwärts,  bis  wir  auf  ein  großes  Firn- 
feld kamen,  welches  ^auf  Blatt  I  der  Excursionskarte 
den  Namen  ^Hochfirn^  trägt. 

Die  Uhr  zeigte  nahezu  auf  11,  und  so  lagerten 
wir  uns  denn,  um  eine  Pause  zu  machen,  das  Mit- 
tagsmahl zu  verzehren  und  die  herrliche  Aussicht  zu 
gießen,  die  sich  vor  uns  aufthat.  Links  über  das 
äilberhom  hinaus  schweiften  unsere  Blicke  in  weite 
Femen,  und  die  Gasthöfe  des  Bödeli  schimmerten 
herauf,  wie  Kinderspielzeug.  Hoch  oben  winkte  uns 
die  Jungfrau  in  eisiger  Schöne,  und  mn  11^/2  Uhr 
brachen  wir  zu  ihrer  endlichen  Bezwingung  auf. 

Zuerst  mußte  eine  sanft  geneigte  Gletscherwand 
durch  Stufenha(dcen  tiberwunden  werden^  dann  folgte 
eine  längere  Gletsdierpartie,  die  wir  uns  mit  einem 
GUse  Wem  verkürzten  und  versüßten,  bis  wir  etwa 
10  Minuten  unter  dejn  Jungfraugipfel  den  Grat  be- 
traten, der  sich  vom  Boththalsattel  heraufzieht.  Noch 
eine  Stelle  mußte  durch  Stufenhacken  bewältigt  wer- 
den, und  circa  um  halb  1  Uhr  setzten  wir  unsern 
Fuß  auf  den  viel  begehrten  Jungfraugipfel. 

Die  Aussicht  von  dieser  hehren  Warte  aus  brauche 
ich  nicht  zu  schildern,  haben  sie  doch  schon  so  viele 
Olnbisten  genossen;  auch  wäre  meine  Feder  zu 
schwach,   würdig  zu   schildern,   was    das   entzückte 


"96  -F.  V.  Almen, 

Auge  da  Herrliches  erschaute.  Das  aber  wird  man 
uns  gewiß  gerne  glauben,  daß  wir,  und  besonders  ich, 
in  Wonne  schwelgten,  war  uns  doch  gelungen,  auszu- 
führen, wonach  man  Jahre  lang  getrachtet  hatte :  die 
Besteigung  der  Jungfrau  vom  Roththal  aus  auf  kurzem, 
«icherem  Wege. 

Der  Aufenthalt  auf  dem  Jungfraugipfel  war  einzig 
schön ;  allein  schließlich  mußte  doch  Abschied  ge- 
nommen werden,  galt  es  doch,  nun  so  schnell  als 
möglich  das  Hotel  auf  dem  Eggishom  zu  erreichen, 
um  von  dort  aus  unsere  Lieben  zu  benachrichtigen, 
ivir  seien  heute  Abend  nicht  im  Stechelberg  abzu- 
holen, und  sie  so  aus  Kummer  und  Angst  zu  erlösen. 
So  stiegen  wir  denn  endlich  mit  Umgehung  des  Roth- 
thalsattel-Schrundes  auf  den  Jungfraufirn  nieder  und 
wanderten  der  Concordiahütte  zu.  Die  Schatten  wurden 
länger,  der  Tag  begann  sich  zu  neigen.  Drei  Mann 
ruhten  hier  ein  wenig  aus,  während  der  Kaffee  kochte, 
^ie  andern  aber  forcirten  den  Aletschgletscher,  und 
am  Märjelensee  ließ  Brunner,  der  Nimmermüde,  seine 
Kameraden  im  Stich,  stürmte  eilenden  Laufes  zum  Hotel 
Jungfrau  hinüber  und  spedirte  Schlag  halb  8  Dhr 
das  ersehnte  Telegramm  nach  Lauterbrunnen,  welches 
-dort,  besonders  in  Führerkreisen,  gewaltige  Auf- 
regung hervorrief. 

Später  rückte  auch  ich  mit  der  Nachhut  unter 
das  gastliche  Dach  des  Gasthofs  ein,  wo  wir  von 
Herrn  Cathrein  aufs  Herzlichste  aufgenommen  und 
bewirthet  wurden.  Den  folgenden  Morgen  stiegen 
wir  nach  Viesch  hinunter;  ein  Wagen  brachte  uns 
nach  Obergestelen,  Abends  nächtigten  wir  bei  Freund 


Der  neusste  Jungfrauweg,  97 

Nägeli  auf  der  Grimsel,  und  Mittwoch  kehi-ten  wir 
nach  Hanse  zurück. 

Auf  der  Excur8ionskai*te  des  S.  A.  C.  läßt  sich 
unser  Weg  prächtig  verfolgen.  Wir  gingen  von  der 
Clubhtitte  über  Punkt  2764  aus  links  auf  den  Grat, 
der  sich  in  nordöstlicher  Richtung  gegen  den  „Hoch- 
fiiTi"  hinzieht  und  sich,  bevor  er  denselben  erreicht, 
mit  zwei  andern  Gräten  von  West  und  Süd  vereinigt; 
liier  befindet  sich  die  einzige  schwierige  Stelle.  Von 
hier  ans  geht  der  Weg  über  Firn  gegen  die  Zahl  4 
der  Quote  4166,  dann  rechts  auf  den  Grat  und  zum 
Oipfel  empor. 

Ziehen  wir  das  Facit  aus  den  Ergebnissen  unserer 
Jimgfraubesteigung,  so  ergibt  sich: 

Von  der  Roththalhtttte  aus  haben  wir  in  circa 
7^'2  Stunden  auf  einem  für  schwindelfreie  Gänger  leicht 
zu  begehenden  Weg,  der  sicher  ist  vor  jeder  La- 
winen-, Eis-  und  Steinschlaggefahr,  den  Jungfraugipfel 
erreicht.  Da  nun  der  Weg  nicht  mehr  gesucht  zu  werden 
braucht,  so  kann  der  Anstieg  wohl  in  5 — 6  Stunden 
bequem  gemacht  werden. 

Von  der  Berglihütte  am  Mönchjoch  und  der  Con- 
cordiahtttte  braucht  man  gewöhnlich  ungefähr  ebenso 
viel  Zeit,  von  der  Guggihütte  mindestens  fünf  Stunden 
mehr;  rechnet  man  dazu,  daß  die  RoththalhUtte  von 
Lauterbninnen  aus  leicht  in  5  Stunden  erreicht  wird, 
während  der  Zugang  zu  den  andern  Hütten  vom  Thale 
aus  weit  längere  Zeit  erfordert,  so  spricht  die  Zeit- 
differenz entschieden  zu  Gunsten  unseres  neuesten  Jung- 
franweges.  Im  Sommer  ist  derselbe  bei  stellenweisem 
Schnee  noch  viel  leichter  zu  begehen,  als  im  Herbst, 

7 


98  F,  V,  Almen.    Der  netteste  Jungfrauweg, 

weil  bei  unserer  Fahrt  die  Kalkfelsen  am  Morgen  be- 
reift und  daher  sehr  glatt  waren,  weßhalb  mit  großer 
Vorsicht  vorgegangen  werden  mußte. 

Die  Führer,  welche  den  neuen  Jungfrauweg  er- 
öffnet haben,  werden  im  Frühling  ihr  Möglichstes 
thnn,  denselben  noch  practicabler  zu  machen.  So  soll 
nicht  nur  die  schVierige  Stelle  durch  Sprengung  des 
bewußten  Felskopfes  und,  wenn  dann  noch  nöthig, 
Einrammen  voq  Eisenstangen  oder  Seilen  leicht  pas- 
sirbar  gemacht,  sondern  auch  die  Bärenfluh  stellen- 
weise corrigirt  werden,  damit  auch  weniger  geübte 
Berggänger  in  die  großartige  Gebirgswelt  des  Roth- 
thals gelangen  können.  Allerdings  müßte,  wenn  das 
Roththal  wieder  stärker  besucht  werden  soll,  dann 
auch  die  Clubhütte  umgebaut  und  bei  dieser  Ge- 
legenheit an  einen  günstigem  Ort  versetzt  werden. 

Wir  geben  uns  der  Hoffnung  hin,  der  S.  A.  C. 
werde  diese  Sache  zu  der  seinigen  machen  und  nächsten 
Sommer  dieses  Werk  ausführen,  wenn  sich  unsere 
Angaben  über  den  neuesten  Jungfrauweg  bewahrheitet 
haben  werden.  Zu  diesem  Zwecke  sind  die  oben  ge- 
nannten Führer  bereit,  die  nächste  Saison  den  neuen 
Weg  zu  begehen  mit  Jedem,  der  es  wünscht. ') 

*)  Die  Section  Bern  S.  A.  C. ,  unter  deren  Obbnt  die 
Roththalhtitte  steht,  hat  in  dieser  Angelegenheit  beschlossen^ 
die  Hütte  soweit  thunlieh  für  nächsten  Sommer  (1886)  re- 
pariren  zu  lassen,  die  Frage  einer  Vergrößerung  und  Ver- 
legung derselben  aber  zu  verschieben,  bis  durch  genaue  In- 
spection  der  Hütte  und  des  neuesten  Jungfranweges  erwiesen 
ist,  daß  der  Herr  Berichterstatter  jene  nicht  in  allzu  düsterem, 
diesen  in  allzu  rosigem  Lichte  gesehen  hat.  A.  d.  B. 


Aus  den  Gomserbergen.^) 

Von 

G.  Kamiah  (Section  Monte  Rosa). 


I«  Allerlei  aas  dem  Oomserthal. 

Auch  im  Sommer  1885  zog  es  mich  in  das  grüne 
Goms  und  seine  großartige  Gebirgswelt.  Letztere 
bietet  auch  dem,  der  sie  mehrfach  besucht,  immer 
des  Neuen  genug.  Zudem  gewährten  die  Alpenland- 
schaften im  eigentlichen  Quellthal  der  Rhone  das  letzte 
Jahr  Bilder,  die  wesentlich  verschieden  waren  von 
denen,  die  man  anno  1883  wahrnahm.  Damals  waren 
noch  im  August  die  obersten  Staffel  der  Schatten- 
berge mit  Schnee  bedeckt,  an  manchen  Orten  schienen 
sich  die  gewaltigen  fimharten  Schneelager  zu  Gletschern 
umbilden  zu  wollen;  erst  spät  entwickelte  sich  die 
Flora:  am  Aernengalen  unweit  der  Alp  Ettria  blühten 
noch  Mitte  September  einzelne  Alpenrosen.  Im  Spät- 
sommer dieses  Jahres  dagegen  waren  jene  halb  ver- 
gletscherten Schneemassen  unter  den  heißen  Strahlen 
der  Wallisersonne   dahin  geschwunden,   sogar  Berge 

^)  Siehe  Jahrbuch  S.  A.  C.  XX,  pag.  161.        Ä.  d  B. 


100  G,  KamJah. 

wie  das  Rissenhorn  frichtiger  Bisihom  nach  Aogabe 
der  Bellwalder,  auf  deren  Gebiet  es  liegt)  legten  ihre 
weißschimmenide  Kappe  ab.  Die  zahlreichen  Seelein, 
welche  so  manche  einförmige  Kumme  oder  fast  ebenen 
Galen  der  Gomser  Alpen  zieren,  waren  zu  unschönen 
Lachen  zusammengeschrumpft.  Einige  von  ihnen,  wie 
der  kleine  Blaue  See  zuoberst  der  Bodmer  Kumme 
und  seine  Nachbarn  auf  der  Südseite  zwischen  Kummen- 
und  Rappenhorn,  hatten  sich  in  häßliche,  wasserlose 
Mulden  verwandelt.  Der  herrliche  Blumenflor,  welcher 
die  Sonnenseite  des  vom  Kummenhom  Östlich  zum 
Blindenthai  zulaufenden  Grates  schmückt  (Aretia 
Vitaliana  L.,  Lychnis  Alpina  L.,  Campanula  CenisiaAU. 
kommen  in  Menge  vor),  war  Anfang  August  vollständig 
verbrannt.  Größere  Bergfahrten  wurden  nicht  nur  durch 
den  Mangel  an  widerwärtige  Trtimmerhalden  deckendem 
Schnee  erschwert,  sondern  vor  Allem  durch  die  furcht- 
bare Zerklüftung  und  Wildheit  der  Gletscher  fast 
unmöglich  gemacht.  Auch  die  größeren  Eisfelder 
unseres  Gebietes  wie  Gries,  Hohsand,  Turben,  Thäli 
und  Bächigletscher  zeigten  eine  überraschende  Menge 
von  Schrunden  und  Eisbrüchen.  Dasselbe  galt  von 
den  sie  nährenden  Firnfeldern.  Der  Walligletscher 
war  durch  eine  steile  Trümmerhalde  in  zwei  schutt- 
bedeckte Lappen  getheilt  worden. 

Der  von  mir  im  letzt  erschienenen  Jahrbuch  an- 
gegebene Weg  zum  Rissen-  oder  Risihorn  ist  bei  un- 
günstigen Verhältnissen,  wie  sie  1885  vorlagen,  zu 
mühsam.  Namentlich  die  Strecke  von  den  rothen 
Sewji  —  zwei  melancholischen,  von  röthlichbraunem 
Gestein  umrahmten  Seelein  —  war  heillos,  das  Auf- 


Aus  den  Gomserbergen,  101 

und  Absteigen  über  die  glatten  Platten  sehr  an- 
ßti-eogend,  der  Gletscher  selbst  in  seinem  südlichen  Theil 
außerordentlich  zerrissen.  Etwa  50  ™  von  der  höchsten 
Spitze  abwärts  gerechnet,  war  das  Hom,  wie  schon 
erwähnt,  schneefrei.  Der  Aufstieg  nahm  6^/2  Stunden 
in  Anspruch,  während  sonst  von  Blitzingen  aus  fünf 
genügten.  Auch  dieses  Mal  hatte  ich  auf  dem  präch- 
tigen Berge  klares  und  waiTnes  Wetter,  so  daß  ich 
die  großartige  Aussicht  mit  Muße  genießen  konnte. 
Interessant  war  es  für  mich,  unmittelbar  unter  dem 
Gipfel  selbst  einige  Exemplare  von  Enzianen  und 
Saxifragen  vorzufinden.  Es  waren  winzige  Pflänzlein, 
die  bereits  verblüht  waren,  wahrscheinlich  G.  Bavarica 
und  S.  oppositifolia.  Bei  meinen  Besteigungen  im 
Jahre  1883  hatte  ich  nicht  die  geringste  Spur  davon 
wahrgenommen.  Zum  Rückweg  beschloß  ich,  den  Theil 
des  Gletschers  zu  nehmen,  der  sich  am  meisten  nach 
Südostsüd  hin  erstreckt  und  in  einer  Mulde  endet, 
welche  ziemlich  breit  und  nicht  übeimäßig  steil  zum 
Wallibach  herabftihrt.  Dem  letzteren  führt  sie  den 
hauptsächlichsten  Abfluß  des  Gletschers  zu.  Schnell 
kommt  man  in  der  übrigens  recht  gut  gangbaren 
Wasserrinne  herab.  Unterhalb  des  Punktes,  wo  ein  von 
Westen  herabkommendes  Bächlein  einmündet,  ist  es 
angezeigt,  sich  rechts  zu  halten  und  über  steilen  Rasen 
nnd  Grasplanken  in's  Thal  zu  steigen,  dessen  Sohle 
man  etwa  eine  Viertelstunde  oberhalb  des  obersten 
Staffeis  der  Selkinger  Alpe  erreicht. 

Nicht  gar  weit  von  der  höchst  primitiven  Hütte 
war  der  Weg  durch  eine  vor  Kurzem  herabgerollte 
Flnh  gesperrt.  Um  den  längeren  Weg  über  Selkingen 


102  G,  Kamiah. 

und  die  etwa  20  Minuten  lange  Strecke  auf  der  Land- 
straße zu  vermeiden ,  ging  ich  vom  folgenden  Alp- 
staffel auf  einem  Viehwege  zur  Alp  Igschenen  und 
von  dort  steil  hinab,  dem  Hilpersbach  entlang  am 
Kastenbiel  vorbei,  nach  Blitzingen.  Reichlich  um  eine 
Stunde  ist  der  eben  angegebene  Weg  von  Blitzingen 
zum  Risihorn  kürzer  als  der  allerdings  aussichts- 
reichere und  interessantere  über  die  Blitzinger  Alpen 
und  den  Thälistock. 

Auch  das  Blindenhom  bot  1885  mehr  Schwierig- 
keiten als  man  erwarten  konnte.  Zwei  Tage  nach 
der  im  Vorstehenden  geschilderten  Fahrt  überschritt 
ich  um  5  Uhr  Morgens  die  Rhonebrticke  bei  Reckingen 
und  zog  eiligen  Schritts  in's  Blindenthai.  Bei  der 
Kapelle  zum  Heiligen  Kreuz  erfreut  man  sich  eines 
schönen  Einblicks  in  den  wilden  Hintergrund  des 
Thaies.  Von  Jahr  zu  Jahr  wird  dieses  unwirthlicher 
und  rauher.  Auf  der  Ostseite  wie  auf  der  Westseite 
sind  zahlreiche  Lauinenzüge.  Den  Hohstellibach,  der 
sich  immer  mehr  tobelartig  in  das  Schiefergestein 
einfrißt,  decken  heute  keine  Lauinen,  welche  den  Auf- 
stieg vor  zwei  Jahren  so  sehr  erleichterten.  Auf  dem 
linken  Ufer  des  Bächleins  steigt  man  empor,  zwar 
steil  geht's  hinauf,  aber  so  lange  man  auf  der  kräuter- 
reichen Schafalp  bleibt,  ist  kein  Grund  zu  klagen. 
Ein  breites,  von  Südosten  kommendes  wasserloses 
Rinnsal  wird  überschritten;  auch  dieses  hat  sich  be- 
deutend vertieft.  Eine  halbe  Stunde  von  der  Ein- 
mündung des  letzteren  aufwärts  wird  das  Traversiren 
auf  der  aus  Geröll  bestehenden  Böschung  des  Hoh- 
stellibachs    zu    ermüdend;    ich    suche    zu    letzterem 


Aus  den  Gameerbergen,  103 

hinuDterzusteigen.  Wenig  Wasser  ist  am  Morgen  in 
demselben,  aber  die  hervorragenden  Steine  sind  mit 
einer  Eiskruste  überzogen,  so  daß  ich  mich  freute, 
als  ich  den  Fuß  auf  den  Hohstelli-  oder  Sulzgletscher 
setzte. 

Der  untere  und  mittlere  Theil  desselben  sind 
wenig  geneigt;  sie  nehmen  fast  den  ganzen  Raum 
zwischen  dem  westlichen  Ausläufer  des  Merzenbach- 
ßchiens  und  dem  Nordfuß  des  Blindenhoms  ein.  Vom 
Griesfim  trennt  den  Wanderer  noch  eine  etwa  150"* 
hohe  steile  Stufe,  die  keineswegs,  wie  die  Karte  an- 
nehmen läßt,  vollständig  vergletschert  ist;  dieses  ist 
vielmehr  heute  nur  bei  dem  dritten  Theil  derselben 
der  Fall,  dem  südlichen.  Auf  diesem,  dem  oberen 
Sulzgletscher,  pflegt  man  gewöhnlich  zum  Griesfim 
emporzusteigen.  Die  nördlichen  Hänge,  aus  leicht 
zerbrechlichem  Schiefer  bestehend,  sind  weit  steiler. 
Leider  ist  dieses  Mal  der  eben  genannte  Theil  des 
Gletschers  unpassirbar,  weil  furchtbar  von  Spalten 
zerrissen.  Ich  halte  mich  links,  wo  steile  Schneestreifen 
zwischen  dem  Schiefergestein  sich  bis  zum  Firn  hinauf 
ziehen.  In  einem  solchen  couloirähnlichen  schnee- 
gefullten  Riß  steige  ich  langsam,  mit  der  Linken  mich 
an  das  scharfe,  oft  tibereiste  Gestein  möglichst  fest- 
haltend, mit  der  Rechten  Stufen  in  den  fimharten 
Schnee  schlagend,  empor.  Ich  erreiche  nach  strenger 
Arbeit  den  Griesfim.  Der  Wechsel  der  Scenerie  wirkt 
überraschend.  Lange  Stunden  hat  man  im  Blinden- 
thal  und  dem  rauhen  und  engen  Bett  des  Wildbachs 
geweilt,  kein  Sonnenstrahl  traf  bislang  den  Wanderer ; 
jetzt   sieht    man    im    hellen   Sonnenglanze    den   aus- 


104  G,  Kamiah. 

gedehnten  Griesgletscher ,  trefflich  umrahmt  auf  der 
Nordseite  von  dem  dunklen  Grat  des  Merzenbach- 
schiens  und  den  zerzackten  Ritzenhömem,  auf  der  Süd- 
seite von  dem  mächtig  emporragenden  und  schön  ge- 
formten Siedelrothhorn,  in  sanfter  Neigung  sich  nach 
Osten  hinabziehen,  scheinbar  bis  tief  in's  Val  Be- 
dretto.  Zahlreiche  Bergketten  tauchen  am  Horizont  auf. 
Direkt  von  Norden  her  auf  das  Blindenhorn  loszu- 
marschiren,  ist  heute  unmöglich.  Im  Firn  klaffen  dort 
furchtbare  Schrilnde.  Ich  gehe  daher  in  südlicher 
Richtung  auf  die  Mitte  des  zwischen  dem  zu  erstei- 
genden Berge  und  dem  Rothhom  befindlichen  Firns 
zu.  Der  letztere  ist  gut  zu  begehen,  nur  die  Spalten 
machen  häufig  Umwege  nothwendig.  Unfern  der 
italienischen  Grenze  wende  ich  mich  rechts  und  komme 
so  von  Süden  auf  das  Hörn  zu.  Auf  unsicheren  Schnee- 
brticken  werden  einige  Schrunde  überschritten,  dann 
bin  ich  am  Berge  selbst.  Die  Südseite  ist  schneefrei ; 
leicht  gelangt  man  zum  Steinmannli.  Von  dem  Punkt, 
wo  ich  den  Firn  betreten,  bis  zum  Hörn  habe  ich 
1  ^/2  Stunden  gebraucht,  zum  Aufstieg  von  Blitzingen 
bis  zur  Spitze  7^/2  Stunden.  Die  Aussicht  ist  heute 
vollkommen  frei,  kein  neidischer  Nebel  verdeckt  irgend 
eine  Spitze  in  dem  gewaltigen  Panorama.  Die  Alpen- 
kenntniß  unseres  Altmeisters,  des  Herrn  Gottlieb  Studer, 
wäre  erforderlich,  um  die  von  hier  ab  sichtbaren 
Berggipfel  benennen  zu  können.  Um  so  merkwürdiger 
ist  der  geringe  Besuch  des  Blindenhorns ,  von  Club- 
genossen findet  sich  immer  noch  keine  Karte  in  der 
Flasche  als  die  des  Herrn  Emil  Burckhardt  von  Basel. 
Vielleicht  sind  übrigens  auch  andere  Herren  dort  ge- 


Aus  den  Gomserbergen,  105 

wesen,  die  bei  guten  Schneeverhältnissen  hinaufgelangt 
es  verschmähten,  ihre  Anwesenheit  auf  dem  dann 
leicht  zugänglichen  Berge  zu  bemerken,  wie  es  Schreiber 
dieses  auch  1883  gethan.  Vom  Tosafall  aus  ist  bei 
nonualen  Jahren  die  Besteigung  unschwierig;  weit 
mühsamer  ist  sie  stets  vom  Goms  aus.  Im  Juli  1885 
haben  Officiere  des  militär-geographischen  Institut» 
zn  Turin  das  Blindenhorn  gemessen  und  die  Höhe  auf 
3371 "» festgestellt.  Nach  einsttindigem  Aufenthalt  trete 
ich  den  Rückweg  an;  für  dieses  Jahr  muß  ich  den 
Plan,  vom  Blindenhorn  nach  dem  Binnenthal  herabzu- 
steigen, aufgeben;  allzu  zerspalten  sind  die  zu  über- 
schreitenden  Gletscher.  Genau  demselben  Wege  wie 
beim  Aufstieg  folge  ich  beim  Abstieg.  Beim  üeber- 
schreiten  einer  jener  Schneebrücken  merke  ich,  wie 
mein  rechter  Fuß  tief  einsinkt,  mit  aller  Kraft  schnelle 
ich  mich  vorwärts  und  hatte  gut  daran  gethan.  Beim 
nachherigen  Sondiren  mit  dem  Pickel  stieß  ich  an 
der  fraglichen  Stelle  sofort  durch.  Die  Absicht,  den 
Rückweg  über  den  Merzenbachschien  nach  Hohbach 
hinab  zu  nehmen,  wird  durch  mehrere  breite  Spalten 
imd  einen  nicht  zu  überschreitenden  Bergschrund  ver- 
eitelt. Zum  unteren  Theil  des  Hohstelligletschers  ge- 
lange ich  jetzt  leicht,  der  Eisüberzug  des  Schiefer- 
gesteins ist  verschwunden  und  die  steilen  Schneeflecke 
sind  lind  geworden.  Ueberall  rieselt's  und  rauscht's» 
Ich  bleibe  auf  dem  rechten  Ufer  des  bedeutend  an- 
gewachsenen Baches,  eilig  die  Geröllhänge  traver- 
sirend,  um  schnell  aus  dem  Bereich  der  vom  Grat  — 
dem  Ausläufer  des  Merzenbachschiens  —  her  zu  er- 
wartenden Steine  zu  kommen.    Nur  zwei  Stück  sehe 


106  G.  Kamiah. 

ich  herabrollen,  und  das  sind  ungefüge  starke  Blöcke, 
die  sich  schwerfällig  herabwälzen,  formlich  Furchen 
in  der  vom  aufgethauten  Neuschnee  durchtränkten 
Oeröllhalde  aufwühlend.  Nicht  ohne  Mühe  wird  der 
Wildbach  übersprungen  und  durchwatet.  Bald  bin 
ich  im  Blindenthai.  Das  Senntum,  bei  dem  ich  Mor- 
gens Milch  getrunken ,  ist  auf  einen  niederen  Staffel 
gezogen.  Man  ruft  mich  an ;  da  keine  Käsemilch  vor- 
handen, läßt  der  gefällige  Senne  eine  Kuh  für  mich 
melken.  Um  5  Uhr  Abends  bin  ich  wieder  in  Reckingen; 
einzelne  Bauern  kommen  mit  ihren  Frauen  und  Töch- 
tern vom  Felde,  die  mich  neugierig  ausfragen  und 
sich  freuen,  daß  es  mir  auf  ihren  Bergen  so  gefalle. 
Von  älteren  Leuten  in  Reckingen  und  Gluringen  wird, 
wie  hier  erwähnt  sein  mag,  das  Blindenhorn  Königs- 
horn  genannt,  während  man  ersteren  Namen  der  nie- 
drigeren nördlichen  Kuppe  beilegt. 

In  Betreff  des  von  mir  im  letzten  Jahrbuch  Seite  165 
erwähnten  angeblichen  Weges  über  Schrat  und  die 
Bellwalder  Schafalpen  zum  obern  Vieschergletscher 
will  ich  noch  bemerken,  daß,  trotzdem  die  Gegend, 
durch  welche  die  Straße  geführt  haben  sollte,  voll- 
ständig aper  war,  Spuren  einer  solchen  durchaus  nicht 
zu  finden  waren.  Dessenungeachtet  ist  man  nament- 
lich auch  in  Bellwald  von  dem  einstigen  Dasein  des 
fraglichen  Weges  fest  überzeugt :  „es  seien  sogar  Waaren 
dort  von  Bern  her  herüber  gefahren.'^  Letzterer  um- 
stand gibt  Licht.  Zur  Zeit,  als  Wallis  von  der  Eid- 
genossenschaft getrennt  war,  vor  Allem  aber,  als  es 
als  Departement  du  Simplon  zu  Frankreich  gehörte, 
fand   vom   Haslithal   her   über   das   Oberaarjoch   ein 


Alis  den  Gomserbergen.  107 

nicht  unbedeutender  Schmuggel  statt.  Damals  mögen 
alle  jene  rauhen  Uebergänge,  die  von  den  Gletschern 
in's  Goms  führen,  von  waghalsigen  Schmugglern  reich- 
lich benutzt  worden  sein.  Der  ausgedehnte  Bellwalder 
Schaf berg,  der  ja  von  der  Richinenalpe  bis  an  den 
Gletscher  unter  dem  Risihorn  reicht,  hat  ohne  Zweifel 
vortreffliche  Verstecke  für  die  Contrebande  und  deren 
Träger  abgegeben.  Flir  Glückskinder  liegen  auch  heute 
noch  in  der  stillen,  einsamen  Gegend  westlich  vom 
Setzenhorn  mancherlei  Schätze  vergraben.  Als  einst 
ein  vierzehnjähriges  Mädchen  aus  Bellwald  in  Be- 
gleitung ihres  Vaters  in  den  Schafberg  ging,  um  ein 
Schaf  zu  „reichen",,  habe  es  plötzlich  an  einem  wilden 
Orate  geleuchtet  und  geblitzt  wie  von  einer  Monstranz. 
Gold  und  herrliche  Strahlen  hätten  weithin  geschienen. 
Statt  aber  schleunigst  die  Schürze  auf  den  Schatz  zu 
werfen,  habe  die  erschreckte  Tochter  nach  dem  Vater 
gerufen.  Da  sei  Alles  verschwunden.  Aehnlich  ging's 
«inem  zwölfjährigen  Kinde  aus  Blitzingen,  dem  auf 
der  Alp  Heustetten,  wo  ein  großer  Schatz  ruhen  soll, 
beim  Holzsammeln  da,  wo  jetzt  noch  Reste  einer  alten 
Hütte  stehen,  ein  graues  Mann  lein  prächtige  und  kost- 
bare Schmucksachen  und  Gewänder  zeigte.  Auch 
sie  wandte  sich  ab  und  rief  ihren  Eltern,  worauf  die 
Sachen  und  das  Männlein  versanken.  Im  Pfaffenbiel 
und  dem  aussichtsreichen  Kastenbiel  hat  man  gleich- 
falls Schätze  blühen  sehen. 

Einem  alten  Bauern  aus  Bellwald  gelang  es  vor 
geraumer  Zeit  mit  Beihülfe  eines  Aerners,  im  Walde 
zwischen  Bellwald  und  Viesch  einen  Schatz,  von  dem 
ihm  dreimal,    während   er   bei  der  Predigt  Sonntags 


108  6r.  Kamiah, 

geschlummert,  geträumt  hatte,  zu  heben  und  die  Hüterin 
desselben,  eine  schöne  Jungfrau,  zu  erlösen.  Ein 
Haus  in  Aemen  soll  von  dem  gewonnenen  Gelde  erbaut 
sein.  Als  realer  Hintergrund  dient  diesen  Schatzsagen 
die  Thatsache,  daß  man  in  Goms  mehrfach  alte,  zu 
Kriegszeiten  vergrabene  Münzen  gefunden  hat. 

So  entdeckten  Kinder  aus  Biel,  welche  bei  der 
St.  Antonskapelle  ob  Selkingen  Vieh  hüteten,  in  der 
von  einem  Maulwurf  ausgeworfenen  Erde  ein  Gold- 
stück. Man  grub  nach  und  fand  unter  einem  großen 
Stein  unmittelbar  neben  der  in's  Wallithal  führenden 
Straße  mehrere  Hundert  Gold-  und  Silbermünzen. 
Leider  hat  das  mißtrauische  Bäueylein,  dessen  Kinder 
den  Fund  gemacht,  um  diesen  möglichst  geheim  zu 
halten,  die  Münzen  schnell  an  speculative  Aufkäufer 
verschleudert.  Ich  habe  nur  eine  abgegriffene  Silber- 
münze mit  den  Wappen  von  Schwyz,  üri  und  ünter- 
walden  davon  gesehen.  Dieses  an  sich  einfache  Ereig- 
niß,  das  sich  erst  vor  wenig  Jahren  zugetragen,  hörte 
man  heute  in  folgender  Weise  erzählen: 

„Als  eines  Tages  Kinder  aus  Biel  auf  dem  Stein 
an  der  Thalstraße  neben  der  St.  Antonskapelle  saßen 
und  Vieh  hüteten,  kam  urplötzlich  eine  steinalte  Frau 
in  absonderlicher  alterthümlicher  Tracht  auf  sie  zu. 
Sie  bekamen  einen  „scharpfen  Chlopf"  und  liefen 
nach  Hause.  „Eine  Hexe  sei  auf  sie  zugekommen.'^ 
Genau  zwei  Jahre  nach  dieser  Erscheinung  träumte 
dem  ältesten  der  Kinder,  einem  zwölfjährigen  Mädchen, 
unter  dem  Steine,  worauf  sie  damals  gesessen,  ruhe 
ein  Schatz.  Als  sie  wieder  mit  dem  Vieh  an  den 
Platz  kam,  warf  ein  „Schorm"  (Maulwurf)  ein  Gold- 


Aus  den  Gomserbergen,  109 

stück  aus  der  Erde.  Lediglich  diese  Tochter  ver- 
mochte in  der  Höhlung  unter  dem  Stein  die  Münzen 
zasammenzul  esen .  ^ 

Man  sieht,  daß  auch  in  der  Gegenwart  den  ein- 
fachen Bergleuten  die  Sagen  bildende  Kraft  noch  nicht 
verloren  gegangen  ist.  Besonders  viel  Bozengeschichten 
werden  von  der  schönen  Richinenalpe  erzählt.  Vor 
nicht  allzu  langer  Zeit  bemerkte  ein  älterer  Mann 
aas  Bellwald,  der  gegen  Abend  nach  dem  Beteläuten 
an  der  Alpe  vorbeiging,  daß  eine  Anzahl  Menschen 
zwischen  den  Hütten  stand.  Da  die  Alp  nicht  be- 
fahren und  er  durchaus  kein  „klopfiger  Narr"  war, 
trat  er  näher,  um  zu  sehen,  was  es  dort  gäbe.  Er 
fand  fremde  Gesichter,  dazu  trugen  Alle  altvaterische 
Kleidung.  Eilends  ging  er  zurück,  obwohl  man  ihm 
zuwinkte.  Da  rief  man  ihm  zu :  „Heute  in  dem  Gaden, 
in  drei  Tagen  zu  Hause."  Als  er  zum  Gaden  kam, 
fand  er  seine  schöne  Geis  todt.  Nach  drei  Tagen 
starb  er  selbst.  So  lieblich  und  schön  Tags  über  die 
lichten  Waldungen  und  grünen  Wiesen  oberhalb  Bell- 
wald sind  und  so  angenehm  der  von  dort  über  Nessel- 
schlicht gegen  Blitzingen  führende  Fußweg  zu  be- 
gehen ist,  so  unheimlich  ist's  in  dieser  Gegend 
Nachts  oder  richtiger  nach  dem  Beteläuten  am  Abend. 
Der  Gratzug  (oder  die  Todtenprocession)  hat  hier 
seinen  Gang.  Ich  brauche  nur  auf  die  bezüglichen 
Erzählungen  in  den  „Walliser  Sagen"  von  Tscheinen 
und  Ruppen  ^)  hinzuweisen.  Ein  Brünnlein  an  dem 
Pfade  auf  der  Niederwalder  Voralpe  heißt  nicht  ohne 

^)  Walliser-Sagen,  gesammelt  von  Sagenfreunden.  Sitten, 
Buchdruckerei  Schmid.  1872.  A.  d,  Red. 


110  G,  Kamiah, 

Grund  der  Todtenbrunnen.  Die  eigenartige  Todten- 
musik  hat  man  auch  weiter  unterhalb  bei  Blitzingen 
Öfters  gehört,  dagegen  ist  der  Volksgang  selbst  dort 
noch  nicht  wahrgenommen.  Auf  dem  untersten  Staffel 
der  Bodmeralpe  soll  ebenso  wie  auf  der  bekannten 
Hohbachalpe  eine  emsig  spinnende  Frau  mit  einer  Katze 
ihr  Wesen  treiben  —  sicherlich  ein  Anklang  an  den 
uralten  Berchta-Hulda-Mythus.  Auch  die  klugen,  stets 
zu  allerlei  Neckereien  aufgelegten,  aber  dabei  doch 
immer  htilfreichen  Godwerjini  fehlten  dereinst  im 
Goms  nicht.  So  waren  unfern  Bödmen  mehrere  seß- 
haft. Mancherlei  wird  auch  hier  noch  von  ihnen  er- 
zählt. Leider  sind  sie,  wie  überall  im  Oberwallis, 
auf  Nimmerwiederkehr  ausgewandert. 

Sagenhaft  klingt  es  uns  gegenwärtig,  wie  hier 
noch  bemerkt  sein  mag,  wenn  wir  hören,  daß  im 
Mittelalter  oben  im  grünen  Quellthal  der  Rhone  Wein 
gebaut  wurde.  Es  kann  indessen  durch  Urkunden  be- 
wiesen werden.  In  der  trefflichen  Sammlung  von 
Walliser  Urkunden,  welche  der  bekannte  Freiburger 
Geschichtsforscher  Abb6  Grömaud  herausgegeben  hat, 
findet  sich  ein  Document  vom  29.  September  1247  '), 
dem  zu  Folge  ein  Amadeus  de  Agro  an  Villennus 
de  Fönte  unter  Anderm  auch  einen  Weinberg  zu  Mtihli- 
bach  verkauft.  Ob  diese  einstigen  Weinberge  den  un- 
verwöhnten Geschmack  der  alten  Oberwalliser  docn- 
mentiren  oder  aber,  ob  sie  als  ein  Rennzeichen  des 
milderen  Klimas  anzusehen  sind,  mag  dahingestellt 
bleiben. 


*)  M6moire8  et  docuraents  de  la  Suisse  romande.  Vol.  XXIX, 
n«  509  (Lausanne  1875).  A.  d.  Eed. 


Aus  den  Gomserbergen,  111 

Hoffentlich  rinnt  noch  viel  Wasser  die  Rhone 
hinunter,  ehe  jene  dort  oben  fast  zum  geflügelten 
Wort  gewordene  Redeweise:  „Goms  wird  einst  eine 
Schafalp"  in  Erfüllung  geht;  allerdings  ist  nicht  zu 
leugnen,  daß  niedrige  Gewinnsucht  und  stumpfsinnige 
Indolenz  das  Möglichste  thun,  um  auch  dieses  schöne 
Hochthal  zu  veröden. 

II.  Zwischen  (kehren-  nnd  Eginenthal. 

Das  wilde,  selten  besuchte.  Gehrenthal  gehört  zu 
den  Hochthälern,  in  denen  im  Laufe  dieses  Jahr- 
hunderts die  dauernde  Niederlassung  der  Menschen 
aufgehört  hat.  Solche  Landschaften  haben  etwas  eigen- 
artig Anziehendes.  Aber  auch  abgesehen  hievon,  ist 
Gehren  des  Besuchs  wohl  werth. 

Der  oberste  Theil  der  Thalschaft  ist  von  über- 
raschender Wildheit,  die  zerstörende  Kraft  der  Natur- 
mäehte  zeigt  sich  in  ihrer  ganzen  Furchtbarkeit.  Die 
nackten  zerrissenen  Berge  des  Thalhintergrunds  — 
der  Grat  vom  Kühbodenhorn  bis  zum  Pizzo  Nero,, 
das  Mettlihorn  und  vor  Allem  die  einem  riesigen,, 
halbzerfallenen  gothischen  Schloß  ähnlichen  Saas- 
höruer  —  machen  einen  bedeutenden  Eindruck. 

Es  ist  nicht  die  Höhe  derselben,  welche  ja  relativ 
gering  ist,  die  wirkt,  sondern  vielmehr  der  Zustand 
des  Zerfalls,  der  sich  in  erschreckender  Weise  zeigt.. 
Hier  sind  in  Wahrheit  die  Häupter  der  Berge  ihre 
Füße  geworden.  Der  starke  Rückgang  der  Gletscher  — 
vom  Thal  aus  sieht  man  nur  zerrissene,  schmutzige 
Lappen  hie  und  da  zwischen  den  Granitblöcken  oder 
zackigen  Wänden  hervorlugen  —  und  der  Mangel  einer 


112  G,  Kamiah. 

<lie  wüsten  Trttmmerhalden  verhüllenden  Schneedecke 
lassen  die  Landschaft  noch  öder  erscheinen. 

Steigen  wir  abwärts,  so  kommen  wir  auf  Alpweiden, 
die  derartig  mit  Steinen  bedeckt  sind,  daß  es  nicht 
mehr  lohnt,   sie  zu  befahren. 

Aus  einem  Felsenthor  rauscht  der  Saasbach  der 
Elma  (Gehrenbach)  zu.  Er  kommt  aus  dem  Saas,  einem 
ausgedehnten,  heute  fast  ganz  mit  Geröll  überschütteten 
Gelände,  welches  auf  der  Ost-  und  Südseite  von  den 
unschönen  Schuttmassen  und  den  jäh  aufsteigenden 
Oranitmauern  der  Mutthömer  und  der  Saashömer 
eingefaßt  wird.  Nur  der  grüne  Schaf berg,  welcher 
im  Nordwesten  das  Saas  begrenzt,  mildert  etwas  den 
todten  Charakter  dieser  Gegend. 

Im  Hauptthal  finden  wir  zwischen  den  Einmün- 
dungen des  Saasbaches  und  des  von  der  schönen  Dähli- 
^Ip  herabstürzenden  Wildbaches  mehrere  Alpstaffel; 
zwischen  den  Steinen  und  größeren  Blöcken,  die  anch 
hier  nicht  fehlen,  ist  starker  Graswuchs,  aber  die 
Lauinen  von  den  Steilwänden  des  Schafbergs  und  die 
reißende  Elma  werden  wohl  in  nicht  allzu  langer 
2eit  auch  an  diesen  nutzbaren  kräuterreichen  Thal- 
gründen ihre  verwüstende  Macht  beweisen.  Wald  ist 
in  den  eben  geschilderten  Theilen  des  Gehreuthals 
-wenig  mehr  vorhanden:  einige  spärliche,  lauinen- 
durchfurchte  Bestände  von  Lärchen  an  dem  nach 
Nordwesten  zu  laufenden  Stock  des  Mettlihorns,  nie- 
drige Alpenerlen,  Legföhren  und  hie  imd  da  eine  Tanne 
und  verkümmerte  Lärche  am  Schafberg,  das  ist  Alles. 

Der  Weg  setzt  auf  das  linke  Ufer  des  Baches 
tlber.  Die  Scenerie  wird  eine  andere.   Enger,  Schlucht- 


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Aus  den  Gomserbergen,  113 

artiger  wird  das  Thal ,  tief  hat  der  Fluß  sich  ein- 
gesägt und  jagt  tosend  thalabwärts.  Unser  Pfad  führt 
•durch  lichten  Wald;  ein  auffallend  tippiger  Pflanzen- 
wuchs erfreut  das  Auge.  Das  milde  Klima  und  die 
im  Yerhältniß  zu  andern  Walliserthälern  häufigen 
Niederschläge  begünstigen  die  Vegetation.  Bald  er- 
blickt man  auf  der  Ostseite  des  wieder  sich  verbrei- 
ternden Thals  die  Wiesen  und  Felder  von  Gehrendorf. 
Letzteres  selbst  lehnt  sich  an  die  Südseite  des  sonnigen 
Hungerbergs.  Von  der  zuletzt  zu  passirenden  Brücke 
erreicht  man  in  sanfter  Steigung  binnen  5 — 10  Min. 
«die  Kapelle  und  die  wenigen  zerfallenden  Häuser.  Es 
ist  ein  fruchtbares,  freundliches  Gelände,  das  sich  vom 
Süd-  und  Südwesthange  des  genannten  Berges  bis 
2um  Bach  herunter  erstreckt.  Die  Wiesen,  und  na- 
mentlich die  Getreideäcker,  welche  sich  bis  zur  Höhe 
von  1700™  am  Hungerberg  hinaufziehen,  scheinen 
weit  ertragreicher  zu  sein,  als  die  im  obersten  Theil 
des  Goms,  Oberwald  und  Obergestein.  Nahe  der 
Kapelle  steht  noch  der  Stumpf  eines  Kirschbaums. 
Im  Mittelalter  stand  die  Thalschaft  Gehren  unter  der 
Herrschaft  eines  jener  wälschen  Adelsgeschlechter, 
die  ja  auch  im  deutschen  Oberwallis  bedeutende  Be- 
sitzungen hatten.  Von  einem  Aufruhr  zur  Feudalzeit 
wird  erzählt,  bei  welchem  eine  Anzahl  Männer  aus 
Oehren  aufgehängt  worden  sein  sollen.  Später  erwarben 
die  Zehnten  des  Wallis  das  Thal,  das  somit  keineswegs 
unter  Gbms  allein  stand ;  ein  gemeinschaftlicher  Vogt 
verwaltete  es.  Die  Ereignisse  zu  Ende  vorigen  Jahr- 
hunderts machten  diesem  eigenthümlichen  Verhältniß 
m  Ende. 

8 


114  G.  Kamiah, 

Die  EntT^lkerimg  scheiBt  ganc  albnäiig  vor  neb 
gegangen  za  sein.  ELeüi  ^(^tdicheB  £lfiinentareragirif^ 
hat  die  Bewohner  Fon  G«hre&  znr  Flaclit  Feranlaßt 
Was  sie  bewogen,  ihre  Heimat  aulkogel^en ,  ist  ni' 
klar.  Das  Klima  ist  minder  rauh,  als  das  des  obers 
Goms;  denn  der  Hnngertierg  schiit^  trefflich  Gehren 
vor  den  kalten,  seharfm  HoirdoBtwmden ,  welehe 
die  offene  Ehoneebene  bis  Münster  so  unwirthlkä 
machen. 

Der  Boden  aber  ist  bis  xxl  ^en  Alpen  Ton  LSagis 
und  Dähli  hinauf  frnektbar  und  ziemlich  tiefgründig. 
Lauinen  endlich  majrihmi  den  hier  in  Frage  kommendmi 
Theil  des  Thals  et^  imsicher,  seit  man  ans  kurz- 
sichtiger  Geldgier  vor  etwa  50—60  Jahr^i  dm»li 
bedeutende  Kahlschlage  den  sokirm^dfia  Waldmantel 
fast  gänzlich  vernichtet  hat.  — r  Gienog,  hento  ist 
Gehrendorf  nur  zeitweilig  bewohnt;  es  ist  zu  einer 
Art  Yoralpe  geworden.  Auch  das  ehrwürdige  Rath- 
haus  hat  man  leider  noch  im  letzteii  Mensehenalter 
auf  Abbruch  nach  Obergestela  verkauft« 

Touristen,  die  sich  einen  Einblick  in  unser  Thal 
verschaffen  wollen,  würde  ich  rathen,  zunächst  den 
höchst  lohnenden  Hung^berg  zu  besuchen.  Unschwierig 
gelaugt  man  von  hier  ziemlich  stell  ansteigend  —  der 
ganze  Berg  ist  Heuberg,  im  Juli  gdit  maa  durch  ein 
wahres  Blütibenmieer  -r*  über  den  obersten  Theil  der 
Längisalpe  zum  höchsten  Punkt  des  geologisch  in- 
teressanten Längisgrats  (2800  ^),  welcher  gemäß  seiner 
vorgeschobenen  Lage  eine  weite  und  schöne  Aussicht 
bietet.  Auch  der  Schaf berg  (2756™)  ist  besuehens- 
werth.  Ohne  große  Mühe  erreicht  man  von  letzterem 


Ai4S  den  Cromserbergen.  115 

«18  den  Punkt  2994  nordwestlich  vom  Mutthorn  mit 
prächtiger  und  interessanter  Aussicht.  Das  Mutthorn 
selbst  wird  am  besten  über  Saas  erstiegen ,  es  ist 
sehr  beschwerlich^  über  schändliche^  lose  Blöcke  kommt 
man  mühsam  zur  Spitze. 

Von  der  schönen  und  ausgedehnten  Dählialp  führt 
ein  guter  Weg  direct  in's  Gehrenthal  hinab;  die 
sonnige  windgeschützte  Kumme,  in  der  man  hinab- 
geht, ist  mit  einer  außerordentlich  üppigen  Vegetation 
Tersehen.  Die  Dählialp  gehört  nach  Obergestein,  die 
Hoch  in  der  Thalsohle  vorhandenen  Alpweiden  werden 
von  der  genannten  Alpe  aus  befahren. 

Der  Gehrenpaß  wird  gegenwärtig  nur  selten  be- 
gangen. Seitdem  der  Siediengletscher  so  sehr  zurück- 
gegangen und  überhaupt  das  obere  Thal  so  ver- 
wildert ist ,  bietet  er  für  einfache  Bergwanderer 
verhältnißmäßig  viel  Schwierigkeiten.  Schon  die  lieber- 
schreitong  des  reißenden  Saasbachs  ist  nicht  leicht; 
der  aus  dem  Val  Bedretto  Kommende  wird  im  Hoch- 
sommer nicht  hinüber  gelangen  können.  Ich  möchte 
deßhalb  im  Folgenden  auf  einen  minder  mühsamen 
üebergang  in's  Tessin  aufmerksam  machen.  Er  fahrt 
durch  das  Gornerli,  jenes  linke  Seitenthal  von  Gehren, 
welches  von  diesem  durch  das  Mettlihorn  und  dessen 
Biedere  Ausläufer  getrennt  wird.  Direct  südlich  von 
Gehrendorf  stürzt  der  mächtige  Gomerlibach  in  male- 
rischen Fällen  in  die  tobende  Elma. 

Man  geht  über  die  Brücke  auf  das  linke  Ufer  des 
letztgenannten  Baches,  binnen  wenigen  Minuten  trifft 
ein  schmaler  Viehweg  rechts  auf  das  in's  Hauptthal 
führende  Sträßlein.    Dieser  führt  durch  üchten  Wald 


116  G.  Kamiah. 

in  mäßiger  Steigung  zur  Gornerlialpe  Es  ist  eine 
liebliche  grüne  ThalmuWe,  das  Gornerli,  im  Nord- 
westen von  dem  ziemlich  steilen  Abfall  der  Blasalpe, 
im  Südosten  von  dem  sanft  ansteigenden  Rücken 
eingefaßt,  aus  dem  sich  dann  das  Mettlihorn  erhebt. 
Binnen  Kurzem  wird  die  Landschaft  wilder.  Die  jähen 
Fluhwände  des  massigen  Mettlihorns  und  der  arg 
zerrissene ,  oben  mit  sehr  zerspaltenen  Hänge- 
gletschern,  unten  mit  rauhen  Trümmerhalden  bedeckte 
Grat,  der  sich  vom  Pizzo  Gallina  nordwestlich  bis 
zu  den  Blashömem  hinzieht,  bilden  die  Umgebung 
des  steiniger  und  unfreundlicher  werdenden  Thaies. 
Mehrere  kleine  Bächlein  eilen  in  schönen  Cascaden 
von  Westen  her  dem  Gornerlibach  zu.  Den  Hinter- 
grund bildet  im  Süden  der  Thalgletscher,  hinter  dem 
sich  der  dunkele  Grat  zwischen  Pizzo  Nero  und 
Gallina  —  unser  Uebergang  in's  Val  Bedretto  — 
deutlich  abhebt.  In  schneereichen  Jahren  ist  auch 
hier  besser  gehen;  leider  ist  der  Gornerligletscher 
wie  seine  Nachbarn  sehr  zurückgewichen ,  so  daß 
man  allzu  lange  auf  dem  widerwärtigen  Geröll  mar- 
schiren  muß. 

Vom  Pizzo  Gallina  und  seinen  nördlichen  Aus- 
läufern stürzen  Tags  über  fast  fortwährend  Steine 
auf  den  Gletscher;  weit  minder  tritt  auf  der  West- 
seite des  solideren,  breiteren  Mettlihorns  Steinschlag 
auf.  Auf  dem  unteren  Theil  des  Gletschers  kommt 
man  schnell  vorwärts;  der  obere  dagegen  ist  sehr  steil. 
Man  thut  gut,  sich  etwas  östlich  zu  halten,  um  den  Grat 
an  dem  Punkte  zu  erreichen ,  wo  er  am  bequemsten  zu 
erklettern.  Vom  Gornerligletscher  wird  man  nach  lieber- 


Ätis  den  Gomserbergen.  117 

schreitung  des  Verbindungsgrates  zwischen  Pizzo  Nero 
und  dem  Mettlihorn  unschwierig  zum  Siedeingletscher 
gelangen.  Unser  Grat  ist  nicht  aus  nackten  jähen 
Wänden  gebildet,  sondern  das  Gestein  desselben  ist 
mit  Geröll,  ja  an  einigen  Stellen  mit  Erde  bedeckt, 
80  daß  man  trotz  der  sehr  starken  Neigung  zwar 
mühsam,  aber  ohne  sonderliche  Schwierigkeiten  hinauf 
gelangt.  In  normalen  Jahren  wird  diese  etwa  50 — 70™ 
ob  dem  Gletscher  sich  erhebende  steile  Geröllwand 
mit  fimhartem  Schnee  bedeckt  sein.  Dafür  spricht, 
daß  ich  keine  Spur  von  Vegetation  fand.  Auf  dem 
Kartenblatt  St.  Gotthard  ist  unser  Uebergang  als  voll- 
kommen vergletschert  dargestellt  und  zwar  auch  die 
sanft  geneigte  Südseite.  Dieses  Jahr  waren  auf  letz- 
terer gerade  unmittelbar  unter  der  Paßhöhe  nur  einige 
Schneelager  von  geringer  Ausdehnung  zu  finden,  welche 
mehrere  ziemlich  tiefe  Wasserlachen  speisten.  Von 
Oberwald  bis  zum  Punkt  2761  habe  ich  4^4  Stunden 
Marschzeit  gebraucht. 

Die  Aussicht  auf  die  Tessiner  Alpen  ist  schön; 
will  man  von  den  Bemer  und  Walliser  Gebirgen 
etwas  sehen,  so  muß  man  eine  kleine  Strecke  an  den 
auf  einander  gethtlrmten  Blöcken ,  aus  denen  die 
Westseite  des  Pizzo  Nero  besteht ,  emporklettem. 
Dieser  Berg,  welcher  für  gewandte  Kletterer  nicht 
sehr  schwierig  zu  besteigen  sein  wird,  muß  eine  vor- 
treflFliche  Rundschau  bieten  Noch  großartiger  wird 
diese  allerdings  vom  Pizzo  Gallina  (3067™)  sein, 
der  anscheinend  seinem  Bezwinger  sehr  viel  Mühe 
machen  dürfte 

In  das  Bedrettothal  ziehen  sich  vom  Punkt  2761 


118  G.  Kamiah, 

magere  Weiden  und  Steinhalden  herunter.  Als  Rück- 
weg nach  Oberwald  benutzte  ich  den  leicht  zu  er- 
reichenden Nufenenpaß,  da  mir  der  Gehrenpaß  der 
großen  Schwierigkeiten  halber,  welche  das  Passiren 
der  inzwischen  mächtig  angeschwollenen  Bäche  ver- 
ursachen mußte,  dazu  nicht  räthlich  erschien. 

Meines  Wissens  hat  der  eben  beschriebene  Ueber- 
gang  aus  dem  Gomerlithal  in  das  Val  Bedretto  keinen 
Namen;  ich  möchte  daher  vorschlagen,  ihn  vorläufig 
Gomerlilücke  zu  nennen. 

In  der  vom  Monte  Botondo  in  westlicher,  bzw. 
nordwestlicher,  Richtung  auslaufenden  Bergkette  bildet 
vor  dem  Abfall  in's  Eginenthal  die  letzte  hervorragende 
Erhebung  das  Blashom  (2814"*).  Trotzdem  es  weit 
leichter  zugänglich  ist,  als  die  übrigen,  meist  aus  un- 
sicher zu  beschreitenden  Blöcken  bestehenden  Gipfel  der 
bezeichneten  Kette,  und  es  seiner  Lage  gemäß  eine 
vortreffliche  Aussicht  bieten  muß,  ist  es  sehr  selten 
von  Touristen  besucht  worden.  Auf  steilen  Pfaden 
durch  verhältnißmäßig  gut  bestandenen  Wald  erreicht 
man  die  große  krautreiche  Blasalpe,  welche  halb  zu 
Oberwald,  halb  zu  Ulrichen  gehört.  Die  steinige 
Kumme  „im  Bruch^  links  lassend,  ging  ich  zu  jenem 
geröllreichen  und  unebenen  Gelände ,  welches  den 
merkwürdigen  Namen  KalkenMeähof  (nicht  Falken- 
friedhof ,  wie  auf  Kartenblatt  Obergestein  angegeben 
ist)  führt.  Ob  der  Name  daher  rührt,  wie  Bauern 
aus  Ulrichen  erzählen,  daß  die  hier  vorkommenden 
Kalksteine  in  den  Spalten  und  Höhlungen,  die  sich 
ab  und  zu  bildeten,  versänken,  will  ich  ebenso  wie 
die  Richtigkeit  der  angeführten  Erscheinungen  dahin- 


Am  den  Gomserbergen,  119 

gestellt  sein  lassen.  Für  Geologen  wird  diese  Gegend 
inanerhiB  ein  gewmes  Interesse  haben. 

Ein  Felskamm  tbeilt  den  Blasgletseher  in  eine 
große  östliche  und  ^ne  bedeutend  kleinere  westliehe 
fiälfke.  Auf  letzterer  stieg  ieh  empor,  ttbersohritt  den 
Grat  und  erreichte  von  Südwesten  her  das  Hörn. 

D^i  Glanzpunkt  der  Aussicht  bildet  der  Bliek 
aof  die  östlichen  Bemer  Alpen  und  das  Triftgebiet. 
Die  westliche  Seite  des  Gotthardstocks  zeigt  sich  in 
ihrer  ganzen  abstoßenden  Wildheit.  Die  Walliser 
Gebirge  sind  durch  Blindenhorn  und  Merzenbaebschien 
zum  Theil  verdeckt.  Einen  sehr  guten  Einblick  be* 
kommt  man  in  jene  wenig  bekannten  Berge,  welche 
den  Griesgletscher  im  Norden  begrenzen. 

Unmittelbar  südöstlich,  nur  durch  eine  unbedeu- 
tende Einsattlung  getrennt  vom  Blashorn,  erhebt  sich, 
anscheinend  aus  losen,  auf  einander  gethürmten  Blöcken 
zusammengesetzt,  in  kühner  Form  ein  Hörn  —  Punkt 
3000  des  Kartenblattes  Gotthard  —  welches  angeblich 
noch  nicht  bestiegen  sein  soll. 

Südlich  des  Blashorhs  und  westlich  jenes  zuletzt 
erwähnten  Berges  sind  steile  und  rauhe  Trttmmer- 
halden;  auch  das  Saas,  heute  noch  eine  mit  Steinen 
übersäete  magere  Schafalpe,  wird  sich  in  nicht  allzu 
ferner  Zeit  in  eine  Schutthalde  verwandeln.  An  den 
Westseiten  des  vom  Pizzo  Gallina  sich  zu  unserm  Berge 
hinziehenden  Grates  hangen  noch  unbedeutende,  offen- 
bar sehr  zurückgewichene  Gletscherlappen.  Auch  vom 
Eginenthal  wird  daher  eine  Besteigung  der  hervor- 
ragenden Punkte  dieses  Grates  außerordentlich  müh- 
sam sein. 


120  G.  Kamiah,    Aus  den  Gomserbergen, 

Den  Rückweg  nahm  ich  über  den  östlichen  Thei! 
des  Blasgletschers,  die  wenigen  Spalten  wurden  leicht 
übersprungen;  über  die  widerwärtige  Gandecke  und 
abschüssige  Hänge  schnell  hinwegeilend,  stand  ich 
binnen  Kurzem  wieder  auf  dem  grünen  Rasen  der 
Blasalpe.  Auch  sie  liegt  dieses  Jahr,  wie  die  Mehr- 
zahl der  Gomseralpen,  still  und  öde  da,  keine  Heerde 
belebt  sie.  Die  leidige  Seuche  hat  bald  nach  der 
Alpfahrt  Alles  von  der  lustigen  Höhe  in's  enge  Dorf 
zurückgetrieben.  Für  die  Gemeinden  des  obern  Goms,. 
die  so  reich  an  Alpen,  aber  arm  an  Thalgütem  sind, 
ein  schwerer  Schlag. 


Das  Bietschhorn  über  den  Westgrat. 

Von 

C.  Anders  in  Berlin  (Section  Biel). 


Bei  den  verhältnißmäßig  seltenen  Besteigungen 
des  Bietschhoras  —  1885  fanden  deren  nur  drei 
statt  —  pflegt  der  von  der  Spitze  nordnordwestlich 
zum  kleinen  Nesthorn  herabziehende  Grat  bis  zum 
Gripfelpunkt  3953"  verfolgt  zu  werden,  während  der 
von  letzterem  westsUd westlich  gegen  das  Bietschjoch 
abzweigende  sogenannte  „Westgrat"  nur  vereinzelt 
als  Zugang  benutzt  wird.  Der  Erste,  welcher  über 
ihn  zur  Spitze  gelangte ,  war  Herr  von  Fellenberg 
am  19.  August  1867 ,  der  dann  auf  L.  Stephen» 
Nordgrate,  dem  jetzt  üblichen  Wege,  zum  Nestgletscher 
abstieg.  ^)  In  umgekehrter  Richtung  wiederholten  diese; 
Tour  Miss  Brevoort  und  Mr.  W.  A.  B.  Coolidge  (der 
jetzige  Präsident  des  A.  C.)  am  20.  September  1871 ; 
sie  führten  damit  den  ersten  und  bis  jetzt  einzigen 
Abstieg  über  den  Westgrat  aus.  Erst  13  Jahre  später^ 
am  24.  September  1884,  wurde  Fellenberg's  Anstiegs- 

^)  S.  Jahrbuch  des  S.  A.  C,  Bd.  VI,  pag.  153  flf. 


122  a  Anders. 

route  wieder  eröflFnet,  und  zwar  von  Schweizer  Clubisten, 
-den  Herren  Guglielminetti  und  J.  Seiler.  Als  Dritter 
folgte  am  12.  August  1885  Mr.  H.  Wodley  aus 
Manchester  mit  den  Führern  Franz  Burgener  und 
R.  Antliamatten.  Die  nachstehend  geschilderte  Be- 
steigung des  Bietschhorns  von  Westen  ist  demnach 
<die  vierte. 

Ursprünglich  war  es  meine  Absicht  gewesen,  in 
•die  Fußstapfen  der  Herren  Schulz  ,  Purtscheller  und 
Zsigmondy  zu  treten  *)  und  dem  Bietschhorn  von 
"Süden  beizukommen ,  und  als  ich  am  16.  September 
1885  von  der  Spitze  des  Weißhorns  den  gewaltigen 
Absturz  des  Berges  in's  Bietschthal  mit  dem  Femrohr 
«tudirte ,  machte  ich  meinen  Führern  Job.  Keder- 
hsLcher  aus  der  Ramsau  und  A.  Gentinetta  von  Glis 
allen  Ernstes  einen  dahingehenden  Vorschlag.  Beide 
wollten  jedoch  nichts  davon  wissen,  da  der  massen- 
haft gefallene  Neuschnee,  der  uns  schon  so  viel  zu 
schaffen  gemacht,  in  jenen  Wänden  gefährlich  werden 
wTürde;  zudem  wären  die  Tage  für  einen  solchen, 
sicherlich  12  Stunden  erfordernden  Aufstieg  zu  kurz, 
und  die  Nacht  würde  uns  auf  der  Nordseite  über- 
raschen. So  entschied  ich  mich  denn  für  den  West- 
grat, welchen  mir  Gentinetta  als  den  schönsten  und 
sichersten  Weg  zur  Spitze  rühmte.  Ich  begab  mich 
daher  mit  Kederbacher,  Gentinetta  und  Peter  Ruppen, 
der  sich  uns  in  Visp  als  Freiwilliger  angeschlossen  hatte, 
am  21.  September  nach  dem  Lötschenthale,  der  Ope- 
rationsbasis  für   die  Bietschhornstürmer.     An   einem 


1)  S.  Jahrbuch  des  S.  A.  C,  Bd.  XX,  pag.  60  flf. 


Das  Bietschkom  über  den  Westgrat.  123 

frischen,  prächtigen  Herbstmorgen  trafen  wir  nach 
«iner  vierstündigen ,  genußreichen  Wanderung  von 
Gampel  aus  im  Hotel  Nesthom  ein.  Herr  Lehner 
irar  sichtlich  erschrocken,  als  er  unvermuthet  vier 
hungrige  und  proviantbedürftige  Leute  in  sein  ein- 
«ames  Haus  einrücken  sah.  Denn  bei  der  vorgeschrittenen 
Jahreszeit  hatte  er  seine  dienstbaren  Greister  bereits 
entlassen,  seine  Frau  war  abwesend,  und  so  ruhte 
Äe  ganze  Last  auf  seinen  Schultern.  Es  blieb  uns 
daher  reichlich  Zeit,  das  Bietschhorn,  dessen  stolzen, 
pyramidalen  Bau  wir  so  oft  von  den  Höhen  des 
Wallis  aus  bewundert,  auch  von  dieser  Seite  auf- 
merksam zu  betrachten.  Ganz  einfach  ist  das  nicht, 
denn  man  muß  den  Kopf  gehörig  in  den  Nacken 
legen,  um  das  Auge  in  einen  Sehwinkel  von  über 
30  ®  hineinzuzwingen,  in  welchem  sich  der  Berg  über 
der  Lonza  erhebt.  Sichtbar  ist  nur  seine  Nordspitze, 
in  welcher  zwei  Grate  von  Nord  und  West  sich  recht- 
winklig treffen.  Der  nördliche  Grat  scheint,  weil  in  der 
Verkürzung  gesehen,  ungewöhnlich  steil ;  der  Westgrat, 
der  sein  Profil  zeigt,  sieht  weniger  jäh  aus,  obwohl 
der  durchschnittliche  Neigungswinkel  seines  Felsen- 
kammes den  der  nördlichen  Eisschneide  um  6  °  über- 
schreitet. Auch  ist  er  viel  zerrissener,  als  der  Nord- 
grat, in  unzählige  Zacken  und  Thürme,  ein  ganzes 
Gensdarmeriecorps ,  zerspalten;  und  ich  kann  dem 
ürtheil  Hm.  v.  Fellenberg's  nicht  zustimmen,  der  den 
Westgrat  für  weniger  zerrissen,  „ganzer"  als  den  Nord- 
grat erklärt.  ^) 


0  V,  Fellenberg  a.  a.  O.  pag.  155. 


124  C.  Anders. 

Von  meinen  Führern  kannte  ihn  nur  Gentinetta, 
der  ein  Jahr  zuvor  die  HH.  Seiler  und  Guglielminetti 
im  Sturm  und  Nebel  über  ihn  hinaufgeleitet;  mein 
deutscher  Landsmann  Kederbacher  war  gleich  mir 
zum  ersten  Male  im  Lötschenthale. 

Spät ,  erst  um  4  Uhr  Nachmittags ,  wurden  wir 
flott ,  überschritten  die  Lonza  und  begannen  auf 
steilem,  anfänglich  gutem  Pfade,  der  aber  auf  der 
Excursionskarte  nicht  eingezeichnet,  durch  den  Nest- 
wald zur  Schutzhtitte  empor  zu  klimmen.  *^s  war 
ein  langsames,  mühsames  Steigen  in  der  Nachmittags- 
hitze, und  die  Sonne  war  bereits  hinter  dem  Balm- 
hom  verschwunden,  als  wir  das  solide,  aus  Holz 
gezimmerte  Häuschen  auf  Hohwitzen  2573™  erreichten. 
Nur  am  Bietschhorn,  dessen  nordwestliche  Eishänge 
uns  zugekehrt  sind,  leuchtete  es  noch  purpurn,  wäh- 
rend das  Thal  und  der  jenseits  es  begrenzende  Firn- 
wall des  Petersgrates  schon  in  Dunkel  gehüllt  waren^ 
Als  aber  der  Schlummer  auch  den  Herrscher  von 
Lötschen  umfing,  übergoß  der  fast  volle  Mond  die 
ostwärts  blickenden ,  schneegebänderten  Flühe  des 
Balmhorns  mit  seinem  silbernen  Lichte. 

Am  folgenden  Morgen  verließen  wir  die  Hütte 
nach  einem  langen,  vortrefflichen  Schlafe  erst  um  5. 10, 
bei  beginnender  Dämmerung.  Als  der  Tag  anbrach, 
kalt  und  wolkenlos,  hatten  wir  die  Geröll-  und  Schnee- 
felder passirt  und  kletterten  bereits  in  den  roth- 
braunen Felsen  des  Schaf  berges.  An  einem  der  scharf- 
kantigen Blöcke  verletzte  sich  Gentinetta  einen  Finger 
der  rechten  Hand;  eine  sofort  um  die  Schnittwunde 
gelegte   Mullbinde    stillte   jedoch    die    Anfangs    sehr 


Das  Bietschhom  über  den  Westgrat.  125 

starke  Blutung.  Trotz  des  durch  diesen  kleinen  Unfall 
l)edingten  Aufenthalts  erreichten  wir  schon  um  6.  40 
tue  Höhe  des  Bietschjochs    3240  °i.     Wie   mit  einem 
Zauberschlage  öffnete  sich  die  Aussicht  gegen  Süden 
auf  die    unvergleichliche  Kette   vom  Fletschhorn   bis 
zum  Weißhom,    die   strahlend  in   der   Morgensonne, 
^er  für  sie  günstigsten  Beleuchtung,  über  dem  Bietsch- 
tliale  schwebte.  Aber  ihre  herrlichen  Gipfel  sind  heute 
nicht,   wie  sonst  vor  Wochen,    unser  Ziel,    sondern 
das  Bietschhorn,  das  dort  im  Osten,  scheinbar  ganz 
nah,   noch  700"*  über  unserm  Standpunkt  aufstrebt. 
Das  noch  festgefrorene,    circa  600™   lange  Firnfeld, 
welches  uns  noch  von  ihm  trennte,  wurde  rasch  durch- 
schritten,   und  um  7  Uhr   erreichten  wir   den  Punkt 
3241  der  Excursionskarte ,    den  Fuß  des  hier  wenig 
höheren    Westgrates.    Bald    standen    wir    auf  seiner 
Anfangs  breiten  Kante  und  begrüßten   den  bis  dahin 
unsichtbaren  Grand  Combin  und  den  Montblanc.  Von 
nun  an  aber  trat  der  Genuß  der  Aussicht  in  die  zweite 
Linie,  denn  die  Gratwanderung  nahm  die  ganze  Auf- 
merksamkeit in  Anspruch.   Zwar  war  sie  vorläufig  so 
ungefährlich,   daß  wir  uns  nicht  einmal   an  das  Seil 
banden;    aber   die   wie    in    einer  Moräne    lose   über 
«inander  geschichteten,  grauen  Granittafeln  verlangten 
eine  behutsame  Behandlung,  sollte  man  nicht  zwischen 
ihnen  wie   in  einer  Fußangel   hängen   bleiben.     Eine 
Zeit  lang   sprangen   wir   so   auf  der  Gratkante   von 
Block   zu    Block ,    allmälig    zwang    uns   jedoch    die 
zunehmende  Zerklüftung  des  Grates,  ihn  zu  verlassen 
und  dicht  unter  ihm  an  seinem  südlich  dem  Bietsch- 
thal  zugewandten  Hange  zu  traversireu.     Nach  Um- 


126  C.  Anders. 

kletterung  vieler  vorspringender  Ecken  tlbersehrittea 
wir  um  8  Uhr  die  Stelle,  wo  das  erste  riesige  Couloir 
der  südlichen  Bietschhomwand  mündet  ^),  in  dem  die 
Steinlawinen  donnerähnlich  krachten.    Im  Gefühle  der 
Sicherheit  vor  diesen  ärgsten  Feinden  des  Bergsteigers 
rasteten  wir,  wenig  unter  dem  Grat  bei  3510™  An.^ 
und  verweilten  angesichts  des  immer  kolossaler  sich 
gestaltenden  Hauptgipfels  15  Minuten.  Der  Tag  blieb 
klar,   wie   er   begonnen,   und   immer  wieder  hingen 
unsere  Blicke  bewundernd  an  den  edlen  Berggestalten 
der  Penninischen  Grenzkette.  Sie  blieben  uns  während 
der  ganzen  Besteigung   treu ,    und   es  ist   dies  ein 
Hauptvorzug  der  Anstiegsroute  über   den  Westgrat^ 
während  dem  von  Norden  kommenden  Wanderer  die 
Aussicht  nach  Süden   sich   erat  vom  Gipfel  aus  er- 
schließt, d.  h.  für  eane  stets  sehr  kurze  Zeit.  Sodaas 
ging  es  weiter,  bald  über  den  schartigen  Grat,  bald 
an  seiner  Flanke ;  das  Bietschthal,  in  das  wii'  unbe- 
kümmert zur  Rechten  hinabschauten,  sank  tiefer  und 
tiefer.  Schwierigkeiten  hatten  wir  bis  dahin  noch  nicht 
vorgefunden,   denn  die  Felsen  waren  Üb&t  Erwarten 
günstig,  weder  beschneit  noch  übereist.  Doeh  mahnte 
ihre   Zerspaltung    in  unzählige  Tafeln,    ihnen   nicht 
allzusehr   zu   trauen;   oft   wackelte    ein   Yorsprung^ 
an  dem  wir  uns  empor^ogen,   in  bedenklicher  Weise 
oder  blieb  uns  gar  in  den  Händen,     Bei  3700"  An» 
machten  wir  um  9.  15  eine  zweite  Bast  Von  nun  as 
wurde  das  Terrain  schwieriger   und  wir  banden  ans 

^)  Auf  dem  Titelfaolzsehnitt  des  Jafarbnoh  XIX  kt  ^er 
große  Grrat  zur  Linken  der  Westgrat,  dessen  oberer  TleS 
durch  die  großen  Felsrippen  der  Stidwand  ver4eckt  ist. 


Bas  Bietschhorn  über  den  Westgrat  12T 

aa's  Seil,  voran  Kederbaeher,  der  schon  bis  dahiu 
geführt,  dann  Gentinetta,  ich  und  Rappen.  Die  Platten 
des  Hanges  häuften  sich,  doch  wurde  eine  naeh  der 
mäem  durch  sorgfältige  Spannung  des  Seiles  tiber- 
wimden.  Nachdem  wir  uns  noch  einmal  horizontal 
um  eine  Kante  geschoben,  faßten  wir  um  10.  30  am 
Fuße  eines  rostfarbenen  Gratzackens  Posto ,  nicht 
auf  dem  Grate  selbst,  sondern  etwa  20™  unter  ihm^. 
auf  der  SUdseite  bei  3790»  An.  Wir  befanden  una 
also  jetzt  unter  Fellenberg's  „rothem  Thunn"  ^),  d.  h* 
an  der  für  den  glücklichen  Ausgang  unseres  Unter- 
nehmens entscheidenden  Stelle,  die  sich  auf  der  Ex- 
cflrsionskarte  über  der  Zahl  5  der  Höhenquote  3953  be- 
finden muß.  Gerade  vor  uns  erblickten  wir  den  nörd- 
lichen Vorgipfel,  zu  dem  in  dem  Winkel  zwischen  dem 
großen  Westgrat  und  einem  Spom  des  in's  Bietsch- 
thal  abstürzenden  Südgrates  ein  grabenähnliches  Fels- 
couloir emporleitet.  Durch  diese  steinschlaggefährdete 
Gasse  hat  sich  Herr  v.  Fellenberg  einen  DurchpalJ 
erzwungen,  da  ihm  die  Strecke  des  Westgrates  Ober- 
leib des  rothen  Thurms  unpassirbar  schien.  Nach 
seiner  packenden  Schilderung  in  dem  mehrfach  citirten 
Jahrbuch  war  diese  Umgehung  höchst  mißlich;  denn 
als  er  mit  seinen  Leuten  nach  einer  schwierigen 
Kletterei  auf  „Matterhoniterrain"  die  Tiefe  des  Cou- 
loirs en*eieht  hatte,  lösten  sich  Steine  vom  Westgrate 
ioB  und  flogen  über  ihre  Köpfe  hinweg.  Auch  Coolidge 
i«t  bei  seinem  Abstiege  von  Chr.  Almer  durch  dajk 
gleiche  Couloir  hinabgeführt  worden,  und  ebenso  sind 


0  V.  FellABbercr.  Jahrbaeh  VI,  S.  159  ff. 


128  a  Anders, 

die  beiden  späteren  Partien  dort  hinaufgegangen. 
Die  Frage ,  ob  wir  demselben  Weg  folgen  sollten 
oder  nicht,  wurde  bald  gelöst;  während  wir  nämlich 
die  verrätherische  Schlucht  mißtrauisch  betrachteten, 
prasselte  ein  Steinhagel  durch  sie  herab,  die  eindring- 
lichste Mahnung ,  jeden  Versuch ,  das  Couloir  zu 
-queren,  von  vorneherein  aufzugeben.  Blieb  nur  noch 
-die  vielgezackte  Gratlinie  zwischen  dem  „rothen 
Thurm"  und  dem  nördlichen  Vorgipfel.  Von  ihr  trennte 
uns  eine  etwa  20"  hohe,  von  schmalen,  schräg  auf- 
wärts ziehenden  Runsen  durchsetzte,  ziemlich  senk- 
rechte Felswand  von  rothbrauner  Farbe.  Sie  zu  er- 
klimmen ,  machten  wir  uns  ungesäumt  an*s  Werk. 
Während  Gentinetta ,  ich  und  Ruppen  in  guter 
Stellung  den  Fels  zur  Linken  umklammerten,  kletterte 
Kederbacher  kühn  und  sicher  hinauf;  als  etwa  15" 
^eil  zwischen  ihm  und  mir  abgelaufen  —  Gentinetta 
hatte  sich  losgebunden  und  ließ  das  Seil  abspielen  — 
rief  er  uns  zu,  nachzukommen.  Bald  standen  wir  bei 
ihm  und  kurz  darauf,  um  10.  50,  vereint  auf  dem 
Westgrat  3810»  An.  Etwa  100"  tiber  uns,  in  ost- 
uordöstlicher  Richtung,  erhob  sich  der  nördliche  Vor- 
gipfel, d.  h.  das  Ende  unseres  Grates,  und  zu  ihm 
führte  ein  schmales ,  zerfressenes  Felsensträßchen, 
das  wir  nun  vorsichtig  betraten.  Das  Aufrechtgehen 
wurde  auf  Kederbacher's  Kommando  vorläufig  ver- 
pönt: rittlings  und  bäuchlings  passirten  wir  5—6 
kleine  Zacken,  bis  wir  vor  einem  größeren,  mitten 
aus  dem  Grate  hervorwachsenden  Gensdarmen  an- 
langten. Dieser  ließ  sich  nach  rechts  hin  umgehen, 
xlann  kam  noch  «eine  Platte,  die  ein  Herumschwingen 


Dos  Bietschhom  über  den  Westgrat  129 

nach  rechts  erforderlich  mächte,  und  um  11.20  standen 
wir  anf  dem  langersehnten  nördlichen  Vorglpfel,  ca. 
3920«  An.     Vom   Fuß    des    „rothen   Thurmes"    bis 
hierher  hatten  wir  50  Minuten  gebraucht   und  damit 
eine  neue,    leichtert    und    ganz   gefahrlose   Passage 
«ntdeekt.   Denn  Hm.  ▼.  Fellenberg  kostete  der  gleiche 
Abschnitt  der  Best^gung  1  ^.'2  Stunden.     Waren  wir 
bis  jetzt    stets   östlich  Yorgertlckt,    so   hieß  es  nun 
rechtsum  machen  und  über  den  südlich  streichenden, 
ca.  200»    langen  Gipfelgrat  der   eigentlichen  Spitze 
des  Bietschhoms  3958'"  zustreben.     In  einer  halben 
Stunde  war  auch  dieser  letzte,  viel  geschilderte  Gang 
gethan:  um  11.50  stießen  wir  unsere  Pickel  in  eine 
mäditige   Schneehaube,    auf  welcher   mein  Aneroid, 
das   seit    dem   Verlassen   des  Kordgipfels   um    30"^ 
gestiegen,  uns  anzeigt,  daß  wir  den  höchsten  Punkt 
des  Bietflchhoms  erreicht  haben  nach  5  Stunden  fast 
imonterbrochenen    Steigens    vom    Bietschjoch.      Wir 
waren  Alle  ganz  Mach   und  in  heiterster  Stimmung; 
ieh   sdireibe   diel   dem   ausgezeichneten  Schlafe  zu, 
dessen  wir  uns  auf  der  Bietschhomcabane  zu  erfreuen 
gehabt.  So  konnten  wir  mit  hellen  Augen  die  wolken- 
lose Aussieht  betraditen,   die   nur  dann  einen  wahr- 
haften, nachhaltigen  Genuß  gewährt,  wenn  die  Seele 
von  keinem   körperlichen  Mißbehagen   gestört   wird. 
Gegen   Nordosten   grüßten   uns    die   Bemer   Alpen, 
deren   Hauptspitzen    leider   durch   secundäre   Ketten 
verkümmert  sind.  Jungfrau  und  Mönch  vermögen  noch 
gerade  über  dem  Mittagfaorn  und  der  Ebnefluh  her^ 
vorzusdien,   nur  das  Aletschhom,   auf  dem  wir  vor 

vier  Wochen   geweilt,   steht  greifbar  nah   vor  uns, 

9 


130  C.  Anders. 

eingerahmt  von  den  uns  mehr  genäherten  Lötschthaler 
Fimhäuptem,  dem  Breithom  und  Nesthom.  Seiu 
wunderbar  harmonischer  Bau  läßt  uns  vergessen,  das» 
es  den  Herrscher  Finsteraarhorn  neidisch  verdeckt. 
So  ist  die  Aussicht  vom  Bietschhom  auf  die  Bemer 
Alpen  etwas  beschränkt,  keinesfalls  reicht  sie  an  die 
des  Aletschhorns  heran,  das  vermöge  seiner  centralen 
Lage  den  instructivsten  Einblick  in  das  Gletscher- 
labyrinth seiner  Umgebung  gestattet.  Gegen  Süden 
steht  dagegen  das  Bietschhorn  freier,  als  sein  Rivale. 
Nur  durch  das  Rhonethal  von  uns  geschieden,  breitet 
sich  der  herrliche  Grenzwall  gegen  Italien  vom  Monte 
Leone  bis  zum  Montblanc  zu  einer  leuchtenden  Perlen- 
schnur aus,  in  welcher  wir  jedoch  zwei  alte  Bekannte, 
Monte  Rosa  und  Matterhorn,  vermissen.  Mischabel 
und  Weißhom  entziehen  sie  unsem  Blicken;  zwischen 
diesen  riesigen  Vorposten  treten  aus  der  südlich  zurück- 
liegenden Centralkette  der  Lyskamm,  die  Zwillinge 
und  besonders  schön  das  Breithorn  hervor :  sie  schließen 
das  Zermatterthal ,  von  dem  wir  einen  großen  Theil 
tiberblicken.  Das  Matterhorn  ist  zuverläßig  nicht  sicht- 
bar, wie  Hr.  v.  Fellenberg  meint,  denn  fünf  Tage 
zuvor  hatten  wir  von  ihm  aus  das  Bietschhom  ver- 
geblich gesucht.  Dagegen  zeigt  sich  deutlich  die 
dunkle,  dreikantige  Pyramide  der  Dent  blanche,  die 
wie  ein  finsterer  Loki  neben  dem  reinen  Baidur  Weiß- 
horn  steht. 

Nachdem  wir  so  eine  Stunde  geschwelgt,  hieß  es 
scheiden,  wie  immer  zu  früh.  Um  12. 50  schritten 
wir  den  zerscharteten  Klippenpfad  zum  Nordgipfel 
hinab  und  erreichten  die  Vereinigung  des  West-  und 


Das  Bietschhom  über  den  Westgrat  131 

Nordgrates  um  1.7.  Einen  Augenblick  schwankten 
wir,  ob  wir  nicht  über  ersteren  wieder  absteigen 
sollten,  wie  Kederbacher  und  Gentinetta  mir  anriethen; 
ich  bestand  jedoch  meinerseits  auf  dem  Nordgrat, 
da  ich  beide  Gipfelwege  kennen  lernen  wollte.  So 
betraten  wir  denn  den  scharfen  Eisfirst,  auf  dem  der 
eisenbewehrte  Schuh  nicht  den  geringsten  Eindruck 
hinterließ,  so  daß  die  Axt  in  ihr  Recht  treten 
mußte.  Schweigend  hieb  Gentinetta,  der  voran- 
ging, mächtige  Stufen  in  die  Schneide  selbst,  eine 
harte  und  beim  Abstieg  gefährliche  Arbeit.  Wir 
rückten  äußerst  langsam  von  der  Stelle,  und  Keder- 
bacher, der  in  der  Nachhut  sich  am  meisten  gedulden 
mußte,  ehe  wieder  eine  Anzahl  guter  Tritte  herge- 
stellt war,  hieß  uns  das  zeitraubende  Stufenschlagen 
aufgeben,  die  Eisschneide  rittlings  nehmen  und  so 
ein  Stück  weit  hinuntergleiten.  Diese  Episode  ist 
mir  in  der  unangenehmsten  Erinnerung;  einmal  fand 
ich  es  ziemlich  schwierig,  in  der  richtigen  Balance 
zu  bleiben,  und  dann  hatte  ich  Empfindungen,  ähnlich 
wie  auf  einem  hochtrabenden,  mit  spitzem  Rücken 
begnadeten  Pferde.  Dem  Verlieren  des  Gleichgewichts 
beugt  man  am  besten  vor,  wenn  man  den  Pickel 
fest  zwischen  die  Beine  auf  den  Grat  pflanzt  und 
gleichsam  als  Bremse  benutzt;  gegen  die  zweite 
Fährlichkeit  weiß  ich  kein  Mittel  —  es  müßte  denn 
das  sein,  sich  nicht  in  solche  Lagen  zu  begeben. 
Endlich  brach  die  Gewächte  so  steil  ab,  daß  wir 
die  Reitkunststücke  auf  diesem  Riesenfirst,  dessen 
Stützen  zu  beiden  Seiten,  im  Osten  und  Westen, 
2000  Fuß  tief  in  den  Firnmulden   des  Baltschieder- 


132  a  Anders, 

und  Neatgletöchers  ruhen,  nothgedrungen  aufgeben 
mußten,  und  die  dem  letzteren  zugekehrte  Wand  zur 
Linken  zu  Hülfe  nahmen.  Von  oben  fest  am  Seil 
gehalten,  schlug  Gentinetta  in  vertiealer  Kichtung 
etwa  zwanzig  Stufen  in  die  ca.  50"^  geneigte  Flanke  des 
Eisdaches,  das  Gesioht  dem  furchtbaren  Abgrund  zu- 
gewandt. Wir,  die  nur  zu  folgen  hatten,  nahmen  die 
Eistreppe  rücklings,  vorsichtig  unter  den  FüJien  den 
nächsten  Tritt  erspähend,  die  Linke  in  die  Stufe  über 
uns  stützend,  während  wir  mit  der  Rechten  das  Beil 
vergebens  in  das  harte  Eis  einzutreiben  suchten.  Vierzig 
Fuß  mochten  wir  so  dem  spröden  Firn  abgerungen  haben, 
als  wir  um  2.15  in  den  aus  der  Wand  hervorbrechenden 
(auf  der  Karte  eingezeichneten)  Felsen  Fuß  faßten.  Der 
erste,  etwa  6™  hohe  Absatz  war  senkrecht;  das 
Gesicht  gegen  den  Fels,  den  Pickel  in  horizontale 
Runsen  zwängend,  überwanden  wir  ihn  glücklich, 
wobei  Kederbacher,  da:  als  Letzter,  also  nicht  von 
oben  am  Seil  gehalten,  folgte,  bewunderungswüi'dige 
Gewandtheit  und  Kaltblütigkeit  entwickelte.  Wir  ver- 
ließen nun  die  vertlcale  Linie  und  wandten  uns  nach 
rechts,  zuerst  in  den  bröckligen  Felsen  einige  Zeit 
traversirend,  dann  von  Neuem  in  die  Firnwand  über- 
gehend. Auch  in  ihr  mußten  wir  die  horizontale,  d.  h. 
die  Traversirrichtung  beibehalten,  was  bei  der  Sprödig- 
keit  des  Eises,  wie  wir  sie  vorfanden,  und  der  über 
50^  betragenden  Neigung  des  Hanges  immer  sehr 
mißlich  sein  wird.  Wo  es  nur  irgend  geht,  sollte 
man  in  blankem  Eise  vertical,  sei  es  auf-  od^  ab- 
wärts, vorrücken,  da  dann  das  Spannen  des  Seiles 
ein    etwaiges   Ausgleiten    noch    unschädlich    macht. 


Das  Bietschhom  über  den  Westgrat  133 

Beim  Traversiren  ist  diese  Vorsichtsmaßregel  fast 
ootzlos;  denn  verliert  hierbei  Jemand  den  Halt,  so 
wird  er  stets  um  die  Länge  des  noch  so  gewissen- 
haft gespannten  Seiles  zar  Seite  hinabstürzen  und  in 
den  meisten  Fällen  seine  Vor*  und  Hintermänner  mit 
sich  reißen,  da  auch  diese  in  den  Stufen  nur  dürftigen 
Halt  haben  und  das  Beil  im  blanken  Eise  als  Rettungs- 
anker versagt.  Wir  waren  uns  der  Gefährlichkeit 
dieses  Manövers  wohl  bewußt  und  beobachteten  die 
äußerste  Vorsicht.  Gentinetta  hieb  die  Stufen  so  breit 
als  möglich,  gegen  die  Wand,  die  wir  zur  Rechten 
hatten,  etwas  geneigt,  die  für  den  Hnken  Fuß  be- 
stimmte ein  wenig  tiefer.  Das  dauerte  wohl  eine 
Stande  lang,  bis  wir  den  sicheren  Schneegrat  wieder 
erreichten  und  bald  darauf  um  3.30  den  Punkt  3712, 
wo  derselbe  westlich  zum  kleinen  Nesthom  umbiegt, 
betraten.  Zwei  Stunden  40  Minuten  hatten  diese  241  >" 
im  Abstieg  gekostet  auf  einem  Grate,  der  die  Länge 
von  650  ™  nicht  Überschreiten  wird.  Wir  gönnten  uns 
denn  auch  nach  diesem  aufregendsten  und  für  Genti- 
netta, der  zwei  Stunden  lang  Stufen  sehlug,  an- 
strengendsten Theile  der  ganzen  Tour  25  Minuten 
Rast.  Das  Aletschhorn,  das,  sobald  wir  den  Grat 
verließen,  verschwinden  mußte,  blinkte  in  der  nach- 
mittäglichen Süd  Westbeleuchtung  hoch  und  hehr  über 
dem  Doppelgipfel  des  Lötschthaler  Breithorns;  ihm 
galt  mein  Abschiedsgruß,  als  wir  nun  links  in  die 
ca.  400  ^  hohe  Felswand  ein-  und  zum  Nestgletscher 
abstiegen.  Um  4. 55  übersprangen  wir  die  Randkluft, 
etwa  in  gleicher  Höhe  mit  dem  kleinen  Nesthorn,  und 
eilten  dann   über   den  ebenen  Firnplan   zum  Bietsch- 


134    C.  Anders,  Das  Bietschhom  über  den  Westgrat. 

joch,  wo  wir  5. 32  eintrafen.  Die  Sonne  ging  pracht- 
voll unter  und  wir  durften  die  herrliche  Farbengluth 
bewundem,  die  sie  an  den  Walliser  Hochgipfeln  ent- 
zündete. Erst  als  der  letzte  rosige  Funke  am  Dom 
verglomm,  wandten  wir  uns  abwärts  zur  Hütte,  bei 
der  wir  um  6. 55  wohlbehalten  anlangten. 

Wenn  ich  mir  ein  ürtheil  über  die  auf  den  beiden 
Graten  zu  überwindenden  Schwierigkeiten  des  Terrains 
erlauben  darf,  so  muß  ich  bekennen ,  daß  uns  der 
Nordgrat  mehr  Arbeit  gemacht  hat  als  der  Westgrat. 
Wenn,  wie  es  im  Spätsommer  wohl  regelmäßig  der 
Fall  ist,  am  Nordgrat  das  blanke  Eis  zu  Tage  tritt 
und  langwierige  Stufenarbeit  nöthig  macht,  so  dürfte 
der  Westgrat  entschieden  den  Vorzug  verdienen,  nament- 
lich wenn  man  das  steingefährliche  Couloir  am  Rothen 
Thurm  vermeidet.  Der  Zeitaufwand  ist  kein  größerer 
als  der  für  den  Nordgrat  erforderliche;  denn  wie  aus 
folgender  Distanzentabelle  ersichtlich,  betrug  unsere 
eigentliche  Marschzeit  für  den  Westgrat  4  St.  15  M., 
für  den  Nordgrat  4  St.  17  M.,  also  sogar  im  Abstieg 
etwas  mehr. 

V.  Fellenberg.  Seilen  Anders. 


^\m 


Marsch.  Pause.  Samma. 

St.  M.  St.  M.     st.  M.  St.  M.  St.  M. 

Bietschjoch-Rother  Th.     4.  30  3.  —     2.  55  — .  40  3.  35 

Auf  dem  Rothen  Thurm      —  —    — .  20      —  -.20 

Bis  Nordgipfel     ...     1. 30  —     — .  30  — .  15  — .  45 

Bis  Hauptspitze  ...     1.  30  3.  10  —.  30      —  —.30 

Aufenthalt 1.  —  ?  (Sturm)  —          1.  —  1.  — 

Bis  Ende  des  Nordgrats    2.—  2.—    2.40      —  2.40 

Nestgletseher  .    ...      —  1. 20     1.  —  — .  25  1.25 

ßietschjoch      ....     2.  40  — .  40  — .  37      —  —  3J 

In  Summa     .     .     .13.10  10.10    8.22       2.20  10.52 

Aufstieg 7.  30  6.  10    4.  15  — .  55  5. 10 

Abstieg 4.  40  4.  —     4.  17  —.  25  4.  42 


--•"s,- 


Doldenhorn  und  Fründenjoch. 

Von 

Dr.  II.  Dühi  (Section  Bern). 


Die  Fahrten,  die  in  den  folgenden  Zeilen  dar- 
gestellt werden  sollen,  gehören  nicht  zu  den  hervor- 
ragenden Leistungen,  deren  Bericht  in  der  ganzen 
clubistisehen  Welt  Aufsehen  erregt;  es  sind  bescheidene 
Gewinne  auf  einem  bescheidenen  Gebiet.  Ein  Interesse 
mögen  sie  darin  haben,  daß  sie  in  einem  viel  be- 
gangenen Revier,  das  zudem  zwei  Jahre  lang  Club- 
gebiet gewesen  ist,  zwei  Neuigkeiten  bieten  und  den 
Satz  zu  bestätigen  scheinen,  daß  in  den  Alpen  die 
Aufgaben  und  die  Resultate  nie  „alle"  werden.  Auch 
darin  haben  sie  vielleicht  etwas  Pikantes,  daß  diese 
Nachlese  zu  den  frühem  reichen  Ernten  mit  weiblicher 
Hülfe  gemacht  würde.  Und  schließlich  kann  ein  Mit- 
glied der  Berner  Section  eine  gewisse  Genugthuung 
darüber  empfinden,  daß  es  ihm  vergönnt  war,  in  den 
Bergen,  welche  das  Arbeitsfeld  eines  Fellenberg,  Gösset 
und  Roth  waren,  noch  etwas  zu  leisten.  Doch  zur 
Sache. 


136  H.  Bubi, 

Ich  hatte  für  den  Monat  Jali  1885  mit  meiner 
Frau  und  zwei  Buben  von  5  und  4  Jahren  in  dem 
hübsch  gelegenen  und  trefflich  geführten  Hotel  Victoria 
in  Kandersteg  Quartier  genommen,  und  wir  benützten 
die  vielen  schönen  Tage  zu  Ausflügen  auf  die  benach- 
barten Alpen,  zum  Oeschinensee,  auf  die  Gemmi  und 
dergleichen.  Es  war  lustig,  das  junge  Blut  in  seiner 
naiven  Freude  an  den  Bergen  zu  beobachten  und  dem 
Jubel  zu  lauschen,  mit  welchem  sie  auf  dem  Blümlis- 
alpgletscher  sich  mitten  im  Sommer  das  Vergnügen 
einer  Schneeballenschlacht  bereiteten.  Meine  Frau 
seufzte  wohl  etwa,  wie  Tell's  Gattin:  „Die  Knaben 
fangen  zeitig  an  zu  steigen";  aber  die  Natur  kann 
man  bekanntlich  aucli  mit  der  Gabel  nicht  avstreiben, 
und  so  ließem  wir  sie  gewähren.  Mit  dem  Führer 
Christian  Hari  hafte  ich   am  8.  Juli  von   der  oberen 

4 

Oeeehinenalp  aus  eine  interessante  Gratwanderung 
über  DUndenhora  oder  Wittii^  Zahlersfaom  und  Birre 
mit  Abstieg  zum  Oeschinensee  gemacht.  Hari  hatte 
gefunden,  da&  ich  ein  schwacher  £saer  und  ein  starker 
Läufer  sei;  ich  war  also  ffir  größere  Partien  in  guter 
Verfassung  und  somit  fehlte  blos  die  Qelegraheit,  das 
heißt  die  Begleitung  eines  Freundes.  Ich  weiß  nicht, 
wober  ea  kommt,  aber  ich  gehe  nngem  mehr  allein 
mit  Führern,  was  früh^  orir  die  ersprießlichste  Art 
des  Bergsteigens  schien.  Die  größere  Behaglichkeit, 
welche  eine  vermehrte  Gesellschaft  zu  suchen  pflegt, 
und  die  Anregung  von  Gespräch  und  Widerspruch  sind 
mir  BedürfnÄß  geworden.  Da  ein  bewährter  Berg- 
genosse, mit  dem  ieh  die  Blümlisalpgnq^  zu  durch* 
wandern   gedachte,    wegen   Geschäften  ausblieb,   so 


Doldenhom  und  Fründenjoch,  137 

entschloß  sich  meine  Frau,  mit  mir  zu  gehen,  nach- 
dem wir,  Führer  und  ich,  ihr  hoch  und  heilig  ver- 
sprochen hatten,  daß  wir  nichts  Abenteuerliches  unter- 
nehmen würden.  Wir  leisteten  tinsem  Schwur  in  guten 
Treuen,  aber  yon  Anfang  an  stimmte  zu  dieser  ge- 
schwomen  Vorsicht  der  Gedanke  nicht,  am  Dolden- 
born einen  neuen  Abstieg  zu  versuchen,  den  Keiner 
von  uns  kannte.  Christian  Hari  war  auf  der  Jagd 
über  dem  Biberggletscher  bis  zu  dem  Kamm  gegangen, 
der  diesen  von  einem  auf  der  Olubkarte  unbenannten , 
im  Mund  der  Jäger  aber  Faalengletscher  geheißenen 
Firn-  und  Eisfeld  zwiseben  Hinterem  Fisistock  und 
Kleinem  Doldenhorn  trennt.  Doch  wurde  nur  gelegent- 
lich davon  gesprochen,  weil  der  Abstieg  vom  Dolden- 
hom nach  dem  Gasternthal  nicht  gemacht  sei,  und  einen 
Theil  unseres  Programmes  bildete  dieser  Weg  nicht. 
Zur  Ausführung  der  Doldenhornbesteigung  verließen 
wir  Freitag  den  10.  Juli  spät  im  Nachmittag  die  gast- 
liche Victoria  und  schlugen,  mit  Proviant  und  Decken 
gut  versehen,  den  Weg  nach  dem  „Biberg"  ein.  Außer 
Christian  begleiteten  uns  sein  Bruder  Hans  and  ein 
Knecht  des  Hotels  als  Träger.  Unterwegs  merkten 
die  Mannen,  daß  sie  notbwendiges  Geräth,  wie  Pfanne^ 
,fKaeheli^  und  Löffel  vergessen  hätten,  und  da  denn 
Mangel  unterwegs  nicht  abzuhelfen  war,  mußte  Einer 
wieder  smrllek.  Die  Folge  war,  daß  wir  Uebrigen 
langsam  stiegen  und  auf  der  ersten  Höbe  eine  Weile 
warteten,  die  Zeit  vertreibend  mit  Gesprächen  und 
TjSpiegeln"  in's  Thal  hinunter,  wo  die  Kinder  munter 
bemmsprangen.  Als  die  Karawane  wieder  beisammen 
war,  wurde  aufgebrochen.     Die  Alp  Biberg  ist  ver- 


138  H,  Dübi. 

lassen;  man  sagte  uns,  der  Staat  habe  sie  gekauft 
«nd  wolle  sie  mit  Wald  bepflanzen.  Gegenwärtig  ge- 
^deiht  wenigstens  Buschwerk  in  ungehemmter  Fülle. 
Hinter  der  Alp  geht  der  Weg  steil  in  die  Höhe  und 
^ald  erreicht  man  eine  obere  Ten*asse  dicht  unter 
'der  steil  abfallenden  Wand,  über  welcher  die  Fisi- 
alp  liegt.  Diese  Terrasse  wird  sonst  in  östlicher 
Richtung  tiberschritten  zum  Bivouak,  das  man  ge- 
wöhnlich nahe  der  Moräne  des  Biberggletschers  nimmt. 
Uns  aber  gebot  ein  sehr  drohend  aussehender  Himmel, 
irgendwo  an  der  vor  uns  liegenden  Wand  Deckung 
zu  suchen.  Wir  fanden  auch  eine  recht  ordentliche 
Balm  im  Augenblick,  wo  sich  die  Schleusen  des 
Himmels  zu  einem  regelrechten  Hagelwetter  öffneten. 
Hätten  wir  nicht  zum  Glück  unsere  „Kacheli"  ver- 
gessen gehabt,  so  hätten  wir  jetzt  Regen  und  Schlössen 
^ktibelweise"  zu  kosten  bekommen;  denn  ohne  den 
dadurch  verursachten  Aufenthalt  wären  wir  jetzt  an 
dem  gewöhnlichen  Bivouakplatz ,  wo  man  kaum  ge- 
schützt ist.  Selbst  da,  wo  wir  waren,  drohte  eine 
Invasion  der  himmlischen  Heerschaaren  in  unseni 
Lagerplatz.  Wie  ein  Wasserfall  kam  es  über  die 
Platten  des  längs  der  Wand  ansteigenden  Bodens 
herabgeschossen  und  nur  ein  paar  schnell  gezogene 
Gräben  schützten  uns  vor  der  (Jeberschwemmung. 
Rasch,  wie  es  gekommen,  war  das  Wetter  auch  vor- 
bei, und  bald  verkündete  nur  noch  die  weiße  Decke 
in  unserer  Nähe  und  auf  den  gegenüberliegenden 
Bergen  die  Wirkung  der  verheerenden  Elemente. 
Wir  richteten  uns  für  die  Nacht  ein.  Die  Führer 
schleppten   einen   alten  Baumstamm  herbei,   der,  in 


Doldenhom  und  Fründenjoch,  139 

Stücke  geschlagCD,  reichliche  Feuerung  lieferte.  Der 
Träger  wurde  in's  Thal  entlassen  und  allmälig  kam 
die  Nacht  herauf,  still  und  feierlich,  wie  sie  in  solchen 
Höhen  wirkt. 

Die  Aussicht  war  ziemlich  beschränkt,  aber  die 
Hoheit  des  Gebirges  wirkte  doch  auf  die  Phantasie, 
and  die  Erinnerung  so  mancher  schönen  Stunde  stieg 
mit  alter  Kraft  in  uns  auf.  Erst  spät  gelangten  wir 
zur  Ruhe  und  schliefen  auf  dem  harten  Felsboden 
«0  fest,  daß  die  Führer  Morgens  Mühe  hatten,  uns 
2U  wecken.  Es  war  beinahe  5  Uhr  als  wir  aufbrachen. 
Ein  Theil  des  Gepäckes  wurde  hier  zurückgelassen, 
80  wenig  waren  wir  sicher,  daß  wir  einen  andern 
Rückweg  nehmen  würden.  Ueber  Schutthalden  und 
Schieferplatten  ansteigend,  erreichten  wir  in  drei 
Viertelstunden  den  gewöhnlichen  Bivouakplatz ,  der 
nur  den  einen  Vortheil  bietet,  etwas  höher  zu  liegen. 
Die  Stelle,  wo  wir  übernachtet  haben,  ließe  sich  mit 
leichter  Mühe  etwas  besser  herrichten.  Leider  ist  sie 
ohne  Wasser.  Gewöhnlich  macht  man  die  Besteigung 
von  Kandersteg  aus  in  einem  Tage.  Sind  Damen 
oder  schw^ächere  Gänger  dabei,  so  empfiehlt  sich  ein 
Bivouak.  Die  Besteigung  des  Doldenhoms  geschah 
auf  dem  gewöhnlichen  Wege  via  Spitzstein ,  wie  sie 
in  dem  hübschen  Werk  „Doldenhom  und  Weiße  Frau" 
von  A.  Roth  und  E.  v.  Fellenberg  beschrieben  ist. 
Nur  daß  wir  bedeutend  geringere  Schwierigkeiten 
fanden,  da  Gletscher  und  Firn  von  außerordentlich 
günstiger  Beschaffenheit  waren.  Der  Aufstieg  über 
die  Trümmerhalden  bis  an  den  Rand  des  Gletschers  war 
aber  so  mühsam  und  langweilig,  daß  der  Versucher 


140  H.  Dühi, 

wieder  an  uns  herantrat  und  uns  einblies,  es  wäre 
schöner  und  auch  angenehmer,  in's  Gastemthal  abzu- 
steigen oder  wenigstens  die  Schafschnur  am  Oeschinen- 
see  zu  passiren.  Von  unserm  Frühstöcksplatz  istm 
Spitzstein  konnten  wir  das  Band  deutlich  sehen,  das 
sich  hoch  über  dem  Biberggletscher  um  die  Vorsprtfoge 
des  „Doldenstoeks''  windet.  Es  schien  nicht  besonder» 
schwierig  zu  sein  und  schon  damals  stand  eigentBch 
fest,  daß  wir  es  machen  wollten.  Der  Aufstieg  liher 
die  verrufenen  großen  Schrttnde  ging  leicht  von 
statten;  aber  da  wir  nicht  schnell  marschiTten ,  ßo 
tiberholte  uns  der  leidige  Nebel,  der  seit  Stunden 
schon  auf  der  Spitze  des  großen  Doldenhorns  hockte. 
Als  wii  10*/2  Uhr  auf  der  Einsattlung  anlangten, 
konnten  wir  nur  noch  den  schönen  Blick  auf  die 
Walliser  Alpen  genießen,  die  Bemer  waren  schon 
ganz  verhüllt  und  bald  steckten  wir  selber  im  Nebel, 
der  wenigstens  den  Vortheil  hatte,  daß  er  meiner 
Frau  die  Steilheit  des  Gehänges  am  Gipfel  maskirte. 
Dieser  wurde  11^/»  Uhr  erreicht.  Nur  hier  und  da 
erlaubte  ein  Windstoß  einen  kleinen  Ausblick,  der 
zu  lebhaftem  Käthen  veranlaßte.  Um  12  Uhr  wurde 
wieder  aufgebrochen.  Der  Abstieg  geschah  am  Gipfd 
vorsichtig,  von  der  Einsattlung  weg  schnell  und  bald 
waren  wir  unter  den  großen  Schrunden.  Nach  kurzer 
Berathung  wendeten  wir  uns  links  und  gelangten 
über  leichte  Schneefelder  an  die  Felsen  des  kleinen 
Doldenhoms,  und  an  das  auch  auf  der  Excursioiifi* 
karte  pro  1884  deutlich  erkennbare  Band.  Ueber 
demselben  steigen  die  Felsen  des  kleinen  Doldenhoms 
steil  empor ;  unterhalb  fallen  steile  Hänge  mit  Felsen 


Doldenhom  und  Fründefijoch,  141 

imd  SclmeeriimeD  auf  den  Biberggletacher  ab,  der  Bich 
in  der  Tiefe  ausbreitet  Bis  wir  an  die  Ecke  des 
FelsgeetelLs  kamen,  der  auf  der  Fellenberg'schen 
Karte  Doldenstock  heißt  und  den  Fuß  des  kleinen 
Doldenhorns  bildet,  ging  die  Sache  rasch  und  leicht, 
aber  von  da  wog  änderte  sich  die  Situation.  Der 
Schnee  reichte  bis  an  die  Felsen  heran.  Theilweiae 
deckte  Eis  die  Felsen  und  bald  aufwärts,  bald  ab- 
wärts kletternd  auf  schmalem  Gesims  und  um  unend- 
liche Vorsprtinge  und  Ecken  herum  verbrachten  wir 
vielleicht  zwei  Stunden  in  starker  Aufregung  und 
«teigendem  Aerger.  Dio  Kletterei  war  nicht  leicht 
nsd  wollte  nicht  aufhören.  Meine  Frau  hielt  sich 
tapfer  und  geschickt,  aber  begreiflich  sehnte  sie  sich 
nach  dem  ihr  versprochenen  leichteren  und  bequemeren 
Abstieg.  Statt  dessen  steckten  wir  in  der  Patsche 
und  maßten  wohl  oder  übel  bis  an's  Ende  gehen. 
Wohl  ein  Dutzend  Mal  hofften  wir,  daß  die  nächste 
Ecke  die  letzte  sein  würde  (ein  ruhiger  Nebel  nahm 
uns  die  Aussicht);  anstatt  dessen  wurde  der  Halt 
am  Felsen  und  auf  dem  abschüssigen  Hange  immer 
Fökärer.  Endlich  erreichten  wir  den  sogenannten 
»Sparren",  einen  wunderlichen,  dem  Spitzstein  ähn- 
lichen Felskegel,  wo  wir  die  Gastemseite  und  damit 
ftr  uns  das  gelobte  Land  sahen.  Aber  der  Marsch 
^ttrch  die  Wüste  hatte  uns  verdrossen  und  Christiau, 
welcher  uns  denfidlfen  angerathen  hatte,  bekam  aus 
iartem  Munde  eine  unzarte  Strafpredigt  zu  hören, 
^e  er  mit  Demuth  entgegen  nahm.  Er  hatte  die 
^Traversirung  beträchtlich  tiefer  und  unter  viel  besseren 
^ingungen  gemacht  und  gab  zu,  daß,  hätte  er  die 


y 


142  H,  DubL 

Situation  genau  gekannt,  er  einer  Dame  diese  Kraft- 
leistung nicht  zugemuthet  hätte.  Item,  es  war  gemacht 
und  nachträglich  hat  es  uns  nicht  gereut.  Unsere 
Eitelkeit  war  sogar  geschmeichelt,  wenn  wir  später 
in  „Doldenhom  und  Weiße  Frau"  S.  11  lasen,  daß  im 
Jahre  1862  die  Gesellschaft  des  Herrn  v.  Fellenberg 
vom  Grat  zwischen  Faulen-  und  Biberggletscher  aus 
den  von  uns  gemachten  Weg  recognoscirt  und  auf 
dessen  Begehung  verzichtet  habe,  weil  da  alle  practi- 
cable  Verbindung  fehle.  Ich  sage  das  keineswegs,, 
um  uns  zu  rühmen.  Die  Gesellschaft  des  Herrn 
V.  Fellenberg  war  besser  zusammengesetzt  als  die 
unsrige  und  die  Ersteigung  des  kleinen  Doldenhomes 
vom  Faulengletscher  aus  gewiß  schwieriger  als  unsere 
Passage.  Es  scheint  mir  nur  eines  aus  unserem  Sieg 
hervorzugehen,  daß  in  den  letzten  20  Jahren  der 
Begriff  von  practicabler  Verbindung  sich  merklich 
verändert  hat. 

Auf  dem  Faulengletscher  beriethen  wir,  ob  wir 
über  die  Lücke  zwischen  den  Fisistöcken  nach  der 
Fisialp  gehen  wollten,  von  wo  wir  einen  guten  Weg 
in's  Thal  hatten.  Die  Führer  riethen  davon  ab,  weil 
wir  in  der  zu  passirenden  Schlucht  viel  Schnee  und 
Steintrümmer  zu  passiren  hätten,  und  verhießen  un& 
einen  leichtern  Abstieg  in's  Gasternthai.  Aber  auch 
das  erwies  sich  als  trügerisch.  Eine  Weile  lang  ging 
es  freilich  recht  gut,  trotz  dem  eintretenden  Regen,, 
der  den  schmalen  Pfad  schlüpfrig  machte.  Aber  als 
wir  uns  nun  entschiedener  der  Tiefe  zuwendeten,, 
hörte  der  Pfad  stellenweise  ganz  auf  und  wir  hatten 
über  steile  Gras-  und  Schutthalden  stundenlang  abzn- 


Doldenhorn  und  Fründenjoch,  143^ 

steigen,  ehe  wir  die  Thalsohle  im  Gasternholz  er- 
reichten. Beim  „Alpli" ,  einer  erbärmlichen  Weide- 
för  Kleinvieh,  bedrohten  uns  die  Schafe,  während: 
wir  am  Bache  den  brennenden  Durst  zu  löschen 
trachteten,  mit  Steinfällen.  In  der  Dunkelheit  er- 
reichten wir  Kandersteg,  wo  wir,  wie  billig,  sehr 
angestaunt  wurden.  Die  von  uns  gemachte  Variante 
empfiehlt  sich  für  Leute,  die  Abwechslung  lieben. 
An  sich  ist  sie  länger  und  beschwerlicher  als  der 
gewöhnliche  Abstieg,  und  wenn  sie  auch  zum  ersten 
Mal  von  einer  Dame  mitgemacht  wurde,  ein  „Damen- 
weg"  wird  sie  wohl  nie  werden. 

Der  glückliche  Erfolg  hatte  uns  Lust  zu  Weiterem 
gemacht,  und  die  Entdeckung,  daß  noch  ein  zweiter 
„neuer  Weg"  in  der  Gegend  sei,  spornte  uns  8  Tage 
später  zu  einer  neuen  Unternehmung.  Ich  hatte  vor 
Jahren  via  Oeschinenhorn  die  Einsattlung  zwischen 
diesem  Gipfel  und  dem  Fründenhorn  erreicht  und 
war  von  da  auf  den  Kandergletscher  abgestiegen; 
Herr  Löhnert  war  in  umgekehrter  Richtung  vom 
Gastemthal  zum  Oeschinensee  gelangt  und  dieser 
Paß  galt  uns  als  Frtindenjoch.  Ich  war  daher  sehr 
erstaunt,  auf  der  Excursionskarte  von  1884  diesen^ 
Namen  in  der  Lücke  zwischen  Fründen-  und  Dolden- 
horn zu  finden,  und  fragte  in  Kandersteg  eifrig  nach^. 
ob  und  von  wem  dieser  üebergang  gemacht  worden^ 
sei.  Die  Antwort  lautete  von  Führern  und  Wirths- 
leuten  übereinstimmend  verneinend.  Herr  Egger  wußte 
zu  sagen,  daß  sein  verstorbener  Bruder  auf  der  Jagd 
von  der  Gasternseite  her  bis  zu  jener  Lücke  zwischen- 
Fründen-    und    Doldenhorn    emporgestiegen  sei,    und 


144  H.  Bubi, 

€hrigtian  Hari  wollte  auf  der  Oeschinenseite  bis 
FründengletBcher  gekommen  sein.   Von  einem  l 
gang  durch  Touristen  wußten  beide  nichts.    Nun 
ich  bei  verschiedenen  Gelegenheiten  mit  einem 
liehen  Femrohr  einen  Felsenkopf,  auf  der  Karl 
2569  ™  bezeichnet,  gemustert,  der  zwischen  den  | 
steilen   Enden    des    Fründengletschers  liegt,    i 
schien    mir,    daß,    wenn    man   bis   dorthin  ge 
ikönne,   die  Paßhöhe   leicht  zu  erreichen   sein 
Die  Gasterseite  war  nachweisbar  nicht  schwier 
so  schien  das  Unternehmen  nicht  allzu  gewagt.  \ 
man  vom  „FrUndenjoch"  der  Karte  nicht  dir€ 
Gasternthai  absteigen,  so  blieb  ein  Ausweg  nach 
•oder  links  wohl  immer  möglich.  Am  18.  Juli  ]!i 
4  Uhr    machten    wir  Vier   uns    also    auf  den 
wieder    entschlossen,    alle   Abenteuer    zu  ven 
und  wieder  dazu  bestimmt,   solche  zu  erlebei 
Wetter  war  schön,   aber   etwas   warm  schon 
Nacht.    Am  Stidufer  des  Oeschinensee's  vorbei 
wir  durch  Knieholz,  Alpenrosengesträuch  und; 
über  magere  Schafweiden  und  Platten,  mehrei 
traversirend,  ziemlich  rasch  empor  und  erreicl 
der  Stelle,  die  ^in  den  Frtinden'^  heißt,  den 
Felswand,    wo   wir   einen   ersten  Halt  machte 
war    ein    hübscher    Frühstücksplatz    im    Hintei 
eines    Felsencircus ,    auf   welchem    sich    Schal 
^Gemsenfreche"  herumtrieben.  Nach  kurzer  Rast 
die  „Frau^   an's  Seil  genommen  und  zunächsl 
links  wendend   der  Versuch   gemacht,    das  Bol 
.an  seiner  tiefsten  Stelle  zu  ersteigen.    Nach  w< 
Schritten  hörte   das  Band   auf  und   wir  mußten] 


*  • 


Doldenhom  und  Fründenjoch.  145 

Dicht  ohne  Mühe  rückwärts  concentriren.  Ein  zweiter 
Versuch,  gerade  aufwärts  einer  Spalte  im  Felsen  folgend, 
fiel  besser  aus.  Christian,  der  voraus  war,  half  am 
Seil  ziehend  meiner  Frau,  die  von  Hans  getreulich 
gehütet  war,  hinauf,  und  ich  folgte,  „auf  allgemeines 
Verlangen"  ebenfalls  angebunden,  mit  dem  Rest  des 
Gepäckes  nach.  Dann  ging  es  eine  Weile  munter 
vorwärts  und  eine  zweite  Mauer  erwies  sich  in  der 
Nähe  als  eine  etwas  roh  construirte  Treppe.  Noch 
ein  paar  Schritte,  und  wir  standen  am  Rande  des 
ebenen  Gletschers,  freudig  jauchzend;  denn  das  Ziel 
war  nicht  zu  fehlen.  Doch  erwies  sich  der  Anstieg 
ttber  Gletscher  und  Firn  schwieriger,  als  am  Dolden- 
hom. Beide  waren  arg  zerklüftet  und  zwangen  uns 
zu  Umwegen  und  Seilmanövern.  Wie  wir  uns  dem 
Joche  näherten,  rief  auf  einmal  meine  Frau :  „da  sitzen 
die  beiden  Malerinnen".  Aufblickend  gewahrten  wir 
links  über  uns  zwei  steinerne  Figuren,  die  an  zwei 
Gäste  der  „Victoria"  erinnerten,  eifrig  über  die  Palette 
gebeugt.  Leider  würdigten  wir  sie  nur  einer  flüchtigen 
Aufmerksamkeit.  Hätten  wir  ihnen  einen  Besuch  ge- 
macht, so  würden  sie  uns  einen  Weg  nach  dem 
Gastemthal  gezeigt  haben,  der  uns  Zeit  und  Mühe 
gespart  hätte.  Um  12  Uhr  erreichten  wir  die  Paß- 
höhe. Leider  war  wieder  nur  der  Rückblick  wolken- 
frei. Die  Walliserseite  steckte  im  Nebel.  Bald  wurde 
aufgebrochen  und  ein  leichter  Abstieg  durch  eine 
knrze  Schlucht  brachte  uns  auf  den  namenlosen 
Gletscher,  der  seine  Eisbrüche  auf  die  Platten  am 
Fuß  des  Alpetligletschers  hinunterwirft.  Wir  gingen 
fast  bis  an  den  Rand  vor,  verzichteten  aber  weislich 

10 


146  H,  Bubi, 

auf  diese  Art  von  Beförderung.  Möglicherweise  ist 
nach  rechts ,  ein  Ausweg  und  Abstieg  auf  die  ^Dolden*^ 
möglich.  Wenigstens  wollte  uns  das  später  vom  Thal 
her  so  scheinen.  Aber  augenblicklich  verboten  nicht 
nur  unsere  guten  Vorsätze  alles  Experimentiren,  auch 
die  Luft  hatte  eine  verdächtige  Färbung  angenommen 
und  in  den  Felskämmen  heulte  der  Sturm.  Wir  eilten, 
auf  den  richtigen  Abstieg,  der  unter  dem  Gipfel  des 
Fründenhoms  liegt,  zu  kommen.  Nach  der  Karte 
wäre  das  nun  durch  einen  einfachen  Flankenmarsch 
auf  dem  wenig  geneigten  Gletscher  zu  machen  ge- 
wesen. Die  rauhe  Wirklichkeit  aber  zeigte  einen  Fels- 
kamm, der  bis  zum  Absturz  hinunterreichte  und  uns 
von  der  östlichen  Fortsetzung  unseres  Gletscherchens 
abschnitt.  Wohl  oder  übel  mußten  wir  wieder  auf- 
wärts und  fanden  weiter  oben  ein  gutes  Schieferband, 
das  uns  auf  die  andere  Seite  und  wieder  auf  Schnee 
brachte.  lieber  uns  saßen  die  „Malerinnen"  immer 
noch  an  der  Arbeit,  und  mit  Bedauern  sahen  wir,, 
daß  der  bessere  Weg  an  diesen  Holden  vorbei  ge- 
gangen wäre.  Unser  Umweg  aber  kommt  der  Karte 
und  damit  späteren  Wanderern  in  diesem  Gebiet  zu 
Gute.  Bald  erreichten  wir  die  Stelle  unter  dem  Gipfel 
des  Fründenhoms,  wo  der  Abstieg  über  einen  langen 
Felsrücken  auf  den  untersten  Theil  des  Alpetligletschers 
möglich  schien.  Da  aber  der  oberste  Theil  dieses 
Felsrückens  steil  war  und  von  Eis  schimmerte,  so 
gingen  wir  „noch  ein  Haus  weiter"  und  stiegen  das 
nächste  Dach  hinunter.  Die  Senkung  desselben  war 
bedeutend  und  Vorsicht  am  Platze.  Nach  einiger 
Zeit  schien   es  uns,    daß  jetzt   der   erste  Felsrücken 


Doldenhom  und  Fründenjoch,  147 

practicabler  aussehe,  und  wir  entschlossen  uns  rasch, 
dahinüber  zu  traversiren.  Zu  diesem  Zweck  aber 
hatten  wir  eine  mit  steil  abfallenden  Platten  ausge- 
kleidete Schlucht  zu  tiberqueren.  Kaum  hatten  wir 
uns  mit  einigem  Seufzen  an  diese  Arbeit  gemacht, 
so  brach  ein  Hagelwetter  los,  dem  wir  diesmal  schutz- 
los ausgesetzt  waren.  Erbarmungslos  schlug  es  uns 
auf  Gesicht  und  Hände  und  im  Nu  waren  wir  naß, 
wie  wenn  man  uns  durch  einen  Bach  gezogen  hätte. 
Es  war  also  mehr  als  überflüssig,  wenn  nun  dieser 
Bach  selber  über  die  Platten  berabgeflossen  kam,  so 
daß  diejenigen  von  uns,  welche  nicht  in  Bewegung 
waren,  und  das  waren  regelmäßig  Drei  von  Vieren, 
zur  Hälfte  im  Wasser  saßen.  Aber  so  „eingeteufelt" 
waren  wir  nun  schon  durch  das  Bergleben,  daß  wir, 
nicht  ohne  Murren  zwar,  aber  in  schönster  Eintracht 
und  Kaltblütigkeit,  vorwärts  manövrirten,  bis  sich 
der  Sturm  gebrochen  hatte  und  wir  mit  einem  letzten 
„bösen  Tritt''  auf  den  Felskamm  gelangten,  über  den 
wir  nun  leichter  abwärts  kamen.  Eine  Rutschpartie 
ttber  Lawinenschnee  brachte  uns  auf  den  Gletscher, 
der  Dun  im  Trabe  passirt  wurde.  Die  größten  Schrunde 
wurden  dabei  unbesehen  übersprungen  und  nach  kurzer 
Zeit  war  die  Moräne  erreicht.  Was  wir  zu  dieser 
selbst,  sowie  zu  dem  Abstieg  vom  „Hundsschüpfen" 
und  zu  der  alten  Kandermoräne  sagten,  darüber  will 
ich  den  Mantel  christlicher  Liebe  breiten.  Naß  und 
verwettert,  aber  nicht  halb  so  unwirsch,  wie  acht 
Tage  vorher,  rannten  wir  am  Heimritz,  Seiden  und 
Grastem  vorbei  und  erreichten  mit  dem  Einbruch  der 
Nacht  die  Klus,  wo  wir  gerade  noch  den  Weg  sahen. 


148         H.  Bubi,    JDoldenhorn  tmd  Fründenjoch, 

Abends  um  10  Uhr  waren  wir  im  Hotel  zurück.  Das 
Abendessen  nahmen  wir  aus  guten  Gründen  im  Bette 
liegend  zu  uns  und  noch  Tage  lang  zierten  die 
hinteren  Balkone  der  ^Victoria"  verschiedene  Klei- 
dungsstücke, welche  von  Beredsamkeit  über  unsern 
neueq  Paß  trieften.  Das  neue  Fründenjoch  aber  mag 
Besuchern  von  Eandersteg  empfohlen  sein.  Ich  habe 
oben  angedeutet,  wie  seine  Begehung  vielleicht  ab- 
gekürzt werden  kann.  Andere  werden  sicherlich  auch 
schneller  marschiren,  als  wir.  Wer  pressirt  ist,  wird 
immerhin,  um  von  Kandersteg  nach  Seiden  zu  ge- 
langen, besser  den  Thalweg  einschlagen. 


n. 

Freie  Fahrten. 


Gol  de  Pianereuse  et  DarreV. 

Par 

Louis  Kurz  (Section  de  Neuchätel). 


I.  Le  Col  de  Plauereuse. 

!•'  passage. 

Pendant  le  mois  de  juillet  1885,  apr^s  une  s^rie 
d'ascensions  dans  la  chaine  du  Mont-Blanc,  j'avais 
forme  le  projet  de  faire  celle  du  Darrei,  la  seule  des 
«imes  viergeß  de  la  partie  Buisse  de  ce  massif  qui 
^alüt  encore  la  peine  d'etre  tentee.  Abandonne  par 
Vami  qui  m'avait  accompagne  jusque  lA,  j'allais  m'in- 
staller  au  lac  Champey  en  attendant  l'arrivee  d'un 
autre  camarade,  qui  m'avait  promis  son  concours  pour 
l'exp^dition  que  je  projetais. 

La  petite  pension  Biselx  ä  Champey  6tait  mon 
quartier  gen^ral,  et  les  quelques  jours  que  je  passai 
Ja  s'ecoulerent  dans  les  delices  d'un  repos  bien  meritö, 
au  milieu  d'un  site  ravissant.  Lasse  cependant  d'ad- 
uürer  les  eaux  transparentes  du  lac,  de  parcourir  les 
belles  forets  de  sapins  qui  le  bordent  et  ayant  epuis6 
toutes  les  promenades  des  environs,  je  me  deeidai  k 
Diettre    k    profit    le    temps   encore    disponible    avant 


152  Louis  Kurz, 

Farriv^e  de  mon  ami  pour  pousser  une  reconnaissance 
dans  la  haute  montagne,  du  c6t6  du  DarreX.  Dans  ce 
but,  je  fis  venir  d'Orsiferes  mon  guide  Fran^ois  Biselx, 
un  des  fils  de  mon  liöte.  Par  la  m^me  oecasion,  je 
comptais  explorer  un  col  qui,  d'aprös  la  carte,  devait 
exister  entre  le  Darrei*  et  la  Pointe  de  Planereuse  et 
n'avait  pas  encore  6t6  franchi. 

Le  30  juillet,  dans  la  soiree,  nous  traversions  les 
champs  et  les  päturages  qui  s6parent  Champey  des 
chalets  de  Saleinaz,  pres  du  glacier  de  ce  nom.  Le 
lendemain,  un  magnifique  clair  de  lune  6clairait  notre 
depart  et  nous  permettait  de  passer  sans  encombre 
la  foret  de  la  Pourriaz.  De  lä,  k  travers  les  eboulis 
de  la  Pointe  de  Planereuse,  nous  gagnons  le  glacier 
de  Planereuse.  Sa  partie  inf6rieure,  d^pourvue  de 
neige,  est  assez  inclin6e  pour  n6cessiter  9a  et  lä  la 
taille  de  marches.  Apres  une  heure  environ,  nous 
arrivons  sur  un  beau  plateau  neigeux  au  milieu  duquel 
nous  faisons  halte.  A  notre  droite,  la  Pointe  de  Plane- 
reuse est  assez  proche  pour  qu'il  seit  possible  de 
Tatteindre  en  trois  quarts  d'heure.  Devant  nous,  k 
cent  cinquante  metres  de  distance,  s'ouvre  le  passage 
que  je  cherche,  k  travers  Farete  qui  court  de  la 
Pointe  de  Planereuse  k  ce  contrefort  du  Darrelt  qui 
porte  le  nom  de  TitaNeire.  De  difficult6s,  il  n'y  en 
a  pas,  le  col  s'61eve  k  vingt  metres  environ  au-dessus 
du  glacier  et  ressemble  assez  k  la  Fen^tre  de  Saleinaz 
vue  du  glacier  du  Trient.  A  gauche  enfin,  une  pente 
assez  raide  est  la  voie  directe  menant  k  la  vall6e  qui 
separe  les  deux  cimes  du  Darrei.  C'est  peu  de  chose 
k  faire  et  seule  la  foi  jur^e  me  retient  d'y  aller  tout 


Col  de  Planereuse  et  Darret,  155 

de  stiite,  surtout  quand  Biselx  m'assure  qu'en  troi» 
ou  qnati'e  heures  on  doit  pouvoir  arriver.  Je  me  con- 
tente  d'examiDer  la  ronte  ä  snivre.  Pendant  mes^ 
conrses  pr6c6dentes,  j'avais  supputö  avec  soin  Falti- 
tnde  relative  des  deux  cimes.  La  carte  donne  3537  m^tres. 
ä  la  plus  septentrionale  et  3496  m^tres  seulement  k 
Tautre.  Or,  dfes  la  premifere  fois  que  je  les  avais  vues, 
il  m'ayait  para  qu'elles  ^taient  d'^gale  hauteur,  et 
j'avais  meme  crn  remarquer  que  la  pointe  m^ridionale 
avait  quelques  m^tres  de  plus.  Pour  m'assurer  de  la 
chose,  je  n'ai  d'ici  qu'4  remonter  la  pente  de  neige 
devant  nous,  mais  je  ne  me  sens  pas  assez  fort  pour 
r^sister,  une  fois  lanc^,  k  la  tentation  d'aller  jusqu'au 
bout,  et  je  me  d^cide  vertueusement  k  gagner  le  col 
(3063  m^tres),  que  nous  atteignons  apr^s  une  courte  esca- 
lade.  Nous  y  6difions  aussitöt  une  petite  pyramide  et 
allons  nous  ^tablir  un  peu  plus  bas  sur  Tautre  versant. 

Ce  sont  de  vieilles  connaissances  que  les  cime& 
qui  se  detachent  sur  l'horizon:  TAiguille  d*Argenti6re, 
TAiguille  du  Chardonnet,  la  Grande  Fourche,  les  Ai- 
guilles  Dorees,  le  Portalet;  mais  c'est  la  premiöre 
fois  que  nous  les  voyons  de  ce  c6t6;  elles  sont  loia 
d'y  perdre :  Biselx  lui-meme  ne  peut  retenir  un  cri  de 
Borprise  k  ce  coup  d'oeil  auquel  il  ne  s'attendait  pas» 
Avec  le  t^lescope,  nous  döcouvrons  la  cabane  d'Orny 
et  un  groupe  d'hommes  et  de  femmes  qui  circulent 
k  Tentoiir,  venus  probablement  en  p^lerinage  k  la 
petite  chapelle  k  c6t6  de  la  cabane. 

A  cinq  cents  m^tres  au-dessous  de  nous  s'6tale 
le  glacier  de  Saleinaz,  trfes  tourmentö  et  formant  plus 
loin  sur  la  droite  une  belle  chute.    Sa  vue  m'inspire 


154  Louis  Kurz. 

rid6e  de  changer  mon  plan  primitif,  qui  etait  de 
gagner  la  cabane  d'Orny  par  le  Col  des  Plines,  et  de 
rejoindre  plutot  les  chalets  de  Saleinaz  en  descendant 
le  glacier.  Ce  projet  sourit  k  Biselx  d'autant  plns 
qu'il  n'a  jamais  en  Toccasion  de  passer  par  \k. 

A  dix  henres  nous  partons.  Nous  obliqnons  an 
peu  k  droite  pour  atteindre  une  pente  de  rochers  qui 
aboutit  au  glaeier  et  dont  la  descente  est  facile.  Les 
rochers  franchis  et  le  glacier  atteint,  on  toume  encore 
k  droite  pour  attaquer  les  s^racs  de  la  chute,  con- 
tenus  entre  deux  parois  ä  pic  qui  n'offrent  auenn 
passage.  A  ma  connaissance,  ce  chemin  a  ^te  fait  une 
seule  fois,  en  1863  ,  par  MM.  George,  Macdonald  et 
les  guides  Christian  Almer  et  Melchior  Anderegg,  en 
descendant  du  Col  du  Tour  Noir;  tromp^s  par  les 
brouillards,  au  lieu  de  passer  le  Col  d'Argenti^re, 
-comme  ils  en  avaient  Tintention ,  ils  arriverent  sur 
le  glacier  de  Saleinaz  et  gagn^rent  le  Val  Ferret  sans 
savoir  par  oü  ils  passaient.  En  ce  moment,  je  ne  me 
rappeile  pas  quelle  rive  du  glacier  ils  ont  suivie,  et 
nous  optons  pour  la  droite.  Nous  nous  engageons 
r^solument  dans  les  s6racs  de  ce  c5t6.  Mais  k  peine 
avons-nous  franchi  cinquante  metres  que  nous  sommes 
arret^s  par  une  succession  de  formidables  crevasses, 
v^ritables  abimes,  au  milieu  desquels  tout  espoir  de 
trouver  un  passage  s'evanouit. 

Nous  battons  en  retraite  et  traversons  le  glacier 
pour  tenter  la  rive  gauche.  Nous  reussissons  mieux; 
les  crevasses,  tout  aussi  nombreuses,  sont  cependant 
moins  larges,  et  pendant  deux  heures  et  demie  nous 
errons  au   milieu  d'un  labyrinthe   que  le   coup  d'Gßü 


(Jol  de  Planereiise  et  Darret,  155 

de  Biselx  parvient  k  döbrouiller.  ün  moment  ariive 
tontefois  oü  nous  sommes  s6rieu8ement  arr^tös,  entre 
la  paroi  de  rochers  k  pic,  aupr^s  de  laquelle  se  dresse 
un  immeose  bloc  de  glace  et  une  sörie  de  crevasses 
infraDchissables.  Noub  ne  savons  trop  que  faire  et 
allons  nous  d6cider  k  retourner  siir  nos  pas,  lorsque 
Biselx,  s'avaDQant  contre  la  paroi,  me  dit:  „Je  crois 
qu'on  pourrait  passer  entre  le  bloc  de  glace  et  le 
rocher. '^  II  se  döbarrasse  de  son  sac  et  se  glisse  en 
rampant;  une  fois  engag6,  je  lui  passe  le  sac  et  le 
suis.  Des  pierres  et  de  la  terre  6taient  pris  au-dessus 
dn  bloc,  et  la  chaleur  du  soleil  aidant,  nous  sommes 
arroses  pendant  cette  courte  traversöe  par  une  pluie 
de  boue,  de  teile  fagon  qu'en  sortant  de  Tautre  c6t6 
Doas  avons  pass6  au  gris. 

Arriv^s  enfin  au  pied  de  la  chute,  nous  nous  trou- 
vons  sur  un  grand  plateau  que  le  glacier  präsente 
en  cet  endroit  avant  de  reformer  une  seconde  chute 
beaucoup  plus  petite.  A  notre  gauche,  au  delä  de  la 
moraine,  nous  voyons  un  sentier  de  chfevres  qui  court 
dans  les  gazons  et  doit  conduire  k  Saleinaz.  Au  lieu 
de  le  suivre,  nous  avons  la  malencontreuse  id6e  d'aller 
explorer  le  bord  oppos6.  Mal  nous  en  prend.  Aprös 
avoir  gravi  la  moraine,  nous  descendons  sur  des 
gazons  parsemös  de  sapins  rabougris ;  puis  tout  k  coup 
la  verdure  cesse  au-dessus  de  rochers  k  pic.  Pas 
moyen  d'aller  plus  loin.  Biselx  remonte  un  peu  et 
trouve  enfin  un  passage  k  gauche,  droit  au-dessus  du 
glacier:  Tendroit  est  assez  scabreux  pour  nous  obliger 
i  reprendre  la  corde.  Le  rocher,  fort  lisse,  offre  tres 
peu  de  saillies,  et  k  un  moment  donne  Biselx,  qui  est 


15G  Louis  Kurz. 

naturellement  le  second,  doit  lacher  sod  piolet,  qm 
d^gringole  et  va  se  briser  une  soixantaine  de  m^tres 
au-dessous;  plns  bas  encore,  il  se  trouve  dans  une 
Position  teile  qu'il  se  d6chausse. 

Nous  finissoDS  cependant  par  atteindi*e  la  moraine 
et  de  \k  des  pentes  de  maigres  gazons  oü  nons  tron- 
vons  un  sentier  qui  nous  m^ne  k  Saleinaz.  A  neaf 
heures  du  soir,  je  r^int^gre  ma  chambre  k  Champey. 
J'y  trouve,  h^las!  une  lettre  de  l'ami  que  j'attendais 
et  dans  laquelle  il  m'annonce  que,  malgr^  tout  son 
d^sir,  il  lui  est  impossible  de  me  rejoindre! 

IL  Le  Darrei*  (3537  m.). 

1'®  ascension. 

Pendant  les  jours  qui  suivirent,  le  temps  ne  fat 
guere  propice  aux  grandes  ascensions;  le  6  aoüt, 
cependant,  il  paraissait  r6tabli,  et  dans  Taprös-midi 
je  montai  avec  Biselx  k  Orny. 

Le  plus  court  depuis  Champey  est  de  passer  par 
le  col  de  la  Braye,  mais  cette  route  ne  füt-elle  pas 
la  plus  directe,  eile  serait  toujours  pr6f6rable  k  Fen- 
nuyeuse  et  fatigante  mont6e  depuis  Orsi^res  jusqu'au 
Plan  de  l'Arche.  Le  sentier  traverse  d'abord  des  forets, 
gagne  le  charmant  Val  d'Arpette  qu'il  suit  jusqu'anx 
chalets,  puis  tourne  k  gauche,  zigzague  k  travers  une 
nouvelle  foret  et  aboutit  k  des  6boulis  qu'on  remonte 
jusqu'au  col.  De  lä,  on  oblique  sur  le  flanc  droit  de 
la  combe  d'Orny  pour  rejoindre  la  route  d'Orsi^res 
au  Plan  de  l'Arche,  et  une  demi-heure  plus  tard, 
apres  une  petite  mont^e  k  travers  la  moraine,  on 
arrive  k  la  cabane. 


Ool  de  Planereuse  et  Barrei,  157 

La  cabane  d'Orny  est  situ6e  k  2700  m^tres  d'al- 
ütnde.  Son  emplacement  a  ^t6  tr^s  judicieusement 
<;hoisi,  tant  sous  le  rapport  de  la  vue  que  pour  l'ex- 
ploration  de  la  partie  suisse  de  la  chaine  du  Mont- 
Blanc,  pr^s  de  Touverture  du  cirque  glaciaire  compris 
entre  l'Aiguille  du  Tour,  les  Aiguilles  Dorfes  et  la 
Pointe  d*Orny:  les  ascensions  dont  eile  est  le  centre 
comprennent  depuis  la  simple  promenade  jusqu'aux 
grimp6es  les  plus  ardues.  Elle  est  adoss^e  aux  contre- 
forts  des  Aiguilles  d'Arpette,  ä  quelques  pas  du  gla- 
<jier  d'Orny,  dont  eile  domine  la  partie  införieure. 

Depuis  la  petite  terrasse  qui  pr^c^de  la  porte, 
-OD  admire  d'abord  le  Portalet,  qui  surgit  au  premier 
plan,  puis,  dans  l'^loignement,  une  partie  des  Alpes 
"Graies,  enfin  le  majestueux  groupe  du  Combin,  qui 
forme  ä  lui  seul  un  tableau  splendide,  le  soir  sur- 
tout,  alors  que  le  soleil  couchant  le  dore  de  ses  der- 
niers  rayons. 

Aussi  bien  la  cabane  est  tr^s  fr6quent6e :  clubistes 
■et  chasseurs  s'y  donnent  rendez-vous,  et  pendant  la 
belle  Saison  il  n'est  pas  rare  d'y  trouver  quelque 
joyeuse  compagnie  stabile  k  s6jour  fixe  pour  escalader 
la  plupart  des  sommit^s  avoisinantes. 

La  vie  s'y  r^gle  alors  d'une  fa^on  pröcise:  de 
bon  matin  une  ascension,  parfois  deux;  retour  pour 
le  diner,  k  midi,  k  la  cabane;  puis  fiänerie  aux  en- 
Tirons  jusqu'au  soir.  Les  jours  de  repos,  ou  lorsque 
le  temps  n'est  pas  certain,  promenades  sur  le  glacier. 
A  deux  pas  de  la  cabane,  le  petit  lac  d'Orny  pr6te 
aux  fervents  de  Fhygifene  ses  eaux  glac^es  pour  une 
^aignade  r^paratrice  aprös  les  exercices  de  la  jour- 


158  Louis  Kurz, 

n6e.  En  quelques  heures  un  porteur  venu  d'Orsi^re» 
amöne  tout  ce  que  vous  pouvez  d^sirer  au  point  de 
vue  mat6riel.  En  un  mot,  c'est  un  paradis  declubistes: 
je  m'etonne  vraiment  qu'on  trouve  encore  parfois  la 
cabane  libre,  et  je  ne  serais  pas  surpris  d'y  voir  dans 
quelques  ann^es  s'^lever  un  chalet  desservi  par  quelque 
cantinier. 

Ce  jour-lä,  eile  6tait  occup^e  par  une  bände  nom- 
breuse  de  clubistes  amis ,  avec  lesquels  nous  passon» 
une  fort  agr^able  soir6e.  Mais  le  lendemaiu  le  temps^ 
Sans  etre  mauvais,  semble  compromis.  Vers  cmq 
heures  seulement,  nous  nous  d^cidons  k  nous  mettre 
en  route.  Le  sentier  suit  quelques  centaines  de  pas 
la  crete  de  la  moraine  lat^ale,  pliis  descend  sur  le 
glacier,  qui  s'^leve  insensiblement  jusqu'au  pied  de 
la  Pointe  d'Orny.  Bientöt  surgissent  successivement 
les  Aiguilles  Dorees,  la  Grande  et  la  Petita  Fourche 
et  les  Aiguilles  du  Tour.  Ces  cimes  semblent'enserrer 
comme  dans  une  gigantesque  cuvette  T^norme  masse 
de  glaces  qui  forme  le  plateau  du  Trient,  Arriv6ft 
sur  ce  dernier,  nous  nous  dirigeons  sur  la  gauche 
pour  gagner  par  une  pente  tr6s  douce.  le  Col  de& 
Plines ;  la  neige  est  d'ailleurs  bonne  et  k  sept  heurea 
nous  y  sommes. 

Le  Col  (3193  metres)  est  une  vaste  ouverture  neigeuse 
entre  les  Aiguilles  Dorfes  et  le  Portalet,  coupee  par 
places  d'asp^rites  rocheuses  qui  dessinent  un  certain 
nombre  de  passages  dont  on  peut  franchir  indlfferem- 
niemt  Tun  ou  l'autre.  Nous  perdons  14  assez  de  t^apfi^ 
k  examiner  la  vue  et  k  discuter  les  probabilit^  de 
mauvais   temps.    Nous   finissons    cependant   par  dee- 


Col  de  Plcmereuse  et  Darret.  16^ 

cendre  par  les  rochers  des  Plines  sur  le  glacier  de 
Saleinaz,  que  nous  traversons  dans  la  direction  du 
Col  de  Planereuse.  Nous  atteignons  ce  dernier  vera 
dix  heures. 

Pendant  que  nous  dejeünons  k  Templacement  oü 
nous  avions  fait  halte  quelques  jours  auparavant,  de 
vagues  cris  se  fönt  entendre  dans  l'^loignement ;  ce 
sont  quelques-uns  de  nos  compagnons  de  la  cabane 
d'Oray  qui  viennent  d'arriver  au  sommet  de  la  Grande 
Fourche  et  qui  annoncent  leur  succes.  Nous  repartons 
apres  une  demi-heure  de  repos;  le  Col  franchi,  nous 
attaquons  la  pente  devant  laquelle  nous  nous  6tions 
arretes  lors  de  notre  reconnaissance ;  eile  est  assez  raide 
ponr  qu'il  faille  y  faire  quelques  entailles;  le  glacier 
anquel  eile  aboutit  est  fortement  crevasse  et  les  ponts 
de  neige  sont  souvent  tres  peu  sürs;  ils  obligent  ä 
de  nombreux  d6tours.  Par  surcroit,  subitement  nous 
nous  trouvons  entour^s  de  brouillards  et  le  tonnerre 
8€  fait  entendre  dans  la  direction  du  Col  du  Tour. 
A  tont  hasard  je  rel6ve  ä  la  boussole  notre  ligne  de 
retraite;  mais,  k  vrai  dire,  il  n'y  a  plus  gu6re  moyen 
de  se  tromper.  Nous  sommes  dans  le  petit  vallon  qui 
s^pare  les  deux  cimes:  une  cime  ä  droite,  l'autre  k 
gauche  et  devant  nous  Tarnte  qui  les  relie ;  la  cuvette 
du  vallon  que  remplit  le  glacier  a  peut-etre  cinq  cents 
metres  de  long  sur  cent  k  cent  cinquante  de  large^ 
et  füt-on  compl^tement  perdu  dans  le  brouillard,  il 
faut  fatalement  arriver  k  la  seule  issue  qui  existe^. 
la  route  que  nous  avons  prise  pour  venir.  Nous  coa- 
tinuoDs  ä  avancer  tout  droit  devant  nous,  guides  du 
pcste  par  la  direction  des  crevasses.  Lorsqu'apr^s  une 


160  Louis  Kurz, 

lieure  de  marche,  les  bronillards  se  l^vent  aussi  su- 
bitement  qu^ls  sont  yenuB,  nons  nous  trouTons  au 
centre  du  fer  k  cheval  que  fonne  le  massif,  juste 
«ntre  les  deux  cimes. 

II  s'agit  de  d^cider  laquelle  nous  voulons  gravir. 
Nous  opinons  d^finitivement  pour  celle  de  gauche, 
<;elle  du  sud,  qui,  malgre  la  carte,  nous  paralt  la  plus 
haute.  Elle  est  d^fendue  par  une  pente  de  glace 
abrupte  coup^e  par  une  rimaie;  la  route  tout  indiqu^e 
•est  de  traverser  en  diagonale  cette  pente  pour  aller 
rejoindre  Tarnte  k  gauche  de  la  cime.  Apr6s  la  rimaie, 
Biselx  taille  des  marches  dans  une  glace  tr^s  dure; 
j'agrandis  les  degres  derri^re  lui,  pensant  que  nous 
ne  les  trouverons  Jamals  trop  grands  k  la  descente, 
car  c'est  le  plus  mauvais  passage  de  toute  Tascension. 
-üne  centaine  de  marches  suffisent  pour  atteindre  les 
Premiers  rochers,  que  nous  gravissons  tout  droit  vers 
Tarnte;  ils  sont  tr6s  raides,  mais  sans  difficult^s, 
parce  que  la  röche  est  solide;  cette  partie  est  d'ail- 
leurs  vite  franchie.  C'est  avec  une  vive  curiosit^ 
qu'arriv6s  k  la  cr^te  nous  portons  nos  regards  snr 
rautre  versaut  et  sur  le  glacier  du  Barrel.  La  pente 
^ie  la  montagne  descend  tout  droit,  mais  quoique  tr^s 
inclin6e,  eile  paratt  praticable;  le  glacier  auquel  eile 
aboutit  est  tr^s  peu  crevass6:  il  faudra  essayer  de 
rentrer  par  \k.  Une  fois  cette  decision  prise,  nous 
continuons  all6grement  Tescalade  en  suivant  tout  simple- 
.ment  Tarnte,  qui  nous  conduit  en  peu  de  temps  au 
sommet.  Nous  y  touchons  k  deux  heures  et  constatons 
avec  plaisir  que  c'est  bien  la  vcaie  cime,  car  nous 
•d^passons  la  pointe  nord  de  quelques  m^tres.    Cette 


\ 


Col  de  Planereuse  et  Darrei,  161 

question  resolue,  Biselx  me  montre  quatre  points  noirs 
qui  remontent  la  Fenetre  de  Saleinaz;  ce  sont  nos 
amis  qui  reviennent  de  la  Grande  Fourche;  nous  les 
lielons  de  toute  la  force  de  nos  poumons,  mais  en 
vain,   ils  n'ont  du  moins  pas  Tair  de  nous  entendre. 

Apr^s  un  temps  de  repos,  je  prends  quelques 
photographies ;  malheureusement  le  soleil  est  mal  plac^ 
pour  la  plus  belle  partie:  le  cirque  form6  par  le 
Dolent,  les  Aiguilles  Rouges  et  le  Tour  Noir,  qui 
s'ouvre  devant  nous  et  que  je  dois  me  contenter  de 
regarder.  Mais  je  ne  puis  me  lasser  de  contempler 
les  preeipices  que  pr^sentent  les  pentes  de  ces  mon- 
tagnes,  ces  versants  rayös  de  couloirs  effrayants, 
labour6s  sans  cesse  par  les  chutes  de  pierres  et  de 
glace.  Au  sud,  le  soleil  6claire  encore  les  montagnes 
italiennes,  tandis  que  du  cote  de  Chamonix  le  ciel  a 
pris  une  teinte  de  plomb.  Les  cimes  sont  cependant 
libres,  sauf  l'Aiguille  du  Chardonnet,  qui  est  coiff^e 
d'un  nuage. 

Biselx  interrompt  tout  k  coup  ma  reverie:  Mon- 
sieur! —  ?  —  Avez-vous  dejä  couch6  sur  un  glacier?  — 

Kon pourquoi  ?  —  C'est  que,  si  vous  ne  tenez 

pas  4  faire  cette  exp6rience,  ce  serait  le  moment  de 
partir!  —  Je  tire  ma  montre:  il  est  pr^s  de  trois 
liem-es,  et  pour  tenter  une  nouvelle  route,  nous  n*avons 
que  le  temps  bien  juste  avant  la  nuit.  Nous  edifions 
ä  la  liäte  un  caim ,  y  deposons  une  bouteille  avec 
quelques  notes,  et  nous  nous  remettons  en  marche, 
d'abord  le  long  de  l'arete  pendant  une  centaine  de 
metres;    puis   nous   descendons    dans    les   rochers    k 

droite.  Ils  sont  faciles,  mais  peu  stables,  ce  qui  nous 

11 


162  Louis  Kurz. 

oblige  k  prendre  quelques  pr6cautions.  Nous  arrivon» 
ainsi  entre  deux  couloirs  qui  aboutissent  k  une  pente 
de  neige  pr^c^ant  le  glacier ;  nous  les  longeons  jus- 
qu'au  moment  oü  les  roches  deviennent  impraticables. 
Nous  gagnons  alors  le  couloir  de  droite;  mais  la  neige 
y  est  si  pourrie  quMl  y  a  danger  de  faire  partir  une 
avalanche,  et  quoique,  en  d'autres  circonstances,  ce 
doive  etre  le  chemin  le  plus  simple,  nous  nous  bor- 
nons  k  le  traverser  pour  gagner  les  rochers  du  bord 
oppos^,  que  nous  descendons  jusqu'ä,  la  pente  de  neige. 
Nous  suivons  celles-ci  sur  la  droite  pendant  quelques  mi- 
nutes,  pour  aborder  ensuite  le  glacier.   II  est  5  heures. 

II  ne  faut  pas  songer  k  faire  une  halte,  nous  ne 
savons  pas  ce  qui  nous  attend  plus  loin,  le  tonnerre 
se  rapproche  de  plus  en  plus  et  nous  sommes  encore 
k  pr^s  de  3000  mötres  d*altitude.  Le  glacier  forme  ici 
un  petit  plateau;  nous  le  traversons  de  Tonest  k  Test 
Au  moment  oü  nous  abordons  la  rive  opposöe,  Torage 
fond  sur  nous.  Alors  commence  une  course  6chevel6e, 
k  se  rompre  les  os,  d'abord  k  travers  des  roches, 
puis  des  ^boulis,  enfin  des  pentes  gazonn^es.  Voili 
des  moutons,  donc  il  doit  y  avoir  un  sentier,  mais 
oü  est-il?  Nous  courons  de  droite  et  de  gauche, 
anxieux  de  le  trouver  au  plus  vite,  car  les  nuages 
montent  en  grandes  masses  du  fond  du  Val  Ferret  et 
vont  nous  envelopper;  les  rafales  redoublent  de  vio- 
lence,  accompagn^es  de  pluie  et  de  gr6sil,  et  malgrf 
le  violent  exercice  auquel  nous  nous  livrons  depiiis 
notre  d^part  de  la  cime,  nous  sommes  transis  et  glac^* 

Par  un  bienheureux  hasard,  Biselx  d^couvre  wie 
sente  k  peine  visible  que  nous  suivons  avec  pr^cantioD; 


Gol  de  Planereuse  et  Darret,  163 

car  eile  s^interrompt  de  temps  en  temps.  Elle  nous 
am^ne  sur  un  sentier  mieux  trace  que  nous  pouvons 
suivre  dans  la  nuit,  qui  est  tont  ä  fait  tomböe.  A  huit 
heures  et  demie,  nous  faisons  notre  entr6e  dans  un 
chalet  pr^s  de  Praillon,  oü  une  brave  femme  nous 
fournit  des  vetements  de  rechange,  met  ä  notre  dis- 
position  tout  ce  que  contient  son  chalet,  nous  re^oit 
enfin  avee  cette  large  hospitalitö  valaisanne  dont  j^avais 
eu  dejä  tant  de  preuves  dans  mes  pr6c6dentes  excur- 

sions 

En  r^sum^,  je  crois  que,  pour  cette  ascension,  la 
route  la  plus  directe  et  la  moins  fatigante  sera  celle 
de  Saleinaz  par  le  glacier  de  Planereuse,  aller  et 
retonr;  mais  il  vaudra  mieux  etre  ä  trois,  k  cause 
des  nombreuses  crevasses.  Pour  deux  personnes  seules 
et  pour  les  touristes  qui  preförent  le  rocher  k  la  glace, 
je  recommanderai  plutöt  la  route  que  nous  avons 
suiTie  k  la  descente. 


Der  Lyskamm  (4538  m.). 

1881. 
Von 

Dr.  Emü  Burckhardt  (Section  Basel). 


Ein  von  uns  Schweizern  in  auffallender  Weise  ver- 
nachlässigter Zermatter  Hochgipfel  ist  der  Lyskamm, 
die  mächtigste  Erhebung  nicht  nur  des  Grenzkammes 
vom  Lysjoche  bis  zum  Theodul,  sondern  mit  seinen 
4538™  des  ganzen  Wallisergebirges  westlich  vom 
Monte-Rosa  überhaupt.  ^)  Man  kann  kaum  sagen,  der 
Lyskamm  sei  zu  unbedeutend,  um  auf  den  Bergsteiger 
genügende  Anziehungskraft  auszuüben.  Allerdings 
macht  er,  gleich  dem  Monte  Rosa,  nicht  den  Eindruck, 
den  man  von  einem  Hochgipfel  ersten  Ranges  erwarten 
sollte.  Er  besitzt  nicht  die  Selbstständigkeit,  nicht  die 
scharf  ausgeprägte  Individualität  eines  Matterhornes, 
einer   Dent   Blanche    oder   eines  Weißhornes.     Dazu 


^)  Der  Lyskamm  mit  4588  >"  ist  der  sechsthöchste  Berg 
der  Schweizer-Alpen.  Nur  der  Monte-Rosa  mit  vier  seiner 
Spitzen  (Dufour  4638/4631,  Nordend  4612,  Zumstein  4573, 
Sig^alkappe  4561)  und  der  Dom  4554  überragen  ihn. 


Der  Lyskamm.  165 

fehlt  ihm  die  isolirte,  gerade  deshalb  aber  nm  so 
dominirendere  Stellung  und  der  kühne  Bau,  der  diese 
Spitzen  so  vortheilhaft  kennzeichnet.  Er  ist  überhaupt 
kein  Berg,  der  sofort  fesselnd  und  überwältigend  auf  die 
Phantasie  des  Beschauers  einwirkt.  Und  doch  kann, 
wer  vom  Gomergrat,  von  den  Hängen  des  Monte- 
Rosa,  oder  von  den  Eisbrüchen  des  Grenzgletschers  den 
Lyskamm  schon  näher  betrachtet,  nicht  unempfindlich 
bleiben  für  seine  Schönheit.  Für  den  aufmerksamen 
Beobachter  ist  er  ein  Berggebilde  von  eigener  Pracht, 
und  was  ihm  an  trotziger  Wildheit  abgeht,  das  ersetzt 
sein  mächtiger  Bau  von  klassischer  Ruhe  und  hoher 
PonnenvoUendung.  In  anderer  Weise,  aber  nicht  minder 
schön,  wirkt  der  Lyskamm  von  der  italienischen  Süd- 
seite, von  Gressoney  aus.  ;,Von  dem  Dorfe  St.  Jean 
de  Gressoney,  sagt  Studer  ^),  läßt  sich  der  Lyskamm 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung  Überblicken,  und  seine 
leuchtenden  Hochfime,  die  in  den  dunkelblauen  Himmel 
schneiden,  gewähren  hinter  den  Coulissen  der  grünen, 
mit  Lärchengehölzen  geschmückten  Vorberge  ein  ma- 
lerisches Bild."  2) 

Lange  wurde  der  Lyskamm  im  Zermatterthale 
„Monte-Rosa"  genannt,  nach  Studer  bis  zu  Ende  der 
Dreißigerjahre.  Der  Name  „Silberbast"  ^),  den  er  eine 
Zeit  lang  trug,  hat  sich  nie  recht  einbürgern  wollen, 
so  wenig    als    die   Benennung   „ Joseph- Vincenthorn" 


»)  Studer,  Ueber  Eis  und  Schnee  II,  63.  «)  Vgl.  das  Titel- 
bild zu  Matthews  „Col  de  Lys«*  in  P.  P.  and  Gl.  II,  1,  359. 
*)  Der  Schweiz.  Atlas,  1/50000  (1881),  hat  außer  „Lyskamm" 
wieder  den  Namen  „  Silberbast **  adoptirt. 


166  Emil  Burckhardt, 

(zum  AndenkeB  an  J.  A.  Vincent,  den  ersten  Ersteiger 
der  Monte-Rosa  Znmsteinspitze)  Anklang  fand.  ^) 

Die  Besteigungsgeschicbte  des  Lyskammes  gebt 
bis  zu  Anfang  der  Sechzigerjahre  zurück,  in  eine 
Zeit,  wo  die  Männer  der  alten  8cbnle  des  englischen 
Alpenclub  in  den  Zermatter  Bergen  manchen  bisher 
verschlossenen  Paß  eröffneten  und  eine  jungfräuliche 
Spitze  nach  der  andern  bezwangen.  ^) 

1859  war  der  4200"  hohe  Hochpaß  am  östlichen 
Fuße  des  Lyskammes,  als  Uebergang  von  Zermatt 
nach  Gressoney,  von  den  Brüdern  Matthews  zum  ersten 
Male  überschritten  worden:  er  ertiielt  den  Namen 
Lysjoch   (Col  de  Lys).  ^)     In   den  folgenden  Jahren, 

^)  Studer,  1.  c.  63.  »)  Vgl.  Studer,  Ueber  Eis  und  Schnee  U, 
63  ff. ;  IV  (Supplt.),  162  ff.,  und  die  dort  angeführte  englische 
Literatur.  ^)  Der  topogr.  Atlas  1/50000  und  Dufour  1/100000 
nennen  ihn  Ijj^pasa.  Tsehudi's  (1885,291),  dem  nVolksmunde" 
entnommene  Benennung  ,|Mensehenfre&ser'*  würde  wohl  auf  den 
Jjyskamm,  nicht  aber  auf  das  hysjoch  passen.  Ein  ebenfalls 
gebräuchlicher  Name  ist  Süherpass,  der  konsequenterweise 
vom  topographischen  Atlas  als  Pendant  zu  „Silberbast"  (Lys- 
kämm)  hätte  angenommen  werden  können.  Studer,  FV,  152, 
gibt  in  seinen  Höhenbestimmungen  des  Monterosastockes  den 
beiden  Lysjochübergängen  (^dem  östlichen  und  westlichen)  die 
Höhe  von  4321,  resp.  4200  ".  Tschudi  (1885, 1.  c.)  nennt  den 
Paß  „bei  gutem  Wetter  ohne  Schwierigkeit,  aber  wegen  über- 
hängender Schneewellen  (Gwächten),  über  welche  der  Weg 
führt,  höchst  gefährlich."  Diese  Angabe  ist  ganz  unrichtig 
und  beruht  entweder  auf  falscher  Information,  oder  auf  einer 
Verwechslung  mit  dem  hyskamm.  Ueber  die  erste  Üeber- 
«chreitung  des  Lysjoches  vgl.  W.  Matthews,  jun.,  P.  P.  and 
Gl.  II,  1.  359  ff.,  ebenso  über  die  ersten  Versuche  gegen  den 
Lyskamm.  Matthews  Arbeit  war  für  die  Kenntnis  dieses 
Theiles  der  Grenzkette  von  hohem  Werthe. 


Der  lAfskamm,  167 

1860  and  1861 ,  fanden  mehrere  Angriffe  auf  den 
Lyskamm  selbBt  statt,  and  zwar  zwei  über  den  West- 
grat  —  von  den  Zwillingen ,  bezw.  vom  Hoehpasse 
des  Felikjoeiies  (4068),  zwei  über  den  Ostgrat  —  vom 
Lysjoche  aus.  Diese  Yersuefae,  bei  denen  die  besten 
l^amen  des  A.  0.  -^  Tuckett^  Fox,  Moore,  Stephen, 
Beilly  —  betheiligt  waren,  mißlangen  sämmtlich. 
Olttcklieher  war  am  19.  August  1861  Herr  Hardy  (A.  C), 
dem  unter  der  Hauptführung  von  P.  Perren  und  in 
Gesellschaft  verschiedener  anderer  englischer  Berg- 
stdger  die  erste  Besteigung  des  Gipfels  unter  gün- 
stigen Verhältnissen  gelang,  Aufstieg  und  Abstieg 
waren  über  den  Ostgrat  erfolgt.  Ausgangs-  und  End- 
punkt der  Expedition  war  der  Riffel,  bezw.  Zermatt.  ^) 
Wenige  Tage  später,  den  28.  August  1861,  fand  die 
erste  üeberschreitang  des  Hochpasses  am  Westfuße 
de«  Lyskaznmes,  des  Felikjoches  (4068*)  von  Gres- 
soney  aadi  Zermatt,  durch  Matthews  und  Jacomb 
(Führer  J.  B.  und  M.  Croz)  statt.  ^)  Die  erste  Ersteigung 
des  Lyskammes  über  den  Westgrat,  vom  Felikjoche  aus 
über  die  secundäre  Spitze  (4478  »>),  gelang  1864  Leslie 
Stephen  und  Buxton  (Führer:  J.  Anderegg  und  F.  Biener) 
mit  Abstieg  über  den  Ostgrat.  Es  war  dies  zugleich 
die  erste  toUständige  Traversirung  des  Berges  in 
seiner  ganzen  Längenaehse  von  West  nach  Ost»     1867 


*)  S.  die  lebensvolle,  originelle  Schilderung  von  Hardy 
in  P.  P.  and  öl.  11^  1,  883  ff.  »)  W.  Matthews,  jun.,  in  F.  P. 
and  GL  U,  1,  397  ff.  »»The  Col  des  Jumeaux'*.  Diese  letztere 
Benennimg  war  uarichtig.  Der  ZwiUings-  oder  Yerrapaß)  3861"*, 
führt  Bwisclien  den  ZwiUingea  (Castor)  4230  "^  und  PoUux, 
4094»)  hindurch. 


168  Emil  Burckhardt 

wurde*  wieder  eine  Besteigung  auf  neuem  Wege  gemacht, 
und  zwar  diesmal  von  der  italienischen  Seite  aus,  vom 
westlichen  Lysgletscher  durch  die  Felsen  des  Siid- 
grates,  durch  C.  E.  Matthews  und  Morshead  (Führer: 
Chr.  Almer  und  A.  Maurer).  1878  folgte  P.  W.  Thomas 
(Führer :  J.  Imboden  und  J.  Langen),  ebenfalls  von  der 
italienischen  Seite,  vom  östlichen  Lysgletscher  aus, 
über  die  südöstlichen  Felsen  und  zwar  mit  Auf-  und 
Abstieg  durch  dieselben.  ^) 

Besteigungen  auf  dem  von  Hardy  und  Genossen 
zuerst  eingeschlagenen  Wege,  über  den  Ostgrat,  haben 
in  der  zweiten  Hälfte  der  Sechziger-  und  in  den  Sieben- 
zigerjahren  mehrfach  stattgefunden.  Zwei  derselben  sind 
Längstraversirungen,  nämlich  eine  Doppeltraversirung 
1866  durch  zwei  gleichzeitig  vom  Lysjoche  und  Felik- 
joche  ausgegangene  Partien,  die  sich  auf  der  Spitze 
kreuzten  (Kitson  vom  Lysjoche,  Morshead  und  Walker 
vom  Felikjoche  aus),  und  1877  durch  Davidson  vom 
Lysjoche  nach  dem  Felikjoche.  Erwähnenswerth  ist 
auch  eine  Besteigung  vom  Felikjoch  über  den  West- 
grat auf  und  ab,  1874,  durch  Tuckett. 

Zwei  Besteigungen  über  den  Ostgrat  fanden  einen 
unglücklichen  Ausgang.  Im  Jahre  1869  stürzte  Arthur 
ehester,  ein  bekannter  englischer  Bergsteiger,  im  Ab- 
stiege über  den  Ostgrat  ^),  an  unschwieriger  Stelle,  als 
er    nach    seinem   im   Aufstiege  verunglückten  Hunde 


0  A.  J.  IX,  1878/80,  109.  —  Ueber  eine  italienische  Be- 
Bteigang  durch  C.  Perazzi,  vom  Lyflgletscher  aus  über  defi 
Südostkamm,  s.  Rivista  Alpinaltaliana  III,  1884,  Nr.  9, 100—101. 
Dieselbe  wird  von  A.  Sella  als  ein  neuer  Weg  bezeichnet. 
>)  Vgl.  Studer  II,  72,  und  A.  J.  IV,  1868/70,  376. 


^  Der  Lyskamm,  165' 

sehen  wollte,  nach  dem  oberen  Grenzgletscher  hinunter 
nnd  blieb  todt,  während  seine  beiden  Führer  wunder- 
barerweise mit  leichten  Verletzungen  davon  kamen.. 
Der  ganze  Vorfall  war  etwas  mysteriöser  Natur  und 
ist  nie  ganz  aufgeklärt  worden.  Am  6.  September  1877 
verunglückte  eine  ganze  Partie  von  fünf  Personen  r 
die  Herren  Lewis  und  Patterson  aus  England  und 
ihre  Führer,  drei  Brüder  Knubel.  Alle  Fünf  blieben 
todt.  Etwa  500  Fuß  unter  dem  Gipfel  war  die  Gwächte 
des  Kammes  gebrochen  und  hatte  den  Sturz  nach  der 
italienischen  Seite  auf  den  Lysglet scher  1200  —  1500 
Fuß  tief  verursacht,  wo  die  Leichen  aufgefunden 
wurden.  •^) 

Ein  das  Jahr  zuvor,  im  August  1876,  am  Felik- 
joch  geschehenes  Unglück,  das  zwei  Herren,  Johnson 
und  Hayman,  sowie  dem  einen  Führer,  Sarbach,  daa 
Leben,  und  dem  anderen,  ebenfalls  einem  Sarbach,  ein 
paar  Finger  kostete,  wird  zwar  vielfach,  aber  ganz 
mit  Unrecht,  mit  dem  Lyskamme  in  Verbindung  ge- 
bracht. 2) 

Immerhin  scheint  die  Katastrophe  des  Jahres  1877 
die  Lust  zu  Lyskammbesteigungen  über  den  Ostgrat 
ziemlich  abgeschwächt  zu  haben.  Dieser  Weg  galt  von 
da  an  bei  den  Zermatter  Führern  für  schwierig  und 
gefährlich,  während  er  doch,  unter  günstigen  Umständen 
und  bei  gehöriger  Vorsicht  keines  von  beiden  ist.    Die 

1)  Stader  IV,  165  flf.,  und  A.  J.  VIII,  1876/78,  346.  Da» 
Unglück  geschah  meiner  Ansicht  nach  im  ^w/*8tiege.  Weder 
Thomas,  noch  ich,  fanden  auf  dem  Gipfel  des  Lyskamme» 
die  Karten  der  verunglückten  Bergsteiger.  *;  S.  Studer,  IV, 
163,  und  A.  J.  VIII,  1876/78,  112  und  163. 


170  Emil  Burckhardt  * 

fremden  Führer,  von  denen  nnr  wenige  den  Lyskamm 
aus  eigener  Erfahrung  kannten,  schlössen  sich  diesem 
unrichtigen  Urtheile  an  und  der  Berg  kam,  wenigstens 
in  Ftihrerkreisen,  in  ganz  unverdienten  Verruf. 

Ob  in  den  ersten  Jahren  nach  dem  Unglück  vod 
1877  der  Ostgrat  des  Lyskammes  wieder  begangen 
wurde,  ob  außer  von  P.  W.  Thomas  (1878)  eine  Be- 
steigung des  Berges  überhaupt  stattfand,  ^)  ist  mir  an- 
l)ekannt,  doch  habe  ich  Ursache,  anzunehmen,  daß  von 
1877  an  die  Besteigungen  jedenfalls  nur  sehr  vereinzelt 
waren  und  daß  der  Ostgrat  bis  1881  nicht  mehr  be- 
treten worden  ist.  Während  ein  Matterhorn,  ein  Monte- 
Eosa  von  Macugnaga,  eine  Dent  Blanche,  welche  im 
Laufe  der  Jahre,  von  1865 — 1882,  die  Bluttaufe  er- 
halten haben,  eine  gewisse  Olasse  von  Bergsteigern 
gerade  aus  diesem  Grunde  erst  recht  anzogen,  war 
4ies  nicht  der  Fall  mit  dem  Lyskamme.  Für  diese 
war  und  blieb  er  ein  unbertihmter,  unbedeutender  Berg, 
-der  als  „Ersteigungsobject"  gar  nicht  in  Betracht  kam. 
^Langweiliger  Gratbummel  und  charakterlose  Schnee- 
«tampferei"  lautete  das  —  allerdings  nicht  aus  eigener 


0  Imboden  fährte  1878  seinen  Herrn,  P.  W.  Thomas, 
durch  die  B^elsen  des  italienischen  Südostgrates  auf  und  ab, 
um  den  Ostgrat  zu  vermeiden,  den  er  für  gefährlich  hielt. 
Thomas  (A.  J.  IX,  109)  sagt  ausdrücklich  von  seinem  Wege 
durch  die  Felsen:  ^it  has  the  merit,  of  belng firee  from  danger. " 
Er  meint  auch :  „This  route  would  appear  to  possess  attrae- 
tioBS  superior  to  any  former  one."  Diesem  Urtheile  kasn  ich 
mich  nicht  anschließen.  Die  Felsen  der  italienischen  Sudseite 
des  Lyskammes  bilden  allerdings  einen  ganz  praktikabein 
^eg,  sie  entbehren  aber  der  großen  Reize,  welche  der  öst- 
liche Firngrat  bietet. 


j 


Ber  Lyskamm.  171 

Erfahrung  hervorgehende  —  Urtheil  eines  bekannten 
Montanisten  der  jüngeren  deutschen  Schule,  dem  ich 
1881  den  Lyskamm  als  ebenso  schöne  wie  interes- 
sante Partie  empfehlen  wollte.  —  „Aber  ich  bitte  Sie, 
wie  können  Sie  sich  mit  solchen  Schneehügeln  ab- 
plagen^, meinte  mitleidig  ein  gesinnungstttchtiger  öster- 
reichischer Felsenmann,  als  ich  nach  meinem  ersten 
fehlgeschlagenen  Versuche  auf  den  Lyskamm  zum 
zweiten  Male  ansetzte.  ^)  Nun,  das  sind  Geschmack- 
sachen. 

Die  Anregung  zur  Besteigung  des  Berges  verdanke 
ich  eigentlich  meinem  früheren  Führer  Peter  Egger 
von  Grindelwald,  der,  obschon  Berneroberländer  durch 
und  durch,  doch  flir  die  Schönheiten  und  Reize  auch 
der  Nicht-Oberländer  Berge  ein  offenes  Auge  hatte.  Es 
war  Anfangs  August  1873,  in  jener  prächtigen  Woche, 
wo  ich  mit  meinem  Glubgenossen  Bischoff  das  Glück 
hatte,  von  einem  Dienstag  bis  zum  Samstag  Matter- 
hom,  Monte-Rosa  und  Weißhorn  ^)  zu  besteigen,  als 

*)  Purtscheller,  der  ausgezeichnete  führerlose  Bergsteiger, 
einer  der  allerersten  neueren  Montanisten,  scheint  diese  ein- 
seitigen Anschauungen  nicht  zu  theilen;  ihm  war  der  Lys- 
lEamm  zur  Besteigung  weder  zu  gering,  noch  zu  unberühmt 
Ebensowenig  Herrn  Vittorio  Sella  vom  C.  A.  I.  *)  Es  möge 
mir  hier  gestattet  sein,  einen  Irrthum  des  Herrn  G.  Studer 
zu  berichtigen.  In  „Ueber  Eis  und  Schnee"  IV,  (Supplt.)  170, 
schreibt  G.  Studer:  „G.  Weilenmann  war  unstreitig  der  erste 
Schweizer  Tourist,  der  seinen  Fuß  auf  die  Spitze  des  Weiß- 
hornes  gesetzt  hat.**  Es  ist  dies  unrichtig.  Der  erste  Schweizer 
Tourist  war  vielmehr,  schon  6  Jahre  zuvor,  30.  Juli  1867, 
fi.Thioly  (8.  A.  C.  Genf),  vgl.  Jahrb.  S.  A.  C.  V,  63  ff.  Die 
zweite  schweizerische  Besteigung  erfolgte  durch  H.  Bischoff 
(S.A.  C.  Basel)  und  mich,  8.  August  1878  (Führer:  P.  Bojirea, 


172  Emil  Burckhardt 

wir  im  herrlichsten  Sonnenscheine  auf  der  Diifourspitze 
lagerten.  Egger  gefiel  der  Lyskamm  ausnehmend  und 
er  meinte,  das  sei  ein  Berg,  den  wir  zusammen  ein 
anderes  Jahr  machen  müßten.  Erst  1880  aher  kam 
ich  wieder  nach  Zermatt;  es  war  am  Schlüsse  einer 
längeren  Bergreise,  und  ich  hatte  nur  noch  wenige 
Tage  zu  meiner  Verfügung.  Mit  mir  war  nicht  mehr 
Peter  Egger,  der  in  seinen  letzten  Lebensjahren  die 
schweizerische  Kundsame  mit  der  lucrativeren  eng- 
lischen vertauscht  hatte,  sondern  Christen  Jossi  von 
Grindelwald.  Am  Tage  nach  meiner  Ankunft  rückte 
ich  vom  Riffel  gegen  den  Lyskamm  aus.  Schlechtes 
Wetter  zwang  uns  aber  schon  auf  dem  Gomergletscher 
zum  Rückzuge.  In  den  paar  Tagen,  die  ich  noch  in 
Zermatt  zubrachte,  vereitelten  starke  Schneefälle  jeden 
weiteren  Versuch  gegen  unseren  Berg. 

Ein  Jahr  darauf,  den  14.  August  1881 ,  war  ich 
wieder  auf  dem  Riffel  marschbereit  für  den  Lyskamm. 

Es  war  am  15.  August,  2  Uhr  früh,  als  ich  mit 


P.  Egger,  von  Grindelwald,  Träger :  Moser  von  Zermatt).  Am 
13.  August  1873  folgte  erst  Weilenmann,  der  übrigens  in  seiner 
„Firnenwelt"  III,  379  ff.  unserer  Besteigung  mehrfach  erwähnt. 
Thioly  und  Weilenmann  konnten  bei  ihrem  Abstiege  das  Thal 
nicht  mehr  am  gleichen  Tage  gewinnen,  sondern  mußten 
zwei  Nächte  am  Berge  schlafen.  Bischoff  und  ich  hatten  früh 
1  Uhr  das  Bivouak  im  Schallenberg  verlassen,  um  11 7«  Uhr 
Mittags  den  Gipfel  erreicht  und  waren,  in  starkem  Gewitter 
absteigend,  um  8'/*  Uhr  Abends  in  Randah  und  um  */*  11  Uhr 
Nachts  in  Zermatt.  Da  über  unsere  Besteigung  nichts  ver- 
öffentlicht wurde,  so  blieb  sie ,  wie  viele  unserer  Tonren  in 
den  Sechziger-  und  Anfangs  der  Siebzigerjahre,  weiteren 
alpinen  Kreisen  unbekannt. 


Der  Lyskamm,  173 

Chr.  JoBsi  von  Grindel wald  und  mit  Gabriel  Taug- 
walder  von  Zermatt,  in  sternheller,  kaltklarer  Nacht, 
den  Riffel  verließ,  um  über  den  Gomer-  und  Grenz- 
gletscher das  Lysjoch  zu  gewinnen,  von  wo  wir  Über 
den  Ostgrat  den  Lyskamm  besteigen  und  über  den 
Westgrat  nach  dem  Felikjoche  zurUckkehren  wollten. 
Fünf  Minuten  vor  5  Uhr  waren  wir  bei  „auf  m  Felsen", 
unterhalb  Ober-Plattje  ^),  3344™,  wo  sich  die  Wege 
nach  Monte-Rosaund  Lysjoch,  resp.  Lyskamm  scheiden, 
und  hielten  Frühstticksrast,  während  der  die  Witterung 
anfing,  ungünstig  zu  werden. 

Der  rechten  Seite  des  Grenzgletschers  ^)  entlang, 
der  bald  ziemlich  zerrissen  wurde,  war  in  dreiviertel- 
Btündigem  Marsche  der  Fuß  des  mächtigen  Seracs 
ZMischen  dem  oberen  und  dem  unteren  Grenzgletscher 
erreicht.  Anstatt  nun  direkt  durch  dasselbe  anzu- 
steigen, hielten  wir,  da  Taugwalder  behauptete,  es 
sei  dieses  Jahr  nicht  gangbar,  zu  viel  links  (unserer 
Marschrichtung  nach)  an  den  Monte-Rosa.  Anfangs 
ging  die  Sache  gut,  bald  aber  kamen  steile  Eis- 
passagen, die  lange  Hackarbeit  erforderten  und  zudem 
noch  dem  Steinfall  ausgesetzt  waren.  Zu  spät  sahen 
wir  unseren  Fehler  ein,  traversirten  dann  nach  rechts 
und  gewannen  unter  großem  Zeitverluste  das  Serac  in 


*)  Dufour  1/100,000,  1862/69,  und  Exk.  S.  A.  C.  „Blattje" 
Ital.  Generalstabsk.  1/50,000,  1874/76,  Blatt  23,  „auf  der 
Platte".  —  »)  Auf  Exk.  S.  A.  C.  namenlos.  Auf  ital.  General- 
«tabsk.  1874/75  ganz  unrichtig  Monte-Rosa-Gletscher.  Der 
Monte-Rosa- Gletscher  ist  der  Hochgletscher  zwischen  Nord- 
end und  Dufourspitze ,  der  vom  Silbersattel  (4490")  sich 
l^erabzieht. 


174  Mnil  Burckhardt, 

seinem  obersten  Theile.  Von  hier  erst  bemerkten 
wir,  wie  weit  rascher,  sicherer  und  müheloser  vir 
durch  die  Mitte  des  S6racs  hätten  gehen  können. 

Inzwischen  hatte  sich  das  Wetter  ganz  schlecht 
gestaltet :  um  den  Monte-Rosa  und  den  Lyskamm  zog^ 
wildes  Schneetreiben,  und  als  wir  die  große  Firn- 
mulde  des  obern  Grenzgletschers  hinanstiegen,  s'teckten 
wir  in  dichtem  Schneegestöber.  Anfangs  in  der  wirk- 
lichen Hoffnung  auf  Besserung,  dann,  um  uns  gegen- 
seitig wenigstens  den  Anschein  zu  geben,  als  hättea 
wir  diese  Hoffnung  noch,  gingen  wir  weiter  vor. 
Die  Kälte  war  nicht  sehr  bedeutend,  aber  der  starke 
Schneesturm  nahm  uns  fast  den  Athem  und  hemmte 
unseren  Fortschritt  bedeutend. 

Es  war  gegen  8*.  4  Uhr,  als  wir  über  uns  mensch- 
liche Stimmen  hörten ,  unsere  Jauchzer  fanden  Er- 
widerung und  bald  tauchte  vor  uns  aus  dem  Nebel 
eine  Gestalt  auf,  dann  noch  eine  und  wieder  eine, 
schließlich  eine  ganze  Karavane  von  sechs  Mann, 
weiß  von  Reif  und  Schnee.  Gegenseitige  Begrüßusg^ 
ohne  Lüftung  der  über  die  Ohren  heruntergebundenen 
Hüte.  Es  waren  drei  italienische  Bergsteiger  mit 
drei  Führern,  die  heute  von  der  Hohlicht-Hütte  am 
Lysgletscher  über  das  Lysjoch  kamen,  um  den  Monte- 
Rosa  vom  obern  Grenzgletscher  aus  zu  besteigen  \ 
aber   durch   das  Unwetter    zurückgeschlagen  worden 


*)  Der  erste  Besteiger  der  Monte-Rosa  Dnfonrspitze  Ton 
dieser  Seite  war  H.  M.  D^chy,  29.  Juli  1871.  Vgl.  Boilet  del 
C.  A.  I.  Vm,  1874,  181  ff.,  und  Jahrb.  S.  A.  C.  XI,  1876/76,  630. 
Döchy,  Z.  Topof^raphie  des  Monte-Rosastockes.  Conwsjr,  Z, 
P.-B.,  51,  verlegt  diese  Ersteigung  auf  den  29.  August  1874. 


Der  Lyskamm,  17& 

waren,  Sie  erzählten,  daß  weiter  oben  der  Sturm 
furchtbar  tobe,  und  schlugen,  da  sie  ein  weiteres  Vor- 
gehen  unsererseits  für  unmöglich  hielten,  gemeinsamen! 
Rttckweg  nach  dem  Riffel  vor.  Doch  konnten  wir  un» 
dazu  noch  nicht  verstehen. 

Von*  großem  Interesse  für  uns  waren  die  Mit- 
theilungen  unserer  GoUegen  vom  Club  Alpino  über  das 
Unglück  von  Marinelli  und  Imseng  am  Monta-Rosa 
vom  8.  August,  dessen  Einzelnheiten  bisher  in  Zermatt 
nicht  genau  bekannt  geworden  waren.  —  Die  italieni- 
schen Herren  waren  übrigens  von  der  Kälte  stark 
mitgenommen.  Ihre  Equipirung  schien  mir  für  emst& 
Eisarbeit  und  für  Wind  und  Wetter  keine  sach- 
gemäße; sie  war  zu  elegant  und  zu  fein:  kurze 
Segeltuchcamaschen ,  dünne  Fingerhandschuhe  und 
leichte  Kleidung.  Auch  ihre  Führer,  gleichfalls  Italiener, 
waren  nicht  gehörig  ausgerüstet.  Schneehauben  und 
dicke  Fäustlinge,  wie  wir  sie  trugen,  fehlten  der 
Partie  gänzlich.  Im  üebrigen  waren  die  Herren  kräf- 
tige, geschmeidige  Gestalten  und  auch  ihre  Führer 
machten  keinen  schlechten  Eindruck.  - —  Jedenfall»^ 
mußten  die  Leute  in  der  letzten  Zeit  nicht  viel  in 
Wind  und  Wetter  gewesen  sein,  denn  ihre  glatten  Ge- 
sichter waren  wohl  glwchmäßig  von  der  Sonne  gebräunt,, 
aber  nicht  von  jenem  verwitterten  Bronze,  welches  fort- 
gesetzter Aufenthalt  in  der  Hochregion,  in  Schneebrand 
und  Eisluft,  erzeugt. 

Wir  ließen  sie  mit  der  Ermahnung  ziehen,  im  Sörac 
nicht  unseren  Spuren  zu  folgen,  sondern  vielmehr  direkt 
durch  die  Schrunde  abzusteigen. 

Ehrenhalber  wurde  noch  einmal  angesetzt,  der  tief 


176  Emil  Burckhardt 

eingetretenen  Spur  der  Italiener  folgend.  Nach  einer 
halben  Stunde,  9V4  Uhr,  machten  wir  in  der  Höhe 
von  3950™  (AneroHd)  einen  Halt,  um  abzuwarten, 
ob  das  Wetter  sich  nicht  besser  gestalten  wtlrde.  Taiig- 
walder  erklärte  den  Lyskamm  als  für  heute  verloren, 
während  Jossi  meinte,  daß  er  wenige  Tage  zuvor 
mit  mir  den  Grand-Combin  bei  nicht  besserem  Wetter  — 
einmal  unterwegs  —  erzwungen  hätte  und  daß  das- 
selbe vielleicht  mit  dem  Lyskamme  möglich  sei.  *) 
Orand-Combin  und  Lyskamm  sind  nun  aber  sehr  ver- 
schiedene Berge,  die  in  keiner  Weise  einen  Vergleich 
.mit  einander  aushalten. 

Als  Aeltestem  und  zumeist  Interessirtem  fiel  mir 
<ler  Stichentscheid  über  Vormarsch  oder  Rückzug  zn. 
Ich  rieth  weder  zum  Einen,  noch  zum  Andern,  sondern 

I 

^u  einem  kräftigen  Frühstücke.  Während  nun  das- 
selbe seine  besänftigende  Wirkung  auf  die  etwas 
gereizten  Gemüther  der  Führer  ausübte,  kam  uns  der 
sehr  zeitgemäße  Gedanke,  eine  Umkehr  sei  eigentlich 
^as  einzig  Vernünftige. 

Etwas  nach  9  ^k  Uhr  wurde  dieselbe  angetreten. 
Diesmal  wählten  wir  den  richtigen  Weg  durch  die 
Mitte  des  S6racs.  Bis  zum  unteren  Grenzgletscher 
gab  uns  winterliches  Schneegestöber  das  Geleite.    Am 


0  Von  Chamounix  nach  Zermatt  unterwegs  mochte  icl 
den  Grand-Combin  (4317*°)  als  höchste  Zwischenspitze  nieh 
auslassen  und  wollte  darum  nicht  gerne  an  diesem  ao  sie 
durchaus  leichten  Berge  zurückgehen  (13.  August  1881).  Ic 
setzte  zwar  meinen  Willen  durch,  trug  aber  einen  if'rost 
schaden  an  einer  Hand  davon,  an  dem  ich  längere  Zeit  zu 
4eiden  hatte. 


J 


Der  Lyskamm,  177 

Halteplatz  bei  ^aufm  Felsen^,  den  wir  frühmorgens 
zuyersichtlich  und  siegesgewiß  verlassen  hatten,  trafen 
wir  die  dort  rastenden  Italiener.  Gegen  1^,2  Uhr 
waren  wir  auf  dem  Riffel,  unterwegs  auf  dem  Gomer- 
gletscher  von  einem  Gewitterregen  noch  ttichtig  ab- 
gewaschen und  iVa  Stunden  später  in  Zermatt. 

Nach  diesem  fehlgeschlagenen  Versuche  hatte  der 
Ljskamm  für  mich  erst  rechtes  Interesse  gewonnen 
und  ich  nahm  mir  vor,  keinen  anderen  Berg  mehr  zu 
machen,  bis  der  Lyskamm  mir  gelungen  war. 

Die  beiden  folgenden  Tage,  der  17.  und  18.  August, 
brachten  ganz  schlechtes  Wetter  und  selbst  für  das 
Thal  Schneefall.  Als  aber  am  Abend  des  zweiten 
Tages  der  Himmel  sich  aufhellte  und  ein  frischer 
Kordost  die  Wolken  fegte,  brach  ich  zu  später  Abend- 
fitunde  mit  Jossi  und  Taugwalder  nochmals  nach  dem 
Kiffel  auf.     . 

Den.  19.  August  früh  marschirten  wir  wieder  um 
2  Uhr  ab,  diesmal  von  Vorwürfen  der  Sachverständigen 
geleitet  —  darunter  einige  alte  Bemer-  und  Zermatter- 
fflirer  und  Ingenieur  Imfeid  —  die  den  Lyskamm 
bei  frischem  Schnee  für  durchaus  gefährlich  erklärten. 
Wir  versprachen,  von  vornherein  auf  eine  Traversirung 
Tom  Lys-  nach  dem  Felikjoch  verziehten  und  uns  mit 
dem  Ostgi'at  für  den  Auf-  und  Abstieg  begnügen  zu 
wollen. 

Das  Wetter  war  denkbar  schön,  aber  bitter  kalt, 
^nd  der  Gornergletscher  glashart  gefroren,  so  daß 
er  bei  Laternenschein  bis  zu  Tagesanbruch  keinen 
sehr  angenehmen  Weg  bot.  Um  5  Uhr  waren  wir 
wieder  „aufm  Felsen '',  wo  wir  die  Laterne  und  etwas 


178  Emil  Burckhardt 

Proviant  znrückließen  und  eine  nur  viertelstündige  Rast 
hielten.  Meine  Leute  drängten  ungeduldig  vorwärts^ 
da  sie  aucli  heute,  doch  wie  mir  schien^  mit  Un- 
recht, der  Witterung  nicht  recht  trauten. 

Auf  demselben  Wege ,  den  wir  am  16.  August 
zurückgekommen  waren,  gingen  wir  durch  die  tief 
verschneiten  S^racs  und  hatten  dieselben  schon  6  Uhr 
40  Minuten  Jiinter  .  uns.  Im  oberen  Grenzgletscher 
mußte  eine  mächtige,  vom  Monte-Rosa  gefallene^ 
frische  Lawine,  deren  Eis-  und  Schneeblöcke  das 
Qletscherthal  weithin  deckten  und  thdlweise  sperrten, 
gekreuzt  werden.  Um  7^k  Uhr  waren  wir  da,  wo 
die  Wege  nach  dem  Besiajoche  und  nach  dem  Lys- 
Joche  sich  trennen.  Anstatt  nun  dem  üblichen  Lys- 
jochwege,  der  hier  in  weitem  Bogen  nach  links  aus- 
holt, zu  folgen,  griffen  wir,  um  abzukürzen,  die 
steilen  Fimhänge  an,  die  vom  unteren  Ende  des  Lys- 
kamm-Ostgrates  gegen  das  obere  Grenzgletscherplateau 
sich  herunterziehen.  *)  Unsere  Berechnung  war  eine 
falsche,  denn  nicht  imnxor  ist  im  Hochgebirge  die 
geradeste  Linie  die  kürzeste.  Es  gab  lange  und 
schwere  Arbeit,  zuerst  im  Eise,  dann  im  tiefen  pulve- 
rigen Neuschnee.  Erst  9^'4  Uhr  war  die  Gratiii^ie 
(AneroXd  4230»),  etwas  rechts,  westlich  oberhalb  des 
Lysjoches  (4200™),  gewonnen  und  mit  freudigem 
Jauchzen  begrüßten  wir  die  in  hellem  Sonnenglanze 
leuchtenden   Berge  Italiens.     Die  Aussicht  war  eine 


^)  Vgl.  Hardy,  1.  c,  388.  Ueber  die  beiden  Paßflber- 
gänge  8.  auch  Conway,  Zermatt  Pocket-Book,  57,  und 
Tschudi,  1885,  291. 


Der  Lyekamm,  17? 

prachtvolle.  ^)  Von  einer  nordischen  Hochregion,  aus 
starrer  Eiseskälte,  glaubten  wir  uns  mit  einem  Schlage 
in  den  weichen  Stiden  versetzt,  und  ein  wundersames 
Gefühl  von  Wohlsein  und  behaglicher  Wärme  durch- 
strömte unsere  vom  scharfen  Froste  der  letzten  Stunden 
erkälteten  Körper.  Doch  die  Zeit  drängte  und  ohne 
Aufenthalt  wurde  unser  Ostgrat  angegriffen.  Es  war 
9^/»  ühr,  als  wir  zum  Beginne  des  letzten,  entscheiden- 
den Ganges  das  Gepäck,  d.  h,  den  einzigen  bis  hieher 
mitgenommenen  Sack,  ablegten. 

Anfangs  traversirten  wir  an  der  italienischen  Süd- 
seite des  Grates  in  von  der  Sonne  leicht  erweichtem, 
ziemlich  zähem  und  gutem  Schnee,  dann  betraten  wir 
die  Kammhöhe  selbst,  die  anfangs  noch  unbewächtet 
war.  Die  Sache  ließ  sich  zuerst  vortrefflich  an,  mit 
wenigen  Pickelhieben  waren  pächtige  Stufen  gemacht. 
Wenn  die  Verhältnisse  so  blieben,  so  konnte  in  einer 
Stande,  um  10 ^'2  ühr,  der  Gipfel  gewonnen  sein 
und  der  Lyskamm  war  wirklich  nur  ein  „Gratbummel", 
wie  jener  deutsche  Bergsteiger  meinte.  Doch  bald  kam 
es  ganz  anders.  Es  trat  neuer  Pulverschnee  mit 
blanker  Eisunterlage  zu  Tage,  die  Grathöhe  selbst 
wurde  schwer  bewachtet  .und  konnte  darum  nicht  be- 
gangen werden.  So  paußte  denn  von  9^/4  Uhr  an 
anf  der  steilen  schweizerischen  Nordseite  des  Kammes, 
tiber  dem  Grepzgletscher,  traversirt  werden. 

Später  hörte   zwar   der  Pulverschnee   auf,   dafür 


0  VgL  Matthews,  „Col  de  Lys",  1.  c.  371.  Der  Ein- 
druck, den  der  Lyskammgrat  von  hier  aus  auf  Matthews 
machte,  war  kein  guter.  „The  ar^te  of  the  Lyskamm  did 
not  look  encouragtng**,  meint. er  (1.  c.  372). 


180  Emil  Burckhardt, 

kam  aber  hartes,  sprödes  Eis,  in  dem  Taugwalder, 
der  vorausging,  schwere  Arbeit  hatte.  Sein  englischer 
Pickel,  mit  den  sägeförmigen  Einkerbungen  auf  der 
inneren  Fläche  der  Spitzhaue,  bewährte  sich  nicht  und 
mußte  durch  den  viel  erprobten  wuchtigen  Grindel- 
waldner  PickelJbssi's  ersetzt  werden  —  ein  weitgereistes 
Erbstück  des  verstorbenen  Führers  Peter  Michel,  das 
mir  schon  vor  manchen  Jahren  den  Weg  über  das 
Eigerjoch  und  von  der  Wengernalp  über  die  Jungfrau 
gebahnt  hatte.  Gegen  1 1  Uhr  begann  ein  starker  Nord- 
westwind, der  sich  nach  der  Mittagsstunde  zum  eigent- 
lichen Sturme  steigerte  und  uns  im  Vereine  mit  der 
großen  Kälte  so  hart  zusetzte,  daß  wir  uns  oft  nur 
mit  Mühe  in  den  gehauenen  Stufen  behaupten  konnten. 
Stunde  auf  Stunde  verrann  und  unser  Fortschritt  war 
kaum  zu  erkennen.  In  der  Depression  am  Fuße  des 
Hauptgipfels  hielten  wir  stehend  eine  Rast  von  wenigen 
Minuten,  während  welcher  es  uns  gelang,  die  Blut- 
circulation  in  unseren  beinahe  erstarrten  Füßen  wieder 
herzustellen.  Jossi  trat  nun  an  Taugwalder's  Stelle. 
Die  Kälte  und  die  erbarmungslosen  Windstöße  wurden 
nachgerade  fast  unerträglich,  so  daß  wir,  nur  um 
rascher  voranzukommen,  schließlich  doch  die  Gwächte 
der  Kammhöhe  selbst  zu  begehen  versuchten,  aller- 
dings mit  größter  Vorsicht.  Aber  bei  den  ersten 
Pickelhieben  klang  es,  wie  wenn  ein  Stein  in  einen 
Haufen  Glasscherben  geworfen  würde.  Die  Gwächte 
war  zwar  gefroren,  aber  völlig  unterhöhlt.  Wir  waren 
froh,  als  wir  wieder  auf  unserer  zwar  sehr  ungemüth- 
liehen,  aber  doch  sicheren,  Nordseite  waren. 

Endlich,  20  Minuten  nach  zwei  Uhr,  fiel  der  letzte 


Der  Lyskamm.  181 

Beilschlag  und  der  Gipfel  (4538°*)  war  gewonnen. 
Von  ^k  10  Uhr  an  war  —  eine  Rast  von  kaum  fünf 
Minuten  abgerechnet  —  von  meinen  Leuten  fortwährend 
unter  den  ungünstigsten  Bedingongen  im  blanken  Eise 
gearbeitet  worden,  um  keine  250™  Steigung  und 
circa  900°*  Längendistanz  zurückzulegen. 

Wir  lagerten  uns  auf  der  durchaus  windstillen 
felsigen  Südseite  des  Gipfels,  wo  die  Rast  in  der 
wannen  Sonne  ein  wahrer  Genuß  war.  ^)  Schon  nach  20 
Minuten,  2  Uhr  40,  wurde  der  Rückweg  angetreten 
und  zwar,  da  uns,  des  noch  stets  mit  imverminderter 
Heftigkeit  herrschenden  Sturmes  wegen,  trotz  der  nun 
gehauenen  Stufen  der  Abstieg  Über  den  Ostgrat  zu 
bedenklich  schien,  über  die  italienische  Seite,  nach 
dem  Lysgletscher  hinunter.  Keinem  von  uns  war 
der  Weg  zwar  irgendwie  bekannt,  doch  bemerkte  Taug- 
walder  sehr  richtig,  wo  Imboden  mit  Thomas  hinauf- 
gekommen sei,  würden  wir  wohl  auch  hinunterkommen.  ^) 

Zuerst  verfolgten  wir  für  kurze  Zeit  die  Höhe 
des  Südgrates,  genauer  Südostgrates,  und  begannen 
dann  an  seiner  Ostseite  abzusteigen.  Die  Felsen  waren 
anfangs  leicht,  dann  wurden  sie  etwas  schwieriger 
und  ziemlich  lose ;  doch  boten  sie  nirgends  ernsthafte 
Hindernisse.^)   Unser  Fortschritt  war  demzufolge,  ob- 

*)  Ueber  die  sehr  lohnende  Aussicht  verweise  ich  auf 
Hardy,  1.  c.  pag.  392/393.  *)  Meine  Karten  ließen  mich  auf 
dieser  Seite  völlig  im  Stich.  Die  topographische  Karte  geht 
nicht  über  die  Grenze ;  Dufour  Viooooo,  S.  A.  C.  Excursionskarte 
und  italienische  Generalstabskarte  1873/74  sind  hier  voll- 
ständig verzeichnet  und  absolut  unbrauchbar.  •)  Tbe^mas» 
1.  c,  sagt  ganz  richtig:  „Die  wirklich  interessante  Fels- 
kletterei, obschon  nicht  überall  besonders  leicht,  bietet  doch 
niemals  außergewöhnliche  Schwierigkeiten  dar." 


182  Mml  Burckfiardt 

wohl  der'  Weg  von  oben  nicht  immer  richtig  zu  be- 
urtheilen  war  und  daram  mancher  Zeitverlust  entstand, 
ein  gleichmäßiger  und  guter,  und  ^/4  5  ühr  standen 
wir,  nachdem  wir  zuletzt  ein  steiles,  zuunterst  mit 
Eis  ausgelegtes  Couloir  abgeklettert,  am  Bergschrunde, 
der  dem  fimumsäumten  Fuß  der  Felswand  sich  ent- 
lang zieht.  Leider  war  der  Schrund  hier  nicht 
passirbar.  Schließlich  fand  sich  mehr  rechts  ein  zwar 
nicht  guter,  aber  doch  practicabler  üebergang,  den 
wir,  da  Steingefahr  drohte,  möglichst  rasch  be- 
nützten. Um  5  Uhr,  2  Stunden  20  Minuten  nach  Ver- 
lassen des  Gipfels,  standen  wir  auf  dem  Lysgletscber, 
oder  genau  genommen,  dem  östlichen  Lysfime.  ^) 

Ein  Abstieg  nach  der  Hohlichthütte  oder  nach  dem 
Col  d'OUen  wäre  nun  das  Beste  gewesen;  doch 
sprachen  zwei  gewichtige  Gründe  dagegen:  unser  oben 
am  Ostgrate  des  Lyskanimes  zurückgelassener  Sack 
und  die  Besorgniß,  welche  unser  Ausbleiben  auf  dem 
Riffel  hervorgerufen  hätte.  So  entschlossen  wir  uns 
denn  trotz  der  vorgerückten  Zeit  und  des  noch  sehr 
weiten  "VYeges,  über  das  Lysjoch  nach  dem  Riffel 
zurückzukehren. 

Der  Aufstieg  die  langen  Firnhänge  hinauf  nach 
dem  Lysjoche  im  bodenlosen,  tieferweichten  Schnee  war 
eine  Geduldprobe  und  für  den  vorangehenden  Mann 
eine  harte  Aufgabe.   Er  kostete  ^'4  Stunden.    6  ^Ia  Uhr 


0  Matthews,  1.  c.  378,  spricht  ganz  richtig  von  einem 
östlichen  und  westlichen  Lysgletscher,  bezw.  Lysfirae,  welche 
sich  ^ann  zum  eigentlichen  unteren  Lysgletscber  vereinigen. 
Zumstein  nannte  die  beiden  oberen  Firnzufltisse  Salzia-  und 
Felikgletscher. 


Ber  Lyskamm,  183 

wären  wir  auf  der  Paßliöhe,  von  wo  Jossi  abgeschickt 
wurde ,  lacm  den  zarltokgelassenen  8ack  zu  holen, 
während  Tangwalder  Und  ich,  zufrieden  iuit  unserem 
bisherigen  Tagewerke,  etwas  rasteten.  In  unseren 
verwebten  alten  Btufen,  die  vielfach  neue  Arbelt  er- 
forderten, ging  ea  die  steile  Firuwand  gegen  den 
Chrenzgletachidr  hinab.  Es  dämmerte,  als  wir  durch 
das  66rAc  lavirten,  und  um  8  Uhr  betraten  wir  unseren 
Halteplatz  bei  „aufm  Felsen^,  wo  wir  15  Stunden 
zuvor  gefrtthstttekt  hatten.  Ein  Gewitter,  das  schon 
geraume  Zeit  drohte,  kam  zum  Ausbruch  und  der 
Kegen  goß  in  Btrßmen.  Trotzdem  machten  wir  in 
froher  Stimmung  einen  Halt  von  über  einer  halben 
Stunde  und  gingen  erst  naeh  einer  sehr  opulenten 
Mahlzeit,  als  dem  besteh  Schutz-  und  Trutzmittel 
gegen  Kälte  und  Nässe,  weiter. 

In  Begen  und  Wind,  außer  Stande,  unsere  Laterne 
zu  gebrauehen,  bei  pechschwarzer  Finstemiß,  in  der 
wir  mehrfach  irre  gingen,  kostete  uns  der  RUckweg 
naeh  dem  Biffel  fast  das  Doppelte  der  gewöbnlieben 
Zeit,  gegen  3  Stunden.  Um  11  ^'2  Uhr  traten  wir, 
naß  bis  auf  die  Knochen,  in's  Hotel,  wo  man  mit 
eifiiger  Sorge  unserer  wartete. 

Der  herzliche  Empfang,  der  von  Seiten  der  treff- 
liehen, um  das  Wohl  ihrer  Gäste  stets  besorgten  Frau 
Klausen  uns  zu  Theil  ward,  schloß  in  wohlthuender 
Weise  einen  schönen  und  wechselvollen  Tag  ab,  an 
den  ich  gerne  zurückdenke. 

Den  beiden  Führern,  Gabriel  Taugwalder  und 
Christen  Jossi,  meinen  bewährten  Begleiten!  auf 
mancher  Fahrt,   die  diesmal  zur  Durchführung  einer 


: 


184  Emil  Burckhardt 

Tour,  mit  welcher  sie  nnter  den  damaligen  Verhält- 
nissen nicht  einverstanden  waren,  ihre  ganze  Kraft 
eingesetzt  hatten,  spreche  ich  an  dieser  Stelle  den 
herzlichsten  Dank  ans. 

Es  war,  soweit  ich  aus  der  mir  zn  Gebote  stehenden 
Litteratar  habe  ersehen  können,  wohl  das  erste  Mal,, 
daß  der  Lyskamm  vom  Riffel  ans  und  zurück  mit 
Aufstieg  vom  Lysjoch  und  mit  AhsUeg  über  die 
Felsen  der  italienischen  Seite  nach  dem  Lysgletscher 
und  Rückkehr  über  das  Lysjoch  am  gleichen  Tage 
gemacht  wurde  und  wohl  auch  die  erste  Begehung 
des  Ostgrates  überhaupt  seit  dem  Unglücke  von  1877» 
Auch  wenn  bessere  Verhältnisse  angetroffen  werden, 
als  wir  sie  hatten,  also  kein  tiefer  Neuschnee  auf 
dem  Gletscher  und  kein  hartes  Eis  und  Sturm  auf 
dem  Gipfelkamm ,  bleibt  es  ein  langer  Tag.  Als 
Schnee-  und  Eispartie  ist  es  eine  durch  und  durch 
großartige,  prachtvolle  Tour  ersten  Ranges,  wenn  sie 
auch  nicht  die  aufregenden  technischen  Schwierigkeiten 
einer  Dent  Blanche  und  eines  Obergabelhomes,  eines 
Zinal-Rothhornes  und  Weißhomes  bietet.^)  Am  schön- 
sten, aber  auch  am  schwierigsten  ist  jedenfalls  eine 
Traversirung  des  Berges  vom  Lysjoch  nach  dem 
Felikjoch  oder  umgekehrt,  wozu  aber  tadelloser  Zu- 
stand des  Gipfelgrates  gehört.  ^  Leider  blieb  mir  dieser 
Genuß  versagt. 


*)  Diese  Berge  haben  mich  weniger  Zeit,  als  der  Lya- 
kamm,  gekostet;  ebenso  Matterhorn,  Dom,  Nadelhom  und 
vier  Monte  Rosa-Spitzen  (Dufour,  Parrot,  Nordend,  Jägerhom). 
')  Vom  Wesigrsite  schreibt  Davidson:  „Der  Felikjochgrat  ist 
der  längste  und  härteste  Schneegrat,  auf  dem  ich  gewesen  hin. 


Der  Lyskamm.  185 

Was  nun  die  berüchtigte  Gwächte  des.  Ostgrate» 
anbelangt^  so  ist  dieselbe  naturgemäß  von  wechselnder 
Beschaffenheit.  Sie  wird  das  eine  Mal  mehr,  das  andere 
Mai  minder  ausgebildet  sein,  aber  stets  große  Vorsicht 
erfordern.  Ich  verweise  darüber  auf  die  sehr  richtigen 
Bemerkungen  im  Alpine  Journal,  VIII,  1878  - 1880,. 
pag.  348  und  349.  An  den  Reisenden  stellt  der  Lys- 
kamm, obschon  nicht  eigentlich  schwierig,  meiner  An- 
sieht und  Erfahrung  nach  doch  größere  Anforderungen^ 
als  der  Gipfelgrat  des  Weißhomes,  des  Bietschhomes 
oder  die  Schneide  des  Piz  Roseg.  Das  stundenlange 
Traversiren  am  jähen  Nordabhange  des  Lyskamm- 
grates  verlangt  immerhin  eine  gewisse  Festigkeit 
nnd  Uebung.  Sind  diese  beiden  Eigenschaften  beim 
Touristen  nicht  vorhanden,  so  wird  die  Partie 
auch  mit  den  besten  Führern  zu  einer  riskirten,  zu- 
mal wenn  der  Grat  hartes  Eis  weist  und  das  Wetter 
stürmisch  ist.  Der  Kamm  selbst  steigt  keineswegs 
steil  an;  Hardy,  der  erste  Bergsteiger,  hat  mit  dem 
Rlinometer  an  den  steilsten  Stellen  36°  gefunden^ 
während  seine  Messung  für  die  seitliche  Neigung  52<> 
ergab.  ^)  Für  Leute,  die  mehr  mit  dem  Augenmaße  und 
der  Phantasie,  als  mit  deih  Meßinstrumente,  und  besser 


Unter  keineswegs  ungünstigen  Bedingungen  kostete  es  un» 
mehr  als  sechs  Stunden  fortwährender  Arbeit,  wovon  eine 
Stunde  rittlings  auf  dem  Grate,  vom  Felikjoche  bis  zur  Spitze 
zu  gelangen.  —  A.  J.  VIH,  1876/78,  348. 

0  P.  P.  and  Gl.  II,  1,  390.  Mit  Recht  sagt  Hardy,  der 
Kamm  sei  von  sehr  unregelmäßiger  Beschaffenheit  („very 
irregulär  in  its  construction").  Hardy  hatte  ausgezeichnete 
Bchneeverhältnisse. 


186  Emil  Burckhardt. 

mit  Zunge  und  Feder,  als  mit  den  Beinen,  arbeiten, 
ist  dies  allerdings  nichts,  fttr  ernsthafte  Bergstdger 
dagegen  immerhin  Etwas.  Ich  persönlich  halte  die 
Eiswände  des  Eigerjöches  und  der  Güßfeldtpförte, 
die  man  (abgesehen  von  einer  Traverse  von  wenigen 
Schritten)  gerade  hinaufsteigt,  zwar  nicht  für  den 
Führer,  an  den  sie,  besonders  die  Gttßfeldtpforte,  sehr 
hohe  Anforderungen  stellen,  aber  doch  für  den  Touristen 
für  leichter,  als  den  Lyskamm,  wo  man  fortgesetzt 
unterhalb  der  Gwächte  bezw.  Grathöhe  traversiren 
muß.  Doch  ist  dies  eine  ganz  subjective  Anschauung, 
die  durchaus  nicht  Anspruch  auf  Unfehlbarkeit  machen 
will,  sich  aber  immerhin  auf  eigene  Erfahrung  grttadet. 
Ich  möchte  bei  diesem  Anlasse  die  Aufmerksam- 
keit der  führerlosen,  neueren  Bergsteiger  auf  diese 
beiden  Eispartien  par  excellence  richten.  Bei  denselben 
können  der  großen  Steilheit  wegen  (Eigeijoch  bis  60», 
Güßfeldtpforte  bis  68  und  TO«,  beides  laut  KUnometer- 
messung)  Steigeisen  nicht  zur  Verwendung  kommen, 
sondern  es  ist  durchweg  Stufenschlagen  erforderlich, 
tmä  zwar  an  der  einen  dieser  Partien,  der  Gttßfeldt- 
wand,  unter  sehr  schwierigen  Verhältnissen.  Daß  es 
Bergsteiger  gibt,  welche  Führern  ersten  Hanges  gleich- 
stehen, haben  die  Engländer  Gardiner,  Hulton  und  Pil- 
kington^  die  Deutschen  Purtscheller,  Zsigmondy,  Lammer 
und  Lorria  bewiesen.  Interessant  wäre,  zu  erfahren, 
ob  auch  in  sehr  langem  Stufenschlagen  diese  führer- 
losen Bergsteiger  unseren  besten  Schweizerführem 
ebenbürtig  sind.  Das  Eigerjoch,  bezw.  dessen  letzte 
Eiswand^  kostete  mich,  d.  h.  meine  Führer  (1873), 
5  ^l2  Stunden  effectiven  Stufenschlagens,  die  Güßfeldt- 


Der  Lf/skamm,  187 

pforte  (1^74),  einschließlich  des  Bergschrundes,  etwas 
über  7  Btnnden.  Als  gewöhnlicher  Durchschniitsberg- 
steiger  mnßte  ich  die  Arbeitsleistung  meiner  Führer 
an  diesen  Eispartien  bewundern.  Der  einfache  Tourist 
von  mittlerer  Leistungsfähigkeit  ist  schon  recht  zufrieden, 
wenn  es  ihm  immer  gelingt,  sicher  in  den  Stufen  zu 
gehen,  welche  sein  Führer  oft  nnter  den  schwierigsten 
VerhSltnissen  für  ihn  hat  schlagen  müssen.  Um  so  höher 
steheb  in  bergsteigeriseher  Beziehung  Leute  über  ihm, 
welche  nicht  nur  jeder  Hülfe  entbehren  können,  son- 
dern auch  die  ganze  Arbeit  des  Führers  verrichten. 
Der  Lyskamm  ist  meines  Wissens  von  Purtscheller 
ohne  Führer  bestiegen  worden,  bei  welchem  Schnee- 
zustande, ist  mir  unbekannt.  Jedenfalls  können  bei 
den  Neigungswinkeln  des  Lyskammes  Steigeisen  zur 
Anwendung  kommen,  so  daß  an  diesem  Gipfel  die 
hier  berührte  technische  Frage  der  Leistungsfähigkeit 
der  führerlosen  Bergsteiger  im  Stufenschlagen  ihre 
Lösung  nicht  finden  kann. 

Der  schneidige  und  erprobte  englische  Bergsteiger 
Davidson,  welcher  1877  den  Lyskamm  vom  Felikjoeh 
nach  dem  Lysjoch  traversirt  hat  und  später  bei  der 
Aufsuchung  der  Leichname  der  verunglückten  Partie 
Lewis-Paterson  betheiligt  war,  schreibt:  „Nachdem 
^ich  dieses  Jahr  (1877)  den  Lyskamm  bei  den  aus- 
^gezeichnetsten  Schnee-  und  Witterungsverhältnissen 
^traversirt  habe,  und  zwar  mit  ausnahmsweise  guten 
^Führern,  kam  ich  entschieden  zum  Schlüsse,  daß 
„derselbe  gewöhnlich  von  den  Bergsteigern  unterschätzt 
„wird.  Der  Lysjoch-Grat,  obschon  thatsächlich  vom 
„bergsteigerischen  Standpunkte  aus   nicht   schwierig. 


^ 


188  Emil  Burckhardt.    Der  Lyskamm. 

„erfordert  noth  wendiger  weise  immer  große  Sorgfalt 
„und  Festigkeit,  und  fast  überall  auf  demselben  würde 
„ein  wirkliches  Ausgleiten  höchst  bedenklich  sein." 
Nun,  dies  ist  bei  manchem  Berge  mit  lauteren 
Eispartien  der  Fall,  ohne  daß  derselbe  darum  von 
den  Bergsteigern  gemieden  würde.  Meinen  schweize- 
rischen Collegen,  die  sich  bisher  einem  der  schönsten 
Hochgipfel  Zermatt's  gegenüber  so  ablehnend  verhalten 
haben,  sei  der  Lyskamm  aufs  Wärmste  empfohlen. 
Möge  er  aber  auch  stets  so  gemacht  werden,  wie 
er  es  verdient,  nicht  über  die  Felsen  der  italienischen 
Seite  auf  und  ab,  wie  dies  hie  und  da  vorkommt^), 
sondern  vom  Felikjoche  oder  vomLysjoche  aus  über 
den  Grenzkamm,  als  eine  der  schönsten  Oratpartien 
der  schweizerischen  Alpen.  ^) 

Meine  Zeiten  waren: 

Ab  Riffel  (2569«")  2  Uhr  früh.  Aufm  Felsen  4. 55—6. 16. 
Oberer  Grenzgletscher  6.  40.  Halt  im  Plateau  circa  4000» 
7.35—7.50.  Fuß  des  Ostgrates,  westlich  vom  Lysjoch  (4230"), 
9.30.  (Am  Ostgratfuße  5  Min.  und  in  der  Gratdepression  am 
Gipfelfuße  5  Min.  Halt.)  Lyskamm  (4538«»)  2.  20—2.  40  Nehm. 
Oestlicher  Lysgletscher  (3800™?)  5.  — .  Lysjoch  (4321/420(r} 
6.  15-6.  25.  Aufm  Felsen  8.-8  35.  Riffel  11.30.  Total:  21  Std. 
30  Min.,  wovon  19  Std.  40  Min.  Marsch  und  1  Std.  50  Min. 
Rast. 


1)  Z.  B.  1878:  P.W.Thomas,  1884:  Perrazzi.  »)  lieber 
die  verschiedenen  Wege  siehe  noch  Conway,  Zermatt  Pocket- 
ßook  1881,  59/60.  Tschudi's  Angaben  über  den  Lyskamm 
sind  auffallend  dürftig,  vgl.  Ausgabe  1885,  1.  e. 


Aus  dem  Rhätikon. 

Von 

E.  Wäber  (Section  Uto). 


Im  ersten  Jahrbuch  des  S.  A.  C,  pag.  527  u.  ff., 
finden  wir  ein  „Sendschreiben"  an  den  damaligen 
Redactor,*  Dr.  Abraham  Roth,  von  Oberst  Hans  Wie- 
land, der  durch  diese  Arbeit  einer  Einladung  zum 
Mitwirken  am  ersten  geistigen  Lebenszeichen  des 
jungen  Schweizer  Alpenclubs  nachkam.  Mit  köst- 
lichem Humor  erinnert  er  sich  gemeinsamer  Erleb- 
nisse vom  Truppenzusammenzng,  dessen  Manöver  sich 
im  August  1861  durch  das  Reußthal  hinauf,  über 
den  Gotthard  und  in's  Thal  der  Rhone  hingeaogen, 
und  den  der  Briefsteller  als  Chef  des  Generalstabes, 
der  Adressat  als  Berichterstatter  und  Schlachten- 
bummler mitgemacht  hatten.  —  Er  schildert  sodann 
unsere  Alpenthäler  und  Pässe  als  Schauplatz  des 
wirklichen  Krieges,  skizzirt  in  kurzen  Zügen  den 
Charakter  des  Krieges  im  Hochgebirge,  da  jeder  noch 
80  einsame  Paß,  jeder  noch  so  versteckte  Schmuggler- 
weg  von    größter    Wichtigkeit    werden    kann,    und 


190  -B.  Woher. 

stellt  endlich  den  kleineren  Leuten  unter  den  Alpen- 
clubisten  die  Aufgabe,  diese  wenig  frequentirten 
kleinen  Alpenpässe,  besonders  die  unseren  Alpen- 
straßen parallel  führenden  Steige,  zu  begehen  und 
zum  Zwecke  der  Landesvertheidigung  in  Bezug  auf 
Gangbarkeit,  Zeiterforderniß,  Verpflegung  und  Unter- 
kunft von  Truppen  zu  beschreiben.  In  einer  Reihe 
von  Fragen  wird  das,  was  am  meisten  zu  wissen 
noth  thut,  präzisirt  und  an  den  Beispielen  des  Simplons 
und  Splügen  und  ihrer  Parallelpfade  die  Aufgabe 
näher  erläutert. 

Auch  wir,  Freund  K.  und  der  Schreiber  dieser 
Zeilen,  zählen  uns  zu  den  „kleineren  Leuten^,  und 
da  uns  die  Aufgabe  Oberst  Wieland's  als  Bergfahrer 
wie  als  Militärs  gleich  sehr  anzog,  wollten  wir  einen 
Versuch  auf  diesem  Felde  machen  und  einer  fröhlichen 
Berg-  und  Paßwanderung  das  Nützliche  einer  Recog- 
noscirung  im  westlichen  Rhätikon  gesellen. 

Das  gewählte  Gebiet  weist  auf  k,urzer.  Strecke 
eine  ganze  Reihe  solcher  kleiner  Pässe  auf.  und  ist 
sowohl  an  landschaftlicher  Schönheit  wie  an  historisch 
interessanten  Erinnerungen  reich.  An  der  Schwelle 
unseres  Jahrhunderts,  als  sich  die  Halbbrigaden  der 
französischen  Republik  mit  den  österreichischen  R^- 
meutern  um  den  Besitz  der  Luziensteig  stritten, 
belebten  sich  die  einsamen  Gebirgspfade  wiederholt 
mit  österreichischen  Truppen,  die  über  das  unwirth- 
liehe  Grenzgebirge  vom  Vorarlberg  her  nach  Grav- 
bttnden  zogen.  Wir  wollten  also  dieses  Stfick  onserer 
Grenze  von  Grund  aus  kennen  lernen  und  dabei  die 
Wege  suchen,    die  jene   fremden  Gäste   im  Frühling 


Aus  dem  Bhätikon,  191 

des  Jahres  1799  gekommen  sind,  um  andere  Fremd- 
linge auf  Schweiaerboden  zu  bekämpfen.  *) 

Es  war  am  16.  August  1881,  als  wir  selbander 
die  wohlbepackten  Tornister  auf  den  Rücke»  schwangen 
und  zum  alten  Städtlein  Maienfeld  hinaus  den  nahen 
Bergen  zuwanderten.  Unsere  Absicht  war,  von  der 
Luziensteig  aus  auf  direktestem  Wege,  also,  ^urch 
das  „Glecktobel"  hinauf,  nach  dem  <}amperthonthale 
im  Vorarlberg  zu  gelangen.  Der  Himmel  schien  un» 
ungnädig;  sein  Blau  hatte  einem  trübseligen  Grau 
das  Feld  geräumt  und  Frau  Sonne  sich  hinter  den: 
Wolkenvorhang  zurückgezogen. 

Der  Nachmittag  war.  schon  ziemlich  vorgerückt,, 
als  wir  uns  von  den  Festungswerken  dem  Eingange- 
des  Glecktobels  zuwandten.  Ein  leidlicher  Weg  führte 
nns  am  linken  Ufer  des  Gleckbaches  steil  empor  im 
Dunkel  der  Tannen,  durch  die  der  graue  Himmel 
grämlich  herabschaute.  Als  sich  nach  einer  Weil& 
scharfen  Steigens  der  Wald  lichtete  und  wir  in's- 
Freie  traten,  fanden  wir  uns  schon  ganz  im  Kessel 
des  Tobeis,  dessen  Abschluß  hoch  oben  der  Sattel 
des  Gleckkammes  zwischen  Gleckhorn  und  Hoch 
Pumis  bildet.  Zu  unserer  Linken  ragten  die  Thürme: 
des  Gyrenspitz   und  Falknis,  rechts   stieg  der  Berg- 


*)  Die  historischen  Notizen  sind  folgenden  Werken  ent- 
nommen: Erzherzog  Karl,  Geschichte  des  Feld^iuges  von 
1799 ;  W-  Meyer,  Biographie  Hotze's,  u.  Mar^s :  Pr6ci8  histo- 
riqae  de  la  campagne  du  General  Mass^na  dans  les  Grisons. 
Einige  Weganjgaben  verdaäken  wir  dem  bekannten  Führer 
Fortunät  Enderlin  in  der  Bündt  Maienfeld,- der  noch  Augen- 
zeugen jener  Tage  gekannt  hat.  •  *    . 


192  R.  Wäber. 

wald  stotzig  empor  und  vor  den  Ausgang  des  Tobeis 
legte  sich  breit  der  Fläscherberg  mit  seinen  Block- 
Musern.  Wildheuer  waren  emsig  beschäftigt,  ihr  Heu 
vor  dem  drohenden  Regen  zu  bergen;  es  war  hohe 
2eit:  schon  fielen  einzelne  Tropfen  und  bald  rauschte 
über  Wald  und  Wiese  der  Regen  herab,  vor  dem 
wir  unter  den  dicliten  Aesten  einer  Tanne  am  Wald- 
rand Obdach  suchten. 

Zweimal  schon  hat  schweizerische  Gebirgsartillerie 
•den  Uebergang  durch  das  Tobel  hinauf  nach  den 
Maienfelder  und  Jeninser  Alpen  gemacht.  Nach  ver- 
geblichen Versuchen  gelang  es  zum  ersten  Male  im 
Jahr  1870,  je  einen  Zug  von  jeder  der  beiden  Batterien 
über  den  Gleckkamm  zu  bringen,  nachdem  Tags 
zuvor  Hauptmann  Simonett,  der  Bezirksingenieur  von 
Splügen,  die  nöthigsten  Wegarbeiten  geleitet  hatte. 
Im  obersten  Drittheil  des  Tobeis  ist  eine  längst  ver- 
lassene Gypsgrube;  bis  dorthin  kamen  die  Pferde 
auf  dein  alten  steilen  Saumwege  leidlich  fort,  aber 
von  dort  bis  zur  Paßhöhe  hatte  ein  neuer  Weg 
zwischen  den  Felsköpfen  hindurch  angelegt  werden 
müssen.  Der  zweite  Uebergang  geschah  vor  wenigen 
Jahren  unter  dem  jetzigen  Chef  der  Gebirgsartillerie. 
Es  ist  ein  rauhes  Stück  Arbeit  gewesen;  beide  Male 
mußten  an  einigen  Stellen  die  Pferde  abgepackt  und 
die  Geschütze  von  der  Mannschaft  getragen   werden. 

Der  Regen  hatte  nachgelassen ;  es  huschte  sogar 
ein  Sonnenstrahl  über  die  nassen  Matten  und  wir 
brachen  wieder  auf.  Hoch  über  dem  Bach,  am  linken 
Thalhang,  zog  sich  der  schmale  Weg  hin ;  steiler  und 
schlechter   werdend,   führte   er  bald   über  Wiesland, 


Aus  dem  Bhätikon,  198 

bald  durch  Waldstreifen  empor;  wilder  wurde  die 
Landsebaft,  rauher  der  Weg,  über  Schutthalden  und 
Felsen  hinanftihrend ,  und  jetzt  pfiff  ein  kalter  Wind 
das  öde  Tobel  herauf,  uns  eisigen  Regen  in's  Gesicht 
peitschend.  Da  stehen  wir  endlich  auf  dem  welligen 
ßasenboden  des  Gleckkammes,  und  dort  unten  zu 
unserer  Rechten  liegen  die  Hütten  der  Alp  „Bad^, 
die  wir,  durchnäßt  und  frierend,  im  letzten  Schimmer 
des  Tages  erreichen. 

Die  ganze  Nacht  durch  trommelte  der  Regen  auf 
das  Hüttendach,  und  am  Morgen  sah  die  Landschaft 
trosfios  grau  in  grau  gemalt  aus.  Am  Gleckhorn 
flatterten  einzelne  Streifen  des  Nebels,  der  dort,  wo 
wir  die  Alpen  von  Eck  und  Stürvis  verrautheten ,  in 
dichter  Masse  das  Hochthal  füllte;  von  unserem 
Excursionegebiet,  der  Kette  des  Rhätikon,  war  keine 
Spur  sichtbar. 

Da  das  Wetter  den  ganzen  Vormittag  über  gleich 
schlecht  blieb,  wurde  der  Rückzug  über  Jenins  an- 
getreten. 24:  Stünden  nach  unserm  Ausmarsch  rückten 
wir  wieder  im  Städtlein  Maienfeld  ein;  der  erste 
Aulauf  war  abgeschlagen  und  es  regnete  immer  noch. 

Als  wir  zwei  Jahre  später  desselbigeu  Weges 
ftibren,  glänzten  die  Häupter  der  Kurfirsten  in  neuem 
Schnee;  am  Falknis  droben  jagten  sich  die  Nebel, 
und  wenn  der  Berg  auf  Augenblicke  sichtbar  wurde, 
zeigte  aueh  er  den  neuen ,  bis  weit  herab  reichenden 
SchneemaBtel :  aber  über  Allem  lachte  die  nach  langem 
Unwetter  siegende  Sonne. 

Die  Reise  galt  dem  voa  den  Maienfelder  Alpen 
nach   dem    Saminathal    führenden    Uebergang ,    dem 

13 


194  E,  Wäber, 

Jes-Fürkli  oder  Samina-Joch.  Unser  bisheriges  Karten- 
material, Blatt  X  der  Dufourkarte  und  Blatt  Bludenz- 
Vaduz  der  österreichischen  Generalstabskarte,  war 
durch  das  eben  erschienene  Blatt  273  (Jenins)  des 
Siegfried-Atlas  vermehrt  worden.  Statt  des  Gleck- 
tobels  schlugen  wir  den  Umweg  über  Guscha  und 
den  Gyr  ein. 

Da  waren  wir  wieder  bei  der  gesperrten  Eingangs- 
pforte Graubündens,  bei  den  Werken  der  Luziensteig^ 
angekommen.  Es  ist  schon  viel  Kriegsvolk  aus  aller 
Herren  Ländern  die  Straße  zwischen  Gyrenspitz  und 
Fläscherberg  gezogen,  und  oft  hallten  die  Felswänjde 
vom  Kampflärm  wieder,  vom  Schwabenkrieg  bis  auf 
die  Zeiten  Mass^na's  und  Hotze's.  Wie  wurde  im 
Frühjahr  1799  um  den  Paß  gestritten!  Im  Oktober 
des  vorhergegangenen  Jahres  hatten  die  Oesterreicher 
seine  Werke  besetzt;  im  März  1799  wurden  sie  ihnen 
von  Mass6na  entrissen;  am  1.  Mai  versuchte  Hotze, 
die  Steig  wieder  in  seine  Gewalt  zu  bringen;  der 
Angriff  mißlang ,  doch  14  Tage  später  wurde  ein 
erneuter  Versuch  mit  Erfolg  gekrönt  und  der  Paß 
von  den  Kaiserlichen  wieder  gewonnen. 

Der  Thurm,  dessen  weiße  Zinnen  100"  ob  der 
Straße  so  kokett  aus  dem  Grün  des  Buchwaldes 
hervorgucken,  und  der  die  rechte  Flanke  des  Werkes 
schützen  und  den  Weg  von  Guscha  sperren  soll, 
stand  damals  noch  nicht;  der  Weg,^  der  uns  nun  im 
kühlen  Waldesschatten  emporfdhrt,  war  offen.  Das 
haben  die  Oesterreicher  büßen  müssen,  als  Massöna 
am  6.  März  die  Luziensteig  angriff.  Nach  großen 
Schwierigkeiten  war  es  ihm  gelungen,  bei  Trübbach 


ÄU8  de^n  BTiätikon,  195 

eine  Bockbrticke  über  den  hochgehenden  Rhein  zu 
eretellen,  über  die  seine  Infanterie  das  rechte  Ufer 
gewann,  bevor  sie  nur  ganz  vollendet  war.  Um  3  Uhr 
Nachmittags  standen  die  Franzosen  ohne  Stunngeräth, 
ohne  Artillerie  vor  den  Werken,  die  mit  sechs  Com- 
pagnien  und  fünf  Geschützen  besetzt  waren.  Der 
Angriff  war  gewagt;  es  galt,  die  Verbindung  des 
österreichischen  Hauptquartiers  in  Feldkirch  mit  den 
in  Graubttnden  stehenden  Truppen  zu  unterbrechen 
nnd  am  rechten  Kheinufer  festen  Fuß  zu  fassen. 
Links  die  starke  Stellung  der  Oesterreicher  in  dem 
befestigten  Feldkirch,  vor  sich  das  unwegsame  Gebirge, 
im  Rücken  die  schlechte  Brücke  von  Trtibbach, 
mußte  sich  Mass^na  zum  raschen  Sturm  auf  die 
Laziensteig  entschließen.  Er  leitete  das  Unternehmen 
selbst,  detachirte  zwei  Grenadiercompagnien  nach 
dem  Guscherweg  hinauf  und  ein  Bataillon  über  den 
—  ebenfalls  nicht  gesperrten  —  Fläscherberg  nach 
dem  Rücken  der  Position  und  stürmte  mit  einem 
Bataillon  in  der  Front.  Viermal  wurde  der  Angriff 
zarttckgeschlagen.  Die  Grenadiere  waren  endlich  im 
tiefen  Schnee  durch  den  steilen  Wald  zwischen  Balzers 
und  den  Schanzen  auf  den  Guscherweg  gelangt  und 
senkten  sich  nun  nach  dem  Paß  herab;  die  beim 
Rappentobel  ausgestellten  österreichischen  Posten 
wurden  erschossen,  und  bei  Einbruch  der  Nacht,  als 
Mass^na  die  letzten  vier  Reservekompagnien  zum 
letzten  Sturme  vorgesandt  und  die  rechte  Flügel- 
redoute  des  Werkes  genommen  hatte ,  drangen  die 
Grenadiere  im  Rücken  der  Schanzen  ein ;  die  Luzien- 
8teig   ward   nach    heißem    Kampf    erobert    und    die 


X96  B.   Wäber, 

Straße  nach  Graubtinden  war  für  die  Oesterreiclier 
verloren. 

Vor  uns  liegt  die  Häuserreihe  von  Guscha,  wo 
man  nach  dem  Volksmund  den  Hühnern  Steigeisen 
anlegt  und  die  Kinder  anbindet^  daß  sie  nicht  erfallen. 
Die  Luziensteig  war  für  das  friedliche  Dorf  lein,  dessen 
Fenster  im  Abendsonnenschein  weithin  über's  Rhein- 
thal glänzen,  ein  gefährlicher  Nachbar,  und  die  Kriegs- 
fackel hat  auch  diesen  abgelegenen  Winkel  nicht 
verschont.  Bei  der  Wiedereroberung  Bündens  durch 
Oesterreich  im  Jahr  1622  leuchteten  die  Flammen 
des  Dörfleins  in's  Land  hinaus ,  ein  Zeichen  der 
wilden  Horden  Ballestra's,  und  anno  1799  pfiffen 
hier  die  Kugeln  der  Franzosen  und  Oesterreicher. 

Die  Häuser  zerfallen;  nur  noch  drei  Familien  — 
alle  den  Namen  „Joost"  führend  —  hausen  auf  Guscba, 
und  bei  Florian  Joost,  dem  wohlbekannten  Jäger,  be- 
zogen wir  das  Nachtquartier  auf  der  Guscher  Alp, 
eine  halbe  Stunde  ob  dem  Dörfiein. 

Eine  kalte,  klare  Nacht  war  heraufgezogen;  die 
Strahlen  des  Mondes  versilberten  die  schneeigen 
Spitzen  des  Falknis  und  im  bläulichen  Duft  glänzten 
die  Lichter  von  Ragaz  durch  die  Lücke  der  Luzien- 
steig in  unsere  Bergeinsamkeit  herauf. 

Am  Morgen  genossen  wir  die  prächtige  Aussicht 
auf  dem  dachsteilen  Guscher  Grat,  und  als  es  Mittag 
war,  lagen  wir  bei  den  obersten  Heuställeo  des 
Guschertobels  —  hier  „Bargün'*  genannt  —  im  hoben 
Grase  und  warteten  auf  unsem  Wirth  Flury,  während 
nah  und  fern  die  Sensen  der  Wildheuer  erklangen. 

Um  zwei  Uhr  kam  Meister  Joost  vom  Heuen  den 


Aus  dem  Bhätikan.  197 

(Steilen  Abhang  heraufgestiegen;  er  wollte  uns  über 
„aufdemGyr'^  nach  dem  Fläscherthäli  (Radaufis)  führen 
und  wir  brachen  auf,  dem  Grate  zu,  der  den  Kessel 
von  Guscha  vom  liechtensteinischen  Wildhaustobel 
trennt  und  der  jenseits  der  Grenze  „Mazoura"  genannt 
wird;  über  Geröllhalden  gelangt  man  von  hier  aus 
zur  Alp  Lavena  hinunter. 

Hier  ftihrte  in  der  Nacht  des  30.  April  1799 
Major  Quelf  ein  österreichisches  Bataillon  von  Lavena 
herüber  und  vertrieb  die  Guscha  besetzt  haltenden 
Franzosen.  Es  war  dies  eine  der  Kolonnen,  die  Hotze 
bei  seinem  ersten  Versuch,  die  Luziensteig  wieder  zu 
gewinnen,  über  die  Berge  nach  dem  Rücken  der 
Werke  detachirt  hatte. 

Am  Abhang  des  Falknis,  hoch  über  dem  Guscher- 
tobel,  ging's  nun  der  Uebergangsstelle  ob  dem  Gyren- 
spitz  zu;  der  Weg  war  des  neuen  weichen  Schnee's 
wegen  etwas  mißlich  und  erforderte  Vorsicht.  Um 
vier  Uhr  waren  wir  dort,  circa  120™  oberhalb  Punkt 
2167  der  topographischen  Karte  „auf  dem  Gyr",  an- 
gekommen; unter  uns  fallen  die  Wände  der  „Thtirme^ 
schroff  ab  zum  Glecktobel,  das  sich  zum  Gleckhom  zu 
unserer  Linken  emporzieht;  nach  Süden  dringt  der 
Blick  über  die  weinberühmte  Herrschaft  und  die  alten 
ftnf  Dörfer  bis  nach  der  ehrwürdigen  Bischofsstadt 
Chur,  nach  Osten  in's  tief  eingeschnittene  Prättigau,  und 
dazwischen  erhebt  sich  das  Gewirr  der  Spitzen  und 
Homer  des  Bündnerlandes. 

Nach  kurzer  Rast  führte  uns  Meister  Flury  quer 
durch  die  tief  eingerissenen  Schluchten  und  über  die 
Rippen  des  Berges  nach  dem  Grat,  der  sich  von  der 


198  B,  Woher. 

Falknishöhe  hinüber  nach  der  Gleckwand  schwingt« 
Hier  öffnet  sich  der  Blick  in  das  Hochthal  von  Radaufis 
mit  seinen  drei  blanen  Seelein,  und  hier  verabschiedete 
sich  unser  freundliche  Wirth  und  Führer. 

Wir  stiegen  über  die  Platten  des  Grates  hinab 
zum  obersten  der  Seelein.  In  engen  Felswänden  ein- 
gebettet liegt  es  da,  unergründlich  tief,  und  wer 
seine  Tiefe  messen  will,  der  erregt  den  Zorn  der 
Berggeister,  daß  das  stille  Gewässer  laut  brausend 
aufschäumt.  Von  einer  Kuh,  die  einst  hineingefallen, 
kam  nichts  mehr  zum  Vorschein,  als  die  Glocke,  die 
im  Kathrinenbrunnen  zu  Balzers  unten  zu  Tage  sprang. 
So  meldet  die  Sage. 

Bald  war  das  Hochthal,  in  dem  die  Heerden  von 
Fläsch  weiden,  durchwandert  und  die  Alp  Sarina 
erreicht,  und  eingedenk  genossener  Gastfreundschaft 
stiegen  wir  noch  hinan  zu  den  Hütten  des  „Bades^ 
am  GleckkancuB.  Da  war  nun  das  wunderbare  Land- 
schaftsbild ,  das  uns  vor  zwei  Jahren  die  grauen 
Nebel  verhüllt  hatten:  schöne  Alpweiden  senken 
sich  hinab  zum  Bergwald,  der  das  Thal  zwischen 
Tschingel  und  Aebigrat  füllt,  und  darüber  baut  sich 
das  gewaltige  Massiv  des  Alpsteins  auf,  tiberragt  von 
der  aus  Schnee  und  Eis  aufstrebenden  Pyramide  der 
Scesaplana,  die  in  den  letzten  Strahlen  der  sinkenden 
Sonne  erglühte. 

Früh  Morgens  ging's  durch  die  thaufrischen  Wiesen 
hinab  nach  den  Alpen  von  Eck  und  Stürvis.  Wo  jetzt 
die  stattlichen  Hütten  von  Stürvis  liegen,  war  vor 
Jahrhunderten  ein  Dörflein ,  dessen  Bewohner ,  des 
rauhen  Klimans  und  der  langen  winterlichen  Einsam- 


'  ÄU8  dem  Ehätikon.  199 

keit  müde,  im  16.  Jahrhundert  nach  Maienfeld  aus- 
gewandert sind.  Die  Bathönier  und  Nigg,  die  Enderlin 
und  Gamser  stammen  von  den  alten  Stürvisern,  und 
das  Glöcklein,  das  einst  die  Hirten  des  hohen  Berg- 
dörfleins zur  Messe  rief,  läutet  nun  ihren  Nachkommen 
zu  Maienfeld  in  den  Rath.  Das  Gemäuer  der  Kirche 
stand  noch  im  vorigen  Jahrhundert,  jetzt  sieht  man 
nur  noch  wenige  Spuren  auf  dem  Kirchhügel.  Die 
Geschichte  des  Stürviser  Liehespaares  Elly  und  Oswald, 
die  noch  auf  den  Alpen  wie  im  Thale  lebt,  ist  durch 
David  Heß'  Erzählung  in  weiteren  Kreisen  bekannt 
geworden.  Noch  zeigen  die  Sennen  den  Stein,  an 
dem  die  Stürviser  des  Dörfleins  lieblichste  Blume, 
schön  Elly,  und  auf  der  andern  Seite  des  Felsens 
I  ihren  Verlobten  in  Schnee  und  Eis  erstarrt  fanden. 
Sie  wußte  ihn  im  nächtlichen  Schneesturm  unterwegs 
von  Maienfeld,  war  ihm  entgegengegangen  und  in 
der  schneidenden  Kälte  seiner  harrend  entschlummert ; 
todmüde  und  erschöpft  vom  schweren  Anstieg  mit 
hochbepacktem  Räf  war  er  am  nämlichen  Felsblock 
niedergesunken,  um  nicht  mehr  aufzustehen,  und  so, 
nur  durch  den  Stein  getrennt,  Jedes  ohne  des  Andern 
Nähe  zu  ahnen,  sind  Beide  von  des  Todes  kalter 
Hand  berührt  worden. 

Ob  den  Hütten  von  Stürvis  rauscht  der  Bach, 
der  vom  Hochthal  von  Jes  kommt ,  in  schönem  Fall 
über  eine  Wand  herab.  Auf  gutem  Wege  steigen 
wir  hinan;  dicht  bei  dem  Wasserfall  beginnt  die 
Felstreppe  von  Jes;  im  Zickzack  führen  ihre  rohen 
Stufen  die  Wand  hinauf,  und  gleich  bei  den  untersten 
derselben  finden  wir  Buchstaben   und  Zahlen  in  ein- 


200  JS.  Wäber. 

facher  Umrahmung  in  den  Fels  gemeißelt.  Bk 
Maienfelder  Werkmeister  Danner  (heute  Tana^) 
haben  die  Jahreszahlen  ihrer  Arbeit  am  Felsweg  and 
ihr  Wappen,  die  Tanne,  im  17.  und  18.  Jaibrhnndert 
hier  verewigt. 

Das  Hochthal  von  Jes  wax  erreichL  lümxahmt 
von  hohen  Felsen  zieht  es  sich  hinan  zam  scharf- 
gezackten  Grenzgrat,  an  dessen  tiefster  Stelle  die 
feine  Scharte  des  Uebergangs  uns  den  Weg  wies. 
Die  Hütten  standen  leer;  der  Schneefall  der  letzten 
Tage  hatte  Mensch  und  Väeh  hinadi)getrieben.  In 
einem  alten  Ortalexikon  der  Sehwxeiz  finden  wir  den 
Namen  der  Alp  „Jyes"  geechiiieben ;  diese  SehBeib- 
weise  entspricht  genau  der  Art,  wie  der  Same  von 
den  Sennen  ausgesprochen  wird. 

Die  schönen  Alpweiden  iKiac^tefi  wilden  jG^er^l- 
halden  Platz;  bald  versohwanden  dsie  kMueren 
Trümmer  im  weichen  Schnee,  dureb  den  mk  uitn  in 
heißer  Mittagssonne  dem  Passe  zustampften.  Der 
letzte  Anstieg  ist  sehr  steil  und  ntähaam;  um  zehn 
Uhr  standen  wir  in  der  Scharte  und  sahen  in'fi  SdnÜBa- 
thal  hinab.  Beschmeite  Halden  senken  sieh  zum 
grünen  Thalboden  der  Valtina-Alp  hinunter,  von  der 
aus  sich  das  weiße  Band  eines  guten  Weges,  den 
Windungen  des  Thalbaefaes  folgend,  thalwärts  zieht 
bis  zum  großen  Hüttenviereck  der  Frastenzer.  Dort 
verliert  sich  der  Weg  im  Wald,  der  links  zu  dem 
Grate  der  Drei  Schwestern,  rechts  zum  Schönienberg 
hinansteigt.  Hinter  uns  erhebt  der  Vilan  sein  grünes 
Haupt  über  den  waldigen  Abhang  des  Afibigrates 
und    glänzen    die    Gipfel     and    Firne    der    Btbiidner 


ÄU8  dem  Bhätikon,  201 

Berge:  es  war  keine  großartige,  aber  eine  ungemein 
liebliche  Aussicht  von  unserem  Passe  aus. 

Die  Uebergangsstelle  ist  so  schmal  und  tief  m  deu 
Fels  eingeschnitten,  daß  nur  Mann  hinter  Mann  in 
dem  Couloir  passiren  kann,  und  die  Schwärzer,  die 
dann  und  wann  den  Weg  zu  benützen  pflegen,  werde» 
gut  aufpassen  müssen,  daß  ihre  Packen  nicht  recht» 
und  links  an  den  scharfen  Platten  des  Ganges  hängea 
bleiben. 

Des  Proviantes  letzte  Flasche  wurde  geopfert  und 
dann  der  Rückzug  übei'  Jes  angetreten.  Nach  kurzer 
Rast  in  den  Stürviser  Hütten  marschirten  wir,  den 
schäumenden  Wallabach  überschreitend ,  an  dessen 
rechtem  Ufer  thalaus.  Auf  schrecklich  verlottertem 
Wege ,  bald  im  nassen  Lehm  des  Bachbordes  ,  bald 
im  unergründlichen  Morast  des  Waldes,  in  dem  mächtige 
gefallene  Baumriesen  verfaulen ,  kamen  wir  an  den 
Trümmern  des  Schwefelbades  Ganey  vorbei  und  in 
den  Seewiserweg  und  kehrten  dann  bei  Herrn  Major 
Walser,  dem  Bergkundigen,  im  gastlichen  Hotel  Scesa- 
plana  zu  Seewis  ein. 

Da  waren  wir  wieder  mitten  in  der  Cultur  drin. 
Dirch  das  offene  Fenster  der  traulichen  Stube,  da  wir 
mit  unserem  Wirthe  beim  Malanser  saßen  und  rhä- 
tische  Geschichten  hörten,  lachte  der  Vollmond;  tief 
unten  im  Prättigau,  wo  die  Lichter  von  Schiers  glänzen^ 
spiegelt  er  sich  in  den  Wellen  der  Landquart;  am 
Bergeshang  versilbert  er  die  schlanke  Thurmspitze, 
da»  hohe  Dach  der  Kirche  von  Seewis  und  gleitet 
hinüber  zum  nahen  Wirthshaus,  da  sich  die  Seewiser 
Jugend  im  Tanze  dreht.  Johlen,  Schleifen  und  Stampfen 


■202  B.  Woher. 

tönt  durch  die  helle  Sommernacht ;  es  fiedelt  die  Geige, 
es  brummt  der  Baß;  Seewiser  Kirchweih  ißt  heute. 

Wieder  ein  Jahr  später  waren  wir  zum  drittes 
Male  im  Rhätikon.  Unser  erstes  Ziel  auf  dieser  Fahrt 
war  die  Scesaplana;  sie  hatte  es  uns  angethan,  als 
wir  an  ihrem  Fuße  nach  Seewis  gewandert  waren; 
nach  ihr  sollten  die  aus  dem  Gamperthonthal  nach 
•dem  Prättigau  führenden  Grenzpässe  an  die  Reihe 
kommen. 

Wir  waren  von  Blndenz  her  durch  das  Brander- 
thal gekommen,  hatten  in  Brand  Adam  Beck,  den 
Wirth  des  hübschen,  neuen  Gasthauses,  als  Ftlhrer 
engagirt  und  stiegen  im  letzten  Schimmer  des  Tages 
die  steilen  Schutthalden  des  „Bösen  Trittes"  hinan 
nach  dem  Lünersee.  GeheimnißvoU  wie  ein  Märchen 
liegt  der  schöne  Bergsee  da  im  Zwielicht  der  Däm- 
merung; an  seinem  Ufer  wandern  wir  noch  einige 
Minuten  fürbaß  und  das  kleine  Wirthshaus  ist  erreicht. 
Heller  Lichtschein  fällt  aus  seinen  Fenstern  auf  die 
Felsblöcke  des  Ufers;  die  Stube  ist  angefüllt  mit 
Bergfahrern  aller  Arten  und  aller  Costüme,  und  in 
der  Küche  dampft  und  brodelt  es,  als  ob  eine  Armee 
zu  bewirthen  wäre.  Das  Haus  am  Lünersee,  wie  der 
vorzüglich  angelegte  und  unterhaltene  Weg,  der  so 
bequem  zu  ihm  herauffUhrt,  sind  Werke  des  Deutschen 
und  Oesterreichischen  Alpen  Vereins,  dem  der  Dank 
aller  Scesaplanafahrer  gebührt. 

Draußen  lag  die  milde  Sommernacht  über  Berg 
und  See.  Stern  um  Stera  war  heraufgezogen;  über 
den  Felsen  im  Osten  wurde  es  hell  und  heller;  jetzt 
zittert  der  erste  Strahl  des  aufgehenden  Mondes  her- 


Aus  dem  Bhätikon.  203 

über  nnd  bald  strahlte  die  ganze  Scheibe  am  klaren 
Himmel  und  goß  ihr  Silber  herab  auf  den  leicht  ge- 
kräuselten Spiegel  des  See's. 

Im  ersten  Frtihlicht  des  jungen  Tages  stiegen  wir 
die  steilen  ,  zum  weiten  Plateau  der  firnbedeckten 
Todtenalp  hinanreichenden  Halden  empor.  Am  Rande 
des  Schnee's  war  erster  Halt;  tief  unten  spiegelt  der 
Ltinersee  die  hellen  Töne  des  Morgenhimmels  wieder, 
von  dem  sich  die  grotesken  Felsformen  von  Schafga- 
fall  seltsam  abheben,  üeber  die  weiten  Schneeflächen 
folgten  wir  dem  eingestampften  Pfade  westlich  bergan ; 
Bchon  erglühten  die  höchsten  Partien  der  Felsen  zu 
unserer  Rechten  in  der  Morgensonne,  und  bald  sandte 
sie  ihre  Strahlen  auch  zu  uns  auf  den  Firn.  Das  war 
ein  herrlich  Wandern  am  klaren  Sonntagmorgen:  daä 
warme  Weiß  des  beleuchteten  Schneegrates,  dem  wir 
Äustreben  ,  in  prächtigem  Contrast  zum  tiefdunkeln, 
satten  Blau  des  westlichen  Himmels ,  die  kräftigen 
Töne  der  Felsen,  die  im  hellen  Sonnenschein  eine 
unendliche  Mannigfaltigkeit  der  Farben  zeigten;  da- 
neben die  kalten  Schattenpartien  des  Firns:  all'  das 
bildete  jene  wunderbare  Farbehzusammenstellung,  die 
wir  in  der  Region  des  ewigen  Schnee's  finden,  wenn 
die  allbelebende  Sonne  fröhliches  Leben  und  Anmuth 
in  die  starre,  ernste  Scenerie  der  Hochgebirgsland- 
fichaft  hineinzaubert. 

Um  7  Uhr  standen  wir  beim  Signal  auf  der  Spitze 
der  Scesaplana.  Kein  Wölklein  war  am  Himmel,  kein 
Kebel  trübte  die  Fernsicht:  die  fernste  Spitze  der 
Schweizer-  und  Tyrolerberge  war  sichtbar,  ein  Pano- 
rama von  gewaltiger  Ausdehnung,  ein  gut  Theil  des 


204  22.  Wäber. 

Schweizerlandes,  Tyrols  und  Schwabens  umfassend, 
breitete  sich   in  wundervoller  Klarheit   vor  uns  aus. 

Nach  langer  Umschau  auf  dieser  höchsten  Warte 
des  Rhätikons  stiegen  wir  steil  über  Fels  und  Schnee 
hinab  zu  der  Stelle  am  felsigen  Absturz,  da  ein  Pfahl 
den  neuen  Weg  nach  der  Schamellahtitte  auf  Schweizer- 
boden  andeutet.  400  «»  unter  uns,  am  Fuße  der  Felsen, 
war  das  Dach  der  Clubhütte  sichtbar;  unser  Führer, 
dem  wir  einen  weiten  Umweg  gern  ersparen  wollten, 
verließ  uns  hier,  und  wir  suchten  uns,  mehr  rutschend 
als  gehend,  den  Weg  durch  die  Felsen  hinab. 

Um  11  Uhr  legten  wir  unsere  Tornister  in  der 
gut  eingerichteten  Clubhütte  ab  und  kochten  mit  ver- 
einten Kräften  eine  währschafte  Erbssuppe;  Teller  und 
Löffel  bot  die  Hütte,  die  weiteren  Zuthaten  zum  Diner 
im  Hotel  Schamella  die  Tiefe  des  Ränzels,  und  im 
hohen  Grase  und  warmen  Sonnenschein  genossen  wir 
hier  oben  eine  köstliche  Siesta. 

Des  heutigen  Tages  Ziel,  die  Hütten  der  Alp  Fa- 
sons,  war  in  geringer  Entfernung  in  Sicht  und  nach 
langer  Mittagsrast  wanderten  wir  bergab,  unserem 
Ziele  zu,  wo  uns  bald  ein  hoher,  kühler  Baum  mit 
blitzenden  Kesseln  und  blanken  Milchgeschirren  auf- 
nahm. 

Gegen  Abend  spazierten  wir  ein  Stück  bergan, 
um  den  Weg  des  folgenden  Tages  zu  mustern.  Die 
Hütten  der  Alp  liegen  am  rechten  Abhang  des  Stegen- 
tobels,  das  sich  weiter  unten  mit  dem  Valsertobel 
vereinigt.  Folgt  man  seiner  Rinne  bergan ,  so  führt 
sie  zur  Schlucht  des  Schafloches,  durch  die  ein  Weg 
nach  der  Scesaplana  hinaufführt.  Dort,  wo  die  Felsen 


Aus  dem  Rhättkon.  205 

des  AlpsteinmaBBJVB  links  schroff  zum  Grenzgrat  ab- 
fallen, ist  die  UebergangB stelle  der  kleinen  Furka  oder 
des  Salai-ael Joches  nach  dem  östlichen  Seitenthale  vun 
GiimperthoD.  Verfolgen  wir  den  Grat  weiter  nach  links, 

«AJ«.  1^1.™  Gang, SJ40" 


■"äfcfrari.  Die  .Knisen  Ging". 

80  Bchwingt  er  sich  bald  zn  einem  breiten,  felsigen 
6«birg  auf  mit  bizarr  aasgezackten  Gontouren,  den 
nknraen  Gang",  an  das  sich  der  Gipfel  des  Tachingele 
Kiht,  nnd  zwisclien  diesen  beiden  Bergen  durch,  wo 
die  Grenze  sieb  eine  kurze  Strecke  südwärts  wendet, 
fahrt  die  große  Furka  nach  dem  Ilauptthal  von  Gamper- 
Hion  hinüber.  Eine  weite  graereiche  Mulde,  der  Heu- 
herg,  senkt  sieh  vom  Tschingel  liernnter;  dort  hinauf 
gelangt  man  in's  Tschingelthäli  und  durch  dieses  zu 
«Dem  dritten  Grenzübergang,  dem  in  den  Platten  oder 
Kellern  {Keilern  en)  ob  Jes. 

Nun  waren  wir  über   den  bevorstehenden  Marsch 
mientirt  nnd  kehrten  zu  den  HHtten  zurtlck.  -Wohin 


206  B,  Wäber. 

geht  die  Reise  ?^  fragte  uns  einer  der  Aelpler.  ^Nach 
dem  Seewiser  Ftirkli  hinauf."  „So!  führt  ihr  Contre- 
bande?"  Die  Frage,  die  uns  nicht  wenig  ergötzte, 
ist  hier  ganz  naheliegend ;  es  wird  viel  geschmuggelt 
über  diese  kleinen  Qrenzpässe ;  vierzehn  Tage  vorher 
waren  zwei  Schwärzer  aus  Brand  auf  dem  Gletscher 
oben  erfroren. 

Als  die  Morgensonne  die  Weiden  und  Felsen  der 
jenseits  des  Valsertobels  sich  erhebenden  Btindner 
„Picardie"  vergoldete,  war  Tagwacht  auf  Fasons,  und 
um  5V2  Uhr  Abmarsch  nach  der  kleinen  Furka.  In 
der  frischen  Morgenluft  stiegen  wir  inmitten  weidender 
Heerden  die  thauigen  Matten  hinan.  Zahlreicher  werden 
die  verstreuten  Felsl^löcke^  spärlicher  der  Rasen;  bald 
sind  wir  in  den  Geröllhalden,  die  von  den  Felsen  des 
Alpsteins  herabkommen.  Eine  Gemse  mit  ihrem  Zick- 
lein macht  weiter  oben  den  nämlichen  Weg;  bald 
äsend ,  bald  in  muntern  Sprüngen  steigt  das  Paar 
bergan;  nun  sind  sie  auf  dem  Grate:  einen  Augen- 
blick zeichnet  sich  die  elegante  Silhouette  der  Thiere 
am  Horizont  ab,  dann  verschwinden  sie  am  jenseitigea 
Abhang. 

In  das  kleine  Augstenbergthälchen  geht's  nun 
hinein,  durch  dessen  Wiesenboden  sich  die  obersten 
Quellenarme  des  Valpeidabaches  schlängeln,  und  wir 
stehen  am  felsigen  Abhang  des  Grenzgrates;  seine 
ausgezackte  Schneide  nimmt  immer  abenteuerlichere 
Formen  an,  je  näher  wir  ihr  kommen.  Noch  eine  halbe 
Stunde  steilen  Anstieges  durch  Felstrtimmer  und  Geröll, 
und  um  7  Uhr  sind  wir  auf  der  Paßhöhe.  Rechts 
zieht  sich  eine  Schutthalde  zu   den  Felsen  des  Alp- 


Am  dem  Rkätikon.  207" 

»teins  hinauf,  links  starren  die  Klippen  des  Qratea 
wild  empoi'   und  hängen  Über  seinen  Nordraod,  und 

wie  wir  am  jenseitigen  Hange  ein  paar  Schritte  hin- 
untergehen ,  sehen  wir ,  unter  einen  Überhängenden 
FeUzaeken  gesclimiegt,  ein  paar  Mäuerleiu,  die  JSgem 
nad  Grenzern  Schutz  gewähren  sollen. 


^ 


»  ISaliineljcch)  S23S  M. 


Unter  uns  liegt  die  östliche  Abzweigung  des  Gamper- 
thonthales;  auf  seiner  rechten  Seite,  der  PanUelalpe 
gegenüber,  ragen  die  Felsen  der  Panlieler  Schrofen  und 
senden  ihre  gewaltigen  „Riesen"  nieder  nach  der 
Thalsohle,  und  an  ihrem  Fuße  fUhrt  der  von  St.  Rochus 
herkommende  Weg  vorüber  und  windet  sieh  im  Zick- 
zack die  lange  Schutthalde  des  nördlichen  Abhanges 
herauf  zur  Paßhöhe.  Das  ist  der  Uebergang  der 
kleinen  Furka  oder  des  Salarueljoches ,  wie  ihn  die 
Vorarlberger  nennen. 

Wir  stiegen  wieder  durch  die  Triimmerhalde  hinab 


Jl 


Aus  dem  Bhätikon,  209 

und  wandten  uns  westwärts  in*8  Alpenthal  des  Augsten- 
berges.  Bis  jetzt  hatte  die  Morgenwanderung  im  Schatten 
der  Scesaplana  stattgefunden;  nun  brannte  die  Sonne 
tüchtig  auf  den  Rücken,  als  wir  der  großen  Furka 
zuwanderten.  Nach  stündigem  Marsch  über  die  Wiesen 
am  Fuße  der  „kurzen  Gang"  eiTeichten  wir  die  Paß- 
höhe ;  im  Gegensatz  zum  schmalen,  felsigen  Einschnitt 
der  Ideinen  Furka  ist  die  üebergangsstelle  der  großen 
ein  weiter,  breiter  Sattel  von  Alpweiden.  lieber  eine 
Felsterrasse  stiegen  wir  hinunter  bis  zum  Rande  des 
steil  nach  dem  Gamperthonthal  abfallenden  Abhanges, 
schlugen  dort  mit  Plaid  und  Bergstock  ein  Zelt  auf 
gegen  die  Strahlen  der  Augustsonne  und  hielten  Rast 
und  Umschau. 

Hinter  uns  ragen  die  „kurzen  Gang",  die  wir  hier 
ganz  im  Profil  sehen,  in  kühnen  Formen  in  die  Luft 
und  rechtfertigen  als  schlanke  Felsspitze  mit  senk- 
rechten und  überhängenden  Wänden  den  Namen  „Hom^ 
spitz"  der  ööterreichischen  Karte.  Von  ihren  Abhängen 
zieht  sich  der  grüne  Grat  der  großen  Furka  hinüber 
nach  dem  Tschingel  zu  unserer  Linken.  Die  Schutt- 
halden, die  sich  von  den  Nordwänden  des  imposanten 
Felsstockes  herabsenken,  verflachen  sich  auf  einem 
breiten,  schneebedeckten  Plateau  von  Karren,  das 
sich,  überall  gangbar,  von  unserem  Standpunkte  hin- 
überzieht nach  dem  Uebergang  der  Platten  oder 
„Kellemen",  und  dessen  felsiger  Nordrand  schroff 
zum  obersten  Theile  des  Gamperthonthales  abfällt. 
Jenseits  des  Plateau's  steigt  der  Grenzgrat,  über  dessen 
Linie  die  scharfe  Spitze  des  Gleckhornes  hervorschaut, 
vieder  an   und  gipfelt  iii  der  auö  Schneefeldern  und 


210  B.  Wäber, 

Felsen  hervorragenden  Pyramide  des  Naafkopfes  oder 
Schneethälispitzes  (Punkt  2574,4  ohne  Namen  der 
topographischen  Karte,  in  der  Dafourkarte  fälschlich 
Grauspitz  genannt),  und  von  dieser  Spitze  senken  sich 
uns  gegenüber  die  von  Felssätzen  unterbrochenen 
Weiden  der  Vermalesalpe  herab  zur  Thalsohle ;  Weg- 
spuren ziehen  sich  dort  hinauf  zur  Uebergangsstelle 
des  Passes  „in  den  Kellernen".  Kechts  vom  Naafkopf 
führt  ein  Pfad  von  der  Vermalesalpe  über  das  Bettler- 
grätli  nach  der  Alp  Gritsch  im  Saminathal. 

lieber  die  Pfade  dieser  Partie  des  Rhätikons,  die 
wir  heute  zum  Theil  begangen  haben,  zum  Theil  vor 
uns  sehen,  sind  anno  1799  die  Oesterreicher  zur  Um- 
gehung der  Luziensteig  aus  dem  Gamperthonthal  nach 
Graubünden  hinübergestiegen.  Wir  wollen  versuchen, 
an  Hand  der  jene  Epoche  behandelnden  Werke  die 
Colonnen  auf  ihrem  mühsamen  Marsche  über  das  rauhe, 
verschneite  Gebirge  zu  begleiten. 

Am  1.  Mai  sollten  sich  drei  österreichische  Ab- 
theilungen,  die  links  und  rechts  der  Luzienstieg  die 
Berge  zu  überschreiten  hatten,  im  Rücken  der  Werke 
vereinigen  und  den  Frontalangriff  der  vierten  Colonne 
unterstützen. 

Die  Umgehungskolonne  westlich  des  Passes  hatte, 
3^/2  Bataillone  stark,  über  den  Fläscherberg  zu  steigen; 
die  erste  der  östlichen  Abtheilungen,  ein  Bataillon, 
haben  wir  beim  Grate  von  Mazoura^  der  den  Kessel 
von  Guscha  vom  Wildhaustobel  trennt,  erwähnt,  und 
die  andere  war  schon  am  29.  April  von  Nenzing  im 
Vorarlberg  aufgebrochen,  um  durch  das  Gamperthon- 
thal nach  dem  Ganeyerbad  hinüber  und  von  da  nach 


ÄU8  dem  Bhätikon.  211 

Jenins  hinunter  zu  steigen.  Ihre  Schüsse  sollten  das 
Signal  zum  allgemeinen  Angriff  sein. 

So  sehen  wir  1  ^ '2  Bataillon  unter  Major  Vukasso- 
vich,  begleitet  von  den  Nenzinger  Schützen,  das 
Gramperthonthal  heraufziehen.  Wenn  sie  den  nächsten 
Weg  eingeschlagen  haben,  so  haben  sie  bei  St.  Rochus 
das  Hauptthal  verlassen  und  sind  durch  das  östliche 
Seitenthal  nach  der  kleinen  Furka  hinauf  und  über 
die  Alp  Fasons  nach  Ganey  hinabgestiegen.  Der 
1.  Mai  brach  an.  Das  Bataillon,  das  unter  Major 
Quelf  von  Lävena  nach  Guscha  hinübergestiegen  war, 
bemächtigte  sich  zwar  am  frühen  Morgen  des  Dörf- 
leins, hatte  aber  keine  weitern  Erfolge,  da  die  Fran- 
zosen nicht  versäumt  hatten,  den  Guscherweg  und 
Wald  durch  Verhaue  zu  sperren.  Es  entspann  sich 
hier  eine  unnütze  Plänkelei,  deren  Schüsse  irrthtimlich 
für  die  der  Colonne  Vukassovich's  gehalten  wurden; 
die  Truppen  vor  der  Steig  griffen  an  und  warfen  die 
französischen  Vorposten  in  die  Schanzen  zurück,  weiter 
kam  es  auch  hier  nicht. 

Besseren  Erfolg  hatten  die  3Ve  Bataillone  unter 
Graf  St.  Julien,  die  in  der  Nacht  von  Mels  aus  den 
Pläscherberg  erstiegen  hatten,  Sie  vertrieben  die 
Franzosen  aus  ihrem  Verhau,  bemächtigten  sich  des 
Dorfes  Fläsch  und  rückten,  die  Franzosen  vor  sich 
her  jagend,  Vormittags  10  Uhr  mit  neun  Compagnien 
in  Maienfeld  ein,  nachdem  auf  dem  Fläscherberg  und 
in  Fläsch  Reserven  gelassen  worden  waren. 

In  Maienfeld  erwarteten  die  ermüdeten  Truppen 
mit  Ungeduld  das  Eintreffen  der  andern  Colonnen, 
aber  weder  von   Guscha,  noch  von  Jenins  her  kam 


212  B.   Wäber, 

die  erhoffte  Unterstützung.  So  mußte  denn  Mittags 
12  Uhr  die  isolirte  Abtheilung  den  Rückzug  nach  dem 
Fläscherberg  antreten;  aber  da  erfolgte  auch  schon 
der  Angriff  der  französischen  Reserven  in  Front  und 
Flanke,  und  die  Bewegung,  die  mit  so  günstigem  Er- 
folge begonnen  hatte,  endete  mit  einer  empfindlichen 
Schlappe. 

An  diesem  Mißgeschick  war  großentheils  die  Gamper- 
thoner  Colonne  Schuld.  Vukassovich  scheint  vom 
Ganeyerbad  nach  Seewis  hinuntergestiegen  zu  sein 
und  von  hier  eine  Abtheilung  nach  der  Prättigauerklus 
detaschirt  zu  haben,  während  der  Rest  sich  über  den 
Seewiserberg  Jenins  zu  bewegte.  Sei  es,  daß  der 
tiefe  Schnee  den  Marsch  verzögerte,  sei  es,  daß  sich 
die  Colonne  verirrt  hatte:  sie  kam  nicht  zur  rechten 
Zeit  an  ihr  Ziel  und  mußte  dann  den  Rückzug  auf 
nämlichem  Wege,  wie  sie  gekommen,  antreten.  Die 
Abtheilung  Quelfs  ging  von  Guscha  auf  Umwegen 
zurück  und  gelangte  endlich  durch  das  Saminathal 
wieder  nach  dem  Hauptquartier  in  Feldkirch. 

Vierzehn  Tage  später  erfolgte  der  gemeinsame 
Angriff  auf  Graubünden  durch  Hotze  von  Vorarlberg 
und  Bellegarde  von  Tyrol  aus,  und  wieder  belebten 
sich  all  die  aus  Montafun  und  Vorarlberg  nach  der 
Schweiz  führenden  Pässe.  Hotze  beschloss,  die  Um- 
gehung der  Luzienstieg  über  Fläscherberg  und  Guscha 
fallen  zu  lassen,  dagegen  diejenige  durch  das  Gamper- 
thonthal  mit  weit  größeren  Truppen massen  auszuführen, 
und  so  sehen  wir  denn  am  12.  Mai  acht  Bataillone 
im  Anmarsch  nach  diesem  Thale.  Lebensmittel  und 
Munition  waren  im  Voraus  von  Landlenten   nach  den 


Aus  dem  Rhätikon,  213 

Pässen  geschafft  worden,  die  die  Vorarlberger  Schützen 
schon  besetzt  hielten,  die  Wege  hatte  man  so  gut  als 
möglich  für   den   Marsch   der  Truppen  ausgebessert. 

Drei  Bataillone,  verstärkt  durch  zwei  freiwillige 
Schützencompagnien  aus  Vorarlberg,  gingen  am  13.  Mai 
unter  Generalmajor  Jellachich  nach  den  Maienfelder 
Alpen  hinüber.  Sie  schlugen  den  Weg  über  die  „Kel- 
lemen'*  und  durch's  Engitobel  hinab  ein  und  bivoua- 
kirten  dort  in  tiefem  Schnee. 

Die  andern  fünf  Bataillone  unter  Generalmajor 
Hiller  waren  nach  Seewis  bestimmt.  Sie  werden  also 
von  St.  Rochus  aus  der  ersteren  Colonne  das  Haupt- 
thal gelassen  und  den  nächsten  Weg  über  das  Seewiser 
Ftlrkli  oder  Salarueljoch  nach  Fasons  eingeschlagen 
haben  und  kamen  in  der  Mittemacht  des  13./14.  Mai 
in  Ganey  an.  Die  Ruinen  des  Schwefelbades  legen 
von  diesen  Besuchern  Zeugniß  ab:  wurde  doch,  wie 
man  erzählt,  in  jener  Nacht  alles  Holzwerk  des  Hauses 
losgerissen  und  zu  Wachtfeuern  für  die  frierenden 
Trappen  verwendet. 

Am  Morgen  des  14.  Mai  wurde  zum  Angriff  ge- 
schritten. Jellachich  detaschirte  sechs*  Compagnien 
imter  Führung  von  Major  Eöttvös  mit  den  ober- 
ständischen Freiwilligen  durch  das  Glecktobel  hinab, 
während  er  mit  dem  Gros,  wie  wir  denken,  den 
Jeninser  Alpweg  hinabstieg  und  Jenins  und  Maienfeld 
besetzte.  Sowie  Eöttvös  derart  seinen  Rücken  gedeckt 
wußte,  griff  er  die  mit  zwei  Bataillonen  imd  acht  Ka- 
nonen besetzten  Schanzen  von  rückwärts  an,  drang 
trotz  des  Feuers  der  umgewandten  Geschütze  nach 
heftigem   Kampfe   ein  und   öffnete    die  Thore,   durch 


214  B.  Wäher. 

die  Hotze  an  der  Spitze  seiner  Ulanen  einritt.  Die 
Luziensteig  war  wieder  gewonnen ;  auf  der  freigemachten 
Straße  nach  Graubünden  rückte  Hotze  ein  und  ver- 
einigte sich  an  der  Landquart  mit  Jellachich  und  in 
Zizers  mit  der  Colonne  Hiller's  zum  Vormarsch  gegen 
Chur. 

Hiller's  Colonne  war  von  Ganey  nach  Seewis  herab- 
gekommen, hatte  dort  die  Franzosen  aus  ihren  Ver- 
schanzungen und  dann  aus  ihrer  zweiten  Stellung  bei 
der  Schloßbrücke  in  der  Klus  geworfen;  über  das 
Schweizerthor,  das  St.  Antönier-  und  Schlappiner-Joch 
kanten  die  andern  Österreichischen  Colonnen  in*s  Prätti- 
gau  herab,  und  Dank  der  üebereinstimmung  all  dieser 
Bewegungen  waren  alle  im  Prättigau  befindlichen  Feinde 
abgeschnitten  und  wurden  3000  Franzosen  gefangen.— 
So  gestalten  sich  die  Bilder  jener  denkwürdigen  Tage, 
wenn  wir  an  Hand  der  Angaben  der  citirten  Werke, 
sowie  mündlicher  üeberlieferungen,  dem  Gange  der 
Ereignisse  im  Terrain  selbst  folgen;  ein  lehrreicheß 
Kapitel  aus  der  Zeit,  da  fremde  Händel  zur  Schweizer- 
geschichte wurden,  weil  sie  auf  Schweizerboden  zum 
Austrag  kamen. 

Die  Sonne  hatte  ihren  höchsten  Stand  erreicht, 
als  wir  unser  Zelt  abbrachen  und  der  Tschingelterrasse 
zuschritten.  Ein  rechter  Schatten winkel,  dieses  Plateau; 
die  Felsmassen  des  Tschingels  wehren  den  Sonnen- 
strahlen das  Eindringen  und  so  ist  es  denn  das  ganze 
Jahr  hindurch  im  Schnee,  und  nur  am  felsigen  Rande 
ist  Leben  und  in  reicher  Fülle  blühen  da  Steinbrech 
und  tiefblaue  Gentianen,  glühen  die  rothen  Sternlein 
des  Mannschild's  und  nickt  die  Glockenblume  zwischen 


ÄU8  dem  Rhätikon.  215 

den  Felsen.     Aus  dem  lieblichen  Thale  von  Gamper- 
thon  grüßt  ein  Theil  der  Häüsergrnppe  von  St.  Rochus 
herauf;  der  ^Nenzinger  Himmel^  heißt  dieses  Sommer- 
dörflein mit  seiner  Kapelle  inmitten  fetter  Alpweiden. 
Wir  waren  am  westlichen  Ende  der  Terrasse  an- 
gekommen, da  wo  ihr  felsiger  Nordrand  sich  in  den 
vom  Naafkopf  herunterkommenden  Abhängen  verliert, 
üeber  die  rauhen  Felsblöcke  der  ^Platten"  und  über 
kleine  Schneefelder  ging's  nun  nach  dem  Sattel  am 
westlichen   Fuße    des    Tschingels.     Dort    zeigt    eine 
Steinpyramide   die  Ländergrenze  an,   und   durch  das 
gemsenreiche  Tschingelthäli  geht's  hier  hinunter  nach 
dem  Henberg  und  der  Alp  Fasons.     Dem  Grenzgrat 
westlich  folgend,  kamen  wir  bald  zu  der  üebergangs- 
stelle  „in   den  Kellemen"  (Kellern);   eine  Reihe  von 
spaltenreichen   Felsblöcken   am  Südrand   des    Grates 
tragen  diesen  Namen.     Die  Sage  vom  Wälschen,  der 
sich  hier  reiche  Schätze  aus  den  Steinen  geholt,  spukt 
auch  hier,  wie  so  mancherorts  in  den  Alpen. 
Denn  Gold  in  Menge  liegt  in  unsem  Bergen, 
Nor  weiß  es  nicht  ein  Jeder  aafznspüren 
So  gut  wie  jene  klugen  Venetianer. 
Sie  wühlen  aus  der  £rde  und  sie  schmelzen 
Aus  Kieselstein,  und  waschen  aus  dem  Bachsand 
Das  gelbe  Gold  und  schleppen's  in  die  Heimat. 

(Banmbach.) 

So  gut  ging's  freilich  den  Prättigauern  nicht,  die 
—  es  ist  noch  keine  lange  Reihe  von  Jahren  seither  — 
hier  oben  nach  Gold  gruben.  Nach  vergeblichem 
Graben,  Pickeln  und  Klopfen  flog  ein  Käuzlein,  durch 
den  Lärm  aus  einer  Felsspalte  aufgeschreckt,  an  den 
Goldsuchern  vorüber  in's  Freie;  panischer  Schrecken 


216  U.  Wäber, 

ergriff  die  Schatzgräber,  die  glaubten  den  bösen  Geist 
za  sehen  und  Pickel  und  Hammer  fallen  ließen.  Am 
Golde  hängt,  nach  Golde  drängt  doch  Alles  —  selbst 
auf  hoher  Alp. 

Ueber  steile  Schutt-  und  Grashalden  gelangten 
wir  bald  nach  Jes  hinab.  Wie  anders  sah  es  hier 
aus,  ^s  Yor  einem  Jahre,  da  der  Schnee  bis  fast 
zu  den  Htttten  herabreichte!  Nun  war  keine  weiße 
Stelle  im  ganzen  Hochthal  zu  sehen,  als  dort  oben 
rechts  von  der  Scharte  des  Ftirkli  der  „weiße  Sand'', 
eine  helle  Schutthalde,  nahe  bei  der  „rothen  Platte'^^ 
einer  Felspartie  von  dunkelrother  Färbung.  Dort  ißt 
ein  beliebter  Standpunkt  fUr  Gemsjäger,  und  dort 
geht,  bei  Punkt  2498  der  topographischen  Karte, 
noch  ein  Pfad,  der  „schwarze  Gang**,  über  die  Grenze 
zur  Vermalesalpe,  ein  Jägerweg,  der  die  gute  Eigen- 
schaft hat,  daß  er  ganz  in  der  Nähe  der  Grenze 
der  drei  Länder  ist  und  man  von  dort  aus  leicht 
das  Gebiet  wechseln  kann,  wenn  es  noth  thut. 

Ueber  die  im  reichsten  Blumenschmucke  prangen- 
den Wiesen  ging's  nun  wieder  Stttrvis  zu,  und  auf 
dem  bekannten  Wege  erreichten  wir  gegen  Abend 
Seewis  und  das  Hotel  Scesaplana.  Auf  seiner  Terrasse 
ruhten  wir  von  unserer  Paßwanderung  aus;  ein  Ge- 
witter war  über  den  Rhätikon  heraufgezogen  und  im 
dumpfen  Donnerrollen  enthüllten  die  Blitze  auf  Mo- 
mente in  scharfen  Contouren  die  schwarze  Masse  des 
Grenzgebirges. 

Wir  sind  am  Ende  unserer  Paßtour  angelangt 
und  da  drängt  es  uns,  dem  stillen,  bescheidenen 
Freunde,  der  uns  auf  Schritt  und  Tritt  begleitet  und 


Atis  dem  Ehätikon,  217 

geführt  hat,  dem  Blatt  273  der  topographischen  Karte^ 
UDsem  Dank  abzustatten.  Der  militärische  Neben- 
zweck unserer  Wanderungen,  die  Recognoscirung  der 
Grenztibergänge,  brachte  es  mit  sich,  daß  die  Karten 
dieses  Terrainabschnittes  weit  genauer  studirt  wurden,, 
als  dies  ohne  ihn  geschehen  wäre.  Wir  haben  vom 
Falknis  bis  zur  Scesaplana  das  Blatt  273  verifizirt 
und  seine  wahrhaft  mustergültige  Zuverlässigkeit  in 
alle  Details  hinein  constatiren  können.  Jeden  Ver- 
bindungsweg von  Alp  zu  Alp,  jedes  Wässerlein^ 
jeden  Felskopf,  alle  die  Grenzübergänge  (mit  alleiniger 
Ausnahme  des  Pfades  über  die  „rothe  Platte'^  ob  Jes) 
finden  wir  angegeben.  Schade  aber  ist  es,  daß  Alles, 
was  nicht  schweizerisches  Land  ist,  auf  der  Karte 
im  unschuldigsten  Weiß  prangt,  als  ob  beim  rotb- 
und  weiß  angestrichenen  Grenzzaun  die  Welt  über- 
haupt aufhöre.  Könnte  man  nicht  die  nächsten  jen- 
zeitigen  Wasserläufe  einzeichnen,  die  Gebirgszüge- 
wenigstens  durch  ihre  Namen  andeuten  und  die  Paß- 
wege bis  zu  den  ersten  Ortschaften  oder  Alpen  fort- 
setzen —  ähnlich  wie  die  Dufourkarte  sogar  weiter 
entfernte  Striche  jenseits  der  Grenze  behandelt? 

Die  Weg-  und  Alpen- Angaben  der  österreichischen 
Karte  im  Gewirre  ihrer  Schraffen  haben  wir  auf 
ihrem  Gebiet  ebenfalls  vollständig  zuverlässig  gefunden ; 
das  Relief  des  Gebirges  kommt  dort  allerdings  lange 
nicht  so  zur  Geltung,  wie  in  unserer  Dufourkarte; 
dagegen  sind  die  Wegangaben  sowie  die  Nomenclatur 
der  letzteren  in  einigen  Punkten  nicht  richtig. 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone. 

Von 

Dr.  Th.  Gurtius  (Section  Bern). 


Seit  der  ersten  Ersteigung  des  Piz  Bacone  (Jahrb. 
d.  S.  A.  C.  XIX,  234)  ist  weder  der  Berg  selbst,  noch 
«eine  nähere  Umgebung  wieder  betreten  worden.  Der 
«inzig  in  seiner  Art  dastehende  Bau  dieser  kleinen, 
awischen  Forno  und  Albignathal  eingeklemmten  Berg- 
gruppe mit  ihren  überaus  kühnen  Gipfelformationen, 
mit  ihrer  merkwürdigen,  wild  zerrissenen  westlichen 
Pelsflanke  hat  mir  schon  bei  meinem  ersten  Besuche  un- 
vergeßliche Eindrücke  hinterlassen.  Während  eines  drei- 
wöchentlichen Aufenthaltes  in  Sils  Maria  im  Angust 
\  und  September  1885  bei  leider  stets  unzuverlässigem 
Wetter  habe  ich  mit  Christian  Klucker  wiederholt  Aus- 
flüge dahin  unternommen,  um  weiteren  Aufschluß  über 
die  Zugänglichkeit  und  die  Gestaltung  dieser  merk- 
würdigen Berggruppe  zu  erhalten. 

Der  allgemeinen  Lage  der  Baconekette  ist  bereits 
früher  gedacht  worden  (loc.  cit.).  Für  das  Verständniß 
des  Folgenden  wurde  die  Bezeichnung  einiger  weniger 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone. 


■mgsis 


Punkte  noth- 
wendig,  wel- 
che auf  Blatt 
Maloja  des 
topographi- 
sehcD  At- 
lasses na- 
meolüs  ge- 
blieben Bind. 
Die  Lage  der 
Gipfel  ist  auf 
diesem  Blatte 
bis  auf  die- 
jenige der  Ci- 
ma  del  Largo 
richtig  wie- 
dergegeben. 
Drei  Spitzen 
dieses  Ber- 
ges, darunter 
die  höchste, 
befinden  sieh 
nicht  in  dem 
von  Süden 
nach  Norden 
streichenden 

Haupt- 
kamme    der 
Gruppe,  son- 
dei-n ,     von 


220  Th,  Curtius. 

demselben  durch  einen  längeren  Grat  getrennt,  m 
einer  nach  Westen  verlaufenden  Seitenkette,  welche 
sich  bis  zur  Malojastraße  hinuntersenkt.  Von  Casaccia 
aus,  von  wo  sich  die  dreifach  gespaltene  Largokuppe 
besonders  imposant  präsentirt,  fällt  ihre  Trennung  vom 
Hauptkamme  sofort  in's  Auge.  Der  in  dem  letzteren 
befindliche,  auf  der  Karte  mit  3188°*  bezeichnete 
Gipfel  ist  15 — 20™  niedriger  als  die  höchste  Zinne. 
Da  die  Zahl  3188°^  sich  aber  höchst  wahrscheinlich 
auf  diese  letztere,  vom  Thal  aus  allein  in's  Auge 
fallende  Spitze  bezieht,  habe  ich  dem  Stidostgipfel 
die  jedenfalls  sehr  nahe  entsprechende  Höhe  von  3170™ 
beigelegt. 

Der  vergletscherte  Sattel  zwischen  Piz  Bacone  und 
Cima  del  Largo  soll  als  Fuorcla  del  Bacone  bezeichnet 
werden.  Ihm  kommt  eine  Höhe  von  etwa  3050™  zu. 
Der  breite,  stärker  vertiefte  Felsrücken  2949™  zwischen 
dem  Stidostgipfel  der  Cima  del  Largo  und  der  auf 
dem  topographischen  Atlas  namenlosen,  mit  3043™ 
bezeichneten  Spitze  wird  als  Fuorcla  del  Largo  auf- 
geführt. Die  Spitze  3043"»  scheint  mit  der  Cima  da 
Splug  auf  der  Ziegler'schen  Karte  identisch  zu  sein  — 
mit  Sicherheit  konnte  dies  nicht  constatirt  werden  — 
und  mag  den  Namen  behalten.  Die  isolirt  stehende 
Felskuppe  3172«^  zwischen  Piz  Bacone  und  dem  Passo 
di  Casnile  ist  schon  früher  (J.  d.  S.  A.  C.  XVI,  516) 
naturgemäß  als  Piz  Casnile  bezeichnet  worden. 

Das  auf  der  Karte  von  den  Alpweiden  oberhalb 
Cafferetti  in  das  Vallone  del  Largo  sich  hineinziehende, 
breite  Kasenband  existirt  nicht.  Es  finden  sich  an 
jener  Stelle   nur  äußerst   steile,  glattgeschliffene  Ab- 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone, 


221 


Baconeketie 

vom  P.  Mortara  bis  xup  F.  Casnile. 


HaMpiktunm/, 


— »  Aiuy0^uArle< Roule^  laas  and/ ta9S^ 

ßffJt  JicKerheU' az(^/uÄrb<u-^  MtHt^teajUony- 


0-- 


SOO' 

— I — 


ß  Jfilommtfor 


222  Th.  Gurtius. 

stürze,  hie  und  da  von  Bckmalen,  mit  Gras  bedeckten 
Leisten  durchzogen.  Ehie  zwiseheo  Vanooe  del  Largo 
und  Vallone  della  Porteja  gezeichnete  Schlucht  ver- 
läuft, nicht  gegen  ^Motta  fega^  hin,  sondern  zieht 
sich  a]s  mächtiges  Tobel  in  das  Vallone  del  Largo 
selbst  hinunter. 

Die  glattgeschliffene  Wand,  in  welche  das  nntere 
Ende  des  Ostabhanges  der  Baconegruppe  zum  Forno- 
gletscher  ausläuft,  soll,  um  weitläufige  Auseinander- 
setzungen zu  vermeiden,  als  „Mauer''  und  die  Stelle, 
welche  stets  den  Ausgangspunkt  unserer  Besteigungen 
von  der  Fornoseite  aus  bildete,  mit  „auf  der  Mauer** 
bezeichnet  werden. 

Ersteigung  des  Südostgipfels  der  Cima  del  Largo  (31 TO*"). 

Am  22.  August  befand  ich  mich  mit  Klucker  nach 
zwei  Jahren  zum  ersten  Male  wieder  „auf  der  Mauer", 
nachdem  wir  frühzeitig  von  Sils  Maria  aufgebrochen 
waren.  Wir  pflegten  die  Strecke  von  Maloja  bis  zu 
dieser  Stelle,  welche  bereits  2640™  hoch  liegt,  dm-ch- 
schnitttlich  in  2  Stunden  und  40  Minuten  zurückzu- 
legen und  dann  angesichts  des  herrliehen  Panoramas, 
welches  die  Umgebung  des  Fornogletschers^)  darbietet, 
uns  durch  ein  wohlverdientes  Frühstück  zu  neuen 
Thaten    vorzubereiten.     Auf    welche   Art    man    vom 


0  Herr  Flury  in  Pontresina  hat  in  der  letzten  Zeit  eine 
vorzügliehe  größere  Photographie  de»  Fomogletsehers  mit 
seiner  Umgel^nng  angefertigt,  deren  linke  Seite  der  untere 
Theil  des  Ostabfalles  des  P!z  Bacone  mit  der  „Mauer**  be- 
grenzt. Von  den  Gipfeln  der  Gruppe  ist  nur  Piz  Casnile 
sichtbar.. 


ÄU8  der  Gruppe  des  Bacane.  22$ 

Gletscherboden  auf  die  Mauer  gelangt,  habe  Ich  scho» 
früher  (loc.  cit.)  beschrieben.  Wir  haben  die  Passage 
stets  wieder  an  derselben  Stelle  ausgeführt,  da  die 
Wand  überhaupt  nur  an  sehr  wenigen  Stellen  zugäng- 
lich sein  dürfte. 

Von  der  Mauer  stiegen  wir  ein  in  diesem  Jahre 
gänzlich  von  Schnee  entblößtes  Trümmerfeld  zur 
Fuorcla  del  Largo  hinauf  und  betraten  dieselbe,  ohne 
irgend  welcher  Schwierigkeit  begegnet  zu  sein,  nach 
Verlauf  einer  kleinen  Stunde.  Mit  einem  Male  wurde 
nun  der  Blick  in  den  fürchterlichen  Schlund  des- 
Vallone  del  Largo  und  die  vom  Hauptkamme  der 
Baconegruppe  sich  abzweigende  Seitenkette  frei,  welcher^ 
wie  oben  erörtert  wurde,  drei  Spitzen  der  Cima  del 
Largo,  darunter  die  höchste,  entsteigen.  In  einer  ver- 
witterten, außerordentlich  steilen  Wand  fallen  sie  gegea 
400«  in  den  obern  Theil  des  Vallone  ab. 

Mit  bewaffnetem  Auge  wurde  nun  dreierlei  fest- 
gestellt. Erstens,  in  Bezug  auf  das  Vallone  del  Largo  i 
daß  es  in  seinem  oberen  Theile  sicher  begangen  werden 
könne,  daß  eine  Wanderung  durch  dasselbe  aber  nur 
von  der  Malojastraße  aufwärts  unternommen  werden 
dürfte.  Zweitens,  in  Bezug  auf  die  Cima  selbst :  daß^ 
es  wahrscheinlich  möglich  sei,  von  der  Fuorcla  an 
dem  Nordabsturz  der  höchsten  Spitze  vorbei  zu  traver- 
siren  und  aufwärts  kletteind  in  die  Scharte  zwischen 
dieser  und  ihrer  westlichen  Nachbarin  zu  gelangen. 
IWttens,  daß  man  von  der  Fuorcla  direct  an  dena 
Hauptkamme  nach  Süden  in  die  Höhe  steigen,  hier- 
dHTch  die  Höhe  des  Seitengrates  östlich  der  höchsten 
Spitze   gewinnen  und  auf  diesem  bis  unmittelbar  an 


224  Th.  Curtius. 

die  letztere  gelangen  könne.  Ob  von  dieser  oder  von 
der  anderen  Seite  die  Spitze  selbst  ersteiglich  sei, 
war  nicht  voranszüsehen,  erschien  aber  von  unserem 
Standpunkte  einiger  teleskopischer  Risse  halber  durch- 
aus nicht  unmöglich.  Nr.  1  wurde  ohne  Debatte  ver- 
tagt. Nr.  2  hätten  wir  riskiren  dürfen,  wenn  kein 
frischer  Schnee  alle  Risse  der  verwitterten  Nordwand 
ausgefüllt  hätte.     Also  Nr.  3! 

Wir  banden  uns  an's  Seil  und  stiegen  am  Haupt- 
kamme von  der  Fuorcla  nach  Süden  direct  hinauf. 
Anfangs  ging  es  ganz  leicht,  allmälig  aber  nahm  die 
Durchschnittsneigung  bedenklich  zu.  Wir  wurden  auf 
-die  glatte  Ostseite  mit  ihrem  tiefen  Abfalle  zum  Fomo- 
gletscher  hinübergedrängt,  gelangten  aber  dadurch 
wenigstens  an  eine  feste,  wenn  auch  sehr  steile  Granit- 
wand. Mehrmals  mußte  hier  die  ganze  Länge  des 
Seiles  (20™)  zu  Hülfe  genommen  werden,  ehe  Einer 
von  uns  Beiden  festen  Halt  gewinnen  konnte. 

Die  Wand  wird  steiler,  die  Sprünge  geringer,  die 
Leisten  schmäler,  rechts  und  links  kein  Ausweg,  also 
immer  gerade  hinauf!  Den  oberen  Rand  versperren  tiber- 
liängende  Tafeln,  unter  denen  die  gütige  Natur  aber 
•ein  enges  Loch  gelassen  hat.  Klucker  windet  sich, 
während  ich  noch  ganz  unten  bin,  hindurch  und  ver- 
schwindet. Endlich  wird  das  Seil  über  meinem  Kopf 
angespannt  und  nun  wandert  Pickel,  Rucksack  und 
Leib,  eins  nach  dem  andern,  durch  das  Loch.  Nun 
"folgen  wieder  kleinere  Tafeln,  und  endlich  sehe  ich 
die  Höhe  des  Grates  dicht  über  mir.  Klucker  muß 
wenigstens  oben  sein.  Er  hat  sich  auf  eine  Tafel  in  die 
:Sttitze  hinaufgeschwungen  und  schaut  starr  nach  rechts. 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone.  22ö 

„Klacker,  sind  Sie  oben?" 

„Kommen  Sie  nar  nach,  aber  fallen  Sie  nicht  nach 
der  andern  Seite  hinunter,  wenn  Sie  oben  sind." 

,,Klacker,  sehen  Sie  Gespenster?" 

„Kommen  Sie  und  schauen  Sie  „den  Satan"  selbst." 

Jetzt  tauche  auch  ich  mit  dem  Oberleib  über  die 
letzte  Platte  hervor. 

„Nun,  was  sagen  Sie?" 

Ich  sagte  aber  gar  nichts,  sondern  war  wirklich 
geradezu  verblüflft  durch  den  Anblick  des  großartigsten 
Zerstörungsbildes,  das  ich  je  in  den  Alpen  gesehen 
habe. 

Wir  waren  von  der  Fuorcla  aus  eine  Stunde 
und  fünf  Minuten  ununterbrochen  geklettert  und  be- 
fanden uns  jetzt  mehr  als  200"^  über  derselben  auf 
der  Schneide  des  Hauptkammes,  etwa  50"»  sUdlich 
von  der  Stelle,  wo  der  Grat  mit  den  drei  Largo- 
spitzen von  diesem  nach  Westen  ausgeht,  erblickten 
die  Cima  also  jetzt  von  der  entgegengesetzten  Seite 
wie  von  der  Fuorcla.  Nach  Süden  zog  sich  der 
Hauptkamm  noch  ein  Stück  weit  in  beträchtlich  ver- 
minderter Steilheit  empor. 

Um  eine  Vorstellung  von  dem  Aussehen  des  höchsten 
Oipfels  zu  gewinnen,  denke  man  sich  ein  Bündel 
mehrerer  Hundert  Fuß  langer  Granitsäulen  aufrecht 
vereinigt  und  nehme  von  zwei  entgegengesetzten  Seiten 
80  viel  Säulen  fort,  daß  nur  noch  die  in  der  Mitte 
befindlichen  Stücke  stehen  bleiben.  Das  ist  Alles, 
was  von  einer  einstigen  Granitkuppe  übrig  geblieben 
ist.  Dem  horizontal  verlaufenden  westlichen  Grate, 
selbst   nur    mehr    ein    Netzwerk    gewaltiger    Granit- 

15 


226  Tk.  CurUuB. 

aSnlen,  voii  dem  man  kaum  begreift,  wie  es,  ohne  in 
sich  zusammen zuBtUrzen,  fortbestehen  kann,  entsteig 
der  Gipfel  noch  ala  etwa  35"  hoher  Thnnn,  dem 
Hauptkamme  seine  nai'  wenige  Fuß  breite  Ostkante  la- 
kelirend.  Nach  Süden  dagegen  fällt  er  wobl  um  das 
Vierfache  dieser  Höhe  senkrecht  in  das  Va)  del  Bacone 


Elucker  da. 

Cima  del  Largo  von  der  SüiloBtspitze  aus  gesehen. 

ab.  Nach  dem  Vallone  del  Largo  zu  sind  die  WKnde 
sogar  theilweise  ilheriiängend.  Nach  Westen  folgen, 
vom  Haupt^pfel  dnrch  scharfe  Einschnitte  getrennt, 
noch  zwei  Erhebungen,  weiche,  um  ein  Bedeutendes 
niedriger  ala  jener,  mit  ihm  zusammen  das  Bild  dei 
imposanten  Bi-eizacks  hervorrufen,  welcbea  man  von 
Casaccia  aus  erblickt. 

Der  gewaltige  Eindruck,  welchen  der  Bildliche  Ab- 
fall gewährt,  wird  durch  die  merkwürdige  Verwittemng 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone,  227 

seines  Gesteines  wesentlich  unterstützt.  Während  die 
ganze  Ostflanke  der  Baconekette  feste  Wände  aufweist, 
ist  die  entgegengesetzte  Seite  mit  ihren  weit  nach 
Westen  vorgestreckten  schmalen  Gräten  der  Zerstörung 
bereits  im  gewaltigsten  Maßstabe  anheimgefallen. 
Solche  Bilder  treten  ganz  besonders  an  der  Südseite 
des  Kammes  zu  Tage,  welcher  vom  Piz  Bacone  zur 
Albigna  heruntersteigt ;  nirgends  aber  zeigen  sich  die- 
selben in  auffallenderer  Weise  als  an  der  Cima  del 
Largo  selbst.  Hier  ist  der  ganze  Gipfelkamm  vom 
Scheitel  bis  zur  Sohle  unzählige  Male  gespalten  wor- 
den; der  spröde  Granit  hat  eine  scheinbar  geschichtete 
Formation  angenommen  und  bildet  regelmäßige  Säulen, 
welche,  vollkommen  vertical  gestellt,  heute  nur  noch 
lose  zu  einem  schmalen  Grate  miteinander  verbunden 
sind.  Man  kann  beobachten,  wie  die  Risse  am  Sttd- 
absturze  des  Gipfels  in  einer  Ausdehnung  von  100°* 
und  mehr  sich  hinziehen,  ohne  von  der  verticalen 
Richtung  abzuweichen,  ohne  von  einem  einzigen  Quer- 
sprnnge  durchsetzt  zu  werden.  Der  letztere  Umstand 
macht  die  Ersteigung  des  höchsten  Gipfels  zu  einem 
ohne  besondere  Hülfsmittel  kaum  zu  lösenden  Problem. 
Auf  den  höchsten  dieser  senkrecht  gestellten  Granit- 
sänlen  ist  ein  einzelner  rundlicher  Block  liegen  ge- 
blieben, welcher  durch  sein  Gewicht  die  unter  ihm 
befindlichen  Pfeiler  vielleicht  noch  einige  Zeit  vor 
dem  gänzlichen  Auseinanderfallen  schützt. 

Solchen  Betrachtungen  konnte  ich  mich  40  Minuten 
lang,  ein  Bein  zum  Fornogletscher,  ein  Bein  nach  der 
Malojastraße  hinüberstreckend,  ungestört  hingeben. 
Klucker  hatte  sich  vom  Seil  losgebunden  und  recognos- 


228  TÄ.  Gurtius, 

cirte  den  Grat  bis  zum  Großen  Thurm,  welcher  den 
Gipfel  bildet.  Bald  verschwand  er  nach 'dem  Vallone 
del  Largo  hinüber,  bald  erschien  er  wieder  auf  der 
Spitze  einer  riesigen  Tafel,  bald  mußte  er  sich  ein 
Stück  nach  dem  Val  del  Bacone  hinunterlassen,  um 
einen  neuen  Coloß  zu  umgehen.  Endlich  verschwindet 
er  hinter  der  letzten  großen  Säule  des  eigentlichen 
Grates,  dicht  an  der  Stelle,  wo  der  Gipfelthui-m  sich 
erhebt.  Einige  Blöcke  poltern  drüben  in's  Vallone 
hinunter.  Nun  ist  Alles  still.  Ich  zähle  deutlich  die 
einzelnen  Herzschläge.  Endlich  —  die  Secunden  dünken 
mich  eine  Ewigkeit  —  erscheint  das  geröthete  Gesicht 
wieder;  Klucker  ist  auf  dem  Rückzuge  begriffen.  In 
einer  Viertelstunde  sind  wir  wieder  beisammen.  „Der 
Grat  murrt  und  knurrt,  er  hängt  in's  Vallone  über" 
waren  seine  ersten  Worte.  Es  wäre  in  der  That  un- 
vernünftig gewesen,  wenn  wir  noch  einmal  vorgegangen 
wären.  An  der  Stelle,  an  welcher  Klucker  umkehrte, 
mußte  eine  stark  geneigte,  in  das  Vallone  überhängende 
Platte  rutschend  ohne  Halt  für  Hände  und  Füße  tra- 
versirt  werden,  um  unmittelbar  an  „den  Satan"  — 
Klucker  nannte  den  Berg  nur  noch  mit  diesem 
schmeichelhaften  Namen  —  zu  gelangen.  Hätten  wir 
dieses  für  zwei  Personen  entschieden  gewagte  Unter- 
nehmen aber  auch  glücklich  vollführt,  so  blieb  die 
Wahrscheinlichkeit  des  Weiterkommens  doch  sehr 
gering,  da  sich  an  der  schmalen  Kante  des  Thurmes 
nirgend  mehr  genügende  Stützpunkte  für  Hände  und 
Füße  vorzufinden  schienen. 

„Also    besteigen   wir  wenigstens    den   Gipfel   zu 
unserer  Linken." 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone,  229 

In  12  Minuten  erreichten  wir  durch  unschwieriges 
Klettern  die  Spitze.  An  Höhe  tiberragte  uns  jetzt 
der  Hanptgipfel  immer  noch  um  15 — 20™.  Die  höhere 
seiner  beiden  westlichen  Nachbarzacken  erschien  aber 
unserm  Standpunkte  kaum  noch  ebenbürtig.  Von  hier 
schweift  der  Blick  ungehindert  den  2000°»  tiefen  Ab- 
grund des  Val  del  Bacone  hinunter,  in  dessen  oberen 
Theil  der  Baconegletscher  eingeklemmt  ist ;  sein  zer- 
klüfteter Eissturz  ist  der  ganzen  Länge  nach  sichtbar. 
Unten  leuchtet  aus  dem  grünen  Thalboden  die  weiße 
Poststraße  herauf.  Auf  der  entgegengesetzten  Seite 
nichts  als  Eis  und  Felsen.  Gegen  Süden  steigt  scharf 
zugespitzt  die  elegante  Gestalt  des  Bacone  mit  hoch- 
ragendem Steinmann  noch  80"  über  uns  empor.  Die 
Engadiner  drüben  jenseits  des  Fornogletschers  stecken 
schon  tief  in  den  Wolken,  üeberall  strecken  sich 
große  Nebelzungen  aus  den  Thälern  über  die  Kämme 
herüber.     Unser  Steinmann  ist  fertig. 

Wir  folgten  jetzt  dem  Hauptkamme  weiter  nach 
Süden  und  stiegen,  uns  stets  an  dessen  Ostseite  haltend, 
ohne  besondere  Schwierigkeit  zu  finden,  in  35  Minuten 
zur  vergletscherten  Fuorcla  del  Bacone  hinunter.  Von 
dieser  genießt  man  ebenfalls  einen  ausgezeichneten 
Blick  auf  die  Abstürze  der  Cima  del  Largo  in's  Val 
del  Bacone.  Nirgends  aber  ruft  der  Anblick  deSv 
Gipfels  einen  so  gewaltigen  Eindruck  hervor,  wie 
gerade  an  der  Stelle,  an  welcher  wir  den  obersten 
Hauptkamm  zuerst  betraten,  wo  plötzlich  der  Süd- 
abhang des  Berges  im  halben  Profil  sichtbar  wird. 

Inzwischen  war  es  zu  spät  geworden,  um  bei  dem 
zweifelhaften  Wetter   einen  Versuch  zu  machen,   den 


230  Th,  Ourtius, 

Piz  Bacone  von  der  Fuorcla  über  den  Nordgrat  zu 
erklettern.  Wir  stiegen  daher  über  das  Schneefeld 
nach  Osten  abwärts  und  erreichten  ohne  Hinderniß 
in  einer  Stande  und  45  Minuten  über  ^die  Mauer^ 
die  Ebene  des  Fomogletschers. 

„Es  ist  schade",  meinte  Klucker  beim  Nieder- 
steigen, „daß  wir  Niemand  erzählen  können,  was  wir 
heute  gesehen  haben.  Es  glaubt  uns  doch  Keiner^ 
daß  es  da  oben  so  wüst  aussieht."  Etwas  nieder- 
geschlagen und  schweigsam  wanderten  wir  der  Maloja  zu. 

„Klucker,  Sie  legen  ja  heute  Ihren  schönen  Hemd- 
kragen gar  nicht  an."  —  ^ptr  steckt  droben  in  der 
letzten  Ritze,  die  ich  mit  der  Hand  erreichen  konnte.^ 

Zeitangaben, 

Ab  Maloggia 5  ühr  10  Min. 

An  Fuorcla 9     „  50     „ 

Ab        „ 10     „  15     „ 

An  Grat  unter  der  Ostspitze    .     .  11     „  20    ^ 

Klucker  unter  der  höchsten  Spitze  11     „  40     „ 

An  Südostgipfel *12„12„ 

Ab            „              12     „  50\ 

An  Fuorcla  del  Bacone  ....  1     „  25     „ 

Ab        „          „          „        ....  1     „  40     „ 

An  Maloggia 5     „  20     ;, 

12  Std.  10  Min. 

Summa  der  Pausen:  2  Sunden  36  Minuten. 
Marschzeit:  9  Stunden  34  Minuten. 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone.  281 

Baeone  (8243  m.)  von  der  Fiiorcla  del  Bacoue  über 

den  Kordgrat. 

Nach  der  Besteigung  der  Cima  del  Largo  blieb 
das  Wetter  unbeständig.  Man  konnte  nur  hie  und  da 
auf  wenige  leidliche  Morgenstunden  mit  Sicherheit 
rechnen.  Ich  stieg  inzwischen  mit  einem  Freunde 
ttber  den  Chapütschinpaß  und  den  Piz  Ohapütsehin  nach 
Pontresina  hinüber,  wobei  Kluckcr  und  ich  uns  in 
der  Ansicht,  daß  man  vom  Chapütschinpaß  leicht  über 
La  Monschia  zum  Punkt  3382™  am  Westgrat  des  Piz 
Oiüschaint  gelangen  könnte,  getäuscht  sahen.  Man 
geht  ttber  die  Fuorcla  Ohapütsehin  bis  zu  diesem 
Punkte  wenigstens  2  V2  Stunden  länger,  als  über  die 
Fuorcla  Fex-Scerscen  (Jahrb.  d.  8.  A.  C.  XIX,  228). 
Man  wird  daher,  um  von  Sils  auf  den  Piz  Glüschaint 
zu  gelangen,  doch  zweckmäßig  den  letzteren  Weg  ein- 
schlagen (seit  1883  zweimal  begangen),  obwohl  die 
Wand  über  die  Fuorcla  Fex-Scerscen  stärker  von 
fallenden  Steinen  heimgesucht  wird,  als  die  Felsrinne 
der  Fuorcla  Ohapütsehin.  ^) 

Im  Regen  fuhren  wir  am  nächsten  Morgen  von 
Pontresina  nach  Sils  zurück.    Abends  aber  schien  das 


*)  Am  4.  September  wurden  wir  durch  rasenden  Schnee- 
Btorm  und  dichten  Nebel  von  der  Capanna  MarineUi  über 
den  Fex-Seerscenpaß  nach  Sils  zurückverschlag^en  und  hatten 
liierbei  Gelegenheit,  die  unausgesetzte  Kanonade  zu  hören, 
welche  allenthalben  von  der  das  Rosegthal  gegen  den  Seerscen- 
ttnd  Fexgletscher  abschließenden  Felswand  niedergesandt 
^orde.  Bei  schlechtem  Wetter  ist  von  einer  Begehung  der 
letzteren,  au  welcher  SteUe  es  auch  sei,  abzurathen. 


232  Th,  Curtiua. 

Wetter  wieder  einige  schöne  Morgenstunden  für  den 
folgenden  Tag  zu  versprechen.  Diese  sollten  in  der 
Baconegruppe  ausgenutzt  werden. 

Am  27.  August  fuhr  ich  mit  Klucker  kurz  nach 
3  Uhr  Morgens  von  Sils  zur  Maloja  und  stand  bereits 
um  8  Uhr  25  Min.  noch  bei  blauem  Himmel  auf  der 
Fuorcla  del  Bacone,  um  den  Gipfel  des  Berges  von 
hier  über  den  Nordgrat  zu  besteigen.  Wir  hatten  den 
Weg  von  Maloja  Kulm  bis  hieher^  abgerechnet  eine 
Frühstückspause  von  40  Minuten  auf  der  Mauer,  in 
3  Stunden  und  43  Min.  zurückgelegt.  Die  dorcb- 
schnittliche  Steigung  des  Kammes  von  der  Fuorcla 
gegen  die  Spitze  des  Bacone  ist  durchaus  keine  un- 
gewöhnliche. Sie  wird  nicht  mehr  als  40  Grad  be- 
tragen. Auf  Grund  früherer  teleskopischer  Studien 
vom  Südostgipfel  der  Cima  del  Largo  aus  hatten  wir 
ziemliche  Schwierigkeiten  erwartet.  Nun  stellte  sich 
heraus,  daß  trotz  festesten  Gesteins  die  Ueberwindang 
des  Nordgrates  an  mehreren  Stellen  genau  an  der 
Grenze  des  Ausführbaren  lag,  selbst  für  die  stark  an 
unsere  Vorfahren  erinnernde  Klettertechnik  Kluckers. 

Drei  größere  Knöpfe  oder  Thürme  erheben  sich 
aus  dem  Kamme.  Der  erste  wurde  ohne  wesentliche 
Schwierigkeiten  überstiegen.  Von  hier  aus  zieht  sich 
ein  deutlich  ausgeprägtes  Felsband  an  der  breiten 
Ostseite  der  Pyramide  vorbei  nach  dem  Pfeiler  hin, 
welcher  von  dem  Gipfel  des  Bacone  nach  Osten  zum 
Fornogletscher  vorspringt.  Man  kann  an  dieser  Stelle 
zweifellos  ohne  besondere  Schwierigkeit  hinübertraver- 
siren  und  dadurch  auf  das  letzte  Stück  des  Weges 
gelangen   (loc.  cit.),   auf  welchem  ich  1883  den  Piz 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone.  23$ 

Bacone  zuerst  erstieg.  Unter  Benützung  dieses  Fels- 
bandes dürfte  die  Besteigung  des  Berges  von  der 
Fuorcla  del  Bacone  ebenso  schnell  und  verhältniß- 
mäßig  leicht  auszuführen  sein,  als  auf  dem  früher 
beschriebenen  Wege.  Wir  beschlossen  indessen  heute 
den  Nordgrat  womöglich  bis  zur  Spitze  zu  verfolgen. 
Die  üeberwindung  der  beiden  nun  folgenden  Thürme 
setzte  ein  hartes  Stück  Arbeit  ab.  Klucker  zog  seine 
Bchnhe  aus  und  stieg  auf  den  Strümpfen  an  einer 
70o  geneigten  Granitwand  mit  Hülfe  einer  lächerlich 
schmalen  Längsritze  ungefähr  18™  über  mich  empor. 
In  halber  Höhe  setzte  ein  in  schräger  Neigung  vor- 
springender Absatz  dem  Kletternden  hartnäckigen 
Widerstand  entgegen.  Klucker  hatte  sich  mit  dem 
Oberleib  glücklich  hinaufgeschoben,  schlug  aber  mit 
beiden  Füßen  hinter  sich  in  der  Luft  umher,  ohne 
einen  Anhaltspunkt  zu  finden.  Jetzt  haken  die  Zehen 
des  linken  Fußes  sich  fest  und  langsam  schiebt  er 
den  Körper  hinauf.  Es  währte  dies  Alles  kaum  eine 
halbe  Minute,  aber  Zsigmondy's  Schicksal  trat,  ich 
gestehe  es,  lebhaft  vor  meine  Augen,  und  ich  suchte 
^willkürlich  meine  eigene  unbequeme  Lage  möglichst 
zu  verbessern  und  zu  befestigen.  Klucker  verschwindet 
eben  hinter  einem  Vorsprung  und  unser  ganzes  Seil 
^ird  nach  und  nach  aufgebraucht.  Der  zweite  Thurm 
18t  besiegt.  Die  Pickel  und  das  Gepäck  werden  nach- 
gezogen. Ein  Pickel  setzt  sich  mit  hartnäckiger  Bos- 
heit fest.  Hoch  oben  Zerren  und  Fluchen.  Nun  kommt 
^*8  Seil  in  luftigem  Schwünge  wieder  herab,  ich  binde 
^ch  fest  und  trete,  durch  unsichtbare  Hände  von 
^ben  unterstützt,  dieselbe  Kletterpartie  an.    Es  folgt 


234  Th.  CurtiuB, 

eine  Strecke  etwas  leichteren  Terrains.  Ein  köstlich 
geschütztes  Ruheplätzchen,  wie  ein  Geiernest  in  die 
Schneide  des  Kammes  hineingebaut ,  wird  benutzt, 
um  die  Schuhe  anzuziehen  und  einen  tflchtigen  Schluck 
Oognac  einzunehmen. 

Das  üeberklettern  des  dritten  Knopfes  wird  nun 
in  ähnlicher  Weise  ausgeführt,  wie  das  des  zweiten, 
nur  kann  Klucker  diesmal  seine  Schuhe  anbehalten. 
Näher  rückt  das  Ziel ,  das  letzte  Stück  bietet  keine 
wesentliche  Schwierigkeit  mehr.  10  Min.  nach  10 
Uhr  —  die  180"^  haben  uns  1  Stunde  und  40  Min. 
intensivster  Anstrengung  gekostet  —  berühren  wir 
unseren  vor  zwei  Jahren  gebauten  Steinmann. 

Und  zwar  genau  vor  zwei  Jahren,  fast  in  der- 
selben Minute  —  der  Zettel  in  der  Flasche  besagt 
es  —  haben  wir  diesen  Gipfel  zum  ersten  Male  be- 
treten. Alles  liegt  noch  so,  wie  wir  es  verlassen 
haben;  kein  Mensch  hat  den  Berg  inzwischen  erstiegen. 
Sogar  der  Blitz  hat  seinen  hochragenden  Steinmann 
verschont. 

So  feierten  wir  das  zweite  Jahresfest  unserer 
ersten  Besteigung  in  dünnem  Veltliner  und  Citronen- 
wasser.  An  letzteres  habe  ich  Klucker  erst  mit  einiger 
Mühe  gewöhnen  müssen.  Auch  heute  macht  er  wieder 
ein  komisches  Gesicht,  wenn  er  „die  Kttrbisflasche" 
an  den  Mund  setzt,  und  betrachtet  mit  stiller  Weh- 
muth  den  gebleichten  Sectpfropfen,  der  sich  noch  von 
vor  zwei  Jahren  vorfindet. 

Zeit  lassen !  Die  Sonne  scheint  köstlich  warm,  und 
einzig  schön  ist  das  originelle,  großartige  Panorama. 
Fernsicht    gab    es    nicht   mehr,    aber    in    der  Nähe 


Alts  der  Gruppe  des  Barone.  235 

allenthalben  wundervolle  Bilder  in  schönster  Beleueh- 
tang,  deren  Reiz  nur  durch  die  seltsam  gestalteten 
Nebelzungen  erhöht  wird,  welche  der  überhand- 
nehmende Südwind  mit  immer  größerer  Schnelligkeit 
zu  immer  dichteren  Massen  zusammentreibt. 

Kurz  vor  Mittag  verließen  wir  den  Gipfel,  von 
dessen  südlichstem  Endpunkte  sich  nun  ein  zweiter 
Steinmann  erhebt,  und  begannen  das  steile  Südkamin 
hinabzusteigen.  Klucker  und  ich  waren  beim  Klettern 
schon  so  in  einander  eingewöhnt,  daß  wir  inclusive 
Gepäck  bereits  nach  24  Min.  auf  dem  Felsvorsprunge 
uns  befanden,  dessen  Erreichung  im  Jahre  1883  genau 
eine  volle  Stunde  erfordert  hatte.  Ich  habe  die  Länge 
dieses  Kamins  damals  etwas  überschätzt  (loc.  cit.). 
Sie  beträgt  aber  jedenfalls  mehr  als  100"».  Die  nicht 
unerheblichen  Schwierigkeiten,  welche  diese  Passage 
für  den  zuletzt  Herabsteigenden  an  ihrem  unteren 
Ende  immerhin  bietet,  kam  uns  heute  gegen  die  beim 
Aufstieg  über  den  Nordgrat  ausgeführte  Kletterei 
äußerst  gering  vor. 

Der  Abstieg  zum  Oasnilegletscher  nahm  von.  hier 
eine  lange  Stunde  in  Anspruch.  Der  obere  Theil  des 
großen  steilen  Couloirs  war  vollständig  von  Schnee 
entblößt,  der  untere  dagegen  zeigte  sich  mit  hartem, 
klarem  Eise  ausgekleidet,  ganz  unten  gähnte  der 
offene  Bergschlund.  Bis  zur  Eiswand  gerieth  Alles  bei 
der  leisesten  Berührung  in's  Rutscheji,  und  dann 
maßte  in  dieser  eine  lange  Folge  von  breiten  Stufen 
geschlagen  werden.  Schließlich  erkletterten  wir  den 
letzten,  untersten  Knopf  der  die  Rinne  auf  der  West- 
seite begrenzenden  Felswand  und  kamen  so  aus  dem 


236  Th.  Curtius, 

Couloir  heraus  auf  Schnee  und  leicht  über  den  Berg- 
schrund  auf  den  Gletscher  hinüber. 

Als  wir  über  den  „Sasso  prima  vera"  nach  Vico- 
soprano  hinunter  eilten,  waren  alle  Bergspitzen  be- 
reits in  dichten  Nebel  gehüllt.  Der  Blick  in  den 
Thalgrund  der  Albigna  ist  hier  unendlich  großartig. 
Gegenüber,  in  wilde  Schlünde  zerrissen,  der  West- 
absturz des  Bacone;  im  Hintergrunde  der  mächtige 
Albignafall,  einer  der  schönsten  Wasserstürze  der 
Alpenwelt. 

Zeitangaben. 

Ab  Maloggia 4  Uhr     2  Min» 

An  Fuorcla  del  Bacone  ....       8     «     25    ,, 


„  Spitze  .... 
Ab  Spitze  .... 
An  Kaminende  .     .     . 

Bergschrund  unter  der  Eiswand 


n 
n 


10 

11 

12 

1 


7) 
71 

rt 

7) 


Vicosoprano 6 


10 
46 
10 
15 
15 


7) 
7) 
7) 


14  Std.  13  Min. 

Summa  der  Pausen:  3  Stunden  20  Minuten. 
Marschzeit:  10  Stunden  53  Minuten. 


Von  Casaccia  durch's  Vallone  del  Largo  zum  Fomo- 

gletscher. 

Fuorcla  del  Largo.   Ersteigung  der  Cima  da  Splog 

(Spitze  8048«). 

Als  wir  die  Fuorcla  del  Largo  vom  Fornogletscher 
her  zum  ersten  Mal  betraten,  wurde  die  Möglichkeit 
eines  üebergangs  von  Vicosoprano  durch  das  Vallone 
del  Largo  zum  Fornogletscher  in  Betracht  gezogen. 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone.  237 

Die  Ausfäbrung  dieses  Projektes  gewann  an  Interesse, 
nachdem  es  sich  ergeben  hatte,  daß  die  höchste  Spitze 
der  Cima  selbst  vom  Hauptkamme  der  Baconekette 
aus  nicht  erreicht  werden  konnte.  Gelang  der  Ueber- 
gang,  so  hatte  sich  uns  auch  die  Westkante  des 
höchsten  Gipfelthurmes  enthüllt,  und  wir  wußten  dann, 
ob  ein  Versuch  zu  seiner  Ersteigung  vom  Vallone 
aus  Erfolg  versprechen  konnte. 

Am  letzten  August  übernachtete  ich  mit  Klucker 
iu  Gasaccia,  den  Kopf  eigentlich  mit  ganz  anderen 
Plänen  gefüllt.  Am  folgenden  Morgen  war  aber  das 
Wetter  derartig,  daß  wir  überhaupt  vor  8  Uhr  nicht 
aufzubrechen  wagten,  und,  um  den  Tag  auszunützen, 
wurde  eine  Recognoscirung  des  Vallone  del  Largo 
beschlossen. 

Wir  verfolgten  die  Poststraße  bis  Caflferetti  und 
stiegen  von  dort  ein  kaum  erkennbares  Pfädlein  durch 
steile,  an  ihrem  unteren  Abhänge  mit  Erlengestrüpp 
bedeckte  Alpweiden  etwa  650™  gegen  den  Piz  Mor- 
tara  empor.  Nun  traversirten  wir,  eine  große,  mit 
Serpentin  ausgelegte,  vom  Mortara  sich  herabziehende 
ßtife  kreuzend,  nach  Süden,  bis  wir  in  einer  Höhe 
von  etwa  2100™  an  den  Rand  des  Vallone  gelangten. 
Dieser  bestand  hier  an  allen  Stellen  aus  nahezu  senk- 
rechten, bis  200"  tiefen  Felsabsttirzen,  und  wir  sahen 
^fort,  daß  das  auf  der  Karte  gezeichnete  breite,  sich 
in  die  Schlucht  hineinziehende  Rasenband,  welches 
^uis  zu  dem  beschriebenen  Seitenangriff  auf  das  Vallone 
verlockt  hatte,  nicht  existirt.  Wir  stiegen  an  dem 
Rande  des  Schlundes  noch  eine  ziemliche  Strecke 
aufwärts,    fanden    aber,    daß    die   Felsabstürze    nur 


288  Th.  Curtius, 

immer  mehr  in  von  einstiger  Gletscherthätigkeit  ab- 
geschliffene Platten  übergingen.  Nach  längerem  Pro- 
biren entdeckte  Klucker  eine  Stelle,  wo  einige  mit 
Gras  ausgefüllte  Risse  und  Bändchen  ein  Vorbei- 
traversiren  zu  gestatten  schienen.  Nachdem  wir  im 
richtigen  Vorgefühl  einiger  schwindeligen  Stunden  noch 
einmal  herzhaft  gefrühstückt  hatten,  befanden  wir  nns 
wirklich  bald  innerhalb  des  eigentlichen  Vallone,  das 
heißt,  in  den  Wänden,  welche  dessen  mittleren  Theil 
auf  der  Nordseite  begrenzen. 

Um  bei  der  weiteren  Beschreibung  unseres  Wege« 
nicht  zu  oft  in  Wiederholungen  zu  verfallen,  erscheint 
es  nöthig,  kurz  auf  die  allgemeine  Gestaltung  dieser 
merkwürdigen  Schlucht  einzugehen,  deren  Verhältnisse 
sich  auf  der  Karte  nur  zum  Theil  richtig  wieder- 
gegeben finden. 

Das  Vallone  del  Largo,  eigentlich  nichts  weiter 
als  ein  über  5000  Fuß  jäh  abfallendes  Tobel  im 
riesigsten  Maßstabe,  zerfällt  in  zwei,  durch  gewaltige 
Fluhsätze  von  einander  getrennte  Terrassen.  Die  untere 
derselben  stellt  eine  steilaufsteigende,  auf  beiden  Seiten 
von  senkrechten  Felsabstürzen  eingeengte,  theilweise 
durch  Lawinenreste  verschüttete  Trümmerhalde  dar, 
welche  sich  von  der  Malojastraße  bis  zu  einer  Höhe 
von  1800 — 1900™  ununterbrochen  hinaufzieht.  In 
dieser  Höhe  setzen  steile,  glattgeschliffene  Fltthe  ein, 
welche,  in  einem  Bogen  6 — 700™,  und  zwar  gegen 
Norden  ganz  besonders  jäh,  aufsteigend,  den  unteren 
Boden  von  dem  obersten  Theil  des  Vallone  abschließen. 
An  der  Südseite  der  Schlucht  ist  die  Steilheit  dieser 
Felsen  geringer.  Hier  geht  offenbar  der  Hauptlawinen- 


ÄU8  der  Gruppe  des  Bacone.  239 

zug  von  der  Cima  del  Largo  hinunter.  Ein  Streifen 
alten  Schnee's  zog  sich  hier  von  dem  untersten  Geröll 
an  den  Fltlhen  weit  in  die  Höhe.  Oberhalb  dieser 
steilen  abschließenden  Wände  zeigt  sieh  das  Vallone 
wesentlich  verbreitert  und  steigt  von  hier  an  als 
großes,  leichter  zugängliches  Trümmerfeld  zur  Fuorcla 
empor,  nördlich  von  den  Abhängen  der  Spitzen  3026»" 
und  3043"^,  südlich  von  dem  die  Paßhöhe  noch  um 
250"  tiberragenden  Absturz  der  Cima  del  Largo 
eingerahmt.  Am  Fuße  des  letzteren  befindet  sich  ein 
auch  auf  der  Karte  gezeichnetes,  steil  abfallende» 
8ehneefe1lP^ 

Wir    betraten    das   Innere    des   Vallone    auf  der 

Nordseite,    etwa   in    der   halben  Höhe  jener  glatten 

Fluhsätze,  und  waren  gezwungen,   an   diesen   vorbei 

allmälig  in  die  Höhe  zu  traversireu,  um  in  die  Mitte 

des  Hintergrundes   der  Schlucht   und    somit   auf  das 

obere  Trümmerfeld  gegen  die  Fuorcla  hin  zu  gelangen» 

Die  Ausfühmng  dieser  Passagen  an  den  glatten  Wänden 

vorbei  erforderte  viel  Zeit,  große  Vorsicht  und  einen 

kalten  Kopf.   Nur  Einer  von  uns  Beiden  bewegte  sich 

jedes  Mal  von  der  Stelle.  Eine  lange  Strecke  Weges 

mußte  auf  solche  Art  zurückgelegt  werden,  dabei  ließ 

sieh  das  Terrain  nur  auf  kurze  Entfernung  tibersehen; 

kurz,  wir  hatten  einen    regelrechten    „mauvais   pas'^ 

unter  uns.     Alles  hat  aber   einmal   ein  Ende;   nahm 

die  Steigung   der  Wände   auch   noch    nicht    ab,    so 

änderte  sich  doch  ihre  Beschaffenheit  allmälig  zu  unseren 

Gunsten,  indem  an   die  Stelle   der  glattgeschliffenen 

Tafeln  immer    mehr   ursprtingliches   Felsgestein    mit 

Zacken  und  Kanten   zum  Greifen  und  Klettern  trat. 


240  Th.  Curtius, 

Wir  kamen  jetzt  an  eine  Stelle,  wo  eine  auf  dem 
Orientirungskärtchen  als  „großes  Kamin"  bezeichnete, 
Ton  der  Spitze  3026™  nach  Westen  sich  herabziehende, 
-enge  Schlucht  in  die  Wand,  an  der  wir  hinaufstiegen, 
ausläuft.  Dieses  „große  Kamin"  gewährte  einen  höchst 
merkwürdigen  Anblick.  Der  mit  Blöcken  vollgestopfte 
Untergrund  ist  nur  wenige  Meter  breit  und  von  senk- 
rechten Felswänden  eingerahmt.  In  einer  Länge  von 
mehreren  hundert  Metern  zieht  sich  dieser  großartige 
Hohlweg,  ohne  von  der  geraden  Linie  abzuweichen, 
in  mäßiger  Steigung  aufwärts,  und  es  schien  sehr 
verlockend,  demselben  zu  folgen.  Da  er  uns  aber  viel 
zu  weit  von  unserem  Ziele  nach  links  abführen  mußte, 
verzichteten  wir  darauf,  zumal  wir  sein  Ende  nicht 
übersehen  konnten.  Umgehen  konnte  man  die  Schlacht 
nicht,  wir  mußten  daher,  nachdem  wir  wenige  Schritte 
in  ihre  OefFnung  hineingegangen  waren,  an  ihrer  jäh 
4ibfallenden,  südlichen  Flanke  in  die  Höhe  steigen, 
um  über  sie  hinaus  zu  gelangen.  Dies  zu  tlfun,  war  die 
technisch  schwierigste  Stelle  unseres  heutigen  Unter- 
nehmens. In  der  glatten,  mehr  als  70*»  geneigten  Fels- 
wand zog  sich  ein  schnurgerade  von  unten  nach  oben 
verlaufender,  höchstens  fußbreiter  Riß  etwa  15"  in 
die  Höhe,  an  seinen  Kanten  nur  wenig  Faßbares  für 
Hände  und  Füße  darbietend.  Hier  arbeitete  sich 
Klucker,  so  weit  unser  Seil  reichte,  hinauf,  während 
ich  nur  mit  Mühe  den  Steinen,  welche  sich  unter  ihm 
loslösten,  ausweichen  konnte.  Nachdem  er  sich  in 
beträchtlicher  Höhe  verankert  hatte,  mußten  erst 
Pickel  und  Gepäck  aufgezogen  werden,  ehe  ich  nach- 
steigen konnte. 


k 


At^  der  Chruppe  des  Bacone,  241 

Jetzt  lagen  alle  Unannehmlichkeiten  hinter  uns. 
Wir  hatten  zwar  noch  steiles,  wenn  auch  unschwie- 
riges  Terrain  zu  überwinden,  aber  ohne  den  schwin- 
delnden Absturz  der  Flühe  unmittelbar  unter  den 
Füßen  zu  haben.  Noch  manchen  prüfenden  Rückblick 
warfen  wir  auf  den  zurückgelegten  Weg,  den  wir 
TOD  dem  Punkt  an ,  wo  wir  den  Eingang  in  das 
Yallone  erzwungen  hatten,  ganz  überblicken  konnten, 
und  waren  Beide  herzlich  froh,  daß  wir  auf  dem- 
selben nicht  wieder  hinuntersteigen  mußten.  Wir 
banden  uns  vom  Seil  und  erreichten  die  Paßhöhe 
etwas  nördlich  von  ihrem  tiefsten  Punkte  nach  ^k  3 
Uhr.  Sechs  Stunden  hatte  uns  der  Anstieg  mit  Abzug 
aller  Pausen  gekostet. 

Sofort  legten  wir  unser  sämmtliches  GepKck  nieder 
und  erstiegen,  begünstigt  durch  vorzüglich  festes  Ge- 
stein, die  noch  100°*  den  Paß  übeiTagende  Spitze 
3043«,  die  Cima  da  Splug  Ziegler's ,  in  20  Min.  Der 
Weg  bot  keine  nennenswerthe  Schwierigkeit,  erforderte 
aber  ziemlich  scharfes  Klettern  durch  ein  Gewin» 
riesiger  Tafeln  hindurch  und  über  schmale  Simse. 
Wir  mußten,  nachdem  wir  dem  langen  Sattel  der 
Fuorcla  so  weit  als  möglich  nach  Norden  gefolgt 
▼aren,  an  dem  in's  Vallone  gehenden  Abstürze  unter 
dem  Gipfel  vorbeitraversiren  und  gewannen  diesen 
«chließlich  von  Nordwesten  her. 

Diese  Spitze  ist  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
«bensö  wenig  jemals  vorher  betreten  worden,  wie 
die  übiigen  Punkte  des  Hauptkammes  der  Bacone- 
kette  zwischen  dem  Casnilegletscher  und  dem  Piz 
Mortaira.  Erkundigungen,  welche  wir  von  Jägern  in 

16 


242  Th.  Curtim. 

Vicosoprano  und  Casaccia  eingezogen  haben,  bestätigen 
dieses.  Die  Gemsjäger  betreten  nur  ungern  den  West- 
abhang des  Bacone,  weil  das  getroffene  Wild  in  jenen 
meist  unzugänglichen  Wildnissen  unwiederbringlich 
verloren  ist ,  wenn  es  nicht  auf  der  Stelle  liegen 
bleibt.  Man  erzählte  uns  unter  Anderem,  daß  vor 
Jahren  ein  Jäger  dort  herumgestiegen  sei  und  erst 
nach  vier  Tagen  einen  Rückweg  gefunden  habe.  In 
Casaccia  hörten  wir  zu  unserem  Erstaunen,  daß  der 
Piz  Bacone  schon  früher  von  einem  Jäger  erstiegen 
worden  sei.  Als  Klucker  den  Mann  selbst  darüber 
befragte,  erzählte  er,  daß  er  auf  der  Jagd  durch  das 
Val  del  Bacone  einmal  bis  unter  den  Gletscher  vor- 
gedrungen sei,  und  lächelte  so  lange  ungläubig,  bis 
wir  ihm  unsere  verschiedenen  Steinmänner  zeigten. 

Als  wir  die  Cima  da  Splug  eiTcichten,  trieben 
die  Wolken  glücklicherweise  noch  in  solcher  Höhe, 
daß  wir  uns  orientiren  konnten.  Der  Gipfel  dominirt 
den  Hauptgrat  in  seinem  weiteren  Verlaufe  nach 
Norden  vollkommen.  Er  sowohl  wie  sein  Nachbar 
3026™  steigt  aus  dem  Kamme  als  spitziger,  steiler 
Kegel  auf.  Die  Lage  beider  findet  sich  auf  dem  Blatt 
des  topographischen  Atlasses  sehr  genau  wieder- 
gegeben. Nur  die  Spitze  3026"*  kann  von  einem 
Theile  des  Silser  See's  aus  gesehen  werden. 

Sturm  und  Nebel  nahmen  jetzt  mit  erhöhter 
Schnelligkeit  überhand.  Die  Cima  del  Largo  stak 
schon  in  dichten  schwarzen  Wolken.  Wir  beeilten 
uns  daher,  sobald  ein  kleiner,  schwer  anzubringender 
Steinmann  hergestellt  war,  auf  die  Fuorcla  zurück- 
zukehren, und  hielten  dort  im  Schneegestöber  ein  ver- 


Aus  der  Gruppe  des  Bacone,  243 

spätetes  Mittagsmahl.  Noch  einen  Abschiedsblick  warf 
ich  in  den  Schlund^  dem  wir  entstiegen,  noch  einmal 
schüttelt  Klucker  gegen  „dem  Satan"  drohend  die 
Faust,  dann  wurde  in  einem  Eilmarsch  von  2  Stunden 
und  45  Min.  über  „die  Mauer"  und  Cavloccio  Ma- 
loggia  Kulm  erreicht. 

Zeitangaben, 

Ab  Casaccia    ...     8  Uhr  —  Min. 
An  Rand  des  Vallone     9     „     48     „ 
„  Fuorcla       ...     2     „     39     „ 
„  Spitze  3043°»       .     2     „     59     „ 
Ab  Fuorcla      ...     4     „     10     „ 
An  Maloggia    ...     6     „     55     „ 
Summa  der  Pausen:  2  Stunden. 
Marschzeit:  8  Stunden  55  Minuten. 
Ein  anderer  Weg,  der  von  dem  oben  beschriebenen 
wesentlich    verschieden    ist,    würde    sich   namentlich 
nach  einem  schneereichen  Winter   durch  das  Vallone 
clel  Largo   zur  Fuorcla  empfehlen,   wenn  die  Gefahr 
der  Steinschläge  dort  nicht  so  groß  wäre.  Man  würde 
den  unteren   Theil   des   Vallone   von   der  Poststraße 
aus  direct  hinansteigen ,   auf  Lawinenschnee   an  der 
Südseite   der  Schlucht  über  die   hier  weniger  steilen 
Flühe  hinaufgelangen  und  von  dort,  sich  stets  rechts 
haltend,  unter  dem  Nordabsturz  der  Cima  vorbei  die 
Fuorcla  erreichen.    Auf  diesem  Wege   befindet   man 
sich  allerdings   vier  Stunden  in   der  Hauptschußlinie 
der  Cima,   wird   aber  nirgends   den  Schwierigkeiten 
begegnen,  welche  wir  an  den  glatten  Felswänden  auf 
der  nördlichen  Thalseite  zu  überwinden  hatten. 


i 
244        Th,  Gurtius,    Aus  der  Gruppe  des  Bacone, 

So  hatten  wir  nun  auch  die  letzte  Seite ,  die 
schmale  Westkante  des  höchsten  Gipfels  der  Cima 
del  Largo,  überblickt,  und  es  erschien  sehr  zweifel- 
haft, ob  an  ihr  ein  Hinaufkommen  möglich  ist.  Da- 
gegen kann  man  wahrscheinlich  von  der  obersten 
Terrasse  des  Vallone  aus,  vorausgesetzt,  daß  die  Felsen 
vollkommen  schneefrei  sind,  an  dem  Nordabsturz  des 
Berges  in  die  Scharte  zwischen  dem  höchsten  Gipfel 
und  seiner  westlichen  Nachbarzacke  gelangen.  Bei 
dem  brüchigen  Gestein  und  der  außerordentlichen 
Steilheit  der  Wand  wird  dieser  Weg  aber  mit  Schwie- 
rigkeit und  Gefahren  verknüpft  sein. 

„Wenn  das  Ding  da  oben  wirklich  so  wacklig 
ist,"  meinte  ein  Freund  Abends  in  der  „Alpenrose", 
„warum  habt  ihr  es  nicht  einfach  umgeworfen  und 
seid  dann  hinaufgestiegen?'' 


Die  Aiguilles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  Golfen. 

Von 
Prof.  Dr.  K.  Schulz  in  Leipzig  (Section  St.  Gallen). 


Bei  St.  Jean-de-Maurienne  an  der  Mont-Cenis-Bahn 
erheben  sich  die  Ausläufer  eines  Gebirgszugs,  der  sich 
direct  südlich  nach  La  Grave  erstreckt  und  eine  Pa- 
rallele zu  der  westlich  gelegenen  Kette  der  Grandes 
Rousses  bildet.  In  geringer  Entfernung  nach  Osten 
und  ebenfalls  völlig  parallel  mit  ihm  verbindet  die 
über  den  Col  Galibier  von  St.  Michel  nach  dem  Hospice 
du  Lautaret  führende  Straße  das  Thal  des  Are  mit 
dem  der  Romanche.  Im  südlichen  Theil  jenes  Gebirgs- 
zugs erheben  sich  drei  abenteuerliche,  spitze  Fels- 
gestalten, die  Aiguilles  d'Arve.  *)  Die  mittlere  erreicht 
eine  Höhe  von  3514™.  Direct  südlich  und  in  geringer 
Entfernung  von  ihnen  beherrscht  die  Aiguille  de  Gol^on 
(3429"')  weithin  das  Thal  der  Romanche. 

Der  letztere  Gipfel  ist  schon  frühzeitig  bestiegen 

0  Vergl.  Altmeister  G.  Stnder's  prächtiges  Panorama: 
Aussicht  vom  Col  d'Arves  (Maurienne).  Farbendruck.  Bei- 
gabe zum  9.  Jahrg.  dieses  Jahrbuchs. 


246  K.  Schulz, 

worden,  das  mächtige,  auf  ihm  errichtete  Steinsignal 
diente  bei  der  trigonometrischen  Vermessung  für  die 
Generalstabskarte  und   stammt  jedenfalls  bereits  aus 
der  ersten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts.    Die  Aigoilles 
d'Arve  dagegen  sind,  wenigstens  für  die  Alpenfreunde, 
erst  1864  von  Whymper,  Moore  und  Walker,  man  darf 
wohl  sagen,  entdeckt  worden,  entdeckt  und  als  —  uner- 
steiglich  scheu  gemieden  und  umgangen.  Nach  Joanne's 
Reisebuch  ^)  zwar  sollten  die  Nadeln  verschiedene  Male 
erstiegen  sein  2),  und  eine  von  ihnen,  wohl  die  mittlere, 
war  als  verhältnismäßig  zugänglich  bezeichnet  worden. 
Aber  es  ruhte  auf  diesen  Besteigungen  ein  mystisches 
Dunkel,    und  bei   der   Betrachtung   der   „verhältniß- 
mäßig    zugänglichen'^    Nadel    zuckte    der    berühmte 
Michel  Croz   mit   den  Schultern   und  sagte:    „Wahr- 
haftig, Sie  thun  am  besten,  wenn  Sie  die  Sache  Andern 
tiberlassen."  Christian  Almer  sprach  mehr  und  endete 
mit   der   Erklärung,    daß   er   nicht  mitgehen  werde, 
wenn   man   ihm   auch   tausend  Franken  biete  ^).    Es 
bedurfte   einer  Zeit  von  20  Jahren   und   der  großen 
Fortschritte,  welche  die  Technik  des  Bergsteigens  in 
dieser  gemacht  hat,    um   auch   die  drei   Felsnadeln 
von  Arve,  eine  nach  der  andern,  von  dem  unermüd- 
lichen und  ausgezeichneten  Mitglied  des  Alpine  Club 
W.  A.  B.   Coolidge   und  seinen   tapferen   Schweizer- 
führern,    Christian  Almer  Vater  und   Sohn,    erobern 


1)  Itin^raire  du  Dauphin6.    2  vols.    Paris  1862—1863. 
Eine  neue  Auflage  erschien  unter  verändertem  Titel  1877. 

2)  Vergl.  S.  247,  Note  2. 

')  Whymper,  Berg-  und  Gletscherfahrten.   Deutsch  von 
Steger,  S.  220. 


Die  Aiguüles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  Goleon.    247 

za  lassen.  Nach  den  reizvollen  und  liebenswürdigen 
Scbildernngen  von  Coolidge  haben  aber  auch  die  drei 
einsamen  Felsjnngfrauen  eine  dauernde  Eroberung  an 
ihm  gemacht.  Mit  einer  bei  einem  Engländer  staunens- 
werthen  Offenherzigkeit  verräth  er  uns:  „Ces  mon- 
tagnes  m'ont  tellement  int^ress^  que  j'y  suis  revenu 
bien  des  fois,  et  s'il  se  passe  un  6te  sans  que  je 
parcours  les  environs  de  ces  fiöres  sommit^s,  j'ai  le 
mal  du  payS;  ou  plutot  le  mal  des  Aiguilles.^  Und 
an  anderer  Stelle:  ^La  visite  de  ce  pays  est  devenue 
pour  moi  une  n6cessite  de  Texistence,  et  je  ne  puis 
m'en  dispenser.'' 

Am  10.  Juli  1874  erstieg  Coolidge  mit  Christian 
Almer  senior  und  Peter  Michel  junior  aus  Grindel- 
wald die  mittlere  Nadel ,  ohne  Schwierigkeiten  zu 
finden.  Sie  erreichten  die  Basis  der  nördlichen  Seite 
des  Berges  und  stiegen  über  leichte  Felsen  und  dann 
durch  ein  Schneecouloir  zu  dem  östlichen  Grat  empor. 
Sie  verfolgten  den  Grat  einige  Minuten  und  betraten 
dann  die  Südseite  des  Berges.  Auf  dieser  und  auf 
dem  Ostgrat  selbst,  den  sie  mehrere  Male  eine  Strecke 
weit  verfolgten,  erreichten  sie  den  Gipfel.  ^)  Zu  ihrem 
großen  Erstaunen  fanden  sie  auf  demselben  einen  Stein- 
mann. Er  rührte  wahrscheinlich  von  dem  Gemsjäger 
Savoie  aus  Valloire  her,  von  dem  die  Leute  erzählt 
batten,  daß  er  eine  der  Nadeln  erstiegen  habe.  Diesem 
gebührt  also  die  erste  Ersteigung.  ^)  Almer  bemerkte 

*)  Alpine  Journal  Vm,  p.  70. 

^)  lieber  die  Zeit  und  die  näheren  Umstände  derselben 
ist  bis  jetzt  nichts  bekannt  geworden.  Bei  meinem  Auf- 
enthalt in  Valloire  konnte  ich  Savoie,  der  eine  halbe  Stunde 


248  K.  S<^ulz. 

auf  einem  Schneeflecken  an  der  Südseite  des  Gipfel» 
Spuren  von  Gemsen,  die  jedenfalls  zu  den  ^Hoeh- 
alpinisten^  ihres  Geschlechts  zu  rechnen  sind. 

Die  südliche  Felsnadel  und  der  höchste  Gipfel 
der  nördlichen  wurden  von  Ooolidge  mit  ^en  beiden 
Almer  am  22.  und  23.  Juli  1878  erstiegen.  ^) 


entfernt  vom  Dorfe  wohnt,  nicht  sprechen.  Ich  halte  jedoch 
die  erste  Ersteigung  durch  Savoie  für  besser  beglaubigt,  als 
die  angebliche  Besteigung  durch  einen  Herrn  Magnin  im 
September  1839,  über  welche  die  Seetion  de  Maurienne 
C.  A.  F.  einen  phantastisch  ausgeschmückten  Bericht  rer- 
öffentlicht  hat.  Vergl.  Annuaire  de  la  Society  des  Tonristes 
du  Dauphine  N<*  8,  p.  147.  Ich  glaube  nicht,  daß  ein  kleiner 
Steinmann  auf  dem  schmalen,  dem  Blitzschlag  und  Wetter 
sehr  ausgesetzten  Gipfelgrat  von  1839  bis  1874  sich  hätte 
erhalten  können.  Auch  über  die  angeblieh  von  dem  Gems- 
Jäger  C^lestin  Bellet  von  Entraigues  mit  dem  Pfarrer  dieses 
Ortes  ausgeführte  Besteigung  existiren  keine  zuverlässigen 
Angaben.  (Vergl.  Annuaire  C.  A.  F.  I,  p.  179.)  Der  Kath 
jedoch ,  den  die  beiden  Söhne  Bellet's  Coolid^r^  am  3.  Juli 
1873  gaben  (vergl.  Alpine  Journal  Vni.  p.  68),  die  AiguiUe 
centrale  auf  ihrer  Südseite  anzugreifen,  weist  darauf  hui, 
daß  sie  die  zugänglichste  Seite  richtig  erkannt  hatten,  und 
macht  eine  stattgehabte  Besteigung  seitens  der  Bellet  wahr- 
scheinlich. Die  dritte  beglaubigte  Besteigung  führten  am 
31.  Juli  1876  die  Herren  Vaccarone,  Balduino  und  Costa  mit 
den  Führern  Castagneri  und  Bugiatto  aus.  (Bollettino  del 
C.  A.  I.  Anno  1877,  p.  172.)  Weitere  Besteigungen  finde  ich 
berichtet  von  Herrn  Benoist  mit  dem  Führer  Pierre  Gaspard,. 
fils,  am  26.  Juli  1880  (3'"<»  bulletin  de  la  section  Lyonnaise 
C.  A.  F.  1881,  p.  53)  und  von  den  Herren  Barale,  Briner^ 
Fierz  und  Hatz  mit  dem  Führer  Castagneri  am  15.  August 
1881  (Bollettino  C.  A,  I.  Anno  1882,  p.  261). 

^)  Annuaire   C.  A.  F.   5«  annee  1878 ,   p.  177 ,   Alpine 
Journal  IX,  p.  95—96.  Von  der  südlichen  Nadel  sind  ferner 


Die  AiguiUes  d'Arve  und  die  Aiguille  de  Goleon.    249 

Die  Umwohner  benennen  die  mittlere  Nadel  wohl 
auch  Gros-Jean,  die  südliche  Jean-Jean,  die  nördliche 
Petit-Jean.  Joanne  erwähnt  auch  noch  die  Namen 
„les  Trois'-Ellions  de  la  Grave'^  und  ,,le8  Trois- 
Juliens."  Südlich  wird  die  Gruppe  der  Aiguille» 
d'Arve  begrenzt  vom  Col  Lombard ,  der  zwischen 
der  südlichen  Nadel  und  dem  Bec  de  Grenier  liegt^ 
nördlich  vom  Col  des  Sarrazins,  der  zwischen  der 
nördlichen  Nadel  und  der  Aiguille  de  TEpaisseur 
eingeschnitten  ist.*)  Aber  auch  zwischen  den  Nadeln 
^Ibst  sind  Uebergänge  gemacht  worden,  man  nennt 
den  zwischen  der  nördlichen  und  mittleren  Nadel,  der 
größere  Schwierigkeiten  nicht  bietet :  Col  des  Aiguille» 
d'Arve^),  und  den  zwischen  der  mittleren  und  süd- 
folgende Besteigungen  berichtet:  (2)  Coolidge  und  F.  Gar- 
dinerniit  den  beiden  Almer  am  6.  Juli  1880  (Annuaire  S.  T.  D.^ 
N»8,  p.  151),  von  J.  Mathieu  mit  den  Führern  Gaspard  pere 
und  Max.  Gaspard  am  23.  Juli  1884,  und  von  P.  Rodet  mit 
den  Führern  A.  Pic  und  I*.  Faüre  am  1.  August  1884  (An- 
nnaire  /S.  T.  D.,  N"  10,  p.  60—61).  An  der  nördlichen  Nadel 
erreichten  den  niedrigeren  südlichen  Gipfel  zuerst  Miß  Brevoort 
nad  Coolidge  mit  Christian  Almer  am  3.  Juli  1873  (Alpine 
Journal  VI,  p.  290,  und  VIII,  p.  65),  sodann  gelangte  F.Perrio 
mit  den  Führern  Bellet  und  Moliere  nur  an  den  Fuß  des 
niedrigeren  Gipfelthurms  (Annuaire  S.  T.  D. ,  N<»  2,  p.  98). 
Itach  Coolidge  hat  eine  weitere  Besteigung  bis  zu  der  unsrigen 
nicht  stattgefunden.  Ueber  eine  Ersteigung  durch  Bellet 
(Annuaire  C.  A.  F.  I,  p.  179)  existiren  keine  sicheren  An- 
gaben. 

0  1877  durch  Coolidge  von  Rieublanc  nach  Valloire  über- 
schritten. Annuaire  S.  T.  D.,  N»  8,  p.  149. 

•)  Am  21.  Juni  1864  von  Moore,  Walker  und  Whymper 
zum  ersten  Male  überschritten.  Whymper,  Berg-  und  Gletscher- 
fahrten, S.  221. 


250  K,  Schulz, 

liehen :  Col  de  Gros-Jean.  Er  bietet  auf  der  Ostseite 
bedeutende  Schwierigkeiten,  seine  üeberschreitung  ist 
nur  ein  Mal  erzwungen  worden.  ^) 

Diese  Ersteigungsgeschichte  hatte  ich  mir  sorg- 
fältig in  Excerpten  skizzirt,  als  am  19.  Juli  1885 
Herr  L.  Purtscheller  aus  Salzburg,  Herr  Prof.  Keller- 
bauer aus  Chemnitz  und  ich  von  St.  Michel  (Auf- 
bruch früh  4  Uhr  30  Min.)  über  einen  Bergrücken 
(Col  de  Valloire)  mit  einem  Tunnel  und  mit  schöner 
Aussicht  auf  die  Aiguilles  d'Arve  nach  Valloire  wan- 
derten. In  der  guten  Wirthschaft  des  Herrn  Assier 
machten  wir  einen  Halt  und  setzten  dann  unseren 
Weg  das  Thal  entlang  fort.  Bei  dem  Weiler  la  Ra- 
vine  schlugen  wir  den  rechts  abbiegenden  Weg  ein 
und  erreichten  die  auf  den  linksseitigen  Abhängen 
des  Vallon  des  Aiguilles  d'Arve  gelegenen  Alphütten 
au  Commandraut  um  12  Uhr.  Auf  der  vorletzten  Gruppe 
von  Sennhütten  trafen  wir  die  Besitzerin  Frau  Jeanne 
Rosalie  Falcoz  mit  dem  als  Schäfer  dienenden  Knaben 
Fran9ois  Roche.  Sie  behüteten  da  15  Kühe  und  eine 
Anzahl  Schafe  und  nahmen  uns  freundlich  zum  Nacht- 
quartier  auf  dem  Heuboden  auf.  Den  ganzen  Nach- 
mittag des  19.  Juli  regnete  es,  worüber  wir  recht 
verstimmt  wurden,  als  uns  Frau  Falcoz  sagte,  es  sei 
dies  nach  sechs  Wochen  der  erste  Regen.  Zur  Feuer- 
ung wurde  auf  der  Sennhütte  getrockneter  Kuhmist 
verwendet,    da  es  auf  eine  ziemliche  Entfernung  hin 


*)  Am  4.  Juli  1882  von  Coolidge  mit  den  beiden  Almer 
in  der  Richtnngvon  Valloire  nach  Rieublanc.  AnnuaireS.T.D., 
N"  8,  p.  154. 


Die  Aiguilles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  GoUon,    251 

kein  Holz  gibt.  Er  heizte  ganz  gut,  machte  aber  einen 
widerlichen  Qualm. 

Am  Montag  den  20.  Juli  herrschte  früh  um  1  Uhr 
"der  dichteste  Nebel.  Trotzdem  brachen  wir  um  2  Uhr 
50  Min.  auf  und  verfolgten  den  schmalen  Fußpfad 
auf  der  linken  Thalwand  in  der  Richtung  nach  dem 
hier  sichtbaren  südlichen  und  mittleren  Gipfel  der 
Felsnadeln  von  Arve.  Zu  unserer  Linken  begrenzte 
das  Thal  ein  langgestreckter  Felsrticken :  Les  Trois 
Pointes  des  Aiguilles.  In  eigenthümlich  gebogenen 
Schichten  von  schieferigem  Sandstein  aufgerichtet,  er- 
strecken sie  sich  direct  von  Ost  nach  West,  die  drei 
Spitzen  erheben  sich  nur  wenig  aus  dem  Grat.  West- 
lich schließt  sich  an  sie  die  Pointe  de  TArgenti^re 
(3240™)  an^),  von  dieser  zieht  ein  langgestreckter 
Felsrticken  zur  südlichen  Aiguille  d' Arve. hin.  lieber 
die  Depression  dieses  Rückens  führt  der  Col  des 
Trois  Pointes  in  das  Thal  mit  dem  Glacier  Lombard 
(Valien  de  Gol6on) ,  welches  nach  La  Grave  ^)  hin- 
unterzieht. An  den  Abhängen  der  Trois  Pointes  lagerte 
uoch  vielfach  Schnee. 


*)  Die  erste  Ersteigung  wurde  von  CooUdge  mit  Christian 
Almer  Vater  und  Sohn  am  2.  Juli  1883  vom  CqI  de  Goleon 
her  ausgeführt.  Alpine  Journal  XI,  p.  346.  Coolidge  identificirt 
den  Berg  mit  der  westlichsten  Spitze  der  Trois  Pointes  des 
Aiguilles.  Das  ist  nach  der  französischen  Generalstabskarte 
nicht  richtig.  Oestlich  von  dem  Gipfel  3240™  liegen  noch 
drei  Erhebungen ,  obwohl  eine  davon  allerdings  ganz  unbe- 
deutend ist.  Auf  diese  beschränkt  sich  der  Name:  Trois 
Pointes  des  Aiguilles. 

*)  Gleichfalls  von  Coolidge  mit  den  beiden  Almer  zuerst 
überschritten  am  23.  Juni  1876.  Alpine  Journal  VIII,  p.  78. 


252  K.  Schuh. 

Der  linkseitige  Thalhang  wird  von  mehreren  Thal- 
furchen durchschnitten ,  in  denen  Bäche  von  der  Ai- 
gnille  de  TEpaisseur  her  sich  ergossen.  Wir  erreichten 
den  Kessel  am  Fuße  der  Aiguilles  d' Arve  und  konnten 
diese  nun  alle  drei  tiberblicken.  Von  dem  mit  brüchigem 
Schiefer  bedeckten  Kessel,  in  dem  sich  ein  kleiner 
See  befand,  stiegen  wir  auf  grünen  Hängen  mit  der 
üppigsten  und  entzückendsten  Alpenflora,  namentlich 
Viola  alpina,  Kigritella  nigra,  besonders  auch  in  ihrer 
hochrothen  Varietät,  und  Gentiana  acaulis  in  ver- 
schwenderischer Fülle ,  in  der  Richtung  nach  der 
mittleren  Nadel  zu  empor.  Zu  unserer  Rechten  lagerten 
mächtige  Felsblöcke.  Um  4  Uhr  45  Min.  hielten 
wir  eine  längere  Rast.  Der  dabei  gefaßte  Plan  ging 
dahin ,  zuerst  die  nördliche  Nadel  zu  ersteigen  und 
dann  wo  möglich  am  gleichen  Tage  auch  noch  die 
mittlere  auf  ihrer  Nordseite  zu  versuchen. 

Die  entbehrlichen  Sachen  wurden  unter  einem 
Felsblock  geborgen,  nach  einstündigem  Aufenthalt 
ging  es  über  Moränenschutt  empor  und  der  Anfang 
des  zum  Col  des  Trois  Aiguilles  leitenden  Schnee- 
feldes  wurde  6  Uhr  45  Min.  erreicht.  Schon  seit 
einiger  Zeit  hatte  sich  der  Nebel  verzogen ,  und  es 
war  das  schönste  Wetter.  Nach  Traversirung  des 
Schneefeldes ,  auf  dem  nur  zwei  schmale  Spalten  auf- 
traten, gelangten  wir  um  7  tfhr  10  Min.  auf  die  Höhe 
des  Col  und  weideten  uns  an  der  entzückenden  Aus- 
sicht auf  die  Berge  des  Dauphin^ ,  namentlich  die 
prachtvolle  Kette  der  Meije  und  die  herrliche  Fels- 
krone der  strahlenden  Königin  Barre  des  Ecrins. 
Direct  vor   uns   lagen    die   grünen  Weidehänge   von 


Die  Äiguilles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  GoUon,    258 

Rieublanc.    Der  erste  Blick  auf  die  nördliche  Nadel 
zeigte  uns  das  breite  Couloir,   welches  den  früheren 
Partien  zum  Aufstieg  gedient  hatte.    7  Uhr  25  Min. 
brachen    wir    nach   demselben   auf;    es   hatte    dieses 
Jahr  wenig  Schnee  und  wurde  rasch  erstiegen.    Wir 
gelangten  auf  Felsbänder  und  traversirten  eine  ziem- 
liche Strecke   zu  unserer  Rechten   hin   in   nördlicher 
Richtung.  Dann  stiegen  wir  nach  links  aufwärts  über 
«teile  Platten  und  gelangten  en  den  mächtigen,  tiefen 
Einschnitt ,    der    zwischen    den    beiden  Gipfelzacken 
nach  Osten  hinabzieht  und  den  ganzen  Berg  zu  trennen 
scheint.  Links  über  uns  befand  sich  der  einst  zuerst 
erstiegene  niedrigere  Gipfel  mit  seinem  Steinmännchen, 
üeber  steile  und  glatte  Platten,  in  denen  nur  dünne 
Ritzen  etwas  Halt  boten,  traversirten  wir  in  den  Ein- 
schnitt hinein.  Er  war  hier  eng  und  tief.  Um  aus  ihm 
hinaus    auf  die  Wand    des   höchsten  Gipfels   zu  ge- 
langen,  mußte  ein  hoher  Absatz  gewonnen    werden, 
auf  den  Purtscheller  zuerat  hinaufkletterte.  Wir  folgten, 
von  ihm  durch  das  Seil    unterstützt.     Wir  kletterten 
dann  auf  einem  schmalen,   nach  rechts   in  die  Höhe 
ziehenden  Band  empor.    Links  befand  sich  eine  Ein- 
kerbung,  ein  augenscheinlich   auf  die  Westseite  des 
Berges  ftlhrender  kleiner  Col.     Einen  Versuch,  direct 
in  die  Höhe  zu  klettern,  mußte  Purtscheller  aufgeben. 
So  kletterten  wir   nach  dem  Einschnitt   hin  und  ent- 
deckten dort  schmale,    aber  gut  zu  begehende  Fels- 
bänder,  üeber  diese  Bänder  traversirten  wir  auf  die 
Westseite  des  Berges  hinaus,  der  hier  in  furchtbarer 
Steilheit  und  in  gewaltige  Tiefe   nach  Rieublanc  ab- 
stürzt.   Vom  Col  an  hatten  wir  uns  durch    das  Seil 


254  K.  Schulz, 

verbunden.  lieber  steile  Platten  ging  es  dann  direct 
in  die  Höhe  und  um  9  Uhr  ertönte  der  Jubelruf  des^ 
vorauskletternden  Purtscheller :  Hier  ist  der  Steinmann, 
wir  sind  auf  dem  Gipfel!  An  einigen  Stellen  der 
letzten  Felsen  hatte  dünner  Eisüberzug ,  was  die 
französischen  Alpinisten  „Verglas"  nennen,  die  drin- 
gendste Vorsicht  erheischt. 

Der  Gipfel  ist  eine  scharf  zugespitzte  Pyramide, 
deren  Höhe  mit  3416°»  angegeben  wird.^)  Auf  dem 
Gestein  fanden  sich  gelbrothe,  grüne  und  schwarze 
Flechten,  auch  zahlreiche  Spuren  von  Blitzen,  die  dem 
Steinmann  arg  zugesetzt  hatten.  Die  Flasche  war  zer- 
schlagen, aber  wir  fanden  Coolidge's  Karte  zwischen 
den  Steinen  und  bargen  sie  mit  den  unsrigen  wieder 
sorgfältig  in  einen  Flaschenrest. 

Der  ganze  Berg  besteht  ebenso  wie  die  beiden 
andern  Aiguilles  d'Arve  aus  einem  sehr  merkwürdigen 
und  auffallenden  Trümmergestein,  Sandstein  und  Brec- 
cien  mit  eckigen  Bestandtheilen,  sowie  auch  Conglo- 
merat  mit  abgerundeten  Trümmern.  Die  von  mir 
vom  Gipfel  mitgenommenen  Gesteinstücke  sind  nach 
der  Bestimmung  eines  Sachkundigen  Breccie  mit  sehr 
verschiedenartigen  Bestandtheilen.  Sie  haben  dadurch 
ein  besonderes  Interesse,  daß  sie  durch  Blitzschlag 
stellenweise  angeschmolzen  sind.  Die  dadurch  ent- 
standene Glasmasse   enthält  zahlreiche  mit  der  Lupe 


0  So  Ferrand  et  Chabrand,  Orographie  da  Dauphinei. 
Grenoble  1883,  p.  23  (auch  im  Annuaire  S.  T.  D.  N«  8,  p.  67). 
Die  Angabe  beruht  wohl  auf  einer  Schätzung,  da  die  fran- 
zösische Generalstabskarte  weder  eine  Höhencote  noch  den 
Gipfel  überhaupt  eingezeichnet  hat. 


Die  Äiguüles  d'Ärve  und  die  ÄiguiUe  d^  Goleon,    25& 

erkennbare  Luftporen.  Ein  aus  dem  Einschnitt  zwischen 
den  beiden  Gipfelzacken  mitgenommenes  HandstUck 
enthält  sehr  grobe  Bruchstücke,  namentlich  schwarzeu 
Kalkstein,  durch  dessen  Auslaugung  Vertiefungen  ent- 
standen sind,  und  Hornstein,  der  von  dem  kohlensaure* 
haltigen  Wasser  nicht  angegriffen  werden  konnte.^ 
Die  tiefschwarzen,  oft  ziemlich  großen  Stücke  Kalk-^ 
stein,  in  dem  in  seiner  Grundfarbe  gelben  Gestein,, 
gewähren  einen  sehr  merkwürdigen  Anblick.  *) 


*)  Ch.  Lory  schildert  in  seinem  sehr  selten  gewordener! 
geschätzten  Buche:   „Description  geologique   du  Dauphin6** 
(3  Vols.,  Paris  1860-64),  §  271,  die  Aiguilles  d'Arve  folgender- 
maßen:  „Ces   aignilles   si   remarquables  .  .  .  sont   formöes 
d'nne  röche  particuliere ,  dont  on  trouve  beaucoup  deblocs,. 
entraines  par  les  glaciers,  dans  le  vallon  de  Goleoa.    C'est 
un  conglom^rat  grossier,  compos6  de  galets  roul^s  de  roches 
tres-diverses  et  d'un  sable  granitique,  agglutines  par  du  car- 
bonate  de  chaux.    Parmi  ces  galets,   on  distingue  plusieurs 
Tarietes  de  granite  ou  de  protogyne  paraissant  provenir  de 
la  chaine  de  Belledonne  ou  du  massif  du  Pelvoux,  des  gneiss 
analogues  ä  ceux  des  memes  montagnes   ou  des  Grandes- 
Rouases,   des  eurites,  des  porphyres  verts,  semblables  aux: 
gres  ä  anthracite  de  l'Oisans;   enfin,  beaucoup  de  calcairea 
noirs  ou  d'un  gris  fonc^,  contenant  souvent  des  d^bris  d'en- 
crines  et   d'autres  fossiles   raarins  ...   Le   poudingue  des 
Aiguilles  d'Arve  est  donc  bien  un  d6p6t  posterieur  aux  cal- 
eaires  du  lias  sur  lesquels  il  s'appuie  du  c6t6  de  l'ouest,  et 
compos6,  en  partie,  de  d^bris  de  ces  calcaires.  C'est  un  bano 
de  galets  accumul6s  par  la  mer,  sur  un  rivage  que  formaient 
les  calcaires  du  lias,  dejä  6merg6s,  ä  une  epoque  oü  les  sou- 
levements  alpins   avaient  dejä  fait  apparaitre,  par  des  dis- 
locations  considerables,  presque  toutes  les  roches  que  nou» 
voyons  affleurer  aiyourd'hui  dans  l'Oisans  et  le  Brian^onnais. 
Ainsi,  par  sa  composition  meme,  on  peut  pr^juger  que  le  pou- 


256 


K,  Schulz, 


l 


Die  Aussicht  war  gewaltig  und  schön,  sie  ul 
Mont-Blanc,  Walliser  und  Grajische  Alpen,  aber 
wieder  wandten  sich  unsere  Augen  nach  den  für 
neuen  Bergen  des  Dauphin^.  Ein  Abstieg  nach 
schien  vom  Gipfel  aus  auf  eine  lange  Strecke  mög\ 
«ein.  Auf  der  Ostseite  freilich  umsäumten  den  Fi 
Pyramide,  wie  ich  beim  Aufstieg  auf  den  Ool  b< 
hatte,  abgeschnittene  Wände.  Auch  der  nach  äe\ 
^es  Sarrazins  hinunter   ziehende    Grat    war   b< 
ersten  Besichtigungen  zur  Ersteigung  des  Berg< 
hoffnungslos  aufgegeben  worden.   Da  iudeß  ein 
weg  zum  Gipfel   bei    den    kleinen   Dimensionen 
Berges  uns  nicht  allzu  viel  Zeit  gekostet  hätte, 
schlössen  wir,  den  Abstieg  nach  Norden  zu  versui 

Wir  stiegen  in  direkter  Richtung   nach   dem 
des  Sarrazins  auf  gutem  Terrain  etwa  25  bis  30 
lang  ab,    dann  kamen  vor  dem  Col   steile  Abstt 
die  uns  zwangen,    auf  stark   geneigtem  Abhang 
zum  Theil  schlechten  Platten  nach  rechts  zu  tral 
fiiren.  Eine  Fülle   prächtigster  Blumen   entsproß 
«dem  rauhen  Felsen,  Androsace  Wulfeniana  mit  ii 
prächtigen    Polstern,    die   kleine    tiefblaue    Genl 
{G.  brachyphylla)  und  besonders  tippig  und  kräftij 
großen    gelben    Blumen    Aronicum   Doronicum    (< 
€lusii).  Das  Aronicum  wird  in  vielen  Alpengegenden 
den  Bewohnern  „Gemswurz"  genannt  und  man  sehn 
dem  weichhaarigen  Kraut  die  Kraft  zu,  den  Gern« 
ihre    volle  Schwindelfreiheit    zu   verleihen.     Da 


dingue  des  Aiguilles  d'Arve  appai'tient  ä  une  formatlon 
logiqiie  plus  ri&eente  qua  tous  las  autres  terrains  de  cel 
region.** 


I 


i 


nl 


■ 


Die  Aiguilles  d'Ärve  und  die  Aiguille  de  Goleon.     257 

Terrain  immer  schlechter  wurde,  hätten  wir  recht  gut 
die  Probe  machen  können,   ob   die  Pflanze  ihre  heil- 
«ame  Kraft   auch  bei  Menschen   ausübt.     Wir  waren 
wohl   20    Minuten    lang  traversirt  und   suchten   nun 
über  den    Absturz    der   Nord-Ost-Kante    des   Berges 
seinen  Fuß  zu  erreichen.    Wir  hatten  etwa  drei  Viertel 
der  Pyramide   tiberwunden  und   gelangten   an   einen 
tiefen  Riß,  der  oft  nur  einen  Meter  breit,  aber  viele 
Meter  tief  den  untern  Absatz  des  Berges  in  der  Rich- 
tung von  Norden   nach  Süden  zerreißt.     In   den  Riß 
führte  eine  glatte,  3  bis  4  Meter  hohe  Wand  hinab, 
über  welche  wir  uns  am  Seil  hinunterließen  und  den 
Spalt  überschritten.    Das  Seil  blieb  zunächst  für  den 
etwa  nöthig  werdenden  Rückweg  hängen.    Im  Riß  ent- 
weder nach  Norden   oder  Süden    weiter  zu   kletteni, 
erwies  sich  als  nicht  möglich.    So  gingen  wir  jenseits 
des  Risses  ein  Stück  nach  links  weiter  und  gelangten 
wieder  an    eine   steile,   mehrere   Meter   hohe  Wand. 
Zu  ihrer  Ueberwindung   brauchten  wir   das  Seil   und 
wir  mußten   uns  jetzt   entscheiden    —    ob   Rückzug 
oder  Durchsetzen  des  Abstiegs.  Purtscheller  war  ent- 
schieden für  das  Letztere.     So  wurde  das  Seil  oben 
abgeschleudert  und   mit   ihm  auch  die  untere  Wand 
passirt.     Ein  schmales  abschüssiges  Band   war  recht 
schwer  zu  passiren,  ganz  besonders  für  den  Letzten, 
Purtscheller,    den    wir  nur    mangelhaft    unterstützen 
konnten.  Wir  waren  jetzt  auf  einen  geräumigen,  mehrere 
Meter  breiten   Vorsprung   gelangt   und  machten  hier 
einen  Halt.     Wir   aßen   etwas,   für   die   Stillung  •  des 
brennenden  Durstes  fand  sich  aber  nirgends  Wasser. 
Bei  dem  Klettern  in   den  Felsen   war   es   fast   unter 

17 


258  K,  Schulz, 

jedem  Griffe  der  Hand  von  kleinen  Wesen  lebendig- 
geworden,  unendliche  Mengen  von  Gletscherflöhen 
hüpften  umher;  ich  hatte  sie  wohl  schon  auf  dem 
Schnee,  aber  noch  niemals  in  den  Felsen  so  zahlreich 
beobachtet. 

Jetzt  handelte  es  sich  darum,  wie  von  unserer 
Bastion  hinunter  nach  dem  Col  gelangen.  Der  Rück- 
weg nach  oben  war  uns  so  gut  wie  verschlossen. 
Purtscheller  glaubte  erst,  direct  nach  Osten  absteigen 
KU  können,  aber  da  war  der  Absturz  zu  steil  und 
noch  so  hoch,  daß  auch  ein  doppeltes  Gletscherseil 
nicht  gereicht  hätte,  lieber  ein  Gesimse  an  der 
Platte,  auf  der  wir  standen,  war  der  Blick  nach 
Norden  frei,  dort  mußte  unser  einziger  Ausweg  sein. 
Purtscheller  kletterte  zur  Recognoscirung  hinaus  und 
rief  bald  erfreut  zurück:  „Kommen  Sie,  es  geht!*^ 
Wir  kletterten  hinaus  und  standen  an  der  Fortsetzung 
des  oben  geschilderten  mächtigen  Risses  über  seiner  sich 
verbreiternden  Ausmündung,  die  gerade  auf  den  Col 
des  Sarrazins  wenige  Meter  unter  seiner  Höhe  auf  der 
Seite  nach  Valloire  ausmündet.  Ueber  eine  steile  Wand, 
an  der  sich  aber  überall  Tritte  und  Griffe  fanden,  kletterte 
zuerst  ich  am  Seil  hinab  auf  die  Sohle  des  Ein- 
schnittes, die  mit  glattem  Eis  ausgekleidet  war.  Auf 
einigen  schnell  gehauenen  Stufen  überschritt  ich  das 
Eis  und  stieg  dann  an  den  Felsen  der  linken  Seit« 
hinunter,  soweit  unser  25  Meter  langes  Seil  reichte. 
Dann  band  ich  mich  mit  einem  frohen  Jauchzer  los 
und  ging  auf  den  mit  losen  dünnen  Schieferplatten 
bedeckten  Col  hinaus.  Es  folgte  Kellerbauer,  von 
Purtscheller  am  Seil  gehalten,  dann  der  Letztere  selbst 


Die  Aiguilles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  Goleon,       259 

an  dem  um  einen  Felszacken  geschlungenen  und  doppelt 
gefaßten  Seil,  welches  auf  der  Passage  zweimal  neu 
zu  befestigen  war.  Um  12  Uhr  10  Minuten  standen  wir 
alle  auf  dem  Col.  So  bequem  und  schön  drei  Viertel 
des  Abstieges  waren,  so  schwierig  und  mühsam  war 
das  letzte  Viertel.  Der  Weg  dürfte  sich  daher  kaum 
zur  Nachahmung  empfehlen. 

Vergnügt   trollten    wir    über   Schutt    und   Schnee 
nach  dem  Vallon  des  Aiguilles  d'Arve  zu  hinab,  hielten 
uns  jedoch  bald  rechts,   um  wieder  den  Col  des  Ai- 
guilles zu  gewinnen  und  bei  dem  andauernden  präch- 
tigen   Wetter   auch   die   mittlere   Felsnadel   noch   zu 
besteigen.    12  Uhr  30  Minuten  machten  wir  auf  den 
Felsplatten   unter   dem  Gletscher,   am   ersten   klaren 
Bäehlein,  eine  halbstündige  Mittagsrast.  Wir  marschirten 
wieder  Über  den  Schnee  hinauf,  querten  unsere  Spur 
vom  Morgen  und  erreichten  die  Höhe  des  Bergschrundes, 
von  welchem  der  Fuß  der  mittleren  Nadel   umsäumt 
ist,  um  1  Uhr  40  Minuten.     Wir  befanden  uns  etwa 
in  der  Mitte  an  ihrer  nördlichen  Basis  und  beriethen 
uns  über   die  beste  Anstiegsroute.     Drei   unten   mit 
Schnee    ausgefüllte    Couloirs    führten   in    die    Felsen 
hinein.     In   dem   zur  Linken   schien  oben  eine  über- 
hängende Stelle  Schwierigkeiten  zu  machen,   an  dem 
mittleren  zogen  sich  sehr  steile  Hänge  empor,  in  dem 
am  wenigsten  entwickelten  Couloir   zur  Rechten  war 
auch  nur  wenig  Schnee,  und  sehr  tiefe  Felsrisse  ließen 
dort  härteste  Arbeit  erwarten.    Schon  wollten  wir  in 
der  Mitte  anpacken,  als  ich  links  unter  dem  östlichsten 
Couloir  Tritte  im  Schnee  zu  bemerken  glaubte.   Wir 
steuerten  an  der  Schneewand  nach  links  hin  aufsteigend 


260  K,  Schulz. 

auf  sie  zu^  konnten  uns  aber  nicht  darüber  entscheiden, 
ob  es  Tritte  von  Menschen  oder  Gemsen  seien.  Nach 
den  von  mir  gemachten  Notizen  war  wahrscheinlich 
Coolidge  hier  aufgestiegen  und  wir  beschlossen,  hier 
nun  unser  Glück  «u  versuchen.  2  Uhr  30  Min.  be- 
traten wir  die  Felsen  an  dem  östlichsten  Couloir, 
stiegen  dann  in  dasselbe  hinein  und  erkletterten  es 
unter  großen  Schwierigkeiten  namentlich  an  einer 
steilen  ganz  vereisten  Stelle,  die  Purtscheller  mit 
großer  Bravour  als  Erster  überwand,  worauf  er  uns 
am  Seil  nachkommen  ließ.  Bald  war  die  langgestreckte 
und  ausgedehnte  Ostkaute  des  Berges  erreicht.  Etwa 
15  bis  20  Min.  kletterten  wir  in  ihrer  Richtung 
fort.  Sie  ist  kein  entwickelter  scharfer  Grat,  sondern 
breite,  terrassenförmige  Felsstufen  ziehen  sich  auf 
ihr  empor,  an  denen  wir  im  Zickzack  aufstiegen, 
lieber  ein  deutlich  erkennbares  Felsband,  welches  ab- 
gesehen von  einigen  schlechten  Stellen  leicht  zu  passiren 
war,  traversirten  wir  dann  in  die  Südwand  oder 
richtiger  Südostwand  des  Berges  hinein.  Jetzt  gewahrten 
wir  den  Gipel  des  Berges,  der  sich  mächtig  und 
erdrückend  vor  uns  aufbaute  und  von  hier  gesehen 
einen  ganz  gewaltigen  Eindruck  macht.  Wir  gelangten 
an  ein  langes,  direkt  zu  dem  Gletscher  zwischen  der 
mittleren  und  südlichen  Felsnadel  hinunterziehendes 
Couloir,  welches  mit  einem  schmalen  Schneestreifen 
ausgefüllt  war.  Wir  überschritten  es  an  seiner  oberen 
Ausmündung  und  setzten  unseren  Weg  auf  der  Sud- 
elst wand  immer  in  ihren  obersten  Theilen  nahe  am 
Ansatz  der  Nord  wand  fort.  Um  4  Uhr  10  Min.  ge- 
langten  wir  an   einen  sehr   charakteristischen   tiefen 


Die  Aiguilles  d'Ärve  und  die  Aiguüle  de  GoUon,    261 

Einschnitt  vor  dem  letzten  Gipfel.  Von  hier  aus  hielten 
wir  uns  etwas  rechts  und  gingen  über  Bänder  eine 
kurze  Strecke  auf  die  Nordwand  des  Berges  hinüber^ 
wo  aber  sehr  große,  glatte  Platten,  deren  Risse  man 
aufsuchen  mußte,  den  Anstieg  erschwerten.  Auch  hier 
läßt  sich  nicht  wohl  von  einem  entwickelten  Ostgrat 
des  Berges  sprechen,  sondern  breite  Felsstufen  ver- 
binden in  sehr  unregelmässiger  Formation  die  Nord- 
(resp.  Nordost-)  und  Süd-  (resp.  Südost-)  Seite  des 
Berges. 

Purtscheller  kletterte  hier  voraus  und  entschwand 
unseren  Blicken.  lieber  einen  hohen  Absatz  wollte 
ich  direkt  hinaufklettern,  aber  an  einer  steilen  Stelle 
fühlte  ich,  daß  ich  nicht  die  volle  und  sichere  Herr- 
schaft über  meine  Bewegungen  behalten  würde.  Der 
zur  Unterstützung  herbeigerufene  Kellerbauer  war  in 
einem  Kamin  neben  mir  engagirt  und  konnte  mir  nicht 
helfen.  Statt  die  gewagten  Aufzüge  zu  machen,  die 
ohne  Unterstützung  vielleicht  gelungen  wären,  vielleicht 
auch  nicht,  kletterte  ich  herab  und  merkte  nun,  daß 
die  Stelle  leicht  nach  links  umgangen  werden  konnte, 
wie  dies  auch  Purtscheller  gethan  hatte,  der  bereits 
—  es  war  4  Uhr  45  Min.  —  auf  dem  Gipfel  ange- 
langt war  und  zu  uns  herunter  rief.  Schnell  ging  es 
jetzt  ohne  weitere  Schwierigkeiten  empor.  Vor  dem 
aus  mächtigen  Blöcken  bestehenden  und  von  Nord  nach 
Süd  verlaufenden  schmalen  Gipfelgrat  mußte  man  noch 
durch  einen  tiefen,  engen  Spalt  klettern,  und  um  5  Uhr 
hatten  auch  wir  den  Gipfel  erreicht  und  erfreuten 
uns  an  der  reinen  und  schönen  Aussicht,  die  noch 
etwas  ausgedehnter  als  die  von  der  nördlichen  Nadel 


262  K,  Schulz, 

war  Auch  an  diesem  Berg  trafen  wir  in  den  Felsen 
große  Mengen  von  Gletscherflöhen.  Purtscheller  hatte 
die  Karten  von  Coolidge  und  der  Partie  Barale  u.  b.  w. 
gefunden,  denen  wir  eine  Karte  mit  den  Notizen  über 
unseren  Aufstieg  beifügten.  Ein  vom  Gipfel  abge- 
schlagenes Handstück  erwies  sich  als  Breccie;  ein 
von  den  lose  unterliegenden  Steinen  mitgenommenes 
Stückchen  war  dagegen  ein  feinkörniger  Sandstein. 

Sehr  nahe  in  südlicher  Richtung,  aber  durch  einen 
furchtbaren  Abgrund  von  uns  geschieden,  erhob  sich 
anscheinend  zu  gleicher  Höhe  mit  unserem  Gipfel  die 
südliche,   scharf  zugespitzte  Nadel  mit  ihrem  Stein- 
männchen.   Die  Generalstabskarte  gibt  die  Höhe  der 
südlichen  Nadel  mit  3514,  die  der  mittleren  mit  3509™ 
an.  Seit  längerer  Zeit  behaupten  Touristen  und  Führer, 
namentlich  auch  Coolidge  und  Almer,  auf  Grund  des 
Augenscheins  das  umgekehrte  Verhältniß  und  erachten 
die   mittlere   für   um   mehrere   Meter  höher    als    die 
südliche.    So  unsicher  auch  diese  Schätzung  nach  dem 
Augenschein    ist,    so   hat   sie   sich   doch   in  der  tou- 
ristischen Literatur  eingebürgert  (vergl.  z.  B.  Ferrand 
et   Chabrand,    Urographie   a.   a.  0.)   und  wird   auch 
in  diesem  Aufsatz  unter  Vorbehalt  festgehalten.    Ich 
war  von   dem  Ehrgeiz  beseelt,    diese   Streitfrage  zu 
lösen,    und    hatte    ein   Horizontglas  ^)    mitgenommen, 
welches  nebst  dem  Fernrohr  dem  Aeltesten   von  uns 
zur  Bewahrung  anvertraut  worden  war.   Leider  hatte 
dieser   beide  Instrumente,   ohne   daß  ich  es  bemerkt 


*)  Vergl.  dieses  Jahrbuch,  13.  Jahrg.,  S.  306  und  v.  Richt- 
hofen,  Führer  für  Forschungsreisende.  Berlin  1886,  S.  20. 


Die  Äiguilles  d'Ärve  und  die  Aiguille  de  GoUon.     263 

liatte,  bei  den  ^entbehrlichen^  Sachen  unter  dem 
Col  zurückgelassen  und  nun  half  alles  Jammern  darüber 
nichts.  Die  von  mir  angestellten  Aneroidmessungen 
erwiesen  sich  als  werthlos,  da  es  an  festgemessenen 
Punkten  zur  Vergleichung  und  Controle  in  dieser 
Gegend  gänzlich  fehlt. 

Die  Sonne  senkte  sich  tiefer  und  um  5  Uhr  25  Min. 
brachen  wir  vom  Gipfel  auf.  Wir  benutzten  beim 
Abstieg  ausschließlich  die  Südostwand  des  Berges 
und  hielten  uns  etwas  tiefer  auf  ihr  und  weiter  von 
der  Kante  des  Berges  entfernt,  als  beim  Aufstieg. 
Der  so  beim  Rückmarsch  aufgefundene  Weg  war 
entschieden  besser,  als  der  beim  Aufstieg  einge- 
schlagene^  und  bot  vom  Gipfel  bis  zum  Gletscher  hinab 
nirgends  nennenswerthe  Schwierigkeiten.  Bald  stießen 
wir  wieder  auf  das  beim  Aufstieg  erwähnte  lange 
Couloir,  welches  zu  dem  Gletscher  an  der  südlichen 
Nadel  hinunterführt,  mid  überschritten  es.  Statt  nun 
in  der  Wand  nach  links  weiter  zu  traversiren  und 
damit  unseren  Aufstieg  zu  verfolgen,  beschlossen  wir, 
direkt  zu  dem  im  Süden  unter  uns  lagernden  Gletscher 
abzusteigen.  Trotzdem  ich  mich  erinnerte,  daß  eine 
Partie  auf  dieser  Seite  aufgestiegen  sei,  waren  wir 
nicht  ohne  Sorge,  ob  unten  nicht  abgeschnittene  Wände 
das  Erreichen  des  Gletschers  verhindern  würden. 
Wir  stiegen  auf  den  linksseitigen  Felshängen  an  dem 
Couloir  ab  Als  wir  etwa  auf  der  Höhe  des  Col  de 
(rros-Jean  angekommen  waren,  zeigte  sich  ein  rechts 
nach  diesem  hinlaufendes  und  auf  eine  längere  Strecke 
gut  zu  begehendes  Felsband.  Es  war  6  Uhr  30  Min. 
und  die  Nacht  war  in   einer  guten   Stunde  da.     Ich 


264  K,  Schulz. 

war  daher  gar  nicht  damit  einverstanden,   daß  Part- 
scheller  das  Band  behufs  einer  Recognoscirung  betrat, 
ob  sich  nicht  der  Col  und  von  diesem  der  Gletscher 
erreichen  lasse.  Mir  waren  die  Schwierigkeiten  erinner- 
lich, die  Coolidge  beim  Passiren  des  Cols  auf  dieser 
Seite  gefunden  hatte.  In  der  That  kehrte  auch  Part- 
scheller  nach  15  Min.  zurück,    das  Band  war  weiter 
hinten  abgebrochen  und  der  Col  wäre  wohl  nur  unter 
den   größten   Schwierigkeiten   zu   erreichen   gewesen. 
Eiligst  ging  es  jetzt  an  der  Seite  des  Couloirs  hinab, 
um   den   zerklüfteten   Gletscher  noch   bei  Tageslicht 
tiberschreiten  zu  können.    Es  ging  über  Erwarten  gut, 
statt  des  gefttrchteten  Felsabsturzes  trafen  wir  auf  eine 
zum  Gletscher  leitende  Schneeflanke,  auf  der  wir  uns 
anseilten.   Mit  rückwärts  eingehauenem  Pickel  stiegen 
wir  über  sie  hinab,  übersprangen  den  gutartigen  Berg- 
schrund  und   stürmten   auf  dem  Gletscher   vorwärts, 
der  uns  bald  ernstliche  Hindernisse   in  seinen  mäch- 
tigen Spalten  entgegensetzte.   Bald  rechts,  bald  links 
mußte  ausgewichen  werden,  eine  sehr  schmale  Eiskante 
passirten  wir,   da  zum  Stufenhauen   keine  Zeit  mehr 
war,   rittlings.     In   fieberhafter  Hast   rangen  wir  mit 
den    Seracs;    endlich    gelang    uns    auf   der    rechten 
Flanke  des  Gletschers  der  Durchmarsch.    Gerade  mit 
Einbrechen  der  Dämmerung  erreichten  wir  die  Moraine 
und  gelangten  noch  auf  den  Weg  hinaus  in's  Valien 
des  Aiguilles  d'Arve.     Die  von   uns  am  Morgen  ab- 
gelegten Sachen  hatten  wir   der  Zeitersparniß  halber 
nicht   aufgesucht,   so   daß   wir   ohne  Laterne   waren. 
In   dunkler   Nacht   wurde   der  Weg   öfters   verloren, 
dann  wieder  gefunden,  schließlich  erreichten  wir  nach 


Die  AiguiUes  d'Arve  und  die  Äiguille  de  GoUon,     265 

vielem  Sueben  gegen  11  Uhr  Abends  die  Sennhütte 
der  Frau  Forclaz  und  pochten  sie  aus  dem  Schlafe^ 
Das  Wetter  war  schön  geblieben  und  so  machten 
wir  uns  am  21.  Juli  wieder  auf  die  Wanderung,  frei- 
lich erst  früh  5  Uhr  10  Min.,  da  der  vorhergehende 
erste  Tag  unserer  Campagne  ein  recht  harter  gewesen 
war.  Unser  Plan  war,  auch  die  südliche  Äiguille 
d'Arve  zu  ersteigen.  Ihr  von  Osten  beizukommen^ 
hatte  uns  bei  genauer  Besichtigung  unmöglich  oder 
doch  unverhältnißmäßig  schwer  und  gefährlich  ge- 
schienen. ■  Wir  wollten  daher  das  kleine  Refuge  am 
Col  Lombard  aufsuchen,  von  dem  aus  die  bisherigen 
Besteigungen  ausgeführt  worden  waren.  Um  dahin 
zu  gelangen,  beschlossen  wir,  uns  einen  neuen  Weg^ 
ober  die  langgestreckte  Südostkante  der  südlichen 
Nadel  zu  bahnen.  Im  Kessel  am  Fuße  der  Aiguillea^ 
aogelangt,  ließen  wir  den  Aufstieg  zum  Col  des  Trois 
Pointes  links  liegen  und  stiegen  wieder  die  Rasen- 
hänge mit  ihrer  entzückenden  Flora  hinauf.  Keller- 
bauer, der  Öfters  zurtickblieb  und  den  wir  im  Ver- 
dacht hatten,  daß  er  im  Gehen  schlief,  war  plötzlich 
ganz  verschwunden.  Als  er  nach  langem  Warten 
wieder  auftauchte,  erzählte  er  uns,  daß  er  bei  einem: 
Halt  vom  Schlafe  übermannt  worden  sei  und  köstlicb 
geschlummert  habe.  Vor  dem  Gletscher  holten  wir 
unter  dem  Felsen  zur  Rechten  unsere  Sachen,  machten 
einen  langen  Frtihstückshalt  und  brachen  um  9  Uhr 
10  Min.  wieder  auf.  Wir  passirten  den  Gletscher  und. 
seine  bösen  Seracs  und  stiegen  an  den  steilen  Schnee- 
hängen an  der  rechten  Seite  des  Gletschers  empor. 
Das  Wetter  war  schön  und  die  Sonne  brannte  drückend 


266  K.  Schulz. 

heiß  auf  den  mit  schwerem  Rucksack  beladenen  Rücken. 
Wir  überschritten  den  Bergschrund  und  stiegen  zu 
den  Felsen  zwischen,  zwei  Schneecouloirs  empor,  die 
sich  in  der  Wand  der  südlichen  Nadel  hinaufziehen. 
Das  linksseitige  dieser  Couloirs  ist  schmal  und  steU 
und  wurde  von  uns  um  10  Uhr  nach  links  traversirt. 
An  einem  aus  Schmelzwasser  bestehenden  Bäehlein 
machten  wir  nochmals  einen  Halt  und  erfreuten  uns 
an  der  schönen  Aussicht  auf  die  mittlere  Aiguille 
d'Arve,  deren  mächtige  Südflanke  hier  in  ihrer  vollen 
Ausdehnung  sich  unseren  Blicken  darbot.  Auf-  und 
Abstieg  von  gestern  ließen  sich  genau  verfolgen.^)  Auf 
den  Felsen  an  der  rechten  Flanke  des  fraglichen 
Couloirs  stiegen  wir  dann  empor  in  der  Richtung 
nach  dem  Grat  des  Berges  zu.  Einige  steile  Partien 
wurden  nach  links  umgangen,  die  auftretenden  Fels- 
rippeu  und  Couloirs  meist  horizontal  gequert.  Ein 
langer,  tiefer  Riß  in  dem  Felsmassiv  mußte  durch 
einen  großen  Sprung  übersetzt  werden.  Das  Gestein 
war  auch  hier  eine  von  den  feinsten  bis  zu  den 
gröbsten  Bestandtheilen  mannigfachster  Art,  namentlich 
auch  granitischen,  wechselnde  Breccie,  beziehungs- 
weise Conglomerat.  Schwarzer  Kalkstein  gibt  ihr 
auch  hier  ein  charakteristisches  Gepräge.  Dabei  traten 
viele  Quarzadern  auf,  zum  Theil  mit  Krystallen.  Dm 
Gestein  war  rauh  und  fest.   Eine  heikle  Stelle  in  einer 


*)  Von  hier  aus  ist  die  beigefügte  Umrißzeichnuog  der 
Aiguille  centrale  aufgenommen.  Die  Umrisse  lassen  den  Bau 
der  Nadeln  in  langgestreckten  von  Ost  nach  West  sich  auf- 
1)auenden  Schichten  erkennen,  während  der  steile  Abfall  nach 
Westen  gewissermaßen  die  Schichtenköpfe  darstellt. 


Die  Äiguilles  d'Arve  und  die  Äiguille  de  Goleon,     267 

loit  Schnee  ausgefüllten  Rinne  umgingen  wir  nach  rechts 
aufklettemd  und  passirten  dann  eine  ziemlich  schwie- 
rige Lücke  auf  einer  Gratrippe.  Um  12  Uhr  10  Min. 
hatten  wir  etwas  oberhalb  eines  schmalen  und  tiefen 
Einschnitts  die  langgestreckte  südöstliche  Kante  des 
Berges  erreicht.  Es  öffnete  sich  der  Ausblick  auf  das 
Valien  de  Gol6on  mit  dem  Glacier  Lombard,  welches 
im  Norden  der  Col  Lombard  begrenzt.  Wir  dominirten 
den  letzteren,  meine  Aneroidmessung  ergab  eine  Höhe 
Ton  3140™.  Südöstlich  von  unserem  Einschnitt,  für 
welchen  ich  den  Namen  Col  de  Jean-Jean  vorschlage, 
erhoben  sich  einige  sehr  abenteuerlich  gestaltete  Fels- 
Backen,  an  denen  der  von  uns  gemachte  Weg  leicht 
za  erkennen  ist.  Ueber  die  Fortsetzung  dieses  Fels- 
^tes  in  südöstlicher  Richtung  führt  der  Col  des 
Trois  Pointes,  weiter  südlich  und  zwar  erst  hinter 
^er  Pointe  de  TArgentiöre  der  wohl  seit  alter  Zeit 
begangene  Col  de  Goleon^),  der  südlich  von  Bonne- 
nuit  in  das  Thal  von  Valloire  führt.  Auf  dem  Col 
entzückte  uns  eine  herrliche  Aussicht  auf  die  Barre 
des  Ecrins  und  die  Meije.  Faseinirend  schaute  der 
stolze  Westgipfel  der  letzteren  zu  uns  herüber.  Nach 
längerem  Aufenthalt  stiegen  wir  durch  einen  steilen 
Einschnitt  mit  sehr  lo«em  und  schmutzigem  Schiefer, 
mehrfach  von  fallenden  Steinen  bedroht ,  nach  dem 
Gletscher  —  er  scheint  jetzt  nur  noch  ein  Schneefeld 
zu  sein  —  unterhalb  des  Col  Lombard  ab.  Wir 
fahren  auf  dem  seitlichen  Hang  des  Schneefeldes  ab, 


0  Eine  touristische  Ueberschreitung  fand  am  15.  Juli  1875 
durch  Coolidge  mit  Almer  statt.    Alpine  Journal  VIII,  p.  77. 


268  K.  Schulz, 

querten  es  dann  und  erreichten   die   mächtigen  Fels- 
blöcke der  Mittelmoräne  um  1  ühr. 

Nach  dem  Mittagsmahl  zeichnete  ich  die  Umrisse 
der  sich  vor  uns  aufbauenden  Nadel  mit  ihrem  langen, 
zackengekrönten  Stidostgrat.  ^)  Hierauf  wurde  auf  einer 
großen  Felsplatte  ein  Schläfchen  gehalten  und  dann  Alles 
abgesucht  nach  dem  Creux  oder  Refuge  au  Col  Lom- 
bard. Weder  Steinmann  noch  Flaggenstange  deuteten 
auf  dasselbe  hin,  so  daß  wir  es  trotz  stundenlangen 
Suchens  nicht  fanden.  Ich  hatte  mir  notirt,  daß  das 
Refuge  15  Min.  unter  dem  Col  liege  und  1881  von 
der  Sous-Section  Briangon  C.  A.  F.  errichtet  worden 
sei.  Wir  beruhigten  uns  damit,  daß  es  wohl  nur  auf 
dem  Papier  des  Bulletin  mensuel  C.  A.  F.  bereits 
fertig  sei.^)  Ich  wäre  zum  üebernachten  gerne  nach 
den  Hütten  von  Rieublanc,  die  in  zwei  Stunden  zu 
erreichen  gewesen  wären,  gegangen,  aber  meine 
CoUegen  entschieden  für  ein  Bivouac  auf  dem  Col 
Lombard.  Unser  ganzes  Interesse  nahm  die  Südwand 
der  Aiguille  d'Arve  m^ridionale  in  Anspruch,  auf 
welcher  der  Aufstieg  bei  den  bisherigen  Besteigungen 
ausgeführt  worden  war.  Endlich  entdeckten  wir  die 
beiden  „petits  couloirs  de  neige",  von  denen  Coolidge 
erzählt-  und  die  zu  dem  ersten  und  zweiten  der  größeren 
Einschnitte  dicht  Östlich  am  Gipfel  hinaufführen;  in 
dem  westlichen  war  freilich  nur  ganz  oben  ein  schmaler 
Eisstreifen  und  das  östliche,  welches  nur  wenig  aus- 


*)  Vergl.  die  Beilage. 

')  Wir  erfuhren  später,  daß  es  doch  existirt.  Die  Zu- 
richtung desselben  beschränkt  sich  aber  auf  eine  kleine  Thfir 
vor  einem  Felsloch. 


IHe  Aigitiiles  d'Ärve  und  die  AiguiUe  de  Goleon.     269 

geprägt  ist,  liatte  in  diesem  Jahr  gar  keinen  Schnee, 
was  uns  die  Orientimng  eine  Zeit  lang  erscliwerte 
und  an  die  weiter  Öetlich  gelegenen  größeren  Schnee- 
conloirs,  die  zur  SUdostkante  hinauffuhren,  denken 
heß.  Jetzt  liatten  wir  den  Weg  erkannt  und  auf  der 
H3he  des  Col  Lombard  entdeckten  wir  einige  Schritte 
jenseits  des  Cols  auch  den  tiefen  Riß,  der  den  Zugang 
vermittelte 

Beruhigt  richteten  wir  uns  nun  zum  Nachtquartier 
ein,  indem  wir  einige  Meter  unter  der  Höhe  des  Cola 
in  den  schwarzen  Scliieferschmutz  ein  Loch  eingruben, 
in  dem  wir  einen  Sitz  für  uns  Drei  herstellten.  L'eber 
die  Höhe  des  Col  Lombard  habe  icli  in  der  fran- 
zösischen Literatur  eine  Angabe  nicht  gefunden,  weß- 
halb  ich  meine  Äneroidmessung  mit  3090"  hier  er- 
wähne. Ganz  nahe  in  südlicher  Richtung  erhob  der 
6e«  de  Grenier  sein  stolzes  Felsbaupt  *),  dahinter  die 
Aigaille  de  tiotäon.  Sehr  reizvoll  und  schön  war  von 
unserem  Schlafplatz  die  Aussicht  auf  die  königlichen 
Bei^e  des  Dauphinö,  den  Pelvoux,  die  Kette  der 
Meije  mit  dem  Pic  Pav6  und  namentlich  die  aus  einem 
Schneemantel  aufragende  Felsenkrone  der  Bai-re  des 
Ecrins  Die  Schönheit  der  Umgebung  ließ  uns  den 
Mangel  von  Decken  vergessen.    Wir  verbrachten,  da 

')  SSOl",    auch   AiguiUe  Nord   de   la   Sauasaz   genannt. 
Erste   Ersteigung  von  Coolidge   mit  den   beiden  Almer   am 
äl,  Jnli  1883.    Aonuaire  S.  T.  D.,  N°  0,  p.  107,    Zwischen 
diefiem  Berg  und  der  Aiguille  de  Gallon  befinden  sich  no 
iwei   Aignilles   de   la   Sanssaz.     Es   sind   unbedeutende   I 
liebnngen,   von  denen  eine  bereits  1864   von  Wliymper   a 
^nen  Gefährten  bestiegen  wurde. 


270  K,  Schulz, 

das  Wetter  schön  und  rnhig  blieb,  eine  leidliche  Nacht» 
Nach  Mitternacht,  als  die  Temperatur  auf  Null  fiely 
wurden  wir  freilich  mehrfach  von  der  Kälte  geweckt,, 
wärmten  uns  aber  durch  von  Kellerbauer  mit  seiner 
Spiritusmaschine  bereiteten  Thee. 

4  Uhr  10  Min.  brachen  wir  am  22.  Juli  vom 
Bivouacplatz  auf.  Wir  Überschritten  den  Col,  wandten 
uns  rechts  und  kamen  nach  wenigen  Minuten  über 
eine  Schutthalde  an  den  breiten  und  tiefen  Riß  in 
den  Felsen,  in  dem  wir  über  Schutt  emporkletterten. 
Gleich  Anfangs  war  zu  unserer  Linken  eine  steile 
Platte  zu  überwinden,  dann  stiegen  wir  etwa  20  bis  30" 
empor.  Das  Couloir  wird  oben  durch  zwei  mächtige 
gegen  einander  eingeklemmte  Blöcke  geschlossen. 
Einige  Schritte  vor  ihnen  traversirten  wir  auf  einem 
schmalen  Felsbande  nach  rechts  aus  dem  Couloir 
heraus  und  betraten  schuttbedeckte  Terrassen.  Etwas 
rechts  haltend  stiegen  wir  über  dieselben  empor  und 
trafen  auf  ein  breites,  von  links  nach  rechts  abwärts 
ziehendes  Felsband,  welches  schon  vom  Col  Lombard 
aus  deutlich  zu  sehen  war.  Dasselbe  läuft  in  ein 
breites  Schneecouloir  aus  und  reicht  bis  zum  Grletscher 
hinab.  Wir  trafen  auf  demselben  eine  Schneelage,  die 
wir  jedoch  nach  links  aufwärts  steigend  umgingen, 
lieber  einen  mächtigen  abgerundeten  Felsvorsprung' 
kletterten  wir  in  die  steile  Wand,  die  direct  unter 
dem  überhängenden  Gipfelkopf  absetzt,  hinein.  Von 
den  beiden  Couloirs,  die  den  ersten  östlichen  Fels- 
zacken  des  südöstlichen  Grates  umsäumen,  wählten 
wir  das  zu  unserer  Linken,  während  Coolidge  in  dem 
rechtsseitigen  aufgeklettert  ist.     Wir  hielten  uns  auf 


Die  Aiguilles  d'Arve  und  die  Aiguüle  de  Gol6an.    271 

den  Felsen  der  rechten  Flanke  des  Coaloirs  unä 
stiegen  über  Absätze  und  Terrassen  wohl  steil,  aber 
ohne  ernstliche  Schwierigkeiten  empor.  In  dem  engen 
Couloir  dicht  zu  unserer  Rechten  trat  bald  Eis  auf^ 
etwa  20»"  unter  der  Höhe  des  Cols  stiegen  wir,  da 
die  Felswand  an  der  Seite  zu  steil  und  glatt  wurde,, 
in  das  Couloir  hinein,  und  Purtscheller,  der  voraus- 
ging, schlug  auf  dem  harten  und  glatten  Eise  Stufen.. 
Wir  entdeckten  dabei  auch  die  Reste  älterer  Stufen^ 
Eine  Besteigung  des  Berges  in  diesem  Jahre  vor  uns- 
konnten  wir  nicht  in  Erfahrung  bringen,  und  es  ist 
daher  wohl  möglich,  daß  die  Spuren  noch  aus  den» 
Vorjahre  herrührten.  Dicht  unter  dem  Col  wurde  der 
Bpalt  sehr  eng,  so  daß  Purtscheller  mit  den  Beinen 
grätschend  und  sich  an  den  Wänden  anstemmend  in 
ihm  aufsteigen  konnte.  Oben  angekommen  warf  er 
uns,  Einem  nach  dem  Andern,  das  Seil  zu,  und  wir 
konnten  so  unterstützt  ihm  schnell  folgen.  Für  Purt- 
Bcheller  war  die  letzte  Partie  ein  hartes  Stück  Arbeit 
gewesen. 

5  Uhr  50  Min.  standen  wir  alle  Drei  auf  der  Höhe- 
des  Grateinschnittes.  Nach  dem  Vallon  des  Aiguilles. 
d'Arve  zu  fielen  die  Wände  in  furchtbarer  Steilheit 
ab.  Dicht  neben  uns  zu  unserer  Linken  erhob* 
sich  der  nach  allen  Seiten  abgeschnittene  oder  gar 
tiberhängende  Wände  zeigende  Felskopf  des  Gipfels 
wohl  noch  20  bis  30**  über  uns  ansteigend.  Wir 
kletterten  vom  Col  über  die  steilen  Platten  nack 
links  hinaus,  sie  waren  sehr  abschüssig  und  boten 
wenig  Halt.  Purtscheller  und  Kellerbauer  zogen  die 
Schuhe  aus  und   gelangten   bis  an  den  nur  wenige 


•272  K.  Schulz. 

Meter  entfernten  Spalt  im  Gipfelmassiv,    der  augen- 
:8cheinlich  Coolidge   und   den   Almers   den  Weg  zum 
'Gipfel    geboten    hatte.     Das  Suchen   nach   dem  von 
Ooolidge  zurückgelassenen  Seile  war  vergeblich.  Der 
letztere  Tourist  schildert   die  Stelle  folgendermaßen: 
^Nous  etions  alors  k  l'endroit  ok  le  rocher  surplombe 
sur  la  pente  N.-E.     Gräce  k  de  petites  asp^rit^s  oa 
fissures,  nous  pümes  traverser  cette  paroi  au-dessous 
de  la  partie  surplombante  jusqu'ä,  Tarnte  septentrionale, 
'La   le  rocher  ne  surplombait  plus ,   mais   il   etait  si 
raide   et   si   lisse,    que   les   mains   ni   les   pieds  n'y 
trouvaient  aucun  point  d*appui.  Almer  öta  ses  souliers 
...  et  s'efforQa  de  grimper  en   ligne  droite;   mais  il 
se  Vit   bientot   Obligo   de   battre    en  retraite.     Force 
nous  fut  donc  de  revenir  sur  nos  pas  jusqu'ä  un  point, 
que  nous  avions  remarque  en  montant  sur  le  versant 
I^ord-Est.     La,  en  effet  s'ouvrait,  dans  la  partie  sur- 
plombante,  k  une  certaine  hauteur  au-dessus  de  nos 
tetes,  une  petite  fente,  d'oü  descendait  une  v^ritable 
cascade  petrifi6e  .  .  .  Almer  fils,    6tant  mont6  sur  les 
^paules  de  son  p^re,   atteignit  la  base  de  cette  cas 
cade,   s'y  accrocha   tant   bien   que   mal   aux  glagons 
les  plus  solides  et  parvint  je  ne  sais  comment  k  Tes- 
calader  jusqu'au  sommet   de   la  paroi   surplombante. 
L'Aiguille  m6ridionale  6tait  k  nous."  *)    Es  war  die» 
zweifellos  ein  großes  Bravourstück  der  beiden  Almer 
nnd   Christian   Almer  Vater  hat   damit   seine   klein- 
fflüthige  Erklärung  vom  Jahre  1864  glänzend  wieder 
ausgeglichen.  Purtscheller  verglich  die  Stelle  mit  jener 


*)  Annuaire  C.  A.  F.  V,  p.  180. 


Die  AiguiUes  d'Arve  und  die  Aiguille  de  Goleon,    273 

überhängenden  Partie  an  der  Ostseite  des  Marmarole- 
gipfeis  ^) ,    an   welcher   ihm    nach   der  stattgehabten 
Entfernung  des   dort  befindlichen  Seiles  der  Versuch 
zur  Erkletterung  mißglückt  war,  sowie  mit  der  Stelle 
aaf  der  Südseite   des  Matterhorns,    wo  die  Seilleiter 
(Echelle    Jordan)  befestigt  ist.     Die  Matterhornstelle 
ist  nur  noch  etwas  höher.  Hätten  wir  einen  Christian 
Almer  gehabt,  auf  dessen  Schultern  Purtscheller  hätte 
steigen  können,    so  würden  wir   auch  ohne   das  Seil 
den  Gipfel   erreicht  haben.     So  konnten   aber  weder 
Kellerbauer  noch   ich  die  Schultern   eines  Almer  er- 
setzen. Der  Stand  für  den  die  Schultern  Darbietenden 
war  nicht   gut;    das   geringste   Wanken   hätte  Beide 
unfehlbar  in  den  Abgrund  befördert.  Wir  standen  daher 
hei  früher  Tageszeit   und  bei   dem  schönsten  Wetter 
von  einem  Unternehmen   ab,    dessen   Gelingen  wohl 
wahrscheinlich  gewesen  wäre,  wobei  aber  die  Gefahr 
des  Mißlingens  doch  zu  groß  war.  Noch  einmal  wurde 
Alles  sorgfältig  geprüft,    dann   entschlossen  wir   uns 
ffiit    schwerem   Herzen    zur    Rückkehr.     Purtscheller 
lehnte    den  Versuch   bestimmt   ab  ,   ich  stimmte  ihm 
entschieden  zu,  unserem  Gefährten  wurde  die  Resig- 
nation am  schwersten.     Nachdem  uns  einige  Wochen 
darauf  in  den  Bergen  des  Dauphine  ein  so  schwerer 
Unglücksfall   betroffen  hat,    und   die  Vorwürfe  nicht 
fehlten ,    wir   hätten   aus   ehrgeizigem   Wetteifer   die 
ruhige    und    sichere    Beurtheilung    und    die    Selbst- 
beherrschung verloren,  die  nöthig  seien,  um  Unmög- 
liches   rechtzeitig    aufzugeben ,    erzähle    ich   unseren 

^)  Vergl.  die  Abbildung  in  E.  Zsigmondy,  Gefahren  der 
Alpen,  zu  S.  164. 

18 


274  K,  Schulz. 

abgeschlagenen  Angriff  auf  die  südliche  Aigoille  d'Aire 
nicht  ohne  ein  Gefühl  der  Oenugthnung.  Unser  Ver- 
halten beweist,  daß  die  Mehrzahl  der  Mitglieder  un- 
serer führerlosen  Partien  die  bei  diesea  in  der  That 
nothwendige  Selbstüberwindung  gekannt  und  geübt 
haben,  nicht  bloß  vor  Unmöglichem,  sondern  auch  bei 
Partieen,  die  Andere  bereits  überwunden  halten.  Ich 
sage  dies  nicht  ohne  bestimmten  Hinweis  auf  die  Be- 
urtheilung,  die  unsere  Bergfahrten  und  unser  Unglück 
im  Alpine  Journal  und  im  Krdse  der  engiisehen  Berg- 
steiger gefunden  haben,  die  leider  das  T^an  ihrer 
eigenen  Landsleute  und  das  fremder  AlfÄnifites  nicht 
mit  gleichem  Maße  messen. 

Wir  kehrten  zum  Einschnitt  zufltck  «nd  genossen 
von  dort  noch  die  außerordentlich  schöne  AusBicht 
auf  die  Mont-Blanc-Gruppe,  den  Grand  Go]iiA>in,  Deut 
d'Hörens  und  Matterhorn,  Grajische  Alpen  u.  s.  w., 
Monte  Viso,  Grandes  ßousses.  Um  7. Uhr  35  Min. 
traten  wir  wieder  den  Abstieg  an,  passirten  den  oberen 
Theil  des  Couloirs  an  zwei  aneinander  geknüpften 
Beilen  (Pnrtscheller  war  Letzter  und  kletterte  am  übm^ 
einen  Felsblock  geschlungenen  doppelten  Seile  hinab) 
und  erreichten  den  Col  Lombard  um  9  Uhr  25  Min. 
Beim  Aufstieg  hatten  wir  die  Vorsicht  gebraucht,  an 
schwierigeren  Orientirungsstellen  rothe  PapieFStreifeB 
mit  Steinen  beschwert  zurückzulassen ,  um  bei  'trotz 
des  schönen  Wetters  etwa  einfallendem  Nebel  den 
Abstieg  leichter  zu  finden.  Zur  firklürung  des  unsere 
Niiederlage  wesentlich  verschuldet  habenden  Fehlens 
-des  Seils  am  Gipfel  wurde  uns  in  La  Grave  später 
erzählt,    das  Seil   sei  von  den  Führern  iGiißpard  /aus 


Die  ÄiguüJes  d'Ärve  und  die  AiguiUe  de  Goleon,    275 

St.  Christophe  bei  der  von  ihnen  am  23.  Juli  1884 
ausgeführten  Besteigung  aus  Eifersucht  gegen  die 
Föhrer  von  La  Grave  weggenommen  worden.  Man 
bezweifelte  daher  auch,  daß  die  Führer  E.  Pic  und 
L.  Eaure  am  1.  August  1884  den  Gipfel  der  süd- 
lichen Nadel  erreicht  hätten. 

Am  Col  Lombard  packten  wir  die  zurückgelassenen 
Sachen  airf  und  marschirten  über  den  Gletscher  hinab. 
Die  Aiguille  de  Gkil^on  sah  dabei  so  verlockend  und 
schön  auf  uns  herab,  daß  wir  beschlossen,  uns  auf 
ihrem  Gipfel  für  das  erfahrene  Mißgeschick  schadlos 
zu  halten.  Auf  den  Felsen  am  linken  Ufer  des  eigent- 
lichen Glacier  Lombard  hielten  wir  eine  lange  Rast. 
11  Uhr  50  Min.  betraten  wir  den  Gletscher  und 
stiegen  auf  ihm  in  der  Richtung  nach  der  Einsatt- 
lung zwischen  der  Aiguille  de  Goleon  und  dem  Bec 
de  Grenier  empor.  Der  Schnee  war  bereits  erweicht 
und  zahlreichen  Spalten  erforderten  ziemliche  Vor- 
sicht. Dann  hielten  wir  uns  mehr  links  und  stiegen 
über  die  steile  Schneewand  in  directer  Richtung 
zum  Gipfel  (3429™)  empor,  den  wir  um  1  Uhr  er- 
reichten. An  der  großen  Triangulirungspyramide 
machten  wir  es  uns  bequem  und  genossen  bei  dem 
herrlichsten  Wetter  lange  die  zauberhaft  großartige 
und  schöne  Aussicht  von  diesem  so  leicht  zu  errei- 
chenden und  zur  Besteigung  nicht  genug  zu  empfeh- 
lenden Gipfel. 

Auf  die  Grandes  Rousses  folgte  im  Bogen  nach 
Norden  eine  Kette  schwarzer  Felsberge,  dann  über 
Alles  erhaben  und  hoch  am  Horizont  weit  in  den 
Himmel    ragend    und    in    feenhaftem    gelbem   Lichte 


276  K,  Schulz. 

prangend  die  Mont-Blanc-Gruppe '),  davor  die  Berge 
der  Tarentaise,  weiter  hinten  wieder  der  Grand  Combin 
mit  seiner  Umgebung,  die  Grajischen  Alpen,  die  Zer- 
matter Berge  mit  dem  deutlich  erkennbaren  Dom, 
der  Monte  Viso ,  dann  weit  im  Süden  eine  große 
Gruppe  der  Meeralpen.  Den  Glanzpunkt  bilden  aber 
die  nahen  Berge  des  Dauphine,  die  Barre  des  Ecrins, 
der  Pelvoux  und  der  gewaltige  Aufbau  der  Meije, 
die  man  in  allen  ihren  Einzelheiten  hier  studiren 
kann.  Nahe  und  ferne  Alpenketten  wirken  hier  zu 
einem  Gesammtbild  zusammen,  welches  überwältigend 
ist,  und  dem  ich  in  den  ganzen  Alpen  nur  wenige 
Panoramen  an  die  Seite  zu  setzen  vermag. 

Der  ziemlich  schmale,  aber  langgestreckte  felsige 
Gipfelgrat  des  Berges  verläuft  von  Ost  nach  West, 
es  tritt  auf  ihm  neben  Urgestein  (Protogyn)  nament- 
lich Schiefer,  wie  auf  allen  umliegenden  niederen 
Bergen  auf.  Die  große  Pyramide  ist  aus  Schiefer 
gebaut,  umfaßt  an  ihrem  Fuße  wohl  4  Quadratmeter 
und  ist  circa  3  ™  hoch.  Auf  einem  nach  Süden  ver- 
laufenden Felsvorsprung  fanden  sich  die  Mauern  eines 
Häuschens.  Auf  den  Schiefertafeln  neben  der  P3rramide 
sind  viele  Besteigungen  verzeichnet,  mehrere  schon 
aus  den  50er  Jahren.  Der  Berg  ist  augenscheinlich 
schon  sehr  oft  erstiegen  worden,  in  neuerer  Zeit  auch 
von  Süden  aus,  sowohl  direkt  durch  die  Wand,  als 
über  den  westlichen  und  den  östlichen  Grat. 


^)  Die  Mont-Blanc-Gruppe  in  so  großer  Entfernung  von 
Süden  her  gesehen  ist  ein  Anblick,  der  durchaus  eigenartig 
in  seiner  Erhabenheit  ist  und  in  den  nördlicher  gelegenen 
Alpen  seines  Gleichen  nicht  hat. 


Die  Aiguilles  d'Arve  und  die  Aiguille  de  GoUon,    277 

Um  2  Uhr  15  Min.  machten  wir  uns  wieder  auf 
den  Weg  und  kehrten  über  den  Glacier  Lombard 
zurück.  Vom  Gipfel  aus  hatten  wir  einen  Weg  aus- 
ersehen, der  die  beim  Aufstieg  getroffenen  Spalten 
vermeiden  ließ,  indem  wir  uns  näher  an  den  vom  Bec 
de  Grenier  südlich  ziehenden  Felsgrat  hielten.*)  Wir 
bemerkten  dabei  an  den  Aiguilles  de  Saussaz  drei 
Gemsen  marschiren.  Sie  flohen  eilig  auf  den  Bec  de 
Grenier.  Auf  dem  Schnee  waren  an  dem  ganzen  Berge 
eine  zahllose  Menge  von  Insekten  zu  sehen,  es  war 
kaum  ein  Quadratzoll,  auf  dem  nicht  mehrere  Mücken 
und  Fliegen  theils  erstarrt,  theils  noch  lebend  zu  finden 
gewesen  wären.  Eine  genaue  Untersuchung  dieser 
zahlreichen  Bevölkerung,  zum  Theil  Eskimos  der  In- 
sektenwelt ,  zum  Theil  Verirrte  ^ind  Verschlagene, 
würde  gewiß  noch  wissenschaftlich  interessante  Re- 
sultate ergeben. 

Um  3  Uhr  erreichten  wir  wieder  unsere  auf  den 
Felsen  am .  Gletscher  abgelegten  Sachen.  Dann  ging 
es  über  den  Gletscher  hinaus  auf  das  rechte  Ufer 
des  von  ihm  ausströmenden  Baches.  Neben  demselben 
auf  rasigem  Abhang  mit  herrlicher  Flora  hielten  wir 


0  Dieser  Weg  ist  ganz  ungefährlich.  Wenn  Joanne, 
Itin6raire  gen^ral  de  la  France,  Jura  et  Alpes  fran^aises, 
Paris  1882  (Abdruck  der  Auflage  von  1877),  p.  842,  die 
Besteigung  „dangereuse"  nennt,  so  beweist  dies  nur,  wie 
wenig  brauchbar  dieses  überdies  veraltete  Buch  für  das^ 
Hochgebirgsterrain  ist.  Für  den  Alpinisten  werthvoll  sind 
dagegen  Baedeker ,  Midi  de  la  France,  2"^«  edition ,  Leipzig 
1886,  und  der  Guide  du  Haut-Dauphin6  par  W.  A.  B.  Coolidge, 
H.  Duhamel  et  F.  Perrin.  Grenoble  1886. 


278  K,  Schulz. 

nochmals  eine  längere  Rast.    Die  Freude  an  der  Be- 
steigung der  Aiguille  de  Goleon,  besonders  der  groß- 
artige Genuß  auf  ihrem  Gipfel,    hatte  uns   mit  dem 
schlechten  Empfang,    den   uns   die   südliche  Aignille 
d'Arve  bereitet,  beinahe  völlig  ausgesöhnt  und  lustig 
und  vergnügt  trabten  wir   unter  dem  Col  de  Goleon 
hin,  überschritten  zwei  große  üeberschwemmungsbetten 
des  Gol^onbaches  und  näherten  uns,  über  eine  große 
Thalstufe  absteigend,  wieder  menschlichen  Wohnungen, 
die  wir  mehrere  Tage  entbehrt  hatten.  Wir  passirten 
Pram^lier  und  erreichten  über  mehrere  kleinere  Orte 
am  Abend  La  Grave,  wo  wir  im  Hotel  des  Herrn  Jage 
eine  artige  und   zufriedenstellende  Aufnahme  fanden. 
Im    Gegensatz    zu    den    Beobachtungen    anderer 
Touristen  muß  ich  es  betonen,    daß  wir  bei  den  Be- 
wohnern des  Dauphin6,  bei  Wirthen  und  Führern  u.  s.  w., 
fast  durchweg   eine   freundliche   und  gute  Aufnahme 
fanden.^)    Daß   man  auf  den    einsamen  Felshömern, 
auf  der  Meije  und  Barre  des  Ecrins,  nicht  spioniren 
kann  und  daß  die  Freude  an  der  Schönheit  der  Alpen 
ein  Talisman    ist ,    der   auch    die   Angehörigen   ver- 
schiedener Nationen  auf  diesem  Gebiet  rasch  einander 
nähert  und  andere  Gegensätze  zurücktreten  läßt,  das 
befestigt  sich  jetzt  auch  in  den  schönen  Alpenthälern 
des    Dauphin^.     Der    Verkehr    mit    Mitgliedern   des 


*)  Ich  weiß  eigentlich  nur  von  einer  Ausnahme  zu  be- 
richten. Al8  ich  von  La  Grave  aus  dem  Aufstieg  meiner 
Freunde  auf  die  Meije  mit  dem  Femrohr  zusah  —  ich  hatte 
eine  verletzte  Hand  —  näherte  sich  mir  der  würdige  Herr 
Pfarrer  von  Serres  bei  Gap  und  fragte  mich  mit  der  Miene 
eines  Großinquisitors:  Vous  Ites  de  l'arm^e  präsente? 


Die  Aiguilles  d^Arve  und  die  Aiguille  de  Goleon.   279 

französischen  Alpenclubs  ist  uns  in  lieber  und  werther 
Erinnerung  geblieben. 

Ich  kann  den  Aufsatz  nicht  schließen  ohne  ein 
Wort  der  Verehrung  und  des  Dankes  für  Herrn  Coo- 
lidge,  den  glücklichen  Werber  um  die  spröden  Fels- 
jnngfrauen  von  Arve,  dessen  Spuren  wir  tiberall  trafen 
und  dessen  Geist  auf  unseren  Fahrten  uns  den  Weg 
bahnend  nmsajiwebte. 


Aus  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta- 

Dolomiten. 

Von 

TIk  Borel  (Section  St.  Gallen). 


Eine  Tag-  und  Nachtreise  auf  der  Arlberg-  und 
Brennerbahn  und  an  diese  anschließend  eine  Postfahrt 
von  Trient  über  Alle  Sarche  und  Tione  brachte  mich 
in  zwei  Tagen  von  St.  Gallen  nach  Pinzolo  in  Hinter- 
Judikarien,  dem  Standort  meiner  diesjährigen  (1885) 
Excursionen. 

Pinzolo,  der  zweitletzte  Ort  des  Val  Rendena,  ent- 
wickelt sich  nach  und  nach  zu  einem  Touristenpunkte. 
Man  geht  von  dort  aus  sowohl  in  die  Brenta-Dolo- 
miten,  als  auch  in  das  Gebirge  der  Presanella-Ada- 
mello-Gruppe  hinein.  Der  Standort  ist  gttnstig;  schon 
Julius  Payer  hat  von  da  seine  bekannten  Excursionen 
unternommen,  und  wenn  auch  heutzutage  der  Zuspruch 


Anm.  Die  dieser  Reiseskizze  beigegebene  Ansicht  der 
Brentagrappe  von  Mr.  E.  T.  Compton  wurde  mit  gütiger  !>• 
lanbniß  des  Präsidenten  der  Societä  degli  Alpinisti  Tridentiiii 
dem  Annuario  X  der  Soc.  Alp.  Trid.  entnommen.    A,  d.  Bed. 


Aus  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten,  281 

der  Tonristen   lange  nicht  in   dem  Maße   vorhanden 
ist,  wie  an  manch'  anderm  Orte  in  Tirol,  so  ist  doch 
eine  recht  löbliche  Znnahme  des  Verkehrs  zu  Consta- 
tiren.  Pinzolo  ist  für  denjenigen,  welcher  vom  Süden 
oder  Osten  herkommt,  entweder  vom  Gardasee  oder 
Trient,  der  natürliche  Ausgangspunkt  zu  beiden  Ge- 
birgsgrnppen.  Der  Ort  ist  durch  täglich  zwei  Mal  ver- 
kehrende  Postverbindung,  welche  in  der  Morgenfahrt 
bis  Campiglio  hinaufgeht,  mit  Trient  verbunden.  Auch 
der  Telegraph  reicht  nun  bis  nach  Campiglio  hinauf* 
Nebst  der  höchst  günstigen  Lage,  welche  Pinzolo  be- 
sitzt, ist  der  Aufenthalt  daselbst  ein  sehr  angenehmer^ 
zu  längerm  Verweilen  einladender.     Selbst  derjenige,, 
welcher  der  Landessprache  nicht  mächtig  ist,  wird  sich 
daselbst  heimisch  fühlen.    Allerdings  ist  ein  Standort 
von  nur  755  ™  über  dem  Meer  nach  neuesten  Begriffen 
nicht  ein  richtig  alpiner ;  er  sollte  mindestens  nochmal 
80  hoch  gelegen  sein,  um  als  Aufenthalt  für  Touristen  oder 
Sommerfrischler  zu  gelten.  Darum  wird  auch  Pinzolo 
vielfach  als  im  Hochsommer  zu  heiß  geschildert,  allein 
ich  kann  nicht  sagen,    daß  sogar  der  heiße  Sommer 
von  1885   mich   an  eine   gar  so    tropische  Hitze  ge- 
mahnt   hätte.     Es    ist    nicht    zu    leugnen ,    daß  dem 
eigentlichen  Luftkuranten  der  3  Stunden  weiter  nörd- 
lich,    auf  1511"    gelegene,    aufblühende  Luftkurort 
Santa  Maria  di  Campiglio  besser  behagen  wird ;  aber 
in  Pinzolo  unten  entschädigt  vollauf  der  größere  Reiz 
der  Landschaft.    Das  Rendenathal    ist   so   grün   und 
duftig,  wie  nur  irgend  ein  Alpenthal  auf  der  Nordseite 
der  Berge ;  dazu  eine  südliche  Vegetation,  buschreiche 
Wälder,  tosende  Wildbäche  und  Wasserfälle.  Der  Auf- 


282  Th.  Borel. 

«ntbalt  am  Orte  befriedigt  selbst  verwöhnte  Anfordc- 
rnngen;  Hotel  Krone  ist  gut  und  billig;  zwei  andere 
Oasthänser  bestreben  sich,  weitem  Ansprüchen  gerecht 
xn  Werden ,  und  was  für  den  Bergsteiger  am  wich- 
tigsten ist,  das  Ftihrerwesen  ist  geordnet  und  die 
Taxen  sind  genau  bestimmti  Der  überall  in  den  Gaßt- 
hänsern  angeschlagene  Führertarif  hat  zwei  nicht  zu 
unterschätzende  Vortheile :  Erstens  sind  die  Taxen  sehr 
mäßig  gehalten,  vom  Trienter  Alpenverein  bestimmt 
und  behördlich  genehmigt,  und  zweitens  sind  die  Di- 
stanzen mit  einer  höchst  lobenswerthen  Genauigkeit 
angegeben,  z.  B* :  Presanella  (Cima  di  Nardis),  höchste 
Spitze  der  Adamello-Presanella-Griippe  (3561™) :  Geh- 
«eit  hin  und  her  16  ä  17  Stunden,  Taxe  fl.  9;  Monte 
Adameilo  (3547"),  Gehzeit  24  Stunden,  fl.  10;  Cim» 
Tosa  (3179™) ,  Gipfelpunkt  der  Brenta  -  Dolomiten, 
19-20  Stunden^  fl.  8; 

Dabei  ist  eftabegriffen  die  Selbstverköstigung  der 
Führer  und  selbstverstähdlich  ist  es  auch  bei  deü 
genannten  und  andern  Touren,  daß  1^/2  bis  2  Tage 
dazu  verwendet  werden.  Zieht  man  den  anspruchslose 
und  billigen  Aufenthalt  am  Orte  selbst  in  Betracht, 
den  Reiz  einer  uns  ganz  neuen  und  fremdländischen 
Gegend,  eine  wundervolle  Natur  und  nach  jeder  Seite 
hin  Gelegenheit  zu  Touren  bis  zu  den  höchsten  An- 
forderungen ,  so  ist  es  begreiflich ,  daß  derjenig«) 
welcher  diese  Gegenden  zum  ersten  Male  besucht,  es 
kaum  glaublich  findet,  daß  der  Touristenverkehr  nicht 
fichon  längst  sich  dieser  Gebirgswelt  zugewandt  hat. 

Der  einzige  durchgängig  fahrbare  Zugang  zur 
Brenta-Adamello-Gruppe  von  Osten,  d.  h.  vom  Etsch- 


Aus  der  Ädamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten.  283 

ihale  her,  ist  der  vorerwähnte  Postweg  von  Trient  aus, 
über  Alle  Sarche  und  Tione,  mit  Abzweigungen  nach 
Riva  ami  Gardasee  und  nach  Condino  und  Anfo  am 
Idrose'e.  Eiö  anderer ,  allerdings  nur  theilweise  fahr- 
barer Weg  geht  von  Mezzo  Lombardo ,  resp.  der 
Brennerbahn-Station  St  Michele  aus  durch  Val  di  Non 
mid  Val  di  Sole  (Nons-  und  Sulzberg).  Der  Postwagen 
fährt  bis  Cogolo  im  Val  Pejo,  einem  Seitenthal  des 
Sulzberges;  der  Reisende  aber  verläßt  die  Haupt- 
straße, welche  nach  Ponte  di  Legno  und  Brescia  weiter 
führt,  bei  Dimaro,  eine  Stunde  ob  Mal6,  um  Über  den 
bequemen,  durch  schönen  Wald  und  Alpweiden  führen- 
den Uebergang  „Campo  Carlo  Magno"  (1642"^)  in  vier 
Stünden  den  ansprechenden  Luftkuroii;  Santa  Maria 
di  Campiglio  (1511™)  zu  erreichen.  Für  Fußgänger 
sind  die  Wege  von  Mezzo  Lombardo  über  Fai  nach 
Andalo  und  Molveno  oder  von  Trient  aus  über  Ter- 
lago  und  den  aussichtsreichen  Rücken  des  Monte  Gazza 
zu  empfehlen. 

An  der  östlichen  Abdachung  des  Gebirges  gelegen 
ist  Molveno  der  nächste  Ausgangspunkt  für  das  circa 
5  Stunden  entfernte  Rifugio  Tosa,  die  Clubhtitte  des 
Trienter  Alpenvereins  an  der  Bocca  di  Brenta  (2547 '"), 
deren  üeberschreitung  quer  durch  die  Brentagruppe 
von  Molveno  nach  Campiglio  oder  Pinzolo  den  besten 
Einblick  in  die  Gestaltung  dieser  großartigen  bizarren 
Dolomitwelt  bietet.  Ich  weiß  nicht,  warum  die  Reise- 
bandbücher überhaupt  so  wenig  über  die  Reize  der 
Cregend  zu  sprechen  wissen.  Dem  Gebirge  wird  in 
neuerer  Zeit  die  ihm  gebührende  Aufmerksamkeit  ge- 
schenkt, aber  die  landschaftlichen  Schönheiten  Judi- 


284  Th.  Boreh 

kariens  und  des  Sulz-  und  Nonsberges  werden  im 
Ganzen  noch  zu  wenig  gewürdigt.  Den  in  jeder  Be- 
ziehung höchst  interessanten  Paßweg  von  Alle  Sarche 
zu  den  Bädern  von  Comano,  als  Kunststraße  zu  den 
schönsten  und  merkwürdigsten  Bauten  zu  zählen,  lassen 
selbst  neuere  Schriften  über  Südtirol  außer  Acht. 

Vermöge  seiner  wundervollen  Lage  am  Ufer  des 
schönen  See's  würde  sich  Molveno  zu  längerm  Auf- 
enthalte empfehlen;  der  Ort  wird  aber  selbst  von 
Bergsteigern  der  primitiven  Gasthäuser  wegen  ^)  meist 
nur  im  Vorbeigehen  berührt,  weil  der  einzige  Führer 
der  Gegend,  mit  welchem  zur  Zeit  die  schwierigem 
Touren  der  Brentagruppe ,  wie  die  Campanili  und 
Crozzon,  unternommen  werden  können,  hier  seßhaft  ist 

Aus  den  verschiedenen,  dem  Fußgänger  sich  dar- 
bietenden Wegen  darf  derjenige  über  Molveno  als  in 
erster  Linie  empfehlenswerth  bezeichnet  werden.  Leute, 
welche  bequem  reisen  und  rasch  reisen  wollen,  wählen 
die  Postroute  von  Trient  aus.  Post-  und  Telegraphen- 
verbindung sind  gut;  erstere  sehr  billig.  Die  Fahrt 
über  Vezzano  und  Castel  Toblino  ist  reich  an  Ab- 
wechslung: kurze ,  kahle  Gebirgsrücken  und  gleich 
darauf  kleine ,  eingeschlossene ,  aber  üppige  Thal- 
schaften, ähnlich  wie  im  Sulzberg. 

Kaum  hat  man  Trient  verlassen  und  die  Höhe 
des  Buco  di  Vela ,  des  mit  einem  Sperrfort  ver- 
sehenen Engpasses,  durch  welchen  die  schöne  Straße 
landeinwärts  führt,  erreicht,  so  bietet  sich  ein  schöner 

0  Das  allgemeine  ürtheil  lautet  derart ;  „Oesterreichische 
Alpenzeitung",  Nr.  176,  25.  September  1885,  empfiehlt  da- 
gegen das  Gasthaus  zum  Aquüa  nero  als  sehr  gut. 


i 


I 


Am  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten.  285 

Blick  auf  den  hart  am  Wege  gelegenen  See  von 
Terlago.  Inmitten  grauer,  öder  Gesteinswtisten  mutbet 
uns  dieses  Bild  recht  fremdartig  an.  Bei  Vezzano 
und  Padergnone  finden  sich  ausgeprägte  Gletscher- 
schliffe ganz  hart  an  der  Straße.  Die  Gegend  um 
Vezzano  ist  berühmt,  durch  den  hier  gepflanzten,  schon 
zu  Römerzeiten  bekannten  und  geschätzten  Vino  Santo. 

Vezzano  ist  eine  versteinerte  Amtszeitung,  steht 
irgendwo  in  einer  altera  Schrift  geschrieben,  doch 
<lie  Augen  der  Wirthstochter  sind  lebendig  wie  Feuer. 
Die  Augen  der  Mädchen  sind  schön  und  feurig,  aber 
die  Perle  der  Landschaft,  die  Augen  der  ganzen  Gegend, 
das  sind  die  beiden  Seen  von  Massenza  und  Toblino  in 
ihrer  wundervollen  Einsamkeit.  Castel  Toblino,  das 
viel  besungene  und  gemalte,  liegt  in  paradiesischer  Ab- 
geschiedenheit inmitten  wogender  Buschwälder.  Dieses 
Stück  Landschaft  *)  ist  eines  der  herrlichsten,  die  es 
geben  kann,  und  bietet  einen  frappanten  Kontrast  zu 
dem  kaum  einen  Kilometer  weiter  beginnenden  Eng- 
paß der  Sarche  (vor  Erstellung  der  Fahrstraße  Passo 
della  Morte  genannt). 

Eine  kleine  Viertelstunde  von  Toblino  liegt  das  ein- 
same Dörfchen  „Alle  Sarche",  bestehend  aus  einigen 
Häusern  und  dem  großen  Postwirthshause.  Die  Straße 
verzweigt  sich  hier  einerseits  nach  Riva  am  Gardasee, 
andererseits  durch  die  Sarcaschlucht  nach  Vorder- 
Judikarien  und  durch  Val  Rendena  zu  den  Gletschern 
der  Adamellogruppe,  wo  die  Sarca  ihren  Ursprung  hat. 

*)  Ein  Bild  dieser  Landschaft,  welches  eine  Zierde  der 
^chweiz.  Kunstausstellung  von  1885  war,  befindet  sich  nun 
'^  Besitze  des  Züricher  Kunstvereins. 


286  Th.  Borel, 

Hier  bei  Alle  Sarche,  wo  die  ersten  Olivenpflan- 
»wgaii  zu  sehen  sind,  tritt  der  wilde  Bergflaß  aus  der 
zwei  Stunden  langeir  iSrhlurlif^  rlir  er  sich  durch  die 
Ausläufer  des  Monte  Gazza  und  des  Ttir  iitflgobiif^n 
gebrochen  hat.  Monte  Garsole  (862"^  und  Monte  Casale 
sind  zu  beiden  Seiten  des  Engpasses  die  höchsten 
Punkte;  weiter  aufwärts,  Vezzano  gegenüber,  erhebt 
sich  der  Rücken  des  Monte  Gazza  zu  1641  und  1834". 
Toblino  und  Alle  Sarche  sind  auf  240™. 

Die  kühne  Fahrstraße  durch  diese  Felsschlucht 
wird  mit  Recht  zu  den  Wundern  Tirols  gezählt;  man 
darf  sie  fuglich  zu  den  schönsten  Kunststraßen  der 
Alpen  rechnen.  Bezüglich  der  Scenerie  mahnt  sie 
lebhaft  an  den  frühern  Saumpfad  durch  den  Schyn. 

In  engem  Gewinde,  meist  6 — ^^800  Fuß  ob  dem 
Laufe  der  Sarca,  durch  Felsen  gebrochen  und  oft  von 
hohem  Mauerwerk  geschützt,  führt  sie  beständig  längs 
des  Abgrundes  hin.  Es  ist  eine  einsame,  wild  groß- 
artige Gegend,  deren  ungeheuerliche  Felsparlien  tiefen 
Eindruck  machen. 

Die  Fahrt  von  Alle  Sarche  bis  zum  Ausgange 
der  Schlucht  bei  der  Scaletta  dauert  an  zwei  Stunden 
und  erst  bei  der  kleinen  Ortschaft  St.  Giovanni  öffnet 
sich  das  Thal  wieder  Von  da  an  bis  nach  Tione 
hinauf  und  weiter  nach  Pinzolo  ist  man  wieder  in 
einer  offenen,  wenn  auch  nicht  gar  breiten  Thal- 
niederung, umgeben  von  der  reichsten  Vegetation. 
Tione,  der  Hauptort  von  Judikarien,  liegt  in  einem 
wahren  Garten.  Hier  scheiden  sich  die  Wege.  Aufwärts 
gegen  Nord  geht  es  durch  Val  Rendena  zu  den 
Gletschern  der  Adamello-Presanella-Gruppe,  und  süd- 


Aus  der  Adamellogruppe  tmd  den  Brenta-Dolomiten.   287 

lieh  durch  Val  Buona,  d«m  Laufe  des  Chiese  entlang^ 
nach  dem  Idrosee.  Die  geographische  Coiifigitfatioii 
Jttdikariens  ist  durch  den  Wasserlattf  der  beiden  Flüsse 
Sarca  and  Chiese  besimnut.  Als  vorderes  Judikarien 
ist  der  OberUtttT  der  Sarca  bis  nach  Bad  Comano  und 
der  S«f easchlucht  zu  betrachten,  und  als  hinteres  Judi-^ 
karien  das  Thal  des  Chiese. 

Amphitheatralisch  aufsteigend,  von  drei  hübscheu 
Kirchen  überragt,  macht  Tione,  von  weiter  her  gesehen^ 
einen  stattlichem  Eindruck  als  in  der  Nähe.  Immer- 
hin ist  es  eine  kleine  belebte  Stadt,  wo  namentlich 
an  Sonn-  und  Feiertagen  das  Volksleben  zu  mannig- 
fachen Beobachtungen  Anlaß  gibt.  Das  Postwirthshaua 
ist  einfach,  reinlich  und  billig 

Mit  dem  Rio  Finale,  einem  Bergwasser,  das  sich 
bei  Verdesina  mit  der  Sarca  vereinigt ,  begipnt  das^ 
eigentliche  Val  Rendeim.  Der  Tourist  findet  hier  ein 
Alpenthal,  so  anmuthig  und  schön  und  duftig,  wie 
nur  irgend  eines  im  Herzen  des  Hochgebirges  und 
Zugleich  auch  wie  manches  andere  Tiroleralpenthal 
kulturhistorisch  interessant. 

Der  Eindruck,  welchen  diese  Landschaft  uns  dar- 
bietet, ist  ein  durchaus  günstiger  Die  Ortschaften^ 
vom  saftigsten  Grün  umgeben ,  sehen  alle  recht 
stattlich  aus,  die  Felder  sind  wohlgepflegt  un,d  die 
Vegetation  erhebt  sieh  hier  um  einige  hundert  Meter 
höher,  als  jenseits  der  Berge.  Bei  Tione  und  Borzago- 
ist  man  schon  im  Bereiche  der  Adamello  Gruppe  und 
der  Gletscher ,  aber  gleichwohl  noch  im  Gebiete  der 
Weinrebe^  der  Edelkastanie  und  des  MaHlbeerb^iyues* 
Am  Eingange    des  Val  di  Genova,    bei    circa  850«°^ 


288 


Th,  Borel 


«tehen  die  herrlichsten  Kastanien-  und 
malerischen  Gruppen  am  Rande  des  tosend< 
Ijaches. 

Eine  Abendfahrt  bei  Mondschein  von 
Pinzolo  hinauf  bietet  eine  Reihe  der  stimmi 
Bilder,  die  es  ^eben  kann.  Dörfer  und 
folgen  Schlag  auf  Schlag ,  manche  kaui 
-einander  entfernt;  dazu  Kirchen  und  Ci 
Menge,  deren  mehrere  hohes  Alterthum  und( 
liehe  Bedeutung  haben.  ^)  Wie  in  allen  a1 
Alpenthälei-n,  welche  von  der  Fremdenindi 
nicht  ausgebeutet  sind,  hat  sich  hier  mai 
Sitte  erhalten,  so  die  eigenthümlichen  Hocl 
Beerdigungsgebräuche  und  die  Maitinade, 
des  Liebhabers  vor  den  Fenstern  der  Auserb 
Dies  ist  allerdings  dann  auch  die  einzige 
■Gesanges  außer  dem  Kirchen-  und  dem  Wl 
iiede.  Unter  dem  strengen  Regimente  des  Kn 
Ton  Trient  treffen  wir  hier  weder  Gesang-,  m 
oder  Schtitzenvereine,  wie  in  manchen  Theilen  vi 
und  Piemout,  wo  außer  dem  Kirchlichen  nil 
deres  erlaubt  ist.  Die  Bevölkerung  ist  im 
iirm,  aber  bescheiden,  genügsam  in  der  Lebei 


1)  Band  XVI  (1885)  der  Zeitschrift  des  D.  u. 
t)rlngt  in  einer  Beilage  von  3  Blättern  die  Rundschi 
Dosso  del  Sabbione  (2096")  bei  Pinzolo.  Blatt  II  de| 
zeigt  beinahe  sämmtliche  Ortschaften  des  Rendenatbi 
Baldimo  (gegenüber  Pinzolo)  bis  nacb  Villa  di  Rend< 
wärts.  Es  sind  deren  15.  Außer  S.  Giovanni  und  Fi8< 
thalanswärts  einzig  Verde&ina,  welches  in  Folge  der 
l)icgung  nicht  sichtbar  ist. 


J 


Aus  der  Ädamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten,    289 

und  trotz  des  harten  Kampfes  um's  Dasein  fröhlich; 
trotz  der  Menge  der  Kinder^  die  sich  in  jedem  Dorfe 
«af  der  Straße  hernmtummelt ,  ist  noch  keines  von 
ihnen  zum  Bettel  abgerichtet,  auch  kein  altes  Weib 
oder  krüppelhafter  alter  Geselle  steht  am  Wege,  uin 
ein  Almosen  flehend.  Dem  Rendanesen  begegnet  man 
in  den  größern  Städten  Europa's  als  Scheerenschleifer 
und  Kaminfeger;  Thatsache  ist,  daß  bei  der  starken 
üebervölkerung  des  Thaies  (10,052  Seelen  in  13  Ge- 
meinden und  880  Wohnhäusern)  die  Auswanderung  eine 
Lebensfrage  bildet.  Genaueres  hiepüber,  wie  auch  Über 
Sitten  und  Gebräuche,  findet  sich  in  der  vom  Trienter 
Alpenverein  herausgegebenen  Schrift  Gambillo's :  „La 
Valle  di  Rendena"  (Rovoreto  1882),  welche  dieses 
Thema,  wie  auch  das  Geschichtliche  und  Touristische j 
sehr  eingehend  behandelt. 

In  Pinzolo,  der  größten  Ortsirhaft  des  Thaies,  ist, 
wie  schon  erwähnt,  der  Aufenthalt  ein  sehr  ange- 
nehmer. Der  Ort  hat  nicht  ntir  touristische,  sondern 
auch  kirchengeschichtliche  Bedeutung.  Er  ist  der 
Schauplatz  des  Märtyrertodes  des  heiligen  Vigilius, 
des  dritten  Bischofs  von  Trient,  welcher  anno  400 
den  hei  dmachen  Rendanesen  das  Evangelium  predigen 
wollte,  aber  von  den  erzürnten  Einwohnern  in  die 
Sarca  geworfen  wurde.  Eine  andere  Legetide  läßt  ihn 
von  der  Wuth  der  aufgebrachten  Bevölkerung  mit  Brod* 
laiben  zu  Tode  gesteinigt  werden,  darum  sei  auch  heut- 
2iitage  das  Brod  der  Gegend  noch  so  hart  wie  Stein. 
Der  Todestag  dieses  Heiligen  wird  in  Trient  alljährlich 
am  26.  Juni  mit  dem  größten  kirchlichen  Gepränge, 
aber  zum  Schlüsse  auch  mit  einem  Feuerwerk  auf 
dem  Domplatz  gefeiert. 

19 


290  Th,  Borel, 

Die  Leidensgeschichte  des  heiligen  Vigilius  ist 
in  Pinzolo  in  der  Dorfkirche  durch  Glasmalereien 
verewigt;  man  sagt,  daß  sie  von  einem  ttichtigea 
Meister  der  alten  Schule  herrühren;  beachtet  werden 
sie  gewöhnlich  vom  Touristen  nicht,  ebensowenig  als 
der  an  der  Kirchhofskirche  angebrachte  Todtentan^ 
aus  dem  Jahre  1519,  an  welchem  die  große  Mehr- 
zahl der  einwärts  ziehenden  Bergwanderer  achtlos 
vorübergeht.  Die  noch  ganz  gut  und  frisch  erhaltene 
Frescomalerei  eines  Bildes,  welches  noch  vor  Hol- 
beins berühmtem  Todtentanz  datirt,  hat  sicher  An- 
spruch darauf,  mehr  gewürdigt  zu  werden ,  als  bis 
anhin.  lieber  anderes  Kunstgeschichtliches  und  Histo- 
risches der  Gegend  wollen  wir  hinweggehen  und  einzig 
auf  die  Legende  Karls  des  Großen  hinweisen,  welche 
hier  noch  in  der  Tradition  fortlebt.  Der  weite  Alp- 
boden bei  Campiglio  trägt  den  Namen  „Campo  di  Carlo 
Magno",  und  die  am  Eingange  des  Val  di  Borzago 
stehende  Capelle  S.  Zeno  soll  auf  den  Trümmern 
eines  von  Karl  dem  Großen  zerstörten  uralten  Castells 
stehen.  ^)  Nachsuchungen  nach  verborgenen  Schätzen 
führten  nur  zur  Auffindung  eines  Grabmales  und  dreier 
Skelete.  Daß  zur  Zeit  des  Mittelalters  der  Verkehr 
vom  Etschthale  und  der  Lombardei  nach  dem  Süden 
zu  einem  beträchtlichen  Theile  durch  das  Rendena- 
thal  führte,  beweist  die  Stiftung  des  Hospizes  Santa 


1)  Vgl.  die  Artikel  Dr.  Bolognini's  über  den  Todtentam 
von  Pinzolo  im  Annuario  H  della  Societä  degll  Alpinisti  Tri- 
denlini,  1875;  über  den  Zug  Karls  des  Großen  durch  Val 
Camonica  und  Val  Rendena  im  Annuario  HI,  1876,  über  die 
Mäitinade  Ann.  VI,  1879/80.  Änm.  d.  Bed. 


ÄU8  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten.    291 

Maria  di  Campiglio  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts. 
Später  wurde  aus  dem  Hospiz  ein  Mönchs-  und  Frauen- 
kloster, und  nach  Erstellung  der  Brennerstraße  unter 
Maria  Theresia  ging  die  Stiftung  ganz  ein.  Anfangs  der 
70er  Jahre  wurde  das  Haus  zu  einem  Gasthofe  umgebaut 
und  ist  jetzt,  nachdem  es  seither  einmal  abgebrannt, 
ein  Luftkurort,  in  dem  es  sich  ganz  gut  leben  läßt, 
und  Ausgangspunkt  für  Touren  in  der  Brenta-Gruppe. 
Ersteigungen  im  Bereiche  des  Val  di  Genova 
werden  jedoch  besser  von  Pinzolo  aus  unternommen, 
üeber  dieses  Gebiet  existiren  verschiedene  Schriften, 
vor  allen  Payer*s  Abhandlung:  Die  Adamello-  und 
Presanella- Alpen ,  Ergänzungsheft  17  zu  Petermann's 
Mittheilungen  und  der  Anhang  dazu  im  Ergänzungs- 
heft 31.  Als  guter  Führer  für  die  ganze  Gegend  sei 
auch  die  vorerwähnte  Schrift:  „La  Valle  di  Rendena" 
empfohlen.  Auch  unser  Jahrbuch  VI  enthält  aus  der 
gewandten  Feder  Siber-Gysi's  einen  Bericht  über  den 
Adamello  und  Val  di  Genova.  Schon  damals  wurde 
auf  die  hohen  Schönheiten  dieses  klassischen  Alpen- 
thales  hingewiesen,  auf  die  Gletscherpracht  des  Thal- 
hintergrundes, welche  trotz  des  immer  fortschreitenden 
Rückganges  noch  imponirend  ist,  auf  die  schönen 
Strombilder,  welche  die  wasserreiche  Sarca  bei  jeder 
neuen  Thalstufe  bietet,  und  die  beiden  WasserfUlle 
des  Lares  und  der  Piscia  di  Nardis.  Ich  kann  mich 
daher,  außer  einer  kurzen  Erwähnung  der  Ersteigung 
der  Presanella  oder  Cima  di  Nardis  3561",  darauf 
beschränken,  dasjenige  nachzutragen,  was  seitdem  im 
Laufe  der  Zeit  zur  Erleichterung  des  Besuches  diesec 
Revieres  geschehen  ist. 


292  Th,  Borel 

Es  gibt  wohl  selten  ein  tief  in  die  Berg-  und 
Gletscberwildnisse  eingeschnittenes,  unbewohntes  Hoch- 
alpenthal, das  so  leicht  zugänglich  ist  wie  dieses, 
und  wo  durch  Errichtung  verschiedener  Clabhütten 
ftlr  den  Bergwanderer  so  gut  vorgesorgt  ist.  Ein 
Gang  von  Pinzolo  nach  Bedole  fährt  langsam  an- 
steigend zuerst  auf  gutem  Saumpfade,  nachher  meist 
durch  schöne,  mit  hochstämmiger  Waldung  versetzte 
Alpweiden,  in  5  Stunden  zum  Thalhintergrunde,  Malga 
Bedole  (1529").  Hier  wird  eine  kleine  Wirthschaft 
erbaut,  Holzbau,  in  welcher  der  Tourist  sich  ganz 
billig  verpflegen  und  auch  übernachten  kann.  Ent- 
sinne ich  mich  recht,  so  ist  dies  ein  Privatunternehmen 
des  Führers  Feiice  Collini  und  nicht  die  Erneuerung 
der  früheren  ünterkunftshütte. 

Das  Rifugio  Mandron  (circa  2470™)  ist  von  da 
aus  in  drei  leichten  Marschstunden  zu  erreichen. 
Diese  Hütte,  comfortabel  und  gut  eingerichtet,  wie 
alle  die  Glubhütten  auf  deutsch-österreichischem  Boden, 
erleichtert  in  ganz  erheblichem  Maße  alle  hohem 
Touren  und  Pässe  von  der  Presena  an  bis  zur  Ve- 
dretta  di  Lares. 

Speciell  für  das  Gebiet  des  östlichen  nnd  sttd- 
lichen  Theiles  des  Laresgletschers,  Gare  alto  etc.  und 
die  Uebergänge  nach  Val  di  Fumo,  di  Borzago  und 
di  San  Valentino  hat  der  Trienter  Alpenverein  vor- 
gesorgt durch  den  Bau  der  Lareshütte.  Eine  weitere 
Hütte,  circa  eine  halbe  Stunde  ob  Malga  dei  Fiori  im 
Val  Nardis,  das  Rifugio  Presanella,  ist  im  Bau  nnd 
v^irspricht  eine  Musterleistang  zu  werden;  die  Hütte 
wird  in  solidem  Mauerbau  aus  Granitgestein  und  mit 


Aus  der  Adamellogruppe  und  dm  Brenta-Dolomiten.    293 

Holzverkleidung  aufgeführt,  60«"  Mauerdicke  und  15«™ 
Holzarbeit.  Die  Lage,  angesichts  der  auf  der  andern 
Seite  des  Val  Kendena  aufstarrenden,  rostbraunen, 
pittoresken  Gestalten  der  Brenta-Dolomite ,  ist  sehr 
glticklicb  gewählt. 

Leider  war  der  Bau  im  Sommer  1885  noch  nicht 
80  weit  vorgeschritten,  daß  man  zur  Nothdurft  darin 
ein  Nachtlager  hätte  aufschlagen  können.  Ich  mußte 
mich  daher  zum  Uebernachten  auf  Malga  Fiori  be- 
quemen. Dem  Klima  angemessen,  sind  die  Alphütten 
hier  zu  Lande  alle  sehr  luftig  gebaut,  gewöhnlich 
tmter  dem  Dache  ofifen  und  selten  oder  gär  nie  mit 
einer  Thttre,  sondern  immer  durch  ein  Holzgatter 
geschlossen.  Denselben  exemplarischen  Schmutz  und 
Ünsauberkeit  in  und  außer  der  Hütte  trifft  man  hier 
ebenso  gut  wie  überall  im  Süden;  es  ist  nicht  besser, 
womöglich  noch  ärger  als  in  den  Sennhütten  im  Süd- 
wallis oder  im  Piemont. 

Ich  verließ  Pinzolo  Freitag  Nachmittag,  21.  Au- 
gust, um  2  Uhr  20  Min.  Der  Weg  führt  durch  Val 
di  Genova  hinein  bis  Punkt  949  der  österreichischen 
Karte,  da,  wo  Val  Kardis,  steil  abstürzend,  einmündet. 
Hart  an  dem  berühmten  Wasserfalle  Piscia  di  Nardis 
steigt  man  steil  aufwärts  auf  kaum  findbarem  Pfade 
durch  dichtes  Haselnuß-  und  Alpenerlengesträuch.  Die 
Strecke  bis  zu  unserm  Nachtquartier  Fiori  wird  auf 
4  Stunden  veranschlagt,  weitere  5—6  Stunden  von 
da  an  zur  Spitze  und  für  den  Abstieg  nach  Pinzolo 
7  Stunden  gerechnet,  im  Ganzen  16 — 17  Stunden. 
Die  Nacht  war  kalt;  es  fiel  ein  starker  Reif  wäh- 
rend derselben,  so  daß  wir  frühzeitig  der  Lagerstätte 


294  Th,  Boreh 

uns  entwanden;  aber  erst  gegen  5  Uhr  konnten  wir 
unsere  Tour  beginnen.  Die  Partie  auf  die  Presanella 
bietet  keine  Schwierigkeiten;  sie  kann  höchstens  als 
eine  etwas  mühsame  Tour  gerechnet  werden.  Bei  dea 
im  letzten  Sommer  so  stark  ausgeaperten  Gletscher- 
flächen schien  mir  das  Wandern  auf  dem  wie  ein 
Ackerfeld  ausgefurchten  Eise  sehr  anstrengend.  Die 
Witterung  war  uns  nicht  günstig;  wir  erreichten  die 
Spitze  bei  starkem  Schneetreiben  und  scharfem  West- 
winde, eingerechnet  eine  Rast  von  einer  halben  Stunde, 
um  halb  11  Uhr.  Weder  die  Temperatur  noch  die 
Aussicht  waren  einladend  zu  längerm  Verweilen.  Den 
Weg  zur  Malga  Fiori  legten  wir  in  2  Stunden 
35  Minuten  zurück,  eingerechnet  den  Besuch  beim 
Rifugio  Presanella  und  eine  Rast  bei  den  Sennen  auf 
Fiori.  Pinzolo  wurde  Abends  5  Uhr  45  Min.  erreicht. 
Führer  bei  dieser  Tour  war  Bonapace  Ognibene. 

Mit  dem  jungen  Führer  Liberio  CoUini,  welcher 
mir  freundlicherweise  vom  Wiener  Clubisten  abge- 
treten wurde,  ging  ich  andern  Tags  zur  Tosahütte. 
Collini  ist  jedem  Touristen  empfohlen,  welcher  der 
italienischen  Sprache  nicht  mächtig  ist;  ebenso  An- 
tonio Caola,  ein  etwas  älterer,  aber  immerhin  noch 
rüstiger  und  sehr  verständiger  Führer,  dem  weder  der 
Adamello  noch  die  Cima  Tosa  u.  s.  w.  fremd  sind. 

Französisch  wird  hier  zu  Lande  in  den  untern 
Classen,  außer  bei  den  Ausgewanderten  und  der 
weiblichen  Bevölkerung,  welche  ihre  Dienstzeit  als 
Magd  oder  Kammerjungfer  bis  nach  Frankreich  ge- 
führt, wenig  oder  gar  nicht  gesprochen,  jedenfalls  bei 
dem  Einheimischen  nicht.     Da   trifft   man   noch  eher 


AtM  der  Adamellogrv>ppe  und  den  Brenta-Dolomiten,    295 

ein  Dienstmädchen    an,    das    in   Meran   oder   Bozen 
war,  oder  einen  entlassenen  Militär,  der  seine  Dienst- 
zeit   in    deutscher    Garnison    zugebracht    hat.     Auf 
allen   Alpen    in    der  Brenta-   wie   in   der  Adamello- 
Oruppe  kam  schließlich,  wenn  es  sich  um's  Bezahlen 
handelte     (wir    kehrten    verschiedentlich    an    solchen 
Orten    ein    um    einen    Napf  Milch    oder    sonst    eine 
Dienstleistung),  irgend  ein  Senne  zum  Vorschein,  der 
sich  ganz    gut  auf  Deutsch  auszudrücken  vermochte. 
Für  uns  Schweizer  sind   die  Brenta-Dolomite  ein 
durchaus  fremdartiges  Gebiet.  Es  wird  auch  der  ge- 
wandtesten Feder  nicht  gelingen,   von   der  Herrlich- 
keit  dieser   wilden,    zerrissenen   und   zerschrundeten 
Bergwelt  eine  richtige  Vorstellung  zu  erwecken;  nur 
der  Stift  des  Zeichners  kann  etwa  den  Formenreich- 
thum  dieser  Felsgebilde  wiedergeben ;  aber  selbst  der 
Pinsel  des  Malers  ist  ohnmächtig,    der  Farbenpracht 
dieser  rostbraunen,  zackigen  Felsgebilde,  welche  im 
Widerscheine  der  untergehenden  Sonne  ein  glühendes 
Flammenmeer  ausstrahlen,  gerecht  zu  werden. 

Die  Brenta-Gruppe  wird  zum  unterschiede  der- 
jenigen von  Ampezzo  und  Primör  auch  kurzweg  als 
die  westlichen  Dolomiten  bezeichnet;  ihre  geogra- 
phische Configuration  ist  eine  ziemlich  complicirte,  da 
ihre  Verzweigungen  von  der  Cima  Tosa  und  der 
Cima  di  Brenta  nach  allen  Richtungen  ausstrahlen. 
Als  ganzes  Gebiet  ist  sie  den  östlichen  Dolomiten 
ebenbürtig.  Zur  Bereisung  der  Gruppe  dient  das 
Blatt  „Trienf^  der  österreichischen  Karte  nicht,  da 
dasselbe  in  der  Zeichnung  mangelhaft  und  mit  der 
heutigen  Nomenclatur  nur   zum  kleinen  Theile  über- 


296  Th:  BoreL 

einstimmt;  fiir  die  Thalgegend  dagegen  ist  diese 
Karte  recht  brauchbar.  Der  Trienter  Alpenverein  hat 
aber  als  Beigabe  zum  Jahrbuche  YIII,  1881/82,  eine 
Karte  im  Maßstäbe  1  :  25^000  der  Brenta-Gmppe 
und  als  Beilage  zu  Band  X  eine  topographische  Skizze 
des  ganzen  Gebietes  mit  richtiger  Nomenclatur  und 
Höhenbestimmung,  ferner  ein  Panorama  vom  Monte 
Gazza  herausgegeben.  Diese  beiden  Arbeiten,  welche 
in  Trient  in  der  Lithograt)hie  Bcotoni  und  Yitti  la 
finden  sind,  dtirften  im  Verein  mit  der  genannten 
Karte  und  den  Meurer'schen  Eeisehandbüehem  (s.  u.)  die 
besten  Hülfsmittel  des  Touristen  sein« 

Die  Tour  zur  Tosahütte  über  die  Bocca  di  Brrata 
erfordert  7  Stunden  und  führt  mitten  durch  die 
Gruppe  hindurch.  Sie  theilt  sieh  folgendermaßen  ein: 
Pinzolo-Val  Brenta  alta  4  und  weitere  3  Stunden 
zur  Bocca,  der  Uebergangshöhe  des  Passes,  2547°'. 
Von  da  zur  Hütte  10  Minuten.  Von  Campiglio  aus 
ist  die  Tour  um  eine  Stunde  kürzer.  Genaueres  hierüber 
findet  sich  bei  Meurer.  ^)  Den  Weg  kurz  beschreib^d, 
will  ich  auf  die  frappantesten  Punkte  aufmerksam 
machen.  Von  Pinzolo  aus  schlägt  man  den  Weg  nach 
Carisolo  ein  und  geht  auf  der  Straße  nach  Campiglio 
weiter  bis  zur  kleinen  Ortschaft  Maviglione.  Bei 
Carisolo  ist  die  Vereinigung  der  beiden  Sarche :  Sarca 
di  Genova  und  Sarca  di  Nambron,  welche  letztere 
unterhalb   Maviglione   auch   die   Sarca   di   Campiglio 


*)  Maurer:  Führer  durch  die  Dolomiten  (Gera  1885), 
päg.  195  u.  ff.  id.  lUustrirter  Führer  durch  Wedt-Tlrol  tmd 
Vorarlberg  (Wien  1885),  pag.  261  u.  ff. 


\ 


Aus  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten,    297 

aufnimmt^  die  hinwieder  die  Zuflüsse  aus  der  Brenta* 
Gruppe  mit  sich  führt. 

Bei  Maviglione  biegt  man  in's  Val  Nambino  und 
geht^  an  Sägemühlen  vorbei,  längere  Zeit  durch  präch- 
tigen Wald  aufwärts  in's  Val  Brenta  hinein  und  weiter 
auf  das  Hochplateau  von  Brenta  alta,  allwo  gewöhn» 
lieh  bei  den  Sennen  der  Alp  der  erste  Halt  gemacht 
wird^  sofern  man  nicht  schon  vorher  unten  in  Brenta 
bassa  sich  dem  Anstaunen  dieser  wunderbaren  Ge- 
birgswelt  hingegeben  hat.  Man  steht  da  vor  einem 
Felsencircus,  der  scheinbar  völlig  geschlossen  ist,  und 
es  fragt,  sich  gewiß  Jeder  zuerst,  wie  da  weiterzu- 
kommen sei,  denn  die  Felsen  fallen  nach  allen  Seiten 
glatt  ab,  und  da  man  etwas  seitwärts  steht,  so  läßt 
»ich  nirgends  die  Spur  eines  Durchganges  blicken. 
Steigt  man  aber  durch  hohes  Knieholz  aufwärts  und 
ist  hart  an  die  anscheinend  geschlossene  Felswand 
herangekommen,  so  ist  man  plötzlich,  man  weiß  wirk- 
lich nicht  recht  wie,  mitten  in  den  Dolomiten  drin» 
Wie  durch  einen  Thorbogen  ist  man  eingetreten. 

Das  Hochplateau  von  Val  Brenta  alta  liegt  auf 
1706»  Höhe  und  ist  ringsum  von  herrlichsten  Dolo- 
naitgestalten  eingefaßt.  Kann  man  etwas  Verwege- 
neres sehen,  als  wie  die  Campanili,  z.  B.  Campanile 
basso  und  Campanile  alto,  welche  bei  circa  2000*^ 
»ich  dem  Boden  entheben,  bis  auf  3000™  ansteigen 
ttnd,  von  diesem  Standpunkte  betrachtet,  nach  zwei 
Seiten  senkrecht  abfallen,  so  schmächtig  und  schlank 
wie  ein  gothischer  Kirchthurm!  Dann  die  Fulmini 
önd  der  Crozzon  di  Brenta  und  dazwischen  dia 
schmale  Scharte   der  üebergangshöhe.     Das  Bild  im 


298  Th.  Borel 

Lichte  der  Nachmittagssonne  ist  nicht  nur  bezaubernd, 
sondern  auch  großartig  und  tief  ergreifend. 

Schon  unten  in  der  Malga  gewahrt  man  das  große 
Trümmerfeld  des  Bergsturzes  von  1882,  der  das  Thal, 
das  von  der  Alp  zur  Bocca  hinaufführt,  auf  eine 
Länge  von  1^/2  Stunden  mit  einer  Schuttmasse  von 
Blöcken  jedes  Kalibers  tibersäet  hat.  Der  Sturz  ge- 
schah an  der  Felswand,  welche  den  Crozzon  mit  der 
Oima  Tosa  verbindet;  die  Höhe  des  abgebrochenen 
Theiles  wird  auf  annähernd  400™  bei  einem  Durch- 
messer von  circa  100°»  geschätzt.  Die  Schuttmasse 
ist  über  die  ganze  Breite  des  Thaies  zerstreut,  reicht 
bis  hinunter  in  die  ersten  Alp  weiden  und  beinahe  zur 
üebergangshöhe  hinauf.  Das  kleine  Schneefeld,  welches 
den  letzten  Theil  des  Weges  bildet,  ist  an  zwei 
ziemlich  weit  auseinander  liegenden  Stellen  noch  damit 
quer  tibersäet.  Der  frtiher  gute  Weg  von  der  Alp 
hinauf  verliert  sich  bald  in  dieser  Steinwtiste,  und 
der  Wanderer  hat  eine  mtihsame  Arbeit  von  beinahe 
zwei  Stunden,  bis  die  letzten  Trtimmermassen  tiber- 
wunden sind.  Von  Strecke  zu  Strecke  bezeichnen 
aufgeschichtete  Steine  die  einzuschlagende  Richtung 
durch  dieses  Wirrsal  hindurch. 

Die  Paßhöhe,  2547°»,  ist  eine  ausgesprochene 
Scharte  zwischen  Cima  Brenta  alta  (3036  ™)  -und  Cima 
Brenta  bassa.  Die  Breite  derselben  ist  höchstens 
10  —  12"";  zu  beiden  Seiten  steigen  die  Felswände 
schroff  auf,  und  der  Abfall  nach  vor-  und  rückwärts 
ist  ein  unmittelbarer.  Circa  10  Minuten  weiter  erreichen 
wir  einem  Felsbande  entlang  gehend  das  Rifugio 
Tosa  (2467  °^)  in  der  Einsattelung  zwischen  der  Cima 


Aus  der  Adamellogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten,    299 

Brenta  bassa  und  dem  Monte  Daino  (2757"').  Die 
Lage  der  Hütte  ist  sehr  gut;  der  Blick  hinunter  durch 
Val  delle  Seghe  nach  Molveno,  in  die  südliche,  duf- 
tige Tiefe,  hat  etwas  so  Anmuthiges,  trotz  der  um- 
starrenden Felsenriffe,  daß  der  Eindruck  des  so  auf- 
Migen  Contrastes  sehr  nachhaltig  ist.  Schöne  Bilder 
aus  mancherlei  Alpengegend  erblassen  gegen  einen 
Sonnenuntergang  in  der  farbigen  Gluth  dieser  fremd- 
artigen Gebirgswelt. 

Die  Hütte  selbst,  der  erste  Bau  des  Trientiner 
Alpenvereins,  ist  sehr  gut  und  wohnlich  eingerichtet, 
und  da  auch  die  Lage  eine  sehr  geschickt  gewählte 
ist  und  die  Hütte  gewöhnlich  auf  einige  Zeit  mit 
Holz  und  Fourrage  der  verschiedensten  Art,  als  Wein 
und  Conserven,  versehen  ist,  so  ist  sie  auch  ein 
prächtiger  Aufenthalt  für  eine  Reihe  von  Touren. 
Die  letzten  schwierigen,  .bisher  unerstiegenen  Spitzen 
der  Gruppe,  der  Crozzon  und  der  Campanile  alto, 
haben  1884  und  1885  ihre  Bezwinger  gefunden;  den- 
noch bleibt  hier  ein  reiches  Feld  der  Unternehmungs- 
lust offen.  Verschiedene  Touren,  wie  die  Cima 
Tosa,  Brenta  bassa  und  alta,  Monte  Daino,  Cima 
d'Ambies  etc.,  lassen  sich  von  der  Hütte  aus  in 
leichtem  Tageswerk  unternehmen;  von  den  meisten 
dieser  Partien  ist  man  gewöhnlich  in  den  ersten  Nach- 
uiittagsstunden  zurück,  und  es  ist  möglich,  an  einem 
Tage  zwei  Touren  bis  auf  circa  3000"  auszuführen. 
Immerhin  bleibt  es  angezeigt,  zu  bemerken,  daß  einige 
Üebung  im  Klettern  (ich  will  nicht  sagen  Gewandtheit, 
dies  wäre  nur  für  die  ganz  schwierigen  Partien  des 
Crozzon,  der  Campanili  und  der  Torre  di  Brenta  zu 
verlangen)  eine  Vorbedingung  ist. 


800  Th.  Boreh 

Cima  Tosa  (3179™)  erstieg  ich  mit  CoUini  nnd 
in  Gesellsefaaft  einiger  Wiener  Touristen  iun  25.  Aug. 
V.  J.  in  der  Zeit  von  Morgens  5.  12  bis  8.  20.  Der 
Aufstieg  durch  das  25 — 30°^  hohe  Kamin  nahm  für 
die  ganze  Geseilschaft,  aus  9  Personen  bestehend,  über 
35,  der  Abstieg  über  45  Minuten  in  Ansprach.  Ein- 
zelne Touristen  mit  einem  guten  Führer  werden  die 
Partie  im  Aufstiege  in  2Vs  Stunden  ohne  üeberan- 
strengung  abmachen  und  Nachmittags  den  Monte  Daino 
oder  die  Brenta  bassa  noch  bequem  bewältigen  können. 

Nach  der  Tour  auf  die  Cima  Tosa  antemahmes 
wir  eine  solche  auf  Cima  Brenta  alta.  Wir  hatten  zwar 
beabsichtigt,  länger  auf  der  Htttte  zu  bleiben,  um  ver- 
schiedene Streifzüge  von  da  ans  zu  unternehmen,  aber 
bei  der  Anwesenheit  so  vieler  Tonristen  und  Führer 
an  einem  Tage  war  der  voiiiandene  Proviant  ziemlich 
gründlich  aufgebraucht,  und  als  der  junge  CoUini  sich 
erst  nach  langem  Zureden  und  Bedenkzeit  einer  ganzen 
Nacht  zur  Begleitung  auf  die  Partie,  welche  ihm  wie 
mir  ganz  fremd  war,  entschloß,  waren  die  Wiener 
Herren  mit  sammt  dem  uns  so  freundlichst  angebotenen 
überflüssigen  Proviant  längst  in  Molveno  unten  und 
auf  dem  Wege  nach  Trient. 

Morgens  5  Uhr  des  anderen  Tages  war  die  ganze 
Verproviantirung  der  Hütte  auf  eine  Tasse  schwarzen 
Kaffee's  zusammengeschrumpft ;  wir  theilten  sie  unter 
uns  Beide  und  stiegen  aufdie  Cima  Brenta  alta,  3036*^), 
ohne  etwas  Anderes  zu  genießen  bis  Nachmittags  2  Uhr 

0  Erste  Spitze  8.  02,  zweite  Spitze  8.  10,  ab  8.  26,  an 
der  Bocca  10.  30,  in  Brenta  alta  12.  08,  Maviglione  2.  55, 
Pinzolo  5.  05,  Anfenthalte  unterwegs  circa  2  Standen. 


Atts  der  AdenneUogruppe  und  den  Brenta-Dolomiten,    301 

55  Min,,  da  wir  dann  die  kleine  Wirthschaft  in 
Maviglioae  betraten  und  den  Wirth  durch  Durst  und 
Himger  in  großes  Erstaunen  setzten. 

Abends  5  Uhr  in  Pinzolo  zurück,  stieg  ich  des 
nächsten  Tages  wieder  mit  Collim  durch  Val  di 
Crenoya  hinein  zur  Leipziger  Hütte  am  Mandron  und 
am  28.  August  bei  starkem  Nebel  über  den  Presena- 
paß  naeh  dem  Tonale  und  abwärts  nach  Male  im 
Sttlzberg^  vom  wo  mich  der  Stellwagen  hinaus  nach 
Mezzo  Lombardo  und  San  Michele  an  der  Brennerbahn 
beförderte. 

Während  früher  das  Reisen  in  den  Stidtiroler 
Oegenden  ziemlich  verrufen  war,  so  ist  jetzt  für  den 
Touristen  kein  Grund  mehr  vorhanden,  sich  von  den- 
selben fernzuhalten.  Originelle  Sitten  und  Gebräuche 
und  historische  Erinnerungen,  die  sich  hier  auf  jedem 
Schritte  dem  Reisenden  aufdrängen,  bieten  vielfach 
Anlaß  zu  ernstern  Studien.  Der  Naturfreund  wird 
^ine  prachtvolle  Gegend,  schöne  Wälder,  berühmte 
großartige  Wasserfälle,  einfache,  aber  gute  Wirths- 
häuser  finden;  den  Alpcnsteiger  werden  neue  Ziele 
und  fremde  Gebirge,  gut  gehaltene  Clubhütten  und  ein 
richtig  organisirtes  Führerwesen  bei  billigen  Taxen 
ÄU  vielfachen  Excursionen  einladen. 

Die  schwierigeren  Touren  in  der  Brentagruppe 
«ind  zwar  durchgehends  Kletterpartien,  aber  Alles  bei 
gutem  und  festem  Gesteine.  Cima  Tosa  zählt  zu  den 
nicht  schwierigen,  aber  auch  nicht  leichten  Touren ^ 
Brenta  alta  wird  schon  etwas  höhere  Anforderungen 
*n  den  Bergsteiger  stellen,  und  was  die  übrigen,  wie 
der  Crozzonund  die  Campanili,  trotz  der  verhältniß- 


302         Th.  Borel,    Aus  der  Adamellogruppe  etc, 

mäßig  kurzen  Zeitdauer,  welche  diese  Partien  bean- 
spruchen, zu  bedeuten  haben,  darüber  geben  die 
neuesten  Jahrbücher  und  Mittheilungen  des  Trienter 
und  des  D.  und  Oe.  A.  V.  Aufschluß. 

Unter  den  Führern  der  Gegend  finden  sich  einige 
vorzügliche,  z.  B.  Nicolussi  in  Mol  veno,  Dallagiacoma 
in  Caderzone  und  Ferrari  in  Borzago  (Rendena).  Der 
Tourist  wird  gut  thun,  sich  ihrer  zum  Voraus  zu  ver- 
sichern ;  zur  Zeit  meiner  Anwesenheit  in  Pinzolo  war 
der  Eine  stets  von  deutschen  Alpenclubmitgliedem  in 
Beschlag  gelegt;  die  andern  Beiden,  im  Dienste  eine» 
großen  Nimrodes,  beflissen  sich  der  Anfangsgründe  des^ 
hohem  Jägerlobens. 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes. 

Von 

A,  Trautweiler  (Section  Gotthard). 


An  die  Section  Gotthard  des  8.  A.  C. 

Werthe  Cluhgenofisen  I 

Seit  der  Gründung  der  Section  Gotthard  zur  Zeit 
des  Bahnbaues  im  Reußthal  sind  manche  ihrer  Mit- 
glieder weit  hinweg  gezogen  aus  dem  Kreise  der 
Gebirge,  welcher  unserer  Vereinigung  seinen  stolzen 
Namen  lieh.  Die  gesunde  Freude  an  den  Bergen  ver- 
läßt aber  Keinen  mehr,  der  einmal  die  reine  Luft 
geathmet,  die  über  Gletschern  und  ewigem  Schnee 
weht,  und  so  versäumen  sicher  Ihre  auswärtigen 
Collegen  keine  Gelegenheit,  den  Beruf  des  Clubisten 
auch  unter  andern  Himmelsstrichen  auszuüben.  Daa 
Excursionsgebiet  unserer  Section  ist  demnach  ein  sehr 
großes.  Aber  die  einlaufenden  Berichte  werden  doch 
kaum  so  zahlreich  sein,  daß  wir  deßwegen  fürchten 
müssen,  Sie  mit  dem  folgenden  zu  belästigen.  Auch 
reicht  ja  Ihr  Interesse  für  die  Gebirgswelt  weiter  ala 
die  Aussicht  vom  Pizzo  Centrale,  besonders  da  es  eia 


304  A.  Trautweiler. 

nicht  zu  verschmähendes  Mittel  für  die  richtige  Beur- 
iheilung  des  Nahegelegenen  ist,  wenn  man  Fremdes 
damit  vergleicht.  In  diesem  Sinne  überliefere  ich  Ihnen 
hier  die  Beschreibung  einer  kleinen  Excursion  in  grie- 
chischen Bergen  mit  dem  Wunsche,  es  möchten  andere 
Oollegen  im  Ausland  Aehnliches  thun. 

Die  Alpen  ziehen  sich  bekanntlich  in  großem 
Bogen  vom  Golf  von  Genua  nach  dem  Adriatischeii 
Meere  hin,  dann  längs  demselben  hinunter  durch 
Dalmatien,  Montenegro  und  Albanien,  bis  sie,  zum 
klassischen  Pindos,  Parnasses  und  Taygetos  geworden, 
in  die  zerrissenen  Vorgebirge  des  Peloponnes  aus- 
laufen. —  Lachen  Sie  nicht  über  diese  Geographie! 
Wenn  schon  auf  Ihrer  Karte  bei  Dalmation  unten  der 
Name  Alpen  aufliört  und  noch  eher  die  Thätigkeit 
der  Clubs,  wenn  schon  die  Gipfel  von  2000  Meter 
selten  werden  und  der  ewige  Schnee  und  die  Gemsen 
ausgehen  —  die  Bergkette  läuft  doch  ununterbrochen 
fort  bis  zu  uns  herunter,  und  Niemand  wird  ernsthaft 
bestreiten  können,  daß  das  Excursionsgebiet  der 
hiesigen  Subsection  des  S.  A.  C.  nicht  wirklich  zu  den 
Alpen  gehört. 

Die  Griechen  selber  sprechen  von  den  „hellenischen 
Alpen"  und  ein  Gelehrter  braucht  sogar  folgendes 
kühne  Bildr  „Cette  main  gigantesque  qui  repose  sur 
les  plaines  de  la  Mor6e  est  celle  du  g^ant  orogi*aphique 
de  FEurope  centrale." 

Sehen  Sie !  Also  am  Zeigefinger  dieses  Riesen  ist 
unser  Excursionsgebiet  —  das  Ihrige  allerdings  liegt 
dem  Herzen  näher. 

Aber    diese    Gebirge    haben    auch    noch    andere 


«  •  ' 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes.  305 

Rechte,  den  Alpen  beigezählt  zu  werden.  Der  Clubist, 
welcher  im  Winter  vom  Quai  von  Nauplia  aus  über 
den  argoliscben  Meerbusen  hinweg  zu  den  arkadischen 
Bergen  hintiberblickt,  findet  in  den  schneebedeckten 
Gipfeln  manche  Verwandtschaft  mit  bekannten  heimat- 
lichen Bergformen  und  oft  sogar  muß  er  erstaunen 
llber  die  frappante  Aehnlichkeit  des  Charakters. 

Der  Grund  dieser  Aehnlichkeit  liegt  besonders 
in  der  üebereinstimmung  des  Gesteins  mit  unsern 
Alpenkalken,  sodann  in  dem  Umstände,  daß  wir  auch 
hier  die  Modellirungen  einer  sehr  vorgeschrittenen 
Erosion  vor  uns  haben. 

Ein  dichter  bläulichgrauer  Kalk  von  meist  undeut- 
licher Schichtung  bildet  die  Hauptmasse  der  hiesigen 
Oebirge.  Oft  begegnet  man  mächtigen  Einlagerungen 
von  dunklem  Thon  mit  Bändern  von  Feuerstein  und 
Jaspis.  An  Versteinerungen  ist  das  Gestein,  welches 
der  Kreideformation  angehören  soll,  im  Allgemeinen 
arm,  doch  sind  locale  Anhäufungen  von  Muschelresten 
nicht  selten. 

Ob  wohl  diese  hellenischen  Alpen  auch  einmal 
men  Strom  von  Touristen  an  sich  ziehen  werden,  wie 
die  westeuropäischen?  Wohl  schwerlich.  Trotz  aller 
Schönheit  der  Formen,  trotz  aller  wunderbaren  Farben- 
und  Beleuchtungseffecte  ist  das  Ganze  doch  nur  eine 
Einöde,  und  zwar  ohne  jene  Großartigkeit,  welche 
Eis  und  Schnee  unserem  heimatlichen  Hochgebirge 
verleihen.  Sobald  man  die  Ktistenebene  verläßt,  tritt 
man  in  eine  Wildniß.  Rings  nackter  oder  mit  spär- 
lichem Gestrüpp  bewachsener  Fels,  schlechte  Pfade, 
Oruppen  elender  Ställe,   die   man  hier  Dörfer  nennt, 

20 


306  A.  Trautweiler, 

zahllose  Schaf-  und  Ziegenheerden,  die  fortwährend 
alle  unbewehrte  Vegetation  vertilgen,  und  rohe  Hirten 
mit  einer  Meute  abscheulicher  Hunde  —  ob  sich  da» 
Alles  auch  noch  so  reichlich  mit  klassischen  Erinne- 
rungen ziere  und  einen  ewig  blauen  Himmel  über 
sich  ausspanne,  es  läßt  uns  unbefriedigt,  weil  die 
Natur  mächtiger  mit  ihrer  rohen  als  mit  ihrer  schönen 
Seite  auf  uns  einwirkt. 

Dieser  Umstand  macht  denn  auch  Bergtouren  in 
Griechenland  wenig  dankbar  und  äußerst  beschwerlich. 
Sie  dürfen  es  also  nicht  mit  Geringschätzung  auf- 
nehmen, wenn  die  Excursion,  die  Ihnen  im  Folgenden 
beschrieben  wird,  nur  einem  Gipfel  von  1774™  Höhe 
gegolten  hat.  Beachten  Sie  auch  wohl,  daß  wir  vom 
Meeresniveau  aus  steigen  mußten  und  nicht  von  derHölie 
der  Thal  sohle  von  üri  oder  ürseren.  Argos,  die  ewige 
Stadt,  wo  wir  die  Reise  antraten,  liegt  nur  15"  über 
dem  Wasserspiegel   des  nach  ihr   benannten  Golfes. 

Der  M41evo,  die  höchste  Erhebung  des  argolisch- 
arkadischen  Grenzgebirges,  schien  uns  seiner  domi- 
nirenden  Lage  nach  einem  schönen  Rundblick  nach 
Argolis  und  einen  großen  Theil  von  Arkadien  zu 
versprechen.  Der  Gipfel  wird  schon  von  Pausanias 
in  seiner  Beschreibung  des  alten  Griechenland  unter 
dem  Namen  Artemision  erwähnt.  Auf  seiner  luftigen 
Höhe  befand  sich  ein  Heiligthum  der  Artemis. 

Als  wir  am  19.  Mai  den  Ausflug  unternahmen, 
war  erst  seit  kurzer  Zeit  der  letzte  Anflog  von  Schnee 
von  den  höchsten  Gipfeln  der  argolischen  Berge  ver- 
schwunden. Auf  spätere  Zeit  durfte  die  Excursioii 
nicht  verschoben  werden,  da  die  Hitze  ziemlich  plötz- 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes,  307 

lieh  auftritt    und   längere  Fußtouren   fast   unmöglich 
macht. 

Ein  junger  griechischer  College  wollte  auch  dabei 
Bein,  und  seine  Begleitung  war  uns  natürlich  äußerst 
willkommen,  obschon  wir  stille  Befürchtungen  in  Bezug 
auf  seine  Ausdauer  hegten. 

Proviant  und  Decken  für  die  Nacht  packten  wir 
auf  einen  Esel,  sein  treuer  Lenker  Vasili  gab  dem 
Thiere  schweigend  mit  dem  Stock  über  die  Lenden 
den  Wink  zum  Abmarsch. 

Es  war  Nachmittags  3  Uhr,  als  wir  Argos  ver- 
ließen. Wir  wollten  noch  an  demselben  Abend  das 
Dörfchen  Turniki  am  Abhänge  des  Kteniaberges,  circa 
auf  Quote  900,  erreichen.  Man  hatte  uns  empfohlen, 
beim  dortigen  Pfarrer  Nachtquartier  zu  nehmen. 

Der  Weg  führt  zuerst  um  den  Bergkegel  herum, 
der  die  Burg  von  Argos,  die  Larissa,  trägt,  und  tritt 
dann  nach  etwa  einer  Stunde  in  das  enge  Thal  des 
Xerias  ein.  Dieser  im  Alterthum  Charadros  be- 
nannte Wildbach  führt  trotz  seines  115  Quadrat- 
kilometer umfassenden  Sammelgebietes  nur  bei  außer- 
gewöhnlich starken  Regengüssen  Wasser,  zumal  im 
Winter.  An  der  Stelle,  wo  das  engere  Thal  in  die 
Ebene  austritt,  isf  das  Bachbett  über  10°*  tief  fast 
senkrecht  eingeschnitten  und  gegen  30"  breit,  während 
es  sich  nachher  fast  verliert  und  da,  wo  es  die 
Stadt  Argos  im  Norden  und  Osten  begrenzt,  kaum 
noch  eine  merkbare  Vertiefung  bildet. 

Aehnlicher  Natur  sind  hier  die  meisten  Wasser- 
länfe;  es  sind  eigentlich  laxtter  Wildbäche,  in  deren 
Längenprofil  man  drei   hauptsächliche  Phasen   unter- 


308  A,  Trautweiler. 

scheiden  kann:  1.  eine  Strecke  mit  sehr  starkem 
Gefäll,  wo  das  Wasser  über  den  kahlen  Felsen  ab- 
rinnt; 2.  eine  solche  mit  mäßigem  Gefäll,  wo  das 
Bett  als  Furche  von  fast  rechteckigem  Querschnitt 
in  festem  Lehm  oder  Oonglomerat  eingeschnitten  ist; 
3.  eine  Strecke  mit  sehr  geringem  Gefäll,  die  meist 
damit  endigt,  daß  sich  der  Flußlauf  in  der  Ebene 
verliert. 

Wildbäche  im  bösartigen  Sinne  können  diese 
Wasserläufe  kaum  sein,  da  ihnen  die  nackten  Fels- 
berge bei  der  unbedeutenden  Verwitterung  nur  wenig 
Geschiebe  liefern.  Auch  begegnen  sie  in  der  Ebene 
keiner  Cultur,  die  intensiv  genug  wäre,  um  ihre  Wild- 
heit nachhaltig  zu  empfinden. 

Gerade  beim  Ausgang  des  Xeriasthales  stehen 
mitten  im  Flußbett  drei  starke  Backsteinpfeiler,  Reste 
eines  Aquäduktes,  durch  den  der  Stadt  Argos  vom 
Stymphalischen  See  her,  auf  einem  Wege  von  40  Kilo- 
metern, Trinkwasser  zugeführt  wurde,  dessen  die 
durstige  Stadt  des  Danaos  sehr  bedurfte. 

Eine  kleine  Strecke  weiter  mahnten  uns  wiederum 
die  Reste  eines  viereckigen  Wachtthurms  mit  dem 
prächtigen  Mauerwerk  aus  gewaltigen  Polygonal- 
blöcken an  die  Blüthezeit  des  antiken  Argos,  das 
bedacht  sein  mußte,  jeden  Bergpfad  gegen  die  üeber- 
falle  des  spartanischen  Erbfeindes  zu  befestigen. 

Wir  mußten  eilen  und  hatten  keine  Zeit  zu  archäo- 
logischen Studien.  Nachdem  aber  das  Paläokastro 
(altes  Schloß)  —  wie  der  Grieche  alle  derartigen 
antiken  Gebäudereste  heißt  —  hinter  uns  war,  hatten 
wir  auch  durchaus  keinen  Anlaß  mehr,  uns  aufzuhalten. 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes.  309 

Links  das  Flußbett  und  kahle  Felsberge,  rechts  eine 
sterile  Halde,  oben  durch  einen  Felsenhang  begrenzt, 
dessen  zahlreiche  Höhlen  and  „Balmen"  von  Hirten 
bewohnt  sind  —  so  ging's  drei  Stunden  lang  weiter, 
fast  ohne  einen  Anlaß,  sich  nur  umzusehen. 

Ein  wirklich  armes  Land!  Im  Alterthum  war  es 
wohl  etwas  besser,  aber  nicht  viel.  Die  jetzigen  Be- 
wohner sagen,  das  Land  sei  durch  die  Raubwirthschaft 
der  Türken  verödet.  Die  Ebenen  sind  zum  Theil 
wieder  ziemlich  intensiv  bebaut,  obschon  nach  unseren 
Begriffen  auch  hier  wenig  geleistet  wird.  Leider  fehlt 
es  eben  auch  an  Wasser.  Niemand  scheint  aber  daran 
zu  denken,  dieses  wenigstens  künftigen  Generationen 
dadurch  in  reichlicherem  Maße  zu  verschaffen,  daß 
auch  die  Berge  für  die  Cultur  wiedergewonnen  werden. 
Einschränkung '  der  zahllosen,  das  Aufkommen  einer 
Vegetationsdecke  unmöglich  machenden  Schaf-  und 
Ziegenheerden,  Aufforstungen,  üebergang  zur  Rindvieh- 
zucht und  zum  hier  gänzlich  unbekannten  Wiesenbau, 
das  sind  die  Mittel,  welche  helfen  könnten.  Aber  der 
gewaltige  Widerstand,  den  die  Lebensgewohnheiten 
eines  trägen,  bedürfnißlosen  Hirtenvolkes  solchen  Be- 
strebungen entgegensetzen,  läßt  die  Zahl  der  Jahr- 
hunderte nicht  absehen,  welche  nöthig  sein  wird,  um 
aus  Griechenland  jenen  Garten  zu  machen,  der  in 
diesem  prächtigen  Klima  gedeihen  könnte. 

Bei  der  Einförmigkeit  unserer  Wanderung  waren 
die  zeitweise  zu  vernehmenden  Cadenzen  einer  Pans- 
flöte  eine  willkommene  Abwechslung.  Wir  waren  einig 
im  Lobe  dieses  alten  Naturinstrumentes,  das  bei  den 
hiesigen  Hirten  allgemein  gepflegt  ist.    Das  scheinbar 


810  A,  Trautweüer. 

ordnungslose  Tongeträufel  hat,  aus  der  Feme  gehört^ 
eine  gewisse  melancholische  Lieblichkeit  und  ist  sehr 
dazu  angethan,  Stimmung  zu  machen. 

Ich  schlage  Ihnen  deßhalb  vor,  um  nach  dem 
Vorgange  anderer  Sectionen  Ihrer  Thätigkeit  eine 
originelle  Richtung  zu  geben,  für  die  Einführung  der 
Panstiöte  in  unseren  Bergen  zu  wirken.  Muster- 
exemplare des  Instrumentes  stehen  zu  Diensten. 

Endlich  kamen  wir  zu  einer  Stelle,  wo  im  Umkreis 
von  etwa  einem  Kilometer  eine  ziemlich  tippige  Vege- 
tation herrschte.  Der  Weg  führte  durch  hohe  Büsche 
von  Stacheleichen,  die  unten,  nach  Art  der  Stechpalme, 
bewehrte,  oben  stachellose  Blätter  tragen.  Ohne  Dom 
oder  Gift  ist  hier  die  Zukunft  einer  jungen  Pflanze 
hoffnungslos  " 

Die  Ursache  der  plötzlichen  Veränderung  in  der 
Landschaft  war  eine  Quelle,  welche  die  Triebkraft 
dieses  Erdflecks  hinreichend  unterstützte,  um  den 
Kampf  mit  der  Sonnengluth  des  Sommers  und  der 
Thierwelt  zu  bestehen.  Dieses  Gebiet  war  auch 
großentheils  bebaut,  vorherrschend  mit  Gerste  von 
kümmerlichem  Aussehen. 

Der  Tag  ging  schon  zur  Neige,  als  wir  bei  einigen 
Hütten  anlangten.  Eine  lustige  Mädchenschaar,  die 
sich  herzudrängte,  um  die  Fremden  anzugaffen,  be- 
fragten wir  um  den  nach  unserem  Turniki  einzu- 
schlagenden Weg.  Die  gewünschte  Auskunft  wurde 
indessen  mit  der  wiederholten  eindringlichen  Mahnung 
ertheilt,  den  Versuch,  noch  heute  dorthin  zu  gelangen, 
aufzugeben.  Aber  wir  wußten  wohl,  daß  der  Mälevo 
für  uns  verloren  war,  wenn  wir  nicht  vorwärts  eilten, 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes,  311 

und  80  wandten  wir  uns  trotz  Allem  jener  felsigen 
Berglehne  zu,  wo  sich  der  bezeichnete,  kaum  erkenn- 
bare Pfad  hinaufwand. 

Als  nach  etwa  einstündigem  Aufstieg  die  Dämme- 
rung hereinbrach,  war  es  mit  unserer  Geographie  bald 
zu  Ende.  Es  begann  ein  rathloses  Umherirren  durch 
Schluchten  und  Gestrüpp,  nicht  ohne  peinliche  Be- 
«orgniß  für  unsem  schwer  bepackten  Esel.  Der  mit 
großer  Zuversicht  erwartete  Mond  erwies  sich  als  ein 
höchst  trügerischer  Helfer  in  der  Noth.  Sein  falsches 
Licht  fahrte  uns  erst  recht  irre,  und  immer  wieder 
geriethen  wir  an  den  Band  der  ungangbaren  Schlucht, 
jenseits  welcher  das  von  der  Höhe  herab  grüßende 
Hundegebell  die  Nähe  des  Dörfchens  Turniki  ver- 
muthen  ließ. 

Unserem  Vasili  wurde  endlich  die  Sache  unheim- 
lich, und  er  wagte  den  Vorschlag,  die  Nacht  hier  zu- 
zubringen, denn  „es  hieße  Gott  versuchen,  weiter  zu 
gehen".  Hätte  das  ein  Z'graggen  oder  Tresch  zu  uns 
gesagt,  so  würde  er  sicher  Gehör  gefunden  haben; 
weil  es  aber  nur  der  Vasili  war,  so  wagten  wir  doch 
noch  einen  Versuch,  den  Pfad  zu  finden.  Und  er 
glückte.  Der  diesmal  entdeckte  Weg,  so  schmal  er 
war,  ging  nicht  aus,  und  um  11  Uhr  pochten  wir  an 
die  Thtire  des  Papa's  von  Turniki  in  der  Hoffnung, 
die  gemarterten  Glieder  bald  auszuruhen. 

Aber  in  Griechenland  hat  ein  Pfarrer,  der  fast 
1000™  über  dem  Meere  wohnt,  gute  Gründe,  nicht  Alles 
hereinzulassen,  was  um  Mitternacht  an  seine  Thüre 
pocht.  So  mußten  wir  noch  während  einer  halben 
Stunde   diplomatischer  Unterhandlungen   den  Moment 


312  Ä.  Trautweiler. 

abwarten,  wo  das  Vertrauen  in  unsere  guten  Absichten 
die  Oberhand  gewann.  Dann  aber  wurde  uns  die 
griechische  Gastfreundschaft  in  [rückhaltlosem  Maße 
zu  Theil.  „Das  Haus  gehört  Euch",  sagt  der  Grieche 
zu  dem  eintretenden  Gaste  und  damit  ist  Alles  gesagt. 

Damit  Sie  nun  aber  nicht  meinen,  wir  seien  bei 
diesem  Anlaß  recht  beneidenswerthe  Hausbesitzer  ge- 
worden, muß  ich  nochmals  hervorheben,  daß  so  ein 
griechisches  Bauernhaus  etwas  sehr  Unvollkommenes 
ist  und  bei  uns  daheim  kaum  als  ordentliche  Club- 
hütte  dienen  könnte.  Es  besteht  in  der  Regel  aus 
zwei  Abtheilungen,  einem  unausgebauten  Raum,  wo 
allerlei  Geräthschaften  und  Vorräthe  untergebracht 
werden  und  gekocht  wird,  und  einer  Kammer,  die  als 
Wohn-  und  Schlafraum  dient. 

Als  wir  eintraten,  lag  mitten  in  der  Kammer, 
mumienartig  in  eine  Wolldecke  gewickelt,  eine  mensch- 
liche Gestalt.  Es  war  die  Papadia,  des  Pfarrers  Frau. 
Sie  richtete  sich  auf  und  ging  hinaus,  um  den  Fremd- 
lingen Platz  zu  machen. 

Der  Papa  bedauerte,  keinen  Wein  zu  haben.  Wir 
hatten  uns  aber  für  diesen  Fall  vorgesehen  und  unser 
Gastfreund  ließ  sich  gerne  dazu  verleiten,  mitzuhalten, 
während  er  seinerseits  Schafkäse  auftischte  und  Teller 
und  Servietten,  welch'  letztere  hier  in  keiner  Hütte 
fehlen  dürfen,  hervorsuchte. 

Als  wir  uns  gestärkt  und  die  Neugier  unseres 
Gastgebers  befriedigt  hatten,  überließ  uns  dieser  den 
besseren  Theil  seiner  Hütte  vollständig.  Auf  dem 
Boden  war  in  mehrfacher  Lage  eine  Wolldecke  aus- 
gebreitet, wo  wir  uns  nach  griechischer  Art  einmummten. 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes,  313 

Betten  sind  hier  auf  dem  Lande  nur  dem  Namen  nach 
bekannt.  Die  zu  große  Ermüdung  machte  das  Schlafen 
fast  unmöglich.  Es  war  ein  Reißen  und  Beißen  in  allen 
GHedern,  als  ob  Ameisen  drin  wären,  und  anfänglich 
entstand  der  Verdacht,  es  sei  in  den  Wolldecken  de» 
Herrn  Pfarrers  nicht  ganz  geheuer. 

Mitten  in  der  Nacht  entstand  auch  noch  ein  ver- 
zweifelter Lärm  außer  dem  Hause,  der  in  einen  wilden 
Gesang  von  Männern  und  Weibern  tiberging.  Es  war 
das  MoiQokoyiov  (Mirolojo),  die  griechische  Todten- 
klage.  Wer  sie  hört,  den  faßt  der  Menschheit  ganzer 
Jammer  an.  Man  glaubt  eher,  den  Gesang  einer  Schaar 
Wahnsinniger  zu  vernehmen,  als  eine  Kundgebung 
der  Trauer  um  einen  Gestorbenen.  Eine  kurze  Ton- 
figur wiederholt  sich  in  endloser  Folge,  und  lautes 
Schreien  scheint  dabei  Hauptsache  zu  sein.  Hier  da» 
„Leitmotiv'^ : 


Die  ersten  Töne  sind  unbestimmt;  oft  beginnt  der 
Satz  mit  einem  sehr  hohen  Tone,  einem  weitausholenden 
Seufzer  o^r  Schrei.  Die  Melodie  ist,  wie  beim  orien- 
talischen Gesänge  überhaupt,  dem  Texte  sehr  unter- 
geordnet. 

Dieser  letztere  aber  verdient  alle  Anerkennung, 
und  ich  will  als  Probe  die  ersten  Verse  des  Gesanges 
im  Urtext,  Aussprache  und  wörtlicher  üebersetzung 
hier  anführen,  der  in  jener  peinlichen  Nacht  im  ein- 
Samen  Turniki  oben  ertönte.  Er  galt  einem  Kinde, 
zum  Fenster  hinaus   todtgefallen   war.     In   der 


814  A,  Trautweiler. 

Todtenklage  wird  die  Seele  des  Verstorbenen  redend 
«ingeftihrt : 

^Eyco  ixiOsvoa  iidva  fiov 

(Ego  misevo  mana  mu) 

(Ich  gehe  fort  o  Mutter  mein)  .' 

i 

nrjYceivco  O^akkov  töttov  \ 

(pigäno  s'allo  topo)  i 

(gehe  in  ein  anderes  Land)  i 

Ttayo)  O^Trjg  ^'Agvrig  ra  ßovvd  I 

(pago  s'tis  Amis  ta  wunä)  j 

(gehe  auf  der  Vergessenheit  Berge) 

ö\iqq  ^ÄQvrfiag  Tovg  xafiTtovg 

(s'tis  Amisas  tus  kambus) 
(nach  der  Verneinung  (!)  Fluren) 

Die  Fortsetzung,  ebenfalls  wörtlich  übersetzt,  lautet: 

Wo  die  Mutter  das  Kind  vergißt, 
Und  das  Kind  die  Mutter; 
Auch  ich  werde  dich  vergessen,  mein  Mütterchen. 
Und  wenn  die  guten  Tage  kommen. 
Die  Feste  des  Jahres, 
Da  wirst  Du,  Mutter,  zur  Kirche  gehen^ 
Du  wirst  beten  gehen, 
Wirst  die  Jünglinge  und  Mädchen  sehen. 
Alle  Welt  wirst  du  sehen. 
Du  wirst  meinen  Platz  leer  sehen 
Und  meinen  Stuhl  frei. 
Da  werden  deine  Augen  trübe  werden 
Und  deine  Schürze  wirst  du  beschmutzen. 
Ist  das  nicht  rührend  ?  Es  scheint  etwas  Uraltes, 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes.  315 

Heidnisches  in  den  Versen  zu  liegen,  wenigstens  würde 
wohl  ein  Text  aus  christlicher  Zeit  von  Anderem  als 
„der  Vergessenheit  Bergen"  reden.  Doch  mir  geht 
der  Beruf  ab,  darüber  Untersuchungen  anzustellen. 

Doch  nun  zurück  in  die  Kammer  des  Papa's  von 
Tuniiki.  Es  war  Zeit  zum  Aufbruch,  gerade  als  sich 
endlich  eine  bessere  Disposition  zum  Schlafen  ein- 
stellen wollte. 

Unser  Vasili  wurde  mit  dem  Esel  zurückgelassen, 
indem  wir  ihm  für  den  Abend  im  Thal  unten  ein 
Rendez-vous  bestimmten. 

Wir  stiegen  zunächst  am  Hange  des  Kteniaberges 
gegen  die  Paßhöhe  hinan,  welche  die  Wasserscheide 
zwischen  Argolis  und  Arkadien  bildet.  Auf  dem  kaum 
gangbaren  Pfade  stieg  gerade  eine  lange  Reihe  von 
Saumthieren  empor,  jedes  mit  zwei  elenden  Säcken 
Kom  beladen,  die  nach  dem  „gesegneten"  Arkadien 
liinübergebracht  werden  sollten.  So  mag  vor  Jahr- 
hunderten der  Gotthard  Bilder  geboten  haben,  und 
jetzt!  Doch  die  Griechen  sind  näher  am  Ziel,  als  man 
aus  diesem  Vergleich  schließen  möchte.  Es  gibt  schon 
eine  schöne  Kunststraße  mit  Zickzackwindungen,  ähn- 
lich wie  unsere  schweizerischen  Gebirgsstraßen,  die 
von  Argolis  nach  Tripolis,  dem  Hauptorte  der  arka- 
dischen Hochebene,  hinüberführt.  Sogar  ein  Eisenbahn- 
projekt harrt  der  Ausführung  und  hat  viele  Aus- 
sichten. 

Vom  Abhänge  des  Mälevo  trennte  uns  nur  noch 
eine  kleine  Schlucht.  Wir  überschritten  dieselbe,  und 
Bach  einer  Erfrischung  begannen  wir  die  ruppige 
Felsenlehne  hinaufzusteigen. 


816  A,  Trautweüer, 

t 

Jetzt,  werden  Sie  denken,  geht's  endlich  los :  jetitj 

kommen  die  Kletter-  und  Schwindelpartien,  Gratritte, 
Geröllhalden  und  wie  alle  die  schönen  Dinge  heißen, 
welche  zum  clubistischen  Sport  gehören.  Aber  nichts 
von  alledem!  Es  geht  einfach  eine  gleichmäßig  mit 
etwa  60  ®  0  ansteigende,  rauhe  Halde  hinauf.  Inuner 
derselbe  höckerig  ausgewitterte  Kalkfelsen  mit  spär- 
licher Vegetation  von  niedrigen  stachligen  Gesträuchen 
und  KräuteiD. 

Die  Aussieht  auf  dem  Gipfel,  hofften  wir,  werde 
uns  für  den  Mangel  an  Abwechslung  auf  dem  Wege 
entschädigen. 

Wenn  indessen  die  Natur  uns  keine  Hindemisse 
in  den  Weg  legte,  so  waren  sie  uns  darum  doch  nicht 
ganz  erspart.  Ein  Hirte,  in  diesem  Falle  allerdings 
auch  ein  Stück  Natur,  vertrat  uns  den  Weg:  Wohin 
wir  wollten,  was  wir  da  oben  zu  thun  hätten?  wir 
sollten  nicht  hinauf,  seine  Kameraden  weiter  oben 
würden  auf  uns  schießen.  Und  als  wir  nicht  nach- 
geben wollten,  meinte  der  freundliche  Sohn  der  Berge, 
wir  seien  gewiß  dm*chgegangene  Spitzbuben,  kämen 
um  Schafe  zu  stehlen  u.  s.  w.  Das  gefiel  uns  nun 
nicht  mehr  ganz,  besonders  weil  die  Interpellation 
von  einem  Standpunkte  aus  geschah,  der  wohlgedeckt 
war  durch  einen  Gürtel  mit  Pistolen  und  Messern. 
Wir  versuchten  den  ungestümen  Hellenen  dadurch  zu 
beruhigen,  daß  wir  ihm  den  Zweck  unserer  Reise 
auseinandersetzten,  aber  dafür  fehlten  alle  Begriffe. 
Erst  als  wir  ihn  einluden,  mitzukommen,  und  ihm 
sogar  eine  Belohnung  in  Aussicht  stellten,  wenn  er 
die  Freundlichkeit  haben  wolle,  sich  selber  von  unserer 


y 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes.  317 

Harmlosigkeit  zu  überzeugen,  nahm  die  Sache  eine 
gute  Wendung.  Der  neue  Begleiter  wurde  auf  dem 
weiteren  Wege  bald  milde,  zuletzt  sogar  ziemlich 
freundlich  gestimmt. 

Um  9  ühr  langten  wir  auf  dem  Gipfel  an.  Die 
Aussicht,  obschon  nicht  von  der  Großartigkeit  unserer 
alpinen  Panoramen,  war  doch  überaus  entzückend 
und  interessant. 

Im  Norden  hatten  die  uns  umgebenden  Berge  am 
meisten  den  Charakter  des  Hochgebirges.  Die  scharfen 
Kämme  und  tief  eingeschnittenen  Thäler  im  Flußgebiete 
der   Panitza,   des   alten   Inachos,   bildeten   ein    sehr 
schönes  klares  Relief.     Nirgends  ist  Wald  zu  sehen, 
nur    um    einzelne    Erhebungen    zieht    sich    ungefähr 
zwischen  Quote  1000  und  1500  ein  lichtes  Band  von 
Nadelhölzern.    In  den  Runsen  und  Thälern  fließt  kein 
Wasser.     Der  nackte  Fels  hat  Alles  in  seine  Ritzen 
aufgenommen,    und    nur   im    Winter    haben    einzelne 
Wasserläufe  eine  kurze,  wildbachartige  Existenz.  Gegen 
Süden   mochte   es  hinter   dem  zackigen  Kteniaberge, 
der  uns  die  Fortsetzung  der  Bergkette  gegen  das  Kap 
Malea  hinunter  verdeckte,    ähnlich   aussehen.     Aber 
gegen  Osten,  welch*  entzückendes  Gemälde  1    Die  tief- 
blaue  Fläche    des    argolischen   Meerbusens   mit  den 
zahlreichen   Vorgebirgen   und  Inseln,    die  Ebene  von 
Argos  mit  den  weißschimmemden  Dörfern,  den  Oliven- 
wäldem    und    Orangenhainen,    im    Hintergrunde    die 
Berge  von  Epidauros  und  Korinth,  Alles  klasssich  in 
Farbe  und  Zeichnung!    Es  ist  ein  Bild  ganz  anderer 
Art,  als  es  die  heimatlichen  Berge  bieten,  aber  zum 
Mindesten  ebenso  schön. 


318  A.  Trautweiler. 

Die  griechische  Landschaft  ist  bekanntlich  besonders 
durch  ihre  Farben  ausgezeichnet.  Der  Mangel  an  dem 
profanen  Grün  scheint  sie  zu  veredeln.  Dazu  kommt 
die  große  Intensität  von  Licht  und  Schatten  bei  einer 
fast  tadellosen  Reinheit  der  Luft.  Die  Wälder,  welche 
die  Formen  unklar  machen,  die  Schattenwirknng  ver- 
derben und  den  Berglehnen  aus  der  Ferne  ein  un- 
ruhig fleckiges  Aussehen  geben,  fehlen  hier;  statt 
dessen  scheint  oft  Alles  wie  von  gelbbraunem  Sammet 
überzogen.  Es  ist  überhaupt  nichts  da,  was  die  Idee 
profaner  Nützlichkeit  wachrufen  könnte,  Alles  ist  nur 
Form  und  Farl)e. 

Die    „Aussicht    von    Chiliomodi    gegen    Westen" 

(siehe  Beilagen)  bringt  diesen  Charakter  der  pelopon- 

y         nesischen  Landschaft  in  treffender  Weise  zur  Darstellimg. 

Schauen  wir  nun  noch  von  unserem  Gipfel  aas 
nach  Westen.  Da  war  unserem  Blicke  vergönnt,  das 
„glückselige^  Arkadien  zu  umspannen. 

Von  Arkadien  haben  Sie  schon  in  der  Schule 
gelernt,  daß  es  mit  Unrecht  gepriesen  wird,  daß  es 
ein  rauhes  Berglaad  ist,  und  auch  der  oft  gemachte 
Vergleich  mit  der  Schweiz  sehr  schlecht  darauf  paßt. 

Was  man  vom  Mälevo  aus  sehen  konnte,  schien 
das  zu  bestätigen.  Aber  diese  Seite  des  Panorama's 
hatte  ihr  historische«  Interesse. 

Zu  unsern  Füßen  dehnte  sich  die  langgestreckte 
Ebene  von  Tripolis,  einem  ausgetrockneten  Bet^see 
ähnlich.  Diese  Fläche  hat  viel  alt-  und  neugriechisches 
Blut  getrunken.  Dort  haben  sich  so  oft  die  Heere 
der  Spartaner  mit  denen  ihrer  Feinde  von  Argos, 
Athen   und  Theben   gemessen.     Da,  gerade  vor  uns, 


Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes.  819* 

liegen  die  Trttmmer  von  Mantineia,  wo  Epameinonda» 
die  edle  Beele  ansgehaucht.  Weiter  südlich,  in  der 
Nähe  des  alten  Tegea,  das  moderne  Tripolis,  wo  der  "^ 
Wnth  der  entmenschten  griechischen  Freiheitshelden 
Yor  60  Jahren  die  ganze  türkische  Bewohnerschaft 
zma  Opfer  fiel. 

Westwärts  umschließen  die  Hochebene  die  arka- 
dischen Berge,  Gipfel  an  Gipfel,  einem  wogenden 
Meere  gleich. 

Gegen  drei  Stunden  brachten  wir  auf  der  Spitze 
des  M41evo  zu.  Die  Luft  war  ruhig  und  die  Tem- 
peratur angenehm. 

Unser  halbwilde  Begleiter  hatte  schließlich  volles 
Zutrauen  zu  uns  gewonnen,  und  war  erfreut,  uns  mit 
seiner  Kenntniß  der  Umgebung  dienen  zu  können. 
Als  er  noch  den  versprochenen  Lohn  ausbezahlt  erhielt^ 
nahm  er  hochbeglückt  mit  einem  gewiß  gut  gemeinten 
„Audio**  von  uns  Abschied. 

Gegen  Mittag  mußten  wir  an  den  Aufbruch  denken^ 
denn  wir  hatten  noch  einen  langen  Weg  vor  uns. 
Wir  wählten  den  Abstieg  auf  der  Nordseite,  weil 
wir  dort  in  dem  Dorfe  Karya  am  Fuße  des  Berges 
fflcher  Wasser  zu  treffen  hofften. 

Es  ging  zunächst  eine  steile  Schutthalde  hinunter. 
Unser  griechische  College  wurde  hier  etwas  ängstlich 
und  kam  nur  mit  großer  Mühe  vorwärts.  Ich  gewann 
dadurch  Zeit,  der  spärlichen  Flora  einige  Aufmerksam- 
keit zu  schenken,  und  war  überrascht,  fast  lauter 
Bekannte  aus  der  heimatlichen  Flora  zu  finden,  während 
doch  die  Pflanzen  der  tieferen  Region  größtentheils^ 
andere  sind. 


320    A,  Trautweiler,    Eine  Bergfahrt  im  Peloponnes. 

Nochmals  wurde  uns  eine  freundliche  Begrüßung 
von  Seite  einiger  Hirten  zu  Theil,  die  uns  von  einer 
Höhe  herab  unter  Hohngeschrei  Felsblöcke  in  die 
Flanke  sendeten.  Gefahr  war  glücklicherweise  leicht 
«u  vermeiden,  aber  davon  abgesehen  hätten  sich 
unsere  Arkadier  gewiß  über  einen  allfälligen  Erfolg 
ihrer   originellen  Begrüßungsweise   wenig  beunruhigt. 

So  haben  also  Mitglieder  des  S.  A.  C.  das  alte 
Hellas,  seine  Berge  und  deren  Bewohner,  so  die  viel- 
gepriesene Heimat  der  Homerischen  Götter  wieder- 
gefunden ! 

Doch  es  wird  auch  hier  besser  werden.  Der  Zu- 
stand von  Land  und  Volk  ist  noch  elend,  aber  der 
Fortschritt  verdient  Bewunderung.  Noch  ein  halbes 
Jahrhundert  wie  das  letzte,  und  —  das  erste  Jahrbuch 
eines  hellenischen  Alpenclubs  wird  erscheinen! 

Immerhin  mag  es  auch  dann  noch  undankbar  genug 
sein,  eine  Bergfahrt  wie  die  unsrige  zu  beschreiben, 
«nd  man  wird  es  auch  dann  vom  Leser  nicht  ver- 
langen können,  daß  er  nach  der  Beschreibung  einer 
80  einförmigen  Bergbesteigxing  den  Berichterstatter 
auch  noch  auf  der  Rückreise  begleite. 

Wir  aber  nehmen  jetzt  ganz  bestimmt  Abschied, 
-denn  es  wird  Ihnen  leicht  sein,  sich  auszumalen,  wie 
Ihre  Clubgenossen  durch  ein  ödes,  einförmiges  Thal 
nach  Argos  zurückgelangt  sind. 

In  der  Clubhtitte  im  Erstfelder  Thal  sehen  wir 
uns  wieder.  Sorgen  Sie,  daß  es  dort  ein  angenehmeres 
Obdach  gebe,  als  beim  Pfarrer  in  Turniki. 


m. 

Abhandlungen. 


Die  RömerstraBen  in  den  Alpen. 

Von 

Dr.  IL  Bubi  (Section  Bern). 

III.  Rätische  Alpen. 

In  den  rauschen  Alpen  kannte  Polybius  nach 
Strabo,  p.  209,  nur  einen  Weg.  AugustuB  legte  deren 
mehrere  und  verhältnißmäßig  bequeme  an  und  sicherte 
sie  vor  den  Räubereien  der  Eingebomen.  Der  west- 
lichste Paß  dieser  Gegend  ist  der  Lukmanier.  Weder 
auf  der  Peutinger'schen  Karte,  noch  im  Itinerarium 
Antonini  findet  er  sich.  Er  hat  Spuren  einer  alten 
Straße;  ob  diese  aber  aus  der  Römerzeit  oder  aus 
dem  Mittelalter  stamme,  wagt  Bavier  nicht  zu  ent- 
scheiden. In  Castro  im  Val  Blegno  soll  bis  in's  XII.  Jahr- 
huDdert  ein  römischer  Thurm  gestanden  haben,  und 
bei  Malvaglia  hat  man  1852  einen  großartigen  Fund 
von  3000  Stück  römischer  Münzen  des  dritten  Jahr- 
hunderts gemacht.  Dies  sind  die  einzigen  Spuren,  und 
sie  scheinen  mir  nicht  hinreichend,  um  einen  römischen 
Weg  von  Bellinzona  nach  Dissentis  über  den  Lukmanier 
oder  nach  Ilänztiber  den  La  Grainapaß  zu  constatiren. 


324  H.  BüU, 

Sicher   römisch   ist   dagegen  der  Weg  über  den 
Bernhardin    (2063™).    Von    Chur    aus    ist    er   eine 
Zeit  lang  der  gleiche,  wie  für  den  Splügen.     Ich  be- 
schreibe ihn  im  Folgenden   nach  Bavier  und  Meyer. 
In  römischer  Zeit  ging  die  Straße  von  Chur  auf  dem 
rechten  Ufer  des  Rheins  über  Vogelsang  nach  Räzüns 
am  Hinterrhein ;  von  da  über  Roncaglia,  Foppas  und 
Bolveins  nach  Präz  hinauf;  von  hier  den  Heiazenberg 
entlang,    wo  die  Dörfer  in  einer  Linie  liegen,   nach 
Urmeins ,   über   die  NoUa ,   durch   den  sog.  „Dürren 
Wald"    am  Fuß  des   Piz   Beverin ,    über   den  Sattel 
zwischen  Matton  und  Wergestein,  um  den  Piz  Vizan 
herum,  über  die  Alp  Annarosa  nach  Perfils  und  von 
da  hinunter  nach  Sufers.  Sparen  der  Via  Strata  sind 
namentlich  im  Dürren  Wald.  Bavier  glaubt  nicht,  daß 
die  Station  La^ndaria  der  Peutlnger'schen  Tafel  beim 
M^iensäß  Seißa  ob^halb  Thusis  zu  suchen  sei,  ob- 
wohl die  Bedeutung  von  Seißa  mit  Lapidaria  überein- 
kommt und  deutliche  Spuren   einer  im  Zickzack  ge- 
bauten, 6  Fuß  breiten,  besetzten  Straße  hinaufführen.^) 
Diese  Station  sei  vielmehr  zwischen  Dürren  Wald  mid 
Lohn  zu  sudien,  und  allerdings  iat  für  jene  Abweichung 
von   der    natürlichen    Linie    kein    rechter  Anlaß  za 
finden.  Von  Sufiers  geht  die  Römerstraße  am  Fnß  des 
Kalkberges  vorbei  bis  zur  Kirche  von  Splügen.  Hier 
ist  ein  wohlerhaltenes  Stück,  1,5"  breit,   noch  jete* 
zu  Holzfuhren  verwendet.  Von  Präz  an  geht  die  Straße 
auf  der  Sonnseite  durch   die   blühenden   Ortschafteif 
des  Heinzenberges ,  wo  in  d^  Aeckern  oft  rönaiscbe 


^)  Netter  Sammler  180B,  p.  162 ;  1806,  p.  3(3. 


Die  Bömerstrassen  «>»  den  Alpen,  325 

Münzen  gefandoD  werden,  und  des  Sebamserberges. 
Von  Splügen  (der  Name  soll  von  dem  lateinischen 
speenla  =  Warte  kommen)  folgt  der  Weg  stets  der 
linken  Seite  des  Hinterrbeins  über  Medels,  Nufbnen 
und  Hinterrbein.  Breite  wechselnd  von  1,5G°>  bis 
1,80"».  Bei  Hinterrbein  über  den  Fluß.  Der  Bem- 
bardin  hieß  im  Mittelalter  mons  aTium  oder  Yogel- 
berg,  und  sein  jetziger  Name  stammt  von  der  1444 
dem  hl.  Bernhard  von  Siena  errichteten  Kapelle.  Die 
Stücke  der  Via  Strata  dienten  hier  bis  vor  einigen 
Deeennien  als  Grundlage  fttr  den  Winterweg.  Sie 
eignete  sich  dazu,  weil  sie  die  Schneeweben  vermeidet, 
ein  Beweis  des  praktischen  Sinnes  der  römischen  In- 
genieure. Unter  dem  kleinen  Dorfs  Bernardino  geht 
die  antike  Straße  links  von  der  jetzigen,  die  sie  erst 
bei  San  Giaoomo  wieder  erreicht,  längs  der  Mo^sa 
auf  dem  westlichen  Thalbang.  Sie  ist  5— 6  Fuß  breit, 
gut  besetzt,  an  vielen  Stellen  von  Mauerwerk  unter- 
stützt. Vom  Dorf  Misocco  an  folgt  die  Straße  immer 
dem  rechten  Ufer  der  MoSsa  bis  zur  Vereinigung  mit 
dem  Tessin  und  erreicht  diesem  folgend  Bellinzona. 
Dieser  Ort  heißt  Bellitiona  bei  dem  Geographen  von 
Kavenna,  p.  251,  Bilitione  bei  Gregor  von  Tours. 
Dabei  lagen  nach  dem  gleichen  Autor  die  Oampi 
canini,  die  jedem  Wanderer  durch  ihre  Hundstagshitze 
bekannte  Ebene  am  unteren  Tessin.  Durch  diese 
Oampi  canini  marschirte  nach  Ammian.  XV,  4,  1,  im 
Jahre  356  der  Kaiser  Constantius  gegen  die  Ala- 
mannen  im  Linzgau.  Er  ist  also  sehr  wahrscheinlich 
Qber  den  Bernhardin  nach  Chur  gegangen. 

Die  Römerstraße  über   den  Splügen  (2117  «p)  igt 


326  H.  Bubi, 

in  der  Schlucht  des  Spltigenbergbaches  in  Sparen  er- 
halten. Von  der  Höhe  des  Spltigenberges  geht  sie 
über  den  steilen  Kegel  nach  der  italienischen  Dogana. 
An  dieser  Strecke  haftet  noch  jetzt  der  Name  cuneo 
d'  oro ,  entsprechend  der  Station  Cuneus  anrens  der 
Peutinger'schen  Karte.  Von  hier  geht  der  älteste 
Weg  dem  Abhang  folgend  in  das  Thälchen,  wo  Ma- 
desimo  liegt.  Hier  sucht  man  die  Station  Tarvesede 
der  Tab.  Peuting.  und  des  Itiner.  Anton. ,  und  die 
Distanz  X  m.  p.  stimmt  damit.  Der  Weg  ist  steil,  aber 
noch  für  Saumrosse  gangbar.  Ein  anderer  Weg  führt 
dem  Cardinel  gegenüber  von  dem  Bergrücken  steil  ab- 
wärts nach  Isola  und  durch  Wiesengründe,  in  denen 
die  Via  Strata  wohl  erhalten  ist,  nach  Campo  Dolcino. 
Beide  Wege  vermeiden  den  durch  Schneestürme  Übel 
berüchtigten  Cardinel.  Zu  Anfang  des  XIX.  Jahrhun- 
derts standen  bei  Campo  Dolcino  noch  Reste  eines  vier- 
eckigen Thurmes  mit  IV2"*  dicken  Mauern,  Inner- 
raum 2V2°»  auf  jeder  Seite.  400  Schritte  davon  auf 
der  andern  Seite  ein  Gemäuer ,  1™  dick ,  vielleicht 
Reste  einer  Specula.  Der  gepflasterte  Weg  in  der 
Thalebene  bei  Isola  war  wohl  nur  fUr  Saumthiere 
bestimmt ;  er  hat  eine  geringe  Breite  und  keine  Aus- 
stellplätze. Die  Entfernung  von  Chur  nach  Chiavenna 
wird  auf  79  römische  Meilen  =  117^™  angegeben; 
auf  der  Karte  sind  es  nur  105^™.  Daß  Stilicho  im 
Jahr  401  über  den  Splügen  gegangen  sei,  wie  Meyer 
zu  vermuthen  scheint,  ist  mir  zweifelhaft.  In  der 
schauerlich  romantischen  Schilderung  des  Claudian 
(de  hello  getico  v.  330  ff.)  ist  von  Fuhrwerken  die 
Rede,   und   der  Splügen  war  vielleicht   in  römischer 


Die  Römerilraaten  in  den  Alpen.  827 

Zeit  nicht  fahrbar.  Bei  der  ganz  allgemeiDen  Fasanng 
der  topographiBchen  Angabe  „da ,  wo  die  Seite  Hea- 
periena  mit  der  rätischen  Grenze  sich  vereinigt",  läßt 
sich  nicht  entscheiden,  welcher  der  rStischen  Pässe 
gemeint  sei;  vielleicht  der  Julier.  Die  neue  Straße 
durch  die  Via  Mala  berührt  die  alte  nur  beim  Dorf 
8plllgBD,  bei  der  Dogana  und  bei  Campo  Dolcino. 

Von  Räzäna  konnte  man  auf  kürzerem,  aber  be- 
sehwerlicljerem  Wege  als  über  Chur  auch  Über  Tamins, 
Foppa,  Kunkelspaß,  Vättis,  Vadura  zur  Porta  Romana 
bei  der  Ruine  Wartenstein,  oberhalb  Ragaz,  und  nach 
Sargans  gelangen. ') 

Den  Hauptweg  von  Bregenz  nach  Mailand  gibt 
das  Itinerar  folgendermaßen  an :  Curia  L,  TinnetioneXX, 
Mnro  XV,  Snmmo  Lacu  XX,  Como  XV,  Mediolano  XVIII. 
Da  Tinnetione  unstreitig  Tinzen  und  Snmmo  Lacu  = 
Samolaco  an  der  Maira  ist,  so  gebt  dieser  Weg  flber 
den  Septimer  oder  über  Julier  und  Maloja.  Die 
DistanzeD  stimmen  besser  zum  Septimer  (2311"), 
der,  im  Mittelalter  von  allen  Oranbllndner  Pässen  am 
meiaten  benutzt,  einige  Stunden  kurzer  ala  der  Julier, 
durchweg  sicher  und  leicht  passirbar  ist.  Den  Namen 
des  Passes  leitet  Campell  (Rbset.  Alp.  Topogr.  Ms., 
p.  1G2,  Gtat  nach  Bavier)  von  Septimns  Mona  ah, 
nSmlich :  Adlerberg,  Fresgun,  Fermeunt,  FlUela,  Albula, 
Jnlier,  Septimer  oder:  Ereuzlipaß,  Buffalora,  Albula, 
Bemina,  Julier,  Haloja,  Septimer.  Nach  Andern  stammt 
der  Name  vom  Kaiser   Septimins  Severus   ab ,   o 

■)    Die    rSmlBchea    Ansiedelungen    in    der    Ostschn 
UitOieil.  der  Zürcher  anUquar.  OeseUscliaft  1S60,  p.  336 


a2S  B,  DiOd. 

taan  meint,  äet  Name  bedeute  Siel^erberg,  weil  ü^ 
Alpen  deti  sieben  Gemeinden  in  Ober-Potta  gebSren. 
Ebenso  ttwahrseheinlleh  ist  die  Beziehung  auf  den 
Monat  September  nnd  die  Yergleielning  mit  Mandra^ 
d'Agosto  und  Jtdier.  Beptimer  tmi  JuMer  werden  y(m 
£nde  Juni  bis  £nde  September  mit  Vieh  befahren. 
Die  Anwohner  heißen  den  Berg  Sett^  Sette  oder  Set- 
timer,  Settmernnd  Setmerberg,  auf  Urkmiden  erseheint 
er  als  Mons  Septa,  nf  dem  Sepmen  ze  St.  Peter,  Mons 
Setimns  imd  Septimns.  Die  Bedeutung  des  Nanens 
verliert  sich  wohl,  wie  der  Gebrauch  des  Passes,  im 
Dunkel  der  Vorzeit. 

Eine  Beschreibung  des  Weges  hat  Prof^  Brtfgger 
im  Anzeiger  für  Schweiz«  Geschichte  1860  geliefert. 
Der  Weg  von  Chur  nach  Tiefenkasten  vermied  das 
schwierige  Terrain  im  Domleschg  und  der  Albnla- 
schlucht,  und  ging  durch  das  vordere  Sehanfigg 
über  den  Churwaldnerberg  und  die  Jochalp,  also  Chnr- 
walden-Parpan-Lenz.  Im  sog.  Schwarzwald  sind  üeber- 
reste  der  Via  Strata,  von  Tiefenkasten  längs  der  Julia 
nach  Barwein  und  Centers.  In  letzterem  Orte  wurde 
1786  ein  Eupferkessel  voll  goldener  und  silberner 
Armspangen  und  keltischer  Mttnzeü  gefunden.  Von 
Centers  nach  Tinzen.  Hier  verschiedene  Wohlerhaltene 
Kehren*  Breite  =  2,70™.  Zweifelhaft  ist,  ob  diese 
nicht  erst  aus  dem  XIV.  Jahrhundert  stanmien ,  wo 
die  Straße  von  Jacob  Castelmur  neu  erstellt  wurde. 
Die  alte  Straße  vermied  alle  Schluchten  und  Sümpfe 
der  jetzigen,  indem  sie  unterhalb  Möllns  längs  der 
jetzigen  Waldgrenze  über  die  Alpen  von  Flix  bis  zur 
Ruine   von    Spadlatsch   und    dann   wieder    oberhalb 


Die  Bömerstrassen  in  den  Alpen,  829* 

Marmorera  durch  den  Wald  auf  dem  rechten  Ufer 
nach  Stalvedro  ging.  In  Stalla  Trennung  für  Julier 
und  Septimer,  daher  der  romanische  Name  Bivio. 
Die  Septimerstraße  war  wohl  nur  ein  Saumweg.  Auf 
der  Höhe  war  im  Mittelalter  ein  hospitale  oder  xeno- 
dochium  St.  Petri.  Nach  Casaccia  hinunter  ist  der 
Weg  stellenweise  gut  besetzt  und  4 — 5  Fuß  breit» 
In  Casaccia  erreicht  er  wieder  die  Julier straße.  Diese 
geht  von  Stalla  in  Kehren  auf  die  Höhe  (2287  °>)  de* 
Berges,  wo  zwei  Säulenstticke  von  römischem  oder 
noch  früherem  Alterthum  zeugen.  Bei  denselben  sind 
1854  viele  Münzen  gefunden  worden.  Folgende  Namen 
erscheinen  darauf:  Caligula,  Claudius,  Nero,  Vespasian^ 
Nerva,  Marc  Aurel,  Gordian,  Faustina,  Domitian,, 
Julia  Pia  Septimi  Severi  uxor,  Antoninus  Pius,  Ale- 
xander Severüs,  Philippus,  Gallienus,  Gothicus,  Probus, 
Maximianus,  Constantius  Chlorus,  Maximinus,  Maxen- 
tius,  Constantinus  Magnus,  Licinius,  Constantius.  Die 
Form  der  Säulen  ist  nicht  cylindrisch,  sondern  konisch,, 
die  eine  liegt  links  gegen  Norden.  Sie  ist  2,15™' 
hoch.  Die  Peripherie  der  oberen  Grundfläche  ist  1,57"^ 
in  der  Mitte  1,54"»,  die  andere  steht  rechts  gegen 
Süden,  2,05"*  hoch,  Peripherie  der  oberen  Grund- 
fläche 1,57°»,  weiter  unten  1,63  bis  1,61".  Jede 
8äule  hat  in  der  Stirnfläche  ein  Loch  zur  Aufnahme 
eines  Zapfens.  Beide  Stücke  zusammen  bilden  einen 
Kegel  von  0,40»  oberem  und  0,53°»  unterem  Durch- 
messer und  4,20  "»  Höhe.  Die  Säule  besteht  aus  Lavez- 
stein,  einem  Gemisch  von  Serpentin  und  Talk.  Wir 
haben  schon  in  den  Westalpen  solche  Cultdenkmale 
gefunden.     Avienus  im  Gedichte  de  ora  maritima  v. 


330  R.  Bubi, 

637  erwähnt  eine  columna  solis  bei  der  Quelle  der 
Ehone.  Tschudy  und  Andere  bezogen  unsern  Berg 
auf  Julius  Caesar  und  deuteten  die  Säule  als  Sieges- 
aeichen, gewiß  mit  Unrecht.  Aber  auch  Stumpfs  Ab- 
leitung von  den  julischen  Alpen  ist  unmöglich.  Auf 
der  Höhe  sind  die  üeberreste  der  Via  Strata  unzwei- 
deutig. Im  Ausgang  des  Julierthales  geht  die  Römer- 
fitraße  rechts  durch  den  Wald  hinunter,  ohne  Silva- 
plana  zu  berühren ,  und  dann  am  Südabhang  des 
Polaschein  nach  Sils-Basseglia  und  am  linken  Ufer 
des  Silsersee's  nach  Maloja.  Campell  ^)  erzählt  von 
Spuren  eiserner  Wagenräder  in  Felsen  längs  dem 
Silsersee  und  auf  dem  Julier.  Breite  des  Geleises 
5t-6  Fuß.  Darnach  war  der  Julier  fahrbar  wie  in 
den  Westalpen  die  Küstenstraße ,  der  Mont  Gen^vre 
und  der  Kleine  St.  Bernhard.  Der  Abstieg  nach 
Casaccia,  wo  die  Septimerstraße  einmündete,  war  sehr 
steil;  die  Römerstraße  hatte  drei  langgezogene  Curven, 
die  spätere  9 ,  die  jetzige  deren  22.  Von  Casaccia 
geht  sie  über  Castelmur,  Castasegna  und  Plurs  nach 
Chiavenna.  Bei  Castasegna  ist  ein  Stück  Römerstraße, 
das  vor  1859  und  der  neuen  Bergellerstraße  sogar 
befahren  wurde,  2,70*"  breit  und  gepflastert.  Aber 
auch  schon  weiter  oben  finden  sich  Spuren.  Die  alte 
Straße  ging  unterhalb  Casaccia  auf  dem  rechten  Ufer 
der  Maira.  Hier  sind  römische  Straßenreste  bei  Rot- 
ticcio  und  S.  Cassiano  (Vicosoprano),  ebenda  sind  zwei 
alte,  runde  Thürme,  angeblich  römischen  Ursprungs. 


0  Sein  Bericht  ist  abgedruckt  im  Neuen  Sammler  1804, 
p.  99,  und  im  Anzeiger  für  »Schweiz.  Geschichte  1860,  Heft  3, 
p.  127. 


IHe  Römerstraasen  in  den  Alpen.  331 

Auch  oberhalb  Coltura  ist  eiD  StUck  RÖmerstraOe. 
Am  besten  constatirt  ist  sie  bei  Promontogno.  Hier 
sind  uralte  Qaermauern,  die  zwischen  dem  Fluß  und 
der  Bergwand  die  Straße  sperren.  Hier  sucht  man 
die  Station  Munis  des  Itinerar  und  nach  alter  Tra- 
dition soll  hier  zwischen  dem  Berg  und  dem  Thurm 
von  Gastelmur  die  Porta  Prsegallite  gewesen  sein,  von 


der  das  Bergell,  ital.  Bregaglia,  seinen  Namen  er- 
halten habe.  Da  in  antiken  Zeiten  in  diesem  Thal 
das  Volk  der  Bergalei  bezeugt  ist,  so  ist  diese  etymo- 
logische Deutung  wohl  müßig,  ebenso  stammt  die  alte 
Brücke  über  die  Maira  bei  Promontogno  nach  In- 
genieur V.  Albertini's  und  Professor  Maurizio's  Urtheil 
wahrscheinlich  aus  dem  Mittelalter.  Aber  coustatii-t 
ist  die  Römerstraße  von  Promontogno  zum  Thurm 
Castelmur  und  rechts  um  denselben  herum,  vielleicht 
auch  die  linke,  die  jetzt  mit  Rasen  und  Geh  lisch  ver- 
deckt ist.     Von   einer   ehemaligen  Brücke   unterhalb 


*)  Ans  BaTler:  Die  Straßen  der  Schweiz. 


Die  Eömerstrassen  in  den  Alpen,  833 


t»%  9      9        -r      t       i      •  Bit«««* 

Profil  der  Bömerstrasse  bei  Fromontogno. 

Aus  Bavier:  Die  Strassen  der  Schweiz. 

dem  Sastama  sind  Spuren  eines  Pfeilers  auf  dem 
linken  Mairaufer  erhalten,  vielleicht  römisch.  Nach 
Lotfamann,  Geschichte  Tyrols  I,  Seite  145,  existirte 
schon  zur  Zeit  des  Dnisus  eine  Straße  durch  das 
Eugadin  naöh  Finstermünz  und  Heran,  eine  Behaup- 
tung, die  sehr  zweifelhaft  ist. 

Im  östlichen  Theil  der  rätischen  Alpen  sind  zwei 
riJmische  Hauptwege  zu  verzeichnen,  die  Via  Claudia 
aus  dem  Etscfathal  in  das  des  Inn  über  die  Reschen- 
Bcheideck  (1493"^)  und  von  diesem  in  das  Rhein- 
thal bei  Feldkirch  über  den  Arlherg.  Die  Haupt- 
punkte dieser  Route  sind:  Pons  Drusi  bei  Bozen, 
Meran  ,  Mals ,  Landeck ,  Bludenz ,  Olunia  «=  Feld- 
kirch, Brigantium  =  Bregenz.  Der  Name  der  Straße 
erhält  die  Erinnerung  an  den  kühnen  römischen  Feld- 
herrn, der  in  einem  blutigen  Sommerfeldzug  diese  Ge- 
genden der  Herrschaft  seines  Stiefvaters  und  des  rö- 
mischen Volkes  unterwarf  und  durch  diesen  genialen 
Straßenzug  die  Vereinigung  erzielte  mit  den  west- 
riUischeii  Gebieten,  welche  unter  die  Hand  seines  Bruders 
Tib^ns  gefallen  waren.  850  Millien  lang,  sollte  die 
Via  Claudia  Po  und  Donau  mit  einander  in  Verbindung 
setzen,  ^äter  durch  die  directere  Brennerroute  ver- 
drSiBgt,  figurirt  sie  nicht  im  Reisehandbuch,  und  wir 
verdanken  die  Kunde  von  ihrer  Existenz  einzig  drei 
Ueüeosteinen ,  von  deinen  der  eine  6 — 7  Millien  von 


334  H,  Dübu 

Feltre  nach  Belluno  zu ,  die  anderen  bei  Rabland 
oberhalb  Meran  und  bei  Toll  im  Tirol  gefunden  wor- 
den sind.  Die  beiden  letztern  stehen  nicht  auf  der 
Brennerstraße,  sondern  im  Vinstgau,  und  daß  sie  nicht 
hieher  verschleppt  sind,  beweist  das  Material :  Vinst- 
gauerkalk.  Diese  Steine  bezeugen,  daß  der  Kaiser 
Claudius  im  Jahre  46/47  nach  Christo  die  einst  von 
seinem  Vater  quer  durch  die  Alpen  angelegte  Straße 
von  Altinum  ausgehend  neu  hergestellt,  mit  Mauern 
gestützt  und  gegen  das  Wasser  gesichert,  also,  wie 
wir  sagen,  chaussirt  hat.  Die  Strecke  Oderzo-Trient 
figurirt  im  Itinerar  mit  den  Stationen  Ad  Cepasias(?), 
Feltria  =  Feltre  im  Val  de  Mel,  Ausugo  im  Val 
Sugana.  Von  Tridentum  stieg  die  Straße  das  Etsch- 
thal  hinauf  über  Endidse  =  Neumarkt  nach  Pons 
Drusi,  dem  jetzigen  Bozen,  das  auch  Prsesidium  Tiberii 
hieß.  Die  Via  Claudia  Augusta  blieb  im  Etschthai. 
Römische  Inschriften  auf  der  Reschenscheideck  be- 
zeugen das  Dasein  einer  römischen  Straßenverbindung 
aus  der  Vallis  Venusta,  dem  Vinstgau,  in's  Inntbal. 
Der  weitere  Straßenzug  ist  nicht  bezeugt,  kann  aber 
nur  über  den  Arlberg  in  den  Wallgau ,  die  Vallis 
Drusiana  des  Mittelalters,  gegangen  sein. 

Im  Itinerar  findet  sich  statt  dieser  nordwestlichen 
eine  directere  Verbindung  von  Süd  nach  Nord  über 
den  Brenner  (1367™).  Die  Stationen  sind  von  Verona 
aus:  Palatium  =  Palazzo,  Tridentum  =  Trient, 
EndidsB  =  Neumarkt,  Sublavione  =  Kloster  Seven 
oder  Klausen  unterhalb  Brixen,  Vipit^num  =  Sterzing, 
zuoberst  an  der  Eisack  im  Wippthal,  Veldidena  = 
Kloster  Wilten  bei  Innsbruck,  Parthanum  =  Parthen- 


Die  Bömerstrassen  in  den  Alpen.  335- 

kirchen  an  der  Loisach.  Von  da  ging  die  Römerstraße^ 
doi'ch  den  Ammergau  nach  Abodiacum  =  Epfach  am 
Lech  und  nach  Augsburg.  Die  Länge  der  Route  wird 
auf  272  Millien  angegeben.  Die  Peutinger'sche  Karte 
hat  ein  paar  Stationen  mehr,  die  aber  nicht  alle  be- 
stimmt werden  können.  Ich  nenne  nur  die  wichtigen  r 
Pons  Drusi  =  Bozen,  Matreium  =  Matrei,  welchem 
Ort  gegenüber  bei  Lueg  ein  Meilenstein  gefunden 
wurde  ,  ebenso  bei  Zirl  oberhalb  Innsbruck ,  wo  die 
Straße  das  Innthal  verläßt.  Scarbia  scheint  Scharnitz 
zu  sein ,  bei  Mittenwald  und  Parthenkirchen  sind 
Meilensteine  gefunden  worden.  Aus  Inschriften  wissen 
wir,  daß  die  Kaiser  Septimius  Severus  und  M.  Aurelius 
Antoninus  Pius  (bekannter  unter  dem  Namen  Caracalla),. 
wie  dessen  Bruder  Septimius  Geta  Antoninus,  201/202 
p.  Chr.  die  Straßen  und  Brücken  dieser  Gegend 
wieder  hergestellt  haben.  Auch  die  späteren  Kaiser 
seit  Diocletian  betheiligten  sich  eifrig  an  ihrer  Aus- 
besserung. Aber  auch  aufwärts  können  wir  die  Existenz: 
der  Brennerstraße  weit  verfolgen.  Es  ist  fast  zweifel- 
los, daß  der  von  Polybius  bei  Strabo  durch  das  Ge- 
biet der  Räter  bezeichnete  Paß  der  Brenner  ist.  Die 
Sage  von  der  Entstehung  des  Bernsteins  an  der  Mün- 
dung des  Eridanus,  d.  i.  des  Po,  weist  auf  uralte- 
Verbindung  etruskischer  Händler  von  der  Adria  zur 
Ostsee  hin,  und  eine  zusammenhängende  Reihe  von 
etruskischen  Funden  in  der  Val  di  Cembra  bei  Trient,. 
zu  Caldaro  im  Etschthal  bei  Brixen ,  zu  Greifenstein 
bei  Bozen  an  der  Eisack,  zu  Pfatten  an  der  Etsch 
bei  Bozen,  zu  Kronburg  im  Oberinnthalerkreis ,  zu 
Matrei   und  Sonnenberg   am   nördlichen   Abhang   des- 


336  H.  THOh. 

Brenner  leiten  uns  zuverläßig  über  diesen  Paß,  der 
:also  von  den  Römern  nur  verbessert  worden  ist.  ^) 
Diese  äußerst  wichtige  Straße,  die  an  vier  Stellen,  bei 
Trient ,  Bozen ,  Innsbruck  und  Epfach ,  Kreuzungen 
hat,  war  sicherlich  befestigt.  Unter  König  Theodorich 
existirte  bei  Trient  eine  Burg  Verruca,  deren  Name 
römisch  scheint  (Cassiodor  variar.  DI,  ep.  48).  Bozen 
liat  in  alten  Urkunden  den  Namen  Tunis  Drusi  oder 
Präsidium  Tiberii ;  bei  Innsbruck  lag  die  römische 
Burg  nachweisbar  auf  dem  Lorenzenberg.  Auch  Burg 
Teriolis  bei  Meran  und  Martiola  bei  Chur,  wo  vier 
Pässe  zusammenkommen,  scheinen  römischen  Ursprungs 
zu  sein. 

Wir  gehen  nun  zu  den  Julischen  Alpen  über. 
:Schon  den  Alten  ist  es  aufgefallen,  daß  von  der  Grenze 
Ton  Kätien  und  Noricum  weg,  die  mit  dem  30.  Meri- 
dian ungefähr  zusammenföllt,  der  Bau  der  Alpen  sich 
-vollständig  ändert,  indem  die  Grebirgsmasae  sich  fächer- 
förmig nach  dem  Osten  und  dem  pannonischen  Tief- 
land zu  öffnet.  Dem  entsprechend  ist  auch  die  Rich- 
tung der  Pässe  auf  die  Längsthäler  angewiesen,  und 
wiederholte  Steigungen  sind  nöthig,  um  den  Kamm 
des  Gebirges  zu  überwinden.  Der  Austritt  aus  Italien 
ist  bestimmt  durch  den  Lauf  des  Tagliamento  nnd 
Isonzo,  und  es  ergeben  sich  daraus  drei  Straßen. 

Die  westlichste  ist  im  Itinerarium,  p.  279  W.,  ver- 
izeichnet  als  kürzester  Weg  von  Aquileja  nach  Veldi- 
dena  mit  einer  Länge  von  215  Million.  Von  Juliom 
Oamicum  =  Zuglio  aus  am  oberen  Tagliamento  er- 

^)  H.  Genthe:  Ueber  den  etruskischen  Tanschhandel 
jiach  dem  Norden.    Frankfurt  1874. 


\ 


Die  BömerstroABefn  in  den  Alpen,  337 

stieg  der  Paß  die  Al^pis  Julia  im  Monte  Croce  (1371") 
und  führte  über  die  Pleckenalp  (1257™)  hinab  nach 
Lonciom  =  Mauthen  im  Thal  der  Gail,  und  Yon  da 
wieder  aufwärts  über  den  Kötschachpaß  (1014™)  nach 
Ober-Draaburg  an  der  Drau.  Durch  das  Pusterthal 
setzte  sie  sich  über  Aguontum  =»  Lienz,  Littamum  »x 
Jimiehen^  die  Wasserscheide  bei  Toblach  (1204"») 
Sabatnm  =  St.  Lorenzen  an  der  Rienz  fort^  um  bei 
der  jetzigen  Franzensfeste  zwischen  Brixen  und  Bter- 
zing  in  die  Brennerroute  zu  münden.  Einige  auf  der 
Jochhöhe  in  den  Felsen  gehauene  Inschriften  melden 
von  Wegebanten  aus  dem  Jahr  373  p.  Chr.^  und  eben- 
dort  ist  eine  etruskische  Inschrift  gefunden  worden, 
welche  von  dem  hohen  Alter  des  Verkehrs  Zeugniß 
ablegt.*)  Aus  dem  Thal  des  gleichen  Tiliaventus  = 
Tagliamento  zweigt  östlich  eine  zweite  Straße  ab, 
folgt  dem  Lauf  des  Fella  durch  Pontebba  und  Pon- 
tafel  und  erreicht  bei  dem  Dorfe  Saifnitz  die  Wasser- 
scheide (783")  zwischen  dem  Adriatischen  und  Schwar- 
zen Meer.  Dann  senkt  sie  sich  nach  Tarvis  an  einem 
Zufluß  des  Licus  ==  Gail  und  erreicht  von  da  Santi- 
cum  «=  Villach  an  der  Drau  und  Virunum ,  dessen 
Kuinen  nördlich  von  Klagenfurt  gefunden  werden. 
Dieser  Weg  scheint  in  der  Peutinger'schen  Tafel  und 
im  Itinerar  verzeichnet,  aber  mit  so  verschiedenen 
Stationen  —  in  der  einen :  Ad  Silanos,  Tasinemetum, 
Saloca,  im  andern:  Viam  Beloio,  Larix,  Santicum  ~- 
und  Distanzangaben,  daß  Spruner-Menke  im  Atlas 
Antiquus  Nr.  XXII  zwei  Straßenztige  angenommen  hat, 

0  C.  I.  L.  in,  p.  590,  V,  p.  176.    Vgl.  auch  Nissen: 
Italische  Landeskunde,  p.  165. 

22 


338  H,  Dubi, 

den  einen  nördlich ,  den  andern  südlich  vom  TerglUy 
dieser  sich  über  die  Karwanken  fortsetzend.  Aber 
die  Inschriftenfunde  bezeugen  einstweilen  nur  eine 
Straße,  die  oben  dargestellte,  von  Pontafel  nach  Tarvi» 
führende J)  Die  dem  Mommsen'schen  Inschriftenweg 
beigegebene  Karte,  verkleinert  in  der  „Anleitung  m 
anthropologisch-vorgeschichtlichen  Beobachtungen  im 
Gebiet  der  deutschen  und  österreichischen  Alpen"*), 
zeigt  die  Fortsetzungen  und  Verzweigungen  dieser  waä 
der  andern  Straßen  in  den  Ostalpen.  Von  Santicum  = 
Villach  geht  ein  solcher  Römerweg  längs  der  Drau 
über  das  Lurnfeld  und  dann  aus  dem  Thal  der  Moll 
über  die  Komtauern^  sog.  Heidenweg,  an  die  Salzach 
und  längs  derselben  hinaus  nach  Juvavum  =  Salz- 
burg. Von  Virunum  bei  Klagenfurt  aus  geht  eine 
große,  in 'der  Peutinger'schen  Tafel  und  im  Itinerar 
verzeichnete  Straße  über  Noreia  =^  Neumarkt  nach 
Norden,  die  zwischen  Linz  und  Lorch  die  Donau  er- 
reicht. Von  Noreia  aus  steht  diese  Straße  durch  einen 
Zweigweg  über  die  Hadstattertauem  mit  der  eben 
beschriebenen  in  Verbindung.  Bei  Twerg  und  bei 
Untertauern  hat  man  auf  demselben  römische  Meilen- 
steine gefunden.  Von  dem  gleichen  Virunum  geht  eine 
Straße  nach  Süden ,  die  bei  St.  Leonhard  am  LoibI 
die  Wasserscheide  zwischen  Drau  und  Sau  überschreitet. 
Bei  Emona  =  Laibach  stößt  sie  auf  die  letzte  der 
von   uns   zu   beschreibenden   Straßen,   die  über  den 


0  C.  I.  L.  III,  p.  589,  V.  p.  169,  936.  Nissen:  Itai 
Landeskunde,  p.  166. 

2)  Von  Dr.  J.  Ranke.  Beilage  zur  Zeitschrift  des  D.  u. 
Oe.  A.  V.  1881. 


Die  Bömerstrassen  in  den  Alpen.  339 

Ocra  oder  Birnhaumerwald  führende.  Aus  Strabo  IV, 
207,  wissen  wir,    daß  diese  Straße  eine  der  ältesten 
ist  und    daß   ein    starker  Wagen-  und  Frachtverkehr 
zwischen    Aquileja   und   Nauportus   =  Ober-Laibach 
stattfand.    Von  hier  wurden  die  Waaren  auf  der  Sau 
verschifft;    in    späterer   Zeit   führte   eine   bedeutende 
Straße  von  Aemona  =  Laibach  nach  Celeja  =  Cilli 
und  Poetovio  =  Pettau  im  Drauthal  oder  über  Siscia  == 
Sissek  und  Sirmium  =  Mitrowitz  im  Sauthal  an  die 
Donau  hinaus,  welche  sie  zwischen  Semlin  und  Belgrad 
erreichte.     Die  Straße   überschritt  von  Aquileja  aus- 
gehend den   Sontius  (Isonzo),   folgte   dem  Laufe  des 
Fluvius  frigidus  (der  Wippach),   trat   bei  der  Station 
Ad  Pimm  in  den  Birnhaumerwald,  überstieg  diesen, 
der  bei  den   Alten   Ocra   oder  Alpis  Julia  heißt,   in 
einer   Höhe   von   520°™   und   langte  jenseits   bei   der 
Station  Longaticum  =  Loitsch  an.   Die  Entfernung  von 
Nauportus  bis  Emona  wird  auf  76  Millien  angegeben. 
Wenn   wir  nun    die    in   so   langer   Untersuchung 
gewonnenen   Kesultate   übersichtlich   zusammenstellen 
wollen,    so   haben  wir   in  den  Westalpen    5,   in  den 
Centralalpen  7  und  in  den  Ostalpen  wieder  5  römische 
Pässe  gefunden.    Davon  waren  im  Westen  drei  fahr- 
bare:  die  Küstenstraße,    der  Mont  Genfevre  und  der 
Kleine  St.  Bernhard;   in   den  Centralalpen  nur  einer, 
der  Julier,   in  den  Ostalpen  zwei,   der  Brenner  und 
der  Bimbaumerpaß.     Wenn   wir   uns   ferner   fragen: 
wer  benützte  diese  so  zahlreich  und  zum  Theil  so  müh- 
sam und  kunstreich  angelegten  Wege,  die  oft  mitten 
in's  Herz  des  Hochgebirges   und  zu  den  erhabensten 
Scenerien  führen,    so  wird  die  Antwort  lauten:   aus- 


340  H,  Bubi, 

nahmslos  nur  der  Soldat,  der  Kaufmann  und  der 
Beamte  des  römischen  Staates,  selten  ein  Privatmann 
in  eigenen  Geschäften,  Keiner  je  zu  seinem  Vergnügen. 
Nicht  als  ob  dem  antiken  Mensehen  und  speciell  dem 
Römer  der  Stoff  zum  Touristen  gefehlt  hätte.  Vom 
atlantischen  Ocean,  wo  die  am  Mittelmeer  kaum  merk- 
bare Erscheinung  von  Ebbe  und  Fluth  die  bewundern- 
den Blicke  auf  sich  zog,  bis  zu  der  im  Morgengltihen 
wunderbar  tönenden  Memnonssäule  der  ägyptischen 
Wüste  wurden  alle  durch  Naturphänomene,  historische 
Erinnerung  oder  religiöse  Verehrung  merkwürdigen 
Orte  von  wissensdui*stigen  oder  auch  blos  neugierigen 
Reisenden  aufgesucht,  aber  für  die  physikalischen 
Räthsel  der  Alpenwelt  fehlte  das  Interesse  und  für 
ihre  romantische  Schönheit  der  Sinn  vollständig.  „Aus 
freien  Stücken  suchte  Niemand  diese  Einöde  auf,  und 
auch  beherzte  Männer,  die  ihr  Weg  hinüberführte, 
Soldaten,  wie  Kaufieute,  wappneten  das  Herz  gegen 
die  Schrecken  durch  Gelübde  an  die  Gottheit."  ^)  Und 
wenn  heute  der  Wanderer  in  den  Bergen  ob  der 
Schönheit  der  Scenerie  nur  zu  leicht  vergißt,  wie  hart 
der  Einwohner  den  Kampf  um's  Dasein  kämpft,  so 
hoben  die  Alten  nur  diese  Seite  des  Bildes  hervor. 
Sie  betonen,  daß  die  Leute  durch  Kröpfe  entstellt 
sind,  welche  Krankheit  auf  das  Trinkwasser  zurück- 
geführt wird,  und  daß  Bacchus  und  Ceres  hier  ihre 
Gaben  versagen.^)  Von  der  Unlust  und  dem  Grauen, 
mit  welchem  man  die  Alpen  betrachtete,   haben  wir 


^)  Nissen:  Italische  Landeskunde,  p.  172. 
»)  Juvenal.  Satir.  13, 162.  Vitruv.  VHI,  3, 20.   Plinius  Nat 
Hist.  XXXVn,  44.  Diodor  V,  39. 


Die  Bömerstrassen  in  den  Alpen,  341 

eine  charakteristische  Schilderung  bei  Livius  XXI,  32, 
in  Hannibars  Alpenübergang.  „Obwohl  die  Fama, 
welche  unbekannte  Dinge  stark  zu  übertreiben  pflegt, 
sie  vorbereitet  hatte,  so  wurden  sie  doch  von  neuem 
Schrecken  ergriffen,  als  sie  aus  der  Nähe  die  Höhe 
der  Berge  erblickten,  den  fast  zum  Himmel  reichenden 
Schnee,  die  unförmlichen  Hütten  an  den  Felswänden, 
die  durch  Kälte  verkümmerten  Schafe  und  Rinder, 
die  ungeschorenen,  verwahrlosten  Menschen,  die  ganze 
lebende  und  leblose  Natur  von  Frost  starrend  und 
alles  Andere,  wodurch  das  Auge  mehr  verletzt  wird 
als  das  Ohr."  Die  Berge,  welche  diesen  Schrecken  ein- 
flößten, „waren  die  tief  in's  Thal  niederhängenden 
Gletschermassen  des  Mont  Pelvoux,  welche  die  Sol- 
daten des  Hannibal  von  den  Höhen  des  Mont  Dauphin 
bei  einem  Blick  durch  Vallouise  vor  sich  sahen*^ 
(Neumann).  Uns  würde  dieser  Anblick  an  dieser  Stelle 
mit  Entzücken  erfüllen.  Von  einem  Zug  des  Stilicho 
über  die  rätischen  Alpen  singt  der  Dichter  Claudianus 
im  G«tenkrieg  v.  340  ff.  „Viele,  als  ob  sie  das  Antlitz 
der  Gorgo  geschaut,  erstarrten  vor  Kälte,  Viele  ver- 
sanken in  tiefen  Schnee,  oftmals  verschlang  der  weiße 
Abgrund  Wagen  und  Gespanne,  bisweilen  auch  stürzte 
der  Berg  durch  einen  Eisrutsch  plötzlich  zusammen, 
und  der  Boden  versagte,  von  feuchten  Südwinden 
unterhöhlt.  "Der  Paß,  auf  welchem  solche  Fährlich- 
keiten  zu  bestehen  waren,  ist  —  der  Julier  (s.  oben 
S.  326/7).  Diese  Vergleichungen  genügen  sicherlich,  um 
den  Ungeheuern  Unterschied  zwischen  antiker  und 
modemer  Auffassung  zu  constatiren,  und  damit  wollen 
wir  die  Untersuchung  für  einmal  schließen. 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages 

auf  Gesteine. 


Von 
Prof.  Dr.  Albert  Heim. 


Schon  in  alter  Zeit  waren  die  ^ Blitzröhren"  aus 
sandigem  Boden  bekannt.  Wenn  der  Blitz  in  Sand- 
boden einschlägt,  schmilzt  er  den  Sand  rings  um  seinen 
Weg  herum  zu  einer  inwendig  glasigen  glatten,  außen 
von  anklebenden  Sandkörnern  rauhen  Röhre  zusammen. 
Die  Blitzröhren  gehen  2  bis  10°^  tief  in  den  Boden 
hinab  und  verzweigen  sich  manchmal.  Im  oberen 
Theil  sind  sie  weiter  und  stärker  ausgebildet  (2  bis 
5«™  im  Durchmesser),  nach  unten  werden  sie  dünner 
und  enger.  Bald  haben  sie  einen  rundlichen  oder 
vieleckigen  Querschnitt,  bald  sind  sie  ganz  flach  zu- 
sammengedrückt. Beide  Querschnittformen  können 
an  ein  und  derselben  Blitzröhre  wiederholt  abwech- 
seln. Leider  sind  die  Blitzröhren  so  brüchig,  daß 
sie  immer  nur  in  kleinen  Stücken  herauszubekommen 
sind.  Die  Entstehung  derselben  ist  schon  wiederholt 
im  Gebiete  der  Lüneburgerhaide  und  im  Oldenburger- 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  343 

sande  direct  beobachtet  worden ;  die  Blitzröhre  wurde 
an  der  Einschlagsstelle  gefunden  und  in  noch  heißem 
Zustande   aus   dem  Boden  gegraben.     Auffallend   ist 
die  Erscheinung ,   daß  sich   die  Blitzröhren  auf  man- 
chen   Landflächen   sehr  häufig   finden  ^    auf  anderen^ 
^anz    ähnlich   beschaffenen   aber    stets    fehlen.     Man 
kennt  Blitzröhren  aus  Deutschland,  Dänemark,  Eng- 
land^ Ungarn,  Afrika,   von  Maldonado  nördl.  Rio  de 
la  Plata  (Darwin).     Fossil   in   älteren   Schichten  der 
Erdrinde  sind  sie  bisher  noch  nicht  gefunden  worden. 
Aus   dem  Gebirge   sind   Einwirkungen   des  Blitz- 
schlages erst  viel  später  bekannt  geworden.    Saussure 
fand  angeschmolzene  Glastropfen  an  einem  hornblende- 
haltigen  Gestein  am  Mont-Blanc,     An   der  gleichen 
Stelle  sollen  sie   seither  oft  wieder  gefunden  worden 
sein.     Die  Sammlung   des  Polytechnikums   in  Zürich 
sowie  die  Sammlung  in  Bern  besitzen  Stücke  mit  der 
Etiquette  ^Döme  dxi  Goute^,   aus  dem  Nachlaß  des 
Herrn  Prof.  Morlot   stammend.     Humboldt  und  Bon- 
pland  fanden  auf  dem  Gipfel  des  Vulkans  von  Toluca 
das  Gestein   offenbar   nachträglich   durch  Blitzschlag 
oberflächlich   angeschmolzen;    eine    Fläche   von   über 
zwei  Quadratfuß  war  oberflächlich  verglast,    und  an 
einigen  Stellen   befanden    sich   mit   Glasrinde   ausge- 
kleidete Löcher  im  Gestein.    Ramon  hat  am  Glimmer- 
schiefer  auf  dem  Montperdu   und    am   Trachyt  des 
Puy  de  Dome  ähnliche  Verglasungen  getroffen.   Abich 
beschreibt  dieselben  vom  Gipfel  des  Ararat,  wo  der 
dortige    Andesitfels    derart    vom    Blitzschlag    durch- 
löchert und  durchschmolzen  ist,  daß  er  dies  Gestein 
mit  dem  Namen  Fulguritandesit  belegte.    Die  geolo- 


344  Albert  Heim, 

gische  Sammlung   des   Poytechnikums   besitzt  einige 
sehr  schöne   Schmelzprodukte   des   Blitzschlages  aaf 
rostigem  phyllitischem  Gneiß,  welche  Arnold  Escher 
V.  d.  Linth  am  12.  September  1841  vom  Gipfel  des 
Düssietockes  gebracht  hat.     Kleine  GesteinstrUmmer- 
chen    sind   durch   Anschmelzen   und   theilweises  Zu- 
sammenschmelzen   braunglasig   verkittet    in   Formen^ 
welche  an  kurze  Bruchstücke  einer  Blitzröhre  erinnern. 
„Mehrere,   zoll-  bis  tellergroße  Stellen   waren  völlig 
tiberglast.'*    Oswald  Heer  hat  Stücke  rothen  Semifit- 
schiefers    vom    Gipfel    des    Kärpfstockes    gebracht,^ 
welche  stark   braun   verglaste   Stellen   von    1    bis  2^ 
Quadratdecimeter  Größe  zeigen.    Der  Verfasser  selbst 
hat  an  den  vorspringenden  Felsecken  des  aus  Horn- 
blendeschiefer bestehenden  Gipfels  des  Pizzo  Centrale 
eine   Menge   glänzend    grünschwarz   angeschmolzener 
Glastropfen  gefunden.     Alle   gehörten   dem   obersten 
Gipfel   an.     Schon   3^   unter    dem    höchsten   Punkte 
war   nichts   mehr   zu   finden.     Im   Jahre    1868   habe 
ich  alle  diese  Blitzspuren  weggenommen,  um  sie  geo- 
logischen Sammlungen  einzuverleiben.    1875  fand  ich 
wieder  eine  Menge  solcher,   die   in  der  Zwischenzeit 
neu    gebildet   worden    waren.      Auch    diese    wurden 
mitgenommen.      Unterdessen    aber    haben    die    Gott- 
hardbahningenieure   für  ihre  Vermessungen    auf  dem 
Gipfel    einen    festen    Steinmann    mit    einer    eisernen 
Stange  in  der  Mitte   erbaut.     Seither  habe  ich  trotz 
mehnnaligem  Besuch  und  aufmerksamem  Auge  keine 
neuen    Blitzschmelzspuren    mehr    entdecken    können. 
Auch  im  Sommer  1885  war  durchaus  nichts  zu  finden. 
Da  es  sehr  unwahrscheinlich  ist,  daß  Jemand  anders 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  345 

jeweilen  kurz  vorher  dieselben  vollständig  wegge- 
nommen habe,  vennuthe  ich,  daß  nun  der  Blitz  stets 
in  die  Eisenstange  statt  direct  auf  die  Steinflächen 
schlägt. 

Auf  dem  Gipfel  des  Bristenstockes  habe  ich  1872 
vergeblich  lange  nach  Blitzschmelzspuren  gesucht» 
Das  Gestein  wäre  ganz  wohl  geeignet,  solche  zu 
bilden,  warum  fehlen  sie  dort? 

Auf  dem  Gipfel  des  Piz  Languard  sind  Fulgurite 
schon  von  verschiedenen  Bergsteigern  beobachtet 
worden. 

Im  vergangenen  Sommer  1885  erhielt  ich  eine 
reiche  Ausbeute  von  Blitzschmelzspuren,  gesammelt 
und  mir  zugesendet  durch  meinen  jungen  Freund 
Herrn  Ingenieur-Topograph  S.  Simon.  Wer  sich  dafür 
interessirt,  kann  die  schönsten  Stücke  seiner  Sendungen 
ausgestellt  in  der  geologischen  Sammlung  des  Poly- 
technikums in  Zürich  einsehen.  Dieselben  stammen 
vom  Gipfel  des  Finsteraarhorns  4275",  wo  sie  auf 
Glimmergneiß  entstanden  sind,  vom  Sattelhom  3746™ 
westlich  des  Aletschhornes  gelegen,  wo  sie  auf  Hom- 
blendegestein  sich  gebildet  haben;  der  Inhalt  einer 
dritten  Sendung  von  „Fulguriten"  ist  von  Herrn  Simon 
auf  dem  Sparrenhom  3026"»  nördlich  von  Beialp 
auf  Gneiß  entdeckt  worden. 

Zu  dem  Funde  vom  Sattelhorh  berichtet  Herr 
Simon:  „ Eigenthümlicher  Weise  zeigte  nicht  die 
^höchste  Spitze  die  auffallendsten  Spuren,  sondern 
^die  ziemlich  genau  senkrecht  darunter  etwa  ^/2"* 
„tiefer  liegenden  Blöcke  des  wild  zerrissenen  Gipfels. 
„Erst  nach  Wegräumen   des   obersten,   etwa  80  kg. 


346  Albert  Heim, 

^schweren  Blockes,  der  nur  kaum  merkliche  Blitz- 
^ spuren  zeigte,  ergab  sich  die  Ausbeute,  die  mitfol- 
„gend  an  Sie  abgeht."  Alle  diese  Gipfel  besteben 
aus  krystallinischen  Silicatgesteinen.  Auf  den  hellen 
Gneißen,  Glimmerschiefern  und  Graniten  sind  die 
Schmelzkrusten  selbst  hellfarbig,  oft  weißlich  schau- 
mig und  deßhalb  für  ein  ungeübtes  Auge  gar  nicht 
leicht  zu  finden.  Aeltere  Schmelzprodukte  sind  durch 
nachträgliche  Verwitterung  wieder  trübe  und  matt 
geworden.  Schon  mancher  Olubist  mag  auf  die  schön- 
sten Schmelzspuren  sich  gesetzt  und  auf  solchen  seinen 
Proviant  ausgepackt  haben,  ohne  diese  merkwürdigen, 
für  Sammlungen  so  werthvoUen  Dinger  zu  beachten; 
andere  hat  er  mit  den  Füßen  zertrümmert.  Viel  besser 
in  die  Augen  fallend  werden  die  Fulgurite  auf  Hom- 
blendegesteinen,  indem  die  letzteren  beim  Schmelzen 
ein  glänzend  grünschwarzes  bis  schwarzes  Glas  er- 
geben, das  sich  oft  an  der  Oberfläche  des  Gesteines 
zu  großen  Tropfen  zusammenzieht,  die  wie  schwarze 
Perlen  aussehen  (Pizzo  Centrale,  Sattelhorn).  Die 
Glaskruste  ist  meistens  kaum  1™°^  dick,  nur  einzelne 
Tropfen  erreichen  einen  halben  Centimeter  Dicke.  Es 
kommen  zusammenhängende  Glaskrusten  bis  zu  der 
Ausdehnung  einer  ganzen  Handfläche  vor.  Oefter 
ist  die  Gesteinsfläche  nur  mit  einzelnen  sich  nicht 
berührenden  Glasperlen  besetzt.  Manchmal  erkennt 
man  Linien  oder  Streifen  auf  derselben,  welche  durch 
winzig  kleine  Glaskügelchen  in  großer  Zahl  gebildet 
werden.  Die  Wirkung  bleibt  stets  an  der  äußersten 
Fläche  des  Gesteins,  sie  dringt  nicht  hinein.  Kleine 
Gesteinstrümmerchen    sind    manchmal    zu    verglasten 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  347 

Häufchen  von  bis  zu  einigen  Kubikcentimetern  Größe 
zusammengebacken.  Das  Glas  ist  gleich  wieder  er- 
starrt da,  wo  es  sich  gebildet  hat,  es  ist  nicht  merk- 
lich weiter  geflossen,  denn  schon  Escher  hebt  hervor, 
daß  bei  Fulgnriten  auf  Syenit  jeweilen  die  Glasrinde 
über  Feldepathkömern  weißlich,  über  Hornblende- 
körnem  grünschwarz  ist.  Es  scheint,  daß  die  ver- 
schiedenen Grade  der  Schmelzbarkeit  der  verschiedenen 
Mmeralien  bei  der  Bildung  der  Fulgurite  kaum  zur 
Geltung  kommen.  Ich  finde  dieselben  an  Gesteinen 
mit  vorherrschendem  Quarz  und  nur  wenig  Feldspath 
oder  Glimmer  gerade  so  vollkommen  ausgebildet,  wie 
an  den  weit  leichter  schmelzbaren  Amphiboliten. 

Herr  S.  Simon  ist  durch  seine  Erfahrungen  zu  der 
üeberzeugung  gekommen,  daß  die  Blitzverglasungen 
auf  stark  ausgesprochenen  Gipfeln  im  Gebiete  der 
kiystallinischen  Silicatgesteine  (Gneiß,  Granit,  Syenit, 
Glimmerschiefer,  Sericitgesteine ,  Phyllite,  Amphibo- 
lite  etc.)  die  Regel  seien.  Wir  können  hinzufügen, 
daß  sie,  wenn  auch  nur  sehr  selten  und  zufällig,  auf 
Sätteln,  Gräten  und  Abhängen  gefunden  werden. 

Um  so  sonderbarer  ist  es,  wenn  es  sich  wirklich 
selbst  durch  das  sorgfältigste  Nachsuchen  bestätigt, 
daß  einzelne  Gipfel  beständig  von  Fulguriten  frei- 
bleiben. 

In  einem  Briefe  vom  2.  Februar  1886  schreibt 
mir  Herr  S.  Simon,  den  ich  vor  einigen  Jahren  dringend 
ersucht  hatte,  auf  Fulgurite  zu  achten,  wie  folgt: 

„Es  scheint  mir  zweckmäßig,  der  Aufzählung  von 
T^Gipfeln  den  allgemeinen  Eindruck  voranzustellen,  den 
„ich  über  die  Blitzverglasungen  erhalten  habe: 


348  Albert  Heim, 

„Im  Engadin,  wo  ich  mit  der  Zeit  sehr  knapp 
„bemessen  war  (1882),  und  wo  ich  in  der  üeber- 
„zeugung  herumkletterte,  die  Blitzverglasungen  seien 
„so  alltägliche  Erscheinungen,  daß  man  nicht  weiter 
„darauf  zu  achten  habe,  forschte  ich  gar  nicht  nach 
„solchen.  Trotzdem  liefen  mir  zufällig  Gesteinsstticke 
„in  die  Finger,  die  sehr  schöne  Blitzverglasungen 
„zeigten.  So  auf  dem  Gipfel  des  Piz  Julier  und  auf 
„demjenigen  des  Piz  Lagrev,  Hätte  ich  nach  Blitz- 
„verglasungen  (Pulguriten)  gesucht,  so  bin  ich  tiber- 
„zeugt,  daß  ich  auf  den  sämmtlichen  28  Gipfelpunkten, 
„die  ich  dort  besuchte,  solche  gefunden  hätte. 

„In  der  Finsteraarhorngruppe,  wo  ich  in  48  Tagen 
„30  Hochgipfelbesteigungen  und  15  Hochpaßtibergänge 
„ausführte,  achtete  ich  möglichst  nach  Blitzverglaa- 
„ungen,  und  glaube,  sagen  zu  dürfen,  daß  auf  jedem 
j^Gipfel  solche  vorkommen.  Der  einzige  Gipfel,  auf 
„dem  ich  umsonst  längere  Zeit  darnach  gesucht  habe, 
„war  der  Gipfel  des  Viescherhom-Bettmerhorngrates. 

„Herr  Hecht,  der  vielverdiente  frühere  Präsident 
„der  Section  Oberland,  veranlaßte  seiner  Zeit  die 
„Oberländer  Führer  dazu,  ebenfalls  nach  Blitzver- 
„ glasungen  zu  fahnden.  Er  kam  auf  diesen  Gedanken 
„dadurch,  daß  er  den  Führern  es  zur  Pflicht  gemacht 
„hatte,  Gipfelgesteinsproben  von  den  Hochgipfeln  zu 
pbringen,  um  davon  in  Interlaken  eine  Sammlung  an- 
„ zulegen.  Die  Sache  gehörte  zwar  nicht  zu  den  Lieb- 
„habereien  der  Führer,  aber  eines  Tages  kam  doch 
„einer  derselben  mit  einem  schönen  Handstück  vom 
„Gipfel  des  Schreckhornes,  und  dieses  zeigte  zuföllig 
„sehr    schöne    Blitzverglasungen.     Diesem    Umstände 


Notizen  über  Wirku/ngen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  349 

„verdankt  nun  Interlaken  eine  kleine  Sammlung  von 
„solchen  Fulguriten.  Es  mag  dies  wiederum  belegen, 
„wie  allgemein  verbreitet  die  Blitzverglasungen  in  der 
„Zone  der  Centralmassive  (Gebirgszonen  aus  krystal- 
„linisehen  Silicatgesteinen  bestehend)  sind.^ 

Hiezu  ist  zu  bemerken,  daß  nach  den  mir  von 
Herrn  Dr.  Ed.  von  Fellenberg  gemachten  Mittheilungen 
gerade  bezüglich  des  angeblichen  Fundes  vom  Schreck- 
homgipfel  eine  Verwechslung  mit  unterlaufen  sein  muß, 
indem  dasselbe  verglaster  Gneißgranit  (Protogin)  sei, 
während  das  Schreckhorn  nicht  aus  solchem,  sondern 
aus  braunglimmerigem  grauem  Gneiß  besteht.  Immer- 
bin handelt  es  sich  bei  dem  fraglichen  Stücke  ohne 
Zweifel  um  eine  ächte  Blitzverglasung. 

Ingeniem*  Simon  fährt  fort:  „Der  trefBüche  Hoch- 
„gebirgsphotograph  Sella  von  Biella  endlich  ver- 
„wunderte  sich  förmlich  darob,  daß  ich  nach  Blitz- 
„verglasungen  suchte.  In  der  Matterhorngruppe,  über- 
„haupt  in  der  Hauptkette  südlich  der  Rhone,  seien  sie 
„so  häufig,  daß  man  sich  gar  nicht  darnach  umsehe. 
„Am  Matterharn  allein  könnten  sie  hundertweise  ge- 
„sammelt  werden. 

„Aber  nicht  nur  auf  Gipfeln  kommen  Blitzver- 
„glasungen  vor,  sondern  sogar  auf  Sätteln,  die  mit 
„kleinen  Felsaufsätzen  gekrönt  sind.  So  fand  ich  am 
j^Beichgrate  bei  circa  3200™  auf  einem  Felskopf  eine 
„typische  Blitzverglasung,  trotzdem  der  Grat  allseitig 
„von  um   circa   600™  höheren  Gipfeln  umgeben  ist. 

„Nach  dem  Gesagten  glaube  ich  kaum  nöthig  zu 
„haben,  eine  lange  Aufzählung  meiner  Besteigungen 
„zu  geben,  denn  ein  Aufzählen  dieser  käme  so  ziemlich 


350  Albert  Heim, 

^dem  Aufzählen  der  Blitzverglasungsfundstätten  gleich. 
„Wo  ich  keine  Stücke  mitnahm,  war  gewöhnlich  der 
„Umstand  schuld,  daß  sie  so  ungeschickt  saßen,  daß 
„ich  sie,  nur  mit  dem  Pickel  bewaffnet,  nicht  los- 
„bringen  konnte.  Nebenbei  wirkte  auch  oft  der  üm- 
„  stand  mit,  daß  die  vorgerückte  Zeit  neben  unseren 
„anderen  Arbeiten  kein  gründliches  Absuchen  mehr 
„gestattete. 

„Einige  bestimmte  Fundstellen  von  sehr  schönen 
„Blitzverglasungen,  ähnlich  wie  ich  Ihnen  viele  solche 
„gesendet  habe,  sind :  Schreckhorn,  Finsteraarhomf 
y^Sattelhorn,  Weißhorn,  Lötschenthaler  Breithorn, 
y^Schienhorn,  Oheraarhom,  Setzenhorn,  Sparren- 
j^hom,  Gisighorn,  Beichgrat^  Trugberg ,  nördliches 
„  Walliser  Viescherhorn,  Piz  Julier ,  Piz  Lagrev  etc.** 

Herr  Ingenieur  Imfeid  berichtet  mir,  daß  er  die 
Ketten  am  Matterhoiii  vom  Blitze  angeschmolzen  ge- 
troffen hat. 

Fast  immer  werden  die  Fulgurite  nur  an  den 
Gesteinsecken  des  äußersten  Gipfels  gefunden.  Schon 
2  bis  3°»  tiefer  als  der  höchste  Punkt  sucht  man 
gewöhnlich  vergeblich.  Nicht  selten  sind  die  äußeren 
Flächen  der  „Steinmannli'^  Träger  von  Blitzschmelz- 
spuren, was  uns  zugleich  zeigt,  daß  der  Blitzschlag 
ein  gut  gebautes  Steinmannli  gewöhnlich  nicht  umwirft. 
Schon  viele  Bergsteiger  haben  "Gelegenheit  gehabt, 
Erfahrungen  zu  machen,  welche  die  Erklärung  ffir 
die  Lage  der  Fulgurite  fast  nur  am  obersten  Theil 
des  Gipfels  geben.  Ich  selbst  bin  schon  mehrmals 
in  der  Lage  gewesen,  zu  beobachten,  wie  rasch  die 
elektrische  Spannung   während   eines   Gewitters  vom 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  351 

höchsten  Gipfelpunkte  nach  unten  abnimmt.    Dem  ent- 
sprechend  muß   der   Blitz   ungleich   häufiger   in  den 
obersten  Gipfel  schlagen,  als  in  irgend  eine  Ecke  am 
tieferen  Gehänge.    Herr  Simon  bestätigt  dies  ebenfalls, 
indem  er  mir  von  einem  Gewitter,   das  er  1885  auf 
dem    Bettmerhomgrat    erlebt    hat,    berichtet:    „Die 
„zahlreichen  Spitzen  des  in  Blöcke  aufgelösten  Grates 
„strömten  lebhaft  Elektrizität  aus,   während  die  Ge- 
„witterwolke   darüber   strich,   ebenso   unsere  PickeL 
„Die  einzelnen  Ftinkchen  aus   denselben  folgten  sich 
„so  rapid,    daß  dadurch  ein  Geräusch  entstand,  als 
„würde  ein  Stück   Zeug   zerrissen.     Die   drei  Pickel 
„sausten  gleichzeitig  mit   dem   obersten  Block,   und 
„man  hatte  es  ganz   in    seiner   Gewalt,    die  Funken 
„mehr  oder  weniger   energisch   springen  zu  machen: 
„hob  man  einen  Pickel  nur  einige  Centimeter  höher^ 
„80  wurde  die  Ausströmung  viel  energischer,  und  hob 
„man  versuchsweise   den   Pickel   so   hoch   über   den 
„Kopf,    als   man  es  vermochte,   so  zog  man  unwill- 
flkürlich  denselben   rasch   wieder   zurück,    um   nicht 
„Blitzableiterrolle  zu  spielen.    Es  geht  daraus  hervor^ 
„daß  schon  ein  geringes  Ueberragen  des  gewöhnlichen 
„Niveau's  genügt,   um  einen  Gipfel  für  Blitzverglas- 
„nngen,  gegenüber  den  umliegenden  um  Weniges  tieferen 
„Grattheilen,  sehr  zu  disponiren. 

„Ein  anderes  Gewitter  erreichte  uns  auf  dem 
„Grate,  den  der  Lauistock  nach  Osten  entsendet.  Die 
„Schrauben  meines  Meßtischstatives  begannen  gewaltig 
„zu  schnurren,  desgleichen  die  Pickel,  und  schließlich 
„kam  das  Gewitter  zum  großartigsten  Ausbruch, 
„Natürlich  wollte  ich  mein  Instrument  nicht  im  Stiche 


362  Albert  Heim. 

^lassen  und  trug  es  deshalb  wenige  Met^  unterhalb 
^den  Grat.  Dies  genügte,  um  sofort  das  Schnurrea 
^verstummen  zu  machen.  Dagegen  sausten  die  Spitzen 
^des  Grates  lebhaft  weiter,  und  wenn  ich,  bei  meinem 
^nlcht  mehr  schnurrenden  Instrument  stehend,  den 
^Pickel  hoch  empor  hielt,  so  begann  er  sofort  gewaltig 
„auszuströmen.  Wir  befürchteten  jeden  Moment  eine 
„Entladung,  ich  verzichtete  auf  weitere  Versuche.  Wir 
„mußten  an  den  Rückweg  denken,  derselbe  führte  uns 
„leider  zuerst  auf  den  Gipfelpunkt  des  Grates  zurück 
„und  dies  nicht  allzu  bequem :  Wegen  der  Blitzgefahr 
„durften  wir  nicht  auf  dem  Grate  selbst  marschiren, 
„sondern  schritten  etwa  3°^  unter  der  Gratfirst,  wo 
„dann  die  Pickel  nicht  mehr  schnurrten,    vorwärts.** 

Es  gibt  Blitzschläge  der  verschiedensten  Inten- 
sitäten. So  gut  wie  oft  Menschen  von  Blitzen  auf 
dem  Gebirge  getödtet,  in  anderen  Fällen  aber  nnr 
schwach  und  ohne  Schaden  zu  nehmen  getroffen  werden 
(verglichen  die  Beispiele  in  Dr.  E.  Zsigmondi,  die 
Gefahren  des  Bergsteigens),  so  gut  werden  auch  nicht 
alle  Blitzschläge  Yerglasungen  zu  erzeugen  vermögen. 

Blitzverglasungen  entstehen  auch  auf  unreinen 
kieselig-thonigen  Kalksteinen,  doch  sind  sie  an 
Deutlichkeit  nicht  mehr  mit  deiyenigen  der  Silicat- 
gesteine  zu  vergleichen.  Arnold  Escher  v.  d.  Linth 
hat  solche  an  den  Gaultschichten  nahe  unter  dem 
Gipfel  des  Vättiskopfes  im  Ealfeuserthale  gefunden. 
Ingenieur  Fridolin  Becker  erinnert  sich,  im  Kalkgebirge 
häufig  mehi*  oder  weniger  deutliche  Schmelzspnien 
gesehen  zu  haben,  so  z.  B.  auf  dem  Hügel  nördlich 
Schwarenbach  an  der  Gemmi.     Ingenieur  X«  Imfeid 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  353 

berichtet  mir,    daß   er  eine  Art  Blitzröhre  von  etwa 
15  bis  20«™  Länge  im  Jahr  1870  am  Feuerstein  etwa 
100  bis  200°»  unter  dem  Gipfel  gefunden  habe.    Das 
■Stück  scheint  leider  nicht  aufbewahrt  worden  zu  sein. 
Auf  Sandsteinen  und  Thonschiefern    sind   mir  bisher 
4iußer  dem    Stück  vom  Kärpfstein   noch   keine  Ver- 
^lasungen   zu    Gesichte    gekommen,    doch    läßt  sich 
nicht   einsehen,    warum    sie    nicht    auch    dort    sich 
iiäufig  bilden  sollten.    Ganz  verschieden  aber  von  den 
Verglasungen,  wie  wir  sie  auf  der  Oberfläche  der  zu 
Olasflüssen  schmelzenden  Silieatgesteine  finden,    sind 
die  Wirkungen   des   Blitzschlages   auf  reinem   Kalk-- 
•stein.    An  freier  Luft  ist  der  Kalkstein  unschmelzbar. 
£in  oberfläcliliches    Brennen    des    Kalksteines    wird, 
wenn  es  auch  vielleicht  vorkommt,    kaum  beobachtet 
werden    können,    weil    die    Witterungseinfltisse    die 
Spuren  davon  rasch  verwischen  werden.    In  manchen 
hegenden  findet  man  in  den  Kalksteinen  verschiedenen 
Alters   und    verschiedener   Zusammensetzung   Kugeln 
oder  unregelmäßige    Knollen    von    Pyrit    (Eisenkies, 
Schwefeleisen),    deren   Werden    die   Bevölkerung   oft 
dem  Blitzschlag  zuschreibt,   und   die   dann   mit  dem 
Namen  „Blitzsteine'*  belegt  werden.    Allein  diese  Sage 
beruht  auf  Irrthum.     Niemals   vermöchte   der   Blitz- 
schlag Schwefeleisenkugeln  im  Kalkstein  oder  Thon- 
«chiefer  zu  bilden;   im  Blitze  fahren  auch  keine  ma- 
teriellen Geschosse  dahin  wie  in  den  Sternschnuppen. 
Die  Pyritknollen  in   den    Kalksteinen   sind    vielmehr 
«ine  ursprüngliche  Bildung,    die   bei   der  Entstehung 
des  Kalksteines  schon  vor  sich  gegangen  ist.     Nicht 
selten  enthalten    diese   Knollen  Versteinerungen;    es 

23 


854  Albert  Heim, 

sind  dies  dann  die  gleichen  Thierreste,  welche  anch 
ohne  Pyrit  in  dem  umgebenden  Kalksteine  sich 
finden.  Manchmal  steckt  eine  gut  erhaltene  Ver- 
steinerung (Thierrest)  halb  im  Kalkstein,  halb  im 
Pyritknollen.  Noch  manches  Andere  wird  oft  vom 
Volke  als  Wirkung  des  Blitzschlages  gezeigt,  was 
mit  dem  Blitze  keinerlei  Zusammenhang  hat.  Da& 
das,  was  ein  nicht  speciell  naturwissenschaftlich  ge- 
bildeter Tourist  als  Blitzspuren  bezeichnet,  wirklich 
solche  sind,  kann  nach  meinen  Erfahrungen  nur  fest- 
gestellt werden,  wenn  derselbe  ein  kleines  Belegstück 
mitbringt. 

Auf  dem  Gipfel  der  großen  Mythe  entstanden 
während  eines  entsetzlichen  Gewitters,  das  ich  dort 
im  Herbst  1866  erlebte,  mehrere  Löcher  im  Kalkstein, 
welche  trichterförmige  Gestalt  und  etwa  2  bis  3*" 
Tiefe  hatten.  Das  Gestein  zeigte  sich  im  Loche 
frisch  zersplittert  und  die  Bruchstücke  lagen  zerstreut 
rings  herum.  Ich  habe  an  anderen  Orten  schon  oft 
nach  heftigen  Blitzschlägen  Steine  poltern  hören,  ohne 
die  Einschlagsstelle  zu  kennen.  Die  schönsten  Spuren 
des  Blitzschlages  beobachtete  ich  den  16.  August 
1882  auf  dem  Grate  östlich  des  FrohnalpsioekeSt 
der  das  Muottathal  vom  Riemenstaldenthale  trennt 
Vom  Hauserstock  bis  gegen  den  Klingenstock  wieder- 
holten sich  diese  Spuren  vier  Mal  in  Meerhöhen  von 
ca.  1850  bis  1930™.  Alle  Blitzschläge,  deren  Wir- 
kungen wir  hier  sehen  konnten,  trafen  die  Kantcn- 
linie  des  Grates,  aber  keineswegs  nur  die  Culminations- 
punkte,  sondern  auch  die  Einsattlungen  oder  den 
schief  ansteigenden  Grat.    Beiliegende  Zeichnung  stellt 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine,  355 

einen  solchen  ^Blitzstem"  oder  Schrammenstem  dar, 
der  etwa  100"  östlich  des  Hauserstockes  auf  dem 
dort  ganz  berasten  Grat  an  einer  Stelle  zu  sehen 
war,  wo  der  Grat  aus  Seewerkalkplatten  besteht. 
Im  Mittelpunkt  findet  sich  eine  noch  ganz  frisch  auf- 
geschlagene Wunde.  Der  Rasen  ist  weggeschlagen, 
der  Kalkstein  zersplittert  und  zertrümmert,  die  hand- 


0  i     t      3      4     S-    6     }f     S     J     f^'^ 

1  *       ■       ■       ■       '       '      ^       •       '       I 


großen  und  kleineren  Trümmer  liegen  zum  Theil 
herausgeschlagen  herum,  zum  Theil  sind  sie  in  dem 
3*n  breiten  und  1™  langen,  circa  rechteckigen  Loche 
geblieben.  Von  dieser  Schlagwunde  aus  gehen  nach 
verschiedenen  Richtungen  tiefe  Schrammen,  welche 
den  unbeschädigten  Fels  entblößt  und  den  Rasenboden 
wie  mit  einem  Pfluge  durchfurcht  seitlich  übergelegt 
zeigen.    In  einiger  Entfernung  von  der  Centralwunde 


356  Albert  Heim. 

verzweigen  sich  die  aufgerissenen  Furchen  baumf  Örmig 
und  werden  zugleich  schwächer,  so  daß  man  den  Fels^ 
an  ihrem  Grunde  nicht  mehr  sieht.  AUmälig  ver- 
laufen sie  sich.  Der  Durchmesser  des  ganzen  stern- 
förmigen Gebildes  beträgt  in  der  Längsrichtung  des 
Grates  auf  der  Wasserscheide  volle  18  bis  20™,  in  der 
Querrichtung  nur  die  Hälfte.  Mein  Begleiter,  der  Wirth 
auf  dem  Gipfel  der  Frohnalp,  erzählte  mir,  daß  diese 
„Blitzsteme"  bei  einem  Gewitter  Mitte  August  1880 
entstanden  seien,  und  zuerst  noch  größer,  die  Schrammen 
im  Rasen  weiter  aufgerissen  gewesen  seien,  und  daß 
seither  Schneedruck  und  Pftanzenwachsthum  bereits 
das  ursprüngliche  Bild  in  diesen  nun  bald  zwei  Jahren 
wieder  merklich  verwischt  hätten.  Er  versicherte  mich, 
daß  hier  diese  Blitzsteme  recht  oft  entstehen,  daß 
sie  aber  nach  5  bis  8  Jahren  gewöhnlich  wieder  ganz 
verwachsen  und  unsichtbar  werden.  Das  letztere  mag 
denn  auch  die  Erklärung  dafür  bieten,  daß  so  selten 
von  denselben  berichtet  wird,  denn  die  Erscheinung 
selbst  ist  so  auffallend,  daß  kein  Wanderer  dieselbe 
übersehen  könnte,  wenn  sie  noch  einigermaßen  frisch 
ist.  Ich  selbst  habe  sie  außer  diesem  einen  Mal  noch 
nie  gesehen,  so  zahlreich  auch  die  dem  Blitzschlag 
ausgesetzten  berasten  Gräte  sind,  die  ich  schon  be- 
gangen habe.  Gibt  es  auch  hier  Orte,  wo  der  Blitz 
sehr  häufig  einschlägt,  andere,  die  er  stets  verschont, 
ohne  daß  wir  bis  jetzt  den  Grund  für  dieses  Verhalten 
einsehen  könnten? 

Aus  den  Blitzsternen  am  Hauserstock  —  Klingen- 
stockgrate geht  hervor,  daß  unter  umständen  der 
Blitzschlag  harten  festen   Fels   auf  einzelnen  Stellen 


Notizen  über  Wirkungen  des  Blitzschlages  auf  Gesteine.  357 

zertrümmem  kann,  ferner,  daß  er  sich  im  feuchten 
Rasenboden  rasch  in  allen  Richtungen  zertheilt.  Es 
ist  zu  erwarten,  daß  diese  Form  der  Blitzspuren 
auch  im  krystallinischen  Silicatgebirge  sich  wieder- 
holt. An  denjenigen  Stellen,  wo  ich  dort  Verglasungen, 
beobachtet  habe,  war  von  Zerschlagen  des  Gesteines 
nichts  Sicheres  zu  beachten.  Auch  hier  kann  wiederum 
nur  das  Sammeln  vieler  Beobachtungen  allmälig  weitere 
Aufklärung  bieten.  Der  Beobachter  skizzire  und  be- 
schreibe genau  und  unabhängig  von  seinen  Erklärungs- 
gedanken, was  er  gesehen  hat,  und  bringe  Proben 
allMlig  veränderter  Gesteinsstücke  mit. 

Die  Narben,  welche  der  elektrische  Funke  an  den 
Bergen  zurückläßt,  sind  so  eigenthümlich ,  daß  sie 
von  dem  sorgfältigen  Beobachter  stets  leicht  von  den 
zahllosen  anderen  Schrammen  unterschieden  werden 
können,  die  durch  andere  Einflüsse  erzeugt  worden 
sind.  Man  irrt  sich,  wenn  man  meint,  die  Auflösung 
ganzer  Berggipfel  in  Trümmer  dem  Blitzschlage  zu- 
schreiben zu  sollen.  Da  arbeiten,  zwar  weniger  polternd, 
aber  viel  ausdauernder  und  wirksamer,  ganz  andere 
Faktoren.  Der  Blitz  verglast  Gesteine,  schlägt  Löcher 
und  Schrammensterne,  vielleicht  erzeugt  er  auch  noch 
andere,  noch  nicht  bekannte  Formen  von  Wunden, 
aber  seine  Wirkungen  sind  doch  im  großen  Ganzen 
fast  bedeutungslos  für  die  Gestalt  der  Berge.  Die 
Berge  sind  stärker  als  der  Blitz! 


Les  variations  p6riodiques  des  glaciers  des 

Alpes. 

Par  le 

Professeur  Dr.  F.-A,  Forel  de  Morges 
(Section  des  Diablerets). 

Sixi^me  rapport.  —  1885.0 

§  XXII.  De  Penneigement  des  Alpes. 

Jusqu'ä  peu  d'annees  en  arrifere,  Ton  ne  s'occupait 
guere,  dans  l'^tude  des  variations  p^riodiqnes  des 
glaciers,  que  des  modifications  dans  la  longueur.  Dfes 
notre  premier  rapport  sur  ce  sujet,  nous  avons  montr6 
que  les  antres  dimensions  des  glaciers,  la  largenret 
r^paisseur,  varient  dans  le  meme  sens  que  la  longueur, 
et  dans  nos  rapports  successifs  nous  avons  constat6 
frequemment  qu'une  augmentation  Evidente  de  Töpais- 
seur  du  glacier,  dans  ses  parties  sup^rieures,  precöde 
de  quelques   annöes  Taccroissement  de  longueur.    A 

0  Voir :  !•'  rapport.  1880.  Echo  des  Alpes,  XVII,  p.  20.— 
IP  rapport.  1881.  Echo  des  Alpes,  XVm,  p.  138.  —  UP  rap- 
port. 1882.  Jahrbuch  des  S.  A.C.,  XVIH,  p.  251.  —  FV  rap- 
port. 1883.  Jahrbuch  des  S.  A.  C,  XIX.,  p.  298.  —  V«  rapport 
1884.  Jahrbuch  des  S.  A.C.,  XX,  p.  281. 


Les  variations  piriodigues  des  glaciers  des  Alpes,    369 

mesure  aussi  que  dos  Stades  se  döveloppent ,  il  est 
im  nonveau  point  de  vue  qui  sorgit,  et  dont  les  re- 
lations  avee  les  variations  des  glaciers  deviennent  de 
plus  en  plus  apparentes:  c'est  Tötat  des  neiges  sur 
les  hautes  montagnes^  ce  qae  nous  d6signerons  par 
le  terme  6!enneigement 

Pendant  la  grande  p^riode  de  retraite  des  glaciers, 
les  alpinistes  ont  souvent  signal6  une  disparition  mani- 
feste des  nev6s,  des  flaques  de  neige  sur  les  hautes 
cimes.  L'epaisseur  de  la  neige,  la  largeur  des  n6v6B, 
leur  importance,  allaient  en  diminuant;  tel  passage 
antrefois  facile,  oü  la  neige  permettait  jadis  une  marche 
rapide,  6tait  devenu  penible  par  la  mise  k  nu  des 
rochers;  les  conditions  de  certaines  courses  ou  ascen- 
sions  avaient  notablement  chang6,  dans  un  sens  favo- 
rable  ou  dans  un  sens  d^favorable,  par  la  disparition  plus 
oa  moins  compl^te  des  neiges.  Je  citerai  comme  exemple 
les  relations  de  Heim  sur  les  glaciers  duTödi  (II«  rapport), 
de  Fr.  Becker  sur  les  glaciers  du  groupe  de  la  Blümiis- 
alp  (V®  rapport),  de  A.  Degrange-Touzin  sur  les  gla- 
ciers des  Pyr6n6es  (IV«  rapport),  etc.  En  meme  temps 
^ue  les  glaciers  ^taient  en  diminution  et  dans  les 
r^gions  oü  ils  ätaient  en  diminution,  les  neiges  et 
ii6v68  subissaient  la  meme  röduction.  II  y  avait  dans 
ces  montagnes  enneigement  regressif. 

En  Opposition  ä  cela,  dans  les  derni^res  annees,  on 
a  Signale  de  divers  cotes  un  accroissement  de  neiges  qui 
parait  colfncider  avec  le  commencement  d'une  nouvelle 
Periode  d'allongement  des  glaciers.  Baumgartner  dans 
la  region  du  Dossenhorn  (V«  rapport),  Wagnon  dans  la 
region  des  Tours  Salli^res  et  du  Ruan  (IV®  rapport),  etc. 


360  F,'A,  Forel. 

donnent  dans  leurs  notes  des  indications  de  T^largisse- 
ment  des  taches  de  neige,  de  raugmentation  des  n6y6s^ 
deraceroissementd'^paisseur  des  coupolesqüireconvrent 
les  cimes.  II  semble  que  dans  certaines  r^ons  de» 
Alpes  il  y  ait  actuellement  enneigement  progressif, 
et  en  meme  temps  il  paratt  que  ces  r^gions  sont 
les  m^mes  que  Celles  oü  raccroissement  des  glacie» 
commence  k  se  dessiner.  Je  n*ai  vu  aucune  descriptiou 
de  cet  enyahissement  des  neiges  dans  les  Alpes  orien- 
tales,  oü  les  glaciers  sont  encore  stationnaires.^) 

Cette  col'ncidence  est  interessante  et  in6rite  d'etre 
observöe  et  contr616e.  Si  mes  remarques  sont  justes^ 
une  Periode  d'accroissement  des  glaciers  col[nciderait 
avec  une  augmentation  generale  de  la  calotte  neigeuse 
qui  revSt  les  sommets  et  les  hautes  croupes  des  mon- 
tagnes,  k  un  enneigement  g6n6ral  et  progressif  des 
Alpes :  une  p6riode  de  diminution  des  glaciers  coln- 
ciderait  avec  un  enneigement  regressif. 

II  est  inutile  d'insister  sur  Tinteret  evident  qu'une 
teile  constatation  aurait  pour  la  theorie  des  Variation» 
periodiques  des  glaciers :  je  n*ai  qu'4  signaler  le  fait 
en  le  recommandant  k  l'observation  des  alpinistes; 
tous  les  faits  qui  confirmeront,  complöteront  ou  corri- 

^)  Les  neiges  sont  soumises,  par  le  fait  des  chutes  din- 
tonsit6  variable  suivant  les  hivers,  et  par  la  poissante  actioa 
du  soleil  de  r6t6,  ä  des  variations  beaucoup  plus  rapides  et 
plus  irr^gulieres  que  Celles  des  glaciers ;  il  doit  y  avair  danff 
le  phenomene  de  Tenneigement  plus  d'irr6gularit6  et  pln« 
d'inconstance  que  dans  les  variations  glaciaires.  Ainsi,  p.  ez.r 
les  relations  k  ce  sujet.  de  MM.  Baumgartner  et  Wagnon  dan» 
le  rapport  actuel  sont-elles  fort  diflferentes  de  Celles  de» 
rapports  pr6c6dents. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes,    361 

geront  cet  essai  de  gönöralisation  seront  ütiles  et  pr6- 
cienx,  6t  je  soUicite  des  alpinistes  lenr  concours  pour 
ce  c6t^  special  de  nos  recherches. 

Etant  donii6e,  d'antre  part,  Timportance  capitale 
de  r^tat  des  neiges,  qui  augmente  ou  diminue  les 
difficultös  des  grandes  ascensions,  j'ose  esp6rer  que 
les  membres  du  C.  A.  8.  voudront  bien  diriger  leur 
attention  sur  ce  point,  et  me  communiquer  leurs  obser- 
vations  snr  Fenneigement  progressif  ou  regressif  des 
groupes  de  montagnes,  qu^ls  ont  visitöes  k  quelques 
ann^es  d'intervalle. 

§  XXni.    La  temp^ratore  dans  ses  rapports  ayec  les 

yariations  des  glaciers* 

J'emploie  ici  le  mot  temjperature  dans  son  ancienne 
acception,  qui  le  fait  synonyme  d'6tat  möt^orologique^ 
et  en  fait  la  traduction  de  Witterung  des  AUemands 
et  de   Wecdher  des  Anglais. 

Le  D'  C.  Lang  de  Munich^)  a  repris,  sur  de  nou- 
veaux  mat^riaux  et  d'une  mani^re  plus  complöte,  une 
etude  que  j'avais  commenc6e  dans  mon  Essai  sur  les 
variations  des  glaciers,  en  me  basant  sur  les  obser- 
vations  de  Genöve.^)  II  s'agit  de  trouver  les  relations 
qui  peuvent  exister  entre  les  variations  periodiques 
des  glaciers,    et   les  variations   k   longue  p6riodicit6 

*)  C.  Lang,  Der  seculäre  Verlauf  der  Witterung  als  Ur- 
sache der  Gletscherschwankungen  in  den  Alpen.  Zeitschrift 
der  Oesterr.  Gesellsch.  für  Meteorologie.  XX,  443  sq.  Wien. 
December  1885. 

*)  F,'A,  Forel.  Essai  sur  les  variations  p6riodiques  des 
glaciers.    Arch.  de  Geneve.    VI,  21  et  451.  1881. 


362  F.'A.  ForeL 

des  chutes  de  pluie  et  de  la  chaleur  de  Fair.  M.  Lang 
a  r^uni  les  plus  longues  s6ries  d'observations  faites  daDS 
les  villes  qui  entourent  la  chatne  des  Alpes,  et,  les 
comparant  entr'elles,  il  a  recoimu  que  les  variations 
de  la  quantit6  d'eau  tomb6e  pendant  rannte  et  Celles 
de  la  cbaleur  de  Fair,  soit  de  Vhi^  soit  de  Taim^ 
enti^re,  marchent  assez  parall^lement  dans  ces  diverses 
stations  pour  que  Ton  puisse  en  conclure  k  des  varia- 
tioDS  g6n6rales  de  la  temp6rature  de  toute  la  r^gion  des 
Alpes.  II  a  recoimu  ensuite,  comme  moi^  que  soit  les 
chutes  de  pluie,  soit  la  chaleur  de  Fair  subissent  des 
variations  prolong6es  et  de  p6riodicit6  irr6gulifere, 
qu'on  peut  mettre  en  regard  des  variations  glaciaires. 

Vu  le  grand  intör^t  de  ces  ^tudes  pour  la  question 
trait^e  dans  mes  rapports,  je  rösumerai  les  conclusions 
de  Lang,  en  renvoyant  pour  plus  de  d6tails  au  me- 
moire original. 

Pour  ce  qui  regarde  les  chutes  de  pluie,  il  a 
constatö  les  variations  suivantes  que  je  caract^riserai 
en  indiquaut  les  6poques  des  maximums  et  des  mini- 
mums :  *) 

Maximum  Hinimum  Maximum  Minimum  Maximnn 

Prague  et  Vienne  1817  1822  1847  —  1879 

Keichenhall    .     .  —         —  1845  1857  - 

Munich      .     .     .  1807  —  1850  1872  1880 

Peissenberg  .     .  1811  1825  1840  —  — 

Stuttgart  ...  —  —  1848  1862  1882 


*)  Les  calculs  de  Lang  ^tant  faits  d'apr^s  des  moyeimefl 
quinquennales»  j'indique  ici  pour  simplifier  le  milieu  des  p^- 
riodes  de  5  ans. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes.    363 

Maximnm  Minimum  Maximum  Minimum  Maximum 

Oen^ve^)  ...  —  1833  1842  1869  1879 
Milan  ....  1814  1827  1848  1870  1882 
Chioggia    .     .     .     1809       —         —         —       1876 

Moyennes^)    .     .     1811     1826     1846     1866     1880 
Un  tableau  analogue   donne   les  variations  de  la 
chaleur  de  Tair,  dans  les  moyennes  annuelles: 

Maximum     Minimum     Maximum    Minimum    Maximum 

Regensburg  1806  1817  1830  1840  — 

Munich       .        —  —  1832  1840  1863 

Peissenberg  1805  1815  1831  1837  — 

Stuttgart    .        —  —  1831  1840  1865 

Milan    .     .  1805  1815  1831  1840  — 

Moyennes  .      1805       1816       1831       1839       1864 
Enfin  un   troisifeme   tableau   donne   les  variations 
de  la  chaleur  de  Tair  dans  les  trois  mois  d'6t6. 

Maximum     Minimum     Maximnm    Minimum    Maximum 

Munich  .     .       —  --         1830         —         1873 

Genfeve  .     .       —  —  —         1843       1867 

Milan     .     .     1803       1817       1828       1840         — 

Moyennes    .     1803       1817       1829       1841       1870 

En  regard  de   ces  variations    de   la  tempörature, 

Lang  place  les   variations    des   glaciers   qu'il  admet, 

d'apresHeim,  comme  pouvant  se  g6n6raliser  comme  suit: 

Augmentation  des  glaciers     1811 — 1822 

Diminution         „  ^  1822—1840 

Augmentation    „  „  1840 — 1855 

Diminution         „  „  1855—1880 


^)  Je  donne  ici  les  dates  de  Qen^ve  calculees  comme 
ceUea  de  M.  Langf  d'apres  les  moyennes  quinquennales. 

^)  Dans  cette  ligne  je  donne  la  date  moyenne  des  chiffres 
du  tableaa  ci-dessas. 


364  F.'Ä.  Forel 

En  r^sum^  de  son  travail  M.  Lang  arrive  aux 
conclusions  suivantes,  que  je  traduis  textuellement: 

l<>.LeB  moyennes  annuelles  des  chutes  d'eau  reunies 
en  p6riodes  prolong^es  montrent  au  nord  et  au  sud 
des  Alpes  une  marche  parallele;  d'oü  Ton  peut  con- 
clure  avec  probabilit6  k  une  marche  analogue  dans 
la  r^gion  des  Alpes  situ6e  entre  ces  stations. 

2^  Les  variations  des  chutes  d'eau  montrent  un 
parall61isme  complet  avec  les  variations  des  glaciers. 
Une  Periode  riche  en  pluie  est  suivie  d'un  accroisse- 
ment  des  glaciers;  une  periode  pauvre  en  pluie  est 
suivie  d'une  diminution  des  glaciers. 

3^  Le  temps  qui  s'ecoule  entre  le  maximum  des 
pluies  et  celui  des  glaciers  est  plus  consid6rable  que 
celui  qui  s^pare  les  minimums  de  pluie  et  les  mini- 
mums  des  glaciers. 

4:^  Du  fait  que  les  variations  des  glaciers  mon- 
treraient  un  parall61isme  avec  les  variations  des  taches 
solaires^)  (Fritz),  il  rösulterait  que  les  variations  de 
la  pluie  correspondraient  aussi  k  la  p6riodicite  des 
taches  solaires,  les  maximums  des  deux  p^riodes  6tant 
simultanes. 

5**  Les  periodes  de  faible  chaleur  de  Tatmosph^re 
(moyenne  annuelle)  sont  suivies  de  periodes  d^augmen- 


0  Je  me  permets  de  mettre  un  poiot  d'mterrogation 
k  cette  conclusion  du  professeur  Fritz,  de  Zürich.  Je  n'»i 
jamais  pu  reconnattre  trace,  dans  les  glaciers,  d*une  Periode 
de  11  ans  analogue  k  celle  des  taches  solaires.  Les  variations 
des  glaciers  sont  de  p6riodicite  irr^guliere  et  beaucoup  plus 
prolongee. 


Les  Variation»  periodiques  des  glaciers  des  Alpes,    365 

tation  des  glaciers ;  les  p6riodes  de  forte  chaleur  pr^- 
cMent  les  p6riodes  de  diminution  des  glaciers. 

ß^  Les  m^mes  relatioos  se  reconnaissent ,  mais 
d'une  mani^re  moins  pr6cise,  qnand,  au  lieu  de  la 
chaleur  moyenne  de  rannte,  Ton  ne  fait  entrer  en 
compte  que  la  chaleur  des  mois  d'6t6. 

7^  La  p6riodicit^  de  la  chaleur  a  moins  d'influence 
siu:  les  variations  glaciaires  que  la  p6riodicit6  des 
pluies. 

Oes  conclusions  de  Lang  se  basent  essentiellement 
siu*  les  rapports  de  simultan 6it6  ou  de  succession  entre 
les  variations  de  la  temp6rature  et  Celles  des  glaciers ; 
la  d^termination  exacte  des  6poques  des  variations 
glaciaires  est  donc  d'importance  capitale  dans  une 
6tude  de  ce  genre.  Y  a-t-il  moyen  de  trouver,  dans 
les  dates  recueillies  par  nos  six  premiers  rapports,  les 
Moments  d'une  teile  d6termination  ?  Ce  travail  est 
difficile,  et  sauf  certaines  p^riodes  n'arrive  qu'ä  des 
r^sultats  incertains. 

En  effet,  les  allures  des  glaciers  ne  sont  ni  simul- 
tan^es,  ni  paralleles;  il  y  a  tr^s  rarement  unanimit6 
dans  le  sens  de  la  Variation;  le  plus  souvent  dans 
la  m^me  chaine,  dans  le  m§me  groupe  de  montagnes, 
quelques  glaciers  s'accroissent  pendant  que  d'autres 
diminuent.  Suivant  que  Fobservateur  aura  6tudi6  teile 
ou  teile  vall6e,  son  jugement  sur  l'^tat  de  la  periode 
sera  fort  diflf6rent.  C*est  ainsi  qu'actuellement  la  plu- 
part  des  glaciers  du  Mont-Blanc  et  quelques-uns  de 
ceux  du  Valais  et  de  TOberland  bemois  sont  en  ac- 
croissement,  tandis  que  ceux  des  Alpes  de  Glaris,  la 
plupart  des  glaciers   des  Grisons,   et   tous  ceux  des 


366  F,-A.  Foreh 

Alpes  autrichiennes  sont  en  diminution.  II  y  a  eu 
dans  notre  si^cle  deux  periodes  de  Variation  bien 
marqu^e  et  plus  on  moins  unanime:  la  p^riode  de 
croissance  de  1815  ä  1818,  dans  laqnelle  tons  las 
glaciers  connus,  k  Texception  du  Leiterkees^)  (massif 
du  Glöckner),  6taient  en  allongement  et  atteignaient 
leurs  dimensions  maximales ;  et  la  grande  periode  de 
retraite  de  1850  k  1880,  dans  laquelle  tous  les  gla- 
ciers des  Alpes  se  sont  mis  en  diminution  les  uns 
apr^s  les  autres,  tellement  que  de  1871  k  1875  od 
ne  connalt  pas  un  seul  glacier  qui  füt  alors  en  allonge- 
ment; cette  Periode  est  actuellement  en  train  d'etre 
remplacee  par  une  periode  d'accroissement,  car  depm» 
1875  nous  avons  not6  une  quarantaine  de  glaciers 
qui  les  uns  apr6s  les  autres  ont  recommenc^  k  s'agrandir. 

Mais  dans  ce  grand  espace  de  temps  qui  s6pare 
1820  de  1860  ou  1870,  quelles  ont  6t6  les  allurea 
des  glaciers?     C'est  fort  difficile  k  dire. 

Voici  comment  j'essaierai  d'apporter  un  peu  plu8 
de  pr^cision  dans  cette  6tude: 

J'ai  recueilli  dans  mes  rapports  successifs  des  don- 
n6es  plus  ou  moins  exactes  sur  les  variations  d'une 
centaine  de  glaciers.  Je  supposerai  ces  donn^es  justes 
et  j'6tablirai  en  tableau  la  proportion  relative  des 
glaciers  en  voie  d'allongement  et  en  voie  de  retraite. 
Ce  tableau  est  tr6s  loin  d^offrir  une  certitude  absolue; 
les  observations  sur  lesquelles  je  me  fonde  sont  tre» 
in6galement  authentiques ;  puis  elles  se  rapportent  i 
un  beaucoup  trop  petit  nombre  de  glaciers.    Je  n'ai 


^)  V*  rapport. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes.    367 

pas  compt6  moins  de  780  glaciers  enum^r^s  dans  le 
catalogue  de  Siegfried,  pour  le  territoire  de  la  Suisse 
seule,  et  ce  nombre  doit  ^tre  au  moins  doublt  pour 
rensemble  des  Alpes  suisses,  autrichienDes,  italiennes 
et  frangaises.  Notre  statistique  ne  se  rapporte  donc 
qa'au  ^/i5  an  plus  des  glaciers,  par  des  donn6es  plus 
ou  moins  authentiques,  Pour  beaucoup  de  ces  glaciers 
aussi,  las  notices  que  nous  poss6don8  ne  se  rapportent 
qu'ä  une  faible  partie  du  si^cle  actuel.  U  nous  manque 
presque  entierement  les  observations  sur  les  premiöres 
ann6es  du  siecle.  Mais  encore,  tout  en  d^plorant  cette 
insuffisauce  des  mat^riaux,  cette  s^rie  est  ce  que  nous 
pouvons  avoir  de  mieux  dans  T^tude  de  la  question» 

Voici  les  r6sultats  numöriques  de  ce  tableau,  stabil 
de  5  en  5  ans,  de  1800  k  1885,  pour  Tensemble  des 
Alpes.  Dans  la  demi^re  colonne  je  donne  lapropoition 
cent^simale  des  glaciers  en  voie  d'allongement. 

Proportion  cent^simal» 

des  glaciers  en 

allongement. 

88 
92 
93 
95 
61 
33 
28 
45 
48 
67 
57 


PfUhJfelflA 

Glaciers  en 

Glaciers  en 

CpM)«*« 

accroissement. 

dlminution. 

1800 

7 

1 

1805 

13 

1 

1810 

15 

1 

1815 

20 

1 

1820 

14 

9 

1825 

6 

12 

1830 

5 

13 

1835 

9 

11 

1840 

13 

14 

1845 

22 

11 

1850 

25 

19 

868  F.-A  Farel. 

Giaciersen  Glacien  en         Proporti«i  centfti«il» 

tpoque.  j.  .    ..  desglaaersen 

ac€roissement.  diminution.  aHongemeirt. 

1855  23  24  49 

1860  10  47  18 

1865  4  56  7 

1870  2  66  3 

1875  1  72  1 

1880  19  57  25 

1885  33  43  43 

Je  puis  traduire  ce  tableau  de  trois  mani^res: 

1°  Nou8  reconnaissons  quatre  p^riodes  suivant  que 
la  majorit6  est  acquise  aux  glaciers  en  aceroissement 
ou  aux  glaciers  en  diminution: 
de  1800  (?)   k  1820   pr6dominance   des   glaciers  en 

allongement, 
de  1825  k  1840  pr6dominance  des  glaciers  en  diminutioii^ 
de  1845  k  1850  pr6dominance  des  glaciers  en  aceroisse- 
ment, 
de  1855  k  1885  pr6dominance  des  glaciers  en  diminutioD. 

2^  Nous  reconnaissons  cinq  p^riodes  suivant  qne 
la  Proportion  relative  des  glaciers  en  aceroissement 
augmente  ou  diminue: 

de  1800  k  1815  la  proportion  relative  augmente, 

diminue, 
augmente, 
diminue, 
augmente. 

3^  Nous  d^terminons  des  ^poques  de  maximnm 
ou  de  minimum  dans  la  proportion  relative  des  gla- 
ciers en  voie  d'accroissement : 


«ü     xv^xt/    «.    xv^crv,     „ 

n 

7) 

de  1830  k  1845  „ 

r 

77 

de  1845  k  1875  „ 

7) 

77 

de  1875  k  1885  „ 

n 

77 

Les  variations  periodiqms  des  glaciers  des  Alpes,    3  69 


1800 

(?) 

epoque 

de 

minimum 

par 

88  o;o 

1815 

n 

n 

maximum 

n 

95  % 

1830 

V 

n 

minimum 

n 

28  «/o 

1845 

7) 

n 

maximum 

n 

67  0;o 

1875 

n 

1) 

minimum 

n 

1^0 

1885 

(?) 

7) 

71 

maximum 

n 

43  <>;o 

De  ces  trois  interpr^tations,  la  seconde  me  parait 
la  meilleure,  et,  en  la  combinant  avec  la  troisieme, 
on  a,  k  mon  avis,  Fexpression  la  plus  probable  des 
variations  glaciaires  dans  ce  sifecle.  Je  r^p^te  encore 
ici  les  r6serves  necessaires,  au  sujet  de  l'insuffisance 
des  documents,  surtout  dans  le  commencement  du  siecle. 

Ces  resultats  diflf^rent-ils  notablement  du  tableau 
de  Heim?  En  quoi  diffferent-ils ?  Je  mettrai  les  deux 
tableaux  en  pr6sence. 

Variations  glaciaires  du  XIX^  siecle. 

A.  Heim.  F.-A.  Forel. 

Periode  d'accroissement  1811—1822  1800—1815 
^  de  diminution  1822—1840  1815-1830 
„  d'accroissement  1840—1855  1830-1845 
„  de  diminution  1855—1880  1845—1875 
j^       d'accroissement  —  1875 —  (?) 

Les  allures  g6n6rales  de  la  p6riodicit6,  telles  que 
je  les  trouve  par  ce  proc6d6,  sont  donc  les  m^mes 
que  Celles  de  Heim.  Nous  trouvons  le  meme  nombre 
de  p^riodes.  Mais  les  miennes  sont  en  g^neral  notable- 
ment en  avance  sur  Celles  de  mon  coll^gue  de  Zürich.^) 

*)  Mon  proc^de  de  calcul,  ne  faisant  intervenir  que  Tetat 
des  glaciers   de  5  cd  5  ans,  deplace  en  les  avanQant   les 

24 


370  F.'A,  Farel 

Quel  sera  Teffet  de  ce  d^plaeement  des  p^riode» 
des  glaciers  dans  la  eomparaison  avec  les  p^riode& 
de  la  temp^rature  ?  8aiw  pousser  cette  6tude  phs  loin 
que  la  pr^cision  peu  cMtaiae  des  donnees  ne  )e  pennet^ 
je  donnerai  dans  le  graphtque  suivant  les  trois  seriea 
principales : 

!•  Les  variatioiis  des  glaciers  telles  que  je  viena 
de  les  ätabiir. 

2^  Les  yariations  de  la  pInie  d^apr^s  Lang  en 
prenant,  ponr  les  ^poqaes  de  maximnm  et  deininimam^ 
les  moyennes  que  j'ai  indiqn^es  ci-dessas. 

3°  Les  variations  de  la  chaleur  de  l'air  (moyenne 
annuelle)  d'apr^s  Lang. 


6poque8  des  maximums  et  des  minimams :  ainsi  la  fln  de  la 
premiere  periode  est  probablement  vers  1818  ou  1819  et  non 
pas  CD  1815  comme  le  donnent  mes  chiffres.  Cette  incerti- 
tnde  de  la  mSthode  s^ajoute  donc  ici  ä  rincertitade  de  Tobser- 
yation,  qai  arrive  raremeot  ä  pröciser  ä  quelques  ann^es  pres 
la  date  exacte  des  oMumeneementt  et  fins  de  pdriodes.  -* 
ToKJoars  est-il  qu'il  est  fort  interessant  de  constater  la  eoin- 
cidence  süffisante  da  tablean  de  Heim,  bas^  sur  nne  impression 
g^n^rale,  et  du  mien,  fond^  sur  une  statistfque  aussi  preise 
qne  le  permet  la  paimn^t^  dM  documMt»  ea  aotre  possesaioD. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes,    371 


Variations  periodiques  du  XIX*  siede. 


Epoqnes. 
1800 

1805 

1810 

1815 

1820 

1825 

1830 

1835 

1840 

1845 

1850 

1855 

1860 

1865 

1870 

1875 

1880 

1885 


Glaciers. 


1815 


18S0 


1845 


1875 


Pinie.        Chaleur  de  l'air* 


1808 


1811 


1818 


1888 


1881 


11888 


18  48 


18881 


188i 


372  F.-Ä,  Forel 

L'6tude  de  ce  tableau  confirme  dans  leurs  grands 
traits  les  conclusions  de  M.  Lang.  Mais  en  me  bas^ut 
sur  les  r^serves  motivees  que  j'ai  faites  au  sujet  de 
rincertitude  des  observations  glaciaires,  je  demande 
la  permission  d'attenuer  la  pr6cision  de  ces  conclusions 
et  je  rösumerai  comme  suit  mes  impressions  ä  ce  8ujet: 

1°  Les  principaux  facteurs  de  la  temperature, 
pluie  et  chaleur  de  l'air,  sont  soumis  ä  des  variations 
de  longue  p6riodicit6  dont  les  allures  sont  analogues 
ä  Celles  des  variations  glaciaires. 

2°  II  parait  y  avoir  des  relations  entre  les  periodes 
d'accroissement  des  glaciers  et  les  p6riodes  k  tem- 
peratare  pluvieuse  et  froide,  entre  les  periodes  de 
diminution  des  glaciers  et  les  periodes  k  temp^rature 
s^che  et  chaude. 

3°  Les  series  d'observations  meteorologiques  semblent 
süffisantes  pour  faire  connaitre  les  variations  gen^rales 
de  la  temp6rature  dans  les  Alpes. 

4°  II  y  a  insuffisance  d^observations  pour  ce  qui 
conceme  l'^tude  des  variations  glaciaires.  Lesmateriaux 
connus  ne  permettent  que  dans  quelques  cas,  trop 
peu  nombreux,  de  döterminer  les  periodes  d^accroisse- 
ment  ou  de  diminution  des  glaciers.  II  y  a  lieu  de  pour- 
suivre,  pendant  longtemps  encore  et  avec  un  redouble- 
ment  d'attention,  les  recherches  sur  ce  sujet. 

§  XXIY.  Les  variations  des  glaciers  des  Alpes  pendant 
l'aanee  1885  et  les  ann^es  precedentes« 

I.    BASSIN  DU  RHONE. 

Vall6e  de  Conches.  D'apr^s  les  ^tudes  de  M.L.Held, 
Ting^nieur  du  Bureau  topographique  föderal  charg^  de 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes,     373 

la  mensuration  du  glacier  du  Rhone,  celui-ci  a  con- 
tinue  ä  diminuer  k  son  extr6mit6  införieure,  et  cela 
dans  les  proportions  suivantes: 

1882—83  11400°»2  ^^  diminution  sur  le  front. 
1883-84  13  850  „     „  „  „    „       „ 

1884-85     5  675„     „  „  ^    ^       „ 

Depuis  deux  ans,  M.  Held  a  reconnu  que  sur  un 
point  le  glacier  gagne  du  terrain ;  c'est  dans  une  vaste 
echancrure  par  laquelle  sortait  autrefois  le  torrent 
du  Rhone,  echancrure  qui  se  comble  successivement. 
Cette  annee,  la  superficie  sur  laquelle  le  glacier  s'est 
ainsi  avanc6  mesure  1650™^.  Au  point  du  plus  grand 
recul,  M.  Held  a  constate  32™  de  retraite;  au  point 
du  plus  grand  allongement,  21  "*  d'avancement. 

Dans  notre  rapport  de  l'annee  derni^re,  nous  avions 
Signale  une  augmentation  notable  d'6paisseur,  en 
1882 — 83,  sur  sept  des  huit  profils  mesur^s.  En 
1883 — 84  et  1884 — 85,  cet  epaississement  n'a  pas 
continue;  au  contraire,  une  diminution  sensible  est 
Evidente. 

Voici  les  chiffres  de  M.  Held,  indiquant  la  Varia- 
tion moyenne  d'epaisseur  des  divers  profils: 

Profil.  1882-83. 1883-84. 1884-85. 1882-85. 

m.  m.  m.  m. 

noir —2,7—0,8       —  —  3,5 

vert +0,7—1,4-3,5—4,2 

jaune -j-  1,8  —  0,6  —  1,3  —  0,1 

rouge 4-2,4—0,4—1,8  +0,2 

inferieur,  n6v6  du  Thäli  +  1,9  —  0,9  —  1,4  —  0,4 

„         grand  nev6    .  +3,0  —1,6  —1,1  +0,3 

sup^rieur,  nev6  du  Thäli  +  2,0  —  0,6  —  1,2  +  0,2 

„         grand  nev6  .  +  3?^  —  2,0  —  1,5  —  0,5 


S74  F.-A,  Fareh 

D'apr^s  cela,  Ton  doit  consid^rer  le  glacier  du 
Rhdne  comme  6tant  encore  eo  diminution,  mais  comme 
approchant  de  T^tat  stationnaire ;  la  p^riode  d'aug- 
mentation  n'a  pae  encore  commence. 

Valläe  de  Fiesch.  Le  glacier  de  Fiesch  est  en 
allongement  (A.  de  Torrentö  de  Sion);  le  minimum 
aurait  donc  eu  liea  vers  1884. 

Vall^e  de  l'AvetifOtl.  Les  trois  glaciers  de  la  vallee, 
Paneyrossaz  y  Plan-neve  et  les  Martinets^  Bont  en- 
core en  diminution  en  1885  (Ph.  Marlettaz,  goide  a«x 
Plans  de  Freni^res). 

Vail^e  de  Saas.  Glacier  d'Allalin,  ^En  aoüt  1865, 
Je  glacier  traversait  la  vall^  et  remontait  de  l'autre 
cot6,  de  Sorte  que  le  chemin  se  trouvant  absolument 
coup6,  il  fallait  gravir  le  yersant  de  la  cote  et  re- 
descendre  sur  le  glacier  pour  poursuivre  la  route ;  oa 
cötoyait  un  lac  que  le  glacier  a  forme  en  barrant  la 
Vifege  et  qui  n'a  d'6coulement  que  sous  le  glacier  lui- 
meme. 

„En  septembre  1879,  le  lac  6tait  toujours  barre; 
des  giacons  m^me  j  flottaient;  mais  le  canal  d'^coule- 
ment,  passant  sous  le  glacier,  ressortait  bientot  aar 
fion  flaue,  et  non  sur  son  front;  en  outre,  le  sentier, 
qui  s'61evait  encore  un  peu,  6tait  apparent,  et  Ton 
n'6tait  pas  oblig6  de  gravir  sur  la  cote  de  la  mon- 
tagne."  (Ch.  Durier,  de  Paris,  V.  P.  du  C.  A.  F.) 

Glaciers  de  Fee.  Glacier  supMeur  en  rapide 
allongement;  glacier  inferieur  de  memo.  En  1885, 
son  front  s'est  a!long6  de  96  "  depuis  la  marque  falte 
en  1883  par  M.  V.  Morax,  de  Morges  (Kavier  et  Em- 
manuel Imseng,  guides,  k  Fee). 


Les  variations  periocUques  des  glaciers  des  Alpes,    876 

M.  Ch.  Darier  confiime  le  fait  d'un  raccourcisse- 
rnent  «onaid^able  des  gkciers  de  Fee  de  1865  k  1879. 

Glacier  de  Hodibalm.  £d  allongement  en  1885 
(X.  et  E.  Imseog). 

Vall^e  de  St-Nicolas«  L'allongement  du  glacier  du 
Gorner  depuis  1883  est  confirmö  par  MM.  Alexandre 
Seiler  de  Zermatt  et  A.  de  Torrent6.  Celui-ci  ^value 
eet  allongement  ä  i— 5*°. 

M.  X.  Imfeld,  iDgäniear,  estime  que  depuis  3-*-4: 
ans  le  glacier  n'a  gu^re  ehang^,  tantdt  avan^ant,  tan- 
t5t  reeulant  de  quelquee  dix  m^tres.  IIb  serait  dans 
r^tat  atatiounaire  (commimieation  de  M.  Alph.  Favre, 
de  Gen^ve). 

D'apr^  le  guide  Mooser,  de  Zermatt,  sur  l'^paule 
du  Cervin,  le  petit  glacier  tr^s  incllD^  qu'il  fallait 
traverser  pour  faire  rasceDcion  du  c5t6  de  Zermatt, 
a  compl^tement  dispam  (communication  de  M.  A.  Barbey, 
de  Lausanne). 

Vall6e  d'IMren$.  Le  glacier  ö!Arolla  est  actuelle- 
ment  en  allongement  (Ant.  de  Torrent6). 

,,La  partie  Införieure  du  glacier  d'Arolla  est  en- 
ti^rement  recouverte  de  mat^riaux  (gneiss  d'Aroila  et 
porphyre)  venant  du  Mont-Colon;  eile  est  en  recul 
jusqu'ä  et  y  compris  V^t^  de  1885.  Mais  le  glacier, 
au  lieu  de  se  terminer  en  pente  douce,  au  niveau  du 
sol,  comme  autrefois,  se  termiue  par  un  dos  d'une 
pente  raide,  dans  leqael  une  voüte  s'est  creus6e  en 
aoüt  1885.  Cette  augmentation  d'6pais«eur  est  tr^s 
manifeste  k  la  base  de  la  chute  des  s^racs  du  Vttibez, 
Les  guides  de  Mauvoisin  ont  confirm^  ce  changement 
dans  l'aspect  du  glacier.  8ur  le  haut  du  glacier,  noufi 


376  F.-A,  Forel. 

avons  trouv6  des  squelettes  de  g^nisses ;  autrefois  les 
Italiens  venaient  chercher  du  b^tail  et  le  ramenaient 
en  passant  par  le  glacier,  ee  qui  prouve  qu'alors  Tex- 
tremite  inferieure  se  terminait  en  pente  douce  du  c6t6 
de  la  vall^e.'^    (Ad.  Tschumi,  de  Gen^ve.) 

Le  glacier  de  Piece  ou  Torgnon  reste  stationnaire 
d'aprfes  M.  A.  de  Torrent6.  —  D'apres  M.  Tschumi,  il 
avancerait;  seulement  cela  est  difficile  k  constater,  en 
raison  de  la  natare  du  sol  form6  par  des  rochers  ab- 
rupts.  Les  preuves  de  Taccroissement  de  ce  glacier 
sont:  1°  On  le  voit  aujourd'hui  des  chambres  de 
rhötel  du  Mont-Colon,  ce  qui  n'ötait  pas  le  cas  il  y 
a  quelques  annees.  2^  Autrefois  les  guides,  pour  aller 
ä  la  Cime  de  TEveque,  passaient  par  un  sentier  bien 
marqu6  sur  la  gauche  du  glacier;  en  revenant  de 
l'Eveque,  M.  Tschumi  tenta  ce  sentier ;  mais  il  y  ren- 
contra  de  grandes  difficult^s;  tout  6tait  recouvert  de 
glace  et  envahi  par  le  glacier;  plus  bas  seulement, 
il  retrouva  les  traces  bien  marqu^es  du  chemin 
(A.  Tschumi). 

Le  glacier  de  Zigiorenove  est  en  aceroissement 
rapide  depuis  1879.  MM.  A.  Kündig  et  A.  Tschumi, 
de  Gen^ve,  Font  etudi6  avec  soin  en  1885,  et  ont 
6tabli  des  rep^res  pour  permettre  une  Observation 
ulterieure  (s'adresser  au  guide  Joseph  Quinodoz,  i 
l'hotel  du  Mont-Colon).  D'aprös  une  mesure  exaete, 
prise  par  M.  Tschumi,  de  1880  ä  1885  le  glacier 
s'est  allongö  de  323™,  soit  de  64™  en  moyenne  par 
an.  Le  glacier  montre  des  signes  ^vidents  de  grande 
activit6,  moraines  soulevöes  et  repouss^es,  sol  labour^ 
comme  avec  un  soc  de  charrue,  etc. 


Les  variations  periodiqiies  des  glaciers  des  Alpes.    377 

Glaciers  de  la  Roussette,  des  Ignes  et  des  Aiguilles 
rouges ;  de  ces  trois  glaciers,  les  deux  premiers  sont 
encore  en  diminution  en  1885;  le  troisiöme,  qui  a 
formö  une  Enorme  moraine  terminale,  s'avance  au- 
dessus  de  cette  moraine,  en  refoulant  les  blocs  qu'il 
a  antrefois  d6pos6s.  Ce  glacier  est  done  en  allonge- 
ment  (A.  Tchumi).! 

Vall^e  d'Häremence.  Le  glacier  de  Seiion  ou 
Durand   est   encore  en  diminution  (A.  de  Torrent6)* 

Vallie  de  Bagnes.  Le  glacier  de  Getroz  avance; 
les  chutes  de  glace  sont  nombreuses;  les  paysans 
disent  „qu'on  entend  la  canonnade"  (A.  de  Torrent6). 

Val  Ferret  d'Orsieres.  Le  glacier  de  Saleinaz 
s'est  consid6rablement  enfonc6 ;  les  cols  sont,  par  suite 
de  cela,  relativement  plus  61ev6s,  en  particulier  celui 
de  Chardonney.  II  doit  en  etre  de  meme  des  glaciers 
du  Dolent  et  de  la  Neuvaz  (A.  Barbey,  de  Lausanne). 

Glacier  d^Orny.  Les  blocs  rep6r6s  par  M.  Barbey 
ont  6te  refoul6s  par  le  glacier  depuis  juin  1884  au. 
printemps  de  1885,  indiquant  un  allongement  de  1,6  ™» 
Le  13  juillet  1885,  il  y  avait  cependant  un  rac- 
courcissement  temporaire  de  7  ™,  indiquant  une  fusion 
enorme  pendant  le  commencement  de  r6t6  (A.  Barbey). 

Valläe  du  Trient.  Le  glacier  du  Trient  augmente 
dans  toutes  ses  dimensions ;  dans  sa  partie  inf^rieure,. 
8on  allongement  depuis  1884  est  de  plus  de  12 "» 
(J.  Guex,  de  Vevey).  Dans  la  partie  sup^rieure,  il  y 
a,  au  contraire,  affaissement ;  le  plateau  sup6rieur 
forme  une  cuvette  beaucoup  plus  profonde  en  1885 
que  dans  les  ann6es  pr6c6dentes  (A.  Barbey). 


378  F.'Ä.  Ford. 

Glacier  des  Grands.  II  a  avanc6  de  1S84  ä  1885 
de  3  °^  environ  aar  son  front ;  la  moraine  laterale  s'est 
^boul6e  sur  le  glacier^  sous  la  pression  paisBaate  de 
ia  masse  en  mouvement.  L'^paissenr  da  glacier  augniente 
4ias8i  notablement  (F.  Doge,  de  la  Tour  de  Peilz). 

D'apr^s  M.  A.  Wagnon,  de  Morges,  les  neiges 
^taient  encore  abondantes  a  la  fiy  de  joillet  dans  la 
vall6e  de  Salanfe  et  du  c6t6  du  Col  de  Balme, 
Mais  en  aoät  la  fönte  a  ^t6  tr^s  active ;  les  n6m  da 
Buet  avaient  6norm6ment  diminu6;  jamais  M.Wagnon 
ne  les  a  vus  aussi  reduits.  De  meme  sur  le  Fonla- 
7iahran  au-dessus  d'Emaney. 

Vall^e  de  I'Arve  (notes  de  M.  Venance  Payot,  de 
€hamonix).  Le  glacier  du  Tour  s'est  consid6rable- 
inent  allong^  depuis  1884,  au  moins  de  30";  ü 
Augmente  aussi  en  ^paisseur. 

Glacier  d'Jrgff?nfieres.  AUongement  de  15",  du 
14  octobre  1884  au  18  octobre  1885. 

Glacier  des  Bot's.  En  diminution  marqu^  dans  s« 
partie  införieure ;  il  augmente  en  revanche  d'epaisscttr 
dans  la  r6gion  sup^rieure,  vers  le  Tacul. 

Glacier  des  Bossons  est  en  allongement: 
du  13  octobre  1884  au  26  mai  1885     +  37« 
du  26  mai  1885  au  9  juin  1885  +1^" 

du  9  juin  1885  au  24  octobre  1885     -j-  12,15  ■. 

En  fiomme,  du  8  octobre  1883  au  24  octobre  1885, 
109  m  d'allongement  (V.  Payot). 

M.  L.  Soret,  de  Genöve,  eetime  k  160  »  Fallong«- 
ment  depuis  le  commenoement  de  la  periode  aetaelk 
d'accroissement.  ^) 

1)  Arch.  de  Geneve,  XIV,  567.    1885. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes.    379 

Vali§e  de  ri$ere.  Le  glacier  de  la  Vanoise  ^tait 
€0  diminution  de  1883  ä  1885  (Achille  Hiunbert,  de 
Gen^ve). 

D'aprös  M.  Ch.  Lory,  de  Grenoble,  il  y  aurait  un 
developpement  ezceptionnel  dans  l'et^  de  1885  des 
giaciers  et  n6v68  du  massif  du  MonUCenis ,  et  des 
Alpes  entre  la  Maurienne  et  Tltalie,  vers  les  sources 
de  FArc. 

IL  BASSIN  DE  L'AAR. 

Oberland  bernois.  D'api^s  M.  le  pasteur  Baum- 
^rtner,  de  Brienjz,  les  neiges  ont  consid^rablement 
fondu  dans  T^tö  de  1885.  Le  glacier  du  Dossenhorn 
est  tr^s  notablement  affaiss6,  et  le  n^v^  y  a  diminu^. 
La  pUteforme  sur  laquelle  etait  bätie  la  Dossenhtttte, 
ayant  son  transfert  de  Tannöe  derniere,  ^tait  libre  de 
neiges  en  aoüt  1885.  Les  n^ves  de  la  region  sont 
moins  61ev68,  et  les  glaciers  beaucoup  plus  d6couverts 
et  d6chir^s  que  les  ann^es  pr^c^dentes. 

Le  Glacier  bleu  entre  le  Schwarzhorn  et  le  Wild- 
gerst,  chaine  du  Faulhorn,  est  tellement  r^duit  qu'en 
1885  M.  Baumgartner  put  monter  au  Schwarzhorn 
Bans  mettre  le  pied  sur  la  glace,  tandis  qu'en  1883 
il  avait  eu  beaucoup  de  peine  ä  traverser  le  n6v^ 
glace. 

Les  glaciers  suspendus  aux  flaues  du  Wetterhorn 
et  du  Schreckhorn  ont  consid^rablement  diminu^. 

D'apr^s  un  rapport  du  guide  Johann  von  Bergen, 
de  Meiringen,  dans  une  ascension  de  1885  au  Schreck- 
horn, il  n'eut  qu'une  douzaine  de  marches  k  tailler 
dans  la  glace  (H.  Baumgartner). 


380  F.-Ä.  Foreh 

Le  glacier  de  Rosenlaxi'i  est  en  alloogement  ra- 
pide dans  son  extremite  inferieure  (V®  Rapport),  üne 
note  de  M.  Ed.  Gerwer,  de  Thoune,  qui  l'a  Studie 
dans  sa  r6gion  moyenne,  au  pied  du  Dossenhorn,  nous 
apprend  qu'il  a  constat6,  en  aoüt  1885,  un  accroisse- 
ment  notable  de  T^paisseur  et  de  la  largeur  ^u 
glacier.  üne  moraine  laterale  de  recente  construction 
s'elöve  ä  2  ou  3  mfetres  de  hauteur. 

Vall6e  de  Gessenay.  Glacier  de  Zanfleuron.  DV 
prfes  des  repferes  de  1884,  visites  en  1885,  le  glacier 
est  en  recul ;  le  raccourcissement  est  en  moyenne  de 
12,1™.  Autrefois  le  glacier  avait  son  principal  ecoule- 
ment  dans  la  Sarine,  dont  il  formait  la  source;  ac- 
tuellement  les  ®/io  de  son  eau  se  dirigent  dans  le 
petit  lac  ä  la  cote  de  1270  ™  (voir  la  carte  au  1 :  50,000) 
et  de  \k  dans  la  Morge,  du  cote  du  Valais.  C'est 
donc  une  deviation  des  eaux,  au  profit  du  Rhone  et 
au  detriment  du  Rhin,  qui  est  occasionnee  par  la  re- 
traite  extreme  du  glacier  de  Zanfleuron  (H.  Pittier,  de 
Chäteau-d^Oex). 

III.  BASSIN  DE  LA  REUSS. 

Vall^e  de  Maderan.  D'apres  les  mesures  de 
M.  Krayer-Ramsperger ,  de  Bäle,  les  variations  sni- 
vantes  ont  ete  constat^es: 

Glacier  de  Brunni, 

m. 

Rive  gauche,  raccourcissement         —  10,5 

Rive  droite,  „  —     8 

Voüte  du  torrent,  hauteur  7. 


I 


Les  variations  pertodiques  des  glaciers  des  Alpes,    381 

Glacier  de  Hüfi. 

m. 

Rive  gauche,  raccourcissement  —  39 

Rive  droite,  ^  —  42 

Voüte  du  torrent,  hauteur  15. 

D'apres  M.  A.  Heim,  de  Zürich,  le  glacier  de  HUfi 
-est  extremement  d6chir6  et  difficile  k  traverser,  en 
raison  de  sa  grande  diminution  d'^paisseur. 

Massif  du  St-Gothard.  Les  n6v6s  sont  r^duits, 
jusqu'ä  etre  m^connaissables  pour  celui  qui  ne  les  a 
pas  vus  depuis  1882  ou  1883.  On  pouvait  en  1885 
monter  au  Pizzo  Ceiitrale  sans  mettre  le  pied  sur  la 
neige  (A.  Heim). 

IV.  BASSIN  DE  LA  LINTH. 

„Le  Eiferten  et  le  Sandgletscher  sont  encore  en 
retraite  ä  la  fin  de  1884.  Le  glacier  de  Eiferten  est 
fort  d^chire  et  affaiss^. 

„Les  n6v6s  du  Toedi,  des  Clarides  et  du  Scheer- 
horn  sont  plus  petits  que  je  ne  les  ai  jamais  vus; 
au  lieu  d'etre  recouverts  d'une  neige  blanche  et 
fraiche,  ils  sont  salis  et  ont  toute  l'apparence  de 
vieilles  neiges."    (A.  Heim.) 


V.  BASSIN  DU  RHIN. 

Vall^e  du  Rhin  postörieur.  Le  glacier  de  Gliems, 
au  8ud  du  Toedi,  est  fortement  raccourci  depuis  1881 
(A.  Heim). 


382  F.'A.  Forel. 

VI.  BASSIN  DE  L'ENN. 

M.  le  professeur  Ed.  Richter,  de  Salzbourg,  ^)  a 
Visits  en  1883  les  glaciers  du  massif  de  l'Oetzthal^ 
et  il  en  a  etudi6  les  variations  en  se  basant  sur  les 
ötudes  anterieures  des  Schlagintweit  (1847 — 48),  de 
Sonklar  (1856),  et  de  la  carte  topographique  (1870). 
Voici  le  r^sumö  de  ses  observations : 

Pitzthal.  Mittelberggletscher.  II  a  recul6  enorm6- 
ment: 

de  1856  ä  1870     162,5%   soit  par  an     11,6- 
de  1870  ä  1883     717,5%    soit  par  an     55,2". 

La  retraite  a  commence  vers  1859. 

La  moraine  laterale  de  droite,  k  500  ™  au-dessu* 
de  rextr6mit6  du  glacier,  montre  qu'en  ce  point  le 
glacier  a  diminu^  d'environ  90  ">  d'^paisseur  depnift 
la  derniöre  p^riode  de  maximum. 

Glacier  de  Taschach,  Le  commencement  d«  l& 
Periode  de  reftraite  est  peu  certain ;  M.  Richter  !e 
rapporte  approximativement  vers  1856. 

De  1856  ä  1878  racoourcissement  253«,  boü  par 
an  16»; 

d«  1878  k  1883  raccourcisöemeiit  137%  soft  pir 
an  27,4»; 

afifaissement  du  glacier  50  k  60°*. 

Glacier  de  Sechsegerten,  en  retraite  en  1883  de 
170™  sur  la  moraine  frontale. 

Oetzthai.  Vema^t,  La  demi^re  p6riode  de  maxi- 
mum de  ce  glacier  aux  allures  Stranges  date  de  1848; 
k  cette  ^poque,  il  venait  battre  la  Zw^rchwand.  Pe- 


1)  Zeitschrift  des  D.  u.  Oe.  A.  V.,  1886. 


Les  variations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes.     383 

pms  lors,  il  s'est  retir6  tr6s  haut  dans  la  vall^e;  il 
etAit  en  1883  k  2092»  de  la  moraine  frontale.  Son 
extremit6  terminale,  qui,  en  1848,  6tait  k  la  cote 
2120™,  s'est  relevee  de  S60".  La  superficie  mise  k 
nu  par  la  retraite  de  la  glace  est  de  157,8  hectares,. 
plus  de  l^k  kilomfetre  earr6.  C'est  la  plus  forte 
diminution  connue  dans  un  glacier  des  Alpes. 

Hintereis.  Ce  glacier  s'est  peu  raccourei  depuis; 
la  demi^e  ^poqiie  de  maximum,  dont  la  date  est  in- 
connae;  il  a,  en  revaRcke,  consid^rablement  diminn^ 
d'^paisseur.  La  r^vetion  de  longueur  n'ötait  gu^re^ 
en  1883,   que   de  150";    celle  d'^paisseur  de  93". 

Hochjochgletscher  a  tr^s  peu  changö  depuis  15 
ou  20  ans;  il  est  inabordable  k  son  extr^mit^  termi- 
nale.    En  1856,  il  6tait  en  allongement. 

Nieder  Jochgletscher.  Relativement  aussi  peu  me- 
dium;  il  s'est  raccourei  de  180"  depuis  le  dernier 
maximum. 

Glacier  de  Margell  et  Schalf  s'est  peu  raccourei^ 
de  72  ™  seulement;  il  s'est,  en  revanche,  fort  affaissö^ 
de  plus  de  100  "  pr^s  de  la  cabane  de  Sanmoar.  La 
forme  des  moi*aines  medianes  et  la  direction  dea 
courants  de  glace  a  cousid^rablement  chang^  depui». 
1870.     Le  glacier  ^tait  ^i  allongement  en  1856. 

Le  GurglfTffiet^cIier  montre  peu  de  yariation«^ 
comme  le  Hochjochgletscher.  Son  recul  n'est  que  d^ 
150"^,  son  affaissement  de  20 — 25  "  seulement 
(E.  Richter). 

ZilitrtliaL  M.  le  D*  C.  Dieser,  de  Vienne,  con- 
tinue  les   6tudes   sur   les  variations    des  glaciers   da. 


.384  F,'A,  Forel. 

Schwarzensteingrund.  ^)  Ces  glaciers  sont  encore  en 
diminution  manifeste ;  leiir  raccourcissement  varie  sui- 
vant  rannte  de  Tobservation : 

1881—82.  1882—83.  1883-84. 

m.                m.  m. 

Schwarzensteinkees      .       8              2,2  12 

Hornkees 17              8  27 

Waxeckkees  ....     11             5  16 

Le  Schwarzensteinkees  a  montr6  au  printemps  de 
1883  un  allongement  temporaire,  qui  s'est  traduit  par 
r^tablissement  d'une  petite  moraine  frontale  d'un  m^tre 
environ  de  hauteur. 

La  grande  p6riode  de  retraite  date  de  1850  4 
1855.  D'apres  la  hauteur  et  la  position  des  moraines, 
le  recul  total  jusqu'en  1884  a  6te  de  350",  la  dimi- 
nution d'^paisseur  de  20  k  35™,  suivant  les  profils, 
et  la  perte  de  volume,  jusqu'ä  l'isohypse  2400",  de 
33,7  millions  de  m^ 

VII.  BASSIN  DE  LA  SALZACH. 

Le  D"^  A.  Penck  ^)  Signale  T^tat  de  r^duction  de 
trois  petits  glaciers,  VUebergossene  Alm,  le  Blaueis 
et  VEiskapelle  de  St-Bartholomce ;  il  note  aussi  U 
disparition  de  nombreuses  fiaques  de  neige  et  de  nev^s, 
en  particulier  sur  le  versant  oriental  du  Steinberg  pr^s 
de  Ramsau. 


1)  Zeitschrift  des  D.  u.  Oe.  A.  V.,  XVI,  66.     1885. 
')  Das  Land  Berchtesgaden.  Zeitscbr.  des  D.  u.  Oe.  A.  V., 
XVI,  217.     1885. 


Les  variations  periodiqties  des  gladers  des  Alpes.     385 

VIII.  BASSIN  DE  LA  DRAVE. 
MSIIthal.     M.  F.  Seeland,  de  Klagenfurt,  paursuit 
868  observatioDB  snr  le  glacier  de  Pasterzen,   lequel 
eontmae  k  d^crottre^).  La  moyenne  de  la  diminution 
d'^aisseur  anx  qtiatre  rep^res  6tadi6s  a  6t^: 
de  1879  k  1880  —  8,05°» 

„  1880  „  1881  —  6,37"» 

„   1881   „   1882  —  7,60°» 

„  1882  „   1883  —  2,14°» 

„   1883  yj  1884  —  2,54°» 

IX.  BASSIN  DE  L'ADDA. 

Massif  de  rOrtler.  Les  glaeiers  dn  versant  nord 
de  V Ortler  ont  subi  dans  V^t6  de  1885  une  diminu- 
tion extraordinaire  qu'on  peut  6valuer  k  40"»  en  rac- 
courcissement  et  ä  1"  de  diminution  d'epaisseur. 

Sur  le  versant  sud,  d'apr^  les  guides,  Taffaisse- 
ment  est  au  moins  de  3  J»  (C.  Gobbi,  de  Stelvio). 

X.  BASSIN  DU  PO. 

Vall6e  de  Cogne.  „Dans  le  groupe  du  Grand- 
Paradis,  les  glaeiers  de  la  Trihulation  et  de  Gran- 
crou  ont  continue  raccroissement  signal6  Tannöe  der- 
ni^re.  En  1883,  la  distance  qui  les  s^parait  etait 
6valu6e  k  800  °»;  en  1885,  ils  se  sont  reunis  par  leurs 
extremites  terminales. 

„Le  glacier  de  Money  continue  k  se  raccourcir, 
d'au  moins  40  °»  depuis  1883. 

„Cette  diff^rence  d'allures  est  due  k  la  diflference 


*)  Zeitschr.  des  D.  u.  Oe.  A.  V.,  XVI,  79.     1885. 

25 


386  F.'A.  ForeL 

d'orientation,  les  deui  premiers  de  ces  glaciers  6tant 
tourn^s  vers  le  sud,  le  troisi^me  vers  Tonest ;  pnis  i 
la  nature  de  leurs  nev6s  de  r^ception,  lesquels  sont 
unis  et  considörables  pour  les  premiers  et  acciclent6 
pour  celui  de  Money."     (D'.  Fr.  Virgilio,  de  Turin.) 

XI.    RlfcSüME. 

En  r6capitulant  les  notes  ci-dessus,  pour  la  chaine 
enti^re  des  Alpes,  nous  n'avons  cette  ann6e  qu'ä  con- 
firmer  la  reprise  successive  de  la  periode  d'allonge- 
ment  de  bon  nombre  de  glaciers  des  Alpes  occiden- 
tales  et  la  coütinuation  de  la  p6riode  de  diminntion 
pour  Tensemble  des  glaciers  des  Alpes  orientales. 

Les  seuls  glaciers  que  nous  ayons  k  ajonter  ä  la 
liste  de  34  glaciers  en  voie  d'allongement,  doim6e 
rannte  demi^re,  sont: 

Groupe  du  Mont-Blanc,  Glacier  du  Tour.  Mini- 
mum probable  1884  (V.  Payot). 

Grroupe   du  Moni-Colon,     Glacier  des  Aigoilles 

rouges.     Minimum  1884  (Ad.  Tschumi). 

Groupe  du  Finster aarhorn,  Glacier  de  Fiesch. 
Minimum  1884  (Ant.  de  Torrente). 

Ce  qui  porte  ä  37  le  nombre  des  glaciers  actuelle- 

ment  en  p6riode  d'augmentation  constatee. 

§  XXY.  Ulaciers  des  Pjrenees. 

D'aprös  une  communication  du  comte  Henry  Russell, 
ä  Pau,  il  y  aurait  eu  dans  r6t6  de  1885  une  grande 
accumulation  de  neiges  dans  les  Pyrönees,  en  paili- 
culier  au  haut  du  glacier  de  Vignemale.j  oü  Tenneige- 


Les  vartations  periodiques  des  glaciers  des  Alpes.     387 

ment  progressif  serait  tr6B  Evident;   le  n6v6  s'y  est 
8ur6lev6  de  2™  envirbn. 

Le  glacier  du  Taillon  (cirque  de  Gavarnie),  visitö 
par  M.  Rüssel  en  1871  et  en  1885,  a  tellement  chang6 
pendant  eette  p^riode  qu'il  est  möconnaissable.  Sur 
une  superficie  totale  de  14  hectares,  il  en  a  perdu  au 
moins  le  tiers.  Son  front  s'est  relev6  en  altitude 
d'environ  300  " ;  le  glacier  est  distant  de  ses  moraines 
laterales  de  100  ä  120  ™.  II  s'est  considörablement 
affaiss6  (H.  Russell). 

§  XXFI.  Glaciers  de  l^orrege. 

J'extrais  d'une  lettre  de  M.  Ch.  Rabot,  de  Paris, 
dat^e  de  Vardö,  ocean  glacial  du  nord,  8  aoüt  1885, 
les  d^tails  suivants: 

Le  glacier  qui  descend  du  Swartisen  dans  le 
HolandsQord  prös  du  gaard  de  Fonddal  a  6t6  visit6 
par  M.  Rabot  en  1883  et  en  1885.  Apr6s  une  Pe- 
riode d'allongement  dans  laquelle  le  glacier  avait 
avanc6  d'une  centaine  de  metres,  il  a  commenc6  k 
reculer  vers  1880  ou  1881.  De  1883  k  1885  il  a 
diminu6  d'une  dizaine  de  metres,  et  il  s'est  r^tr^ci  sur 
la  rive  gauche  de  3  ". 

Le  grand  glacier  de  Holandsfjord  sl  6galement 
diminu6  depuis  1883;  son  front  a  recul6  d'environ 
5  ™,  et  il  s'est  affaissö  de  3  ä  4  ™.  D'aprös  les  mon- 
tagnards,  ce  glacier  serait  en  retraite  continue  depuis 
une  cinquantaine  d'ann^es ;  la  longueur  totale  de  son 
recul  est  de  500  k  600™. 

Voici     les    conclusions    de    mon    correspondant: 


388       F.'Ä.  ForeL    Les  variatians  periodiques  etc. 

^D'apr^s  La  position  des  moraines  et  le  temoignage 
des  habitantSy  tons  les  glaciers  -de  la  Laponie  auraient 
diminae  dans  les  dernieres  decad^s.  Leur  mouvement 
de  recol  est  moins  prononc^  qne  celai  des  glaciers 
des  Alpes.  Pour  quelques  glaciers  seulement  cette 
retraite  anrait  et^  interrompue,  et  pendaut  quelques 
ann^  ces  glaciers  auraient  avanc^;  puls  ils  auraient 
de  nouveau  recul^,  et  ils  sont  eux  aussi  actuellement 
en  retraite.  Seul  le  glacier  situ6  ä  la  base  ouest  de 
Kebnekaisse  (Laponie  su^doise)  nous  a  semble  en 
Progression;  toutefois  je  n'y  ai  constate  aacnne 
moraine  frontale.  —  ün  Lapon  nous  avait  dit,  il  y  a 
deux  ans,  qu'nn  glacier  des  Oxlinder  avait  progresse. 
Ge  fait  doit  se  rapporter  ä  celui  que  nous  avons 
Signale  plus  haut;  mais  cette  annee  les  affirmations 
du  meme  Lapon  ont  ete  beaucoup  moins  precises  4 
ce  sujet;  le  doute  est  done  permis.^  (Ch.  Babot.) 


Bericht   Ober  die  Vermessungsarbeiten  am 
Rhonegletscher  im  Jahre  1885. 

Von 

/.  Coaz   (Section  Bern),  Mitglied  des  Gletscher-CoUegiums. 

Die  Vermessungsarbeiten  am  Rhonegletscher  wurden 
im  Jahr  1885,  als  der  X.  Campagne,  nach  dem  vom 
Gletscher-Collegiumin  seiner  Sitzung  vom  26.  Mai  1885 
genehmigten  Programm,  unter  Anschluß  einer  neuen, 
größeren  Einmessung,  gleich  vde  im  Vorjahr  fort- 
gesetzt. Dem  Leiter  der  Vermessungen,  Herrn  Ingenieur 
L.  Held,  wurde  wieder  Herr  A.  Ringier,  Topograph, 
als  Mitarbeiter  beigegeben  und  als  Gehtilfen  5  Männer 
von  Oberwald  verwendet. 

Die  Arbeiten  wurden  vom  18.  Aug.  bis  1.  Sept., 
somit  während  15  Tagen,  bei  fast  anhaltendem  Nord- 
wind und  unterbrochen  von  Schneegestöber  und  Regen 
ausgeführt.  Gletscher  und  Firn  wurden  seit  1881  nie 
mehr  so  schneefrei  wie  letztes  Jahr  gefunden  5  auf 
dem  Gletscher,  soweit  er  regelmäßig  jährlich  aper 
wird,  zeigte  sich  in  der  Spaltenbildung  nichts  Un- 
gewöhnliches, wogegen  im  Firngebiet  zahlreiche  neue 
Spalten  zu  Tage  getreten  sind. 


390  J.  Goaz. 

Ergebnisse  der  Gontrolmessangen. 

i.  Nivellement  der  Querprofile. 

Von  den  acht  Profilen  liegen  sieben  noch  auf  dem 
Gletscher  und  zeigen  wieder  eine  mittlere  Abnahme 
gegenüber  dem  Stande  des  Vorjahres,  womit  ungefähr 
der  Stand  von  1882  wieder  erreicht  ist,  d.  h.  die  Ab- 
nahme der  letzten  zwei  Jahre  hebt  die  Zunahme  des 
Jahres  1882/83  wieder  auf.  Eine  Ausnahme  bildet 
das  tiefliegende  grtlne  Profil,  welches  im  Mittel  um 
4°»  tiefer  steht  als  1882. 

Das  achte  (unterste),  schwarze  Profil  läuft  nicht 
mehr  über  Eis. 

Die  Längen  der  Profile  in  den  Jahren  1884  und 
1885  und  fei-ner  die  Abnahme  der  Eis-  und  FirnmaBseu 
im  Profil  und  nach  durchschnittlicher  und  Maximal- 
höhe sind  aus  folgender  Zusammenstellung  ersichtlich: 


Abnahme  der  Eis-  resp.  Firn- 

Länge. 

masse  1885. 

Profile. 

1885 

1884 

g 

Senkr.  Höhe. 

1- 

e 

m« 

• 
kl 
• 

1 
■§ 

m. 

m. 

m. 

B. 

Grünes  Profil   .     . 

459,2 

461,8 

361 

1618,07 

3,504 

8,5 

Gelbes  Profil    .    . 

1161,4 

1164,4 

361 

1548,60 

1,333 

4,0 

Rothes  Profil    .    . 

1016,0 

1019,5 

360 

1951,10 

1,824 

3^ 

Unteres  Thäliprofil 

660,0 

674,8 

359 

959,9 

1,423 

*,' 

Unteres    Großfirn- 

i 

profil    .... 

1435,5 

1453,7 

359 

1550,8 

1,067 

2,3 

Oberes  Thäliprofil 

741,2 

741,2 

358 

921,3 

1,243  7^ 

Oberes  Großfirn- 

profil   .... 

2562,6 

2562,6 

360 

3924,6 

1,531 

3,4 

Dte  Vermessungsarbeiten  am  Bhonegletscher,        391 

Das  untere  Thäliprofil  durchschnitt  1884  nur 
2  Spalten,  1885  deren  12;  das  untere  Großfimprofil 
10  im  Jahr  1884  und  21  1885  und  endlich  das  obere 
Oroßfirnprofil  14  im  Jahr  1884  und  29  im  letzten 
Jahr. 

Die  sehr  starke  Abschmelzung  im  Ober-Thäliprofil 
rührt  ohne  Zweifel  von  der  bedeutenden  Wärmeaus- 
strahlung der  Felsen  her. 

Am  absolut  höchsten  Punkt  des  grünen  Profils 
<280™  vom  linken  und  180™  vom  rechten  Ufer  ent- 
fernt) beträgt  die  Abnahme  nur  0,5  ^.  Daraus  ergibt 
«ich  gegenüber  den  früheren  Profillinien  eine  Aus- 
bauchung im  größten  Stromstrich.  Die  Messungen  an 
den  Abschmelzstangen  des  gleichen  grünen  Profils 
zeigen  beinahe  gleich  große  Abschmelzung  (S.  395). 

2.  Einmessung  der  Steinreihen  und  der  Firnsignale, 

Schwarze  Steinreihe,  Ist  schon  seit  1884  ganz 
gestrandet. 

Grüne  Steinreihe,  Diese  ist  seit  1880  durch  den 
Einschnitt  der  Rhone  in  zwei  Hälften  getheilt;  1885 
sind  sämmtliche  Steine  der  rechten  Seite  gestrandet. 

Bei  der  Einmessung  am  1.  September  1884  oder 
361  Tage  vor  derjenigen  vom  28.  August  1885  wurden 
8  Nummemsteine  auf  dem  Eise  gefunden,  von  welchen 
seither  2  Steine  gestrandet  sind.  Die  größte  Bewegung 
betrug  8  ".  Die  Art  und  Größe  der  Eisbewegung  ist 
an  den  vorhandenen  Steinen  nicht  mit  großer  Zu- 
verlässigkeit zu  constatiren,  indem  die  Steinreihe 
größtentheils  in  einer  Kehle  liegt,  durch  welche  viel 
Schmelzwasser  abläuft,   das  einzelne  Steine  mitreißt. 


392  J.  Coaz, 

Durch  diese  Kehle  geht  auch  der  größte  Verkehr  der 
den  Gletscher  besuchenden  Fremden,  welche  die  grtin 
angestrichenen  Steine,  in  Unkenntniß  ihres  Zweckes, 
aufheben  und  dann  wieder  wegwerfeiT. 

Gelbe  Steinreihe,  Am  29.  August  1884  wurden 
22  sichtbare  Nummernsteine  (43  %)  eingemessen,  im 
August  1885  39  Steine,  84  ®/o  der  1874  gelegten 
51  Nummern.  Neu  aufgefunden  wurden  20  Nummern, 
wovon  14  Nummern  unter  dem  Sturz  eingemessen. 
Nicht  eingemessen  werden  konnten  drei  Nummern,  die 
in  Spalten  gefallen  oder  in  den  Gletschersturz  ge- 
rathen  waren.  Die  Gesammtlänge  der  anfänglich  996  ■* 
messenden  Reihe  belief  sich  zur  Zeit  der  Einmessnngen 
auf  3414  ^. 

Seit  dem  Jahre  1879,  als  die  Reihe  noch  weit  ob 
dem  Sturze  lag,  wurden  nie  mehr  so  viele  Steine  auf- 
gefunden, wie  dies  Jahr.  Dies  Verhältniß  wird  sich 
in  Zukunft  noch  besser  gestalten,  weil  die  Reihe 
immer  mehr  gegen  die  spaltenärmeren  Ufer  rückt. 

Zeichnet  man  in  den  Plan  der  gelben  Reihen  den 
Weg  ein,  welchen  die  Nummernsteine  über  den  Sturz 
hinunter  mit  Wahrscheinlichkeit  zurückgelegt  haben, 
so  ergibt  sich  für  die  letzten  vier  Jahre  eine  durch- 
schnittliche Jahresbewegung  von  179"  im  Minimum 
und  210  ">  im  Maximum. 

Der  großen  Regelmäßigkeit  der  Steinbewegang 
entspricht  nothwendigerweise  eine  solche  der  Eis- 
massen. Das  Einstürzen  der  Eiswände  hat  die  Steine 
nicht  so  sehr  zerstreut,  wie  man  dies  glaubte  an- 
nehmen zu  müssen,  wohl  deßhalb  nicht,  weil  die 
Steine  schon  ob  dem  Sturze  in   tiefen  Spalten  lagen. 


Die  Vermessungsarbeiten  am  Rhonegletscher.         395 

Wir  können  nun  mit  Sicherheit  sagen :  das  Eis  bewegt 
sich  in  dem  mittleren  300  °»  breiten  Stromstrich  (6e- 

sammtbreite   500  ™)   in   4   Jahren   über  den  800  ^ 

langen  Eissturz. 

Rothe  Steinreihe,  Am  22.  August  1884  wurden 
23  Nummernsteine  (43  %  der  Gesammtzahl  von  53)^ 
1885  deren  34  eingemessen;  7  Steine  Jiegen  unter 
Schnee,  12  in  Spalten.  Die  anfänglich  1035  ™  lange 
Reihe  hat  sich  bis  auf  2637  ™  ausgedehnt. 

Zum  ersten  Male  seit  1874  konnten  am  rechten 
Ufer  einzelne  Steine,  die  frliher  immer  unter  Schnee 
lagen,  eingemessen  und  damit  die  Curve  abgeschlossen 
werden. 

Die  größte  eingemessene  Bewegung  beträgt  105 "» 
Gefall  und  Bewegung  der  Eisoberfläche  sind  im  größten 
Stromstrich  seit  1881  stätig  kleiner  geworden.  Im 
Jahr  1886  wird  die  Spitze  der  rothen  Reihe  in  da& 
Gebiet  der  gelben  gelangen. 

Bewegung  der  Firustangeu  1884/85. 

Von  den  16  1883  zur  Messung  der  Bewegung  und 
Abschmelzung  im  Firngebiet  errichteten  Firnstangen 
ist  1884/85  eine  verloren  gegangen,  so  daß  jetzt  im 
Ganzen  4  Stangen  außer  Beobachtung  fallen.  Die  Er- 
haltung der  Stangen  ist  eine  sehr  schwierige  Aufgabe 
und  verlangt  mehrmalige  Untersuchungen  und  Richtig- 
Stellungen  der  Stangen  im  Laufe  des  Jahres. 

Mit  Ausnahme  einer  einzigen  Stange  (VI  des  untern 
Großfims)  weisen  sämmtliche  Signale  eine  kleine  Ver- 
minderung der  Bewegung  gegenüber  dem  Vorjahre  auf» 
Die  größte  Bewegung  zeigt  Signal  V  und  VI  im  untern 


394  J,  Coaz. 

Großfini  mit  86  ",  die  geringste  beträgt  2,1  ",  nur  45" 
vom  linken  Ufer  entfernt. 

5.     Messung   der   Sommerhewegung   im  Vergleich 
zur  Jahreshewegung  im  gelben  und  rothen  Profil 

In  gleicher  Weise  wie  in  den  Vorjahren  wurde 
wieder  im  größten  Stromstrich  des  rothen  und  gelbes 
Profils  die  Eisbewegung  während  der  zweiten  Hälfte 
Augast  gemessen,  um  sie  mit  der  Jahresbewegong 
vergleichen  zu  können. 

Im  gelben  Profil  ergaben  die  Messungen  der  Be- 
wegung in  15,2  Tagen  (18.  August  bis  2.  September 
1884^  von  3,83"  bis  4,14».  Bis  zum  19.  Augost 
hatten  die  Steine  103,6°»  bis  106,3"»  zurückgelegt. 

In  14,8  Tagen  erzeigte  sich  im  rothen  Profil  eine 
Bewegung  von  3,54"  bis  zu  3,73",  und  bis  zum 
18.  August  1885  96,8"  bis  98,6". 

Es  ergibt  sich  durch  Berechnung  wieder,  wie 
letztes  Jahr,  daß  die  mittlere  tägliche  Bewegung  der 
zweiten  Hälfte  August  kleiner  ist,  als  die  mittlere 
tägliche  Bewegung  des  ganzen  Jahres. 

Ferner  zeigt  sich  auch  hier,  wie  bei  den  Firn- 
stangen, daß  die  Jahresbewegung  1884/85  kleiner  ist 
als  die  Jahresbewegung  von  1883/84,  und  zwar  durch- 
schnittlich um  6,5",  und  ferner  eine  sehr  gleich- 
mäßige. 

In  Ausführung  des  Beschlusses  der  Conferenz  vom 
26.  Mai  1885  sind  nun  im  rothen,  gelben  und  grünen 
Profil,  in  je  40"  Abstand,  nunmierirte  Steine  gelegt 
worden,  um  an  denselben  die  Jahresbewegungen  der 
ganzen  Gletscherbreite  vergleichen  zu  können.  An  den 


Die  Vermessungsarbeiten  am  Ehonegletscher.         395 

beiden  obem  Profilen  ist  auch  eine  12tägige  Sommer- 
bewegung beobachtet  worden. 

4.     Gletscherzunge. 

Seit  1874  war  die  Fläche  des  vom  Gletscher  in 
einem  Jahre  bloßgelegten  Bodens  nie  so  klein  und 
die  neu  übergletscherte  Fläche  nie  so  groß,  wie  dies 
Jahr. 

Es  wurden  1884/85,  während  362  Tagen,  7,325°i2 
Strandboden  bloßgelegt  und  vom  Gletscher  1,650"*^ 
tiberdeckt,  somit  5,675"»^  mehr  bloßgelegt  als  tiberdeckt. 

Die  gleichen  Factoren,  welche  bewirkten,  daß  die 
Fläche  des  1884/85  bloßgelegten  Bodens  so  klein 
war,  können  so  mächtig  werden,  daß  schon  nächstes 
Jahr  der  Vorstoß  der  Eismassen  das  Abschmelzen 
überwiegt.  Der  Gletscherrand  böscht  sich  immer 
steiler  ab. 

5.  Messung  der  Ahschmelzung  von  Eis  und  Firn, 

Diese  Messungen,  welche  den  Zweck  haben,  das 
absolute  Maß  des  weggeschmolzenen  Eises  und  Firns 
zu  bestimmen,  wurden,  wie  letztes  Jahr,  theils  an 
den  Firnstangen,  theils  an  besonders  zu  diesem  Zwecke 
in  das  Eis  versenkten  Stangen  von  3™  Länge  vor- 
genommen. 

Die  Hauptresultate  sind  folgende: 

Abschmelzung. 

1)  Grtines  Profil  in  110  Tagen  7,81  bis  8,19°^ 

2)  Gelbes       „  ^     70       „       3,58    „    4,35«» 

f,,     34       „       2,10^^ 

3)  Rothes       „  r'  "         ' 

\„     46       ,       2,10    „     2,62- 


S96  J,  Goaz, 

Abschmelzsng. 
4^  Unter-ThSliprofil       in  359  Tagen  2,20  bis  2,62» 

5)  „     Großfirnprofil    „  359     „         0,20    „    3,05" 

6)  Ober-ThSliprofil        „  358     „         1,00    „    2,40» 

7)  ^     GroMrnprofil   „  361     „         0,08    „    0,60« 
Die  außerordentliehe  Abnahme  im  imtern  Großfin- 

profil  rührt  sehr  wahrscheinlich  von  dem  Einsturz  des 
dort  sehr  zerklüfteten  Firns  her,  und  das  obere  TW 
ist  von  hohen  Felsen  halbkreisförmig  umschlossen 
und  nur  gegen  Süden  offen.  Noch  muß  bemerkt  wer- 
den, daß  das  Zu-  oder  Wegwehen  von  Schnee  st6read 
auf  einen  regelmäßigen  Gang  des  Abschmelzens  ein- 
wirkte. 

6.  Messung  der  Eisbewegung  im  Innern  des 

Gletschers, 

Die  im  Jahre  1882  im  rothen  Profil  16,7«  tief 
versenkten  Gegenstände  sind  noch  nicht  an  die 
Gletscheroberfläche  getreten,  hingegen  konnten  die  an 
zwei  Orten  des  gelben  Profils  versenkten  GegenstSnde 
1885  an  der  Oberfläche  eingemessen  werden.  Sie 
haben  ihre  Entfernungen  unter  einander  und  von  den 
Begleitsteinen  so  ziemlich  beibehalten.  Die  Abschmel- 
zung  von  12"^  in  drei  Jahren  entspricht  den  bisher 
beobachteten  Abschmelzungen  beim  gelben  Profil. 

Die  Eisbewegung  bis  in  eine  gewisse  Tiefe  des 
Gletschers  ist  hier  jedenfalls  gleich  derjenigen  an  der 
Oberfläche.  Dies  Verhältniß  wird  sich  da  ändern,  wo 
der  Eisstrom  die  obere  Kante  des  Sturzes  über- 
schreitet. 

In   der  Gletscherzunge  wird  jährlich   von  Specu- 


Die  Vermessungsarbetten  am  Bhonegletscher.         397 

laoten  ein  schachtartiger  Gang  in  das  Eis  ausge- 
hanen  und  den  Besuchern  des  Gletschers  gezeigt. 
Derjenige  des  Jahres  1885  wurde  im  Monat  Juni  und 
zwar  nicht  in  einer  geraden  Linie,  sondern  mit  zwei 
scharfen  Wendungen  ausgehauen  und  hatte  eine  Sohlen- 
breite  von  1™,  eine  Höhe  von  2™  und  war  72™  lang.  Am 
29.  August,  also  nach  ungefähr  zwei  Monaten,  zeigten 
sich  die  Wände  derjenigen  Gangstrecken,  welche  nicht 
in  der  Richtung  der  Gletscherbewegung  verliefen, 
mehr  oder  weniger  geneigt.  Es  entspricht  dies  der 
früher  schon  gemachten  Beobachtung,  daß  die  Bewe- 
gung der  Gletscher  sich  von  ihrer  Oberfläche  nach 
dem  Grunde  hin  verlangsame.  Nahe  am  Grunde  der 
Gletscher  scheint  diese  Differenz  in  der  Bewegung 
schon  bei  geringen  Höheunterschieden  merklich  zu 
sein. 

Um  bei  allfalligem  Wiederanwachsen  des  Gletschers 
die  abschleifende  Wirkung  desselben  an  den  Felsen 
messen*  zu  können^  wurden  1)  die  Tiefen  der  Ver- 
sicherungszeichen  mehrerer  trigonometrischer  Signale 
gemessen;  2)  beim  Gletschersturze  zwei  Bohrlöcher 
in  den  Fels  gcBchlagen.  In  das  obere  der  letztern 
wurde  ein  thalergroßes  Stück  Blech  mit  dem  einge- 
prägten Datum  gelegt:  und  beide  Löcher  sodann  mit 
Blei  ausgegossen. 


Villars-Ch^siires  et  les  Alpes  vaudoises. 

Discoars  d'ooyertare  de  la  fite  du  Club  Alpin  Soisse. 

Pwr 

Eugene  Bambert  (Section  des  Diablerets).  ^) 


Messieurs  et  chers  colleguss, 

Si  vous  voulez  bien  me  le  permettre,  je  suivrai 
Fexemple  qne  nous  donnait,  il  y  a  nn  an^  Thonorable 
landamman  Muheim,  notre  demier  prösident  de  f^te. 
Parlant  ä  Altorf  ^  dans  le  canton  d'üri,  il  nons  a 
parl6  d'Altorf  et  du  canton  d'üri.  Parlant  k  Villars- 
Ch^si^res,  dans  les  Alpes  vaudoises,  je  vous  parlerai 
de  Villars-Chesi^res  et  des  Alpes  vaudoises. 

Je  suppose,  messieurs,  que  vous  soyez  appeles 
4  delibörer  sur  cette  question:    ^Qu'y  a-t-il  de  plus 

*)  „Nous  rappelons  que  Tassembl^e  g^n^rale,  a  Villart- 
Ob^sieres,  a  eu  lien  en  plein  air.  On  avait  dispos^  daosee 
but  la  prairie,  abritte  d'on  ridean  de  sapins,  qui  se  troave 
derriere  la  chapelle  du  Grand  Hotel  du  Muveran.  C'est  lär 
en  presence  meme  des  montagnes  qu^il  essayait  de  döcriret 
que  le  President  de  lafete  a  prononc6  le  discours  d'ouverture.* 
^oir  le  Panorama  de  Villars-Ch6si6res,  par  Mr.  le  profesaenr 
•  Heim,  dans  les  annexes  de  ce  volnme. 


VillarS'Chesieres  et  les  Alpes  vavdoises,  899 

beau  dans  les  Alpes  suisses?''  —  Combien,  dans 
cette  assembl^e,  y  serait-il  fait  de  r6ponses  ?  Autant^ 
pent-etre,  qa'elle  compte  de  membres ;  autant,  du  moins, 
qne  les  Alpes  soisses  comptent  de  chames  ou  de 
gronpes  distincts. 

^La  question  est  jug^e,  penseraient  nos  amis 
d'Interlaken,  de  Thoune  et  de  Berne;  ce  qu'il  y  a 
de  plus  beau  dans  les  Alpes  suisses,  ce  sont  les  Alpes 
bernoises.  Aprfes  la  Jungfrau,  tirez  le  rideau.''  Ils 
se  borneraient  sans  doute,  par  politesse,  k  le  murmurer 
k  Yoix  basse ;  mais  si  Tun  d'eux,  par  hasard,  s'6chap- 
pait  k  le  dire  k  haute  voix,  figurez-vous  le  charivari 
des  pretentions  oppos6es.  —  „Ces  Bemois  sont  plai- 
sants,  r^pondraient  en  choBur  les  enfants  du  Valais. 
Et  le  Mont-Rose,  que  vous  en  semble?  Et  le  Cervin^ 
et  le  cirque  des  Mischabel,  et  le  Weisshorn,  et  le  Combin, 
et  le  glacier  d'Aletsch  ?  Oü  y  a-t-il  un  second  glacier 
d'Aletsch?'*  —  „ün  moment!  s'6crierait  la  d616gation 
de  Lnceme;  la  beant6  des  montagnes  ne  se  mesure 
pas  k  leur  altitude.  Avant  de  vous  d6cemer  la  palme, 
trouvez  une  vue  qui  vaille  celle  du  Pilate."  —  „Ou 
pltttdt  du  Mythen**,  ne  manquerait  pas  d'ajouter  quelque 
vieux  Suisse  de  Schwytz.  —  „Messieurs,  gronderait 
le  taureau  d'üri,  la  gloire  du  lac  des  Quatre-Cantons^ 
e'estlegolfe  d'üri  etl'ürirothstock."  —  „Est-il  biensür^ 
objecteraient  nos  conf6d6res  d«  Glaris,  que  Türiroth- 
stock  Temporte  sur  le  Glämisch  et  que  le  lac  d'Uri 
8oit  plus  pittoresque  que  celui  de  Wallenstadt?**  — 
Sur  quoi,  les  guides  grisons,  souriant  dans  leur  barbe^ 
se  diraient  les  uns  aux  autres :  „Et  l'Engadine,  qu'en 
font-ils  ?  Ces  enfants  n'ont  vu  ni  le  Morteratsch,  ni  le 


400  Eugene  Rambert 

Rosegg,  ni  m§me  le  Splugen  et  la  Via-Mala.^  — 
^ Jou-eh !  riposteraient  en  iodlant  tous  les  vachers  de 
TAppenzell^  ce  qu'il  j  a  de  plus  beau  dans  les  Alpes 
snisses,  c'est  le  päturage  vert  aa  pied  du  Hoch- 
Säntis !  . . .  Jou-eh !  ce  qu'il  y  a  de  plus  beau  dans 
les  Alpes  suisses,  c'est  la  Meglisalp  et  le  Seealpsee  !^ 

Comment  faire  pour  accorder  tous  ces  amoiira- 
propres,  qu'exalte  un  legitime  patriotisme  ?  £h,  mes- 
sieurs,  rien  de  plus  simple.  Nous  ne  dirons  pas :  ^L& 
JuDgfrait  est  ce  qu'il  y  a  de  plus  beau  daiis  les 
Alpes  suisses;'*  —  mais  seulement:  „II  n'y  a  rien 
dans  les  Alpes  suisses  qui  seit  plus  beau  que  la 
Jungfrau.^  Et  ainisi  du  Mont-Rose,  duPilate,  du  Mythen, 
de  rUrirothstock,  du  Glämisch,  du  Morteratsch  et 
du  vert  päturage  au  pied  du  Hoch-Sänti«.  —  Chaeune 
de  ees  belles  ehoses  a  sa  beaut^  particuli^re.  Ob 
peut  pr^ferer  Tuue  k  Fautre;  les  goüts  sont  libres. 
Mais  un  esprit  auvert,  accessible  ä  des  impresflions 
Tari6es,  comprendra^  »41  ne  ks  partage  pas,  toutcs 
«es  pr^f^rences.  Chaeune  peut  se  juslifier;  ehacnoe 
r^pond  k  une  eei*taine  masi^re  de  sentir. 

Si  c'est  dans  cet  esprit  de  largeur  que  Ton  in- 
«ütue  des  comparaisons,  nous  demandcms,  nous  aotres 
Yaudois,  k  ^tre  admis  au  coneours,  et  non«  disoM 
qu'il  n'y  a  rien  dans  les  Alpes  suisses  qni  efface  le 
spectacle  que  vous  avez  sous  les  yeux. 

Permettez-moi,  messieurs,  au  moment  (yä  j'ai  l'hot' 
neur  d'ouvrir  la  XXI*  assemblöe  g6n6rale  de  notre 
Club  alpin,  d'essayer  de  vous  dire  ce  qui^  selon  noaSt 
justifie  eette  Prätention. 


Villars-Chesüres  et  les  Alpes  vaudoises,  401 

Le  spectacle  que  vous  avez  sous  les  yeux.  — 
Mais,  vous  en  avez  plusieurs. 

A  Test,  s'61ancent  les  Diablerets,  qu'on  verrait 
mieux  ä  quelques  pas  d'ici:  ils  ont,  vous  le  savez, 
donn6  leur  nom  k  notre  section  vaudoise.  Vers  le 
nord,  g'abaissent  des  croupes  bois^es  et  des  prairies 
aussi  vertes  que  les  päturages  du  Hoch-Säntis :  gra- 
«ieux  premier  plan ,  par  delä  lequel ,  si  nous  nous 
elevions  un  peu,  nous  verrions  apparaitre  les  bleus 
horizons  du  Leman.  A  Tonest,  la  plaine  du  Rhone, 
avec  la  longue  muraille  cr6nel6e  qui  sert  de  frontifere 
^ntre  la  Savoie  et  le  Valais;  au  sud,  eniin,  le  nid 
4e  verdure  oü  se  cache  le  village  de  Bex,  puis  le 
d^file  de  St-Maurice,  entre  la  Dent  du  Midi  et  la 
Dent  de  Mordes,  appuyöe  du  Muveran,  et  dans  l'entre- 
deux,  au  fond,  de  hauts  sommets  glaciaires. 

Voilä  quatre  tableaux  distincts.  Nous  parlerons 
du  demier  seulement. 

„Mais,  dira-t-on,  vous  d^passez  d^jä,  les  limites 
des  Alpes  vaudoises.  üne  partie  de  ce  tableau  appar- 
tient  k  la  France;  une  autre  partie,  considörable,  au 
<;anton  du  Valais." 

Vous  m'autoriserez ,  messieurs ,  k  ne  point  me 
laisser  arreter  par  cette  objection.  Voir,  c'est  avoir, 
a  dit  le  po6te.  Comment  parier  d'une  montagne  sans 
parier  de  la  vue  dont  eile  jouit?  D'ailleurs,  nos  amis 
du  Valais  sont  la  complaisance  mime:  ils  nous  pre- 
teront  bien,  pour  un  moment,  leur  merveilleuse  Dent 
du  Midi.  Politiquement,  eile  n'est  pas  vaudoise;  mais 
le  Club  alpin  ne  £ait  pas  de  politique.  Qui  de  nous, 
«n  prösence  de  montagnes  dont   le  groupe  forme  un 

26 


402  Eughm  Bambert. 

tablean  si  harmonieux,   songerait   ä  demander  si  les 

bergers  qui  y  ont  leurs  chalets   rel^vent  tous  de  la 

meme   administration   cantonale?     La  Dent  du  Midi 

est  ins^parable  du  lac  L^man,  que,  de  Vevey  et  de 

Montreux,  eile  encadre  si  bien ;  surtout  eile  est  ins^- 

parable  de  la  Dent  de  Mordes,  son  vis-ä-vis,  sa  sceur 

et  sa  rivale.  N'ayons  pas  de  vains  scrupules :  prenons 

ensemble  ce  qui  va  ensemble. 

*  * 

Les  princlpaux  groupes  des  Alpes,  disons-noas, 
ont  chacun  leur  beaut6  particuliöre ,  qu'on  retrouve 
dans  la  plupart  des  sites  qu'ils  offrent  ä  notre  admi- 
ration.  —  Nous  appliquons  ce  principe  au  tableau 
que  nous  consid^rons,  et  nous  demandons  quels  en 
sont  les  traits  distinctifs. 

II  y  en  aurait  plusieurs  k  noter,  et  nous  ne  son- 
geons  point  k  en  faire  une  Enumeration  compl^te. 
Mais  le  premier,  le  plus  caracteristique ,  c'est  cette 
breche,  k  deux  pas  de  nous,  entre  la  Dent  de  Mordes 
et  la  Dent  du  Midi,  la  grande  breche  de  St-Maurice 

Rien  de  plus  commun  que  des  braches  plus  oa 
moins  profondes  pratiqu6es  dans  les  murailles  des 
Alpes.  II  y  en  a  autant  que  de  cols;  il  y  en  a  bien 
davantage ,  car ,  sans  parier  des  petites  coupores 
auxquelles  on  ne  donne  pas  le  nom  de  cols ,  mais 
qui  n'en  sont  pas  moins  des  braches,  on  peut  dire 
que  toutes  les  vallEes  laterales  —  par  quoi  il  faut 
entendre  toutes  les  valläes  qui  coupent  transversale- 
ment  les  assises  de  la  montagne,  conune  celle  de 
l'Aar  dans  TOber-Hasli ,  de  la  Reuss  dans  le  eantoQ 
d'Uri,  de  la  Linth  dans  le  canton  de  Glaris,  du  Rbin 


ViUars-Chesteres  et  les  Alpes  vatidoises.  403 

dans  le  Rheinthal  —  ne  sont  gu^re  formöes  que  par 
nne  succession  de  braches  aoalogues.  Mais  aueune 
n'atteint  k  la  puissance  de  celle  de  St*Maurice.  La 
breche  de  St-Maurice  coupe  jusqu'ä,  la  base,  jusqu'ä 
la  racine  meme  de  la  montagne,  une  des  principales 
chaines  des  Alpes  suisses,  la  seconde  en  importance^ 
Celle  qui  du  Grimsel  et  du  Finsteraarhorn  se  continue 
saus  interruption  jusqu'au  Buet  et  par  delä.  Elle  la  coupe^ 
de  Martigny  k  Massongex,  sur  une  longueur  d'environ 
20  kilom^treS;  entre  des  sommets  dont  Taltitude  varie 
de  3000  mötres,  ou  peut  s'en  faut,  k  3200  et  davan- 
tage,  ce  qui  lui  permet  d'atteindre  k  une  profondeur 
de  2800  metres.  II  n'existe  rien  de  pareil  sur  aueun 
autre  point  des  Alpes  suisses.  La  gorge  du  Rhin 
entre  Reichenau  et  Ragatz,  la  plus  consid^rable  apr^s 
celle-ci,  ne  mesure  que  2250  metres  de  profondeur 
maximum,  ce  qui  constitue  en  faveur  de  celle  du 
Rhone  une  difference  de  550  metres. 

Cette  difference  est  grande;  mais  eile  est  encore 
augment^e,  pour  Teffet,  par  la  configuration  des  mon- 
tagnes  entre  lesquelles  Touverture  a  et6  pratiqu^e. 
Ici  y  malgr^  certaines  complications  dont  nous  dirons 
un  mot  plus  tard,  le  ph^nom^ne  est  simple.  On  voit, 
du  premier  coup,  qu'il  s'agit  d*une  breche,  et  de  rien 
autre.  L'imagination  n'a  aueune  peine  k  combler  le 
vide  et  k  reconstituer  la  muraille  primitive.  Tout  Vj 
invite,  au  contraire.  Les  assises  de  la  Dent  du  Midi 
eontinuent  Celles  de  la  Dent  de  Mordes.  Ce  sont 
les  memes  roches,  superposees  ou  juxtapos6es  de  la 
meme  maniere,  et  pour  les  points  de  rep6re  les  plus 
importants,   les  niveaux  sont  k  peu  pres  les  memes. 


404  Eugene  Bambert, 

A  Coire ,  il  faut  une  etude  pour  comprendre  la  pos- 
8ibilit6  d'un  raccordement ,  d'une  continuite  entre  les 
parois  unies  da  Calanda  et  les  montagnes  moins  ele* 
vees,  aux  masses  irröguli^res ,  qui  leur  servent  de 
vis-ä-vis.  Les  savants  seuls  s'en  rendent  compte.  La 
simplicitö  de  Teffet  contribue  pour  une  grande  pari  ä 
rendre  la  breche  de  St-Maurice  beaucoup  plus  impo- 
sante que  ne  Test  celle  du  Rhin  ä  sa  sortie  des  Grisons. 
II  semble  qu'un  des  g6ants  de  Ja  fable,  un  Roland 
titanesque,  ait  pourfendu  la  montagne  de  deux  coups 
de  sa  Durandal,  Tun  de  droite,  Tautre  de  gauche, 
et  que  les  clioses,  des  lors,  soient  demeur6es  en  l'etat. 
Hier  encore  la  muraille  6tait  intacte,  et  r6p6e  doit 
etre  chaude  des  coups  qu^elle  a  frapp6s. 

Si  j'ai  nomm6  Roland,  c'est  qu'il  n'y  a  pas,  daDS 
la  fable ,  de  plus  illustre  pourfendeur  de  granit. 
D'ailleurs,  les  populations  de  Bex,  de  St-Maurice,  de 
Villars,  n'en  ont  guere  oui*  parier,  non  plus  que  de 
Roncevaux  et  de  l'archeveque  Turpin.  Un  autre  g^ant 
leur  est  plus  familier,  Gargantua,  dont  Rabelais  noas 
a  donnä  de  si  mirifiques  nouvelles.  Gargantua  est 
le  geant  populaire,  parce  que  c'est  le  g6ant  bon- 
homme.  Sa  premi^re  6p^e  fut  de  bois,  dit  Rabelais. 
La  legende  de  ce  pays-ci  ne  lui  attribue  aucune  6p6e, 
mais  bien  une  hotte.  O'est  lui  qui  a  bäti  ces  mon- 
tagnes, et  sa  hotte  lui  servait  au  transport  des  mat6* 
riaux.  Malheureusement,  eile  avait  un  treu.  A  chaqae 
halte  qu'il  faisait,  d'autres  disent  k  chaque  pas,  il  en 
coulait  quelque  peu  de  terre,  ou  meme  de  petita 
cailloux.  Ainsi  se  sont  formlos  les  bosses  qui  acci- 
dentent  la  plaine  du  Rhdne:   les  collines  du  Hontet, 


Villars-Chesieres  et  les  Alpes  vaudoises^  405 

de  Duin,  de  Charpigny  et  de  St-Triphon.  Ce  8ont 
autant  de  petita  cailloux  tombös  de  la  hotte  de  Gar- 
gantua.  Puisqu'il  avait  une  hotte,  il  avait  aussi  une 
pelle  Sans  doute,  et  s'il  bätissait  des  montagnes,  rien 
ne  pouvait  Temp^cher  de  les  detruire  au  besoin.  C^est 
donc  k  lui,  selon  toute  probabilite,  que  nous  devons 
la  breche  de  St-Maurice.  Dans  un  moment  d'humeur, 
il  aura,  d'un  coup  de  sa  pelle,  renversö  sur  un  point 
la  muraille  qu'il  venait  d*6difier. 

La  geologie  a  changö  tout  cela;  mais  c^est  encore 
k  un  g6ant  qu'elle  attribue  la  coupure  de  St-Maurice. 
Ce  geant ,  vous  l'avez  vu  et  le  verrez  de  partout, 
hier,  aujourd'hui,  demain ;  il  est  toujours  lä,  travaillant 
Sans  reläche:  c'est  le  Rhone. 

Le  Rhone  n^est  que  le  second  de  nos  fleuves;  il 
n'a  ni  le  volume  du  Rhin  ni  la  longueur  de  son  cours ; 
mais  il  est  le  pr emier  de  nos  torrents.  En  amont  de 
St-Maurice,  il  bataille  encore,  ou  plutot  il  bataille 
de  nouveau ,  en  vrai  fils  des  Alpes ,  se  frayant  un 
chemin  k  travers  des  öboulements  du  Bois-Noir,  de 
ces  öboulements  qui ,  tömb6s  k  plusieurs  reprises  du 
Bommet  meme  de  la  Dent  du  Midi,  opposent  encore 
k  son  passage  la  barrifere  de  leurs  blocs  accumulös. 
Le  Rhin  n'a  rien  de  pareil,  k  moins  qu'on  ne  remonte 
jusqu'aux  environs  de  Flims  et  d'Ilanz,  oü  il  est  loin 
d'ögaler  le  Rhone  au  d6bouch6  du  Valais.  Le  Rhone 
du  Bois-Noir  est  le  torrent  monstre,  le  torrent  göant, 
et  par  \k  se  confirme  une  rfegle  admise  par  les  g6o- 
logues,  savoir  que,  toutes  choses  ögales  d'ailleurs, 
les  plus  grandes  vallees  correspondent  aux  cours  d'eau 
les  plus  forts,  et  vice-versä.    L'oeuvre  accomplie  est 


406  Eugene  Rambert 

en  raison  de  Fönergie   de  travail   que   peut  deployer 
Fouvrier. 

Je  ne  voudrais  pas,  me  parant  d'un  savoir  d'em- 
prunt ,  entreprendre  de  raconter  ici  Thistoire  de  cette 
vall6e.  Mais  il  suffit  de  ce  premier  jour  ouvert  sur 
un  pass6  lointain  pour  que,  d6j4,  d'inövitables  ques- 
tions  se  posent  devant  nous. 

Cet  ouvrier  a-t-il  toujours  6t6  ce  qu'il  est  au- 
jourd'hui?  A-t-il  toujours  travaille  comme  ii  fait  en 
ce  moment?  Legitime  et  embarrassante  curiosit^. 
Bornons-nous  ä  ce  qui  est  indispensable  pour  guider 
rimagination.  Une  fois  sur  la  voie ,  eile  achevera 
Sans  peine  l'esquisse  que  nous  ne  pouvons  qu'6- 
baucher. 

Dans  la  vraie  göologie,  celle  de  la  science,  les 
plus  grandes  choses  ont  de  faibles  commencements. 
C'est  le  contraire  de  ce  qui  arrive  dans  la  g6ologie 
de  la  legende. 

Gargantua  naquit  g^ant.  Rabelais  nous  apprend 
que,  pour  sa  premi^re  robe,  il  fallut  neuf  mille  six 
Cents  aunes  de  velours  bleu  cramoisi,  tout  porfile 
d'or;  plus,  pour  la  ceinture,  un  ruban  de  serge  de 
soie,  moiti6  bleu,  moiti6  blanc,  long  de  trois  cents 
aunes  et  demie  et  large  en  proportion.  Nos  amis  de 
Bäle  n'ouvrent-ils  pas  de  grands  yeux  en  entendant 
des  chiffres  pareils?  Quelle  commande,  et  combien 
il  est  dommage ,  pour  leurs  fabriques ,  que  la  race 
de  Gargantua  ait  disparu  de  la  terre! 

Ce  n'est  pas  ainsi  que  viennent  au  monde  les 
göants  de  la  science:   ils   commencent  par  ^tre  des 


K 


VillarS'Chesihres  et  lea  Alpes  vaudoises.  407 

enfants,  de  tout  petits  enfants.  Le  Rhone  n'a  pas  fait 
exception.  Sa  premi^re  robe,  ou  plus  exactemeut  son 
Premier  berceau,  fut  nne  humble  rigole,  pareille  k 
eelles  qne  nos  gar^ons  s'amusent  k  creaser  dans  le 
sable,  sur  la  gr^ve  des  laes.  C'^tait,  je  suppose,  pr6s 
des  rivages  du  L^man,  ou  de  la  mer  qui  en  tenait 
lieu,  c'est-^-dire  pr6s  de  la  ligne  oü  viennent  k  se 
rencontrer  les  masses  calcaires  des  Alpes  et  les  mo- 
lasses  du  Jorat.  Par  le  travail  de  Teau,  la  rigole 
s'approfondit  et  s'allongea  d'aval  en  amont.  C'est  la 
r^gle.  Le  point  oü  un  fleuve  a  pris  naissance  est  le 
plus  souvent  k  Topposite  de  celui  oü  il  prend  sa 
source.  II  y  eut  un  temps  oü  le  ruisselet ,  devenu 
torrent,  tombait  des  hauts  plateaux  qui,  sculpt^s  par 
le  travail  des  siöcles,  devaient  prendre  la  figure  de 
cimes  d6tach6es  et  porter  les  noms  de  Dent  de  Mordes 
ou  de  Dent  du  Midi.  Plus  tard,  le  Rhone  naquit  dans 
la  region  de  Martigny,  puis  dans  celle  du  St-Bemard 
et  du  Combin.  Ge  que  nos  cartes  nomment  la  Dranse 
fut  le  Rhdne  primitif,  de  meme  que  le  Rhin  du 
Splugen  est  le  premier-n6  des  Rhins. 

Tout  en  s'allongeant  et  reculant,  le  bassin  du 
fleuve  se  ramifia.  Des  vallöes  longitudinales,  c'est-i-dire 
paralleles  aux  assises  des  Alpes,  se  formörent  k  Test 
et  k  Tonest  de  la  yall6e-m6re,  oü  elles  aboutissaient 
k  angle  droit,  s'allongeant  aussi  d'aval  en  amont. 
L'une  d'elles  ayant  rencontr^  un  sol  plus  favorable 
k  son  rapide  d^veloppement  a  form6  le  Yalais.  L'ae- 
cident  seeondaire  a  fini  par  etre  plus  consid^rable 
que  le  fait  principal.  Le  Rh5ne-Rh5ne  a  pris  le  pas 
sur    le    Rhdne-Dranse.    L'affluent    est    maintenant   le 


408  Etcgene  Eambert, 

fleuve.  Meme  aventure  est  anivee  au  Rhin,  dont 
rhistoire  offre  des  concordances  si  frappantes  avec 
Celle  du  Rhdne.  Ils  ont  grandi  parallelement,  l'un  ä 
Torient,  l'autre  ä  Toccident  de  la  Suisse,  jusqu'a 
devenir  ce  qu'ils  sont  devenus.  Combien  y  a-t-il  fallu 
de  si^cles,  ou  de  si^cles  de  si^cles?  Ces  choses-la 
ne  sauraient  s'evaluer.  Tout  ce  qu'on  peut  dire,  c'est 
que,  s'il  est  vrai  que  les  vallees  grandissent  avec 
le  temps,  le  Rhone  et  le  Rhin  ne  peuvent  6tre  que 
les  plus  anciens  de  nos  torrents  ou  de  nos  fleuves^ 
non  moins  v6n6rables  par  Tage  qu'imposants  par  le 
volume  de  leurs  eaux  et  rimmensite  du  travail  ac- 
compli. 


*  * 

* 


Le  premier  trait  distinctif  du  paysage  alpestre 
que  vous  avez  sous  les  yeux  consiste  donc  en  ceci^ 
qu'il  a  pour  centre  la  plus  considerable  des  breches 
alpines,  formee  par  le  plus  consid6rable  de  nos  tor- 
rents. 

A  la  profondeur  de  la  gorge  correspond  T^lance- 
ment  des  cimes. 

Je  ne  sais  si  vous  vous  en  rendez  bien  compte^ 
messieurs;  mais  on  ne  rencontre  gu6re  en  Suisse  de 
pareils  mouvements  de  terrain.  Beaucoup  de  mon- 
tagnes,  dans  le  Valais,  dans  les  Grisons,  dans  le  cantoD 
de  Berne,  sont  plus  61ev6es  au-dessus  de  la  mer  que 
ne  Test  la  Dent  du  Midi;  mais  il  y  en  a  fort  pea 
dont  le  faite  soit  plus  eleve  relativement  4  la  base, 
fort  peu  qui  dominent  la  plaine  de  plus  haut  et  de 
plus  pres. 

Nos   sommit6s   les  plus  avanc6es  ont  de    ISOO", 


VülarS'Chesterea  et  les  Alpes  vavdoises,  409 

comme  le  Kighi,  k  2500»",  comme  le  Hoch-Säntis,  si 
eher  aux  Appenzellois ,  ce  qui  donne  une  projection 
verticale  de  1400  k  2000 ".  Plus  en  arriöre,  quelques 
sommets,  encore  trfes  en  vue,  au  d6bouch6  des  grandea 
vall^es,  atteignent  ou  d^passent  2400  ^  d'altitude  re- 
lative: le  Glärnisch  2420,  rürirothstock  2495.  Cea 
deux  montagnes  ont  beaucoup  de  rapports  avec  la 
Dent  du  Midi,  seit  pour  la  position,  seit  pour  les 
proportions,  soit  m^me  pour  la  forme ;  mais  la  hauteur 
relative  de  la  Dent  du  Midi  est  de  2855  m,  6e  qui 
constitue  une  diff^rence  d'environ  400  m. 

Ces  chiffres  pourraient  etre  contest6s.  Ce  sont 
les  plus  r^cents  qu'on  ait,  ceux  qui  m^ritent  le  plus 
de  confiance,  gräce  k  Texactitude  des  derniers  tra- 
vaux  ex6cnt6s.  Dans  la  premi^re  Edition  de  la  carte 
Dufour,  on  donnait  k  la  Dent  du  Midi  3185  m  au- 
dessus  de  la  mer.  Plus  tard,  eile  en  a  eu  3283.  Un 
6cart  aussi  considerable  suppose  une  faute  de  lecture. 
Le  Chiffre  vrai  6tait  probablement  le  second;  mais 
une  demiöre  revision  l'a  quelque  peu  r^duit.  Dans 
la  carte  au  50/1000,  feuille  de  St-Maurice,  qui  paraitra 
prochainement  et  dont  le  Bureau  topographique  a  bien 
voulu  me  communiquer  une  6preuve,  la  Dent  du  Midi 
est  cotee  k  3260  m,  restant  ainsi  la  plus  haute  des 
sommitös  que  nous  avons  en  vue,  aux  premiers  plans, 
k  partir  des  Diablerets  (3246)  jusqu'ä  la  Tour  Sal- 
liere  (3227).  D'aprfes  la  m^me  carte,  le  pont  de 
Massongex,  sur  le  Rhdne,  est  k  405",  ce  qui  donne 
bien  pour  la  hauteur  relative  de  la  Dent  du  Midi  le 
Chiffre  indique,  2855™. 

Cela  est  considerable.  Les  cimes  les  plus  61anc6es 


410  Eugene  Banibert 

des  Alpes  glaronnaises  et  grisonnes  ne  le  sont  pas 
ä  ce  point;  il  s'en  faut.  Malgr6  ses  3623"»,  le  Toedi, 
le  roi  des  Alpes  glaronnaises ,  ne  s*61eve  que  de 
2400"  an-dessus  de  Füntere-Sandalp ,  sa  base  viri- 
table.  La  Bernina,  point  culminant  de  tout  le  resean 
des  Alpes  grisonnes,  cot6e  k  4052  ™,  ne  domine  Pon- 
tresina  que  de  2250.  Les  plus  hardis  sommets  des 
Alpes  bemoises  et  valaisannes  offrent  de  meme,  pour 
la  plupart,  une  hautenr  relative  införieure  k  celle  de 
la  Dent  du  Midi :  le  Galenstoek ,  2050  au-dessns  de 
Eealp;  le  Wetterhom,  2650  au-dessus  de  Grindel- 
wald;  le  Grand  Combin,  2684  au-dessous  du  Bonrg 
St-Pierre;  la  Dent  Blanche,  2686  au-dessus  de  Zinal, 
et  le  Mischabel,  2752  au-dessus  de  Saas-F^e.  La 
projection  verticale  du  Cervin  lui-meme,  mesur^  de 
Zermatt,  döpasse  k  peine  celle  de  la  Dent  du  Midi,  7" 
seulement.  Quelques  autres  rares  sommets,  tels  que  le 
Schreckhorn  et  le  Weisshorn,  accusent  aussi  une  petite 
difference  en  leur  faveur.  Seule,  la  Jungfrau  atteiot 
im  Chiffre  notablement  plus  elev6 :  3343  ™ ;  mais  anssi 
la  Jungfrau  est-elle ,  pour  la  hauteur  relative,  It 
premi^re  de  toutes  les  sommit^s  de  la  Suisse.  Elle 
ne  le  cöde  qu'au  Mont-Blanc  (3760). 

Si  Ton  pouvait  appr^cier  en  chiffres  reflPet  produit 
flur  rimagination  ,  les  comparaisons  que  nous  venons 
d'6tablir  seraient  plus  favorables  encore  k  la  Dent  du 
Midi.  Sa  position  est  si  bien  d6gag6e.  Les  haotes 
cimes  centrales  sont,  pour  la  plupart,  perdues  an  food 
de  longues  vall^es  et  fianqu^es  de  satellites  qui  les 
masquent  plus  ou  moins.  II  est  souvent  malaisä  de 
trouver  un  point  d'oü  on  les  voie  de  la  base  au  faite, 


Villars-Chesieres  et  les  Alpes  vaudoises.  411 


tandis  que  la  Dent  du  Midi,  la  voilä  tout  entiöre.  De 

la  plaine,  comme  d'ici,  eile  se  präsente  dans  tout  son 

d^veloppement,  dans  toute  sa  majest6 ,  et  du  premier 

regard,  on  voit   se  succ6der  sur   ses  flaues  tous  les 

degrös  de  r^chelle  des  zones  alpines. 

Mais  ceci  est  encore  un  des  traits  les  plus  carac- 

teristiques  du  tableau :  il  vaut  la  peine  de  s'y  arreter 

un  moment. 

«  * 

Rien,  dans  les  Alpes,  ne  frappe  les  touristes  novices 
antant  que  le  contraste  dont  leurs  flaues  nous  offrent 
le  spectacle.  Les  premiers  ecrivains  qui  ont  tent6  de 
döcrire  la  montagne  se  sont  appliqu6s  k  le  faire  bien 
ressortir.  Rousseau,  dans  sa  lettre  sur  le  Valais 
[Nouvelle  Helotse),  y  insiste  particuliferement.  Trois 
on  quatre  heures  d'ascension ,  dit-il ,  de  Lou^che-la- 
Ville,  par  exemple,  ä  la  Gemmi,  representent  ä  peu 
prös  un  voyage  de  la  M^diterran^e  au  pole.  II  a 
raison.  On  traverse  tous  les  climats.  Flore  m6ridionale 
ä  la  base,  glace  6ternelle  sur  les  hauteurs.  ün  con- 
traste analogue  existe  partout:  c'est  une  des  princi- 
pales  beaut^s  des  Alpes.  Mais  il  n'existe  sur  aueun 
autre  point  au  meme  degr6. 

Gräce  k  la  direction  des  vall6es  et  k  la  profondeur 
qu'elles  ont  atteinte,  ces  äpres  sommets  abritent  des 
coins  de  terre  favoris^s,  oü  la  v6g6tation  est  r6elle- 
ment  italienne.  Au  moment  oü  je  parle,  la  vendange 
est  eommenc^e,  ou  va  commencer  k  Brausen,  et  k 
PuUy,  de  Tautre  c6t6  de  la  Dent  de  Mordes.  La 
figne  mürit  pour  la  seconde  fois  au  pied  de  la  tour 
de  Martigny,  et  l'amande  est  r6colt6e  sur  les  rochers 


412  Eugene  Bambert. 

que  conronnent  les  ruines  de  Sali  Ion.  —  Mais  tenons- 
nous-en  k  ce  que  nous  voyons  d'ici.  St-Maurice  et 
Monthey ,  sor  la  rive  valaisanne  du  Rhone ,  Lavey^ 
Bex,  OUoD  et  Aigle,  sur  la  rive  vaudoise,  ne  con- 
naissent  pas  des  chaleurs  aussi  torrides  qneBranson^ 
Fnlly  et  Saülon ;  neanmoins^  le  sonffle  du  Midi  s'y  fait 
d6jA  sentir  avee  nne  singnliöre  pnissance :  si  ce  n'est 
pas  ritalie  de  la  Saisse,  c'en  est  la  porte  d'entree. 
Preave  en  seit  les  forets  de  chätaigniers  dont  le  vaste 
mantean  flotte  sor  les  pentes  inferienres  de  la  Dent 
da  Midi.  Ce  sont  les  plas  splendides  qn'il  y  ait  en 
Soisse.  Le  Tessin  Ini-meme  n'en  a  pas  de  pareilles. 
Au-dessos,  a  nne  hantenr  dejä  considerable,  yient  la 
zone  da  hetre,  a  laqnelle  saccede  celle  da  sapin; 
pais  les  pätarages,  pois  les  gazons  epars,  et  enfin  le 
rocher  na,  qai,  k  mesare  qu'on  s'eleve,  disparait  de 
plas  en  plas  soas  les  frimas.  A  vrai  dire,  au  sommet 
de  la  Dent  de  Morcles ,  on  peut  encore  r6colter  une 
vingtaine  de  plantes  alpines:  graminees,  renoncules, 
gentianes,  androsaces  et  saxifrages.  En  fouillant  les 
plus  hauts  rochers  duMaveran,  on  r^nssira  k  mettre 
la  main  sur  une  derni^re  petite  gentiane  bleue.  Mais 
Ton  ne  s*en  douterait  gu^re,  k  la  distance  oü  nous 
sommes.  Et  quant  au  sommet  de  la  Dent  du  Midi^ 
il  est,  de  meme  que  ceux  des  Diablerets  et  de  la 
Tour  Sallifere,  absolument  d^pouille  de  v6g6tatioii 
phan^rogame.  A  partir  de  l'esplanade  connue  sous  le 
nom  de  Col  des  paresseux,  environ  200  m^tres  an- 
dessous  du  point  culminant,  il  ne  reste  que  de  paurres 
lichens  comme  on  en  trouve  jusqu'au  sommet  du  Moot- 
Blanc,  partout  oü  le  roc  affleure. 


ViUars-Chesteres  et  les  Alpes  vaiidoises.  413 

Nous  n'avons  pas  en  Suisse  de  montagne  qui  rap- 

proche  k  ce  point  des  extrömit^s  plus  ^loign^es,  qui, 

plus  nue   par  les   sommets ,    soit ,   par  le  bas ,   plus 

magnifiqueiDent  drap6e  de  verdure.    De  \k  un  effet  de 

vari6t6  qui    est  saisissant,   et  qui  ajoute  beaucoup  k 

rimpression  prodüite  par  r^lancement  des  eimes.  C'est 

bien  comme  dit  Rousseau:  une  ascension  du  pont  de 

Massongex  au  sommet  de  la  Dent  du  Midi,  ascension 

ijui  ne   demande  que   quelques  heures   et  qu'on  peut 

faire  du  regard  en    moins   d'une   seconde,   ^quivaut, 

pour  la  s^rie  des  zones  travers^es,   k  un  voyage   de 

ia  MMiterran^e  au  pole  nord. 

*  » 

Cet  effet  de  vari6t6  s'associe  d'une  maniöre  ex- 
tr^mement  heureuse  avec  le  dessin  du  paysage. 

La  nature  a  ses  caprices.  Parfois  trfes  parci- 
monieuse  en  meme  temps  que  tr6s  industrieuse  dans 
le  choix  et  Temploi  des  matöriaux ,  eile  se  platt, 
d'autres  fois,  k  faire  6talage  de  ses  moyens.  Ici,  eile 
s'est  montr^e  prodigue.  Nulle  part,  dans  un  paysage 
de  mime  6tendue,  eile  n'a  multipli6  k  ce  point  les 
fonnes  interessantes,  et  toujours  diversement  inte- 
ressantes. 

Une  supposition  nous  aidera  k  nous  rendre  compte 
de  cet  exc^s  de  richesses. 

Sapposons  que  nous  suivions  la  route  de  St-Maurice, 
^u  plutöt  de  Massongex  k  Martigny,  et  que,  tout  en 
feisant  ensemble  cette  promenade,  nous  regardions 
tantöt  k  droite  tantöt  k  gauche. 

Du  cöte  de  la  Dent  de  Mordes,  nous  serions  sur- 
prig  de   TextrSme  r6gularit6    de    la  pente.    Elle   est 


414  Eugene  Rambert, 

continne  et  tellement  egale  k  elle-meme  qa'une  pierre 
detachee  da  sommet,  si  eile  ne  se  brisait  pas  en 
chemm,  devrait  roaler  jusqu'aa  Rhone  en  ligne  dlrecte^ 
arec  nne  rapidite  croissante.  Les  accidents  qui  rompent 
cette  miiformite  sauvage  ne  sont  encore  que  des  sillons, 
eomme  celai  an  fond  dnqnel  se  ca^ie,  ä  mi-hanteur^ 
le  hameaa  de  Mordes.  II  n'y  a  pas  de  terrasses,  oa 
il  nV  en  a  qoe  de  vagues  ebauches.  C'est  une  ravine, 
une  immense  ravine,  oü  zigzaguent  ä  Tinfini  les  sentiers 
toujoars  montants  et  oü  s'eehelonnent,  k  perte  de  vue, 
les  sapins  sor  les  sapins,  les  roes  snr  les  rocs. 

Le  spectacle  serait  tont  antre  da  cote  de  la  Dent 
da  Midi.  Aa  liea  d'ane  maraille  regaliere^  noas  verrions 
se  saeceder  des  promontoires ,  form^s  par  les  asaises 
inferieares  de  paissantes  aretes ,  et  s^pares  par 
des  gorges  plas  oa  moins  profondes,  oa  roalent  des 
torrents  impatients  de  confondre  lears  eaax  arec 
Celles  da  Rhone.  Apres  avoir  doable  le  cap  et  franchi 
le  defile  de  St-Maarice,  noas  aarions  ä  passer  le 
torrent  de  Manvoisin:  nom  signifieatif  et  qai  n'a  pas 
besoin  de  commentaires.  Pais,  apres  an  second  pro- 
montoire,  viendrait  an  noaveaa  torrent,  dit  de  St-Bar- 
thelemv,  voisin  plas  dangereax  encore.  Ces  deu 
torrents  sont  de  la  meme  famille  qae  la  NoUa  de» 
Grisons  et  Tlllgraben  da  Valais.  Celai  de  St-Barthelemj 
ne  le  cede  ga^re  k  ces  rivaax  mal  fam6s.  Aajoard'hoi 
k  sec,  il  semera  demain  la  terrear  sar  ses  bords^ 
roalant  ä  flots  enormes  toates  les  boaes  qai  tomberont 
de  Tamphitheatre  dont  il  rassemble  les  eaax.  On  croi- 
rait  parfois  qae  la  montagne  elle-meme  s'ecoole  par 
le  torrent.   Ce  nain,   qai  toat  ä  coap   devient  g^aot. 


Villars-Chesieres  et  les  Alpes  vaitdoises.  415 

entreprend,  dans  ses  jours  de  col^re,  de  fermer  le 
passage  au  Rh5ne ,  et  si  le  Rhone  n'^tait  pas  le 
Rhone,  ce  serail  fait  depuis  longtemps. 

Voilä  d^jä,  de  quoi  donner  du  relief  ä  une  pente» 

Mais  ce   n'est   pas  tout.    Par  delä   le  Bois-Noir,   \m 

nouveau   promontoir   doubl6,   nous   verrions   dans  uu 

pH  de  rocher  —  simple   gerQure  —  tomber  de  cas- 

eade  en  cascade  cette  brillante  Sallenche,  qui  ne  se 

lasse  pas  d'^gayer   de  ses  jeux  les  escarpements  da 

granit,    et   comme  si   ce   n'6tait  point   encore  assez,. 

voici,  quelques  pas  plus  loin,  les  noires  excavation» 

par  oü  debouche  le  Trient,  digne  6mule  de  la  Tamina^ 

Bortant,    comme  eile,   des  entrailles  de   la  terre.  — 

Ainsi,    dans  une   simple  et  courte   promenade,   nou& 

aarions  rencontr6    les   principaux   types   des  torrent» 

alpestres :  le  torrent  de  ravine,  repr6sent6  par  le  Mau 

voisin  et  le  8t-Barth61emy ;  le  torrent  de  cascade,  qui 

ne  s'est  pas  encore  emprisonne  dans  un  lit  t^nöbreux^ 

repr^sent^  par  la  Sallenche,  et  le  torrent  souterrain,, 

vieux  mineur  dont  Foeuvre  est  achevöe,  representö  par 

le  Trient. 

Enfin ,  au  moment  d'arriver  k  Martigny ,  nous- 
passerions  ui)  nouveau  cours  d'eau,  qui,  soigneusement 
digue ,  n'offre  pas  le  meme  int^ret  pittoresque ,  mai& 
dont  la  pr^sence  nous  expliquerait  pourquoi  il  y  a 
tant  de  difF^rence  entre  les  deux  versants  du  long 
d6fil6.  La  Dranse,  le  Rhone  de  jadis,  charrie  beau- 
coup,  et  »es  alluvions  ont  Obligo  le  Rhone  actuel  k 
se  serrer  contre  la  muraille  de  la  Dent  de  Mordes,  k 
en  Buivre  exactement  le  pied,  de  teile  sorte  qu'il  la 
mine  constamment  par  dessous  et  que  tout  ce  qui  fait 


416  Eugene  Barnbert. 

«aillie  tombe  k  mesnre.  Da  cot6  de  la  Dent  da  Midi, 
Tespace  est  plas  libre ;  des  terrains  vagues  y  forment 
an  fond  de  vallee,  dont  la  largeur  a  safii  pour  per- 
mettre  aax  afflaents  d'aj  outer  lear  travail  k  celoi  da 
fleuve,  en  se  cr6ant  chacun  son  lit  et  sa  gorge,  voire 
«OD  cirqae  ou  sa  haate  vallee. 

N'oablions  pas,  panni  les  faits  qui  contribaent  ä 
Tarier  Tintöret  de  la  promenade,  la  reocontre  inopinee 
des  roches  calcaires  et  des  roches  cristallines.  Les 
üretes  avancees  de  la  Dent  da  Mordes  et  de  la  DeDt 
da  Midi  sont  calcaires,  tandis  qoe  Celles  qai  tombest 
en  arri^re,  dans  la  direction  de  Martigny,  sont  grani- 
tiqaes.  Or,  la  diff^rence  est  grande,  poar  le  jeu  des 
lignes,  entre  ces  deax  especes  de  roches.  Ceax  d'entre 
voas  qai  n'ont  pas  encore  Toeil  babita^.  k  la  sentir 
poarraient  s*y  exercer  en  chemin.  II s  poarraient 
<5hercher  Texacte  limite  des  deax  terrains  et  se 
demander,  par  exemple,  poarqaoi  la  forme  arrondie 
da  Salentin  est  ane  forme  granitiqae,  tandis  qa<i) 
tout  k  c6t6,  le  singalier  profil  des  rocs  de  Gagnerie 
trahit  Tjaction  des  eaax  sar  des  masses  calcaires. 

Portons  maintenant  nos  pas  d'an  aatre  cOt^:  diri- 
geons-les  de  maniere  k  passer  devant  la  fa^ade  nord 
—  la  grande  fa^ade ,  celle  qai  regarde  le  lac  —  de 
la  Dent  da  Midi  d'abord,  pais  de  la  Dent  de  Mordes 
et  des  sommets  qai  la  continaent  jusqa'aa  Maveran. 

Ici,  noas  ne  sortons  pas  da  calcaire;  mais  1< 
richesse  des  formes  en  est  k  peine  dimina6e:  seale- 
ment  les  roles  sont  intervertis. 

La  Dent  da  Midi,    serr^e  de  pr^s  par  le  torrefit 


VillarS'Chesüres  et  les  Alpes  vaudoises.  417 

du  Val  d'Iliiez,  est,  de  ce  «bt^,  plus  mÄSsive,  plus 

unie  que  la  Dent  de  Mordes.  C'est  le  cötö  qu'il  fout 

voir  si  Ton  veut  en  denombrer  les  sommets.  II  y  en 

a  sept,  dit-on ;  on  ponrrait  tout  tmm  bien  dire  fault. 

Mais  ces  dentelures  mtiltipli^es  ne  sont  que  des  dente- 

lures,    et   la   fa^ade  m^me  de  la  moutagne  n'eB  est 

pas  moins  r^guli^re,  large,  haute,  d'une  pente  k  peu 

prös  6gale  k  elle-mSme,  et  d'une  beaut6  singuii^rement 

majestuetiöe  dauß  so«  aust^re  srmplicitö.  La  Dent  de 

Motclies,  au  coirtraire,  quoiqu'elie  ft'ait  que  deux  pointeB, 

notts  offire  tffife  sörie  d'erosious  importantes.    La  pre- 

«ai^re  «est  Celle  de  Javernaz,    la   »econde  celle  d'Oe- 

ßannaz ,  deux  vallons  bien  aipestres ,  qui  s'ouvrent  k 

la  Mmite  Mp6rieure  des  forets   et  s'abritent  entre  de 

fortes  aretes  projet6es  en  avant.  Ensufte,  pour  la  cou- 

ronne,  vient  la  valMe  prafonde  qui  s 'enfaDfce  jusqu'au 

pied   m^me    du  Mtrveraii,   la   rowiairtrque   vall^e   de 

Fretoiferes,  fleB  Plans  et  de  Pont-de-Nanft,  qui  »finit  par 

s'en  aller  tourner  derri^te   les  aretes  avanc^es  d*Oe- 

satfuäz   dt  de  Javernaz.     Ici   e»core   la   riebesse  des 

formes    eöt    grände:  les    ruisseaux  vaudois    qui   ont 

^ravaill^  la   fa9aäe   nord  de   la  Dent  de  Mörcles  et 

du  MüveralQ  ufe  scmt  pas  des  auVlriers  moins  habiles 

que  les  torrerits  välaisans  qui  otit  söulptiö  le  versaut 

oriental  de  la  Dent  du  Midi. 


•4t  * 


Mais  'ce  n^e^  que  par  supposition  quenous  avons 
feit  cette  double  promenade.  Nous  somtnes  k  Villars, 
'et  ViFläts  n'eSt  8it«6  ni  öans  la  brfeöhe  de  St-Tttaufice, 
*lJi  ön  'face  de  son  otfretture.  II  eöt  en  dehoTs  öt  de 
c3fe.     Aussi  ne  voyoiis-nous  pas  6galement  bien  les 

27 


418  Eugene  Banibert 

parois  au  pied  desquelles  nous  venons  de  passer,  en 
Imagination. 

La  fa^ade  nord  de  la  Dent  du  Midi  ne  se  präsente 
k  nous  qu'en  perspective  fuyante,  tandis  que  celle  de 
la  Dent  de  Mordes  se  montre  en  plein.  Voici  les 
vallons  de  Javemaz  et  d'Oesannaz,  oü  d'innombrables 
troupeaux  broutaient,  il  y  a  peu  de  jours,  l'herbe  h 
plus  fleurie  de  la  montagne.  Us  y  sont  encore,  atten- 
dant  avec  impatience  que  le  soleil  qui  nous  favorise 
alt  fondu  les  neiges  d'hier.  Voici  la  vall^e  de  Frenieres 
et  des  Plans,  qui  se  resserre  et  s'61argit  tour  k  tour. 
Vous  en  voyez  assez  pour  deviner,  par  deli  un 
premier  6tranglement ,  Tune  des  plus  fratches  cor- 
beilles  de  verdure  qui  puisse  inviter  au  repos  le 
voyageuF  fatigue. 

Nous  ne  voyons  pas  non  plus  6galement  bienles 
versants  opposes  de  la  breche  de  St-Maurice.  Celui 
de  la  Dent  de  Mordes  n'^tale  point  k  nos  yeux  les 
escarpements  de  sa  formidable  muraille.  Nous  se 
pouvons  en  juger  que  par  une  ligne  de  profil,  simple 
et  bardie.  En  revanche,  rien  ne  nous  ^chappe  de 
celui  de  la  Dent  du  Midi.  Voili  le  torrent  de  Maa- 
Yoisin  et  son  cirque,  taill6  dans  les  assises  calcaireB 
qui  dominent  St-Maurice ;  voilä  celui  de  St-Barth^lemj 
et  son  vaste  Systeme  de  ravines,  oü  se  suspend,  vera 
le  sommet,  un  petit  glacier  qui  semble  pr^t  k  tomber; 
voilü  le  sillon  oü  s'6bat  la  Sallencbe;  voilkj  dans 
Tombre,  lä-bas,  le  noir  d6boncb6  du  Trient.  Voici 
enfin,  entre  ces  6rosions  diverses,  les  aretes  r^sistantes, 
secondaires  ou  principales,  qui  soutiennent  encore  b 
montagne :  dies  se  succ^dent  du  nord  au  sud,  et  noos 


I 
/ 


VülarS'Chesitres  et  les  Alpes  vattdoises,  419 

ponvons  en  mesnrer  toas  les  angles,  en  compter  toutes 
les  dentelures,  toutes  les  brisures,  toutes  les  döchirures. 
Le  spectacle  est  complet. 

Ce  que  nous  voyons  le  mieux,  de  chaeune  des 
deux  montagnes,  c*en  est  donc  le  c6t6  le  plus  mouve- 
mentö;  aussi  n'oflfrent  elles  nulle  part,  dans  leur  Op- 
position, une  plus  grande  richesse  de  lignes  et  de 
contoors,  d'aretes  saillantes  et  de  sombres  ou  roman- 
tiques  vallons. 

Qne  serait-ce  si,    portant   plus   loin  nos  regards, 

nous  les  fixions  maintenant  sur  les  montagnes  blanches 

—  toutes  granitiques,  celles-lä,  toutes  primitives  — 

qui  forment  le  groupe  central?  Car,  il  est  temps  de 

le  dire,    cette  breche  de  St-Maurice  n'est  pas  seule- 

ment  une   porte   par   oü   s'^chappe   le   Rhone;   c'est 

encore  une  fenetre  ouverte   pour  nous  sur  un  monde 

8itu6  par  delä,  et  ce  monde  n'est  autre  que  celui  du 

Mont-Blanc,    non  pas  encore  tont  entier,   mais  dans 

one  de  ses  parties  les  plus  interessantes.  Essaierai-je 

d'en  compter  les  aiguilles  et  les  coupoles  ?  Essaierai-je 

de  vous  dire  ce  qu41   ajoute   k  une   abondance  d6j4 

81  grande  de  lignes  et  d'accidents  pittoresques  ?  Non, 

nous  en  avons  vu  suffisamment  pour  justifier  ce  que 

nous  disions   tout  k   Theure:   La   nature,   ailleurs  si 

ingönieuse  k  faire  beaucoup   avec   peu,   a   voulu   se 

donner   ici    le  plaisir  de   triompher  avec  prodigalite. 

La  beaut6  de  ce  paysage  est  une  beaut6  de  pro- 

fusion. 

*  * 

La  profusion  n'est-elle  pas  un  d^faut?  Oui,  quand 
eile  s'^tale  sans  ordre,  quand  le  regard,  sollicit6  de 


420  Eugene  Bambert 

toüs  les  c6t68  k  la  fois,  ne  sait  oü  se  reposer.  Mais 
la  nature  a  suivi  ici  le  conseil  que  Ton  donne  aui 
artistes  et  aux  poetes:  eile  a  fait  de  runite  dans  la 
diversit^. 

Ceci  nous  apparaitra  clairement  quand  nous  aurons 
situ6,  chacim  ä  sa  place,  les  diff^rents  groupes  du 
paysage  et  les  principales  figures  dont  ils  sont  compos^s. 

Mais  est-il  bien  permis  de  parier  de  figures  k 
propos  d'un  paysage  sans  figure?  Le  mot  est  plus 
juste  qu'il  ne  semble  d'abord. 

Les  anciens  philosophes  pensaient  que  lorsque 
nous  parlons  de  beaute  ä  propos  d'un  objet  mat^riel, 
c'est  que  nous  y  associons  involontairement  une  idee 
ou  une  impression,  transformant  ainsi  un  phenom^ne 
de  Fordre  physique  en  une  apparition  de  Tordre  moral. 
tls  avaient  raison,  Messieurs;  ils  avaient  cent  fois 
raison.  La  mati^re  brüte,  s'il  est  possible  de  la 
concevoir,  n*est  pas  belle.  Elle  ne  peut  devenir  belle 
que  lorsqu'elle  a  revetu  une  forme,  et  que  cette 
forme  devient  une  figure  k  laquelle  nous  pretons  une 
äme  vivante.  Nous  en  usons  ainsi,  sans  trop  nous  en 
douter,  avec  tous  les  tableaux  que  nous  offre  la  na- 
ture, et  surtout  avec  les  paysages  de  montagne.  C*est 
meme  en  cela  que  consiste  la  principale  sup^riorit^ 
du  paysage  de  la  montagne  sur  celui  de  la  plaine: 
il  rend  plus  faciles,  plus  frappantes,  ces  sortes  de 
personnifications.  Une  montagne,  c'est  quelqu'un.  Im- 
possible  de  la  d^crire  sans  lui  preter  des  attribats 
qui  n'appartiennent ,  au  sens  strict,  qu'ä  des  etres 
qui  sentent,  qui  pensent  et  qui  agissent. 

Regardez  la  Dent  du  Midi.  N'est-il  pas  vrai  quli 


ViUarS'Chesieres  et  les  Alpes  vandoises,  421 

y  a  quelque  chose  de  royal  dans  cette  ampleur  des 
bases  et  dans  les  plis  flottauts  de  ces  vertes  dra- 
peries  ?  N'est-il  pas  vrai  que  rien  ne  saurait  ^tre  plus 
hardi,  avec  plus  de  gräce,  que  ces  lignes  d'aretes, 
fort  eloignees  les  unes  des  autres  4  leur  poiut  de 
depart,  et  qui  ne  se  rapprochent  que  pour  s'elancer 
ensemble  et  desa^ner  dans  les  airs  la  Silhouette  d'unq 
Cime  l^g6re,  syeltQ  et  pourtant  npajestueuse  ?  Cette 
moptagne  est  fenune;  cette  montagne  est  reine. 

La  Dent  du  Midi  forme  presque  k  eile  seule  un 
preiniier  groupe ;  les  quelques  sommets  qui  y  figurent 
avec  eile,  le  Luisin,  la  Tour  Salli^re,  paraissent  se 
Tanger  sous  s^  depeudapce. 

Ün  8econ4  groupe  est  compos6  de  1^  Dent  de 
Morcjes  et  des  sommites  ?iuxquelles  eile  donne  la 
main:  la  Tete-Noire,  la  Dent  aux  Favre,  les  deux 
%veran,  le  petit  et  le  grand. 

Femmcj  aussi  cette  Dent  de  Mordes,  avec  ses 
demx  Qornes  recourb^es,  pretes  k  s'abattre,  pour  la 
dechirer,  sur  une  rivale  trqp  belle  et  trop  fiöre. 
Femme,  mais  pas  du  tout  reine.  La  Dent  du  Midi 
Äe  aait  rien  de  la  Dept  de  Mordes;  mais  la  Dent 
de  5Jprcles  ne  cesse  de  regarder  la  Dent  du  Midi 
d'un  oeil  inquiet  et  jaloux.  Vaincue,  eile  songe  k  se 
venger,  k  moins  que,  par  un  dernier  effort,  eile  ne 
reussisse  ä  reconquerir  la  victoire.  0n  dirait,  k  la 
vpij*  pyramider  dans  l'espace,  qu'elle  se  dresse  pour 
se  grandir. 

Je  neglige  l^s  sommites  intermedjaires,  quoiqu'elles 
DQ  manquent  pas  d'int^r^t,  et  je  yais  droit  k  potre 
vieux  Muveran. 


t     _. 


422  Etirghne  Bambert, 

Pourquoi  vieux?  Eh,  messieurs,  c'est  encore  par 
association  d^dees,  par  Interpretation  symbolique.  La 
Dent  du  Midi,  qui  doit  avoir  k  peu  prfes  le  meme 
äge  que  le  Muveran,  parait  jeune  en  comparaison. 
Aucune  montagne  ne  porte  plus  all6grement  le  poids 
de  ses  cimes;  coquette  et  brillante,  eile  a  des  elans 
soudains,  des  audaces,  des  fantaisies.  L'espace  loi 
appartient.  Le  Muveran  est  ramasse  sur  lui-meme; 
11  est  ealme,  il  est  repos6,  il  est  grave,  et  c'est  d'nn 
mouvement  soutenu,  k  la  fois  6nergique  et  tranquille, 
qu'il  616ve  son  front  sourcilleux,  sillonn6  par  les  rides 
du  temps.  La  force  est  un  de  ses  attributs.  C'est 
une  ruine,  sans  doute,  comme  toutes  les  montagnes: 
on  en  voit  meme  fort  peu  de  plus  ravin6es,  et  ce- 
pendant  cette  ruine  a  Fair  solide;  on  la  dirait  in- 
6branlable.  Le  peuple,  dont  l'instinct  est  sür,  malgre 
quelques  erreurs  accidentelles ,  dit  le  Muveran,  re- 
connaissant  par  \k  et  saluant  en  lui  une  majest6  toute 
virile.  II  frappe  moins,  k  premi^re  vue,  que  la  Dent 
du  Midi;  mais  quand  on  a  v6cu  dans  ce  pays,  c'est 
de  lui,  peut-etre,  qu'on  a  le  plus  de  peine  k  se  s^- 
parer.  „Comment  voulez-vous,  disait  Charpentier,  i 
qui  l'on  offrait  en  Allemagne  une  position  brillante, 
comment  voulez-vous  que  je  quitte  ce  grand  Mofera7i?^ 

—  ainsi  qu'il  l'appelait  dans  son  fran9ais  germanique. 
Charpentier  avait  des  raisons  diverses  pour  s'y  etre 
attach6.  Aucune  montagne  n'avait  6t6  plus  directement 
associee  k  ses  6tudes  et  k  ses  travaux.  C'ötait  en 
le  consid6rant  tous  les  jours  du  seuil  de  sa  demeure 

—  du  seuil  de  cette  maison  blanche,  aux  volets  vert», 
dont,  il  y  a  cinquante  ans,  tous  les  savants  de  TEn- 


VillarB'Chesihres  et  les  Alpes  vaudoises,  423 

rope  savaient  le  chemin  —  qu'il  avait  fait  quelques- 
UDes  de  ses  meilleures  d^couvertes.  Mais  n'est-il  pas 
permis  d'attribuer  k  d'autres  influences  encore  cette 
affection  naive  et  touchante?  II  a  un  charme,  ce 
grand  Moferan^  le  charme  des  uatures  qui,  k  la 
Virilit^  du  caract^re,  ajoutent  les  gräces  de  la  bont^ ; 
voyez  comme  il  entoure  et  protöge  ce  petit  et  char- 
mant glacier,  le  glacier  de  Plan  N6v6,  qui  repose 
entre   ses    bras  comme  un  aiglon  dans  son  nid.     Le 

Moferajx,  c'est  encore  Gargantua^  le  g^ant  bonhomme. 

*  * 

Pent-^tre,  messieurs,  trouverez-vous  que  j'insiste 
trop  sur  ces  impressions  fugitives.  II  n'y  faut  toucher 
que  d'une  main  d^licate,  car  elles  doivent  une  partie 
de  leur  charme  k  ce  qu'elles  ont  d'insaisissable.  Les 
exprimer,  c'est  d6jä  les  älterer.  Chacun,  d'ailleurs, 
les  ressent  k  sa  mani^re.  C'est  comme  une  m61odie 
qui  peut  plaire  k  tous  sans  qu'il  y  alt  deux  per- 
sonnes  qui  y  attachent  exactement  le  m§me  sens. 

En  ces  sortes  d'analyses,  le  plus  sür  est  de  s'en 
tenir  aux  g^n^ralit^s.  Du  moins  conviendra-t-on  que 
la  po^sie  des  Alpes  r^sulte,  en  grande  partie,  du  rdle 
qu'y  Jone  la  ligne  ascendante.  Cette  po^sie  se  laisse 
ramener  k  deux  termes  principaux :  la  ligne  qui  monte 
et  la  ligne  qui  descend ;  le  pr6cipice  et  ses  terreurs, 
la  Cime  et  ses  clartäs.  Aussi  ne  se  d6yeloppe-t-elle 
dans  toute  sa  puissance  que  lorsque  certains  niveaux 
sont  atteints.  En  ce  sens,  quoi  qu'en  puissent  dire 
no8  amis  du  Pilate,  l'altitude  n'est  point  indifferente 
k  Timpression  produite.  A  ^galit^  de  grace  et  de 
hardiesse  dans  les  formes,  la  cime  la  plus  haute  est 


424  JEugene  Bambert 

n^eessairemeBt  la  plus  belle.  II  y  a  ane  äiff^reoee 
entre  les  sommets  de  trois  mille  in^tres  et  ceux  de 
qnatre  mille.  La  Dent  du  Midi,  11  faut  bien  Tayo^er, 
n'est  pas  encore  la  Jungfrau,  Pour  la  po^sie  de  )a  ligpe 
desoendante ,  du  pr6cipiee,  neu  ue  lui  manque,  Si 
V0U8  voulez  savoir  ce  que  o'est  que  de  voir  profond^ 
de  voir  le  bleu  dans  le  gouffre,  allee  Ih  baut,  Bur 
la  Cime  de  l'Est.  Mais  il  lui  manque  quelque  choae 
des  effets  que  peuvent  produire  les  lignes  qui  montent; 
eile  ne  fait  qu^aborder  eette  r6gion  supörieure  oü  la 
lumiere  tombe  de  pres  sur  les  6paules  blanches  des 
v^ritables  reines  des  Alpes.  Mais  aussi  la  Dent  da 
Midi  n'est-elle  pas  --^  uon  plus  que  la  Dent  de 
Mordes  et  le  Muveran  —  tout  ce  que  vous  voyea 
de  Yillars.  Kegardez  par  de\ä,  et  la  po^sia  des 
hautes  cimes  lumineuses  brillera  &  yos  yeux  dans  >& 
splendeur  la  plus  immaculee. 

Nous  voiei  en  prösence  du  troisi^me  groupe,  I0 
dernier  et  le  plus  variable  des  trois:  il  suffit,  poor 
le  voir  se  modifier,  da  moiiter  ou  de  desceudre  quelques 
eentaines  de  pas. 

Hier  d^ä,  d'Aigla  et  d'Olion,  par  eette  br^he  de 
Bt-Maurice,  fepStre  ouverte  sur  un  monde  plus  loin- 
tain,  vous  avez  vu  app^rattre  k  la  diferob^e  quelqi/N 
jRiguiües,  quelques  eoupoles  qui  ont  sjürenusot  tcBB 
votre  euriosit^  en  6veil.  Vous  aorez  devia^ ,  oa  ob 
vous  aura  dit,  au  besoin,  que  c'&taLißnt  Les  eoiitrefort« 
les  plus  orientauK  du  piassif  du  Mont-Blane,  tels  qae 
la  pointe  d'Omy,  la  Graade-Fourehe  et  l'AigHÜle  d« 
Tour.  A  masure  que  voua  vous  ^tes  6lev^,  elies  se 
fiont  d^ag^es.    Avee  ua  peu  d'attentioa,  voob  aorez 


VillarS'Chesi^res  et  les  4^pe8  vaudoises.  425 

^istingue  Iq  glaci^r  du  Trient,  un  des  plus  pi^rs  d^^ 
Alp0^y  dans  Tanceinte  ci^cuUi^e  q^'abriteut^  le^rs  uau- 
raiUeSn  Q^pendant  d^s  cimes  noi^veUeg  ßt  plus  }iaut6& 
Tenalent  eppchir  le  grqvpe  primitif.  Qe  pi^empz,  Iß 
Premier  village  de  monts^gne  que  vous  ayez  reucontre, 
rAiguille  d'Argentiere,  flanqu6e  de  celle  du  Chardonnet^ 
pftraiB8£^it  la  plua  61apc6ß  de  l^putea.  A  Oh6si^res^ 
elles  trouait  encore.  D6s  lors,  vous  avez  march6  d& 
rodest  ä  Test,  et  vous  avez  perdu  pßu  ä  pau  les 
sommitöB  les  plus  orientales;  elles  se  so^t  cs^ph^ea 
dßrri^Fß  la  Dept  de  Mordes ;  ma^\&  du  cot^  dß  Ift  Dent 
du  Midi  on  eu  a  vu  briller  d^autres,  et  bipfitot  TAi- 
gliiUe  d'Argentifere ,  que  vous  yoyßz  ß|iqore,  §  d% 
e^dep  1^  p^s  ä  r^iguille-Vörte,  toujoijrs  accpmpagnßa 
de  \^  Oojnf\e  du  Pru,  son  fid61e  satellite. 

Ppur  le  coup,  yoil4  bipn  la  po^^fp  (iu  mof^dp 
f^lpip  supMei^^,  II  ^'y  s^  pas  4^  neiges  p^us  v}rginales^ 
p^s  mSioe  ßur  |p  front  ä^e  la  JfipgfrajLi.  Mais  ce  u'est 
riöft  eßßQfei  Ce  spir,  4ftft3  notve  prpflae^adp  a  Gryon^ 
QOiiA  ¥3Frons  \JLß  poinjb  bl^nc  qui  reßter^  pbstin^ment 
e^iair^  qu^^d  Iß^  pl^9  h^^tes  ne^ges  serou|;  dans  Topibrß; 
ßt  ypus  acelj^mpire^  en  lui  )ß  monarque  des  Alpes^ 
h  Montr^lane  ep  persoppß.  Pemai^;  apr.6s  q^i^ze  pi^ 
vingt  minutes  de  naarßbß,  sjjp  la  roufe  dß  Chaipossaire^ 
-r-  jß  äi&  \^  rpflte  et  flpp  Jß^  sentiers,  —  vous  n'eu 
YßrriS^  p}|is  s/Sjaleipent  le  sommet,  yous  le  ve^re^ 
d^])9  tpujte  s^  gloirß,  ayec  Jps  glaces  rui^selantßs  de 
im  %ncs^  IJi  y  ßMf^  un  moi^ient  oi^  ^  Qcci|per^ 
pre«qiM«  Be^  rpii^y/Brjtiiire  qui  i^oi^  ofre  G,e^te  s^rie  de 
t^bl/sauK  sjB^ces$ifs,  d'ejchapp^^jeß  pl^s  admi^able^  le^ 
meß  quß  l^l^  ai^tres.  Fuis^  p^ontai^jt  eneorß,  l'ouyerjture 


426  Bughne  Bambert 

s'^largira,  et  peu  k  peu  rentreront  en  sc^ne,  mais 
dans  Fordre  inverse,  les  cimes  disparues,  jusqu'ä  ce 
que  nous  ayons  enfin,  des  hauteurs  de  Chamossaire, 
le  massif  tout  entier,  toujours  domin^  par  rincom- 
parable  coupole  du  Mont-Blanc. 

Tels  sont  les  trois  groupes  dont  se  compose  le 
paysage. 

Poiir  embrasser  TenBemble,  il  snffit  de  les  mettre 
k  leur  place. 

Au  centre,  la  breche  de  St-Mauriefe;  par  cette 
breche,  dans  le  fond,  le  gronpe  du  Mont-Blanc,  plus 
ou  moins  complet,  selon  le  lieu  pr6cis  d'oü  Ton  re- 
garde;  sur  la  droite  et  sur  la  gauche,  en  avant,  le 
groupe  de  la  Dent  du  Midi  et  celui  de  la  Dent  de 
Mordes,  appuy6e  du  Muveran.  —  Et  c'est  tout. 

II  n'y  a  pas  d'ordonnance  plus  simple;  11  n'y  en 
a  pas  de  plus  favorable  k  Tunitö  d'un  tableau.  Tout 
se  subordonne  aux  cimes  lointaines.  C'est  pour  elles 
que  cette  ouverture  a  6t6  pratiqu6e,  et  les  sommit^ 
qui  les  encadrent  paraissent  n'exister,  si  fi^res  soient- 
elles,  que  pour  leur  faire  une  garde  d'honneur.  Ainsi 
Tattention  est  ramen^e  de  partout  vers  le  point  cen- 
tral, qui  est  aussi  le  point  Inmineux. 

A  vrai  dire,  une  ordonnance  pareille  est  chose 
commune  dans  les  Alpes ;  on  en  retrouve  le  type  nn 
peu  partout  k  Tentr^e  des  grandes  vallöes,  souvent 
aussi  des  petites.  Elle  n'en  est  pas  moins  heureuse. 
Ces  vues  par  ^chapp^es  pritent  merveilleusement  ü 
la  fantaisie.  L'imagination  les  ach^ve,  et  ce  qu'elle 
r^ve  embellit  ce  que  voient   les  yeux.     Et  puis,  la 


Vülars-Chesüres  et  les  Alpes  vaitdoiaes,  427 

chose    rare,   c'est   d'avoir   pour  fenetre   ouverte  une 

breche  de  St-Maurice ;  pour  groupe  de  fond,  celui  de 

rAiguille -Verte    ou   du   Mont-Blanc^    et   pour  garde 

d'honnenr  une  Dent   du  Midi,   une  Dent  de  Mordes 

et  un  Muveran.    Ceci,  c'est  le  privil^ge  unique,  c'est 

la  gloire  de  Villars-Ch^sieres. 

«  * 

Mais,  messieurs,  depuis  le  temps  que  je  vous 
parle  de  la  vue  dont  on  jouit  de  Villars-Ch^siöres, 
je  ne  vous  ai  rien  dit  encore  ni  de  Chösieres,  ni  de 
Villars.  —  Je  n'en  dirai  qu'un  mot. 

Villars-Ch6si6res,  vous  le  voyez,  est  une  terrasse 
flemi-circulaire ,  qui  se  relfeve  en  arri^re.  Situ6e  ä 
mi-hauteur  de  la  montagne  (1250  ä  1300"),  eile  est 
toute  en  prairies  et  en  bouquets  d'arbres.  On  dirait 
un  parc  anglais.  La  main  de  la  nature,  plus  intelligente 
parfois  que  celle  du  plus  fin  jardinier,  y  a  sem6  sapins 
et  m616zes,  comme  si  eile  avait  voulu  nous  inviter  ä 
encadrer  de  verdure  les  cimes  blanchissantes.  Ceci 
encore  est  un  contraste,  et  Tun  des  plus  s6duisants 
qui  se  puisse  imaginer.  Ceci  encore  est  un  des  traits 
fcaract^ristiques  du  paysage  que  vous  avez  sous  les 
yeux.  Le  regard  et  la  pens^e  se  portent  tour  a  tour 
aur  les  splendeurs  de  l'horizon  et  sur  la  fratcheur 
des  Premiers  plans.  Ce  Mont-Blanc  est  incomparable, 
Sans  doute ;  mais  il  serait  d'un  6clat  moins  pur  sans 
cette  brauche  de  m61^ze  qui  se  dessine  sur  son  manteau 
d'hermine ;  on  a  peine  ä  dötourner  les  yeux  du  colosse, 
et  pourtant  n'est-il  pas  encore  plus  beau  lorsqu'on  a 
consid6r6  un  instant  les  ileurettes  qui  ^maillent  la 
pelouse  — r  qui  T^mailleraient  demain  jusqu'au  sommet 


42Q  Eugene  Bambert, 

4ß  Ohampssaire  si  la  raison  6tait  mpins  avs^ucee:  — 
upe  päquerette,  une  pyimevöre  rose,  une  siiflple  ^e- 
ipoi^e  sylvie  ?  Ainsi  dpa  fleurs  aux  cimes  e\  des  cimes 
aux  fleurs  flotte  et  se  bercp  rimagination^  parQpf^pant 
d'un  vol  heureux  le  monde  des  cbpses  cr^^eS;^  passaut 
et  repassant  du  gracieux  au  suljliinej  de  ce  gui  cbarrnft 
k  ce  qui  transporte,  et  trouvant  partout  de  nouveaui 
naqtifs  de  r^'ouissance  et  de  yeligieuse  ^dmiration. 

)((!e9sieurs ,  vous  ne  rpsterez  pas  assßz  longtemps 
parroi  nous  gour  voir  ce  tableau  CQmme  il  faudrait 
le  voir,  en  repos,  ä  l'ojpbre,  et  d'un  lieu  choisi.  ^W 
8i  peu  que  vous  restiez,  vojiß  en  aurez  vu  suffisam- 
meut  pour  comprendre  que  les  Yaudois  spieifj;  ßxtreme- 
ment  attach6Sj  noQ  seulement  k  leur  bleu  |^eman^ 
mais  eppore  4  leurs  montagnes.  Att^ch6s,  Ip  mqt  n'est 
pas  a^pez  ^pergiqup^  ils  ei^  sont  eptich^s.  C'est  ^res 
^erieusement  qu'ils  cfoient  que  le  mondp  des  Alpes 
ne  s^urait  ofifrii:  plps  dp  m^gnificences  que  dans  ce 
coin  de  tprrp.  Toutefois,  jls  n'oublient  pas  les  jusfes 
et  sagps  resefve^  que  nous  fs^isions  en  pomipen^^Dt. 
lU  fie  disent  pas  que  les  Alpes  n'ont  rieu  ^p  si  h^Uy 
ils  djsent  qu'elles  ne  peuvent   pas   etre  plus  b.eJlßB* 

Q'ailleurs,  ßi  Vaudois  que  nous  soypns^  npus  restpns 
et  re^teron^  bons  et  fi.d^Jps  Conf6d6res.  Nptre  parfr 
cularisme;  compie  on  dit,  n'a  rien  d'exclusif.  pn  al- 
pinjstps  dont  les  yeiix  ej;  l'pspnt  sopt  puvefts,  pou* 
npus  fappelpng  c.ejbte  Jungfrau,  qui  pp  nous  p^f^^ 
pas  mqiuß  b^illapte  qu'ä  nos  amis  de  Ber^e ;  ce  Moot' 
Bo@e;  pp  Cepin,  ce  Weisshorn,  dont  la  majpßte  qe 
ßpuß  i*^yi|k  pap  inpins  que  les  enfants  du  Valais;  pfi 
Pija^e,  cp  Mythen,  ce  goljp  d'pri,  cet  Urirothstpck, 


Villars-Chesieres  et  les  Alpes  vaudoises,  429 

•qui  comptent  autant  d'admirateurs  parmi  nous  que 
dans  les  sectiqns  de  Lucerne,  de  Schwytz  et  du  Got- 
hard;  ce  GlärDisch  et  ce  lac  de  Wallenstadt,  dont 
la  pittoresque  beaut^  n'est  pas  ch^re  seulement  aux 
Glaronnais ;  cette  Bernina,  que  nous  savons  voir  avec 
les  memes  yeux  que  les  guides  grisons,  ä  la  barbe 
imposante;  ce  vert  päturage  enfin,  au  pied  du  Hoch- 
^Säntis,  oü  nous  avons  quelquefois  iodle ,  d^une  voix 
moins  juste  et  moins  retentissante ,  mais  d'un  eoeur 
aussi  joyeux  que  les  bergers  de  T Appenzell. 

Ces  sentiments  sont  aussi  les  votres,  Messieurs 
«t  cbers  coU^gues.  Groupons-nous  donc  ensemble  sur 
le  sein  de  la  m^re-patrie,  oü  il  y  a  place  pour  tous ; 
d^pouillons  toute  vaine  Jalousie  et  serrons-nous  fra- 
temellement  la  main,  pleins  d'une  juste  reconnaissance 
pour  Celui  qui  nous  a  fait  naitre  dans  un  pays  oü 
tout  est  beau,  si  beau  qu'on  ne  sait  k  quelle  partie 
il  faut  donner  la  pr6f6rence. 


IV. 

Kleinere  Mittheilungen. 


I 


Neue  Bergfahrten  in  den  Schweizeralpen  1885. 

Moutblancgruppe* 

Aiguille  Blanche  de  Peuteret  (4108™).  Juli  31. 
Mr.  H.  Seymour  King  mit  A.  Supersax,  A.  Anthamatten 
und  E.  Rey.  Dieselben  brachen  uni  5  Uhr  von  ihrem 
Bivouac  am  oberen  Ende  des  Glacier  du  Brouillard 
auf,  stiegen  zum  Glacier  du  Frenay  ab,  den  sie  in 
der  Richtung  einer  zum  Brenvagletscher  führenden 
Lücke  tiberschritten,  und  erreichten  von  dieser  Lücke 
aus  nach  schwieriger  Kletterei  über  den  Nordabfall 
um  2  Uhr  den  Gipfel.  Der  Abstieg  zum  Bivouac 
nahm  5^/2  Stunden  in  Anspruch.  S.  Alpine  Journal 
Kr.  90  pag.  419  und  Nr.  91  p.  431  u.  ff. 

Col  de  Planereuse  et  Darret  (3537  ">).  1.  und 
7.  August.  L.  Kurz  mit  F.  Biselx,  siehe  pag.  151 
n.  ff.  dieses  Jahrbuchs. 

Walliseralpen« 

Dent  Perroc,  Südostspitze  (3679 »).  22.  Juli. 
Die  Herren  Tschumi  und  Kündig  mit  Joseph  Quinodoz 
verließen  um  3  Uhr  50  Min.  früh  den  Gasthof  zum 
Mont  Collon  in  Arolla,  erreichten  um  8  Uhr  den 
Kamm  der  Dent  Perroc  und  über  diesen  nach 
schwieriger  Kletterei  um  10  Uhr  55  Min.  die  Spitze, 
welche  sie  Pointe  des  Genevois  tauften.  Nach  der 
Ansicht  des  Hrn.  Tschumi  wäre  es  besser  gewesen, 
statt  den  Grat  selbst,   ein  Felsband  etwas  unterhalb 

28 


434  Redouition, 

desselben  auf  der  Ferpecleseite  zu  verfolgen.     Siehe 
Echo  des  Alpes  1886  Nr.  1,  pag.  23. 

Dom  (4554™)  von  Saas  aus.  August  20.  Mr.  Car- 
theige  mit  G.  Taugwalder  und  X.  Imseng.  Die- 
selben bezogen  am  19.  August  ein  Bivouac  am  Fuß 
der  Ostwaud  des  Berges  oberhalb  des  nördlichen  Arms 
des  Feegletschers  und  stiegen  am  20.  früh  über  die 
Wand  direct  zur  Spitze  hinauf,  die  nach  8^/4 stündiger 
Kletterei  erreicht  wurde.  Der  Abstieg  nach  Randa 
erfolgte  auf  dem  gewöhnlichen  Wege.  Die  Anstiegs- 
route liegt  etwas  südlich  von  derjenigen  der  MM. 
A.  und  W.  Puckle  (vergl.  Alpine  Journal  VII,  pag.  324, 
und  Studer:  lieber  Eis  und  Schnee,  Supplementband 
pag.  153).   Siehe  Alpine  Journal  Nr.  90,  pag.  419. 

Berneralpen« 

DoJdenhorn  (3647«^),  mit  Abstieg  zum  Gasteren- 
thal  und  Fründimjocli  (3001  °0.  10.  und  18.  Juli. 
Herr  und  Frau  Dr.  Dübi  mit  Chr.  und  Hs.  Hari. 
Siehe  pag.  134  u.  ff.  dieses  Jahrbuches. 

Jungfrau  (4166")  vom  Roththal  aus  über  den 
Sudwestgrat.  21.  September.  F.  v.  Almen  mit  H. 
V.  Almen,  U.  Brunner,  F.  Graf,  K.  Schlunegger  uod 
J.  Stäger,  siehe  pag.  89  u.  ff.  dieses  Jahrbuchs. 

jE'if7(ir  (3975«»),  Traversirung  über  den  Mittellegi- 
grat.  — .  ?  August.  Hr.  M.  v.  Kuffner  mit  Burgener  und 
Biener.  Nachdem  Hr.  v.  Kuffner  am  29.  Juli  ver- 
gebens versucht  hatte,  den  Eiger  über  die  Mittellegi 
zu  besteigen,  machte  er  am  nächsten  schönen  Tage  die 
Besteigung  auf  dem  gewöhnlichen  Wege  von  der  klei- 
nen Scheidegg  aus  und  stieg  über  die  Mittellegi  zum 
Hörnli  hinauf,  an  dessen  Fuß  ein  Bivouac  bezöge» 
wurde.  Am  folgenden  Tage  wurde  Grindelwald  er- 
reicht. Siehe  Oesterreich.  Alpenzeitung  Nr.  174, 
pag.  222. 

Kamm.  (3870™).  Erste  Besteigung  17.  Augu^t. 
Herren  A.  Lorria  und  Dr.  G.  Lammer  ohne  Führer. 


Netie  Bergfahrten  in  den  Schiveizeralpen  1885,     435 

Um  6  ühr  früh  verließen  dieselben  die  Concordia- 
hütte,  gelangten  um  7  ühr  15  Min.  zum  inneren 
Schönbühl  und  stiegen  von  diesem  über  einen  ziem- 
lich schwierigen  Felsgrat  nordöstlich  zu  dem  kleinen, 
vom  Kamm  südwestlich  herabhängenden  Gletscher 
auf,  der  um  1  ühr  30  Min.  erreicht  und  nach  ^/2StUn- 
diger  Rast  in  der  Richtung  des  Gipfels  tiberschritten 
wurde.  Steil  über  den  Gletscher  ansteigend,  gelangten 
sie  dann  zum  Fuße  der  Gipfelwand  und  endlich  über  den 
Westgrat  um  2  Ühr  35  Min.  zur  Spitze.  Abgesehen 
von  den  Rasten  erforderte  der  Anstieg  7^k  Stunden, 
der  Abstieg,  der  auf  etwas  nach  rechts  abweichendem 
Wege  gemacht  wurde,  4  Stunden.  Siehe  Mitthei- 
lungen des  D.  und  Oe.  A.  V.  Nr.  17,  pag.  194,  und 
Oesterreich.  Alpenzeitung  Nr.  174,  pag.  220  und  221. 

Klein  ■  Grünhorn  (3927  "^).  Erste  Besteigung 
13.  August.  Herren  A.  Lorria  und  Dr.  G.  Lammer 
ohne  Führer.  Dieselben  brachen  5  ühr  45  Min. 
von  der  Berglihtitte  auf,  überschritten  6  ühr  15  Min. 
das  untere  Mönchjoch,  erreichten  7  ühr  20  Min.  über 
das  Ewigschneefeld  den  Fuß  des  Berges  und  gelangten 
durch  complicirte  Seracs  und  über  Fels  und  Schnee 
zu  einem  langen  scharfen  Firngrat,  den  sie  bis  zu 
den  Gipfelfelsen  'verfolgen  konnten.  Dann  wandten 
sie  sich  rechts  (Stufen)  und  erreichten  über  einen 
äußerst  scharfen  Felsgrat  um  11  ühr  10  Min. 
die  Spitze.  Abstieg  auf  demselben  Wege.  Ankunft 
in  der  Berglihtitte  4  ühr.  Siehe  Mittheilungen  des 
D.  und  Oe.  A.  V.  1885  Nr.  17,  pag.  194,  und 
Oesterreich.  Alpenzeitung  Nr.  187,  pag.  220. 

Hinter- Fiescherhor7i  (4020"™).  Erste  Besteigung 
27.  Juli.  Herren  Aug.  Lorria  und  Dr.  G.  Lammer 
ohne  Ftihrer.  Dieselben  brachen  4  ühr  20  Min.  von 
der  Berglihtitte  auf,  überschritten  die  nächste  östlich 
vom  unteren  Mönchjoch  gelegene  Einsattelung  (4  ühr 
50  Min.)  zum  Ewigschneefeld,  das  längs  des  west- 
lichen Abhangs    des   Fieschergrats   traversirt   wurde, 


436    BecL   Neue  Bergfahrten  in  den  Schweizeralpen  1885. 

wandten  sich  dann  links  gegen  den  Sattel  zwischen 
den  Fiescherhörnern,  der  um  9  Uhr  20  Min.  erreicht 
wurde,  und  erreichten  um  10  Uhr  35  Min.  den  Gipfel, 
der  circa  50™  höher  ist  und  beträchtlich  nördlicher 
liegt,  als  die  von  Dr.  Häberli  am  13.  Juli  1871  be- 
stiegene Spitze  (vergl.  Jahrbuch  des  S.  A.  C.  VIII, 
pag.  148  u.  ff.).  Auf  dem  Rückwege  wurde  auch 
das  Groß  -  Fiescherhom  (4049™)  bestiegen.  Siehe 
Mittheilungen  des  D.  und  Oe.  A.  V.  1885  Nr.  16, 
pag.  185,  und  Oesterreich.  Alpenzeitung  Nr.  172, 
pag.  197. 

FinsUraav-Rothhorn  (3549™).  27.  Juli.  S.  Simon 
mit  E.  Merian  und  J.  Tischhauser,  siehe  pag.  75  u.  ff. 
dieses  Jahrbuchs. 

Nässihom  (3749™).  2.  August.  Dr.  E.  Burck- 
hardt  mit  Chr.  Jossi  und  P.  Schlegel,  siehe  pag.  44 
u.  ff.  dieses  Jahrbuchs. 

Disgrazia-Albigna-Uruppe. 

Cima  del  Largo  (3170™).     SUdostgipfel,  und 

Fuorcla  dd  Largo  (2949™).  22.  August.  Dr.  Tb. 
Curtius  mit  Gh.  Klucker,  siehe  pag.  222  u.  ff.  dieses 
Jahrbuchs. 

P.  Bacone  (3243™)  von  der  Fuorcla  del  Bacone 
(3050™)  über  den  Nordgrat.  27.  August.  Dieselben, 
siehe  pag.  231  u.  ff.  dieses  Jahrbuchs. 

Cima  da  Spliig  (3043™).  1.  September.  Dieselben, 
siehe  pag.  236  u.  ff.  dieses  Jahrbuchs. 

Berninagrnppe. 

P.  ßernina  (4052  ™)  über  den  Scerscengrat.  12.  Au- 
gust. Mr.  W.  Williams  mit  Schocher  und  Arpagaus 
brach  um  1  Uhr  früh  vom  Rosegrestaarant  auf, 
erreichte  um  11  Uhr  45  Min.  den  Sattel  zwischen  Punkt 
3385  und  P.  Bernina  und  stieg  in  weiteren  1  ^,4  Stunden 
zum    Gipfel    des    letzteren    auf.     Der    Abstieg   nach 


K 


M,  SchupplL    Eine  Alpfahrt  im  ünterwallis,      437 

Boval  auf  dem  gewöhnlichen  Wege  nahm  2  V2  Stunden 
in  Anspruch.  Soweit  die  dürftigen  und  unbestimmten 
Angaben  es  erkennen  lassen,  scheint  die  Anstiegslinie 
eine  Variante  des  Weges  Mr.  Wainwight^s  vom  1 5.  August 
1880  zu  sein.  Siehe  Alpine  Journal  Nr.  90,  pag.  422. 

Die  Red, 


Eine  Alpfahrt  im  Unterwallis. 

Es  war  am  15.  Juli  1880,  als  ich  von  einem  Träger 
begleitet  den  höchst  interessanten  und  gar  lieblichen 
Bergpfad  einschlug,  der  von  FuUy  über  die  Berg- 
dörfchen Neuloz,  Buitonaz  und  Tschieboz  in  circa  drei 
Stunden  auf  den  wunderschönen,  waldumkränzten  Mayen 
(Maiensäß)  Lousine  führt. 

Bis  weit  hinauf  begleiten  uns  zuerst  die  Reben  und 
dann  die  goldenen  Saaten  reicher  Getreidefelder.  Diese 
Gegend  ist  die  wärmste  im  ganzen  Wallis.  Nord-  und 
Westwinde  treffen  sie  nicht,  Dur  Süd-  und  Stidwest- 
winden  steht  sie  offen.  Von  einer  erquickenden  Morgen- 
frische fühlten  wir  nichts,  der  Boden  vermochte  sich 
nicht  bis  zur  Thaubildung  abzukühlen. 

Als  die  Sonne  im  Osten  heraufzog,  stieg  mit  ihr 
auch  die  Hitze  zu  einem  bis  zum  Ersticken  hohen 
Grad.  Die  wunderschöne  Aussicht  auf  das  Rhonethal 
bis  nach  Sitten  und  noch  weiter  hinauf,  das  Erscheinen 
der  gegenüberliegenden  Vorposten  der  Walliseralpen 
mit  den  Furchen  und  Schluchten  der  grünen  Seiten- 
thäler,  die  prächtige  und  interessante  Vegetation  in 
ihrem  südlichen  Charakter :  Alles  das  wurde  der  immer 
ürtickenderen  Hitze  wegen  nicht  mehr  recht  gewürdigt 
und  konnte  nicht  mehr  so  voll  und  ganz  genossen 
werden.  Ein  murmelndes  Bächlein,  ein  einladendes 
Schattenplätzchen  wirkten  viel  stärker  und  vermochten 
weit  mehr  unsere  Aufmerksamkeit  zu  fesseln. 


438  M,  Schuppli, 

Endlich  hörten  wir  die  Heerdenglocken  von  Lon- 
sine  und  erneuerten  unsern  Muth,  dasselbe  bald  zn 
erreichen. 

Ein  wunderschönes  Plätzchen  Erde,  dieses  Lousine ; 
ein  wahrhaftes  Idyll  der  Alpenwelt  von  der  größten 
Lieblichkeit!  Es  liegt  zwischen  der  Grande  Garde 
und  dem  Grand  Chavalard  in  einer  Höhe  von  1620™; 
ein  grüner  Wiesengrund,  welcher  auf  beiden  Seiten 
in  lichten  Lärchenwäldem  zu  den  mächtigen  Fels- 
wänden ansteigt.  Die  ganze  Alp  bildet  einen  weit  aas- 
gedehnten Park,  in  welchem  mächtige  Lärchen  einzeln 
und  in  Gruppen  den  Rasenteppich  unterbrechen. 

Dort  wiegen  sich  über  bemoosten  Blöcken  einige 
der  schönsten  Exemplare  und  bilden  auf  weichem 
Graspolster  ein  Schattenplätzchen,  das  ich  mir  zum 
Ruheort  auserkoren  habe.  Prächtige  Lärchengruppe! 
An  mächtigen  Aesten  hängen  herunter  in  dichter  Fülle 
die  langen  Zweige  mit  Büscheln  weicher  Nadeln  ge- 
ziert, in  ihrem  zarten  Grün  ein  Bild  von  wundersamer 
Lieblichkeit  und  Feinheit.  Ein  heimeliges  Plätzchen, 
das  ich  mein  nannte  und  das  mir  ai^ch  Niemand 
streitig  machte !  Es  ist  doch  eine  wunderbare  Welt, 
dieses  Wallis!  Unten  die  Kastanie,  der  Baum  des 
mediterranen  Südklima^s,  der  mildesten  Zone  der  Welt, 
und  hier  oben  die  Lärche,  der  Baum  Sibiriens.  Welche 
Gegensätze,  die  sich  hier  eigentlich  berühren! 

Auf  einer  Terrasse  unseres  Mayens  stehen  zwei 
Sennhütten  von  den  schönsten  Lärchen  beschattet,  in 
welchen  wir  freundliche  Aufnahme  fanden.  Die  Käser, 
junge  Leute  von  Fully,  waren  eben  mit  der  Zube- 
reitung der  Käse  beschäftigt.  Es  befinden  sich  auf 
der  Alp  318  Kühe,  aus  deren  Milch  im  Durchschnitt 
täglich  20  Käse  ä  circa  15  Pfund  fabrizirt  werden. 
Die  Kühe  gehören  den  Einwohnern  in  Fully,  und  es 
ist  die  Einrichtung  getroffen,  daß  jedem  Einzelnen  die 
ihm  zukommende  Milch   täglich  gutgeschrieben  wird. 

Die  Leute  waren  alle  in  fröhlicher  Stimmung,  denn 


Eine  Alpfahrt  im  üntertcallis.  439 

morgen,  Sonntag,  soll  die  Alpfahrt  nach  Fully-Alp 
stattfinden.  Dieselbe  gestaltet  sich  jedes  Jahr  zu  einem 
großen  Feste,  an  welchem  auch  die  jungen  Leute  aus 
dem  Dorfe  Antheil  zu  nehmen  sich  das  Vergnügen 
machen.  Sobald  unsere  Sennen  mit  ihrem  Eäsgeschäft 
fertig  waren ,  fingen  sie  allerlei  Vorbereitungen  auf 
^ie  morgige  Abfahrt  an.  Mit  besonderer  Sorge  machten 
sie  ihre  Toilette.  Da  war  ein  Haarschneider,  der  den 
Einen  nach  dem  Andern  unter  die  Scheere  nahm, 
dann  folgte  der  Barbier,  der  mit  großer  Fertigkeit 
seine  Kameraden  rasirte.  Auch  wurden  die  Kleider 
ausgebessert  und  die  Schuhe  geputzt.  Und  das  Alles 
geschah  in  gemtithlichem  Tone  und  heiterer  Stimmung. 
Die  Bursche  gefielen  mir  und  ich  fühlte  mich  bald 
ganz  heimelig  unter  ihnen.  Nach  meiner  Nationalität 
fragend,  setzten  sie  voraus,  ich  sei  Vaudois  oder  Anglais, 
^ie  einzige  Alternative,  welche  sie  jedem  Fremden 
stellen,  Bernois  ou  Allemand  steht  außer  dem  Bereiche 
ihrer  geographischen  Begriffe.  Ihr  Patois  klingt  stark 
nach  dem  Italienischen  und  ist  ziemlich  schwer  zu 
verstehen.  Ein  junger  blonder  Bursche,  der  durch  seine 
lebhafte  Gesprächigkeit  sich  auf  einen  höheren  Stand- 
punkt der  Bildung  stellen  zu  sollen  glaubte,  unterhielt 
sich  gerne  mit  mir.  Alle  seine  Antworten  begann  er 
mit  dem  Bewunderung  ausdrückenden  „tiens,  tiens" ! 
Alle  diese  Leute  sind  noch  nie  über  die  Grenzen  ihrer 
Heimat  hinausgekommen  und  zeigen  sehr  wenig 
Cultur,  dagegen  viel  Originalität  und  Gutmüthigkeit. 

Ich  stellte  mich  mit  dem  Chef  de  la  Cabane, 
einem  jungen  intelligenten  Manne,  sogleich  auf  guten 
Fuß  und  erwarb  mir  seine  Gunst. 

Die  Hütten  und  ihr  Mobiliar  zeichnen  sich  durch 
Ureinfachheit  aus;  außer  den  zur  Käserei  noth- 
wendigen  Utensilien  war  auch  gar  nichts  vorhanden, 
nicht  einmal  eine  Pfanne.  Ich  trug  meine  Vorräthe  an 
Kaffee,  Thee,  Suppentäfelchen  etc.  nach  dreitägigem 
Aufenthalt   wieder   den  Berg  hinunter,    wie  ich   sie 


440  M,  SchuppU. 

hinaufgetragen  hatte,  und  begnügte  mich,  wie  meine 
Gastwirthe,  mit  Milch,  Brod,  Butter  und  Käse.  Von 
Tischen  und  Stühlen  ist  natürlich  hier  keine  Rede^ 
dagegen  oflferirte  man  mir  gleich  beim  Eintritt  einen 
einbeinigen  Melkstuhl,  den  ich  mir  sogleich  anschnallte 
und,  wie  alle  andern  Insassen  der  Hütte,  als  unzer- 
trennlichen Bestandtheil  meines  selbsteigenen  Ichs 
überall  mit  mir  herumführte.  Eine  recht  bequeme  Ein- 
richtung, den  Schwerpunkt  jeder  Zeit  und  an  jedem 
Orte  nach  Belieben  zu  verändern,  die  mir  aber  An- 
fangs Übel  mitspielte,  indem  ich  denselben  zum  Gaudium 
der  Gesellschaft  einige  Male  verlor.  Alles  in  der 
Welt  will  aber  gelernt  sein,  sogar  das  Sitzen  auf 
einem  Melkstuhl. 

Es  war  Abends  6  Uhr,  als  man  von  allen  Seiten 
her  das  Heerdengeläute  ertönen  hörte;  die  Hirten 
trieben  die  Kühe  herbei,  welche  sich  auf  einem  großen 
ebenen  Weideplatz  in  der  Nähe  der  Hütten  sammelten. 
Es  ist  Melkzeit  und  es  beginnt  ein  bewegtes  fröhliches 
Leben.  Die  Melker  springen  von  den  Hütten  zur 
Heerde,  Melkkübel  tragend  und  einen  Strick  nm  die 
Schulter  gewunden,  suchen  dort  die  ihnen  zugetheilten 
Kühe  aus,  melken  sie  und  eilen  dann  wieder  schnellen 
Schrittes  zu  den  Hütten  zurück,  wo  ihnen  die  Milch 
genau  gemessen  und  aufgeschrieben  wird. 

Das  Ganze  stellte  ein  ganz  eigenthtimliches  Ge- 
mälde dar,  voll  Leben  und  Bewegung,  das  Aug'  und 
Ohr  in  Spannung  versetzte. 

üeber  300  Kühe  mit  breiten ,  buntgeschmfickten 
Halsbändern  geziert,  an  welchen  die  großen  Glocken 
in  steter  Bewegung  ein  unausgesetztes,  hundertfach 
tönendes  Geläute  verbreiten,  die  Menge  von  Hirten 
und  Sennen ,  welche  durch  ihr  Rufen ,  Jauchzen  und 
Singen  einander  zu  überbieten  schienen,  die  in  be- 
deutender Anzahl  der  Heerde  folgenden  Esel,  die  aa8 
der  Feme  mit  ihrem  Geschrei,  gleich  Alphomtönen, 
das  Orchester  bilden,  und  endlich  der  Wiederhall  all' 


Eine  Alp  fahrt  im  üntericallis,  441 

dieser  Tonarten  von  den  nahen  und  fernen  Fels- 
wänden :  das  Alles  bildete  zusammen  ein  Concert,  das^ 
von  der  Ferne  aus  angehört,  einen  wundersamen  Ein- 
druck machte.  Oft  glaubte  man  einen  Chorgesang,  oft 
ein  Geläute ,  oft  eine  Musik  in  der  Ferne  zu  hören^ 
je  nachdem  man  den  Standpunkt  veränderte.  Ein 
wunderbares  Naturconcert ! 

Doch  treten  wir  der  Viehheerde  näher,  die  auf 
ihrem  Melkplatz  so  schön  versammelt  ist.  Die  kleinen 
lebhaften  Walliserktihe  interessiren  uns  im  höchsten 
Grade.  Es  sind  flinke,  intelligente  Thiere,  die  un& 
80  frisch  und  munter  anschauen,  als  wollten  sie  sich 
mit  uns  unterhalten.  Sie  gehören  der  Braunviehrace 
an  und  spielen  in  ihrer  Farbe  vom  dunkeln  Schwarz- 
braun durch  alle  Abstufungen  bis  zum  hellen  Grau^ 
Sie  zeichnen  sich  aus  durch  einen  schlanken,  wohl« 
gebauten  Körper,  einen  leichten  Kopf  und  feine  Glieder. 
Vermöge  ihres  leichten  Körpers  und  ihrer  festen 
Beine  klettern  sie  wie  Ziegen  die  Felsen  hinan  und 
holen  sich  das  auf  den  schmalen  Bändern  und  Gräten 
spärlich  wachsende  Gras  mit  aller  Sicherheit.  Dabei 
sind  sie  milchergiebig  und  äußerst  dauerhaft. 

Mit  besonderem  Interesse  zeigte  mir  ein  Senne 
die  €  reine  T^  (Königin).  Wenn  nämlich  im  Frühling 
die  Thiere  aus  den  Ställen  zur  Heerde  zusammen- 
getrieben werden,  so  messen  sie  sogleich  ihre  Kräfte 
und  es  beginnt  ein  Kampf,  der  nicht  endigt,  bis  die 
Stärkste  und  Gewandteste  alle  andern  besiegt  hat  und 
diese  sie  als  Siegerin  anerkennen. 

Die  „reine"  ist  dies  Jahr  die  große  schwarze  Kuh 
des  M.  le  juge  von  Fully,  meines  biederen,  feucht- 
fröhlichen Wirthes  der  letzten  Nacht,  die  hier  oben 
die  Heerde  beherrscht,  wie  unten  ihr  Meister  das  Dorf. 
Ke  Sonne  neigte  sich  nach  diesem  wechselvollen  Tage 
zum  Untergänge,  allein  in  der  Hütte  trat  keine  Abend- 
ruhe ein.  Alles  war  noch  voll  Leben  und  eiliger  Vor- 
bereitung auf  den  kommenden  Tag.  Erst  gegen  Mitter- 


442  M.  SchuppU. 

nacht  legte  man  sich  unter  den  Lärchen  zu  emem 
kurzen  Schlafe  nieder.  Ich  suchte  schon  frUher  mein 
auserwähltes  Plätzchen  und  genoß  einige  Stunden  der 
•erquickendsten  Ruhe. 

Gegen  2  Uhr  Morgens  langten  die  ersten  Leute 
^on  Fully  an,  die  an  der  Alpfahrt  Theil  nehmeo 
wollten,  und  damit  begann  der  Festtag.  Es  sammelte 
sich  nach  und  nach  eine  bunte  Gesellschaft  von 
Männern,  Frauen,  Kindern,  Maulthieren  und  Eseln, 
>die  wirr  durch  einander  die  Umgebung  der  Hütte 
besetzten.  Um  3  Uhr  trieben  die  Hirten  die  Kühe 
zusammen  auf  den  Melkplatz,  auf  welchem  die  FuUy- 
Leute  ihre  lieben  Kühe  begrUßten  und  den  Sennen 
melken  halfen. 

Dem  Rathe  meines  Führers  folgend,  wollte  ich 
dem  Zuge  vorausgehen,  um  von  der  Höhe  aus  den- 
selben sich  gestalten  und  in  Bewegung  setzen  zu 
sehen.  Wir  stiegen  etwa  ^12  Stunde  lang  im  Zickzack 
•durch  einen  lichten  Lärchenwald  und  fanden  auf  der 
Höhe  eine  Stelle,  von  wo  aus  wir  das  ganze  Gebiet 
-deutlich  tiberblicken  konnten  und  die  Hütten  auf 
Lousine  mit  dem  Melkplatz  gut  im  Auge  hatten. 
Mein  Führer  versicherte  mich,  daß  die  Kühe  es  recht 
gut  wissen,  daß  heute  Alpfahrt  sei,  und  daß  sie  sich 
*  fi-euen ,  die  abgeweidete  Alp  zu  verlassen  und  auf 
der  Fully-Alp  eine  reiche  Weide  zu  finden.  Und 
wirklich,  man  sah  und  hörte  es,  daß  die  Thiere  von 
einer  außergewöhnlichen  Lebendigkeit  wie  besessen 
waren  und  es  fast  nicht  erwarten  konnten,  die  Abfahrt 
anzutreten.  Die  Hirten  hatten  die  größte  Mühe,  sie 
beisammen  zu  halten.  Immer  zog  sich  die  Heerde 
dem  Wege  nach  Fully-Alp  zu,  und  trotz  der  großen 
Thätigkeit  der  Hirten  entwischten  einige  der  Schlausten 
und  kamen  auf  ihrer  Flucht  bis  zu  uns  hinauf.  Die 
Vorderste  glotzte  uns  bei  ihrer  Ankunft  erstaunt  an 
und  war  ganz  verblüfft,  hier  vor  einem  Hindemiß 
auf  ihrer    eiligen  Flucht    zu    stehen.      Mein  Führer 


Eine  Älpfdhrt  im  Unterwallis.  443 

hatte  die  größte  Mühe ,  den  Trupp  der  Flüchtigen 
wieder  den  Berg  hinunter  zu  treiben,  wo  sie  von  den 
Hirten  empfangen  und  hart  gestraft  wurden. 

Der  Beweggrund  des  Vergehens  dieser  Voreiligen 
mag  wohl  kein  anderer  gewesen  sein,  als  Hunger 
und  Liebe,  der  aber  von  den  Hirten  nicht  gewürdigt 
wurde;    denn  „Ordnung  muß  sein",  meinten  sie. 

Endlich  um  5  Uhr  wurde  das  Zeichen  zum  Auf- 
hruch  gegeben  und  es  formirte  sich  der  Zug. 

Derselbe  wurde  eröffnet  von  einem  kräftigen  Maul- 
thier,  das  schwer  mit  Käse  beladen  war  und  von 
einem  Mädchen  geführt  wurde;  ihm  folgte  im  Gänse- 
marsch ein  Dutzend  Kühe,  an  deren  Spitze  natürlich 
wieder  jene  Ungeduldige  war,  welche  wir  vor  einer 
Stunde  zuiiickgetrieben  hatten.  Stolz  und  siegesfreudig 
schritt  sie  an  uns  vorbei,  als  wollte  sie  uns  sagen: 
„nun  bin  ich  doch  die  Erste."  Darauf  kam  ein  Trupp 
Esel  mit  Stroh  und  Geschirr  beladen,  dann  folgte 
wieder  eine  Anzahl  Kühe,  diesen  einige  Sennen,  dann 
wieder  Kühe  u.  s.  f.  Die  Kuhreihen  waren  immer 
unterbrochen  von  Sennen,  Dorfleuten,  Maulthieren, 
Eseln ,  und  die  Hirten  sprangen  vor-  und  rückwärts, 
den  Zug  ordnend.  Nach  einer  Stunde  verließen  wir 
den  Lärchenwald  und  kamen  auf  einen  schmalen  Berg- 
pfad ,  der  in  ziemlich  horizontaler  Richtung  an  der 
steilen  Felswand  des  Grand-Chavalard  in  einer  Höhe 
von  2076°^  nach  der  Fully-Alp  führt.  lieber  uns  er- 
hoben sich  die  mächtigen  Felswände  der  Dent  de 
FuUy  und  unter  uns  stürzten  dieselben  in  fast  senk- 
rechter Richtung  in  die  grausige  Tiefe  des  Rhone- 
thales  hinab.  Und  dadurch  schlängelte  sich  der  über 
eine  halbe  Stunde  lange  Zug  in  seiner  malerischen 
Abwechslung. 

Der  Weg  war  eng,  größtentheils'so  eng,  daß  zwei 
Personen  nicht  bei  einander  vorbeigehen  konnten,  und 
ich  frug  mich  oft:  aber  wie  kommen  die  Thiere  da 
durch  ? 


444  M,  SchuppU. 

Plötzlich,  wie  durch  ein  Thor  tretend,  steht  man 
vor  der  offenen  Fully-Alp,  die  sich  von  der  Höhe  herab 
in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  überblicken  läßt.  Eine 
wundervolle  Ueberraschung !  Hier  auf  einena  freien 
Platze,  so  recht  zu  einer  Warte  bestimmt,  postirten 
sich  die  Leute  und  ließen  den  Zug  bei  sich  vorbei 
defiliren.  Die  Sennen  jauchzten,  die  Hirten  lärmten,, 
die  Kühe  brüllten  und  die  Esel  schrieen  und  das  Alles^ 
in  den  höchsten  freudigsten  Tonarten. 

Die  Thiere  stürzten  sich  in  unaufhaltsamer  Eile 
in  die  fetten  Weidegründe  hinunter,  gleich  wie  ein 
von  der  Höhe  herabstürzender  Wasserstrom,  welcher 
unten  eine  Ebene  tiberfluthet. 

Es  war  gegen  acht  ühr.  Die  Sonne  stand  am 
wolkenlosen  Morgenhimmel  und  der  Schatten  des 
Grand-Chavalard  bedeckte  noch  einen  Theil  des  weiten 
Kessels  der  prächtigen  Fully-Alp,  die  in  jungfräulicher 
Schönheit  vor  uns  lag.  Sorniot,  das  Sennhüttendorf^ 
strahlte  in  hellem  Sonnenglanze,  während  der  dunkel- 
blaue Spiegel  des  nahe  gelegenen  See's  die  ersten 
Strahlen  des  neuen  Tageslichtes  reflectirte. 

Es  war  schön,  zu  sehen,  wie  sich  der  schlängelnde 
Zug  der  freudig  erregten  Thiere  unten  scheinbar  zu 
einem  Knäuel  zusammenwickelte  und  die  einsamen 
Hütten  plötzlich  in  ein  belebtes  Dorf  umwandelte. 

Endlich  kam  das  Ende  des  Zuges,  welches  von 
einigen  50  kleineren  und  größeren  Grunzem  gebildet 
wurde,  die  von  Frauen  getrieben  und  mit  großer 
Mühe  den  jähen  Pfad  hinunter  dirigirt  wurden. 

Sorniot  ist  ein  regelmäßig  gebautes  Hütten-Dorf^ 
In  der  Mitte  stehen  2  große  Sennhütten,  von  welchen 
aus  sich  regelmäßige  Gassen  zwischen  den  schön  in 
Reihen  gebauten  Viehställen  ziehen.  Alles  ist  aus 
Stein  gebaut,  denn  auf  der  ganzen  Alp  findet  sich 
nicht  eine  Spur  von  einem  Baum  oder  einem  größeren 
Strauche.   Jeder  viehbesitzende  Bewohner  des  Dorfes 


Eine  Alpfdhrt  im  Unterwallis.  445 

liat    hier    oben    seinen    Viehstall,    in    welchen    seine 
Thiere  über  Nacht  getrieben  werden. 

Die  Kühe  weiden,  die  Sennen  räumen  ihre  Habe 
in  die  Hütten  ein  und  die  Fully-Leute  besichtigen 
ihre  Ställe:  Alles  ist  voll  Freude  und  Leben. 

Nachdem  die  nöthigsten  Geschäfte  besorgt  waren, 
begab  sich  die  ganze  Gesellschaft  auf  eine  nahe  Wiese 
und  hielt  dort  ihr  Mittagsmahl. 

Man  aß  Brod  und  Käse  und  trank  frisches  Wasser 
aus  dem  nahen  Bache,  man  scherzte,  lachte  und  freute 
sich  des  schönen  Tages. 

Nach  der  Mahlzeit  gingen  die  Einen  wieder  an 
ihre  Beschäftigung,  die  Anderen  tiberließen  sich  dem 
Schlafe  und  ich  folgte  einer  Einladung  zu  einer  kleinen 
Tour  an  den  Oberen  See.  Es  waren  3  junge  Bursche, 
die  mir  die  Schönheit  ihrer  Alp  zeigen  wollten.  Wir 
waren  stets  von  3  Schönen  gefolgt,  die  nach  und 
nach  aus  ihrer  anfänglichen  Schüchternheit  heraus- 
traten, den  jungen  Burschen  schöne  Alpenblumen  auf 
die  Hüte  steckten  und  sich  als  die  Geliebten  derselben 
erwiesen.  Das  Alles  geschah  aber  mit  einer  Zucht  und 
Sitte,  welche  ich  diesen  Leuten  nicht  zugetraut  hätte. 
Diese  Liebesgeschichten  interessirten  mich  indessen 
herzwenig,  ich  verliebte  mich  viel  mehr  in  die  wunder- 
bare Schönheit  der  mich  umgebenden  Alpennatur. 

Die  die  Alp  umkränzenden  Felswände  und  Berg- 
gipfel mit  ihren  nackten  Firsten,  ihren  weidereichen 
Terrassen  und  trümmervollen  Geröllhalden,  die  male- 
rischen See'n  mit  ihren  lieblichen  Buchten  und  Halb- 
inseln, die  schäumenden  Wasserfälle  und  tosenden 
Pelsbäche  mit  ihrem  frischen  Bergwasser,  der  prächtige 
Pflanzenteppich  mit  dem  reichsten  Blumenflor  übersäet : 
das  Alles  nahm  mein  Herz  und  meine  Sinne  so  gefangen, 
daß  ich  mich  für  nichts  weiter  zu  interessiren  ver- 
mochte. Wir  lagerten  uns  auf  einer  grünen  Felsterrasse, 
von  welcher  aus  das  ganze  Gebiet  sich  unseren  Augen 
als  prächtiges  Gemälde  darstellte. 


446 


M.  SchuppU. 


Vor  uns  liegt  in  unmittelbarer  Nähe  der  tiefblaue 
Spiegel  des  Oberen  See's ,  von  einer  Stunde  im  Um- 
fang, und  hinter  demselben  das  Grand-Coor  von  der 
Tita  ä  Sery,  Tete  Noire  und  Dent  de  Mordes  begränzt, 
rechts  erhebt  sich  der  Grand-Chavalard,  die  Dent  de 
Fully  und  der  Fenestral  und  links  schließt  die  Treni- 
bloz-  und  Diabley-Kette  den  weiten  Cireus.  Das 
ganze  Bild  lag  unter  einem  lichtblauen  Himmel  imd 
wurde  vom  reinsten  Sonnenlichte  Übergössen. 

,,Wir  müssen  umkehren,  der  Herr  Pfarrer  kommt, "^ 
rief  auf  einmal  eine  Stimme,  und  eilends  kehrten  wir 
zurück  zu  den  Hütten.  Da  trafen  wir  Alles  in  voller 
Erwartung,  denn  es  soll  jetzt  die  Einsegnung  der 
Alp  vorgenommen  werden,  eine  Ceremonie,  die  auch 
mich  sehr  interessirte.  Ein  Kapuziner,  ein  großer  statt- 
licher Mann  mit  langem  schwarzem  Barte,  stieg  den 
Felsweg  herunter  und  trat  in's  Sennendorf.  Er  wurde 
von  Jedermann  eht-furchtsvoll  gegrüßt  und  gefolgt 
und  es  bildete  sich  eine  Art  von  Procession,  die  sicL 
zuerst  nach  den  Sennhütten  bewegte,  in  welchen 
der  Segensspender  Alles  mit  seinem  Weihwasser  be- 
sprengte und  seine  Gebete  verrichtete.  Hierauf  bewegte 
sich  der  Zug  dem  nahen  See  zu,  wohin  auch  das  Vieh 
getrieben  wurde.  Der  im  großen  Ornate  sich  befindende 
Kapuziner  stieg  auf  einen  Felsvorsprung,  auf  welchem 
ein  hölzernes  Kreuz  stand,  und  im  Kreise  herum 
gruppirte  sich  die  andächtige  Menge.  Ein  wahrhaft 
malerisches  Bild! 

Dem  Ufer  des  See's  entlang  rückte  die  Viehheerde 
in  einer  ununterbrochenen  Kette  ein  Stück  schön  hinter 
dem  andern  daher  in  langsam-ruhigem  Schritte.  Der 
Ring  umschloß  über  die  Hälfte  des  See's,  der  nahezu 
eine  halbe  Stunde  im  Umfang  haben  soll. 

Zwischen  unserem  Felsen  vorsprung  und  dem  Wasser- 
spiegel war  das  trockene  Ufer. breit  genug,  um  einer 
Kuh  den  Durchgang  zu  bahnen.  So  passirte  Stück 
für   Stück    und   empfing   die   Segensspende    von   der 


Eine  Alpfahrt  im  UnterwalUs.  447' 

Höhe  herab,  begleitet  mit  den  üblichen  Gebeten,  denen 
die  Menge  abwechselnd  knieend  und  stehend  in  an- 
dächtiger Sammlung  folgte. 

Nach  dieser  Einsegnung  zerstreuten  sich  Menschen 
und  Vieh 

Es  war  unterdessen  Abend  geworden.  Die  Leute 
von  Fully  zogen  nach  und  nach  ab  und  der  Festtag 
war  zu  Ende.  Es  war  ein  schöner  Tag,  der  mir  un- 
vergefJlich  bleiben  wird.  Er  brachte  mir  nichts  als 
angenehme,  freundliche  Bilder;  ich  könnte  mich  nicht 
eines  einzigen  unangenehmen  Eindruckes  von  dieser 
Alpfahii:  erinnern. 

Nun  aber  kam  die  Nacht,  von  der  ich  nicht  das 
Nämliche  bezeugen  könnte,  die  mir  vielmehr,  eng  zu- 
sammengepfercht, wie  wir  waren,  und  den  Angriffen 
kleiner  blutdürstiger  Feinde  wehrlos  preisgegeben,  zur 
wahren  Qual  wurde.  Trotzdem  beschloß  ich,  noch  zwei 
Tage  auf  Fully-Alp  zu  bleiben.  Der  nächste  Tag  sollte 
der  Pflanzenwelt  gewidmet  sein,  denn  wir  stehen  hier 
auf  einem  classischen  Boden  der  alpinen  Flora,  wo  die^ 
berühmten  Botaniker  Gaudin  und  Ranc  ihr  Standquartier 
hatten ;  Follaterra,  Fully-Alp,  Dent  de  Mordes :  das  ist 
das  Eldorado  des  Botanikers.  Ich  sammelte,  obwohl 
die  beste  Zeit  schon  vorüber  war,  circa  70  Species.  Die 
Anemone  baldensis,  Viola  lutea,  Linum  alpinum,  Cine- 
raria  aurantiaca,  Senecio  incanus,  Androsace  carnea 
n.  a.  fanden  sich  in  solcher  Menge  und  Schönheit,, 
wie  ich  sie  noch  nie  gesehen  hatte. 

Südlich  von  den  Fully-Alphütten  findet  sich  Hie- 
racium  Peleterianum ;  am  Portail  Geranium  rivulare 
und  Viola  pinnata ;  am  Ufer  des  Unteren  See's  Silene 
alpina ;  zum  Oberen  See  hinansteigend  Gentiana  alpina, 
Arabis  bellidifolia  etc. ;  im  Oberen  See  Potamogeton 
marinus.  Auf  den  Anhöhen  gegen  den  Grand-Chavalard 
zu  Valeriana  saliunca ;  oben  im  Cirque  -  de  -  Fully 
Saxifraga  caisia,  Ranunculus  parnassifolius ;  auf  den 
Trlimmerhalden  Viola  cenisia,  Galium  helveticum  etc. 


448      3f.  SchuppU.    Eine  Älp fahrt  im  ünterwaUis. 

Der  dritte  Tag  war  für  die  Besteigung  der  Grande 
Dent  de  Mordes  bestimmt,  deren  Gipfel  ich  mit 
meinem  jungen  Führer  Justin,  einem  tüchtigen  Gems- 
jäger, ohne  Schwierigkeit  erreichte  und  deren  wunder- 
bare Aussicht  wir  während  voller  drei  Stunden  bei 
wolkenlosem  Himmel  in  vollen  Zügen  genossen.  Beides, 
die  botanischen  Streifereien  und  die  Besteigung  der 
Dent  de  Mordes,  gehört  nicht  in  den  Rahmen  dieses 
Bildes,  das  nur  eine  Alpfahrt  im  Wallis  darstellen 
will.  Nur  dem  Abschied  von  der  schönen  Fully-Alp 
und  ihren  wackeren  Bewohnern  seien  noch  ein  paar 
Zeilen  gewidmet. 

Als  nach  meiner  Rückkehr  von  der  Dent  de 
Mordes  die  Sennen  und  Hirten  ihr  Tagewerk  voll- 
endet hatten,  wollten  sie  mir  nach  ihrer  Auffassung 
noch  ein  Fest  bereiten.  Sie  zündeten  in  der  Mitte 
des  großen  Hüttenraumes  ein  Feuer  an  und  setzten 
sich  im  Kreise  um  dasselbe,  indem  sie  mir  den  Ehren- 
platz anwiesen.  Nachdem  Monsieur  „tiens,  tiens" 
eine  kurze  Ansprache  gehalten,  begannen  sie  mit  einer 
Reihe  von  Gesängen,  die  nimmer  enden  wollte.  Er- 
zählungen und  Anekdoten  unterbrachen  ihre  Lieder. 
Dabei  rauchten  die  Pfeifen  und  die  Milchkanne  kreiste 
in  fröhlicher  Runde.  Alle  die  Lieder,  welche  sie  sangen, 
waren  Soldaten-  und  Kriegslieder,  die  sich  meistens 
auf  Frankreich  bezogen  und  einer  früheren  Zeit  an- 
gehören. Von  Schweizervolksliedern,  von  Bergliedern 
und  Kuhreihen  wußten  die  Leute  nichts.  Auch  die 
Stimmen  waren  nicht  sehr  musikalisch  gebildet;  allein 
es  war  doch  sehr  schön  und  ich  war  auf  meinem 
Melkstuhl  viel  glücklicher,  als  droben  auf  dem  be- 
lebten Stroh. 

Am  frühen  Morgen  zog  ich  mit  Justin  ab,  von 
den  herzlichsten  Glückwünschen  der  Bewohner  von 
Sorniot  begleitet,  welche  mir  noch  nachliefen,  um  mir 
die  Hand  zu  drücken.  Ein  prachtvoller  Weg  führte 
uns    vom   Portail    de   Fully    aus    über  Alesses  und 


JB.  Lindt    Lauterbrunner  Breithom.  449 

Outre  Rhone  nach  der  Station  Evionnaz,  von  wo  mich 
die  Bahn  nach  Bern  zurückbrachte. 

M.  Schuppli  (Section  Bern). 


Lauterbrunner  Breithorn. 

Als  Ergänzung  zu  unserer  Besteigung  (Jahrbuch  XX, 
pag.  103  u.  ff.)  wird  es  wohl  diesem  oder  jenem  Clu- 
bisten  von  Interesse  sein,   den  Zeitaufwand  zu  einem 
solchen  Abstecher  von  der  Wetterlticke  aus  unter  gün- 
stigen Verhältnissen  genauer  kennen  zu  lernen.     Ich 
verdanke  Herrn  R.  Kramer  von  Leipzig,  Mitglied  der 
Section    St.    Gallen,    welcher   in   Begleit    des    HeiTn 
Dr.  Pönsgen  aus  Düsseldorf  (S.  Bern)  und  mit  Führer 
Fuchs   einen   Tag   nach   uns    diesen  Gipfel  besuchte, 
folgende  Angaben:  Von  Steinberg- Alp  um  3  ühr  40  Min. 
abgehend,  gelangten  die  Herren,  den  Breithomgletscher 
hinauf  nnsern  Spuren  folgend,  in  5  Stunden  zur  Wetter- 
lticke.   Von  da  zum  Gipfel  brauchten  sie,  unsere  Ab- 
stiegsroute längs  des  Westgrates  für  Auf-  und  Abstieg 
einschlagend,    3  Stunden    25  Minuten,    während   wir 
nach   der  Südseite    den  Berg   umgehend  und  in  sehr 
weichem  Schnee  ansteigend  7  Stunden  gebraucht  hatten. 
Der  Abstieg  zur   Lücke   vollzog   sich    in    2  Stunden 
25  Minuten.    Ein  Halt  hatte  für  uns  eine  halbe  Stunde 
längeren  Zeitaufwand  veranlaßt.     Um  7  Uhr  erreichten 
unsere   CoUegen   Ried    im   Lötschthal.      Der  Marsch 
betrug  demnach  im  Ganzen  14  Stunden.  Dieser  Gang 
wird  auch  von  unsern  Clubgenossen  als  ein  sehr  dank- 
barer geübteren  Bergfreunden  warm  empfohlen. 

R,  Lindt  (Section  Bera). 


29 


450  Ed.  Wartmann. 

BlUmKsatph^rn  mit  Abstieg  auf  der  SUdwestseite 

gegen  die  FrQnden. 

Mehr  Glück  bezüglich  des  Wetters  und  der  Aus- 
sicht als  letztes  Jahr  Frau  Tauscher-Geduly  (siehe 
Jahrbuch  XX)  hatten  zwei  Bieler  Clubisten  mit  den 
beiden  Hari  am  31.  Juli  1885,  als  sie  nach  einem 
prachtvollen  Abend,  der  zum  Aufstieg  nach  der  Club- 
htitte  am  HochthürJigrat  benutzt  worden,  und  nach 
einer  kurzen  Nachtruhe  daselbst  sich  gegen  das 
Blümlisalphom  wendeten.  Der  Gletscher  war  mit 
wenig  Schnee  bedeckt,  der  den  Füßen  sichern  Halt 
bot;  die  wenigen  Sparten  boten  keine  Schwierigkeit, 
sondern  verlangten  nur  etwas  Vorsicht.  Erst  der 
Anstieg  gegen  den  Sattel  zwischen  Rothhoni  und  dem 
Hauptgipfel  erheischte  mehrere  tiefe  Stufen,  bis  der 
fast  messerscharfe  Grat  erreicht  worden  war.  In  den 
Felsen  des  Rothhomes  wurde  ein  kleiner  Halt  gemacht 
und  alles  überflüssige  Gepäck  zurückgelassen,  lieber  die 
Felsen  ging  es  gut  aufwärts,  während  weiter  oben  der 
Firn  so  hart  und  glatt  war,  daß  unzählige  Stufen  nöthig 
wurden  und  diese  letzten  400  Meter  Anstieg  3  Stunden 
beanspruchten.  Ein  einstündiger  Aufenthalt  auf  der 
Spitze  entschädigte  uns  reichlich  für  die  Mühen  \  nnr 
zu  bald  mußten  wir  an  den  Abstieg  denken  und  unsj 
von  der  wolkenlosen,  Ungeheuern  Rundschau  trennenJ 
Bei  vorsichtigem  G^en  brauchten  wir  fast  2  Stunden,! 
wovon  allerdings  eine  halbe  Stunde  fUr  einen  kleinf 
Aufenthalt  unterwegs  abgerechnet  werden  muß,  bis] 
wir  bei  unsem  Sachen  anlangten. 

Der  von  hier  aus  eingeschlagene  Weg  für  deB| 
Abstieg  auf  der  SUdwestseite  des  Rothhom  ist,  nacl 
meinem  Suchen  anzunehmen,  noch  nirgends  in  del 
Schriften  des  S.  A.  C.  erwähnt  und  ich  möchte  'M 
hiemit  als  bedeutende  Vereinfachung  und  angenehi 
Variante  allen  Besteigem  des  schönen  Horns  eoj| 
pfehlen,  um  so  mehr,  als  er  keine  weitem  Schwierig] 


BlümliscUphorn  mit  Abstieg  auf  der  Südwestseite  etc.  451 

keiten  bietet  und  besonders  bei  weichem  Schnee  auf 
dem  Gletscher  den  anstrengenden  späten  Rückmarsch 
über  denselben  vermeidet.  Gleich  vom  Sattel  weg 
geht  es  über  steile  Geröllhalden,  den  Felsen  des  Rotli- 
homs  entlang,  schief  abwärts,  wie  auf  Schnee  ab- 
fahrend; nur  wenige  hart  gefrome  Stellen  mahnten 
zur  Vorsicht. 

Weiter    unten    kommen    einige    Felspartien,  über 
welche    man    stufenförmig   gegen    das  Ende  des  vom 
Oeschienenhom  herabfließenden  namenlosen  Gletschers 
der    Excursionskarte    gelangt.     Von    hier    aus    sind 
wieder    zwei  Wege   möglich,   entweder   der  von  uns 
eingeschlagene   um   die   scharfe   Westecke  des  Roth- 
borns   herum   auf  dem   abhängenden,    erst  schmälen, 
bald   aber   breiten  Rasenband  der  obern  Schafschnur 
zur  IJnteröftchinenalp   hinab,  hoch  über  dem  See  hin, 
zu  dem    die  Lasterfluh   500™  tief  abfällt,    oder   der 
etwas  steilere,  doch  auch  ohne  große  Milhe  und  Gefahr 
ausführbare  Abstieg  über  den  Fuß  des  Frtinden-  und 
Doldenhoms  gegen  das  Stidufer,  welcher  jedenfalls  der 
kürzere  von  beiden  ist.    Nach  einem  kleinen  Halt  hoch 
über  dem  grünen  See  ging  es  flott  abwärts,  rings  um  ihn 
herum,  froh,  endlich  den  Schatten  überhängender  Felsen 
in  dünngesäeten  Tannen  genießen  zu  können.  Ungefähr 
um  die  gleiche  Zeit,  wie  Tags  zuvor,  5  Uhr  Abends, 
trafen  wir  im  Hotel  Victoria  ein  und  benutzten  noch 
den   schönen   Tagesschiuß   zu  einem  Gang  durch  die 
Kanderschlucht  in's  untere  Gasterenthal,  dessen  steile 
Ringmauern  an  ihren  höchsten  Zinnen  im  letzten  Son- 
nenstrahl   erglänzten.     Bis   spät   saßen   wir   mit  den 
Führern  beisammen,  neue  Pläne  schmiedend,  die  aber 
andern  Tags   durch  Nebel   und  Regen  vereitelt  wur- 
den.  Rüstigen  Gängern  ist  die  Besteigung  des  Blümlis- 
alphoms  wärmstens  zu  empfehlen ;  dieselbe  wird  durch 
den    eben    angegebenen  Abstieg  jedenfalls  bedeutend 
verkürzt,  insofern  der  Abstieg  gegen  Kandersteg  sich 
richten  soll.  Ed.   Wartmann   (Section  Biel). 


452  Ed.  Wartmann.    Die  Obera^rjochhütte. 


Die  OberaarjochhUtte 

wurde  im  Laufe  der  Saison  1885  wiederum  stark 
frequentirt;  vom  30.  Juni  bis  28.  August  fanden  sich 
im  Fremdenbuche  35  Touristen  mit  45  Führern  ein- 
geschrieben; von  Ersteren  waren  11  Schweizer,  11 
Deutsche,  7  Engländer,  2  Oesterreicher,  je  1  Italiener, 
Amerikaner,  Russe  und  Franzose.  Erwähnenswerth 
ist  der  mehrtägige  Aufenthalt  daselbst  von  Frau 
Tauscher  -  Geduly  und  Gemahl  mit  zwei  Tyroler 
Führern.  Die  größte  Frequenz  zeigte  der  20.  Juü 
mit  5  Reisenden  und  7  Führern.  12  Reisende  hatten 
das  Finsteraarhorn  zum  Ziel  genommen,  retissirten 
aber  nicht  alle,  während  einer  von  ihnen  den  Anstieg 
von  der  Hütte  bis  zur  Spitze  in  4^/2  Stunden,  den  Rück- 
weg zur  Hütte  in  3'/2  Stunden  gemacht  hat.  Anßer 
der  witzigen  Bemerkung  des  Herrn  Cart:  „bois  k 
brüler  assure  contre  Tincendie"  ist  mit  keinem  Wort 
über  den  Holzversorgungsmodus  etwas  Uebles  gesagt, 
sondern  gegentheilig  die  Hütte  und  deren  Bedienung 
nur  gelobt;  selbst  die  beiden  hitzigen  Winterthurer 
schwiegen  und  werden  wohl  bei  geschilderter  Kalt« 
zufrieden  gewesen  sein,  genügend  Holz  vorgefunden 
zu  haben.  Das  Fremdenbuch  wurde  am  21.  Dezember 
durch  vier  Grimselknechte  abgeholt  und  die  Hütte 
bei  dieser  Gelegenheit  in  bestem  Zustande  und  sozu- 
sagen außen  und  innen  völlig  schneefrei  getroffen. 
Der  Anstieg  wurde  um  7  Uhr  Morgens  begonnen  und 
um  6^/4  Uhr  Abends  waren  sie  zurück  im  Hospiz. 
Der  Aufenthalt  in  der  Hütte  dauerte  1^/2  Stunden. 
Zu  gleicher  Zeit  gingen  zwei  Knechte  zum  Pavillon 
DoUfus,  um  ihn  für  den  ärgsten  Winter  definitiv  zu 
schließen,  während  Herr  Nägeli  selbst  das  Sidelhom 
bestieg  und  von  dort  aus  während  2^/2  Stunden  bei 
schönstem  Wetter  und  -["  ^^  ^-  ^^  ^®r  Sonne  den 
Aufstieg   seiner   Boten  beobachtete  und  wartete,  bis 


s 


Ed.  Gerwer.     Nebelhild  am  Urbachsattel,  453 

diese  wieder  auf  der  Paßhöhe  des  Oberaarjochs  er- 
schienen, da  er  auf  der  steilen  Westseite  Lawinen- 
gefahr befürchtete.     Ed.   Wartmann  (Section  Biel). 


Nebelbild  am  Urbachsattel. 

Um  2  ^'2  Uhr  des  20.  August  1885  brachen  wir, 
2  Herren  und  2  Führer,  von  Hof  zum  Besuche  des 
Dossenhomes  auf.  Den  Weg  nahmen  wir  durch  das 
Urbaclithal.  Das  Wetter  war  klar.  Als  jedoch  der 
Tag  anbrach,  bemerkten  wir  von  Alp  Schrättern  aus, 
wie  der  Wind  sogenannte  Schäfchen  über  das  Hörn 
hinjagte,  und  beschleunigten  deßhalb  unsere  Schritte. 
In  6  Stunden  erreichten  wir  über  Enzau  und  Flaschen 
den  untern  „weiten  Sattel"  zwischen  Gstelli-  und 
Dossenhorn  (auf  der  Excursionskarte  1884  heißt  er 
Urbachsattel).  Von  dort  gelangten  wir  in  drei  Viertel- 
stunden zu  der  jetzt  tiefer  liegenden  Hütte.  Schon 
wurden  Dossenhorn  und  seine  Nachbarn  in  Nebel 
gehüllt.  Trotzdem  erstiegen  wir  den  Gipfel,  uns  immer 
in  den  Felsen  haltend,  mit  gänzlicher  Vermeidung  des 
Gletschers. 

Unterwegs  fing  es  zu  schneien  an,  und  man  konnte 
keine  20  Schntte  weit  sehen.  Noch  dichter  war  der 
Nebel  beim  Abstieg,  und  der  Wind  jagte  uns  den 
Schnee  heftig  in's  Gesicht.  In  der  Hütte  machten 
wir  Rast. 

Wind  und  Sonne  vermochten  unterdessen  den 
Nebel  auf  der  Rosenlauiseite  zu  durchbrechen,  wäh- 
rend auf  der  Urbachseite  er  undurchdringlich  blieb, 
wie  zuvor.  Wir  brachen  auf  und  hielten  uns  beim 
Abstieg  immer  auf  der  Höhe  des  Grates  nach  dem 
^weiten  Sattel",  zur  Linken,  nach  dem  Rosenlaui- 
gletscher  hin,  die  leicht  verschleierte  Sonne,  rechts 
gegen  Urbach  die  Nebelwand.  Plötzlich  bemerkten 
wir  draußen  im  Nebel  zur  Rechten  zwei  concentrische 


454  Ed.  Gerwer, 

geschlosBene  Kreise  in  den  schönsten  Farben  des 
Spectrums.  In  der  Mitte  des  kleinem  Kreises  be- 
merkte Jeder  ein  Schattenbild,  das  sich  bald,  den 
Bewegungen  nach  zu  schließen,  als  sein  eigenes  ent- 
puppte. Der  kleine  Kreis  war  so  groß,  daß  das 
Schattenbild  mit  emporgehobenem  Pickel  den  obern 
Rand  erreichen  konnte,  während  die  Fttße  nicht  ganz 
an  die  untere  Peripherie  reichten.  Ein  Jeder  sah 
sich  selbst  im  Gentrum  des  Kreises  und  hie  und  da 
seinen  Vorder-  und  Hintermann,  wenn  derselbe  nicht 
zu  weit  entfernt  war.  Das  Bild  war  so  deutlich,  daß 
man  selbst  das  Seil  zwischen  den  einzelnen  Figuren 
erkennen  konnte. 

Einzelne  Ringe,  wie  Heiligenscheine,  um  die  ein- 
zelnen Figuren  konnte  man  nicht  wahrnehmen,  wie 
diese  auch  schon  beobachtet  worden  sind.  Wie  groß 
die  Distanz  von  uns  bis  zum  Bild  war,  läßt  sich 
kaum  angeben  (20  bis  50  Schritte  waren  die  ver- 
schiedenen Schätzungen).  Ebenso  wenig  könnte  mao 
den  Durchmesser  der  Kreise  angeben.  Wir  standen 
in  der  Mitte  zwischen  Sonne  und  Nebelbild.  Der 
Wind  war  unregelmäßig.  Eine  Zeit  lang  begleitete 
uns  das  Bild,  um  dann  in  Folge  eines  Windstoßes 
plötzlich  zu  verschwinden.  10  Minuten  nachher  er- 
schien es  in  demselben  Glänze  wieder,  um  bald  end- 
gültig vom  Winde  weggeblasen  zu  werden.  Es  war 
um  4^/3  Uhr  Abends. 

Wir  nahmen  unsern  Abstieg  nun  direct  durch  die 
Felsen  zum  Rosenlauigletscher  hinunter.  Wie  er- 
staunten wir  aber,  als  wir  die  Felsen,  über  die  wir 
vor  fünf  Jahren,  von  der  Einweihung  der  Gleckstein- 
hütte  kommend,  hinunter  nach  der  langen  Seiten- 
moräne geklettert  waren,  zum  großen  Theil  von  neuem 
Gletscher  bedeckt  fanden.  Unsere  Führer  hatten  uns 
zum  Voraus  gesagt,  der  Gletscher  sei  in  strengem 
Wachsthum  begriffen.  Noch  deutlicher  zeigten  sich 
die    Spuren,    daß    der    Gletscher  nicht    nur    in   den 


Nehelbild  am  Urhcuihsattel,  455 

hohem  Regionen,  sondei'n  jiuch  an  seiner  tiefsten 
Peripherie  im  Vordringen  sei,  an  der  rechten  Seiten- 
moräne. Hart  am  Fuße  der  haashohen  alten  Seiten- 
moräne  hat  das  £i8  einen  ganz  frischen,  6  —  8  Fuß 
hohen  £rd-  und  Steinwall  in  die  Höhe  gehoben  und 
sich  ganz  darunter  eingewühlt.  Dieses  geschieht  der 
ganzen  Länge  nach  sowohl  als  auch  am  untern  Ende 
in  der  FrontalmorSne.  Diese  kleine  Moräne  doeu- 
mentirt  sich  als  ganz  neu,  nicht  nur  durch  die  Aus- 
sagen der  Führer,  sondern  auch  durch  ihr  ganz  frisches 
Aussehen  und  die  Massen  kleiner  Spalten,  die  sich 
im  Ekdreich  durch  das  Aufstoßen  gegen  die  alte  Mo- 
räne hin  gebildet  haben.  Daß  also  dieser  Gletscher 
endlich  die  traurige  Periode  des  Krebsganges  auf- 
gegeben hat,  läßt  sich  hier  mit  Ldchtigkeit  und 
großer  Sicherheit  constatiren. 

Durch  diese  beiden  für  uns  Alle  neuen  Phäno- 
mene für  unsere  aussichtslose  Tour  einigermaßen  ent- 
schädigt, gingen  wir  nun  i^sch  dem  Thale  zu. 

Ed.  GerwETy  cand.  med.  (Section  Blümlisalp). 


Notizen  aus  den  Glarner-  und  Urnerbergen. 

Der  j^hohe  Thurm^y  2672  m.  (Kanton  Glarus), 
zuerst  von  Herr  J.  J.  Schießer  (Section  Tödi)  1878 
bestiegen,  war  seither  nicht  mehr  besucht  worden. 
Die  Schilderung  des  Herrn  Schießer  im  Jahrbuch 
1878/79  (Band  14)  reizte  mich  zur  Nachahmung. 
Am  20.  September  1885  brach  ich  mit  Bergführer 
Thoma  von  Amden,  der  zwar  in  diesem  Grebiet  noch 
unbekannt  war,  aber  im  Glarnerländchen  mein  steter 
Begleiter  ist,  Morgens  7  ^/a  Uhr  von  Linththal  aus  auf. 
Regen  hatte  uns  so  lange  zurückgehalten;  es  hellte 
auf,  doch  blieben  die  Berge  beinahe  den  ganzen  Tag 
im  Nebel,  nur  hie  und  da  zeigten  sie  sich  für  einen 
kurzen  Augenblick;  speciell  unsem  „Thurm^  bekamen 


456  C.  Seelig. 

wir  kein  einziges  Mal  voll  zu  Gesicht.  Wir  stiegen 
über  NußbUhl-Ortstafel  (Blatt  400:  Linththal)  aufwärts, 
ließen  das  Bräch-Seeli  rechts  liegen  und  kamen  durch 
das  ^Euloch^  auf  den  Lauchboden,  gingen  um  den 
Fiätstock  herum  und  von  Norden  her  dem  „Thurm*' 
zu  Leibe.  Der  Nebel  kam  bis  zur  Höhe  von  circa 
2400  m.  herunter,  ein  momentanes  Lichterwerden 
desselben  ließ  uns  wenigstens  nicht  mehr  im  Zweifel 
seih,  daß  wir  den  richtigen  Gipfel  vor  uns  hatten. 
Schnee  lag  beinahe  keiner  mehr,  nur  circa  100  m. 
unterhalb  der  letzten  jähen  Wand  sti^g  bis  zu  dieser 
hin  eine  sehr  steile  und  eisharte  Firnzunge  hinaaf. 
Ueber  diese  erreichten  wir  auf  gehauenen  Stufen  die 
eigentliche  Felswand  des  „Thurms"  von  NW  her; 
die  Felsen  erwiesen  sich  weniger  „aalglatt^  als  sehr 
faul  und  mußten  vorsichtig  angefaßt  werden,  doch 
erreicht  diese  immerhin  anregende  Kletterpartie  nicht 
die  Schwierigkeiten  z.  B.  des  nördlichsten  Mtirtschen- 
stockgipfels !  Wir  strebten  direct  aufwärts,  erreichten 
in  circa  20  Minuten  den  Grat  und  über  diesen  hin 
in  wenigen  Minuten  den  Gipfel.  Der  vorhandene, 
noch  gut  erhaltene  Steinmann  und  die  darin  befind- 
liche Flasche  belehrten  uns,  daß  wir  oben  und  richtig 
auf  dem  „hohen  Thurme"  seien.  Es  war  4  Uhr  30 
Minuten  Abends,  der  dichte  Nebel  ließ  uns  keine 
10  Schritte  weit  sehen.  Die  Flasche  im  Steinniann 
war  zerbrochen  und  der  Wahrzettel  beinahe  unleser- 
lich geworden,  ich  steckte  ihn  mit  meiner  Karte  in 
eine  frische  Flasche^  seit  Herrn  Schießer  hat  den 
Berg  Niemand  mehr  besucht.  Mein  Begleiter  Thema 
hatte  bis  zum  letzten  Augenblicke  an  einem  Gelingen 
der  Partie  gezweifelt;  in  unserer  Freude  befestigten 
wir  an  dem  noch  im  Steinmann  befindlichen  Stocke  ein 
rothes  Taschentuch,  das  wir  2  Tage  später  vom  Rüchen 
und  Bächistock  gewahren  konnten.  Herr  Schießer 
hat  s.  Z.  diese  Tour  so  genau  beschrieben,  daß  wir 
auch  im  Nebel,   Dank  seinen  Angaben  und  den  ans- 


Notizen  aus  den  Glarner-  und  Umerbergen.  457 

gezeichneten  topographischen  Karten,  nicht  fehlen 
konnten.  Wir  werden  so  ziemlich  den  gleichen  Auf- 
und  Abstieg  wie  Herr  Schießer  gemacht  haben;  wäre 
kein  Nebel  gewesen,  so  hätten  wir  den  Abstieg  über 
den  sehr  steilen  und  wild  zerrissenen  Grat  nach  SO 
zur  „Furkel''  versucht,  derselbe  ist  wahrscheinlich 
möglich.  So  waren  wir  froh,  unsern  Weg  vom  Auf- 
stieg wieder  richtig  zu  finden,  wofür  Thoma  ein 
besonderes  Talent  erwies.  5  Uhr  stiegen  wir  ab 
und  kamen  erst  in  tiefer  Dämmerung  (7  Uhr)  bei 
unsern  auf  dem  Earrenfeld  am  Fuß  des  Flätstock 
zurückgelassenen  Effecten  an.  Ein  weniger  angenehmer 
als  sehr  aufregender  Nachtmarsch  —  der  Mond  war 
unsichtbar  —  über  die  unbekannten  Karrenfelder 
brachte  uns  endlich  mit  Hülfe  von  Kompaß  und 
Karte  Nachts  10  Uhr  in  die  obersten  Hütten  der 
Braunwaldalp,  die,  zwar  schon  verlassen,  uns  doch 
ein  heiß  ersehntes  Nachtlager  boten. 

Mürtschenstock,  2392  m.  Nördlichster  Gipfd. 
Das  sich  von  Norden  nach  Süden  erstreckende  Massiv 
des  wilden  Mürtschenstocks  hat  3  Gipfel;  der  nörd- 
lichste ist  der  niedrigste,  aber  am  schwierigsten  zu 
besteigende,  der  eigentliche  Mürtschenstock  (2392  m.); 
der  mittlere,  der  sog.  y^Faxden'^^  ist  der  am  meisten 
besuchte  und  hat  eine  Höhe  von  2415  m.  Der  süd- 
lichste, der  j^Ruchen^^  ist  der  höchste  mit  2442  m. 
und  gibt  dem  „Stock'^  an  Schwierigkeiten  nicht  viel 
nach,  auch  er  erhält  selten  Besuch.  Der  „Ruchen'*^ 
wurde  in  den  Jahren  1883—85  von  Mitgliedern  der 
Section  Uto  besucht  (auch  von  mir  dreimal),  der 
„Stock"  war  seit  1877  nicht  mehr  bestiegen  worden, 
Herr  Ostertag  (Section  Uto)  hatte  ihn  im  genannten 
Jahre  mit  dem  seither  verstorbenen  Führer  Leuzinger 
von  Netstall  zuletzt  bestiegen  und  diese  Tour  in  der 
„Neuen  Alpenpost"  (Band  VI,  77)  beschrieben.  Er 
verwechselt  dabei  jedoch  irrthtimlicherweise  den  „Stock" 
mit  dem  „Rüchen",  dessen  Höhe  er  ihm  auch  zuschreibt, 


468  C.  SeeUg. 

Blatt  264  des  topographischen  Atlas  gibt  die  Namen 
richtig  an.  Mit  meinem  Begleiter  Joseph  Thoma 
hatte  ich  schon  im  September  1884  einen  Tergeb- 
lichen  Anlauf  unternommen,  irregeleitet  durch  falche 
Angaben  von  Sennen  und  Jägern,  die  angeblich  oben 
gewesen  sein  wollten.  Am  13.  Juli  1885  fanden  wir 
endlich  den  richtigen  und  einzig  möglichen  Aufstieg, 
der,  wie  ich  nachträglich  erfuhr,  identisch  mit  dem 
des  Herrn  Ostertag  und  der  früheren  Besteiger  war. 
Die  Flasche  mit  den  Wahrzetteln  war  zerbrochen 
und  solche  nur  mehr  schwer  leserlich,  ich  eopirte  und 
verwahrte  sie  in  einer  neuen  Flasche,  die  seither 
von  Führer  Sttißy  von  Glarus  heruntergeholt,  aber 
nicht  wieder  hinaufgebracht  wurdo  (als  Beweis,  daß 
«r  den  Gipfel  erreicht  hatte).  Herr  Prof.  Dr.  Baltzer 
war  der  erste  Besteiger,  nach  ihm  besuchte  Dr.  Piccard 
mit  einem  Frankfurter  Studenten,  später  die  von 
Herrn  Ostertag  in  seinem  Aufsatz  angeführten  Herren 
der  Sectionen  Tödi  und  üto  den  Gipfel ,  allo,  unter 
der  Führung  von  Leuzinger  von  Netstal.  Als  neuen 
Führer  kann  ich  nun  empfehlen  meinen  Begleiter 
Joseph  Thoma  von  Amden.  Die  Besteigung  bietet 
eine  sehr  interessante,  ja  pikante  Kletterei,  besonders 
in  ihrem  letzten  Theile,  und  ist  nach  meiner  unmaß« 
^blichen  Meinung  schwieriger,  als  z.  B.  die  des 
^kleinen  Spannorts **. 

Das  ^Kleme  Spannort^  (3149  m.)  wurde  1885 
von  4  Partien  besucht,  3  Mal  von  Mitgliedern  der 
Section  üto;  ich  bestieg  es  unter  Führung  von  Carl 
Heß  von  Engelberg,  der  auch  zwei  der  andern  Par- 
tien hinauf  geleitet  hatte  und  aufs  Wärmste  zu 
empfehlen  ist,  am  3.  August  1885 ;  wir  trafen  gfin- 
fitige  Verhältnisse,  indem  die  Felswand  vollkommen 
^aper^  war;  dagegen  bot  der  Bergschrund  am  Fuße 
der  Wand  einige  Schwierigkeiten.  Wir  besuchten 
gleichen  Tags  noch  das  „Große  Spannort^,  das  öfters 
Besuch,    auch  von  Damen,  erhielt.  —  Die  Clubhtttte 


Notizen  aus  den  Glarner-  und  ümerhergen,         459 

^Hotel  üto"  war  in  sehr  gutem  Zustande  und  reich- 
lich mit  Holz  versehen,  für  welches  der  davon  Ge- 
brauch machende  Tourist  in  der  Alp  „Nieder-Surenen" 
eine  kleine  Entschädigung  zahlt,  eine  nachahmungs- 
werthe,  angenehme  Einrichtung! 

Die   riQ'^oße   Windgälle^    (3192  m.)  erhielt  1885 
drei    Besuche,    darunter    zwei    von    Mitgliedern    der 
Section    Uto.     Ich   bestieg    sie   mit   Joseph   Zraggen 
von    Amstäg,    den    ich   bestens   empfehlen    kann,  am 
17.  August    1885    von   Bernetsmatalp   aus,   nachdem 
wir  Tags  zuvor  zusammen  den  „Bristenstock'^  (3074  m.) 
besucht  hatten.     In   den  Sennhütten  von  Bernetsmat- 
alp findet   man  freundliche  Aufnahme  und  reinliches, 
gutes  Nachtlager   gegen   eine  bescheidene  Entschädi- 
gung.    Der  üebergang  vom  Stäfelgletscher  zur  Fels- 
wand der  Großen  Windgälle  war  infolge  des  klaffen- 
den Bergschrundes  und  der  glatt  abgeschliffenen  Felsen 
ziemlich    schwierig.     Wir   kletterten   bis    zum  Gipfel 
auf  den    j^aperen^    Felsen   und   hatten,    wenn    auch 
keinen    schwierigen,    so   doch   sehr   ermüdenden  Auf- 
stieg;  in   früherer   Jahreszeit,    wenn   die  Felsen  und 
ßteinriesen   noch   mit  Schnee   bedeckt    sind,   soll  der 
Aufstieg    weniger    anstrengend    sein.     Der    Berg    ist 
sehr   „steinschlägig'^    und   wir   hatten   darauf  unsere 
volle  Aufmerksamkeit  zu  richten.    Der  zweite,  etwas 
höhere  (circa  2  m.),  westliche  Gipfel  ist  erst  zweimal 
bestiegen  worden.     Wir  waren  zu  sehr  ermüdet  und 
durchgefroren,  um  den  ihm  zugedachten  Besuch  noch 
abstatten  zu  können. 

C.  Seelig  (Section  Uto). 


Crispalt. 

Der  Name  Crispalt  wird  in  älteren  Karten  als 
CoUectivname  dem  ganzen  Gebirgsstock  um  den  Kreuzli- 
paß  herum  beigelegt  (vrgl.  Jahrbuch  VI,  pag.  478, 
Itinerar  1871,  p.  ßß). 


460  H.  Lavater- Wegmann. 

Nachdem  nun  sowohl  die  Düfourkarte  wie  Blatt 407 
des  topographischen  Atlas  mit  diesem  Namen  aus- 
schließlich den  isolirten,  von  Nord  nach  Süd  abfallenden 
Felsrücken  zwischen  Val  de  Val  und  Val  Giuf  be- 
zeichnet und  wenigstens  die  Bünduer  diese  Benennung 
allgemein  accepirt,  kann  wohl  kein  Zweifel  mehr 
darüber  bestehen,  wo  wir  den  Berg  zu  suchen  haben. 
Als  ich  während  eines  kurzen  Aufenthaltes  in  Tschamut 
mich  über  den  Crispalt  erkundigte,  wußte  man  mir 
nicht  die  geringste  Auskunft  zu  geben,  indem  in 
dortiger  Gegend  von  keiner  Besteigung  etwas  bekannt 
sei.  Dieß  harmonirte  schlecht  mit  der  Notiz  im 
Itinerar  1871,  wo  „die  Besteigung  neuerdings  von 
Sedrun  aus  als  eine  der  lohnendsten  der  ganzen  Gegend 
empfohlen  wird^,  und  ebenso  wenig  mit  der  Angabe 
in  Tschudi's  Tourist :  „höchst  lohnend,  unschwierig  und 
nicht  sehr  mühsam.^ 

Ich  beschloß  daher,  den  Weg  unter  die  Füße  zu 
nehmen  und  mich  durch  eigenen  Augenschein  von  der 
Sache  zu  überzeugen.  So  zog  ich  denn  am  25.  Juli 
mit  Tagesgrauen  von  Tschamut  aus,  längs  dem  Tiarms- 
bach  den  Hängen  des  Calmot  entlang,  kreuzte  den 
Tiarmspaß  und  steuerte  dem  Val  de  Val  zu.  Mein 
Begleiter  war  der  65jährige  Job.  Martin  Peter,  der 
von  dem  Wege  ungefähr  gleichviel  wußte  wie  ich. 

Ein  leichter  Frühnebel  bedeckte  die  hohem  Re- 
gionen ;  wir  sahen,  im  obern  Theile  des  Thaies  an- 
gelangt, nur  bisweilen  durch  den  dünnen  Schleier 
einen  Punkt,  den  wir  für  den  höchsten  hielten  und 
dem  wir  glaubten  zusteuern  zu  müssen.  Ein  Fels- 
couloir von  beträchtlicher  Steilheit  führte  uns  in  ein 
Chaos  von  wild  durcheinander  gewürfelten  Felsblöcken, 
über  die  wir  emporkletterten. 

Auf  dem  Grate  angelangt,  gewahrten  wir  erst, 
daß  wir  Punkt  3022«»  erreicht,  die  höchste  Spitze 
aber  in  nicht  bedeutender  Entfernung  nördlich  liege, 
wo  ein  Steinmann  sichtbar  wurde.    Die  kurze  Strecke 


Orispalt  461 

erforderte  eine  stUndige  und  sehr  mühsame  Kletterei 
über  die  gewaltigen,  meist  lose  liegenden  Granit- 
GneißblÖeke. 

Punkt  3080%  die  nördliche  und  höchste  Spitze, 
zierte  ein  wohlgebauter  Steinmann,  der  weder  Flasche 
Doch  Wahrzeichen  enthielt,  wie  auch  sonst  keinerlei 
Teberbleibsel,  wie  man  sie  gewöhnlich  auf  besuchten 
Bergspitzen  findet,  sich  vorfanden.  Es  war  klar,  daß 
vir  eine  Spitze  betraten,  die  jedenfalls  noch  wenige 
Besuche  empfangen,  und  daß  sich  die  oben  angeführten 
Oitate  auf  den  südlichsten  Ausläufer,  Punkt  2791°^, 
beziehen,  der  von  Sedrun  aus  schon  oft  gemacht 
worden.  Wer  den  Steinmann  erbaut,  habe  ich  bis  jetzt 
nicht  ermitteln  können. 

Die  Aussicht,  mittlerweile  vollkommen  klar  ge- 
worden, war  überraschend  schön.  Mich  interessirte 
namentlich  der  Einblick  in  die  gegenüberliegenden 
Thäler,  besonders  Val  Cornera  und  Val  Nalps,  welche 
ich  2  Tage  zuvor  in  ITstündiger  Rundtour  über  den 
Piz  Blas  durchwandert. 

Lange  verweilten  wir  da  oben;  es  gelüstete  uns 
auch  gar  nicht  nach  dem  Abmärsche,  denn  wir  sahen 
voraus,  daß  unser  eine  schlechte  Kletterpartie  harrte. 
Auf  die  Seite  von  Val  Giuf  hinunterzusteigen  getraute 
ich  mir  nicht,  da  unten  sich  ein  Band  blanken  Eises 
unter  den  Felsen  durchzog,  durch  weite  Randspalten 
von  dem  kleinen  Giufgletscher  getrennt.  Nördlich 
bricht  der  Grat  plötzlich  steil  und  ungangbar  ab. 

So  wandten  wir  uns  denn  dem  obersten  Theile  des 
Val  de  Val  zu,  das  wir  nach  1^/2 stündiger  tüchtiger 
Arbeit  glücklich  erreichten.  Es  war  eine  eklige 
Kletterei  diese  morschen  Trümmerwände  hinunter,  die 
meist  so  steil  waren,  daß  wir  nicht  sehen  konnten, 
wie  sie  weiter  unten  beschaffen  seien,  und  wo  wir  uns 
häufig  für  Füße  und  Hände  höchst  zweifelhafter 
Stützpunkte  bedienen  mußten. 

Ich  kenne  selbst  in  diesem  ältesten  Alpengebiete 


462  Jl  Schiesser. 

keinen  Berg,  der  so  greisenhaft  verwettert  und  zer- 
bröckelt ist,  wie  der  Crispalt  —  nichts  als  ein  immenser 
Haufen  lose  aufeinander  gethtirmter  Trümmer  —  das 
Ideal  einer  Bergruine. 

H.  Lavat ei*- Wegmann  (Section  üto). 


Tttdi  mit  Abstieg  durch  die  Giiemspforte. 

Officielle  Excursion  der  Section  Tödi  S.  A.  C. 

Sonntag  den  13^  Juli  des  verwichenen  Jahres^ 
Morgens  früh  5  Uhr,  verabschiedete  sich  eine  kleine, 
sieben  Mann  starke  Gesellschaft  vom  Besitzer  des 
gastlichen  Kurhauses  „zum  Tödi"  im  Thierfehd,  wo- 
selbst dieselbe  gestern  Nachtquartier  bezogen  hatte. 
Es  waren  die  Herren  Fritz  Oertli,  Kaspar  Höeli^ 
J.  Spälti  und  der  Berichterstatter  mit  den  Führern 
Thomas  Wichser  und  Robert  Hämig  und  dem  Führer- 
aspiranten Fritz  Brander. 

Wer  kennt  sie  nicht,  die  saftiggrünen  Matten  des 
Thierfehd,  inmitten  des  gewaltigen,  von  schäumenden 
Wassern  tibergossenen  Felsencircus!  Fürwahr  ein  herr- 
liches Landschaftsbild,  zumal  wenn,  wie  heute  Morgen, 
ein  tadellos  klar  darüber  sich  wölbender  Himmel 
das  Tagesgestim  die  Berge  mit  rosiggoldenen  Farben- 
tönen  anhauchen  läßt.  Es  ist  ein  Bild,  geei^n«t,  selbst 
das  Herz  eines  Hypochonders  froher  schlagen  «u 
machen,  um  so  mehr  muß  es  da«  Herz  eines  Natur- 
freundes, eines  Alpenclubisten  mit  Wonne  erfüllen. 

Frohen  Muthes  betrat  die  kleine  Schaar  den  Weg 
nach  der  Clubhütte  am  Grünhorn.  In  würziger  Morgen- 
luft durchwanderten  wir  Wald  und  Schlucht;  bald 
blinkten  grüßend  die  silbernen  Zinnen  des  Papa  Todi 
uns  entgegen,  bald  auch  war  die  hintere  Sandalp  er- 
reicht Eben  war  das  Vieh  zum  Melken  zur  Hütte 
getrieben  worden;  wer  Lust  hatte,  trank  frische 
Mileh.     Freigebig    brachte    der    Senne    von    seinem 


Tödi  mit  Abstieg  dt^ch  die  Glienispforte.  465 

besten  trockenen  Holz  herbei,  von  welchem  ein  Jeder 
eine  Zulage  auf  den  Tornister  erhielt.  Im  Schatten 
noch  wurden  die  steile  Rietlen  und  die  Tentewang- 
tiberschritten;  erst  an  der  Oelplanke  betraten  wir 
ßonnenbeschienenes  Terrain.  Wenn  auch  die  Sonne 
noch  lange  nicht  den  Scheitelpunkt  erreicht  hatte,  so 
machten  sich  ihre  Strahlen  doch  ziemlich  bemerkbar; 
die  sonst  ziemlich  geschwätzige  Gesellschaft  wurde 
merklich  stiller,  man  hörte  nur  noch  dumpfes  Dröhnen,, 
erzeugt  durch  schwerfälliges  Auftreten  langsam  be- 
wegter Füße,  das  Aufstoßen  des  Alpstockes  am  6e- 
stein,  auch  etwa  ein  „Pub'*  oder  „Huh'^.  Sie  ist  eine 
„böse''  Planke,  die  Oelplanke,  darüber  hat  schon 
Mancher  ein  Liedlein  gesungen.  Doch,  wie  Alles, 
einmal  ein  Ende  nimmt,  so  auch  unser  Steigen  über 
die  Oelplanke.  Halb  11  Uhr  erreichten  wir  die 
Bifertenalp,  und  nach  einer  längern  Rast  daselbst  be- 
traten wir  ein  Viertel  nach  1  Uhr  die  Clubhütte» 

Nach  eingenommenem  Mittagessen  erhielt  männig- 
lich  Arbeit  angewiesen;  die  Decken  wurden  gesonnt^ 
sämmtliehes  Koch-  und  Eßgeschirr  gründlich  ge- 
reinigt, die  Hütte  gekehrt,  eine  Partie  altes  Lagerheu 
und  anderweitige,  nicht  salonfähige  Sachen  über  Bord 
gewoi-fen,  ein  Verzeichniß  sämmtlicher  Mobilien  auf- 
genommen, Holz  gesägt  und  gespalten,  kurz,  es  ent- 
wickelte sich  eine  lobenswerthe  Thätigkeit,  welche 
darauf  hinzielte,  den  nächsten  Besuchern  die  Hütte  in 
einem  weniger  tadelhaften  Zustande  zurückzulassen^ 
als  wie  wir  solche  anzutreffen  die  Ehre  gehabt  hatten, 
hjzwischen  suchte  ich  mit  Hämig  den  von  Führer 
Tboma  iren  Amden  signalisirten  Weg,  der,  nach 
dessen  Angabe  in  einer  Zuschrift  an  das  Comit6  der 
Section  Tödi,  Über  dem  Grünhorn  durch  die  Felsen 
führend,  den  Abstieg  von  der  Hütte  auf  den  Gletscher 
ttnnöthig  machen  und  dessen  Gangbarmachung  nur 
minime  Kosten  verursachen  sollte,  auszukundschaften« 
Wir  stiegen  von  der  Hütte  über  die  Kante  des  Grün- 


464  J.  Schiesser. 

borns  aufwärts  bis  an  die  gelbe  Wand;  der  vor- 
genommene Augenschein  bestätigte  unsere  Voraus- 
setzung, daß  Thoma  die  Sache  jedenfalls  nicht  bei 
hellem  Lichte  betrachtet  haben  werde,  leider  nur  zu 
«ehr.  Von  der  gelben  Wand  aus  ist  der  Gletscher 
nicht  erreichbar,  noch  viel  weniger  eine  Umgehung 
der  Schneerunse  möglich.  Angenommen  aber,  es  wäre 
die  Möglichkeit  vorhanden,  wenigstens  die  Schnee- 
runse zu  erreichen,  ohne  von  der  Hütte  erst  auf  den 
Gletscher  hinuntersteigen  zu  müssen,  so  müßte  ein 
solcher  Weg  mehrfach  an  gefahrdrohenden  Stellen 
vorüber  führen,  wo  häufig  Steine,  Lawinen  und 
Gletscherbrüche  herabstürzen.  Gehen  wir  aber  noch 
höher,  bis  über  die  gelbe  Wand,  bis  zu  ^Thuts 
Mütze  ^,  so  muß  dieselbe  erst  in  nördlicher  Richtung 
umgangen  werden,  denn  direct  über  unserm  Stand- 
punkt ist  dieselbe  lothrecht  aufgebaut.  Daß  sie  er- 
stiegen werden  kann,  unterliegt  keinem  Zweifel;  da- 
gegen kann  sie  auch  von  diesem  Punkt  aus  nicht 
imigangen,  auch  höchst  unwahrscheinlich  nur  erreicht 
w^erden.  Die  unten  angeflihrten  Gefahren  gelten  auch 
für  diese  obere  Partie.  Zeit  würde  keine  gewonnen. 
Ich  komme  daher  zu  dem  Schlüsse,  daß  der  seit 
einer  Reihe  von  Jahren  innegehaltene,  von  Führer 
Jakob  Stüßi  aufgefundene  Weg  der  richtigste  ist  und 
bleiben  wird. 

Bevor  wir  von  der  Recognoscirungsfahrt  zur  Hütte 
uns  wendeten,  errichteten  wir  auf  einem  Felsvor- 
sprung an  der  gelben  Wand  einen  kleinen  Steinmann. 

Die  Hütte  selbst  ist  immer  noch  in  tadellosem 
baulichem  Zustande.  In  dieselbe  zurückgekehrt,  em- 
pfing uns  ein  angenehmer  Kaffeeduft;  bald  dampfte 
die  denselben  verbreitende  braune  Flüssigkeit  einladend 
auf  dem  Tisch. 

Nach  eingenommenem  Nachtmahl  war  es  besonders 
der  von  Herrn  Paul  Liebeskind  unserer  Clnbhtttte 
gewidmete  „Enzian^,  der  uns  die  Zeit  kürzte.    Bald 


Tödi  mit  Abstieg  durch  die  Gliemspforte.  465 

jedoch  begab  man  sich  zur  Ruhe,  denn  frühzeitig 
sollte  die  Hauptarbeit,  der  Aufstieg  auf  den  Gipfel 
des  Tödi,  beginnen.  Noch  war  Mitternacht  nicht 
lange  vorüber,  als  die  Vorbereitungen  zum  Aufbruch 
getroffen  wurden.  Eine  kräftige  Suppe,  die  Allen 
trefflich  mundete,  wurde  zum  FrühstUck  servirt. 

Das  Thermometer  zeigte  etwas  auffallend  hohe 
Temperatur,  -j^  6®;  doch  der  Himmel  war  klar  und 
die  Schneerunse  vom  Mond  fast  taghell  beleuchtet. 
Punkt  2  Uhr  nahmen  wir  Abschied  von  Herrn 
J.  Spälti,  der  sich  entschlossen  hatte,  am  Morgen 
nach  der  Sandalp  zurückzukehren.  In  der  Tiefe  lag 
der  Gletscher  noch  im  finsteru  Schatten  der  Nacht. 
Dieser  Umstand,  sowie  die  glasige  Beschaffenheit  des 
Oletschers,  verlangte^  langsames  Vorrücken.  Von  der 
Schneerunse  an  aufwärts  ging  es  besser.  Vom  gelben 
Wändli  wieder  auf  den  Gletscher  gelangt,  hatten  wir 
fortwährend  den  Mond  als  Begleiter,  zudem  war  der 
Schnee  günstig,  auch  fand  ich  den  Gletscher  weniger 
zerklüftet,  als  dies  am  23.  August  1869,  bei  meinem 
ersten  Betreten  desselben,  der  Fall  war.  Ziemlich 
rasch  rückten  wir  höher.  In  der  Höhe  des  Fußes 
des  Pia  Urlaun  angelangt,  ließen  wir  uns  Zeit,  den 
Aufgang  der  Sonne ,  den  längst  schon  ein  Über  der 
Scheibe  und  dem  Bifertenstotjk  auftretendes,  immer 
stärker  werdendes  Glühen  des  Firmamentes  ange- 
kündigt hatte,  zu  beobachten.  In  der  Höhe  des  Stock 
Gron  deponirten  wir  alles  für  den  weitern  Aufstieg 
Entbehrliche  in  eine  Vertiefung  im  Schnee.  Allmälig 
beliebte  das  schimmernde  Haupt  des  Bifertenstockes 
sich  in  Horizonthöhe  herabzulassen,  und  10  Minuten 
vor  7  Uhr  wurde  die  Einsenkung  zwischen  Glamer 
Tödi  und  Piz  Rusein  erreicht. 

Die  Temperatur  war  inzwischen  merklich  gestiegen 
and  der  Schnee  sehr  weich  geworden.  Einstimmig 
iritrde  besehlossen,  erst  den  Piz  Rusein,  sodann  den 
Glamer  Tödi  zu  betreten;  dem  Beschlüsse  folgte  die 
Ausführung  auf  dem  Fuße  nach. 

30 


46^  J,  Sekie98er. 

Hsd^  idi  es  einerseita  aua  gutes  GvilBden  ub4«f- 
lamensi,  den  ei»en  zarttekgelegteir  Weg  zu  besehreibesy 
so  iMlten  Bnch  aadevseit»  stiiehhalitigere  Gründe  noch 
¥iel  nrehff  tevoir  ki»y  eio  Bild   entwerfen   zu  wotiea 
von  demt^   w»»  dem  Aii^e  auf  dieser  foftigen  Warte 
zu  schauem  verg^Dol  isyt;.  ntöge*  dks  eine  gewandtere 
Fehler  versuckieii.    leb  wHl  mkb  davauf  beschvänkeD^ 
anizudeuten,  in  welebem  Raumaiaß  sieb  die  Rnudrsiebt 
etwa  bewegte    In  den*  Moment,  da  wir  de»  Gipfel  be- 
traten^  leuebtete   der  Montblanc  kell   imd    klar  an» 
Bttdwestei»  herüber,  während  diametral  enAgegengeeetzt 
die  bfliyriscfafeB   Alpe»,   ELette   Mnter  Kette,   deutlicb 
zu  ericeniiten  waren..    Gegen  Weste*  verhinderten  die 
dualcelsi  Heh«i»c^e  de»  Jura   und  darttber  gelagerte 
Dunstmassen  ein  weiteres  Vordringen  de»  Auge»;  gegen 
Nordwest  und  Nord  sind  die  Yogese»  «nd  der  Bebwarz- 
wald   ala   sc^acbe    Erbebangen   etkenalktf.-    lieber 
den  Bodensee  hinaus  suehit  unser  BKck  nmsone^  einen 
HaltefMinkt.    Gegen  Ost  und  S^oftt,  weit  j«ii«eit8  der 
Grenzen  unsere»  Yaierkuides^  tbibrnie»  sich  über  «nd 
hinter   einander   dB«  Yorarlberger-   und  Tiroleraipeny 
strahlend  in  hellem  ^nnengkusz^  empor.     Im:  Süfden, 
entspreehend  der  hohen  Tenyperatuf,    führt  der  Föhn 
sein  Regiment  und  schiebtet  foirmenreiebe'  Dunstmaseen 
himmelhoeh  auf  eMHider,,  nikr  zaweilen  für  MoflUieRte 
die  Cristallinap^  Bernin«-,  Goithard-  lUMt  Menterefta- 
Gruppen    eie*  frei    lassend.     Was    innerhalb    dies^ 
Grenzen   liegt  ^   wer  wül   das  AHe»  atti^kkn?  wer 
misebt   die   Farben?     Volle  hundert   Minuten   gaben 
wir  uns   der  Betraebtung   alF    der  Berrllehkeit  hin; 
jetzt  sendet  der  Föhn  einfiselne  Pltekler  berttber^  sut 
zanberbaftei*  BebnelligJLeit   haben,  dieselben    die  um- 
liegenden Bergspitzen  besetzt ;  es  malmen  die^  Führer 
zum  Auibrueh. 

Obwohl  knietief  i«i>  weieben  Sehnee   einsiakendy 

"«langen  wii*  ziemlieh  bald   zn  den  zui^ttekgeUssenen 

^cten;    hier   hatten   wir  die  Gtiemspforte   sildtieb 


Tödi  mit  Abstieg  durch  die  Glietmpforte.  467 

gegenüber,  um  dieselbe  zu  eFreichen,  wxirde  erst  die 
Firamiilde  traversirt,  dann  abwärts  steigend  einige 
Schrunde  am  Fuße  des  Stock  Gron  links  umgangen; 
sodann  kroehen  wir  keuchend  aufwärt»  ftber  eine 
8cbneelehne  und  gelangten  ohne  weitere  Schwierig- 
keiten in  die  Einkerbung  der  Gliemspforte.  Zu  unscrn 
Füßen  liegt  der  Gliemsgletscher ;  ziemlich  Aach  und 
ftwt  ohne  Spalten,  windet  sich  dieser  durch  das  in 
diesem  obern  Theile  vegetation^arme  Val  Gliems.  Am 
rechten  Ufer  des  Gletschers  erhebt  sich  der  Stock 
Pintga;  der  denselben  mit  dem  Stock  Gron  rerbin- 
dende  Felsrticken  vei'ffacbt  und  senkt  sich  unserm 
Standpunkt  gegenüber  derart,  daß  der  Gletscher  dort 
bdnabe  fiberquelleii  möchte.  lieber  diese  EinSenkung 
hinweg  ist  die  Ruseinalp  sichtbar.  Der  Weg  über 
jene  dahin  ist  mit  großer  Schrift  vorgezeiciroe*.  Eine 
steile  GHetscheraunge  reicht  bis  beinahe  an  den 
Scheitel  der  Pfo*te,  nur  eiw  kleiner  Theil  von  dieser, 
unser  Standpunkt,  ist  schnee-  und  eisfrei.  Die 
Gletscherzunge  hatte  in  halber  Höhe  einen  Schrund, 
der,  vom  Stock  Gron  bis  an  die  Wand  des  Piz  Urlaun 
sich  erstreckend,  einzig  bei  der  letztern  überschritten 
werden  konnte.  Die  sehr  starke  Neigung  der  Zunge 
ttwd  der'  derselben  aufgelagerte  weiche  Schwee  mahnten 
zu  größter  Vorsicht  •:^  leicht  hätte  eine  Lawiner  erzeugt 
werde«  kSwüen,  die  uns  u»fehlbar  mitgerissen  haben 
wftrde.  Immer  links  am  Fuß«'  des  Piz  Urlaun  uns^ 
haltend,  die  Stöcke  tief  emtreib^nd,  wurde  diese  etwas 
heikle  Stelle  in  circa  IS  Minuten  glücklich  über- 
wund«»,  Kach  weitern  zehn  Minuten  war  au^b  der 
Gtetscber  ti^aversirt  invd  bctrarten  wii*  die  erwäbnte* 
EinsenkuBg,  Hier  konnten  wir  mn  ohne  Bedenken 
des  Seiles  entledTge»,  dlenn,  was  jetzt  fol^e,  war 
Geröll,  dann  ein  paar  Schneelehwen  (vielleicht  kleine 
Gletscher),  die,  zu  ausgiebigen  Kutscbpartien  Gelegen- 
heit bietend,  dfe  Thalfohrt  etwas  Tcrkürztei».  Punkt 
12  Ülff   erreichten    wir   die  Hütte   in  Rusein.     Nach 


468    J.  Schiesser.  Tödi  mit  Abstieg  durch  die  Gliefnspforte. 

vorgenommener  Restauration  wurde  Rath  gehalten; 
der  Himmel  hatte  sich  nämlich  mit  schwerem  Gewölk 
überzogen,  und  aus  dem  nahen  Rheinthal  hörte  man 
die  Kanonade  eines  sich  soeben  entladenden  (j€- 
witters.  Einstimmig  wurde  beschlossen,  ein  paar 
Stunden  der  Ruhe  zu  pflegen,  inzwischen  könne  das 
Wetter  wieder  freundlicher  sich  gestalten.  Wirklich 
entfernte  sich  das  Wetter  immer  weiter  aus  unserm 
Bereich,  und  wenn  auch  der  Himmel  noch  nicht  in 
tadellosem  Glänze  uns  entgegenlachte,  so  entschlossen 
wir  uns  doch,  trotz  et  welchem  Sträuben  der  Führer, 
zu  sofortigem  Aufbruch  und  Rückzug  über  den  Sand- 
paß, erwartete  uns  doch  auf  der  obern  Sandalp  herr- 
lich duftendes  Alpheu  in  Fülle,  dazu  Wolldecken  zur 
Genüge,  wohingegen  im  „Hotel  Rusein"  von  all'  diesen 
Herrlichkeiten  nicht  eine  Spur  zu  finden  war. 

Es  war  3  Uhr,  als  wir  der  Ruseinhütte  den 
Rücken  kehrten.  Zum  Dank  für  unsern  Beschluß 
holten  die  Führer  scharf,  sehr  scharf  aus;  doch  wir 
blieben  die  Antwort  nicht  schuldig  und  erzwangen, 
noch  bevor  der  Sandgrat  erreicht  war,  ihre  Kapitu- 
lation. 

Der  Sandgletscher  bot  uns  keine  Schwierigkeiten: 
dagegen  waren  die  Gletscherwasser  bedeutend  ange- 
schwollen, ihre  Ueberschreitung  daher  nicht  so  leicht 
zu  bewerkstelligen.  Mit  gegenseitiger  Hülfeleistung 
gelangten  wir  indeß  glücklich  hinüber.  7  Uhr  Abends 
begrüßten  wir  die  Hütten  auf  der  obern  Sandalp,  in 
welchen  wir  nach  schnell  bereitetem  Essen  ein  treff- 
liches und  wohlverdientes  Nachtlager  in  schwellendem 
Heu  bezogen.  Es  dauerte  kaum  fünf  Minuten,  so 
hatten  Alle  die  Welt  vergessen  und  schliefen  ohne 
Unterbrach  bis  Morgens  6  Uhr  gleich  Murmelthieren. 

Neugestärkt  traten  wir  am  Morgen  den  Heimweg 
an.  Im  Kurhaus  „Tödi'^  ließen  wir  nach  glücklich 
vollbrachter,  herrlicher  Bergfahrt  fröhlich  die  Gläser 
erklingen.  J.  Schiesser  (Seetion  Tödi). 


/.  Studer.  lieber  elektr.  Erscheinungen  auf  dem  Säntis.    469 

Ueber  elektrische  Erscheinungen  auf  dem  Säntis. 

Der  schöne  Sommer  des  vorigen  Jahres  lockte 
meine  Frau  und  mich  schon  im  Juni  in  die  Berge. 
Zunächst  beschlossen  wir,  dem  hübschen  Appenzeller- 
ländchen  wieder  einmal  einen  Besuch  zu  machen. 
Mit  wenig  Gepäck  und  viel  Humor  ausstaffirt,  langten 
wir  Samstag  den  27.  Juni  in  dem  Seh wendi- Weißbad 
an.  Der  Sonntagmorgen  war  nach  einem  voraus- 
gegangenen Gewitter  so  wunderbar  klar  und  schön, 
daß  wir  schnell  bereit  waren,  zum  lieblichen  Seealp- 
see aufzubrechen.  Unter  den  Tannen  der  idyllischen 
Landzunge,  des  uns  wohlbekannten,  trauten  Plätzchens 
am  Wasser,  lagernd,  lauschten  wir  dem  vielfachen 
Echo,  während  sich  die  schneebedeckten  Häupter  des 
Säntis  und  seiner  Nachbarn  ungemein  klar  vom  blauen 
Himmel  abhoben.  Je  länger  wir  uns  dem  Genüsse 
des  prächtigen  Landschaftsbildes  hingaben,  um  so 
lebhafter  stieg  in  uns  der  Wunsch  auf,  den  Säntis 
selbst  zu  ersteigen,  und  als  wir  nun  gar  die  kühn 
sich  emporschwingende  Telephonleitung  mit  den  Au- 
gen verfolgt  hatten,  da  wurde  unsere  Sehnsucht  nach 
oben  eine  unwiderstehliche.  Unverzüglich  wurde  über 
Hüttenalp  und  Katzensteig  zurückgekehrt,  in  Schwendi 
zu  Mittag  gegessen,  das  Bündel  geschnürt  und  ein 
Träger  engagirt. 

Gegen  4  Uhr  brachen  wir  wieder  auf  und  langten 
nach  6  Uhr  in  der  Meglisalp  an,  wo  wir  uns  etwas 
erfrischten.  Während  unseres  Marsches  hatten  sieh 
einzelne  Gewitterwolken  gebildet,  und  wir  fragten 
uns,  ob  es  nicht  rathsam  wäre,  hier  zu  bleiben.  Da 
man  uns  aber  versicherte,  es  würde  höchstens  ein 
„Sprützerli"  geben,  und  uns  nach  dem  Kalender  der 
schönste  Vollmond  in  Aussicht  stand,  auch  der 
Säntis  noch  blauen  Himmel  zeigte,  so  wagten  wir 
die  Weiterfahrt. 

Allein   schon  nach   einer   Stunde   fing   der  „Alte 


470  J,  SiMder. 

Mann^  zur  Linken  zu  murren  und  zu  brummen  au: 
der  helle  Himmel  verdunkelte  sich  schnell;  schon 
zuckten  einzelne  Blitze  und  bald  strömte  der  Begen 
herab.  Auf  dem  Schneefeld  angelangt^  konnten  wir 
uns  nur  mühsam  fortbewegen,  da  der  sUndfluthartige 
Begen  einen  förmlichen  Bach  bildete  und  den  Schnee 
erweichte,  so  daß  wir  öfters  bis  über  die  Eniee  ein- 
sanken. Das  Grollen  zu  unserer  Seite  ward  immer 
heftiger;  das  Gewitter  rückte  mit  ungeheurer  Schnellig- 
keit näher.  Bald  folgte  Schlag  auf  Schlag.  Ein 
wahres  Feuermeer  umgab  uns.  Trotzdem  di*angen 
wir  vorwärts,  bald  von  grellen  Blitzen  geblendet, 
bald  in  völliger  Dunkelheit  den  Pfad  suchend.  Der 
vorsichtige  Gedanke,  bei  solchem  Unwetter  schleunig 
zur  Meglisalp  zurückzukehren ,  wurde  verscheucht 
durch  das  rechnende  Bedenken,  daß  wir  bereits  die 
größere  Hälfte  des  Weges  hinter  uns  hatten.  Zudem 
winkten  uns  schon  die  beleuchteten  Fenster  des 
nahen  Säntisgasthauses.  Freilich  brauchte  es  alle 
moralische  Kraft,  bei  solchem  Kampf  der  Elemente 
auszuharren-  Während  Wasser  über  unsem  Häuptern 
und  unter  unsem  Füßen  in  Strömen  dahinfloß,  wäh- 
rend der  Sturmwind  heulte,  Blitzschläge  die  Nacht 
taghell  erleuchteten  und  der  krachende  Donner  von 
den  Bergen  im  Echo  endlos  verlängert  wurde,  während 
jegliches  Geschöpf  in  der  Angst  um  das  liebe  Leben 
gerne  nach  einem  Obdach  flüchtete,  schritten  wir, 
tapfer  gegen  die  heftigen  Windstösse  ankämpfend, 
den  Zickzackweg  im  Schnee  langsam  vorwärts. 

Auf  einmal  erblickten  wir  hoch  über  uns  auf  dem 
Bergkamme,  der  sieh  links  von  der  Säntisspitze  gegen 
den  Altmann  hinzieht,  aufflackernde  Flämmchen,  ver- 
mischt mit  kleinen  gelbliehen  Kugeln.  Diese  letztem, 
anscheinend  an  einem  Seil  oder  Draht  dahinlaufend, 
näherten  sich  gegenseitig,  bildeten  zusammenstoßend 
eine  größere  Lichtmasse  und  fielen  endlich  explodirend, 
ähnlich    einer    Sternchenrakete,     in    röthlichen    und 


üeher  elektrische  Ersfihemungen  auf  dem  Säntis.      471 

l)4aneii  Kugeln  scblllngiehid  zu  ßoden  nmker.  I>ie«e 
i»^kw4tFddge  Erseib^inintg  wiedeiiioJte  aidi  melrrmato 
«ftebei«i»der. 

Kamm  hatton  wir  an«  k^ü  vnsepem  Erstaunen 
•oiioH,  als  tmü  and^f^es  PhUnomen  mi&ere  A«(^erkfiam< 
keit  in  AnfiipFadh  nahm.  Amf  4em  g]«ioheii  Bergkaoünie 
»elxw^bte  nämlich  eme  einzelne  feudge  Kugel,  von 
4er  «e'beifibaa'^en  G-röße  einer  Bombe  oder  ei«e8  kleirnen 
Momies,  in  fladhem  ^parabeldsehem  Bogen  hm  xmä  her, 
«twa  «it  der  Gksdiwindigkeit  eiaee  geworfenen  B^ailes, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  da^ß  die  JBewegnng  der 
ÜQgel  stets  gleichmäßig  war.  Am  Ende  thi^er  Bahn 
«chien  «ie  zu  verschwindeB,  ta«chte  aber  gleich  d*rauf 
wieder  empor  wid  begann  ihren  ruhigen  Lauf  4iuf*s 
Neue.  Mit  Intenesse  schauten  wir  dem  «ms  noch 
ganz  unbekannten,  wohl  einige  Minuten  a^lialte^ideii 
Spiel  dieser  K^elbiitze  zu. 

Ba  auf  einmal  —  wir  naiochten  m  Luftdistane 
noch  ungefißir  10  Minuten  vom  Hotel  entfernt  seio  — 
erfolgte  ein  furchtbarer  Krach,  der  den  ganzen  Berg 
in  seinen  Oruodfesteo  zu  erschüttern  sohlen,  und 
uns  nichts  Anderes  glauben  ließ,  als  da;ß  das  Ende 
der  Welt  gekommen  sd.  Unter  einem  lauten  Amf- 
sefarei  sank  meine  ^an  auf's  Schnreefeld.  Ich  tlber- 
zeugte  mich  sofort,  daß  sie  nur  erschreckt,  aber  nicht 
verletzt  war.  Unser  Träger,  ein  älterer  Mann  aus 
dem  Weißbad,  bekreuzte  sich  lebhaft.  Mein  nächster 
Oedaake  war :  Jetzt  hat  es  in's  Gasthaus  geschlagen, 
das  gl^ch  in  hellen  Flammen  stehen  wird. 

Aber  siehe  da,  ein  ganz  anderes  Schauspiel  sollte 
uns  zu  Theil  werden;  ein  Feuerwerk  von  noch  nie 
gesehener  Schönheit  und  Oroßartigkeit  überraschte 
uns.  Die  ganze  Telephonleitung,  soweit  sie  von 
unserem  Staudpunkte  auf  dem  Firn  unseren  Augen 
erreichbar  war,  d.  h.  bis  zur  vierten  oder  fünften 
Stange  von  der  meteorologisdieii  Station  weg,  stand 
im  intensivsten   Lichte.     Und  zwar  nicht,   wie   man 


472  J.  Studer. 

erwarten  sollte,    bloß   der  Draht,    sondern  auch  der 
zwischen   demselben  und   dem   Erdboden   sich  befin- 
dende leere  Raum  war  mit  einer  Gluthmasse  ausgefüllt^ 
die  sich  in  unsern  Blicken  flächenweise   in  den  ver- 
schiedensten Formen  darbot.    Gleich  einer  im  Freien 
aufgehängten  Wäsche,  wo  Leintücher,  Hemden,  Jacken 
u.  s.  f.  friedlich  neben   einander  flattern,    so   waren 
zwischen  je  zwei  Stangen  vier  bis  fünf  feurige  Flächen 
ausgespannt,  nach  unten  hin  zerschlitzt  und  zerfetzt^ 
scheinbar  mit  bläulichem  Saum  sich  wellenförmig  be- 
wegend.   Dabei  flel  um  auf,  dass  die  zwischen  zwa 
Stangen  niederhängenden  Flächen   von  verschiedener 
Größe   waren,   und   zwar   so,    daß  je  die  erete  von 
oben  die   größte,    die   letzte   aber   die   kleinste  war, 
welche  Eigenthtimlichkeit  sich  regelmäßig  wiederholte. 
Diese  wunderbare  Erscheinung  war  zudem  keine  bloß 
momentane,  sondern  eine  mindestens  zwei  Minuten  lang 
konstante,  üeberwältigt  von  diesem  imposanten  Natur- 
schauspiel,  wie   wir   noch   keines  gesehen  und  noch 
von  keinem  gehört  hatten,  vergessend  die  Gefahr,  in 
der  wir  noch  schwebten,  rief  ich  kurz  hintereinander 
unwillkürlich  dreimal  aus:  Wunderbar  schön!    Wir 
konnten  einfach  unsere  Augen  nicht  mehr  von  diesem 
kolossalen   und   majestätischen  Feuerwerk  abwenden. 
Plötzlich  fiel  die  ganze  Herrlichkeit,  die  wir  wohl 
am  treflfendsten  y,Blitzwäsche^  oder  j^Dlätzhlitze^  be- 
nennen möchten,  zu  Boden.     Der  Telephondraht  war 
von  der  enormen  Gluth  geschmolzen,  die  Leitung  bis 
zur  15.  Stange  hinunter  zerstört.     Auf  der  Erde,  wo 
die  Drähte  lagen,  schien  es  wie  von  flüssigem  Metall 
zu  brodeln  und  zu  zischen.     Aber   auf  der  Netzhaut 
unserer   Augen   blieb    der  Reflex  jener    leuchtenden 
Flächen  haften,   verwandelte   sich   allmälig  in  Grau- 
weiß und   endlich   in    ein  tiefes   Blau.     Dann  hörte 
jeder  Lichteffekt  auf,  wir  sahen  einander  in  unmittel- 
barster Nähe  nicht  mehr,  wir  waren  völlig  geblendet 
und  durften  keinen  Schritt  weiter  wagen. 


Ueber  elektrische  Erscheinungen  auf  dem  Säntis.      473 

Jetzt  erst  wurde  die  Situation  im  höchsten  Grade 
besorgnißerregend.  Die  Frage :  wie  lange  wird  diese 
Blindheit  andauern,  wann  werden  wir  einander  wieder 
sehen  und  endlich  an's  ersehnte  Ziel  gelangen?  — 
erweckte  doch  einige  Angst  in  uns.  Die  Sekunden 
wurden  zu  Minuten,  die  Minuten  dehnten  sich  zu 
Viertelstunden  aus.  Endlich,  nach  längerem  pein- 
lichem HaiTcn  (nach  unserer  Schätzung  werden  es 
etwa  5  Minuten  gewesen  sein),  drang  wieder  ein 
Schimmer  in  unsere  Augen,  die  Umrisse  der  Personen 
nnd  Gegenstände  wurden  wieder  deutlicher,  die  Lichter 
im  Hotel  leuchteten  noch,  und  so  faßten  wir  auf» 
Neue  frischen  Muth. 

Inzwischen  war  auch  die  Gewalt  des  Gewitters 
gehrochen  und  der  Regen  hatte  nachgelassen,  so. daß 
wir  den  letzten  Angriff  auf  den  Gipfel  wagen  durften 
und  nach  einer  kleinen  halhen  Stunde,  etwas  nach 
10  Uhr,  zwar  völlig  durchnäßt,  aber  gottlob  unver- 
sehrt und  wohlbehalten  das  leider  schon  überfüllte 
Gasthaus  erreichten.  Nach  einigem  Suchen  und 
Warten  fand  sich  auch  für  uns  noch  ein  bescheidenes 
Plätzchen,  wo  wir  von  den  ausgestandenen  Strapazen 
nnd  Schrecknissen  ausruhen  konnten,  um  dann  am 
frühen  Morgen  durch  die  denkbar  klarste  und  schönste 
Aussicht  reichlich  belohnt  zu  werden,  aber  auch  die 
Zerstörungen  an  der  meteorologischen  Station  anzu- 
staunen und  noch  einige  wenige  Reste  von  der  zer- 
schmolzenen Telephonleitung  zu  finden. 

Nach  Aussage  des  alten  Säntiswirthes  Dörig  soll 
das  geschilderte  Gewitter  vom  28.  Juni  1885  da» 
stärkste  gewesen  sein,  das  er  je  auf  seiner  hohen 
Warte  erlebte. 

J.  Stvdf'r  (Section  Uto). 


474  O.  B. 

Muretto-  imd  Oondonapaß. 

Am  frGhen  Moi^eii  d«s  10.  Jali  1885  waad^eite 
ich  mit  "vier  OeBOBsen  von  Andeer  dvrch  Ferren 
und  Avers  nach  Oesta  Iriaasf.  Uasere  Absieht  war, 
am  nächsten  Tage  das  detseherhom  zu  beeteigen  vnd 
mit  direktem  Abstieg  Mach  S.  durch  Yal  Dnana  imd 
Tal  Marozzo  nach  Oasaccia  und  Maloja  z«  gelangea, 
Ton  wo  ans  wir  fiber  den  Iforettopaß  das  Veltiin  «nd 
über  einen  der  Bergamask^rpSsse  Bergamo  zu  ^reidien 
gedachten.  Der  erste  Theil  unseres  Programmes 
scheiterte  theils  der  unsicheren  Witterang  imd  der 
schlechten  Schneeverhältnisse  wegen,  theils  durch  die 
gSnsHclie  Unkenntniß  unseres  ^Ftthrers^  R.  Heinz, 
der,  obwohl  ihn  Tschudi's  Tourist  als  Fllhrerchef  be- 
zeichnet,  das  Gletscheihom  kawn  dem  Namen  nach, 
den  Abstieg  nach  Val  Duana  gar  nicht  kaante.  So 
mufiten  wir  uns  denn  nach  ^nem  vei^eblichen  Ai- 
laufe  auf  das  Gletscherhom  dazu  «itschlieOen,  umzu- 
kehren und  über  Forcellina  und  Septimer  unser  nächstes 
Ziel  zu  erreichen.  Das  Avers  Ist  in  den  Jj^rbttchem 
XV,  XIX  imd  XX  80  etnlSfili<^  besehrieben  worden, 
daß  ich  meinerseits  von  ein^  Schilderung  wohl  ab- 
sehen darf.  Ueber  Forcellina  und  Sepämer  genfige 
die  Notiz,  daß  der  Weg  ein  herzlich  schlechter  war 
und  Tschttdi  dem  Sepdmer  durchaus  kein  Unrecht 
thttt,  wenn  er  seinen  verfallenen  Saumweg  s^  raifa 
und  schlimmer  als  einen  nalUrlichen  Bergpfad  nennt 
Dagegen  ist  vielleicht  eine  kurze  Beschreibimg  der 
weniger  begangenen  PSsse  Muretto  und  Dordona  nicht 
ohne  einiges  Interesse. 

Es  war  ein  herrlicher  Sommermorgen,  als  wir  am 
12.  Juli  nach  Besichtigung  des  neuen  grandiosen  Maloji- 
hoteis  und  seiner  zierlichen  Chalets  und  Parkanlagen 
Punkt  6  Uhr  abmarschirten ,  dem  Murettopasse  ent- 
gegen. Der  Morgenbummel  in  erfrischender  Kühle  auf 
weichem   Grasboden   durch   die    „Täjeda"    längs  der 


Muretto-  und  Dordonapass.  476 

ruhig  fließenden  Orlegna  w«r  höchst  angenehn]  Beim 
Lago  di  Caviooeio  gestattete  mir  ein  kurzer  Halt  die 
Aufnahme  des  imposanten  Pizzo  dei  Rossi;  dann  rer- 
Behlinuaerte  ineh  der  Pfad  zusehends,  bis  er  sich  bei 
Pian  eaniiH)  (HundeebeQe)  in  einem  wiisiea  ßteinmeer 
verliert.  Reeliis  wird  ein  Theii  des  gewaltigen  Forno- 
gletseher»  sichtbar« 

Ueber  öde  TrUmmermassea  begann  nuB  der  steile 
Anstieg  zur  nicht  mehr  allzu  fernen  Paßböhe,  doch 
bald  betrat  der  Fuß  die  zu.  dieser  Jahreszeit  noch 
reiehlieh  vorhandenen  und  weit  herabhängenden  Schnee- 
felder,  so  daß  wir  mühelos  vorwärts  kamen.  Hinter 
uns  entfaltete  sieh  eine  recht  hübsche  Aussieht  auf 
die  Maloja  mit  den  sie  umgebenden  Höhen ;  in  einem 
msamen  Felseneireiis ,  eine  kleine  Stunde  unteriialb 
der  Paßhöhe,  begegneten  uns  zu  unserer  Ueberraschung 
dm  Italienerkinder  von  blos  9 — 13  Jahren.  Sie  waren 
mit  Sensenklingen  und  ärmlichen  Habseligkeiten  be- 
lastet und  erkundigten  sich  ziemlich  besorgt,  ob  sie 
«ieh  auf  dem  richtigen  Wege  in's  Engadin  befänden, 
woselbst  sie  sieh  nach  Arbeit  umzusehen  hätten. 

In  langsam  bedächtigem  Zickzack  ging's  nun  durch 
weiche  Bchneemassen  dem  nahen  Ziele  entgegen,  das 
wir  nach  ^U  Stunden  erreichten.  Vor  uns  liegt  italie- 
nisches Gebiet,  wir  waren  demnach  von  nun  an  auf 
die  Schweiz.  Oeneralkarte  (1 :  250000)  angewiesen, 
welche  uns  freilich  die  Marschrichtung  durch  Val  Maleneo 
längs  dem  Malero  deutlich  genug  bezeichnet,  über 
alle  Details  der  Beschaffenheit  des  Weges  indessen 
natürlich  keine  Auskunft  zu  geben  vermag. 

Also  rasch  vorwärts,  noch  liegt  ein  circa  acht- 
stündiger Marsch  vor  uns,  und  je  eher  wir  Sondrio 
erreichen,  um  so  leistungsfähiger  werden  unsere  Füße 
Morgens  wiederum  in  der  Bergamasca  sein. 

Einige  flotte  fiutschpartien  bringen  uns  in  wenigen 
Minuten  über  weitausgedehnte  Schneefelder  hinunter,  und 
stets  auf  schmalem  Pfade  dem  linken  Ufer  des  tosenden 


476  .  0.  B. 

Gletscherbaches  nach  auf  Schnee  und  Geröll  weiter 
wandernd,  gelangen  wir  nach  und  nach  in  die  oberen 
Alpen  hinunter  und  später  in  die  einsame  Alp  dell 
Oro,  von  dessen  einzigem  Insaßen,  einem  hübschen 
braunen  Burschen,  wir  auf's  Gastfreundlichste  bewirthet 
wurden.  Dann  ging's  weiter;  zu  unserer  Verwunderung 
hieß  uns  der  wackere  Senn  nicht  etwa  den  seither 
innegehaltenen  Weg  weiter  verfolgen ,  welcher ,  wie 
wir  uns  später  tiberzeugten,  in  die  nackten  Felsen 
der  Maleroschlucht  ausläuft,  sondeiii  sandte  uns  circa 
20  Minuten  scharf  aufwärts,  wobei  wir  mit  aller  Auf- 
merksamkeit die  schwachen  Spuren  eines  unschein- 
baren Pfades  zu  verfolgen  hatten,  bis  wir  wieder  eine 
Anzahl  elender  Steinhütten  trafen,  von  wo  ein  guter 
Weg  thalwärts  führte.  Ich  habe  auf  meinen  vielen 
Gebirgswanderungen  noch  nie  ein  auch  nur  annähern- 
des Bild  von  menschlichem  Elend  erblickt,  wie  es 
hier  in  diesen  erbärmlichen  Baraken  zu  Tage  trat 
Einige  ekelhaft  schmutzige  Kinder,  in  Mistpfiitzen 
plätschernd,  riefen  die  Mutter  herbei,  welche,  jeden- 
falls früher  ein  bildschönes  Weib,  aber  nunmehr  ver- 
kommen in  tiefster  Armuth,  unsere  Fragen  beantwortete, 
dann  zogen  wir  fürbaß.  Im  Schatten  riesiger  Tannen, 
auf  weichem  Moose  lagernd,  genossen  wir  später  als 
erfreulicheres  Gegenstück  dieser  erbärmlichen  Stätte 
den  aller  Beschreibung  spottenden,  großartigen  An- 
blick der  dicht  gegenüber  liegenden  Gruppe  des  Monte 
della  Disgrazia  mit  seinen  gewaltigen  Gletschergtirteln 
in  blendender  Sonnenbeleuchtung. 

Endlich  langten  wir  in  Chiareggo  an,  einem  magern 
Bergdörfchen,  dessen  alte,  halbzerfallene  Stallungen 
und  Magazine  noch  als  einzige  Spuren  jener  Zeit  sicht- 
bar sind,  da  der  Murettopaß  ein  besuchter,  mehr  als 
die  Bernina  begangener  Saumpfad  gewesen  sein  soll. 
Die  elende  Osteria  wollte  sich  trotz  allen  Klopfens 
und  Rufens  nicht  öffnen,  ein  altes,  zerlumptes  Weib, 
das  im  Schatten  einer  Mauer  ihre  Siesta  hielt,  konnte 


Muretto-  und  Dordonapass.  All 

nur  mit  etwelcher  Mühe  geweckt  werden,  worauf  wir 
den  Bescheid  erhielten,  die  „WirthBchaft"  werde  diesen 
Sommer  überhaupt  nicht  geöffnet  werden. 

Also  stramm  vorwärts !  Es  war  ein  beschwerlicher 
Marsch  in  heißer  Nachmittagssonne,  bergauf,  bergab, 
doch  boten  sich  dem  Auge  stets  so  pittoreske  Bilder, 
daß  die  sich  allgemach  geltend  machende  Müdigkeit 
nicht  berücksichtigt  wurde.  Oberhalb  Lanzada  führt 
der  sehmale  Steig  hoch  über  dem  Malero  in  scharfen 
Windungen  zu  einer  kleinen  Brücke  hinunter  und  setzt 
auf  dessen  rechtes  Ufer  über.  Wir  passirten  eine  große 
Zahl  Frauen  und  Mädchen  in  bunter,  sehr  kleidsamer 
Volkstracht,  welche,  mit  hohen,  leeren  Tragkörben 
beladen,  in  ihre  Alpenwohnungen  zurückstiegen  und 
auf's  Freundlichste  Auskunft  ertheilten.  Durch  einen 
großen  Schieferbruch  hindurch  in  pittoresker  Lage 
gelangten  wir  endlich  auf  eine  schmale,  fahr^re 
Straße,  eine  wahre  Wohlthat  für  unsere  mißhandelten 
Füße,  und  rückten  eine  halbe  Stunde  später  nach  zehn- 
stündiger Wanderung  in  Chiesa  ein ,  wo  wir  uns  in 
der  Albergo  Olivo  bei  schäumendem  Chiav^ennabier 
ein  bene  thaten.  ^  Meine  Frage  bezüglich  der  zu  pas- 
sirenden  Douane  wurde  dahin  beantwortet,  daß  eine 
solche  zur  Ueberwachung  des  Murettopasses  schon 
seit  einigen  Jahren  eingezogen  worden  sei. 

Wir  entließen  unseiii  Heinz,  der  uns  freilich  blos 
als  Träger  hatte  dienen  können,  und  fanden  es  für 
angezeigt,  die  zehn  Kilometer  lange  staubige  Land- 
straße, die  uns  noch  von  Sondrio  trennte,  in  einem 
Vehikel  zurückzulegen,  was  uns  der  nachsichtige  Leser 
wohl  nicht  verargen  wird.  Mit  Einbruch  der  Dämmerung 
hielten  wir  in  dieser  hübschen,  freundliichen  Stadt 
uiiBern  Einzug  und  bezogen  Quartier  in  der  vortreff- 
lichen Albergo  della  posta.  Der  sehr  gefällige  Wirth, 
Hr.  Francesco  Vitali,  welcher  glücklicherweise  der 
französischen  Sprache  mächtig  war,  besorgte  uns  sofort 
für  den  folgenden  Tag  einen  kundigen  Führer  nach 
Branzi,  drüben  an  den  Südabhängen  der  Bergamasca. 


478  0.  B. 

Wiedernm  l»'aeh  ein  lachender,  »onneDklarer 
Bommermorgen  an,  als  wir  Sondrio  rerließen,  tun  vor- 
erst  das  circa  zehn  Kilometer  entfernte  Pnsine  zs  er- 
reieben  und  alsdann  von  dort  ans  den  Aufstieg  in's 
Val  madre  nach  dem  Passo  di  Dordona  anzutreten. 
Unser  Reisehandbuch  bezeichnet  diesen  als  den  sehönsten 
und  auch  unser  Ftthrer,  dem  wir  die  Wahl  zwischen 
den  zahl  rächen  Uebei^ngen  rom  Veltlis  in  £e  Berga- 
iftssca  freistellten^  gab  ihm  den  nnbedingten  Vorzug, 

Punkt  7  Uhr  klapperten  unsere  Bergstöcke  Über 
da»  holperige  StraßenpÄaster  von  Fasine  und  umnittel- 
bar  beim  Dörfchen  begann  die  steilste  Partie  fast  des 
ganzen  heutigen  Marsches.  Ich  mn&  gestehen,  da& 
mir  die  verflossenen  drei  Tage,  schwer  an  den  Ftßes 
klebten,,  und  nur  durch  unablässiges:  ,,piano,.  piano !^ 
vermoclite  ich  da»  jvgendliebe  üngestliin  unseres  Fth- 
rers.zu  dämpfniL  Gkieh  Anfangs  eröflßoet  sieh  ein 
lieWeher  Rllekbfck  auf  die  Tbalebene  de»  yeilii% 
daoB  tauchen  die  stolzen  Gipfel  der  Bergellerbei^e 
uad  der  Disgraziagruppe  auf;  selbst  die  Eishäapter 
der  Bemina  und  ihrer  Vasallen  sollen  sichtbar  sein,, 
was  ich  indessen  nicht  besehwöten  kann.  Dann  heißen 
uns  dichte  Kastanienwaldiingen  in  ihrem  wohlthätigen 
Behalten  willkommen,  die  Steigvng  gibt  nach,,  der 
rauhe  Fußpfad  ebvet  sich  zu  einem  eigentlieh  kom- 
fortabeln  Bträßefaen,  das  uns  nun  in  denkbar  be- 
quemster Weise  saehte  aafwSrts  flihrt.  In  schwindelnder 
Tiefe  neben  ms  seliSunt  der  Bergbach  ^  der  direct 
vofs  der  Paßhöhe  thalwärts  fließt.  Aevfietst  schroff 
und  steil,,  ohne  nnldernde  Uebergänge,.  mit  sehwarseo, 
dlistem  Tamrenwaldmigen  dicht  besetzt,,  weisen  sieb 
die  jenseitigen  Flanken  de»  Val  madre.  Hin  mä 
wle^  begegnen  wir  FamTÜe«,  die  mit  Besteltong^ 
ihser  kleinen,,  häufig  sehr  absehlissig  gelegenen  Felder 
beaehäftigt  sind,,  und  die  vielen  Ißisenkreoae,  welche 
oft  in  Giuppeti  zu  4 — 5  zm  den;  Felsen  angebracht 
sind^  gvben   emaie»  Zeugnis  Tom  den  nicht  sehenea 


MurettO'  und  Dordonapass.  479 

ÜBglücksf allen ,  welche  sich,  besonders  im  Winter^ 
bieF  ereignen.  Nach  eipca  2^/28tUndigem  Marsch» 
paseirteB  wir  den  armseligen  Weiler  ^ Pizza  bella^ 
mit  dito  Kneipe  und  eine  halbe  Stande  später  da» 
kleine  Bergdörfchen  Contrada  Chiesa^  woselbst  wir 
iift8>  an  köstlicher  Milch  nnd  —  sehr  saui'em^  hellem 
Landweiii  erlabten^  Nach  einiger  Zeit  ändert  sich  der 
Charakter  der  Gegend  und  des  Pfades,  die  beiden 
Gebirgsflanken  treten  näher  und  näher  zu  einem  engen 
D^fil6  zusaminen;  wir  tiberschritten  den  vorhin  tief 
unter  uns  brausenden  Bach  auf  solidem  Stege^  dichte» 
Nadelholz  tritt  an  Stelle  der  bisherigen  üppigen  Wiesen^ 
der  Weg  artet  zu  einem  Bergpfad  gewöhnlichen  Schlage» 
ausv  Nach  Verlauf  einer  halben  Stunde  war  diese 
Thalsperre  überwunden  und  vor  uns  breitet  sich  ein 
weite»  monotone»  Gelände  aus.  Nur  etliche  Ziegen 
beleben  da»  Bild ,  sehimppemd  kommen  sie  herbei^ 
es  mag"  ihnen  wolü  äußerst  selten  aus  der  Hand  frei- 
gebigei'  Touristen  Brod  verabfolgt  werden.. 

Vor  uns  erhebt  sich  die  grüne  Kuppe  des  Monte 
Cadelky  uoid  scharf  zeichnet  sich  die  Paßhöhe  vom 
Horizonte  ab.  Wir  schlugen  uns  rechts  in  die  Geröll- 
baldea,  mit  Alpenrosenstauden  reichlich  überwuchert^ 
uad  gewannen  eine  Stunde  später  ein  breites  Hoch- 
plateau^ woselbst  zwei  Wildheuer  ihrem  mühseligen 
Handwerke  oblagen*  Da  weit  und  breit  keine  Hütte 
sichtbar  ist,  bringen  diese  Leute  die  Nächte  hier  oben 
zu  in  einem  kastenähnlichen  Ge£achy  welches  zur  Noth 
zwei  Mann  beherbergen  kann.  Wenn  Stürme  toben 
und  ein  Hochgewitter  in  voll  entfesselter  Wuth  einher- 
btaudt^  mag  der  Aufenthalt  in  solchem  Kasten  freilich 
niekts  weniger  als  beneidenswerth  sein! 

reber  zerstreute  Fels-  und  Steinmassen  ging's  nun 
der  nahen  Cima  (2059™)  entgegen,  wo  wir  Mittags 
1^2^  Uhr  anlangten,  und  auf  den  Mauerresten  einer 
zerfallene»  Hütte  eine  Stunde  Siesta  hielten.  Die  Paß- 
mnlde  mag^  cirsa   eine  halbe  Stund«   breit  sein  und 


480  0.  J5. 

ist   mit   einer   Unzahl   kuppenartiger,    bis    8"»    hober 
Erhöhungen  bedeckt,    hinter  welchen  wir  uns,  durch 
tiberhängende  Felsen  geschützt,  vor  einem  losbrechen- 
den, soliden  Unwetter  verkrochen.    Doch  bald  brach 
siegreich  die  Sonne   hinter   dem   schwarzen  Gewölke 
liervor  und  frohen  Muthes  begannen  wir  den  Abstieg 
über  Felsgetrtimm er  jeglichen  Kalibers.  Binnen  Kurzem 
gelangten  wir  nach  dem  lieblichen  kleinen  Thalkessel 
Dordona  über  reiche  Triften   mit  weidenden  Pferde- 
heerden und  dann  ging's  durch  Alpenrosenfelder,  wie 
ich  sie  nie  in  ähnlicher  Pracht  und  Ausdehnung  erblickt, 
thalwärts  in's  Val  Brembana  hinab,  das  schroff  und 
dicht  bewaldet,  wie  jenseits  Val  madre ,    zu  unseni 
Füßen  liegt.     Foppolo  (1516"»),   das  erste  Dorf,  dai- 
wir  erreichten,    besitzt  schon  ein  leidlich  gutes,   gil" 
pflastertes  Sträßchen,   ist  es  doch  als  SommerfrisMl'*, 
begüterter  Familien   von   Mailand   und   Bergamo  ttp'. 
«inem  komfortabeln  Gasthofe  (Stella)  beglückt  wordflibfi 
Scharf  absteigend  passirten    wir    später    das   kleMß' 
Talleve  (1146"*)  und   langten   schließlich    nach  mMr 
kleinen  Stunde,   stets   auf  bequemem  Fußpfade  den 
rechten  Ufer  des  Brembobaches  entlang,   im  Bvawi 
(857»")  an.    Aeußerst  romantisch,  am  ZusammenflnciM 
zweier  Arme  des  Brembo  gelegen,  bildet  dieses  StädtcheB  * 
nach  Tschudi   das  Centrum   der   reichen  Alpenwirih^ 
fichaft  dieser  Thäler  und   den    Centralpunkt   für  M- 
genußreichsten  Ausflüge. 

Das  einzige  Gasthäuschen,   Osteria  Berrera,  M 
freilich    keinen    überflüssigen    Comfort    und    ist   i^lp 
rührendster  Naturwüchsigkeit,   auch   hätten   wir 
Freuden    ein    reinlicheres    Zimmer    der    schmat 
Spelunke,   in   welcher   wir   wegen  Platzmangel 
schlafen  mußten^  vorgezogen,  dagegen  war  die 
nähme  so  recht  freundlich,  patriarchalisch  einfacb, 
Kost  tadellos,   der  Wein   ausgezeichnet,   die  Bettei' 
wenigstens  sauber  und  die  Preise  spottbillig! 

Von  ergreifender   Schönheit  sind  die  Wasserfölle, 


JlhrtmohZQ.SA.C.  f/trrr  a,B 

Pizzo  dei  Rossi  (aaaiM) 

Nach  einer  Phologr  vDnO.B.aurgenommen  auf  dem  Piancsni, 


MurettO'  und  Dordonapass.  481 

velche  dicht  neben  dem  Dorfe  von  senkrechten  Fels- 
wänden niederstürzen ;  leider  mangelte  die  Zeit,  länger 
zu  verweilen,  um  die  Reize  dieses,  dem  größten  Theile 
der  Touristenwelt  so  unbekannten  Thaies  eingehender 
-ZU  durchforschen.  Schon  am  nächsten  Tage  ging^s 
über  Fonda,  Piazza  San  Martine  und  San  Giovanni 
bianco  nach  Bergamo  hinunter,  eine  prächtige  12stün- 
dige  Thalsohlen-Excursion ,  die  jedoch  nicht  mehr 
in  den  Rahmen  dieser  Skizze  paßt.  Ich  kann  indessen 
nicht  umhin,  hier  vollauf  das  ürtheil  Tschudi's  im 
Tourist  1884  zu  bestätigen,  wenn  er  in  der  Einleitung 
zu  seinem  Abschnitte  Bergamasca  sagt: 

„Die  sehr  bedeutenden,  hochinteressanten,  pro- 
^duktenreichen  und  wohlhabenden  Valle  Brembana,Valle 
■„Seriana  etc.  sind  fUr  die  Touristen  bis  zur  Stunde  noch 
^eine  terra  incognita.  Obwohl  der  imponirenden  Hoch- 
^gebirgsnatur  des  Wallis,  des  Berner  Oberlandes  etc. 
;,entbehrend,  bieten  sie  doch  eine  Fülle  fesselnder 
TjNaturschönheiten  der  mannigfachsten  Art.  Ihr  großer 
^Reiz  liegt  nicht  zum  Wenigsten  darin,  daß  der  Wan- 
^derer  überall  den  Spuren  einer  bedeutenden,  geschicht- 

„lichen  Vergangenheit  begegnet Kraft, 

^schöner  Menschenschlag,  einfache  Sitten,  Ehrlichkeit, 
^Gefälligkeit  und  Zuvorkommenheit  gegen  Fremde 
^zeichnen  die  heitern,  rührigen  und  intelligenten  Be- 
^wohner  auf  das  Vortheilhafteste  aus.  Die  anspruchs- 
„losen  Gasthäuser  entbehren,  mit  wenigen  rühmlichen 
„Ausnahmen,  des  gewohnten  Comforts  und  der  erforder- 
„lichen  Reinlichkeit,  befriedigen  aber  bezüglich  auf- 
„merksamer,  freundlicher  Bedienung,  guter  Küche,  Wein 
„und  Betten  bei  billigen  Preisen  alle  gerechten  Au- 
ssprüche  " 

0.  B,  (Section  Pilatus). 


31 


n 


482  SL  Simon. 

GletscherpickeU 

Woher  beziehe  ioh  einen  zuverlässigen  Oletseher- 
pickel?  das  ist  eine  Frage,  die  jed^  Hoeboluhist 
neben  jener  über  die  Schuhe  aufs  Intensivste  er<hrtert. 
Hundertfach  wurde  sie  auch  schon  au  mich  gestellt^ 
und  da  ioh  gewohnt  bin ,  auf  meinen  Taur^  die 
Stufen  meist  selbst  mit  dem  eigenen  Eisbeil  zu  hauea^ 
so  konnte  ich  mir  an  Hand  jahrelanger  Erfahrang 
darüber  insoweit  ein  ürtheil  bilden,  daß  es  uir  wohl 
nicht  als  UeberschStzung  ausgelegt  werden  wird,  wem 
ich  über  diese  wiehtige  Frage  in  kurzen  Worten  re- 
ferire. 

Mein  jetziges  Eisbeil,  da,8  a^hte  weiaies  idpinea 
Bedarfs,  ist  ein  so  vorzügli^es  Inairum^iA>  daftieh 
mir  kein  besseres  wihische.  Ee  ist  im  Ganzen  leU^ 
ergibt  trotzdem  einen  wuchtigen  Schlag  (iufel^  dfi: 
zweckmäßigen  Gewiehtsvertheihing),  Kapf  u&d  Zai^;eo 
siud  aus  einem  Stück  gesekmiedel^  und  so  i»  den 
sehnigen  Eseh^holzsitiel  eingelassen ,  daQr  nirgevds 
eine  vorc^riBgeade  Kante  von  H^lz  oder  SiaeB  sMi 
findet. 

Auf  Am-egung  von  Herrn  Ingenieur  B^d  venui' 
spalteten  wir  auf  d»m  topographiscben  BUbr^n  eine 
Zusammenstellung  Ton  ^üesk  mögticben  Typen  von 
GletscherbeüLen.  Jeder*  brachte,  was  er  Ori^ineUss 
und  Pffaktischaa  auftreiben  konnte.  Das  9eo^  d«vw 
soUte  d«.nn  zu>  einem  Normalbail  vereioigl  weideiu 
Ohne  DiskuasioB:  errang  ^h  aber  Hueiia  EiBbeil  so 
ungetheiiie  AnerkeniHuig ,  daß  es  einstimmig  ab  dss 
anerkannt  wurde»,  w^usk  man  suchiie,  ala  ^Konml- 
pickel". 

Dduroh  Zulatt  war  ich  dazu  gekommen,  und  es  ist 
die  vorzügliche  Construction  desselben  absolut  nicht 
mein  Verdienst,  sondern  lediglich  jenes  seines  Erstellers. 
Zufällig  kam  es  mir  in  der  naturwissenschaftlichen 
Sammlung  zu  Interlaken  unter  die  Augen.     Ich  6^ 


Gletscherpickel  4^9 

kttndigte  mieh  nach  dem  Lieferanten ;  es  war :  F.  Jörg^ 
Schmied  in  Zweilütschinen,  also  derselbe,  dessen  Eis- 
beile schon  an  der  schweizerischen  Landesausstellung 
als  das  beste  überhaupt  Gelieferte  dieser  Art  taxirt 
wurden. 

Der  Preis  ron  Fr.  16  schien  mir  sehr  mSBig,  und 
so  wurde  das  Instrument  direet  gekauft.  Jetzt  wäre 
es  mir  geradezu  unbezahlbar,  und  ich  wttrde  mich 
unter  keinen  UmstSnden  dazu  entschließen,  es  zu  ver- 
äußern, selbst  wenn  man  mir  das  Zehnfache  des  be- 
zahlten Betrages  dafllr  bieten  würde. 

Lettrten  Sommer  begleitete  es  mich  bei  mehr  als 
40  BedteigUBgen  und  bei  über  20  Pa^übergängen 
(worunter  Jungfrau,  Finsteraarhom,  Weißhom  etc.), 
imd  trolzdem  ist  es  noch  so  zuverlässig,  wie  am 
ersten  Tage,  oder,  besser  gesagt,  viel  zuverlässiger, 
denn  es  hat  eine  Feuerprobe  bestanden,  wie  sie  sonst 
nicht  leicht  ein  Instrument  aushält. 

Von  meinen  sonstigen  Piekeln  hat  keiner  über 
40  Besteigungen  ausgehahen,  ohne  etwas  defect  zu 
werden.  Mein  Engadiner  Beil,  von  Schmied  Thoma  in 
Amden,  befriedigte  mich  seiner  Zeit  auch,  und  durch 
Einsetzen  eines  netten  Stieles  würde  es  wieder  ein 
TOfsQgliehes  Ine^Crument  weMen,  trctzdem  es  tlber  40 
Bestefgungen  mätg^maeht,  W(ftm  28  im  Engadin. 
Aber  so  hafsAieh  wie  das  jetzige  Beil  wftrde  es  doch 
uieiiMKle,  und  tio  verbleibt  e»  zur  Erinnening  in  der 
Pickelsammfang. 

Das  jetzige  Indtrament  verspricht  daigege»,  ohne 
Repanatar  noch  einige  hundert  Fährten  aufzuführen,^ 
imdi  mehr  sind  ^6tlMß/g  für  daseelbe  nicht  roirauft- 
zsfsehefl. 

]f(^n  ^m  kurzen,  dkeet  äem  ptäkÜ$cYmt  tetg- 
steigen  esCttemmetien  Et-fkhnuigeii  get^ü^ea-^  txm  liir 
äSß  Tüchtigkeit  und  Yorzüggehkeit  der  JI$r]K'fi»^kii 
Oletscherbeile  zu  sprechen.  Und  soIHe  irgend  €to  Clul»- 
genosse  ein  witküeh  zirrertSssyges  B^l  wünsdien^  Eto 


484  F,  Becker, 

wende  er  sich  direct  an  F.  Jörg ^  Schmied,  Zwei- 
Ititschinen,  Berner  Oberland. 

Die  Preise,  je  nach  Ausführung  von  Fr.  10  bis 
Fr.  30  schwankend,  dürfen  als  mäßig  bezeichnet  wer- 
den. Letztere  hohen  Preise  beziehen  sich  auf  ab- 
schraubbare Pickel  complicirter  Construction. 

Vom  touristischen  Standpunkte  aus  sind  jedoch 
unbedingt  die  festen  Pickel  vorzuziehen.  Zu  Fr.  16 
erhält  man  ein  Instrument,  das  bequem  ein  Menschen- 
alter  aushält,  selbst  wenn  es  aufs  Intensivste  ge- 
braucht würde,  und  ich  hege  die  üeberzeugung,  viel 
mehr  im  Interesse  der  Clubgenossen  als  in  jenem  des 
Schmiedes  diesen  Pickel  auf's  Wärmste  empfohlen  zu 
haben. 

S.  Simon^  Ingenieur  des  eidg.  topogr.  Bureau. 


Randegger's  Alpenland,  mit  den  angrenzenden  Gebieten 

von  Central-Europa. 

9  Blätter  im  Maßstab  1  :  500,000. 

Für  den  Alpenclubisten  muß  jede  Darstellung  des 
Alpenlandes,  sei  es  in  Wort  oder  Bild,  von  Interesse 
sein;  eine  solche  bildliche  Darstellung  haben  wir  vor 
uns  in  4er  obbenannten  Karte,  die  mit  Beginn  dieses 
Jahres  aus  der  vorzüglichen  topographischen  Anstalt 
von  Wurster,  Randegger  &  Cie.  hervorging. 

Wenn  man  von  Liebe  zur  Alpenwelt  spricht,  so 
hat  das  zunächst  einen  allgemeinen  Sinn  —  wir  lieben 
die  Alpen,  die  Gebirge,  wegen  ihrer  Schönheiten, 
wegen  ihrer  Eigenthümlichkeiten ;  wir  lieben  sie,  weil 
wir  beim  Durchwandern  derselben  unsere  edelsten 
Eigenschaften  in  Körper  und  Seele  bethätigen  können, 
bethätigen.  müssen,  weil  diese  Bethätigung  selber 
unser  leibliches  und  geistiges  Wohlsein  weckt  nod 
befördert.  Wir  lassen  gerne  allerlei  neue  Eindrücke  auf 


Literarisches,  485 

uns  einwirken;  wir  thun  auch  etwa  einen  Schritt 
hinaus  über  unsere  Grenzen  und  sollten  es  noch  mehr 
thun  —  nicht,  um  an  unserm  eigenen  Lande  keinen 
Gefallen  mehr  zu  finden,  sondern  vielmehr  diesen 
Gefallen   zu  verdoppeln. 

Es  gibt  nicht  nur  in  der  Schweiz  hohe  Berge 
und  schöne  Berge;  das  ersehen  wir  recht  deutlich 
aus  der  vorliegenden  Karte,  die  uns  das  gesammte 
Alpenland  in  so  plastischem  Bilde  vorführt.  Die 
Alpen  erstrecken  sich  Über  ein  großes  Gebiet,  sie 
baden  den  einen  Fuß  in  den  Fluthen  des  Meeres,  den 
andern  setzen  sie  ab  an  den  Ufern  der  Donau,  ihre 
durchschnittliche  Breite  beträgt  30  Stunden.  Nur  ein 
Drittel  dieser  Alpen  ist  schweizerisch,  aber  in  diesem 
Drittel  liegen  die  höchsten  Gipfel,  wobei  wir  aller- 
dings den  Montblanc  als  zum  System  der  Schweizer- 
alpen gehörend  betrachten ,  und  die  gewaltigsten 
Massen.  Wichtiger  aber  ist,  daß  die  Schweiz  Theile 
aller  vier  Stromgebiete  Mittel-Europa's  in  sich  faßt, 
daß  die  Schweiz  diese  vier  Stromgebiete  trennt  und 
gleichzeitig  verbindet,  Nitr  nach  der  Schweiz  kann 
man  aus  vier  Hauptebenen  zugleich  gelangen,  nur 
aus  ihr  in  alle  hinabsteigen.  Die  Schweiz  wird  daher 
den  reichsten  Wechsel  an  landschaftlichen  For- 
men und  culturellen  Zuständen  aufweisen  und  dem- 
zufolge von  allen  Ländern  am  meisten  von  Fremden 
besucht  werden.  Wenn  wir  auch  die  „Mode"  fürchten 
im  Verlauf  des  Fremdenverkehrs,  daß  dieser  Verkehr 
sich  dauernd  nach  anderen  Gebieten  wenden  könnte, 
80  ist  gewiß  diese  Furcht  keine  begründete;  die 
Schweiz  wird  immer  das  interessanteste  Alpenland 
bleiben,  und  das  wird  ihr  auch  den  steten  Besuch 
der  Fremden  aus  allen  Gauen  sichern. 

Sache  des  Alpenclubs  und  der  einzelnen  Clubisten 
ist  es,  neben  andern  Dingen  auch  diese  Erkenntniß 
zu  hegen,  sie  weiter  zu  tragen  durch  Verbreitung  der 
Kenntniß  des  Alpenlandes.    Einem  solchen  Zwecke 


486  E.  Diibi. 

dient  nun  in  vorzüglicher  Weise  die  vorliegende 
Karte;  die  Anschaffung  derselben,  die  in  zwei  Aus- 
gaben, einer  oro-hydrographiscben  (nur  das  Terrain 
und  die  Gewässer)  und  einer  politischen  (das  TenraiB 
mit  den  Signaturen,  Ortschaftsnamen,  Grrenzen,  erste- 
res  }n  blasserem  Drucke),  erschienen  ist,  möchten 
wir  allen  Olubsectionen  ^r  ihre  Bibliotheken  em- 
pfehlen ;  dabei  ist  zu  rathen,  die  erstere  Ausgabe  als 
Wandkarte  aufzuziehen,  wo  das  Terrainbild  einen 
gewaltigen  Eindruck  macht,  die  andere  in  Mappe  zu 
halten  für  das  Detailstudium  < 

Die  Dimensionen  der  Karte,  auf  ein  Blatt  auf- 
gezogen mit  dem  Rande,  sind  1,61°»  auf  2,16"»;  die 
Preise  für  9  Blätter  mit  Umschlag:  Fr.  22,  50  für  die 
oro-hydrographische,  Fr,  30  für  die  politische  Aus- 
gabe. 

F,  Becker  (Seotiou  Tödi). 


Dr.  Emil  Zsigmondy:  Die  Gefahren  der  Alpen. 

Leipzig  1885. 

Die  Schrift  de^  hochbegabten  und  zu  frtlh  ver- 
storbenen österreichischen  Clubisten  ist,  wie  in  der 
Einleitung  bemerkt  wird,  wie  die  ähnlich  betitelte 
Brochure  von  Pfarrer  Baumgartner,  veranlaßt  worden 
durch  die  Preisausschreibung  des  S.  A.  0.  vom  Jahre 
1883,  Dr,  Zsigmondy  hat  aber  einen  andern  Zweck 
im  Auge,  Er  betitelt  seine  Schrift  auch  „Praktische 
Winke  fttr  Bergsteiger'*  und  meint  damit  vorzugs- 
weise diejenigen,  die  führerlos  geben.  Aber  auch 
dem  Gros  der  Touristen,  welche  diese  Hülfe  nicht 
entbehren  können  oder  nieht  entbehren  wollen,  glaubt 
er  mit  einer  Zusammenstellung  der  auf  Erfahrnng 
beruhenden  Winke  und  Warnungen  »u  dienen  und 
dies  muß  unstreitig  zugegeben  werden,  Dr.  Zsigmondy 
b^saß  eine  ungewöhnliche  Competenz  auf  diesem  (k- 


Literarisches,  487 

biete.    Die  Schrift  enthält  neben  einer  guten  Kennt- 
nis   und    Benutzung    der    Literatur    eine   Fülle    ron 
BemerkiiDgen)  die  der  Selbsterfahrung  des  Verfassers, 
«einer    Brüder   und   Freunde    entnommen    sind,    und 
irird  auch  Ton  Solchen  mit  Nutzen  studirt  werden,  die 
eigene  Erlebnisse  zur  Vergleichung  heranziehen  können. 
Aber  sie  darf  auch  Anfängern  empfohlen  werden,  weil 
«ie  mit   einer«  in  unserer  Litteratur   nicht  immer  ge- 
wi^rt^   Ehrlichkeit  und  Bescheidenheit   geschrieben 
ist«     Es  werden  freilich  haarsträubende  Dinge   darin 
ersählt,  abei*  nie,   um  die  Leser  gruseln   zu  machen 
odeir  die  eigene  Persönlichkeit  herauszustreichen,  son- 
dern als   die   lautere  Wahrheit  und   die  Folgen  von 
UebereilüTig,    üebereifer    oder    Unvorsichtigkeit.     In 
der  Einleitung    wie  am  Schluß   werden    ernste    und 
beherzigenswerthe    Worte     über    Selbstprüfung    und 
delbstttberhebung  gesagt,  die  sieh  Jeder  merken  müßte, 
und  man  hat  das  Gefühl,  daß  es  immer  edle  Triebe 
waren,   die  den  Verfasser  zu   seinen  Verwegenheiten 
drängten.     Eine  Einschränkung  muß   ich   da   freilich 
maoheB^    die  kein  Tadel   sein   soll,   aber  eine  noth- 
wendige  Mahnung  für  Andere.   Dr.  Zsigmondj  spricht 
von  der  Leidenschaft  des  Bergsteigers  und  bezeichnet 
als     solche     das    „Interesse    an    der    Lösung    eines 
Problems,    die    Begierde,    das     Unternehmen    durch- 
zuführen."    Mit  Recht  berührt  er   dabei   die   psychi- 
sche Stimmung,   die  erzeugt  wird,   wenn   die  Lösung 
des    Problems    an    der    Bezwingung    einer    einzigen 
schwierigen  Stelle  hängt.    „In  dieser  Stimmung  habe 
ich    manchmal    Stellen    bewältigt,    welche    ich    nicht 
wieder  machen  würde.  —  Ein  Mal  glückt    es,    ein 
zweites  Mal  nicht."    Dr.  Zsigmondy  hält  es  mit  Recht 
ito  eine  Gewissenlosigkeit,  solche  Stellen  zu  nennen; 
denn  er  weiß,  daß  es  Wahnwitzige  gibt,  welche  von 
dem  Princip   ausgehen:     „Was    ein    Anderer    kann, 
vermag  ich  auch."    Aber  diese  negative  Abmahnung 
scheint  mir  nicht  zu  genügen.     Wenn   der  Verfasser 


488  RedoLCtion. 

im  Bergsteigen  eine  treffliche  Schule  des  Characters 
sieht,  weil  es  den  Willen  zum  Siege  stählt,  so  ver- 
hehlt er  sich  nicht,  daß  der  Sieg  auch  zur  üeber- 
hebung  führt.  Er  findet  eine  Correctur  darin,  daß 
es  im  Gebirge  doch  Unmögliches  gibt,  und  daß  Jeder 
zu  dieser  Erkenntniß  kommt. 

Ich  hätte  aber  gerne  noch  einen  Zusatz  in  dem 
Sinne,  daß  es  im  Gebirge  nicht  nur  Dinge  gibt,  die 
man  nicht  machen  kann,  sondern  auch  solche,  die 
man  nicht  machen  soll.  Namentlich  die  Führerlosen 
müssen,  wenn  sie  ihre  gute  Sache  nicht  ganz  dis- 
creditiren  wollen,  sich  beständig  vor  Augen  halten, 
daß  sie  die  Verantwortlichkeit  allein  tragen,  welche 
sonst  zwischen  Führer  und  Touristen  getheilt  ist. 
Der  Character,  wie  ihn  das  Gehen  im  Hochgebirge 
schaffen  oder  stärken  soll,  besteht  ebenso  sehr  im 
Entsagen  wie  im  Erjagen.  Daß  in  einer  verhängniß- 
vollen  Viertelstunde  das  Letztere  über  das  Erstere 
den  Sieg  im  Gemüthe  des  Herrn  Dr.  Zsigmondy 
davon  getragen  hat,  ist  doch  wohl  der  Grund  seines 
nicht  genug  zu  beklagenden  Todes,  und  wenn  dies 
vertuscht  oder  vergessen  werden  sollte,  so  ist  auch 
dieses  edle  Opfer  unnütz  gefallen. 

Dr.  H.  Dübi. 


Souvenirs  d'un  alpiniste,  par  E.  Javelle 

(Lausanne  1886). 

Im  Frühling  1883  schloß  sich  in  Vevey  das  Grab 
über  einem  Clubgenossen,  dessen  Name  im  ganzeir 
Schweizer  Alpen  Club,  vornehmlich  aber  in  den  Sec- 
tionen  welscher  Zunge,  als  derjenige  eines  begeisterten 
Alpenfreundes  und  tüchtigen  Bergsteigers  besten  Klang 
besaß.  Emile  Javelle,  geboren  zu  St.  Etienne  am 
6.  Sept.  1847,  gestorben  zu  Vevey  am  29.  April  1883, 
war  kein  Sohn  der  Schweiz,  aber  er  trug  sie,  in  der 


Literarisches,  489» 

er  nach  wechselvoUen  Schicksalen  seine  zweite  Heimat 
gefunden,  in  warmem  Herzen  und  ihre  Berge  besaßen 
keinen  eifrigeren,  keinen  beredteren  Verkünder  ihrer 
Schönheit,  als  er  einer  war.  Vor  allen  hatte  es  ihm 
die  Dent  du  Midi  angethan,  deren  vielzackige  Krone 
das  obere  Ende  des  Lemansee's  abschließt,  aber  auch 
das  Montblancmassiv,  dessen  Dome  und  Nadeln  über 
die  savoyischen  Vorberge  zum  See  hinüberschauen^ 
und  die  Walliserberge ,  deren  Gletscherbäche  der 
jungen  Rhone  zufließen,  waren  ihm  wohlbekannt,  und 
viele  der  stolzesten  Häupter,  den  Mont  Blanc  und  den 
Tour  noir,  das  Matterhom,  das  Zinal  Rothhorn,  die 
Dent  d'H6rens,  das  Weißhorn  u.  s.  w.,  hat  er  bestiege» 
und  in  so  lebendiger  anschaulicher  Weise  geschildert^ 
wie  wenig  Andere.  Ein  Hauptreiz  dieser  Schilderungen,, 
die  er  meist  im  „Echo  des  Alpes"  niederlegte,  ist 
ihre  subjective  Färbung,  subjectiv  nicht  in  der 
Weise,  daß  er  das  liebe  Ich  in  den  Vordergrund  ge- 
stellt und  den  Berg  eigentlich  nur  als  Piedestal  für 
den  schneidigen  Hochclubisten  benutzt  hätte,  sub- 
jectiv vielmehr  in  dem  Sinne,  daß  er  nicht  nur  den 
Berg  und  seine  Besteigung  schildert,  sondern  den 
Eindruck,  den  er  dabei  empfangen,  mit  solcher  Wärme 
und  Begeisterung  wiedergibt,  daß  dieselben  Empfin- 
dungen auch  bei  dem  Leser  wachgerufen  werden» 
Mancher  sonst  recht  verdienstliche  Bericht  über  eine 
Bergfahrt  nimmt  sich  neben  Javelle's  leben-  und  geist- 
sprühenden Schilderungen  aus,  wie  eine  korrekte,  viel- 
leicht sehr  instructive  Umrißzeichnung  neben  einem 
stimmungsvollen  Gemälde,  das  Richtigkeit  der  Zeich- 
nung, Wärme  der  Farbe  und  glückliche  Beleuchtung 
harmonisch  zu  einem  Ganzen  verbindet.  Man  lese 
nur  die  Schilderung  der  ersten  Besteigung  des  Tour 
noir,  die  ein  wahres  Kabinetsstück  ist,  oder  die 
Fahrten  auf  die  Dent  du  Midi  (Souvenirs  de  deux 
etes),  auf  das  Matterhorn,  das  Weißhorn  u.  s.  w., 
oder,  wenn  man  den  Meister  im  Kleinen,  Idyllischen 


490  Medaetian. 

kennen  lernen  will,  das  reizende  Bildchen  der  Masots 
(Winzerhtttten)  de  Plan-Oeiiaier.  Bevor  Bich  Javelle 
dem  Lehrfache  znwaüdte,  hatte  er  eine  Lehrzeit  als 
Photograph  bestanden;  in  späteren  Jahren  wandte 
«r  sich  in  seinen  Mußestunden  wieder  diesem  Kunst- 
gewerbe zu  und  hätte  es  vielleicht  zu  seinem  Lebens- 
beruf erkoren,  wenn  ihm  nicht  der  Tod  seine  Pläne 
vorzeitig  mit  schwarzem  Striche  durchkreuzt  hätte. 
Seine  kleinen  Photographien,  von  denen  ein  Album 
an  der  Landesausstellung  in  Zürich  gerechtes  Aufsehen 
erregte,  zeichnen  sich  ausnahmslos  durch  ktlnstlerische 
Wahl  des  Standpunktes  und  verständnißvoUes  Erfassen 
der  besten  Beleuchtung  aus.  Dieser  künstlerische  Zug 
^findet  sich  auch  in  seinen  Schilderungen  und  darum 
sind  dieselben  so  lebendig,  so  wirksam* 

Mit  der  Sammlung  dieser  bisher  in  verschiedenen 
Zeitschriften  zerstreuten  alpinen  Arbeiten  Javelle's, 
unter  denen  wir  außer  den  bereits  berührten  die 
^Huit  jours  dans  le  Val  d'Anniviers'*  und  die  an- 
muthige  Schilderung  Salvans  hervorheben,  hat  sieh 
der  Herausgeber,  Hr.  Ed.  Beraneck,  ein  langjähriger 
Freund  des  Verstorbenen,  ein  eigentliches  Verdienst 
um  den  S.  A.  C.  erworben.  Unser  ehemaliger  Central- 
Präsident  Eugene  Rambert  hat  der  Sammlung  eine 
geistreiche  biographische  und  literarische  Einleitung 
;gewidmet  und  der  Verleger,  damit  nichts  fehle,  dem 
Buche,  das  hiemit  dem  S.  A.  €.  wärmstens  empfohlen 
«ei,  eine  sehr  hübsche  Ausstattung  mit  dem  photo- 
graphischen Bilde  Javelle's  gegeben. 

Einen  „clubiste  inutile"^  nennt  sich  Javelle  in 
seinen  „Souvenirs  de  deux  ^t^s",  weil  er  bei  seinen 
Bergfahrten  kein  speciell  wissenschaftliches  Interesse 
verfolgte,  ^ber  mit  vollem  Rechte  nimmt  er  das  Wort 
«in  paar  Seiten  weiter  zurück :  „Touriste  inutüe  ?  . . . 
Non,  11  n'est  pas  inutile,  celui^  si  humble  qu'il  soit, 
qui  vient  payer  un  sinc6re  tribut  d'admiration  aui 
Alpes  et  j  retremper  son   äme   et  qui^   sans  savoir 


Literarisdkes.  491 

peo^t-etre  les  expliquer  ou  les  peindre,  lefi  eomprend 
et  les  aime.'^  Ein  unnützer  Clubist!  Besäße  nur  unser 
Cäub  recht  Tiele  solcher  unnützer  Glubisten  wie  E.  Javelie, 
Olubisten,  die  es  yerstehen,  die  warme  Liebe ,  die 
tue  der  Alpenwelt  entgegentragen,  auch  bei  Anderen 
m  weeken  und  zu  hegen!  Red. 


Bergfahrten  von  Theodor  Harpprecht  (Stuttgart  1886). 

Dieses  Buch  ist  den  Souvenirs  d'un  alpiniste  nahe 
verwandt  und  verdankt  wie  diese  seine  Entstehung 
dem  Wunsche,  einem  begeisterten  Bergfreunde  und 
tüchtigen  Bergsteiger  durch  Zusammenstellung  seiner 
alpinen  Leistungen  ein  würdiges  Denkmal  zu  setzen. 
Theodor  Harpprecht,  geb.  1841,  gest.  1885  auf  der 
Karlshöhe  bei  Ludwigsburg,  einer  der  Gründer  des 
Deutschen  und  Oesterreichischen  Alpenvereins,  hatte 
sich  die  österreichischen  Hochalpen  zum  Arbeitsfelde 
erwählt :  die  Oetzthalergruppe,  in  welcher  er  den  ver- 
schollenen Sechstenweg  von  Gepatsch  nach  Vent  über 
Oelgmben-  und  Sechsegertenjoch  wieder  auffand;  die 
Hohen  Tauern  mit  dem  Groß- Venediger,  dem  Wies- 
bachhom,  der  Simony-,  der  Roth-  und  der  Dreiherren- 
spitze u.  s.  w.,  und  die  Ortlergruppe,  in  welcher  er  den 
seit  1805  verlassenen  Hintergratweg  wieder  eröffnete 
^und  neben  vielen  andern  Hochtouren  die  erste  Be- 
steigung der  Thurwieserspitze  ausführte.  Seine  Be- 
richte über  diese  Bergfahrten  erschienen  meist  in  der 
Zeitschrift  des  Deutschen  und  Oesterreich.  Alpenvereins 
und  sind  nun  von  seinen  Brüdern  Heinrich  und  Eduard 
gesammelt  und  mit  einem  Vorwort  von  R.  Seyerlen, 
einem  Nekrolog  des  Glocknerführers  Joseph  Schnell 
von  Gals,  mit  welchem  Harpprecht  die  meisten  seiner 
Touren  in  den  Tauern  ausgeführt,  und  einer  Reise- 
chronik Harpprechts  von  1862 — 1877  zu  einem  Buche 
vereinigt  worden,   dem  das  beigegebene  Portrait  des 


492  Bedciction. 

Verstorbenen  in  Lichtkupferdruck  der  berühmten  Ober- 
netter'schen  Anstalt  in  München  zur  Zierde  gereicht. 
Harpprechts  Fahrtschilderungen  sind  schlichter  nnd 
weniger  elegant,  aber  ebenso  anschaulich,  von  der- 
selben idealen  Begeisterung  für  die  Alpenwelt  durch- 
leuchtet und  ebenso  weit  von  selbstgefälligem  Bei^- 
fexenthum  entfernt,  wie  diejenigen  Javelle's.  Das 
Büchlein  verdient  in  hohem  Maße  der  Aufmerksamkeit 
alpiner  Kreise  auch  außerhalb  des  D.  und  Oe.  A.  V. 
bestens  empfohlen  zu  werden.  Red. 


J.  Meurer:  Führer  durch  die  Dolomiten.    4.  Auflage. 
(Gera  —  Leipzig  —  Wien  1885.) 
—  Illustrirter   Führer    durch   Westtirol   und 

Vorarlberg  (Wien,  Pest  und  Leipzig  1885). 

Der  unermüdliche  Präsident  des  Oesterreichischen 
Alpenclubs,  Hr.  Julius  Meurer,  hat  im  Jahre  1885 
die  touristische  Literatur  durch  zwei  Reisehandbücher 
bereichert,  die  einer  günstigen  Aufnahme  in  alpinen 
Kreisen  von  vornherein  versichert  sind.  Der  Führer 
durch  die  Dolomiten  ist  die  4.  umgearbeitete  und 
wesentlich  vermehrte  Auflage  des  vergriffenen  Reise- 
handbuches von  Dr.  P.  E.  Kurz,  das  indess  nur  die 
nördlichen  Dolomiten  bis  zum  Fleimserthal  und  der 
Landesgrenze,  also  die  Berge  von  Enneberg,  Bucheo- 
stein,  Schluderbach  und  Ampezzo  behandelte  und  nur 
selten  auf  die  anstoßenden  italienischen  Gebiete  hin- 
übergriff. Dieser  dem  Kurz*schen  Werke  entnonmieDe 
Theil  des  Führers  durch  die  Dolomiten  umfaßt  die 
Kapitel  I — XIIL  Von  der  richtigen  Ansicht  aasgehend, 
daß  weder  Sprach-  noch  Landesgrenzen  für  den  Berg- 
steiger in  Betracht  kommen,  hat  nun  Hr.  Meurer  den 
Führer  durch  Hinzufügung  von  9  Kapiteln  über  die 
östlichen  Dolomiten  im  Gebiet  der  oberen  Piave,  des 
Tagliamento  und  der  Gail,   die   südlichen  Dolomiten 


Literarisches,  493 

im  Gebiet  des  Fleimserthales,  des  Val  Primiero,  Val 
d'Agordo,  Val  Zoldo  und  Val  Sugana  und  die  westlichen 
Dolomiten  (Brentagruppe)  ergänzt  und  so  ein  Reise- 
bandbach geschaffen,  welches  das  ganze  Gebiet  der 
Dolomiten  vom  Pusterthal  bis  Val  Sugana  und  vom 
Val  Rendena  bis  zum  Canal  di  Gorto  umfaßt.  Ein 
Urtheil  über  die  Genauigkeit  und  Vollständigkeit  eines 
solchen  Buches  kann  selbstverständlich  nur  durch 
eigene  Erfahrung  und  Kenntniss  des  behandelten 
Oebietes  begründet  werden.  Indessen  bietet  in  Er- 
manglung dieser  die  Persönlichkeit  des  Autors  volle 
Gewähr  für  die  Zuverläßigkeit  seiner  Angaben.  Es 
konnte  Niemand  besser  berufen  sein,  den  Führer 
durch  die  Dolomiten  zu  schreiben,  als  der  bergkundige 
and  bergfreudige  Präsident  desjenigen  alpinen  Vereins, 
dem  die  ersten  Bezwinger  so  vieler  dieser  stolzen 
Pelszinnen  angehören.  —  Die  Anordnung  des  Stoffes 
innerhalb  der  einzelnen  Kapitel  weicht  von  der 
üblichen  Eintheilung  nach  Routen  der  meisten  Reise- 
bticher  wesentlich  ab.  Der  Führer  durch  die  Dolo- 
miten theilt  sein  Gebiet  nach  Thälem  ein,  deren  Topo- 
graphie und  Urographie  in  hie  und  da  unnütz  ausführ- 
licher Weise  geschildert  wird,  reiht  daran  die  Auf- 
zählung der  Ortschaften,  Wirthshäuser  u.  s.  w.,  sowie 
die  Beschreibung  der  Zugangswege,  und  bespricht 
endlich  die  von  den  einzelnen  Hauptquartieren  aus  zu 
machenden  Berg-  und  Paßtouren.  In  den  von  Herrn 
Meurer  neu  geschriebenen  Kapiteln  wird  diesem  In- 
halt meist  noch  eine  üebersicht  der  Entfernungen 
(Geh-  und  Fahrzeit)  vorangeschickt.  Die  oben  an- 
gedeuteten Breiten  in  den  orographischen  Beschrei- 
bungen abgerechnet,  ist  das  Buch,  seinem  Zwecke 
entsprechend,  in  knappem,  klarem  Styl  geschrieben, 
beschränkt  sich  auf  das  Wesentliche  und  vermeidet 
die  überschwänglichen  Anpreisungen  so  vieler  anderer 
fieisehandbücher,  die  dem  Touristen  zudringlich  Schritt 
fiir  Schritt  vorschreiben,  was  und  wie  er  zu  bewundem 
habe. 


4S4  Beäaelitm. 

Während  der  Fülirer  dnrdi  die  DolomUcn,  wie 
der  treffHehe  OrtlerfÜhrtr  desselben  Terfasscn-s,  wesmi- 
lieb  ein  Spesialfttbrer  f)lr  Ber^^steiger  hrl  und  sidi  waS 
ein  TerfalSltnifimäßig  enges  Gebiet  be«eliränkl,  sti^t 
der  illnstrirte  Ffthrer  dorch  Westtirol  «od  Vararlbei)^ 
mekr  auf  dem  Standpunkte  eines  allgemein^fc  Reiae^ 
liandbnebes^  das  alYen  Bergfreunden,  seien  es  VioA- 
clvbisten  oder  Ttialsohlenitoaristeii^  di^ien  soll.  Ohn^ 
das  Hochgebirge  darüber  zm  yemacMäSM^csiT.  wendet 
deßhalb  der  Führer  dtirch  Westtirol  den  großen  Ver- 
kehrslinie» seines  Gebietes,  der  Bonner-  nnd  der  Ai^ 
bei'gbahn,  den  Mittelpunkten  des  Tonriste&verkehii^ 
den  Sommerfrisehen  imd  Kurorti^  gr(56ere^  Aufnetk' 
samkeit  zs«  Abgesehen  rom  den  fß^fidbeit  Reti»- 
pfogrammeii  fifer  S — 4w9ehei])tBdie  Tonren  und  eine* 
yerzeiehiii)^  dier  Tekgraphenstatioaeii  m  s.  w.,  gliedert 
sieh  der  InhaMi  des  Bac^s  in  die  Rirbriken  Votari- 
berg,  Nerdw^esttiroly  Mittdtipol  im4  Südwesttir^l.  !■ 
Osten  wird  das  Gehkt  doteh  die  B^reno^rbahs  al»- 
gegrenzl^  im  Weste»  dnreh  die*  Landesgrenze  ^  ww 
den  Uebekpiand  bedingt,  daß  die  auf  fremdem  Ge^bMe 
geiege««n  Abhinge  ^m  Gienzg^Mrgc^  ».  R  des  Blriiti' 
kon  und  der  dUvrettah,  der  Ortier-  und  der  Adamette^ 
^^!W^^j  sehr  stEefiffilttterüdi  b^uand«M  wories  shmL 
Kamemtlvch  für  dse  stiidüeh  rom  AdaaNlle>  ans^ 
strahlendes^  zwiseten  Jwüeäcriffin  und  Yal  CaniSMCi 
getegenen  Gebirge,  di«^  hniher  wenigslesa  in  der 
deutsches  al^iiren  Lttc^mtin*  wenig  h«s^roclieB  wvriM 
sindt,  wüire  eingeheodere  BehandJhing  sehr  «rwttnseht 
gewesen.  Vielleieht  MMi  der  Herr  Verfasse»  ^fiese 
Liteke>  später  aar  Freude  alter  Lielrhiiler  itafiodMr 
A]|pesdandsdb»fien.  domsh  einea  SpeeialAteer  ans. 

Der  Führer  dunh.  dk  Bolonuten  enthIM  aia  M- 
higea  nur  t  Karten,  ekm  lJebiersidiri;skarte  der  s9fd- 
lieheni  und;  südliehen  ]i>ei9Xiiitalpen  md  ehi  KirUehMk 
der  Blrenilagjiupfwv  Issk  G^egensatz  dbtzu^  isH  cler  West- 
throler  Führer  rei«b;  jtt  «biSFreieh  anegestaittat  AnGer 


einer  Konten-  uad  eiaer  Dlstsaau^eakarte^  einem  PI»»  yooi 
iBBsbrack  nad  8  &pe9iiklkäit<^etp^  (Bode^see,  Arlberg- 
bah%  Mer&a)  e»thäH  er  62  }llustrati<m^y  woranler 
6  l^bfieke  Licktdnieke  \mä  66  Habscbaitte  vq»  sehr 
«Bgleicbem  Werthe.  Daß  da  und  dori  eine  cbarak^ 
terigtifiche^  für  die  To^po^apüe  wichtige  Ansicht  eine» 
Tlialhiiitergrmideß;  einer  Berggruj^pe  u.  s.  w*  beige- 
geben wurde^  ist  nw  za  begrüßen^  aber  auf  die  viel^» 
niehtsaagefidea  Dorf-  und  Ganthausansiohten  würden 
wir  mit  Vei^i^en  yerziehten,  namentlieh  wenn  stiatt 
devselben  Kärtchen  beigegeben  wären,  die  «um  Ver* 
ständniß  der  Topographie  einer  Gegend  ungleiefar 
bessere  Dienste  leisten,  9.h  die  längste  Beschreibumg^ 
Tsckudi  hat  to^  Anfie^i^  an  ¥oa  selehen  lUu^rationent 
abgesehen  und  neb  mit  Karten^  Staditplänen  und  Pane- 
Famen  begnügt.  Bädecker,  der  alte  Practik»«  m  besten 
^BBe  desWidrtes^  dese^i  Reisehandkjich  für  die  Scbweia^ 
Hl  seinen  fHiher^Bk  Anklagen  »oeh  hie  v»A  da  eine  Stadt- 
maiieht  oder  dgl.  eothidtt,  he^  ii^  d^en  späteren  auf 
d&esen  B>sd!last  ver^iK^btet,  diafüi?  aber  die  2ahl  der 
Karle»  erhdt^lich  vemtehrt,  ein  nachabmen&wertbej^ 
Beispiel  Air  spätere  Auflagen  <ieB  WesttirelerfiiihreiHiS. 
deren  das  tüchtige  Werk  recht  viele  zu  erleben  ver- 
dient. Red, 


L'EdMT  des  Alpea  1885. 

Der  21 .  Jahfpgmg  di^s  B(<cho  entbältwieeeioe  Vorgänger 
neben  zahlreichen  kleineren  Mittheilungen  verschiedener 
Art,  Fest-  und  Sectionsberichten,  Rrecensionen  u.  dgl. 
mehrere  werthrolle  größere  Arbeiten  theils  wissenschaft- 
Ueken^  tlieilis  tDimslis<^eB  Inhailts.  Unter  ^s^  sij»d her- 
vorzuheben die  Berichte  der  HHv.  TJhury  und.  Wannei: 
Über  iftre  fährerlosen  Touren  im  BagRethal^  m  welcbemi 
sie-  die-  ßuinette',  den  Mont  Blaue.'  &  Cheillon ,  däfit 
PetBte  deTEveque^  die  Lneüite  (liOellHte  der  WaUiaer- 
EsowaMmekastie  von    IBßl)   and   den:  Pleui^iif   be-- 


496  Bedaction. 

«tiegen  haben,  nnd  die  Schilderung  Hrn.  Martins  einer 
Winterfahrt  im  Wettersteingebirge  (Krottenkopf,  Zug- 
spitze, Schachenalp).  Arbeiten  wissenschaftliehen  In- 
halts sind  R.  Guisan's  werthvoUe  Studie  über  den  gegen- 
wärtigen Stand  der  Wetterprognose  (mit  10  Kärtchen 
und  3  Tafeln),  die  Untersuchungen  G.  Beraneck's  über 
die  Lage  des  alten  Tauredunum,  welches  derselbe 
nach  Aux  Evouettes  zwischen  Porte  du  Sex  und  Port 
Yalais  verlegt,  und  F.  A.  ForeFs  über  das  eigenthüm- 
liehe  Schattenbild,  das  der  Chamossaire  am  14.September 
1885  (Clubfest)  bot,  und  J.  Brun's  vergleichende  Studie 
über  norwegischen  und  alpinen  Gebirgs-  und  Land- 
«chaftscharakter.  Von  praktischem  Werthe  für  Tou- 
risten sind  von  dem  tibrigen  Inhalt  namentlich  H.  Fer- 
rand's  Bericht  über  die  „Refuges"  und  „Abris"  des 
Dauphin^  und  £.  de  la  Harpe's  Itinerar  der  Umgebung 
des  Schwarzsee's.  Außer  den  erwähnten  Kärtchen  sind 
dem  Bande  beigegeben  zwei  sehr  gelungene  Phototypien ' 
von  Brunner  in  Winterthur:  Ruinette  und  Mont  Blane 
de  Cheillon  (nach  einer  Photographie  von  V.  Bella),  und 
Nord-Cap,  und  eine  Ansicht  des  Galenstocks  vom  Sidel- 
liom  aus  nach  einer  Phot.  von  J.  Beck  in  Straßburg. 

Red. 


Zeitschrift  des  Deutschen  und  Oesterreichischen 

Alpenvereins.  1885. 

Band  XVI.  Red.  Th.  Trautwein. 

Mittheilungen  des  D.  u.  Oe.  A.  V.  1885. 

Neue  Folge  Band  I.  Red.  J.  Emmer. 

Die  auf  pag.  583  des  Jahrbuches  XX  einirähnte 
Aenderung  der  Publicationen  des  D.  u.  Oe.  A.  V.  hat 
sich  im  Jahre  1885  vollzogen.  Die  Zeitschrift  ist 
statt  in  drei  Heften  in  einem  Bande  als  Jahrbuch 
erschienen,  die  Mittheilungen  haben  ihr  Format  ver- 
^ößert  und  zählen,  statt  zehn,  vierundzwanzig  Nummern. 


Literarisches,  497 

Der  Inhalt  des  Jahrbuches  besteht  vorwiegend  aus 
wissenschaftlichen  Arbeiten,  denen  nur  wenige  tou- 
ristische Artikel,  wie  Frau  Hermine  Tauscher's  Ortler 
Hber  die  Hinteren  Wandln,  Dr.  Th.  Petersen's  Bilder 
ans  dem  Kaunserthal,  Dr.  K.  Schulz'  erste  Ersteigung 
des  Crozzon  di  Brenta  und  L.  Purtscheller's  Massiv 
der  Meije,  beigegeben  sind.  Die  Botanik  ist  durch  die 
Abhandlung  über  Ursprung  und  Geschichte  der  Alpen- 
flora von  Dr.  A.  Peter  vertreten,  welcher  in  Abweichung 
von  den  Ansichten  Grisebachs,  Christs,  Englers,  Heers 
^d  Balls  annimmt,  die  Flora  der  Alpen  sei  theils  im 
arktischen  Gebiet,  theils  in  dem  großen,  von  West  nach 
Ost  durch  Europa  und  Asien  verlaufenden  Gebirgszug 
entstanden,  dem  die  Pyrenäen,  die  Alpen,  der  Kaukasus, 
der  Altai,  der  Himalayah  etc.  angehören,  sei  aber 
ans  beiden  Gebieten  durch  die  Eiszeit  in  tiefere  Lagen 
gedrängt  worden,  wo  eine  innige  Mischung  beider 
Elemente  stattgefunden  habe;  mit  dem  Zurückweichen 
der  Gletscher  sei  dann  diese  neue  Mischflora  einerseits 
in  den  Norden,  anderseits  in  die  Gebirge  zurück- 
gewandert, während  das  dazwischen  liegende  Tiefland 
von  einer  neuen  Flora  aus  den  umgebenden  Gebieten 
(welchen?)  besiedelt  worden  sei.  Der  Gletscherkunde 
sind  vier  Arbeiten  der  Herren  Prof.  Ed.  Richter 
(Die  Gletscher  der  Oetzthalergruppe  im  Jahr  1883), 
Dr.  K.  Diener  (Studien  an  den  Gletschern  des 
Schwarzensteinergrundes),  F.  Seeland  (Studien  am  Pa- 
sterzengletscher) und  Dr.  v.  Frey  (lieber  die  Schwan- 
kungen der  Gletscher  und  Seen)  gewidmet;  an  diese 
letztere  Arbeit  schließt  sich  dem  Inhalte  nach 
I^.  A.  Geistbecks  Abhandlung  über  die  südbayrischen 
^d  nordtirolischen  Seen  an  Volkswirthschaftlichen 
Charakters  sind  die  Aufsätze  über  die  Aufgabe  der 
f'orstwirthschaft  von  M.  Lizius  und  über  die  Ver- 
banung  des  Wildbachs  Gadria  bei  Laas  im  Vintschgau 
von  P.  L.  Hoffmann  und  im  weiteren  Sinne  die  Schil- 
derung des  Landes  Berchtesgaden  durch  Dr.  A.  Penk 

32 


498  Bedaction, 

und  Dr.  E.  Richter,  von  denen  der  Erstere  die  Ober- 
fl&chengestaltung  des  Ländchens  und  ihre  Entstehung, 
der  Letztere  den  Zustand  der  Bevölkerung  in  seiner 
Abhängigkeit  von  den  Bodenverhältnissen  und  dem 
Klima  behandelt.  C.  Fruhwirth  setzt  seine  Unter- 
suchungen über  Höhlen  fort.  Mit  der  alpinen  Nomen' 
clatur  beschäftigen  sich  die  Arbeiten  von  C.  Gsaller, 
A.  Wessinger  undL.  v.  Hohenbtlhl,  mit  Distanzenbestün- 
mungen  ein  Aufsatz  von  L.  Obermair.  Dr.  H.  E.  Oster 
untersucht  die  Frage,  welche  der  beiden  Klausen,  die 
zusammen  die  sogen.  Yeroneserklause  bilden ,  Otto 
V.  Witteisbach  1155  umgangen  und  gestürmt  habe, 
und  kommt  nach  Besichtigung  des  Terrains  zu  dem 
Schlüsse,  es  müsse  die  obere  Klause,  die  von  Oeraino, 
gewesen  sein.  Unseren  Itinerarien  verwandt  ist  die 
interessante  orographische  und  touristische  Schildenmg 
der  Lechthaler-Alpen  von  A.  Spichler. 

Dem  geschäftlichen  Theile,  der  mit  der  alpineir 
Bibliographie  für  1885  den  Schluß  des  stattlichen, 
30  Bogen  starken  Bandes  ausmacht,  entnehmen  wir, 
daß  die  Section  München  zum  Vorort  für  1886—1888 
bezeichnet  und  die  HH.  Prof.  Dr.  V.  v.  Zittel  nnd 
Forstrath  Freiherr  v.  Bäsfeldt  als  I.  und  U.  PräsideBt 
gewählt  wurden  und  daß  die  Betriebsrechnung  von 
1884  bei  51,515  Gulden  öst.  Währung  Einnahmen 
und  47,599  Gulden  Ausgaben  mit  einem  Activsaldo 
von  3916  Gulden  abschließt. 

Die  Ausstattung  der  Zeitschrift  ist  eine  sehr  sdiöne. 
Außer  einer  Planskizze  und  20  Textfiguren  enthXlt 
die  Zeitschrift  das  Blatt  IV  der  Karte  der  Berditoe- 
gadeneralpen  (Uebergossene  Alm  und  Steinernes  Meer) 
im  Maßstab  1 :  50,000  in  Kurven  (Bquidistanz  100«) 
und  Schraffen  mit  senkrechter  Beleuchtung  ausgefliluiy 
eine  Combination,  welche  trotz  sorgfältigster  Auaftthnuig 
stellenweise  das  Kartenbild  verworren  und  unleseriinA 
macht,  drei  Panoramen  (von  Waltenberger,  £.  T.  Gon^ton 
und  V.  Siegl),  vier  kleinere  Ansichten,  unter  denen  der 


Literarisches.  499 

Lichtknpferdruck  „Im  Gepatsch"  nach  E.  T.  Compton 
hervorzuheben  ist  j  und  ein  Portrait  A.  Schaubach's, 
des  Verfassers  der  Deutschen  Alpen,  dem  Dr.  F.  Ortlepp 
eine  biographische  Skizze  gewidmet  hat. 

Die  Mittheilungen  des  Jahres  1885  bilden  zu- 
sammen einen  stattlichen  Quartband  von  288  Seiten. 
Der  Inhalt  gliedert  sich  in  die  Rubriken  Artikel,  unter 
welchem  bescheidenen  Sammelnamen  kurze,  aber  des- 
halb nicht  minder  werthvolle  Abhandlungen,  Fahrt- 
berichte ,  Biographien ,  literarische  Besprechungen, 
Erörterungen  alpiner  Streit-  und  Zeitfragen  etc.  be- 
griffen sind,  wissenschaftliche  und  touristische  Mit- 
theilungen, Weg-  und  Hflttenangelegenheiten,  Führer- 
wesen, Verkehr  und  Unterkunft,  Personalnachrichten, 
Verschiedenes,  Literatur  und  Kunst,  und  endlich 
Vereinsangelegenheiten.  Bestimmt,  den  D.  u.  Oe.  A.  V. 
jeweilen  rasch  von  Allem  zu  unterrichten,  was  in 
alpmen  Kreisen  vorgeht  oder  alpine  Interessen  berührt, 
durch  Austausch  von  Nachrichten  aus  den  Sectionen, 
deren  der  D.  u.  Oe.  A.  V.  auf  Ende  1885  120  mit 
15,000  Mitgliedern  zählte,  das  Gefühl  der  Zusammen- 
gehörigkeit zu  stärken  und  den  Verkehr  des  Central- 
ansschusses  mit  dem  Verein  zu  vermitteln,  bilden  die 
Hittheilungen  eine  nothwendige  Ergänzung  zur  Zeit- 
schrift, eine  Ergänzung,  wie  sie  auch  unserem  Jahr- 
buehe  zu  Theil  werden  sollte  und  über  kurz  oder 
lang  zu  Theil  werden  muß*  Red. 


Oesterreichische  Alpenzeitung.    Nr.  157—182. 

Red.  Jul.  Menrer. 

Der  siebente  Jahrgang  der  Oesterreichischen  Alpen- 
zeitung, der  wie  seine  Vorgänger  der  Thätigkeit  des 
Oesterreichischen  Alpenclubs  hohe  Ehre  macht,  ist 
ein  stattlicher  Band  von  314  Seiten  mit  einer  allen 
Bergfreunden    willkommenen   Beilage,    dem   wohlge- 


500  Bedaction. 

troffenen,   in  Kupfer-Radirung   ausgeführten  Portrait 
des   hochverdienten  Präsidenten,   Hm.  Jul.  Meurer's, 
der    durch   Beschluß   der  VI.  Plenarversammlung    in 
die  eigenthtimliche  Lage  gebracht  wurde,  als  Redactor 
der  Alpenzeitung   in   derselben   sein  eigenes  Portrait 
publiciren  zu  müssen.   Die  Bergfahrten,    deren    Schil- 
derungen den  größten  Theil   der  Zeitung   einnehmen, 
bewegen    sich  meist   im  Gebiet   der   österreichischen 
Alpen.   Der  Redactor  bespricht  die  Riviera  di   Quar- 
nero  und  den  Monte  Maggiore  (Istrien),  M.  Fuchs  die 
Hochwildstelle  in  den  Niederen  Tauem,   H.  Köchlin 
eine  Winterfahrt  auf  die  Bischofsmütze .  im  Dachstein- 
gebirge und  die  Besteigung  des  Löffler  in  den  Ziller- 
thaler-Alpen,  L.  Friedmann  diejenige  des  Piz  Popena 
(Dolomiten)  vom  Cristallpaß  aus,  Dr.  Bruno  und  Fran 
Rosa  Wagner  schildern  ihre  Hochtouren  im  Oetzthal- 
und  Ortlergebiet  (Oelgrubenjoch  und  -Spitze,  Hinter- 
eisjoch, Weißkugel,  Cevedale,  Königsspitze),  0.  Fischer 
die  Besteigung  der  Grohmannspitze  in  den  Dolomiten, 
H.  Heß  seine  Gratwanderungen  in  den  Haller-Mauem 
bei  Admont.     In  die  Schweizeralpen   führen   uns  die 
Berichte  Dr.  0.  Zsigmondy's  über  die  Besteigung  äea 
Monte  Rosa  von  Macugnaga  aus  und  Dr.  E.  Zsigmondy's 
über  die  Traversirung  des  Matterhoms;  Prof.  L.  Liechti 
schildert  eine  Gewitteniacht   am  Aletschhorn,    die  in 
einer  Eishöhle   circa   4000  M.  über   dem  Meere   zu- 
gebracht wurde,  und  Hr.  M.  v.  Kuffner  die  Ersteigung 
des   Piz    Glüschaint  über  den   Nordgrat.     Auch  aus 
den  Bergen  der  Antipoden  ist  ein  Bericht  eingelangt: 
Hr.  R.  V.  Lendenfeld  hat  in  den  Australischen  Alpen 
einen  Berg  entdeckt  und  bestiegen,   der   südlich  von 
dem  Mont  Kosciusko  aufsteigt  und  diesen  vermeintlich 
höchsten  Gipfel  Australiens  noch  um  circa  40'  tiber- 
ragt.   Den   Katastrophen   am  Reichenstein  im  Eims- 
thal,    durch   welche    der   Oe.  A.  C.  zwei  junge  viel- 
versprechende Mitglieder  verlor,   und   an   der  Meije, 
an  welcher  Dr.  Emil  Zsigmondy,  dieser  eminente  Berg- 


l . 


Literarisches,  501 

Steiger  und  -Kenner  und  begeisterte  Verehrer  der 
Alpenwelt,  den  Tod  fand,  siiid  eingehende  Berichte 
gewidmet.  Derjenige  über  die  Katastrophe  vom 
6.  August  umfaßt  ein  kurzes  Lebensbild  Zsigmondy's 
nebst  einer  Liste  seiner  bedeutendsten  Bergtouren 
von  M.  V.  Kuffner,  die  Schilderung  des  Unglücksfalles 
von  dem  schwergeprüften  Bruder  des  Verunglückten, 
einen  Nachruf  J.  Meurer's,  zwei  Ansichten  der  Meije  und 
die  Grabrede  Prof.  Kellerbauer's  auf  dem  Friedhofe  von 
St-Christophe  en  Oisans. 

Aus  dem  übrigen  Inhalt  des  reichhaltigen  und  gedie- 
genen Bandes  erwähnen  wir  die  Berichte  über  W.  W.  Gra- 
ham's  Reisen  und  Bergbesteigungen  im  Himalaya  nach 
dem  Alpine  Journal  und  den  Proceedings  der  R.  G.  S., 
die  Kontroverse  über  führerlose  Hochtouren,  in  der 
die  HH.  Heß  und  Prof.  K.  Schulz  nicht  die  führer- 
losen Touren  an  sich,  wohl  aber  das  von  den  Herren 
Dr.  A.  Böhm  und  Dr.  Lammer  leichtfertiger  Weise  an- 
gepriesene führerlose  Alleingehen  energisch  bekämpfen, 
und  die  Anlegung  der  Redaction  zur  Errichtung  von 
Wetterschutzhütten  auf  Hochgipfeln,  eine  Anregung, 
die  man  allenfalls  für  einzelne  vielbesuchte  Punkte,  wie 
den  Ortler,  gelten  lassen  kann,  die  aber,  allgemein 
gehalten  und  auf  Hochgipfel  überhaupt  ausgedehnt, 
kaum  mehr  als  einen  Achtungserfolg  für  die  damit  be- 
wiesene montane  Menschenfreundlichkeit  erzielen  wird. 

Den  Rest  des  Bandes,  dessen  reichen  Inhalt  diese 
summarische  und  unvollständige  Aufzählung  der  wich- 
tigsten Arbeiten  keineswegs  erschöpft  hat,  nehmen, 
außer  Clubcircularen  und  Vereinsnachrichten,  zahl- 
reiche literarische  Besprechungen,  Notizen  über  Führer- 
und Hüttenwesen,  Wegbauten  und  Verkehrsmittel  und 
itinerarartige  Mittheilungen  über  Bergfahrten  in  An- 
spruch, kleine,  oft  anscheinend  unbedeutende  Miscellen, 
denen  aber  doch  das  nicht  geringe  Verdienst  zukommt, 
die  Oest.  Alpenzeitung  zu  einer  der  best-  und  schnellst- 
unterrichteten  aller  alpinen  Zeitschriften   zu  machen. 

Red. 


502  Medaction, 

Oesterreichische  Touristenzeitung.  Wien  1885. 

Red.:   Ed.  Graf. 

Der  Band  V  der  Oesterreichischen  Touristenzeitung 
ist  nach  Inhalt,  Ausstattung  nnd  Auflage  ein  erfreu- 
lirAer  Beweis  von  dem  Wachsthum  und  Gedeihen  des 
österreichischen  Touristenclubs,  der  im  Jahre  1885 
von  41  auf  52  Sectionen  angewachsen  und  nächst 
dem  Deutschen  und  Oesterreichischen  Alpenverein  die 
größte  aller  alpinen  Gesellschaften  ist.  Der  Inhalt 
besteht,  abgesehen  von  kleineren  Notizen  aus  den 
Gebieten  der  Naturkunde  und  speciell  der  Höhlen- 
kunde, Besprechungen  der  alpinen  Literatur  und  Kunst 
und  einer  reichhaltigen  alpinen  Chronik,  aus  57  größeren 
und  kleineren  Arbeiten,  von  denen  die  Mehrzahl  Fahrt- 
berichte und  Schilderungen  von  Land  und  Leuten  aus 
den  Oesterreichischen  Alpen  vom  Rhätikon  bis  nach 
Groatien  hinaus  sind.  Die  Ausstattung  ist  gut  nnd 
weist  39  Textillustrationen,  meist  sehr  gelungene  An- 
sichten charakteristischer  Landschaften,  auf,  dazu  ein 
in  Kontouren  ausgeföhrtes  Hemiorama  vom  Hohen 
üntersberg  bei  Pemitz  (Niederösterreich)  und  zwei 
Panoramen  vom  Tamischbachthurm  in  der  Buchstein- 
gruppe  und  von  der  Cema  Ferst  in  der  Wocbein 
(Julische  Alpen).  Die  starke  Auflage,  die  schon  An- 
fang 1885  9000  betrug,  Anfang  1886  auf  10,000 
gestiegen  war  und  jetzt  11,000  beträgt,  beweist,  wie 
viel  Boden  die  Oesterreichische  Touristenzeitung  ge- 
wonnen hat  und  wie  kräftig  der  Verein  aufblüht,  dessen 
Organ  sie  ist.  Beiden  wünschen  wir  auch  für  die 
Zukunft  bestes  Gedeihen.  Red. 


Societä  degli  Alpinisti  Tridentini.   XI«  Annuario. 

Red.  Dr.  C.  Boni. 

Das  Jahrbuch  der  S.  A.T.  hat  mit  seinem  11.  Bande 
ein  neues,  stattlicheres  Gewand  angezogen.    Statt  im 


Literarisches,  503 

Format  unseres  Jahrbuches  erscheint  es  nun  in  dem- 
jenigen des  „Echo  des  Alpes".  Der  Inhalt  ist  aber 
durch  diese  Veränderung  nicht  berührt  worden.  Nach 
wie  vor  besteht  er  aus  der  Vereinschronik,  dem 
Führer-  und  dem  Mitgliederverzeichniß,  Miscellen  und 
bibliographischen  Besprechungen  und  dem  Hauptab- 
schnitt ^Studi^  ascensioni  ed  escursioni",  der  einen 
Bericht  über  die  12.  Jahresversammlung  der  S.  A.  T. 
in  Pieve  di  Ledro  von  Dr.  Ricabona,  eine  Schilderung 
des  Clubausflugs  auf  den  Passo  dei  Topeti  di  Lares 
imd  zu  der  Lareshütte  von  Dr.  Gambillo,  und  eine 
solche  der  ersten  Besteigung  des  Crozzone  di  Brenta 
von  R.  Thaler  enthält.  Neben  diesen  Fest-  und  Fahrt- 
berichten —  schade,  daß  der  letzteren  nicht  mehr 
sind!  —  ßnden  wir  ein  Itinerar  des  Val  8.  Primiero 
und  des  Canal  S.  Bovo  von  Dr.  Fratini,  einen  Aufsatz 
über  die  Nomenclatur  der  Fassaner-Alpen  mit  Itinerar- 
Notizen  von  den  HH.  Dr.  Gambillo,  Dr.  Candelpergher 
und  A.  Tambosi  und  endlich  eine  Reihe  von  Studien 
über  die  Fischerei,  die  Jagd,  die  alpine  Flora,  die 
nutzbaren  Mineralien,  die  Sitten  und  Gebräuche  und 
die  Sagen  des  Trentino.  Die  S.  A.  T.  fährt  also  fort, 
ihre  Thätigkeit  ausschließlich  den  Bergen  des  Süd- 
tirols zuzuwenden,  dafür  aber  dieses  eng  begrenzte 
Arbeitsfeld  um  so  intensiver  zu  kultiviren.  Von  den 
7  Illustrationen  etc.,  die  dem  sehr  empfehlenswerthen 
Annuario  beigegeben  sind,  erwähnen  wir  die  werth- 
voUen  Beiträge  Dr.  Gambillo's,  namentlich  das  Pano- 
rama und  die  Kartenskizze  der  Rosengartengruppe. 
Dem  geschäftlichen  Theile  entnehmen  wir,  daß  die 
8.  A.  T.  11  Ehrenmitglieder  und  800  Activmitglieder 
zählt,  unter  dem  Präsidium  des  Hrn.  Antonio  Tambosi 
in  Trient  steht  und  vier  Hütten  an  der  Tosa,  dem 
Cevedale  und  dem  Laresgletscher  und  an  der  Presa- 
nella  (im  Bau)  besitzt.  Red, 


504  Medaetion. 

Alpine  Journal.    Vol.  XII,  Nr.  87—90. 

Edit. :  W.  A.  B.  Coolidge. 

Von  den  Arbeiten  touristischen  Inhalts,  die  im 
Jahr  1885  einen  kleineren  Theil  des  Alpine  Journal 
in  Anspruch  nehmen,  als  sonst,  berührt  nur  der  Be- 
richt Mr.  J.  Stafford  Anderson's  über  seine  im  Jahr- 
buch XX,  pag.  449  und  451,  erwähnten  Besteigungen 
des  Eigers  und  des  Zermatter-Breithoms  das  eigent- 
liche Gebiet  der  Schweizer  Alpen.  Mr.  D.  W.  Fresh- 
field  setzt  seine  ansprechenden  Schilderungen  aus  ab- 
gelegenen Winkeln  Savoyens  fort  und  empfiehlt  alff 
interessante,  noch  nicht  vom- Touristenstrome  tiber- 
fluthete  Chamonixwege  die  Routen  Albertville-Haute 
Luce-Contamines  mit  dem  Abstecher  über  den  Mont 
Joli,  Albertville-Flumet-Megfeve- St. Gervais,  Annecy- 
Thones-Col  d'Aravis-Flumet  und  Cluses-Pointe-Perc6e- 
Sallanches  -  Pointe  de  Collonex  -  Servoz. 

Mr.  Coolidge  bespricht  die  Besteigung  der  Meije 
von  La  Grave  aus  und  knüpft  daran  eine  Darlegung 
und  Erörterung  des  Unglücksfalles  vom  6.  Aug.  1885, 
dein  Dr.  Emil  Zsigmondy  zum  Opfer  gefallen  ist. 
Hr.  Moritz  v.  D6chy  schildert  die  erste  Besteigung  des^ 
Adai  Choch  (Kaukasus)  und  Mr.  D.  W.  Freshfield  schließt 
an  diesen  Bericht  eine  Abwehr  der  übelbegründeten 
Angriffe,  welche  die  Zuverlässigkeit  der  Angaben  eng- 
lischer Kaukasusfahrer  von  russischer  Seite  erfahren 
hat.  Aus  dem  übrigen  Inhalte  erwähnen  wir  die  Arbeit 
des  Präsidenten  des  A.  G.,  Mr.  F.  C.  Grove,  über  die 
Diät  des  Bergsteigers,  welche  zu  dem  tröstlichen- 
Schlüsse  gelangt,  ein  Jeder  solle  essen,  was  ihm  am 
besten  zusage,  der  Aufsatz  Clinton  Dent's  über  Führer- 
dilettanten und  Berufsführer,  die  sehr  beherzigens- 
werthe  Anregung  und  Anleitung  Mr.  H.  G.  Wilink's- 
zum  Zeichnen  alpiner  Skizzen,  Mr.  W.  W.  Conway's 
Auszug  aus  den  Autobiographien  Thomas  und  Felix 
Platter's,  Mr.  H.  F.  Tuckett's  eingehende  Besprechung 


Literarisches.  505» 

des  Handbuchs  der  Gletscherkunde  von  Prof.  A.  Heim 
und  Mr.  W.  E.  Green's  Bericht  über  v.  Lendenfeld's 
Forschungsreisen  in  den  Stidalpen  Neu-8eelands.  Von 
Beilagen  finden  wir  eine  Kartenskizze  der  Gegend 
zwischen  Annecy,  Albertville  und  Chamonix,  ein  präch- 
tiges Gletscherbild  (Cejaglet scher,  Kaukasus)  in  Licht- 
druck, eine  Ansicht  der  Schneekette  des  Adai  Chocb 
nach  D.  W.  Freshfield  und  mehrere  Illustrationen  zu. 
Wilink^s  „Alpine  Sketching".  Red. 


Annuaire  du  Club  Alpin  Frangais  1884. 

(Paris  1885.) 

Der  Club  Alpin  Fran9ai8  zählte  zur  Zeit  der  Publi- 
cation  seines  Jahrbuches  37  Sectionen,  von  denen 
fünf  in  Algerien  und  Tunis  liegen,  mit  5299  Mit- 
gliedern, und  steht  unter  der  Leitung  eines  Central- 
comite's,  dessen  Sitz  Paris  ist  und  an  dessen  Spitze 
die  HH.  Daubree  als  Ehrenpräsident  und  Xavier  Blanc^ 
als  Präsident  stehen.  Seine  Organe  sind  das  Annuaire 
du  C.  A.  F.  und  das  Bulletin  mensuel,  das  den  Mit- 
theilungen des  D.  u.  Oe.  A.  V.  oder  der  Rivista  mensile 
des  C.  A.  I.  entspricht.  Außerdem  publiciren  mehrere 
Sectionen  besondere,  meist  vierteljährliche  Bulletins^ 
Der  uns  vorliegende  11.  Jahrgang  des  Annuaire  ist 
ein  reich  ausgestatteter  Band  von  594  Seiten  mit 
1  Kärtchen  (Umgebung  des  Domjochs)  und  47  Illu- 
strationen,  unter  denen  die  interessanten  Skizzen  aus  den« 
Felslabyrinthen  des  Causse  noir  und  von  Montpellier 
le  Vieux,  das  Panorama  des  Vignemalegletschers  und 
die  in  Farbendruck  ausgeführte  Ansicht  des  Felscircus. 
von  Cotatuero  in  den  östlichen  Pyrenäen  hervorzu- 
heben sind.  Von  den  14  Fahrtberichten,  die  unter 
dem  Titel  „Courses  et  ascensions"  die  erste  Rubrik  des 
Bandes  ausmachen,  führen  uns  vier  in  die  französischen 
Alpen.  M.  Pierre  Puiseux  schildert  seine  neuen  Berg- 


(iOß  Bedctction, 

fahrten  in  Savoyen  (Pointe  de  TEchelle,  Pointe  Renod, 
Pointe  de  Crenx  noir  etc.),  M.  H.  Duhamel  seinen 
Weg  von  Vallouise  nach  Ghamonix  über  den  Gel  de 
TAile  froide,  den  Pic  de  FEtendard  und  den  Pic  central 
de  Belledonne  und  knüpft  an  den  Bericht  über  seine 
Besteigung  des  Montblanc  einige  scharfe  Bemerkungen 
über  die  Arroganz  und  Unzulänglichkeit  der  Ghamonix- 
führer,  die  über  die  steigende  Konkurrenz  der  schwei- 
zerischen, italienischen  und  selbst  der  Dauphinefilhrer 
erbost  sind,  aber  ihrerseits  stupid  und  träge  im  alten 
Schlendrian  verharren.  M.  Gambiez  beschreibt  einen 
Ausflug  auf  den  Gasque  de  N6ron  bei  Grenoble  und 
M.  Paul  Engelbach  seine  Kreuz-  und  Querfahrten  in 
•den  Alpen  von  Oisans  (Pointe  de  Loranoure,  Aiguille 
du  Plat,  Barre  des  Ecrins,  les  Bans  etc.).  Drei  Berg- 
fahrten bewegen  sich  im  Gebiet  der  Walliseralpen : 
MM.  Picard  und  Vignon  erstatten  Bericht  über  ihre 
üeberschreitung  des  Domjochs,  M.  L.  Wiart  über 
Touren  in  der  Umgegend  von  Ghamonix  und  Zermatt 
(Dent  du  G6ant,  Grand  Gombin,  High-Levelroute  von 
Mauvoisin  nach  Zermatt,  Matterhom,  Weißhom,  Monte 
Kosa  und  Zinalrothhom)  und  M.  Bauron  über  die  Be- 
steigung der  Pigne  d'AroUa.  Unter  den  vier  Berichten 
aus  den  Pyrenäen  der  HH.  Graf  H.  Rüssel,  E.  Walion, 
B.  de  Bouill6  und  E.  Rochat  machen  wir  besonders 
a>uf  den  letzteren  aufmerksam,  der  zeigt,  daß  es  selbst 
für  einen  Franzosen  und  Mitglied  des  G.  A.  F.  nicht 
gerathen  ist,  sich  mit  Gletscherpickel  und  Photographie- 
apparat  in  den  französischen  Ostpyrenäen  herumzu- 
treiben, sintemal  beide  Instrumente  bei  pfiffigen  Gens- 
darmen  und  Festungskommandanten  nach  dem  Typus 
Ramollot  als  staatsgefährlich  gelten  und  ihren  Besitzer, 
wie  es  Hrn.  Rochat  passirt  ist,  zu  Handschellen,  in's  Ge- 
fängniß  und  auf  den  Schub  bringen  können.  In  die 
Gevennen  und  zwar  in  die  Gannons  und  Felslabyrinthe 
des  Gausse  Noir  und  von  Montpellier  le  Vieui  führt  uns 
M.  £.  A.  Martel,  dessen  Bericht  einer  der  interessan- 


Literariaches.  607 

testen  des  Annuaire  ist;  auf  den  Elbrus  (Kaukasus) 
Hr.  M.  Dechy  und  zum  Nord-Kap  Mr.  Ch.  Grad.  Unter 
den  sieben  Arbeiten  der  Rubrik  „Science  et  arts"  wird 
die  erste,  eine  Abhandlung  über  die  Entstehung  der 
€tebirge  von  M.  Alexandre  Vezian,  Aufsehen  und  Wider- 
spruch erregen.  Hr.  Vezian,  ein  Plutonist  der  alten 
Schule,  verwirft  nämlich  entschieden  die  Theorie  der 
Orogenese  durch  Faltung  der  Erdrinde  in  Folge  all- 
mäliger  Abkühlung  der  Erdkugel,  und  schreibt  viel- 
mehr die  Ursache  der  Gebirgsbildung  dem  Stoß  des 
bewegten  flüssigen  Erdinnems  gegen  die  erstarrte  Ober- 
fläche zu.  Kleinere  Mittheilungen  meist  montanistischer 
Art,  unter  denen  wir  sogar  eine  erste  Besteigung,  die- 
jenige des  Bec  d'Arguille  bei  AUevard,  finden,  bilden 
mit  der  Chronik  des  C.  A.  F.  den  Schluß  des  reich- 
haltigen Bandes.  Red. 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885. 

ZusammengesteUt  von  A.  Francke  (Section  Bern). 

Die  Preise  rerstehen  sich  in  Franken  nnd  Centimes. 

I.  Bücher  nnd  Zeitschriften. 
1   Periodisch«  Literatur  der  Gebirgsverelne. 

Alpenzeitung,  Oesterr eichische.  Organ  des  öster- 
reichischen Alpenclub.  Red.  v.  J.  Meurer.  1885. 
26  Nrn.  Wien 10.  70 

—  Schweizer.  Red.  v.  H.  Lavater.  1885.  24  Nrn. 
Zürich .         .         .         .         .         .         .5.  — 


Zur  gefälligen  Beachtung.  Wiederlwlt  machen  wir 
alle  Selbstverleger,  insonderheit  die  Gebirgsvereine  und  iivt'e 
SectUmen,  darauf  anfmerksam,  daß  für  Aufnahme  ihrer  Publi- 
kationen in  dieses  Yerzeichniß  nur  dann  gesorgt  werden 
kann,  wenn  sie  selbst  durch  Vermittelang  einer  Buchhandlung 
die  Aufführung  ihrer  Artikel  in  den  Katalogen  der  Hin- 
richs^schen   Buchhandlung   in   Leipzig   veranlassen.     Diese 


Ö08  A.  Francke, 

Alpine  Journal,  ed.  by  W.  A.  B.  Coolidge.  Vol.  XII. 

Nr.  87—90.     London.     Per  Nr.    .         .      2.  — 
Appalachia,   Organ  des  Appalachian  Mountain  Club. 

Vol.  IV.     Boston. 
Altvater.     Organ  des   mähr.-schles.  Sudeten-Gebirgs- 

vereins      Red.   v.   A.  Kettner.     1885.     12  Nm. 

Freiwaldau   .         .         .         .         .         .4.  — 

AnnuaHo  XI  della  Societä  degli  Alpinist!  Tridentini. 

1884/85.      Roveredo,    (454  S.,    7   Illustrationen, 

Kartenskizzen  und  Tafeln.) 
Annnaire  du  Club  alpin  frangais,    Onzi^me  ann^. 

1884.     (XII,    504  8.    1  Karte,  2  Farbendrucke, 

46  Illustrationen.)  Paris         .         .         .20.  — 
Annuaire  de  la  Societe  des  touristes  du  Dauphine* 

Nr.  10  (1884).     Grenoble.  (218  S.) 
Bollettino  del  Club  Alphio  Italiano,    Nr  51.  Anno 

1884.     Vol.  XVm.     Torino. 


höchst  einfache,  kostenlose  Procedur  hat  zur  Folge,  daß  die 
betreffenden  Titel  und  die  Bezugsquelle  auch  nach  Jahren 
leicht  zu  finden  sind,  während  andererseits  Bücher,  die  nicht 
in  den  Katalogen  stehen,  schnell  vom  Markte  Terschwinden. 
Besonders  bei  vielen  Gebirgsvereinen  scheint  in  dieser  Be- 
ziehung eine  nicht  zu  rechtfertigende  Gleichgültigkeit  zn 
herrschen,  —  die  Mühe,  welche  es  gekostet  hat,  obige  Rubrik 
„Periodische  Literatur  der  Gebirgsvereine**  auch  nur  an- 
nähernd vollständig  zusammenzusuchen,  legt  davon  ZengniS 
ab !  —  und  möchten  wir  doch  zu  bedenken  geben,  daß  durch 
Kataloge  die  Kenntniß  von  ihren  Publikationen  in  weite 
Kreise  getragen  wird  und  nur  durch  Kataloge  es  dem  Ge- 
lehrten wie  dem  Laien  ermöglicht  wird,  einen  Ueberblick 
über  die  ihn  interessirende  Literatur  zu  erlangen.  Fran- 
zösische und  italienische  Erscheinunpen,  soweit  sie  nicht  in 
Deutschland,  Oesterreich  oder  der  deutschen  Schweiz  heraus- 
gekommen sind,  finden  allerdings  bei  Hinrichs  keine  Berück- 
sichtigung. Für  diese  dürfte  es  sich  empfehlen,  dem  Unter- 
zeichneten per  Postkarte  Titel,  Zahl  der  Seiten,  Karten  und 
Illustrationen,  den  Verleger  und  den  Preis  mitzutheiJen.  Die 
Aufnahme  wird  dann  in  die  nächste  alpine  Bibliographie 
erfolgen. 

A,  Francke,  d.  Z.  Sekretär  der  Seetion  Bern  des  S.  A.  C 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885,  509 

Bulletin  mensuel  du  Club  Alpin  Frangais,  12  Nrs. 
Paris. 

—  du  Club  Alpin  Beige.  Tome  premier.  1883—1886. 
8  Nrn.     Bruxelles  (nicht  im  Buchhandel). 

Butleti  mensual  de  la  Associacio  d'escursions  catalana. 

Chronaca  della  Societä  Alpina  Friulana.  Anni  III  & 
IV.     üdine. 

Echo  des  Alpes,  Publication  des  sections  romandes 
du  C.  A.  S.  21«  annöe.  N«  1—4.  Genöve.  (VUI, 
334,  3  illustr.) 4.  — 

Gluckauf,  Organ  des  Erzgebirgsvereins.  Red.  v. 
Dr.  Köhler  und  H.  Möckel.  1885.  12  Nrn. 
Schneeberg 2.  70 

Indice  generale  dei  50  primi  numeri  del  Bolle- 
tino C,  A.  I.  da  Luigi  Vaccarone,    Torino. 

Jahrbuch  des  Schweizer  Alpenclub.  XX.  Jahrgang. 
1884/85.  Red.  v.  A.  Wäber.  (VIII,  648  8.  m. 
Illustrationen,  Fan.  und  Karten.)  Bern  .     12.  — 

—  des  siebenbürgischen  ^arpathenvereins.  1885. 
Mit   2   Abbildungen.   (III,    289  S.)   Hermannstadt 

5.  35 

—  des  ungarischen  Karpathenvereins.  XII.  1885. 
(281  8.)  Iglo. 

Jahresbericht    des    steirischen  Gebirgsvereins.     XII. 

1884.  Graz. 

Mittheilungen  des  deutschen  und  Österreichischei^ 
Alpenvereins.  Red.  v.  J.  Emmer.  1885.  24  Nrn. 
Salzburg,  München         .         .         .         .       5.  35 

—  des  deutschen  Gebirgsvereins  für  das  Jeschken- 
und  Isergebirge.  Red.  v.  F.  Maschek.  1885. 
4  Nrn.     Reichenberg     .         .         .         .4.  — 

—  des  nordböhm.  Excursionsclub.  Red.  v.  A.  Paudler 
und  J.  Münzberger.    1885.   Böhm.-Leipa       3.  35 

—  der  Section  für  Höhlenkunde  des  Oe.  T.  C. 
4.  Jahrgang.  4  Nrn.     Wien. 

Rameau  de   sapin^  le.     Organe   du  Club  jurassien. 

1885.  Neuchätel.     Par  an    .         .         .       2.  50 


$10  A.  Framke. 

Rivista  mensile  (del  C.  A.  L/.  12  Nrs*  Tormo   12.  — 
Tourütj    Der.      Organ    für    Touristik,    Alpen-   und 

Naturkunde.   Hrsg,  vou  W.Jäger.  1885,  24 Nrn. 

Wien 13.  35 

Touristenzeitung,  OeBterreiebiBcbe.   Hrsg.  vom  öster- 

reiehifichen  Touristenclub.    Hed.  v.  E.  Graf  und 

A.  Silberhuber.    1885.    24  Nrn.    Wien       10,  70 
Ueber  Berg  und  TkaL     Organ   des   Gebirgsvereina 

für  die  sächsisch-böhm.  Schweiz.  Red.  v,  F.  Theile. 

1885.     12  Nrn.    Dresden      .         .         .       2.  70 
Zeitschrift  des  deutschen   und  östery,  Alpenvereina. 

Bed.  V.  Th.  Trautwein.    1884.    H.  3.  (Vm  und 

S.  407—566  m.  Taf.)  Salzburg,  Münctoa      5.  35- 

Z'  ReisQbandbDcher.    Touristik.    Hotelwesen. 

Auf  der  rechtsseitig««  Thunerseestraße  von.  Thon 
nach  InterUkeja  und  Touristenpfade  abseits  der 
Heerstraße.    Ul.  (106^  S.)  Bern     .         .       1.  25. 

Bädekerf  E.  Mittel-  und  Norddeui»chlaod.  Mit 
36  Kt.,  42  PI.  und  mehr.  Grundr.  21.  Aufl. 
(XXX,  510  S.)    Leipzig.     Geb.     •         .       9.  3^ 

—  Schweden  und  Norwegen.  Mit  12.  PI.  uad  25  Kt 
3.  Aufl,   (XC,  425  und  40  S.)    Leipzig.    G^b. 

12.  — 

-^  dasselbe  englisch*  3«  Aufl.  Leipzig.  Geb.      12.  — 

^  die  Schweiz  nebst  den  angrenzenden  Th^lea  von 

Oberitalien,   Savoyen  und  Tirol.     21.  Aufl.    Mit 

35  Kt,  9  PI.  und  9  Pan,  (XXVm,  472  8.)  Leip^ 

zig.    Gebp.   ..       .        ..       .        .        •      9.  35 

—  dasselbe   französisch.     15v  Aufl.    Leipzig.     Geb. 

9,  35 
-^  dasselbe  engJiwjb.    11.  Auflage.    Leipzig.    Geb. 

9.  35 

Bielz,  E.  A.,  Siebenbtbrgen.    Handbuch  fiir  Baisende. 

2.  Aufl.    Mit  1  Kt.  usd  Plänen.     (VtH,  415  &) 

Wien.     Geh 6.  70 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  611 

Bodensee,  der,  und  seine  Umgebungen.  3.  Aufl.  m» 
1  Kt.  und  Ktchn.  (VIII,  200  S.)    Lindau.    Cart. 

2.  70 

Brosoni,  £.'  Guida  alle  montagne  comasche  e  adia- 
cenze  del  Lage  Maggiore  e  di  Lugano.  111.  con 
carte  e  schizzi.   (XX,  212  p.)  Melegnano. 

DebrigeSf  E.  Les  Alpes  du  Dauphin^.  (47  p.  avec 
20  ill.)     Paris ~.  75 

Eben,   H.     Kl.   Schwarzwaldftihrer.     Mit    2   Karten. 

2.  Aufl.  (VI,  98  S.)  Tübingen.  Cart.  2.  15 
Erdmann,  R,y  u.   R.  Illemann,     Führer  durch   den 

Deister,  Osterwald  und  Saupark.  (IV,  31  S.  m. 
Kärtchen.)     Hannover   .         .         .         .1.  — 

Europe,  Illustrated,  siehe  Wanderbilder,  Europäische^ 

L'Europe  illustree,  siehe  Wanderbilder,  Europäische. 

Feuerstein,  F.  C,  Der  Kurort  Gmunden  u.  s.  Um- 
gebung. Mit  1  Karte.  6.  Auflage.  (X,  100  S.) 
Gmunden 1.  90 

Fischer,  D.  Bad  Veiten  am  Wörthersee.  Klimat.  Kur- 
und  Badeort  in  Kärnten.  (10  8.)  Wien  .     — .  80 

Formentini,  J.  Führer  im  klimat.  Kurort  Görz  und 
Umgeb.   M.  1  Karte.   (94  S.)         .         .       1.  60 

Fremdenbesuch,  der,  in  Kärnten.  (98  8.)  Klagenfurt,, 
cart 2.  7a 

Frey,  B.  Führer  von  Wien  nach  Genf,  (XI,  867  8» 
Mit  Ansichten,  Plänen  u.  Karten.)  Weinfelden^ 
geb .       3.  5a 

Fricke,  W,  Der  Teutoburgerwald  u»  ä.  Wesergebirge. 

3.  Aufl.  M.  1  Ansicht  u.  1  Karte.  (IV,  144  8.) 
Bielefeld,  cart 1.  9a 

Führer,  111.,  im  österr.  Alpengebiet   Mit  130  lUustr. 

u.  13  Karten.  (XX,  323  8.)  Wien,  geb.  4.  8a 
—  im  Bober -Katzbachgebirge,  verfaßt  v.  d.  8ection 

3ch(5nau  des  Riesengebirgsvereins.     Mit  1  Karte. 

2.  Aufl.  (VI,  49  8.)  Warmbrunn  .  .  --.  7a 
-^  Kl. ,   durch   das    GerichtsbezLrk    Feldkirdien    ia 

Kärnten.   (29  8.)  Klagenfurt         .        .    — .  4a 


512  A,  Francke. 

Führer,  durch  Schwarzburg  und  Umgebung,  der  Perle 
Thüringens.  (18  S.)  Rudolstadt      .         .     — .  70 

—  IlL,  auf  den  Linien  der  k.  k.  österr.  Staatsbahnen 
südl.  der  Donau  (Alpenbahnen).  2.  Aufl.  v.  H.Noe. 
M.  Illustrationen,  Karten  und  Plänen.  (V,  212  S.) 
Wien ".       2.  70 

—  111.,  durch  d.  Rheinlande,  nebst  Bergstraße,  Oden- 
wald und  Taunus.  M.  Rheinpanorama.  (IV,  73  S. 
Mit  7  Stahlst.)  Leipzig,  geb.  .         .       2.  70 

—  prakt.,  durch  die  Rheinlande,  nebst  Bergstraße, 
Odenwald  u.  Taunus.  M.  Rheinpanorama.  6.  Aufl. 
(IV,  73  S.)  Leipzig       .         .         .         .       1.  70 

—  dasselbe  französisch       .         .         .         .       2.  — 

—  für  die  Erzgebirgsbahn  Freiberg-Klostergrab.  Mit 
1  Karte.  Freiberg.         .         .         .         .       1.  70 

'Gmwiden,  der  Kurort,  u.  seine  Umgebung.  M.  1  An- 
sicht und  1  Plan.  (45  S.)  Gmunden       .       1.  60 

{jroldwurmy  C.  Das  Mineralbad  Roncegno  in  Südtirol. 
Mit  1  Karte.  (IV,  60  S.)  Wien     .         .       2.  15 

Grieben'^  Reisebibliothek,  Band  16.  F.  Ohnesorge, 
Die  sächsische  Schweiz.  13.  Aufl.  Mit  1  Karte. 
(IV,  95  S.)   Berlin         .         .         .         .       1.  35 

Gsell-Fels,  Th.  Die  Bäder  und  klimatischen  Kurorte 
der  Schweiz.  Mit  1  Bäderkarte.  2.  Auflage.  (XX, 
615  S.)  Zürich,  geh 12.  50 

Gühmann,  A.  Der  Zobten.  Beitrag  zur  Kenntniß  der 
Heimat  und  Führer  nach  d.  Berge.  (VIII,  87  S.) 
Zobten  am  Berge  ....     — .  70 

Ouyer,  E.  Das  Hotelwesen  der  Gegenwart.  Mit  73 
Plänen.  2.  Aufl.    Zürich,  geb.         .         .     18.  — 

Hartmann,  A.  Solothum.  Schweizerisches  Wanderbild. 
(56  S.  mit  25  Illustr.)  Solothurn  .         .     _.  60 

Hoisely  J.  Der  landschaftl.  Kurort  Rohitsch-Sanerbnum 
in  Steiermark.  3.  Aufl.  Mit  1  Karte.  (V,  74  S.) 
Wien .       2.  70 

Ischl  und  seine  Umgebungen.  Unter  Berücksichtigung 
des  ganzen  Salzkammerguts.  Mit  Ansichten,  Plänen 
und  Karte.    7.  Aufl.  (135  S.)   Gmunden       2.  70 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  513 

Kirsch,  A.  Kl.  Informationsbibliothek.  Nr.  1.  6  Tage 
im  Rieseogebirge.  (18  S.)  2.  5  Tage  in  der  säch- 
Bischen  Schweiz  u.  Dresden.  (19  S.)  3. 12 — 14  Tage 
am  Rhein.  (32  8.)  Cottbus,  k         .         .     — .  35 

Koch  V.  Berneck,  M.  Die  Arlbergbabn,  ihre  üm- 
gebungen  und  Znfahrtslinien.  Mit  Abbildungen, 
Plänen  u.  Karten.  2.  Aufl.  (III,  162  S.)  Zürich, 
cart 2.  50 

—  Schweiz,  Chamonix,  Veltlin,  italienische  See'n  und 
Mailand.  5.  Ausgabe  v.  Beriepsch'  Schweiz.  Mit 
10  Karten,  8  Plänen  u.  vielen  Pan.  (XII,  XXXII, 
472  S.)  Zürich,  geh 7.  50 

Köhler,  R.  Die  Touristenvereine  d.  Gegenwart.  Vor- 
trag.  (11  u.  16  8.)  Eisenach         .         .     — .70 

V.  Kostelletzky,  V.  Mit  der  Südbahn.  Führer  durch 
die  steir.,  Krainer-,  Kärntner-  und  Tiroler-Alpen. 
(69  8.)  Wien 2.  70 

Langheinz,  C.  u.  G.  Schwab.  Prakt.  Winke  über 
Ausrüstung,  Verpflegung  u.  das  Wandern  i.  Hoch- 
gebirge. (14  8.)  Darmstadt    .         .         .     — .  40 

de  Massarellos,  F.  G.  Das  Bad  Levico  in  Südtirol 
und  seine  Mineralquellen.  Wegweiser  für  Leidende 
und  Freunde  alpiner  Naturschönheiten.  2.  Aufl. 
Mit  Illustrationen.  (48  8.)    München       .       1.  60 

MeureTj  J,  Führer  durch  die  Dolomiten.  4.  Auflage. 
(Vn,  228  8.  M.  2  Kart.)  Augsburg,  geb.       5.  35 

—  Illustr.  Führer  durch  Westtirol  und  Vorarlberg. 
Mit  62  Illustrat.  und  6  Karten.  (XVI,  288  8.) 
Wien,  geb 7.  20 

Meyer's  Reisebücher.  Italien  in  60  Tagen  von  Gsell- 
Fels.  3.  Aufl.  2  Bde.  (XH,  459  u.  VI,  465  8. 
M.  14  Karten  u.  25  Plänen.)  Leipzig,  geb.     13.  35 

—  Thüringen  v.  Anding  und  Radefeld.  8.  Auflage. 
(X,  242  8.  Mit  12  Karten.)  Leipzig,  cart.       2.  70 

Paterson.     Guide   to  Switzerland.     With   maps   and 

plans.  London       .         .         .         .         .       1.  50 

Payot,   V.    Guide  au  Mont-Blanc  et  dans  les  vall^es 

33 


514  4.  Frcmcke. 

entre  las   deox  St-Bernard  et  le  Lac  de  Genöye. 

(240  p.)  Gen^ve 3.  50 

PitrOy  F,     Innsl^rack  und   seine  nächste  Umgebung. 

M.  1  Plan  u.  1  Karte.  (59  S.)  Innsbruck  — .  80 
Plantf  F.     Neuer  Führer    durch  Meran  und  desseir 

Umgebung.     Mit  1  Karte   und  1  Plan.    4.  Aufl. 

(XXII,  236  8.)  Heran,  geb.  ,  .  .  3.  20 
Rahl,  J.  Illustr.  Führer  durch  Steiermark  und  Krain. 

Mit  50  Dlustrationeu  u.  2  Karten,  (XXX,  285  S.) 

Wien,  geh 4.  80 

Reimann,   W,     Führer  durch  Waidenburg  und  das 

ganze  Waldenburger   Gebirge.     3.  u.  4.  Auflage. 

(120  8.)  Schweidnitz  .  .  .  .  — .  70 
Heitzenstein,    R,  M.     Der  Eibsee  bei  Partenkirchen^ 

Mit  1  Karte  ^nd  2  Ansichten.    (20  8.)    München 

1.  — 
SchatzmeyeTy  E.     Per  klimatische  Kurort  6to  und 

seine  Umgebung.     Mit    1    Karte.     (VII,    103  S.) 

Wien    .......      2.  15 

Schneider,  J.    Führer  durch  die  Rhön.  Mit  3  Karten» 

3i.  Aufl.  (X,  199  8.)  Wtirzburg,  cart.  .  3.  50 
Statuten  desi  n^iähri^ch-schlesischen  Sudeten-Gehirgs- 

veyeins.  (16,  8.)  Freiwaldau  .  .  .  — .  40 
Steiger,  C  Kurort  Montreux.  3.  Aufl.  (16ft  8.)  Zürich 

2,  50 
StoUe's  Ff^er  yo9  Harzbujrg  und   Umgegend.    Mit 

%  Ansicht  und  1  Plan.  (51  u.  VU,  112  8.)  ULm- 
bürg i.  70 

Taunusführer,  Mit  1  Karte,  2  Plänen  und  1  Tafel 
Ansichten,  l^erausgegeben  vom  Taunusclub.  (78  &) 
Frankfurt  a/M.,  ^art 8.  70 

Toxirenver%mchafiiß  und  Touristenführer  fUr  die  Ost- 
Karawanken  und  8annthaler- Alpen,  berauagegeben 
von  der  8ectipn  Eisenkappel  des  Oester.  TouriBten- 
Clubs,    2.  Aufl.    (6  8.)   Eisenkawxel       .     — .  70 

Touristenführer,  Herausg.  v.  Oesterr.  Tourisleiiclab. 
Wieu.   Heft  1.    J.  Ziegler ,  Führer  auf  der  Linie 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  615 

Leobersdorf'Gntenstein.  2.  Aufl.  (55  S.)  1.  60.  — 
Heft  4.  /.  Rahl.  Das  Traisenthal  und  Pielachthal. 
2.  Abth.  (103  S.)  2.  — .  Heft  7.  C.  Fruhwirth. 
Führer  auf  d.  Dürrenstein  u.  in  d.  Sommerfrischen 
Lunz,  Göstling  u.  Gambg.  Mit  1  111.  (VKI,  52  S.) 

1.  60.  —  Hefk  8.  L.  Märzroth,  Die  Eisenbahn 
Wien-Aspang  und  ihre  Gebirgsumgebung.  2.  Aufl. 
Mit  8  Hl.  (X,  72  S.)  2,  — .  Heft  9.  X  RahL 
Zwettl  u.  d.  Kampthal  m.  s.  Umgeb.  Mit  6  Hl. 
(X,  85  8.)  2.  — .  Heft  18.  C.  Fruhwirth.  Maria- 
zeil, seine  Umgebung  u.  Zngangsrouten.  Mit  6  111. 
(60  8.)  2.  40.  —  Heft  19.  Innsbruck,  seine  Um- 
gebung u.  angrenzenden  Berge.  (32  8.  mit  1  111. 
und  1  Plan.)  Innsbruck  — .  80. 

Trautweifif  Th.  Das  Kaisergebirge  in  Tirol.  Für 
Einheimische  und  Fremde  geschildert.  Mit  1  Karte. 
(64  8.)    Kufstein  .         .         .         .       1.  75. 

—  Stidbayem,  Tirol  u.  Salzburg,  Oesterreich,  Steier- 
mark, Kärnten  etc.  7.  Auflage.  Mit  12  Karten. 
(XXVI,  419  8.)   Augsburg.    Gebunden  .       6.  70 

V.  Tschudi,  J,  Der  Tourist  in  der  Schweiz  u.  dem 
angrenzenden  Süddeutsehland,  Oberitalien  u.  Sa- 
Yoyen.  27.  Auflage.  Mit  vielen  Karten,  Profilen 
und  Plänen.  (LXXXVIII,  660  8.)  St  Gallen. 
Gebunden 12.  80 

lieber  Touristenreisen.  Praktische  Rathschläge  von 
einem  Wanderer.  (58  8.)  Leipzig  .         .     — .70 

Verzeichniss  der  autorisirten  Führer  in  den  deutschen 
und  (Jsterr.  Alpen.  Herausg.  von  d.  Sect.  Berlin 
des  Deutschen  und  Oester.  Alpenv.  (VI,  18  8.) 
Berlin —.70 

Verzeichniss  der  Sommeraufenthalts-Orte  in  Kärnten. 

2.  Aufl.    (24  8.)     Klagenfurt        .         .    — .  80 
Waltenherger,  A.    Algäu,  Vorarlberg  und  Westtirol 

nebst  den  angrenzenden  Gebieten  der  Schweiz. 
5.  Aufl.  Mit  5  Karten.  (XII,  171  8.)  Augsburg. 
Gebunden 4.  — 


Ö16  A.  Francke, 

Wanderhilder,  Europäische.  Nr.  81,  82.  F.  0.  Wolf. 
Wallis  und  Chamo oix.  Von  der  Furka  bis  Brieg. 
Mit  16  Illustrationen  und  2  Karten.  (60  Seiten.) 
89 — 91.  /.  Hardmeyer.  Locamo  u.  s.  Thäler. 
Mit  58  Illustrationen  und  2  Karten.  (104  S.) 
94,  95.  F,  0.  Wolf.  Wallis  und  Chamonix. 
2.  Heft.  Brieg  u.  d.  Simplen.  Mit  16  111.  u.  1  Kte. 
(S.  61—120.)  96—98.  E.  JBu.ss.  Glameriand 
und  Walensee.  Mit  57  111.  u.  2  Kt.  (119  S.) 
Zürich,  ä —.50 

Wanderhuch,  Neuestes,  f.  d.  Riesengebirge.  Mit  Ab- 
bildungen u.  1  Kt.  7.  Aufl.  Herausgegeben  vom 
Riesengebirgsv.    (VI,  138  S.)   Warmbrunn     1.  35 

Wer}  weiser  in  die  Sudeten.  Herausgegeben  von  der 
Section  Brunn  des  mähr.-schles.  Sudeten-Gebirgs- 
Vereins.  (VI,  22  S.  mit  1  Kt.)  Brtinn    .     — .  80 

WoerVs  Reisehandbücher.  Führer  durch  Ischl  u.  Um- 
gebung. Mit  1  Plan,  Illustrationen  und  2  Karten. 
(16  S.)     Würzburg        .         .         .         .     — .  70 

—  Führer  durch  Steyr  und  Umgebung.  Mit  1  Plan 
u.  2  Kt.     2.  Aufl.     (16  S.)    Würzburg      — .  70 

—  Führer  durch  Pörtschach  am  See  in  Kärnten  und 
Umgebung.  Mit  Plänen  und  Illustrationen.  2.  Aufl. 
(22  S.)     Würzburg        .         .  .     — .  70 

—  Die  Rheinlande  und  die  anstoßenden  Gebiete  vom 
Bodensee  bis  zur  holländischen  Grenze.  Mit  1  Pan., 
30  Kt.,  18  PI.  u.  4  Grundr.  2.  Aufl.  (XV,  448  8.) 
Würzburg.     Geb.  .         .         .         .       8.  — 

Zsigmondy,  E,  Die  Gefahren  der  Alpen.  Praktische 
Winke  für  Bergsteiger.  Mit  Hl.  (X,  214  S.) 
Leipzig         .         .         .         .         .         .       5.  35 

Zug,  ülustrirter  Führer  durch  Zug,  Stadt  n.  Kanton. 
Herausgegeben  von  F.  Kaiser.  Mit  1  Karte. 
Zürich  ......     — .  50 

Zürichsee,  Der.  (20  S.  mit  Holzschn.  u.  1  Karte.) 
Zürich  ......     — .  55 

Zwickh,  N,  Führer  durch  die  Oetzthaler-Alpen  nebst 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  517 

den  Eintrittsronten  dahin.  Mit  e.  Anhang^  die 
Arlbergbahn  enthaltend.  Mit  3  Karten  u.  3  Pan. 
(VIII,  227  8.)    Gera.    Gebunden  .         .       5.  35 


3.  Naturwissenschaftliches. 

Botanik,  Zoologe,  Mineralogie,  Geologie,  Geognosie,  physik. 
Geographie,  Gletscherkunde,  Meteorologie  etc. 

Beiträge  zur  geologischen  Karte  der  Schweiz,  heraus- 
gegeben von  der  geologischen  Commission  der 
Schweiz,  naturf.  Gesellschaft.  Lfg.  18.  V.  Gillieron, 
Description  g6ologique  des  territoires  de  Vaud, 
Fribourg  et  Beme  (feuille  XII).  (VIII,  532  S.  mit 
Atl.  u.  Blatt  XII.)    Bern       .         .         .     40.  — 

—  Dasselbe.  Bl.  XIV  zu  Lfg.  25  u.  Bl.  XVIII  zu 
Lfg.  21  gehörig.    Bern,    k   .         .         .15.  — 

Blaas,  J.  lieber  die  Glacialformation  im  Innthale.  I. 
(120  S.  mit  2  Taf.)    Innsbruck     .         .       2.  70 

Böhm,  G.  lieber  sUdalpine  Kreideablagerungen.  (5  S.) 
Berlin  .         .         .         .         .         .         .     — .  30 

Bouvievy  L.  Flore  des  alpes  de  la  Suisse  et  de  la 
Savoie.     2«  6d.     Gen6ve       .         .         .12.  — 

Duftschmidf  J,  Flora  von  Oberösterreich.  4.  Band. 
(346  8.)     Linz 8.  55 

Favre,  E.  Revue  g^ologique  suisse  pour  Fannie  1884. 
XV.     Genfeve 2.  50 

Forel.  F.  0.  Les  tremblements  de  terre  6tudi6s  par 
la  Commission  sismologique  suisse,  1882  et  1883. 
3«  rapport.    (20  p.  et  1  pl.)    Genöve     .       1.  — 

Fuchs,  C.  W.  C,  Aus  der  Umgebung  von  Meran. 
Studien  über  Geologie,  Klima  und  Pflanzenleben. 
(33  8.)     Meran 1.  10 

Fugger,  E.,  u.  K.  Kastner.  Naturwiss.  Studien  und 
Beobachtungen  aus  und  über  Salzburg  (Geologie, 
Eiszeit  etc.).  Mit  12  111.  und  2  Taf.  (III,  132  S.) 
Salzburg 4.  80 


618  Ä.  Francke. 

Gar  che,  A,  Flora  von  Deutschland.  Zum  Gebrauche 
auf  Excursionen.  15.  Aufl.  (XIV,  96  u.  541  S.) 
Berlin.     Gebunden         .         .         .         .      5.  35 

Geistbeck,  A.  Die  Seen  der  deutschen  Alpen.  Mit 
128  Figuren,  Profilen,  Tiefenschichtenkarten  und 
Diagrammen.  (47  S.)  Gart.  Leipzig        .     13.  35 

Gremli,  A.  Excursionsflora  für  die  Schweiz.*  5.  Aufl. 
(XXIV,  500  S.)     Aarau.     Gebunden      .       6.  20 

—  Flore  analytique  de  la  Suisse.  Trad.  p.  J.  J.  Vetter. 
(558  p.)    Bäle.    Reü6  .         .         .         .       7.  — 

Grisebach,  A.  Die  Vegetation  der  Erde  nach  ihrer 
klimatischen  Anordnung.  2.  Aufl.  Mit  1  Karte. 
2  Bde.  (XV,  567  u.  XI,  594  S.)  Leipzig     26.  70 

Gruber,  C.  Das  Münchener  Becken.  Beitrag  zur 
physikalischen  Geographie  Südbayerns.  WX  1 
Karte  und  2  Profilen.  (46  S.)    Stuttgart       2.  15 

V.  Gümbelj  K,  W.  Geologie  v.  Bayern.  I.  Th.  2.  Lfg. 
Mit  Abbildungen.  (S.  209—480.)  Kassel       6.  70 

Hahn,  G.  Die  Lebermoose  Deutschlands.  Vademecum 
für  Botaniker.  *M.  12.  Taf.  (XIV,  90  S.)  Gera. 
Gebunden 8.  — 

Hann,  J.  Die  Temperaturverhältnisse  der  Österreich. 
Alpenländer.  I.  Th.  (99  S.)  Wien  .  2.  15 
II.  u.  m.  Th.    (51  u.  166  S.)      .         .       4.  55 

Hattle,  E.  Die  Minerale  des  Herzogthums  Steiermark. 
3. -"5.  Heft  (Schluß).  (XXIV,  97—212  S.)  Graz, 
ä 1.  35 

Heim,  A,  Die  Quellen.  Vortrag.  (31  S.)  Basel     1.  — 

Hofmann,  E.  Die  Schmetterlinge  Europa's.  Lfg.  1-9. 
(XL,  S.  1—40.  Mit  34  col.  Taf.)  Stuttg.,  k       1.  35 

Keller,  F,  C.  Die  Gemse.  Monographischer  Beitrag 
zur  Jagdzoologie.  Lfg.  1 — 3.  (S.  1 — 136  mit 
Holzschn.)  Klagenfurt  k        .         .         .1.  — 

Lüscher,  H,  Verzeichniß  der  Gefäßpflanzen  von  Zo- 
fingen und  Umgebung.  (108  S )  Aarau  .       1.  60 

Neumayr,  M,  Die  geographische  Verbreitung  der 
Juraformation.  Mit  2  Karten  u.  1  Taf.  (88  S.) 
Wien 9.  60 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885,  519 

Payot,  V.  Oscillations  des  4  grands  glaciers  de  la 
vall6e  de  Chamonix.     Genöve        .         .2.  — 

Penckf  A,  Die  Eiszeit  in  den  Pyrenäen.  Mit  1  Karte. 
(69  S.)  Leipzig 4.  — 

—  Zur  Vergletsclierüng  der  deutschen  Alpen.  (15  S.) 
Halle.  Leipzig 1.  10 

Rabenhorsty  L.  Kryptogamenflora  von  Deutschland, 
Oesterreich  und  der  Schweiz.  2.  Aufl.  I.  Bd., 
2.  Abth.  Lfg.  17—21.  (S.  193—528  m.  Figuren ) 
Reg.  z.  1.  Abth.  (II,  63  S.)  ä  Fr.  3.  20.  IL  Bd. 
Lfg.  10  (Schluß)  (XXIV,  S.  513-576)  Fr.  3.  75. 
III.  Bd.,  Lfg.  4  u.  5.  (S.  193—320.)  IV.  Bd. 
Lfg.  1  u.  2.  (128  S.)  Leipzig  k  .         .       3.  20 

V.  Schlechtendal,  Längethal  u.  Schenk.  Flora  von 
Deutschland.  5.  Auflage,  revidirt  von  Ballier. 
Lfg.  135—167.  (Bd.  19,  302  S.,  Bd.  20,  228  S., 
Bd.  21,  304  S.,  Bd.  22,  284  8.,  Bd.  23,  S.  1—80 
m.  439  Chromolith.)  Gera  ä  .         .       1.  35 

Thome.  Flora  von  Deutschland,  Oesterreich  und  der 
Schweiz.  (3  Bände  mit  gegen  600  Tafeln  in 
Farbendruck.)  Lfg.  1—6.  (Bd.  II,  S.  1—144  mit 
112  Chromolith.)  Gera  k       .         .         .       1.  35 

Toula ,  F.  Geologische  Unternehmungen  in  der 
Grauwackenzone  der  nordöstlichen  Alpen.  Mit 
1  Karte,  1  Tafel  und  43  Holzschn.  (64  S.) 
Wien 6.  70 

Wettstein,  A.  Geologie  von  Zürich  und  Umgebung. 
Mit  1  Karte  u.  1  Tafel.  (84  8.)   Zürich       4.  50 

4.  Geographie  und  Reisen. 

Geographie.   Topographie.    Oro-  und  Hydrographie.    Karto- 
graphie und  Geodäsie.  Ethnographie.  Nomenclatur.  Statistik. 

Beiträge  zur  Landes-  und  Volkskunde  des  Thüringer 
Waldes.  Im  Auftrage  der  wissenschaftlichen  Com- 
mission  des  Thüringerwaldvereins  herausgegeben 
von  F.  Regel.  (48  8.)  Jena  .         .         .       2.  — 


Ö20  A,  Francke, 

Berlepsch,  H.  A.  Die  Alpen,  in  Natur-  u.  Lebens- 
bildern dargestellt.  Mit  18  Illustr.  5.  Auflage; 
2.  wohlf.  Volksausg.  (X,  570  S.)  Jena  .       8.  — 

Bestimmungen  über  die  Anwendung  gleichmäßiger 
Signaturen  für  topographische  und  geometrische^ 
Karten ,  Pläne  und  Risse ,  herausgegeben  vom 
Centraldirectorium  der  preußischen  Vermessungen. 
2.  Aufl.  (17  S.  m.  8  Taf.)  Berlin.  Gart.       3.  35 

DelV  Oro  f  L.  Ascensione  al  monte  Bianco  per  il 
versante  italiano ,  e  discesa  per  il  versante  fran- 
cese,   nel  agosto  1875.     3»  ed.    (29  p.)    Milano. 

Dent.     Above   the  Snow  Line.     London.     .     10.  15 

Ehrhardt^  C.  Ausflüge  in  das  sächsische  Erzgebirge 
und  angrenzende  Landstriche.  Mit  1  Karte. 
(VI,  59  S.)  Chemnitz.  Gart.  .         .         .       1.  35 

Glaßf  R,  Nach  Süden.  Empflndsame  Reise  durch  die 
Schweiz  und  Stidfrankreich.  2.  Ausg.  (V,  354  S.> 
Leipzig 2.  — 

Grube,  A,  W.  Alpen  Wanderungen.  Neu  bearbeitet 
von  G.  Benda.  3.  Aufl.  Mit  17  Illustr.  Lfg.  1—5. 
(1.  Th.  288  S.  und    2.  Th.    S.  1—32.)    Leipzig 

4  1.35 

Günther^  F,  Der  Harz  in  Geschichts-,  Kultur-  und 
Landschaftsbildem.  Lfg.  1  —  5.  (S.  1 — 464.) 
Hannover  ä,  .         .         .         .         .         .       1.  35 

HartmanUy  H,  Wanderungen  durch  das  Wittekinds- 
oder Wiehengebirge  (Westsüntel).  (VII ,  184  S. 
mit  4  Tafeln.)  Oldendorf.    Gart.     .         .       3.  20 

Hungerlmhler,  H»  Elementare  Karten-,  und  Terrain- 
lehre. 2.  Aufl.  (VIII,  104  S.  mit  64  Figuren). 
St.  Gallen.  Gart.   .         .         .         .         .       1.  40 

Janisch ,  J,  A,  Topographisch-statistisches  Lexikon 
von  Steyermark.  Heft  47  und  48.  (Bd.  3,  VIII, 
und  S.  1393—1492  mit  Tafeln.)  Graz  k  1.  80 
cplt.  3  Bände 80.  — 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  t885.  52t 

Javelle,  E.  Souvenirs  d'un  alpiniste.  (464  p.)  Avec 
Portrait  et  une  notice  biographique  par  E.  Ram- 
bert.    Lausanne 4.  — 

Kaiser,  K,  Reise  durch  Skandinavien  im  Sommer 
1884.  Mit  40  lUustr.  (VIII,  216  S.)  Barmen  4.  — 

Keilhack,  K.  Reisebilder  aus  Island.  Mit  1  Karte» 
(VII,  230  S.)  Gera       .         .   ^     .         .       4.  — 

Lehmann^  F.  W,  P.  Die  Süd-Karpathen  zwischen 
Retjezat  und  Königstein.  Mit  1  Karte*  (64  S.) 
Berlin 2.  — 

Magnenat,  J.  Cours  de  g6ographie  de  la  Suisse. 
2®  Mition.  (30  p.)  Lausanne,  öart.        .       1.  25 

Mittheilungen  des  k.  k.  militari  seh -geographischen 
Instituts.  5.  Bd.  1885.  Mit  18  Beil.  (IV,  191  S.) 
Wien    .         .         ...         .         .         .       1.  60 

Mosso,  A,  ün' ascensione  d'invemo  al  Monte  Rosa. 
Milano  .         .         .         .         .         .1.  — 

Neumann  j  L.  Die  deutsche  Sprachgrenze  in  den 
Alpen.  (36  S.  mit  1  Karte.)   Heidelberg       1.  10 

Noe,  H.  Deutsches  Alpenbuch.  II.  Abth.  Ostalpen. 
Bd.  1.  Osttirol,  Kärnten,  Steiermark  etc.  (VIII, 
478  8.  mit  1  Holzschn.)  Glogau   .         .6.  — 

Poestion,  J.  C  Island.  Land  und  Bewohner  nach 
den  neuesten  Quellen.  (VIII,  461  S.  mit  1  Karte.) 
Wien 13.  35 

Reishaus,  Th.  Briefe  aus  Norwegen.  (49  S.)  Bran- 
denburg   .         .  ....     — .  80 

Richter,  E.  Die  Alpen,  nach  Daniel's  Schilderung 
neu  bearbeitet.  Mit  1  Karte.  (VIII,  96  Seiten.) 
Leipzig         .         .         .         .         .         .       2.  15 

Schweitzer,  Ph.  Island.  Land  und  Leute,  Geschichte,. 
Literatur  und  Sprache.  (IX,  203  S.)  Leipzig  5.  35 

Steuh ,    L.     Zur    Namens-    und    Landeskunde    der 

deutschen  Alpen.  (IV,  175  S.)  Nördlingen     3.  75 

Umlauft,  F,    Die  Alpen.    Handbuch  der  gesammten 

Alpenkunde.     Mit    105   Illustr.    und    25   Karten. 

Lfg.  1—3.  (S.  1—96.)  Wien  ä.     .         .     — .  80 


^22  A.  Francke, 

de  Vüleneuvey  A,  Suisse  et  Savoie.  Souvenirs  d'nn 
touriste.  (168  p.)   Limoges. 

Wagnon ,  A.  Autour  de  Salvan.  Excursionß  et 
escalades  de  la  Dent  du  Midi  an  Buet.  Notice 
botanique  par  H.  Jaccard.  (78  et  11  pages.) 
Gen^ve         .         .         .         .         .         .       2.  — 

v.  Westarp^  A.  ^m  Winter  in  den  Alpen.  Natur- 
bilder  vom  Fuße  des  Wettersteins.  (IV,  93  S.) 
Berlin 2.  70 

Widmann^  J.  V.  Spaziergänge  in  den  Alpen.  Wan- 
derstudien und^Plaudereien.  (VII,  270  S.)  Frauen- 

Wissen,  unser,  von  der  Erde.  Allgemeine  und  spe- 
cielle  Erdkunde,  herausgegeben  unter  Mitwirkung 
hervorragender  Fachgenossen  von  A.  Kirchhoff. 
Lfg.  51  u.  52.  (Bd.  2 ,  Länderkunde  von  Europa. 
I.  Theil,  Seite  1  —  64.)  Mit  vielen  Abbildungen. 
Leipzig  ä 1.  20 

Zaffauk  Edler  v.  Orion  y  J.  Die  Erdrinde  und  ihre 
Formen.  Geographisches  Nachschlagebuch  nebst 
einem  Thesaurus  in  37  Sprachen.  (VI,  130  S.) 
Wien.  Geh 4.  35 

^.  Zittelf  K,  A,  Das  Wunderland  am  Yellowstone. 
(32  S.)  Berlin —.80 


5.  Volkswirthsehaftliches. 

Alp-,  Land-  und  Forstwirthschaft,  Hydrotechnik,  StraBen^ 

Bahnen  und  Führerwesen. 

Buhler y  A.  Der  Wald  in  der  Culturgeschichte.  (29  S.) 
Basel    .         .         .         .         .         •         .       1.  — 

Planta^  P,  C.  Der  dreißigjährige  Kampf  um  eine 
rhätische  Alpenbahn.  (101  S.)   Chur 

Wanner,  M,  Geschichte  des  Baues  der  Gotthardbahn. 
(648  S.)  Zürich 10.  - 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  528 

Wilckens,  M.  Die  Alpenwirthschaft  der  Schweiz,  de» 
Algäu's  und  der  westösterreichischen  Alpenlftnder. 
Mit  65  Holzschn.  Neue  Ausgabe.  (Vm,  387  S.) 
Berlin 8.  — 

6.  Geschichte,  Biographie  und  Sage. 

Bodemann,  E,     Von  und   über  Albrecht   v.  Haller. 

Ungedruckte   Briefe  und  Notizen.     (XV,  223  S) 

Hannover      .         .         .         .         .         .6.  — 

Meer,  J.  J,   Oswald  Heer.   Lebensbild  eines  Schweiz. 

Naturforschers.    Unter  Mitwirkung  v.  K.  Schröter. 

I.  Theil  m.  Portrait.  (VII,  144  S.)  Zürich  3.  — 
Luigi,  A.  A  legend  of  Lake  Leman.  Poems.  (68  p.) 

Gen^ve — .75 

Santaniar,  G.  Der  Hausberg  und  die  Hausbergsage. 

(15  S.)  Hirschberg  .  .  .  .  — .40 
SchwarZy  B,  Die  Erschließung  der  Gebirge  von  den 

ältesten  Zeiten   bis  auf  Saussure.    (VIII,  475  S.) 

Leipzig 10.  70 

Vom  Jura  zum  Schwarzwald.  Geschichte,  Sage,  Land 

und  Leute.    Herausg.  v.  F.  A.  Stocker.    II.  Jahrg. 

4  Hefte.  Aarau  .  .  .  .  .  6.  — 
W agner y  H.  F.  Zur  Geschichte  d.  deutschen  Wandems. 

(14  8.)    Leipzig    .         .         .         .         .     — .55 

7.  Schönwissenschaftliches.    Vermischtes. 

Aus  da  Hoam&t.  Sammig.  oberöst.  Dialectdichtungen, 
herausg.  von  H.  Zötl  u.  A.,  mit  einem  musikal. 
Anhang,  redig.  von  H.  Schnopfhagen.  (XIX,  370 
u.  58  S.  mit  1  Taf.)    Linz,  geb.  .         .       7.  20 

Bilder  aus  dem  Davoser  Kurleben.  Von  einem  alten 
Kurgast.    Daves 1.  — 

Bleibtreu,  K.  Lieder  a.  Tirol.  (56  S.)  Berlin       1.  35 

Daudet,  A.  Tartarin  sur  les  Alpes.  Avec  Illustrations. 
Paris    .         .         .         .         .         .         .10.  — 

—  Dasselbe  deutsch  von  St.  Born.    Paris  .     10.  — 


524  A  Francke, 

Donner,  Dr.  0.    (Höchstalpinist  in  Wien.)    Auf  das 

Steinbockhorn  in  Stunn  u.  Graus.  (15  S.)  Leipzig^ 

-.  70 
Ganghof  er,  L,     Almer  und  Jägerleut'.     Neue  Hoch- 

landsgeschichten.  (VII,  328  S.)  Stuttgart  5.  35 
Gonthier-Lude,  Af™«.  La  Soldanelle;  r^cits  des  Alpes. 

4  nouvelles.  (190  p.)  Lausanne  .  .  2.  50 
Hauer,  J    G.     Edelweiß.     Gedichte  in   niederösterr. 

Mundart.  (IV,  292  S.)  Wien  .  .  6.  40 
Ingler,  A,  Sommerfrische.  Reiseerinnerungen  aus  dem 

Wildenhof  b.  Walkenried,  Schweiz  etc.    Hannover 

1.  35 
Keller,  F.  C.  Edelweiß.  Eine  Erzählung  a.  d.  Bergen. 

(112  S.)  Klagenfurt  .  .  .  .  2.  - 
V.  Kiesheim,  A.  's  Schwarzblattl  aus'n  Weanerwald. 

Gedichte  in  österr.  Volksmundart.  1.  Bd.  6.  Anfl. 

(V,  'l88  S.)  4.  80.   4.  Bd.   2.  Aufl.   (IV,  170  S.) 

Wien 4.  30 

V.  Leistner,  C.    D'  liab'n  BergM    Oberbayr.  Dialect- 

dichtungen.  (III,  180  S.)  Leipzig  .  .  3.  20 
Meyer,  C.  F.    Jürg  Jenatsch.  Eine  Bündnergeschichte. 

7.  Aufl.  (352  S.)   Leipzig      .         .         .       4.  - 

—  Die  Richterin.  Novelle.  Leipzig     .         .       2.  70 
Oertelf  M,  J.    üeber  Terrainkurorte,  insbesondere  al» 

Winterstationen  in  Stidtirol.    Mit  2  Karten.    (IVr 

76  S.)    Leipzig     .         .         .         .  .       4.  — 

RoKX^  G.  Armaillis  et  Vegnolans  ou  le  ranz  des  vache» 

de  Gruyöre  et  la   chanson   du   vigneron.     2«  6d. 

lUustr.    Vevey 3.  — 

V.  Schlägel,  M.   Die  Alpensängerin.   Eine  Erzählung 

aus  Tirol.  (97  S.)  Berlin  .  .  .  — .  70 
Schmidt,  Max,     Culturbilder  aus  dem  bayr.  Walde. 

(283  S.)  Breslau 5.  35 

—  Die  Fischerrosl  von  St.  Heinrich.  Lebensbild  vom 
Starnbergersee.  (HI,  192  S.)   München  .       2.  70 

—  Die  Schwanjungfrau.  Erzählung  aus  dem  Berchtefl- 
gadnerlandl.   (188  S.)    München     .         .       2.  — 


IHe  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  525 

Semmig^  H,  Ein  Genzianenstrauß.  Novellen  u.  Reise- 
bilder aus  den  Schweizer  Alpen.  (XI,  307  S. 
Leipzig 6.  70 

Siieler^  K.  WeiFs  mi  freut!  Neue  Gedichte  in  ober- 
bayr.  Mundart.  6.  Aufl.  (XXU,  130  8.)  Stuttgart, 
cart 4.  — 

—  Drei  Buschen.  WeiFs  mi  freut.  Habt's  a  Schneid  ? 
Um  Sunnawend.  Gedichte  in  oberbayr.  Mundart, 
illust.  von  H.  Engl.   (XX,  386  S.)    Stuttgart,  geb. 

16.  — 

—  Habt's  a  Schneid!?  5.  Aufl.  (Vm,  117  S.)  Stuttg., 
cart.     .         .         .         .         .         .         .4.  — 

—  Culturbilder  aus  Bayern.    (IX,  272  S.)    Stuttgart 

6.  40 

—  Natur-  u.  Lebensbilder  aus  den  Alpen.  (IX,  397  S.) 
Stuttgart 7.  20 

—  Um  Sunnawend.  4.  Aufl.  (XII,  148  S.)  Stuttgart, 
cart.     .         .         .         .         .         .         .4.  — 

—  Ein  Winteridyll.  (47  S.  mit  Portrait.)  Stuttgart, 
geh 5.  35 

Sutermeisier,  0,  Schwizerdütsch.  Sammlung  deutsch- 
schweizerischer Mundartliteratur.  Heft  31  —  33. 
(112  u.  64  S.)  Zürich,  k       .         .         .     — .  50 


II.  Karten. 

Algermissen,  J.  L.  Topogr.  Specialkarte  d.  Schwarz- 
waldes. 1:  200,000.  4.  Aufl.  Metz         .       3.  35 

—  XJebersichtskartev.Südwestdeutschland.  1:400,000. 
2  Bl.  Metz 4.  — 

Atlas,  Topographischer,  der  Schweiz,  im  Maßstab  der 
Original-Aufnahmen  durch  das  eidg.  Stabsbüreau, 
unter  Direction  von  Oberst  Siegfried  veröffentlicht. 
Maßstab  1  :  25,000 ,  Hochgebirge  1  :  50,000. 
Lieferg.  XXVHI.   Bern.  In  der  Schweiz  per  Blatt 

1.  — 


5^6  4«  Fremcke^ 

Blatt  11  Staafenberg,  45  Thaingen.   46  Ramsen. 

47    Dießenhofen,     49    Steckborn.     97    BretzwiL 

167  Kulm.  J68  Reiden,  194  Dürreuroth.  196  Somis- 

wald.  281  Travers.  347  La  Roche. 
Bayer,  M,  Karte  des  Herzo^hnms  Kärnten«  S.Aofl» 

Klagenfurt     .         .         .         .4.  30,  coL  5.  35 
Bernhard,  C     Touristenkarte  vom   bayr.  Hochland^ 

^ordtirol  u.  Salzkammergut.  1 :  500,000.  München 

1.  35,  aufgez.  2.  — 
V.  Bomsdorff,  0.     Neueste  Specialkarte   vom  Harz. 

1 :  100,000.   4  Blatt,  4.  Aufl.  Magdeburg  4,  -^ 

einzeln  k  1.  35 
Deichmanriy  L.  Karte  vom  Harzgebirge.  1 :  200,000. 

3.  Aufl.    Photogr.  Lichtdruck  nach  einem  Relief. 

Kassel t.  35 

Eck,  H,  Geogpostische  Karte  der  weitem.  Umgehung 

der  Schwarzwaldbahn.    1 :  50,000.  Lahr       2.  70 
Eisenhahnkarte,  Kl.  of&clelle,  d.  Schweiz.  1 :  500,000. 

Ausgabe  1885.   Bern     .         .         ,         .       1.  60 
Freitag,  G,     Höhenschichtenkarte  von   Nieder^ter- 

reieh  1 :.  520,000.    Wien       .         .         .1.10 
General' Strasseti"  &  Ortskarie  des  österreich^'Uagar. 

Reiches,   i\ebst  Südwestdeutschland  etc.    4  Blatt 

Ausg.  mit  braunem  Terrain.  Wien.  12.  — ^  ohne 

Terrain 8.  — 

Gerster,  J,  Karte  des  Kts.  Schaffhausen.  1 :  80,000. 

Schaffhausen.     Aufgezogen    .         .         .       2.  — 
Handtke,  F.     Speoialkarte  von  Tirol  und  Salxbcurg. 

1 :  600,000.     2.  Aufl.     Glogau      .         •       2.  — 
Karte  des  Yierwaldstädtersee's.  aua  der  YogetochM- 

Jtirich.     Aufgezogen     .         ,         ^         .       3.  — 
-r-  jftir  die  Gegeöd  vor  8chUersee>  Tegemsee,  Leng- 

gries  bis  Aehensee,  InnthaU    Mttuehen  .    — .  70 
-^     von    Bad    Soden    im    Tauuuat    u»d    UaBigebangr 

1 :  100,000.    Wtrzburg         .        ,         ,     -^.  56 
—  VQBL  Steieroiark  und  Krat».     1:446,000,    Wien 

1.  20 


IHe  alpine  Literatur  des  Jahres  1885.  öSTT 

Keller,  U,    2.  Reigekarte  der  Schweiz.  1 :  440,000^ 

Rev.  Ansg.     Zürich,    Aufgezogen  ,       6.  — 

—  Schulwandkarte  der  Schweiz.  8  Bl.  Neu  revidirt». 
Zürich           .         .         .         .         .  .     10.  — 

Langsdorffy  W.  Geologische  Karte  des  Westharzes. 
1 :  25,000.     2  Bl.     Clausthal         .         .     13.  35- 

Lessmann.  Touristenkarte  durch  den  Teutoburger- 
wald  und  das  Wesergebirge.  1 :  240,000,  Biele- 
feld       — .  80 

Leuzinger,  R,  Billige  Karte  der  Schweiz  und  der 
angrenzenden  Länder,  mit  bes.  Bertlcksichtigung 
der  Eisenbahnen.  1 :  400,000.  Ausgabe  1885. 
Bern.     Fr.  2.  50,  aufgezogen        .         .       5.    - 

—  Neue  Karte  der  Schweiz.  1 :  400,000.  Ausg.  1885. 
Bern.  Auf  japanesischem  Papier  Fr.  5.  —  Auf- 
gezogen       .         .         .         .         .         .8.  — 

Liehenow,   W,     Specialkarte   vom    Riesengebirge. 

1  :  150,000.     9.  Aufl.     Breslau     .         .       2.  — 
Magnenat     Carte   murale   du  Ct.  de  Vaud.     3«  6d. 

Lausanne.    Aufgezogen  mit  Stäben        .     20.  — 
MewreVy  J,,  u,  G,  Freytag.    Distanz-  und  üebersichts- 

karte  v,  We8tti,rol,  und  Vorarlberg,     1 :  350,000. 

Wien .       1.  2a 

Miehely  Ch.    Rairte  von  Tirol.    1 :  600,000.    6.  Aufl. 

München.     Aufgezogen .  .         .8.  — 

Randegger,  J,  Neue  Reisekarte  d,  Schweiz.  1:600,000. 

Ausg.  1885.     Zürich.     Aufgezogen        .       2.  50 

—  Topogr.  Karte  des  Bezirks  Zürich,  nach  den  eidg. 
Aufnahmen.  1 :  40,000.  Zllrich.  Aufgez.  5.  — 

Reisekarte  der  österr.-ungar.  Monarchie.  X :  2,250,000- 
15.  Aufl.     Wien 1.  60^ 

V.  Scheda,  J:  Karte  des  österreich.-ungar.  Reiches. 
1  : 1,000,000.   4  Bl.    Ausg.  1885.  Wien    16.  — 

Schy^lZy  R,  A,  Generalkarte  von  Kärnten,  Krain^ 
Görz ,  Istrien  etc.  1 :  505,000.  Ausgabe  1885, 
Wien.     M.  polit.   Colorit  4.  -s-,   dnfach  coloriit. 

2.  7(> 


528  A,  Francke. 

Silherhuher,  A,  Distanz-  und  Wegmarkirungskarte 
der  Raxalpe.  Herausgegeben  vom  Oesterreich. 
Touristenclub.     Wien    .         .         .         .       1.  10 

—  te.  F.  Wagner.  Distanz-  und  Wegmarkirungs- 
karte des  Schneeberges.  Herausgegeben  v.  Oester. 
Touristenclub.     Wien    .         .         .         .       1.  10 

—  Touristenkarte  des  Wienerwaldes.  Herausgegeben 
vom  Oesterr.  Touristenclub.  1 :  80,000.  Blatt  1. 
7.  Aufl.    Bl.  2.    5*.  Aufl.    Wien,  ä        .     — .  95 

Specialkarte  des  Fichtelgebirges.  Ausgef.  v.  topogr. 
Bur.  d.  königl.  bayr.  Generalstabes.  1 :  50,000. 
Wunsiedel .2.  — 

Stapff,  F.  M,  Geologische  üebersichtskarte  d.  Gott- 
hardbahnstrecke.  10  Bl.  1 :  25,000.  Berlin     66.  70 

Steinhauser,  A.  üebersichtskarte  v.  Oesterr.-Üngam. 
1 :  2,000,000.  Ausg.  m.  Terrain.  Wien  .  4.  — 
ohne  Terrain         .         .         .         .         •       2.  70 

dürrer,  M.  Specialkarte  von  Oberbayern  in  6  Bl. 
1 :  75,000.  Bl.  2  und  6.  München,  ä  .  1.  35 
m.  col.  Grenzen     .         .         .         .         .       1.  60 

Touristenkarte  d.  unteren  bad.  u.  württbg.  Schwarz- 
waldes. 1  :  100,000.  Karlsruhe       .         .       2.  — 

^schudi.  Touristenkarte  der  Schweiz.  1:800,000. 
St.  Gallen     .         .         ,         .         .         .1.  — 

—  Touristenatlas  der  Schweizer  Eisenbahnen.  Ausg. 
1885.  St.  Gallen 2.  50 

üebersichtskarte f  neue,  v.  Centraleuropa,  hrsg.  v.  k.  k. 
mil.-geogr.  Institut  in  Wien.  1 :  750,000.  Wien. 
Bl.  Genf,  Lyon,  Beifort,  Macon,  Turin,  Marseille, 
Avignon,  Antibes,  Toulon,  Hermannstadt,  Kron- 
stadt, k        .         .         .         .         .         .       2.  70 

JJmgehimgskarte  v.  Klagenfurt,  hrsg.  v.  mil.-geogr. 
Institut.  1 :  75,000.  Wien      '.         .         .       2.  15 

Weher,  J,  Kte.  d.  Vierwaldst.-See's  aus  der  Vogel- 
schau. Zürich.  Aufgez.  .         .         .       3.  75 


Die  alpine  Literatur  des  Jahres  1885,  529 

Welzhacher,  C.  Karte  d.  nördl.  u.  sUdl.Theiles  d.  hess. 
Odenwaldes  u.  d.  Bergstraße.  1 :  80,000.  2  Bl. 
Darmstadt    ......     — .  80 

—  Specialkarte  des  Spessart.  1 :  100,000.  6.  Aufl. 
Frankfurt  a.  M.     .         .         .         .         .       2.   — 

Ziegler,  J.  M.  II.  Wandkarte  d.  Schweiz.  1 :  200,000. 
8  Bl.  Ausg.  1885.  Zürich.  12.  50,  orohydrogr. 
Ausg 10.  — 

—  Dritte  Karte  d.  Schweiz.  1:380,000.  Ausg.  1885. 
Ztlrich.  Aufgez 12.  50 

IIL  Bilder  und  Panoramen. 

Ansichten  aus  d.  bayrischen  Bergen.  (6  Taf.  qu.  4<^.) 
München.  In  Couvert     .         .         .         .       2.  70 

Beck,  Jules.  Hochgebirgsphotographien  (Sommer  1885). 
Standpunkte :  Aetna  Nr.  849  —  855.  Umgegend  von 
Zermatt  Nr.  856—863.  Unter-Gabelhorn  Nr.  864 
bis  870.  Stockhom  (Gornergrat)  Nr.  871—879. 
Unter-Theodulgletscher  Nr.  880-882.  Grindel- 
wald Nr.  883—902.  Roththal  Nr.  903—910. 
Schilthorn  Nr.  911-916.  Eiger  Nr.  917—919. 
Balmhorn  Nr.  920—926.  Urirothstock  Nr.  927 
bis  932.  Titlis  Nr.  933—940. 

Donkin'ü  Photographs  of  the  High  Alps.  Series  1885. 
30  Blätter;  Standpunkte:  Umgebung  von  Zermatt, 
Breil,  Bec  de  Guin,  Arolla,  Aiguilles  de  la  Za  etc. 

Freunthaler,  E.  J.  Panorama  vom  Hochkohr  (1799  ^), 
2  Bl.  Lith.  Fol.    Waidhofen  a/Ybbs       .       2.  15 

Grubhof  er,  T,  Reiseerinnerungen  aus  Tirol.  1.  Lfg. 
(6  Bl.  m.  2  Bl.  Text.)    Berlin  .         .       4.  — 

Orientirungsscheihen  Nr.  1.  Gr.  Winterberg,  2.  Bastei, 
3.  Hoher  Schneeberg.    Dresden,  k  .     — .  55 

Panorama  pittoresque  du  Righi  et  du  Lac  des  IV 
Cantons.  Chromolith.  Luzem.  cart.  .       1.  50 

—  du  chemin  de  fer  du  St-Gothard.  Chromolith. 
Luzern.  cart.         .         .         .         .         .       1.  50 

34 


630     A,  Francke.    Die  cüpme  Literatur  des  Jahres  1885^ 

Schulze,     Panorama    vom  Költschenberge.    (3  Taf.) 
Reichenbach  i.  Schi.       .         .         .         .    — .60 

—  Pan.v.  Glatzer  Schneeberge.  (2Taf.)Ebd.    — ,  35 

—  Pan.  V.  ülbriohshöh.    (4  Taf.)    Ebd.       .     -.  70 
Sella,   V.    Hochgebirgsphotographien  1885.    Nr.  214 

bis  285.  Standpunkte:  Grand  Paradis,  Monte  della 

Disgrazia^    Trugberg,   Finsteraarhom ,   Ebnefluh^ 

Grand  Comier,    Col  d'Hörens,   Ruinette,   Aigmlle 

de  la  Za,  Bent  d'H6rens,  etc. 
Vues  interessantes,    28,   du  Righi,   des  IV  Caiitons, 

du  St-Gothard.  Chromolith.  Luzem.  cart.       1.  50 
Woldermann,   G.    Berge  der  Erde  in  ihren  Formen 

und    Höhenverhältnissen.     Chromolith.     Dresden. 

Fol.  -~.  40,  Imp.-Fol 5.  35 

Wopfner,  J.  Perlen  aus  d.  deutschen  Alpen.  Ik  Serie. 

(12  Chromolith.)     Leipzig.    Ausg.  A  k  Bl.  2.  40^ 

B  2.  15,  C  2.  80. 


V. 


Chronik  des  S.  A.  C. 

für  das  Jahr  1885. 


Jahresversammlung  in  Villars-sur-Ollon.  i) 

Protokoll 

ZXn.  Delegirtenversanmüung  des  S.  A.  C. 

in  Vtllar-s-SDr-OIlon 

deD  t2.  September  18S6,  Abends  b  Ubr  80  Min. 


Vorsitzender :     Herr    Ree^erongBprtCsident    Grob, 
CentralprSsident.   AnweBend : 

SectiOD  Aargan:  — 

„        Zofingen :         HH.  Fischer-Sigwart. 
„        Säntis:  „     Kehl  in  UmSsch. 

„        Basel:  „     Hofiteann-Merian, 

„     0.  Löscher. 

')  Da  trotz  wiederholter  Hahnniig  von  Seite  des  Central- 

oomit^  neder  derFeatberichtnoch  das  Protokoll  der  Oeneral- 
Teraammlniig  von  dem  Herrn  Festsekretär  erhältlich  wareo, 
bedauert  die  Redaotion,  den  Bericht  über  das  Jahresfest  anf 
die  Protokolle  der  22.  Delegirtenversammlnng  und  der  21. 
neralversammlung,  beide  von  Hm.  CentralsekretärDr.  G.I 
1er  abgefaßt,  die  BegräOiinggrede  des  Herrn  Festpräslde: 
(s.  p.  398),  den  Geschäftsbericht  des  Centralcomitö  {a.  p. 
und   die   Oebirgsansicht  des   Festplatzes  Ton  Herrn  I 
A.  Heitn  (s.  Beilagen)  beschränken  zu  mflasen. 


534 

( 

Ihrw 

lik. 

Section  Bern: 

HH 

7) 

.  Regierungsrath  v.  Steiger, 
Francke. 

7) 

Biel: 

7t 

Wartmann. 

Bltimlisalp : 
Burgdorf: 
Oberaargau : 
Oberland: 

7i 

Jakob  (Lotzwyl). 
Hecht. 

Wildhom: 

7) 

Rudolf  Wehren. 

7i 

Mol^son : 

Genf: 

Tödi: 

9  g 

7) 

Bourgknecht,  A.  Glasson. 
Freundler,  M.  Briquet 
Rathsherr  Freuler. 

n 

Rhätia : 

•  • 

J7 

Pilatus : 

Ti 

Dr.  Hofstetter,  Egli. 

n 
n 

7) 

Neuenburg: 
Mythen : 
St.  Gallen: 
Alvier : 

Sottaz,  Jean  Schelling. 

Bettschart. 

Iwan  V.  Tschudy,  Sfcoder. 

7) 
7) 

Toggenburg: 
Titlis: 
Gotthard: 
Monte  Rosa: 

7) 
7) 

M.  Britschgi. 

Becker,  Telegrapheninsp. 

de  Torrent^,  Fama. 

7) 

Diablerets : 

Roßberg: 

üto: 

mW 

D 

Prof.  Ramberty  J.  Gnex. 
Dändliker  in  Baar. 
Fäsi-Wüliam,     Pf«rrer 
Lavater. 

7) 

Bachtel : 

)> 

Bindschädler. 

7) 

Winterthur : 

mm 

n 

Pfarrer  Herold,  Reinhart. 

I.  Der  Präsident  heißt  die  Abgeordneten  will- 
kommen und  spricht  vorläufig  der  festgebenden  SectioD 
den  herslichsten  Dank  aus. 

n.  Herr  Reinhart  von  Winterthur  und  Herr  Schel- 
ling werden  zu  Stimmenzählern  ernannt. 

m.  Rechnung  von  i884,  genehmigt  auf  Antrag 
der  Herren  Rechnungsrevisoren  Schinz  und  Neuburger. 
Einnahmen  von  1884  .     .     Fr.  15,291.  60 
Ausgaben  von  1884    .     .      „    12,334.  35 

üeberschuß  der  Einnahmen     Fr.     2,957.  25 


1 


Chronik,  635 

IV.  Vermögen  des  Club: 

am  31.  December  1884   .     Fr.  16,100.  — 
„     31.         „  1883    .       „    13,142.  75 

Yermehrung  des  Vermögens     Fr.     2,957.  25 

V.  Der  Centralcassier  legt  einen  üeberblick  liber 
«den  bisherigen  Theil  des  Rechnungsjahres  vor. 

VI.  Zu  Rechnungsrevisoren  werden  gewählt  die 
Herren  Sottas  in  Neuenburg  und  Hecht  in  Interlaken. 

VII.  Fest  von  i886.  Die  Section  Winterthur 
bietet  sich  als  festgebende  Section  für  1886  an.  Die 
Versammlung  nimmt  die  Proposition  zu  Händen  der 
Oeneralversammlung  mit  Beifall  an  und  schlägt  der- 
«elben  Herrn  Pfarrer  Herold  zum  Festpräsidenten  vor. 

VIII.  Preisschriß  Baumgartner.  Der  Präsident 
Teferirt  darüber  und  legt  den  Delegirten  den  Antrag 
•des  Centralcomite's  vor: 

pDie  Delegirtenversammlung  möge  es  dem  Central- 
-comite  anheimgeben,  für  die  ihm  am  passendsten 
scheinende  Publication  zu  sorgen." 

Herr  Iwan  v.  Tschudy  betont,  daß  die  Schrift 
Eigenthum  des  S.  A.  C.  sei,  und  macht  auf  die  unter- 
schiede derselben  von  der  Schrift  Zsigmondy's  auf- 
merksam; er  ist  der  Meinung,  daß  einzelne  Punkte 
-der  letztem  bei  der  Publication  benutzt  werden  sollten. 

Die  Genehmigung  wird  dem  Oentralcomite  still- 
schweigend ertheilt. 

IX,  Rho7iegletscher- Fragen, 

a.  Publication.  Herr  Vicepräsident  Professor  Heim 
referirt  zunächst  über  die  Nothwendigkeit  der  Publi- 
cation, dann  über  die  günstige  Lage  des  S.  A.  C, 
wie  sie  durch  das  Entgegenkommen  des  eidgenössischen 
topographischen  Bureau  und  den  vortheilhaften  Ver- 
trag mit  Schmid,  Francke  &  Comp,  geschaffen  ist. 
Er  stellt  den  Antrag: 

„Dem  Oentralcomite  ist  Vollmacht  zu  geben,  den 


536  Chronik, 

provisorischen  Vertrag  mit  der  Buchhandlung  Schmid^ 
Francke  &  Comp,  endgültig  abzuschließen." 

Herr  HoflFmann-Merian  gibt  noch  näheren  Aufschluß^ 
wonach  die  Redactionskosten,  soweit  sie  Herrn  Held 
betreffen,  vom  topographischem  Bureau  übernommen 
werden ,  und  daß  Herr  Professor  Rütimeyer  einen 
großen  Theil  des  Textes  gütigst  selbst  zu  tibernehmen 
sich  bereit  erklärt  hat. 

Herr  Professor  Forel,  Mitglied  des  Gletscher- 
coUegiums,  hat  zunächst  den  Voten  nichts  beizuftigen^ 
weist  aber  noch  einmal  auf  die  günstige  Lage  des 
S.  A.  C.  hin. 

Herr  Freundler  hat  nicht  die  Absicht,  gegen  die 
Publication  der  bisherigen  Arbeiten  aufzutreten.  Mithin 
fällt  Passus  2  und  3  der  Genfer  Anträge,  die  wich- 
tigsten Resultate  der  bisherigen  Arbeiten  im  Jahrbuch 
zu  publiciren,  dahin. 

Herr  Rambert  ist  hiemit  sehr  einverstanden,  da 
eine  solche  Publication  im  Jahrbuch  eine  Unmöglich- 
keit wäre. 

Da  derzeit  kein  Antrag  gegen  denjenigen  des 
Centralcomite's  mehr  existirt,  so  ist  der  letztere  an- 
genommen. 

b.  Fortsetzvng  der  Arbeiten.  Herr  Prof.  Forel^ 
im  Namen  des  Gletschercollegiums,  gibt  einen  üeber- 
blick  über  die  bisherigen  Arbeiten  des  Gollegiums 
und  die  hohe  Wichtigkeit  der  Aufgabe,  sowie  über 
die  bisher  gewonnenen  Resultate,  besonders  die  Karte 
des  Gletschers.  Dann  geht  er  auf  die  Wichtigkeit 
der  Fortsetzung  dieser  Arbeiten  ein.  Während  zn 
Zeiten  der  Gletscher  langsam  fließt  und  daher  zurück- 
geht, rückt  er  in  andern  Perioden  schneller  vor. 
Bisher  hatten  wir  eine  Periode  des  Abnehmens;  jetzt 
treten  wir,  wie  aus  gewissen  Zeichen  zu  schließen 
ist,  in  eine  Periode  des  Vorrückens  ein.  Man  sollte 
diese  höchst  günstige  Gelegenheit  nicht  ungenützt 
vorüber  gehen  lassen. 


Chronik.  5ST 

Herr  Prof.  Heim  referirt  im  Namen  des  Central- 
comite's.  Er  betont  besonders  die  Nothwendigkeit^. 
jetzt,  nach  Abschluß  der  Messungen,  die  Schwankungen 
beim  Fortschreiten  des  Gletschers  zu  controliren.  Die 
Kosten  bilden  keinen  besonders  großen  Posten  in  den 
Ausgaben  des  S.  A.  C.  Neue  Fragen  sollen  nicht  in. 
Angriff  genommen  werden,  zudem  kann  das  Central- 
comite  Garantien  bieten,  daß  das  jährliche  Maximum- 
von  Fr.  1500  nicht  überschritten  wird. 

Herr  Freundler  vertheidigt  den  Standpunkt,  deir 
die  Section  Genf  in  ihrem  Circular  einnimmt.  Er  sieht 
in  der  Fortsetzung  der  Arbeiten  ein  Abweichen  vo» 
dem  eigentlichen  Zweck  des  S.  A.  C.  Er  bezweifelt 
die  Wichtigkeit  der  Resultate,  die  vielleicht  auf  andere^ 
Gletscher  keine  Anwendung  finden.  Er  befürchtet,, 
nach  drei  Jahren  neue  Opfer  bringen  zu  müssen  und 
weist  auf  die  Noth wendigkeit  von  Ftihrerkursen  hin,, 
ebenso  von  Erstellung  neuer  und  der  Erhaltung  be- 
stehender Clubhütten.  Die  bisherigen  Opfer  sind  voll- 
ständig genügend  ;  die  schweizerische  naturforschende 
Gesellschaft  würde,  ohne  Beihülfe  des  S.  A.  C,  gewiß^ 
selbst  eingetreten  sein. 

Herr  Prof.  Heim  erklärt,  daß  sich  das  Gletscher- 
coUegium  mit  den  drei  Jahren  zunächst  zufrieden  er- 
klärt, er  hofft  auf  spätere  Hülfe  von  anderer  Seite, 
die  jetzt  noch  unmöglich  ist. 

Herr  Professor  Rambert  erinnert  daran,  daß  man 
immer  darauf  hinwies ,  es  würden  nach  Ablauf  der 
ersten  sechs  Jahre  gewisse  weitere  Maßregeln  zu 
treffen  sein.  Die  Frage  iät  bei  der  geringen  Ausgabe 
nicht  sehr  bedeutend,  da  jene  Summe  von  Fr.  1500 
zudem  ein  Maximum  ist,  unter  welches  nach  Ansicht: 
des  Herrn  Rütimeyer  die  wirkliche  Ausgabe  bedeutend! 
herabsinken  wird.  Die  Lage  ist  gar  nicht  derart^ 
daß  sie  eine  so  energische  Opposition  rechtfertigte. 
Wenn  wir  die  Sache  fallen  lassen,  so  begehen  wir 
einen  großen  Fehler,  der  dem  S.  A.  C.  nicht  zur  Ehre 


^38  Chronik, 

gereicht.  Die  Statuten,  wie  sie  zuerst  in  deutscher 
Sprache  aufgestellt  wurden,  rechtfertigen  durchaas 
die  Ausgabe.  Zudem  ist  die  Arbeit  am  Rhonegletscher 
keine  einseitig  wissenschaftliche,  sondern  eine  eminent 
topographische  und  geographische,  welche  so  direct 
als  möglich  im  Zweck  und  Interesse  des  S  A.  C.  Hegt. 
Die  Aufmerksamkeit  des  S.  A.  C.  auf  Ftihrercurse  und 
Olubhtitten  hat  keineswegs  abgenommen,  wie  leicht 
zu  beweisen  ist,  und  mit  den  Führercursen  macht 
man  nicht  einmal  die  gehoflPten  Erfahrungen.  Für  eine 
Gesellschaft  wie  der  S.  A.  C.  ist  die  Ausgabe  für  eine 
so  große  wissenschaftliche  Arbeit  eine  bescheidene. 
Schließlich  spricht  sich  der  Redner  gegen  den  von  der 
Section  Genf  in  ihrem  Circular  angeschlagenen  Ton  aua. 

Herr  Hoifmann-Merian  findet,  das  Finanzielle  spiele 
eine  viel  zu  große  Rolle.  Die  Fr.  1500  bedeuten  auf 
>die  drei  Jahre  zusammen  Fr,  1.  80  per  Kopf.  Für 
Hüttenbauten  und  Reparaturen  haben  wir  in  elf  Jahren 
Fr.  30,000  ausgegeben,  für  Ausstellungen  Fr.  5600; 
an  der  Landesausstellung  in  Zürich  waren  die  Rhone- 
gletscherkarten gerade  das  Monumentalste.  An  Mitteln 
mangelte  es  nie;  denn  wenn  man  in  drei  Jahren 
durch  Reduction  des  Jahresbeitrages  von  Fi\  5  auf  4 
ungefähr  Fr.  7000  weniger  einnahm,  so  wuchs  doch  die 
Einnahme  um  circa  Fr.  2000.  Das  Vermögen  des  Club 
hat  trotz  der  Rhonegletschersubvention  zugenonunen. 
Der  D.  u.  Oe.  A.  V.  hat  uns  ersucht,  ihnen  einen  Ver- 
treter zu  schicken,  der  über  diese  Vennessungen  einen 
Vortrag  halten  sollte ;  es  wäre  der  Ehre  des  S.  A.  C. 
unwürdig,  jetzt  aufzuhören. 

Herr  Pfarrer  Herold  beantragt,  §  9  des  Vertrages 
zu  streichen  und  statt  dessen  ausdrücklich  zu  be- 
stimmen, daß  nach  drei  Jahren  die  Betheiligung  des 
S,  A.  C.  an  den  Arbeiten  am  Rhonegletscher  ihr 
Ende  finden  solle.  Dieser  Antrag  hat  die  Meinung, 
den  Frieden  im  Club  wieder  herzustellen  und  weitere 
Differenzen  zu  verhindern. 


Chronik.  589 

Herr  Bonrgknecht  fürchtet,  die  Sache  werde  nie 
«ein  Ende  finden ,  und  der  S.  A.  C.  werde  sich  durch 
-einen  zustimmenden  Beschluß  auf  Jahrzehnte  hinaus 
binden.  Er  kommt  nochmals  auf  die  Clubhüttenfrage 
zurück.  Auch  den  Antrag  Herold  hält  er  nicht  für 
genügend,  da  der  Club  auch  so  die  Hände  nicht  frei 
haben  werde. 

Es  wird  Schluß  beantragt.  Die  Abstimmung  ergibt 
19  Stimmen  für  Schluß,  10  dagegen. 

Der  Referent  Herr  Forel  erhält  noch  das  Wort 
zu  der  Erklärung,  daß  die  Arbeiten  auf  keinem  andern 
Oletscher  erneuert  werden  sollen,  und  daß  das  fest- 
gestellte Budget  vollständig  genügt. 

Herr  Fischer-Sigwart  erklärt,  daß  er  nicht  stimmen 
werde. 

Abstimmung. 

1)  Eventuelle  Abstimmung:  Ist,  im  Falle  der  An- 
nahme des  Vertrages,  ZiflFer  9  zu  streichen,  oder  ist 
der  Antrag  Winterthur  einzusetzen? 

20  Stimmen  sind  für  den  Antrag  Winterthur, 
7  dagegen. 

2)  Hauptabstimmung.  Für  den  so  bereinigten  An- 
trag des  Centralcomite's  ergeben  sich  26  Stimmen 
(von  34). 

Ziffer  9  hat  jetzt  den  Wortlaut:  „Es  wird  jetzt 
schon  ausdrücklich  bestimmt,  daß  mit  dem,  was  unter 
1  und  2  festgesetzt  ist,  die  Leistungen  des  S.  A.  C. 
für  die  Vermessung  des  Rhonegletschers  ihr  Ende 
finden  sollen." 

3)  Ziffer  4  des  Antrages  Genf. 

a.  Der  erste  Theil  betreffend  Führercurse  wird 
abgelehnt. 

h.  Der  zweite  Theil  betreffend  Clubhütten  wird 
mit  24  Stimmen  angenommen.  Derselbe  lautet: 
„Das  Centralcomite  wird  eingeladen,  den  Umbau 
und  die  Instandstellung  der  Clubhütten  zu  be- 
schleunigen." 


640  Chronik. 

4)  Auf  Antrag  von  Herrn  Herold  wird  das  Glet- 
schercoUegium  auf  weitere  drei  Jahre  bestätigt. 

X.  Anträge  der  Sectionen. 

1)  Section  Biet,  Das  Centralcomite  beantragt^ 
die  Motion  Biel  aufzunehmen,  welche  lautet:  „Das 
Centralcomite  ist  eingeladen,  zu  untersuchen,  welche 
Hütten  und  auf  welche  Weise  dieselben  mit  Holz  zu 
versorgen  sind.'*  Dagegen  ist  der  Section  Biel  da» 
Recht  abzusprechen,  von  sich  ans  einen  Zusatz  zur 
Hüttenordnung  aufzustellen.  Der  Antrag  wird  ange- 
nommen. 

2)  Section  Mythen  beantragt :  „Es  möge  die  Ver- 
sammlung beschließen,  die  Section  Mythen  in  ihrem 
Bestreben  für  den  Wiederaufbau  der  Hütte  auf 
dem  großen  Mythen  und  der  Verlegung  auch  des 
obem  Theils  des  Weges  von  der  Nord-  auf  die  Ost- 
seite  des  Berges  zu  unterstützen  und  hieftir  einen 
einmaligen  Beitrag  von  wenigstens  Fr.  500  zu  ver- 
abfolgen. Dagegen  verpflichtet  sich  die  Section  Mythen, 
strenge  Controle  über  den  Unterhalt  und  die  preifl- 
würdige  Verpflegung  von  Touristen  in  der  neu  pro- 
jectirten  Schutzhütte  zu  halten." 

Der  Antrag   wird  dem  Centralcomite  überwiesen. 

Herr  Freundler  drückt  sein  Bedauern  darüber  an», 
daß  in  der  Rhonegletscherangelegenheit  so  rasch  Schloß 
beantragt  worden  ist.  Der  Präsident  gibt  eine  Rechts- 
belehrung über  parlamentarischen  Usus. 

Das  Protokoll  wird  verlesen  und  genehmigt. 

Ende  der  Sitzung  10  Uhr  30  Minuten. 

Der  Präsident: 

J.  E.  Grob,  Regierungspräsident 

Der  Secretär: 
Dr.  G.  Finster. 


Protokoll 

der 

XXI.  Generalversammlung  des  S.  A.  C. 

Sonntag,  13.  September  in  Villars-sur-Ollon. 


Präsident :  Hr.  Prof.  Eugen  Rambert. 


1.  Begrüßungsrede  des  Herrn  Festpräsidenten  (s. 
pag.  398). 

2.  Jahresbericht  des  Centralcomite,  vorgelegt  von 
dem  Centralpräsidenten,  Hr.  Regierungsrath  Grob 
(s.  pag.  542). 

3.  Die  Rechnung  für  1884  wird  genehmigt. 

4.  Zu  Rechnungsrevisoren  für  1885  werden  ernannt 
die  Herren  Hecht  in  Interlaken  und  Sottas  in 
Neuenburg. 

5.  Als  nächste  festgebende  Section  wird  die  Section 
Winterthur  und  zum  Festpräsidenten  Herr  Pfarrer 
Herold  gewählt. 

S.  Vortrag  von  Herni  Prof.  Dr.  Forel  (de  Morges) 
über  Witterungsverhältnisse  in  den  Alpen. 

Der   F  est  prä  sid  en  t : 

Eugene  Rambert. 

Der   C  en  t  r  al  s  ekr  e  t  är: 

Dr.  G.  Finsler. 


Zweiuadzwanzigster  Jabresbertcht 

des 

Centralcomite  des  Schweizer  Alpenclnb. 

1885. 


Der  nachfolgende^  vom  Oeiitralpräendenteii  in  Vil- 
lars -  snr  -  Ollon  verlesene  Jahresbericht  umfaßt  die 
ThXtigkeit  des  S.  A.  0.  bis  Ende  August  1885.  Wa& 
von  da  an  bis  xam  Jahressehhifise  geschah,  ist  am 
Schlüsse  der  einzehien  Capitel  in  E^lammem  [ }  nach- 
getragen. 

Hochgeehrte  Clitbgene&sent 

Sie  haben  an  unserer  letzten  OeneraÜversammliug 
in  Altorf  im  Aagu^t  1884,  welche,  Dank  dem  frennd- 
lichen,  herzlichen  Entgegenkommen  der  Section  Gott- 
hard ,  einen  so  schönen  Verlauf  genommen  hat ,  die 
Centralleitung  der  Geschäfte  des  S.  A,  C.  fttr  die 
Amtsperiöde  von  1885/87  vertrauensvoll  in  die  HSnde 
der  Section  Uto  gelegt.  Wenn  nun  das  von  dieser 
Section  bestellte  Centralcomite  und  in  seinem  NameD 
der  von  Ihnen  auf  den  Vorschlag  der  Section  zun 
Vorsitzenden  Berufene  sich  anschickt^  zum  ersten  Male 
vor  Sie  hinzutreten ,  um  Ihnen  ttber  unsere  Amts- 
führung Rechenschaft  abzulegen^  so  geschieht  es  nicht 


Chronik.  649- 

ohn«  das  Gefühl  einer  gewissen  Beklemmung  und 
nicht,  ohne  sans  phrase  Ihre  freundliche  Nachsicht  in 
Anspruch  zu  nehmen.  Wir  waren  uns  dessen  wohl 
bewußt,  daß  man  uns  zumuthete,  in  die  Fußstapfen 
einer  langen  Reihe  von  Centralvorständen  einzutreten,. 
die  sich  jeweilen  aus  den  hervorragendsten  und  tüch- 
tigsten  Mitgliedern   des  S.  A.  C.   componirt  hatten. 

Speciell  unser  unmittelbare  Amtsvorgänger,  das 
Centralcomitö  von  Lausanne  1882  84,  hatte  sich  der 
ihm  übertragenen  Aufgaben,  insonderheit  auch  an- 
läßlich der  schweizerischen  Landesausstellung  von 
1883  in  Zürich ,  in  einer  würdigen  Vertretung  des 
A.  C.  an  derselben,  mit  ebenso  viel  Einsieht  als  Hin- 
gebung, mit  ebenso  großer  Energie  als  Ausdauer  ent- 
ledigt, so  daß  wir  nicht  ohne  ernste  Bedenken  dem- 
an  uns  ergehenden  Rufe,  an  seine  Stelle  zu  treten,, 
Folge  leisteten.  Wenn  wir  auch  an  dieser  Steile  dem 
abgetretenen  Centralcomit^  und  der  Section,  aus  der 
68  bestellt  war ,  und  die  nun  ihren  Leistungen  für 
den  Gesammtverein  dadurch  die  Krone  aufsetzt,  daß 
sie  uns  in  ebenso  origineller  als  liebenswürdiger  Weise 
zn  sich  zu  Gaste  geladen  hat  —  ich  sage,  wenn  wir 
hier  sowohl  dem  letzten  Centralcomit6  als  der  Section  - 
IMablerets  warmen  Dank  und  Anerkennung  bezeugen,, 
so  handeln  wir  ohne  Zweifel  in  Ihrer  Aller  Sinn  und 
Namen. 

Die  Spanne  Zeit,  über  welche  wir  Ihnen  zu  refe- 
riren  haben,  war  freilich  eine  relativ  kurze.  Denn 
nachdem  das  abtretende  Centralcomite  sich  in  einem, 
von  Ende  Dezember  1884  datirten  Circular  noch 
einmal  Rechenschaft  gebend  und  Abschied  nehmend 
an  die  Sectionen  gewandt  hatte,  konnte  die  Geschäfts- 
übergabe  des  alten  Centralcomite  an  das  neue  erstr 
am  25.  Januar  laufenden  Jahres  in  Bern  stattfinden« 

Die  seit  diesem  Zeitpunkte  verstrichenen  T^/g, 
Monate  haben  kaum  hingereicht,  es  uns  zu  ermbg^_ 
liehen ,  in  den  unser  wartenden  Gesehäftskreis  eiu^^k 


1 


^44  Chronik. 

tiefern  und  klarern  Einblick  zu  gewinnen  und  uns  über  U 
4ie  Situation  gehörig  zu  orientiren.  Immerhin  con-  w 
4dtatiren  wir  gerne,  daß  wir  uns  von  Anfang  an  und  :^ 
fielbst  bei  hie  und  da  obwaltenden  Meinungsdiffe-  |n 
renzen  eines  freundlichen  und  zutrauensvollen  Ent- 
gegenkommens seitens  der  Sectionen  zu  erfreuen  hatten, 
und  wir  geben  uns  mit  Vergnügen  der  Hoffnung  hin, 
daß  dem  auch  ferner  so  sein  werde.  Dürfen  wir  Sie 
^och  versichern,  daß  bei  all'  unsem  Beschlüssen  und 
Maßnahmen  kein  anderer  Gedanke  uns  leitet  und  kein 
anderes  Ziel  uns  vorschwebt,  als  die  Wohlfahrt,  das 
Blühen  und  Gedeihen  uuseres  theuem  Schweizer- Alpen- 
clubs  und  des  über  Alles  geliebten  Vaterlandes,  dem 
wir  ja  auch  in  demselben  und  durch  denselben  zu 
•dienen  uns  bestreben. 

Sehen  wir  nun  etwas  näher  zu,  wie  es  zur  Zeit 
am  den  S.  A.  0.  und  die  wichtigsten  ihn  bewegenden 
Fragen  und  Interessen  bestellt  sei. 

2)  Ueber  den  Personalbestand  des  Vereins  geben 
folgende  Ziffern  den  wünschbaren  Aufschluß:  Der 
S.  A.  C.  zählt  29  Sectionen  mit  2607  Mitgliedern, 
von  denen  seit  1.  Januar  181  neu  eingetreten  sind, 
gegenüber  114  im  gleichen  Zeitraum  des  vorigen 
Jahres.  Die  Periode  des  Rückgangs  in  der  Zahl 
jinserer  Mitglieder  scheint  daher  glücklich  überstanden 
zu  sein.  Wenn  es  aber  unserer  Verbindung  zur 
Freude  gereicht,  frischen  Nachwuchs  zu  bekommen, 
430  wissen  wir  auch  gar  wohl,  wie  sehr  wir  desselben 
bedürfen ;  denn  Leiden  und  Freuden,  Leben  und  Tod 
wechseln  wie  Morgen-  und  Abendroth,  und  es  pflegt 
der  unerbittliche  Tod  je  und  je  auch  in  unsere  Reihen 
schmerzliche  Lücken  zu  schlagen.  Gedenken  wir 
pietätvoll  unserer  Heimgegangenen! 

Zunächst  ist  zu  erwähnen  der  im  Berichtjahr  er- 
folgte Hinschied  eines  Ehrenmitglieds  des  S.  A.  C, 
-des  Herrn  Anthony  Adams-Reilly ,  geb.  1836,  gest. 
15.  April    1885.     Wenn  ich  nicht  irre,    hat  er  sich 


Chronik,  545 

l)esondere  Verdienste  erworben  um  die  Topographie 
-der  Montblancgruppe.  Seine  Tüchtigkeit  war  so  all- 
gemein anerkannt,  daß  ihn  der  E.  A.  C.  zu  seinem 
Präsidenten  wählte,  welche  Ehre  er  indeß  mit  der 
ihn  charakterisirenden  Bescheidenheit  ablehnte.  Ehren- 
mitglied unserer  Gesellschaft  war  er  seit  22.  Sep- 
tember 1867. 

Und  wie  könnte  ich  Dessen  vergessen,  den  unsere 
Sectio»  üto  speciell  und  mit  Stolz  den  Ihrigen  ge- 
nannt hat,  des  Mannes ,  dessen  mächtiger  Geist  sich 
wagte  an  die  Erforschung  und  Durchdringung  der 
tiefsten  Geheimnisse,  welche  die  Menschenbrust  be- 
wegen, des  Verhältnisses  zwischen  dem  Ewigen  und 
dem  Vergänglichen ,  zwischen  Gott  uiid  Mensch,  und 
der  dabei  in  einem  kräftigen,  durch  üebung  gestählten 
Körper  eine  Seele  trug,  die  mit  der  Naivetät  eines 
Kindes  der  Herrlichkeit  der  Gotteswelt,  wie  sie  uns 
namentlich  im  Hochgebirge  entgegentritt,  froh  wurde 
—  ich  meine  Prof.  Biedermann^  der  eine  Reihe  von 
Jahren  als  allgeehrtes  und  allbeliebtes  Haupt  der 
Section  üto  vorgestanden  hat.  Sein  forschender, 
ahnender  Geist  ist  nun  hinangestiegen  zu  noch  lich- 
iteren  Höhen,  als  die  waren,  auf  denen  sein  Fuß  hie- 
nieden  so  gerne  gewandelt. 

Und  auch  Dessen  muß  ich  mit  einem  Worte  ge- 
denken, der  im  engern  Sinne  der  ünsern  Einer  war, 
auch  der  tapfersten  und  kühnsten  Alpinisten  einer, 
auch  in  nnsern  Alpen  heimisch,  und  der  vor  wenigen 
Wochen  dort  im  Dauphin^  drüben  als  Mitglied  der 
Section  St.  Gallen  am  Pic  de  la  Grande  Meje  eine  viel- 
leicht doch  bis  an  die  Grenze  des  Erlaubten  getrie- 
bene Verwegenheit  mit  einem  jähen,  frühen  Tode  ge- 
sühnt hat,  nachdem  er  noch  kurz  zuvor  den  Freunden 
der  Hochgebirgswelt  ein  trefflich  geschriebenes  Vade- 
mecum  in  den  Schoß  gelegt :  Dr.  Emil  Zsigmondy. 

Und  wenn  hin  und  her  in  den  Sectionen  im 
Laufe  dieses  Jahres  noch  Andere,   deren  Namen  mir 

35 


546  C^irotUh, 

imbekftiiiit  gebliebes ,  g^tcbätzt  and  betravert  voi» 
ihren  ClubgenosBeti,  ättf  imiDer  geschieden  scoii  slillteü 
—  wir  iK^hUeß^  i^  Alle  dn  in  nmer  '^Reqiüescant 
in  paee!^  ihr  Gedäehthiß  bMb«  unlet  uns  idi  d«g«a  f 
Da  nur  einzelne  ^ölkre  S^Ücmen  regelmäßig 
aneh  de«  erfolgten  Austritt  reik  Mitjgliedeni  ansrei^^^ 
80  möchten  wir  die  Sectionsvorstände  eristfchoB,  m 
Zaknnft  wen^vtens  alle  Haii^jalte  hmtkhet  dem  €en- 
tralcassier  Mittheilnng  zn  mädien« 

3)  Die  Beztehüngen  deft  S.  Ai  d  ztt  4en  f^eiMteii 
Alpenreranen  sind  fi^währMd  seht  frelmdliche  |pß- 
weseü.  Zwar  konht^n  yn^  ^s  Jaht  za«  f>este  de» 
deutseben  utid  bMerrel«lrl0dieii  Alpeiiver^iiis  y  das  i» 
Yillach  Btatflaftd^  kirnen  Di^lejgirten  e^tt^Adcn^  halM 
aber  dni^h  ei»  B^gHißUngseele^d»  nifBem  ^ytepa^^ 
thien  ftr  die  gfo^e  Bchwestorrerbtn^ftig  AnsdriHSk 
geg-eben^  itn  Fernem  eiTBWßhten  wfr  fiferm  Pfiirrer 
Freundler  und  Hemt  Architeei  Be^teK^  Mftgtkder  der 
^ection  O^nfy  unseam  Club  an  d^m  Iraf  die«  Jahr  ver- 
g^oben/en  flinfieft  fate^natimialen  teil|»i«eti  Congreß  ntid 
dem  2^.  Congreiß  dM  italliHi^idii»  AlpeüciubB  k 
Tnrin  2a  vertreten.  Da  Übrr  Frenndier  leider  it» 
letztet*  Stnnde  disreh  Krankiwit  tbgliliattefl  wnrdey 
seine  Reise  auszuführen,  so  ttb^giflahm  es  Herr  PMet^ 
Resdaetor  des  ^Sdie  des  k^m^y  nm  Mner  ^eAle  den 
S.  A.  €.  in  Turin  m  vertwtem 

Der  O«  A.  F.  se(k!te  «nil  in  K^nfoiA^  #aß  nt 
Rtrekigfeht  «mf  ifie  für  äie  frimiscMii^heB  deekäHsn  <ek» 
Mittetmeef  el(  ai^geerdne<ten  ^^ibn^MftlaiiiBn  dei*  Oon^gveft 
in  Algler  auf  ^n^estnntutie  Seit  Vertag^;  \ir^l*d(^  m& 

4)  Unt^r  de^  nento  A«%«Aea^  w«fel»e  dcte  Aw  Aü.  Ow 
m  die  liäehi^(^  SiWkvbfl;  g^aerti^lt  «nd^  «t«iit  ire  PdM- 
toaiion  der  Arbeiten  «nt  RbMieglelHNW  'obeAM.  Ais 
2^*  Mai  V)dl*s»tfane!t6  sföfa  in  Se^  eM  €eMelk^i%. 
bestehtewd  w^  2^1  Dd^tten  iä««  Getotraluwirty. 
Ceft)tritlp««teMent  Orob  und  YieefirSImdent  P»)f.  fieim, 
den  Mitgtiedem  des  Oietsehateotiegiviss  des  8.  A.  C^ 


Okr&nik,  547 

(BH.  Prof.  RfltJmeyer,  Hageiibach  und  Fore!  — 
Hr.  Coaz  eirtdchuldigt  abwesend)  und  den  Vertreterff 
des  eidgenöööischen  topographisehen  BftreÄu(HH.  Oheff»t 
Lcyehmanti  und  Ingenieur  Held).  Nachdem  der  BericM 
über  die  Vermessungen  von  1884  vorgelegt  und  ge- 
nehmigt wetzen  war,  stellte  die  Conferenz  zflnächst 
das  ArbeftÄprogtamifi  für  1S85  fesft  und  beschäftigte 
sieh  dann,  nach  der  später  zu  beröhrenden  Frage  der 
FdrtsetÄung  der  ArbeHen,  mit  der  Publikation.  Es 
Würde  beschlossen,  mit  der  Dalp'schen  Bttchhandlung 
(K.  Schmid)  in  Bern  in  Ünterfrandlung  zu  treten  wnd 
einen  Vertrag  zwischen  ihr  ttnd  dem  8.  Ä.  C.  zti 
eötwetfen ,  in  welchetn  ffber  die  beidseitige»  Ver- 
pÄichtungen  nnd  Garantien  n.  s.  f.  die  n^higen  Ver- 
eiflbarittrgen  getroffen  würden.  Der  Beschluß  der 
Conferenz  wutSe  sogleich  ausgefthrt  xmi  jfwiscfcen  dem 
Oetftralcofistt^  des  S.  A.  C.  ntt6  der  Dalp'schen  Buch- 
handlttng  {K.  Schmid)  in  Bern  ein  Vertrag  verein- 
bart, ^eö  wir  In  seinen  Grundzttgen  der  Delegirten- 
versammlung  in  Villars  zur  Discussion,  resp.  Annahme 
msterbreitot  feaben.  Weselbe  hat  einmftthig  dem  An- 
trag de*  Centralconritö  ihre  Kttstiörtffung  ertheih. 

5)  Sättftnfllche  Jfitgüeder  der  oberwShnt^  Coh- 
fferenz  Tom  2ö.  Mäi  waren  d-atin  «Jnig,  daß  die  Poil:* 
&etzmg  der  Ctoirtrolmessungen  am  fihonegletft^lrer  in 
hobedi  Gtade  wtfnsehföffswerth  sd ,  besonders  da  wfr 
demnächst  wahrscheinlich  in  die  Periode  efnes  nentm 
WacbfiftlftMtti  Aeft  'GtetÄcherft  ißintreten;  «iigMrfi  aber 
wttfde  alli^iftg  b^oüt,  daß  dwbh  vorherige  f^- 
setÄöng  efeeÄ  bhiden^en  Bttdgefts  *e  finanaSeüen 
Gretttm  des  tlntemehsnens  gan^«  genau  festgestellt 
öeJfl  mtesen.  Infolge  dieses  Be«eMTf^eft  tamffigte  das 
eidgeftSssfecbe  topographische  Bör«au  nntenn  27.  ;F««i 
dwi  Vertrag  yam  16.  Ätfgtfist  18^0  nnd  lei^e  UBigt^h 

den  Entwurf  eines  neuen  Vertrages  vor ,  den  das 
Oentoraleomfl^  i^acOi  den  Vomohlägen  'des  Glet^her- 
coUegiänis  in  unweöentHdien  Pnnfeten  ujoÄiMrte  und. 


548  Chronik. 

Dachdem  die  Abänderungsanträge  vom  eidgenössischen 
topographischen  Bureau  gutgeheißen  waren,  seinem 
Circular  von  Ende  Juli  beilegte ,  um  den  Sectionen 
ausreichende  Gelegenheit  zu  geben ,  zu  der  Frage 
Stellung  zu  nehmen. 

[Die  Delegirtenversammlung  in  Villars-sur-Ollon 
nahm  nach  reiflicher  Discussion  den  projectirten  Ver- 
trag an  ,  setzte  aber  statt  des  ursprünglich  vorge- 
schlagenen Art.  9  auf  Antrag  der  Section  Winterthur 
folgenden  Passus :  „Es  wird  jetzt  schon  ausdrücklich 
bestimmt ,  daß  mit  dem ,  was  unter  1  und  2  fest- 
gesetzt ist,  die  Leistungen  des  S.  A.  C.  für  die  Ver- 
messung des  Rhonegletschers  ihr  Ende  finden  sollen." 
Da  aber  das  eidgenössische  topographische  Btireau 
mit  dieser  Fassung  nicht  einverstanden  war,  so  setzte 
das  Central comite  in  den  Vertrag  einfach  den  Passus: 
„Der  gegenwärtige  Vertrag  erlischt  mit  dem  31.  De- 
zember 1888",  und  beschloß,  den  Beschluß  der  De- 
legirten  als  ProtocoUsache,  d.  h.  als  für  den  S.  A.  C. 
bindend  zu  betrachten  ^).] 

Damit  dürfte  die  Rhonegletscherfrage,  die  den 
S.  A.  C.  so  oft  und  viel  beschäftigt  hat,  wenigstens 
als  Gegenstand  der  Controverse  für  immer  von  unserer 
Tractandenliste  abgesetzt  sein,  wobei  wir  uns  der 
Hoffnung  hingeben  dürfen,  daß  die  ganze  Angele- 
genheit einer  allseitig  befriedigenden  Erledigung  ent- 
gegengeführt wird. 

6)  Das  Gletschercollegium,  welches  behufs  üeber- 
wachung  der  Arbeiten  am  Rhonegletscher  gewählt 
worden  war,  hat  nach  Ablauf  der  vertragsmäßigen 
drei  Jahre  seine  Functionen  erfüllt,  und  es  gebührt 
ihm  seitens  des  gesammten  S.  A.  C.  der  wärmste  nnd 
herzlichste  Dank  für  seine  großen  und  treuen  Be- 
mühungen um  das  wichtige  VTerfc.    Es  ist  aber  wohl 


0  Genaueres  im  ProtocoU  der  DdegirtenversunmlmUP 
^nd  im  Circular  des  CentmlcoBÜt^  vom  Dezember  1885. 


Chronik.  549 

selbstverständlich,  daß  nach  Annahme  der  Anträge 
betreffend  die  Rhonegletscherpublication  und  des  neuen 
Vertrags  der  S.  A.  C.  der  Unterstützung  von  Seiten 
des  Gletschercollegiums  keineswegs  entrathen  kann, 
und  auf  den  Antrag  des  Centralcomit6  hat  die  Dele- 
girtenversammlung  mit  Einmuth  die  Mitglieder  des 
Gletschercollegiums  flir  die  Periode  des  neuen  Ver- 
trages in  ilirer  Stellung  bestätigt. 

7)  Während  durch  den  Vertrag  die  Gasse  des 
8.  A.  C.  für  eine  Zeit  von  drei  Jahren  mit  einer 
jährlichen  Ausgabe  von  Fr.  1500  im  Maximum  be- 
lastet bleiben  wird ,  ist  ihr  auf  einer  andern  Seite 
eine  Bürde  abgenommen  worden.  Die  meteorologische 
Station  auf  dem  Säntis  ist  nach  Ablauf  des  bestehen- 
den Vertrages  durch  Bundesbeschluß  an  die  Eidge- 
nossenschaft übergegangen ,  welche  den  gesammten 
Unterhalt  derselben  übernimmt,  wodurch  unser  Jahres- 
büdget  inskünftig  um  Fr.  1000  entlastet  wird. 

8)  Besonderes  Interesse  hat,  seit  dem  Auftauchen 
der  Frage,  der  S.  A.  C.  dem  Unternehmen  der  Führer- 
versicherung entgegengebracht.  Für  das  Berichtsjahr 
ergibt  sich,  daß  die  Centralcasse  für  110  Führer 
Fr.  906  bezahlte ,  gleich  3  ^/oo  der  Versicherungs- 
summe von  Fr.  302,000.  Das  von  der  Versicherungs- 
gesellschaft „Zürich"  gewünschte  Minimum  von  100 
Theilnehmern  ist  also  überschritten.  Die  Versicherten 
vertheilen  sich  auf  folgende  Kantone :  Bern  88,  Wallis 
12 ,  St.  Gallen  (durch  die  Bemühungen  der  Section 
AI  vier,  die  1  ^oo  den  Führern  aus  der  Sectionscasse 
bezahlt)  8,  Uri  1,  Unterwaiden  1.  Glarus,  Graubünden 
und  Appenzell  fehlen  gänzlich.  Und  doch  ist  es  im 
höchsten  Grade  wünschenswerth,  daß  auch  hier  von 
den  Gebirgssectionen  Alles  gethan  wird,  um  die  Führer 
für  das  segensreiche  Werk  zu  interessiren. 

Von  den  110  Führern  haben  dieses  Jahr  nur  4 
ihre  Policen  nicht  eingelöst  gegenüber  13  im  Vor- 
jahre. Für  diese  haben  wir  also  Fr.  30  Prämien  um- 
sonst bezahlt. 


&^  Cbrcmk. 

9)  Von  Ftihrercursea  haben  wir  dt68e6  Jahi'  nar 
meinen  zu  notireo^  den  die  Section  Säntis  vom  22.  Feb- 
ruar bis  zum  1.  März  ib  Umäsch  abhalten  ließ.  Es 
wurden  im  Ganzen  53  Unterrichtsstunden  ertheilt  und 
nach  Ablauf  des  Curses  eine  Prüfung  veranstaltet, 
welche  von  sämmtlichen  zehn  Tbeilnelunem  bestuiden 
wurde.  An  die  Kosten^  welche  sich  93j£  eirca  Fr,  500 
beliefen,  leistete  die  Centralcasse  einen  Beitrag  von 
Fr.  150.  £s  ist  uns  besondere  erfreulich  constatircD 
zu  können,  daß  auch  im  Gebiete  des  Alpsteins,  dessen 
Ftihrerverhäitnisse  bisher  etwas  ungeregelt  waren, 
eine  festere  Ordnung  Platz  greifen  soll,  und  daß  der 
GlubiBt  in  Zukunft  auch  dort,  sicher  ist,  erfahrene  und 
ausgebildete  Führer  zu  finden. 

10)  Auch  im  Berichtsjahr  hat  die  Erstellung,  resp. 
Ausbesserung,  der  Clubhtitten  die  Centralcasse  in  ver- 
schiedener Hinsicht  in  Anspruch  genommen.  Obenan 
steht  die  an  neuem  Standort  von  Grund  aus  neu  auf- 
gebaute Dossenhütte.  An  die  Kosten  des  Wieder- 
aufbaues bezahlte  die  Centralcasse  Fr.  300,  für  die 
Inspection  der  Hütte  Fr.  70,  für  die  von  den  Sach- 
verständigen fllr  nothwendig  erachtete  Verankerung 
circa  Fr.  70. 

Außerdem  wurden  die  vier  Arbeiter  für  die  Zeit 
des  Aufbaues  von  der  C^tralcasse  versichert,  so  daß 
sieh  die  ganze  Ausgabe  der  letztern  auf  circa  Fr.  500 
beläuft.  Die  Inspection  der  Hütte  besorgten  Herr  Pfarrer 
Baumgartner  von  Brienz  und  der  von  der  Section 
St.  Gallen  bezeichnete  Herr  Bezirksingenieur  Aebi. 

Nach  Beschluß  des  früheren  Centralcomit6  haben 
wir  ferner  an  den  Neubau  der  Glämischhütte  Fr.  1500 
zu  bezahlen;  femer  hat  das  Centralcomit6  den  Sec- 
tionen  Säntis  und  Toggenburg  an  die  Reparatur  der 
Säntishtitte  einen  Beitrag  von  Fr.  250  bewilligt,  und 
Fr,  185  für  Erstellung  eines  neuen  Daches  der  Li- 
schannahütte. Dagegen  wurde  ein  Gesuch  um  einen 
Beitrag  für  Reparaturen  an  der  Alvierhütte  abgewiesen, 


Chronik.  551 

4a  für  diese  secundäre  Hütte  erst  letztes  Jahr  Fr.  200 
bezahlt  worden  sind. 

11)  Das  letzte  Centraloondt^  hat  in  seinem  Circular 
vom  Juli  18S4:  (Rapport  special  III)  den  Vorschlag 
gemacht,  eine  besondere  Httttencommission  einzusetzen, 
welche  die  Oberaufsicht  über  die  HUtt^  zu  führen, 
<die  Pl^ne  neuer  Bauten  zn  prüf^,  mindestens  alle  vier 
Jahre  durch  ein  Mitglied  jede  Hütte  zu  inspiciren 
und  dem  Oentraleonüte  darüber  Bericht  zu  erstatten 
hätte. 

Gewiß  ist  eine  genaue  Aufsieht  über  die  sämmtlichen 
vom  S.  A.  C.  erstellten  Hütten  eine  unbedingte  Noth- 
weodigkeit,  wenn  diese  wohlthätigen  Einrichtungen  der 
Erwartung,  die  man  dayon  hegt,  entsprechen  sollen. 
Aber  es  lüßi  sich  doch  fragen,  ob  es  gerathen  sei, 
die  Beamtungen  des  8.  A.  C.  um  eine  weitere  zu  ver- 
mehren. Es  ist,  vom  allgemeinen  Standpunkt  aus  be- 
trachtet, nicht  gut,  die  Befugnisse  des  Centralcomit^ 
gerade  in  demjenigen  Punkte  zu  verringern,  in  dem 
ein  gedeihlicher,  unmittelbarer  Oontact  mit  den  eigent- 
lichen clubistischen  Kreisen  möglich  ist.  Die  Vielheit 
der  Beamtungen  gibt  außei-dem  noch  keine  Gewähr 
für  bessere  Instandhaltung  der  Angelegenheiten;  im 
Gegentheil  könnte  man  die  Befürchtung  aussprechen, 
daß  dadurch  nur  Weitläufigkeiten  entstehen  möchten, 
welche  der  Sache,  die  man  zu  bessern  strebt,  nicht 
förderlich  sind. 

Ein  Mitglied  des  letzten  Oentralcomite ,  Herr  de 
Constant,  hat  sich  während  der  letzten  drei  Jahre  um 
die  Inspection  der  Clubhütten  im  höchsten  Grade 
verdient  gemacht.  Es  läßt  sich  denken,  daß  gerade 
er  auf  den  Gedanken  kommen  mußte,  eine  solche 
periodische  Ueberwachung  sämmtlicher  Hütten  müsse 
nachgerade  für  das  Centralcomit6  eine  immer  schwerer 
drückende  Last  bilden.  Wenn  wir  nun  auch  offen  zu- 
geben, daß  nicht  jedes  Centralcomite  einen  Mann  in 
seiner  Mitte  haben  wird,  der  seine  Kraft  und  Zeit  in 


552  Chronik, 

solchem  Umfange  der  Sache  des  S.  A.  C.  zur  Ver- 
fügung zu  stellen  im  Stande  ist:  so  läßt  sich  doch 
die  Möglichkeit  nicht  läugnen,  auch  ohne  besondere 
Hüttencommission  zum  gleichen  Ziele  zu  gelangen. 

Um   diese  Möglichkeit  zu  verwirklichen,   muß  e& 
die  erste  Sorge  derjenigen  Section  sein,    welche  daa 
Centralcomit^  zu  steilen  hat,  daß  mindestens  ein  Mit- 
glied  des   letzteren   ein   passionirter  Berggänger  sei,, 
der   auf  seinen  Touren  viele  ClubhUtten  zu  Gesichte 
bekommt.   Derselbe  könnte  ja  seine  Excursionen  leicht 
so   einrichten,   daß   er  jedes  Jahr  eine  andere  Serie 
von  Hütten  besichtigen  würde.     Außerdem  bedarf  e* 
wohl   nur   einer  Bitte   an   die  wirklichen  Berggänger 
unter  den  Clubisten,  um  dem  Centralcomit6  ein  großes 
und    schätzenswerthes    Material    von    Beobachtungen 
über  den  Stand  der  Hütten  zu  verschaffen.  Und  endlich 
hat    ja    das   Oentralcomit^   jederzeit  das   Recht,   in 
dringenden   Fällen   einen  Abgeordneten   mit   der  In- 
spection  einer  Hütte  zu  beauftragen. 

Das  Centralcomit6  glaubt  also,  daß  eine  Noth- 
wendigkeit,  ein  neues  Comite  zu  creiren,  nicht  vor- 
liegt, sondern  daß  die  vorhandenen  Mittel  genügen, 
um  eine  vollständige  und  gründliche  üeberwachung 
der  Clubhütten  durchzuführen. 

12)  JshrhvLGMrsige,  JahrbifchjBandXX.  Die  Her- 
stellungskosten beliefen  sich  auf    .     Fr.  11,998.  Sb 
davon   ab   die  Uebernahms  -  Summe 
von  Schmid,  Francke  &  Co.      .     .       „     11,500.  — 

bleiben  zu  unsern  Lasten  .  .  .  Fr.  498.  85 
Wir  hatten  diesem  Bande  zur  bessern  artistischen 
Ausstattung  den  Gewinn  auf  dem  letzten  Bande  von 
Fr.  348,  sowie  einen  weitem  Extracredit  von  Fr.  400 
zugesprochen,  und  sind  daher  von  diesem  letztem 
nur  Fr.  150.  85  in  Anspruch  genommen  worden. 

Bestellungen  von  fremden  Alpenvereinen  sind  ein- 
gegangen: vom  D.  u.  Oe.  A.  V.  50  Ex.  und  vom 
C.  A.  I.  4  Ex. 


Chronik,  553^ 

Das  abtretende  C.-C.  hat  uns  in  seinem  Abschieds- 
circnlar,  Dezember  1884,  im  Jahrbuche  p.  600,  einfr 
Aufgabe  zugewiesen,  welche  uns  des  Lebhaftesten  be- 
schäftigt hat :  die  WUnschbarkeit  einer  Umgestaltung 
unserer  Publikationen.  Wir  haben  diese  Frage,  zu 
der  die  erste  Anregung  vom  Redaktor  des  Jahrbuches- 
ausging,  mit  demselben  des  Einläßlichsten  geprüft,, 
sind  aber,  fast  wider  unsern  Willen,  zu  einem  nega- 
tiven Resultate  gelangt. 

Die  eigenthtimliche  Zusammensetzung  des  8.  A.  C.,. 
die  aus  circa  ^/s  deutsch  sprechenden  und  circa  ^/s 
französisch  sprechenden  Mitgliedern  besteht,  verun- 
möglicht  jede  Aenderung,  welche  hinzielt  einerseits^ 
auf  eine  engere  Verknüpfung  der  deutschen  und  fran- 
zösischen Sectionen  durch  das  Mittel  eines  sprachlich 
gemischten  Jahrbuches  oder  eines  Öfter  erscheinenden^, 
gemeinsamen  Bulletin,  anderseits  auf  eine  billigere 
Erstellung  unserer  Publicationen  in  Folge  stärkerer 
Auflagen. 

Das  Jahrbuch  ist  nur  für  die  deutschen  Sektionen 
und  zwar  zum  Preise  von  Fr.  7  obligatorisch  und  es^ 
geht  nicht  wohl  an,  dieselben  ökonomisch  stärker  zu 
belasten,  was  unvermeidlich  wäre,  wenn  dem  Wunsche 
nach  einem  kleinen,  häufig  erscheinenden  Organ  neben: 
dem  Jahrbuche  entsprochen  werden  sollte. 

Die  welschen  Sectionen  sind  zur  Haltung  de» 
„Echo  des  Alpes"  zum  Preise  von  Fr.  2.  50  per  Jahr 
verpflichtet.  Sie  hängen  mit  so  großer  Liebe  daran 
und  es  scheint  nach  allen  Informationen  dasselbe  der 
Lesebegierde  der  Mehrzahl  ihrer  Mitglieder  so  voll- 
kommen Genüge  zu  leisten,  daß  sie  sich  nicht  leicht 
dazu  verstehen  würden,  das  „Echo"  in  einem  sprach- 
lich gemischten  Jahrbuch  aufgehen  zu  lassen  und  die 
Aenderung  mit  einer  höhern  Contribution  zu  bezahlen* 

Nur  durch  eine  wesentliche  Vergrößerung  der 
Auflage  könnten  die  Erstellungskosten  des  Jahrbuches 
vermindert  und  diese  Vergrößerung  nur   dadurch  er* 


554  Chranib, 

reicht  werden,  daß  alle  gchweiz.  Clubisten  ohne  Aus- 
nahme zum  Bezüge  de»  Jahrbuches  Farpflichtet  würden. 
Da  nun  aufi  den  oben  angeführten,  sowie  versohiedeDen 
andern  Gründen  «ich  dies  als  unerreichbar  hertiu- 
stellt,  so  müssen  wir  leider  von  derjenigen  Lösung 
abstrahiren,  die  uns  -^  absolut  genommen  ^— als  die 
beste  und  wünsehenswertheste  erschienen :  ein  gemm- 
sames Jahrbuch  und  daneben  öfter  erscheinende  klein^e 
Mittheilungen,  beide  sprachlich  gemischt  und  für  alle 
Olubgenossen  obligatorisch. 

Wir  erörterten  im  Weitern  die  allerdings  neben- 
sächlichere Fmge,  ob  nicht  das  Format  des  Jahrbuches 
zu  verändern  resp.  au  vergrößern  sei-  Wenn  wir  ancb 
hier  vorschlagen^  beim  bisherigen  zu  verbleiben,  so 
geschieht  es,  weil  ans  von  vielen  Seiten  der  Wunsch 
geäußert  wurde,  daran  NicMs  zu  ändern,  und  weil 
sich  die  finanzielle  Ersparniß,  auf  die  wir  hofften,  als 
^ine  ganz  minime  herausstellte. 

Dagegen  werden  wir  uns  bestreben,  der  artistisehen 
Ausstattung  des  Jahrbuches  in  Zukunft  noch  mehr 
Sorgfalt  zu  widmen  und  soviel  daranf  zu.  verwenden, 
als  unsere  Mittel  uns  immer  erlauben. 

Das  Gesuch  einer  Sektion,  sie  vom  obligatorischen 
Bezüge  des  Jahrbuchs  zu  dispensiren,  mußten  wur  ab- 
weisen, schon  weil  außer  unserer  Competenz  liegend. 
Wir  hätten  dies  auch  ohnehin  gethan,  da  eine  würdige 
Fortführung  des  Jahrbuches  nur  möglich  ist,  wenn 
zum  Mindesten  sämmtliche  deuteche  Mitglieder  daran 
contribuiren  und  die  Auflage  allerwenigstens  auf  der 
gegenwärtigen  Höhe  gehalten  werden  kann.  Wir  be- 
trachten dies  geradezu  als  eine  Lebensfrage  für  das 
Jahrbuch  und  werden  daher  fortfahren,  dem  Wortlaute 
<der  Statuten  strikte  Nachachtung  zu  verschaffen. 

13)  Wenden  wir  uns  nunmehr  zu  den  litterarischen 
Unternehmungen  des  S.  A.  0.  und  zwar  zunächst  zu 
der  Publikation  der  gekrönten  Preisschrift  „Ueber 
die  Gefahren  im  Hochgebirge".     Der  Verfasse  der- 


«elbeu,  Ben:  P&rrer  Baumgarti^ev  in  Brienz,  zeigte 
dem  Centralcomite  im  Mai  m,  daß  die  Preiaschrift 
iu  der  vom  früheren  Ce»tralcojniW  unterm  12«  Pe- 
mvi^T  1884  gewüQgchte»  Fassung  vollendet  sei.  Auf 
flöeer©  Weisung  bin  sandte  Hr.  Baumgartner  die  Ar- 
beit zuollehst  an  Hrn.  Lindt  in  Bern,  der  dieselbe 
pr^ft^  und  mit  seinen  Anmerkungen  Tersehen  dem 
Oentralcomite  zusandte,  bei  dessen  Mitgliedern  sie 
darauf  circulirte.  Die  Delegirtenversämmlung  ertheilte 
dem  Oentralcomite  die  Vollmaeht,  für  eine  passende 
Pablieation  zu  sorgen, 

[Die  Preisschrift  ist  Ende  Dezember  1885  bei 
Pr.  Schuttheß  in  Zürich  gedruckt  und  den  deutsch 
ßpreohenden  Mitgliedern  des  S.  A.  C  gratis  zugestellt 
worden.  Die  üebersetzung  in's  Französische  herzu- 
stellen, hat  die  Sektion  Diablerets  freundlichst  über- 
nommen.] 

14)  Das  Itinerar  des  Clubgebietes  für  J885/86 
konnte  dies  Jahr  noch  nicht  ausgegeben  werden.  Der 
Verfasser  desselben,  Herr  von  Fellenberg  in  Bern, 
theitte  unterm  27.  Mai  dem  Oentralcomite  mit,  daß 
bei  dem  Beichthum  des  Stoffes  und  der  Wichtigkeit 
der  zu  behandelnden  Gebirgsgruppe  die  Schrift  einen 
weit  größeren  umfang  erhalten  werde,  als  von  vorn- 
herein angenommen  gewesen  sei,  und  daß  er  über 
das  Finsteraarhorngebiet  eine  Arbeit  unternehme,  die 
mit  dem  letzten  Itinerar  zusammen  eine  Monographie 
einer  einzelnen  Gebirgsgruppe  bilden  werde,  wie  sie 
über  eine  einzelne  Abtheilung  des  schweizerischen 
Hochgebirges  noch  nicht  existire.  Es  wurde  daher 
beschlossen,  Herrn  von  Fellenberg  die  gewünschte 
Verlängerung  seiner  Arbeitszeit  zu  gewähren,  so  daß 
•das  Itinerar,  das  nicht  dem  Augenblicke  dienen, 
sondern  eine  Arbeit  von  bleibendem  Werthe  werden 
soll,  im  Jahre  1886  an  die  Mitglieder  vertheilt  werden 
wird. 

15)  Einer    seit    einigen    Jahren    aufgekommenen 


o56  Chronik. 

üebung  gemäß  wurde  auch  die  Excursionskarte  nicht 
dem  diesjährigen  Jahrbuch  beigegeben,  sondern  es 
wurden  vorerst  nur  eine  Anzahl  von  Abzügen  herge- 
stellt, die  an  diejenigen  Mitglieder,  welche  sich  darum 
bewarben,  vertheilt  werden  sollte.  Dankend  nahm  das 
Centralcomite  das  Anerbieten  des  Herrn  Prof.  Heim 
an,  für  die  Clubausgabe  der  Karte  einen  Tondruck 
herzustellen. 

Ich  bin  am  Schlüsse  meiner  Berichterstattung  an- 
gelangt. Gestatten  Sie  mir  noch  einige  kurze  Be- 
trachtungen, wie  sich  mir  dieselben  aufgedrängt  haben, 
seit  ich,  Ihrem  Rufe  folgend,  in  einen  intimeren  Con- 
tact  mit  dem  S.  A.  C.  und  seinem  Innern  Leben  ge- 
treten bin  und  wie  ich  sie  auch  am  Clubfest  in  Villars- 
sur-Ollon  bestätigt  gefunden  zu  haben  glaube. 

Es  machen  sich  im  Schooße  des  Schweiz.  Alpen- 
clubs zwei  Strömungen  geltend,  die,  gegen  einander 
fließend,  darum  zu  ringen  scheinen,  welcher  von  beiden 
die  Präponderanz  zukomme.  Die  eine  dieser  Kichtungen 
wird  durch  diejenigen  repräsentirt,  die  in  unsern  Vereins- 
angelegenheiten sich  mehr  oder  ausschließlich  auf  den 
Standpunkt  des  praktischen  Bedürfnisses  der  in  die 
Erscheinung  tretenden  Leistung,  mit  einem  Worte,  der 
nüchternen  Realität  stellen;  die  andere  Strömung  ist 
vertreten  von  denen,  die  unserm  Verbände  auch  höhere 
wissenschaftliche  Aufgaben  zur  Lösung  zuweisen  wollen,, 
die  im  S.  A.  C.  nicht  bloß  einen  Verein  kühner  und 
ausdauernder  Bergsteiger  sehen,  sondern  eine  Verbin- 
dung, bestimmt,  an  den  idealen  Aufgaben  unserer 
Zeit  und  unseres  Landes  mitzuarbeiten. 

Aber  nicht  in  einer  Verschärfung  dieses  Antagonis- 
mus, nicht  in  rücksichtsloser  gegenseitiger  Bekämpfung 
der  verschiedenen  Standpunkte  liegt  das  Heil,  vielmehr 
in  ihrer  Versöhnung,  in  der  gegenseitigen  Durchdrin- 
gung und  Einigung  derselben. 

Wohlan  denn!  Hegen  und  pflegen  wir  practische 


Chronik.  557 

Zwecke   und   Bestrebungen  unserer  Gesellschaft   mit 
allem  Fleiß! 

Machen  wir  das  Hochgebirge  unserer  Schweiz  den 
Clubisten  und  immer  weitem  Kreisen  nach  Möglich- 
keit zugänglich  dadurch,  daß  wir  ein  gutgeschultes 
Führercorps  creiren  und  erhalten,  daß  wir  auch  in 
den  rauhesten  Partien  der  Alpen  deren  Besucher  ein 
schützendes  Obdach  und  einen  wohnlichen  Raum  finden 
lassen ;  daß  wir  die  Kenntniß  unserer  Berge  verbreiten 
durch  treffliche  Karten,  wie  uns  das  —  wir  wollen 
es  nicht  vergessen  —  bislang  ohne  empfindliche  Be- 
lastung unserer  Finanzen  ermöglicht  wurde  durch  die 
zuvorkommende  und  freundliche  Mitwirkung  des  eid- 
genössischen topographischen  Bttrean's;  durch  von 
Meisterhand  verfaßte  und  eifrig  zu  Rathe  gezogene 
Itinerarien;  ja,  suchen  wir,  wenn  es  möglich  ist,  noch 
neue  Wege  und  Mittel  zur  Erreichung  der  practischen 
Ziele  unseres  Vereins! 

Aber  möge  dabei  dem  S.  A.  C.  auch  niemals  jener 
Idealismus  verloren  gehen,  der  —  ich  bin  aufs  In- 
timste davon  tiberzeugt  —  sein  eigentlicher  Lebens- 
nerv ist,  jener  Idealismus,  der  da  weiß :  es  gibt  noch 
höhere  geistige  Interessen,  an  deren  Befriedigung  mit- 
zuarbeiten auch  wir  berufen  sind ;  es  gibt  ein  Wirken 
und  Thun,  dessen  Resultate  nicht  alsobald  in  die 
Augen  springen ,  die  aber  trotz  alledem  unseres 
Sehweißes  und  unserer  Opfer  werth  sind. 

Realismus  und  Idealismus  in  legitimer  Verbindung, 
in  trautem  Verein  —  das,  verehrte  Herren  und  Club- 
genossen, ist  das  gesunde,  normale  Leben  und  Ge- 
deihen unseres  theuren  S.  A.  C.  Mögen  aus  dieser 
Ehe  Kinder  geboren  werden,  wie  der  Thau  aus  der 
Morgenröthe!     Gott  walt's! 

J.  E,  Grob. 


Sectfvneft. 


II.  Aargau.  Section  Zofingekh  MltglifMlemadil  ^ 
Die  äe^tksi  tret^^MAm^tt«  fsidk  fm  B<^c];rt|j«lil'  10  Hai, 

jab^  and  iIm  fi«n:«fif:  Afi^re#,  ¥t9i*mty  »tu  HftgücMft; 
Bttni^  Beii^pkd«&re»,  ^  Vie^l^M^t  und  BibHeftrekttr; 

telivm';  alt  JLie^rMtr. 

Als  Abgewdb^ter  ^n  4k»  GIiMM;  te  VtHliinM«^ 
(Mm  ging  Bisifr  il|je^htik«i!r  fi#ei»r,  E§  wm^  leine 
S^atidni^i^aff  ffiä^li  4%r  O^slM^r  €1««  ^tfcfegisMrl. 

Da  die  Section  wegen  der  fillCenftiHg  -M  AuMM 
nicbk  selbst  flUiren  kann,  übertrug  sie  dieselbe  dem 
Herrn  Nägeli ,  Grimselwirth,  mit  der  Vollmacht,  daa 
Nöthige  anzuschaffen  und  die  Hütte  in  gehörigem  Zu- 
stand zu  erhalten.    Was  einzelne  Besucher  in  der  Ans- 


rttgtung  rertnißten,  wird  nacb  Kiüilien  beiK>rgt  werden« 
Anf  einer  demnächst  «n^vbritigenden  Tafel  sollen 
Passanten  ersucht  werden,  ihre  Wünsche  dem  Grimsel- 
wirth  mitfiuthdlen,  danit  derselbe  aUfXlHgeE  Uebel- 
ständen  sofort  abhelfe. 

Auf  Anregung  des  Apotheker^  Fischer  Bind  in 
Verbindiaig  mit  der  8eetion  Obetaargau  lind  den  Ge- 
meindebeii^den  ron  Balstb&l  Schritte  zum  Bebuts 
seltener  Pfian^eii  in  der  Oeosinger  Chis  gethan  worden^ 

Die  Section  Zofingen  veranlaßte  durch  Einladung 
eine  Kusarnmenkanft  mit  den  Sehwesterseetioften  Aarau^ 
Oberaargaa^  Baftel,  Evrgdorf  aad  Lazem*  ^e  fand 
äxxi  la  Mai  auf  dem  Wairtbnrgsäli  siatt. 

Vorträge  und  Relationen  brachten :  Pfr.  And^^es : 
Ueber  eine  nächtliche  Fahrt  a«f 's  GelteAkom.  Bxirri : 
lieber  eine  Methode,  die  BchWeizerkarte  aus  detn  Ge-^ 
däditniß  EU  Eecctoen,  aitd  üb^r  d<sn  Genfer  Alpen^ 
w«ndeter  dee  verigea  JakrhuiNkrisy  Bourrit.  DnU 
wÜer:  Beeteigwnrg  d^  Scheierhonm.  Herr  Lksfchei/^ 
(lUs  Gast):  Ein  pfianeengteographisehes  Bild  der  Uni'' 
g^end  von  Zofingen«  Herr  Fischer,  Apotheker :  Ueber 
die  Verhahdlongea  und  Besdillidse  der  Delegirtett- 
twmamhing  und  das  dnb^st» 

JSiDiieltouren:  Andres  thö.  Biirri:  Arbe4born  und: 
DittbVerets;  BfXrri:  Lnaveaeiikoni  und  «btsOsttr;  Mäfis: 
Titlie^  Meftger:  U^ber  diiß  Gtainri  iMutk  dem  Ekiseh^ 
ttei  and  diem  DuraaidgietBcker,  weiter  ¥ker  die  TU^ 
Bohis  fiarck  dem  C^anve-my  (Met  de  Glace^  Tae^MM^^ 
«d  andere  GietBciief);  Schinz:  Uiitt^^oek,  Claridlsn- 
pafi;  'Stmi^hfl:  Molton;  Seiler:  d  Wo^ea  ia  «ler 
erloschenen  Vulkanlandachaft  dtsr  Avtergwe,  Phya  d6 
Ddme^  de  Pationy  de  IS^ug^re  u.  A.,  Pire  de  Sancy^. 
Plottifo  du  Oantal,  MtO^  Beuvray  (Bibrae4e)  und  Mont 
Atacm  (Aleei!a)v 

M^  AnMMreNw  BeetiOB  6«iitia.  Mit^iiedelvakl  70 
(1884:  63).    Vorstand:  Präsident:  Th.  Felber;  Viee- 


^60  Chronik. 

Präsident  und  Cassier:  Hans  Wetter;  Actuar:  Ernst 
Lutz;  Bibliothekar:  C.  Forster-Knechtli ;  Beisitzer: 
Albert  Wetter. 

Die  ordentliche  Hauptversammlung  fand  am  7.  Juni 
in  ümäsch  statt,  ein  damit  «verbundener  Ausflug  auf 
den  Teufenberg  stempelte  den  Anlaß  zu  einem  ge- 
müthlichen  kleinen  Feste.  Neben  dieser  Hauptver- 
sammlung gaben  8  Monatssitzungen  Gelegenheit  zur 
Abwandlung  der  Vereinsgeschäfte  und  Anhörung  von 
Referaten. 

Von  letztem  nennen  wir:  Albert  Wetter:  Sections- 
tour  Marwies ,  Hundstein ,  Säntis ;  E.  Bell :  Touren 
im  Wallis;  Otto  Meyer:  Skizzen  aus  Amerika;  Dr. 
Wiesmann :  Sectionstour  auf  Pizzo  centrale ;  Th.  Fel- 
ber:  Mariazell  am  Sempacher  See;  Dr.  Wiesmann: 
Von  Buenos-Aires  nach  Antwerpen. 

In  außergewöhnlicher  Weise  wurde  das  Comit6 
durch  die  Organisation  eines  Kurses  für  die  Führer 
des  Alpsteingebietes  in  Anspruch  genommen.  Brachte 
diese  viel  Mühe  und  Arbeit,  so  sorgten  die  nach- 
herigen Verhandlungen  betreffend  Reglement  und  Taxen 
für  ein  redlich  Theil  von  Verdruß.  Da  wir  den  Grund- 
satz der  Selbstverköstigung  für  die  Führer  zu  Grunde 
legten,  fanden  wir  in  diesem  Punkte  hartnäckige 
Opposition  von  Seite  der  Innerrhoder  Führer,  während 
unsere  Außerrhoder  und  Toggenburger  Zöglinge  in 
Anbetracht  der  ihre  Leistungen  gehörig  berücksich- 
tigenden Taxen  hierauf  eingingen.  Sollte  diese  Renitenz 
andauern,  so  dürften  wir  uns  genöthigt  sehen,  für  die 
nächste  Saison  die  Innerrhoder  Führer  von  unserer 
Liste  der  patentirten  Führer  zu  streichen. 

Nach  längeren  Unterhandlungen  mit  dem  Gentral- 
<5omite  und  der  Section  Toggenburg  kam  ein  Vertrag 
betreffs  Clubhüttenreparatur  auf  Thier wies  zu  Stande, 
Unsere  Clubfreunde  werden  gegen  Ende  der  nächsten 
Saison  ein  weit  wohnlicheres  Heim  auf  diesem  schönen 
Punkte  finden. 


Qironik,  561 

Der  Weg  Urnäsch-Säntis  belastete  unsere  Gasse  in 
erheblichem  Maßstabe,  befindet  sieh  aber  gegenwärtig 
in  einem  so  guten  Zustande,  daß  dessen  Benutzung 
unbedingt  empfohlen  werden  darf. 

An  der  vom  schönsten  Wetter  begünstigten  Sec- 
tionstour  auf  den  Pizzo  centrale  betheiligten  sieh  10 
Mitglieder. 

Außer  zahlreichen  Bergfahrten  im  Alpsteiogebiet, 
unter  denen  die  von  Herrn  Hofstetter-Meyer  ausge- 
iUhrte  neue  BHntisbesteignng  via  Schwitzeralpele-Gran- 
tobel'Oehrligi*ub  hervorzuheben  ist,  sind  als  Einzel- 
touren  zu  erwähnen: 

Dr.  Rcfth :  Touren  in  Steiermark  5  Hofstetter-Meyer 
und  J.  M.  Meyer:  Pizzo  centrale  und  ülrichshorn 
(Saasthal);  O.  Stuminger  und  Handschm:  Glämisch 
und  Begnespaß ;  Dr.  E.  Walder  und  Prof.  Stricker : 
Touren  imEngadin,  Bergell  und  Avers  (8tal)erberg); 
Oberst  Koch :  Avers  und  über  Forcellina  und  Septimer 
in's  Bergell. 

IV.  Basel.  Section  Basel.  Obmann :  F.  Hoffmann- 
Merian ;  Statthalter :  Dr.  Emil  Burekhardt ;  Schreiber : 
Carl  Lttscher;  Seckelmeister:  J.  Btehelin-Koch ;  Biblio- 
thekar: Prof.  L.  Rütimeyer;  zweiter  Bibliothekar: 
Felix  Burekhardt. 

Im  Laufe  des  Jahres  1885  sind  4  Mit^eder  aus- 
getreten, 1  gestorben  und  8  eingetreten.  Bestand 
Ende  1885  121  Mitglieder. 

Zusammenktlnfte  alle  14  Tage,  im  Winter  im 
Hotel  „Drei  Könige^,  im  Sommer  auf  der  SchtUzen- 
matte.    Durchschnittsbesuch  31. 

Vortifge  cmd  gr^ere  Relationen  hielten  folgende 
Herren : 

Pfarrer  A.  Bemus:  Adelboden  et  ses  environs; 
L.  Bodenehr :  Finsteraarhora  von  Osten  und  Jungfrau, 
Tieseherjbom  und  Schmadrijoch ;  das  Breithom  und 
Diverses  aus  Zermatt,  3  Vorträge;   Dr.  Emil  Burck- 

36 


562  Chronik, 

hardt:  Von  Sempione  über  den  Monte  Leone  zum 
Hospiz,  von  Laquin  über  das  Fletschhorn  nach  Roß- 
bodeu,  Bergtouren  1885,  über  verschiedene  Arten  von 
Gletscherseilen,  Dent Blanche,  5 Vorträge;  Dr. H.Christ: 
El  pico  di  Teyde;  A.  Glatz:  Auf  den  Churfirsten; 
F.  HofTmann-Merian :  Versuch  einer  Besteigung  des 
Tödi  von  Georg  Hoffmann  sei.;  Carl  Lüscher:  Touren 
in  der  Montblanc-Gruppe,  2  Vorträge;  A.  Raillard: 
Clubexcursion  auf  den  Napf;  Prof.  L.  Rtitimeyer: 
lieber  den  Stand  der  Rhonegletscher- Angelegenheit; 
Prof.  H.  Schieß:  Scesaplana  und  Sulzfluh,  Scheerhom,. 
Tyrol  und  Bergamasca,  Basodino,  4  Vorträge;  Carl 
Socin:  Vom  Bergell  in's  Tyrol;  B.  Stähelin-Linder : 
Reise  nach  Poo  in  Tibet,  2  Vorträge. 

Die  im  Clublocal  aufgestellte  Bibliothek  weist 
einen  erheblichen  Zuwachs  aus,  ebenso  die  Sammlung 
der  Gipfelgesteine.  Der  Section  sind  von  verschiedenen 
Mitgliedern  und  Freunden  Geschenke  von  Bttchem,. 
Karten  und  Albums  gemacht  worden. 

Das  Clubfest  in  Villars  ist  nur  von  4  Mitgliedern,, 
inbegriffen  die  beiden  Delegirten,  Herren  F.  HofFmann- 
Merian  und  Carl  Lüscher,  besucht  worden. 

Die  Section  bewilligte  Beiträge  an  die  neue 
Glämischhütte ,  die  durch  Lawinen  heimgesuchten 
italienischen  Bergdörfer,  die  Ueberschwemmten  im 
Etschthale  und  ein  zu  errichtendes  Denkmal  für 
Saussure. 

Von  unserem  Obmann  wurde  die  der  Section  unter- 
stellte Schwarzegghütte  besichtigt  und  durch  An- 
schaffungen aller  Art  das  Inventar  erneuert  und  er- 
gänzt. 

Herr  Krayer- Ramsperger  hat  auch  im  Sommer 
1885  seine  üblichen  Vermessungen  am  Hüfi-  und 
Brunnigletscher  vorgenommen ;  der  Rückgang  hat  seit 
1884  weitere  Fortschritte  gemacht. 

Das  Excursionscomite  hat  vier  Ausflüge  veran- 
staltet: Am  1.  Februar  über  les  Malettes  nach  St.  Ur- 


Chronik,  563 

sänne,  12  Theilnehmer ;  am  8.  März  nach  Bärenfels 
und  Bergalingen,  5  Theilnehmer;  am  13. '14.  Juni  auf 
den  Napf,  16  Theilnehmer;  am  18.  Oetober  nach 
Schloß  Sausenburg  und  Probstei  Btirglen,  9  Theil- 
nehmer. 

Einzelfahrten:    Dr.  W.  ßernow/ii:    Tunetschhorn, 
Bettlihom,  Giebelhom,  Berisalhom,  Passo  d'  Aurona, 
Wasenhorn,  Schienhom,  Simplon-Faulhom,  Alles  ohne 
Führer ;  Pfarrer  A.  Bemus :  Gr.  Lohner,  ohne  Führer ; 
h.  Bodenehr :  Zermatter  Breithorn,  Klein-Matterhorn, 
Plattenhörner,  Weißhorn ;  Dr.  Emil  Bwrc/c/iar dt:  Groß- 
Schneehorn,  Groß-Viescherhorn,  Mönchjoch,  zwei  Mal, 
Sefinenfurke,    Gspaltenhorn,   Nässihorn   (erste  Bestei- 
gung),   Groß-Lauteraarhorn,    Strahlegg    (zwei  Mal), 
Petersgrat,  Großhorn,  Untergabelhorn,  Obergabelhorn, 
Rimpfischhorn,   Dent  Blanche,  Monte  Rosa   Nordend, 
Cima  di  Jazzi,   Mont  Durand,   Pointe  de  Zinal,  Alp- 
hubeljoch,    Alphubelhom,   Nadelhorn   von    Fee   aus, 
Jägerhom,  Neues  Weißthor,  Faderhorn  und  Faderjoch, 
Gassenriedjoch,  ülrichshorn,  Furggenjoch,  Chäteau  des 
Dames,  Col  de  Vofröde,  Mont  Gel6,  Col  de  Fandery, 
Passo  d'  Aurona,  Ritterpaß,  Helsenhorn,  Passo  Rosso ; 
E.  Burckhardt-Zahn :  Piz  Surlei-Rosatsch,  Piz  Kesch, 
Chaptitschin  und  Chapütschinpaß,  Pizzo  della  Margna ; 
Feliis.  Burckhar dt :  Pizüccello;  Gn^tsLY  Biirckhardt: 
Bochette  di  San  Antonio,  Poncione  di  Vogorno,  Passo 
di  Redorta,   Campo  Tenccia;    Dr.  H.  Goßler:  Monte 
Cristallo,  Anteiao ;  A.  Hoffmann-Burckhardt :  Groß- 
Ruchen,  Brunnipaß;  F.  Hoffmunn-Merian :  Inspektion 
der   Schwarzegghtitte    am   Schreckhorn;    A.  Krayer- 
Försier:   Sidelhom,   Schilthom,  Säntis;    E.  Krayer- 
Ramsperger:  Groß-Windgelle  (theilweise);  B.,Kummer- 
Krayer:  Tschingelgletscher,  Balmhom,  Weiße  Frau; 
Carl  Lüscher:  Riflfelhom,   Neues  Weißthor,   Col  del 
Piccolo  Altare,  Colle  di  Moud,  Col  d'Ollen,  Lyspaß, 
Ziiialrothhom,Untergabelhorn,  Dom,  Rimpfischhorn,  Alp- 
hubeljoch;  Emil  Mantz:  Col  Ferret,  Grande  Pyramide 


564  Chronik. 

du  Ruitor,  Col  de  Lanzon^  Mont  Emilius,  Theodul- 
paß,  Monte  Rosa  (Dufourspitze) ;  Prof.  Minnigerode: 
Cevedale-  und  Eisseepaß,  Vertainspitze ,  Croda  del 
Lago,  Croda  Rossa,  Kleine  Zinne,  Pala  di  San  Mar- 
tino,  Versuch  auf  Cima  della  Pala,  Saß  Maor; 
G.  Passavant :  Weiße  Frau,  Dündengrat,  Gspaltenhom 
bis  zur  obersten  Fimpartie,  Schafschnur,  Groß- 
Doldenhorn;  Preiswerk- Ringwald :  Cima  di  Jazzi, 
Mettelhom,  Mischabeljoch,  Gassenriedjoch ;  A.  Riggm- 
bach-Is(*lin:  Säntis;  Victor  Settelen:  Tschingelglet- 
scher, Balmhom;  Prof.  Dr.  Schieß-Gemuseus :  Groß- 
Scheerhorn,  Ortler,  Cevedale,  Nuvolau,  Basodino, 
Griespaß;  Otto  ScJdeferdecker :  Petersgrat,  Großhom, 
Monte  Rosa  (Dufourspitze),  Theodulpaß;  F.  v.  Schu- 
macher: Sustenhorn-  Carl  So  ctw:  Schiahorn,  Silvretta- 
paß,  Signalhorn,  Passo  di  Ferro,  Cima  delia  Bondasca, 
Passo  di  Bondo,  Passo  di  Val  Viola,  Piz  ümbrail, 
Ortler,  Vettainspitze,  Schöntaufspitze,  Madritschjoch ; 
Alfred  Stähtilin:  Htifipaß,  Claridenstock,  Beni-Sala  bei 
Blidah,  Oasen  von  Laghuat,  Biskra  und  Tuggurth; 
E.  Stähelin-Burckhardt:  Schiahorn,  Silvrettapaß, 
Signalhorn ;  J,  Stehelin-Koch :  Fibbia  (zwei  Mal),  Tino 
centrale,  PizLucendro ;  Dr.  Ad.  Streckeisen:  Matterfaorn 
(theilweise) 5  J.  Weinmann:  Urirothstock ,  Vrenelis- 
gärtli,  Ruchenglärnisch ;  Dr.  0.  Schuster:  Blfimlisalp- 
hom,  Felikjoch,  Castor,  Schwarzthor,  Wetterlimmi, 
Rosenegg,  Klein-Schreckhorn,  Mönchjoch,  Versuch  auf 
Groß-Viescherhom ,  Lötschenlücke ,  Weißhom  (Zer- 
matt). 

V.  Bern.  Section  Bern.  Ehrenpräsident:  Herr 
Gottlieb  Studer,  Alt-Regierungsstatthalter;  Präsident: 
Dr.  H.  Dtibi;  Vicepräsident :  H.  Körber;  Cassier: 
A.  Schmid;  Secretär:  A.Francke;  Bibliothekar:  A. Fehl- 
baum. Mitgliederzahl  194.  Neu  aufgenommen  20  Mit- 
glieder, ausgetreten  13.  Durch  den  Tod  verloren  wir 
8  Mitglieder,  unter  diesen  Prof.  Dr.  Chr.  Aeby,  eiaeü 


Chronik.  565 

der  Pfadfinder  an  der  Jungfrau,  Fürsprecher  Aebi, 
bekannt  als  Erforscher  des  Triftgebietes,  Lithograph 
Lips,  dessen  Name  verknüpft  ist  mit  vielen  Kunst- 
beilagen unseres  Jahrbuchs,  und  Topograph  Steinmann, 
seit  vielen  Jahren  Mitarbeiter  am  Siegfriedatlas. 

Die  Monatsversammlungen  waren  durchschnittlich 
von  einigen  dreißig  Mitgliedern  besucht.  Vorträge 
wurden  gehalten  von  Ingenieur  Reher :  Das  Samnaun ; 
Prof.  Schulz  (Korresp.):  Bietschhorn;  B.  Lindt: 
Laxiterbrunner  Breithorn;  H.  Körber :  Seh af loch ; 
Ingenieur  Held:  Höhlen  der  Sidzfluh;  A.  Kupfer: 
Frieswylhubei;  H.  Löhnert:  Brigels;  Dr,  P.  Meyer : 
Napf;  A.  Francke :  Sigriswyler  Rothhorn  und  Schaf- 
loch; Kunkler:  Schwarzbirg ;  H.  Körber:  Susten- 
horn;  Regierungsrath  v.  Steiger  und  A,  Francke: 
Delegirtenbericht  über  die  Jahresversammlung  in  Vil- 
lars ;  0.  Ritz :  Von  Buenos  -  Ayres  über  die  Cor- 
dilleren;  Dr.  Dübi:  Touren  in  der  Umgebung  von 
Kandersteg;  Kürzere  Mittheilungen,  zum  Theil  brief- 
lich, von  Dr.  Dübi;  das  Baltschiederlied  (mitgetheilt 
von  Meyer  von  Knonau);  W.  Kupfer:  Cordilleren; 
Ingenieur  Simon:  Relief  des  Berner  Oberlandes; 
Dr.  V.  Fellenberg:  Geologische  Karte  der  Schweiz; 
H,  Körber:   Der  neue  Jungfravweg  u.  A.  m. 

Die  Sectionsausflüge  erfreuten  sich  meist  zahl- 
reicher Betheiligung  und  guten  Gelingens.  Im  April : 
Frieswylhubei;  Mai:  Napf;  Juni:  Sigriswyler  Roth- 
horn und  Schaf  loch;  Juli:  Schwarzbirg;  August: 
Sustenhom;  einzig  die  Septembertour  auf  die  Pfeife 
und  den  Seelibühl  kam  nicht  zur  Ausführung. 

Einzeltouren:  J.  Beck:  Aetna,  Untergabelhom, 
Stockhorn  (Zermatt),  Strahlegg,  Roththalcircus,  Schilt- 
horn,  ürirothstock ;  0.  Bernhard,  1884:  Piz  Padella, 
Piz  Spignas,  Piz  Ot,  Piz  Languard,  Pischa,  Diavo- 
lezza,  Piz  Ute,  Piz  Quattervals,  Cresta  Mora,  Piz 
della  Stretta,  Val  Livigno;  1885:  Fuorcla  Surlei, 
F.  Fex,  Piz  Corvatsch,  Piz  Morteratsch,  Piz  Bemina, 


566  Chronik, 

Piz  Vadret;  R.  Bratschi:  Albristhorn,  Wildhoni; 
R.  Brunner :  Stilfserjoch,  Dreisprachenspitz,  Piz  üm- 
brail,  Diavolezza,  Griespaß,  Beialp  etc.;  W.  Brunner: 
Schwarzbirg,  Sustenhorn;  A.  Büdingen:  Ewigsebnee- 
horn,  Finsteraarhorn,  Mettelhorn,  Lysjoch,  Bettafurca, 
Col  des  Cimes  blanches  und  Gran  Cemetta,  Mt.  Emilius ; 
Dr.  Th,  Curtius :  Schmittenhöhe,  Zugspitze,  Schinder, 
Pyramidenspitze,  Wendelstein,  Sonneneck,  Treffauer 
Raiserspitze ,  Piz  Fora,  Ils  Crutscharöls ,  Cima  del 
Largo  (erste  Besteigung),  Fuorcla  und  Piz  Chaptitschin, 
Piz  Bacone  (erste  Ersteigung  über  den  Nordgra^ 
zweite  Ersteigung  überhaupt),  Fuorcla  del  Largo 
(erste  Ersteigung),  Piz  Tremoggia  und  Fex-Scerscen- 
paß,  Polaschinpaß ;  Dr.  L.  Darmstädter :  Venediger, 
Rödtspitze,  Tristenöckl,  Hochgall,  Antholzer  Scharte, 
Mösele,  Olperer,  Hochfeiler,  Cima  Jazza,  Cima  Tosa, 
Bocca  di  Brenta,  Presanella,  Como  bianco,  Adamello 
(auf  neuem  Weg),  Passo  del  Val  Ario,  Gaviapaß, 
Cevedalepaß,  Suldenspitze ,  Eisseepaß,  Königsjoch, 
Königsspitze,  Ortler;  Dr.  Rudolf  Dick:  Männlifluh; 
Dr.  H,  Dühi  und  Frau:  Wittli-  oder  Dündenhom, 
Zahlershorn  und  Birre,  Doldenhorn  (neuer  Abstieg), 
Fründenjoch  (neuer  üebergang),  Sasso  grande  bei 
Lugano  (Denti  di  vecchia) ;  A.  Francke :  Nünalphorn, 
Hohenstollen ;  G.  Gerster-Wyß :  Gornergrat,  Matter- 
joch, Col  de  la  Seigne,  Col  de  Bonhomme;  A.  Groß: 
Schwarzbirg,  Wildstrubel ;  Eng,  v.  Jenner :  Schafloch, 
Sigriswyler  Rothhom;  Prof.  Kronecker :  Schilthom, 
Tschingelgletscher ;  J.  U,  Leuenberg  er :  Säntis,  Feuer- 
stein etc.;  H.  Löhnert:  Piz  Tumbif;  Dr.  P,  Meyer: 
Pizzo  centrale;  F,  Monnard:  Lötschenpaß,  Hocken- 
hom,  Monte  Rosa  (Dufourspitze  und  Nordend),  Theo- 
dulpaß,  Cima  di  Bo,  Roccia  Melone,  Denti  d' Ambin, 
Levanna,  Monviso  (letztere  vier  bei  Gelegenheit  des 
Congresso  V  Internazionale  in  Turin),  Gran  Sasso 
dltalia  etc.;  Gh.  Montandon:  Thumen  (I.Februar), 
Wildgrätli  am  Wetterhorn,  Gspaltenhorn,  Wilde  Frau, 


Chronik,  567 

Bondstock,  Bttttlassen,  Vanil  Noir,  Dent  da  Midi,  Sul- 
€gg  (15.  November);  R.  Reher:  Piz  Lat,  Scesaplana, 
Piz  CotBchen,  Piz  Minschan,  Piz  d'Agnelli ;  A.Ringier: 
Thnrnen,  Knatsch  und  Elsigfirst,  Sulegg ;  Ad.  Schmidt : 
Schwarzbirg;  gemeinsam  mit  R  Thormann:  Sasten- 
limmi,  Fibbia,  Pizzo  centrale,  Piora,  Scopi,  Frohnalp- 
stock;  Em,  Steiger:  Gomergrat,  Hockehom;  Prof. 
Vetter:  Piz  Kesch,  Seehorn,  Schiahom,  Rinnerhorn, 
^chwarzhorn  am  Flüela,  Maienfelder  Farka ;  A.  Wäher : 
Schwarzhom. 

Von  den  Clabhütten  erwiesen  sich  diejenigen  am 
Thältistock  und  im  Roththal  als  reparaturbedürftig. 
Erstere  wird  im  Frühjahr  1886  restaurirt  werden, 
bei  letzterer,  die  wahrscheinlich  in  Folge  Auffindung 
■des  neuen  Jungfrauweges  einen  stärkeren  Besuch  zu 
gewärtigen  hat,  ist  die  Frage  noch  unentschieden, 
ob  eine  Ausbesserung  genügt  oder  eine  Versetzung 
von  der  Felswand  weg  nöthig  wird. 

Geschenke :  Von  Herrn  Jules  Beck  die  neue  Serie 
seiner  Hochgebirgsphotographien ;  von  Herrn  Dr.  Ed- 
mund V.  Fellenberg  die  vollständige  geologische  Karte 
der  Schweiz,  bei  Anlaß  der  Vollendung  von  Blatt  XVIII 
derselben ,  an  welchem  v.  Fellenberg  zum  Theil  in 
Gemeinschaft  mit  Gerlach,  Renevier,  Heim,  Bachmann 
und  Mösch  nicht  weniger  als  22  Jahre  gearbeitet  hat. 

Das  der  Section  Bern  gehörende  Schreckhorn- 
thermometer  wird,  weil  es,  im  Winter  unter  Schnee 
vergraben,  offenbar  nicht  das  Kältemaximum  registrirte, 
von  seinem  Standort  heruntergeholt  und  soll  an  einem 
besser  geeigneten  Ort  angebracht  werden. 

Am  Clubfest  nahmen  10  Mitglieder  Theil. 

VI.  Bern.  Section  Biel.  Das  Comit6  wurde  Ende 
1884  für  weitere  zwei  Jahre  wiedergewählt  aus  den 
Herren:  L.  Heer-B6trix,  Präsident;  E.  Kuhn,  Vice- 
präsident;  Ed.  Wartmann,  Secretär;  J.  Siegrist-Moll, 


568  Chronik, 

Cassier;  Aug.  Haag,  Bibliothekar;  Dr.  Lanz  jr.,  Bei- 
sitzer. 

Die  8ection  hatte  Anfangs  des  Jahres  42  Mit- 
glieder; es  traten  im  Laufe  des  Jalires  auB  3,  starb 

I,  neu  hinzu  kamen  3,  bleiben  Ende  1885  41  Mit- 
glieder. 

Die  Gesellschaft  versammelte  sich  in  ihrem  mit 
Gebirgsbildem  und  Karten  geschmtickten  Locale  in 
5  Comite-  und  6  allgemeinen  Sitzungen  (Theilnehmer 
der  letzteren  10 — 15),  wobei  die  geschäftlidien  An- 
gelegenheiten, unter  denen  heuer  die  Holzversorgungs- 
sache  unserer  Clubhütte  zu  erwähnen  ist,  und  mehrere 
sehr  interessante  Vorträge  der  Mitglieder  behandelt 
und  angehört  wurden,  welch'  letztere  Touren  im 
Jura,  den  Alpen  und  selbst  Algier,  Atlas  und  Sahara 
schilderten.  Die  Bibliothek  wächst  langsam  durch 
Anschaffung  und  Schenkung.  Die  Cassaverhältnisse 
sind  bei  dem  kleinen  Sectionsbeitrag  immer  etwas 
beschränkte.  Dieses  Jahr  wurde  auch  ein  festes  Ex- 
cursionsprogramm  zum  Voraus  bestimmt,  welche  Ein- 
richtung aber  nicht  den  erhofften  Erfolg  in  Bezug  auf 
Betheiligung  hatte.  Es  gelangten  davon  zur  Aus- 
führung: 31.  Mai  Twannberg  Gaicht,  Frühlingsausflug 
mit  Damen;  Theilnehmer:   15  Herren  und  6  Damen. 

II.  bis  13.  Juli:  Schwarzhorn  über  Axalp,  12  Herren 
und  1  Dame.  20.  bis  24.  Juli:  Inspection  der  Ober- 
aarjochhtitte  durch  Hm.  Siegrist.  An  das  Clubfest 
reiste  nur  der  Delegirte  Wartmann. 

Die  unter  Aufsicht  der  Section  Biel  stehende 
Clubhütte  am  Oberaarjoch  zeigte  sich  gut  überwintert 
und  intact;  das  Mobiliar  wurde  durch  zwei  Decken, 
Spiegel  etc.  vermehrt  und  einige  kleine  Reparaturen 
vorgenommen.  Auch  dieses  Jahr  kamen  Lobesbe- 
zeugungen darüber  der  Section  zu  und  bedauern  wir^ 
sehr ,  daß  die  aus  Vorsicht  und  gutem  Willen  ge- 
troffene Anordnung  zur  Brennholzversorgung  nicht  die 
Anerkennung  der  Delegirtenversammlung  erhalten  hat. 


Chronik.  569 

Gleichwohl  tibernimmt  die  Section  für  weitere  zwei 
Jahre  die  Aufsicht  und  den  Mobiliarunterhalt  sammt 
diesbezüglichen  Pflichten. 

Einzeltouren:  Alb. Riesen :  Berglihütte-Mönchsjoch- 
Concordiahtitte-LötschenlUcke-Ried-Petersgrat  -  Lauter- 
brunnen. Stegrist:  Grindelwald,  Schwarzhorn-Grimsel- 
Pavillon  Dollfus-Oberaarhorn  ,  Oberaarjochhtitte ,  Nä- 
gelisgrätli-Rhonegletscher ,  Furka.  Bachschmid  und 
Wartmann:  Blümiisalphorn  mit  Abstieg  südwestlich 
vom  Rothhom  gegen  die  Fründen.  Heer,  Haag,  Bach^ 
schmid,  Bähler:  Schilthorn  bei  Murren  mehrere  Male^ 
die  erBten  beiden  Herren  zuletzt  am  16.  Dezember. 
Gatschet  und  Tietze :  Jochpaß.  Anders,  stud.  jur.^ 
Berlin,  1884:  Prövauts,  Grands-Mulets,  Col  d'Herens^ 
Cima  di  Jazzi,  Breithorn,  Jungfrau,  Finsteraarhorn  und 
Ooncordiahütte,  Sandgrat,  Hüfipaß,  Piz  Morteratsch,. 
Bemina,  Ortler,  Königspitze,  Cevedale,  Weißkugel 
(traversirt),  Wildspitze.  1885:  Düssistock,  Clariden- 
paß  (Planura),  Porta  de  Glioms,  Oberaarhom,  Finster- 
aarhorn, Aletschhorn,  Mettelhorn,  Riffelhorn,  Balfrin- 
joch,  Weißmies,  Triftjoch,  Weißhorn,  Matterhorn^ 
Bietschhom  über  den  Westgrat,  Petersgrat,  Tschingel- 
paß; Eiger  und  Schreckhorn  durch  Schneegestöber 
vereitelt.  Roynang :  Kobrbachstein.  W.  Stin^m:  Titlis» 

Vil.  Bern.  Section  Bltimlisalp.  Die  Section  hat 
wieder  ein  schwaches  Jahr  zu  verzeichnen.  Fünf 
Sitzungen;  nur  zwei  Vorträge:  1)  Merian:  „üeber 
die  Wässerungscanäle  im  Wallis";  2)  E.  Gerwer, 
eand^med. :  „Notizen  vom  Dossenhorn'*.  Von  (1884) 
24  Mitgliedern  sind  3  ausgetreten  (2  wegen  Wegzug» 
von  Thun) ;  neu  eingetreten  1 ,  so  daß  wir  noch  22 
Mann  zählen. 

Sectionsausflüge  waren  projectirt,  hatten  aber  stet» 
Unglück;  ebenso  eine  projectirte  Zusammenkunft  mit 
der  Section  Oberland.  Dagegen  nahmen  an  einer 
Zusammenkunft  mit  der  Section  „Wildhorn"  in  Wimmis 
mehrere  unserer  Mitglieder  Theil. 


570  Chronik, 

Einzeltouren :  Th.  Gramer :  Wetterhorn  bis 
Wildgrätli  ohne  Ftthrer,  Jochpaß  und  Ochsenhubel, 
Schwarzhorn  (solo),  Hohthürli-Wilde  Frau  ohne  Führer, 
Bundstock,  Eiger,  Großes  Schreckhom,  nebst  kleinem 
Spitzen  in  den  Voralpen  und  in  der  Fremde  ,  zum 
Beispiel  Gaisberg  bei  Salzburg.  Pfarrer  Stettier  in 
Kandergrund :  Aermighom. 

VIII.  Bern.  Section  Burgdorf.  Präsident:  J.  L. 
Schnell ,  Fürsprecher ;  Vicepräsident :  P.  Christen, 
Architekt;  Secretär :  Robert  Heinzer,  Kaufmann; 
Cassier:  J.  Engels,  Buchhändler;  Beisitzer:  A.  Grieb, 
Kaufmann.  Mitgliederzahl  am  Anfang  des  Jahres  35, 
eingetreten  5,  gestorben  1,  ausgetreten  3.  Bestand 
am  Ende  des  Jahres  36. 

Die  Section  hielt  11  Sitzungen,  jeweilen  am  ersten 
Freitag  des  Monats;  außerdem  fanden  alle  14  Tage 
freie  Vereinigungen  statt.  Vorträge  hielten:  Pfarrer 
V.  Greyerz  über  Touren  im  Saanenland;  Dr.  Kurz: 
„Die  Römerstraßen  in  Graubtinden"  und:  „Auf  den 
Spuren  der  Römer  im  freien  Rhätien'^ ;  P.  Christen 
liber  seine  Ersteigung  des  Eigers  und  Schreckhoms 
und  über  das  VIII.  Capitel  im  Buche  Zsigmondy's: 
„Gefahren  in  den  Alpen  (die  Anwendung  des  Seils)'' ; 
Dr.  Howald  über  seine  Tödibesteigung ;  Meister- 
ZoUinger  über  seine  Ersteigung  der  Diablerets. 

Sectionsausflüge  wurden  folgende  gemacht :  Am 
13.  und  14.  Juni  auf  den  Weißenstein  und  die  Hasen- 
matt; am  4.  und  5.  Juli  auf  den  Hochstollen.  Die 
andern  projectirten  Ausflüge  kamen  wegen  Ungunst 
der  Witterung  und  Mangel  an  Betheiligung  nicht  zu 
Stande. 

Einzeltouren :  L,  Schnell :  Feldberg ;  P,  Christen : 
Zagigrat  (am  Balmhom) ,  Titlis ,  Eiger,  Schreckhom ; 
A,  Grieb:  Eggischhorn ,  Gornergrat  (mit  Frau): 
R,  Heiniger:  Schwarzhorn,  Faulhorn;  Kneuhühlei*: 
Schwarzhorn,    Gerstenhorn,  Faulhorn,  Zagiberghom, 


Chronik.  571 

Schilthorn ,  Axalphorn ;  Losinger :  Titlis ,  Feldberg  ; 
Wyß:  Wetterhorn,  Wissig;  Schneeherger^  Affolter, 
Schär  er:  Urirothstock ;  Meister:  Diablerets  5  Dr.  Ho- 
wald  (mit  seinem  14jährigen  Sohne  Walther) :  Joch- 
paß, Säntis,  Leistkamm,  Tödi,  Porta  da  Spescha, 
M!attmark-Weißthor,  Cima  di  Jazzi,  Rohrbachstein. 

IX.  Bern.  Sektion  Oberaargau  des  S.A.C.  für  1886. 
Präsident:  Johann  Jakob,  Notar  zu  Lotzwyl;  Vice- 
präsident  und  Kassier:  Ernst  Kaufmann,  Bankkassier 
in  Langenthai ;  Secretär  und  Bibliothekar :  Jakob 
Meyer,  Gerichtspräsident  in  Aarwangen. 

Mitgliederzahl.  Bei  Jahresanfang :  38.  Aus-  und 
übergetreten  in  andere  Sectionen:  2.  Neu  aufge- 
nommen: 14.   Bestand  Ende  1885:  50  Mitglieder. 

Sectionsversammlungen  wurden  6  abgehalten:  Am 
18.  Januar  und  10.  Mai  in  Ölten,  letztere  mit  den 
Sectionen  Aarau,  Basel,  Luzern  und  Zofingen  auf 
Schloß  Säheli.  12.  April  in  Herzogenbuchsee,  10.  August 
in  Langenthai,  15.  November  in  Oberönz  und  13.  De- 
zember in  Bollodingen.  Die  Betheiligung  war  nach 
unsem  localen  Verhältnissen  resp.  Ausdehnung  unseres 
Sectionsbezirkes  ziemlich  gut. 

Vorträge  wurden  gehalten :  Von  dem  Abgeordneten 
über  das  Clubfest  in  Villars,  Kt.  Waadt,  und  von 
Hm.  Müller-Landsmann  über  seine  Keise  nach  Neapel, 
Vesuv  und  Sicilien  u.  s.  w. 

Sectionstouren  wurden  dies  Jahr  4  ausgeführt, 
nämlich:  29.  Mai,  von  der  Clus  über  den  Roggen, 
Langenbruck,  Kilchzimmer,  Iffenthal  Ölten,  8  Theil- 
nehmer;  20./21.  Juni  auf  den  Napf,  12  Theilnehmer; 
11./12.  Juli  auf  den  Gotthard  und  Centrale,  5  Theil- 
nehmer,  und  21.  September  auf  den  Weißenstein  und 
die  Hasenmatte,  9  Theilnehmer. 

Einzeltouren :  HH.  Dr.  Karl  Schwander  und  Emil 
Schwander  auf  das  Balmhom  mit  vierstündigem,  sehr 
beschwerlichem  Abstieg  durch  Wasserrinne  in's  Dala- 


572  Chronik. 

thal,  dann  von  Bad  Leuk  über  die  Gizzifdrgge  auf 
den  Lötschenpaß  und  in's  Gasternthai.  HH.  £mil 
Schwander  und  Dr.  Walker  auf  das  Schilthorn,  Hoch- 
kien und  Hochthttrli,  nebst  einigen  Ausflügen  in  die 
Voralpen;  Hr.  Dr.  Walker  Balmhom,  Wildstrubel, 
Dossenhom  und  Galenstock. 

Dem  Clubfeste  in  Villars  haben  3  Mitglieder  bei- 
gewohnt. 

X.  Bern.  Section  Oberland  des  S.  A.  C.  Präsident: 
K.  Hecht ;  Vice-Präsident  und  Secretär :  Dr.  jur.  Michel, 
Fürsprecher;  Kassier:  R.  Gribi;  Gustos  der  Samm- 
lungen: G.  Schlosser,  Seeundarlehrer ;  Bibliothekar: 
J.  G.  Hegi,  Lehrer ;  Beisitzer :  Jb.  Maurer,  zum  Hotel 
Beau-Rivage,  und  J.  Anderfuhren,  Ingenieur.  MU- 
gliederzahl  auf  Ende  1885:  94. 

Leider  verließ  uns  auf  Ende  des  Jahres  unser 
langjähriges,  eifriges  Mitglied  und  wackerer  Präsident: 
Hr.  Hecht,  in  Folge  üebersiedlung  nach  Zürich.  Der- 
selbe wurde  in  Anbetracht  seiner  großen  Verdienste 
um  unsere  Section  und  den  S.  A.  C.  überhaupt  (wir 
erinnern  an  seine  Leistungen  im  Führerwesen :  Führer- 
curse  und  Führer-Versicherung,  in  der  Clubhütten- 
frage, meteorologische  Beobachtungen  auf  dem  Faul- 
horn  etc.,  Förderung  unserer  Sammlungen  und  der^ 
Bereicherung  durch  eigene  werthvolle  Beiträge)  ein- 
stimmig zum  Ehrenmitglied  der  Section  Oberland  er- 
wählt. Das  Präsidium  wurde  übertragen  an:  G.  Ris, 
Pfr.  in  Interlaken. 

In  den  5  Sitzungen  der  Section  wurden  Vorträge 
gehalten  von  Pfr.  Baumgartner  über  „Stimmen  an» 
den  Bergen"  und  von  Hecht  über  das  Clubfest  in 
Villars-sur-OUon  und   damit  verbundene  Bergfahrten. 

Der  Zustand  der  im  Vorjahre,  nach  sorgföldgea 
Vorstudien  des  Herrn  Pfr.  Baumgartner,  an  einen 
andern  Standort  versetzten  Dossenhütte  wurde  im  Auf- 
trage des  C.-C.  und  der  die  Aufsicht  führenden  Section 


Chronik,  573 

St.  Gallen  untersucht  und  vortrefflich  befunden,  üeber 
die  im  Berichtjahre  vorgenommene  Verankerung  der- 
selben wird  eine  neue  Inspection  Auskunft  verschaffen, 
üosere  Sammlungen  wurden  durch  mehrere  sehr  will- 
kommene Geschenke  bereichert  und  fleißig  benutzt. 
Die  projectirten  Sectionsausfldge  erlagen  der  Un- 
gunst der  Verhältnisse ;  dagegen  sind  folgende  Einzel- 
touren zu  verzeichnen :  F.  Suter  und  A.  Sterchi : 
Petersgrat,  eintägiger  Marsch  von  Steinberg  bis  Visp. 
Studer:  Eintägiger  Marsch  Zweilütschinen  -  Sulegg- 
Schwalmeren-Ringgenberg.  Körber :  Axalphom,  Ger- 
stenhom,  Schwarzhom,  Pavillon  Dollfus,  Wylerhom. 
Baumgartner  und  Aeby:  Weitsattel  und  Dossenjoch 
zur  Inspektion  der  Dossenhtttte  und  Umgebung.  Baum- 
gartner allein :  ünteraargletscher,  Schwarzhorn,  Schilt- 
hom,  Groß-Hundshom;  Klettereien  und  Studien  in  der 
Rothhomkette:  Lanngrindund  Rotschalpburg,  Krutern- 
paß  und  Eruternpäßli  zweimal.  Schöngtttsch  und  Roth- 
horn  ober  den  Jnnglipaß.  Ris :  Nägelisgrätli.  Müller : 
Jungfrau,  Eiger,  Petersgrat,  Balmhorn,  Alteis.  Nägeli  : 
Am  21.  Dezember  Sidelhorn.  von  Liehr :  Wendel- 
stein, Rothe  Wand,  Brecherspitze,  Bodenschneid,  Läger- 
kamp,  Eigelspitze,  Watzmann  (Hocheck  und  Mittel- 
spitze). Die  vorjährigen  Touren  dieses  Mitgliedes 
inirden  aus  Versehen  nicht  in  die  Chronik  pro  1884 
eingetragen^  verdienen  aber  nachträgliche  Eintragung 
in  unsere  Annalen ;  es  sind  dies  vom  18. — 20.  März: 
Kothhom,  Zäsenberg,  Schwarzhorn  bei  Grindelwald; 
im  August:  die  beiden  Mönchjoche,  Jungfrau,  Finster- 
aarhom,  Eggischhorn,  Riffelhom,  Expedition  zur  Auf- 
:findung  Vermißter  auf  den  Gomergletscher  bis  Gadmen, 
Matterhorn. 

XI.  Bern.  Section  Wildhom.  Die  schon  im  letzten 
Jahre  berührten  Uebelstände  sind  nicht  gehoben.  Die 
zu  große  Entfernung  der  einzelnen  Mitglieder  von 
einander  und  der  Mangel  eines   gemeinsamen  Mittel- 


574  Chronik. 

punktes  machen  sich  sehr  fühlbar.  Doch  thun  die 
Mitglieder  ihr  Möglichstes,  um  die  Sache  des  S.  A.  C. 
in  unsem  Gegenden  zu  fördern. 

Die  beiden  Untersectionen  Saanen  und  Wimmi» 
beabsichtigten  wieder  eine  Zusammenkunft,  die  aber 
nicht  zu  Stande  kam.  Drei  Mitglieder  besuchten  das 
Clubfest. 

Die  Untersection  Saanen  hielt  2  Sitzungen:  am 
5.  Mai  in  Gstaad  und  am  31.  August  in  Saanen. 
Vortrag  von  Oberlehrer  Wehren:  Das  Saanenland 
topographisch  und  historisch  behandelt. 

Die  Untersection  Wimmis  hielt  3  Sitzungen,  femer 
eine  Zusammenkunft  mit  der  Section  Bliimlisalp.  Vor- 
träge: A.  Hürner,  cand.  theoL:  Excursionen  im  Gebiet 
der  Kienthalberge;  Pfr.  Hürner:  Ein  Gebirgspoet  und 
dessen  Nachlaß. 

Größere  und  kleinere  Excursionen  in  der  Stock- 
hom-  und  Niesengruppe. 

Einzeltouren:  Ffr. Hubler:  Diablerets,  Geltenhom, 
Wildhom  (mit  Clubisten  aus  Neuenburg  und  Genf). 
A.  Hürner,  cand.  theol. :  Männlifluh,  Bolenhom,  Wilde 
Frau,  Btittlassen,  Schilthorn  und  mehrere  kleinere 
Touren,  bei  denen  der  Genannte  als  Führer  fungirte. 

XII.  Fribourg.  Section  du  Mol6son.  DurantTann^ 
demi^re,  la  section  a  suivi  sa  marche  ordinaire  sans 
qu'il  y  ait  des  choses  bien  saillantes  ä  signaler.  Do- 
rant  Thiver  nous  avons  eu  nos  s^ances  reguli^res  tous 
les  mois.  EUes  ont  6t^  consacr^es  aux  affaires  cou- 
rantes  administratives  et  ä  des  recits  de  course;  je 
rel^verai  entre  autres  le  röcit  de  Tascension  du  Blanc 
(vallöe  d'Evolfenes)  par  M.  Repond,  une  traduetion 
de  Tascension  de  la  Dufourspitze  par  les  Zsigmondy, 
en  partant  de  Macugnaga,  enfin  une  Conference  de 
M.  Girard  sur  les  divers  syst^mes  de  formation  des 
montagnes  avec  croquis  et  dessins. 

Nous  avons  fait  en  6t6  les  courses  r^glementaires 


Chronik,  675 

de  section,  k  la  Berra,  Cape-au-moine  et  k  la  Pfeiflfe ; 
les  courses  individuelles  ont  6t^  nombreuses,  la  plu- 
part  ont  eu  pour  but  nos  montagnes  fribourgeoises^ 
cependant  un  nombre  r^jouissant  de  nos  membre» 
s'est  lanc^  cette  ann^e  dans  les  hautes  Alpes. 

Nons  avons  mis  k  l'^tnde  rascension  du  Mol^son^ 
du  Vanil  noir  et  de  Folli6ran  par  des  chemins  autres^ 
qne  ceux  commun^ment  suivis.  Le  sentier  ordinaire 
du  Vanil  noir,  notre  plus  haute  sommitö,  ayant  6t6 
d6truit  par  un  ^boulement  qui  a  rendu  un  passag& 
tr^s-dangereux  pour  le  commun  des  ascensionnistes,. 
nous  avons  d6cid6  d'y  faire  placer  des  chatnes  afin 
de  pr^venir  des  aecidents.  L'op6ration  se  fera  au 
printemps. 

Notre  table  d'orientation  devait  etre  inauguröe  en 
automne,  malheureusement  le  graveur  M.  Imfeid  a  ^ih 
en  retard  et  nous  sonunes  contraints  de  renvoyer  en-^ 
core  cette  cer^monie  au  mois  de  mal  prochain;  il 
nous  tarde  d'achever  cette  entreprise  qui  figure  depuis 
si  longtemps  dans  nos  tractanda. 

Nous  avons  aussi  d6cid6  d'augmenter  le  nombre 
des  poteaux  indicateurs  plac^s  sur  les  sentiers  qui* 
conduisent  de  Bulle  k  Mol6son  et  de  Charmey  au  Lac 
noir  et  qui  rendent  de  grands  Services.  Nous  pensons^ 
travailler  dans  l'int^ret  du  Club  en  facilitant  Tacc^a 
de  nos  montagnes  plus  facilement  accessibles  aux  ex- 
cursionnistes  ordinaires  que  les  hautes  Alpes  et  sur- 
tout  plus  k  la  port6e  de  la  bourse  du  plus  grand  nombre. 
Nos  relations  avec  les  autres  sections,  avec  les 
sections  romandes  surtout,  ont  6t6  des  plus  cordiales^ 
comme  d'habitude  au  reste,  nous  continuons  k  nous. 
rendre  röciproquement  visite  k  diverses  6poques  de 
l'ann6e. 

Nous  avons  perdu  par  la  mort  et  par  d^mission 
plusieurs  membres  d6vou6s,  entre  autres  le  g6n6rai 
Oastella,  un  de  nos  amis  les  plus  z616s;  quelques- 
r^ceptions  ont  r^tabli  T^quilibre. 


676  Chronik. 

81  je  mentionne  encore  une  coarse  d'hiver  aux 
Morteys  faite  par  la  section  les  5  et  6  janvier,  j'aurju 
retrac^  les  points  principaux  de  notre  activite  durant 
le  dernier  exereice. 

XIII.  Geneve.  Section  genevoise.  La  section  compte 
342  menabres  (fin  d^cembre  1885). 

Son  local,  Grand'Rue  23  au  2«  6tage,  est  ouvert 
le  mardi  et  le  vendredi  des  8  henres  du  soir. 

Sa  bibliothfeque,  pr^s  de  600  volumes,  panoramas 
ou  cartes,  s'est  augment6e  en  1885  de  73  volumes  et 
26  cartes  ou  vues  des  Alpes.    Total:  99. 

üne  section  de  chant  r6guli6rement  constitu6e  äbs 
1884  d6passe  aujourd'hui  le  chiflfre  de  20  membres. 

Pendant  Tann^e  1885,  15  grandes  s^ances  ont  en 
Heu.  L'assistance  a  variö  de  40  k  90.  L'ordre  du 
jour  se  compose  ordinairement  d'une  conförence  ou 
scientifique  ou  littöraire  ou  g6ographique.  On  entend 
■ensuite  des  r^cits  de  course.  28  Communications  prin- 
cipales  ont  et6  ainsi  faites  en  1885. 

9  courses  de  section  ont  r6uüi  chacune  de  12  ii 
60  participants,  mais,  sauf  pour  Tascension  du  Reculet 
•en  janvier  et  le  passage  du  Col  d'H6rens  en  aofit,  le 
temps  n'a  pas  4te  favorable. 

La  course  des  sections  romandes  dont  la  direction 
4cheait  k  Genfeve  a  r6uni  une  centaine  de  participants. 
Les  sections  de  Vaud,  Neuchätel,  Fribourg,  Valais 
■et  Mont-Blane  j  6taient  repr6sent6es. 

Le  diner  annuel  a  eu  Heu  le  5  d6cembre.  On  y 
a  compte  132  convives  parmi  lesqueUes  des  d616gufe 
des  sections  Diablerets,  Jaman  —  Mont-Blanc,  Aix- 
les-bains,  Lyon. 

La  section  genevoise  a  6t6  repr^sentee  au  Ckmgr^s 
national  et  international  de  Turin  par  MM.  Henri 
Bourrit  et  Alfred  Pictet.  Les  deux  d^l^gn^s  k  Villars 
ont  6t6  MM.  A.  Freundler  et  MoYse  Briquet.  43  Genevois 
assistaient  k  cette  belle  fSte. 


Chronik.  577 

XIV.  Glarus.    Section   Tödi.    Die   Hauptthätigkeit 
^er  Section  im  Berichtsjahre  bestand  in  der  Erbauung 
4er  Clubhütte  am  Ruchenglämisch,    deren  glückliche 
Vollendung  wir  Ihnen  im  September  melden  konnten. 
Wie   aus   dem   letzten  Jahresberichte  hervorgeht, 
war   unser  Comite   in  Sache   nur   so  weit   einig,   als 
man   von   der  Nothwendigkeit   eines  Neubaues   über- 
zeugt war,  während  die  Platzfrage  Anfangs  des  ver- 
flossenen Jahres  noch  der  Lösung  harrte.    Wir  wollen 
-die  Gründe  hier  nicht  wiederholen,   welche  uns  nach 
-eingehendem  und  unparteiischem  Studium  an  Ort  und 
^Stelle   (Anfangs  Juni)    dazu  bestimmten,    der  Section 
einstimmig  den  alten  Standort  vorzuschlagen,  können 
es  aber  nicht  unterlassen,   zu  betonen,   daß  man  es 
heute  geradezu  bedauern  würde,  falls  die  Hütte  nach 
4ein    Fimband    (obere    Stelle)    placirt   worden   wäre. 
^ach    der  Meinung  Aller,   die   der  Einweihung   vom 
21./22.  September  beigewohnt  haben,  ist  das  Richtige 
getroffen  worden,  speciell  mit  Rücksicht  auf  die  Ein- 
ibeilung   des  Weges.     Und  wie  schlimm  es  mit  dem 
Wasser    an    der    oberen   Stelle    gelegentlich    bestellt 
wäre,    davon   wissen  gerade  die  Theilnehmer  an  der 
Einweihungsfeier  zu  erzählen. 

In  baulicher  Hinsicht  darf  das  Werk  ebenfalls  als 
ein  gelungenes  bezeichnet  werden,  und  existirt  in  der 
Schweiz  wohl  keine  zweite  Hütte,  die  den  Anforderungen, 
welche  an  eine  solche  gestellt  werden  können,  in  so 
weitgehendem  Maße  entspricht. 

Daß  all'  das  Schöne  aber  auch  viel  Geld  gekostet, 
brauchen  wir  kaum  zu  sagen.  Der  Bauconto  ver- 
zeichnet die  stattliche  Summe  von  Fr.  7400  Ausgaben, 
^enen  Fr.  5500  Einnahmen  gegenüberstehen.  Von 
letzteren  verdanken  wir  der  Tit.  Centralcasse  Fr.  1500, 
^er  Section  Basel  Fr.  200,  Winterthur  Fr.  200,  Uto 
JPr-  400,  während  uns  die  Section  Bachtel  in  gewohnter 
generöser  Weise  wie  alljährlich  einen  Beitrag  an  die 
Unterhaltskosten  zukommen  ließ.  Allen  Gebern  noch- 
xnals  unsern  verbindlichsten  Dank! 

37 


578  Chronik. 

Wir  zweifeln  nicht,  daß  die  neue  Hütte  im  Laufe 
der  nächsten  Jahre  von  Olubisten  häufig  benützt  werden 
wird;  und  empfehlen  wir  dieselbe  bei  dieser  Gelegenheit 
ihrem  Schutze! 

Die  Clubhütte  am  Grünhorn  befindet  sich  fort- 
während in  gutem  Zustande  und  gab  zu  k^nerlei 
Maßnahmen  Vei'anlassung. 

Was  die  gewohnten  VereiBsangelegenheiten  anbe- 
trifft, so  wurden  im  vergangen^i  Jahre  drei  ordentliche 
Hauptversammlungen  abgehalten  und  zwar  im  Januar, 
Juni  und  December.  Außerdem  fanden  sich  die  Mit- 
glieder in  gri^erer  Zahl  zusammen:  beim  Bankett, 
verbunden  mit  Ball,  beim  Winterausflug  nach  Linih- 
thal  und  bei  der  Clubhütteneinweihung,  welch'  letzterer 
Feier  die  Gunst  des  Wetters  in  seltenem  Maße  zu 
Theil  wurde.  Es  waren  zwei  unvergleichlich  schdne 
Tage! 

Von  den  vier  officiellen  Touren  unseres  Frograimue» 
gelangten  zwei  zur  Ausführung :  1)  Der  Böse  Faulen 
von  der  Alp  Dreckloch  aus  (Chef  Herr  F.  Oertly- 
Jenny) ;  2)  Piz  Segnes  (Chef  Herr  Caspar  Hösiy). 

Die  Mitgiiederzahl  beträgt  heute  96  (wovon  S 
Sections-Ehrenmitglieder) ,  ist  also  gleich  geblieben 
wie  sie  letztes  Jahr  zur  Zeit  der  Berichterstattung  war. 

XV.  Graubiinderu  Section  Ehätia.  Mitgiiederzahl 
auf  1.  Januar  1885  102.  Mil^lieder  des  Vorstandes: 
Präsident:  Fr.  v.  Salis,  Oberingenieur;  Vieepräsident : 
Dr.  med.  Ed.  Killias;  Actuar:  Prof.  Chr.  Gr.  Brägger; 
Cassier:  Rudolf  Zuan;  Beisitzer:  Dr.  med.  P.Lopem; 
Stellvertreter:   Lehrer  Fl.  Davatz. 

Tractanden:  Es  wurden  im  Glänzen  15  Sitzungen 
(wovon  9  auf  das  erste,  6  auf  das  zweite  Semester 
fallen)  abgehalten,  welche  durchschnittlich  von  ^ 
(im  ersten  Semester  10,  im  zweiten  8)  Mitgliederu 
besucht  wurden.  Die  wichtigsten  Traetanden  waren, 
außer  den  gewöhnlichen,  alljährlich  wiederkehrenden 


Chronik,  579 

Vereinsgeschäften    (in    11    Sitzungen)    und    in   jeder 
Sitzung  üblichen   Vorlagen   von   eingegangenen  Zeit- 
schriften  und   anderer  neuer  Literatur:   das  Ftihrer- 
wesen  (in  6  Sitzungen),  unsere  Clubhtitten  und  Wege 
(Inspectionsberichte ,   Reparaturen,   neue  Projecte,   in 
7  Sitzungen),  unsere  Steinwildcolonie  im  Welschtobel 
(in  12  Sitzungen),  die  cantonalen  Freiberg-Reviere  und 
ihre  Verlegung   (3   Sitzungen),   Pflanzenschutzvereine 
und  Edelweiß   (2  Sitzungen),   Beitrag  an's  Saussure- 
monument etc.     Referate,   Berichte,   wissenschaftliche 
Mittheilungen  und  Vorweisungen  kamen,  in  10  Sitzungen, 
von    Seite    nachfolgender    Herren:     Bezirksingenieur 
IL  Alberiini:    Messungen    über    den   Rückgang   des 
Morteratschgletschers ;    Prof.  Chr,  G.  Brugger:    Be- 
strebungen des  Genfer  Vereins  für  Pflanzenschutz  und 
Alpenpflanzencultur ,    Erinnerungen    an   Prof.  0.  Heer 
und  dessen  Reisen  durch  Graubttnden  an  den  Comersee 
(1843  und  1863)  und  nach  Wien  (Garten  von  Schön- 
brnnn    mit  Steinbockgehege,    1856),    die   Flora   von 
Avers   mit  Vorweisung  seines  handschriftlichen  Cata- 
log'es   und   Berichtigungen  zu   F.  Käsers   (im  letzten 
Jahrbuch,    S.  364 — 393   abgedrucktem)  lateinischem 
Namensverzeichniß,  ein  Veilchen  aus  der  Schneeregion 
der    penninischen    Alpen    (mit   Vorweisung);    Lehrer 
FL  Davatz:    Zur  Kartographie   der  Torrone- Gruppe 
(nach  Lurani's  „Montagne  di  Val  Masino"),  Excursion 
auf  den  Sassalbo  (2858  ™)  in  Poschiavo,  Vorweisungen 
von  Skizzen  und  Pflanzen  des  Sassalbo  und  der  Comi 
di  Canzo;  L.  HUz-Hatz:  ein  Winterbesuch  der  Stein- 
wildcolonie   im    Welschtobel;    Dr.  E.  Killias:    Zur 
Nomenclatur   der  Torrone-Gruppe,   die  neue  Monats- 
schrift   „Naturalista    Valtellinese'^ ;    Dr.   P.  Lorenz: 
Berieht  über  seine  Inspection  der  Aelahütte  und  seinen 
in  deren  Nähe  angelegten  Pflanzgarten ;  Forstinspector 
Oh.  Mannt:  Gutachten  über  die  (successive)  Veriegong 
<jer    bündnerischen    Freiberg  -  Reviere ;    Telegraphen- 
inspector   P.  v,  Salis:    Vorweisung  eines   Entwtrrfes 


580  Chronik, 

zu   einer  Orientirungstafel   für.  den  Standpunkt  beim 
Haldenpavillon  (Chur). 

Die  in  unserem  vorigen  Jahresberichte  erwähnten 
Anordnungen,  welche  wir  im  Interesse  der  Vermehrung 
unserer  Steinwildcolonie  getroffen  hatten ,  führten 
rasch  zum  Ziele.  Zwei  trächtige  Halbblutziegen  konnten, 
nicht  ohne  Schwierigkeit,  im  Januar  eingefangen  und 
nach  dem  nahen  Arosa  (1740™)  übergeführt  werden, 
wo  sie,  passend  untergebracht  und  mit  Bergheu  ge- 
futtert, im  März  (am  2.  die  eine,  am  22.  die  andere) 
je  zwei  muntere  Zicklein  (leider  lauter  Böcklein) 
warfen,  womit  der  Bestand  des  Rudels  plötzlich  wieder 
auf  9  Köpfe,  d.  h.  den  Status  von  anno  1880,  ge- 
bracht wurde.  Im  Juni  konnten  dann  die  beiden  in 
Arosa  internirten  Mutterthiere  sammt  ihren  kräftig 
entwickelten  drei  Jungen  (nachdem  im  Mai  eines  der- 
selben mit  Tod  abgegangen)  in's  Welschtobel  zu  den 
im  Freien  überwinterten  &enossen  zurückgeführt  und 
wieder  in  Freiheit  gesetzt  werden.  Hier  gediehen  die 
Jungen  so  rasch  und  kräftig  heran,  daß  einer  der 
im  März  geworfenen  Zwillinge  bereits  Ende  November, 
nachdem  er  mit  vieler  Mühe  eingefangen  (was  bei 
den  älteren  Böcken  sich  als  unmöglich  erwies)  und 
nach  Araschga  herausgeführt,  zum  Belegen  einer  drei- 
jährigen Halbblutgais  aus  dem  Basler  zoologischen 
Garten  verwendet  werden  konnte.  (Dieses  schöne 
Thier  war  uns  nämlich  vom  Verwaltungsrathe  ge- 
nannten Instituts  in  sehr  verdankenswerther  Weise 
zum  Geschenk  gemacht  und  im  October  hieher  trans- 
portirt  worden.)  Von  der,  im  Januar  anscheinend 
trächtig  gewesenen,  wilden  Halbblutgais,  welche  da- 
mals nicht  eingefangen  werden  konnte  und  daher  in 
Gesellschaft  der  alten  Böcke  in  der  Wildniß  über- 
wintert hatte,  konnte  abermals  keinerlei  Nachkommen- 
schaft oder  Spuren  einer  solchen  aufgefunden  werden, 
ohne  Zweifel  aus  demselben  Grunde,  den  wir  schon  längst 
vermuthet  hatten    und   der  nunmehr  eine  an  Gewiß- 


Chronik,  581 

heit  grenzende  Wahrscheinlichkeit  erlangt  hat  —  weil 
sie  wiederum,  wie  seit  Jahren,  dem  dortigen  zudring- 
lichen Raubzeug,  wohl  schon  in  den  ersten  Lebens- 
tagen, zum  Opfer  gefallen. 

XVI.  Luzern.  Section  Pilatus.  Vorstand:  Präsident: 
Dr.  Carl  Hofstetter,  Spitalarzt;  Vicepräsident :  Major 

0.  Balthasar,  Kaufmann ;  Actuar :  V.  Fries,  Lehrer ; 
Cassier :  A.  Breitschmid ,  Kaufmann  ;  Bibliothekar : 
C.  Strtibin,  Kaufmann.  Mitgliederzahl  73  nebst  2  Ehren- 
mitgliedern (1885  79). 

Versammlungen.  Es  wurden  8  Sections-  und  2  Vor- 
standssitzungen abgehalten,  von  welchen  die  erstem 
von  9 — 22  Mitgliedern  besucht  wurden. 

Vorträge.  Dr.  C.  Hofstetter:  Demonstration  einer 
Verbandpatrone  für  die  erste  Hülfe  bei  Verletzungen 
auf  Clubfahrten ;  Dr.  R.  Stierlin :  Verschiedene  Exem- 
plare des  Alpenmauerläufers  mit  erläuternden  Be- 
merkungen über  die  Biologie  des  Vogels;  Ingenieur 
Eggermann :  Notizen  über  die  Geschichte  der  Matter- 
hornbesteigungen ,  Schilderung  der  eigenen  Matter- 
hornfahrt. 

Excursionen.  Sectionsausfltige:  Am  25.  Januar  1885 
erstiegen  4  Mitglieder  der  Section  Pilatus,  1  Mitglied 
der  Section  Uto  und  1  Gast  den  Pilatus ;  den  8.  Feb- 
ruar 1885  wurde  von  4  Sectionsmitgliedern  dieFrohnalp 
genommen;  am  12.^13.  Juli  wurde  der  Galenstock 
von  11  Sectionsmitgliedern  in  Begleitung  der  Führer 
A.  Zgraggen,  Vater,  und  Indergand  erstiegen. 

Einzelfahrten:    Oscar  Balthasar,  mit  Führer,  am 

1.  und  2.  Februar  Clausenpaß;  Eggermann^  Schmid, 
Stutzer  und  Gut:  Z.-Breithom,  Eggischhorn;  Egger  - 
mann  und  Schmid  mit  Führer  Bollinger  und  Biner : 
Matterhorn  von  Zermatt  aus  am  17. /18.  August  1885; 
Eggermann,  Burri,  Stutzer,  Breitschmidwnö. Schmid: 
Six  Madün;  Stutzer  und  Schmid:  Urirothstock;  Stutzer 
und  Gut :  Col  d'Herens ;  Eggermann,  Schmid,  Stutzer 


682  Chronik, 

und  Breitschmid :  Sonnengrat ;  Breüschmid,  Burri  und 
Hofstetter:  Am  15./1 6.  August ,  führerloser  Versuch 
einer  Besteigung  des  Pizzo  Rotondo,  circa  30™  unter 
dem  Gipfel  zur  Umkehr  gezwungen. 

Außer  den  genannten  Punkten  wurden  im  Laufe 
des  Jahres  1885  noch  eine  ganze  Reihe  kleinerer 
Gruppenfahrten  auf  Pilatus,  Mythen,  Frohnalp  etc. 
unternommen. 

Das  Jahresfest  besuchten  als  Delegirte  die  Herren 
Dr.  Hofstetter  und  Egli,  Nordostbahnbeamter. 

Während  die  Hüfiälpelihvtte  auf  Kosten  der 
Section  Pilatus  durch  die  Section  Gotthard  im  lau- 
fenden Jahre  vollständig  renovirt  werden  soll,  wofür 
im  Jahre  1885  bereits  Fr.  120  Credit  angesetzt 
worden  sind,  stehen  wir  mit  der  Section  Gotthard 
noch  in  ünterhandhing  wegen  der  Beaufsichtigung  in 
Zukunft.  Ein  bezilglicher  Vertrag  ist  bereits  mit  Aus- 
nahme einiger  unwesentlicher  Punkte  vereinbart  und 
wird  demnächst  in  seinen  Grundzügen  in  der  Alpen- 
zeitung zur  allgemeinen  Eenntniß  gebracht  werden. 

XVII.  Neuchätel.  Section neuchäteloise.  President: 
Rod.  Schinz,  n6g.;  Vice-prösident:  A.  Bovet,  ban- 
quier;  Secr^taire:  V.  Attinger,  imprimeur;  Caissier: 
Jean  Schelling ,  n^g. ;  Assesseurs :  Aug.  Monnier, 
avocat,  et  Ch.  Michel,  n6g.,  correspondant  de  l'Echo 
des  Alpes. 

L'effectif  de  la  section  est  de  92  membres,  en 
augmentation  de  7  sur  l'exercice  pröe^dent.  Les 
s^ances  ont  eu  lieu  reguli^rement  le  premier  mardi 
de  chaque  mois  et  ont  et6  remplies  par  des  recits 
de  courses  et  ascensions ,  des  relations  de  voyage  ou 
d'autres  Communications. 

Les  courses  de  section  executees  sont  au  nombre 
de  trois:  Chasseron,  Mont-Aubert  et  le  Buet.  Toutes 
ont  tr^s-bien  reussi  avec  un  nombre  r^jouissant  de 
participants.  Les  trois  autres  courses  pr^vues  par  le 


Chronik,  583 

Programme  sont  litt^ralement  tomb^es  dans  Teau^ 
l'une  au  printemps,  les  autres  en  automne. 

La  li-ste  de»  courses  individuelles  a  parn  dans 
l'Eeho  des  Alpe»  (N<»  4,  1885),  inutile  de  la  faire 
Igarer  ici«  Deux  ascensions  toutefois  m^ritent  üne 
mention  speciale.  La  troisieme  du  Tour  noir,  et  la 
pren^iere  du  Darrey  (3535"*) ,  toue  deux  dans  le 
^assif  du  Monlblane,  ex^cut^es  par  M.  L.  Kurz,  qni 
«  en  eutre  fait  le  premier  passage  du  Col  de  Plane- 
reus*e. 

La  seetian  ^tait  repr^sent^e  par  7  membres  ä  la 
fgte  de  Villars. 

Le  local  de  la  seetion  se  trouve  Hotel  Du  Peyrou, 
1^  6tage,  au-deesus  du  Cercle  du  Mus^e. 

XVIII.  St.  Gallen.  Seetion  St.  Gallen.  Vorstand : 
Ehrenpräsident :  Dr.  Fr.  v.  Tschudy ;  Präsident : 
Theopbil  Borel ;  Vieepräsident :  C.  W.  Stein ;  Cassier : 
€.  W.  Keller;  Bibliothekar:  Robert  Schieß;  Actuar: 
J.  Farrer. 

Ende  1885  betrug  die  Mitgliederzahl  117.  Aus- 
getreten sind  8  Mitglieder  (3  ausgetreten,  5  ge- 
storben); eingetreten  sind  11  Mitglieder. 

Jeden  letzten  Freitag  des  Monats  hielt  die  See- 
tion ihre  Sitzung  ab ;  an  den  übrigen  Freitagen  fanden 
freiwillige  Zusainmenkünfte  im  Clubiocale  statt. 

In  Anerkennung  seiner  bedeutenden  clubistisehen 
Verdienste  wurde  Hr.  J.  J.  Weilenmann  zum  Ehren- 
mitglied der  Seetion  ernannt. 

Vorträge  wurden  gehalten  von  den  HH.  Arnold; 
a)  über  Meteorologie;  b)  Sectionstour  auf  den  Haus- 
stock; Borel:  Besteigung  des  Riffler;  Haase:  Bestei- 
gung des  Piz  Morteratsch ;  Sand-Frank :  a)  Tour  auf 
den  Hochergel;  b)  Besteigung  von  Sulzfluh  und  Aug- 
stenberg;   e)  14tägige  Tour  im  AUgäu  und  Tyrol. 

An  den  von  der  Seetion  Säntis  veranstalteten,  in 
ümäsch  abgehaltenen  Ftihrerkurs  wurden  ein  Beitrag 


584  Chronik. 

von  Fr.  75  und  10  Gratisexemplare  unseres  Säntis- 
panoramas  gespendet. 

In  der  Erfüllung  unserer  Verpflichtungen  puncto 
Dossenhornhütte  wurden  wir  auch  dies  Jahr  in  ver- 
dankenswerthester  Weise  von  Hrn.  Pfarrer  Baum- 
gartner  in  Brienz  unterstützt.  Die  Frage  der  Ein- 
bürgerung von  Murmelthieren  in  das  Säntisgebiet  ist 
nun  soweit  gefördert,  daß  mit  passender  Jahreszeit 
mit  der  Versetzung  der  Thiere  begonnen  werden 
kann. 

Sectionsausflüge  wurden  ausgeführt :  Januar :  Spa- 
ziergang nach  Teufen ;  April :  Rorschacherberg ;  Jnni  r 
Urnäsch -Kronberg- Appenzell  ;  ferner  :  Weißbad-Fäh- 
lensee-Saxerlücke  (Fortsetzung  über  die  Roslen  nach 
Wildhaus  konnte  wegen  ungünstiger  Witterung  leider 
auch  dies  Jahr  nicht  ausgeführt  werden) ;  Juli :  Haus- 
stock; August:  Glannenkopf  (Alviergruppe) ;  ferner: 
Damentour  auf  den  Irchel;  September:  Säntis;  Oc- 
tober:  Gäbris-St.  Antoni-Au. 

Von  Einzeltouren  gelangten  zu  unserer  Kenntniß: 
Arnold:  Hausstock.  Beyer:  Scesaplana,  Üri-Roth- 
stock.  Borel:  Drei  Schwestern,  Riffler,  Schafbuefi- 
joch,  Presanella  (-Cima  Nardis),  Bocca  di  Brenta,  Cima 
Tosa,  Cima  Brenta  alta,  Leipzigerhütte  am  Mandron, 
Presenapaß,  Val  di  Sole  und  Val  di  Non.  Grauei'- 
Frey :  Von  Wengernalp  über  Guggigletscher,  Schnee- 
hom,  Silbergrat  auf  die  Jungfrauspitze;  über  Bergli- 
hütte  nach  Grindel wald.  Dr.  med.  Gruhenmann  und 
Bodenmann:  Erste  1885er  Jungfraubesteigung  am 
26.  und  27.  Juni  bei  noch  ungünstigen  Eis-  und 
Schneeverhältnissen.  Von  Grindelwald  über  Mönchs- 
joch zur  Spitze  5  Abstieg  über  Concordiahütte-Aletscb- 
gletscher-Eggischhorn-Fiesch  (Wallis).  Hämmerle : 
Gypsberg,  Fundelkopf,  Calanda,  Parseierspitze,  Riffler, 
Mädelegabel,  Mörzelspitze,  Hohe  Freschen,  Faselfad- 
spitze, Marmolata,  Anteiao,  Monte  piano,  Monte  Cri- 
stallo,  Schwarzenstein.  E.  Kuhn :  Piz  Kesch,  Bemina 


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Chronik.  585 

(von  Boval  aus  über  das  Labyrinth).  K,  Kuhn: 
Ringelspitze.  Mettler  -  Wolf:  Von  Ried  Über  die 
LötsehenlUcke  und  über  den  großen  Aletschgletscher 
nach  dem  Eggischhom.  Von  Mattmark  Über  das  Weiß- 
thor, bei  der  Cima  di  Jazz!  vorbei  nach  dem  Riffel- 
hotel. Purtscheller:  1)  Ewigen  Schnee-Gebirge:  Tag- 
weide. 2)  Tschirgant.  3)  Lechthaler  Alpen,  Hinterer 
Platteinkopf,  neu.  4)  Dachsteingruppe:  Hohe  Rams- 
spitze, Scheichenspitze.  5)  Dachsteingebirge :  Eselstein^ 
Sinabell.  6)  Ewigen  Schnee  -  Gebirge :  Eibleck,  Floß- 
kogel,  Hochkönig.  7)  Hagengebirge :  Hochgeschirr 
8)  Niedere  Tauern,  neu:  Gamskarlspitze,  Wildkogel^ 
Stierlahner,  Wildkarhöhe.  Dachsteingruppe:  9)  Groß- 
wand. 10)  Rettenstein.  11)  Großer  Koppenkarstein^ 
Kleiner  Koppenkarstein,  Südliches  Dirndl.  12)  Hoher 
Gjaidstein ,  Htihnerkogel.  Berchtesgadener  Alpen : 
13)  Südliche  Watzmannsspitze ,  Mittlere  Watzmanns- 
spitze.  14)  Hochkalter,  Blaueisspitze  neu.  Radstädter 
Tauern:  15)  Seekarspitze.  16)  Speiereck,  Schareck^ 
Glocknergruppe:  17)  Sinnewelleck ,  Fuscherkarkopf. 
18)  Rächerin, Wasserradkogel,  neu;  Spielmann, Kloben^ 
Brennkogel.  19)  Ankogel.  Gasteiner  Alpen :  20)  Kreuz- 
eck, Radhausberg.  Dauphine-Alpen :  21)  Aiguille 
d'Arve  du  Nord,  dito  Central.  22)  Pic  de  Gol6on. 
23)  Grande  Aiguille.  24)  Aiguille  du  Plat.  25)  Tete 
de  la  Maye,  Tete  de  TOr,  Tgte  du  Roujet.  26)  Bee 
de  rhomme.  27)  Pic  Central  de  la  Meije,  Pic  Occi- 
dental. 28)  Grande  Ruine.  29)  Barre  des  Ecrins. 
30)  Pelvoux  (Schneegipfel,  Pyramidengipfel.  Grajische 
Alpen:  31)  Monte  Viso.  32)  Grand  Paradis.  33)'Punta 
del  Pousset.    34)  Grivola.    Kalkkögel  bei  Innsbruck: 

35)  Ampferstein,  Marchreißenspitze.  Karwendelgebirge: 

36)  Hafelekor,  Gleirspitze,  Mannlspitze,  Gleirschthaler 
Brandjoch.  37)  Glocknergnippe :  Todenköpfl,  neu. 
38)  Granatkogelgruppe :  Granatspitze.  39)  Berchtes- 
gadener Alpen:  Hocheisspitze.  40)  Birnhorngruppe : 
Großes    Dreizinthorn ,    neu.     41)    Karwendelgebirge: 


586  Chronik. 

Taarerjoch.  Die  Touren  1  —  8  und  4X  sind  Winter- 
tonren.  Reksteiner :  Hochvogel.  Sand-Frank :  Hoch- 
vogel, Widderstein,  Mädelegabel.  Sautner:  Einige 
Touren  in  der  Kosengartengruppe  mit  erster  Besteigung 
4er  Grafleitenspitze.  Langkofel  mit  neuem  Aufstieg. 
Mesulus  in  der  Sellagruppe.  Zwei  neue  Besteigungen 
in  der  Gaislergruppe.  (Alle  Touren  ohne  Führer.) 
Schelling :  Hausstock.  Schulz:  Eibleck,  Hochkönig, 
Floßkogel^  Untersberg,  nördliche  und  südliche  Aiguiile 
d^Arve,  Pic  Gol6on,  Grande  Ruine,  Breche  Charri^re, 
Aiguiile  du  Plat,  T^te  de  la  Maye,  Barre  des  Ecrins, 
Pelvoux,  Monte  Viso,  Grand  Paradis,  Grivola,  Pnnta 
del  Ponsset  (oaeist  ohne  Führer).  Seiler:  Hausstock. 
Studer^Lenz:  Blümlisalphom.  Volland:  Calanda, 
Zimbaspitze,  Faselfathspitze,  erste  Ersteigung ;  Riffler, 
Parseierspitze,  Vedretta  marmolata,  Monte  Anteiao, 
Monte  Cristallo,  Schwarzenstein.  Wiesner:  Ortler- 
gruppe: Hintere  Schöntaufspitze,  Ortler,  Cevedale. 

XIX.  St.  Gallen.  Section  Alvier.  Präsident:  J.  Roh- 
rer ,  Oberstlieutenant ,  Buchs ;  Cassier :  U.  Rohrer, 
Bankverwalter,  Buchs;  Actuar:  J.  A.  Rohrer,  Real- 
lehrer, Buchs;  Beisitzer:  M.  Bächtold,  Bezirksförster, 
Ragaz;  R.  Rietmann,  Bezirksförster,  Buchs. 

Die  erste  Hauptversammlung  fand  im  Juni  statt. 
Die  zweite  konnte  eingetretener  Umstände  halber  im 
Dezember,  nicht  wie  sonst  üblich,  abgehalten  werden. 

Es  wurden  zwei  Bergtouren  bestimmt  und  auch 
von  mehreren  Clubgenossen  ausgeführt.  1)  Plauen- 
kopf-Faulfirst-Alvier-Mels;  2)  Mels-Weißtannen-Heidd- 
Vättis-Ragaz. 

Die  Clubhütte  der  Section  (auf  dem  Alvier)  wurde 
einer  einläßlichen  Prüfung  unterstellt.  Alles  über  den 
Winter  schadhaft  Gewordene  wurde  wieder  reparirt; 
ebenso  die  Zugangswege.  Der  Alvier  erfreute  sich 
einer  ziemlich  großen  Frequenz. 

Comitesitzungen  wurden  fünf  gehalten. 


Chronik,  587 

XX.  St.  Gallen.    Section  Toggenbarg. 

Auf  das  Prädicat  großer  Thätigkeit  können  wir 
auch  1885,  wie  die  frühem  Jahre,  keinen  An- 
spruch machen.  Einzig  dem  Unterhalt  des  Weges 
auf  den  Säntis,  Nordseite,  und  der  Clubhütte  auf 
Thierwies  widmen  wir  stets  Zeit  und  Geld,  was  bei 
unserer  kleinen  Mitgliederzahl  von  16  wohl  eine 
Leistung  genannt  werden  darf.  Dieses  Jahr  steht  uns 
eine  neue  Bedachung  der  Hütte  mit  Erweiterung  des 
Schlafraumes  bevor,  doch  hoffen  wir  mit  der  Beihülfe 
der  Nachbarsection  Säntis  und  des  Centralcomit^  das 
noch  ausführen  zu  können. 

Am  Clubfest  im  Canton  Waadt  war  unsere  Section 
nicht  vertreten. 

Es  fand  nur  eine  Sectionsversammlung  und  ein 
gemeinschaftlicher  Ausflug  statt. 

Die  Commission  besteht  unverändert,  wie  sie  im 
neuen  Mitglieder verzeichniß  aufgeführt  ist,  und  ebenso 
die  Zahl  und  die  Namen  der  Mitglieder.  Eine  Ver- 
mehrung der  Mitgliederzahl  streben  wir  umsonst  an. 
Gegenwärtig  haben  Milchwirthschaft ,  Stickerei  und 
Weberei  schlechte  Zeit,  Fremdenverkehr  haben  wir 
keinen  und  der  Vereine  sind  allenthalben  ohnehin 
schon  zu  viel. 

XXI.  Schwyz.  Section  Mythen.  Präsident:  Josef 
Bettschart,  Ingenieur;  Cassier:  Theodor  Schuler,  Quar- 
tiermeister; Actuar:  Jos.  Stutzer,  Apotheker. 

28  Mitglieder.     6  Versammlungen. 

Die  früher  unter  der  Protection  der  Section 
stehende  Mythenhütte  brannte  den  3.  August  gänzlich 
nieder.  Im  Interesse  einer  bessern  und  billigen  Ver- 
pflegung der  Touristen  entschloß  sich  die  Section, 
die  Hütte  selbst  wieder  aufzubauen,  ebenso  den  alten 
Mythenweg  zu  verbessern  und  im  obern  Theil  neu 
zu  erstellen  und  so  den  Berg  auch  für  Wintertouren 
offen  zu   halten.     Die  hiefür   nöthigen  Gelder   sollen 


588  Chronik, 

theils  durch  freiwillige  Beiträge  der  Central-  und 
Sectionscassen,  theils  durch  Actien  beschafft  werden. 
Den  Wirthschaftsbetrieb  in  der  neuen  Hütte  besorgt 
ein  Pächter,  dem  die  Section  Preise  und  Qualität  der 
Verpflegungsgegenstände  bestimmt.  Die  Controle  übt 
eine  Htittencommission,  welche  allfallige  Klagen  direct 
oder  vermittelst  des  in  der  Hütte  aufliegenden  Be- 
schwerdebuches regelt. 

Der  Frühlingsausflug  der  Section  auf  die  Seelis- 
berger  Kulm  oder  Niederbauen  war  vom  herrlichsten 
Wetter  begünstigt. 

Im  speciellen  Excursionsgebiet  der  Section  pro 
1884  86  in  den  Riemenstaldenbergen  (vom  Achslen 
bis  Rophaien)  wurde  die  nördliche  Spitze  des  Blum- 
berges (2376™)  zum  ersten  Mal  vom  Sectionspräsi- 
denten  bestiegen.  Punkt  2440  (Schnurstock)  erreicht« 
ein  Mitglied  der  Section  Pilatus. 

Freie  Fahrten  wurden  ausgeführt:  Drusberg  im 
Iberg:  AnLBürgi;  Titlis,  Trift  und  Rhonegletscher: 
G.  und  F.  Fsißhind,  v.  Weber;  vom  Genfer-  zum 
Vierwaldstättersee  über  Aigle,  Villars,  Chamossaire, 
Col  de  Pillon,  G steig,  Chrinnen,  Lauenen,  Trütlispaß, 
Lenk  ,  Hahnenmoos ,  Adelboden ,  Interlaken  ,  Brünig, 
Alpnach:  Bettschart,  Schuler ,   Theiler,  t).  Weher, 

Winterfahrten:  Uri- Rothstock ,  28.  Dezember: 
J.  Bettschart. 

Das  Clubfest  in  Villars-sur-Ollon  besuchten  vier 
Mitglieder. 

XXII.  Unterwaiden.  Section  Titlis.  Die  Section 
Titlis  zählt  gegenwärtig  24  Mitglieder  und  hat  Aus- 
sicht, in  nächster  Zeit  wieder  ein  paar  sehr  tüchtige 
und  erprobte  Kräfte  für  den  Verein  zu  gewinnen. 

Die  Section  hielt  im  Jahre  1885  blos  zwei  Ver- 
sammlungen ab,  nämlich  eine  Hauptversammlung  im 
Januar  im  Hotel  „Pilatus"  in  Alpnach  tind  eine  solche 
am  16.  August  im  Hotel  zum  „Engel"  in  Stans. 


Chronik.  589 

Nebst  Wahlen  in  den  Vorstand,  Bestimmung  der 
Delegirten  an  die  Jahresfeste  des  Schweiz.  Alpenclubs 
und  Aufnahme  neuer  Mitglieder,  wurde  in  den  beiden 
Versammlungen  viel  für  die  Förderung  und  das  Ge- 
deihen des  Club  Wesens  sehr  Einflußreiches  und  Er- 
sprießliches beschlossen. 

Unser  Mitglied,  Hr.  Xav.  Imfeid,  überließ  der 
Sectionsbibliothek  eine  werthvoUe  Sammlung  seiner 
Panoramen. 

Am  Clubfeste  in  Altdorf  betheiligten  sich  neun 
Mitglieder,  wovon  fünf  nach  Beendigung  des  Festes 
den  Marsch  über  das  Isenthal  nach  dem  Rothgrätli 
antraten,  um  über  diesen  Paß  zur  Einweihung  der 
Plankenalp -Club hütte  zu  gelangen,  ein  Plan,  der  durch 
schlechtes  Wetter  vereitelt  wurde. 

Neu  in  die  Section  aufgenommen  wurden  sechs 
Mitglieder. 

Mit  Herrn  Cattani  „zum  Titlis"  in  Engelberg 
wurde  ein  Vertrag  zu  Stande  gebracht,  gemäß  wel- 
chem derselbe  gegen  Anhandnahme  des  Betrages  aus 
'der  Centralcasse  (Fr.  800)  zur  Aufstellung  und  zum 
fortwährenden  Unterhalt  der  Clubhtitte  auf  der  Planken- 
alp  verpflichtet  wurde.  Der  Vertrag  muß  als  Ser- 
vitut des  Hotel  Titlis  in  Engelberg  bei  Handände- 
rungen grundbuchlich  protokoUirt  werden. 

Es  wurde  auch  die  Aufstellung  eines  gemeinsamen 
Ftihrerreglementes  beschlossen  und  diesfalls  ein  Mit- 
glied der  Section  mit  der  Sammlung  des  Materials 
betraut. 

Im  September  unternahm  die  Section  eine  Be- 
.öteigung  des  Uri-Rothstockes  von  der  Engelberger- 
seite  auf. 

Einzeltouren:  Säntis  über  den  Klausenpaß:  Hr. 
Hptm.  Odermatt,  Buochs ;  Rothgrätli :  Hr.  Fürsprecher 
JM[.  Lussi;  Wallenstöcke  und  Kaiserstöck:  Der  Obige; 
Titlis:  Mehrere;  Spannörter:  Dito. 

Als  Präsident  für  des  Jahr  1885    wurde   an   die 


590  Chronik, 

Stelle  des  Herrn  Dr.  £ttlin  gewählt :  Herr  Ed.  Cattani, 
Oberrichter,  zum  Titlis  in  Engelberg ;  als  Cassier  be- 
stätigt: Herr  Oberstl.  Blättler  und  als  Aktuar  gewählt: 
Herr  Advocat  Lussi,  Stans. 

XXIII.  Uri.  Section  Gotthard.  Vorstand:  Präsi- 
dent: W.  V,  Röder,  Betriebsinspector  der  G.-B.,  Alt- 
dorf; Actuar:  A.  Brunner,  Bahningenieur  der  G.-B.^ 
Erstfeld ;  Cassier :  A.  Villiger,  zum  Schlüssel,  Altdorf. 

Auf  Ende  1885  zählte  die  Sektion  46  Mitglieder, 
wovon  neun  in  anderen  Kantonen  und  fünf  im  Aus- 
lände wohnten.  Eingetreten  sind  acht,  ausgetreten 
ein  Mitglied.  Die  Section  wurde  zu  drei  ordentlichen 
und  einer  außerordentlichen  Sitzung  zusammenberufeB. 
Das  Clubfest  wurde  nur  vom  Seotionsdelegirten  besucht. 

Ein  Sectionsansflug  nach  Andermatt,  Fellilücke, 
Amsteg  wurde  von  drei  Mitgliedern  unternommen^ 
was  dem  unsicheren  Wetter  zuzuschreiben  war. 

Einzeltouren:  Apotheker  Htiber:  Unterschächen- 
Griesthal-Hoh-Faulen,  Ruchkehlenpaß,  UnterschädieR- 
Groß-Spitzen,  ünterschächen-LammeTbach-Hoch-  WeS' 
pen-Aesch;  Ingenieur  Meyer:  Nägeüsgrätli,  Galenstock; 
A.  Müller :  Roßstock,  Fellihorn,  Geißberg,  PUttistiege» 
Sittlisserhorn  •  Plattigrat  -  Hoh-Faulen ;  Seb.  Müüer : 
Muttenhorn,  Leckipaß-Leokihom;  W.  v.  Röder:  Schlofi- 
berglticke,  Mont  Avril,  Col  de  Fen^tre,  Theodulpaß^ 
Breithom,  Mattmark -Weißthor;  Walthcr  t.  Bohr: 
Titlis,  Finsteraarhora. 

XXIV.  Vatais.  Section  Monte-Rosa.  CoBipodtien  du 
Comit^:  President:  Ant.  de  Torrente;  vice-pr^sideBts: 
Jul.  Zen-Ruffinen,  Jos.  Seiler  et  G.  Lommel;  secr6taire: 
P.  de  Rivaz;  caissier:  Jos.  Ribordy;  bibliotii^cttre: 
Raph    Ritz. 

Ikirant  Tann^e  nous  avons  eu  21  aidnussioas,  six 
d^missions  et  deux  d6e^s.  Effectif  au  31  d^cembre 
1885:  103  membres. 


Chronik,  591 

Quatre  r^unions  statutaires  out  eu  lien  ä  Sion,  k 
Brigue  et  k  Montliey,  membres  presents  de  15  A  25 
en  moyenne. 

Tractanda:  Affaires  eourantes,  modifieations  ans: 
Statuts  de  la  section  essentiellement  pour  compl6ter 
les  articles  relatifs  k  la  bibliothöqae.  Commimicationa 
sur  des  sujets  ayant  trait  au  mouvement  des  glaciers^ 
4  l'hißtoire  du  Valais,  r6cits  de  courses  et  ascensions^ 
et  question  des  cabanes. 

Les  eabanes,  dont  Tentretien  est  k  la  eharge  de 
notre  section,  sont  les  suivantes: 

Stockje  fut  r6par6,  les  meubles  renouvel^s  et 
fait  de  nouveaux  achats.  Cette  cabane  se  troave- 
donc  en  etat  convenable,  mais  pas  encore  süffisant 
en  vue  de  son  importance.  A  mesnre  que  nos  res- 
sources  le  permettront,  tous  nos  soins  seront  port^» 
au  bon  entretien  des  eabanes. 

Concordia.  öräce  k  -l'attention  de  Mr.  Cathrein,. 
cette  cabane  a  re9U  une  batterie  de  cuisine  neuve,. 
des  couvertures  et  autres  objets  nöcessaires. 

Weißhom,  Seulement  le  strict  n6cessaire  y  a 
et6  execttt6,  cette  cabane  n'6tant  plus  solide  doit  $tre 
reconstruite  en  entier. 

Nous  esp^rons  r6aliser  ce  projet  en  1886  avec 
un  apport  de  la  caisse  centrale. 

La  bibliothöque  et  la  coUection  des  fragments 
de  röche  de  sommites  ne  re9oivent  pas  le  d6veloppe- 
ment  comme  jadis;  ce  retour  k  l'aneienne  participa- 
tion  plus  active  est  vivement  desirö. 

Courses  individuelles:  Mr.  Alexandre  Seiler: 
Dent  blanche,  Weißhorn,  Breithom  du  cöte  nord; 
Jul.  Zehn- Ruf finen:  Pigno  d'Arolla;  Ferd.  de  Roten: 
Diablerets,  Pigno  d'Arolla  et  Rosa  blanche;  Ant.  d© 
Torrente:  Monte  Leone,  Pigno  d'Arolla. 

Course  collective:  Les  clubistes  de  Monthey  par 
le  col  de  Chesery,  lac  Riond  et  vall6e  de  8t.-Jean 
d'Aulph  en  hiver. 


592  Chronik, 

A  la  r^union  generale  du  C.  A.  S.  a  Villars 
seulement  13  membres  ont  pu  prendre  part,  un  grand 
Bombre  se  trouvait  eii  Service  militaire  et  d^autres 
furent  empech^s  par  le  döc^s  d'un  collegue. 

XXV.Vaud.  Section  des  Diablerets.  Comite  en  1885: 
a)  Bureau.  President :  H.  de  Constant ;  Vice-president: 
E.  MercierServet;  Secretaire:  Dr.  E.  de  la  Harpe, 
puis  R.  Guisan;  Caissier:  A.  Barbey;  Bibliothecaire : 
W.  Cart.  b)  Delegu^s  de  la  sous-section  de  Jaman: 
J.  Guex  et  E.  Burnat. 

Changemeuts  pour  1886:  Vice-president:  E.  CoiTe- 
-von;  Secretaire:  F.  Feyler;  Caissier:  A.  van  Muyden; 
Bibliothecaire:  R.  Guisan. 

Du  1®'  janvier  au  31  decembre,  il  y  a  eu  vingt- 
.huit  admissions,  21  d^missions  et  2  d6ces.  Effectif 
^u  1®'  janvier  1886:  279  membres,  sauf  erreur. 

La  section  a  tenu  9  s6ances,  fr6quent6es  par  une 
moyenne  de  18  membres,  3  assemblees  gen^rales  et 
un  banquet.  Deux  sujets  de  topographie,  deux  de 
.g6ographie,  un  de  m6t6orologie,  un  de  physiologie 
«t  un  de  physique  ont  6te  traitös  dans  les  s^ances. 

La  circulation  des  ouvrages  de  la  biblioth^que 
^  6te  de  53  volumes  et  10  cartes  utilis^s  par  19 
^oci^taires. 

Les  membres  de  la  section  qui  ont  exerce  la  di- 
rection  centrale  ont  et6  frappes  de  la  defectuosite  du 
mode  suivant  lequel  est  faite  la  r6paii;ition  des  publi- 
cations  que  le  C.  0.  rcQoit  en  vertu  d'^cbanges,  depuis 
■que  la  bibliotheque  centrale  a  6t6  supprimee.  Ce  mode 
d6fectueux  rend  k  peu  pr^s  inutilisables  les  publi- 
cations  qui  sont  le  produit  des  Behanges.  Le  comite 
a  propos6  aux  sections  qui  ont  exerce  la  direetion 
•centrale  un  moyen  d'op6rer  la  r^partition  d'une  fa^on 
plus  rationnelle.    La  question  est  k  Texamen. 

Courses  collectives.    En  fevrier:  Pic  de  Chaussy, 
7    participants.     En   aoüt:    Col   d'H^rens   et  Tete- 


Chronik,  593 

Blanche,   Zermatt,   Gornergrat  et  Riffelhorn,   Augst- 
bordpass,  Pas-de-Boeuf  et  Bella  Tola,  9  participants. 

Ascensions  individuelles  marquantes.  Mr.  A.  Barbey 
{avec  Mr.  Kurz,  de  Neuchätel),  troisiöme  ascension  du 
Tour  Noir;  ascension  du  Dolent. 

Le  champ  d'excursion  a  6t6  visite  par  six  membres. 

La  cabane  d'Orny  a  donnö  asyle,  du  10  juillet 
au  19  septembre,  ä  26  groupes  de  voyageurs  com- 
prenant  70  touristes ,  dont  10  dames,  et  32  guides 
et  porteurs  et  ä  des  groupes  de  pfelerins  indigönes. 
La  section  a  decid6  la  reconstruction  de  la  cabane 
■du  Mountet  et  s'occupe  des  moyens  d'ex6cution. 

Les  6tudes  et  observations  individuelles  de  glaciers, 
mentionn^es  dans  les  chroniques  des  exercices  prece- 
dents,  ont  6te  continu6es. 

L'activitö  de  la  section  a  6t6  en  bonne  partie 
accaparöe  par  Torganisation  de  la  fete  centrale,  Or- 
ganisation compliqu^e  et  rendue  difficile  par  la  distance 
qui  s^parait  le  lieu  choisi  pour  la  fete  (Villars-sur- 
Ollon)  du  si6ge  de  la  section.  Un  beau  temps  provi- 
dentiel  a  procura  une  r^ussite  inespörße  ä  cette  entre- 
prise  un  peu  hazard^e. 

Sous-section  de  Jaman.  Comite  en  1885.  President: 
J.  Guex;  Vice-president :  A.Cu6nod;  Secr^taire:  E.Baer- 
Monnet;  Caissier:  F.Doge;  Biblioth6caire:  G.Maillard. 

Changements  pour  1886  Vice-president:  G.  Mail- 
iard ;  Secr^taire :  J.  Chavannes ;  Caissier :  F.  Loude ; 
Biblioth^caire :   F.  Doge. 

Effectif:  78  membres. 

Un  sujet  de  Philanthropie,  deux  de  litt^rature,  un 
de  physique  et  un  de  g6ographie  ont  6t6  trait6s  dans 
les   s^ances,  en  pr^sence  d'une  vingtaine  d'auditeurs. 

Deux  courses  collectives:  En  hiver  k  la  Dent  de 
Vaulion  et  au  Moleson  en  juin. 

Principales  courses  individuelles,  extraites  de  la 
liste  plus  compl^te  publice  dans  l'Echo  des  Alpes, 
no  4,   1885. 

38 


594  Chronik, 

MM.  A.  Barhey y  en  hiver:  Torrenthoni,  Buet;  en 
6t6:  Cols  du  Chardonnet  et  du  G6ant,  Tour  Noir 
(3™*  ascension),  Dolent.  J.  Weiß :  Matterhorn,  Weiß- 
thor, Adlerpass,  Mont-Rose.  C.  Schön:  Mönchsjoch^ 
Weissmies,  Alphubeljoch ,  Breithorn.  A.  Meebohi: 
Strahlegg,  Oberaarhorn,  Finsteraarhom.  H.  Vemet: 
Bec  d'Arguille  et  autres  ascensions  en  Dauphine. 
L.  de  Rham :  Mont-Avril,  Ruinette,  Combin.  P.  Jaunin : 
Galenstock,  Mont-Rose.  H.  de  Constant :  Cols  dTOrena 
(2  fois)  et  du  Trift,  Tgte-Blanche.  C.  de  la  Harpe 
(Mulhouse):  Weissmies,  Alphubel.  W.  CartetE.DiUoü.*^ 
GrUnhornlticke,  Oberaarjoch,  Titlis.  E.  de  la  Harpe: 
Aiguille  du  Tour.  E.  Court^  A.  Robert  et  L.  Hahn : 
Jungfrau.  L.  Forestier:  Grand  €ombin.  L.  Meyer: 
Breithorn.  Dr.  Neiß :  Titlis,  L.  de  Rameru:  Tonr 
Sali^re. 

XXVI.  Zug.  Section  Roßberg.  Präsident:  Th.Dänd- 
liker-Bär;  Actuar:  Gust.  Bossard ;  Cassier:  M.  Weber- 
Strebel.  Mitgliederzahl  am  31.  December  1885  23. 
Während  des  Jahres  ist  1  Mitglied  gestorben  und 
2  neu  eingetreten. 

Es  fanden  vier  Versammlungen  statt,  nebstdem 
ist  jeden  Dienstag  freie  Zusammenkunft  im  Clublocal 
(Falken). 

Sectionsausfliige  wurden  nach  dem  Zugerbei^,  Her- 
ben, Pilatus  und  Albis  -  Hochwacht  gemacht.  Die 
Theilnehmerzahl  wechselte  hiebei  von  6  bis  11  Mit- 
gliedern. Zum  Clubfest  in  Lausanne  wurde  der  ßections- 
präsident  abgeordnet. 

V  Einzeltouren :  von  Wetzstein^  Apotheker  in  Ghatel- 
St.  Denis :  Cape  de  Meine,  Rochers  de  Naye,  Alteis,  Wild* 
Strubel, Wildhorn,  Sanetschpaß,  Oldenhom;  Dr.  Arnold: 
Roßstock,  Göschenenalp,  Alpigerlücke,  Furka,  Rhone- 
gletscher, Eggischhorn,  Riffelberg,  Gomergrat,  Theo- 
dulpaß,  Breithorn;  /.  A/.  Weher-Strehel:  Göscheoen- 
alp,  AlpligenlUcke,  Furka,  Rhonegletscher,  Eggischhorn^ 


Ghromk,  595 

Riffelberg,  Gornergrat,  Cima  di  Jazzi;  Gustav  Bossard: 
Furka,  Rhonegletscher,  Eggischhorn,  Riflfelberg,  Gor- 
nergrat,  Cima  di  Jazzi ;  TJi.  Dändliker-Bär :  Roßstock; 
Joh.  Weiß:  Dossenhiitte ,  Wetterhorn;  Schweizer- 
ingold mit  Gemahlin :  Roßstock,  Dossenhtitte,  Wetter- 
horn ;  F.  H.  Feiher :  Dossenhiitte,  Wetterhorn ;  Carl 
Bossard :  Furka,  Rhonegletscher,  Eggischhorn,  Dossen- 
hiitte, Wetterhorn;  A,  Hürlimann,  Veterinär:  Kleine 
Windgelle;  Melch, Zimmermann :  Roßstock ;  J. Bind- 
schädler:  Roßstock. 

XXVII.  Zürich.  SectionUto.  Präsident:  F.  H.  Fäsy; 
Vicepräsident :  Dr.  Egli-Sinclair ;  Secretär:  Pfarrer 
Lavater,  Redactor  der  Schweizer  Alpenzeitung;  Gassi  er: 
Major  Fritz  Oederlin;  Bibliothekar:  Robert  Büehi; 
Beisitzer :  Dr.  August  Stadler ,  Prof.  Dr.  C.  Schröter, 
Alb.  Huber. 

Die  Mitgliederzahl  betrug  am  31.  December  1884 
317,  am  gleichen  Tage  1885  359.  i) 

Die  Zusammenkünfte  finden  im  Winter  im  Zunft- 
hause zur  „Meise",  zwei  Mal  monatlich ,  mit  jedes- 
maligem Vortrag,  statt,  wobei  sich  durchschnittlich 
80 — 100  Mann  einfinden;  nach  der  letzten  Sitzung 
des  Wintersemesters,  im  April,  wird  ein  gemeinsames 
Nachtessen  servirt.  Im  Sommer  trifft  man  sich  monat- 
lich ein  Mal  an  einem  Punkte  des  Ztirichbergs  oder 
auf  dem  Uetliberg,  außerdem  besteht  ein  Rendez-vous 
in  der  „blauen  Fahne"  für  alle  Freitage ;  diese  Neue- 
rung ist  eingeführt  worden,  um  den  Mitgliedern  Ge- 
legenheit zur  Verabredung  gemeinsamer  Excursionen 
und  zur  Besprechung  clubistischer  Angelegenheiten 
außerhalb  der  officiellen  Sitzungen  zu  geben.  Auch 
sollen  Clubgenossen   anderer  Sectionen,   die  sich  zu- 


*)  Im  letztjährigen  Jahrbuch  ist  ein  Druckfehler  stehen 
g-eblieben :  Am  31.  December  1883  betrug  nämlich  die  Mit- 
glieder zahl  nicht  370,  sondern  320. 


596  Chronik, 

fällig   hier   aufhalten,   bei   diesem  Rendez-vous  will- 
kommen sein. 

Seit  dem  1.  Januar  dieses  Jahres  wurden  folgende 
Vorträge  gehalten,  von  den  Herren:  Prof.  Dr.  Gerold 
Meyer  von  Knonau :  Geschichtliches  aus  dem  Wallis, 
besonders  über  das  Lötschenthal ;  Herm.  Lavater- 
Wegmann :  Aus  dem  Quellengebiete  des  Rheins; 
Fridolin  Becker,  Ingenieur:  Octobertage  am  Wild- 
strubel ;  Prof.  Dr.  Albert  Heim :  lieber  Bergschuhe ; 
Dr.  Asper:  lieber  die  Möglichkeit,  hochalpine  Seen 
mit  Fischen  zu  bevölkern;  Pfarrer  Studer:  Deutsche 
Sprach  Verschiebungen  in  den  Alpen;  Hans  Frick: 
Hochgebirgstouren ;  Rudolf  Walder:  Besteigung  des 
Popokatepetl ;  Friedrich  Schultheß:  Geschichtliches 
vom  Kinzigkulm;  R.  Zuan-Salis:  Einiges  über  die 
Karpathen ;  Ingenieur  S.  Simon :  „Zwei  Monate  ver- 
wildert"; H.Ernst-Ott:  Erinnerungen  vom  Hasleberg; 
Alfred  Hurter :  Führerlose  Hochgebirgstouren  im 
Sommer  1885. 

Am  1.  Juli  wurde  das  Grabmal  des  seligen  Herrn 
Prof.  Dr.  A.  E.  Biedermann  eingeweiht ,  welches  ihm 
von  Docenten  der  Hochschule,  frühern  Schülern  und 
Verehrern  gewidmet  ist ;  eine  Anzahl  Sectionsmitglieder 
bethätigten  sich  an  diesem  Werke  zu  Ehren  unseres 
ehemaligen,  mehrjährigen  Sectionspräsidenten.  Bei  der 
einfachen,  würdigen  Todtenfeier,  an  welcher  die  Herren 
Docenten,  eine  Anzahl  Studenten  und  viele  Freunde  theil- 
nahmen,  widmeten  unter  Anderm  der  Centralpräsident 
Herr  Regierungspräsident  J.  E.  Grob  und  der  Sections- 
präsident  dem  Verewigten  Worte  der  Erinnerung.  Zu 
Ehren  seines  Andenkens  unter  uns  ist  auch  sein  letzter 
freier  Vortrag  (Winter  1883):  „Erinnerungen  an  eine 
jugendliche  Welschlandfahrt"  durch  Herm  Professor 
Dr.  Gerold  Meyer  von  Knonau  mit  möglichst  genauer 
Innehaltung  des  Tenors,  welcher  B.-s  Vorträge  kenn- 
zeichnete, reconstruirt  und  durch  die  S.  A.  Z.  bekannt 
gegeben  worden. 


Chronik.  597 

Unsere  Bibliotliek  ist  soeben  neu  katalogisirt  wor- 
den, sie  mehrt  sich  beständig  und  wird  öfters  benutzt. 

Die  Clubhütten  am  Spannort  und  am  Urirothstock, 
welche  von  der  Tit.  Section  Titlis  unterhalten  werden, 
befinden  sich  in  gutem  Zustande.  An  der  neugebauten 
GlärnischhUtte  betheiligte  sich  die  Section  mit  einem 
Beitrag  von  Fr.  400 ;  dem  Hülferuf  der  Section  Vicenza 
des  C.  A.  I.  für  die  durch  Lawinen  beschädigten 
italienischen  Alpenthäler  antworteten  wir  mit  einer 
Gabe  von  Fr.  100;  den  gleichen  Betrag  votirte  die 
Section  für  das  vom  C.  A.  F.  und  Genf  projectirte 
Denkmal  für  H.-B.  de  Saussure. 

Der  erste  Ausflug  der  Section  ging  am  4.  Januar 
beim  prächtigsten  Winterwetter  auf  den  Bachtel,  wo 
eine  Zusammenkunft  mit  der  Section  Bachtel  zu  beid- 
seitiger Freude  stattfand.  Betheiligung  20  Mann  der 
Section  Uto  und  mindestens  ebenso  Viele  der  Section 
Bachtel. 

Am  zweiten  Ausflug,  3.  Mai,  auf  den  Lindenberg 
betheiligten  sich  nur  drei  Herren,  da  das  Wetter 
zweifelhaft  war. 

Dagegen  ward  die  Excursion  an  Pfingsten  auf  den 
Napf  im  Emmenthal  bei  gutem  Wetter  von  20  Mann 
benutzt. 

Die  vierte  projectirte  Excursion  auf  das  Bock- 
mattli,  zwischen  dem  Linth-  und  dem  Wäggithal,  wurde 
trotz  schlechten  Wetters  versucht,  aber  vom  Berggeist 
mit  Regen,    Schnee,   Hagel  und  Sturm  abgeschlagen. 

Dafür  gelang  die  Hochgebirgstour  am  18.  und 
19.  Juli,  allerdings  bei  wechselnder  Witterung,  aber 
brillantem  Esprit  de  Corps;  die  Stationen  derselben 
waren  Linththal,  Brächalp,  Bärentritt,  Furkel,  Glatten- 
see,  Bisithal,  Muottathal.  An  derselben  nahmen  Theil 
die  Herren:  Dr.  Egli  -  Sinclair ,  Director  ZoUinger, 
Schoch-Bodmer,  M.  Uhl,  Arnold  Escher,  Emil  Huber, 
Rob.  Büchi,  Reutlinger,  Sulzer-Ernst,  Arnold-Ernst, 
L.  Klaye,  F.  H.  Fäsy:  12  Mann. 


598  Chronik. 

Einzelfahrten:  Ingenieur  Jos.  jKppicr :  Vesuv;  Wilh. 
Schwamhorn  mit  Herrn.  Waldihausen:  Eiger,  Wetter- 
horn,  Lauteraarjoch,  Finsteraarhorn,  Matterhom,  Adler- 
paß, Strahlhorn;  Carl  Seelig:  15.  März  Leistkamm, 
im  Mai  Scheere  und  Rautispitz,  Piz  Meilen,  Alvier, 
vorderer  Mürtschenstock,  Vrenelisgärtli ,  Klein-  und 
Oroß-Spannort,  in  zwei  Tagen  Bristenstock  und  große 
Windgellen,  am  20. — 22.  Sept.:  Hoher  Thurm-Zeinen- 
Furkel-Bächistock-Ruchen-Glärnisch ;  Heinrich  Schult- 
heß :  ürirothstock ;  Fritz  Steiner:  Bristenstock  und 
Finsteraarhorn;  C.  Baumann-Ziirrer :  Piz  Tmnbif; 
Prof.  R  Seyerlen,  in  Tirol :  Dürrenstein,  Drei  Zinnen, 
Tofana,  Marmolata,  Cima  di  Fradusta,  Cavalazza, 
Rosettagipfel,  Colbricongipfel,  Nuvolan,  große  Mösele- 
spitze,  Röthspitze;  Pfarrer  Mende:  Scopi,  Badus, 
Napf  (von  Hedingen  aus  in  18  Stunden);  Kern-AttiU' 
ger:  Pas  de  Cheville,  Eggischhorn,  großer  Aletsch- 
gletscher,  Sparrhorn,  Alvier,  Sulzfluh,  Schollberg, 
Mädriserhorn ,  Ktihnihorn;  Professor  Dr.  W.  Grö 6  ?i: 
Calanda,  Piz  Linard,  Verstanklahorn,  Ortler,  König- 
spitze, Weißhorn,  Täschhom;  und  führerlos:  Mageren, 
Mürtschenstock,  Piz  Sol,  Aroser  Erzhorn,  Sandhubel, 
Piz  ümbrail,  Btitzistock;  Friedrich  Schultheß:  Roß- 
stock; H.  Müller:  Piz  Corvatsch,  Piz  Julier,  Diavo- 
lezza;  Otto  v.  P fister:  Hochleitenspitze,  Ortler,  Piz 
Ot,  Piz  Morteratsch,  Parseyerspitze,  Zugspitze ;  Franz 
Schweizer  mit  Max  Schneeli:  Schmadrijoch,  Beichgrat 
und  Groß-Nesthom ;  Derselbe  mit  J.  M.  ühl :  Pas  de 
Chfevre,  Cols  de  Seillon,  du  Montrouge,  Grand  Combin, 
Grand  Paradis  über  Becca  di  Montadeni ;  endlich  mit 
drei  Damen  auf  Piz  Rusein;  Otto  Zollinger:  Schia- 
hom ;  Stabsmajor  F.  Conradin :  Rawylpaß,  Petit  Col 
de  Ferret ;  Emil  Huher  mit  Gebrüder  Frick :  5.  April, 
Rädertenstock,  6.  April,  Mützenstein,  19.  und  20.  April, 
Groß-Mythe  und  Schloßberglücke,  Oberalpstock,  Piz 
Zervreila,  Tambohorn,  Piz  Julier  (Abstieg  über  die 
Scharte),  alles  ohne  Führer,  mit  Führer:  Piz  Medel; 


Chronik.  599 

Ingenieur  S.  Simon:  Aufnahmen  im  Aletschgebiet ; 
Hermann  Lavatert  von  Tschamutt  aus:  Badus,  Rund- 
tour in  einem  Tag  durch  Val  Cornera  und  Val  Nalps 
über  Piz  Blas,  Crispalt ;  Theodor  Göhrs  in  Straßburg : 
Ool  du  bonhomme,  Col  und  Pic  de  la  Vanoise; 
Dr.  G.  Finsler,  zusammen  mit  Rector  WirZy  Section 
Aarau :  Tambohorn ;  Ingenieur  R.  Moser :  Maienfelder 
Furka,  Aroser  Rothhorn,  Diavolezza ;  C.  Steiner :  Piz 
Linard,  Maienfelder  Furka,  Aroser  Weiß-  und  Roth- 
horn ;  C.  W.  Schlüpfer :  Groß-Spannort,  ohne  Führer, 
Storegg  und  Juchlipaß ;  Alfred  Hurter  mit  Hans  Frick : 
ohne  Führer:  Calanda,  mit  Sulzer-Ernst  und  Hans 
Frick:  ohne  Führer:  Galenstock,  Petersgrat,  Wild- 
horn;  Blümiisalphorn,  zusammen  mit  Herrn  Studer, 
Section  St.  Gallen ;  Sulzer-Etmst  zusammen  mit  Hans 
Frick:  Ywerberpaß  und  Leckihorn;  Walther  Treichler 
und  Hagenbuch:  Roththalsattel-Mönchjoch  (vom  Wetter 
abgeschlagene  Jungfraupartie),  Eiger;  Hans  Stünzi: 
Wetterhorn,  Jungfrau;  August  Näf:  Ruchen-Glärnisch, 
Urirothstock,  Klein -Spannort,  Altmann,  „  Freiheit '^  am 
Hundstein ;  Hans  Vogel :  Urirothstock,  Piz  Morteratsch ; 
Professor  W.  Ritter :  Beichgrat ,  Wildstrubel ;  Prof. 
Dr.  Alb.  Heim :  Tödi ;  geologische  Excursionen  mit 
Schülern  und  Fachgenossen  im  Tödigebiet,  am  Foo-, 
Segnes-,  Panixerpaß,  Silberen  etc.;  F.  H.  Fäsy:  Pointe 
de  la  Mossetta,  Dent  du  Midi;  Rudolf  Ganz  und 
Carl  Ott:  Wildstrubel. 

Am  Clubfest  nahmen  18  Mitglieder  Theil,  6  davon 
waren  zusammen  über  Freiburg,  die  Gruy^re  und  die 
waadtländischen  Alpen  nach  Villars  gezogen;  man 
weiß,  welch'  nasse  Tage  dem  wunderschönen  Feste 
am  Fuße  des  Grand  Muveran  vorangingen 

XXVIII.  Zürich.  Section  Bachtel.  Der  Vorstand 
besteht  aus  den  Herren:  Sekundarlehrer Beglinger  in 
Wetzikon,  Präsident;  W.  Weber-Honegger,  Kaufmann 
in  Rüti ,    Vicepräsident ;    C.  Bindschedler ,  Kaufmann 


600  Chramk. 

in  Sehirmensee,  Qnästor;  Fr.  Lehmann,  Redaktor  in 
Hinweil,  Actnar;  C.  Rüegg,  Secnndarlehrer  in  ßüti,. 
Bibliothekar. 

Während  des  Berichtjahres  fanden  acht  meistens- 
ziemlieh  zahlreich  besuchte  Sitzungen  statt,  in  welchen 
folgende  Vorträge  abgehalten  wurden :  Hr.  Bertschinger : 
Die  gemeinsame  Excursion  auf  den  Falknis  1884; 
Hr.  Beglinger:  Die  Geschichte  der  Astronomie  von 
den  ältesten  Zeiten  an,  und:  Copemicus  und  seine 
Weltanschauung;  femer:  Die  außerordentliche  Dam- 
merung  und  der  braunrothe  Sonnenring  seit  November 
1883;  Hr.  J.  E.  Kramer  in  Rttti:  Ein  Ferienaufent- 
halt an  der  Lenk;  Hr.  Oberholzer  in  Wald:  Eine 
Tödibesteigung  im  Winter  (23.  und  24.  Januar  1885); 
Hr.  Beglinger  in  Wetzikon:  Ueber  Meteorologie,  mit 
specieller  Berücksichtigung  der  Witterungsverhältnisse 
im  Sommer  1885;  Hr.  C.  Bindschedler  in  Schirmen- 
see: Das  Clubfest  in  Villars,  und  Hr.  Fr.  Lehmann 
in  Hinweil:  Die  gemeinsame  Excursion  auf  die  Cla- 
riden  (1.,  2.  und  3.  August  1885). 

Als  engeres  Excursionsgebiet  für  1885  wurde  da& 
Gebiet  zwischen  dem  obern  Zttrichsee,  Linth,  Klon- 
thal und  Wäggithal,  also  die  Wäggithaler  Gebirgs- 
gruppen,  bezeichnet;  dieses  Gebiet  ist  aber  leider 
trotz  des  so  günstigen  Sommers  nicht  in  befriedigender 
Weise  besucht  worden ;  dagegen  hat  die  Hochgebirgs- 
tour,  die  auf  1.,  2.  und  3.  August  angesetzt  war  und 
deren  Ziel  die  Spitze  des  Claridenstockes  sein  sollte^ 
zehn  Personen  vereinigt.  Es  sind  dies  die  Herren 
Weber-Honegger,  Emil  Honegger  und  Franziskus  von 
Rüti ,  Bindschedler  und  Brennwald  von  Feldbaeh, 
Kronenberg  und  Kräutle  von  Rapperswyl ,  Heer  von 
Dümten  und  Fr.  Lehmann  mit  Frau  von  HinweiL 
Leider  konnte  des^  eintretenden  Nebels  wegen  die 
Spitze  des  Claridenstockes  nicht  erreicht  werden,  und 
die  Gesellschaft  passirte  dann  bei  den  bekannten 
schwierigen   letztjährigen   Gletscherverhältnissen   den 


Chrmik,  601 

HüfigletBcher    vom    Sandpasse    aus.     Die    Excursioi» 

verlief  sehr   befriedigend   und   ohne   irgend  welchen 

Unfall. 

Das  Clubfest   in  Villars   ist  von  drei  Mitgliedern 

besucht  worden. 

Von  Einzeltouren  sind  dem  Berichterstatter  bekannt 

geworden : 

J.  Oherholzer  in  Wald:   Eine  Tödibesteigung  am 

26.  Januar  bei  prachtvollem  Wetter;  im  Juni  Be- 
steigung des  Üri-Rothstockes  und  von  Amsteg  durch's^ 
Maderanerthal  über  den  Httfigletscher  und  Sandfirn 
nach  Linththal;  am  28.  Juli  auf  dem  Säntis;  an  der 
Glärnisch-Htitteneinweihung :  Rüchen  und  Vrenelis- 
gärtli;  Aroser  Rothhom  etc.  Fr.  Lehmann  in  Hin- 
weil: Forcefußtour  in  drei  Tagen  (10.,  11.  und 
12.  Juli)  von  Elm  über  den  Panixerpaß  nach  Disentis- 
St.  Maria  (Lukmanier)  -Terminipaß -Val  Piora-Airolo- 
Air  Aqua  (im  Bedrettothal)  -Val  Como-Griesgletscher- 
ülrichen  (Wallis)  -Grimsel-Guttannen  (ohne  Führer); 
ferner  Stätzerhorn  und  über  die  höchst  selten  began- 
genen Spontisköpfe  nach  Chur.  Dürsteier ,  Rtiti: 
Säntis,  Engadin;  Stätzerhorn. 

Die  Mitgliederzahl,  die  im  Anfang  des  Jahres  auf 
58  stand,  hat  sich  erfreulicher  Weise  auf  64  vermehrt» 

XXIX.  ZUrich.  Section  Winterthur.  Vorstand  r 
Präsident:  0.  Herold;  Actuar  und  Vicepräsident : 
Ed.  Sulzer -Ziegler;  Quästor:  P.  Reinhart -Sulzer; 
Bibliothekar:  E.  Btichler.     Mitgliederzahl  74. 

Die  Section  hält  im  Winter  alle  3 — 4  Wochen 
ihre  Sitzungen  ab ,  im  Sommer  alle  Donnerstage  freie 
Zusammenkünfte. 

Vorträge  wurden  gehalten  von  den  Herren: 
J.  Weber-Imhoof:  Hochtouren  im  Berner  Oberland,, 
eine  Tödifahrt  im  Winter;  Ed.  Sulzer-Ziegler:  Allerlei 
von  der  Lenk;  Lehrer  Ritter:  Nach  Chiavenna  und 
Pontresina;   0.  Herold:   Das  Clubfest  in  Villars-sur- 


€02  Chronik, 

Ollon;  D.  Ernst:  Besteigung  des  Finsteraarhorns; 
E.  BUchler:  Geographische  Charakterbilder;  Dr.  Ro- 
bert Keller:  Saussure. 

Zur  Vermehrung  der  Bibliothek  soll  nach  Beschluß 
■der  Section  jährlich  ein  Franken  auf  jedes  Mitglied 
verwendet  werden. 

Die  gemeinsamen  Ausflüge  blieben  zum  größern 
Theil  bloße  Projecte.  Ausgeführt  wurden  im  Winter 
-die  üblich  gewordene  Excursion  auf  den  Bachtel^  im 
Frühjahr  ein  Marsch  über  die  ganze  Hörnlikette  bis 
aur  Kreuzegg  und  Tweralp,  und  im  Sommer  auf  Ein- 
ladung der  Section  St.  Gallen  und  gemeinsam  mit  ihr 
«ine  Fahrt  in  die  Appenzeller  Berge. 

Einzelexcursionen :  HH.  F.  Ammann:  Tödi,  Porta 
da  Spescha,  Uri-Rothstock ;  A.  Baumgartner:  Dia- 
blerets;  Caflisch:  Breithom;  D  Ernst:  Finsteraarhom; 
Fleischer :  Breithorn,  Matterhorn,  Weißhom ;  P.  Rein- 
hardt-Sulzer :  Monte  Moro;  Dr.  Aug.  Sulzer:  Monte 
Eosa,  Täschhoru;  J.  Weher:  Tödi  im  Januar,  Matter- 
liorn,  Weißhorn,  Zinalrothhorn,  Monte  Rosa;  Zwnnfc; 
Alphubel. 


Dreiundzwanzigste  Jahresrechnung 

des 

Sch^w^eizer  A.lpenclub 

vom   1.  Januar   bis   31.  December  1886. 


Von  Albert  Nägeli,  Centralcassier  in  Zürich. 

£Iiii]ia,1iiiieii. 

1.  Eintrittsgelder ;^  279  ä  Ft.  b         .  Fr.    1,395.  — 

2.  Jahresbeiträge: 

läFr.5  Fr.  5 


Von  1883 

1884 
1885 


77    1884 


16,,  „  5    „  80 


2606  „  „  5    „    13,030 

„  13,115.  — 

3.  Clubzeichen:  104  ä  50  Cts.          .  „  52.  — 

4.  Gamets -Diplomes:  2  ä  Fr.  1.  25  .  „  2.  50 

5.  Exeursionskarten .         .         .         .  „  228.  55 

6.  Zinsen „  706.  20 

Fr.  15,499.  25 
Ueberschuß  der  Ausgaben     „        196.  60 

Fr.  15,695.  85 


1.  Jahrbuch.    Deficit  auf  Band  XX  .  Fr.       498.  85 

2.  Echo  des  Alpes.  Unsere  Subvention 

pro  1885 „     1,000.  — 

3.  Exeursionskarten: 

Per     200    Exeursionskarten     von 

1882/84       .         .  Fr.    170.  — 
Kosten    der   Excur- 

sionskartel882'84     „   5061.  10 


Per  600  Exeursions- 
karten 1885  86    .     „      720. 


n 


5,951.  10 


Uebertrag  Fr.    7,449.  95 


604  Chronik. 

Uebertrag  Fr  .  7,449.  95 

4.  Rhonegletscher -Vermessung         .     „     2,106.  65 

5.  Clubhütten: 

Glärnischhtitte.    Beitrag  an  Neu- 
bau .         .         .  Fr.  1500.  — 

Dossenhtitte.  Wieder- 
aufbau     .  „     515.  40 

Oberaarjochhütte. 
Reparatur  u.  Asse- 
curanz       .         .     „       18.  20 

Graubtindnerhütten 

Assecuranz         .     „       46.  50 

„     2,080.  10 

6.  Führerkurs  in  Urnäsch       .         .     „        150.  — 

7.  Ftihrerversicherung     .         .         .     „        906.  — 
8    Baumgartner'sche    Preisschrift 

Deutsche  Ausgabe      .         .         .  „  460.  — 

9.  Publikationen  des  D.  u.  Oe.  A.  V.  „  288.  — 

10.  Tauschexemplare  des  Jahrbuchs  .  „  163.  05 

11.  Drucksachen       .         .         .         .  „  1227.  30 

12.  Diverse „  864.  80 


Fr  15,695.  85 

Bilanz  des  Capital-Conto 

auf  31.  December  1885. 

Vermögen  am  31.  December  1884     .  Fr.  16,100.  — 

A-Ctiva. 

10  4V2  ^/o  Obligationen  der  Bank  in 

Luzern  k  Fr.  990      .         .         .  Fr.  9,900.  — 

Guthaben  bei  der  Bank  in  Zürich     .     „  39.  — 

„         77       r?    Leihcassa  Zürich  .     „  5,867.  20 

Baar  in  Cassa          .         .         .         .     „  97.  20 

Fr.  15,903.  40 
Deficit  pro  Bilanz     •         .         .         .     „        196.  60 

Fr.  16,100.  — 


VINGT-TROISI^ME  R^SUM^ 

DES 

EECETTES  ET  DEPENSES  DU  C.  A.  S. 

EN  1885. 


Pab  A«  NJSGELI,  Caissier  Central,  a  Zürich. 


Recettes. 

1.  Droits  d'entr6e:  279  ä  fr.  5  .  fr.    1,395.  — 

2.  Contributions : 


De  1883: 
,  1884: 
„  1885: 

1  ä  fr.  5 
2606  „  „  5 

fr.     5 

80 

„  13,030 

„  13,115.  — 

3.  D^corations:  104  ä  50  cent.         .    „  52.  — 

4.  Camets-diplomes :  2  ä  fr.  1.  25     .    „  2.  50 

5.  Cartes  d'excursions        .         .         .    „  228.  55 

6.  Int^rets „  706.  20 

fr.  15,499.  25 
Excedant  des  d6penses    „        196.  60 

fr.  15,695.  85 

D^peiises. 

1.  Jahrbuch     Deficit  du  tome  XX      .  fr.       498.  85 

2.  Echo  des  Alpes.    Notre  Subvention 

pour  1885 „     1,000.  — 

3.  Cartes  d'excursions : 

Pour    200    cartes    d'excursions   de 

1882/84.  .  .  fr.  170.— 
Frais  de  lev6s  de  la  carte 

d'excurs.  de  1882/84  „  5061. 10 
Pour  600  cartes  d'excur- 

Bions  de  1885/86     .    „    720.— 


„     5,951.  10 

A  reporter  fr.    7,449.  95 


606  Chronik, 

A  r^poiiier  fr.    7,449.  95 

4.  TravauxauglacierduRh6neenl885    „     2,106.  65 

5.  Cabanes: 

Subvention  ponr  la  nouvelle  cabane 

du  Glsernisch  .  fr.  1500.  — 
Reconstruction  de  la 

Dossenhtitte  .    „    515.  40 

Reparation   et   assu- 

rance  de  la  cabane 

de  l'Oberaarjoch  .  „  18.  20 
Assurance  des  cabanes 

ducant.desGrisons    „      46.  50 

„     2,080.  10 

6.  Cour 8  de  guides  k  Urnsßsch         .    „        150.  — 

7.  Assurances  de  guides .         .         .    „        906.  — 

8.  Brochure    Baumgartner.      Edition 

allemande n        ^^^'  — 

9.  Publication  du  D.  u.  Oe.  A.  V.     .    „        288.  - 

10.  Exemplaires  d'^change  du  Jahrbuch    „        163.  05 

11.  Impressions         .         .         •         •    ^     1,227.  30 

12.  Divers ,,        864.  80 

fr.  15,695.  85 

Bilan  du  compte  de  capital 

au  31  d^oembre  1885. 

Capital  au  31  döcembre  1884  .         .    fr.  16,100.  - 

Actif. 
10  Obligations  4'/2  ®/o  banque  de  Lu- 
cferne ä  fr   990  .         .         .  fr.    9,900.  — 
Avoir  ä  la  banque  de  Zürich     .         .    „  39.  — 
„      „  „    Leihcassa  Zürich      .         .    „     5,867.  20 

Espfeces  en  caisse      ....  _j^ 97.  20 

fr.  15,903.  40 
Deficit  pour  balance  ....    „        196.  60 

fr.  16,100.  — 


Index. 


A.ar,  glaciers  du  bassin  de  1' 
Adamellogruppe,  aus  der 
Adda,  glaciers  du  bassin  de  V 
Agassizhorn   .... 
Agassizjoch   .... 
Aiguilles  d'Arve    . 
Aiguille  Blanche  de  Peuteret 
Aiguille  de  Gol6on 
Alle  Sarche  (Schlucht) 
Alpenzeitung,  Oeaterreichische 
Alpfahrt,  eine,  im  Unterwallis 
Alpine  Journal 
Alpine  Literatur    . 
Annuaire  C.  A.  F.  . 


Bacone.  Aus  der  Gruppe  des 
Berglistock    .... 
Bietschhorn    .... 
Blashorn        .... 
Blindenhorn   .... 
Blitzschlag,  Wirkungen  des  auf  Gestein 
Blitzstern       .... 
Bliinolisalphörn  mit  Abstieg  gegen 
Bocca  di  Brenta   . 
Breithorn  (Lauterbrunner)     . 

„         (Lötschen)     . 
Brenta,  Dolomite  . 


die 


Seit»- 

.  37» 
.  286 
.       38^ 

37  (Anm.) 
36 

245.  256* 
.  433^ 
245.  275- 
.  286 
.  499^ 
.  437 
.  504 
.  507 
.       505 


218.  219* 


Fründen 


296. 
15. 


288* 


221* 
53 
121 
118^ 
102 
342^ 

355* 
450 
29» 
449 
84 
295 


Anm,   *  bezeichnet  Illustrationen,  Karten  u.  dgl.,  i.  d.  M. 
in  der  Mappe. 


608  Index, 

Seite 

Oampiglio     .        .        .        .        ...        .  .290 

Chiliomodi,  Aussicht  von* i.  d.  M. 

Chronik  S.  A.  C.  1885 531 

€ima  Brenta  alta 300 

„      del  Largo 222.  226*  436 

„      di  Nardis  (Presanella) 291 

„      da  Splug 236.  436 

„      Tosa .300 

•Club  Alpin  Fran^ais.    Annnaire  1884  .         .  .505 

CJlubgebiet,  Erinnerungen  aus  dem       ....         3 

f,  Ein  photogr.  Ausflug  im    .         .        .        .62 

Col  de  Jean-Jean 267 

Col  Lombard 274 

Col  de  Planereuse  et  Darre!        .        .        .  151.  433 

Col  de  Plines loS 

Col  des  Sarrazins 256 

Col  des  trois  Aiguilles 252 

Crispalt 459 


►arrei,  le .         .       156.  433 

Delegirtenversammlung,  XXIL,  Protokoll    .         .        .533 

Dent  Perroc 433 

Deutscher  und  Oesterreichischer  Alpenverein      .  496 

Doldenhorn  und  Fründeiyoch        .        .        .      135.  144*  434 

Dom 434 

Dordonapaß 474.  478 

Drave,  glaciers  du  bassin  de  la 385 

^Bcho  des  Alpes 495 

.Eginenthal »Titelbild. 

Elektrische  Erscheinungen  am  Säntis  ....      469 
Excursionskarte *i.  d.  M. 

DFiescherhorn  (Hinter-) 435 

Finsteraarhom       .        .         .       '.  '—    ,        .    ^     .        .       33 

Einsteraarjoch 33.  59  (Anm.) 

Finsteraarrothhom 75.  436 

Fisistöcke  und  Doldenhörner *144 

Fründenjoch 143 

Fullyalp 449 

Fuorcla  del  Largo 223.  236.  436 

Furka,  kleine 205.  207* 

große 205.  209 

Pußhorngrat 83 


Index. 


601> 


Oehrenthal,  Zwischen  —  und  Eginenthal 

Generalversammlung,  XXL,  Protokoll 

Glaciers  des  Alpes,  les  variations  des 

Glecktobel      . 

Gletscherkunde 

Gletscherpickel 

Gliemspforte  . 

Gomserberge,  aus  den 

Gornerlilücke 

Gredetschjoch 

Groß hörn 

Grünhorn  (Klein-) 

Grünhomhütte 

Guscha  . 

G  Wächten  j  och 


Harpprecht,  Bergfahrten  von 

Hinter-Fiescherhorn 

Hoher  Thurm 

Inn,  glaciers  du  bassin  de  1' 


«Jägilücke 

Jahresbericht,  22.,  des  Centralcomite 
Jahresrechnung,  23.       . 
Jahresversammlung  in  Villars-sur-Ollon 
Javelle:  Souvenirs  d'un  alpiniste 
Jesfürkli         .... 


Julische  Alpen,  Römerstraßen  in 
Jungfrau  (der  neueste  Weg) 


ialkenfriedhof     . 
Kamm    . 

Kellern en,  in  den  . 
Klein-Grünhorn 
Kurze  Gang  . 


Largo,  Cima  und  Fuorcla  del 
JLängisgrat  . 
Lauteraarhorn  (Groß-)  . 
Lauteraarsattel 
Lauterbrunner  Breithorn 
Literatur,  alpine  . 
Linth,  glaciers  du  bassin  de  la 
Lousine 


den 


Seite 

111.   112* 

.       541 

.       35^ 

101 

358.  3S9 

.       4^2 

.       4r>7 

00 

.       115 

26.  30 

4 

.       435 

463 

loa 

4L 

.       401 
.       435 

455 

.       3S2 


(Pr 


otokoU) 


7 

.       542 

.       (>03 

.       533 

46S 

104.  2()(> 

.       33^ 

62.  89.  434 

118 
.  434 
.  215 
.  435 
.     205* 


220.  222 
.  114 
50 
58 
.  44'.> 
.  507 
.  3^1 
.       43^ 

39 


610 


Index. 


Liiziensteig 

Lysjoch 

Lyskamm 

IMLalevo 

Mettenbergjoch  und  -Kamm 
Meiirer,  J.,  Reisehandbücher 
Mittheilungen  des  D.  u.  Oe.  A.  V.      . 
Montblanc,  le  versant  suisse  de  la  chatne  du 
Muretto-  und  Dordonapaß     .... 
Miirtschenstock 

Nässihorn 

Nebelbild 

Nesthorn,  Groß- 

Norvege,  glaciers  de 

Notizen  aus  den  Glarner-  und  Urnerbergen 


Oberaarjochhütte 
Oesterreich.  Alpenzeitung 
Oesterreich    Touristenzeitung 
Orny,  Cabane  d'    . 

P*eloponnes.  Eine  Bergfahrt  im 

Pinzolo  . 

Piz  Bacone    . 

Piz  Bernina  . 

Piz  Glflschaint 

Pizzo  dei  Rossi 

Platten,  Terrasse  der    . 

Po,  glaciers  du  bassin  du 

Presanella 

Pyrenees,  glaciers  des  . 


landegger's  Alpenland 
Ueuss,  glaciers  du  bassin  de  la 
Rhätische  Alpen,  Römerstraßen  in  den 
Rhätikon,  Aus  dem 
Ithin,  glaciers  du  bassin  du 
Rhone,  glaciers  du  bassin  du 
Rhonegletscher  (Vermessung  etc. 
Rissen-  oder  Risihorn    . 
Römerstraßen,  die  —  in  den  Alpen 
Rothhornaattel 
Roththalhütte 


SeiW 

195.  214 

166  (Anni.) 

164.  176* 

304*    306 

40.  41 

.      492 

496.  499 

*i.  d.  31. 

.      474 

457 

45.  48.  436 

453 

•26 

3S7 

455 

4.V2 
499 
502 
157 

.       302 

280.  2>^9 

231.  436 

.      436 

.      231 

.    480* 

.     208* 

.       S-^S 

291.  294 

.      386 

.      484 

.       380 

.       323 

.       189 

.       381 

.       372 

389.  535 

.       100 

.       323 

75 

92 


Index,  611 

Seite 

^aminajoch 194 

Salarueljoch 205.  207* 

Salzach,  glaciers  du  bassin  de  la         .        .        .        .  384 

Säntis,  elektrische  Erscheinungen  am  .        .        .        .  4G9 

Scesaplana 202 

Schafberg  (Gehren) 114 

Schrat,  Paß  über 106 

Sectionen 659 

Silberbast 165  (Anni.) 

Societä  degli  Alpinisti  Tridentini          ....  502 

Spannort  (Klein-) 458 

Stürvis 199 

Tete  de  Vari,  Vue  prise  de  la  .         .        .        .      *i.  d.  M. 

Tione 287 

Tödi  mit  Abstieg  durch  die  Gliemspforte    .        .        .  462 

Touristenzeitung,  Österreich. 502 

Trugberg 33.  74  *i.  d.  M. 

XJrbachsattel 453 

Variations,  les  —  periodiques  des  glaciers  .        .       358 

Val  di  Genova 291 

Val  Rendena 280.  287 

Vallone  del  Largo ,        .       237 

Villars-Chesicres  et  les  Alpes  vaudoises     .        .        .       398 
Villars-sur-Ollon,  Gebirgsansicht  von  .        .        .       *i.  d.  M. 

^%Veißhorn  (Aletsch) 78.  80 

AVetterlücke 18 

AVindgälle  (Groß-) 459 


ieitschrift  des  D.  u.  Oe.  A.  V 496 

Zsigmondy:  Die  Gefahren  der  Alpen  .         .         .        486 


AUG  8      1918 


I 


Kartographischer  Yerlag 


von 


»chmid,  Francke  &  Co. 

(vorm.  J.  Dalp'sohe  Buchhaiidluiig) 

in 

Bex*!!.  und  T^jxgSLTLo» 


ficielle  Verkaufs-Niederlage  der  eidg.  Kartenwerke. 

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^nzlnger^  E.,  Neue  Karte  der  Schweiz.   1 :  400,000  *)     6.  — 

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1  :  800,000 —.60 

TLtter  &  Leuzlnger^  Karte  des  Kantons  Bern.  Dritte 
auf  Grund  amtlichen  Materials  neu  bearbeitete 
Auflage.     1  :  200,000 2. 50 


504  Meter  Säiitis-Panorama  8^47  ruß 

gezeichnet  von 

Herrn  Prof.  A.  Heim* 

4,449"  lang. 

Dritte  revidirte  und  schattirte  Auflage 

("wie   an   der   Liandesansstellüng   in   ZiJLTioli) 

Im  Verlage  der  Section  St.  Gallen  S.  A.  C. 

Depot : 
^chmid,  Franeke  &  Co.  (vorm.  J.  Dalp'sche  Buchhandlung) 

in  Bern. 

Ladenpreis  Fr.  8.  — 
?ür  die  Mitglieder  des  S.  A.  C.  Fr.  6.  60  bei  directem  Bezug. 

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