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Jahrbuch
des
Schweizer Alpenclnb.
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Zweiter Jahrgang.
1866.
Verlag der Expedition des Jahrbuehs des S. A. G.
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Schweizer Alpenclnb.
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Zweiter Jahrgang.
1866.
Verlag der Expedition des Jahrbuehs des S. A. G.
1865.
Inhaltsverzeichniss.
Text.
Seite
l CbrOBik des Glab. Von Me^er-Bwckoff, 1.
n. Fahrten im Clabgebiet 15.
1) Bericht über die Exctirsionen im Trift -Gebiet während
des Sommers 1864. Von Ä. Lindt, 17.
2) Der Piz Roseg. Von J, J, Weilenmann 86.
Fänf Bergfahrten im Tödi%ebiet, unternommen im
Sommer 1864 von Mitgliedern der Sektionen Glarus,
Aaran tmd Basel. Mitgetheilt aus ihren Berichten an
das Central -Comit^ von Meyer- Bischoff. 129.
I. Erste Besteigung des E^mmlistockes. Von Landrath
Hauser 131.
II. Die Besteigung des grossen Ruchi. Von Neuburger, . 136.
Hl. Besteigung der grossen Windgälle. Von A, RaiUard
und L. Fininger ., . 140.
IV. Der Oberalpstock, romanisch Piz Tgietschen. Von Meyer-
Bischoff. 144.
V. Der Düssi oder Hüfistock, romanisch Piz Valgronda.
Von Meyer -Bischoff. 150.
Besteigung des Bächistockes. Von Landrath Hauser. . 155.
. Freie FahrteB. 159.
Gletscherfahrt von der Grimsel nach Viesch. Von G, Studer. 161.
I. Das Studerhom —
n. Das Wannehom 187.
Das Ofenhom. Von G. Studer 209.
Der Süvrettapass. Von Melchior Ulrich 232.
Der Piz Sol. Von E. Frey- Gessner 244.
Die Besteigung des Gross -Schreckhoms. Von Edmund
von FeUenherg 255.
IT. AnüBätze 287.
Das Alpenpanorama von Höhenschwand. Von Alh. Müller. 289.
Die Alpenflora. Von Dr. H. Christ. 339.
^ Zur Geologie der Bemeralpen. Von B. Studer. . . . 382.
M Die Beziehungen des Föhns zur afrikanischen Wüste. Von
^ E. Desor 407.
^ Les nouvelles routes dans les Alpes suisses. Par E. Cuenod. 423.
ücber Ortsbenennung in den Schweizeralpen von J. Coaz. 461.
^ '
V>"^V..^-t/^
IV
Seite
?. Kleinere ■ittheUungen 479.
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz. Von A, Kündig, 481.
Theobald's Bündner Atlas. Von B, St 489.
Gebirgszeichnungen. Von L. Rütimeyer 490.
Notice snr le massif des Diablerets. Von G, Ä. Koella, 493.
^Letztjährige Jnngfranbesteigungen. Von R. Lindt. . . 497.
Piz Bnin im Unterengadin. Von J, v, T. . . .' . . 505.
Das Balmhom. Von Ä, Rytz 507.
Zur. Physiologie des Mnrmelthiercs. Von Hauser, . . 509.
Meteorologische Mittheilnng. Von Jenzer 5 13.
Einrichtung der Clnbhütte am Grünhorn. Von Häuser . . 516..'
Topographische Notizen über das Blatt XVIII. der Dufonr-
karte. Von Edm. v. Fellenberg 517.
Gletscherführer. Von A. R, , 529.
Artistisch^ Beigaben.
Piz Boseg. Nach einer Photographie von A. Braun in Domach.
Farbendruck von Bach Titelbild
Seite
Spitze des Ghilenstocks. Holzschnitt von Bttri ff Jeker ... 76
Der Oberalpstock. Holzschnitt von Buri ff Jeker 1 44
Das Studerhom. Nach einer Photographie Ton A, Braun,
Farbendruck von Bach 161
Das Schreckhom. Nach einer Skizze von Edm, von Fellenberg,
lithographirt von F. Lips 255
Der Gipfel des Schreckhoms nach Braun, Holzschnitt von
Buri ^ Jeker 272
Karte der neuen Alpenstrassen, Von Cuenod 423
Der Urirothstock. Holzschnitt von Buri ff Jeker 463
Profil -Zeichnungen von Berg -Gipfeln nskch Malier -Wegmann,
UolzBchmtt yon Buri fr Jeker . 469 — 475 1
Die Diablerets. Holzschnitt von Bttri ff Jeker 493 ',
Die Grünhomhütte. Holzschnitt von Buri ff Jeker . . . . 516
Artistische Extrabeigaben.
Karte des Triftgebiets, in 1 : 50,000. Von Leuzinger,
Karte der Finteraarhomgruppe, in 1 : 100,000. Unterdrück von
Sieinmann.
Panorama von Höhenschwand , gez. von H, Keller , geologisch colo'
rirt von Prof. Escher von der Linth und Prof. Müller. Farben-
druck von Lier,
Panorama vom Studerhom. Von G. Studet, Lithogr. von Lips,
Panorama vom Wannehorn. Gez. von G. Studer. Farbendruck
von Lips.
Panorama der Winterberge. Gez. von Zeller-Homer. Farbendruck
von Bach.
I.
Chronik des Club.
Von Meyer-Bischoff'.
Schweizer Alpen-Clnb.
W enn unser erstes Jahresbuch bei seinem Erscheinen
in den Kreisen heimischer Leser überall mit einer über-
rascbeiid freundlichen Aufnahme begrüsst wurde, so wollen
wir uns dessen nicht überheben. Wir fühlen es, dass der
strenge Massstab gründlicher Forschung nur an wenige
nnsrer Leistungen gelegt werden kann, weil überhaupt die
Bestrebungen unseres Vereines, eine höhere wissenschaft-
liche Grundlage zu gewinnen, noch sehr in der Entwicklung
begriffen sind. Bei der Herausgabe des zweiten Jahrbuches
ermuthigt uns aber die Gewissheit, dass unser vaterlän-
disches Publikiun gerne hört, was ihm aus dem Gebiete der
nns allen so lieben Berge geboten wird, dass auch über
unsere schweizerische Grenze hinaus, Hunderte von Ge-
sinnungsgenossen mit uns sympathisiren und bei den Er-
zählungen unserer Fahrten in die Hochalpen in freudiger
Erinnerung neu wieder aufleben. Alpenluft durchweht die
Blätter unseres Buches, so möge fes denn wiederum seine
Fahrt beginnen und allen Freunden des Gebirgs unsere
Grfisse künden.
In erster Linie für die Mitglieder des Clubs bestimmt,
bringen wir eine kurze Schilderung aus den Sektionen und
der Thätigkeit des Central-Comit6 für 1 864. Sollten diese
folgenden Zeilen manchen unserer Leser nicht interessiren,
80 möge er getrost dieses Capitel überschlagen.
Indem wir an die Chronik des ersten Jahresbuches
wieder anknüpfen, müssen wir vor allem erwähnen, dass
1*
4 Chronik,
die Anzahl unserer Mitglieder sich auf erfreuliche 'Weis
vermehrt hat, und gegenwärtig über 400 beträgt
Die Sektion Jura in Aarau ist eine der kleinsten aber de
thätigeren des Vereins, deren 8 Mitglieder sich in 14tägigei
regelmässigen Zusammenkünften sehen, wobei Wissenschaft
liehe Discussionen und Vorträge über Erlebnisse und Er
scheinungen auf alpinem Gebiete stattfinden. Die ver-
schiedenen Reisen, welche von denselben diesen Sommer in
den Gebirgen von St. Gallen , Uri und Graubünden', in die
Gletscherreviere des Prättigau und Unterengadin ausgeftihri
wurden, bezeugen die Wanderlust, die unter ihnen herrscht.
Den 64 Mitgliedern der Sektion Basel kann ebenfalls
ein eifriges Bestreben, die hohem Vereinszwecke zu för-
dern, nachgerühmt werden. Eine freundliche Geselligkeit
herrscht bei den 14tägigen regelmässigen Versammlungen,
bei denen von den Mitgliedern in reicher Abwechselung
wissenschaftliche und erzählende Vorträge gehalten werden.
Eine auf Alpenliteratur bezügliche Bibliothek von dato über
400 Bänden, welche meistens freiwilligen Schenkungen von
Particnlaren in Basel zu verdanken ist, und die durch An-
schaflPang neuerer Werke vermehrt wird , unterstützte diese
Bestrebungen. Diese Büchersammlung wird nebst einer
reichhaltigen Sammlung von Karten und Gebirgs-Panoramen
fleissig benüzt Im Interesse des Unternehmens selber
müssen wir hier berühren, dass auf Anregung dieser Sektion
in dem Maderanerthal, Canton Uri, ein Gasthof „«wi» schwei-
zerischen Alpen-Club'^ erbaut und diesen Sommer fiir alle
Touristen eröffnet wird. Der Unternehmer usd Erbauer ist
Herr Jndergand, Gastwirth zum Kreuz in Amsteg an der
Gotthardstrasse. Wir versprechen demselben eine gute Zu-
kunft, denn dieses herrliche, mit allen Reizen der Alpenwelt
geschmückte Thal wird jeden Besueher in hohem Grade
r
Chronik, 5
befriedigen. Grossartige Gletscherreviere und Wasserfälle,
diinkle Tannenwälder, frische grüne Matten birgt es in sei-
nem Schoosse, nmragt von 10 — 11 000' hohen eisgekrönten
Hörnern, deren Besteigungen in diesem Jahrbuch noch
näier erwähnt werden. Ausser den vielen Excursionen,
velehe die Basler Clubisten diesen Sommer ohngeachtet un-
gflnstiger Witterung ausführten, erzählen wir, dass eine
Vereinsexpedition von 16 Personen, der sich noch 2 Luzer-
ner Clubisten anschlössen, den Gipfel des Uri Rothstock
bestieg, so dass zu gleicher Zeit mit den Führern und Trä-
g«srD, und noch zufällig von Engelberg her über den Glet-
scher eingetroffenen 2 Clubistensöhnen, 28 Personen auf
dieser Hbhe von 9300' zusammentrafen.
Die Sektion Bern steht mit der Zahl ihrer 95 Mitglieder
und wie immer mit den • montanistischen Leistungen, von
denen unser Jahrbuch wieder einige der hervorragendsten
giebt, obenan. Die jugendliche Begeisterung ihres würdigen
Vorstandes, des Herrn Regierungsstatthalters Gottlieb Studer,
geht auch auf die Sektion über, die sich ohnediess durch
tftchtige Gebirgskenner im Berner Oberland verstärkt hat
Noch erwähnen wir, dass ein Mitglied derselben mit seiner
Schwester die Besteigung der über 11000' hohen Alteis ge-
macht hat Auch in andern Sektionen zeigen sich unter
Frauen und Jungfrauen solche unternehmende Bergsteige-
rinnen, dass wir vielleicht auch das schwächere schöne Ge-
schlecht in unsere Reihen aufnehmen müssen, wenn es mit
dem stärkeren an Ausdauer wettzueifem fortfährt. Von
Clubisten der Sektion Bern wurden die beiden Thierberge
im Trifigebiet, die Jungfrau, Piz Zuppö und Piz Morteratsch
in der Beminakette bestiegen , femer Yiescherhörner und
Waimehom, so wie die, lange für unersteiglich gehaltene
Spitze der Nünenen in der Stockhomkette. — Auf dem von
6 Chronik.
ihm zuerst bestiegenen Studerhorn feierte der werthe 01>
mann der Sektion seinen 61. Geburtstag; möge der gütige
Himmel ihm noch viele solcher frohen Festtage verleihen!
Die Sektion Tödi in Glartis, deren 45 Mitglieder in dem
Canton zerstreut wohnen, sehen sich ziemlich regelmässig
in den Vereinsversammlungen. Die vollständige Ausrüstung
der Schirmhütte am Tödi hat sie sich auf verdankenswerthe
Weise mit namhaften Geldopfern aus ihrer Cassa angelegen
sein lassen, so dass dieser Bau jezt auf solide und dauer-
hafte Weise vollendet ist Der Wildschutz, den auf ihre
Veranlassung die Regierung des Oantons dem Wildstaud
angedeihen lässt, hat schon lezten Sommer eine sichtbare
Vermehrung der Gemsen zur Folge gehabt. Die Regulirung
des Führerwesens in ihrem Canton will sich die Sektion
ebenfalls zur Aufgabe stellen. Bei einer grösseren gesell«
schaftlichen Excursion, an der sich über 15 Clubisten be-
theiligten, wurde zum ersten Male die höchste Spitze des
Glärnisch, der „Bächistock^^ bestiegen.
Die Sektion Rhätia (Graubünden) ist dieses Jahr Vorort
des schweizerischen Alpen-Clubs. Obschon eine der jüu-
gern gegründeten Sektionen, zählt sie in ihrer Mitte gewiegte
Kenner und Erforscher der Alpen und wissenschaftliche
Kräfte, die dem Verein zur Zierde gereichen. Von ihnen
besitzt die vaterländische Literatur gediegene Arbeiten, wie
sie schon vor früheren Jahren Öfters in den Jahresberichten
der bündnerischeu naturforschenden Gesellschaft nieder-
gelegt sind. Diese Sektion zählt 59 Clubisten, von denen
38 in Chur selbst, 21 in den verschiedenen Gebirgsthftlem
dieses Cantons wohnen. Man versammelt sich ziemlich re-
gelmässig, und nach Besorgung der Vereinsgeschäfte werden
von einzelnen Mitgliedern Vorträge gehalten. Den letzten
Sommer machte die Sektion einen grösseren Ausflug auf die
Chronik, 7
änlzfluh, ca. 9000' hoch, einen der Gipfel der Rhätioonkette,
wobei auch die höchst interessanten Höhlen dieses Kalk-
gebii^es besucht wurden. Mitglieder von Zürich und St.
GtUen hatten sich dieser £xcursion angeschlossen, über
deren Ergebnisse eine kleine Brochure erscheinen wird. Die
\ Aobige eines Weges auf das im Bezirk Churwalden liegende
ca. 8000' hohe Stätzerhorn wird von Seite der Sektion ener-
I giseh in Angriff genommen und noch diesen Sommer been-
digt werden. Die Aussicht von diesem Gipfel bietet eines
I der schönsten und umfassendsten Gebirgs-Panoramen der
Schweiz; von Parpan aus wird dann die Spitze in 3 Stun-
I dffl ohne besondere Anstrengung zu erreichen sein.
Die Gründung der Sektion Luzern im Herzen der
Schweiz am klassischen Gestade des schönsten unserer
Sihweizerseen, füllte eine Lücke in unsrer Reihe aus. Sie
zählt jetzt 1 6 Mitglieder und wird ohne Zweifel bald die besten
alpinen Kräfte aus den Cantonen Schwyz, Uri und Unter-
waiden an sich ziehen. In ihrer Mitte zählt sie eifrige Berg-
steiger und Gebirgsjäger, welche die umliegenden Hoch-
alpen genau kennen, so dass es nur wenige Gipfel der
Urschweiz giebt, die sie nicht schon auf ihren Ausflügen
lieimsuchten.
lieber die Sektionen Diablerets im Canton Waadt, über
Nenehatel und Genf fehlen uns bis jetzt nähere Berichte.
Doch wissen wir von einzelnen Mitgliedern, dass ßich erstere
bemüht, aachrim Canton Wallis für unsere Reihen zu wer-
beo und daselbst eine Sektion zu gründen. Mitgliedern
TonGenf verdanken wir treffliche topographische Arbeiten für
nnsre Karten. Wir hören, dass einzelne ihrer Clubisten die
Gebu^e von Wallis und Savoyeu fleissig bereisen, aus
deoea sie uns schon im ersten J^resbuche interessante
ttttheilungen brachten. Die erste Besteigung des Pollux
8 ^ Chronik,
in der Monterosakette,. des Thieralplistocks im Triftgefoiet,
führte ein eiMges jüngeres Mitglied aus Neuchatel ans;
dasselbe bestieg ausserdem noch Jungfrau und Galenstock
nnd zeigte uns werthvolie Skizzen ror aus dem diesjährigen
Excursionsgebiet der Trift.
Unter dem Präsidium ihres verehrten Dr.Friedr. v.Tschudi
hat sich die Sektion St Gallen auf 50 Mitglieder gehoben.
In den ordnungsmässigen Zusammenkünften werden mit
vielem Interesse die Mittheilungen einzelner Clubisten an-
gehört. Die Vereinsausmärsche, welche diese Sektion öfters
unternimmt, zeichnen sich durch die gemüthlichste Heiter-
keit und Oordialität der Theilnehmenden aus. Es tragen
solche Yereinsfahrten viel dazu bei, den Sinn und die Liebe
zu Hochgebirgsreisen lebendig zu erhalten, und wie könnte
es hier auch anders sein, wenn ein genialer und poetischer
Führer sie organisirt und begleitet ? Der auch im Ausland
rühmlich bekannte kühne Bergbezwinger Herr W. erklet-
terte lezten Sommer mit einem einzigen Führer die vordere
Spitze d«s Piz Rosegg. Es ist dieselbe nur wenige Fnss
niederer als die höchste Spitze, und der gleiche Gipfel, den
zuerst Mitglieder des englischen Alpenclubs mit einigen
Führern von Pontresina erreichten. Unser Jahresbuch giebt
eine Beschreibung dieser Bergbesteigung.
Die Sektion Zürich zählt unter ihren 34 Mitgliedern be- 1
währte Veteranen und Männer der Wissenschaft, die wir j
mit Stolz zu den unsrigen zählen. Ausserdem verdanken wir
ihren unermüdlichen Zeiehnem von Gebirgs-Ansichten und
Panoramen, den Herren Zeller-Horner und Müller- Wegmann,
die bereitwillige Liberalität, mit der sie unsrer Redaktion
ihre reich gefüllten Portefeuilles zur Verfügung stellen, die
übrigens auch jedem sie besuchenden Freunde der Alpen mit
grosser Gefälligkeit offen stehen. Wegen der grossen Ge-
Chronik, 9
r
nmigkeit sind ihre Zeichnungen fdr die topographische Er-
forsehnng der Gehirge von dauerndem Werthe. Es wÄre
ni wtinschen, die Mittel unseres Clubs erlaubten uns, alljähr-
lich an die Publikation solcher Werke durch Litographie den-
ken zu können. Möchten doch die jüngeren Mitglieder des'
Vereins solche Thätigkeit eifrig nachahmen und sich auf
ihr^ Reisen immer recht angelegen sein lassen, das Ge-
sehene zu skizziren. Durch öftere Uebung werden sie bald
eme gewisse Sicherheit im Auflassen und Entwerfen solcher
Pizzen erlangen.
Nachdem in der Herbst-Versammlung des schweizerischen
Alpen-Clubs in Glams, Basel für das Geschäftsjahr 1864 als
Vorort und Herr Meyer-Bischoff zum Centralpräsidenten ge-
wählt worden war, ergänzte die Sektion Basel durch ihre
Wahlen das Central-Comite. — Heer Professor Rütimeyer
wurde zum Yicepräsidenten, Herr J. H. Kiefer-Weibel zum
fidiriftführer, Herr Albert Hoffmann-Burkhardt zumCassirfer
md die Herren Leonhard Pinninger und Dr. BemouUi-
Werthemann zu Beisitzern desselben ernannt. Nach dieser
OoBstitnirnng setzte es sich sofort mit den andern schweize-
rischen Sektionen in geschäftliche Verbindung. — Anfangs
May wurden die neuen Mitgliederlisten angefertigt, gegen
Ende May auch die Programme fftr die offiziellen Excursions-
getiiete an alle Clubisten versandt. Unter Mithülfe der
Bemer Sektion wurde auf dem zweiten Plateau des Trift-
gletsehers hinter dem Thältistock, am Fusse der Thierberge
in einer Höhe von 8000' eine Schirmhütte gebaut mit Piaitz
nun üebernachten feir 6 Personen. Der alte bekannte Füh-
rer aus dem Gadmenthal, Johannes von Weissenfiuh, über-
nahm mit seinen Söhnen deren Ausführung und beendigte
10 ' Chronik.
sie Anfangs Juli. — Auf generöse Weise besorgte di«
Sektion Bern die innere Ausstattang der Hütte mit Koch
ofen, der zugleich heizt, Geschirr zum Kochen und £)3s- iui<
Trinkiäervice.
Diese Schirmhütte wurde im letzten Sommer von vielei
fremden und schweizerischen Touristen benutzt unid ge«
währte manchem derselben bei dem unbeständigen Wettei
ein schützendes Obdach. — Sie liegt in grossartigster Um-
gebung mitten in der Eisregion, von ihr aus können nun
leicht die umliegenden Gipfel besucht und mannichfaehc
Gletscherübergäuge nach allen Seiten hin gemacht werdea
Die Erbauung solcher Schirmhütten in allen Gebirgen der
Schweiz werden sich die Sektionen zur Aufgabe machen,
weil durch deren Herstellung die Erforschung der Höchalpen
wesentlich gefordert wird; und wo es nöthig ist, wird di«
Central-Oassa nach Massgabe ihrer Finanzen Beiträge dazu
liefern. Mit Erlaubnis^ der eidgenössischen Militairbehörde
und nachträglicher Bewilligung des Herrn General Dufour
arbeitete Herr Steinmann in Ge^f, unser Clubmitglied und
Mitarbeiter des eidgenössischen topographischen Bureaus
eine Karte für unser Excursionsgebiet am Triftgletscher aus,
welche von Leuzinger in Bern gestochen und allen Mit-
gliedern des Alpen-Clubs um billigen Preis zur Verfügung
gestellt wurde. Dieselbe wurde auch fär unser 2. Jahresbuch
in grösserem Massstab ausgeführt und giebt ein treffliches Bild
dieser weit verzweigten Gebirgszüge und Gletscherregionen.
Um vielseitigen Wünschen zu entsprechen, erliess das
Central-Comit6 eine Einladung zu einer nicht offiziellen Zu-
sammenkunft, ^r den 23. May, aller Clubisten auf dem herr-
lichen Aussichtspunkt und Curort Frohburg bei Ölten. Diese
Versammlung sollte bezwecken, die freundschaftlichen Ver-
hältnisse unter den einander näher liegenden Sektionen
Chronik^ 1 1
fester zu knttpfen nnd besonders für den bevorsteheDden
Sommer gemeinscbafbliche grössere und kleinere Excursionen
verabreden zu können. Aus den Sektionen Aarau, Bern,
Zflrich, Luzem, Basel und Neuchatei vereinigten sich diesen
Tag etwa 50 Mitglieder und verlebten .einen recht gemüth-
lichen nnd fröhlichen Festtag, wobei manches besprochen
nod verhandelt wurde, das den Vereinszwecken wesentlich
TOD Nutzen werden könnte.
Da nach dem Beschluss der Glarner Versammlung fortan
die Bereisung der offiziellen Excursionsgebiete nicht mehr
doich besonders bezeichnete Expeditionen unter Leitung
des Central-Comit^ geschieht, sondern dem freien Ermessen
derClubisten überlassen wird, so müssen wir hier bekennen,
dass sich dieser Modus als praktisch erwiesen hat, indem
trotz der ungünstigen Witterungs- Verhältnisse des Sommers
lebhaft in den genannten Gebieten gearbeitet wurde.
DasTödigebiet sowohl als das Gebiet des Triftgletschers
wurde von Seiten unsrer Clubisten vielfältig durchstreift, und
inser Jahresbuch bringt darüber interessante Mittheilungen.
— Dass ausser diesen Gegenden auch die Voralpen und
deren Pässe^ so/wie bekanntere Berggipfel mittlerer Höhe
zwischen 8 und 9000' bereist wurden, brauchen wir wohl
nicht zu versichern, doch können wir Schilderungen solcher
Tonren nur ausnahmsweise in unserm Jahresbuche aufneh-
men, wenn sie besonderes Interesse für Topographie und
Wissenschaft darbieten. '
Im Einverständniss mit der Sektion Basel hatte das
Oentral-Comitä beschlossen, die 2. General- Versammlung auf
den 30. Septbr., 1 . und 2. October nach Basel einzuberufen,
und es wurden daher schon Ende Juli die Einladungen dazu
*n alle Clubisten abgesandt. Zudem wurde in diesem
Bondschreiben an die Sektionen die Bitte gestellt, zu einer
12 Chronik,
Vorversammlung am 30. Septbr. jeweilen 2 Delegirte zu
ernennen. EWeselben sollten die verschiedenen von den
Sektionen zu machenden neuen Anträge prüfen, um sie dann
gehörig motivirt der General- Versammlung zur Berathung
und Abstimmung vorlegen zu können.
Diese Delegirten kamen denn auch am 30. Septbr. im
Basler Ciublokal zusammen, und ihre Vorberathung erleich-
terte wesentlich den Gang der am folgenden Tage statt-
findenden Verhandlungen. Die Basler Hessen es sich an-
gelegen sein, den alten guten Ruf der Gastfreundschaft
ihrer Vaterstadt zu bewähren. Für die besuchenden Gäste
standen hinlänglich Privatquartiere zur Verfttgung, welche
indessen nicht alle benutzt wurden. Von verschiedenen Mit-
gliedern der Sektion Basel war ein reichlicher Vorrath von
Ehrenweinen spendirt worden, in welchem die Jahrgang«
von 1716, 1726, 1753 bis auf 1846 herab rühmlichst re-
präsentirt waren. Schon an dem gemüthlichen Vofrabend
des Festes erhielten dieselben gebührende Anerkennung.
Am 1. October Morgens fand die Hauptversammlung in
dem Museumsgebäude statt. Die academische Behörde hatt«
zuvorkommend sämmtliche naturhistorisehe und Kunst-
Sammlungen öiihen lassen, welche von den verehrlichen
Festgästen mit vielem Interesse besichtigt wurden.
Der Oentralpräsident Herr ' Meyer-Bischoff begrüsstt
Namens des Central-Gomit^ und der Sektion Basel di«
schweizerischen Besucher mit herzlichen und freundschaft*
liehen Worten. In der Einleitung seines Geschäftsberichtes
berührte er die höhern Zwecke des schweizerischen Alpeu*
Clubs, und betonte, wie es sich sämmtliche Mitglieder des-
selben zur Aufgabe machen sollten, sich als Pioniere dem
Dienste der Wissenschaft unterzuordnen. Er sprach femer
Namens des Central-Comit^ und aller Anwesenden der Re-
Chronik, 13
daktion and allen Mitarbeitern des ersten Jahresbaches den
winnsten Dank für ihre viele Mühe und Arbeit aus. Hierauf
folgte eine kurze Darlegung der Thätigkeit des Central-
Comit^ im abgelaufenen Geschäftsjahr, mit Bericht ttber
unsern finanziellen Status, und dann begannen die weitern
Verhandlungen der Versammlung, aus denen wir die wich-
tigsten der Reihe nach folgen lassen.
Als Festort für 1865 wurde Chur und als Central-
präaident Herr Cantons-Forstinspektor Goaz, jetziger Ob-
naim der Sektion Rhätia einstimmig gewählt
Die letztjährigen Excursionsgebiete der Tödigruppe und
de« Triftgletschers bleiben zur Ergänzung noch für 1865
nf denTractanden; als neue wurden bezeichnet das Gallinari-
fiebiet zwischen Lugnetz und Medels, femer die Selvretta-
filetscherregion im Prättigau.
Für die Herausgabe des Jahresbuches wurde ein stän-
tiigesRedaktions-Gomit^ erwählt für die Dauer von 3 Jahren,
Alt Wiederwählbarkeit, aus den Herren
Dr. Abrah. Roth in Bern,
Apotheker Lindt in Bern,
Professor Rütimeyer in Basel.
Der Paragraph 5 der Statuten wurde des ferneren dahin
abgeändert, dass auch nicht in der Schweiz wohnende Aus-
Hader in dl&n schweizerischen Alpen-Club aufgenommen
werden können und sich wegen der Aufnahme nur bei ir-
gend einer Sektion zu melden haben.
Als Ehrenmitglieder wurden einstimmig aufgenommen die
im die Elrforschung der Hochalpen vielverdienten Henren
Professor Agassiz in Cambridge (Nordamerika),
Professor Tyndall in London. .
Auf den Wunsch der Sektion Aarau wird den sämmt-
liehen Sektionen anempfohlen, eine Ordnung des Führer-
14 CkrmmiL
Wesens in ihren Cantonen roö^dist <n die Hand zu nehi
und Veneiehnidse der tfiefatis«ten Bo^rfölirer anziiferti
nnd dem Comite einzusenden. Anf den Antrag* des H(
Coaz wird das Central-Oomite bd der nidisten Gene
Tersammfamg Vorschläge bringen, nm die Nonienclatiir
noeh anbestimmten Bergspitzen anf geeignete Art zn
ganzen nnd überhaupt rationeDere Prineipieu auf dies
Gebiet znr Geltung zn bringen.
Dieser Antrag wird Yon den besten nnd gewiegtes
anwesenden Montanisten wann befürwortet. Damit wiii
diese Sitznng geschlossen nnd um 1 Uhr in dem geschraa«
voll deeorirten Saale des C«f<^ National ein gemeinsehi
liebes Mittag-Essen eingenommen, an dem 9S Mitglied
worunter 53 Gäste nnd 45 Angehörige der basleriscli
Sektion theilnahmen. — Mitten auf der Tafel prangte :
Tafelaufsatz die ziemlich getreu nachgebildete Pyrami
des noch jungfräulichen Matterhom. Lebhafte und hei
liehe Toaste würzten dieses fröhliche Mahl, nach dess«
Beendigung alles sich zerstreute, um die Stadt und ih
Umgebungen zu besichtigen. — Abends 7 Uhr fand si<
wieder zahlreiche G^ellschaft zusammen in den alterthüi
liehen Sälen des Schfitzenhauses und verlebte den Abei
noch in ungetrübter Festfreude. — Für Sonntag Vormittaj
waren verschiedene Ausflüge in die Berge von Basellai
verabredet Als Endziel war Liestal bestimmt, wo ms
sich im Gasthof zum Falken noch einmal zu einem einfache
Mittag-Essen vereinigte. Zu schnell für Alle entschwan
die Zeit, und das unerbittliche brausende Dampfross eni
* führte uns schnell die lieben Gäste, die in ihre Heim*'
zurückkehrten, wie die Basler hoffen, in froher Erinnerun
an das 2. Jahresfest des schweizerischen Alpen-Chibs. -
Möge es noch lange in ihren Herzen fortleben!
IL
Fahrten im Clubgebiet.
Bericht
ftber die Excursionen im Trift-ftebiet während
des Sommers 1864.
Von R. Lindt
i/as für verflossenes Jahr zum hauptsächlichen Tummel-
tz der Schweizer Clubisten ausersehene Gebiet des Trift-
d Rhone-Gletschers bot in vielen Beziehungen den Reiz
Unbekannten; noch existirten keine genauen Karten
r dieses so lange arg vernachlässigte Gebirgs-Revier;
centrale Kamm mit den höchsten Spitzen war noch un-
üegen; andere an der Peripherie liegende Gipfel harrten
nfalls der nähern Bekanntschaft mit der forschungs-
igen Menschheit, neue Uebergänge quer durch die Kette
Uten in verschiedenen Richtungen versucht werden; .nicht
inder war bis jetzt die Nomenclatur des Gebietes, vielfach
ickenhaft und unbestimmt, und mit Sehnsucht harrten
Böhen und Thäler der freundlichen Pathen, welche angelockt
iurch die begeisterten Schilderungen der Pioniere dieser
Begion, oder durch die einladenden Oombinationen, zu denen
^e Gestaltung des Gebiets Anlass bot, Leib und Seele an
^ hehren reinen Gottesnatur erquicken wollten. .
Schweizer Alpen-Clab. 2
18 Lindt,
Wo früher in seltenen Fällen die Thalleute die Gletscher
überschritten, sei es um Vieh zu rauben, wie in den alten
Fehden zwischen Bern und Wallis, sei es im gefährlichen
aber Gewinn bringenden Schmuggel zur Zeit der Franzosen-
kriege, oder flüchtend vor Krieges Noth, ziehen jetzt muntern
Sinnes kreuz und quer die Gletscher-Touristen sicher untei
der Führung ei'probter Männer und wohl versehen mit dei
Leibes Nothdurft, in ihrer Lust und Freude nicht ahnend, dasi
auch in diesen dem Treiben der Menschen entrückten HöheB
Mitmenschen in Verzweiflung und Todesnöthen geningei
haben. So sollen nach den Erzählungen alter Thalleu
österreichische Deserteure diesen Weg eingeschlagen, in d
eisigen Wildniss aber elendiglich bis auf einen einzig
umgekommen sein; ebenso verunglückte ein Gnttanner
einem Gletsch^rschrunde, als er zu verbotener Zeit Scha
unbemerkt in das Bemer Gebiet treiben wollte.
Die gedruckten Notizen über unsere Gegend finden
in Gruners Eisgebirgen des Schweitzerlandes von 17
diesem seiner Zeit sehr verdienstvollen Werke. Wenn
auch die damaligen Anschauungen und Ansichten über Gl
scher und deren Verhältnisse jetzt kindlich und possierli«
vorkommen, so erstaunt man andererseits über viele gena
Schilderungen. Unsere Höhen sind richtig benannt, ei
isl der Name die guten Flühe zwichen Thierberg und Galeai
Stock total verschollen, dagegen hält Grüner den Rhonei
Gletscher als den Ausläufer des Trift- und GelmeivGletschen^
in der Landschaft Bern und des Steinbei^- und Lochber^
Gletschers in der Landschaft Uri, welche alle sich zwischcf
den Firsten der Furka auslären. Die Gletscher-Mulde Belbsl
beschreibt er als einen grossen 6 Stunden langen KasteOi
in welchem dieser Eisklumpen liegt.
Später treffen wir in Hii^üs ^Ipen-Heisen eine korac
Trift-Gebiet. 19
BeBchreibmig namentlich der Umgebung des Sustens, doch
vttdte dieser eifrige Gletscher-Erforscher seine Arbeiten,
vie bekannt, mehr andern Gegenden zu. Eine anziehende
Beschreibung des Göschener Thals und der Gdschener Alp,
ieren imposante Schönheit gebtlhrend hervorgehoben wird,
Iteht in dem Gemälde der Schweiz, Kanton Uri, von Dr,
I. Lusser; das Lexicon v. Lutz, die Handbücher v. £bel,
fischeru. s.w. enthalten ebenfalls einige kurze Bemerkungen.
Die genauere Kenntniss der Gegend verdanken wir einer
fon Herrn Reg. -Stattkalter Studer im Jahre 1 839 unter-
aommenen eigentlichen Entdeckungs- Reise. Herr Studer
eifl't in seinen Topographischen Mittheilungen den grossen
erigen Irrthum der Karten nach, welche nach den feh*
aften Bestimmungen des Ingenieur Frei die von der
indegg gesehene Gletscherhöhe als das Höchste Joch be-
ichneten. Die schönen Panoramen von Mährenhorn und
chiistock, die anziehenden Schilderungen der Ersteigungen
Susten- und Steinhaushonis, ebepfalls in Studer's Hoch--
l^en, feowie die Ersteigung des Gerstenhoms im Bemer
chenbnch von 1854 vervollständigten das richtige Bild
ieser Hochalpen.
Von Herrn Pfarrer Gerster wurde eine gedrängte Notiz
r seine Ersteigung des hintern Thierberg im Intelligenz^
ilatt von Bern 1 850 veröffentlicht.
Frisch und keck weht uns in den Gletscherfahrten von
mr. A. Roth ächte Fimluft entgegen; Sustenhoiii und der
Cebergang vom Gadmen-Thal zur Grimsel sind dort mit be-
ksnnter Meisterschaft beschrieben.
Auch englische Autoren würdigten unser Gebiet näherer
Beaditnng. Wir dürfen in unserm Ueberblick den Aufsatz
von Herrn Elliot Fiyrster, Fom Grütli nach der Grimsel in
toi Peaks, Passes and Glaciers 2. Serie IL Fol, nicht uner-
2*
20 Lindt.
wähnt lassen, ebensowenig die im alpine Journal Fol, l
No. 8. p, 235 enthaltene Notiz eines Uebergangs vom Gö-
schöner Thal nach der Furka, welcher offenbar irrthflmlicb
als Damma-Pass bezeichnet wird.
Die geologische Beschreibung der Gegend ist in dem
klassischen Werke, die Geologie der '^ Schweiz von Pro^
B. Studer enthalten; eine spezielle Abhandlung über dii
Geologie der Bemer Alpen unter den Aufsätzen dieses Ban
des, welche wir der freundlichen Gesinnung unseres hoch
verehrten Bemer Geologen verdanken , giebt weitere Auf
Schlüsse über diese interessanten Structur- Verhältnisse.
Zur genaueren Kenntniss des HasU- und Gadmen-Thali
des Grimsel- und des Rhone-Gletschers, namentlich in Be*
Ziehung auf Gletscher^Phaenomene, wie die berühmten Glet
scherschliffe etc., verweisen wir auf di« 1844 erschienene!
höchst anregenden Excursions et Sejours dans les Glacien
et les hautes regions des Alpes par Desor, in welchen di
•
dem klassischen, eine neue Epoche in der Gletscher-Theorii
begründenden Werke von j4gassiz, Etudes sur les g laden
zu Grunde gelegten Arbeiten in ihrer Entwicklung veirfol
werden könnend
Botanische Notizen müssen in den verschiedenen Flore
zusammengesucht werden. Am vollständigsten ist die Ge*^
gend der Grimsel und des Khone-Gletschers sowie des
Susten- Passes bekannt; die aufgefundenen Arten sind in
dem Ferzeichniss der Phanerogamen und Gefass^Krypto-
gamen des Berner Oberlandes von Herrn Professor Fischer
oder auch in den Floren von Hegetsehweiler und Gaudin
aufgezählt.
Weniger oder gar nicht möchte das Göschener Thal und
Alp in botanischer Beziehung erforscht sein.
Trift-Gebiet. 21
Topographie der Gegend.
Zwischen der Aare im Westen und der Renss im Osten
k einer geraden Distanz von circa 4V2 bis 5 Stunden, nörd-
lich begrenzt vom Gadmer- und Meyen-Thal, südlich von
dem Furka-Pass und dem Urseren Thal, dehnt sich eine
gewaltige Gebirgswelt aus. Vier parallele Gebirgszüge er-
strecken sich vorherrschend von Nord nach Süd, mit theil-
ireiser Neigung zu östlicher Abschwenkung. Der beträcht-
iehste weist im eigentlichen Centium auch die grösste
bhebung im Dammas-Stock auf.
Den westlichen Eckstein bildet das bereits 9232' hohe
ichtreiche Mährenhom, welches gegen den freundlichen
alboden von Innertkirchen als äusserste Schildwacht den
gern Benzlaui-Stock vorschiebt. Gegen das Nessithal
steilen Gehängen abfallend, sandte es früher zu wieder-
iten Malen verderbliche Lawinen zu Thal. Eine derselben
b im Jahr 1817 einen Theil der Familie Weissenfluh.
82jährige Grossmutter unseres Vaters Weissenfluh ver-
bei dieser Katastrophe das Leben, 3 Kinder und ein
eben wurden glücklich aus ihrem kalten Grabe errettet,
(ber die Einsattlung des Furtwang steht dasselbe in Ver-
dung mit Steinhaushom und dem noch unerstiegenen
ilsen des ELilchli-Stocks. Auf diese folgen südlich die
ächten- und Diechterhömer. Von der nördlichem Gruppe
erstem zieht sich über das Strahlhom der zackige Seiten-
der Fordern Gehnerhömer gegen die Aare* zu und
iesst die abgelegene Gelmer Alp von dem Hauptthal ab.
Thieralpli-Stock tritt eine zweite Gabelung des Gebirgs-
ein, südöstlich nach dem Thier-Gweid und dem seinen
tief in den Rhonefira hinausstellenden Tellen-Stoek; in
22 LindL
südlicher lüchtnng setzt sich der Hauptkamm über die hinte
Gelmer- unddieQerstenhömer nach dem Naegelis-Grätli fo
welches in steilen randlichen Felssätzen nach der Grimselhö
abfölft. Die westliche Seite dieser Kette gegen das bekam
Hasli-Thal weist vielfach zackige mit steilen Firn- und Gl(
scherhalden gepanzerte Gräte und wilde Felsabstürze, welci
die hoch hinaufragenden spärlichen Weiden mit Geröll ui
Schutt bedrohen. Die tiefem Gehänge sind theilweise mit Wi
düngen und grünen Weiden geschmückt. Zahlreiche Was«
runse führen in die Tiefe des Thals und senden ihre Gewä3ji
der tobenden Aare zu. Der einzige begangene Pass ffti
über den Furtwang von Guttannen nach dem Trift-Gletscb
undGadmen; wiederholt wurde dieser Uebergang von Hen
Prof. B. Studer mit seinen Schülern auf geologischen Excd
sionen ausgefthrt.
Die östliche Abdachung, in ihrem nördlichen Theil daii
verschiedene Absenkungen in schöne Buchten getheiit) i
deV südlichen Hälfte beinahe eine gerade Linie verfolgeiM
wird bis zur Kammhöhe von Firn bedeckt. In prachtvoH
Mulde dehnt sich von der diessseitigen Thalwand ein git)»«^
Fimsaal bis zur Centralkette, auf beiden Seiten in weich
Böschungen ansteigend. Dies vereiste Hochthal wird zied
lieh in der Mitte durch eine Querscheide, die Trift^Limnd^
welche der Limmi-Stock in eine obere und untere theilt, i
zwei beinahe gleich grosse Reviere getrennt. Nach Sfldd
drängt der erst flache, dann immer zerrissener sich %^^^^
tende Rhone-Gletscher in eisiger Zunge gegen das W»1H
hinunter'. Seinen azurnen Gewölben entspringt der herrlicb
Rhodan.
*) Limmi bezeichnet in dieser Gegend eine praktikable EW
sattlung.
Triß'Gebiet 23
Von der Wasserscheide nördlich senkt sich der Trift-
CJetseher in ein schönes von felsigen Vorsprangen einge-
nhmtes Fimbecken, welches mit gew$tltigem Druck seine
sUrren Wogen durch eine vom Thälti-Stock einer- und dem
feek-Gratli andererseits gebildete Thalsperre durchpresst
nd eine wilde Zerklüftung des Eises bewirkt. Solche
I Lokalitäten widerlegen auf den ersten Blick die gewagte
iifteorie, nach welcher die Gletscher die Thalbildung ver-
vsacht haben sollten. Die chaotischen Eistrflmmer, auf der
[tttem Thalstnfe angelangt, vereinigen sich, einer plastischen
ifasse gleich, zu einem ebenen Gletscherbecken, das über
mt Windegg hinaus einen letzten kurzen Sprung macht, um
t finsterer Schlucht seine brausenden Wasser der Gadmer-
r zuzusenden.
Die Centralkette nimmt ihren nördlichen Ursprung an
ioem aus mehreren ansehnlichen Kuppen bestehenden Ge-
irgsstock, dem.Radolfehorn, Wanghorn, Gygli- und Drosi-
k. Entsprechend der Einsattlung des Furtwang, einer
ichzeitig geworfenen Spalte vergleichbar, wird diese
mppe von derjenigen der Thierberge durch die Steinlimmi
ennt Diese bilden einen massiven Stock, welchem keck
vordere Thierberg mit 3091 M. entragt, und durch ein
esFimthal geschieden, thürmtsich der hintere Thierberg
zu 3419 und etwas südlicher zu 3446 M. auf, und geht
iber einen schmalen Kamm in den Winterberg über, auf
Länge von circa 1 V2 Stunden stets eine sehr ansehn-
Kdie Höhe beibehaltend.
Auf der ümer Seite wird die ganze lange durch keine
tiefem Einsattlungen unterbrochene Kette vom Thierberg
\a» zum Gletschhom unter diesem Namen des Winterbergs
2B8ammengefasst, dessen kolossale, von jähen Eiskehlen
durchsetzte Felsabstürtze mit den auf hohen Terassen sich
24 Liridl.
anschmiegenden Gletschern / dem Maasplank-Gletscher und
Damma*Fim mit seinen Ausläufern des Rothfirns und Winter-
Gletschers die Umgebung nüt ewiger Erstarrung zu bedrohen
scheinen.*)
Die Thierberge weisen dem Trift-Gletscher ein kahles,
felsiges Antlitz; hur von der höchsten Spitze desselben er-
giesst sich in jähem Falle ein Firnstrom in den zwischen
dem Thältistock und einem vom Maasplankhorn, 3403 M.,
westlich sich auskeilenden Felsgrat eingebetteten Kessel. Ein
zweites erweitertes Seitenthal schmiegt sich südlicher an die
Hauptkette an, umfasst in seinem obern Theil von einem
Ausläufer des Schneestocks. Von der Höhe der Wasser-
scheide aber hinweg reicht der Firn in ununterbrochener
Blendung wellenförmig bis auf die höchsten Kuppen. In
prächtigen Bogen umspannen die grandiosen Schneedämme
den obersten Theil des Rhonej^Gletschers. 3435 bildet den
Eckstein, dann folgt 3547 und 3556. Dieße letztere Höhe
wurde als eigentlicher Schneestoek bestimmt, welche Benenn
nung früher dem gesammten Firnrücken zukam. Er wird]
um 77 M. vom Damma-Stock überragt i
Wenn verschiedene Standpunkte in der Schätzung dee
relativen Höhen zu der Vermuthung führten, der Dammar
Stock könne nicht der höchste Punkt sein, so muss dagegen
auf die Messungen der eidgenössischen Herrn Ingenieure
hingewiesen werden, welche gerade in dieser Gegend mii
äusserster Genauigkeit und Sorgfalt arbeiteten. Im unbe-
dingten Vertrauen auf diese Vermessungen unteriiess derj
Referent einen Reisebarometer mitzunehmen, bedauert aber,!
nicht wenigstens ein kleines Nivellirungs-Instrument zu sich
gesteckt zu haben. Es wäre vielleicht ganz am Platze,
*) Vergleiche das Panorama von der Göschener Alp aus.
Trift-^GehieL 25
veno das verehrliche Oentral-Comite solche und ähnliche
kleine aber praktische Reise-Instrumente anfertigen und wie
die Thermometer den Mitgliedern zum Ankauf überlassen
oder einen Mechaniker mit der Anfertigung und dem Verkauf
d^iBelben betrauen würde.
Von grossem Distanzen, wie vom Studer- und Wanne-
liom stellt sich übrigens nicht minder die Ueberzeugung fest,
dass der Damma-Stock mit 3633 M. der wahre unbeschi'änkte
Gebieter dieser Höhen sei, und auch auf seinem Scheitel
Behwand uns jeder Zweifel. Nur der frech sich in die Lüfte
spreizende Galen-Stock opponirt mit trotziger Miene und
Ddehte die Differenz seiner Höhe von 35 M. bestreiten, er-
zUrnt, dass ihm durch Messtisch und Theodolit unver-
Dmtheter Weise die Krone vom Scheitel gerissen wurde.
Doch was reden wir von Krone und Herrscher, alle sind sie
•Itehrwürdige schlichte Schweizer Bürger, ein jeder trägt
nach £j*äften bei zur Verherrlichung des Vaterlandes.
Der zweit höchste Punkt 3603 wird durch einen Felsen-
k^l gebildet, welcher haubenartig von einer mächtigen
Findecke überzogen ist; er wurde, da es nicht rathsam er-
•diien, den nun einmal fixirten Namen Damma-Stock hieher
als dem den Dammafitn eigentlich beherrschenden Gipfel zu
verlegen, Rhone^Stoek getauft, indem derselbe das ganze Ge-
biet des Rhone-Gletschers beherrscht
Es folgt etwas südlicher ein nach Osten sich abzweigen-
der wilder Felsenkamm, der im Gletschhom mit 3307 gipfelt
«ad sieh dann über den Loehberg und Spitzliberg gegen das
Benssthal absenkt.
lieber eine ziemlich tiefe, zu einem Uebergang gewiss
ganz passende Einsattlung setzt sich die Haiq>tkette im
prächtigen Galen-Stock fort. Stolz erhebt sich seine hehre
Gestalt ins Blau der Lüfte und besticht daher mehr als die
26 . Lindt,
langgezogene, allmählig sich erhebende massive Form de
Damma. Wie angekleb^ ragen seine Gefahr drohende
8chneewächten über dem dunkeln Abgrunde. Möge der Un
fall, der Herrn Dollfuss bei der ersten Besteigung durch di
Herren Desor und Dollfuss begegnete, spätere Besteiger zu
Vorsicht mahnen.
Gegen die Furka schliesst das Furkahom diese Central
kette ab. , '
Mit den Thierbergen durch ein mächtiges Firn-Hochthal
das gegen den Hintergrund des Göschener Thals in senk
rechten Fluhsätzen am Steinberg abbricht, verbunden, er
hebt sich- südlich der Susten-Passhöhe die schöne Gruppe dei
Sustenhömer in Form eifier mächtigen Pyramide mit 351 1 M-
die auf beiden Flanken von etwas niedrigem Ausgipfelungeo
gestützt wird (Siehe Studers Hochalpen). Sie gab, als be-
kannt, dieses Jahr zu keinen Besteigungen Anlass. Ent^
sprechend der Abbiegung der Centralkette schwenken auch
ihre Ausläufer östlich ab und umrahmen von Norden das
einsame Alpthal von Göschenen, in welches von dem Knoten-
punkte bei den Thierbergen in steilem schmalen Gehänge
der Kehlen -Gletscher niederzüngelt. SteinUmmi und Stein-
Gletscher senden in prächtigen Eisströmen dieüberfluthenden
erstarrten Massen gegen den Susten-Pass und gewähren dem
Wanderer eine prachtvolle Ansicht.
Die östlichste Gruppe ist die des kahlen und steilen
Flecken-Stocks oder Spitzliberges. Ein wildes Felsenjoch
verbindet sie mit den Sustenhörnern, von welchem der Wal-
lenbühlfiru in die rauhe Voralp hinuntergreift; nördlich ent-
sendet der Gebirgsstock mehrere Gletscher ins Meienthal;
das ganze Revier bisher völlige Terra incognita. Der SpitzH-
berg ist von Nordwesten wenig sichtbar; fttr die nähere
Umgebung wird er vom vorliegenden um 109 M. niedrigem
Trift-Gebiet 27
Stfiekli-Stock verdeckt, erst auf höheren Punkten, wie Hoch-
stollen, Seheibengütsch erhebt sicl^ seine Felsspitze über
den unbescheidenen Trabanten. Von östlichen Standpunkten
dagegen ist er leicht kenntlich an seinem schlanken Bau,
80 vom Sixmadnn und Bristenstock etc.
Bei der bedeutenden Erhöhung der Centralkette befrem-
det die bisherige Vernachlässigung des beschriebenen Ge-
biets, allein dieser Umstand erklärt sich leicht aus derWahr-
Dehmung, dass von beiden Seiten hohe Gebirgszüge den
Anbliok derselben verwehren, und daher dieser Stock nir-
gends für besuchtere Lokalitäten den imposanten Anblick
gewährt, der am gleich hohen Tödi so bezaubernd anlockt.
Nor von bedeutenden Höhen gewahrt man die gewaltige
Bodenerhebung, dann aber entwickelt sich auch ein Bild von
hohem Interesse, von gewaltiger Kraft und erhabener Ruhe.
Aus grösserer Feme von Norden her, z. B. von Bern, tau-
chen diese Berge namentlich bei Abendbeleuchtung deutlich
weissBchimmernd oder golden von der untergehenden Sonne
angehaucht, hinter den grauen Kalkgebirgen hervor, als
wollten sie im hehren Kranze unserer Bergesgipfel den ihnen
gebührenden Rang beanspruchen.
Vorbereitungen.
Wie bereits in der Chronik des Club erwähnt, wurde im
Frühhng vom Central- Comit^ ein Circular erlassen, welches
neben den nöthigen Angaben die hauptsächlichsten Erfor-
Bchnngsziele hervorhob; eine vorzügliche Excursionskarte
wurde, wenn auch etwas spät, vertheilt, und am Thälti-Stock
glänzte mit ihren säubern tannenen Wänden ein Hüttchen
dem Wanderer zu freundlichem Willkomm entgegen. Die
28 Lindt.
Herstellung desselben beseitigte einen früher oft empfun
denen Uebelstand, indem die Entfemnng der an den Glet
scherränderh liegenden Wohnungen zu beträchtlich war, un
gleichzeitig mit einem Uebergang noch im Centrnm grösser«
Besteigungen zu verbinden; erfordert ja der Marsch von
Mühlestalden nach der Grimsel einen Zeitaufwand von circa
15 Stunden, vorausgesetzt, dass man mit Genuss und Ver-
stand reist und nicht eine Hetzjagd anstellt
Die Lage der Hütte ist aber auch, abgesehen von dem
eigentlichen Zweck, eine ausgezeichnete. An den fehig-en
Absturz des Thälti-Stocks gelehnt , liegt hart vor ihr der
prächtige Hochfirn des Trift-Gletschers, ansteigend in meh-
reren Terrassen zur Höhe der Trift-Limmi; tief zu Füssen
klaffen die blauen Schrunde des Eissturzes, dessen Wogen
im tiefen Kessel unten wieder gebändigt das Bild eines ge-
fromen See's darbieten; dort wilde Leidenschaft, hier die
durch Kampf gewonnene selbstbewusste Ruhe. Jenseit& des
Gletschers dominiren die Fimhalden des Steinhaushorns
und der Gwächten- und Diechterhörner, mitten drin steht
mit seinem felsigen Absturz das Trift-Stöckli, während zur
Linken die in den Winterberg übergehenden Thierberge mit
ihrer rauhen Wildheit den Besucher abzuschrecken ver-
suchen. Wunderbar erhebend, ruft Herr Hofmann aus, ist
der Eindruck, wenn der schwarze sternenbesäete Himmel
sich von den schwach schimmernden weissen Bergesgestalten
abhebt und die ringsum herrschende Todesstille nur unter-
brochen wird vom fernen gedämpften Kauschen des Gletscher-
bachs. O! ihr guten Stadt- und Thalleute, die ihr kopf-
schüttelnd den Beweggrund zu Bergbesteigungen in blossem
Ehrgeiz sucht, es als ein tollkühnes Gebahren ausschreit,
die Natur in ihren geheimsten Werkstätten erforschen zu
wollen, kommt und schaut selbst, das Herz wird auch Euch
Trift-Gebiet. 29
aufgehen, ihr werdet mit uns empfinden, wie schön es ist
da oben, wie tausendfältig alle Mühen und Anstrengungen
belohnt werden.
Die dem Westwinde etwas ausgesetzte Position der Hütte
veranlasste die Berner Sektion, im Herbst noch eine Um-
manernng derselben vornehmen zu lassen. Sie misst circa
7'iD der Breite und 12' in der Länge, und enthält neben der
I mit duftendem Bergheu versehenen Schlafstelle einen schma-
len wackelnden Tisch und ditto Bank nebst eisernem Oefchen.
I Der schwierige Transport des Holzwerks die Thälti-Platten
i hinauf und der bescheidene Preis mögen die leichte Bauart
und nicht zu übertreffende Einfachheit entschuldigen. Für
ein Gletscher-Nachtlager logirt man ausgezeichnet und ris-
kirt nicht, eine Bougie-Note bezahlen zu müssen.
Es darf die Erwartung ausgesprochen werden, dass die
schöne Gelegenheit, ohne sehr grosse Anstrengung die Herr-
lichkeit einer imposanten Gletscherwelt zu gemessen und
selbst beträchtliche, majestätische Aussicht bietende Höhen
lu ersteigen, viele Bergliebhaber einladen werde, das gast-
liche Häuschen zu betreten und sich seinem Schutze anzu-
YCTtrauen. Für mehrtägige Arbeiten eines Naturforsijhers,
higenieurs oder Photographen ist die Station sehr passend.
Da die Reisen selbst dem freien Ermessen der Einzelneu
tberlassen bleiben, wurden keine weiteren ofßciellen Anord-
nnngen getroffen, und es lässt sich nicht verkennen, dass
das freie Handeln des Individuums uns oft unbotmässigen
Republikanern sehr behagt, dass allerdings einem, freien
frohen Entschlüsse die frische That auf dem Fusse folgt. Ob
aber mit diesem freien und vollkommen gerechtfertigten
Systeme sich nicht eine gewisse Initiative desCentral-Comit^
verbinden Hesse, möchte Referent sich dite Freiheit nehmen,
anzuregen.
30 Lindt
Die Vereinszwecke würden sichei*lich wesentlich geför-
dert, wenn bei Zeiten einzelne passende Persönlichkeiten für
gewisse Aufgaben gewonnen würden, sei es für besonders
wünschenswerthe Ersteigungen, für Zeichnungen oder Nach-
messungen, für Lösung physikalischer und naturwissen-
schaftlicher Fragen und dergleichen. Die Schwierigkeiten,
welche sich einer solchen Thätigkeit entgegensetzen, sind
zwar, wie wir wohl wissen, gross, allein es wären ergän-
zende Versuche in dieser Richtung bei passender Gelegenheit
wohl gerechtfertigt
Flaomässig und lebhaft attaquirten die Basler Monta-
nisten beinahe das ganze Gebiet und zeichneten sich durch
schöne Leistungen aus, sie bewiesen, dass auch nicht un-
mittelbar am Fusse der Bergriesen Wohnende das rechte
Zeug zum Gletscheifahren besitzen und dass es nicht nöthig
ist, eigene sich abschliessende Zirkel zu gründen.
Von Bern ging eine einzige grössere Expedition ab,
>\ eiche aber nur im Vorbeigehen einen üeberblick über diese
Reviere gewinnen wollte und daher zur Lösung eigentlicher
Hauptaufgaben nicht die nöthige Zeit verwenden konnte.
Uebefhaupt wurden die eingefleischten Bergsteiger dieser
Sektion durch andere Aufgaben im Gebiete der Bemer Alpen
in Anspruch genommen*.
Einzeln unternahmen mehrere, verschiedenen Sektionen!
angehörende Clubisten grössere ^nd kleinere Touren und ver-
danken wir denselben genauere Kenntniss über die von ihnen
erstiegenen Gipfel. Der Uebersichtlichkeit wegen lassen wir
eine chronologische Aufzählung der Excursionen folgen, so«
weit sie uns bekannt geworden sind.
1864. 6. Juli Aufrichtung der Clubhütte am Thältistock.
7. - 1. Ersteigung des Schneestocks durch Hm*
Wenger mit Weissenfluh.
Triß'Gebiet. 31
1864. 21. Juli 1. Ersteigung des Spitzlibergs durch Hm.
Raillard und Fininger mit Zgraggen und
Blatter.
26. - 2. Ersteigung des Schneestocks durch Hrn.
Raillard und Kiefer.
28. - 1. Ersteigung des Damma-Stocks, 3509 und
3603, durch Hrn. Hofmann mit Weissen-
finh und Fischer.
29. - 1. Ueberschreitung zwischen Thierbergen
und Thierbergsattel nach Göschener
Thal, von Hm. Hofmann.
1. Aug. 1. Ersteigung des hint Thierberg's, 3419'
durch Hm. Preisse mit Weissenfluh.
2. - 1 . Ersteigung des Diechterhorns durch Hrn.
8chwarzenbach mit Weissenfluh.
3. - 2. Ersteigung desDamma-Stocks durch Hrn.
Studer, Aebi, Lindt mit 2 Blatter und
Sulzer, nebst Ueberschreitung des Thier-
Alpligrats.
3. - Uebergang von Gadmen nach Grimsel von
Hrn. Rütimeyer.
6. - Uebergang über Stein-Gletscher nach Gö-
schenen von Hrn. Schwarzenbach mit
Weissenfluh.
6. - Uebergang von Göscheuen über Dammafim
und Tiefen-Gletscher nach Furka, fälsch-
lich Danuna-Pass genannt, von Hm.
Jacomb, englischer Clubist, mit Tännler.
12. - 2. Ersteigung des Spitzlibergs mit dem Vor-
alpstock durch Hm. Hauser mit 2 Eimer.
13. - Uebergang von Göschenen nach der Furka
durch Hrn. Hauser mit 2 Eimer.
32 LindL
1864. 13. Aug. Ersteigung des Galenstocks durch Hm.
Jacot.
13. - 1 . Ersteigung des Thieralpli-Stocks, 3395,
durch Hm. Jacot mit Uebergang vom
Gelmersee zur Clubhtttte.
1 3. - Ersteigung des Galenstocks durch . Hm.
Braun (Photograph).
10. Sept. Recognoscirung der Dammakette zur Auf-
findung eines Passes nach Göschenen
durch 2 Weissenfluh.
28. - Ersteigung des H. Thierbergs^ 3446, durch
Hm. Wenger mit Weissenfluh.
Erwähnung verdient, dass unser verehrter Herr Präsident
während 3 Tagen in der Clubhtltte aushai*rte und doch dem i
fatalen Wetter schliesslich weichen musste.
Bereisung des Gebietes. \
i
Wir ersuchen nun den freundlichen Leser, den Fuss-^
tapfen unserer Excursionisten über Fels und Eis, Berg auf j
und hinunter folgen zu wollen. 1
Ftlr die zahlreichen trefflichen Berichte und Mittheilun*J
gen statten wir den Einsendern, namentlich den Herren Stu-i
der, Hofmann, Raillard, Hauser, Schwarzenbach, PreisseJ
Wenger und Vater Weissenfluh, den aufrichtigsten Dank abJ
bei dem reichhaltigen Material war es aber unthunlich, die-]
selben ausführlich wiederzugeben, so dass wir genöthigij
waren, minder Wichtiges zu übergehen, um die Hauptpartien i
desto ungeschmälerter beibehalten zu können. ^
Der erste und letzte im Gebiet war Herr ff^enger aua^
Bern, welcher die Güte hatte, bei dem Bau der Hütte selbstj
Trift-Gebiet. 33
mit Hand anzulegen und den Transport der wenigen Uten-
süien zu besorgen. Bei Sehneegestöber wurde der Schnee-
stock zum ersten Mal bestiegen, von der Aussicht konnte
imter solchen Umständen aber nicht viel gerühmt werden.
Reichlich entschädigt wurde Herr Wenger jedoch im Septem-
ber bei seiner Ersteigung des Hintern Thierbergs, 3446 M.,
durch einen jener durch Klarheit ausgezeichneten Herbst- *
tage, welche sich unauslöschlich mit den zauberhaften Ein-
dröcken des erlebten Genusses der E2rinnerung einprägen.
Spitzliberg.
Mitte Juli waren auch schon Herr Raillard und Raths-
berr Fininger aus Basel zur muntern alpinen Thätigkeit aus-
Jezogen ; die unbeständige kühle Witterung, die verhängten
penzüge, durch welche wir Berner uns über den Zustand
r Hochfirne täuschen Hessen bis wir von mehreren Seiten
ie frohlockendsten Nachrichten erhielten, beeinträchtigten
ar zeitweise die Ausführung ihrer Pläne, rasche Ent-.
hlossenheit verhalf ihnen aber doch zum Siege.
Nachdem sich die beiden Herren von ihrer Excursion
paf die Windgälle in Amstäg erholt, wo der menschen-
Ibundliche Ereuzwirth seine Gäste auf die Vorzüge des
bietscherwassers aufmerksam zu machen und ein allge-
pidnes Vorurtheil gegen den Gebrauch desselben zu besei-
k^n suchte, begaben sie sich mit den Führern Maria Trösch
ind Ambr. Zgraggen über Göschenen nach den im einsamen
foralptfaal gelegenen steinernen Hütten von Homfeli, um
)ron hier aus den Spitzliberg, wie der Flecken-Stock vorzugs-
ireise in der Umgebung genannt wird, zu erklimmen. In
pDhaltendem Marsche über l*auhe Pfade erreichten sie gegen
ifittag die oberste neu erbaute und mit Latten gedeckte
Schweizer Alpeo-Clab. 3
34 Lindi.
Hfltte, welche auf einer mit Steinblöcken besäeten Terrasse^
auf den Flühen genannt, gelegen, i^ur für wehige Tage im
Hochsommer von den Sennen bezogen wird.
Durch strömenden Regen an weiterem Vordringen ge*
hindert, braditen die armen Reisenden ohne Decken und
nur mit knappem Proviant versehen, eine lange kalte Nacht
in dieser aus aufeinandergeschichteten Steinen aufgeführten
Hütte zu, durch deren Fugen der Wind unbarmherzig blies,
und in der sie zum Schutz vor der Nässe des Bodens auf
einem vom Dache losgerissenen und über zwei Steine ge>
legten Brette sitzend, mit Plaudern, Rauchen und demUDte^
halten eines Feuers sich ergötzen mussten. Nur einer anSj
der Gesellschaft zog es vor, unter einen hinten an die Hütte |
sich lehnenden Felsblock zu schlüpfen, wo er in stoischeffj
Ruhe die Kameraden, welche ihm als Unterlage einiges Qm
Strauch reichen wollten, abmahnte mit den Worten: r^LöhnUL
numme si, i lieg ganz tveich, i lieg ja im Dr , .,!^ «j
Der Rückzug war unvermeidlich; durchnässt und stilli
. langte die geschlagene Kolonne schon um 7 Uhr Vonnil
wieder in Göschenen an. In Bogen umwanderten sie dies
und den folgenden Tag, bei trübseligem Himmel, den
wirthllchen Gebirgsstock über Wasen und die Sustenstri
bis Innertkirchen. Doch als Nachmittags der Himmel
aufhellte, spukte plötzlich wieder in ihren Köpfen derSpil
berg, und obschon sie sich nicht verhehlten, dass desi
Besteigung von dieser Seite zeitraubender und beschwi
lieber sei, wurden rasch die nöthigen Vorbereitungen
troffen, dem trotzigen Gesellen noch einmal zu Leibe
gehen. Von Meiringen wurde Caspar Blatter herbeschiedid
und mit ihm und Zgraggen noch Abends 9 Uhr die Steinajlj
wieder bezogen. Lassen wir nun Herrn Raillard selbst dl
weiteren Erlebnisse schildern. i
Trift-Gebiet 35
Frfih um 2 Uhr, es war Donnerstag den 21. Juli, wnrde
iiticipando ein tüchtiges Frdhsttick eingenommen und Punlci
} Ubr traten wir in die dunkle Nacht hinaus. Aber welch
ime Nacht! Die Sterne flimm^*ten in unbeschreiblicheiQ
ttanz am wolkenlosen Himmel, welch ein Tag musete dieser
Xaeht folgen! Der gewaltige Stein-Gletscher, der endlos in
ier dunkeln Feme sich zu rerlieren schien, mit seinen
Mossalen Eisbergen und Schrunden machte eine recht un-
lomliche Physiognomie, und drüben das hohe Sustenhorn,
Insen weisse Kuppe mit dem dunkeln Himmel wundervoll
tentrastirte, schaute in seinen Eism^ntel gehüllt, bleich und
isterhafk auf uns hernieder.
Mit einigen frohen Juchzgern, die wir in die stille Nacht
anssandten, machten wir unsrer Freude Luft;, dass der
mel dies Mal uns b^ttnstigte, und die kühle erfrischende
rgenlnft, welche vom Gletscher ^u uns herüberwehte,
ich bald vollends den Schlaf von unsern Augen. Es
hell genug, um die bequeme Sustenstrasse hinau&u-
dem und als wir auf der noch mit Schnee bedeckten
höhe anlangten, begann es schon zu tagen. Hier ver-
en wir den Weg, überscbri'ftten ein kleines Schneefeld
zogen uns rechts auerst über moosige Abhänge, dann
Geröll und Schutthalden, oft nur über schmale Absätze
itend, um die schroffen Ausläufer des Boekbergs herum.
Zu unsrer Linken stieg aus der Tiefe der Kalchthal-
het bis an die nördlichen Abhänge des Sustenhoms
r, und wir hofften, unsere Richtung verfolgend ohne
bzusteigen über den oberen Theil dieses Gletschers
Jodi zu erreichen, welches in steilem FelsaJ^sturz dieses
abschiiesst, und an dessen Südseite der Wallenbühl-
her sidi in das Yoralpthal hinabsenkt. Wir gewahr-
ten jedoch bald, dass der Gletscher in seinem obei^ea« Tkeil
3*
36 Lindt.
sehr zerklüftet ist, und zogen vor, jetzt schon auf denselben
hinunter zu steigen, um dessen Mitte zu gewinnen. Es war '
5 Uhr, als wir das Eis betraten, welches sehr fest und glatt
war; wir lavirten zwischen den Schrunden hindurch quer
über den Gletscher, bogen dann rechts südlich über ein
steiles Schneefeld hinauf, und lagerten uns bei'm Betretlsii
der Felspn, um unser Feldfilihstück einzunehmen.
Wie schmeckte es uns in dieser Luft, in dieser wunder-
vollen Natur; die Bergspitzen leuchteten bereits im goldenen
Glanz der aufgehenden Sonne, es war einer jener Gottes^ j
morgen, die unbeschreiblich sind, wo ^ die ganze Natur ia 1
solch unübertrefflicher Reinheit vor uns liegt, als wäre sii \
eben erst aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen, und ^
wo wir uns selbst über alles Irdische erhaben fühlen. — 1
Doch nicht lange durften wir uns diesen wonnigen Träutj
men hingeben, denn nun galt es, die sich in erschreckend<
Höhe vor uns aufthürmende Felswand zu erklettern; di
Gestein war sehr verwittert und locker, so dass man 8i<
nicht immer fest darauf verlassen durfte; auch musste
Vorsidit angewendet werden , dass nicht die zuletzt Gehei
den von den sich stets lösenden Steinen getroffen wttrd<
Wir gebrauchten hiezu eine volle Stunde und erreichten
7 Uhr die Höhe des genannten Jochs, welches den Stücklii
Stock mit dem Sustenhorn in einer Höhe von 2657 M.|
verbindet und als schmaler Felskamm den Kaichthal- uo4i
Wallenbühl-Gletscher trennt, eines Fasses, der bereits vqtt
mehreren Jahren von ünserm vielgereisten Herrn G. Studeu
überschritten worden. J
Hier öffnete sich uns schon eine glänzende Aussicht^
alle Berge prangten in herrlichster Morgenbelenchtung; liin«J
ter uns im Norden die schwarzen Urathshömer, der breit^
Titlis mit seinen senkrechten Felswänden, rechts die Sjisteii*^
Trift-Gebiet 37
hdraer mit ihrer zierlichen Firnbekleidung, der Homfeli-
Itock; gerade vor uns in der Tiefe das uns bekannte Voralp-
ihal; zunächst zu unsrer Linken derSttIckli-Stock, der einen
ffletscher nach dem Kalchthal und einen Felsgrat gegen uns
lerabsendet; weiter südöstlich unser Ziel, der felsige Gipfel
fa Spitzlibergs, dem wir nun unsere besondere Aufmerk-
samkeit zuwendeten, und dessen Entfernung und Gestalt
lB8 noch ein gutes Stück Arbeit in Aussicht stellte. Doch
•m ist das für ein schwarzer Punkt dort drüben auf dem
fftlis-StoIlen, er bewegt sich? — Das Fernrohr zur Hand,
d wir bemerken deutlich einen einzelnen Mann, der nach
Gipfel wandert, den hat auch der schöne Tag früh
Bßgeloekt —
Nach wenigen Schritten betreten wir den Wallenbühl-
cher, der anfänglich stark abfällt, wendeten uns jedoch
d links in der Höhe bleibend, über steinige Abhänge, und
Hekten von hier eine Gemse, die auf einem Felsvorsprung
end, uns längere Zeit nicht zu bemerken schien, bis sie
witternd, plötzlich bergauf eilte. — Auf einer höheren
achung angelangt, tiberschritten wir einige Schneefelder
lagerten uns bei einer Quelle, um uns fiir die letzte
Btliche Arbeit zu stärken, denn nim galt es erst dem
ntliehen Berggipfel zu Leibe zu gehen. —
Von hier aus ziehen sich mehrere steile Felsgräte gegen
Berg hin , und nachdem wir während längerer Zeit über
en derselben hinaufgeklettert, gewahrten wir, dass er
t mit dem oberen Theile des Berges zusammenhängend
, und wir mussten denselben wieder verlassen, um einen
cm Kamm zu ersteigen, von wo aus wir plötzlich -in
ger Entfernung unter uns jener Alphütte auf den Flühen
Wchtig. wurden, in welcher ^ir drei Tage vorher eine so
^^erquickliche Nacht hatten verbringen müssen; wie ver-
38 LindL
schieden war heute der Anblick dieser Gegend gegen da
mals! Dieser Grat war so steil, dass meistens auch ^
Hände zu Hülfe genommen werden mnssten, doch wurde di
Steigang nach oben geringer und ttber ein kleines jälMi
Schneefeld gelangten wir um halb 11 Uhr auf eine fels^
Einsattlung, wo sich uns die Aussicht nach Osten öl
nete. —
Hier erblickten wir den Gipfel unseres Berges in i
verführerischer Nähe, dass wir denselben in weniger al
einer Stunde glaubten erreichen zu können, und Blatte
kletterte ein Stück weit ttber die Felsen weiter, um zu Ji
cognosciren, erklärte aber bei seiner Rückkehr, es sei M
unmöglich, hier weiter zu kommen, und wir würden al
Besten thun, wieder bergab zu steigen und unseren We|
über den Schnee hinauf zu suchen. Rasch ging es ntk
wieder eine gute Strecke abwärts, dann wurde rechts all
geschwenkt und eine Schneekehle betreten, die sich entsetti
lieh steil aber direkt nach dem Gipfel hinzieht; der Schnei
war weich, und obschon langsam, näherten wir uns dod
zusehends der Höhe. Noch gings behutsam längs eiml
überhängenden Schneegwächte vorbei und Hailoh! wir staK
den auf dem höchsten Gipfel des Spitzlibergs. Es war 5 MM
nach 1 Uhr, und welche Aussicht! kein Wölkchen war sidil
bar am weiten Horizont. —
Doch vor allem lasst uns ein wenig ausruhen, wir siri
seit 10 Stunden auf den Beinen, und es war heiss, sete
heiss, hier auf dieser Höhe noch + 15^ Rr. Eine Flasche
Burgunder wurde entstöpselt, und wir feierten Hochzeit n^
dem jungfräulichen Berge; wie ein Regen auf dürrem Erd-
reich, so versiegte die labende Flüssigkeit in den ausge*
trockneten Kehlen. Es ist ein unbeschreiblich erhebendes
Gefühl, zum ersten Mal einen Gipfel zu betreten, auf deii^
Trift-Gebiet 39
so Ung die Erde steht, noch kein Sterblicher geweilt; wir
idunen durch Aufstellung der Fahne Besitz davon, und es
ktiins, als ob derselbe nun unser Eigenthum wäre; wenn
vir ihn später einmal wieder aus der Ferne erblicken, so
Äeoen wir uns, wie wenn wir einen alten lieben Bekannteh
vieder sehen. —
Da flattern vier Schmetterlinge an uns vorbei, als woU-
in sie uns auslachen, dass wir so schwerfällig da herauf
lestiegen; dies leichte beflügelte Volk hat's bequemer. —
Der Gipfel hat eine ansehnliche Fläche, ist etwa 20
Schritte lang und hat die Richtung von Südwest nach Nord-
it; die eine Hälfte desselben besteht aus einer Wölbung
OD Firnschnee, die nordöstliche dagegen aus zerbröckeltem
ichem Gestein. Aus dem Schnee gruben die Führer
vollständige Gerippe einer Gemse, deren Kopf jedoch
tief im Eise verborgen war, dass wir wegen Mangel an
it darauf verzichten mussten ihn auszugraben, um die
rner mitzunehmen; es war vermuthlich ein angeschossenes
ier, das sich auf diese Höhe geflüditet und hier verenden
te. — .
Mit unbeschreiblichem Genuss weidete sich unser Auge
der entzückenden Aussicht, die uns in unübertrefflicher
inheit entgegenstrahlte, und deren Grossartigkeit und
Ausdehnung überwältigend ist; die Zeit gestattete uns leider
pieht in die Einzelnheiten derselben einzutreten, wir mussten
^IM mit dem Gesammteindrucke begnügen, der uns immer
i iDve^esslich sein wird.
Dieser Berggipfel kann wohl nur von der westlichen
Wie bestiegen werden, und der Reisende hat die Wahl, ent-
weder die sehr steilen zerklüfteten Felsgräte zu erklimmen^
^er die sich bis zur Spitze jäh hinaufziehenden Schnee-
fehlen zu benutzen, welch' Letzteres bei auch nur einiger-
40 Lindt,
massen günstiger BeschafTenheit des Schoee's weniger
beschwerlich und zeitraubend und deshalb auch mehr zu
empfehlen ist. Jedenfalls ist eine Besteigung von Göschen^
über die Yoraip und die Flühen, wie solche bei unserem
eitsten Versuch durch die schlechte Witterung vereitelt wurde,
weit vorzuziehen , da dieser Weg näher und bequemer ist.
Während wir den heutigen ersten Besuch dieses Gipfels
auf einem Zettel notirten und ihn in die leere Flasche v^r*
sorgten, waren die Führer beschäftigt, ein SteinmannU zn
errichte^, in welchem eine Fahne aufgesteckt und in dessen
Fuss die Flasche verwahrt wurde. Der Aufenthalt auf die-
ser Höhe war bei der warmen Temperatur äusserst ange-
nehm, und es fiel uns nun um so schwerer, uns wieder von
diesem mühsam errungenen herrlichen Standpunkt trennen
zu müssen; doch die Zeit drängte, und. wir hatten bis zur
Steinalp noch einen langen Rückweg vor uns. —
20 Min. nach 2 Uhr, nach einem Aufenthalt von V4 Ston«
den, wurde wieder aufgebrochen; wir betraten anfänglickh
die nämliche Schneebahn, über die wir heraufgekommen,]
statt aber dann wieder über die Felsen zu steigen, folgteHKJ
wir den Schneekehlen, welche gerade abwärts führen, und pb^
schon wir mit jedem Schritt bis über die Kniee in den Sehneo^
sanken, ging es doch bei unsern langen Schritten rasch vor*>i
wärts, und wie erstaunten wir, als wir auf der Seiten-Moränej^
des Wallenbühl-Gletschers anhielteuund nach der Uhr ßaheuyi
dass wir nur eine Stunde gebraucht hatten, während uns der«
Weg von hier nach der Spitze, allerdings mit einigen Irr-
fahrten, über 5 Stunden Zeit gekostet hatte. Wir betrateni
nun den Gletscher, den wir seiner Länge nach hinanstiegent
und wie wohl behagte es nach all' dem Klettern unsern
Gebeinen, wieder auf einem richtigen Gletscher marschiren
zu können. n
Trifh^GebieL 41
•
Um 5 Uhr gelangten wir auf das Joch, von wo wir wie-
der eine Yolie Stande an der Felswand nach dem Kaldithal
kinabzuklettern hatten, und da wir fanden, es sei nun für
heute des Steigens und Klettems g^iug, so gelüstete es uns
aieht mehr nach den steilen Abhängen zu unsrer Linken,
lODdern wir wendeten uns über die Gletscher hinab , um die
«B dem Thal yerführerisch lockende Sustenstrasse zu ge-
linnen; ein zwar etwas weiterer aber desto bequemerer
Weg, auf dem wir gegen 9 Uhr die Steinalp erreichten,
vekhe wir 17^4 Stunden vorher verlassen hatten, vergnügt
iker den erlebten unvergesslichen Tag, mit Oeföhlen des
Ihnkes gegen Gott, der uns alle vor jedem Unfall bewahrt
kitte, und mit der Befriedigung, einen Berggipfel ttber-
pmiden zu haben, der uns nicht wenig Zeit und Mühe ge-
^t —
Das gleiche Ziel im Auge rückte 14 Tage später Herr
er V. Glams, der thätige Präsident der Sektion Tödi,
dem vorjährigen Revier in argem Sturm von Unter-
ehen über das Brunni-. und Griesthal in die Gotthard-
e einmündend, das Göschener Thal hinauf. Es war
b diesen Tagen des August vom 9. bis 11. in den Alpen
)k tief in die Weiden hinunter Schnee gefallen, der sogar
hbzimiDorfGdschenen reichte, und eine empfindliche Kälte
*Khte sich bis in die untern Gegenden geltend.*) Die
Beerden hatten die umliegenden Alpstäfel verlassen und
Behntz in den heimathlichen Ställen suchen müssen. Die
Temperatur der Luft am 12. August Morgens 6 Uhr im
Wiatten betrug in Göschenen + 9^ 6 L. Auf dem Marsche
Ä die Voralp wird der Wanderer durch malerische Natur-
*) Siehe die der Redaktion gütigst mitgetheilte meteorologische
^otiz unter den kleinem Mittheilungen.
42 Lindt
Seesen ttberrascht; aus dem wilden Thalgnind winkt pLöts-
Uch zwischen den Tannen die weissgetiinchte Kapelle d»
Oöschener Alp; oberhalb des Zusammenflnsses der Bftcfae,
welche aus der Göschener- und Yoralp in rauschendem Laufie
zu Thal stürzen, schimmert durch einen Säulengang von
dunkeln Tannen ein schöner Wasserfall. des Voralpbaches,
zu beiden Seiten ragen gewaltige Coulissen von granitischem
Gestein, mit Tannen und Bergföhren eingefasst, in die Bläue
des Himmels.
In Mittwald, wo bereits die Senten wieder eingertickt
waren, stiess unser Freund auf ein originelles Bild der pri-
mitivsten Alpwirthschaft, die wahrscheinlich eine Prärogative
der Umer Alpen ist.
Das Sennthum dieser Alp, berichtet Herr Hauser, be-
steht aus 37 Kühen; die ganze Sennerie dessel|;»en wird ixor
ter einem einzigen Felsblock betrieben, dessen Südseite eine
Höhlung bildet, unter der man kaum aufrecht stehen kann^
zwei elende Schirmmäuerchen zur Linken und Rechten ver*
engen den Eingang, welch' letzterer dem Eintritt alles Leben-
den und Todten offen ist In dieser Höhlung werden Zieger
und Käslein gemacht; neben dem Kessel ist die Schlafstätte
von Senn und Hund, welche in der letzten Nacht mit einem
halben Fuss zugewehten Schnee's bedeckt wurden. Welcher
Kontrast zwischen diesem Bilde menschlicher Kultur oni
jener objektiven Scene vom Waldstrom und Hain, welch' ein-
gefleischte Urprosa dort, welch' phantastischer Schwung hier!
In dieser Naturhöhle hätten auch wir die Süssigkeitei
des Nachtlagers zu kosten gehabt, wenn uns nicht ein zor
fälliger Umstand begünstigt hätte: In Homfeli nämlich be
fand sich ein alter Jäger, Namens Hans Gamma in dei
'Hütte, welcher schon seit 14 Tagen seine Kuh an einen
Beinbruch arznete; hier wies uns nun die Fürsicht dei
Trift-Gebiet. 43
8diiek8als unsere Schlafstäite an. Es war SVa Uhr, als wir
4i8 luftige Gebäude erreichten, wo die Buben des Jägers
•dt einigen Tagen ein permanentes Feuer unterhalten muss-
teil, damit der Patient nicht vor Kälte zu Grunde gehe.
Wir ergriffen alsbald Besitz von dieser Hütte und richteten
ans ein, als Besitzestitel stellten wir eine (neben derselben
K^^ide) Stange, an welcher wir das von Hanse mitgenom-
■ene 4 Ellen lange Flaggen tuch anknüpften, am Frontispiz
des Hauses auf, damit dem ferne weilenden alten Gamma
das Zeichen werde, dass das Spital seiner Kuh diesen Abend
iD etwas Aussergewöhnliches metamorphosirt sei.
Während unsere Flagge lustig wehte, zeigte sich uns am
westlichen Horizont ein interessantes Phänomen optischer
Tiusehung. Am ganzen Himmel war kein Wölkchen zu
iAen, nur auf dem Scheitel des Homfeli-Stockes erschienen
«Ds einige transparente Flöckchen im Gold der untergehen-
den Sonne, deren Kontonren an den Aetber zu reichen
flehienen. Ich konbte die isolirte Erscheinung dieser Nebel-
ihen nicht begreifen, bis nach einiger Zeit Eimers Scharf-
Cck zuerst entdeckte, dass eine auf jenem Gebirge weidende
baafhe^de einige Plänkler auf den Grat entsendet habe,
4ßtm langhaarige Wolle von den Sonnenstrahlen beschiepen
^mrde, deren Brechungswinkel in Verbindung mit dem Stand-
funkte des Beobachters die sonderbare Täuschung bewir-
ken konnte. — In der Dämmerung kam der alte Gaipma
ifanungsvoU, angesichts des flatternden Wimpels, mit einem
Bündel Holz auf die Hütte zu. Es war nicht schwierig mit
iem gutmüthigen Manne Bekanntschaft anzuknüpfen, um so
weniger, als der sympathetische Zug der beiden Jägersleute,
ÖMama und Eimer, den Uebergang sehr erleichterte. —
Wir vernahmen von ihm die verfehlte Expedition Rail-
'»d'a und Fininger's, welcher Umstand den Aufenthalt in
44 Lindt
dieser elenden Schirmhütte bedeutend erträglicher machte
Zwar Bchfitzte einigermassen gegen die Kälte das nach al*
pinen Grundsätzen errichtete Lager von Heu und Decke iJ
Verbindung mit dem Opferfeuer, das der alte Veterinär flu
die Gesundheit seiner Patientin den Göttern darbrachte.' Die
beiden Jäger setzten sich die ganze Nacht um den Opfer
altar imd 'plauderten, und nur das junge Blut Rudi's genoss
das Glück eines mehrstündigen Schlafes^ ungeachtet der
kalte Luftzug um seine Schläfe säuselte.
Um 5 Uhr Nachmittags hatte das Thermometer iffl
Schatten +11,3 gezeigt, um 7 Uhr -|- 6, 8 und um T^/a nnr
noch + 2, 3; die Nacht wurde eindringend kalt.
Samstag Morgens wurde schon um 2 Uhr der KaflFee be»'
reitet, da die Konstellationen des Himmels einen schönen'
Tag verkündeten, und um 3 Uhr 10 Minuten aufgebrochen.
Wir hatten auch alle Ursache zu frühzeitigem Abmareclij^
wenn wir unser Programm, Spitzliberg und VoralpstocV
ausführen wollten. ^
Um 4 Uhr 5 Minuten verglimmte der Morgenstern hinter
den Gletscherhörnem, 35 Minuten später kttsste Helios mir
seinen Rosenlippen die Kuppen der Hörner. Als wir di(r
„ Flühe '* hinaufstiegen, war Alles mit einer harten Eiskrustr
überzogen ; zum Schutze der Hände gegen Erfrieren leisteten
die mitgenommenen woUgeftttterten Winterhandschuhe treff-
liche Dienste. Um 5*/2 Uhr gelangten wir zur obersten Hütte,
der letzten menschlichen Zufluchtsstätte in dieser einsamen
Gegend. Diese Hütte liegt nordnordöstlich von den Wallen-
bühlhtttten, ungefähr in der Höhe von 2350 M. Hier zün-
deten wir ein Feuer an und genossen etwas Proviant Nach
einer halben Stunde ward abmarschirt, alles unnöthige Ge*
pack dem Schutze des Hüttchens anvertraut. Da ich wohl
einsah, dass wir nicht alle drei die beiden Gipfel zugleich
Trift^GebieL 45
besteigen konnten, detachirte ich den jungen £lmer mit den
BOthigen Instroktionen nach dem Voralp -Stock, während
Vater Eimer und ich die Richtung nach Spitzliberg oder
Fleckenstock einschlugen. Wir erreichten seinen Gipfel um
9^1 Uhr. Eimer war einige Schritte voraus' und verktlndete
mir in sichtlicher Konsternation die Entdeckung der Doku-
Bwte der primären Besteigung. Diese bestanden in einem
luübzerfallenen Steinmannli und einem umgebogenen Fähn-
leifi, wir richteten sie auf, reparirten ^en Bau und stellten
ikfiauf breitere Basis; bei dieser Operation entdeckten wir
eiae Flasche mit dem darin aufbewahrten Billet. Mit Recht
neiden unsere Vorgänger des Weitern, „die Reise war un-
psosm anstrengend"^ und heute wohl noch in höhermMaasse
«te damals: in den letzten Tagen war mehrere Fuss tiefer
nee gefallen, die grimmige Kälte der letzten Nacht hatte
tiefem Schichten mit einer Eiskruste eingefasst, diese
h bei jedesmaligem Auftreten ein und so sanken wir
it jedem Schritt bis an die Knie in den darunter lagern-
polverisirten Schnee und rutschten bei dem steil an-
nden Terrain um die Hälfte des Schrittes zurtlck.
bedrohte uns fort und fort eine sehr ernste Gefahr,
eil das ganze Angriffsgebiet mit losen Steinblöcken be-
kt war, zwischen denen wir uns hindurchlootsen mussten;
lue verborgenen Höhlen waren mit Schnee ausgefttUt und
iModimal klemmten sich unsere Füsse in denselben ein.
Mann überraschte uns die markirte Stellung des Gipfels
put mehriachen perspektivischen Täuschungen. Es mochte
Ictva SVa Uhr sein, als wir den ersten hohen Gipfel, in dem
^ von der Feme den Spitzliberg zu erblicken vermeinten,
ästigen hatten. Zu imserer Enttäuschung grinste uns hin-
ter demselben eine zweite Spitze entgegen, und so wieder-
kite sich das Spiel 3—4 Mal, bis wir die 3418 M. hohe
46 LindL
Zinne des eigentlichen Spitzliberges erreicht hatten, welchü
wahrscheinlich nach seiner durch viele Spitzen unterbrocho
nen Stmktnr diesen Namen erhalten hat. Die während im
seres Aufenthaltes daselbst beobachtete Temperatur betni|
nicht mehr als H~ 6, 1 am Oiubthermometer No. 22. Di
der Himmel voUkommei;i klar war, genossen wir ein«
prachtvollen Ausblick auf das offizielle Excursionsgehiel
als dessen Glanzquelle der Susten, die Gletscherhörner, dÜ
Thierberge und der, Galenstock namhaft zu machen sind
Im Uebrigen entspricht die Aussicht des Beides nicht del
aussergewöhnlichen Anstrengungen, welche seine BesteiguBl
erfordert. Das anstehende Gestein ist Alpinit. — Von hi6l
aus konnten wir mit dem jungen Eimer, der schon um 8 Ufai
den Voralpstock erreicht hatte und die Zwischenzeit zai
Errichtung einer Pyramide benützt hatte, in der Urspradi^
correspondiren« Bezüglich der Identität dieses Stockes muä
ich hier eine Erläuterung beifügen. Bud. Eimer hatte jedeiil
falls denjenigen Gipfel erstiegen, welchen der alte Gammi
uns als den Voralpstock bezeichnet hatte; vom FleckeBStodI
aus zu urtheilen, schien mir aber ein hinterwärts liegendfll
Gipfel noch etwas höher zu sein, und ich hatte deshalb dM
Meinung, Kud. Eimer habe denjenigen Gipfel erreicht, wei^
eher in der Karte ohne Namen mit 3214 M. angegeben isif
während der südöstlich davon liegende Voralpstock die ZaU
3223 trägt. Der geringe Höhenunterschied und der Uli«
stand, dass ich nicht selbst auf jenem Gipfel war, laAsen etf
begreifen, wenn ich das Problem nicht als über allen Zwer
fei erhaben gelöst erkläre und vielmehr eine nachmaligv
Verifikation durch einen Nachfolger wünsche.
Um 12 Uhr traten wir den Rückweg an, nachdem wil
die Flasche mit unserm Wahrzeddel auf der Nordseite des
Steinmannli an früherer Stelle verwahrt hatten. Nach zwei
Trift-Gebiet. 47
Stande mühseligen und wegen den verrätherischen Schnee-
weheten nicht ungef^rliehen Absteigeus erreichten wir wie-
der die Hütte, wo wir unsem Baliast zurückgelassen hatten,
od wo der längst zurückgekehrte Rud. Eimer unser war-
tete. Der letztere erzählte uns, dass auf dem Gipfel vier
fiemsennahe an ihn zugekommen seien; von einer frühern
; Besteigung desselben habe er nicht die mindeste Spur ge-
teoffen; seine Aussagen über die verglichene Höhe mit den
jlDBteritalb liegenden Gipfeln brachten ebenfalls kein kate-
foriflehes Eigebniss; den von ihm mitgebrachten Hand-
Meken zufolge besteht die Masse des Voralpstocks aus
|(inmt — Bei unserer Ankunft in der Hütte zeigte das
Iheraiomet^ um 2 Uhr blos -j- 8, 8^. Aus dieser und den
iwaogegangenen Beobachtungen ergiebt sich, wie nach-
Ctig die in den letzten Tagen eingetretene Kälte und
meefall gewirkt haben, um diese nach Jahres- und Tages-
JMit auf fallead niedrigen Temperaturgrade zu erzeugen.
bUm 3 Uhr wurde unsere Rückreise fortgesetzt In-
ndHeh abhold der Verfolgung des gleichen Weges hin
i zurück, entschloss ich mich, über den untern Theil des
jKallenbühlftms die Richtung nach dem Homfeli-Stock ein-
|M8chlagen und über die südöstlich von diesem liegenden
Arite nach dem Göschenenalpli vorzudringen. Diese Kon-
Nqttion bei so voi^erückter Tageszeit darf als eine gewagte
Wseidmet werden. \
i Vor uns^rm Abiharsch von der Hütte ob den „Flühen'^
kttten wir uns noch gehörig mit Wein und Fleisch restau-
litt, unser übrigbleibenden Vorrath beschränkte sich noch
|i8f etwas Kirschgeist Bald überzeugten wir uns, dass
I Mr ein unausgesetztes angestrengtes Vorwärteschreiten auf
Ikben und Tod uns ans Ziel bringen könne, wollten wir
■Mit riskiren, mitten auf unwirthlichen Gräten von der
48 Limit.
« •
Naeht fiberfatten nnd dem Erfrieren preisgegeben zu wei
den. Ohne uns nnr eine Minute Rast zu gönnen, gewannen
wir erst 7 Uhr Abends die Uebergangshöhe bei 2S20 d«
Karte. Mit der Dämmerung rttckte von jenseits ein feind
liebes Heer grauenvoller Nebel bei^an nnd verfinsterte dii
Luft Aus der Tiefe hörten wir zwar das Rauschen dei
Reuss, welches uns die Botschaft verkündete, dass hier in
gendwo ein Durchpass gefunden werden mllsse. Der alt(
Eimer war uns voraus und rekognoscirte nach allen Seiten
wir hatten aus Leibeskräften zu thun, um ihm nachzufolgen!
es war keine Zeit mehr, Kompass und Karte zu Rathe zi
ziehen. Wie den Sturmvogel das nahende Wetter unwiden
Stehlich und instinktmässig treibt, so trieb uns die anbnH
ehende Nacht überall einen Durchgang zu suchen, gleichviei
wohin wir verschlagen würden. Endlich fand Eimer eineil
Engpass, der uns zwischen zwei Felsenribben (wie ScjUll
und Charybdts) hindurchftihrte; wir folgten instinktmässig
ohne zu prüfen, wohin. Nach geraumer Zeit erbliektei
wir in der Tiefe eine Gruppe Häuser, die zwar noch feni^
von uns lag und welche wir als das Göschenenalpli hielto^
Dieser Wahn gab uns neuen Muth und mit noch rascheril
Schritten ging es dem vermeintlichen Ziele zu. Es war
7^/4 Uhr, als wir zu jenen Häusern kamen und das Kirch-
lein suchten mit dem Pfarrhaus, wo das Excnrsionsregnlatif <
Nachtherberge angewiesen hatte. Doch es war Täuschung^'
wir waren im Gwüest nnd das Göscheneüalpli noch ^4 ^^^^
den entfernt! Wir zauderten nicht lange, sondern verfolgten
langsam und vorsichtig im Dunkel der Nacht den auf den
linken Ufer der Reuss an dem Berghang sich windenden
holperigen Pfad. Nach halbstündiger, langweiliger Waft»
demng gelangten wir auf ein schönes, weites Planum, as
dessen Westrande flimmerten ^ns Lichter entgegen und zun«
THft-GehieU 49
deten freudestrahlend anch inrunsere Brust; es waren die
Leiehter von Pharus, wo wir aus dem Kampf mit den Ge-
^ihren der Berge in den Hafen der Ruhe gelangen sollten.
£8 war 8V2 Uhr vorbei, als wir an die Schwelle des Pfarr-
koses gelangten: Der alte Pfarrherr und seine Haushäl-
I terin, ebenfalls von vorgerücktem kanonischem Alter, hatten
jäefa bereits zu Bette geflüchtet, ob aus Freude über das
(keilte aus Göschenen angekommene Fass Wein oder von
jlilte und Holzmangel getrieben, wussten wir nicht Es er-
ilnderte einigen Parlamentirens, bis wir Einlass erlangten;
llann aber kam der greise Seelenhirt bald inF)uss der Rede
md verplauderte zutraulich mit uns noch ein Paar nächt-
liche Stunden. Um 11 Uhr trennten wir uns, die Führer
Bstradirte der Pfarrherr aufs Heu, mich aber in sein, mit
ilteo Zeituirgen tapezirtes, mit einem bäuerlichen Stuhl und
Weihwasserkessel ausmöblirtes Gastzimmer, in welchem vor
ei Jahren der Bischof von Strassburg geschlafen, als er
seiner Reise nach Einsiedeln seinen alten geistlichen
und in dieser Wildniss besuchte und mit einem Gefolge
14 Personen daselbst während mehrem Tagen logirte.
im aber gute Nacht, es hat 1 1 Uhr geschlagen!
Göschenenalpli — Furka.
Hätte nicht die forcirte Tour von gestern unsere Kräfte
nüzusehr angespannt, so wäre heute der Uebergang über
i» Winter-, Tiefen- und Siedeln-Gletscher nach der Furka
'versucht worden; so aber mussten wir uns bequemen, einen
Wchtem, weniger zeitraubenden Uebergang zu finden. Bevor
w aber unsere heutige Wanderung antreten, sei uns ge-
«littet, dem merkwürdigen Hochthal eine einleitende Be-
tnebtung zu widmen.
Schweizer Alpen-Club. 4
50 Lindt,
Das Göschenenalpli, in einer Höhe von beinahe 1800 M.
gelegen, ist eine Wiidniss im eigentlichsten Sinne des Wer-
tes, ein wahres schweizerisches Sibirien, und die um das
Kirchleiu stehende Häusergruppe gleicht ganz einer Kolonie
von Deportirten. Dieses Schicksal hat denn atch den greises
Seelenhirten des einsamen Alpendorfes betroffen: wie der ,
Kaiser von Russland gewisse personas ingratas zu Aufsehern
von sibirischen Kolonien auserwählt, so hat der Bischof von
Ohur den alten Pfarrherm, der einst als Verwalter bei ihm \
angestellt war und in der Oekonomie etwas liberale Prin* i
cipien handhabte, in diesen abgelegenen Winkel konsigiiirt, .
damit er die letzten Jahre seines Lebens, ungestört dureh |
die Zerstreuungen dieser Welt, der Kontemplation widmen ^
könne. Dieses Thal war schon vor einem halben Jahr-1
tausend bewohnt; nach einem Gesetze, das wir bei allen
Bergvölkern wahrnehmen können, ging die Ansiedlung von
oben nach unten, von der Höhe zur Niederung; dies beweiat .
die Thatsache, dass hier, an der äussersten Grenze der An-i
siedlui^, fast unmittelbar an der Spitze der Gletscherzunge, ,
die Kapelle angelegt wurde. Diese hat ein Alter von über
400 Jahren und wurde anno 1733 renovirt Um sie, ab
das einzige Gotteshaus des Hochthaies, konzentrirte sieh
natuigemäss die ganze Wohlhabenheit desselben. Damala
waren die Gehänge zu beiden Seiten des Thaies mit üppigenj
Waldungen bekleidet, welche die üokbedärfiiisse der Be*«
völkeruug reichlich befriedigen konnten; die VidiheerdeRi
fanden in den ausgedehnten Alpweiden ihre genügende Nab-
rang, so dass sich das einfache Hirtenvolk in dieser HocIk
ebene ganz behaglich fühlen mochte. Allein, wie die Bibel
von onsem ersten Eltern büdlieh sagt, sie haben sündhaft
von den Früchten der Bäume gekostet und dadurch die Be-
dingungen ihres ursprünglichen Wohlseins ontei^raben, so
Trift-Gebiet 51
geschah es auch hier; die Ansiedler kannten die Bedeutung
der Wälder und die Bedingungen der Forterhaltung nicht
fimglos wurde damit umgegangen, als ob sie ewig sich von
selbst verjüngen mtissten, ohne Zuthun menschlicher Pflege
od Aufsicht So kam es — eine Sünde, deren bejammerns-
«erthe Folgen allüberall die Gegenwart betrauert — dass die
Wälder nach und nach gelichtet, die Berge und Alpen ihres
fiehntzes entkleidet und der raschen Verwitterung und Ver-
«üdenmg preisgegeben wurden. Dieser Zustand nöthigte
fon Zeit zu Zeit einzelne Ansiedler, ihre frühere Stätte zu
^rerlassen und thalauswärts zu wandern. So entstand zuerst
tte neue Kolonie im Gwüst, dann in Horben und so nach und
«teh durch das ganze Thal hinaus bis nach Göschenen.
fintsprechend dem Prozess der Ab- und Zunahme der Hülfs-
^ellen der Natur, entwickelten sich auch die Armuth und
Wohlstand der Menschen: wie nämlich jene Htllfsqueli^
er mehr von oben nach unten, von der Höhe zur Tiefe
ich zurückzogen, so zog sich auch der Wohlstand in glei-
^ Richtung zurück, so dass heute blos noch der ärmere
eil der Bevölkerung in der Nähe der Kapelle seinen Sitz
t, während der besser gestellte thalauswärts angesiedelt
ist. Wer jetzt dieses Hochthal betrachtet und vergleicht
viit dem, was es Mher gewesen sein muss, möchte Thränen
^r Wehmuth weinen. Ganz hinten im Thale in der Höhe
^r Gletscher, am linken Ufer des Baches, der vom Kehlen-
ira afofliesst, streckt noch eine verstümmelte Arve ihre ab-
gestumpften Arme flehend gegen Himmel, als wollte sie
«sgen: „ich bin noch der letzte Zeuge vergangener Herrüch-
keit, die Sünden des Volkes an den Gaben der Natur haben
es dahin gebracht,* darum ist der Fluch darüberhin ge-
kommen." Jenseits des Baches fristet noch niedriger
Zwergwuchs sein kümmerliches Dasein. Zu beiden Seiten
4*
52 Lindt,
des Thaies ist Alles kahl und öde, keine einzige Herber^
mehr för die Singvögel, deren kaum einer sich hieher ve
irrt, nur das Klaggeschrei der Eule tönet durch die Lm
und um das Bild der grausigen Verwandlung recht gn
einzufassen, umschliessen den Hintergrund des enitwaldet«
Thaies zwei Gletscher mit ihren eisigen Armen und strebe
immer tiefer und tiefer hinunter und drohen Alles zu ye
schlingen. So rächt sich die Sünde der Väter an ih»
Enkeln bis zum letzten Geschlecht! Nach und nach wii
sich das Klima so sehr verwildern, dass die letzten Uebei
reste der Ansiedlung verschwinden müssen. Aller Hob
bedarf muss jetzt schon mit schweren Opfern an Geld un
Schweisstropfen bitterer Arbeit aus dem Gwüst hieher g<
tragen werden. — Es wunderte mich nach all diesem g«
nicht, als der Pfarrer uns sagte, gestern morgens 8 Uhr hab
es im Alpli geregnet, als wir im jenseitigen Thale der VoraJ|
vom Verglimmen der Sterne bis zum Niedergang der Sonn
auch nicht das leiseste Wölkchen am Horizont erspäha
konnten; es wundert mich jetzt nicht mehr, dass gesten
Abend auf der üebergangshöhe die feuchte Nebelscha«
aus dieser Einöde hinauf uns entgegenschlich; es wundes
mich auch nicht, dass heute morgens um 7V2Ühr das TheP
mometer in der Sonne blos + 6, 3^ zeigte; es wunden
mich endlich nicht, dass uns der alte Pfarrherr gesteri
Abend sagte, er habe kein Holz zum Einheizen, und um ub'
ter dem Schutze des Duvet sich gegen die Kälte zu sicheroi
begebe er sich aus Rücksicht der Selbsterhaltnng bei An-
bruch der Nacht schon zur Ruhe.
Ganz entsprechend diesem Bilde der leblosen Natur ist
der Reflex derselben — der KuUurzustand des Volkes. Der
Pfarrherr ist der einzige Mann von irgend welcher Bildnngf
im Thale, er allein ist's, dessen Gesichtskreis über die engen
Trift-Gebiet 53
drenzen der Gemarknng hinausreicht, niemals wird das
onsame Thal auch nur von einem Arzte von Fach heim-
gesucht 9 an seiner Stelle praktizirt der Pfarrherr seine Ele-
aentarkenntnisse ans der Kräuterknnde und heilt mitteist
ierseibeii und durch die Gnade des Himmels die Kränk-
sten der Menschen. So ist also der Pfarrherr im eigent-
iehen Sinne des Worts der Hirt, und das Volk seine Heerde.
ies patriarchalische Verhältniss veranschaulicht sich auch
der Verwaltung der geistlichen Angelegenheiten. So z. B.
ird der Gottesdienst zu keiner bestimmten Stunde gehal-
, im Winter wegen dem Schnee und im Sommer wegen
Heu, sondern der Pfarrer muss seine Präparate geistiger
ise bei sich bewahre, bis die Heerde instinktmässig
derselben nähert. Diese kommt immer geschlossen, nie
inzelt aus 4en vorhalb im Thaje gelegenen Weilern;
r voraus ist, erwartet den Andern bei der üblichen Ruhe-
Ue. Erblickt danü von weitem der in stiller Sammlung
seinem Studirzimmer ambulirende Pfarrherr die Spitze
T Schaar, so lässt er zur Messe läuten.
Es war 8 Uhr, als das feierliche Heer eingerückt war,
■nd der Pfarrherr sich für einige Minuten entschuldigte,
im die Messe zu lesen. Unterdessen machten wir uns reise-
llertig, -^^ bald kam auch derselbe zurück, um schliesslich
Idie Rechte des 'Gastwirths zu handhaben. Nachdem wir
OBS der Pflicht entledigt und den tretfenden Tribut geleistet
hatten, nahmen wir Abschied und schlugen unsere Richtung
nach dem gewohnten Passwege ein, der von Gdschenenalpli
nach Realp hinüberführt und dem wir als bekannt, keine
besondere Beschreibung widmen zu sollen glauben. Wir
mochten etwa eine halbe Stunde am südlichen Berghang
hinaufgestiegen sein, als wir das Thurmglöckchen des Kirch-
leins neuerdings schwingen hörten und den DorQ>farrer
54 Lindt
seine Gemeinde, die sich unterdessen im Rasen und an den
Schwellen der Häuser gelagert hatte, nochmals zur Andacht
führen sahen. Offenbar wurde jetzt die Predigt gehalten.
Unterdessen hatten wir das interessante Hochthal no<^
einige Zeit in Sicht und warfen ihm manche Rtlekblicke za.
Ich möchte jedem, der Gelegenheit . dazu hat, anempfehlen,
dem klimatologisch und ethnographisch merkwürdigen AI*
pendorfe einen Besuch abzustatten. — Es war 1 1 ^/^ Uhr,
als wir die üebergangshöhe (2778 M.) erreichten, von we
wir auf das zu unsern Füssen liegende Realp hinuntersah^i.
Hier machten wir einsttindige Mittagsrast, indem wir not
gegen den schneidend kalten Nordwind hinter den regellos
lagernden Felsblöcken auf der südlichen Abdachung de»
Passes zu schützen suchten. Das Thermometer wurde hi«r
zunächst verifizirt und zeigte nach 15 Minuten langer Ein*
tauchung im Schnee einen Nullpunkt-Fehler von -|- 0, 2
und um 12 Uhr eine wahre Temperatür von blos +1,8.
Um auf dem kürzesten Wege nach der Furka zu gelao*
gen, verliessen wir den Passweg und stiegen zunächst über
die Köpfe hinunter,- welche südlich der Zahl 2865 des Ex-
cursionskärtchens postirt sind — überschritten den im Tobrf
fliesenden Bach, der vom „Loch" herkommt, und hielten
uns von da an fortwährend in der Höhe des Alpengeländes,
unter 2591 durch, dem Tiefenbach zu, wo wir in die Furk*-
strasse einmündeten, deren Direktionslinie wir bis zum Gast-
hof auf der Passhöhe nicht mehr verliessen. Da es Soniöitag
war, konnten wir das bunte Getriebe der Strassenarbeiter,
einer kleinen Armee von beinahe 2000 Mann, nicht beobach-
ten; es war Alles still und öde, nur einmal begegneten wir
einigen „ Wälschen% welche ungeachtet des Sonntagsgebotes
mit Aushebung von Erde beschäftigt waren. Dafür gestat-
tete uns die Ruhe des Tages eine ungestörte Besichtigung
Trift-Gehiet 55
ies groBsartigen Werkes der Neuzeit mit seinen Attributen
des alpinen Barackenbaues und der kriegslagerähnlichen
lüurketenderwirthschaft. Die Strasse ist so angelegt, dasa
de das Thal vollkommen beherrscht und sich in ziemlich
S^iehmässiger Neigung nach der Furka bewegt. Das Bau-
■aterial besteht zumeist aus Granit. Die Arbeiten auf die-
ser Seite des Passes waren schon so weit vorgerückt, dass
sie im Sommer 1865 ganz wohl vollendet werden können;
ibr Vorrücken nahm regressiv von unten nach oben ab;
während die untersten Loose oberhalp Realp bereits aus-
hant waren, regten sich zu oberst die ersten Schaufeln
lor Aushebung von Rasen und Humus. — Während wir
8, uneingedenk der widrigen Kälte, an dem bewundems-
werthen Denkmal eidgenössischen Unternehmungsgeistes
ergötzten, rüstete sich in unserm Rücken wieder einmal ein
«eindliches Armeekorps aus dem Reiche .der Lüfle zu un-
serer Verfolgung. Bereits schlagfertig, hatten die fliegenden
feinde, aus dem Göschenenalpli hersegelnd, das Joch be-
setzt, wo wir Mittagsrast gehalten, und begannen alsbidd
den Kriegstanz, in seitlicher Bewegung dem Gebirgszug
iA>lgend, welcher jenes Joch mit der Furka verbindet Bald
I waren wir von einem heftigen Schneegestöber umringt, wel-
I ehes uns nicht mehr verliess bis wir über die Schwelle des
I Forkagasthofs getreten waren. Die Uhr zeigte ^/^ö, das
Thermometer seit Mittag unverändert -f- 1, 8, sank in einer
I Stande auf +1)3 und bis 7 Uhr sogar unter den Gefrier-
l^kt auf — 0, 5. Die Gäste des Hotels kauerten fröstelnd
i um den geheizten Ofen, die nordischen Windstösse bliesen
ivch alle Fugen, es ward immer kälter und kälter. Wenn
I 4er Wintersturm im Gebirge nach den Tagen der Sonnen-
gluth f)lr den Alpenwanderer als isolirte Staffage im Reise-
g^nälde seinen eigen thümlichen Reiz hat, so ist dagegen
56 LindU
Nidits so geeignet, demselben den Gennss zu schmälern, alt
die anhaltende, Körper und Geist deprimirende Kälte*
empfindnng, wie selbe seit einigen Tagen nnsern Tastsimi
beschäftigt; doch, wir sind diesen Abend in einer Höhe voii
2436 M. überm Meer, da mfissen wir freilich dem Andrang
der arktischen Gesellen etwas übersehen; wer aber hätiv
sich wohl vor 20 Jahren geträumt, dass nach diesem Zeit«'
ranm eine Fahrstrasse über den Rücken dieses Berges ihr
silbernes Band hinziehe, und dass vielleicht nach zwei Jak«
ren schon der Posthomsehall seine Wellen an die Zinkefll
schlägt, wo einst nnr das nnmelodische Brausen des Winde«
die Luft erschütterte? — • i
i
i
Thierberge. i
i
Wie bereits erwähnt, hatte Herr Pfarrer Gerster imf
Jahre 1850 einen der drei mit Höhen- Angaben bezeichnetes^
Haupt- Gipfel der hintern Thierberge, erstiegen; es scheint^
dies aber sogar dem in diesem Gebiet wie in seinem HauM(
orientirten Vater Weissenfluh nicht bekannt gewesen zu seiii»4
indem er 1861 Hm. Elliot Förster und Hm. Hardy Dufouri
denselben Gipfel als jungfräulich bezeichnete und die Herren^
dadurch veranlasste, sich dem gleichen Ziele zuzuwenden. I
Eine Abbildung des in eine scharfe Fimschneide auslaufen-
den Berges, den Herr Forster als den höchsten Thierberg (
bezeichnet, findet sich in dem oben citirten interessanten i
Aufsatze Forster's. Die ganze Beschreibung widerspricht I
übrigens in mehreren wesentlichen Punkten d^ positivsten i
Angaben unserer zwei Ciubisteu; weder Herr Wenger nocb i
Herr Preisse erkennen den gezeichneten Gipfel als einen der <
von ihnen erstiegenen. Der höchste Gipfel, 3446 M., zeigt ;
Trift-GebieL 57
Ae grosse Fläche und nach Norden steiles Felsgehänge
nd kann jedenfalls in einer Va Stunde vom Thierbergsattel
iieht erreicht werden. Ob daher der vordere Thierberg
1091 oder 3343, oder welche andere Spitze von jenen Her-
In gewonnen worden , lassen wir dahingestellt. Bei der
JMherigen Unbestimmtheit der Benennungen ist eine derartige
^ferwedislung leicht möglich und erklärlich.
I Die nächste nördliche Spitze, 3419, erklomm Anfangs
ifci^ast Herr Preisse von Bern mit den zwei Söhnen Weissen-
's, Andreas und Johannes. Nach abgehaltenem Kriegs- '
mit der bekannten Führer-Familie, und nachdem unser
bbmder dem berühmt gewordenen Eierdätsch der Mutter
^«issenflnh die gehörige Ehre erwiesen, wurde im kleinen,
r mit einem Harmonium versehenen Gasthofe zum Stein
inachtet, der von Hm* Preisse und Hrn. Schwarzen-
als den Verhältnissen entsprechend empfohlen wird,
bildet dieses Wirthshaus den eigentlichen Ausgangs-
t ftir die Ersteigung des Sustenhorns. Mit erstem Mor-
rauen wurde der Stein-Oletscher überschritten und am
ierbergli vorbei steuerte die Expedition an dem steilen
ang dem Joche zu, welches sich südlich ins Göschenen-
absenkt. Sie erreichte dasselbe um 8 Uhr und fanden
d^ Depositum des Herrn Hofmann, welcher diesen
hss den Tag vorher überschritten hatte.
Nachdem der Grat des Kehlen-Gletschers erreicht war,
Nnste über eine sehr steile Fimkante eine Reihe von Stufen
fbgehauen werden, und um 10 Uhr genossen sie die doppelte
de einer gelungenen Ersteigung und reinen Aussicht.
B und Snstenhom und die Berner Kolosse bilden die
unkte derselben, einen eigenen Reiz bietet im Gegen-
Eu dem ernsten grandiosen Charakter der Hochalpen
auch von Herrn Wenger besonders betonte Blick in's
58 Lindt,
freundliche Haslithal hinunter und bis auf den blau leuch-
tenden Brienzer See.
Nachdem die Augen sich an dem grossartigen und
abwechselnden Panorama momentan ersättigt, wurde ein«
weiss und rothe Fahne entfaltet, und munter kletterte der
obligate Mutz im weissen Kreuz unermüdlich weiter. ' Die
heitere Stimmung unseres Trios spiegelt sich wohl am besten
in dem Umstand, dass an diesem Tage sage 12 Flaschen
Burgunder geleert wurden.
Die Bergspitze ist nach der Angabe des Herrn Preis«
5—6 Schuh lang und 1 Va — 2--breit und zeigt einige hervcw^
ragende Felsriffe.
Beim Hinuntersteigen wurde versucht direkt nach dei
Trift-Gletscher einen Weg zu finden, allein über steile Fei
wände herausragende gefährliche Schneewächten liessen
nach zweistündigem Suchen den Plan aufgeben und
Richtung nach der Steinlimmi einschlagen, von wo
6 Uhr Abends die Windegg, Papa Weissenfluh's Som
residenz, besucht wurde. Um 9 Uhr Abends in Mühlestiü
eingerückt, lockte die milde Nacht und die Aussicht
erfrischenden Gerstensaft, wohl auch auf ein gutes Bett,
Uilermüdlichen nach Innertkirchen ins sehr gut gehall
Gasthaus des Herrn A. Nägeli, allwo noch bis spät in
Nacht mit eben angelangten Berner Clubisten ein Paar
tere Stunden verplaudert wurden.
Besondere Mühe gab sich Herr Hof mann aus Basel,
direkten Weg von der Clubhütte nach Göschenen zu
decken. Auf seine Veranlassung kundschaftete der
immer lebenslustige Führer- Veteran die Umgebung der
tem Thierberge aus; sein Bericht lautete nicht sehr gttn»
indem er entschieden von einem Versuch, um diese S
herum zu klettern, abrieth. Demgemäss wurde beschlosi
Trift-Gebiet. 59
den Thältistock herum auf misslieüen Pfaden und über
deo zwischen Vorder und Hinter Thierberg herabfliessen-
len Gletscher zum Sattel, Zwischen Thierbergen, emporzu-
dringen und rechts die Uebergangsstelle zu suchen. Um
sehr 10 Min., den 29. Juli, nach gut dreistündiger Arbeit,
hrngte Herr Hofmann mit den Führern Andreas Weissenfiuh
pnd Joh. Fischer auf der vom Vater bezeichneten Höhe an,
aber welche Enttäuschung, als sie durch den plötzlich wie
Inreh Zauberschlag sich hebenden Nebelschleier nicht des
arteten Göschenen, sondern der bekannten Snstenstrasse
siehtig wurden. Sie hatten zu viel links gehalten und
den über der Steinlimmi, den Steinlimmi-Gletscher zu
n Füssen. Doch der Missmuth wurde wacker nieder-
ämpft und rechts zogen sie hinan in der Richtung des
I
tem Thierbergs steil einen ^rchtbar zertrümmerten, mit
Hosen Schrunden durchzogenen Gletscher erklimmend,
ach üeberwindung vielfacher Schwierigkeiten und ver-
hiedenartiger Gletscher-Manoeuvres , üeberkriechen von
malen Schneebrücken und dergl. war die Höhe zwischen
3 und 3419 um 10 Uhr erreicht. Der Hintere Thier-
hfttte in kurzer Zeit von hier gewonnen werden kön-
doch mahnten die wild herauf tobenden Nebel keine
it zu versäumen. In lothrechtem Abstürze senkt sich der
e Gebirgsstock, berichtet Herr Hofmann, gegen den
ehlen-Gletscher, so dass nur die einzige enge Schneekehle,
welcher sie standen, den Zugang zum Gletscher er-
lieht Der Vorsicht wegen Hessen sie durch zwei hinab-
te Felsblöcke die oberste Schneeschicht wegputzen
stiegen dann dem Felsrande nach abwärts. Eine Schiit-
brachte die Gesellschaft gänzlich auf den tiefern
er hinunter. Herr Hofinann nennt die Passsteile
bergsattel. Rasch ging es über den mit smaragdgrünen
60 Lindt,
Spalten durchzogenen Gletscher thalwärts, um I2V2 Wrr
war sein Ende erreicht, und um 2 Uhr rückte die Parthie
dem Herrn Kaplan von Göschener Alp auf den Leib. Nocb
3 Stunden Marsch durch das abwechselnd wilde und enge,
dann reizend-schöne Thai, und die Gotthardstrasse ist e^
reicht; vertauscht wird das schöne Gletscherwandern mit
der rasselnden staubaulwirbelnden Diligence.
Ein anderer bisher wohl nur selten betretener Uebe^
gang führt von der Steinalp zwischen den Sustenhörnerfi
und den Thierbergen über den Sustenfim ins Göschene«
Thal und kann nach Herrn Sckmarzenhach's Tagebuch all
ein sehr schöner und ungefährlicher Gletscherpass jed^
einigermassen geübten Bergsteiger empfohlen werden. Nl^
mentlich soll auf dem Joche selbst, etwas unterhalb 3174
der Excursionskarte, der Anblick der nahe liegenden Gipfi
Sustenhorn, Thierberge, Schneestock ein grossartiger sein
Für Herrn Schwarzenbach knüpfte sich an diese du
das herrlichste Wetter begünstigte Reise die leidige Na
wehe einer Sehnerv-Ueberreizung, welche sich in doppel
oder unbestimmter Wahrnehmung der Gegenstände aussei
Erst nach zwei Tagen, welche theil weise in vollständii
Ruhe und Finsterniss zugebracht wurden, verschwand di
ser Gletscherspuk.
Schnee- und Damma-Stock.
Der Weg zur Clubhütte führt von Mühlestalden, d«
Heimath der Weissenfluh, steil aufwärts einem knüppli^
schmalen Pfad entlang hoch über dem schäumenden B^
nach der steinreichen Triftalp, wo in der unreinliehen Hut
zur Noth ein Unterkommen gefunden werden kann.^ Für di
Pacht der beiden Triftberge, des sonnigen und schattige
Trift-Gebiet. 61
flirtrichtet der Schäfer der Gemeinde einen jährlichen Pacht-
liiis von 100 Fr., mit der Berechtigung, das nöthige Holz
fft schlagen; er übernimmt zur Sommerung ca. lOOOSchaafe
inHaslithal und in Obwalden, und erhält hieftlr als Lohn für
|liii Schaaf im Haslithal 50 Ct^., in Obwald 1 Fr., muss aber
its Salz selbst ankaufen. S Miethgeissen liefern ihm und
|lem Schaf buben den kargen Unterhalt. Gegen die Windegg
^, einem felsigen Ausläufer des strotzig Grätli, wird der
peg immer rauher, wilder, schon erhebt man sich über den
^sersten Theil des Trift- Gletschers, aber wie hat sich
ine Gestalt verändert, seit Herr Studer im Jahre 1S39 ihn
t besucht! Damals quollen die Eismassen in den
rrsten Formen und Klippen hochaufgethürmt über die
ssen herunter und boten dem Wanderer eines der
bensten Gemälde. Auch jetzt noch ist dasselbe ein
iraschendes, obwohl sich der Gletscher wohl um 100 Fuss
nkt hat Die charakteristischen rundlichen, von der
ibung des Eises weiss polirten Felsköpfe, welche früher
r dem Gletscher begraben lagen, treten nun in bedeu-
er Höhe über demselben zu Tage und umsäumen seine
ntzig- weisse Fläche mit einem zweiten grauweissen
e. In Mhem Jahren soll wiederholt der Gletscher bei
Windegg so hoch angewachsen sein, dass das Schmelz-
er keinen Abfluss mehr fand und zu einem jener ge-
ichen Seeen sich aufstaute, welche plötzlich verheerend
Itobrechen und ganze Thalschafben überfluthen.
Einen schroffen Gegensatz zu diesen übermächtigen
gewalten liefert auch hier die beinahe überall in den
sich wiederholende Sage von üppigen, grasreichen AI-
So erzählte die 80jährige Grossmutter Weissenfluh ihrem
SHohne, unsenn jetzigen Papa Weissenfluh, die Weide auf
Trift sei, der Sage nach, so ergiebig gewesen, dass die
62 Lindt.
Kühe dreimal mussten gemolken werden. Dies wurde da
übermttthigeu Sennen lästig, und da sie von Spiel und Tana
von ihren Mädchen lassen mussten, um ihre Greschäfte 8i
besorgen, fluchten sie gräulich über die üppigen Gräsei
Die Moral folgte in der Nacht, und alles, Mensehen und Viel
verstob mit furchtbarem Krachen. Wohl im Zusammenhalt
mit diesen Sagen möchte die Behauptung gebracht werd^
es hätte auf der Windegg in älterer Zeit eine Stadt g«
standen; die Ruinen derselben werden wirklieh an Ort ufld
Stelle gezeigt, sie erweisen sich aber lediglich als diejenigfll
sehr primitiver Ställe oder Hirten*Hüttchen; immerhin \A
es auffallend, dass in dieser Trümmerregion eine Anzal
solcher Steinhäuschen gebaut und benutzt worden sinl
Jetzt haust ein leibhaftiger Berggeist in der Person Val^
Weissenfluh's in diesen öden Revieren, doch nicht neckisi
wie Rübezahl, sondern darauf bedacht, schöne Kry stalle ^
erbeuten, oder dem edlen Gewild dieser Region, den flttd(
tigen Gemsen, nachzusetzen, oder Alpenwanderern unter s^
ner sichern Obhut das Geleite zu geben. i
Hier am Rande des Gletschers beobaditeten wir ei^
in ihren Effekten zauberhafte, obwohl sehr leicht erkläriid)
Naturerscheinung. Der Westwind blies mit Macht didl
Nebelmassen über die Kämme, tiefer und tiefer senkten si^
die Wolken, blaugrau starrte der Gletscher vor uns undl
den Intervallen der heulenden Windstösse herrschte ein vA
heimliches Schweigen in der ernsten Natur. Mit einemnul
fängt der vor uns liegende Gletscher an zu dampfen, nl
wenn aus seinen Spalten vulkanische Rauchsäulen tsA
stiegen, welche schwer sich über den Boden lagern. Kaidj
wird dieses Von plötzlicher Abkühlung der heraubrausendill
warmen mit Wasserdünsten geschwängerten Luft zeugeni
Phänomen staunend wahrgenommen, so deckt wie mit Zarf
Triß^Gebiet. 63
ber ein zusammenhängender Nebelschleier das ganze Thal,
ein leuchtender Blitz mit krachendem Donnerschlag giebt
das Signal zum Losbrudi eines prasselnden Hagelschlags.
Schlenuig wird Obdach gesucht, und hierhin und dorthin
stiebt die Schaar auseinander, wenige so gltlcklich, ein sol-
ches zu finden. Als der ärgste Sturm vorüber war, stellte
sieh einer und der andere pudelnass wieder ein, dann erst
fnd eich ein mächtiger tiberhängender Fels, welcher an der
^Ue der lange vergebens gesuchten Windegghütte als
Pvapluie dienen musste.
Unsere Gesellschaft, bestehend aus Hrn. Reg.-Statthalter
fftuder, Fürsprech ^^ehi und dem Referenten, begleitet von
Caspar und Jakob Blatter und Peter Snlzer, entschloss sich
lieh kurzer Berathung, ti'otz wenig einladendem Wetter,
len Gletscher zu betreten. Zwar prasselte es wieder über
beeni Körpern, als ob wir vom Boden weggespült werden
ll^flten. Dessenungeachtet langten wir wohlgemuth nach
feier kleinen Stunde am Fusse des Thälti-Stockes am jen-
isitigen Gletscherrand an und begannen nass um und um
h der glatten, nur sparsam von Vegetation unterbrochenen
Nswand, den Thälti-Platten, neben den stürzenden Bächen
I
Ihporzuklettern. Da gewahrten wir halb zur Freude, halb
iönVerdruss, hoch über uns in der Gegend der Hütte, meh-
tere Männer, wejche unsern abentheuerlichen Zug beobach-
M hatten. Da giebt es eine, komische Nachtrühe, war unser
fefinnerster Gedanke, aber der biedere Clubist Herr Schwar-
tenbach hatte es anders beschlossen. Trotz vorgerückter
hhre und höchst unangenehmer Witterung erachtete er sich
hf seinem hohen Posten als abgelöst und trat den Rückweg
fe. Bald begegneten wir uns an dem steilen Abhang und
hegrüssten uns mit ernstem Handschlag. Nach kurzem
hichen wurde jubelnd unser Quartier im hölzernen Häuschen
64 Lindt,
bezogen. Es brauchte einige Kunstgriffe, um für alle sedM
Mann auf dem hinkenden Bänkchen Platz zu finden, danebei
zu kochen und die wenigen Habseligkeiten, das Gepäck hat
ten wir direkt auf die Grimsel instradirt, zu trocknen. NoÖ
macht aber erfinderisch, und zu guter Letzt wurde ein seht
gemüthliches Abendessen genossen, sogar, Dank einer voi
Frau St. uns bescheerten Ueberraschung, in Leckerbissoi
geschwelgt. Zur grossen Wohlthat gereichte uns das vol
der Bemer Section der Station gewidmete eiserne Oefcheij
und behaglich streckten wir uns zur Ruhe ins weiche dal
tende Bergheu,
Indem wir zur nähern Beschreibung des Central-StodM
übergehen, fassen wir die nahezu übereinstimmenden B4
Schreibungen des Schnee- und Damma-Stocks in einen B4
rieht zusammen. Seinem Namen entsprechend, hatte d4
Schneestock seinen ersten Besucher in seinem Elem^
frostig empfangen. Vor zwei Jahren misslang ein Versüß
Dr. Simmlers, und wenn Herr fVenger sein Ziel glück]i4
erreichte, so wob der Berggeist boshaft dicke Sehleier v4
seinen Augen. Gnädig empfing er aber die Herren Railke^
und Kiefer und söhnte sich sichtlich mit dem Schweial
Alpen-Club aus. Die von diesen Herren erhaltene Auskuril
bestimmte Herrn Hofmann ^ dem Damma-Stock sich zust
wenden.
Von der (Dlubhütte betritt man unmittelbar den in d4
erfrischenden Morgenluft hart gefiromen Firn. Auf dei
herrlichen Schneegefilde über die Mulde, im Sack, ist dd
Marsch wunderhübsch, steiler geht's dann die glatten Fii*
halden hinan gegen die flache Einsattlung, welche zwischfli
3435 und 3282 die Verbindung der rechts liegenden Limal
mit dem Hanptkamm herstellt. Es müssen hier für nicM
mit Steigeisen bewaffnete Füsse mit dem Pickel Tritte an»-
Trift-Gebiet 65
fBBehfirft, ^gebäckelt^', werden, was den Marsch etwas ver-
lagert Doch bald wird man mächtig überrascht, plötzlich
dem Gegenstand seiner Wünsche sich gegenüber zu sehen
ud mit einem Blick das in Millionen Brillanten funkelnde
f imbecken des Rhone-Oietschers staunenden Auges zu über-
nen. Es ist dieser Punkt eine eigentliche Vorbereitung
die Genüsse, die den Wanderer auf der Höhe erwarten,
giebt ihm Gelegenheit, sich in der neu erschlossenen
elt des Ausblicks nach Süden zurecht zu finden. Hier
e nun! glücklicher Sterblicher! mit „rechte Schulter
for** gehf s direkt nach dem Schneestock, in geradem Front-
h gelangst du freilich zuletzt über etwas steile Firn-
ge zum Damma- Stock, oder was noch viel rationeller,
blge das gute Beispiel Herrn Hofiuann s, der gleich alle
r mit Höhenangaben versehenen Gipfelerhebungen sich
terthänig machte und eine graziöse Guirlande vom Schnee-
ck bis zum Rhone-Stock zog. Herr Hoteann erreichte
Gipfel des Schneestocks in der kurzen Zeit von kaum
Stunden n^ch dem Abmarsch von der Clubhütte, die
ion Studer den Damma-Stock in 5 Stunden; die spiegel-
Oberfläche des Firns und ein längerer zum Zeichnen
lUtzter Aufenthalt auf dem Sattel erklären diese Differenz
glich. Der Damma- Stock kennzeichnet sich schon
iron weitem durch eine vom Gipfel südöstlich sich herunter-
iehciude Trümmerhalde, über welche zuletzt emporgeklettert
prd. Um 8 Uhr Morgens, den 28. Juli, stand Herr Hof-
^Mn, um 9 Uhr, den 3. August, Herr Studer und Consorten
Itf diesem herrlichen Gipfel, dessen mächtige Granitblöcke
Ux dem kalten Nordwinde liebreichen Schutz gewähren,
pd gestatten, sich ganz dem hehren Genüsse der Aussicht
^iazogeben. 0! du wunderbares, köstliches Schauen über
iie Riesenbildungen der Alpen weit hinaus in weite, weite
Schweizer Alpen-Club. 5
66 Lindt. •
Fernen, von blendenden Lichtmeeren in finstere Schluchteo,
über funkelnden Schnee znm düstern Fels! wie schwach
und matt nur vermögen Worte dies wonnige Entzücken zu
schildern !
Auf hohem Firn und Felspostamente hat der Gebieter
der Umgebung in gewaltiger Runde die ganze im Festge-
wände prangende Familie und zahlreichen Hofstaat um sich
versammelt, über wellenförmige Einsenknngen reicht der
Damma-Stock seinen fast ebenbürtigen Nachbarn die Hand.
Zur Rechten ruht auf weichen Schneepolstem der dnrch die
neueren Karten unverdient zurückgesetzte Schneestock, an
ihn sind gelehnt die in westlicher Richtung verlaufenden
unbedeutendem Culminationen 3547 und 3435. Zur Linken
Dammas reiht sich eine spitze Gratauskeilung 3509 an und
als südlichste Gipfelung die zierlich abgerundete Fimkuppe
3603, der Rhone-Stock, dessen Ersteigung etwas grössere
Mühe kostet als die seiner Kameraden. Gegen den Damma-
firn überhängende Gwächten machen das Betreten der ober-
sten Kante unsicher. Ein zackiger niedrigerer Felsgrat,
über welchen sehr wahrscheinlich ein Pass vom Rhone-
Gletscher nach Realp oder Göschenen gelinden werden
kann, stellt die Verbindung mit dem Galen -Stock her,{
diesem imponirenden kühnen Eisgipfel. Vom Schneestock i
halb verdeckt strecken die Thierberge ihre wilden Felsen-,
gipfel empor, an sie schliesst sich die schöne Gruppe der
Sustenhömer und des Spitzlibergs, eine Scenerie voll Elraft
und Mark, und in grösserer Entfernung erkennen wir den
Schlossberg, Titlis, die Spannörter. Unmittelbar östlich ent-
faltet sich in ungeheuerer Ausdehnung da^eichste Panoram«
über die Central- und Ost -Schweiz, lieber die schroffen
grausigen Wände taucht erst der Blick in die schattig«BL
Kehlen und wilden Gestaltungen des Dammafirns bis auf
Triß-Gebiet 67
die grünen Weiden der Göschenen-Alp und »verfolgt im
engem Thalgrund das siiberbiinkende Wasser des Reuss-
bachs. Wilde zackige Gesellen umlagern dieses Thal, über
den Lochberg und seine Nachbarn erheben sich die Hoch-
Warten des Gotthardt, und darüber hinweg die Gebirge der
Xaggia, Liveneu und Blegno-Thäler, dem dreigipfligenCampo
Teocca gegenüber glänzen die Kuppen der Kette des Rhein-
valdhorns, östlicher weist uns Herr Studer mit staunen-
ertegender Sicherheit die Gruppen des Gorschen und Six-
madun und dahinter die längs dem Tavetsch-Thal sich
liinziehenden Gebirge, überragt vom Scopi, Monte Cristallo,
t P. Camadra mit dem gewaltigen Medelser- Gletscher, ferner
iTom P. Lavaz, dem Muraan und in hintern Gliedern von
I den Ketten, welche die Thäler von Ghirone, Somvix, Lugnez
I und von Savien umkränzen. In weitester Feme schimmern
'in bläulichen Umrissen die kolossalen Wände der Bernina-
Kette und der Gruppe des Piz d'Err, und vielleicht dürften
^e entferntesten kaum dem Auge wahrnehmbaren, wie zarter
flauch am Horizont schwebenden Spitzen den Oetzthaler-
lemem beizuzählen sein.
Eine bestimmt abgesonderte Gruppe bildet der Central-
pnnkt der Glarner Alpen, die über ihre gesammte Umgebung
emporragende Kuppe des Tödi. Deutlich unterscheiden wir
den grossartigen Halbkreis von Bergen, welche seine Flanken
nach Westen und Süden umlagern, während die nördlichen
Aussen -Bastionen durch Windgälle, Scheerhom und den
massiven Glämisch bezeichnet sind. Näher steht uns der
mächtige Weitenalp- und Oberalp-Stock, den Fuss gebadet
im bläulichen Dufte des tiefen Thaies.
So sehr die Ostseite durch den Reichthum und die be-
deutenden Distanzen ein genaueres ' Studium verdient, so
Terführerisdi wird die Aufmerksamkeit nach Osten dui^h
5*
68 LindL
die Majestät der Berner Alpen abgelenkt £s ist unmögiich,
dieses grossartige Bild in Worten zu zeichnen. Gehet selbst
hin, werthe Clnbisten, und schwelget in diesem Hochgenuss.
Schon der Vordergrund ist erhaben, die herrliche reine
Hochfläche des Rhone -Gletschers wird durch die barocken
Zähne der Gersten- und Gelmer- Homer eingefasst, nörd-'
lieber breiten Thieralpli- Stock in mehreren schönen Pyra-
miden, Diechter- und Gwächtenhorn von oben bis unteo
ihre weiten weissen Talare aus. Jenseits dieser Kette er-
heben sich die bedeutenderen Höhen der Scheidewände zwi-
schen den Hasli-, Urbach-, Unter- und Lauter-Aar-Thäleni,
wir erkennen den Hühnerthäli- Stock, ewig Schnee-, Rytzli-
und Hangend- Gletscherhom. In dritter Linie erblicken wir
den nackten gezähnten Kamm der Lauter-Aarhömer, welche
im scham-igen Schreckhorn gipfeln. Hoch erhaben über alle»
Volk der Berge thront die schwarze Pyramide des Finster-Aar-
horns nach beiden Seiten in regelmässiger Ordnung flankirt; ^
rechts über Agassizhorn von der Gruppe der Viescher-Hörner, ,
neben denen sich die Eiger und die Jungfrau hervorschiebeiiy
übermächtig verdeckt das Schreckhorn die hinten liegenden
Parthien, und imposant endigt die riesige Gruppe imBergli*
Stock und dem dreigipf ligen Wetterhom. Die linke Flanke^
wenn auch schwächer vertreten, vollendet die herrliche Ar*
chitektur; mächtig halten die Wannehömer das Gleich*
gewicht aufrecht, das Ober-Aarhorn und seine den Oberasur-
Gletscher einfassenden Kameraden Roth-, Löffel-, Sidelhora
tragen das Ihrige zur Abrundung des Gemäldes bei, vor
welchem das staunende Auge wie festgebannt ist. Das Bild
ist einem durch Gottes Gebot erstandenem Dome vergleich.-
lich, mit zahllosen Spitzen und Kuppeln, breiten, weissmar-
mornen Kirchendächem, mit Thor, Schiff und Portalen dei
wundersamsten Arbeit. Ausgebaut ist nur der Hauptthura
Trift-Gebiet 69
im Finster- Aarhorn, der zweite, das abgestumpfte Schreck-
hom entbehrt, wie dies so oft bei unsern Kirchen der Fall
ist, der Zierde einer letzten Spitze. Ein solches Heiligthum
zu betreten dnrchschauert den sterblichen Menschen mit hei-
I figer Andacht, und demüthig steht er da in seiner Schwäche
TOT der Allmacht Gottes. Die Aussicht ist aber noch bei
' weitem nicht erschöpft, auch die Kolosse des Wallis be-
i tnspmchen mit Recht, dass man sich mit ihnen beschäftige.
I Da smd sie auftnarschirt die stolzen Gipfel,' duftend in som-
Imeiücher Glnth vom Helsen, Monte Leone, Rossbodenhorn,
der fernen Monte-Rosakette, den herrlichen Mischabel-Spitzen
imd dem unbezwungenen Matterhorn bis zur reinen Pyramide
des Weisshoms, ja bis zum Combin und hart am Galmihom
erkennt das Auge noch die theilweise verdeckte Gestalt des
Mont-Blanc.
Ja wohl! wenn je ein Gipfel, so verdient unser Damma
»iel und oft besucht zu werden, er bietet zwar nicht das ro-
iiantisehe Interesse einer mit grossen Schwierigkeiten vei*-
kmdenen Ersteigung; das Aufregende der Gefahr, die über-
htschenden plötzlichen Veränderungen der Bodenverhältnisse
|dien ihm ab, die Aussicht ist aber eine wunderbar erhabene,
fie blendenden ausgedehnten Firnen, die schönen Formen
itngsum, die grossse Abwechslung der Gruppirung, die
Tfebersicht so vieler Bergreviere und ihrer Gliederung be-
weisen die überaus günstige Lage dieses Standpunkts.
Der Gipfel ist einige Fuss breit und dehnt sich von Nord
tach Süd aus, so dass er ftlr eine zahlreiche Gesellschaft auf
mnen breiten Granitblöcken Raum zum behaglichen Auf-
enthalt bietet. An die Kuppe lehnt sich gegen den Schnee-
•lock eine gewaltige Schneegwächte, welche über die Tiefen
des Dammafims hinausragt. Entsetzlich steil fallen die Fels-
raassen nach dieser Seite ab, ein schwacher Stoss genügt,
70 Lindt
die losen Trümmer mit Donnergepolter in den Abgrund zu
stürzen, und doch wie lange schon ruhen diesse Blöcke auf
der hohen Zinne.
Das Gestein war vielfach mit Flechten und Moos be-
deckt, die Lecidea Morio, v. testndinaria Seh. und die Im-
bricaria stygia v. lanata Hp. verleihen dem Granit einen
schwarzen Ueberzug; lebhaft gelb klebt daran Lecidea geo-
graphica V. conglomerata, weit und breit die einzigen Stell-
vertreter und Rudera der bunten Vegetation der Erdober-
fläche.
Während die Temperatur bei Herrn Hofmanns Besuch
auf dem Schneestock um 7. 10 + 5^ R., auf dem Rfa(Hie*
Stock um 8. 25 4" 0^ R., bei Bisewind also ziemlich frisch
war, genoss die Studersche Expedition, möglichst nntei
dem Schutze der Blöcke sonnseits gelagert, das Panorams
während zwei Stunden bei ganz angenehmer Wärme; zeit-
weise bliesen Windstösse aus Norden kalt über den oberste»
Saum, so dass schon beim Aufstehen ein merklicher Unter*
schied sich geltend machte. Diese sehr rücksichtsloses
Winde möchten denn auch einem «Versuch, Höhen vermittels!
Luftballons auf wenig anstrengende Weise zu gewinnen, be*
deutende Schwierigkeiten in den Weg legen; so ein AnpraM
an das zackige Gestein könnte noch verderblichere Folg»
nach sich ziehen, als das tragische Ende der Nadarsches
Reise.
Herr Hofmann kehrte von seiner Entdeckungsreise zur
Hütte zurück, wo er schon um IVs U^^ anlangte und hief
vor einem heftigen Gewitter gastlichen Schutz fand.
Unsere Expedition stieg, am Seil angebunden, die sehr
glatten Fimhänge gegen die Triftlimmi hinunter, diese
rechts über sich lassend. Indem wir die tiefere Fimmnlde
vermieden, steuerten wir, tief im weichen Schnee watend,
Trift-Gebiet. 71
dner Einsattlung des Grates zu, der sich vom Thieralpli-
Stoek als Thiergweid mitten in den Rhone-Gletscher hinein
absenkt Wir hatten den Plan im Kopfe, den Uebergang
Dftch dem Gelmersee zu versuchen; und eben stiegen wir in
stetigem Tempo den furchtbar blendenden Fimhang heran,
als wir drei Mann in der untern Triftlimmi, welche gewöhn-
lieh als Uebergang gewählt wird, auftauchen sahen. Neu-
gierig spähten wir mit den Fernröhren, ihre Züge zu er-
kennen, allein wir waren schon zu entfernt und zu hoch,
I kanm war das gegenseitige Zujauchzen vernehmbar und erst
mf der Grimsel hatten wir das Vergnügen, in dem Reisenden
misem alten Freund, Herrn Prof. Rütiaieyery zu begrüssen,
veleher fataler Weise durch das vorgestrige Gewitter auf-
fi^alten , uns nicht mehr einholen konnte , um die schöne
leise gemeinsam mit uns auszuführen.
Im Sdiweisse unseres Angesichts langten wir auf dem
ibunm an und hatten nun zu wählen, entweder längs des-
Melben nach dem untern Thieralpli-Stock und von da hinun-
pr über den Aelpli-Gletscher die Richtung nach Gelmersee
pi nehmen, oder wir mussten in das Fimthal hinabsteigen,
«elches uns von den hintern Gelmerhömem trennte. > Zwi-
teken den ausgezackten Felswänden dieses Kammes ftlhren
tteile mit Schnee angefüllte Kehlen empor und Veisen den
tiDzig möglichen Uebergang. Da bereits einige Zweifel an
der Möglichkeit, zu dieser vorgerückten Tageszeit noch eine
«ddie Unternehmung auszufahren, laut wurden, fuhren wir
lasch in das Thier-Thäli, so benannt, weil die Gemsen in
dieser abgelegenen Gegend sich sicher wähnend, gerne hier
in Schatten ruhen, hinunter. Nachdem einige böse Schrunde
ibersetzt waren, guckten wir die garstige Felswand genauer
in, nnd gelangten schliesslich zu der unangenehmen Ein-
geht, dass es gerathener sei, von unserem Vorhaben abzu«
72 LindL
stehen und uns der befreundeten Grimsel zuzuwenden, auf
welchem Wege wir nicht befürchten mussten, an irgend
einer Felswand stecken zu bleiben und übernachten zu
müssen.-
Seither hat Herr Jacot von Neuenburg von der Handeck
und dem Gelmersee her den untern Gipfel des Thieralpli-
Stockes mit leichter Mühe erstiegen und ohne irgend
Schwierigkeiten zu treffen, den W^ nach der Glubhütte
eingeschlagen. In den vierziger Jahren scheint der ver-
storbene Herr Pfr. Fetscherin von Guttannen aus die hintera
Gehnerhömer überschritten und unter grossen Strapazen
den Rhone-Gletscher erreicht zu haben.
Der Marsch den Rhone-Gletscher hinaus war, wie ^
schon mehrfach geschildert worden, sumpfig und lang. Aiii|
Fusse des südlichen Gerstenhornsr betritt man wieder di
Abere und steigt über Fels, Trümmer und Schneehalden ai
rauhen Pfaden nach dem Hochthälchen von Saas, welch<
vom Nägelis-Grätli eingefasst wird.
Nur einsam sprossen hier einige wenige Alpen-Pfiänzch<
einige Ranunkeln, Gentianen^ Steinbrech-Arten und die dei
schmelzenden Schnee entkeimende Soldanella. Kaum find«
einige Schaafe auf diesem sterilen BodJBn nothdürftige Na
rung. £r^ an dem steilen Abhang, wo plötzlich das gam,
Hche Grimsel-Hospiz uns aus der Tiefe Willkomm entgegecl
winkt, deckt die Pflanzenwelt in zusammenhängenden Raseni
den Fels und schmückt die Halde mit mannigfaltigen EühI
dem Flora's. Fusshohes Gras geht hier unbenutzt zu Omnde^'
da die Hänge, desshalb die '„ leiden- Weid^ geheissen, znml
Abätzen zu steil sind, und die Heuer lieber an bequemereo
Orten mähen. Hier wird, wie man an der üeppigkeit der
Pflanzen sieht, keine Raubwirthschiift getrieben. Zur besten
Zeit, Abends 7 Uhr, langten wir auf der Weide am See an
Trift-Gebiet 73
irad labten mit der schänmenden frischgemolkenen Milch
d^ lechzenden trocknen Qanmen. Von der Familie Huber
in gewohnter herzlicher Weise empfangen, wurden noch bis
spät in die Nacht mit unserm Herrn Vice-Präsidenten Be-
rathnngen über unser Olubbuch gepflogen und endlich zu
neuen Anstrengungen die nöUiige Ruhe und Erholung gesucht
Bevor wir wieder von der Grimsel scheiden, glauben
wir vielen Lesern unseres Jahrbuchs einen Gefallen zu er*
weisen, wenn wir über die denkwürdigen Kämpfe auf der
Grimsel im Jahre 1 799 einen gedrängten Auszug aus Prof.
Lohbauer's Arbeit „rfer Kampf auf der GrimseV*. Bern,
Buchhandlung Walthardt 1838, folgen lassen.
Es war im August jenes thatenreichen Jahres, als Fran*
cosen und Oesterreicher sich um die Herrschaft der Alpen- "
Übergänge stritten. Die letztem hielten die Linie der
identral- Alpen, Gotthardt und Grimsel, besetzt. Auf der
iHöhe dieses wilden Passes, 6665' überm Meere, lagerten
2 Bataillone, 1430 Mann stark, mit 40 Walliser Schützen,
Uhrend Wochen jeder Witterung und nagendem Hunger
sgesetzt. Vom Haslithal herauf drängten die Franzosen
ter Gndin mit 4V2 Bataillonen oder bei 4000 Mann, trotz
ir üebermacht in grosser Verlegenheit, wie sie der festen
linng des Feindes sich bemächtigen könnten. Durch
jBnen jener Zufälle, welche so oft über das Schicksal von
|Bef echten entscheiden, kam dem französischen General zu
phren, dass Fahner, Wirth in Guttannen, sich geäussert, er
iroUte wohl den Franzosen einen Weg zeigen, auf welchem
iie ohne Verlust hinter die Oestreicher kommen und ihnen
len Bücken brechen könnten. Das Schicksal der Oestreicher
besiegelt, und gern oder ungern musste der unbedacht-
Rathgeber die Umgehungs-Kolonne, 300 bis 400 Chas-
fähren.
74 LindL
Am 14. Augufst mit Tagesgrauen rückte die Hauptmasse
der Franzosen langsam über den Räteriehsboden vor und
lenkte durch ihre drohende Aufstellung die ganze Aufmerk*
samkeit der Walliser sowohl, welche als Vorposten den
Spital-NoUen besetzt hielten und den Uebergang über di«
um den Fuss dieser Felsabsenkung schäumende Aare ve^
theidigten, als auch der Oesti*eicher selbst gegen das Thal
zu. Diese waren in zwei Treffen, das erste in geringer Höhfl
hinter dem Spital, das zweite auf dem Grimselsattel seM
aufgestellt.
Fahner hatte unterdessen mit den Jägern an der oben
Bögelisbrücke, etwas unterhalb des Räteriehsboden, liniu
abgeschwenkt und erkletterte mühvoll die nächste Schlucht
bis an die von den Gerstenhörnern herabhängenden Schoe»{
und Gletscherzungen, wo Fahner sich rechts wandte
in vielen Krümmungen in ziemlich horizontaler Richtui
Felsränder und Gletscher umgehend, dem Felsenkamm d(
Nägelis-Grätli entlang vorrückte.
Die wilde fremdartige Grauenjiaftigkeit der Scenerie
die ungewohnte körperliche Anstrengung überwältigte di
Muth der französischen Soldaten. Dreimal hielten sie
drohten ihren Führer niederzuschiessen. Ob das Anf
der Officiere oder die Zauberformel des auf den Knieen
sein Leben flehenden Fahner's, Liehe gnädige Herren
zosen, ihm das Leben retteten, der Marsch wurde fortgeset
bis nach fünfstündiger Arbeit die Kolonne fast über
Köpfen der Oestreicher anlangte und wie ein Hochgewül
ter au( die Getäuschten den verderblichen Hagel medeii
schmetterte. i
Blasser Schrecken musste die in ihrer Rückzngsliittl
Bedrohten erfassen, als nun auch plötzlich das bisher nl|
matt angesponnene Gefecht vom Thal herauf eine ernsteil
Triß'Gebiet. Ih
flestalt annahm. Die Franzosen, die Bestürzung ihrer Geg-
ler benutzend, rückten mit wildem Jubelruf in heilen Haufen
vor. Dem drohenden Verderben wissen sich die Walliser
■it dem Instinkt von Bergleuten geschickt zu entziehen
nd verschwinden spurlos.
Theilweise leisteten die Oestreicher Widerstand, der aber
Itld in regellose Flucht und Verwirrung sich gestaltete, als
ie Hauptmasse der Franzosen in wildem Anlaufe, ohne
en Schnss abzufeuern, die Grimselhöhe selbst zu erstttr-
n begannen mit dem verhängnissvollen Schlachtruf: „en
snt camaradesi avancez, avancez!^^ Eine halbe Stunde
oder Jagd bergauf über Fels und Stein genügte, und
bert war die so sicher geglaubte Stellung. Die nach der
yenwand zu zwischen den äussersten Felsköpfen des
elis-Grätli und dem Todtensee eingeengten Fliehenden
rden vom Todesblei der Umgehungskolonnen nieder-
chmettert. Auch der Weg nach Ober-rGestelen war be-
its von einer zweiten feindlichen Spitze abgeschnitten. In
weiflang und starrer Tapferkeit fechtend, fanden viele
treicher den Tod, viele stürzten in den See und ertran-
in den eisigen Fluthen, andere versprengt irrten in der
igen Wildniss hemm und verkamen elendiglich vor
te, Hunger und Erschöpfung, deren Gerippe viele Jahre
ter unter Steinblöcken gefunden wurden. lieber 300
n, welche einen Ausweg suchend, gegen den Fuss des
elhoms sich zogen, plötzlich aber auch hier auf eine
r den Trübtensee entsandte Truppe stiessen, wurden ge-
en genommen, nachdem sie in soldatischem Ingrimm
»wehre und Säbel an den Felsblöcken zerschmettert
Wenn einerseits durch dieses und andere Treflen jener
it der Werth der Gebirgsstellungen bedeutend in Frage
llt wurde, so lernen %\v andererseits den grossen Werth
\
76 Lindt,
der genauen Terrain -Kenntniss schätzen und schöpfen
daraus für uns Schweizer die Zuversicht, dass bei ent*
schlossener einiger Vertheidigung gegen einen äussern Feind
die schweizerische Armee diesem vielfach überlegen sein
muss, denn in solchem Fall giebt es keinen Fahner!
• Galen-Stock.
Obwohl keine Beschreibung der diesjährigen Ersteigung,
durch Herrn Jacot einlangte, dürfen wir diesen prächtigen]
Gipfel nicht mit Stillschweigen übergehen und benutzen
daher dankbar die von Herrn RaUlard freundlich zur Ver*
fügung gestellte Skizze seines im Jahr 1863 ausgeftlhrtetf
Besuches. Herr Raillard verliess den 21. Juli um 6^/2 ühl
die Grimsel mit den zwei Brüdern Blatter nach einer regn<
rischen Nacht und bei zweifelhaftem Wetter. Den bereil
bekannten Weg über Nägelis-Grätli einschlagend, hatten 8i<
in Saas das Vergnügen 7 Gemsen in der Nähe zu beobach<|
ten; ein unachtsames junges Thierchen Hess sie sogar bil
auf S Schritte heranschleichen. In 3 Stunden war der Kai
des'Rhone-Gletschers erreicht, der hier ohne Schwierigkeit ii
einer kleinen Stunde überschritten wird. Bei günstigei
Firn kann man über denselben vom Fusse des Berges bil
zur Spitze ansteigen, allein bei erweichtem Schnee ist
vorzuziehen, einem felsigen Absatz zur Rechten sich zuzi
wenden und erst in beträchtlicher Höhe nach Noid<
schwenkend, die steilen hängenden Schneefelder zu betret
welche von der herrlichen Firnkuppel zu seiner gewaltii
Basis .herabwallend dem Stocke eine so wundervoll gli
zende, weithin sichtbare Bekleidung verleihen. Um 1 ^/a
war die gewölbte Kuppel erstiegen, und bei der angenehn»
Temperatur auf dem Schnee ai!6gestreckt, genoss Hei
Oipr^T des eAlenstochs,
i
\
i
Trift-Gebiet * 77
Raillard eine bei der grossen Anstrengung wohl verdiente,
freilich nicht ganz vollständige Aussicht. Diese stimmt mit
derjenigen des Damma-Stockes in den Haupt-Parthien ganz
überein. Einige sehr gelungene Photographien von Herrn
Braun in Domach, auf dem Gipfel selbst aufgenommen,
geben eine sehr getreue Vorstellung sowohl der Gestaltung
des Gipfels mit seinen gi*andiösen Schneewächten als einiger
Theile des Panoramas. Der Rückweg lässt sich durch
Rntsehparthien bedeutend abkürzen, die langen Schritte Herrn
fiaülard's im tiefen Schnee mögen auch das Ihrige dazu
beigetragen haben, dass in nur l^/s Stunde der jenseitige
iGlet&cherrand erreicht war. Wohlbehalten rückte unser
jFremid um 7 Uhr wieder auf der Grimsel ein.
Diechterhom.
L Bevor wir uns anschicken, diese in der Mitte der west-
■ehen Kette gelegene Höhe zu ersteigen, müssen wir den
Leser mit dem freundlichen Berichterstatter Herrn Schwär-
menhach näher bekannt machen.
Nach dessen eigener Ueberzeugung gehört unser geehr-
Clubbruder zu derjenigen Erlasse von Mitgliedern, welche
ft schwere Kavallerie des Alpen-Clubs bezeichnet werden
nnen, nicht wegen allzustarker Corpulenz, Herr Sciiwar-
^bach ist ein sehr stattlicher kräftiger Mann, als vielmehr
Iregen vorgerückten Jahren. Daher heisst sein Grundsatz
^im Bergsteigen „nur langsam voran'" und die Wahl seiner
Ihrer fallt vorzugsweise auf Männer der alten Garde, am
liebsten rüstige Sechziger, dies Mal natürlich auf Vater
pTeissenfluh mit seinen 65 Jährlein. * Ursprünglich auf den
lath der Aerzte zur Herstellung der Gesundheit in den Ber-
^ hei-amwandemd, befolgt der Genesene diese Kurart mit
78 LindL
dem besten Erfolg. In zweiter Linie wird der Verprovian-
tirnng grosse Aufmerksamkeit gezollt und ziemlich häufig
Erfrischmigs - Stationen eingeschoben, welche aber Herr
Schwarzenbach, um den Jüngern GoUegen nicht Aergemiss
zu bereiten, mit Stillschweigen übergeht. Bei diesem System
des langsamen Fortschritts kömmt man natürlich nicht so
rasch, aber desto sicherer an das vorgesteckte Ziel uni
geniesst des grossen Vorzugs, alles genau zu beobachtei
und die empfangenen Eindrücke bleibender festzuhalten.
Herr Schwarzenbach eröffnete seinen Feldzug voä
Wirthshaus in Gadmen aus, einer reinlichen und einfachei
Bauemwirthschaft, das er als Hauptquartier auserkor,
abgelegene und zerstreute, zum Theil aus netten und reii
liehen Wohnungen bestehende Dörfchen, dessen Bevölkei
ausschliesslich vom Ertrag der Alpenwirthschaft und et
Holzausfuhr lebt, macht in dieser schönen Jahreszeit eii
günstigen Eindruck. Der zu Gadmen gehörende Weil
Obermatt wurde im Jahre 1 808 von einer Lawine zerstöi
welche 23 Menschen und 74 Stück Vieh unter ihrer Wu<
begrub; 1862 zerstörte das Feuer dasselbe ohnehin schi
heimgesuchte Dörfchen. Die Versuche, Seidenweberei ek
zuführen, scheinen bis jetzt nicht recht geglückt zu
es widerstrebt dem freien Aelpler, sich an den Websl
fesseln zulassen; gegen die Fesseln des Wirthshauses ind<
ist der Widerstand nicht so andauernd.
• Der 1. August wurde benutzt, um am Fusse des Radol
oder Radlefshorns herumbiegend über die Windegg, in
Clubhütte einzukehren. Von hier wurde den folgei
Morgen gegen das in vollem Glänze sich gegenüber af
thürmende Diechterhorn aufgebrochen. Im Zickzack wui
auf dem nach und nach steil ansteigenden ununterbrochei
Firn allmälig dem Gipfel zugestrebt, der langsame F(
Trift-Gebiet. 79
lehritt, sonst so erprobt, zeigte hier eine unangenehme In-
^venienz, indem die warmen Sonnenstrahlen den Schnee
|B intensiv erweichten, dasei unsere Reisenden bis über die
einsanken. Circa 100' unter der Spitze nehmen die
grossen übereinander geworfenen scharfen Granit-
ken gebildeten Felsspitzen ihren Anfang. Nach Er-
rang derselben stand Herr Schwarzenbach um 9 Uhr
ii fünfstündigem Marsche auf der obersten Spitze. Es
die am meisten nach Süden gewendete, auf deren höch-
Ponkte eine grosse wagrecht liegende Granitplatte zum
rohen einladet. Die Aussicht ist majestätisch und er-
n, in der Runde die umliegenden Bergeshäupter, deren
ppen angedeutet sind in Pilatus, Titlis und Susten-
er, Damma- und Galen-Stock, Gotthardt, Ofen- und
»Ihom, Monte Leone, Finsteraar- und Schreckhom, aber
Schwarzenbach fand sie trotz der hellen Sonne und
m Wetter, um 9V2 Uhr zeigte der Thermometer
lOVa^R., unendlich wild und rauh, und er vermisste
den wohlthuenden Anblick der Vegetation tragenden
e, nichts als todte Steine, Schnee und Eis. Da sich
Anzeichen vorfand, dass je ein menschlicher Fuss diese
en betreten habe, so wurde der Wahrzettel* mit allen
alitäten, mit Feder und Tinte ausgefällt, deponirt.
Nach */4 Stunden Aufenthalt wurde wieder über die
n Steine mit Sorgfalt heruntergeklettert und noch tiefer
zuvor in der linden Schneemasse eingesunken und hin
her gewackelt, bis eine steilere Stelle das mühselige
hiren mit einer sausenden Schlittenfahrt unterbrach,
i einige Purzelbäume sich ereignet zu haben seheinen,
kleine schwarze Wolke am Trift-Stock trieb die Führer
Eile und um dem drohenden Elemente zu entgehen,
e der übliche Grundsatz vergessen und im Sturmschritt
so Lindt.
der Hütte zugeeilt Noch war die Suppe nicht fertig, als
unser bekanntes Hagelwetter mit Sturm und Donner los-
brach und mit furchtbarer Gewalt auf Dach und Wände sei-
nen Zorn austobte..
Wie grossmüthig Herr Schwarzenbach der Parthie Sta-
der und Comp, die enge Herberge räumte, ist berdts erzählt,
die tragische Beschreibung aber des schlimmen von Iik*
Sassen wimmelnden Nachtquartiers mitten unter den Geisa*
buben der Triftalp, erregte in den weichen Herzen jenei
Eindringlinge aufrichtige Gewissensbisse, dass sie» fi^iliek
ohne Absicht, solche nicht einmal durch Insekten-Pulver zu:
beseitigende Qualen und einen so beschwerlichen Mai
verursacht hatten. Mö^e der geehrte Herr Clubgenoi
unseres warmen Dankes versichert sein!
Wenn wir nun einen Rückblick werfen auf die diesji
rigen Leistungen, so gewahren 'wir unzweideutig eh
schönen Fortschritt im zweiten Jahre unsrer Thätigkei(
eine freudige Entwicklung. Nicht nur betheiligte sich ei
schöne, wenn auch im Verhältnisse zur Mitgliederzahl
merhin noch beschränkte Anzahl von Clubisten an der
reisung des officiellen Gebiets, sondern es wurden auch
hauptsächlichsten Aufgaben trotz vielfacher Störungen di
ungünstige Witterung glücklich gelöst, so dass nur eii
wenige Lücken im nächsten Feldzug nachzuholen bleibt
So wurde namentlich die Auffindung eines Uebergangs v<
Göschenen direkt über die Centralkette nach dem
oder Ehone-Gletscher durch Eintritt von bösem Wetter v(
eitelt Es ist dies zwar jedenfalls ein schwieriges Unt
nehmen, und unbedingt anzurathen, dasselbe vom Göschei
Thal aus zu versuchen, doch gehört das Wagniss nicht i]
Reich der Unmöglichkeit oder frecher Tollkühnheit In d<
Umgebung des Damma-Stockes könnte wahrscheinlich ei
Trifi-Gebiet. 8 t
•der die andere der sehr jähen Fimkehlen, welche zum
Dunmafim hinnnterschiesseD, ein mühsames Emporklimmen
<sni(fglichen, wenn nicht die grandiosen, fast überall herans-
tretenden Schneemassen den Zugang zum Kamm verwehren.
In diesem Umstand liegt die hauptsächlichste Schwierigkeit,
die sich auch bei unvorsichtigem Vordringen zur eigent-
liehen Gefahr gestalten könnte. Der Zustand des Firns, die
Menge des Schnees werden das eine Mal den Angriff gelin-
gen lassen, ein ander Mal aber möglicherweise abweisen,
üso Glück auf, dem kühnen ersten Versuch!
Vom Gelmer-See oder der Handeck, als der Ausgangs-
Nation, dürften noch andere Richtungen nach der Clubhütte
anzuschlagen sein, als diejenige, welche Herr Jacot über
len Thieralpii-Stock wählte, so z. B. zwischen diesem und
M Diechterbom oder noch zweckmässiger zwischen dem
ztern und dem Gwächtenhorn. Die Einschnitte sind zwar
ht bedeutend, bei der bedeutenden Erhebung dafür der
nnss desto grösser. Sehr interessant möchte eine Ex-
ion von der Handeck über Gelmer-See und über die
lern Gelmerhömer nach dem Rhone-Gletscher sein. Die-
könnte dann quer überschritten werden, um den Kamm
ischen dem Galen-Stock und 3513 zu gewinnen,» von wel-
m aller Wahrscheinlichkeit nach der Tiefen-Gletscher er-
geht werden kann. Jedenfalls ist es rathsamer, den Weg
m der Handeck aus zu wählen, da man sicher ist auf
W Ostseite der -hintern Gelmerhömer herunter zu kommen,
Ns auf der Westseite nicht überall scheint der Fall zu sein.
|b wäre dies eine neue direkte Verbindung der Handeck mit
ifcalp, die in einem Tage wohl ausgeführt werden kann;
ne prächtige Gletscherwanderung.
^ Noch fordert einzig der finstere Kilchli-Stock einen küh-
lte Kletterer zum Zweikampf heraus, von seinen Nachbani,
Schweizer Alpen-Clnb. 6
82 Lindt
Steinhaashorn und Gwächtenhorn überragt, ist der Loht
aber voraussichtlich die grosse Arbeit und Gefahr uicbt
werth.
Die mineralogische Ausbeute im Trift-Gebiet ist keine
sehr reichliche, doch immerhin eine interessante zu nennen.
Die Grenze des Glimmerschiefers und des Granits in der
über das Finster- Aarhom führenden Streichungslinie der
Homblend-Gesteine des Lötschthals ist namentlich als Fund-
ort von Topf- oder Bildstein, Asbest, Epidot, Spfaen nni
Strahlstein bekannt. Der Topfstein wurde früher oberhalb
Guttannen in der Rothlaui gebrochen, er liegt nahe an der
Grenze des Glimmerschiefers und des Handeck-Granits, wirlj
aber jetzt so wenig wie die im Anfang des 1 7. Jahrhunderi
ebendaselbst gebrochenen silberhaltenden Bleierze ausg*
beutet Nicht besser erging es der Goldwäscherei bei
lutem See am Mährephorn.
Strahlstein kommt in ähnlichen Gesteinsverhältnissen i
Hintergrund des Susten - Gletschers vor; am Bockbei
nördlich vom Sustenhom, werden die Giltsteinlager, wel
nach Weissenfluh's Angabe auch zwischen demThierberg fl
treten, von schönen Epidot-Krystallen begleitet, wie an
Rothlaui.
Hübsche Gruppen von Bergkrystalien wurden von
Weissenfluh's unter andern in einem Bande von 8' Höbe
vordem Thierbei^ und in einem zweiten am Trift- S
gesprengt Am Galen-Stock findet sich vorzugsweise Rau<
Topas, welcher nebst dem oktaödrischen rothen Flasss
der Granitzone angehört Bei der Ersteigung dieses Oip!
durch Herrn Jacot fasste einer der Führer, auf einem kleii
Morainenzug stolpernd, zufällig einen mächtigen Krysi
mit der ausgestreckten Hand. In geringer Distanz um
lasen sie dann bis 2V9 Pfd. schwere, leider meist etw|
Trift-Gebiet. 83
beschädigte Ranch-Topase zusammen, die wohl jetzt das
Nenenbniger Museum zieren. Ob in letzter Zeit rothe Flnss-
spathe gefunden worden, möchte ich bezweifeln, da es mir
nicht gelingen wollte, neue Exemplare davon zu erhalten.
Das Vorkommen des Gadmer Marmors ist bekannt, lei-
^r sind die von Gneis umklammerten Massen dieses schö-
nen theilweise ein feines Korn zeigenden Marmors in ihrer
Muse nicht gleichmässig genug, um mit Nutzen abgebaut
werden zu können.
Als botanische Seltenheit citiren wir das Vorkommen von
liritiicbium nanum am Henberg neben dem Susten-Pass und
m der Steinlimmi, wohl den einzigen Standorten dieses
viedlichen filzigen Gletscher- Vergissmeinnicht's in der nörd-
leheren Alpenkette. Eine reiche botanische Ausbeute bietet
pie Grimsel mit ihren Umgebungen, dem Aar- und Rhone-
iBletscher und der blumenreichen Maienwand; die Grimsel-
ihe selbst beherbergt z. B. einige seltene Oarices, am
Itensee steht die Carex Laggeri Whl., zerstreut über den
18 C. foetida All., microstyla G., lagopina Whl., Persoonii
aterrima H., frigida All. Der fieissige Jünger der
itanik wird seine Mflhe überhaupt schön belohnt sehen.
Die Fanna ist die in unsem Alpen gewöhnliche. Durch
Abholzen eines Urwaldes, des Nagelwaldes, in der Trift,
►r drca 1 5 Jahren, wurden die vielgeplagten Gemsen einer
ir Lieblingsstätten beraubt und zersprengt, und zogen
pth in Trupps von 8 bis 16 Stück nach dem vordem Thier-
^ zurück. Ihre Menge wird bis auf 30 Trupps geschätzt
^r dem Föhn oder dem kühnen Jäger fliehen diese kleinen,
kB Grat-Thiere bez^chneten Gemsen nach den östlichem
M^fcn? aus welchen sie durch dieUraer Jäger aufgescheucht
Mer ihrem Instinkt folgend, der die Thiere stets wieder
IMh den bekannten heimathlichen Schlupfwinkeln fahrt, an
6*
84 LindL
den alten Standort in trener Anliänglichkeit zurückkehren.
Die meisten Gemsen werden aber wohl an der Gadmenflul
erlegt
Natürlich fehlt in diesen wilden steinigen Regionen auch
das Murmel-Thier nicht Dieses fleissige Thierchen ist der
Mordgier der Menschen noch mehr ausgesetzt, und es isl
sehr zu beklagen, dass das Ausgraben des im WinterschM
begriffenen Thieres immer ungescheuter betrieben wird unl
demselben daher in dieser Gegend baldige Ausrottung drohl
Schnee- und Steinhühner beleben sparsam die einsamei
hohen Kegionen, während der stattliche Auerhahn und m
deres befiedertes Volk niedrigere Striche vorziehen; hiei
und da kreist noch ein Adler über den Spitzen der B^gff
und übt als König der Lüfte seine räuberische Herrsdul
über das Gebiet aus.
Das Trift-Gebiet mit seinen wilden Reizen, mit Beinil
entzückenden Schönheit und Pracht möge allen Besucher^
gleiche Wonne, gleiche körperliche und geistige Erholaol
und Erfrischung gewähren, welche den diesjährigen Exeoi
slonisten in so reichem Masse zu Theil wurden. Möge da«
selbe stets als ein geheiligter Tempel der Freiheit die LieU
und Treue zum herrlichen, gesegneten Vaterland in All«
Herzen entzünden, läutern und befestigen.
Di 8 tanzen -Angaben.
Mühlestalden — Clubhütte — 5 Stunden.
Clubhütte — Trift-Limmi — 3 -
— Schnee-, Damma- oder Rhone-Stock 4 — 5Ö
— Thierberg, 3446 — 3 — 3 Va St., ret 2 St
— Diechterhom circa 4 St
Trift-Limmi — Grimsel — 6 St
Trift-Gebiet. 85
Damma-Stock— Grimsel — 7 8t.
ftein-AIp — Thierberg, 3419 — 6 St., retour circa 4 St.
— Sustenhom — 6 St., retour 4 St
— Spitzliberg — 10 St, retour 6V2 St
— Göschenen-Alp circa 12 St
I - — Stein-Limmi — Graggi — 6 St
fiomfeü- Alp — Spitzliberg — 5^4 St, retour 2 St
Ifirimsei — Galen-Stock — 7 St., retour 5 St
i - — Gerstenhorn, 3167 — 4V2 St
Ifierstenborn — Furka — 3 V2 S*-
»Ottannen — Furtwang SVa» — Mühlestalden 4 St ==
\ 71/2 St
^ - — Furtwang — Mährenhom öVa St.
^ . — Furtwang — Steinhaushoiii 5 Vs St, ret 4 St
Der Piz Roseg.
Von /. /. U^eilenmann.
i/er Plan, den Piz Roseg zu ersteigen, ist eigentlicli
nicht in meinem Gehirn entsprangen, ich wurde dazu ange-
regt und verspürte anfangs wenig Lust dazu. Wie für die
Menschen, so hat man für die Berge seine Sympathien und*
Antipathien. Warum ich letztere für den Roseg hatten'
kann ich kaum sagen; sie mochten so ungegründet sein, afar
die Antipathien, die man für gewisse Menschen hat Nur
lassen sich diese, auch mit den triftigsten VemunftgründeD
oft nicht bezwingen, indess ich, als ich die Karte zur Hand
nahm und mir die Mühe gab, mich mit der Sache vertraut
zu machen, meine Abneigung schwinden sah.
Der Berg erhebt sich im Hintergrunde des Rosegthales
in Form eines gewaltig hohen und wilden Kammes, der sich
von der Centralkette des Bernina-Gebirges in nordwestlicher
Richtung abzweigt Von nur etwa einer Stande Länge ist
er der kürzeste der Absenker, die diese Kette nach d»n
Engadin sendet Er theilt den Hinterginind des Thaies in
zwei fast gleich grosse Becken und ist rings von den sie
füllenden Gletschern umschlossen, westwärts vom Roseg^
Gletscher, ostwärts vom Tschierva- Gletscher, die, wo der
Der Piz Boseg. 87
Kamm endet, zusammeDstossen und vereint zu Thale drin-
gt». Seine südlichsten Parthien sind die höchsten, mäch-
tige Schneelasten decken dort seinen Rücken und die ihm
entsteigenden Gipfel. Nach dem Tschierva- Gletscher in
khen Eisflanken, schimmernden Schneeterrassen, schwarzen
felBwänden abstürzend, weist seine Abendseite, mit Aus-
uhme einer breiten, über die ganze Wand vom Rücken bis
nm FusB herabreichenden Schneehalde nur himmelhoch auf-
itrebende Felsmauern. Von seinen Gipfeln zeichnen sich
swei, die durch eine tiefe Einsenkung von einander getrennt,
ksonders aus. Der eine nördliche hat 3927 M. 12,089 P. F.,
derßtidliche, über den dieGrenzlinie geht 3943 M. 12,1 38 P. F.
Bafae. Dieser ist so schmächtig und unansehnlich , dass er,
#bsehon der höhere, neben dem niedrigem, der die Haupt-
se bildet und majestätisch über der stillen Gletscher-
iidniss thront, beinahe verschwindet. Dennoch ist er aber
höhere und ist, obschon der Unterschied nur 49' beträgt
id von ihm die Ausschau beschränkter sein wird, da wahr-
heinlich der niedrigere Gipfel breit davor hin sich stellt,
denjenigen, dessen Streben die Bezwingung der höchsten
itzen, das Hauptaugenmerk. Die nördlichen Parthien des
Soseg- Kammes, Agagliouls genannt, sind bedeutend nie-
driger als die südlichen, die in hohen Schnee- und Felshän-
|en auf sie abstürzen. An den höhern Parthien ihrer Ost-
leite lagern noch Schnee und Eis — der niedrigere Vorprung,
te den Zusammenfluss der beiden Gletscherarme beherrscht,
leigt ein Gewirre brauner Felswände und grüner Rasen-
terrassen , in deren tiefer Abgeschiedenheit gerne die Gemse
veüt und das Murmelthier haust.
So viel hatte ich vor Jahren schon gesehen, als ich die
UDstehenden Höhen, den Piz Tschierva, Corvatsch und
CapfltBchin erstieg. Es war aber lauge her und genau,
88 ff^eilenmann,
wie es geschieht wenn man eine Höhe ersteigen will, hatte
ich mir damals den Berg nicht angesehen. Begierig, mehr
zn erfahren, wandte ich mich an den Central- Ansschiiss des
Schweizer Alpen-Ginb und erhielt von ihm folgende vom
Führer Colani herrührende Notizen.
Der Piz Roseg leistete nnter allen Bemina-Gipfeln den
hartnäckigsten Widerstand; mehr als ein Angriff wurde zn*
rückgeschlagen, bis es am 1. September 1863 demii^Dglän^
der Birham unter Führung von Fluri und Jenny gelang,-
wenigstens die kleinere nördliche Spitze zu erreichen. Sie-
bildet eine runde Schneeknppe, und der Weg zu der südlichen
führt über diese. Beide Gipfel sind durch einen scharf ein««
gesattelten Grat mit einander verbunden^ links und rechte
fallen die Wände beinahe senkrecht in eine ungeheuer»
Tiefe ab.
Nach Colani's Ansicht ist auch die höhere Spitze er^
reichbar, aber jedenfalls erfordert es dazu einen durchanrf
schwindelfreien Kopf. Die Ersteigung hält er im SpätsooM
mer für sicherer, weil der Angriff auf einer Seite geschehei|
muss, wo bei früherer Jahreszeit Lawinengefahr eintritt
Lehrer Euderlin in Poutresina hatte die Güte, mir milü
zutheilen, es seien die letzten 2 — 3 Jahre mehrere erfolglos«!
Versuche zur Ersteigung des Berges gemacht worden, seinesK.
Wissens aber sei dies stets auf der Nordseite geschehen,
während er diese Seite geradezu für unersteigbar hielt, da*
gegen von der Westseite mehr Erfolg sich versprach. Eär
selbst habe nie einen Versuch gemacht. Und so haben dann
auch die genannten Führer mit dem Engländer, wie er
glaube, ohne allzugrosse Schwierigkeiten, die niedrigere Spitze
erreicht. Der Weg zu der höhern führe seines Eraditens
einzig und allein über die niedrigere. Von dort führe ein
sehr schmaler, westwärts senkrecht abstürzender Kamm
Der Piz Roseg. 89
■ach der hdhern Spitze. Zuerat sattle sich dieser Kamm
cio ond steige- dann ziemlich steil zum Gipfel. Jedenfalls *
aei dies ein schwieriger Pfad, doch halte er die Ersteigung
■eht für unmöglich. Diese Ansicht habe er gewonnen durch
Betrachtung von den verschiedensten Standpunkten. Am
■iehsten haben es natürlich die gesehen, die auf der vor-
liero Spitze gewesen, und sie sollten es am besten beurthei-
:ko können, ob die Ersteigung möglich und in wie weit sie
fe&hrllch sei. Was die Zeit betrefife, so sei er entschieden
ier Ansicht, dass es jetzt (Anfangs Juli), wenn das bisher
[Sigünstige Wetter einmal besser würde und Nordwind ein-
^te, besser ginge als später. Mit den Führern Jenny und
^Inri habe er gesprochen. Sie seien' im Wesentlichen auch
iner eben ausgesprochenen Ansicht und seien gerne bereit,
inen Versuch mit mir zu machen. Was die Kosten betreffe,
haben sie bis auf die vordere erreichte Spitze für eine
rson die Taxe von 200 Frs. festgesetzt. Das Weitere
e je nach Schwierigkeiten, Erfolg u. s. w. Sache des
enseitigen Einverständnisses.
Dem in den Mittheilungen des englischen Alpen-Clubs
refaienenen Bericht von Birham selbst' war nicht viel mehr
entnehmen, als dass er den Berg von der Westseite er-
^dommeD, und dass die Besteigung mühsam aber nicht allzu-
fKhwierig gewesen. Genau war die Richtung, die er ge-
lommen, nicht zu ermitteln, auch blieb man im Unklaren,
Iwlchen der beiden Gipfel er erreicht
Aus Alledem ging hervor, dass die Bezwingung der
l5hem Spitze keine Kleinigkeit sei.
Berücksichtigt man, dass es nur eines Tages für die
[Begteignng bedarf und dass der schon erreichte Gipfel keine
fchwierigkeiten hat, so erscheint die von den P^ührem fest-
l^netzte Taxe viel zu hoch. Es Hesse sich eine Anzahl von
90 ff^eilenmann.
Gebifgsparthien in der übrigen Schweiz nennen, die wenig-
stens so mülisam nnd noch mühsamer sind, die eben so viel
und noch mehr Zeit beanspruchen, für die aber weit weniger
bezahlt wird. Im Hinaufschrauben der Taxen für die höhen
Parthien haben, es die Pontresiner Führer binnen kurzem
zur Virtuosität gebracht — e's sind dies gleichsam Affektiona-
preise. Weniger lässt sich gegen die Taxen fttr die unbe-
deutenderen Höhen und Uebergänge sagen. Thöricht üb-
rigens, wer es ihnen verargen oder sich darüber beklagen,
wollte, dass sie ihre Taxen höchstmöglich stellen, zumal wenn-
sie dabei, wie es den Anschein hat, vollauf zu thun findea.
Wessen Kräfte diese Taxen übersteigen, der mag sich '}%
mitgenngern Höhen begnügen oder alleine es versuche
oder, noch ein Ausweg, die Führer von anderwärts mili
bringen. l
Eben weil es dem Lenker unserer Schicksale nicht %%
fallen, mich als Nabob auf die Welt kommen zu lassen, no«||
mit Anlagen, ein solcher zu werden, mich auszustatten, hab|
ich das Alleingehen oft und oft redlich getrieben, habe bis
den äussersten Grenzen der Möglichkeit es versucht. Bei
von 10 — 11,000' Höhe habeich die Menge alleine erkiett(
Was darüber, das ist, wenige besonders zugängliche Höh<
ausgenommen, schon misslicher fär den Einzelnen. Qefa
drohen, Hindemisse stellen sich entgegen, die der Einzel
nicht bewältigen kann. Da gute Führer sich an d(
höchsten Gipfel des Roseg nicht gewagt, liess ich
nicht beifallen, allein ihn zu ersteigen — aber ebensow«
war ich gesonnen, in die exorbitante Taxe mich zu fü{
Glaubte auf schon angedeutete Weise auch zum Ziele Mi
gelangen.
Erst schrieb ich Führer Eimer in Elm, mit denoi ich vo»
Jahren den Haus-Stock erstiegen, erhielt aber die AntwoiV
Der Piz ßoseg. 91
er sei schon engagirt. Dann beschloss ich ausser Landes,
SD Franz Pöll im tirolischen Paznannthale mich zu wenden,
mit dem ich auf dem Fluchthorn war und den ich als guten
Birgsmaon kennen gelernt. Befürchtend, ich möchte lange
auf eine Antwort von ihm zu warten haben, oder mein
flebreiben vielleicht gar nicht ihn erreichen, beschloss ich,
80 weit auch der Umweg, selber ihn aufzusuchen.
Es war ein trtiber Tag, die Höhen des Rhein thals um-
jllQten finsterer Dunst und Nebel, die kpin Sonnenblick zn
^rchbrechen vermochte, als ich nach Oberried fuhr. Dort
^arde der österreichische Postwagen bestiegen, es begann
lue alte Gemttthlichkeit des Reisens. Bald hatte der Postillon
ine durstige Gurgel zu netzen, bald wurde ein Passagier
ingeschrieben aufgenommen, eine Strecke weit gefahren
d wieder abgeladen — kurz es schien ganz gleichgültig,
man eine Stunde früher oder später in Feldkirch an-
me. Während ich hoffte von da mit Post oder Stell-
n sogleich weiter zu kommen, hiess es nun, beide seien
on vor mehreren Stunden abgefahren. Gleich anfangs
on auf schnurgeraden unabsehbaren Strassenbändern die
se steif zu gehen, dazu hatte ich keine Lust, ebenso-
^ig als in dem erst um Mittemacht abgehenden Postwagen
|fBe schlaflose Nacht zu verbringen, und blieb mir somit
Mts flbng, als den folgenden Tag abzuwarten. Es war
llfteo Festtag und viel Leben in den sonst stillen Gassen,
itt der nahen Kirche tönte Musik herüber, was mich voran-
jlMte, sie zn besuchen, in der Hoffnung, einige erquickende
V^ne zu hören. Doch war es eitel ohrenbetäubender Lärm,
M getäuscht verliess ich das schmuzige Gotteshaus und
me übelriechende Luft. Schlendert "man dem Ufer der
^estüm zwischen Felswänden d^ineilenden 111 entlang
^d verfolgt eine Strecke weit den Waldpfad nach Satteins,
3
92 H^eUemmmmm. |
so enchliessl sieh ein lieblicher Bück auf die saföggi^en i
Matten und dunkeln Waldhange des Wallgau, die Höhen
aber blieben immer noch in regenschweres Gewölke gehtült
Ich durchstreifte den Wald, der das östliche Gefälle der
hohen Felswand deckt, die Feldkirch überragt Seine tiefi^
und doch beredte Stille, sein frischer Hauch, das erquickeadii
GrOn seines Moosteppichs, in den Wipfeln hallend das eint
fache JubeUied eines befiederten Sängers — wie wohlthuen
wie unendlich erhebender sie sind, als der lärmende Sa:
und Gestank des eben y erlassenen Tempels! 4
Die Fahrt in's Wallgau hinein, ohnehin etwas monotoi|
war es bei dem regendrohenden Himmel des folgend
Tages noch mehr. Erst wenn man Bludenz sich nähe
wird die Gegend ansprechender, und betritt man vollends
Klosterthal, so nimmt sie jenen innigen, traulichen Oharak
an, der tiefgebetteten Alpenthälem gerne eigen. Gutbebai
Felder, stille Wiesen, heimisch aus Obstbäumen lauschen«
Bauernhäuser und, dahinter aufstrebend, lebendig grflneni
Berghalden, dunkler Waldhang oder graue Felswände,
oft nur zu nahe und erdrückend, huschen an uns vorü
Ais wir Dalaas im Rücken hatten, brach der Regen los,
Gegend wurde unwirthlicher, ndt jedem Fuss Steigung n
die Kälte zu, ein Fenster um's andere unserer fahren
Behausung schloss sich. Dabei ging es zum Verzwdfi
langsam. Schnelligkeit war nie die Tugend der Stellwagett
In Stuben, dem letzten Dorfe diesseits des Arlberges, wai
es so kalt, dass man ungerne in's Freie trat, und nachdefl
wir die hohe Mauer passirt, die das Dorf gegen den Tam
berg vor Lawinen schützt, begann es sogar zu schneiea
Ein Wegweiser zeigt an, wo es nach dem Lechthal hinübai
gehe und ruft mir die Tage zurück, die ich im Dorfe Waii
bei eben so schlechtem Wetter verlebte. Langsam ging H
Der Piz Boseg, 93
Äe langen Kehren der letzten Steigung hinan — das Schnee-
gestöber Hess nicht zehn Schritte weit sehen, man drängte
lidi zusammen, um weniger zu frieren, denn auf solche Wit-
ternng hatte sich Niemand vorgesehen. Am meisten litt
dabei ein abgezehrtes 11 jähriges Mädchen, das im letzten
8todiiim der Schwindsucht, aber trotz Schwäche und Ab-
■tttung — man musste sie tragen, ihr das Essen reichen —
loeh nach Tirol in die Sommerfrische gebracht werden sollte.
Die Frau, deren Pflege sie anvertraut, umhüllte sie sorgfältig
mit Allem , was aufzutreiben , es schien aber Alles nicht zu
Uecken. Dämmerung begann schon hereinzubrechen, als
lian die Bergeshöhe erreichte und nach St. Arfton hinab
«aselte. Die Strasse ftlhrt hoch über wilder Tannschlucht, in
en Tiefe die Rosana rauscht, dem Abhang entlang,
nliber ragen schneebedeckte Gcäte und Spitzen; ein
raiisch-zerrissener Wolkenhimmel, von kaltem Dämmer-
t erhellt, hängt darüber hin. Durch's Wagengerassel
te das phantastische Gelächter, Singen und Pfeifen eines
tnmkenen, der sich zum Jux der Einen und zum Aerger
Andern hinten auf den W,agentritt gestellt, dort ange-
mmert blieb, Kopf und Oberleib hineinstreckte und der
ellschaft beharrlich seinen von lebhaften Gestikulationen
eiteten Blödsinn zum Besten gab. Weder unser Rosse-
ker noch der Oonducteur hätten mit einem Wort ihn
eten, herabzusteigen. Ein Hoch der tirolischen Reise-
lemflthlichkeit!]
^ Um von St. Anton in kürzester Richtung hinüber nach
'tan Paznaunthale zu gelangen, blieben mir mehrere Wege
•fcn: der durch's Moosthal, das gerade gegenüber sich öff-
^ und jener durch's Rosanathal und dann durch eines der
leiden Zweigthäler, in die es sich gabelt, entweder durch's
VagQlthal oder durch's Fervalthal. Jener, der direkteste,
94 fFeilenmann.
mochte in pittoresker Beziehung am meisten bieten, schiei
aber auch der wildeste zu sein. Der Uebergangshdhe z«
liegt ffoch viel Schnee, und fast schien es, als ob auch eil
Gletscher zu passiren wäre. Der Geistliche des Orts, der
im Wirtiishaus seinen Abendtmnk nahm, empfahl mir des
durch Rosana und Schön -Ferval als den lohnendsten und
zugleich bequemsten. Das Prädikat Schön hat dieses Tfaii
seiner ergiebigen und ausgedehnten Triften und WeidhäBg«
wegen erhalten, um meiner Sache sicher zu sein — \A
ging nämlich ohne Führer und das Wetter war zweifelhaft
— entschied ich mich für letztere Richtung.
Dem Rosanathal, obschon es etwas monoton, verleihl
der dichte Tannenwald, der seine tiefern Hänge fast durdir
gehends umdunkelt, einen eigenthümlichen melancholisch«»-
Reiz, der durch die tiefe Stille, in der nur das Flüstern ^lü
Tannen, das Rauschen der Rosana zu hören, noch erhöH,
wird. Eine Alphtttte, jetzt leer, dann eine einsame, verödeül
Kapelle, die von Tannen umgeben auf einem Vorsprunll
steht, die tiefe Waldschlucht und die im Osten ragendal
Berges^ipfel überschauend, sind ausser dem leidlichen Pfad|
die einzigen Anzeichen, däss zu Zeiten Mensehen hier wei#
len, wenn schon jetzt keine Seele sich regt Naht man dtf
Weitung, wo das Thal sich theilt, so tritt einem mädit^
kühn, in hohen nackten Felswänden in der Gabelung sielt
aufschwingend, die Platriolspitze entgegen, deren GipM
längst schoii das Waldthal beherrschte. Der Wald hat aitf»
gehört, am jenseitigen Abhang liegen fast zahllose Sehaaf^k
Es biegt plötzlich nach dem Fasulthal ein, dessen Einganf;
ostwärts von der Kucherspitze beherrscht wird , an der«
Fuss von Vieh umgeben eine Alphütte liegt. So ein granei
Hüttendach, dem stille der blaue Rauch sich entwindet, gieht
gleichsam Seele und Frieden der Gebirgswildniss und spriiM
Der Piz Roseg. 95
itareli das Leben and Treiben das es verräth, die kleine,
Boeh anbekannte Welt, die es birgt, den Herd, an den es
dich ladet, den Schutz, den es dir verspricht, nach stunden-
knger einsamer Wanderung unendlich heimisch und traulich
£ch an. Da jedoch mein Weg nicht durch Fasul geht, das,
vie der Einblick, den man ins Thal hat, schliessen iässt,
ann ist an Naturschönheiten, so lasse ich jene Hütte, der
«an übrigens Schmuz und Unrath von Weitem ansieht,
inks liegen und schreite Schön-Ferval zu, an dessen Mün-*
dmig auch zwei Hütten stehen.
Ein älterer Mann, der vor der untern Holz hackt, er-
weist sich auf meine Frage nach Engelbert Rauch, der vor
lihren das erste und einzige Mal mit Ingenieurs die Platriol-
itze erstiegen, als der Gesuchte selbst, und die Hütte als
Branntweinhütte. Die schöne Felspyramide verlockte
f Besteigung, der Mann meinte aber, jetzt sei es noch
icht thunlich, man müsse noch einige Wochen warten, bis
Sdinee von den obersten jähen Felshängen unter dem
ipfel verschwunden. Auch sei er zu alt dazu, sein Sohn
och, der damals auch dabei gewesen, sei Mannes genug,
inen hinauf zu geleiten. Im Begriff in die Hütte zu treten,
Mflch zu trinken, finde ich, dass man eben daran ist,
Schaaf auszuweiden, das ein herabrollender Stein er-
lehlagen, und der bestialische Gestank, den die Eingeweide
abreiten, treibt mich alsobald wieder hinaus und nach der
ibem Hütte. Schmuz und wieder Schmuz scheiiit hier die
Parole zu sein.
Schön-Ferval zieht sich an der Westseite der Platriol-
^tze und des Gebirgszweiges, dessen Ende sie bildet, meh-
lere Stunden weit hinan. In seiner kahlen Zerrissenheit
Üetet dieser Gebirgszweig einige Abwechslung, der Grund
iber und die Westseite des Thaies, so gute Weide sie bieten
n
96 Weilenmann,
mögen, sind höchst langweilig. Erst seinem Hintergninde
zu, wo die es nmschliessenden Kämme höher nnd wilder '
werden nnd mit Schnee sich decken, wird das Thal fttrt '
Ange wieder geniessbarer. Abermals musste ich mir sagenj ^
dass nnsere Besriffe von landschaftlicher Schönheit sehrl
verschieden sind von denen des Gebirgsbewohners und dasB^
wer von diesen sich beeinflussen lässt und sich nicht ans^
der Gestaltung des Gebirges ein eigen Urtheil zu bildei
weiss, gar oft sich getäuscht finden wird. Den Thalschlust'
zur Linken lassend, schritt ich über öde, zum Theil no(
unter Schnee begrabene Weiden, wo nur die ersten weisseii,^
gelben und rothen Reime sprossten und die violetten Glöck^
eben der Soldanella blühten, nach der letzten weiten Jod
einsenkung an der Westseite des Thaies empor. Weite
unten Öffneten sich schon zwei solcher Einsattelungen. Uebc
die erste gelangt man nach dem Silberthal und hinab nacl
Schruns im Montafun, tlber die zweite erreicht man dlei
Thalschaft weiter oben bei Gaschum. Nahe jener, die mei
Ziel, breiten zwei kleine Seen, der eine in den andern si(
ergiessend, ihre stille spiegelglatte Fläche. Sind die AI
hänge, in die sie gebettet, statt wie jetzt mit Schnee,
lebendiges junges Grün gekleidet, dann mögen sie ein
muthendes Bild gewähren. Selbst jetzt, mit dem klai
Mittagshimmel darüber blauend und von seiner Lichtf&l
Übergossen, haben sie ihren Reiz. Der gleichförmige 8chn(
bedeckte Rücken, der hoch zur Linken aufsteigt, an dest
Südseite das Paznaunthal liegt, trägt zwar wenig zur Vi
schönerung bei; mehr schon thun die von Norden heral
•
steigenden, bereits einen Anflug von Grün gewinnenden ui
auch schöner geformten Höhen, und noch mehr die im Rücl
blick sich entfaltende entferntere Umgebung: die Platri<
spitze mit ihren schroff aufeinander sich bauenden finsl
Der Piz Roseg. . 97
oen Felsmauern und dem blinkenden Schneegttrtel, der
Fuss umgiebt, der übrige wildgezahnte Felsengrat,
sie angehört, and über der Flucht des Fervalthales, in
m Grau am lichten Horizont sich malend, Parthien des
iigszuges, der das Stanzerthal vom Lechthal trennt.
Bchdner und sehr überraschend ist freilich, hat man das
>fiiiete Joch betreten, der Ausblick gen Süden. Da
t das Auge in die tief tief zu Füssen in magischer
laue sich verlierenden Schluchten des Montafun, und
darüber, im Sonnenglanz prangend, erblickt es ein
el von Schnee- und Felsgipfeln, Firnen und Glet-
alle dem östlichen Theil des Rhätikon und seinen
nkern angehörend.
In der Folge hörte ich dieses Joch, das eine Höhe von
7500' haben mag, Seejoeh nennen.
Durch ein steil absteigendes Weidethal und immer an-
ichts der prächtigen Perspektive., ging es auf den Zeinis
b, ein weit sich dehnender mooriger Pass, 5787 P. F.,
die Verbindung des Montafun mit Paznaun vermittelt,
zwar, wie die beiden Thalschaften träumen, in nicht
femer Zeit nicht mehr blos.auf Schusters Rappen, wie
o noch, sondern im Eisenbahn- Wagon. Einstweilen
würden sie selbst mit einem leidlichen Fahrsträsschen
eb nehmen. Die Felsspitze^ die südwärts so finster
ant — sie beherrscht auch den Eingang zum tiroli-
Fermnnd-Thal — ist die Pallenspitze, und die präch*
Felapyramide, die, von der Nachmittagssonne vergoldet,
gegenüber so stolz den Eingang desselben Thaies be-
it, noeh schöner jedpduüber dem Paznaunthale thront,
der Gerfen. lieber duftende Bergwiesen, von einem
murmelnden Qnellenbache begleitet, steigt man hinab
idi den friedlichen buntblüthigen Fluren von Galthür, das,
Schxveizer Alpen-Club. 7
98 fFeUenmann.
von seinem rothen Kirchthurm überragt, in idyllischer Ab-
geschiedenheit am Fusse des Gorfen liegt.
Das Wirthshaus ist mir von der Besteigung des Fincht-
horns her bekannt Auf seinem Schilde steht: »Wer triir
keu will einen guten Wein, der kehr im weissen Rössleis
einl^^ — ein verführerischer Spruch, und wie ich aus firfai»'
rung weiss, nicht blosse Formel. Der müde Wanderer
indess auch andere Bedürfnisse, daneben die Befriedif
der lechzenden Kehle nur secnndär erscheint Der km
rende Magen will auch befriedigt sein, und die GUeder v<
langen ein gutes Lager, um zu neuen Thaten sich zu 8tärk<
Mit der Küche, so einfach-ländlich sie ist, liesse sich m
auskommen, aber das Bette, dem Haupttröster, in dem U
liehe und geistige Mühen ein Grab der Vergessenheit fin«
sollten, ist unaussprechlich schlecht, und dem £x-S<
meister, der die Wirthschaft hält, möchte ich als Revers
sein Schild empfehlen:
Wer aber sucht ein gutes Bett,
Der gehe anderswo,
Hier findet er als Lagerstatt
Einen baachigen Sack voll Stroh.
-Und wäre es noch Stroh gewesen! ... aber besinne
mich recht, so zeigten sich in der weiten Oeffnung, die
Sack in der Mitte hatte, nur Hobelspäne. Alles Jami
nützt da nichts, der Wlrth ist taub dagegen.
Den nächsten Tag ging es über die thaubeperlten Fh
durch Wald und Schlucht der blauen Trisan^, entlang,
bald gelassen, bald wildbewegt dahin fliesst^ nach
hinab, wo Pöll wohnt, den ich so glücklich bin, zu Ba
zu treffen. Er ist erfreut mich zu sehen, gestern
dachte er an mich und fragte sich, ob ich wohl nie wi<
Der Piz ßoseg, 99
komme. Trotz der Protestationen seiner Frau, die b'eschftf-
tigt ist, den rosigen blonden Lockeokopf ihres kleinen MAd-
Äen8 zu waschen und zu kämmen, ist er bereit, mich zu
b^leiten. Wenige Worte genttgen, uns zu verständigen.
Dann kaufe ich der Frau, um ihren Unmuth etvras zu be-
lehwiehtigen, einige Paare Strumpfsocken ab, obschon ich
läe eigentlich nicht brauche. Strttmpfestricken ftlr d«n Ver-
pxai ist eine Hauptbeschäftigung der Weiber in diesem
Süule. Ich beabsichtige mit Pöll nach der Besteigung des
fiz Roseg, die etwa 8 Tage in Anspruch nehmen wird, nach
jien Oezthaler 6di>irgen zu gehen. Sowohl diese, als das
iDber-Engadin hat er nie betreten. Sonst ist er ein ziemlich
lereister Mann, hat die ebene Schweiz gesehen, ist bis in
Ke Nenchateller Berge gedrungen und hat als Soldat unter
letzki die italienischen Feldzüge mitgemacht. Eine Art
iversalgenie, ist er bald Schäfer, bald Handlanger, bald
imsjäger und hält auch den Schmuggel nicht unter seiner
ürde. Von Natur klein, ziemlich breitschultrig, aber nicht
len untersetzt, trägt er dafür einen gewaltigen ^Schnauz-
und üppig sich ringelndes Lockenhaar, auf das er
»Iz ist, das er sorgfältig pflegt Wenn angeregt und guter
e, so ist er gesprächig und erzählt gut; sein Vorrath
Soldaten- und Jagdgeschichten ist unerschöpflich; schnei-*
|bt er auf, so geschieht's mit Anstand. Unter Umständen
li^abel dem Qott-sei-bel-uns eine Nase zu drehen, ist er
ikch ein frommer Christ, obschon immer zarstreut und ab-
lesend beim Beten. Die Kirche besucht er jeden Sonntag
M darf sie auch morgen nicht versäumen, so gerne ich mit
fcm ersten Sonnodstrahl aufbräche. Vor 10 Uhr werden
Nr kaum fortkommen.
^ Da der Tag wunderschön, wird Ischgl, dem nächsten
Borf, ein Besuch abgestattet Duftige Bergwände, blaudäip-
100 »eUenmaim.
memde Waldschiiichten, sonnenlielle Felszacken, blitzen!
Schneehänge und Alles umfangoid ein laehender, dnr«l|
gichtig blauer Himmel entzücken das Auge und machen dt|
Herz übergehen vor Lebenslast Anf den weiten Wiesc^
gründen war man mit £inthiiB des Heues beschäftigt^ d^
lange im Regen gdegen hatte. Ischgl ist ein sauberer 0|
mit stattlichen Hänsem. Im Rückweg noch einmal bei PI
vorgesprochen, der dnem Nachbarn Hen einbringen
und ihn gemahnt, morgen ja bei Zeiten einzutreffen. Es
ein wahres Lustwandeln über die hinterste Thalstufe!
es so einsam in Mitte der schweigenden Fluren, tief
bettet zwischen himmelhohen Bergwänden liegt, bietet
thür ein Bild unsäglichen Friedens.
Als folgenden Tages der Gottesdienst zu Ende, k4
Bauer um Bauer, nachdem sie an geistiger Spdse sich g(
sättigt, nach dem Wirthshanse, auch mit leiblicher Nahni4
sich zu erquicken. Nur Pöll erscheint nicht und schon M
fürchte ich, er sei andern Sinnes geworden, vielleicht h4
seine Ehehälfte durch eine Gardinenpredigt dies zu W||
gebracht. Ist mir ja Aehnliches auch schon begegnet, na4
dem Alles aufs festeste war abgemacht worden. Ich ti4
jedoch Pöll Unrecht — so wortbrüchig ist er nicht, dt^
siehe! ... da schreitet er ja einher, Gemsbart und Spielhall
federn auf dem Hut, den breiten gesteppten Ledergart «^
den Leib, d'rein schauend als wollte er die Welt erstttroMl
Dieser im prosaischen Engadin gewiss Aufsehen erregen!
Aufzug wollte mich erst etwas geniren, da sich aber Pi|
darin gefiel und grosse Stücke darauf zu halten schient I
der Schweiz als Tiroler aufzutreten, liess ich ihm die Freodi
Doch mit Staunen musste ich hören, dass er in Versachinl
gewesen, auch die ^Bix"^ sich umzuhängen! Nur die 51
fUrchtung, es könnte ihm gehen wie schon einmal, als eril
DerPizBoseg. 101
eifer sich einfallen Hess, die Schweizergrenze zu über-
iten und dann unyerseUens in die Mitte von Jägern
iethy die ihm seine hübsche Büchse abnahmen^ bewog
sie zn Hanse zn lassen.
Kaum hatte ich mich gdrent, dass der Ersehnte end-
erschienen ^ als er auch wieder verschwunden war —
Himmel weiss wohin! Das gefüllte Glas Meraner wartet
bens auf ihn. Ungehalten über' sein ewiges Säumen,
es ist bereits nach Zehn, frage ich Hnks und rechts
h ihm und erfahre, dass er bei einer Nachbarin drinn
nnd gemüthlich plaudert, während er doch weiss, dass
noeh eine Tagereise von 9 Stunden vor uns haben,
on nieht weniger als 3 — 4 Stunden über Gletscher, und
dem Wetter nicht zu trauen. Aber Pdll ist nun einmal
Erzschwatzbase und vergisst sich ganz, wenn er recht
Redefluss drinn. Als er dann in aller Seelenruhe wieder
Wirthsstnbe betrat und ich ihn zur Rede stellte, da gab
dem es nie an einer Ausrede fehlt, vor, er habe bei
eine bequeme Schnapsflasche liegen gehabt, die
er holen wollen, nun sei sie aber zerbrochen.
Um 11 Uhr endUch Aufbruch! Bei Wirl, wo man 'die
tngrfinde yon Galthür verlässt, sieht man noch das Ge-
r eines Wirdishauses, das die Bngadiner einst hier
.nt, als ein bedeutender Viehhandel in diesem und den
uzenden Thälem Vorarlbergs und die Viehmärkte, die
gehalten wurden, viel Volks herbeizogen. Zur Rechten
Fermundbachfis hinansteigend, der durch tiefe Klüfte,
^isehen alpenrosen- überwucherten Klippen sich windet,
)fKkhtea wir die Thalsohle von Fermund mit den gleich*
iMiigen Seelein. Sein milchig blauer Spi^el ist von alpen-
llften-bebaschten Landzungen, die vom jenseitigen Ufer
iindndriBgen, fast durchschnitten — malerisch liegt auf
102
FeistrOmineni dar Bandistoffd — da imd dort geht dnsü^
me Ziege oder eiB Rind, ihre G^enwart durch leise übd
das Seelein klingende Glo^enttoeyemlhend. Weiter hinM
' tommelt sich eine Heerde Pferde. Sanft ansteig^d gelangil
wir ZOT Alphntte im Hintergrande des Thaies, deren Bewohnil
dn Mann nnd ein Bnbe, ims wdter unten h^egnel Von dl|
uns Yon ihnen gestatteten Erlanhniss, uns selber zu Milcht
yerhdfen, machen wir Gebrandi, indem wir im Milehkeller^
uns schmecken lassen. Auf dem freien Weideröcken der ^ei(
Höhe sagen wir Tirol Abschied und betrete Vorarlbeil
Rings, wohin man schaut tiiut sich auf ^eGebirgsw^tH
hehrer Schönheit Uns zu FOssen liegt, wohl noch l St wrf
topfeben ins Herz des G^ii^es dringend, dlQ sandige Wei|
fläche des Ochsenthaies, von zahlreichen in der Sonne blits^
den Wasserarmen durchzogen imd von stolzen Bergbftnpt4
umragt, darob heiter und lebaidig der Himmel blaut — 4
allzu heiter und lebendig viefleicht Wohl uns, wenn^
unter der Maske der Milde nicht Tücke birgt! Die so 4
schuldig darüber hinschwebenden Schäfdien bedeuten Bidt^
lieh nichts Gutes! Noch isfs indess ein entzückend ¥^
dem über die weite Fläche. Gegenüber dfihet sich ansteigdl
das Klosterthal, durch das man nach dem Sardascatiial fal
übergelangt. Die einsamen Mauerreste^ an denen wir vaM
kommen, sollen auch von einem Wirthshaus herrühren. ^^
soll über den Fermont- Gletscher, dem wir rasch entgegl
gehen, ein lebhafter Verkehr mit dem Engadin stattgefimil
haben. Selbst Gerste wurde, wenn etwa auf dieser Sdl
Mangel, von dort herübergehoit. Etwa um 2 Uhr kairil
wir zum Gletscher und stiegen seinem östlichen Ufer entM|
liinan. Ueberrasehend schnell hat sich unterdess im Noril
und Westen der Himmel mit gleichförmigem finsterem Bi
Wölke überzogen, das zwar der Schaar von Gipfeln, die4
Der Piz Roseg. 103
püen Eiehtnngen allmälig auftaucht, Boeh Bichts aßhat, aber
«in bangenerregeBdes Düster über sie verl»reitet. Mauch äugst-
lieher Büekblick wird zurückgethau, bis eudlich auch über
m& der Himmel 60 drohead aussieht, dass wir für gut fiuden
;fiait zu maeheu usd Kriegsrath zu pflegeu. WoUeu wir mit
^n Elemeuten es aufuehmeu oder zum Rückzug biaseu? . . .
Hder wollen wir etwas zuwarten und sehen, wie uch die Sache
liestaitet In den Zwischenräumen der übereinander gewor-
Ifimen Fels)>löGke wäre noch spärlicher Schutz vor dem Un-
^tter zu finden, indess wir weiter oben, in Mitte des
iHetBchers, den wir im Begriff zu betreten, seiner Wuth voll-
pmmen pr^sgegeben wären, so wie auch das entfernte
iNsennfer nirgends Obdach böte. Schon fallen Regen-
»pfen und drängen zu raschem Entscheid. Pöll giebt zu
lenken, dass der Gletscher von gewaltiger Ausdehnung,
18 wir bis auf die Joehhöhe noch fast 3 Stunden zu gehen
iben und dass schon Mancher, so leicht bei hellem Wetter
Iber zu kommen., bei Sturm und Nebel den Tod darauf
luden. So hat vor Jahren Jakob Pfitscher, der die Alpe
)88-Fermont weiter dranssen im Thale in Pacht hat, an
isen Bord Menscbengebeine gefunden, die zumTheil noch
m Kleidern umhüllt waren. In den Taschen fand er alte
it mehr coursirende Silbermttnzen und an den Schuhen
(e silberne Schnallen. Während, meines früheren Auf-
laltes in Galthür hatte ich aus Pfitschers eigenem Munde
dem seltsamen Funde gehört. Wollten wir dagegen
nkebren, meinte Pöll, so wären wir in 2 Stunden bei
peflem Manne draussen, wo unser ein gutes Unterkommen
krte. Wie es so sein Brauch ist, überliess er mir zu ent-
leiden, um aller Verantwortlichkeit enthoben zu sein,
aber, den es nach dem Piz Roseg drängte, ging nicht
k^m zurück und dachte: Hast du mit deinem Säumen mir
104 fFdlenmann,
die Sappe eingebrookt, so magst du mir sie jetat auch ans-
essen helfeu und entschied fär's Vorrücken.
Per Gletscher zieht sich fast endlos hinan. Glaubt man
nach Erreichung der nächsten wellenförmigen Anschwellung
dem Joche endlich nahe zu sein, so kommt immer und immer
wieder eine andere. Und in der Feme grollt schon der
Donner, und der Hiilimei; die ganze Umgebung wiri
immer finsterer und unheimlicher. Zur Linken sieht maij
den Gletscher breit nach dem Jamthale hin sieh zieb
dicht vor uns zur Rechten erhebt sich in jähen Schnee- im
Felsflanken der Piz Buin. Ich fand mich in ihm etwas
täuscht, stellte mir ihn imposanter vor. Seine Erheb
über den Gletscher beträgt eben nur etwa 1600 '. Für m
unerstiegen ihn haltend, war ich in der Absicht von Hai
fort, ihn auf dem Wege nach dem Engadin zu ersteii
Da fand ich aber in meinem Reisehandbuch nebst der
beinahe 1600' zu niedrigen Höhenangabe auch die Noi
L'ascension est fatiguante et dif&cile etc. etc.
raus ich natürlich schloss, man sei schon oben gew
und deshalb die Parthie aufgab. Erst Wochen nachher
nahm ich, dass er nach wie vor unerstiegen und auch n
keine Versuche zu dessen Ersteigung gemacht worden. V<
der Südseite mag sie schwierig, vielleicht unmöglich
von der Nordseite aber, so mussten Pöll* und ich uns s
scheint sie leicht
Als wir endlich dem Joch nahe waren, brach das
nerwetter dicht über unsern Köpfen los. Es war ein Kr
und Dröhnen und Rollen, dass einem ordentlich bange
Nebel kamen wild dahergestürmt und hatten sich im
der Höhen bemächtigt. Vom Engadin her blies der Wi
eisig kalt über die dunkelnde Schneeöde. Obdach weit
breit keines! — Aber selbst jetzt, so sehr wir Ursache hal
Der Piz Roseg, 105
\ BUS za spaten, muss PöU von zwei Gemsen, die er in der
Feme entdeckt, sich aufhalten lassen und ihnen nachsehen,
bihrttber, dass die eine ^a Beckle^, ist er allsobald im Klaren,
^imd mit dem Nachruf ^dia Luader!^ überlässt er sie ihrem
kflehicksal — welche Redensart hier übrigens nicht in dem
^ibeln Sinne zu nehmen ist, den sie sonst hat. Sie drückt
B sowohl eine Oaresse als eine Schmähung oder Aerger
ungefähr was Reinecke empfand, als er die Trauben
hoch Bak Punkt 5 Uhr war das Joch (2S06 M., 86380
icht und begann auch der Himmel seine Schleussen zu
en. Fehlen konnte es uns nun nicht mehr, wir brauchten
gerade hinabzusteigen. Doch war es fast wie eine
Uenfahrt, so grausig wild und finster gähnte unter uns
nebelgefOllte Hintergrund von Val Tuoi. Wir schritten
linken Ufer nahe tiber den Gletscher hinab, der die
dseite des Joches deckt. Eigentlich war es mehr ein
nabstttrzen durch Dick und Dünn, so dassFöll, der sonst
mer voran, hintendrein kam und seine kurzen Beine ge-
ig strecken musste. Hätte er eine halbe Stunde weniger .
landert, wir wären dem Unwetter entronnen. Mein
hter Fuss, den ich vorm Jahre bei Uebersteigung des
Durand übel zugerichtet, so dass er jetzt noch ge-
wollen, bestand hier die Feuerprobe und machte sich
in der Folge tiber Erwarten gut. Jm Nu haben wir'
ie obersten überflutheten Weiden erreicht und betreten
nsnasB ein leeres Schäferhüttchen, wo wir das Gewitter
grollen lassen. Vollends in's Thal hinabsteigend sahen
im Rückblick durch die wogenden Nebel Eiruchstücke
himmelhohen, wild zerklüfteten und verwitterten Fels-
e des Buin — von der jenseitigen Kette des Engadin
r war rein nichts zu sehen. Die Lärchenwälder boten
n aoffallenden traurigen Anblick — statt lichtgrün waren
106 WeiUnmann.
sie fahl; wie abgestorben. Wir. konnten uns die Sache nieht
erklären nnd yemahmen dann im Thale unten, dass eine
kleine Ranpe sie so zugerichtet. So weit wir im Engadin
kamen , dehnten sich ihre Verheerungen ans — nur die
obersten Abhänge und die hohem Seitenthäler schienen
davon verschont geblieben zu sein. Das Uebel erstredete
sich auch auf andere Thäler. In der Folge sahen wir anck
die Abhänge an der Südseite der Reschenscheideck damit,
behaftet. Sollte es im nächsten Jahr sich wiederholen, »
wäre zu befilrchten, dass die in ihrem Wachsthum gehemm-
ten Bäume zu Grunde gingen.
Um 7 Uhr schon sassen wir in der heimlichen WirtJ»-
Stube der Post zu Steinsberg. Der Ort liegt nicht eben aa
unserem Wege, ich hatte aber Reiseeflfekten dahin gesandt
auch kehrt man gerne wieder zu, wo man schon einmal gflft
aufgehoben war. Speise und Trank schmecken noch einrodi
so gut, wenn zwei hübsche Mädchenaugen die Weihe daü
geben.
Erwähnenswerthes auf unserem Gange nach PontresiM
ist nur, dass schlechtes Wetter den ganzen Tag uns \i»
gleitete. Gewitter waren heuer das tägliche Brod und aneh
heute trat eins mit aller Heftigkeit auf. Auf der grossen
Strasse ist PöU kein Held, da langweilt er sich und wifl
' bald müde. Die schweigsamen, unfreundlichen Engadinei^
die ihm kaum den „guten Tag^^ abnehmen, mit dem er übrigens
auch nicht freigebig ist, haben seine Sympathien nicht Nm
den Wirthshäusern kann er noch einigen Geschmack abg^
winnen. Dass er in seinen Schuhen auf der Strasse nicM
gut geht, ist begreiflich, denn sie sind \, bockhart ^'' und dsi
eiserne Band, das um die Seiten und Spitze der fast zofr
dicken Sohlen geht, macht sie vollkommen nnbiegsam. lel
hätte ihm, als wir unserem Tagesziele nahten, gerne
r
DerPizRoseg. 107
ersten Mal den Piz Roseg gezeigt, wenn dieser geruht hätte
sieh zu enthüllen.
Von Frau Enderlin, der frenndliehen Wirthin im Weissen
Erenz yemahm ieh, dass ihr Mann^ mit dem ich gern wegen
Beines Vorhabens mich berathen hätte, in der Frühe mit
dem Maler Meuron ins Rosegthal hineingegangen sei. Das
Bans war mit Gästen angefüllt nnd ich wurde in des Malers
Ztminer untergebracht, dessen Wände mit geistvoll aufge-
fassten Studien von Bergamasker Hirten behangen waren.
Bei gutem Wetter wurde nächsten Tages nach der 2
Stunden entfernten, im Hintergrunde des Thaies liegenden
Alphtttte aufgebrochen, wo es hiess, Meuron und Enderlin
■luiben hier Obemaehtet und seien dann nach der Alpe Ota,
lam jenseitigen Abhänge hinaufgegangen — Abends würden
hie wieder zurück sein. Da es noch nicht Mittag ist und
pwk sonst w^g anzufangen wissen, machen wir uns auf,
üie zu suchen. So weit haben uns die Abhänge des Piz
Tschierva den Anblick des Piz Roseg entzogen; nun aber
Mlffaueht man nur noch wenige Schritte zu gehen, um ihn
-lUmälig in seiner ganzen flimmernden Pracht hinter jenen
Ebhängen auftauchen zu sehen. Mit welcher Neugier wir
itunsem Femröhren ihn beguckten, den Verhängnissvollen!
einer herausfordernden jungen Schönen Antlitz und Gestalt
iirurde je von ihren neidischen Rivalinnen einer schärferen
^krittelnng unterworfen, als von uns das grimme schnee-
«iid eisbehangene Felsengerippe. ^Ja probirts nur, ihr
Pygmäen !^^ scheint, es aus seinen luftigen Höhen uns anzu-
^lierrschen . . . „wohl möge es euch bekommen!"
So wie Enderlin und Colani ihn beschrieben, zeigt sich
liier der Berg. Der hintere Gipfel, spitzer, dünner, unbe-
deutender, scheint, da entfernter, um ein ziemliches niedriger
denn der vordere,, der nach oben auch etwas sich zuspitzt^
108 H^eiienmann,
nach nuten breit nnd massig ist und in schönen Linien und
Contaren, lanter Glanz nnd Glorie am blauen Himmel schim-
mert Der hintere Gipfd, von dessen schattiger Westseite
man noch etwas sehen kann, sowie die Schneide, die ihn
mit dem vordem verbindet, Taillen in sehr jähen Schnee^
wänden auf den Tschierva-Gletscher ab. Der vordere Gipfel,
ohne so jähe zn sein und obschon da und dort eine kleine
Terrasse und Zeridnftnngen vorkommen, ist auf dieser Seite
auch noch gehörig steil, währeiid seine ebenfalls etwas zer-
klüftete Nordseite gar nicht so erseheint. Vom Fuss der Kante
ans, die sie mit der Westseite bildet, steigt ein Schneerücken,
ein kleines Hom anfwerfend, sanft ab und endet mit einer
Kuppe, die rasch nach Agaglionls abstörzt *) Die mäch-'
tigen Schneelasten, die von der Nordseite des vorderetf*
Gipfels und dem von ihm ausgehenden Rücken herabsteigen,^
brechen nach dem Tschierva-Gletscher und nach Agaglionl/
plötzlich in lothrechten Mauern ab, ^ie in magischer Be-
leuchtung liegen, und darunter schauen ans weniger steilen i
Schneehängen die schwarzen Wände nnd Pfeiler des siaf
tragenden Felsgerippes hervor. (
Unser Hauptaugenmerk galt der scharfkantigen Ein-|
Senkung zwischen den Gipfeln. Ueber die Schneide, glanbtj
PöU, gehe es nicht, dicht darunter aber, über deren Ost*!
wand werde schon zn kommen sein. i
Voll bester Zuversicht schreiten wir dann über die ebenej
geschiebebedeckte Thalsohle und erklimmen den Kos^
Gletscher etwa in seiner Mitte, um darüber nach dem jen*.
. 1
*) Christen Almer zählt im 1. Band des Schweizer Alpenclab- .-
Buches, Seite 573, die Besteigung der kleineren Spitze des Pif
Roseg zu seinen Errungenschaften, während durch zuverlässige
Augenzeugen, die von Mi saun aus ihn beobachteten, constatirt ist,
dass er nur bis zum tiefen Fuss dieser Kuppe gelangte!
Der Kz Beseg. 109
adligen Thaihang zu gelaogen. Qaer dnrch's Thal^ ohne
den Gletscher zu berühren, hätte man näher. Der Hanpt-
abflnss des Gletschers hat jedoch zu viel Wasser und es
wäre zu gewagt, ihn zu durchwaten. Bei niedrigerm Wasser,
ist Toggweiler, der Hirte der Alpe Misaun, um sich den
Dmweg über den Gletscher oder den ersten Weg weiter unten
m ersparen, auch schon mit Leuten auf dem Rücken durch-
ilßwatet Es geht steil nach der Alpe Ota hinan; wir gehen
iaor so weit als nöthig,,um die Hütte zu sehen, in deren
iSähe wir die Gebuchten vermüthen. Nichts regt sich jedoch
dort und unser Rufen bleibt unerwiedert. Sie müssen weiter
ftalein gegangen sein. Höher steigend komnien wir auf
ipbien Pfad, den wir einwärts verfolgen, der sich aber zu-
^t auch wieder verliert Rings das tiefste Schweigen, kein
trat der Erwiederung auf unser wiederholtes Jauchzen!
0 sie nur stecken mögen?
Immer prachtvoller und grossartiger hat sich unterdess
ror unsem Blicken der mächtige Gipfelkranz des Roseg-
iles, haben seine licht- und glanzstrahlenden Gletscher-
len, seine verborgenen Winkel und Schluchten sich auf-
than. Sie sind sehr verschiedenen Charakters, die beiden
letsch erbecken, die durch das Abzweigen des Rosegkammes
i^tanden. Während jenes, dem vielgeborsten der Tschierva-
itscher entströmt, von lauter wildstarrenden, ungeheuer-
tlien Gebirgsgestalten umragt ist, thronen um dieses, mit
lusnahme des Piz Roseg, fast nur in reinem Schneegewand
igende Höhen, von vollen anmuthigen Umrissen, zier-
Rt zerklüftet in schwellenden Terrassen niedersteigend.
)rt herrschen Schrecken, hier der Friede!
> Pöll ist erstaunt über die Erhabenheit der Schweizer
Berge. Wie es bei Gebirgsbewohnern, die nur ihre nächste
tlO fyeilenmann.
Umgebung kennen, gewöhnlich der Fall, hielt er die seinoB
Thaies für die höchsten. Was ich hätte ^agen mögen, einei
Andern ihn zu belehren, hätte nichts genützt, nur «gene
Anschauung konnte ihn überzeugen.
Spähend und suchend, rufend und jauchzend, bald an-
steigend, bald absteigend, hatten wir die Weidhänge tod
Mörtel bis fast zu hinterst verfolgt und dachten, da dsr
Himmel sich verdüsterte und ein kalter Wind sich erhob,
bereits an's Umkehren, als plötzlich PöU, der einige Schritte
voran, sich umwandte und geheimthuend flüsterte: „daoba!*
und drei Finger aufhebend beifügte: „drei!" — Etwahutt»
dert Schritte ob uns, am Fusse eines Felsblockes sitzen wirk-
lich zwei Männer — den dritten finde ich eine Weile nicH
bis ich endlich in einer dunkeln Masse, die regungslos txt
dem Felsblock liegt, auch ein menschliches Wesen erkemMk
PölFs Geheimthun hatte seinen Grund darin, dass die clr(%
die längst uns gehört hab'en mussten, nicht durch den leise*
sten Laut ihre Anwesenheit zu erkennen gegeben und darauf
abzunehmen war, dass sie nicht gestört sein wollten. Ak
wir zu ihnen emporstiegen, erkannte mich Freund Enderüi
wir begrtissten uns und drückten uns die Hand. Der Driiil
im schweigenden Bunde war ein schwarzbemähntes tJngt|
thüm von Bergamaskerhirt In seinen dunkeln Mantel g^;
hüllt, das gebräunte Gesicht vom wettererprobten Filzhä
überschattet, der tief auf die Stirne ging und darunter ei^
I
wildes Augenpaar funkelte, lag er noch immer in malerischem
Pose dahinbrütend, wie hingebannt. Er hatte dem Maler al^
Studie gedient, und ich begriff jetzt, dass dieser sich nicl(
gern stören Hess. Der Ueberredungskünste hatte es viel g*
braucht, tfm den Hirten zum Verständniss dessen zu bringöBi
was man von ihm haben wollte und ihn zu überzeugen, daM
es sich nicht um Zauberei handle.
Der Piz Jtoseg. 111
Znsanunen wurde nnn der Westabhang des Piz Roseg
inspizirt, doch konnten wir, da wir ihn beinahe im Profil
hatten und Parthien desselben verdeckt waren durch vor-
q>riiigende Felspfeiler, nicht herausfinden, wo es hinaufgehe.
Da hier nichts mehr zu gewinnen, wandten wir uns wie-
der Alp Ota zu. Enderlin sah Pöll, der wenig vorstellt und
keine Gelegenheit hatte seine Fähigkeiten zu entfalten, fast
BÜtieidig an und wollte kaum glauben, dass mit ihm viel
auszurichten. Um die Feuergrube sitzend und eine Cigarre
raachend, hielten wir in der Hütte der Alpe eine lange Rast.
In ihrem dunkeln Hintergrunde sass, stillschweigend un-
terem Geplauder lauschend, eine edle Mannesgestalt. Die
jttBsten Zflge des mit einem Wald rabenschwarzer Haare
l^dd ndt vollem Bart ausgestatteten Kopfes verriethen ein
^ä^e Lieidenschaft;en bergendes Inneres. Ungeme entrissen
^wir uns der behaglichen Stimmung, in die uns das Feuer
[tersetzt, um vollends nach Misaun hinabzusteigen und dort
pa flbemachten.
^- In der Frühe des nächsten Tages wurde das Wetter fElr
l^e Ausführung unseres Vorhabens nicht günstig genug
■efanden. Um den Weg dennoch zu benützen und beim
Eigentlichen Angriff um so sicherer zu gehen, wurde eine
^entirangsparthie über den Roseg-Gletscher hinauf nach
pier Westseite des Beides unternommen, bei der auch Eudor-
lin war. An der Ersteigung Theil zu nehmen, dazu konnte
^ sieh nicht entschliessen.
i Ungefähr über die Mitte des Gletschers hinan ging es
|kien Felsterrassen von Agagliouls entgegen, die allmälig hoch
^md drohend vor uns aufragten, wie man es aus der Feme
^aie geahnt hätte. Ihrem Fuss zu senkt sich der Gletscher
^Mmft und wenig zerklüftet ab. An dieser Abdachung gingen
wir, bis sie aufhört — was dort, wo die Uferwand nach
112 fVeilenmann.
Südosten umzubiegen beginnt nebst den von da herabkom- ,
menden in geborstener Wand entgegentretenden Eismassen (
uns nöthigte, das Innere des Gletschers zu suchen. Von ^
den über uns sich thürmenden nebelumdunkelten Felswände ^
hörten wir das Pfeifen einer Gemse und sahen bald auch |
das Thier, auf hohem Grate stehend, auf dem Nebel sieh |
zeichnen und uns beobachten. Pöll bedauerte wieder seine ^
müssig zu Hause hängende ^Bix^^ und äusserte milde re- 1
signirt: ,,gsechn thuan is gern, und wenn sie mi nix an*|
gehn.^' In südlicher Richtung dem Innern des Gletschers |
uns zuwendend, kamen wir auf eine ziemlich ausgedehnte |
wenig durchschrundete Weite, die sich zu Füssen der Sella^
* saqft ansteigend emporwindet. Es ist der ebenste Theil deft|
GletscheVs — wir hatten ihn uns gestern gemerkt. NachdeiM|
wir 3 — 4 Stunden gegangen, finden wir uns zwar noch nichtf
den breiten Schneehalden gegenüber, die ununterbrochen,^
wie die Karte es hat vom Fuss bis auf den Rücken des|
Berges führen, doch übersehen wir sie und vollkommen klarj
wird uns nun, dass über sie hinauf unser Weg geht, x Be-j
friedigt kehren wir nach Misaun zurück. ^
- Der Bergsteiger priese sich glücklich, wenn er überall ^
ein so gutes und geräumiges Lager fknde wie hier, dasj
ausserplem noch den Vorzug hat, dass es, der Nähe des Glet» (
Sehers wegen, dem Gedeihen der kleinen braunbepanzerteii|
Quälgeister nicht günstig ist Aber trotz alledem hatte ich^
eine unruhige Nacht Denn mir lag es ob, da PöU in die«|
Sern Punkte sehr unzuverlässig ist, zur Zeit aufzuwachen« ,
Ohne alle Gewissehsbisse schliefe er bis in den hellen Tag ^
hinein, und hätte er sich noch so frühe niedei^legt So 4
kam es, dass ich, um mich nicht zu verschlafen, gar nicht ^
schlief und oft Licht machte, um an die Uhr zu sehen. Ura ^
11/2 Uhr (des 21. Juli) Aufbruch! Es war eine stille, feierliehe ^
Dei* Pis Roseg. 1 1 3
^nzdnrchwobene Nacht. In wahrhaft 'prangender Herrlich-
^it stand der Vollmond am durchsichtigen Himmelsazur,
ilde schimmerten im Hintergrunde des Thaies durch leisen
hauch die Schneegipfel. Schweigend schritten wir dem
des Tschierva entlang. PöU ist allemal ungehalten,
man ihn zu frühe Morpheus Armen entreisst — durch
äckiges Schweigen giebt sich sein Missvergnügen kund,
Yennagst du etwa eine Sylbe ihm zu entlocken, so isf s
ichsam nur ein ingrimmig-verbissenes B.rummen. Statt
er der Mitte des Gletschers uns zuzuwenden, schlugen
denselben Weg ein, den wir gestern zurückkehrend ge-
ht, und stiegen, den Gletscher dicht zur Rechten lassend,
er dem Fusse des Tschierva entlang hinan, bald etwas
r am Abhang, bald in der moränegefüllten Vertiefung,
er mit der Gletscherwand bildet Bei Nacht zumal ist's
holperiger Weg. In einer starken Stunde war die erste
ütte gewonnen, die im ungewissen Mondenlicht von dem
umgebenden Gestein kaum zu unterscheiden ist. An der
achen Quelle, die dort quillt, wird der Durst gelöscht,
schnallt sich die Steigeisen an und die hohe, bald nack-
Eis bietende, bald schuttbedeckte Gletscherwand wird
iommen. PöU ist rasch oben und verschwunden, indess
, der zuerst auf den Fersen ihm folgte, ohne Steigeisen
h aasglitt, etwas weiter oben, wo es leichter ging, den
g erklomm. Dort kam ich in ein Gewirre abschüssiger
flgel, das man weiter unten gehend vermeidet, und wo,
das, Eis hart und ^attgefroren und der Mond doch nicht
genug leuchtete, ein misslich Gehen war. Gebrannte
er fürchten das Feuer — ich dachte an meinen vom
hrigen Unfall noch geschwollenen Fuss und hatte keine
, schon wieder etwas Aehnliches durchzumachen. PöU
weit voran und im zweifelhaften Dämmerlicht ganz ver-
Bchweizer Alpen-Club. g
114 f^eilen mann .
schwunden. Als ich* dann wieder auf ebneres Eis kamnirf
ihn rief, um zu wissen, wo er sei, da schien sein durch di<
Entfernung und die Eiskämme gedämpfter Ruf schon voll
westlichen Rande des Tschierva-Gletschers herzukomniei(
Dort fand er für gut, mir zu warten, und wir stiegen äb6(
die Eiswand hinunter auf die Moräne und gingen in di(
Vertiefung, die unterhalb Agagliouls, zwischen den beid«^
Gletscherarmen, bevor sie vollkommen an einander 8i(
schliessen, besteht. Von da an war der Weg derselbe
gestern und es war nunmehr ein wahres Lustwandeln an
sanftgeneigten Eisabdachung, durch die tiefe Stille, in
belebenden Kühle. Felswände^ Terrassen und Klttfte
Agagliouls verschwimmen in gleichförmigem dufkigem Seht
tendunkel und schauen, eine phantomartige ungeheuerlii
Masse, aus dem Sternengeflimmer auf uns nieder. Und
des Thaies Tiefen, mit jedem Schritte uns näher tret
schimmern, von bläulichem Glänze behaucht, zauberii
schön und wild, die Schneegipfel der Sella und des
pütsehin.
In Pölls Innerem begann es zu thauen, — wem wollte
nicht thauen in Mitte eines so wunderbaren, ergreifend
Nachtbildes!
Die Sterne erblassten allmälig, als wir das Eis verlii
und über die obengedachte Firnweite hinanstiegen.
Steigung nimmt immer etwas zu, wird aber doch nie
deutend. Gestern gingen wir hinauf und hinunter an's
gebunden und hatten zu waten; heute, so frühe, ist
Schnee noch hart und solche Vorsicht überflüssig — es
leicht und lustig hinan. Ein Felshom des Roseg-Kai
schaut aus schwindelnder Höhe auf uns herab und zeiel
sich so kühn und verwegen am lichtenden Morgenhii
dass man glauben möchte, es wäre einer der höchsten iäit
Der Piz Roseg. 1 1 5
jfthrend man diese, ohne mehr der Sella sich zu nähern^
|eht sehen kann. Von der Stelle an, die wir gestern er-
licht; ging es noch eine Strecke weit in Mitte des Firn-
blies hinan, worauf wir uns den Wänden des Piz Roseg
paodten und ein Gebiet sanfter Anschwellungen und HUgel
^traten, wo sehr verdächtige Parthien zu überschreiten,
|W|:eJmä88ig laufende tiefe Klüfte zu umgehen und zu über-
igen waren — was jetzt ohne Gefahr geschah, doch
m wir uns jetzt schon, dass wir auf dem Rückwege, bei
lendem Schnee, nicht diese Richtung nehmen dürften.
Hörn, das erst noch himmelhoch uns überragte, hat,
im wir anstiegen, bedeutend an Höhe verloren. Man
\i nun das weite Schneejoch, über das man hinüber nach
Scersen-Gletscher und in*s Laternathal hinab gelangt.
Schneegipfel uns gegenüber, kaum noch vom blassen
ide sich minnen lassend, erglühen nun, die Treulosen,
Jnrigen Kosen des jungen Tages.
|£ndlich verlassen wir die Firngründe und erklimmen in
ttung der Felsmauem, die sie zur Rechten einfassen, die
e Schneehalde, die hier die wildemporstrebenden Feis-
te des Piz Roseg unterbricht. Um 5^/4 Uhr Ankunft
|Fu8se der Felsen. Es war die erste Raststation. Eine
ihe Veltliner wurde entkorkt und der Braten vorgenom-
So weit hatte ich mein Ränzel mit den Habseligkeiten,
ich fiir die Parthie bedurfte, selber getragen, da ich
||, PöII sei sonst genug beladen. Nach wenig Momenten
jltens fanden wir uns, die eben noch von Schweiss troffen,
^grimmiger Kälte durchschauert, an allen Gliedern schlot-
^ Pöll, der Unbedachte, hatte für solche Fälle nicht
pmziges vorräthiges Kleidungsstück, nicht einmal Hand-
|he. Als ich ihm dies vorwarf und ihm seine Eitelkeit
IT die Nase rieb, die ihn bewog, statt etwa eines Flanell-
8*
1 1 6 ßfeiienmann.
Hemdes den schweren Ledergnrt mitzunehmen, der ihm t^
nichts nützte, den er als onheqnem in der Alphütte zurii«|
gelassen, entschuldigte er sich damit, er habe sich uns!
Beige nicht so rauh gedacht Das Einzige, was er vorrätl
hatte, war eine Hemdbrast mit Vatermördern daran, die,^
unnütze sie eigentlich waren, während unseres Zasamm^
reisens doch eine wichtige Bolle spielten. Nahten wir ei(
Ortschaft, wo ein längerer Halt beabsichtigt war, dann Ui
Pöll 9ie an, band das Halstuch um, zog die zerknittei^
Vatermörder gehörig in die Höhe und stolzirte, ein gemä
ter Mann, einher. Ich wusste mich schon gegen die Kl
zu schützen. Zu dem gewirkten seidenen Unterhemd, f
ich schon an habe, könmit jetzt ein flanellen Ueberhemd i
ein drittes wird för die Höhe reservirt Was wir oben ^
absolut bedürfen, vivrö. hier zurückgelassen. |
Erst ging es dem Saume der Felsen entlang hinan; ^^
Schneehang wurde bald sehr abschüssig und fest gefroi
Mein Gefahrte meinte, wir sollten bis hinauf auf den Fe|j
bleiben, die himmelhoch und grausig wild über ans d
thürmten. Ich war fäi' den Schnee und als wir nngel
so hoch oder vielleicht etwas höher waren, wie die i^
terrasse, die nordwärts sich weitete, zu Füssen der um
brochen vom Rücken des Berges herabsteigenden Sc
haide, da verliessen wir die Felsen und gingen horiz(
dem steilen Schneehang entlang. Zu genauerer Präcisii^
jener Terrasse diene, dass sie vom Thale aus gesehei
von einer in drei verschiedene Felsparthieen oder K(
getrennten Wand getragen erscheint, wie die Karte es
von deren Fuss Firnhänge niedersteigen. Es war
müdender Gang — man glaubte festgefromen Schnee
sich zu haben, er war es aber nur wenige Zoll tief,
nachdem man mühsam mit der Fussspitze einen Tritt
Der Piz Rose.g, 1 1 7
itehlagen, sank man plötzlich bis an's Knie und darüber
}fk feinstaubigen Schnee ein, in dem kein sicherer Halt, so
88 man drauf und dran war das Gleichgewicht zu ver-
en und kopfüber hinab zu stürzen. Pöll freilich macht
h nichts daraus und rennt wie gewohnt voran. Ich gab
abwechselnd einen meiner warmen Handschuhe. Dass
l^gar nicht zu zügeln, wenn er nämlich mit Jemanden geht,
er glaubt etwas zumuthen zu dürfen, ist sein einziger
ntlicher Fehler, den er sich abgewöhnen wird, wenn er
r mit Touristen und zumal mit solchen geht, die nicht
e allein zappeln und immer Hülfe zur Hand haben wollen.
e am Fluchthom so rannte er mich auch jetzt rasch müde.
onst das Mahnen! Damals mass ich die Schuld den zü-
rnenden Jahren zu — was auch zum Theil sein mag,
Maschine arbeitet bei weitem nicht mehr so leicht wie
em- Als ich in der Folge jedoch mit andern, ihren
samen gesetzten Gang gehenden Führern und Touristen
ere Gipfel erstieg, kamen sie mir doch nur vor wie
komel - Parthien.
f Wir kamen nicht ganz auf die Schneeterrasse hinunter,
^em blieben in der einmal gewonnenen Höhe am Schnee-
ig, der nun weniger steil, und als wir die bis auf den
JMken des Berges führende Halde in ihrer ganzen Höhe
)lr uns hatten, begannen wir gerade hinan zu steigen.
^ deren gewaltigen Höhe kann man sich nach der Karte
^n Begriff machen. Und jähe und ermüdend, das Er-
bendste der ganzen Parthie ist sie auch. Je höher man
bmty Tina so steiler sie wird. Sonst hat sie eben die
hte Festigkeit. Wäre sie härter, die Sache könnte bei
^ immer zunehmenden Tiefe unter uns, trotz Steigeisen
blieb werden; Allraälig nahen wir den Felswänden
! hoeli ihn tiberragend, zur Linken den Schneehang ein-
118 ff^eilenmann,
fassen. Wo sie zurücktreten nnd eine Ecke bilden , bie|
wir nm nnd halten uns, nördliche Richtnng nehmend, m
deren Fnss. Die wachsende Steilheit nnd fiberhängei
Schneewehen machen es nicht rathsam, länger ostwi
empor zn steigen. Durch eine klippennmragte Schneekd
münden wir endlich — es war 7 Uhr — zunächst der E(
kuppe auf den Rücken des Berges aus.
Die Sonne bescheint uns jetzt voll, vermag jedoch tA
die grimme Kälte und den schneidenden Wind zn mildi
die uns hier empfangen und uns, kaum stehen wir ei^
Momente stille, um auszuschnaufen, zu erstarren drol
Pöll ist schlimm daran nnd dauert mich. EGer war es, \
Freund Enderlin seiner Zeit von Misaun ans unsere H
ganger zum ersten Mal erblickte, l^ns sah er heute 4
P. Languard aus hier auftauchen. Von der zalilreid
Gesellschaft die auf jener Spitze versammelt war, wtill
von nun an unsere Schritte mit Interesse verfolgt. M
solche Kontrole wäre oft gut, indem sie Prahlhanse 4
hindern würde, mit Thaten gross zu thun, die sie m
ausgefÖhi*t — die Ehrlichen aber könnte die TheilnaV
die ihnen bezeigt wird, nur freuen. i
Hier übersahen wir nun den in makellos reinen 1
Schwellungen und Wölbungen sich erhebenden SchneerOidl
und sahen in ebenso blendendem sonnefunkelndem Scrf
gewand die nördliche seiner beiden Hauptspitzen ihm %
steigen und verlockend schön am tiefblauen Aether prani
Von ziemlich breiter Basis und regelmässig gebaut, gip
sie sich in zwei unbedeutende Höcker, von denen \
rechts, der schärfer ausgeprägte, der eigentliche G^
ist, während der links (von Misaun aus gesehen zur Recli
erseheinend) nur eine Ecke des Schneekammes zn i
scheint, der zu ihm hinführt. Durch eine tiefe 1
Der Piz Roseg. 119
sattelnng von der Kuppe getrennt, die unser nächstes Ziel,
, erhebt sich ihr zur Rechten der oben schon gedachte Fels-
^zahn, an dessen nach dem Schneerücken sich abdrehenden
^ Seite Schnee li^t, während seine Westseite in kahler Fels*
^wand lothrecht abstürzt Es war ein entzückendschöner
^ang über den Rücken hinan. Ostwärts, aus gletscher-
erfüllter Tiefe starren grauenhaft hehr und wild die
fBcJiDeegekrönten Felswände des P. Bernina und P.
|Morteratsch, in der Tiefe zur Rechten schimmern die
Ipipfel der Sella und des Capütschin und darüber hin
ttaachen auf entferntere Spitzen der nach Südwest ziehenden
hnannigfaeh sich verzweigenden Bemina- Kette. Der Ein-
nkung zu giebt's schon zu waten. Sie betretend finden
uns dicht am Rande der in schwindliger Tiefe sich ver-
renden Westwand. Ein eisiger Wind bläst Mark und
in dnrchschanemd ans dem schattigen Abgrund und
ottet aller meiner Ober- und Unterwesten. Wir steigen
HoTD etwas empor und finden zwischen dem bereiften
kuppe einigen Schutz vor dem ersten Anprall. Es war
B unsere zweite Raststation. Wie Pöll die Kälte aus-
ielt, begreife ich nicht — spärlich bekleidet wie er, wäre
, glaube ich, geradezu erfroren. Unendlich fi'oh war
■ jetzt, Toggweilers Anerbieten, seine zwar schweren
r arUSgezeichnet warmhaltenden, bis über, die Kniee
ichenden Kamaschen mitzunehmen, nicht ausgeschlagen
haben. Und nicht weniger froh waren wir, noch eine
che seines Montagners dem Weine beigefügt zu haben,
uns Frau Enderlin mitgegeben. Mit wohliger Wärme
chdrang er unser Inneres.
Langem Weilens war hier nicht, der Ort war zu
iwirthlich, das Heulen des Windes im Geklippe zu un-
imlich. Nur einmal tonte ein freundlicherer Laut da«
120 fVeilenmann,
X
zwischen. Es war das leise Zwitschern eines kleinen ^anea
Vogels, der den schattigen Untiefen entfliehend an an«
vorbei haschte und freudig der Sonne entgegenflog. Au<4
drängte es uns zu erfahren, wie es südwärts des vor am
aufsteigenden Gipfels aussehe, der so weit jene Parthien
des Roseg- Kammes ganz verdeckt. „S' Beil lass i da,
mer brauched's doch nit!" sagte PöU, und da ich keim
besondern Schwierigkeiten voraussah, Hess ich ihn g«»
währen — waren wir ja doch mit Fusseisen bewaffnet.
Sowohl aus dem Thale als von unserem eben verlass«
nen Rastort erscheint die Nordwand des Gipfels, die wii
jetzt erklimmen, gar nicht steil und auch nicht besond^
hoch. Erst wenn man sich an ihr versucht, erfährt ma^
dass sie beides ist und auch glatt übereist eine Stre<^
weit, grade da wo sie am steilsten. Da noch einige KiQfl|
daran vorkommen, kann man nicht, wie es von unten ^A
Anschein hat, irgendwo sie erklimmen. Man hält sifl|
möglichst rechts, unfern der abgerundeten Kante, die 8i|
mit der Westseite bildet. Schwierigkeiten sind keiiH
auch nimmt die Steigung bald wieder ab. Es bildet skt
vor uns der oberste Schneekamm, den überschreitend w|
um 9V4 Uhr den Gipfel der nördlichen Kuppe betretai
Von der Fahne, die die ersten Besteiger hier aufgepflaml
steht noch, dicht bereift, der Stock. Vom Stoff* sieht mal
nur noch den festgenagelten Bord.
Nun wappnest du dich, lieber Leser, wohl schon nril
Geduld, erwartend, dass eine weitläufige mit minutiöflll
Genauigkeit aufgenommene Schilderung de^s in endloflii
Weiten sich verlierenden Rundbildes folgen werde. S^
aber deshalb ohne Sorge ! Der Wind war so beissend - nn^
durchdringend kalt, dass wir's buchstäblich nicht 5 M]a«(
ten auf dem Gipfel aashielten. Etwas Notizen zu nehme^l
Der Piz Roseg, 121
•
I ZD zeichnen oder das Fernrohr zu gebrauchen, daran
I konnte nicht gedacht werden. Ich habe dir nur darzubfeten,
I was mein Gedächtniss mir von der kurzen hastigen Um-
sdiau aufbewahrt hat, und du wirst mir nicht verargen,
wenn ich dieses Wenige auch vor dein geistiges Auge
unbern möchte.
\ In ihrer -schauerlichen Majestät, wie sie so schattig
Lud frostig und finster, grell mit ihnen contrastirend, den
spiegelnden Firngrtinden entsteigen, nun vollkommen sich
^tfaltend, bilden die riesig hohen Wände des P. Bernina,
mit' ihren blinkenden Schneezinnen, und dicht uns zu
ssen sich öffiiend, das Becken des Tschierva- Gletschers,
it dem es umragenden Gipfelrund immer noch das ergrei-
dste Moment der ganzen Umgebung. Dass wir dem Piz
ina,*dem Beherrscher der bündner Gebirgswelt, nicht
DZ ebenbürtig sind, erkennten wir, wüssten wir es nicht,
US, dass er uns in nordöstlicher Richtung einen Theil
r Rundsicht verdeckt. Von den schönen Gipfeln des Val
Viola und der Ortler-Gruppe, von den entfernteren Oezthaler-
rgen entdecken wir nichts. Sein Nachbar zur Linken,
er hochgewölbte P. Morteratsch, sucht es ihm an grim-
er Wildheit gleich zu thun. Er, der sonst leicht zu be-
dingen, hat sich diesen Sommer dadurch berüchtigt ge-
cht, dass Prof Tyndall, als er ihn erstieg, mit der
ganzen Gesellschaft in der er sich befand, bei einer Rutsch-
hie, die sie mit einer Lawine machten, beinahe das
eben eiugebüsst hätte. Dem darüber veröffentlichten Be-
lebte nach geschah dies beim Hinabsteigen nach dem
orteratsch- Gletscher. Nur der Geistesgegenwart, der
Körperwucht und Kraft des Führers lenni, der die Gesell-
schaft, als sie nahe daran war, über einen Abgrund zu
ttürzen, am Seil, an das sie gebunden, aufzuhalten ver-
n
1 22 H'^eilenmann.
mochte, hatten sie ihre Rettung zu verdanken. Den P. i
Tschierva, schroff gewandet und wttstdurchfurcht wie er|
sonst ist, lernen wir hier von seiner bessern Seite kennen, l
wo ihm leicht beiznkommen. Zar Linken des Morteratsch !
taucht, schon etwas von Dnft nmschleiert, der spitze Kegel |
des P. Langaard auf, zu seiner Rechten, weniger sich ans
zeichnend, der Mt. Pers. Im ersten Augenblick kostet ea
fast Mühe sich zu llberzeugen, dass der Felszahn und die
blendend weissen Schneekuppen, die durch eine tiefe weite
Einsenkung von P. Bemina getrennt, zu seiner Rechten |
erscheinen, die Cresta Gilzza, der daran sieh reihende P«
Zuppo', mit den namenlosen Gipfeln zu seiner Rechten unt
Linken, und der P. Palfl sind, so weit gen Süden ti-etea
sie zurflck. Wüsste man nicht, dass dort, in solcher Nähe^
keine andern so bedeutende Hohen sich zeigen können»!
man möchte sie als einer andern Kette angehörend be*{
trachten. Hinter den westlichen niedrigeren Parthien desi
P. Bemina blicken durch den tiefen Einschnitt, der zwischen
ihnen und der Wurzel des Roseg- Kammes sich öffnet, wild-
zerrissene schroff aufstarrende Felsen zu uns auf. Nicht}
ihrer Form wegen, denn die ist ziemlich charakterlos und ver-'
mag das Auge nicht zu fesseln, aber weil sie unser Endziel
ist oder sein sollte, erregt die südliche Spitze des P. Roseg,
der wir nun Angesicht zu Angesicht stehen, unser be-
sonderes Interesse. Durch die Einsenkung von einander
getrennt und einander nicht so nahe, dass man sagen
könnte, jene i>eherrsche diese, ist eigentlich jede ziem-
lich selbstständig für sich. Wie sie so glattgewandet der
Leere der schwindligen Tiefe entsteigt, und ihre Schnee-
first zu dem schon etwas, wenn auch nur im Ton, von ita-
lienischer Milde durchhauchten Himmel erhebt, mit dem
scharfen Schneekamm der von ihr herabkömmt und fast wie
Der Piz Rosey, 123
durch die Leere schwebend nnsem Gipfel sucht, ist sie
doch nicht ganz ohne Grazie.
Verdutzt und niedergeschlagen ob dem Anblick, denn
jeder machte stillschweigend die Beobachtung, dass da,
heute wenigstens, kaum hinüber zu kommen, stiegen wir,
fast nar der Form wegen, etwas nach der Einsenkung hinab
und überzeugten uns des vollkommensten, dass in der Ver-
fassung in der wir waren, Pöll gleichsam paralysirt von
Kälte, ich ziemlich matt, ohne Beil an die Bezwingung des
südlichen Gipfels nicht zu denken, üeber die Schneide
ging es nicht, und an der Westseite eben so wenig — die
ist zu abschüssig und wird bald auf Felswände ausgehen.
Nur an der Ostseite kann es gelingen, obschon auch diese
sehr jähe und glatt ist und unter dünner Schneelage Eis
bergen mag. Viele Stufen müssten da vielleicht gehauen
werden, mit Steigeisen allein wäre es zu gewagt. Schon
an der hohen Schneehalde an der Westseite und so eben
noch an der Nordwand des Gipfels hatten wir die Erfahrung
gemacht, dass wenn staubiger Schnee li^gt, an Sohlen und
Absätzen sich gerne harte Ballen bilden, die die Sporen
ganz umhüllen, so dass sie nicht mehr packen und das
Auftreten äusserst unsicher machen. Bei thauendem Schnee
von einer gewissen Tiefe lässt sich der Uebergang eher
wagen. Unter allen Umständen mag mehr dabei zu gefähr-
den, als zu gewinnen sein. Der Ueberblick der beiden
Gletscherbecken und des Roseg -Thaies wird weniger voll-
kommen sein; die Ausschau gen Norden, wo am meisten
zu sehen, wird, indem man die massige nördliche Kuppe
zwischen sich treten lässt, auch nicht so schön sein, und
man wird, da man wie es scheint noch nicht an der Wurzel
des Roseg- Kammes wäre, kaum direkt auf den wilden
Bttdabhang der Bemina- Kette hinabsehen können. Im
124 H'eileMmaMH,
ferneren Süden ist nieht so viel zu gewinnen, wie gen
Norden zu verlieren. Der zackige Gebirgszug der das
Veltlin von der Lombardei trennt, ist in seinen duftigen,
von einem lichtvefklärten Himmel umflossenen Umrissen
aueh hier schon zu schauen.
Ueberraschend durch ihre entsetzliche Wildhdt und
Oede, durch die Kahlheit ihres engen Grundes und ihrer
Wände, eine Steinwuste wie man sie selten sieht, die nicht
das leiseste Grfin belebt, wo kein Halm zu sprossen scheint
— ein wahres Felsengrab, darin die Sonnenstrahlen wie
zu kochen scheinen, zeigt sich, zur Rechten der hohem
Spitze, die tiefe Thalftirche auf welche der Scersen-Gletscher
ausgeht. Stellenweise, wo nicht im Schatten, schimmert
und flimmert das graue Gestein so seltsam und lebendig,
dass man erst Schnee zu sehen wähnt Den duftigen Tiefen
des Malenco-Thales entragt in stolzer Hohheit die breite
Gestalt des Mte della Disgrazia. Wie es bei entfernteren
Schneebergen der Fall, nimmt er schon eine gelbliche
Färbung an. lieber der Einseukung zu seiner Rechten und
durch die Flucht des Val di Mello sieht man in dunstiger
Feme ganz isolirt die Pyramide des Mte Legnone auftauchen,
der den Comersee und das untere Veltlin so hehr beherrscht
Die Sella und die westwärts von ihr sich erhebenden
Schneegipfel, von Norden gesehen lauter Unschuld und
Anmutb, haben auch ihr Janusgesicht Wir stehen süd-
wärts genug, um ihre obersten finster den Scersen-Gietscher
überschauenden Felsabstürze zu sehen. Wenigstens tausend
Fuss unter uns liegend, haben sie, wie auch der Captttsehin,
an Bedeutung und Ansehen viel verloren. Und der Corvatsch,
der so majestätisch über den Silvaplaner- und Silser-Seeen
thront, den erkennt man kaum mehr, so hat er sich abge-
plattet Ueber dem Gedränge von Zacken und Gräten, die
Der Piz Roseg, 125
den sttdlicheu Seitenthälern des Engadin und Bergell ange-
hören, ftinkelt aus weiter Ferne die Monterosa-Kette durch
den Duftscbleier. Die Schneeriesen der Berner -Alpen be-
haupten auch ihren Rang im duftumwobenen Berggewimmel,
das, wäre nicht der Unterbruch den die Riesen wand des
Bemina und die Gipfel im Hintergrund des Morteratsch-
Thales verursachen, endlos den Horizont umsäumte. Ganz
klar ist er freilich auch nicht, mancherorts lagern schon
Wolken. Dem Säntis, von dem aus an hellen Tagen mit
nnbewaffiietem Auge der P. Roseg, scharf getrennt von seinen
Nachbarn, mit allen seinen Einzelheiten zu erkennen, hätte ich
sonst gerne meinen Gruss gesandt. Tödi und Glämisch, als die
Mächtigeren, wissen sich schon eher geltend zumachen, und
Rheinwaldhorn und Guferhorn, ihren Gletscherschooss uns wei-
send, dem der Hinter-Rhein seine Quellen verdankt, wollen auch
gesehen sein. Wie sie zusammenhängen, die verschiedenen Ge-
biigsgruppen, wo die einzelnen Spitzen hingehören, würde, der
es nicht wtisste, nicht erkennen, so wirre und chaotisch ist der
Anblick, so drängen, verdecken, verdrücken sie sich gegen-
seitig in ihrem Streben jeder über den Andern zu dominiren.
Nach dieser oberflächlichen, ohne Garantie für Ge-
nauigkeit wiedergegebenen Umschau suchen wir irgendwo
Schutz vor dem grimmen Wind und finden an der Südseite
des Gipfels, auf eine Kluft der Westwand ausgehend, eine sanfte
Ansmuldnng, wo der Schnee im Thauen ist. Von Windstille
umgeben und von den gefangenen Sonnenstrahlen durch-
wärmt, lagen wir überaus behaglich, hatten jedoch Mühe des
mit Macht auf uns eindringenden Schlafes uns zu erwehren.
Als wir, den Rückweg antretend, wieder über den
Gipfel schritten und über die Nordseite hinabstiegen , gaben
mir die beeisten Stellen etwas zu schaffen. Die Ballen an
den Absätzen waren kaum wegzubringen, mir bangte vor'm
] 26 ^ 'eilenmann.
Ausgleiten. Dicht unter uns sowohl, als an der östlicheB
Abdachung des Firurückens auf den die Wand ausgeht,
gähnen Schrunde. Da wirft mir Pöll, nachdem er ob mir
festen Stand gefasst, das Seil zu und entlässt es, indess ich
bedächtig, fast sitzend hinabkrieche, langsam seinen Händen,
bis er mich in Sicherheit sieht. Am Abhänge des Fels-
hornes, wo die zweite Raststation war, gab's noch eine
halbe Flasche zu leeren und Braten und Würste zu vertil-
gen— denn Proviant hatten wir, ausser der kleinen Flasche
Kirschwasser, die jeder in der Tasche trug, keinen mit auf
den Gipfel genommen.
Wir hätten nun in wenig Stunden wieder in Pontresina
sein können, hätte es sein müssen, zogen aber vor, nach-
dem wir über den Schneerücken hinabgestiegen und ausser
Bereich von Wind und Kälte waren, mit Müsse hinabzu-
steigen und am Anblick der wunderbar schönen, nun im
vollen Glanz der Mittagssonne prangenden Gebirgswelt uns
zu weiden. Die lange Schneehalde war im Thauen. Da
es jedoch festgebetteter Lawinenschnee ist, sank man nicht
ein. Erst auf dem Firnplateau unten begann die Mühsal.
Von da gingen wir nicht den obern Felsparthien zu, an deren
Bord wir in der Frühe hinangestiegen, sondern steuerten
in gradester Richtung über die auf das Firnthal mündende
Schneqhalde hinab den untersten Felswänden zu, wo unsere
Sachen lagen. Hier abermals ein Halt, durch eine zurück-
gebliebene halbe Flasche veranlasst. Das jetzt über die
Felsen herabträufelnde Wasser war der lechzenden Kehle
fast eben so willkommen. Statt nun wieder die Mitte des Fim-
.thales zu suchen, schritten wir den haldigen Firnterrassen
entlang, die vom Fuss der Roseg-Wand herabkommen.
Da und dort von Felsmauern getragen, stürzen sie ander-
wärts in jähen Fimhängen ab. Das Waten war etwas er-
Der Piz Roseg, 127
mfldend, einige Spalten kamen vor, doch ging sich's viel
sieherer als auf dem durehklüfteten Thalgrand. Auf der
; Karte sind diese haldigen Terrassen nicht angedeutet.
Wir mochten etwa eine Stunde hinabgestiegen sein und
waren im Begriff die allmälig in sanftabsteigende Hänge
ausgehenden Terrassen zu verlassen und die Mitte des wieder
aDgehenden Gletschers zu suchen , da gewahrte ich, über eine
kleine Eishalde hinabschreitend, dass mir das eine Steigeisen
abgefallen. Mir scheint als wäre mir's nur wenige Schritte
weiter oben begegnet und als hätte PöU nur schnell es
aufzulesen. Er steigt hinan, kömmt aber nicht gleich
wieder; eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, ja eine
Stunde vergeht, ohne' dass er erschiene, ohne dass ich auf
mein wiederholtes Jauchzen den geringsten Laut als Ant-
wort vernommen hätte. Wahrscheinlich ist er, mit jedem
Schritte das Verlorene zu finden hoffend, immer weiter und
weiter gestiegen. Bange ist mir eben nicht um ihn, aber
leid thnt es mir, dass er des nichtswürdigen ohnehin
mangelhaften Steigeisens wegen, an dem mir rein nichts ge-
legen, so weit zuiückgelaufen. Ich hätte ihm sowas nie
zugemuthet. Ganz über den Abhang hinabsteigend, setzte
id) mich auf einen Eisbtihel, wo mir die beständig rutschen-
den und hinabkollernden Moräneblöcke und die zusammen-
stürzenden Eisklippen nichts anhaben konnten. Die Sonne
brannte hei^s, man hätte es fast in unserer ersten Vorahnen
Costüme ausgehalten, — auch wurde ein Kleidungsstück
nach dem andern beseitigt. Ringsum, im Thalgrund und an
den Abhängen ein Leuchten und Funkeln, dass das Auge
es kaum ertrug. Nach mehr denn einer Stunde Wartens
ging mir die Geduld aus^ ich lies Pölls Reisesack im Stich
und schritt auf den Gletscher hinaus. Da übersah ich den
ganzen Abhang und entdeckte zu meiner grossen Freude,
1 28 tVeilenmann,
I
I
ganz nahe unserem letzten Rastort, aber rasch abwärts sich
bewegend einen winzigen schwarzen Punkt, an dem Arme
und Beine noch nicht zu erkennen, so entfernt und hoch
oben war es. Ich bewunderte den Unermüdlichen, Dienst-
fertigen und sandte ihm einen Jaudizer zu. Pöll aber, der
um's Teufels willen keinen Jauchzer von sich gäbe, schwieg
hartnäckig stille. Zu Thale gehend schlenderte ich schon
dem Zusammenfluss der beiden Gletscher zu, als er endlich
mich einholte, das verlorne Steigeisen in der Hand. Um
4 Uhr war Misaun gewonnen und einige Stunden später
auch Pontresina, wo es viel zu fragen und zu erzählen gab.
Der kleine Pöll ist in den Augen der Leute um Vieles ge-
wachsen und macht nach allen Seiten hin Bekanntschaften.
In der Köchin des einen Gasthauses hat er eine Paznaunerin
entdeckt und ist ganz glückselig über den Fund. Wer würde
glauben, dass der junge Mann, mit dem er, als kennten sie
sich von Jugendbeinen an, so vertraut bei'm wohlverdien-
ten Abendessen sitztund auf gegenseitiges Wohl anstö st, vom
andern Ende der Alpen ein Führer aus Chamouny ist !
Als wir uns trennten, legte mir Pöll warm an's Herz,
ein folgendes Jahr die Besteigung des hohem Roseg-Gipfela
zu versuchen und meinte, wir kämen sicher hinauf, er
würde sich dann besser mit Kleidern versehen und auch das
Beil nicht zurücklassen — wäre es nicht so weit von seinem
Thale und erlaubten es seine Finanzen, er würde unterdess
allein es versuchen.
Seither vernahm ich mit Staunen, dass er mit Freund
Specht aus Wien den Berg zum zweiten Mal erstiegen, aber .
wieder nicht weiter gekommen als das erste Mal. Warum
— kann ich, da mir die gesuchte Auskunft noch nicht ge-
worden, nicht melden.
Fünf Bergfahrten im Tödigebiet,
unternommen im Sommer 1864 von Mitgliedern der
Sektionen Glarns , Aaran nnd Basel. —
Mitgetheilt aus ihren Berichten an das Central -Comit^
von Meyer-Bisehoff.
In dem ersten Jahrbache giebt Herr Dr. Simmler eine
naue topographische Uebersicht der Tödigruppe mid ihrer
mgebongen. Er beleuchtet die Verdienste der ersten
isenden, welche diese Gegenden näher erforschten und
erwähnt die ganze darüber erschienene Literatur, wo-
p« wir noch, so weit es den Canton üri betriff!;, die ge-
Segenen statistischen Arbeiten der Herrn Dr. Lusser in
Ahdorf und die genialen und poetischen Schilderungen von
Oorrodi nennen wollen, welche letztere vor längerer Zeit
1d der seitdem wieder eingegangenen Zeitschrift Alpina
teröffentlicht wurden. Obige ßnf Bergfafirten umfassen
Mgende Besteigungen
1) der Kammlistock^ der westliche Claridengipfel, zuerst
bestiegen durch Herrn Landrath Hauser in Glarus;
1) das grosse Ruchi im Maderanerthal, erste Besteigung
durch die Herren Neuburger, Garonne und Prell
in Aarau;
Schweizer Alpen-Club. 9
130 Meyer-Büchoff.
3) die grosse Windgällef bestiegen von den Herrn Rüllard
und Fininger in Basel;
4) der Oberalpstock auf der Südseite des Maderanerthals,
von Meyer- Bischoff in Basel;
5) der Düssistock im gleichen Thal, von demselben. —
Eine Anzahl wesentlicher Lücken in der Kenntniss des
Tödigebietes, auf welche schon im officiellen Bericht des
vorigen Jahres aufinerksam gemacht wurde, sind dorcli
diese Arbeiten ausgefüllt, und es wäre zu wünschen, diese
einzelnen Beschreibungen in den Feuilletons unserer gelegen-
sten vaterländischen Blätter in ihrem ganzen Umfange za
sehen. Wir sind überzeugt« dass einem grossen Lern-
kreis, der mit unserm Bestreben sympathisirt, damit ein
verdankenswerther Dienst geleistet würde. Dies hier zu
thun, verbietet indessen die Rücksicht auf das officielle Ex-
kursionsgebiet des Triftgletscher^, dem billigerweise, als
der Hauptaufgabe des Jahres 1864 der Vorrang und det
grössere Baum in diesem Jahrbuche gebührt. Ebenso wenig
gestattet die geographische Lage der bestiegenen Gipfel an sehe
entfernten Stellen der Peripherie der Tödigruppe, eine Ve^
Schmelzung der fünf vorliegenden Ai'beiten in ein Gesammt«
bild des genannten Gebietes, das überdies schon im letzte!
Jahrbuche eine ausführliche Schilderung im Ganzen erfahren
hat. Wir bescheiden uns daher, diese Bergfahrten in der
angegebenen Reihenfolge nur in ihren hervorragendstea
Momenten unsern Lesern vorzulegen. — An dieselben reiht
sich eine Glamer Vereinsfahrt auf den höchsten Glämiach*
gipfel, den Bächistock^ welche wir, obwohl nicht in dieses
Gebiet gehörig, doch unsern Lesern nicht vorenthalten
wollen und deshalb im Nachtrag fdlgen lassen. —
I.
Erste Besteignng des Kammlistockes^
des westlichen, 3234 M. hohen Gipfels desClaridenstockes,
•
nDternommen von Herrn Landrath Hauser, Präsident der Sektion
Tödi in Glaros.
Am 9. August 1864 verliess ich in Begleitung meiner
beiden Führer, Heinrich Eimer Vater und dessen Sohd
Radolf, firtth 5 Uhr unser Nachtquartier auf dem Umerboden
Bnd stieg durch den Wängiwald hinan. Als wir aus dem-
selben ins Freie traten, überraschte uns ein herrliches
Landschaftsbild. Vor uns lagen die grünen Rasenwälle
des Gemsfayrenalp und schienen perspectivisch zusammen-
hängend mit den silberweissen Schneefeldem des Clariden-
gfates. lieber dieses Grün und blendende Weiss wölbte
Meh ein blauer klarer Himmel. Reine Morgenluft um-
ftehelte uns, als wir bei der 2008 M. hoch liegenden Alpen-
hltte ankamen, die wir nach Va^tündiger Rast um 7 Uhr
wieder verliessen. Um 8 Uhr machten wir einen zweiten
Halt auf einem Felsblock auf dem sogenannten TenfelsMed-
kof. Unsicher, ob wir über den Claridengletscher den
Debergang zum Claridenfim über den vor uns liegenden
800 M. hohen Gletscherwall ausführen könnten, steuerten
tir auf Eimers Rath quer über den Teufelsfriedhof und den
Qaridengletscher auf denjenigen Felssattel zu, der in süd*
lieher Richtung zwischen Elausenpass und Kammlistock
Hegt und erreichten ihn nach steilem Klettern um IOV3 Uhr.
Kach Vs^^^digem Halt, während dem wir von diesem
9*
132 Hauser.
2500 M. hohen Standpunkt eine schöne Rundsicht m
Schächenthal, gegen den Vierwaldstättersee und die um-
liegenden Berge vonlJri hatten, erstiegen wir einen Felsgrat,
den wir noch als ca. 600 M. unter dem Gipfel des Kammli-
Stockes liegend schätzten. Wir schickten hier den jungen
Eimer alsEclaireur gegen den bei Punkt 2863 M. der Karte
liegenden Gletscherwall, de{ die Krone des Felsgrates
bildet Konnten wir dort hinauf, so durften wir hoffen in
einer starken Stunde den Gipfel des Kainmlistoekes zu
erreichen. Während dessen rekognoszirte Vater Eimer
einen andern Weg gegen den Griesgletscher hinab. Eimer
Sohn brachte nach V4 Stunde den Bericht, dass eine tieb
Kluft zwischen der Felsenrippe und dem Gletscherwatt
liege und tunübersteiglich sei Wegen der schon- vorge«
rückten Tageszeit wirkte diese Nachricht etwas niederschla-
gend auf mich^ und wir beschlossen nun auf den 600 IL ^
unter uns nordwestlich liegenden Griesgletscher hinab*
zusteigen, lieber eine steile Geröllhalde und schwindliche
FelsabstOrze kletterten wir in 1 Stunde hinab und erreichten
den Gletscher um 1 Uhr, wo wir bei einem Felsblock Halt
machten, uns unsrer überflüssigen Bagage entledigten und
nun mit neuem Muth über die steilen Schneehalden empo^
kletterten, gegen den Gletschersattel, welcher zwischen dem
Scheerhom und dem Kammlistock liegt Auf diesem Joehe
laufen die Zugänge zu den beiden Scheerhomspitzen und
dem Kammlistocke zusammen. Bei dem tiefen Schnee, wie
wir ihn heute hatten, schien es uns nicht so schwierig, anf
den noch jungfräulichen niederem westlichen Gipfel des
einen Scheerhoms zu kommen, doch hat man noch immer
steile schmale Gletscherbänder von 50^ Steigung zu flbo^
winden. Wären wir bei Zeiten hier oben gewesen, und
hätten zuverlässige Witterung gehabt, so hätte ich das west-
TödigebieL 133
•
liehe Scheerhom in Angriff genommen und auch den Kamm-
listock erstiegen. — Es war aber 3 Uhr und Eimer mahnte,
Angesichts des sich verschlimmernden Wetters zum Aufbruch,
denn noch lag eine letzte steile Höhe von 300 M. über uns,
die ndr zu ersteigen hatten. — Vom Gletscherjoche links
abschwenkend, umgingen wir ohne bedeutende Steigung
den südöstlichen Ausläufer des Kammlistockes, und stiegen
nun rasch an der Ostseite über die Schneehalden bis auf die
letzte Höhe noch 80 M. unter dem höchsten Gipfel. Diese
letzte Strecke scheint von ferne wegen den bloss gelegten
sehr steilen Felsplatten schwierig und geföhrlich, war aber
bei näherm Beschauen und Angreifen bald und leichter er-
klettert, als wir zuerst glaubten. Die höchste Spitze war
erreicht und lag in einer Breite von 2' offen zu Tage, sie be-
steht aus zerbröckeltem Jurakalkgestein, wie der ganze
Claridengrat. — Auf der Westseite fand sich eine noch 8'
höhere Schneewand angelehnt, die vorher mit dem Alp-
Stocke sondirt und ebenfalls erstiegen wurde. Schnell,
denn die Zeit drängte, errichteten die Führer eine kleine
Pyramide, in der der Wahrzettel des S, A. C. gelegt wurde.
Auf dem Gipfel fand sich keine Spur von thierischem oder
pflanzlichem Leben, auch kein Wahrzeichen, dass je eines
Menschen Fttss ihn betreten. Das Thermometer zeigte auf
41 1 Uhr + IQO, Vi Stunde später sank es auf + 8, 5.
Eine Umschau bestätigte mir die Ausführbarkeit eines
üeberganges von der Gemsfayrenalp über den Gebirgsstock
von öemsfayr und den Teufelsstöcken auf den Claridenfim.
Der Gletscherpass liegt zwischen den Zahlen 2981 und 2967
der Karte, und es ist zu wünschen, dass spätere Gänger ihn
auf ihr Programm nehmen. Einen imposanten und über-
raschenden Anblick gewährten mir die weiten, unter uns
liegenden endlosen Gletscherreviere, in deren innerste
134 Hauser.
Winkel wir schauten, während die Fernsicht durch grane
Nebel düster verhängt war. — Der Eammlistock bildet ein
Glied der Gebirgskette, welche das Reussthal mit dem Linth-
thal verbindet und durch die Flussgebiete des Kärstelen-
baches, derReuss, desSchächenbachesundFätsehbachesund
der Linth, so wie den erstarrten Strom des Hüfi- undClari-
denfim abgegrenzt wird. — In dieser Gebirgskette erheben
sich die beiden Windgällen, Ruchi, Scheerhorn, Kammlistod[
und Claridenhörner als höchste Gipfel. — Femsicht hatten
wir fast keine, auch gär nicht recht Zeit gefunden, die
nöthigste Erfrischung zu uns zu nehmen, weil das drohende
Wetter zum schleunigen Aufbruch zwang. Schnell eilt^
wir die Schneehalden hinab, als schon Donnerschläge,
gleichsam die Introduction des uns von den Ber^eistern
erklärten Krieges bildeten. — Dichter Hagel mit Regen ve^
mischt schmetterte auf uns nieder, als wir das Joch zwischen
Scheerhorn und Eammlistock betraten. Hellleuchteode
Blitze zuckten um uns mit krachendem hellem Getöse in die
Felswände schlagend, gefährlich wurde die Passage, weil
durch die nassen Niederschläge neben uns und über uns
bröckelndes Gestein herabrollte. — Eimer verlor seinen
Gleichmuth nicht, und eilends im Laufschritt sprangen wir
hinab der Mulde des Griesgletschers zu, gegen den Felfl^
block, wo wir unsere Ba.gage gelassen hatten, welche
natürlich bei dem Unwetter theilweise durchnagst war. In
einem erbärmlichen Zustande erreichten wir um 6 Uhr die
kleine Alphütte im Eammli, hoffend, hier wenigstens ein
schützendes Obdach gefunden zu haben, wo wir unsie
nassen Kleider trocknen und uns selbst wieder hätten er-
wärmen können. — Allein der gebrechliche Ofen der Hätte
versagte seinen Dienst und zwang uns, nach Genuas eines
tüchtigen wärmenden Kaffeegetränkes den Weg neuerdings
Todigebiet. 135
unter die Fttsse zu nehmen. — Auf halsbrechenden Pfaden,
schon in der Dämmerung zwischen der Baimwand am
Klausen und dem Stäuber gelangten wir ins Thal, begleitet
von freundlichem Mondesi^chimmer, der unterdessen aus den
lerrisseoen Wolken strahlte. Eben schlug es vom Thurm
die zehnte Stunde, als wir beim Wirthshause zur Rose in
Unterschächen anlangten, und von den Wirthsleuten freund-
lich aufgenommen, nach 17 stündigem Marsche unsre Glieder
ftr die Strapazen des kommenden Tages pflegten. —
Das topographische Resultat meiner Excursion lässt sich
zosammenfassen in Hinsicht auf frühere Erfahrungen, wie
folgt:
1) Der Kammlistock kann am kürzesten und leichte-
sten von der Kammlialp im Schächenthal erstiegen
werden.
2) Von Sandalp oder Altenohren über den Clariden-
fira.
3) Vom Maderanerthal über den Hüfigletscher.
4) Von der Gemsfayrenalp zwischen den Teufelsstöcken
und Gemsfayrenstock ebenfalls über den Clariden-
fim; dieser letzte ist jedenfalls der längste Weg.
Sämmtlich^ 4 Wege treffen alle auf dem Gletscherjoche
«wischen Scheerhom und Kammlistock zusammen. —
IL '
Die Besteigung des grossen Knehi «
3138 M^ter = 9660 P. F. '
■ i
untemommen von den Herren Netiburffcr, Pfarrer Garonne on^
Prell von der Sektion Jara in Aarau. Nach den Mittheilnngeiu
des Herrn Neuburger. ^
i
Voller Mondschein strahlte noch vom wolkenlose^
prächtigen Sternenhimmel, als wir, in Begleitung der Führol
Trösch, Zurfltih und Futgger am 21 JuU 1864 in aller Friü^
Morgens die wirthliche Hütte am Balmwald im Maderanertbil|
verliessen, wo Herr Indergand bis zur Beendigung der Banl^
seines neuen Gasthofes eine bescheidene Wirthschaft mit 3(
Betten improvisirt hatte. In fröhlicher Stimmung über M
herrliche Wetter marsehirten wir tüchtig drauf los und kamert
beim sogenannten Tritt wai 4 Uhr 30 M. an. — Es ist dies ein^
kleine Hochebene, zu der hinauf vom Hüfigletscher eM
steiler Zickzackweg fuhrt. Von hier hat man schon eiini
herrliche Sicht auf die umliegenden Berge und steigt niu4
anhaltend und streng in weitem ^/^ Stunde auf die Alfl
Gnofer, wo wir um 5 Uhr 30 M. anlangten. Die vietoi
hundert Fuss hohe Felsmauer des Alpgnoferstocks, aaoM
kleines Ruchi genannt, begrenzt gegen Norden diese Alpi^
welche ebenso steil südlich gegen den Hüfigletscher und dtf^
Thal abfällt Von hier zieht sich nun der Weg seW
schwindiich über schmale Felsbänder hinauf auf ein Plateau*^
Tödigebtet. 137
Rswar fär uns im Anfang eine unheimliche Passage, denn
it jedem Fehltritt konnte man auf den in granser Tiefe
iden Gletscher hinab stürzen. Nach und nach gewöhnt
ich jedoch Auge und Fuss, doch waren wir alle froh, als
nach einer Stunde solchen Anklettems auf breitere,
auch rauhe und steinige Pfade kamen. Kleine vom
lenfim auslaufende Moränen wurden quer gegen Nord-
iteo überstiegen, abwechselnd Felsenkämme und Fimfelder
'klettert, als wir um 6 Uhr 45 M. die noch spärlich mit
bewachsene Alpgnofer-Oeissalp erreichten, und hier
zum weitern Ansteigen mit Proviant stärkten. Kaum
iren wir hier gelagert, so entdeckte einer unsrer Führer
einem Felsgrat über uns, auf grasigem Yorsprung 4
isen weiden, welche jedoch,' durch unsre Bewegungen
lerksam gemacht, bald hinter den Felsen verschwanden.
Hessen nun einen Theil des Proviants und des Gepäckes
»r Steinen, gegen die lüsternen Geissen wohl verwahrt,
tek und brachen um 7 Uhr 10 M. wieder auf. Nach
Minuten waren wir an dem grossen Schneefeld ange-
das wir bis auf den Gipfel des Rüchen nicht mehr
in sollten. Anfangs steiler, später sanfter ansteigend,
wir um 9 Uhr 15 Minuten ä&i ersten Fimsattel über-
ien. Jetzt stellte si^h uns der Buchen als colossale Pyra-
mit stumpfer Spitze in seiner ganzen Grösse und Pracht
Iwestlich von unserm Standpunkt dar und zwar so steil,
wir anfangs zu stutzen begannen. Auch unsre 4 Gemsen
lienen wieder und jagten vor uns, zuerst rascher, dann
wie Bergsteiger im Zick-Zack den Gipfel hinauf,
lie unsem Aug^ verschwanden. Die Sonne hatte den
lee schon tüchtig erweicht, so dass wir mit jedem
iliritt bis an die Knie einsanken. Um 9 Uhr 30 Minuten
Nor auch der zweite Fimrücken erstiegen, und scheinbar
1 38 Neuburger,
ganz nahe winkte uns das Ziel. Wir leerten noch dl|
Flasche, ehe wir an die Besiegnng der letzten und grösstl
Schwierigkeiten uns machten, und setzten dann nnse^
Marsch fort, zuerst eben bis an den Fuss der Pyramide; da^
gebot die zunehmende Steilheit auch uns ein langsam«!^
Vorrücken. An vielen Stellen war der Schnee sehr dfii^
und blankes Eis trat hervor, in das Stufen gehauen werdi
mussten. In der Mitte des Firnkegels angelangt, steuert^
die Führer auf einige hervortretende Felszacken los; ZurÄ|
kletterte gewandt wie eine Gemse hinauf, setzte sich ri|
lings auf den Grat, sich an die Felsen stemmend und span
das unten von einem zweiten Führer gehaltene Seil fest ■
So arbeiteten wir uns, einer den andern unterstützend, 4
por, und standen bald alle auf dem Gipfel. Es war 10 0|
30 Minuten, wir hatten somit ohne den Aufenthalt 6^4
gebraucht Das Th^DEiometer zeigte in freier windBtO
Luft + 120 Reaumur. Der Gipfel bildet eine 4—5
breite und 8 — 10 Fuss lange schwach gewölbte Schneeflädl
Eine neue Welt erschloss wie durch Zauber sich imse^
Blicken. Grade vor uns nach Norden, tief zu Füssen
das stille einsame Brunn^thal mit seinem Ausgangspi
Unterschächen, das ganze Schächenthal, die ganze Klaoi
passhöhe, über Rigi und Pilatus hinaus die Schweizerii
Ebene, freundlich winkten unsere heimathlichen Jural
Gegen Osten maschirten prächtig gereiht vor uns auf
Berge von Glarus, überragt von dem majestätischen
Nahe vor uns das gewaltige Scheerhorn mit seinem zerkh
ten Felsenkamm, umschlungen von den mächtigen Gletschd
feldem, die nördlich ins Schächenthal, südlich ins Maderand
thal fallen. Gegen Süden über den Bmnnipass thürmen ^
zahllose Keihen Bündnerberge, näher der Düssistock V
seinem blendenden Firnsattel und der mächtige Oberalpä
Tödigebiet. 139
j^am von herrlichen Schneefeldem gekrönt. Gegen
legten glänzen die eisigen Häupter des Galenstockes und
Spitzen, welche dem Triftgletscher entsteigen. Alles
'ältigend, drohend und in furchtbarer Steilheit erheben
die grauen Felswände der grossen WindgäUe uns gegen-
als nächster Nachbar. Nun überliessen wir uns, nach-
wir den mitgebrachten Proviant verzehrt hatten, eifern
ickenden kurzen Schlummer, während Garonne die
acht skizzirte, und ein Führer auf dem Felsvorspung
Steinmannli errichtete, welches die Flasche mit dem
dehen des Clubs aufiaehmen sollte. Um 11 Uhr
Minuten gings vorsichtig am Seil hinunter den steilen
leerücken, dann brachte uns eine famose Rutschparthie
^venig Minuten auf das erste Plateau und so fort weiter
ib. Um 12 Uhr 45 Minuten waren wir wieder bei
(nn Gepäck angelangt, und sahen die Ziegen bereits in
igkeit, dasselbe unter den Steinen hervor zu zerren,
iten also unsrer Yomcht nur froh sein. Von der Alp
Ter gingen wir nun einen andern Weg thalaas wärts, in-
wir über Bernetsmatt und Gölzern den Höhenweg ein-
ten, statt zum Balmwald herabzusteigen. Derselbe
^ich an erhabenen Gebirgsscenerien und jedem Reisen-
der ^das Maderanerthal besucht, vorzugsweise anzu-
Beim freundlichen Caplan in Bristen wurde noch-
eingekehrty und todesmüde kamen wir Abends 8 Uhr in
^g an, uns nach Ruhe sehnend, die wir auch in dem
idlichen und guten Gasthofe zum Kreuz fanden.
i
III.
i
Bestelgimg der grossen WindgäUe '
3t89 M. = 9817 P. F. ^
von A. JüaiUard nnd L. Fimnger in Basel. A
i
i
Dieser Berg liegt in der Gebii^skette, welche
zwischen Maderanerthal und Schächenthal hin zieht, er^
südwestlich mit der kleinen Windgälle, östlich mit
grossen Ruchi verbunden, nach allen Seiten hin, besoi
gegen Norden hin, weist er seine kahlen schroffen
wände, und es galt die Besteigung desselben fElr
schwierig, auch ist er erst 2 Mal bezwungen worden,
erstemal durch den bekannten verstorbenen eifrigen
reisenden Georg Hoffinann von Basel am 31. August H
worüber eine Schilderung in den Berg- und Gletscherfa
von Studer etc., Zürich 1859, enthalten ist, und dano^
B.August 1863 durch einen jungen Engländer, Herrn
Milbanke. Für uns hatte daher diese gefärchtete Besteig
grosses Interesse, und sehnlichst wünschten wir damit ni
Bekanntschaft zu machen. — In Amsteg entsendeten wir^
Führer Ambrosius Zgraggen zu unsenn alten Bekam
Joseph Maria Trösch ins Ezlithai, und gingen inzwischen
auf nach Bristen, um dem Freunde Caplan Furgger eil
Besuch abzustatten. Bei einem Glase Wein verging schni
die Zeit, und bald erschienen die beiden genannten FtiM
Wir marschirten gemächlich den herrlichen, wenn »
etwas steilen Alpen weg, über Golzem und beim Golzern-a|
TödigebieL 141
lirbei auf die schöne Alp BernetBmatt, in deren steinernen
ziemlieh reinlichen Hütten bei dem freundlichen Sennen
>ph Lorez wir nnser Nachtquartier nehmen wollten. —
ine mimtre schwarzäugige Tochter als Knabe verkleidet,
es öfter auf diesen Alpen gebräuchlich ist, that bei ihrem
T Knechtsdienste.
In einer benachbarten Hütte wohnt auch eine Aeipler-
lilie, die gesonderte Haushaltung führte, deren Vieh aber
dem andern auf dieser Alp weidet Die Aussicht, die
hier in einer Höhe von 2000 M. hat, ist reizend, hinter
die Berggipfel der kleinen und grossen Windgälle, des
len, Scheerhom, gegenüber der Oberalpstock, im Hinter-
ide der Hüfistock, gegen Südwesten die Crispaltkette
weit gegen Westen die herrliche Kuppel des Oalenstocks,
Winterberge, Sustenhom, Spitzliberg bis zu den Spann-
n. Wunderbar ist das Rauschen der zahlreichen Wasser-
» welche über die Thalwand- hinabstürzen, um sich mit
Rerstelenbacfa zu vereinigen, der das ganze Thal in
len Sprüngen durehtobt und selber malerische Fälle bil-
— üeber die vom abendlichen Sonnenstrahl gerötheten
len stieg der silberne Mond herauf, als wir unser Heu-
ir aufsuchten und zeitlich zur Ruhe gingen. —
Nach reichlichem Frühstück wurde um 3 Uhr 45 Mi-
angebrochen, mit Proviant, Gletscherseilen und Fuss-
wohi ausgerttstet Der Tag stieg mit glänzender Pracht
doch vermissten wir die kühle Morgenluft, es war
zn warm, um auf dauernd gutes Wetter hoffen zu
len. —
An&nglich ging es über eine rauhe Alptrift, über Schutt
Geröll, auch hie und da über Kalkplatten, eine steile
;efrome Schneekehle hinan, über eine Moräne, und dann
Mraten wir den sonst sehr geschrundeten Stäffeligletscher,
142 Raillard u. Filiinger.
der aber dieses Jahr reichlich mit Schnee bedeckt und dakr
sehr gut zu passiren war. Wir hielten uns in der Mitte dei
Gletschers, der, je weiter wir vorrückten, desto mehr Steignnf
erhält, in gerader Bichtung gegen die hohen Felswändii
welche die Windgälle mit dem Ruchi yerfoinden, schrittet
dann im Bogen links auf die Mitte der Windgälle 2ai, joi
machten unmittelbar am Fusse deraelben unsem Halt fii
war 10 Minuten vor 5 Uhr; über den Gletscher hatten
gerade 1 Stunde und 5 Minuten gebraucht. Das di
wanderte Gletscherthal ist durch hohe schroffe Felswi
eingeschlossen, an denen nicht das geringste Grün h
und deren zackige Gräte im ersten Morgenröth erglüh
Selbst die Windgälle vermochte uns hier nicht mehr dn
ihre Höhe zu imponiren, wohl aber zeigten sich ihre AI
hänge entsetzlich steil, so dass wir merkten, dass der S
ziergang zu Ende sei, und der ernstere Theil unserer k
gäbe hier beginne. — Bei der ersten Besteigung m
Georg HofPmann den jähen Felsgrat zu unserer Linken
klettern, ein sehr gewagtes Unternehmen, weil die
steilen Schneekehlen nur wenig Schnee hatten, und
blanke £is zu Tage trat Wir aber hatten es glüdcli
getroffen, die Schneedecke war reichlich und gestattete
die Steigung von 50 und 60 Grad mit vieler Mühe zw
aber doch mit ziemlicher Sicherheit zu überwinden;
an einigen Stellen, wo das Eis sich zeigt, mussten S
eingehauen werden, und mit unsem Füsseisen erkle
wir nach und nach mühsam die so steilen Schnee- und
gehänge. Es war eine harte Arbeit, welche die Eniek«
gehörig in Anspruch nahm, gleichwohl rückten wir tflel
voran nach der Höhe, und uns rechts ziehend gelangten
auf einen Schneegrat, und sahen plötzlich vor uns in
ringer Entfernung den höchsten Gipfel, von dem Steinm
Tödigebiet, 143
^^nt Links um den Felsen hinauf, an grausigen Tiefen
», betraten wir jubelnd die felsige Spitze um 10 Minuten
7'ühr. — Da drunten in den Städten verlassen sie jetzt
tesd ihr Lager, um sich wieder in das Alltagsleben
Stürzen, und uns ist vergönnt, auf diesem noch von
ligen Sterblichen betretenen Standpunkt im Strahl der
'liehen Morgensonne Rundschau zu halten. Dem lieben
Änen Vaterlande wurde ein lebhaftes feuriges Hoch ge-
it, und auf die glückliche Besteigung eine Flasche ge-
Im Steinmannli fand sich noch, zwar unleserlich,
ffflanns Zettel vor. Wir legten unsere Namen in die
liehe Flasche und begannen nun weitere Umschau zu
in. — Die Windgälle hat 2 Gipfel von ungefUhr gleicher
le, welche durch eine mit Schnee ausgefüllte, mehrere
idert Fuss tiefe Schlucht getrennt sind. Die östliche
|itze, auf der wii" uns befanden, besteht aus losem grauem
ischiefer und ist ungefähr 40 Fuss lang. Die Temperatur
+ 12® Reaumur, der Himmel klar und auffallend
^arzblau, nur gegen Süden lag eine horizontale dunkle
ilschicht. Tief unter uns ruht der Blick auf der grünen
rlialp mit dem blauen Seelein, darüber hinaus streift er
idas mit Dörfern und Hütten besäete Schächenthal und
lie weiten Ebenen der Schweiz, bis über den Jura und
Vogesen; nördlich über den Schwarzwald und die blauen
lügen Höhen der schwäbischen Alp. Zahllose bekannte
unbekannte Gipfel mit glänzend weissen Schneefeldem
?en vor uns auf, so weit das Auge reichte. Schwer
iten wir uns von der herrlichen Rundsicht und traten
8 ühr den Rückmarsch an. Mit Vorsicht, wegen dem
^Q Eis am Seil, Hessen wir uns nur langsam über die
in Schnee- und Eisrücken hinunter und erreichten schon
55 Minuten den Stäffeligletscher und um 10 Vi Ubr die
144 Raillard xl FUUnger,
gastlidien Hütten von Bemetsmatt Wir hatten also zu
ganzen Excnrsion 7 V2 Standen gebraucht, wovon 5 Stundl
35 Minnten Marsch nnd 1 Stande 55 Minuten Halt —
dem grünen sammetweichen Grasteppich l^;ten wir ans
zn kurzer Ruhe nieder. Um 7 Uhr Abends bezogen
nachdem uns ein Gewitter inJBristen zur Einkehr gezi
hatte, unter dem gastlichen Dach des Hotels ziyn Ki
in Amsteg bei Herrn Indergand das Nachtquartier
ruhten aus von unseren Strapazen, um von da das
gebiet zu durchwandern, wohin uns die jungfränliehe Ki
des Spitzlibergs zog, welche uns auf den Höhen der Wii
gälle so freundlich zugevnmken hatte.
IV.
Der Oberalpstock^ romanisch Piz Tgietschen
3330 Metres.
von Meyer' Bischoff in Basel.
Wer von Amsteg im Canton Uri nach dem graubfln
rischen Vorderrheinthal hinüber will, benützt den nächi
Weg über den Kreuzlipass, der am Eingang des Maderai
thals durch das sich südlich abzweigende Ezlithal
Auch ich war noch Nachmittags 4 Uhr am 8. Juli
Amsteg abmarschirt, um meinen alten Bekannten und
Joseph Maria Trösch abzuholen, der auf der Ezlialp
Ziegenheerde sommert und dort mit Frau und Rindern
ganzen Sommer in einer bescheidenen Alphütte wohnt.
Als ich Abends daselbst übernachtete, musste ich leider
seiner Frau vernehmen, dass er schon heute früh mit ein
t • « *
I
• « « «
4
Tödigebiet. 145
Engländer nach Sedruii verreist sei, am Morgen den Ober-
alpstock zu besteigen. Da gerade dieser Gipfel auch mein
Ziel war, so Hess mich diese Nachricht nicht in der besten
Laune einschlafen. Am andern Morgen nm 7 Uhr stand
leb auf der Höhe des Kreuziipasses, und sah gerade gegen-
über, nur durch die Tiefe des Strimthales getrennt, den
englischen Touristen, wie ich nachher hörte, ein Mr. Sowerby,
der am Saum des südlichen Strimgletschers seinen ersten
flalt mit seinen 2 Führern machte. — Obgleich in gerader
Sichtung nur ^ 2 Stunde entfernt, hätte ich doch 2 Stunden
gebraucht, um sie zu erreichen, und war ohne Lebensmittel,
<>bne Gletscherseil und Fusseisen, weil ich alles dies von
8edmn aus mitzunehmen gedachte. Ich beschloss nun
Inf meinem Standpunkte abzuwarten, sie auf ihrem Wege
pu verfolgen, bis sie den höchsten Gipfel erstiegen, und
fizzirte mir einstweilen die ganze grossartige Umgebung
mein Album.
t Der würdige Forscher und Bergfreund Pater ä Specha
itte in dem Jahre 1 799 den Oberalpstock zum erstenmal
»tiegeu, sein erster Nachfolger war der verstorbene Georg
[offinann, mein Bekannter und Landsmann von Basel, der
auf der schwierigsten westlichen Seite mit dem gleichen
ösch im Jahre 1 847 in Angriff genommen hatte. Heute
f9g Trösch mit dem englischen Touristen einen andern
eg über den mehr südlich gelegenen grossen Strim-
kietscher. Die Besteigung Hoffmanns ist in den 1859 in
Prich verlegten „Gletscherfahrten von G. Studer" genau be-
bbrieben, und es liegt dazu eine Zeichnung bei, die ebenfalls
)fm Kreuzlipass aus aufgenommen ist. Ueberraschend
pd wahrhaftig git>SBartig ist das Bild, das sich vor uns hier
b einer Höhe von üb^r 7000' entfaltet. Blendend weisse
lehneefelder umgeben den Oberalpstock von allen Seiten,
Schweizer Alpen-Club. 10
446 Meyer-Bischoff.
seine Felsmassen gipfeln in 3 Zacken, von denen die mittlere,
die höchste Spitze, die beiden andern nur um einige Fuss
überragt Wilde, grotesk geformte, zerrissene Felsgrätc
thürmen sich nördlich und östlich um ihn hemm auf, aus
den glänzenden Firnen entsteigend, und umstehen ihn wie
ein kleiner Hofstaat den Thron seines Herrschers. Der
Engländer mit seinen beiden Ftihrem hatte gegen 10 Uhr
den Gipfel erreicht, und wie ich nachher erfuhr, von Sedron
aus 6 Stunden gebraucht, weil die Beschaffenheit des Schnee«
und des Gletschers eine sehr gflnstige war. Nachdem ich
sein Fähnlein auf dem Oberalper hatte wehen sehen, eilli
ich durch das Strimthal hinaus nach Sedrun, wo ich vm
V2I Uhr anlangte. Um 3 Uhr trafen auch die Besteiget
wieder ein, und ich verabredete mit Trösch auf morgen eiM
zweite Besteigung. Der Engländer ging mit seinem andM
FührerZgraggen gegen Abend noch nach Dissentis, umMorg«!
über deuBrunnipass in dasMaderanerthal zu gelangen. — SeH
dem nun der Weg bekannt ist, steigt man vom Gipfel di|
Oberalpstocks über den an seiner Ostseite gelegenen Brunsi
gletscher herab und kommt vom Gipfel in 5 Stunden direi
in's Maderanerthal. Diese Tour wurde im Sommer ISA
zweimal von Basler Glubisten gemacht, doch erfordert sl
rüstige Gänger und gutes Wetter. Wenn man in Sedroi
früh 3 Uhr aufbricht, kann man, alle Halte inbegriffen, i^j
5 bis 6 Uhr Abends im neuen Gasthof im MaderanertM
ankommen. i
Gegen Abend hatte sich ein starker Föhn eingesteB
verdächtige Nebel streifen an den Medelser Wetterprophetei
dem Piz Muraun und Valesa herum; in der That fing 4
um S Uhr an , tüchtig zu gewittern und inlätrömen zu regnei
so dass Trösch unter allen Umständen sehr weichen Sehn«
für unsre morgende Tour prophezeite. Mit Proviant woi
Tödigebiet. 1 47
versehen, verliessen wir nach einem kräftigen Frühstück früh
3 Uhr Sedrun. Durch zemssene Wolken schimmerte hie und
da ein freundlicher Stern. Um 5 Uhr standen wir im Hinter-
I frnnd des Strimthales und stiegen auf dem linken Ufer des
Baches eine steile Schafweide, über Schneerunsen und einige
lehmale Felsbänder auf ein Plateau, Calmot genannt, wo
festern der Vorgänger und auch ich meinen ersten Halt
I «achte und ein Glas feurigen Veltliners mit dürrem Rind-
Jeisch als erste Stärkung einnahmen. Man ist hier etwa
t500 Metres hoch am Saume der sich sehr steil über ein-
der lagernden Gletscher und Firnterrassen. Gegen Osten
X eine wild gezackte Felsenmauer den Strim und Brunni-
ischer, etwas südlicher erhebt sich der Piz Ault und Crap
F, deren Ausläufer der Cuolm da Vi oberhalb Sedrun bildet
illen und Schleier wurden jetzt aufgesetzt, denn eine weiss-
e heisse Morgensonne brannte ob unsern Häuptern. Lang-
en Schrittes ging es die steilen Schneewände hinan, mit
em Schritt sanken wir bis ans Knie ein. Wir steuerten auf
en kleinen, aus dem Gletscher sich erhebenden Felsgrat
, den wir nach einer Stunde erreichten. Nach kurzem
t ging es jetzt an die immer jäher sich aufthürmenden
neewälle im Zickzack hinauf, bis wir um Va^O Uhr auf
Oletschersattel standen, wo sich der Strim und Brunni-
tscher vereinigen. Hinter einer Fels -Nadel von Granit-,
eißs suchten wir Schutz vor dem Winde, der wilde Nebel-
n aus den Thälem herauftrieb, die vom Föhn und
rdwest hin und her gejagt wurden und uns nur sehr be-
eidene Aussichtsblicke vergönnten. Doch sahen wir
onten am Brunnigletscher beim Stoziggrat den Engländer
seinen Führer und hörten sie jodeln und uns zujauchzen,
ir erwiederten ihre Grüsse durch Hutschwenken. Um den
ipfel des Oberalpstockes hingen dichte Nebel; wir um-
10*
148 Mryer^Biseäoff:
gingen ganz nahe an seinem Fnss den südlichen Gipfel und
erreichten durch tiefen Schnee nnd fiber ein wenigstens
50 — 60^ geneigtes Schneefeld den sattelförmigen Einschnitt,
der den sQdlicheD nnd mittleren Gipfel verbindet — Um
^ 3II Uhr standen wir anf der hödisten Spitze, wo wir wie
nnser gestriger Yoigänger die Flasche Hofmanns nicht mehr
finden konnten, so tief war noch die Sehneedecke. Erst
3 Wochen später fanden sie meine Nachfolger unter dem
Steinmannli, der Zettel war noch ganz leserlich. — Von Zeit
zu Zeit verzogen sieh die Nebelschichten und liessen uns
einen Blick in weite Femen werfen. Gegen Südwesten
war die Aussicht ziemlich frei, die Walliserberge vom Monte
Leone weg. bis Weisshom, Monterosa waren deutlich sicht-
bar, auch der Montblanc erhob sich hinter unbekannten EiS'
flmen. In nächster Nähe entfiiltete sich imposant die ze^
rissene Crispaltkette, hinter ihnen die Winterberge mit deit
Galen stock, aber die Benier Riesen waren alle in Wolkei
gehüllt. Gegen Norden glänzten aus der weiten Ebene di^
Seen von Sempach und Haliwyl, ein Theil des Züricb&ee%
und noch Östlicher ein Wasserstreif, den ich für den oberei
Theil des Bbdensees hielt. Freundlich herauf gi^üssteu M
schauerlicher Tiefe, scheinbar gerade zu unsem Füssen, dit
Hütten des vordem Maderanerthales und die freundlicht
Capelle von Bristen, gegenüber die braunen Hütten des Ber^
dörfcheus Golzern mit dem kleinen See. Die ganze Kette
der Windgälle, so wie die Gruppe des Tödi lag in didrte«
Nebel, der sich nun auch zu unseru Füssen dick auf dei,
Brunnigletscher lagerte, so dass sich Tröseh weigerte, den
ihm noch neuen Weg hinab ins Brunnithal zu gehen, und ich an^
diesen Plan, wiewohl ungeni, verzichten musste. GeBtertj
musste nach den Aussagen des englischen Reverend, und wall
mir Tröseh erzählte, bei dem klaren Wetter die AussicMI
Tödigebiet, 149
wundervoll gewesen sein. Die Lage des Oberalpstocks ist
hierzu eine sehr gtlnstige, und von den Tirolerbergen bis zum
Montblanc entfaltet sich gewiss das ganze Gebirgs-Panorama,
80 wie eine unermessliche Fernsicht in das flachere Land hin-
aus. — Wir tranken das Wohl unsers verstorbenen Freundes,
des trefflichen und gemüthlichen Hofmann, auf das Gedeihen
des schweizerischen Alpen-Clubs und unserer Lieben in Nah
und Fern, legten unsere Wahrzettel in die FFasche unseres
Vorgängers und stiegen den gleichen Weg wieder hinab,
wobei wir einigemal respectable Lawinen in Bewegung setzten,
' da der gänzlich durchweichte Schnee mit uns und neben uns
I abrutschte, um 2 Uhr stand ich in der Thalsohle des Strim-
I thales, meine beiden Führer gingen über den Kreuzlipass ins
Ezlithal zurück, und ich wanderte allein gemächlich nach
Sednm zurück.
Distanzen.
Von Sedrun in den Hintergrund des Strimthales 2 St.
bis znm Plateau Calmot 1 ^A ^
bis zu dem ersten Felsgrat im Gletscher 1 ^
bis zum Gletschersattel 1 ^
biß zum Gipfel — ^U ^
ohne den nöthigen Halt ..... 6 Stunden.
Vom Hintergi'und des Ezlithales aus von der Alp Gulmen
''wird man auch in 7 Stunden die Besteigung ausführen können.
Vom Gipfel des Oberalpstocks hinab in das Brunni-
thai Stunden 2
ms Maderanerthal, nach Balmwald zum Hotel . . „ 3
Summa: Stunden 5.
V.
Der Dfissi oder Hoflstoek, romanisch Piz Yalgronda
3262 Metres.
von Meyer- BischofT in Baisei.
So viel ich erfahren konnte, ist dieser Berg nur im'
Jahre 1842 von Herrn Escher von der Lioth und Herr»<
Fäsi von Zürich and dann später von Herrn Caplan Furggefii
in Bristen erstiegen worden. Ich hatte mir seine Besteigung*
vorgenommen, weil ich hoffte von seiner Höhe die ganztfl
Verzweigung der ihn umlagernden Gletscherfelder, besonderU
gegen Bünden hinab, genau ersehen zu können, jind danrf
beabsichtigte ich, einen noch nie gemachten Weg von seinen^
Gipfel in das Cavreinthal herab zu versuchen und dai
einige Lücken in den Erforschungen des Tödigebiets zu ei
ganzen. Auf seinem Rücken. trägt der Düssistock den s(
genannten Tschingelgletscher, welcher sich wohl 2 Stund<
lang und V2 Stunde breit von Norden nach Westen erstreckttl
Am 9. September verliess ich mein Nachtquartier im Baliii4
wald im Maderanerthal in Begleit von Joseph Maria Trösd(|
und dem Sohne des alten Gedeon Trösch, den ich als zweito^
Führer bis auf die Höhe mitnehmen wollte. Da wir Moi
^/ä 3 Uhr aufbrachen , so war es noch finster, doch stemei
heller Himmel und wolkenlos. Die Führer trugen Fackeh
um unsem schmalen Pfad zu erleuchten, der gegen die Alj
Rinderbühl anhaltend und jäh ansteigt, welche wir naek^
IV2 Stunden erreichten. Auf und ab führt nun der Weg
Tödigebiet. 151
Id IV4 Stunden bis zum sogenannten Waltersfirn, wo wir
auf das rechte Ufer de^ Brunnibachs übergingen und nun' einen
sclimalen Geissweg über die steilen und steinigten Grasweiden
verfolgten. Schon hatten wir eine ziemliche Höhe erreicht»
als wir einen kleinen Halt machten. Südwestlich erhebt sich
der Oberalpstock in seiner ganzen Pracht, auf dieser seiner
östlichen Seite seinen blendend weissen Schneemantel zeigend,
der von den Strahlen der Morgensonne herrlich im Purpur
I geröthei war. Der facherartige Brunnigletscher zeigt seine
! blauen Eisgrotten, aus denen er den Gletscherbach entsendet.
I lieber den Aclettapass hinaus erglänzen schon die Homer
iirnd Fimkronen derMedelser- und Nalpserberge, im freund-
f liehen Glänze eines heitern Morgens. Wir kletterten weiter
Bod erreichten, die letzten Grasflächen hinter uns lassend,
Mü Chaos von Granit und Gneistrümmem und bald eine alte
Jforäne und betraten über dieselbe um 7 Uhr den Tschingel-
|kn. Da er nur wenige Spalten zeigte, so durchschritten wir
ftn leicht und standen nach ^/^ Stunde vor den Felsenmauem
«ie» sogenannten kleinen Düssistockes^ über welche man hinauf
taettem muss, um dann den langen Bücken verfolgend die
höchste Spitze des eigentlichen Düssistockes zu erreichen. —
jWir sehen, dass uns von oben Jemand mit dem Hute zuwinkt,
iikd meine Begleiter waren bald einig, es sei ein Gemsjäger
iben im Hinterhalt, der uns bedeute, seine Jagd 'nicht zu
itören. Deshalb legten wir uns seitwärts hinter eine Felswand,
^Iche einige Hundert Fuss tief unter uns auf ein Sehneefeld
hbfällt, auf dem wir nach kurzer Zeit ebenfalls den Jagd-
pameraden herauf klimmen sahen , der ihm die Gemsen wahr-
ieheinlidi zutreiben sollte. Doch bekam er sie nicht vor sein
pdhr, denn nach einer V2 Stunde sahen wir sie, ein Rudel
fm 11 Stück, in dem Felslabirinth der Nordseite ver-
pehwinden. Trösch gab das Zeichen zum Aufbruch und
152 Meyer - Bisehoff.
wir erkletterten nun in Va Stunde die Felsenterrassen des
kleinen Düssi und standen bald neben der verwetterten Ge-
stalt unseres Gemsjägers, den wir nach gegenseitiger freund-
licher Begrüssung verliessen, um unsern Weg gegen die
höchste Spitze zu verfolgen, die wir nach einer weitem
Va Stunde erklommen hatten. Es war ^/gll Uhr, als wir
ankamen, ein herrlicher blauer wolkenloser Himmel ge-
stattete uns eine unbegrenzte Fernsicht, die nur durch Wolken
gegen Süden und Westen etv/as gehemmt war. In imposanter
Nähe erhoben sich die Gebirge des Maderanerthales und die
Gruppe desTödi in ihrer überwältigenden Grossartigkeit, über
sie hinaus zahllose Bttndner und Tirolerberge bis zum Orteies.
Tief zu unsern Füssen das ausgedehnte Firn- und Eis-:
revier des Htifi und Claridengletschers mit allen Abzweigungen
gegen Bünden, gegen den ürner Boden und Schächenthal. —
Ich sah jetzt, was ich später beim Herabsteigen. nach Cavrdn
bestätigt fand, dass man vom Maderanei*thal um die Nord«
und Ostseite des Hüfistocks herum, ganz ohne besonder«
Schwierigkeiten ins Cavrein herabsteigen kann, denn de*
Gletscherarm ist nicht sehr geschrundet. Freundlich la^
das ganze Maderanerthal mit all seinen Hätten, grflnefl
Alpen und dunkeln Tannwäldern vor uns ausgebreitet,
durchzogen vom Silberbande des Kärstelenbachs, ein Th«
der Gotthardsstrasse bei Intschi war deutlich kennbar. U
die Schweizerebene war die Aussicht ganz klar, Zürich nM
seinen Palästen glänzte deutlich herüber, dazu ein Thel
seines Sees, mehr östlich lag hellschimmemd ein Theil ded
Bodensees. Das alte Steinsignal war nicht mehr erkennb«^
meine Ftlhrer hatten bald ein neues errichtet und in eiiMl
Flasche unseren Wahrzettel gelegt. Um 12 Uhr brache«
wir auf; als wir mit Vorsicht und mühsam die Felsstofti
am kleinen Düssistock hinab geklettert waren, und nun
Tödigebiet. 153
ivieder auf dem Tschingeigletscher standen, suchten wir
dorch eine sehr steile Schneekehle auf der Ostseite hinabzu-
itdgen. — Der Punkt, wo wir diese suchten, ist auf der
Excnrsionskarte bei 2920, wo ein kleiner Gletscher gegen
Cavrein abfällt. Diesen betraten wir, er zeigte sich aber
raten sehr geschrundet, und wir mussten ihn deshalb ver-
hssen und Aber einen Felsrücken herumklettem. Den
i«iiien Führer hatte ich bereits zurückgeschickt und nun mit
lüiria Trösch aHein, suchten wir den tVeg über die fast
keokrecht abfallenden Terrassen, zwischen welchen nur hie
mud da eine steile Runse hinabführte. Nach 2^/2 Stunden
fifasamen und kniebrechenden Hinabsteigens standen wir
Hintergrund der Oavreinalp, nahe am Gletscher, der
Ischen dein Piz Cambriales und Dfissistock herabfällt, etwa
3 der Zahl 2101 der Karte. Wir beeilten uns den hintern
flfel der Cavreinalp zu erreichen, allein sie war bereits
rlassen, nur ein alter steifer Gaul trieb sich auf den ab-
grasten Weiden herum und wieherte uns freundlieh zu.
auf dem untern Staffel der Ffirstenalp konnten wir
Sern Durst mit trefflicher Milch stillen, die uns der Senne
Klosters Dissentis bereitwillig anbot, konnte er und nur
It Mühe zur Annahme eines Trinkgeldes bewogen werden,
mir sonst nicht mehr oft passirt. Um 7 Uhr Abends
men wir müde und matt in Dissentis an, wo wir uns in
in heimeligen und guten Hotel zur Krone bei Condran ge-
rig ausruhten und pflegten, um des andern Tages gegen
Luckmanier resp. Scopi zu wandern. — Wenn jemand
t besondre Gründe hat, so ist unter allen Umständen
Besteigung des Oberalpstoekes vorzuziehen, weil die
Aussicht riel ausgedehnter und die Besteigung nicht schwie.
biger ist.
I
I
154 Meyer- Bischoff.
Schlnssbemerknng.
Durch diese fünf Bergfahrten sind einige der wichtigeren
im ersten Jahrbnche Seite 50 und 51 aufgeführten ungelösten
Au%abennun als ei^änztzu betrachten, und es bleiben im Tödi-
gebiet nur noch die Gletscherreviere von Gliems, Ponteglias,
Frisal und derPiz Dumbif zu durchforschen. Wir wissen, daas
tüchtige Bergsteiger und eifrige Forscher diese Gebiete auf
ihr Programm pro 1865 genommen und dürfen hoffen, dass
nächsten Sommer interessante Ei^ebnisse ihrer Fahrten bH
richtet werden können, von denen die wichtigsten jedenfalls^
Stoff für unser 3. Jahrbuch bilden werden. Ehe wir die
Reihe dieser Mittheilungen beschliessen, lassen wir noch eineir
kurzem Auszug aus einer lErzählung über die Besteigung
des Bächistockes, eines der Gipfel des mächtigen Gläraiscli
folgen. Obgleich eigentlich nur ein Vorposten der Tödi4
gruppe, überrascht die mächtige Felsenmauer des Glämisflkl
mit den daraufliegenden Eismassen so manchen Eisend
bahnreisenden, der im Thale die blühende Industrie un^t
zugleich in blauer Höhe über sich Felder des eisigen Tode4
sieht. Von der im Thal wohnenden fleissigen und indiM
striellen Bevölkerung wird oft der Sonntag benutzt, Aa&4
flüge auf die nahen Berge zu machen. — Der GlämiscM
früher nur von Auserwählten bestiegen, wird immer mdil(
ein Zielpunkt der Gebirgsgänger der umliegenden OrH
Schäften. Dass dabei die Mitglieder der Sektion Tödi starkl
betheiligt sind, lässt sich denken; wir wallen deshalb nocM
eine Fahrt erzählen, welche in grösserer Anzahl unternomme»^
wurde und den Besuch des noch nie bestiegenen westlicheM
Gipfels des Bächistocks 2920 Metres zum Ziel hatte. Der^
verehrliche thätige Präsident dieser Sektion macht uns flber^
diese Bergreise eine längere sehr gemüthliche und interessant»^
Tödigebiet. 155
Schilderung, aus der wir uiisern Lesern einiges Nähere mit-
theilen wollen.
Besteigung des Bäehistockes,
2921 Metres,
des höchsten Gläruischgipfels, durch Mitglieder der Glarner Sek-
tion, mitgetheilt nach dem Auszug aus einem Berichte des Herrn
Hauser in Glarus, Präsident dieser Sektion.
Die Sektion Tödi in Glarus hatte als Vereinsausflng für
ien Sommer 1 864 den unerstiegenen Bächistock Jbestimmt
ftamit sollte zugleich der Zweck verbunden werden, einen •
geeigneten Platz zur Erbauung eines Asyls für Glftmisch-
kesteiger aufzusuchen. Diese Clubfahrt wurde für den
I. August festgesetzt Indessen wurde der Bächistock schon
Im 31 Juli durch 2 Glarner Clubisten überwunden und am
L August von Zürichern im Verein mit Thalbewohnem des
Bintons Glarus. Das hinderte jedoch nicht, den gefassten
Ban zu Ausführung zu bringen. Am Samstag den 6. August
N^sammelten sich in Riedern am Eingang des herrlichen Klön-
lils 5 Clubisten von Glarus und 2 Züricher Clubisten als Gäste,
iMnmt den Führern Fridolin Leuzinger von Netstall und
Ifeinrich Eimer von Ehn, dessen Sohn Rudolf Eimer und
Ife Träger Vordermann, Stüssi und Iseli von Glarus. —
hn 3 Uhr wurde abmarschirt und gegen Abend in den Wild-
kföstaffeln zwischen den Alpen Käsei?n und Werben das
laehtquartier bezogen, weil hier für eine grössere Gesell-
156 Meyer -Biseho/]',
Schaft mehr Platz ist, als in den Hfltten der Alpen selber.
Des andern Morgens um 3^/4 Uhr wurde aufgebrochen,
um 5 Uhr der Weissenstein und um 6V4 Uhr die äusserste
Weide erreicht, wo die erste Erfrischung eingenommen ward.
Zu unserer Gesellschaft war aus allen umherliegenden Staffeln
und auf verschiedenen Wegen eine beträchtliche Anzahl
anderer Bergsteiger aus demThalegestossen, darunter sogar
eine 19jährige Eventochter, welche alle dem bisher am
meisten bestiegenen Rnchengipfel 2913Metres einen Besuch
abstatten wollten. Den^mach bewegte sich schlangengleich
eine Über 50 Personen starke Colonne bergaufwärts, derea
Reihen sich aber etwas lichteten, weil die Witterung unte^
dessen sich drohender gestaltet hatte. Doch war sie immei^^
hin noch zahlreich, als wir um 8 Uhr den Firn betraten. Hi
trennte sich die Ruchencolonne von der unsrigen, indem si
über das rechte Ufer des Eismeeres ihrem Ziele zusteue
während unsere Bächistockbesteiger auf dessen linkes Ui
übersetzten. An unsre Gesellschaft; hatten sich noch
Glarner Bergfreunde angeschlossen. Als wir gegen den Fi
sengrat anstiegen, welcher den Gletscher auf dieser Seite m
Felder theilt, trennten sich von uns wenige Clubisten, am
Leuzinger den sehr beschwerlichen Weg über diesen 6
direct zur Spitze einzuschlagen, während wir in grdss
Anzahl auf einem gangbaren bessern Wege mit Eimer dn
eine Lücke in der Felsenmauer aufwärts stiegen und zaglei
um 9^/4 Uhr mit den andern die Sektionsfahne auf d
höchsten Gipfel aufpflanzten. Vorher schon hatten eioi]
Mitglieder unter einem sich dazu eignenden Felsblock d
passenden Ort für Errichtung einer Station gefunden,
selbe liegt ca. 2400 M^tres hoch, also nur 500 M^tres no
der Spitze, und soft nun gehörig als Schirmhütte für
Besucher des Glärnisch hergerichtet werden. Die imm<
Tödigeöiet. 157
tiDpfindlichere Unbill der Witterung und der weite Rückweg
■achte uns ein längeres Verweilen als bis 1 1 Uhr unmöglich.
Ke Torhaudene Steinpyramide der ersten Besteiger wurde
MBgebesserf, die Fahne befestigt und der leeren Flasclie der
jJFabrzettel des S, .4. C. mit den bezüglichen Notizen ein-
lierieibt Ein Theil unserer Gesellschaft machte den Rttck-
iieg; wieder ttber deuBächifim, der andre hingegen mit dem
iefereBten nebst den beiden Führern Eimer und Leuzinger
jptieg in westlicher Richtung und über die Felsenmauer nach
sogenannten Rad, einem Felsen — Circus hinunter. Hier
fDgen wiederum die meisten durch das Rossmattenthal gegen
Klönthal ab, nur ich und die beiden Eimer stiegen südlich
)fl ein Hochthal herab über scharfkantige Felsadera und
JÜe Grasplanken, wo noch nie die Sense des Wildheuers
lingedrungen war. Um IVg Uhr nach einigen misslichen
JBagen machten wir bei einer Quelle einen Halt, stiegen
ler eine Riese,, dann ^tiber ein Eisfeld gegen die Bächialp-
ate herab. Um 3^4 Uhr hatten wir erst das Uebergangsjoch
stiegen, von wo aus nun der kniebrechende 2stündige Ab-
ßeg nach der Bächialp selbst beginnt. Der Weg fahrte
terst auf das grosse Gletscherfeld, welches auf der Karte
Bt 2192 M. bezeichnet ist, und welches nördlich von der
lialp lagert, und dann über eine mindestens 47^ neigende
»planke, welche mit dem üppigsten fast an die Urzeit
inemden Graswuchs bekleidet war. Es war 6 Uhr vorbei,
wir die OberstafFelhütte von Bächialp todmüde erreicht
ten. Hier übernachteten wir auf einfachem Heulager und
luickten unsre Glieder durch einen gesunden, fast lOstün-
;en Schlaf, wie er mir noch auf keiner Alpenreise zu Theil
^worden. Des andern Morgens 7 Uhr mit Umgehung des
^genannten „Knies" stiegen wir gegen die Braunwaldberge
N Alp und zogen um 8^/4 Uhr im Bade Staehelberg ein. —
158 Meyer - Bischoff,
Am Schlüsse dieser kurzen Schildening sei es mir noch ver-
gönnt, einige Worte über unsre Führer zu bemerken. Vater
und Sohn Ebner sind durch ihre trefflichen Leistungen schon
im ersten Jahrbnche allen Lesern bekannt, Fridolin Lenzinger
ist ein kfihner Jäger und unübertrefflicher Berggänger, doch
ist ihm noch mehr Aufinerksamkeit und Vorsicht ftir die ihm
anvertrauten Gefslhrten zu empfehlen, Vordermann und Abrab.
Stüssi sind sehr tüchtige und willige Führer und werden,
wenn sie nochr die nöthigen Gebirgskenntnisse erlangt haben^
empfehlejQswerthe Begleiter ftir alle Touristen sein. Alll
3 verdienen die Berücksichtigung des schweizerischen AlpenH
clubs in vollem Maasse. —
ni.
Freie Fahrten.
Gletscherfahrt
I ?on d er Grimsel nach Viesch.
f /
I
' Von G. Studer,
I.
Das Stnderhom.
3632 M. = 11,181 P? F.
Lein lieber Mann, du willst also nach der Grimsel
lü Tom Finsteraargletscher ans nach dem Wallis hinüber-
Nt^Qi. Da könntest dn doch, ehe du alle andern Oipfel
iBteigst, das Stnderhom mitnehmen. Es trägt ja deinen
^en imd doch hast du es noch nie bestiegen/' Mit
h® Worten ungefähr ermunterte. mich einige Tage vor
liiner Abreise meine Frau zu einer Besteigung, die eigent-
I schon längst zu meinen geheimen Wünschen gehörte
|i deren Ausführung schon im verflossenen jShre von
fineD Beisegefährten und mir auf der Rückreise von der
psteraarhombesteigung ernstlich erwogen worden war.
^BUdg verliessen wir schon etwas spät am Morgen unser
Schweizer Alpen-Clob. 1 1
162 Studer.
Nachtlager im Rothloch, und die Führer, mit dem Uebfli
gange nach dem Finsteraargletscher liicht vertraut, hatil
geringe Lust zur Sache und meinten, es wäre sicherer, ch
Berg seines steilen Gehänges wegen von der andern Sei
anzupacken. Wir unterzogen uns diesem Rathe und fühili
sodann die so schön gelungene Erklimmung des Oberai
homs aus.
Jetzt aber stand das Studerhorn im Yordergnui
unseres Reiseplans, oder vielmehr zunächst nur der CeU
gang vom Finsteraargletscher nach dem Viescher^letsdül
den wir anstatt des von uns wiederholt schon begangeij
Oberaarjochs fUr diesmal einschlagen wollten. Der PI
zur Besteigung des Studerhoms wurde in der stillen W
Stätte der Gedanken heimlich aufbewahrt, aber für
waren die letzten Bedenken durch jene freundli<3he Au
terung gehoben.
Es war am 1. August 1864, als ich mit meinen
• Reisegefährten, den Herren Fürsprech Aebi und Apoth«!
Lindt die Reise nach dem Oberlande antrat. Nachdem 1|
unsere Clubnütte am Triftgletscher- besucht, den D
stock bestiegen und den Gletscherweg nach der Grimsel
rückgelegt hatten, sollte es ^m darauf folgenden
nämlich am 4. August, in das Thal des Aargletschers
gehen , und dort im einsamen Pavillon DoUfuss das Ni
lager bezogen werden, — ^
Der Tag brach in milder wunderschöner E^larheit
In ihrer glänzendsten Toilette stieg die Sonne hinter
nahen Gebirgsrücken empor. Nach behaglicher Ruhe
auch an uns die Reihe des Aufstehens. Als wir nach
sonnigen Bollwerken von Granit, die daer Thal der Gri
in gewaltigen Massen einfassen, nach den golden b
teten grünen Weideplätzchen , die bescheiden and
i
Studerhörn. 163
dem kahlen Gestein herausseltimmeni, nach der
•i^jegelnden Fläche des dunkeln Alpensees, nach den blen-
*
fidend weissen Firnen, die zwischen den gesackten Felsgipfeln
aich ausdehnen nnd scharf contrastirend mit dem reinen
ifilan des Himmels im hellsten Lichte strahlten, als wir auf
diese ganze erhabene Scenerie hinblickten, da zackte es
uns in allen Gliedern bei dem Gedanken, einen halben Tag
lUermithätig verweilen zu müssen, und sehnsüchtig schauten
lirir nach jenen hohen Zinnen, wo jetzt dem Glücklichen,
|ier hinauffliegen könnte, die erhabensten Genüsse bereitet
^dren«
^ Aber, was war zu thun! der Pavillon befand sich nur
■
fS— 4 Standen vom Hospiz entfernt,, und wir hatten daher
püß Müsse dahin zu gelangen, wenn wir auch im spätem
pladbunittage abreisten. So schlenderten wir um das
^ospiz herum, das gewöhnlieh in den Yormittagstunden
benschenleer aussieht, spazierten auf den Nollen, um von
||a aus durch den Tubus die Biesengestalt des Finsteraar-
^orn's zu betrachten; standen sinnend am Rande des See's,
llessen Temperatur Herr Lindt beobachtete. Endlich legten
^r mt Hülfe unseres dienstfreundlichen Wirthes, Herrn
bnber, die unentbehrlichsten Vorräthe an Wein, Brod,
jneiflch, Käse, Mehl und Kaffe zurecht, die wir bis zum
Ifethloch gebrauchten. Ein paar WoUdecken und ein
irmteref Vorrath an Lebensmitteln sollte durch einen be-
bendem Träger über das Oberaarjoch eben dahin gebracht
Irerden. Herr Aebi hatte sich nämlich entschlossen, in Ge*
jldlBchafil; eines jungen Zürchers, Herrn Hirzel, am folgen-
Pen Tage über das Oberaarjoch nach« dem Aeggischhom
Iporznrficken, und dieser Gesellschaft sollte sich unser Träger
Ibischliessen.
\ ' £8 war schon AlleA nach Mass und Pfunden abgezählt
U*
1 64 Siuder.
und znm Aufpacken gerttstet, da erwähnte ich zufällig gegen
Herrn Lindt des Umstandes, dass der kommende Tag mit
meinem Oebnrtstage zusammentreffe und es hübsch wärc^
wenn ich denselben auf dem Staderhom feiern könnte
„Herr Wirth! eme Flasche Champagner!^ tönte es auft
seinem Munde. Schnell ward sie zur Etelle gebracht, und
musste nolens volens mitspazieren.
Nach dem Mittagessen setzten wir uns in Mai
Unsere beiden Führer, Kaspar Blatter aus Meiringen
Peter Sulzer aus Guttannen, hatten sich etwas früher
den Weg gemacht Sie sollten bis gegen die Finster-,
vordringen und am Abend uns Kunde geben, wie das Dil
dort hinten aussehe. .
Damit der Leser sich in Bezug auf unseren Reisepl
besser orientiren könne, will ich ihm ein kleines topograpl
BchesBild von der Lage des Passes geben, den wir zu ttl
schreiten gedachten. Vom östlichen Fuss des Finstt
horns zweigt sich ein bedeutend niedrigerer Kamm nach di
Oberaarhorn aus, welcher das Eisthal des Finsteraargh
i^chers von dem östlichen Becken des Viescherfims scheid«
Diesem Kamm entragt zunächst am Finsteraarhom
blendend weisse Sctfneehaupt des Studerkovns^ das die Ai
der Strahleck-Wanderer fesselt, wenn sie, bei'm Abschi
angelangt, an der schwarzen Riesenmasse des Finstei
horns Sich satt gesehen haben, und das auch von Bern
vom Kennerblicke erkannt werden kann. Guckt es d
hart an der Seite des Finsteraarhoms so anspruchsioB
bescheiden hervor, dass man meinen sollte, es wäre eil
Spitze des Strahleck - Grates. Oestlich vom Staderh«
tritt noch eine andere, schon felsiger gestaltete Kamm-J
bung auf, welche mit dem Namen Sämann belegt word<
ist und sich unmittelbar an da» 8beraarhom ansohli
Studerkorn. 1 65
Ne Hdhenangaben sind folgende: Finsteraarhorn 4275 M.
^ 13,160 P. F., Studerhom 3632 M.^==^ 11,181 P. F.,
NMrhom 3634 M. =* 11,187 P. F. Zu beiden Seiten
fStaderhorns bildet der Kamm eine kleine Einsattlung,
ihe ungefähr 800' Fuss tiefer liegt als die Spitze, üeber
östliche Einsattlung passirte im Jahr 1863 eine Gesell-
Engländer. Es waren die Herren BuxtOn, Macdonald,
und Grove mit den Führern Melchior Anderegg und
Perm. Sie verreisten am 4. August des Morgens
15 Min. von der Grimsel und erreichten um 10 Uhr
Min. also genau in sieben' Stunden die Passhöhe. Die
Ischaft scheint das direkte Hinuntersteigen nach dem
lerfim unpraktikabel gefunden zu haben und hielt sich
nach der Seite des Oberaarhorns. Nach einem Marsche
I6V4 Stunden langten die Reisenden Abends in Viesch
Die Uebergangsstelle wurde von ihnen Studerfoch be-
it — Es waren die ersten Männer, die diesen Glet-
)as8 gemacht hatten, und sie schildern denselben als
Kt beschwerlicher als die Strahleck oder das Lauteraarjoch.
Die westliche Einsattlung, nemlich diejenige zwischen
Studerhom und dem Finsteraarhorn, ist noch nie be-
m worden, und auf diese war unser Augenmerk vor-
weise gerichtet. Unsere beiden dclaireurs hatten dem-
)8 den Auftrag erhalten, sich annähernde Gewissheit
Iber zu verschafifen, ob dieser Uebergang möglich sei.
oben, wussten wir vom vergangenen Jahre her,
jenseits schon fortzukommen sei und wir hatten über-
die beruhigende Aussicht, dass wenn dieser Uebergang
ungangbar sich erweisen sollte, uns immerhin derjenige
das Studerjoch offen bleibe. —
Der Weg vom Grimselhospiz durch das theilweise
knandete Aarthal nach dem Aargletscher, und über diesen
166 Shider. '
hinweg bis zum Pavillon ist zu bekannt, zu oft gescliildeti
worden, als dass ich mich lange dabei aufhalten wilL Auf
dem Rücken des Gletschers angelangt, verfolgten wir 70^
zttgsweise die mit Moräne bedeckte Fläche des ndrdHcheii
oder linkseitigen Gletscherrandes. Es war ein herrlichei
Abend. In wilder Grösse erhoben sieh zu beiden Seilet
des Gletscherthales die nackten Berghänge und die Graiul^
gipfel , die sich mit jedem Schritt deutlicher und gewaltigrfj
entwickelten; — dort drüben die Zinkenstöeke,
Grünberg, der Thierberg, das Escherhorii undül
diesem die schneeige Spitze des Scheuchzerhorns, hi(
die Bromberghörner, das'Bächlihorn und dk Gi]
die den vorderen Triftgletscher umkränzen; —
meistens in scharfkantigen, ausgezackten Gräten und Spit
ausgeprägt, die Mulden zwischen den stdl herunterlaufende
Felsripp«n mit hängenden Gletschern ausgepanzert,
hier in lothrecht aufgestellten Fdstafeln culminirend,
Gehänge darunter aus bäuchig geschliffenen Granitwi
gebildet und tiefer zwischen terrassenförmigen Felsv^
Sprüngen ausgedehnte Bänder von grünen Schaf- und Gei
weiden dem Blicke enthüllend. Im Hintergrunde der h
Eiswüste tauchte allmälig, vom sonnigen DuHe des Ai
umhaucht, der weisse Kamm derLauteraarhÖrner
— Eine Wanderung durch das Eisthal des Aargietsel
erregt immer aufs Neue das Interesse des Reisenden, so
thümlich, so mächtig und geheimnissvoU ist die
schlossene, einsame Welt, die ihn uä^giebt. Von den weil
Firnen genährt steigt die ungeheure Eismasse herab»
den langen breiten Thalgrund in seiner ganzen Ausdel
auf einer Strecke von mehreren Stunden aus und b«
vielleicht hunderte von Füssen hoch die Weidegründe,
rauschenden Bacli, die Gehölze von Arven, Lärchen
Studerkorn. 167
leo, die menschlichen Wohnungen, kurz, das kleine
idies einer verschwundenen Welt, die einst nach der>
^e in Zeiten, deren Dasein nicht in unsere Erin-
reicht, dem Wanderer freundlich entgegen lachte,
dieses Thal betrat Wir wollen zwar derartigen 8agen
vergletscherten Alpen, wenn sie auch ihre Begründung
mdgen, keine allzugrosse Tragweite einräumen. Wie
len sie sich sonst mit der Theorie einer einstigen
seit in Harmonie bringen lassen ? Sehen wir doch ge-
fto unserem Wege dicht über uns jene gezackten Kämme,
die bauchig abgerundeten Granitmassen der Bergwand
len und die nach Desor einzig noch ihre primitive Gestalt
I, in welcher sie einst dem mächtigen Gletschermeere
m, das noch 2000 Fuss über dem jetzigen Niveau
Aa^letschers stand und die ganze Bergwand bis an den
jener Felsenkrone in sich vergrub und ihre Flanken
Brte! Und diese staiTC Eismasse, über die wir wandern,
rinnt sie nicht Leben , wenn der Sonnenstrahl ihre weite
le beleuchtet, die da, wo sie noch mit Moräne -Staub
innengt ist, in silbergrauer Färbung, in den reineren
len in milchweissem Glänze erscheint — wenn die
shenden Quellen und Bächlein wie strömende Adern
alle Furchen und Höhlungen ziehn, und durch ihr
imenffiessen der Aare ihre unversiegbare Nahrung
in? Aber das Gefühl des Wanderers wird noch von
Bewusstsein gehoben, dass es in der That ein klassischer,
durch die Pflege der Wissenschaft geheiligter Boden ist,
er überschreitet. Er gedenkt in Liebe und Achtung
Männer, die hier im Schooss einer Natur, die im Grossen
Kleinen gleich gewaltig, gleich bewunderungswerth ist,
^ ihrem Studium Belehrung und Begeisterung schöpften
N mit seltener Ehhnheit auf die höchsten Zinnen der
168 Studer.
mächtigen Granitthürme stiegen, um dort ihre ForschuDgen
zu verfolgen oder den Jüngern der Wissenschaft die Bahn
zu brechen. Er gedenkt der Meier und Hugi, die in
längst verflossenen Tagen, wo es für ein vermessenes Wage-
stück galt, diese Hochgebirgswelt, diese wilden Oletscher
thäler zu durchstreifen, eine Jungfrau, ein Finsteraariioni
erklommen. Er gedenkt der Agassiz, Forbes, Studer,
Escher, Desor, Vogt, Dollfuss die diese „ödenEise»-
felder^^*zum Schauplatz ihrer Arbeit wählten, um, oft in
Kampfe mit den rauhen Elementen, der Natur die Geh^is-
nisse ihres Tininderbaren Mechanismus zu entlocken und
innerstes Leben und Wesen zu Tage zu fördern. Er
sich vom Geist dieser Männer umweht und schaut gedank«
voll nach jenen Riesenhäuptem, auf welche ein dankb
Sinn ihre Namen zur bleibenden Erinnerung an ihre
strebungen und Leistungen übei^etragen hat —
Unter solchen Betrachtungen wandelten wir fort, i
wir uns stets dicht an den nördlichen Gletscherrand hid
Da wo ein schäumender Bach , der Ausflusd des durch
liegende Felsterrassen verdeckten „Vordem Trif
gletschers" über die steile Bergwand hinunter»
verliessen wir das Eis und stiegen an dem felsdurchfnrchl
Rasengehänge, das noch als Schafweide benutzt wird,
kaum sichtbarem Pfade einige hundert Fuss hoch bei
bis wir endlich auf die den Gletscher dominirende,
springende Anhöhe gelangten, auf welcher der Pavi
Dollfuss steht. Derselbe liegt bekanntlich 2392 M.
7364 F. F. über M.
Diese felsige, oben mit Rasen bewachsene Anhöhe
gegen den Aargletscher sehr steil abgebrochen und gewi
deshalb einen freien Ueberblick über den mächtigen
scher und den Gebirgskranz der ihn unischliesst Man fl
Studerhom, 169
i lieht die ganze Verzweigung des LauteraAr- Gletschers bis
ran Lauteraarjoch und einen Theii des Finsteraar-Thaies,
in dessen Hintergrunde die schwarze Pyramide des Finster-
nrhoms sieh zeigt Bevor wir in die Hütte traten, benutzten
wir noch die letzten Augenblicke, um die grossartige Scenerie
in der milden Beleuchtung des scheidenden Tages zn be-
techten uud suchten zugleich die Spuren unserer voraus*
geBchickten eclaireurs zu erspähen. Sieh, da tauchen ihre
Gestalten aus dem Abgrunde herauf, der uns von der Tiefe
des Gletscherthaies scbeidet Sie erklettern das jähe Ge-
hinge und sind uns schon ganz nahe, ^\& sie plötzlich wieder
Terschwinden. Eine verborgene Kluft trennt sie von uns.
müssen dieselbe umgehen, bevor sie zu uns gelangen
können.
Kaspar und Peter erklärten bei ihrer Ankunft übe#
einstimmend, dass es der Steilheit der Eis- und Fels-
&nde wegen nicht thunlich sei, zwischen dem Finster-
hom und dem Studerhom hinüber zu steigen. Lieber,
te Blatter, wolle er uns an jener steilen Schneekehle
Unauffeihren, die sich dort an den Wänden des Finster-
homs in direkter Linie bis zum Hugisattel hinaufzieht.
ieser Vorschlag hätte uns tentiren können, wenn wir nicht
OB im verflossenen Jahr das Finsteraarhom bewältigt
n. Der Gang über jene Kehle hinauf mochte allerdings
keine ,3^inmielparthie'' sein, wie Freund Weilenmann unsere
Finsteraarhomfahrt später zu taxiren beliebte; aber er bot
eh kein zureichendes Interesse dar, um unseren Reiseplan
I abzuändern. Jedoch mag Blatters Vorschlag ein Wink sein
tftr andere Mitglieder des Clubs, welche Entschlossenheit,
Ifath und Lust genug besitzen, um ein solches Wagniss zu
hestehen. Immerhin ist zu bedenken, dass wenn auch der
Schnee, der noch ziemlich reichlich die Hochregionen be-
170 Studer.
deckte, för jetzt das ünt^melinieii begünst^ hätte, za
aDdem Zeiten, wo diese Decke weggescbmolzen ist und an
jener Kehle das blosse Eis oder der nackte Felsen zu Tage
kommt, das Gelingen mit grosser Gefahr und yielem Zeii-
aufi^ande verbunden sein dürfte. —
Der frische Abendwind und die anbrechende Dunk^
heit bewogen uns in die Hütte zu treten. Sie war noch un«
bewohnt Wir richteten uns so bequem als möglich ein.
Peter wurde zum Koch ernannt. £r präparirte uns ein
Gericht von geröstetem Mehl, das Leib und Seele zusammen«
hielt Nachher war4^ geplaudert und geraucht, bis einev^
nach dem anderen das Heulager bezog.
Solche improvisirten Nachtquartiere mitten in der Ge*
birgswildniss haben ihren eigenen Reiz, und gehören zu de»i
feunoristischen Erlebnissen auf Alpenwandemngen. Germ
gedenkt man ihrer 2» Hause, wenn man sieh unbekümmeil
ftn das gedeckte Tischlein setzt zur Zeit wo die Speiseglocke
läutet, oder man, wenn der Schlafsich meldet, seine Glieder
auf der elastischen Matratze und den weichen Kissen au»*
strecken kann. .
Der fdnfte August begrüsste uns mit einem wölke»*
losen Himmel. Gestärkt und frohen Muthes verliessen wir
um 4 Uhr 20 Minuten den Pavillon und stiegen vorerst aa
dem jähen, theils mit Rasen bewachsenen, theils felsigoi
Gehänge, dessen unterste Parthie eine harte Geschiebhalde
bildete, nach dem Gletscher hinunter. Das war freilich ein
Spass und nicht der Mühe werth davon zu reden. Am Rande
des Gletschers angelangt, empfahl mir Kaspar die Steigeisen
anzuschnallen, die ich ausnahmsweise bei mir -trug. Sie
leisteten mir gute Dienste, um mit Leichtigkeit an der glatten,
steilen Böschung des Gletschers auf dessen flachen Rfltken
hinaufzusteigen, die Anderen kamen mir übrigens bald nach»
Studerkorn, 171
INesen gewonnen, ging es raseher vorwärts Über die rauhe,
wü kleinen leicht zu überspringenden Spalten und Wasser-
iSdiem durchbrochene Eisfläche. Das ganze Becken des
Lanteraargletschers, an dessen hinterstem Ende wir die
steilen Abfälle des Lauteraarjochs und dieses dominirend,
liiks den Kamm des grossen Lauteraarfaoms, rechts die
Starre Oipfelmasi^e des Berglistocks sahen, Hessen wir zu
IvBserer Rechten liegen und schritten schief hinüber dem
iThalzweige des Finsteraargletschers zu. Wir mussten
[in dem Ende den mächtigen Moränezug übersteigen, der
US den beidseitigen Oesteinsmassen der Lauteraarhömer
gebildet beim Absehwung sich vereinigt und den Yorder-
nrgletsdier seiner ganzen Länge nach durchzieht Hier
auf diesem Moränedamm baute einst Hugi zwischen zwei
gewaltigen Granitblöcken seine Hütte. Die nämlichen Blöcke
Renten mir und meinen damaligen Reisegefährten, bei meiner
«nten Slarahlecktour, im Jahre 1839 zur ROcklehne für die
iSteinhütte, die wir daselbst errichteten. Diese Qeiährten
t» man nun verstorbener Schwager Wilhelm Kupfer
«<» Ed. Streckeisen aus Basel. Es war ein schöner Abend,
ib wir uns^e Lagerstelle bezogen. Jakob Leuthold, zu
Jener Zeit der trefflichste Führer in Oberhäsle, musste uns
'üeNiftnen der umliegenden Berggipfel nennen. „Wie heisst
wohl dieser sdiöne Schneegipfel zur Linjcen des Finster-
sarhoms^? fragte ich ihn. „Dieser Berg hat keinen Namen "",
antwortete Leuthold. „So muss er Studerhorn heissen^
lief mein Schwager aus und forderte Leuthold auf, dieser
Taufe eingedenk zu sein. Leuthold vergass das „Studer-
kom^ nicht: — Als Agassiz und seine Gefilhrten später das
Andenken an unsere hervorragenden schweizerischen Natur-
forscher dadurch zu ehren gedachten, dass sie verschiedene
der umliegenden Berggipfel nadi ihren Namen benannten,
172 Studer.
behielt das Studerhom den seinigen zu Ehren unseres he»
n'ihmten Geologen, und es wurde diese Bezeichnung auch üBr
die Eidgenössische Karte adoptirt. Das ist die Geschichte
der Entstehung des Namens dieses Berges.
Immer weiter drangen wir in die eisige Wildniss hin-
ein. Das Becken des Finsteraarthaies wurde von uns
betreten. Rechts hatten wir die kahleif Felsen des Ab*
Schwungs, die das östliche Ende der Hugi- und Lauter-
aarhörner bilden und das kleine Fimthal, das sich nadi ^
der Strahleck hinzieht und von Hugi mit dem Kamen
„ Schreckfirn ^ belegt wurde. Zur Linken flankirten wir die*
schneeigen Abstürze der Escherhörner, über denen sieh*
die weisse Spitze des Scheuchzerhorns in blendender*
Schönheit erhob. — Eine Gemse, die wir auf ihrem ein**;
samen Morgenspaziergange über die Gletscherebene an^
schreckten,'flüchtete sich über die Gandfelder empor, die d<
Fuss der Escherhörner umsäumen, und verschwand hoel
oben in den Felsen. — Aber immer herrlicher, je näher
heranrückten, immer imposanter entfaltete sich das Gemäldn;
im Hintergrunde des Gletscherthales ! Da stieg in semelli
wilden Pracht als eine einzige Felsen wand von nahezu 6000%
lothrechter Höhe das Finsteraarhorn dicht vor untf^
empor. Seinem Fuss entlang wälzte sich ein gebro^ener^i
Firn von den H^hen des Strahleck- oder Mittelgrats heM
unter. Die Firnwälle, wild auf einander gethürmt, funkelt»^
im reinsten Glanz der Morgensonne. Zur Rechten des 4
Finsteraarhoms machte sich die felsige^ scharf ausgeprägte^
Spitze des Agassizhorns bemerkbar, zur Linken prangte^
das schöne weisse Schneehaupt des Stnderhorns. Der^
Anblick des Oberaarhoms war uns noch entzogen. —
Unser Augenmerk war jetzt mit besonderem Interesse \
auf die BeschaflEenheit der Einsattlung zwischen dem Finster- A
Studerkorn. 173
atfhorn und dem Studerhorn gerichtet. Wir überzeugten
IM von der Richtigkeit der Aussagen unserer Fflhrer. Die
BHie der Bergwand von den untersten Terrassen jenes
Hochfims bis oben auf die Einsattlung mochte ungefllhr
2000 Foss betragen. Sie bestand grossentheils aus kahlen,
ittt lothrecht ansteigenden Felsen, welche von einer glatten
Mauer von Eis von vielleicht hundert Fuss Höhe gekrönt
waren. Bis zum Fuss der Felswand wäre mau leicht ttber
untersten Stufen jenes auf die Ebene des Finsteraar-
chers sich verlaufenden Hochfims gekommen, aber die
elswand selbst erklimmen? dazu bot sich keine Möglichkeit
Und wäre es auch gegen allen Anschein gelungen,
irgend eine von unserem Standpunkte aus nicht er-
bare Furche oder Rinne an derselben empor zu klettern,
hätte wohl jene sie krönende Eismauer ein unttberwind-
es Halt geboten. Gegen das Finsteraarhom zu verband
diese Felswand mit den steilen Wänden des Homs; auf
Seite des Studerhoms verlor sie sich unter die Decke
Eis und Schnee, die dessen Abstürze bepanzei*te. Ueber
hinauf klimmend und die wenigen Stellen benutzend,
einzelne Felsrippen zu Tage traten, wäre es vielleicht
ich gewesen, die Höhe und zwar in schiefer Richtung
Pankt zu erreichen, wo sich jene Einsattlung an den
fei des Studerhoms anlehnt Allein die Hänge waren
tzlich steil, der Schnee noch hart gefroren und in
obem Parthien zu Eis umgewandelt. Es hätte einen
^taufwand von vielen Stunden gekostet, um mittelst Ein-
bmens von Stufen vorwärts zu kommen, und dabei wäre
las endliche Gelingen immer noch zweifelhaft geblieben.
I Bei solchen Aussichten lenkten wir unsere Schritte dem
fttuderjoch 'ZU, dessen Gestaltung weniger abschreckend
WflBah
174 Siuder.
Wir hatten uns dem hintersten Grunde des FinBte^
aarthals genähert Das Gletschereis war hier von harten
Lawin^ischnee üherdeckt, und wellenförmig stiegen die
Schneeterrassen gegen das kleine Seit^ithälchen an, das in
sfidöstiicher Biditong bis an den Fnss des OberaarhoruB
einbiegt Udi^er diese Schneewälle ansteigend gewann»!
wir schon eine ziemliche Hdhe, als wir unten an der Berg-
wand anlangten, deren Zinne dasStuderjoch bildet Didit
zu unserer Seite sdiloss sich der sdiöne Eissaal auf, in d«B
sich die schneeigen Flanken des Grunerhorns und dei
Oberaarhorns lothrechte Granitwände versenken. £iiit
geheimnissYolle Stille herrschte in diesem von dem FoflW
des Menschen so selten betreten^! Räume.
Forschend betrachteten wir den Weg, den wir zu y»,
folgen hatten, um die Höhe der Bergwand zu erreichen, dii
wir auf etwa 1800 Fuss schätzten. Der Weg lag klar rol
uns. Zwischen zwei steil aufstrebenden, scharfkantig«i|
theils mit Firn bedeckten Felsgräten zeigte die Bergwadl
eine Art Einbuchtung. Gletscher und Firn flbereinandfll
gethtirmt und stufenweise stdler ansteigend füllten dieA
Einbuchtung aus, bis sich zuletzt die obersten, glatten unl
jähen Fimhänge unausgesetzt zu dem Joch hinau&ogaft
Mitten durch diese Gletscherwildniss führte unser W^. D6l
Schrunde wegen, die man gewahrte, nahmen wir dieGletschei^
seile zur Hand. An dem einen banden sich Kaspar Blattei^
Herr Lindt und Peter fest und bildeten die erste Colonnef
Jakob Blatter und ich, am andern Seile, die zweite.
Es ging ohne Schwierigkeit höher und höher. DerFifli
war gut; doch waren die Seile nicht überflüssig, denn liier
und da trat uns eine Spalte In den Weg, deren Umgehung
oder Uebersehreitung Vorsicht erforderte. An dem oban
jähen Gehänge brauchten nur leichte Stufen gehauen 4
Studerhorn. 175
' werden. Einige gewaltige Firnklüfte trafen, wir noch an,
als wir schon die obersten Terrassen der Kammhöhe er-
reicht hatten und meinten auf dem Joch zu stehn. Aber
I aaeh dieses ward gewonnen und zwar um 9 Uhr Vormittags,
t also nach einem verhältnissmässig leichten Marsch von
\ 4 Stunden 40 Minuten.
{ Der Blick wurde sogleich nach der neuen Welt gerichtet,
j' «tie sich uns hier erschloss. Zwisclien den schwarzen Fels-
i'klippen hindurch, die den höchsten Rand des südlichen
^Gehänges bekränzten, fiel er fast 1000' tief auf das blendend-
1^ weisse Becken des Viescherfims, der in seiner ganzen Aus*
Mahnung sich unter uns ausbreitete und über diesen hinaus,
nach den Wallisgebirgen, die in der schönsten Klarheit
tiirangten. Aber, noch war die Aussicht ^u beschränkt, um
!uiB zu befriedigen. Ein höheres und freieres Ziel musste
«rrangen werden und dieses winkte uns auf dem Gipfel des
Studerhorns, das sich in seiner schneeigen Pracht noch
etwa 800^ über uns erhob. Die Besteigung schien nicht
i^tdiwierig zu sein. Wohl zeigten die Schneehänge, an denen
rwir empor zu klettern hatten, eine ziemlich steile Abdachung,
F^ein der Schnee hatte schon die Macht der Sonne empfun-
f den und seine weiche Beschaffenheit entband uns der Noth-
wendigkeit, uns den Weg mit Hülfe des Beiles bahnen zu
müssen.
Wir verfolgten so ziemlich die Kante des Homs, die
den Yiescherfini dominirt. Ein Stück weit traten noch
einige Fßlszacken zu Tage, die wir zu flankiren hatten.
Bald versdhwand aber auch das letzte Gestein, und nichts
tls eine strahlend weisse Schneemasse umgab uns, die
natürlich einen sichern Schutz fUr die Augen gegen die
intensive Blendung erforderte. —
f Nach unserer Berechnung sollte ungefUr um die
'~^
176 Studer.
nämliche Zeit, in der wir das Studerjoch zu betreten hofften, 1
die Gesellschaft, die von der Grimsel nach dem Oberaaijodi
abgereist war, dasselbe passirt haben und in Sicht kommen.
Und siehe da! während wir über jene Kante emporsteigeoi
gewahren wir anf einmal die ersten Männer der Karawane,
die vom Oberaarjoch gegen das Becken des Viescherfimi
niedersteigt Den Ersten folgten die übrigen in derselbe
Zeile, und wir konnten nach und nach neun Personen unte:
scheiden. Wie wir später erfuhren, hatten sich zu d
Herren Aebi und Hirzel noch zwei Engländer gesellt
diese mit fünf Führern und Trägem bildeten die neu
gliedrige Reisegesellschaft Wer hoch über allem Treibet
der Welt die einsamen Eiswüsten des Gebirges durchwände
und plötzlich mitten in dieser Wildniss menschliche We
erblickt, die der nämliche Trieb, die nämliche Lust dahi
geführt haben, dem schlägt das Herz lebhafter und es ei
greift ihn ein Geflihl freudiger Art So wurde den kleine
Gestalten da drunten denn auch ein lauter Gmss zugejaue
und nicht lange zögerte die Antwort Sie hatten auch unfi
gewahrt, wie wir gleich schwarzen Ameisen an demblendenil
weissen Firn emporkrabbelten. %
Allmäligbog sich die Schneekante nach ihrem oberstes^
Ende zu, und als wir nur noch einige Schritte vom Ziele enl4
femt waren, machten meine Vorgänger Front und liessen min
in freundlicher Weise die Ehre, zuerst den Fuss auf den jung-4|
fraulichen Gipfel des Studerhoms zu setzen.« i
Es war zehn Uhr als wir daselbst anlangten. Wir hattea \
vom Studerjoch hinweg eine Stunde oder im Ganzen vom
Pavillon aus 5 Stunden 40 Minuten zu dieser Besteigonir
gebraucht
Ein Wonnegefühl durchströmte uns und es flogen unsere
Blicke in der Welt von Bergen und Gletschern umher, die
Studerkorn, 177
uns im schönsten Lichtglanz umgab. Mit holdem Lächeln
schienen sie uns zuzunicken, die alten bekannten, greisen
Häupter und si^h des Besuches armer Sterblicher zu freuen.
StiU entzückt gab man sich der reinen Lust des Augenblicks
und der Bewunderung des prachtvollen Naturbildes hin,
dessen Anblick der Lohn unserer Anstrengungen war. Zu
dieser Lust gesellte sich der Gedanke: Auch du schneeiges
Haupt, bist überwunden und du wirst einregistrirt zu der
Zahl unserer Alpencolosse, denen der Nimbus ihrer ünbesteig-
I barkeit geraubt worden ist! „Die Champagner Flasche her ! "
I erscholl die tönende Stimme meines Reisegefährten. Dieser
(Ruf brachte Leben in die schweigsame Gesellschaft. Die
JFiasche wurde ausgepackt, mit Vorsicht entkorkt, der weisse
^ßdiaum brauste in die von sämmtlicher Mannschaft bereit
^gehaltenen Becher, und anstossend auf mein Wohl, wurden
iese bis auf die Neige geleert. Das war die Feier meines
l. Geburtstages auf dem Gipfel des Studerhoms! — Und
jjkatte ich nicht Ursache genug , mich zu freuen und Gott zu
preisen, dass es mir vergönnt war, den heutigen Tag zu feiern.
Ihn hier auf hoher Alpenzinne, auf dem Berge meines
l^amens, ja, in so freundlicher Gesellschaft zu feiern ! Hatte
|eh doch seit Jahren mit rüstigem Fuss die Alpen durchwan-
jjiert und auf manchem weit schauenden Gipfel die erhabene
acht der Gletscherwelt und die herrlichen Aussichten be-
dert, die der reiche Lohn der Mühen und Strapatzen
d. War ich doch glücklich bewahrt worden vor jedem
iifall bei so mancher kühnen Besteigung, auf so manchem
i&hrlichen Gang! In dieser Stimmung von Freude und
schweifte mein Auge hinüber nach der fimbedeckten
uppe des Titlis, die fern im Sonnenglanz strahlte, und
ine 'Gedanken senkten sich hinter diesem stolzen Berge
ab in das freundliche Bergthal von Engelberg, das seinen
Schweizer Alpen-Club. 12
8 W»
178 Siuder,
Fnss umzieht Denn dort weilte meine thenre Gattin, visi
ich war es n|ir bewusst, dass sie heute des rastlosen Berg^
Wanderers mit tiefbewegtem Herzen und mit der Fülle j^td
Wfinsche gedachte. — Nach dieser Feier lagerte man sidl
mit Behagen auf dem funkelnden Fimteppich nieder. Dil
Temperatur war äusserst mild (ca. + 15® C). Nicht n^
konnten wir unsere Shawls als Fussteppiche benutzen, soi^
dem die Ffihrer verschmähten es selbst, ihre Röcke aoz«
ziehen. — Und nun die Aussicht? <
Wie es die eingeschlossene Lage des Studerhorns vi^
selbst mit sich bringt, kann die Aussicht von diesem Gipflj
keine sehr umfassende sein. Der weitere Gesichtskreis
durch die nahen mächtigen Berggestalten beschränkt,
eben diese verleihen dem Bilde das Gepräge derGrossartJI
keit und malerischen Schönheit Gerade im Westen thro4
hoch und hehr, als nächster Nachbar, die gewaltige Pyram^l
des Finsteraarhorns, die das Studerhom noch um 643«
an Höhe überragt Der Anblick dieses Berges, an dess^
lothrechten Felswänden und eisigen Kehlen und Bändet
man jede Furche, jede Zacke, jede Fimkluft deutlich unt4
scheidet, ist fast überwältigend, und doch hat man es d«|
hohen Standpunkt, auf dem man steht und der breiten £M
sattlung, die denselben noch von jener Riesengestalt trennl
beizumessen, dass dies Gefühl nicht ein bedrückendes i4
sondern dass man immerhin noch mit einem gewissen Stofl
diesen mächtigen Nachbar bewundem kann. Dem Finsti^
aarhom gegenüber im Osten erhebt sich das Oberaarhoi
Wenn von diesem aus gesehen der ihm an Höhe ebenbl
tige Gipfel des Studerhorns fast unbeachtet bleibt, weil di<
hinter demselben die himmelhohe Gestalt des Finstei
homs sich emporthürmt, so ist hier das Verhftltniss
anderes. In kühn aufgeschwungener Form schneidet
s
Sluderhorn, 179
sraarhom den Horizont und fesselt sowohl durch diese
durch sein wunderschönes Firnkleid und durch den An-
sk der kahlen Felswände, in denen es in das Becken des
iteraargletschers abfallt. Ueberhaupt befindet man sich
Centnun einer Welt von Eis und Schnee. Ausser den
|fden benannten streckt noch mancher nahmhafte Gipfel
Haupt aus derselben empor. Hier zur Rechten des
Bteraarhoms erblicken wir das Agassi^horn, die
ihleck beherrschend, das Schreck hörn mit dem gezack-
iKammderLauteraarhörner; dort das Ewig Schnee-
rn, das Hothhorn und wieder genahter die E scher-
rner, das Schenchzerhorn, das Gjrunerhorn, welche
die vor uns geöflftieten Eisthäler des Finsteraar- und
vteraargletschers umschliessen. Südwärts breitet sich tief
pDnsern Füssen das Becken des Viescherfims in unbe-
Eter Reinheit aus. Es ist umstellt, auf der einen Seite
dem hohen Riesendamm, der zur Linken des Finsteraar-
is in scharf gezackten Zinnen sich bis nach der schmalen
eibe des Rothhorns erstreckt, auf der anderen Seite
dem wilden Kamm .der Galmihörner und des Ober-
-Rothhorns, der sich beim Oberaarjoch an das Ober-
)ni anschliesst.
Der besagte Viescherfini ist jene, auf der Karte unbe-
»te, östliche Verzweigung des Vieschergletschers, welche
unserer Oberaarhornfahrt Herr Fellenberg in heiterer
ieStuderfirn getauft wissen wollte. Hebt man aber den
Über diese näheren Umgebungen weg, so ist nach Osten
Süden immerhin noch ein weiter Horizont geöfltaet.
hinter den wilden Felsengerüsten des Hangendhorns
des Ritzlihoms, die das pitoreske Urbachthal in ihrem
)B8e bergen, zeigen sich die Gebirge, die dem Engel-
jer — und Gadmenthale entsteigen. Der Titlis, der
12*
n
180 Studer.
Blackenstock, der Schlossberg, die Spannörter ragen ans d<
Gewirre zackiger Gipfel empor. In langer blendend weis
Reihe erscheinen die Kämme und Gipfelgestalten, welche
Gebiet des Stein-, Trift- nnd Rhonegletschers umfass
Ihre höchsten Zinnen kulminiren in den Thierbergen,
Si^tenhom, im Dammastock und Galenstock. Die glänzt
den Firne heben sich wunderschön von der felsenreiche
Vorkette d^r Diechter-, Gelmer- ui^d Gerstenhömer ab,
schon auch diese reich mit Gletschern geschmückt
Rechts vom Galenstock treten die Bündnergebirge hochj
den Horizont empor. Hinter der Kette des Sixmadun
der Gruppe des Gorschen und Kastelhoms erkennt man
Spitzen des Muraun und des P. Lavaz. Mächtig erhebt
daneben das weisse Bollwerk des Medelsergletschers
dem Piz Camadra und Cristallina. In weiterer Ektfei
glaubt man den PiB Aul oder Piz Güda zu erkennen. S^
hebt sich wiederum der Scopi, und weit hinter den Mat
nern erscheinen die Gipfel, die den Scaradrapass krc
Nur auf geringe Entfernung wird die Femsicht durch
aufragende Spitze des Oberaarhoms unterbrochen,
dessen Rechten begränzen die Schneekämme der Rheini
gruppe den Horizont, und den nähern Tessinergebirgen
steigt der dreigipflige F*. Campo Tencca, der die sehne
schmückten Felsenketten des Gerenthaies überragt
westlich zeichnet sich die schöne Schneespitze des
aus und allmälig den südlichen Horizont umkränzend,
folgt der Blick die Gipfelreihen, die den Griesgletscher
das Binnenthal krönen. Die hohen Kuppen der Roth-
Galmihömer verhindern es nicht, dass ihrer noch eine
Zafil am Horizonte auftaucht Die Simplon-Gruppe mit
schönen Monte Leone und den riesigen Fletschhömem onC
glänzende Reihe der Mischabel schliessen, so weit ich
Studei*korn, 181
Bi]d noch vergegenwärtigen kann, im Südwesten den
ktfernteren Gesichtskreis. Der grauenhaft steil aufgebaute
der sich vom Finsteraarhom nach dem Rothhom
mszieht, ist so nahe und so hoch, dass er nach dieser
Bte hin die Weitsicht abschliesst. Er wird nur noch von
Knppe des höchsten Wannehorns tiberragt, deren silber-
izenden Teppich wir mit besonderer Lust betrachteten.
Tar es ja unser Plan, am kommenden Tage^ auf diesem,
ch von keinem Menschenfuss entweihten Polster uns zu
sni.
Das ist in gedrängten Zügen das Panorama, das dem
Steiger des Studerhoms zu schauen vergönnt ist, wenn
ein klarer, wolkenloser Himmel begünstiget, wie er über
ausgebreitet war. Seine Schönheit liegt in der wunder-
jn Gletscherpracht, von der man umgeben ist und in dem
Fcchsel zwischen prächtigen Femsichtparthien und Impo-
rten Gestalten des Vordergrundes, die einen gleichzeitig
lerischen und grossartigen Charakter an sich tragen.
Schon als wir den Gipfel des Studerhoms betreten
ten, war es uns aufgefallen, denselben statt zugespitzt
zur scharfen Schneide gestaltet, sehr abgeplattet zu
len. Wir versuchten die Ausdehnung der Gipfelfläche,
weit sie eine ungefähr horizontale Ebene bildete, mit
fe eines messingenen Meterstabes auszumitteln. Die
Jsung ergab eine Länge von ca. 64 M. und eine Breite von
56 M., somit eine Fläche von ca. 3,584 nM. = 39,820
l»Veizer Quadratfuss , oder nahezu den Inhalt ^ einer
iweizerjucharte.
Um 1 2 Uhr, also nach einem zweistündigen Aufenthalte
dem Gipfel, traten wir unsern Rükweg an. lieber unser
iedersteigen nach dem Rothloch habe ich nicht Vieles zu
sählen. Die frühere Rangordnung wurde wieder innege-
182 Studer.
halten. Wir stiegen zunächst gegen die Einsattlung des
Studerjochs zurück. Bevor wir den tiefsten Punkt erreicht
hatten, schickten wir den Jakob voraus um auszukunden, ob
wir vielleicht durch eine jeuer Schneekehlen, die sich dort
zwischen den steilen Feisklippen hinunterziehen, auf den
tiefer liegenden Firn gelangen könnten; denn das Schnee-
gehänge, das sich vom Gipfel nach dem Viescherfirn abstürzte^
erschien so jähe, dass wir Anfangs Bedenken trugen, an dem-
selben hinunterzuklettern. Als aber Jakob mit dem Beric^
zu uns zurückkehrte, die Sache dort unten gefalle ihm nod
weniger, die Schneekehlen seien stotzig und hart, so wagt
wir es dennoch.
Da die Schneedecke ziemlich erweicht war, so rüc
wir zwar behutsam, aber ohne Schwierigkeit vorwä
Als nächsten Zielpunkt fassten wir eine vorspringende Stel
ins Auge, die Raum zu emem momentanen Halte bot, nnt
halb welcher aber das Gehänge noch viel steiler zu s
schien, indem man über sie hinweg frei in das Becken
Fimthales hinunter sah. Auf jenem Vorsprunge angelan
mussten wir daher von der geraden Linie abschwenken
in schiefer Richtung den Fuss der Schneewand zu errei
suchen. Einmal hier angelangt, hatten wir die schlim
Parthie im Rücken und um so rascher ging es über die
sanfter Senkung vor uns ausgedehnte Firnfläche fort.
Rechten schlössen die felsdurchfiirchten Wände des Pin
aarhomkammes, die blendend weissen Schneegefilde,
sich in sanfter Wellenform nach dem Rothhornsattel emi
zogen und die weisse Scheibe des Rothhoms selbst
ihrem schreckbaren nach Süden gekehi*ten Felsabs
zur Linken die jähen Wandungen des Oberaarhoms
nächst vor uns liegenden Theil des Fimbeckens ein,
dessen Schooss die Sonne mit intensiver Kraft ihre S^tr
Studerhorn, 1 83
f088. Als wir an dem Firngehänge vorübergeschritten
raren, das sich nach dem Oberaarjoch hinaufzieht, fielen
rir auf die Fusstapfen, die unsere heutigen Vorgänger im
inee zurückgelassen hatten; diese leiteten uns richtig
ischen den mächtigen Klüften, wovon der Firn bei der
lenden Senkung nach einer tiefern Gletscherstufe durch-
^gen wird, nach dem Rothloch hin.
Eb war drei Uhr Nachmittags, als wir dieses Ziel
reiehte& Das Rothloch, jene bekannte, kalte Herberge
Gletschermannen, die uns schon von der letztjährigen
iosteraarhomfahrt her befreundet war, liegt am südlichen
ISS des Rothhorns, einige hundert Fuss über der Vereini-
ig der beiden Verzweigungen des Vieschergletschers, die
Auge hier zum grossen Theil beherrscht. Die Herberge
iteht in dem hohlen Raum eines überhangenden Granit-
lockes, in welchem fünf Mann mit Noth ein geschütztes, aber
jiederes und hartes Lager finden.
Als wir die Stätte erreichten, wurden wir von dem
« Snlzer, dem Sohne unseres wackeren Peters begrüsst
war mit Decken und Lebensmitteln beladen mit der
rawane über das Oberaarjoch gekommen und hier zu
irm Dienst zurückgeblieben.
Die Sonne schien so heiTlich warm, dass wir unsere
rehnässten Schuhe und Strümpfe zum Trocknen ausstellen
anteuT Unterdessen lagerten wir uns auf dem Rasen*
>pich, der zwischen dem nackten Gestein stellenweise zum
Vorschein kam und mit einer lieblichen Alpenflora ge-
lückt war. Ein kurzes Schläfchen that wohl. Bunte
lombilder beschäftigten die Phantasie. Aber wir durften
18 dem Schlummer nicht zu lange überlassen; auch die
inssicht musste mit Aufmerksamkeit betrachtet werden, die
yricliTon unserem Lageiplatze aus so grossartig und malerisch
1 84 Studer.
gestaltete, nnd über welche die Abendsonne ihren ganz^
Zauber ausgoss. Das Auge kann sich fast nicht abwenden
von der herrlichen Gletscherscenerie, die ihm hier geoffen-
baret ist. Unverwandt haftet es auf der blau und weiss
schillernden, von tausend Klüften durchzogenen E^smasse
des Vieschergletschers, dessen Arme zu beiden Seiten
der einsamen Felseninsel in gebrochenen Bollwerken her-
unterstürzen, um sich zu den Füssen des Staunenden zu
vereinigen und als ein mächtiger Eisstrom, tiefgebettel
zwischen steilen vergletscherten Gebirgs wänden, dernnsicht*
baren Tiefe zuzuwinden. Durch die Flucht dieses Gletschö^
thales ist eine reizende Aussicht geöfihet nach den Gipfel«*
reihen, die jenseits des Rhonethaies hoch an den Horizont^
emporsteigen. Es sind die Gebirge des Binnenthaies, d«|
Simplon und der Viescherthäler, die sich vor dem Auge en*^
falten. Die sichtbaren, schneebedeckten Gipfel sind: Det
Helsen, das Hülle- und Bortelhorn, das FurggebannH
hörn, der Monte Leone, das Wasenhorn, der Portieni
grat, das Weissmies, die Fletschhörner, der Mont^
Rosa, das Rympfischhorn, das Alielinhorn, der Lys«
kämm, der Alpenhubel und die Mischabelhörner, voi
denen die Kuppe des Mattwaidhorns noch Wache häjli
Grüne Alpenhöhen, von Hochwäldern umkränzt, umgttrteii
diese Firn- und Felsengipfel, und an ihrem Fuss lachen einedl
die Wiesen und Pflanzungen entgegen, die die Nähe de»
fruchtbaren Thalbodens verkünden, in dessen Grund jedoA
das Auge nicht zu dringen vermag. In ernstem Gontraal
mit diesem freundlichen Gemälde zeigt der riesige Kanui;
der Walliser Viescherhörner, der in unmittelbarer
Nähe aufgethürmt ist und der den westlichen Horizont ii^
scharfen Umrissen begränzt, nichts als ausgedehnte Firne |
und kahle Fluh. Aber die gezackten Felsenzinnen glühei |
Studerhorn, 185
im Gold der sinkenden Sonne, und die glänzend reine Decke
von Schnee, die sich vom Rande des Vieschergletschers un-
miterbrochen bis auf den Gipfel des höchsten Wannehorns
emporzieht, die in weichen Formen die Felsenstufen über-
wölbt und die Buchten ausfüllt, erregt durch ihre Schönheit
fie Bewunderung. Bald ruht der Blick auf dieser von
iier Pracht eines ewigen Winters umfangenen, mächtigen
[Gebirgsscenerie, über welche die Stille des Grabes ausge-
breitet ist, — bald schweift er hinüber und haftet an jenem
i^emälde, das sich am entfernteren Horizonte entfaltet und
^«rgötzt sich dort an der wechselnden Färbung, in welcher
vfie Gipfel des Monte Rosa und der Mischabel erstrahlen. — ,
i Mittlerweile war unsere wackere Mannschaft auch nicht
hütlssig gewesen. Wir sollten bald das Produkt ihrer Thä-
jÄgkeit am improvisirten Kochheerde, den sie an einer Stein-
tnd zur Seite des Rothlochs errichtet hatten, in vollem ,
«se schmecken. Auf den Ruf, dass die Tafel bereit sei,
^Mmmelte man sich um den grossen Granitblock, der uns
Ehon im vorigen Jahr als Speisetisch gedient hatte. In
ster Linie wurde eine kräftige Fleischbrühe aufgetischt,
ir hatten dieses Gericht Herrn Lindt's grossmtithiger
lAufopfermig seiner Bouillon-Täfelchen zu verdanken. Nach-
wir sie mit Wohlbehagen eingeschlürft, erschien eine
ffliche Chokolade, zu der ich den Stoff gespendet Endlich
de noch in einem grossen irdenen Gefässe, das die
oren bestandener Strapatzen an -sich trug, der schwarze
äffe präsentirt. Natürlich wurde auch die compaktere
ise nicht verschmäht.
So, zu einem Bivouac bei 0^ Kälte gehörig vorbereitet,
en wir uns, in die Decken gewickelt, in der engen Höhle
cht. Aber trotz dieser Vorsorge fühlte man die frische
Kachtluft, die durch die Oeflhung drang, und die Uneben-
1 86 Studer.
heiten des Lagers waren so empfindlich, dass sich hin und
wieder eine leise Verwünschung Luft machte, bis der freund-
liche Gott des Schlafes uns in seine Arme schloss. —
Es sei mir vergönnt, bevor ich die Schilderung des
genussreichen Tages vollends schliesse, noch einige Betrach-
tungen anzuknüpfen, zu denen mich die heutige Wanderung
veranlasst. Herr Grove hat in seiner Beschreibung des
üeberganges über das Studerjoch*) die Ansicht ausge-
sprochen, es sei dieser Pass viel interessanter als das Ober-
aarjoch und zwar nicht nur wegen der anziehenden Natur
der Gegend, die man zu durchwandern hat, sondern übe^
diess noch wegen der besonderen Schönheit und Mannigfal-
tigkeit der Bergscenerie, durch welche der Weg führt, und
weil die Aussicht auf der Höhe des Passes von seltener
Ausdehnung und Pracht sei. — Wenn ich mir nun, gestützt
, auf eigene Anschauung, ebenfalls einen Vergleich zwischen
diesen beiden Pässen erlaube, so kann es sich nur um den
Weg von der Grimsel aus bis zur Passhöhe handeln, denn
die jenseitige Strecke bis nach Viesch oder Aeggischhon
ist bei beiden Uebergängen fast dieselbe; nur ist das Hinab*
steigen vom Studerjoch in das Becken des Viescherfims be-
deutend schwieriger als die leichte Descente vom Oberaarjoek
nach der Firnebene, und vom Fuss des Studerjochs hat man
noch eine hübsche Strecke über den Firn thalabwärts in
marschiren, bis man zu der Stelle kommt, wo man vom
Oberaarjoch nach demselben hinuntersteigt Aber auch
von der Grimsel aus gehend, erreicht man auf leichterem
und kürzerem Wege das Oberaarjoch als das Studerjoch,
und das Panorama, das man von der ersteren Passhöhe ans
geniesst, ist das schönere und ausgedehntere. Dagegen
*) Alpine Journal y. September 1864 pag. 364.
Studerhorn. ' 187
bietet der Weg nach dem Studerjoch eine grossartigere
und wechselvollere Seenerie dar, indem man den mäch-
tigen Aargletschet in seiner ganzen Länge bis zum Fuss
des Finsteraarhoms durchmisst und an den mannigfaltigen
Gebii^dekorationen vorüber kommt, welche diesen Eisstrom
nod seine Verzweigungen umkränzen, und indem man ferner
die Riesengestalt des Finsteraarhoms in ihrer ganzen
wilden Pracht und in ihren wechselnden Formen aus der
nnmittelbarsten Nähe bewundem kann. —
n.
Das Wannehom.
3905 M. = 12021 P. F.
Noch funkelten die Sterne am wolkenlosen schwarzen
Himmel, als es in unserem Bivouac lebendig ward. Ihr
Glanz war jedoch am Verlbschen, und als wir uns marsch-
fertig gemacht hatten, brach gerade der Tag an. Es war
ibrigens eine milde Nacht gewesen. Gestern Abends 8 Uhr
itand das Thermometer noch auf + 9^ 7 C. heute im Zeit-
punkt der Abreise auf + 5®, 7. —
Jakob Blatter^ und der junge Sulzer sollten zurück-
bleiben und die Decken und das übrige Gepäcke auf dem
direktesten Wege nach dem Hotel am Aeggischhorn trans-
portiren. Blatter machte zwar ein langes Gesicht, als er
-diesen Tagesbefehl vernahm. Er wäre gar zu gern mit uns
herumgeklettert, und wir hätten seine gute Hülfe nicht ver-
sehmäht. Auch der junge Sulzer, der gestern seine erste
188 Studer,
Gletschertonr ausgeführt, wäre sehr willfährig gewesen, nns
zu begleiten. Allein, die Sache war nicht anders einzurichten.
Man konnte sich fnr die vorhabende Tonf nicht zu schwer
beladen und da Snlzer des Weges nach dem Aeggischhom un-
kundig war, so durften wir ihn nicht allein über den zerklüf-
teten Gletscher ziehen lassen. So nahmen wir von den Beiden
Abschied und schritten in des Moi^ens Grauen den steinigen
Hängen entlang, die den Fuss des Rothhoms bilden, um die
ebene Fläche des Vieschergletschers zu gewinnen. Es
war 4. Uhr 30. Minuten, als wir das Rothloch verliessen. In
der Tiefe der Thäler herrschte noch volle Dunkelheit Aber
in einem fast magischen Lichtglanze blinkte uns das schnee-
reiche Massiv der Walliser Vieseherhömer entgegen, ehe
noch ein Strahl der Sonne die wunderschonen f'ime
röthete.
Unser heutiger Plan war die Besteigung des grossen
Wannehorns, des höchsten Gipfels der Walliser Vie-
seherhömer. Dieser Gebirgsstock löst sich bei der
Grünhornlücke, jener schneeigen Einsattlung, die vom
Aletschgletscher einen Uebergang nach dem Vieschergletscher
gestattet, von der nördlich davor stehenden Gruppe der
Grünhörner ab und erstreckt sich in einer Ausdehnung von
nicht ganz zwei Stunden als Scheidekanun zwischen dem
grossen Aleischgletscher und dem Viesehei^letscher in nahezu
südlicher Richtung bis in das Hochthal von Märjelen. Die
Construktion dieses Gebirgszuges ist sehr einfach. Von der
Grünhomlücke, (3305 M.) steigt derselbe über die zierliche
Fimspitze, die mit 3609 M. bezeichnet ist, sofort zu seiner
normalen Höhe empor. Bei dem Punkt, wo er diese erreicht,
schliesst sich ein steiler Felsgrat an den Hauptkamm an, der
vom Rande des Aletschgletschers über den Faulberg
(3244 M.) emporsteigt und in dem nackten Felsgipfel der
Wannehorn, 189
Kamm (3870 M.) kulminirt. Von jener Stelle hinweg läuft
der Hanptkamm in schneidender Schärfe mit beidseitiger
jäher Abdachung über die mit 3864 M. bezeichnete Kamm-
erhebung nachdem höchsten Gipfelpunkt, der mit 3905 ]M[.
: bezeichnet ist. Dieser Gipfel trägt auf dem eidgen. Atlas
keinen besonderen Namen. Ich nenne ihn Wannehom, so
wie er mir bei meinen früheren Besuchen dieser Gegend von
den Anwohnern benannt wurde. Die eidgen. Karte hat diese
Benennung einer stldlich davon gelegenen, niedrigeren
Spitze beigelegt. Man könnte daher den höchsten Gipfel mit
dem Namen „Oberes oder grosses Wannehom" bezeich-
i nen. Von hier an schmückt eine blendend weisse Firndecke
i den höchsten Grat, der sich nach jenem Punkte erstreckt, der
I auf der Karte den Namen Wannehorn trägt und mit der
I Höhenangabe von 3717 M. belegt ist. Von diesem unteren
I Wannehom läuft ein scharfkantiger, ausgezackter, durch
I seinen praegnanten Charakter sich auszeichnender Seiten-
I kämm unter d^m Namen Distelgrat mit einer Gipfelerhebung
I von 3085 M. nach dem Vieschergletscher aus, gegen den er
1 in steilen, kahlen Wandungen abstürzt. Der Hauptkamm
aber senkt sich nun. stufenweise über die Strahlhörner
(3330 M. 3080 M. 3034 M.) seinem südlichsten Endpunkte
zu und sein äusserster Fuss badet sich in dem kleinen
Gletschersee von Märjelen (2350 M.) Zwischen dem Distel-
grat und einer Auszweigung der Strahlhörner, die sich nach
dem Hoch stock (2498 M.) verläuft, versenken sich die
Abstürze des unteren Wannehorns in eine wilde schnee-
reiche Thalschlucht, deren vorderer Theil „indenDisteln"
heisst, und die beim weissen Fläsch in das Thal des *
Vieschergletschers ausmündet. — Die beidseitigen Wan-
dungen des höchsten Kammes der Walliser- Viescherhömer
dachen sich, von mehr oder weniger deutlich hervortretenden
190 Studer.
theilweise fibergletscherten Felsrippen in vertikaler Richtung
durchzogen, in furchtbar steiler Böschung und fast stafenlos
auf der einen Seite 3600^ tief nach dem Thal des Aletsch-
gletschersy auf der anderen ebenfalls über 3000^ tief nach
dem Thal des Vieschergletschers ab.
Das äussere Ansehen dieser Gebii^skette ist wild und
unwirthbar. Es treten dem Auge nur kahle, verwitterte
Felsen, Geröllhänge, Schneefelder und zerklüftete Firnen
entg^en. Nur am südlichen Fnss der Strahlhömer und am
Hochstock breiten sich die mitunter steinbesäeten Weiden
der Alp Mär j eleu aus. Längs dem Aletschgletscher sind
die untersten, steil nach dem Gletscher abfallenden Berghänge
spärlich begrast und werden als Schaf weide benutzt, deren
einzelne Reviere mit den Namen Vorder- und Hinter*
Rinderturren und ausser und inner Schönbühl belegt
werden. Auch dort, wo es „in der Trifft heisst, am unteren
östlichen Rande des Triftgletschers, der vom unteren Wanne*
hom niedersteigt und südwärts vom Distelgrat, nordwärts
von einer andern Abzweigung des Hauptkammes begränzt
wird, ziehen sich hoch über dem steilen Felsenbord, das den
Yieschergietscher einrandet, begraste Bänder hin, auf denen
eine Anzahl S(5haafe gesommert werden. Diese Schaafe
müssen bekanntlich bei der Stelle, wo derAemmerbaeh dem
Gletscher entfliesst, mit Hülfe von Seilen, längs einer Felsen-
rinne an der steilen Bergwand bis zu den WeideplätEen
hinaufgeschafit und auf gleiche Weise nach der Alpzcat
wieder heruntergeholt werden.
Aber trotz dem unwirthbaren Aussehen dieses Gebirgs-
Stockes kann man den kühnaufstrebenden Formen und dem
hervlichen Gletscherschmuck, der vorzugsweise das Östliche
Gehänge der Walliser Viescherhörner ziert, die Bewunderung
nicht versagen, und wenn ihre schönen Firnkuppen im Rosen-
fVannekorn, 191
1 roth der aufgehenden Sonne oder im goldenen Glänze des
( Tages weit in das Land hinausleuchten, üben sie einen
«
: mibeschreiblichen Zauber aus und ziehen den Freund der
I Berge mit fast unwiderstehlicher Gewalt hinauf auf ihre
luftigen Zinnen.
1 Angesichts dieses riesenhaften Bollwerkes von Eis und
I Schnee betraten wir die Fläche des Vieschergletschers. Er war
1 nit einer harten Kruste von Schnee überzogen und diese zeigte
eine Menge kleiner Erhöhungen und Vertiefungen, so dass der
rMarsch über denselben in die Länge sehr ermüdend geworden
wäre. Der Uebergang wurde jedoch in Zeit von einer halben
Stande bewerkstelliget, und sofort begann nun das Ansteigen
^£^n das Wannehorn. Anfangs sanft, dann etwas steiler
ging es über die unabsehbaren Schneefelder aufwärts. Wir
blieben so ziemlich in der Mitte der Einbuchtung, die sich
iiwiachen zwei Gräten fast bis an den Gipfel hinaufzog. Zu
«nsserer Linken hatten wir nämlich die glatten Wände des
'dominirenden scharfen Grats, der auf der Karte die mit
.9269 und 3515 M. bezeichneten Höhenpunkte aufweist.
'•Weniger praegnant sich hervorhebend und nur an seinem
/untersten Fusse abgedeckt, zeigte sich der Firngrat zu nnse-
,ter Rechten, dessen weichgeformten Rücken wir in kurzer
Zeit hätten erreichen können. — Die Wanderung ging leicht
und angenehm von statten. Der Schnee war nicht zu hart
; ud nicht zu weich. Steilere Böschungen wurden im Zickzack^
[ steigen erobert Der Weg ist zwar an und für sich ziemlich
einförmig; die einzige Abwechslung lag in dem mehr oder
weniger steilen Gefälle der einzelnen Stufen, die das endlose
Scimeegehänge bildete. — Hin und wieder warfen wir einen
Bflekblick nach dem Vieschergletscher, der je mehr und
mehr in die Tiefe rückte und sich in immer gfösserer Aus-
dehnung entfaltete — oder auf die gewaltige Kette des
192 Studer.
Finsteraarhorns, das in seiner ganzen Majestät und
kühneu Felsengestalt sich aufrichtete.
Nach einer anhaltenden Steigung von etwa drei Stunden
erreichten wir die Höhe des Kammes westlich vom Punkt
3515 M. und ha! welche Ueberraschungl Da liegt, wie
auf einen Zauberschlag die ganze stolze Kette der südlichen
Wallisgebirge, so wie die Gruppe der Aletsch — und Nest-
hömer in der reinsten Klarheit des wolkenlosen Tages vor
uns aufgerollt; nur in die Tiefe des Aletschthales sehen wir
noch nicht. Die Felszacken verbergen dasselbe, die des
westlichen Rand des Firnkamms krönen, der sich vom unterea
Wannehom gegen das obere hinaufzieht. Aber dieser An-
blick giebt uns neuen Muth und neue Freudigkeit, denn noch
sind wir nicht am Ziele. Wir betreten nun das Gehän^l
des höchsten Kammes und Angesichts dieser weiten Wdl
von herrlichen Bergen ist es eine wahre Lust, auf.dea
glitzernden Fimteppich hinanzuschreiten, der die Kammhöbl
bekleidet. Sieh da! die Spur einer Gemse, die früher ad
wir ihren Morgenspaziergang auf dieser einsamen Höhe gn
macht! £s bedurfte noch fast einer Stunde Steigens, um dil
höchste, schneeige Kuppe zu erreichen. Diese besteht am
einem südHchen und einem nördlichen Eckpunkt, weicht
durch ein kleines Schneeplateau mit einander verbondci
sind. Als wir, das Gehänge der südlichen Gipfelerhebuof
umgehend und über den östlichen Rand jenes kleinen Schneo^
plateaus wegschreitend, den nördlichen Gipfelpunkt beträte^
in der Meinung, unser höchstes Ziel erreicht zu haben, siehl
da taucht hinter ihm noch ein bis dahin verdeckt gebliebip
ner Felszahn hervor, der um etwa 40' höher sich erhebt nol
den wahren Culminationspunkt bildet. So wenig Schwi^
rigkeiten bi^s dahin der Weg geboten hatte, so missiich
erschien jetzt die Bewältigung dieser letzten Spitze, die sei
fVanneharn. 193
hngem des ersten Besuches tapferer Clubisten harrt.
Zwisehen dem nördlichen Eckpunkt der schönen, massigen
Firnknppe, die wir so leicht erklommen , und diesem Fels-
gipfel, gestaltet sich nämlich der Kamm plötzlich zu einer
iKfamalen Schneide, deren oberste Krone aus lose über «in-
«der gebauten, zum Theil überhangend gegen die Abdachung
lieh neigenden Felsblöcken bestand. Diese Schneide zu
tterschreiten, war keine Möglichkeit. Niemand hätte es
^gen dürfen, die messerscharfen Kanten und die glatten
lAiefen Flächen des obersten Gesteins zu tiberklettern. Es
teeb kein anderer Weg, als diese Felskrone längs dem
^n ihr abstürzenden Gehänge zu umgehen. Zu beiden
eiten senkte sich aber das Gehänge, das mehrentheils mit
Bs tiberkleidet war, in solcher Steilheit und fast stufenlos
rige tausend Fuss tief hinunter, dass während eines Augen-
Ricks selbst die Führer schwankten, auf solchem Terrain
Nter vorzugehen. Doch, das Zögern* dauerte nicht lange.
■Bf ein ermunterndes Wort von unserem besonnenen Peter
bebte sich Kaspar auf, das Wagniss zu bestehen. Hart
P dem obersten Felsendamme vorbei, verfolgte er das
Mliehe Gehänge der Bergwand, mit der linken Hand fest
hl den vorragenden Kanten des Gesteins sich haltend, mit
fcr Rechten sichere Tritte mit dem Beil in das harte Eis
^Uagend. Wir schauten ihm mit einiger Bangigkeit zu, doch
^igten uns die Vorsicht und Sicherheit, mit der der
Sandte Berggänger vorrückte. Jetzt verschwand er un-
tren Blicken hinter einem vorgebogenen Felsenkopfe, aber
Nch darauf trat er dicht am Ziele wieder zum Vorschein.
fc hatte eine zugängliche Stelle des Grates gewonnen und
^Bte nun von da aus ohne Schwierigkeit die Felsspitze
ftlettem. In wenigen Augenblicken war er droben ange-
ttgt und zur Feier des glücklich errungenen Sieges liess
Schweizer Alpen-Club. 13 '
194 Studer.
er einen kräftigen Jauchzer erschallen. Kaspar hatte zn
diesem Gange kaum eine halbe Viertelstunde Zeit gebraucht
Nachdem er auf dem gleichen Wege zu uns zurückgekehrt
war, gelang es mit Benutzung des Seiles uns im Geleit un-
serer beiden wackeren Führer zuerst mir und dann in gleicher
Weise meinem Reisegefährten, das hochgelegene Ziel eben-
falls zu erreichen.
Der spitze Felsgipfel bot immerhin noch so viel Raum
dar, dass wir uns alle zusammen auf die sonnigen Felsplatten
hinlagern konnten, die denselben bildeten. Wenn aber die
Abdachung des Gipfels von allen Seiten steil war, so senktai
sich die Felsen nordwärts fast senkrecht nach der sdiarfen
Schneide ab, in der sich der Kamm in dieser Richtung fori*
setzte. Es war 9 Uhr 30 Minuten als wir auf dem Gipfd
anlangten; wir hatten daher zu dieser Besteignng imGanzea
fünf Stunden gebraucht.
Die erste Arbeit war, dem erschöpften Körper Nahrung
zu geben. Während aber meine Genossen den trockenem
Hammelbraten und das geschmacklose Brod mit trefiSichea
Appetit yerzehrfen und der derben Speise mit einem Glaf
Rothen nachhalfen, begnügte ich mich mit einer Hsuid toI
Mandelkernen und gedörrten Zwetschen. Ich unterzog midi
ungern dieser Casteiung, allein in solchen Höhen sind Weil
und Fleischspeisen in der Regel für mich ungeniessbar.
Die Temperatur war angenehm (circa -f- 8" C.) , dil
Luft still, die Aussicht klar. Meine Gelehrten schiektM
sich nun an, die mitgebrachte Bemer-Fahne, eine Reliquil
vom eidgenössischen Sängerfest, auf der besiegten Bei^*
spitze aufzupflanzen und mittelst Steinen zu befestigen
Unterdessen gab ich mich der Betrachtung der Aussicht hii
und versuchte, wenigstens eine Parthie des ungeheorai P»^
noramas flüchtig zu skizziren.
fß^annekorn, 195
Bevor ich zur Schilderung dieses Panoramas übergehe,
ttknbe ich mir hier eine 'kleine Undeatlichkeit in der eid-
genössischen Karte zu constatiren. Auf derselben steht
niffllich der mit 3905 M. bezeichnete Punkt auf der süd-
lichen Ecke der schneeigen Kuppe des oberen Wannehorns,
während weder der scheinbar höhere nördliche Eckpunkt
derselben und noch viel weniger die auf der Karte gar nicht
hemerkbare Felsenspitze, die den letztem wohl noch um
40Fus8 überragt, eine Höhenangabe trägt. Wenn sich daher
jene Angabe auf den höchsten Culminationspunkt des Kammes
•
^r Walliser Viescherhömer beziehen soll, so ist der Punkt
im unrechten Ort angebracht, oder der höchste Punkt ist
noch ungemessen.
I SoUte die erstere Voraussetzung die richtige sein, so
l.hefaoden wir uns in einer Höhe von 3905 M. oder 12021 P. F.
Aber der Meeresfläche, und in dieser ansehnlichen Höhe do-
liiiinirten wir den grössten Theii des ausgedehnten Horizontes,
^fin besonders herrlicher Blick war uns auf die Gruppe der
ferner Hochalpen geöffnet, deren innerstem Revier unser
^ohe Standpunkt entragte. Senkten wir das Auge nach Westen,
^ sahen wir ein paar tausend Fuss tief dicht zu unseren
^ftlssen die Eismasse des gewaltigen Aletschgletschers,
bvie derselbe sich in seiner ganzen Breite von dort, wo er
lun das Aeggischhom umbiegt, durch das von hohen Gebirgs-
^4ränden eingeschlossene Thal sich emporzieht und in breiten
^Uendend weissen Fimsttömen theils nach dem Lötschen-
^ttttel, theils bis auf das Jungfrau -Joch sich verzweigt
^neigten wir den Blick ostwärts, so tauchte er ebenso tief
^nimter in das Eisthal des Vieschergletschers. Wir
|idiaat«[i ihn, wie er in dem engen Unstern Thalbecken aus
I der Tiefe emporsteigt, am Rothhom sich spaltet und theils
gegen das Oberaarjoch und Studerjoch, theils bis an den
13*
196 Siuder.
Vieschergrat sich hinauf«vindet Gletscherbehangene Kämme
und Gipfel entstiegen diesen Eisthälern, sie thürmten sich
hinter einander empor, und ihre leuchtenden Zinnen ragten
in das dunkle Blau des Himmels. Dort drüben im Westen
winkten die stolzen Gipfel des Aletschhorns und der Nest-
hörner. Hinter der Lötschenlücke zeigte sich der schön
gewölbte Fimrücken des Lötschenthalgrats, und hinter ihm
aufsteigend Hessen sich Alteis, Balmhorn und Wildhom er*
kennen. In glänzend weissen Gebilden rahmten der Kamm
des Ahnengrats, vom Breithorn^ Grosshom und Blttmlis«
alphorn überragt, das Mititaghorn, die Ebnefluh und das
Gletscherhorn jenes schöne Fimthal gegen Norden ein, das
bis zur Lötschenlücke vordringt. Zierlich erhob die Jung*
Iran ihr schlank gebautes Haupt An sie reihte sich die
herrliche Schneekuppe des Mönch und der schwarze Felsen-
gipfel des Eiger. Unter dem Mönch gewahrte man die,
schmale Schneide des Trugbergs, und herwärts diesen Ge*j
bilden zeichneten sich die nördlichen Gipfelgestalten dea^
Kammes der Walliser Viescherhömer, insbesondere der^
Kamm 3870 M. durch ihre Nacktheit und ihren bizarren
Felsbau aus. Rechts vom Eiger trat die in einander ver-j
schmolzene Gruppe der Grindelwalder Viescherhömer nndj
der näheren Grünhörner in die Reihe. Von der Grünhoror^
lücke stufenweise emporsteigend culminirte sie in den drei
achlanken auf der Karte mit 4048 M., 4020 M. und 4047 IL ,
bezeichneten Gipfeln des Grossen - und Hintern Vieschei^ i
homs und des Grossen Grünhorns. Zur Rechten dieses^
letztern zeigte sich noch das kleinere Viescherhom (auf der
Karte Gross Viescherhom genannt), das in Grindelwald dea.|
Namen Ochsenstock trägt. An dasselbe lehnte sich der ,
prächtige Fimkamm, der das hinterste Becken desVieschei^ i
gletschers eindämmt, und der sich bis auf das AgassizboiB :
Wannehornl 197
erstreckt, das uns seine schneebedeckte Seite zuwandte.
Hinter diesem Firnkamm ragten der vorderste Gipfel des
Wetterhoms, das gewaltige Schreckhom und die scharfge-
zackten Lauteraarhömer empor. Am Ende dieses langen
Diadems von strahlenden Firnspitzen erhob das Finster-
larhom sein trotziges, eisbepanzertes Haupt in die Lüfte
md streckte seine riesigen Arme nach dem Rothhom und
Oberaarhom aus. Der Anblick dieses Theiles der Rund-
«dcht, die ErscheiAung aller dieser mächtigen Gestalten, die
Ifleichsam mit dem weissen Hochzeitskleide geschmückt sich
W8 den einsamen Gletscherthälern himmelan aufrichteten,
war so fesselnd, so grossartig, dass der Blick sich stets
^eder unwillkürlich nach dieser Welt von Schnee und Eis
und nackten Felsen hinwandte, die in solcher Pracht, in
«olcher klaren Entwicklung sich nur demjenigen offenbart,
ifer es der Mühe werth erachtet, die Bollwerke zu über^
Iteigen, die sie von den Ländern der Menschen trennt, und
Us in ihre innersten Räume, bis auf ihre höchsten Zinnen
'^rzudringen.
Und doch lag uns noch eine andere Welt vor Augen,
iie es nicht weniger verdiente, die Aufmerksamkeit und Be-
hinderung der Schauenden auf sich zu ziehen. Es war der
lageheure Kranz von Fels- und Schneegipfeln, von Gletschern,
Ton grünen Alpenfirsten, von waldbekränzten Berghöhen,
Äe in mancherlei Gestaltung und Gliederung den ganzen
•stiichen und südlichen Horizont bis in weite Entfernungen
Ittrfasste, — jenes Meer von Bergen, das die näheren, wilden
Umgebungen, ja die hohen Gipfel des Oberaarhorns, des
bothhoms, die Galmi- und Wasenhömer und die Ausläufer
8er Nest- und Aletschhömer überragend, sich vom Titlis
Mb zum Bernina, vom Bernina bis zum Monte Rosa,
»on diesem bis zum Montblanc ausdehnte. Ich will nicht
198 ' Studer.
die Namen der einzelnen Spitzen aufzählen, wei* wollte sie
entziffern, wer hätte die Geduld sie anzuhören? So geht es
auch mit deren Betrachtung an Ort und Stelle, man fiberfliegt
mit trunkenen Blicken das ungeheure Panorama, denn die
Zeit erlaubt es nicht, sich in die Einzelnheiten desselben zn-
vertiefen, man« versucht das Chaos nach vereinzelten, charak-
teristischen Gruppen zu entziffern, man sucht sich feste
Orientirungspunkte aus: am Titlis, am Tödi, am Damma*
und Galenstock, am Scopi, am Rheinwaldhom, am Bernina,
am Basodine, am Ofenhorn, am Helsen, am Monte Leone^
an den Fletschhörnern, am Monte Rosa^ an den Mischabelo,
an der herrlichen Pyramide des Weisshoms, am Combin und'
Montblanc. Aber bei jeder neuen Umschau, bei jeder-
genaueren Prüfung, entdeckt man neue Reihen, neue Gipfel;
man verwirrt sich fast in der UeberfÜllle des Reichthums und'
gern kehrt das Auge zur Erholung wieder zurück, nadit'
jener in einfach grossem Styl vor ihm aufgebauten, stillei*
Weit, die ihren Gletscherschooss zu den Füssen des Schauen*'
den geöffnet hat, und auf deren erhabenen Gebilden die
Majestät Gottes zu throneh scheint. —
Das Bewundem eines solchen Rundgemäldes mag ia.
den strengen Augen eines Gelehrten als ein harmloses, kind-
liches Vergnügen erscheinen, das bald vergeht. Allein es*
ist mehr als das. Es ist ein Hochgenuss, der die nnver-
gesslichen Eindrücke eines Stückes grossartiger Welt-
schöpfung zurücklässt; — ein Hochgenuss, der den Geis!
des Menschen frisch belebt und erhebt, der aufs Neue des
Muth stählt, die Mühen des Berufes, die Unbilden und
Kränkungen zu ertragen, die das praktische Leben sofaftufig
mit l^ich bringt.
Unstreitig ist die Lage des Standpunktes, den w etn-
nahmen, abgesehen von, den weitschauenden Hochwartes
Wannehorn, 199
eiiies Finsteraarhorns, eines Aletschhorns und Bietschhorns,
Air den Grenuss einer ansgedehnten Rundschau, insbesondere
für den üeberblick über die Tessiner- und Oberwallisgebirge
eine der günstigsten und übertrifft in jener Beziehung den-
jenigen auf der Jungfrauspitze, die zu Gewährung eines so
freien Ausblicks nach diesen Seiten hin schon zu sehr zurück-
lesehoben ist Doch ist nicht zu verkennen, dass, wenn
lach die Felsspitze, die wir erklonunen, der höchste Punkt
I der Walliser-Yiescherhömer war, ein Wechsel des Stand-
I Ortes uns erst den Vortheil gewährte, die Rundschau in
I ihrer ganzen Vollständigkeit zu gemessen. Denn so schön
jiond so frei sich von jenem Punkte aus besonders der ganze
.nördliche Gesicht^reis entfaltet, so wird gegen Süden
.die Aussicht nach den Binnenthaigebirgen durch die in dieser
Achtung dominhrende Schneekuppe, die wir zuerst über-
iJrtiegen hatten, etwas beeinträchtiget und um die Aussicht
Liach Süden ungehemmt betrachten zu können, ist eserfor*
j.derlich, auch diesen Standpunkt zu benutzen. — Wir hatten
l^ibrigens von unserem Gipfel aus Gelegenheit, die Formation
I dieser schönen, durch eine kleine flache Einsenkung sich
Irduurakterisirende Schneekuppe kennen zu lernen und uns
HOL überzeugen, dass so, wie dieselbe ostwärts von unten
herauf aus blinkenden Fimhalden aufgebaut ist, sie gegen
Westen in furchtbar steilem Felsgehänge abstürzt Der ge-
ttdLte Höhenrand dieses Felsgehänges wird von dem Schnee-
ifleken noch um einige Fuss überragt, und die östliche Kante
des letzteren steht von jenem etwa zehn bis zwanzig Schritte
i- ab. Nur an den beiden Eckpunkten der Sohneekuppe reicht
der Fdsenrand bis an ihr Niveau hinauf.
Doch, wir mussten an die Abreise denken! Wussten
wir doch nicht, ob es uns gelingen werde, nach dem Aletsch-
^etscher hinunter zu klettern, wie es in unserem Plane lag*
200 Studer,
Nach einem höchst genussreichen und behaglichen Aufent-
halte von anderthalb Stunden auf der obersten Zinne des i
Wannehorns, traten wir um eilf Uhr den Rückweg aiL i
Zuerst wurde Herr Lindt von den beiden Führern nach der i
sicheren Stelle auf dem nördUchen Eckpunkt der Schneekuppe \
geleitet. Sodann holten sie mich ab und als wir alle daselbst i
versammelt waren, schritten wir über das kleine Fimplateaa «
hinüber nach dem südlichen Eckpunkt, von dem wir unsere i
Blicke noch ein letztes Mal um das weite Rund schweifen |
Hessen. Wir hatten keine Ahnung, dass wir in diesem I
Augenblick von unserem Reisegefährten Herrn Aebi vom<
Aeggischhom hinweg durch den Tubus beobachtet wurden, i
An der südlichen Abdachung dieses schönen Schnee^ |
gipfeis dem Kamm entlang niedersteigend, hielten wir uns 4
dicht an den Felsrand des westlichen Absturzes, und da wo 4
bei einem Ausschnitt der gezackten Kante eine schneeige i
Kehle das Betreten des Gehänges zu erleichtem schien, ver- 4
suchten wir es, auf dasselbe hinunter zu gelangen. Wir!
waren noch nicht weit abwärts geklettert, als uns zu unserer i
Rechten der freie Anblick der Felswand zu Theil ward, in |
welcher die Schneekuppe auf der Westseite einige hundert I
Fuss tief fast lothrecht abgerissen ist Vom Fuss dieser I
Felswand zogen sich Eis- und Firnfelder, von Klüften doreh« '
brochen, gegen die Tiefe des Aletschthales herunter, jedoch 4
in solcher Steilheit, dass wir es vorzogen, auf dem „aberen** %
Felsgehänge zu bleiben, auf dem wir uns jetzt befanden. -
Aber auch hier bot das Hinabklettern seine Schwierigkeit^ >.
dar. Das Gestein bestand aus einem losen, brüchigen Gnei« •
und Glimmerschiefer und war von GeröUrunsen und Schnee* «
kehlen durchzogen. Trotz der Abschüssigkeit des Gehänges -
bestand indessen die Gefahr weniger im Ausgleiten, das bei
einiger Vorsicht leicht zu vermeiden war, als vielmehr darin, ■
fFannehwrn. 201
d&8B die Vorausgeheiideii stets von herunterstürzendea
Steinen bedroht waren, die ihre Nachfolger ihnen absichts-
los nachschickten. Denn nicht selten riss^ sich Steine los,
in die man sich anklammem woUte, oder ganze QeröU-
massen setzten sich unter dem blossen Druck unseres Fusses
in Bewegung, Die Vorsicht und der Ruf der Führer
oöthigten uns, möglichst nahe bei einander zu bleiben, und
das Vorrücken ging nur langsam von statten. Dennoch
gewährten wir nach einiger Zeit mit Freuden, wie sidi
üe Feismassen immer höher hinter uns aufthürmten. Wir
rikdcten sichtbar der Tiefe näher, aber auch der Abgrund
erweiterte sich vor unseren Blicken, und wir konnten die
Pehwierigkeiten deutlicher erkennen, die uns noch bevor-
Kttden um den Fuss des Berges zu erreichen. So wie
N^eh zu unserer Rechten die abschüssigen Firafelder sich
In die Tiefe zogen, so breitete sich gerade vor uns und zu
^erer. linken Seite das Felsgehänge, von vertikalen Runsen
krehschnitten, mit gleichförmiger Abdachung in weiter
krecke aus und schien sich gegen ein hohes Felsenband
|i verlaufen, an dessen Fuss eine sanftgeneigte Schneeterrasse
Ikb hinzog. Diese Ten^sse einmal gewonnen, musste das
brikommen sich leichter machen. Es galt, das unbekannte
Perrain scharf in's Auge zu fassen, ehe wir weiter schritten,
iidem wir Andern am Fuss eines Felsenkopfes in gesicherter
Iftellttng zurückblieben, kletterte Blatter eine Strecke weit
maus, um von einem dominirenden Felsenhilgel aus die
feschaffenheit jenes Felsenbandes zu untersuchen. Wir
Ihen ilm nach allen Seiten umherspähen, aber kein freudiger
kttof erscholl. Mit ernstem Gesicht kehrte er zu uns zurück
id meinte in seiner trockene Weise:. ^Ich weiss nicht, ob
»geht, wir könnens probiren ! "" ^ Ei, so wollen wir's probiren ! "*
tir die Antwort, und entschlossen ging es vorwärts, jenem
202 Studer.
Felsenhügel zu. Zur Seite dieses kahl und steil abfallendw
Felsenhtigels Ijef ein sehmaler Runs zwischen schrofM
Felsmauern in jäher Steilheit hinunter und mlindete zuletit
gegen jene Schneeterrasse aus. Durch diesen Runs musa^
es gehen, sonst war keine andere Aussicht unser Ziel «pi
erreichen, als vielleidit auf einem mehrstündigen Umwegi
durch ein wildes Stein-Labyrinth, jenes Felsenband zu mm
gehen. Der Runs war streckenweise noch mit Eis belegt
An solchen Stellen mussten freilich Tritte gehackt werden
und wir fanden es selbst gerathen, das Seil an die Hand si
nehmen; denn ein Ausgleiten wäre für uns verderblich gel
wesen. Glücklich kamen wir durch die engste und steüsü
Verklüftung hindurch. Tiefer unten erweiterte sich diesell
das vorspringende Gestein der linkseitigen Wandung
gangbar und ohne Unfall gelangten wir an den Fiiss
Felsenbandes, um von da hinweg, beft*eit von dem beei
den Gefühle der Ungewissheit des ferneren Fortkomnu
um so rascher die funkelnden Schneefelder jener sanftgeni
ten Terrasse zu überschreiten, die dann wieder in 8t^<
Abdachung gegen den untersten Fuss der riesigen Betgwi
sich abstufte. Der Schnee war weich und die Fimm;
darunter von einzelnen Spalten durchzogen. Doch ging
munter vorwärts. Als wir nach Ueberschreitung der kieh
Terrassenfläche über die Schneehalden niederstiegen, erbli<
ten wir das erste Grün. Aus massiger Tiefe lacht^i
nämlich die baumlosen Schafweiden derRinderturren ei
gegen. Um zu diesen «zu gelangen, mussten wir noch
äusserste Randfläche des Gletschers passiren, der sidi
linkseitigen Felsgrate entlang hinunterzog. Jenseits
uns ^e steile Geröllhalde auf den grünen Tef^ch di
Schaftrift, die fast im Niveau mit dem breiten hoehgewOll
ten Rücken des Aletsch^Gletschers, ab^ von diesem
fTanneh^rn, 203
doreh eine Klnft getrennt, den Fusb der Bergwand um-
säumte.
Erst hier fanden wir Müsse , emporzublicken auf den
ZQrfickg^egten Weg und einen ruhigen Blick zu werfen in
die grossartigen Umgebungen. Das Eisthal des Grossen-
Aletschgl et Sehers lag jetzt vor unsem Augen ausge-
spannt, und dort im hintersten Grunde des weissen Fim-
kckens, dem der Aletsehgletscher enjiwachst, begrüssten
wir die J u n g f r a u und ihre im »Ibemen Festge wände blinken-
den Nachbargebilde.
Wir waren, wie gesagt, Ton dem Gletscher noch durch
*eine 100 — 200' tiefe Kluft getrennt, in welche das unterste
behänge des Berges steil und felsig abstörzte. Peter, dem
■^es pressirte, die schöne breite Eisfläche zu gewinnen, kletterte
'ohne Zaudern durch das felsige Geklippe hinunter, nieht
j^wisseod, ob ihm der Versuch gelingen werde. Wir andern
Verfolgten die Spur eines Schafweges, die uns noch eine
i'Mrecke weit, dem schiefen Rasengehänge entlang, thalaus-
^irts leitete, bis wir bei der Mündung einer unseren Weg
Ikbschneidenden Seitenbucht bequem an der begrasten Halde
hsm Rande des Gletschers niedersteigen und dessen schiefe
rtlTandung erklimmen konnten. Peter hatte sich bereits auf
Mem steinbedeckten Gletscher -Rücken einen einladenden
%aoitbioek zum Ruhesitze ausgewählt und fröhlich nahmen
^ir an seiner Seite Platz.
^ Der ganze Marsch Tom Gipfel des Wannehoms hinweg
Hie hierher hatte uns nicht weniger als vier Stunden Zeit
fed Mühe gekostet. Es war drei Uhr vorüber, ja fast halb
er, als wir auf jener granitnen Bank Rast hielten. Die
^nne. schien noch warm und freundlich. Die Gletsdier*
%ehe flössen lustig daher. Die Firne glänzten in ihrer
i't^cht Die hohen (^pfel sehauten grüssend auf uns herab.
*
I
204 Sinder.
Dort — thalauswärts spiegelten sich die schönen Gebildm
des Monte Rosa und der Mischabel im Schimmer der AbeB*
sonne. In stillem Entzücken feierten wir Angesichts diese/
wunderschönen Scenerie das glückliche Gelingen unserer
Gletscherfahrt. Der Rest der Weinflasche, die Lebensmitt^
die uns noch im Ueberfluss zu Gebote standen, mussten ihif
stärkende Kraft an uns erweisen für den letzten Gang, deF
uns noch bevorstand^ und dann ging es fröhlich und unbesorgf
dem Ziele des heutigen Tages zu, das noch drei Stnndev
entfernt war. J
Ein Gang über den Aletschgletscher, diesen grössteJ
und mächtigsten Gletscher der Schweiz, der mit Inbegri
der Firn-Region eine Längenausdehnung von ftlnf Stund
ein durchschnittliche Breite von fast einer halben Stnn
hat, ist auch fUr denjenigen Reisenden, dessen Ziel am
schliesslich diese Wanderung ist, eine Quelle reichen Genussi
— Die feierliche Stille, die in diesem Eisthale waltet, und n
etwa von dem Schalle der Fels- und Eisbrüche und von dei
Rauschen der Gletscherbäche unterbrochen wird, —
riesenhafte Grösse dieser Eismasse, mit ihren Moränen, ih
tausend Verklüftungen, die dies ganze Thal, wer weiss wii
manche hundert Fuss tief ausfüllt, und bis zu den Wohnungeft'
der Menschen niedersteigt, — diese gletscherbepanzertenj
Berge, die das Thal einschliessen, und deren leuchtend^
Fimgipfel an das dunkelblaue Gewölbe des Himmels reicheB,i
— diese wilden zerriss^en Felskämme, die in ihrem verwit-'
terten Zustande von gewaltigen Natun-evolutionen Zengnissj
geben, — diese sonnigen grünen PJätzchen am Glet8che^1
rande, die einzig an die Nähe einer fruchtbaren, mit reicher
Vegetation geschmückten Welt erinnern, denen aber doch
schon manches liebe Kind Florens in zartem Farbenschmelt
entspriesst, — alle diese eigenthümlichen, wunderbaren niid
J
>•
fVannekorn, 205
^DBaartigen £i33cheiniiiigen vereinigen sich zu einem Bilde,
fOQ welchem Gemüth und Phantasie des Wanderers ergriffen
|erden nnd das in seinem.Geiste unvergessiiehe Erinnerungen
pirfieklässt!
Wir hatten noch eine geraume Strecke über den Rücken
Gletschers thalauswärts zu marschiren und in der Nähe
^es östlichen Randes einigen gewaltigen Verklüftungen
■sKuweiehen, bevor wir Angesichts der finsteren Fels-
^ramide des Aeggischhorns unseren Fuss auf den Rasen-
pich der Märjelen-Alp setzen konnten. Allmählig jedoch
ieb der Gletscher mit seinem steilen Eisabsturz, indem
gegen das Becken der Märjelen-Alp und des kleinen See's
t, hinter uns zurück, und wir schritten den Hängen der
nigen Alpweiden entlang rüstig vorwärts. Unseren Augen
t sich jedoch ein trostloses Bild dar. Der See war aus-
nfen, und nur einige kleine Wasser-Glunggen waren in
Vertiefimgen des sandigen Grundes übrig geblieben. Die
locke, die sonst so zierlich auf der dunkeln Wasser-
e gleich weissen Schwanen herumschwimmen und dem
inen Alpensee einen nordischen Charakter geben, lagen,
abgestandene Fische ohne Glanz und Blendung auf dem
knen Grunde umher.
.Ohne bis zu den Hütten der Märjelen-Alp vorzudringen,
Nien wir von unserem holperigen Pfade rechts ab und
prchschritten den flachen Thalboden um am jenseitigen
pebänge wieder wacker emporzusteigen.
Das einsame Alpengelände, dessen Uebersicht wir
d der Ansteigens genossen, war mir aus längst ver-
nen Tagen bekiannt und rufte die Erlebnisse mehier
ufahrt im Jahre 1842 lebhaft in mein Gedächtniss
ck. Da lagen am Fusse der Bergwand die kleinen,
feiaernen Hütten, kaum zu unterscheiden von den grauen
206 Siuder.
Felsblöcken, die nur in zu mcher Fülle diese verwiidfl^
Alp bedeckten« Sie hatten mir einst zur freundlicbi
Herbei^e gedient. Hinter denselben zogen sich begra^
Hänge empor gegen den zerrissenen Felskamm der Stra^
hörner und rechts neben diesen breitete sich ein schönt
Hochfim aus. — Wäre es möglich, vom höchsten Kami
der Walliser Viescheiiiömer hinweg bis zum Punkt 333011
der Kammhöhe entlang vorzudringen, was wir auf unseni
Wege nicht zu beurtheilen vermoditen, so könnte man wai[|
scheinlich leicht über jenen Hochfim hinunter nach M&r)^
gelangen. Diese Wanderung, die des Versuches werth wä4
müsste sehr genussreich sein, weil man die Aussicht längl
vor Augen hätte und die Vermuthung nahe liegt, dass m^
Märjelen in kürzerer Zeit erreichen würde, als auf d^n v4l
uns eingeschlagenen Wege. a
Wir bogen um die östliche Ecke des Grats, der 4(
Hochthäldien von Märjelen von dem engen, tiefen Tclj
scheidet, in welches der Vieschergietscher ausläuft,
schmale Steig führte uns bergauf und l>ergunter um ki
Felsgerippe herum und über baumlose Alpentriften di
das sogenannte ober Thäli, und es war halb Acht
Abends, als wir endlich wohlbehalten im Hotel ^zur Jan|
frau am Aeggischhorn anlangten. Wir trafen hier uns^
beiden Mannen vom Rothloch an und hatten uns des freiml
liehen Empfangs von Seiten des Wirthes Wellig zu rühmen. ^
Im Lauf des folgenden Tages schritt ich mit Pet^na4
Viescfa hinunter, um daselbst mit meinem Reisegefiüirta
Herrn Aebi mich wieder zu vereinigen und die Reise nad
dem Binnenthal und nach den Gebirge Tessins gemeifl
schaftlich fortzusetzen. Herr Lindt aber, dessen Berg-EiM
noch ebensowenig abgekühlt war, gedachte der atolsdi
Jungfrau seinen Besuch abzustatten, und reiste einige Stond^
Wanaehm^n. 207
|iter mit den beiden Blatter und dem WalHsser Führer
IkDaeh dem Faulberg ab, um dort das kalte Felsenlager
Ik einer Oesellchaft EngliSnder zu theilen, die die Besteigung
|te Finsteraarhoms beabsichtigten.
\
\
1 Ich füge den vorhergehenden Schilderungen der Bestei-
gdesStuder- und Wannehorns noch einige geognostische
botanische Bemerkungen bei, deren Mittheilung ich der
Uigkeit meines Reisegefährten, Herrn Apotheker Lindt,
nke.
) Das am südöstlichen Gehänge des Studerhom-Gipfels
■stehende Gestein ist Gneis mit Quarzadem durchzogen.
^ Die oberste Felsklippe des Wannehorns besteht aus
lichem Talkschiefer, durchsetzt von weissem Quarz
d Feldspath-reichem Protogin. Am westlichen Absturz
den sich eingesprengt kleine Schwefelkies-Kristalle und
und wann auch Bergkristalle.
Die botanische Ausbeute war folgende: Am Rothloch
elte Herr Lindt:
Leontodon pyrenaicum
Doronicum clusii
Gentiana bavarica & acaulis.
r Auf den obersten Felsplatten des Wannehorns waren
Müreiche Exemplare folgender Flechten und Moosarten
■twickelt:
Parmelia pulchella.
Lecanora polytropa v. alpigena.
Imbricaria Stygia
Imbricaria Stygia v. planata Hp.
Grimmia Donniana Schp.
Phanerogamen traten erst unterhalb der grossen Glet-
208 Siuder.
Behermnlde auf, namentlich in grosser Zahl Geum reptanflj
welches sich vom Fanlberg bis auf's Aeggischhom erstreck!
und mit seinen grossen offenen, lebhaft; gelb gefärbten Blüthei
und grünen Blättern munter vom grauen Felsen sich abhebll
Neben diesem reichen am höchsten in die Gletscher-Regioi
hinauf Achillea nana, Artemisia spicata und Senecio incannai
welcher in der Höhe des Faulberges, besonders auf dem zun
Nachtlager hinaufführenden Schuttkegel in grösserer Mengl
auftritt. Primnla Candolleana war bereits entblttht, ebenai
Silene acaulis und andere in dieser Höhe ausdauernd)
Pflänzchen. — '
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Das Ofenhom.
Von G, Studer.
3270 M. = 10,066 P. F.
Während bei den meisten Seitenthälern des Wallis die
genaxe derselben in ihrer Normalrichtung fast reclht-
iklig auf die Axe des Rhonethals fällt, zeigen im Gebiet
Ober-Wallis besonders zwei Seitenthäler eine auffallende
eichung von dieser Regel, nnd es scheinen die Hebungs-
Erosionskräfte, die das Wallisergebirge anfgebant nnd
eThäier eingewühlt haben, hier in besonderer Weise
sam gewesen zu sein. Das eine ist das Rappen tha4,
am Rappengletscher entspringt, etwa ^/^ Stunden lang
sttdwestlicher Richtung sich hinzieht und sodann in einer
ken Biegung nach Nordwesten als enges Tobel bei Mühle-
in das Thal der Rhone ausmündet. Das andere ist das
nnenthal, ein Seitenthal von ähnlichem Charakter wie
nur etwas verwickelter construirt, indem es sich in
rere kleinere Verzweigungen spaltet. Dieses entspringt
Bttdwestlichen Fusse des Ofen hörn s und dehnt sich in
westlicher Richtung auf eine Länge von zwei Stunden
iiaasBerhalb des Dorfes Binn aus, nimmt daselbst die
M^crzweigung von Heiüg-Ereuz auf und verengt sich dann
! Schweizer Alpen-Club. 14
210 Siuder.
zu einer tief eingefressenen Wald-nnd Felsenklnft, weiche niff
dem scbäumenden Wasser zum Durchströmen Raum gieM
und in nordwestlicher Richtung in das Hauptthal ausläuft
^ Das Binnenthai wurde bisher von den Touristen ziemtioli
vernachlässigt, obschon es recht interessante Parthiflij
enthält Mit Vorliebe wird es jedoch hin und wieder t«
Geologen und Mineralogen heirageeucht» und etwa ein kflbn«
W e i 1 e n m a n B versteigt sich gelegentlich auf den schneei!
Gipfel des Heise n, der diesem Thale entsteigt Sa
Wiesen, schöne Tannen- und Lärchenwälder und
Laubholz bekleiden das Thalgeliänge. Kleine
und Häusergruppen beleben das stille Gelände und w;
reiche Bäche schmücken die Bei^halden, die Matten
Pflanaungen. Aber neben diesem freundUchen Landsch
bilde fehlt auch das Wilde und Grossartige, fehlt eine gew
Gebirganatur nicht Denn wenn auch die vorderen
wände von zahmen Alpenhöhen gekrönt sind, die
schnitOieh nur eine Höhe zwisdien 7 — 8000' erret
sind die hintern Umgebungen kühn und wild« Hohe,
Gipfel von ewigem Schnee umgürtet, zackige Kämme,
und Gletscher heben sich trotzig ans den waldbe!
Vorbergen heraus und bilden gruppenweiaae Hoehp
deren Zinnen über 10,000' hoch in den Himmel rag«».
Dock ich willniditdueBesehreibung des Thaies
sondern den G^;eDstand in's Auge £usen, der unsefe
merksamkeit beschäftigen soll.
Der Wanderer, der durdi das Binnenthal hinein
gewahrt in dessen hinterstem- Grunde eine dunkle,
auf^riehtete Bergmasse,' deren verschiedene 6ip6l
stufenweise bis an der höchsten fimbeUndeten Spitae
seh wingen. Die Gesammtmasse bildet das 0 f e n h or n,
den Italienern Piz d' Arbela genannt Zu seiner Link^
Ofonbßtn, 211
tb weisser Gletscher skfatbar, der in seiner nördlich bis zum
Rthsaadhom reichenden Ansdehnung die höchste Thalmulde
ItoMt and bis zn den Alpweiden heruntersteigt. Das ist der
Keogletscher. Am reehtseitigen oder südlichen Abfall
leBOfenhoms befindet sicdi die Einsattlung des Albrun«
^sses (2440 M.)
i Schon im Jahre 1863, als ich mit pieinen beiden damaligen
ll^iseg^hrten, den Clubgenossen Aebi und Stuber in das
Ihne&thal gedrungen war, lernte ich den Führer Augustin
Panisch kennen. Wir w»ren nämlich in s^nem Begleit
km Biiin durch das Alpenthifclchea von Gummen nach dem
ptterpass emporgeklett^, in der Absicht nach den Alpen
tDireglia hinüberzusteigen. Allein die Ausführung unseres
les scheitarte an der Ungunst der Witterung. Noch
or die Passhöhe vollends erreicht war, hatte sich über
Iben eine finstere Nebelnacht gelagert, und in ihr
elten sich die Schrecken eines Hagelwetters, das jeden
liek über uns loszubrechen drohte. Die Ellugheit
t den Rückzug. In dem wohnlichen Pfarrhause zu
, wo wir die letzte Nacht zugebracht, vergassen wir
id bei der lebhaften und geistreichen Unterhaltung unseres
reundlichen Wirthes, des jungen gebildeten Pfarrers
Ummaber und beim g^üUten Becher, das erlittene Miss-
^hick. Selbst der heitere Humor machte sich geltend
)A der trauHehen Tischscene, die sich vorbereitete. Unser
Ikmidlicher Wirth gedachte uns nändioh mit einem rohen
linken zu regaliven, d^ er wohl als Gabe von einem
aren Beichtkinde erhalten, und -der unstreitig schon
it geraumer Zeit seiner Erlösung aus der Finstemiss des
Ibll^ geharrt hatte. Nachdem er ihn heraufgeholt, mühte
N<^ d^r gute Herr Pfarrer ab, von diesem Kabinetsstüeke,
Mem er es gegen seine Kniee stemmte, möglichst feine
212 Studer.
Scheibchen wegzuschneiden. Aber kaum waren die feilh^
Schnitten auf dem Teller geordnet, kaum freute sidi der Hliijt
Pfarrer von seiner Arbeit ausruhen zu können, so war ii^i
ganze Produkt seines Flelsses schon ii^ dem Rachen 4^
Unersättlichen verschwunden, und, ein zweiter Sysipl^^^
musste er die Arbeit von neuem beginnen, bis endlieh 4|^
bewunderungswürdigen Appetit seiner Gäste ein Ziel ges^^^
war. — Abends begleitete uns Herr Ammaber noch ^^
Imfeid, von wo meine Gefährten am folgenden Tage 4^,
Weg über den Albmn einschlugen, während ich mit Teni4eiH
Über den Geispfad stieg, um in Ponte wieder mit ihnen i^^
sammenzutreffen. Auf diesem Oange rühmte mir Teni^,
sehr den Besuch des Ofenhoms, von dessen Gipfel man ^^
wunderschöne Aussicht haben müsse. Obschon er nie
oben gewesen,, hielt er dafttr, die Besteigung dürfte am^^
schwierig sdn und würde sich von Imfeid aus in einäw
Tage leicht machen. 4&
Tenisch's Worte sollten nidit wirkungslos in meiH^
Ohren verhallen. Als ich am 7. August 1864 mit H<
Aebi in Yiesch mich nach kurzer Trennung wieder
einigt hatte, wanderten wir neuerdings zusammen in
uns lieb gewordene Binnenthal hinein. Unser Ziel
Imfeid, eine Dorfgruppe, die von schönen Matten
Pflanzungen und stämmigen Lärchengehölzen umgeben,
Viertel Stunden hinter Binn am Aui^ang einer ThaleiA]
gelegen ist Dass wir im Vorbeigehen unserem Freuw^
Herrn Ammaber einen Besuch abstatteten, versteht sk
Wir mussten seine Gastfreundschaft gemessen, und die Ni
war schon eingetreten, als wir in seinem Geleite unaei
Ziele zuschritten. Herr Ammaber hatte, bevor er sieh
Theologie und dem geistlichen Stande widmete, die Rechte
Wissenschaft studirt, und es war ftir ihn nun eine eigentlielf
Ofenbarn. 213
emerfrischung, sich mit einem tttchtigen Fachmann, wie
Beifi^eMrte war, über Gegenstände des Criminal-
CiTilrechts zu unterhalten.
Ich üess die beiden Herren in lebhaftem Gespräche
■stehen und suchte unterdessen unseren alten Führer
Btin Tenisch auf, der im Dorfe Binn wohnt, und mit
ieh wegen der vorhabenden Besteigung des Ofenhoms
nprache nehmen wollte. Tenisch hatte gerade in den
m Tagen diese Besteigung unternehmen wollen. Im
ides Gelingens hätte er es mir schriftlich gemeldet. So
ieh der Ausftihrung seiner Probefahrt zuvorgekommen,
es galt nun, dieselbe gemeinschaftlich in's Werk zu
Tenisch war bereit, wünschte aber noch einen
Bn Mann mitzunehmen in der Person seines zufällig
mden Freundes, der als Gemsjäger keck, wild und
lig genug aussah. Die Sache wurde abgemacht und
beiden Gesellen versprachen, mich um 4 Uhr Morgens
ifeld abzuholen.
Unser Peter, den wir schon von Binn aus nach Imfeid
iBgeschickt hatten, sollte unsere Ankunft im Hause des
Gemeindepräsidenten, der mit seiner Frau die Wirth-
daselbst fährt, melden. Als wir trotz der finsteren
it, dank dem sicheren Geleite unseres freundlichen Weg-
tn, wohlbehalten in Imfeid anlangten, war Alles zu
rem Empfange bereit. Bei einer trefflichen Suppe, einem
Käse und Brod und einigen Flaschen Wein wurde
bis in die späte Nacht hinein geplaudert, bis es endlich
Mer Zeit war, das Lager zu beziehen, das die vor sorg-
te Frau Präsidentin für jeden von uns hatte herrichten
Nsen.
Um vier Uhr hörte ich schwere Tritte vor dem
bnise erschallen und vernahm die Stimmen meiner Führer.
214 Siudtr.
Flugs war meine Toilette vollendet Als ich in die GmA
Stube trat, sah es daselbst ,,wüst und öde'^ ans. »Auf defl
Tische standen noch die leeren Gläser und Flaschen voi
gestern Abend, ^eich den ansgesehossenen Gesdiützröhrei
auf der Wahistätte einer Feldsohlachi Tabacksgeroeh etf
füllte das Zimmer. In einer Ecke lag auf der hökemol
Bank ein Manu ausgestreckt, der sich eines tiefen SehlsM
erfreute. Bei genauerer Besichtigung erkannte ich in deri
harmlosen Schläfer unseren werthen Herrn Pfarrer. Bl
hatte es nicht für gerathen gefonden in später Nacht nod
den Heimweg anzutreten, und seine ängstliche SchwesM
mochte sich mit dem Bewusstsein trösten, dass sie seiiMl
abendlichen Rückkehr nidit zum erstenmal vergebens gif
harrt habe. Unsere Frau Wirthin aber war schon mnnli
und geschäftig und setate uns das Frühstück vor. IM
4V2 Uhr Morgens reisten wir von Imfeid ab. ^
n
Ich hatte drei Begleiter: die beiden Führer Augustij
Tenisch und Job. Joseph Welschen und den Sohn dei
Hauses, TheodorWalper. Dieser brachte seine Studieo-
Vakanz im elterlichen Hause zu und schloss sich als Frei'
williger dem Zuge an. Tenisch war mit einem *Gletscherseil
und dem nöthigen Proviant, Welschen mit seinem Jagi
Stutzer ausgerüstet. Meinem Reisegefährten, der kein sol-
cher „Gletschemarr" ist, wie ich und daher ftlr die Ofenhorn-
parthie nicht sehr begeistert war, hatte ich auf den Abed
das Rendez-vous in Andermatten im Pomaterthal zugesagt
Der erwachende Morgen war schön. Nur als wir
gemach ansteigend eine Strecke weit durch die waldige Tlud-
kluft vorgedrungen waren und das hinterste ThalbeekM
sich vor unseren Blicken öffhete, sahen wir an der immei
mäditiger emporstrebenden Riesengestalt des Ofenhomi
OftnÄorn. ^ 215
eisige kleine Nebel gelagert, die uns andeuteten, dass wir
kwm auf eine ganz klare Aussicht Hoffnung haben dürften.
Der Weg von Imfeid thaleinwärts ist etwas einförmig.
Er steigt unmittelbar hinter dem Dorfe bergan, und steile
Böschungen, an deren oberen Rande er sich hinzieht, fallen
sach dem engen Bette des rauschenden Thalbaches hinunter,
fifcenso steil ist dasjenseidge Gehänge aufgerichtet Doch er-
freat der Anblick grüner Wiesen und freundlicher Lärchenge-
kölze das Auge. Weiter einwärts kommt man dem Thalbache
nieder nahe* Man sehreitet bei der Häusergruppe von
f schampigen vorbei, lieber den Waldhängen der beiden
Thalseiten dehnen sieh Alpenterrassen aus. Von den hohem
fiipfeln sieht man, mit Ausnahme des Ofenhoms im Thal-
fci&iergmnde, nicht viel, man ist zu sehr emgeschlossen. Zur
liiitken, von Norden her, rauscht aus dem Hochthalkessel
derTurbenalp ein Bergwasser aus enger Kluft herunter,
am sich mit der Binn zu vereinigen. Jenseits desselben
nhrt der felsige Steig empor nach den Triften der Alp
keckholder.
Die Hirten dieser Alp waren gerade mit dem Melken
|le8 kleinen, schmucken Viehes beschäftiget. Mit Freund-
Schkeit reichten sie dem dürstenden Wanderer den ge-
irfinschten Trunk frischer Milch, und jede Bezahlung dafttr
Würde abgelehnt
1 Immer näher kommt man dem Fufis der steilen Berg-
ende, die sich gegen den Qipfei des Ofenhoms aufthürmen*
Sie weisen d^n Wanderer ihre schroffen ,[ felsigen Abstürze
pftd ihre scharfen Gräte. Wenn man den trüben Bach, der
pom Ofenhomgietscher herkommt, überschritte und ein
Irttgeliges Terrain »Auf demBlatt^ genannt, hinter sidi
lelassen hat, betritt man eine begraste Fläche, von der sich
if» grüne Gehänge bis auf die Passhöhe des Albrun hinauf-
216 Studer. I
I
zieht. Aber da droben zur Linken, herwärts des Albmn,!
öffiiet sich ein kleines Hochthal, das von schroffen Kämm»
eingedämmt und dessen oberste Mulde vergletschert ist
Dieses Hochthal zieht sich bis an die hinterste und höchale
Gipfelwand des Öfenhoms hinauf und zeigt uns den Weg^
den wir fortan einzuschlagen haben. Wirklich wurde jetzt
Angesichts der naheliegenden Passhdhe des Albrun dnr
geübte Pfad verlassen und ohne Wegesspur an den begrastes
felsumgürteten Halden hinangeklettert, um in jenes Hodlithal
einzudringen. Eine liebliche Flora zierte in reicher Fülle des
grünen Teppich, und ein Freund der Blumen hätte hkr
gewiss eine köstliche Ausbeute gemacht.
Wir hatten in kurzem eine ansehnliche Höhe erreiehl.
und erblickten schon den Monte Rosa, der dort am sflA^
westlichen Horizonte in seiner ganzen Majestät auftaucbtek
Hier und da athemholend und im Rückblicke den Weg durcb»
musternd, den wir zurückgelegt hatten, wurden wir dnrok.
den Anblick einer Reisegesellschaft überrascht, die die zt
unseren Füssen liegende kleine Ebene durchzog, um naek
der Fasshöhe des Albrun hinanzusteigen. Als wir den
schmalen Boden des Hochthaies betraten, wurde derBlomeii»
teppich seltener. Gerolle und kahler Felsgrund nahmea.
dessen Platz ein. In engem Bette rauschte der kleine Bach,
der dem Gletscher entquoll. Bald gelangten wir, über eine
Felsenstufe emporklettemd, aufdie ersten Schneefelder, das«
ging es über die hai-te, theilweise mit kleinem Geschiebe
bedeckte Eisfläche des Gletschers, der die hintere Thalmnldt
ausfüllt, in massiger Steigung aufwärts. Das Gletscherbeckei»
dias wir durchschritten, war zur Linken von den kahlen, stefl
sich aufthürmenden Vorstöcken des Öfenhoms, rechts ym
dem Felsgrat eingewandet, der sich vom Albrunpasse bioaii-
zog und dessen diesseitiges Gehänge bis fast zur Kai|te :
Ofenhom. 217
mit glitzerDdem FiFii bekleidet war. Da, wo sich
pdieser Grat in einer Biegung nach Norden an die Felswand
desQfenhoms anschloss, bildete er einen in derLängen-Axe
rifes Hochthälchens liegenden kleinen Einschnitt, gegen den
sor zusteuerten.
Die Abdachung der Gletschermulde wurde aUmälig
i«teiler, doch kamen wir bald auf Schnee, der das Steigen
leichterte und wir fanden keine Schwierigkeit, uns zuletzt
^h an der Schneekehle empor zu arbeiten, die uns zwischen
iVortretenden Felstafeln hindurch auf jenen Einschnitt führte.
|tfer angekommen, schickten wir den Gemsjäger — Welschen
voraus, um die besten SteUeu ausfindig zu machen, auf
lehnen wir die vor uns anstrebende Felswand erklimmen
I könnten und zu erspähen, ob auf diesem Wege der von hier
JMS nicht sichtbare höchste Gipfel zu erreichen sei. Wir
anderen lagerten uns imterdessenauf dieGneisblöcke nieder,
tas denen der Grat gebildet war, und da wir unseren Jäger
bld aus dem Gesichte verloren hatten, so prüften wir unserer
ileits das uns umgebende Terrain.
Schon im Hinaufsteigen durch das Gletscherthal, wo
Ijede Femsicht unseren Blicken entzogen war, blieb meine
Üeagierde gespannt auf die Scenerie, die sich uns auf der
firathöhe, besonders gegen Osten hin, erölShen werde. Mussten
wir uns doch daselbst schon in einer Höhe von ca. 8000'
befinden! Es traten nun allerdings einige Berggipfel des
Fonnazzathales in unseren Gesichtskreis, und vor Allem
leiehnete sich die schlanke Felsengestalt des Sonnenhoms
«18. Allein der weitere östliche Horizont war von dem fei-
igen Kamm noch überragt, der unserem Standpunkt gegen-
Iber'als südöstliche Auszweigung des Ofenhoms sich her-
«Bterzog und in den weiten Kessel der Ofenalp oder
Alpe Forno sich abstürzte, deren grüner Teppich mit den
218 Studer.
kleinen spiegelklaren Teichen wSä tief zu unseren Filssea
ausbreitete. Zwischen diesem Kamm und dem F^grat, auf
dem wir uns gelag^t hatten, dehnte sidi ein zerkltiftetei^
blendendweisser Hochfim in der Breite von einigen hundeit
Schritten aus, der in sehr steilem, wildgebrochenem Gehänge
gegen die hintersten Gründe der Ofenalp abfiel, in weniger
steiler Böschung aber sich aufwärts zog bis an die Kanu»* ,
höhe und sich dann nördlich nach dem höchsten Gipfel des
Ofenhorns umbog.
Indem ich diesen Hochfirn, fiir den die Karte keinei
Namen hat, genau betrachtete, schien es mir, es sollte mckti
sehr schwierig, vielmehr bequemer sein, über denselbei
hinau&usteigen, als den rauhen, kahlen Felsenstock n;
erklettern. Ich theilte Teniseh meine Meinimg mit und <f
stimmte ihr bei. Ohne daher den Bericht unseres Gern»
Jägers abzuwarten, setzten wir uns mit der Zuversicht ein«
gttnBtigen GelingeDS in Marsch. -
Wir hatten von Imfeid aus bis zu unserer HaitsteUe uf
dem Felsgrat ungefähr vier Stunden Zeit gebraucht und somit,
zwei Drittel des Weges ohne die mindeste Schwierigkeit zu-
rückgelegt; die eigentliche Hochgebirgstour begann erstjetill
In ein paar Schritten befanden wir uns auf dem Hocii-
fim. Der Firn war hart und die Klüfte offen. Der g«k
genagelte Schuh sicherte uns vor dan Ausgleiten, d« die
Wandung nicht zu steil war und die Gletschermasse ebei
aus Firn undnicht aus .Gletschereis bestand. Wir be»
durften daher des Seiles nicht. So, mit Vorsidit ansteigeod
umgingen wir den östlichen Fuss der Gipfelwände desOfe»-
lioms, die sich hart zu unserer Linken stellenweiBe fiist lotih
recht, dann wieder in tiefe Risse zerhlüftet, erhoben. Nv
der höchste Gipfel wollte noch immer nicht zum Vorseheii
kommen. Weiter oben gestaltete sich der Firn zusammer
Ofenham. . 219
klagender, die Klüfte verschwanden fast ganz, die Abdachung
wurde schwächer nnd eine weit ansgebreitete, weiche Schnee-
decke nahm die Stelle der festen Fimmasse ' ein. — - Sieh'!
la taucht hoch über den senkrechten Felsen die Gestalt
«ueres Gemsjftgers auf. Er hat uns gewahrt, als wir mit
Locbtigkeit fiber den Hochfim hinanschritten nnd findet es
ibenfalls praktischer, Sine Strecke weiter oben, als wir
denselben betreten hatten, durch eine jener Verklüffcnngen
iof die Schneeebene hinunterzusteigen, die er' in langen
Ichritten fiberschreitet, um dort am jenseitigen Felsenkopfe
meh Gemsen zu spähen.
Ungefähr nach einer Stunde Marsches über Firn und
Mmee gelangten wir auf eine horizontal verlaufende Stelle
In vom höchsten Gipfel südostwärts auszweigenden Haupt*
fammes, gegen welche das weite Schneefeld sieh ausflächte.
Me nordwestlichen Wände dieses Kammes senkten sich in
Unem einzigen Abstürze von Eis und Schnee hinunter in ein
fegoi Nordosten ebenes Gletscherthal, welches sich ostwärts
legen die obersten Alpen des Formazza-Thals auszudehnen
lehien. Die Aussicht über ein Gewirre von Gipfeln fing an
ieh zu entfalten, und versprach lohnend zu werden.
Statt von dieser Stelle ans den Hochfim wieder zu
letreten, der sich gegen die höchste Spitze des Ofenhoms
Wnunbog, versuchten wir es nun, den nach dem Gipfel
Ünanfsteigenden, aus Trttmmergestein gebildeten Felsgrat
n erklettern. Es ging eme Strecke weit ganz gut Der
'fionsjäger, nachdem er eine Gemse zu früh für den Schuss
ff%ejagt hatte, befand sich wieder bei uns und schritt an
^ S;Htze der kleinen Karavane voran. AUmälig aber wurde
"in Klettern schwierig. Steile Felsköpfe traten uns in den
^eg, und wir waren endlich genöthiget, den Felsgrat zu
▼Erlassen, und uns neuerdings dem Firn zuzuwenden, der
220 Studer.
sich zu unserer Linken dem Qrat entlang emporzog. Auf
diese Weise umgingen wir jene Felsenköpfe und kamen
oberhalb derselben wieder auf eine ebene Stelle des Grats.
Diefat vor uns ki unmittelbarer Nähe lag nun der mit hartem
Firn und Eis vollständig bedeckte Gipfel des Ofenhorns.
Er gestaltete sich zu einer dachförmig ansteigenden, einige
Fuss breiten, zu oberst ein paar iSchritte weit horizontd
fortlaufenden First mit beidseitiger steiler Abdachung^
besonders an der Nordseite. Noch eine kleine Viertelstunde
und wir sind oben! —
Es war halb zwölf Uhr, als wir das Ziel erreichten;
Wir hatten somit im Ganzen s^chs Stunden Zeit gebraucht
Da auf der höchsten Gipfelstelle kein Raum war, um sidl
bequem zu lagern und überdies ein kalter Nordwind AA
fQhlbar machte, so begaben wir uns, die First vollends ttbiv*
sehreitend, nach der anderen Seite des Gipfels, wo gaM
nahe das abere Gestein aus dem Schnee herausragte, uni
wo wir uns, vom Winde ziemlich geschützt, auf die trock^ieii
von der Sonne erwärmten Felsblöcke hinstrecken konntes
Hier machten wir es uns so' comfortabel als möglich. Der
Proviant wurde ausgepackt Mit Wohlbehagen sehlflift«
man einige Gläser rothen Walliser und dn tapferer Angrif
ward auf die kalte Küche gemacht, mit der uns die vor
sorgliche Frau Präsidentin von Imfeid ausgerüstet hatte. —*
Die Aussicht war im Ganzen klar und ein prachtvollei
Panorama von Bergen und Gletschern rings um uns geöffiiet;
nur gegen Norden hatte sieh einiges Gewölke um das Gebii^
gelagert und hemmte in dieser Richtung den freien AuBbliefcf
doch nur in der Weise, dass die höheren Gipfel und Kamine
noch lange in ihrer vollen Klarheit sichtbar blieben, und nur
die mittlere Parthie des Gemäldes dem Blick entzogen war. —
Ha! welches Chaos, welches Meer von Spitzen liegt
Ofenharn. 221
»ich ]ier! Wohin das Auge sich wendet, sieht es neue
foappen, neue Formen! Hier im Westen sind die stolzen
Gebilde der südlichen Walliseralpen, vom Monte
Sosa bis weit über das Weisshorn hinans, Reihe hinter
leihe über einander gethttrmt, gleich einem riesenhaften
Amphitheater. Dort im Norden dehnt sich in langer Strecke
ud in prachtvoller Entwiekelung die Kette der Bern er-
Alpen vom Bietschhorn bis zum Galenstocke aus.
[Ostwärts weist eine Zahl Walliser-, ürner-, Tessiner-,
ifil a rn er- und Bündner- Berge ihra Gipfel. Unter ihnen
Ifrangen der Tödi, der Basodin, das Rheinwald-
Ifebirge und der dreizackige Campo*Tencca. Gegen
itden sehweift der Blick über die Gebirgsketten nach fernen
Manen Bergen, die sich fast in's Unendliche verlieren und
•BS deren Schooss in weiter Feme die Toccia blinkt. Aber
h&e diese Gebirgsreihen bilden den äusseren Rahmen eines
jSemäldes, das sich zunächst um den Schauenden ausbreitet
lind das sowohl durch die Wildheit seines Charakters als
tech die Neuheit seiner Formen die Aufmerksamkeit auf
lieh zieht. Man hat gleichsam in der Vogelperspektive
iii&e reich vergletscherte Gebirgswelt um und unter sich, die
iiien meisten Reisenden unbekannt ist. In einer Tiefe von
lageMir 800' von welcher man durch schreckbar steile
Eis- und Felsabstttrze getrennt ist, breiten sich nord- und
intvärts ebene Hochthäler aus, die in ihrem Schooss die
neinander gereihten Eisflächen der Gries-, Hohsand-und
Rufelgiu- Gletscher bergen. (Mit dem letzteren Namen be-
liehne ich nämlich den Gletscher, der unmittelbar vom Fusse
^ Ofraihotns sich bis zu den obersten Alpen von Morast
«nsdehnt, über welchen der Nnfelgiupass von Lebendun
Bach Morast hinführt und der auf der Karte keinen Namen
Irägt) Man überblickt diese Eisströme und die relativ
n
222 Studer.
niederen Sduieekämme, die sie von einander trennen, iil
ihrem ganzen Umfang. Gegen Süden schwingt sich M
weisse Hochfim, tther welehen wir emporgesehen sin^
zwischen den nackten Felsgräten hinnnter, die ihn zn beidd
Seiten eindämmen. In der Tiefe gewahrt man die Weidti
der Ofenalp und ein flüchtiger Blick durchstreift das grM
Thal, das sich nach Ponte hinzieht, und in dessen bewilr
detem Sehooss der dunkle Spiegel des klein^i Sees TdH
Oodelag seinen stillen Reiz entfaltet Links von dieMtt
Thal, durch welches man vom Albrun nach dem Val Deveii
niedersteigt, erhebt sich eine mächtige vergletscherte Gebirgig
gruppe, die das Hochthal von Lebendun umschliesst ml
dasselbe sowohl von der Ofenalp als vom Formazaathi
scheidet Sie stuft sich zuerst über den ausgedehniti
Weidetriften jener Alp nach der Ku]:9e des Piz Busii
auf^ kulminirt aber mehr östlich in der stolzen GipfelgesUk
der Cima Boss a. Bis in die Tiefe dea Beckens, in welchen
der Alpensee von Lebendun verborgen liegt, vermag zwtf
das Auge nicht zn dringen. — Wendet man den Bliek
wieder mehr nach Westen, so erscheinen innerhalb jestf
Rahmen andere mächtige Homgestalten, die ihren scbroiti
Fuss theils in das Thal, das von Albrun Jiach Ponte bioab-
zieht, theils in das Binnenthal senken, das fast in seiner
ganzen Ausdehnung zu den Füssen des Sehabenden geöffiiet
ist. Man sieht in dasselbe hinein, wie in eine grüne GebtfgB-
spalte. Niedrig und zahm erscheinen die Alpengräte, die
dieses Thal rechterseits eindämmen, und man dominiitsogir
noch dessen südliche oder die linkseitige Umwandung, ^
in den umgletscherten Gipfeb des Albrnnhorns, des
Cherbadung, des Kriegsalphorns und des Helsenftft
zur ebenbürtigen Hi^he des Sinnenden emporsteigt Ab»
kaum hat sieh das Auge am wohlihuenden Grfin der
Ofenkom. 223
freandüchen Wies^ undAlpenliöhen des Binnenthals eiiabt,
80 fällt es wieder in nädister N&he auf die blendend wdase,
gewältige Masse des Ofengletschers^ der dicht zu meinen
Fflssen, aber in schwindender Tiefe gebettet ist und dessen
Hasse wild zerklüftet bis za den Alpen des Thaies nieder-
Bteigt Man sieht^ wie dessen Hodifirne mit dem Nnfelgin-
fietscher zusammenhängen und gegen Norden kranzförmig
▼on dem Kamme gekrönt werden, der wenig über die Firn-
i<^6ne herausragend sich vom Hohsandhorn über den
l^trahkgrat bis zum Mittaghorn erstreckt
Idb überfliege diese wilden Umgebungen und werfe noch
i mmal emen flüchtigen Blick auf den weiteren Gesichtskreis,
iNtessen glanzvolle Gestalten, von einer stillen Babbathsmhe
I^Bnweht, midi umgeben! Ich hebe mit dem Bilde an, das
rden schönsten Edelstein, den Monte Rosa, in sich fadst.
Miber es ist nieht leicht, sieh in dieser Massenanhäufung
Non gewaltigen Gipfeln und Gletschern zu orientiren, die
I^Äeihe hinter Reihe und Gipfel über GipfeMiinter der wild«n
^'^rappe der Binnenthalergebirge aufgebaut steht. Da sieht
l**iiian in erster Linie hinter dem H eisen und dem vor:-
i'^chobenen Kamm des Mittel- Schien- und Kollerhorn
' den Monte Leone, das Bortelhorn, das Gibelhorn
' mit der Vorwarte des Bettlihorns und der Furgge. Als
«B hint^es Glied erhebt sich die Prachtkette zwischen dem
Simplon und Saasthal, die mit den Gebirgen des Antrona-
Thals beginnt, Tom Sonnighom über den Portiengrat
' BtchdemWeissmiesemporsteigtnndüberdasLaquin-und
' Fletschhorn sich ausdehnt, um noch tief unten den lang-
' ^streckten Rücken zu zeigen, über welchen der Bistinenpass
Baeh dem Nanzerthal fahrt In entfernterem Gliede erheben
^dlich ihre weissen Häupter der Monte Rosa, der Ljs-
kamBi,dieCimadeJazi, die Mischabel, derBalfrin, die
224 Studer.
Dent Blanche und die herrliche Pyramide des Weisshorn»
Und wieder ein anderes Bild des nnermesslichen Gemäldes ^
erfassend, ergötzt sich das Auge an dem herrlichen Anblick
der Berneralpen, deren greise Hänpter leuchtend über den
Nebelgürtel zum Himmel ragen, der die tieferen Parthien veiv *
hüllt. Dort erhebt sich in stolzer Ruhe hinter den gezackteB-^
Kämmen, die die Bellalp und den Oberaletschgletscheir'^
umgränzen , das gewaltige Bietschhorn. Hoch über den *
grauen Kuppen des Aeggischhorns und Olmenhorn«!
schwebt die Spitze des Aletschhoms am dunkelblauen Himm^'4
Aus dem Becken des grossen Aletschfims tauchen die^
Gestalten des Mittaghorns, der Ebnenfluh, weiss wie^
Silber strahlend, und deredeln Jungfrau, welche sich heate4
mein Reisegefährte der letzten Tage, Herr Lindt, zum KeM
seiner kühnen Wanderung auserkoren hat. Ich sehe niit4
dem kleinen Tubus hin; allein er ist zu schwach, um d]€f4
Fahne in sich aufzunehmen, die der muthige Besteiger wohN
droben aufgepflanzt hat! Glückliches Gelingen wird dii4
gewünscht! — Fast wird die Jungfrau durch den Kamm 4
verdeckt, der sich an ihrer Seite, aber bedeutend nähert
tretend, nach der blendend weissen Kuppe des Wannehorn84
emporzieht, die ich mit besonderem Wohlgefallen betrachte. ^
Rechts vom Wannehom taucht das nahe Mittaghorn bis <
an den Horizont empor; aber schon wieder übeirageB i
das grosse Grünhorn, die Grindelwalder-Viescher- *
hörner und des Finsteraarhorns Spitze den niedrigem •
Strahlgrat. Einen letzten Aufschwung nehmen die i
Berneralpen dort, wo hinter der Siedelhorn kette die<
Zinken der Gerstenhörner, die weisse Kuppe des Thier- '
aljplistocks, das hohe Diechterhorn von Eis umpanzert ^
aufsteigen, und wo die Hochfirne des Rhonegletschers an
der herrlichen Gestalt des Galenstocks vorbei in braten» \
Ofenhorn, 225
»
bek^losem Gehänge bis zn den blendend weissen Schnee*
Inteo sich emporziehen, die in der Spitze des Damma-
lloeks knhniniren.
Allerduigs wäre das Bild der Centralmasse der Bemer-
^^n noch vollkommener, wenn das ausgedehnte bis an
^Abstürze des Rappen*, Blinnen- und Merzenthals, — ja
)k zum Eginen- und dem oberen Formazza-Thal vorge-
lAobene Gletscherplateau, das den Gipfel des Ofenhorns
^n Norden und Osten umzieht, und die demselben ent-
mden.und dem letzteren an Höhe ebenbürtigen schneeigen
li^felde8Mittaghorns,desHofasandhorns,desBlinnen-
irns,desRothhorns und desMerzenbachschiens dem
ibaehter nicht den Anblick des Rhonethals und die diesem
»tagenden nördlichen Vorberge entziehen würden. Für
ungehemmte grossartigste Anschauung der südlichen
lehimg des Centralgebiets der Bemer- Alpen dürften
ph vielleicht einige der benannten Gipfel, namentlich das
ptUghom und das Blinnenhorn besser eignen. Dagegen
ptdas Ofenhoin den Vortheil, auf den Südrand jenes ver-
ketecherten Hochplateaus gestellt zu sein und Dank dieser
pige vereinigt es mit einem, immerhin grandiosen, Aspekt
b höchste Kämme und Gipfel der Bemer^pen eine um
|i freiere und ausgedehntere Aussicht nach den itaüe-
{fKhen Gebirgen. Beide Vorzüge in gleichem Masse würde
Wl^oht das Panorama vom Cherbadung oder vom Helsen
krbieten , aber von diesen Standpunkten dann auch wahr-
Wieiiilich der so interessante üeberblick über jenes Gletscher-
N^iet, das sich zwischen dem.Ofenhom, demGriespass und
m Pomateralpen ausdehnt und das man von jenem so
AdQ dominirt, theilweise verloren gehen.
Nachdem ich meinen Blick über die zwei mächtigen
bnptgmppen habe gleiten lassen, welche im Westen und
' Schweizer Alpen-Club. 15
226 Siuder.
Norden den Hintei^rand des grosßen Rnndgemäldes ein-
nehmen, überfliegt er gern noch zum Abschiede die Weit
von Bergen, die den östlichen und südliche Hodzont un*
rahmt Obschon in ihr das Grossartige and Wilde anch
nicht fehlt, so trägt sie doch einen anderen Charakter. Sie
zeichnet sich weniger durch verdnzelt imponirende Gestaltoi
ans, als durch ihre reiche Zahl von Gipfdn und Spitzen vad
durch das vielgegliederte Netz langgestreckter Bergzügft
Dort aus der Feme winkt der Tödi mit seinem Hofstanlj
von grauen und weissen Häuptern. Oestiich vom Gries
faltet sich die Gruppe der Galmihörner und der 8cbn(
gefleckten Felsspitzen, die das Bedretterthal von Wallis
Uri scheiden. Die hochragende Kuppe des Basodin
det den Horizont Von ihm erstreckt sich die lange Ki
die das Formazza- und Antigoria-Thal ostwärts einwanc
über die kahlen Kämme und Gipfel der Flor er a, des-
driolhorns, des F. Biela, d^ Sonnenhorns und
F. del Forno bis zum Monte Larone hinunter.
dieser Kette treten die Kämme hervor, die die verschied«
Verzweigungen des Maggia- Thals von einander und
Livinenihal trennen. Es sind lauter braun und wild
sehende Gesellen. An wenigen bemerkt man sei
Sehneefledcen, nur der P. Oampo Tencca hebt seine
Gipfel, mit Firn bedeckt, empor. In mehrfacher Glied«
hinter einander gestellt, machen sich von der Linken
Rechten g^ehn die Gipfel desP. Barone, des P.Sologi
der Corona di Redorta, des Mte. Zuchero, des
Rasia, des Mte. Pianasca, des P. Orgnana, die
zackte First von Rosse di Ribbia, die Punta^ossa
viele andere bemerkbar; die Richtung des Bleg&o*-'
zeigend erscheint im Hintergrunde eine hochgebaute wc
Mauer, wdche in den Gipfeln des Rhein Waldhorns,
Ofenhorn. 227
Nl Rosao, des Valbellahorns, dea Torrente alto
Mminirt Der Gamoghd, der zur Linken der Cima Rosaa
lUitbar ist, der Monte Tamaro, der Monte Ohiridone,
kr Monterone, die in blauen Linien den sfidlichen Ho«
Proot bekränzen, rnfen das Andenken an die schönen Ge*
pä» des Lago Maggiore hervor, dessen mächtige Fluth sie
^ihrem tiefen Sehoosse bergen. Mehr rechts noch ziehen sich
klingen Bergzttge hin, die das untere Toccia*Thal und
fBne westiidien Verzweigungen umfassen, und die, in allmä-
Eriiebung, diezieriiche Bduieekuppe des M 0 n t e 0 i s t e 1 1 a
»ragend zuletzt die Vorw&nde des Monte Bosa bilden.
Bei dieser wiederholten Umschau und einer flüchtigen
iiung des schönen Panoramas war es Eiu Uhr ge*
und nach einem zwei- und einhalbstttndigen, genuas*
len Aufrathalt traten wir die Rückreise an. Unser
ijäger hatte sich schon umgesehen, um zu «rapähen, ob
ndglieh sei, längs der scharfen Kante herunterzukiettem,
he die bdüdseitigen, eisbedeckten Abstürze des Gipfels
zt, TOB denen der eine nordostwärts nach den obersten
iterrassen «des Nufelgiu-Gletscbers sich versenkt, der
ere eben so steil und tiefer gegen den Ofengletseher ab-
It Da er es für thunlich hielt, auf diesem Wege in
ester Zeit das Hochplateau des Nufelgiu-Gletscbers. er-
BB zu können, von welchem dem Anschein nach leicht
den Le);enduner Alpen zu kommen war, so fgjl^en wir
■ner Führung; Es war kern kleines Stück Arbeitl Die
te, längs der wir herunterzuklettem hatten, bestand
übereinander getiiürmten kleinen und grösseren Fels-
ki» mid ans anstehendem mürben Gestein. Schattige
iefingen waren noch mit Schnee ausgefüllt und die
Ittte selbst nur wenige Schritte breit und stellenweise sehr
|Uie abgestürzt. Es musste alle Vorsicht angewendet wer-
15*
228 Smder.
den, um sichern Foss zu fassen, und zu verhindern, das«
die losen Felsblöeke sich nicht unter der Schwere unseiei
Gewichtes in Bewegung setzten und uns mit der Steinflntii
fortrissen. Hie und da war man gezwungen, ein iothreeU
abfallendes Felsenatück zu umgehen, indem man sich, seit*
wärts der Kante, den vorspringenden Stufen eines verwitteh
ten Fluhbandes entlang hinzog, oder mittelst eingehauenei
Tritte an dem steilen Eishang niederstieg, um weiter untei
den sichereren Felsgrat wieder zu betreten. AUmälig nähertet
wir uns der Tiefe des Abgrundes; der flache Hochfini toi
uns näher vor Augen, und mit jedem Schritt, den wir vorwftEH
thaten und mit dem wir das Terrain klarer überblickten, du
uns noch von jenem trennte, schwand die Besorgniss meM
und mehr, dass es uns nicht gelingen werde dnrchzakomnMim
Nachdem wir auf diese Weise ungeflUir achthundert Fmi
tief hemntergeklettert waren, hatten wir die Fimterrasi^
erreicht, die sich in sanfter Abdachung gegen den ebeM
Gletscher ausflächte. Fimschrttnde, die stellenweise kaß
wahrnehmbar waren, geboten uns d^i Gebrauch des Seild
zu Verhütung eines Unglücks, und so durchschritten whr di^
schöne Fimfeld in querer Bichtung längs dem Fusse m
steilen Gipfelwand bis zu der Stelle, wo ein anderer voiri
Ofenhom niedersteigender Grat, der dasBecken des GletselMii
thals gegen Süden einfasst, vom Gletscher selbst ttberbigai|
wird, und dieser einen Seitenarm gegen die oberste StdH
eines kleinen Thaies vorschiebt, das sich in der Richtoai
des Lebendunertobeis öffiiet Die Ueberschreitung dd
Hochfims bis zu der besagten Stelle hatte etwa eine haM
Stunde in Anspruch genommen, und froh des gelungcü^
Niedersteigens lagerten wir uns am Rande des GfotadMii
auf einem trockenen Felsblocke nieder und leerten daselbil
unsere letzte Flasche. I
Ofenkorn. 229
\ Da meine Führer die Absieht hatten, den Heimweg ins
Konenthal über den Ofenhomgletscher einzuschlagen, so
bsen sie ihre Geräthe unter der Obhut des jungen Walper,
br sich als ein gewandter Berggänger erprobt hatte, auf
hier Lagerstelle zurück und gaben mir noch eine Strecke
Mt das Oeleite, damit ich des Weges nicht mehr fehlen
•ime. Es ging über jenen Gletscherarm und über GeröU-
jäiänge hinunter bis zu einer steilen Grashalde, die schon
ftn Sehaafen beweidet wird, und von wo mir die einzuneh-
lende Biehtung vor Augen lag. Es umgab mich hier eine
Mdemid einsame Gegend. Schrille Pfiffe von Murmelthieren,
ie wenige Schritte unterhalb dem Plätzchen, auf dem wir
khengeblieben waren, von den wärmenden Strahlen der
ftendsonne sich bescheinen Hessen, brachten heimeliges
hben in die sonstige Stille der Natur. Unseren Gemsjäger
her gereute es, seine Büchse oben am Gletscher zurückge-
inen zu haben. Umsonst wandte er seine Künste an, um
lies der Thiere lebend zu erhaschen. Er kam zu uns zurück,
M die beiden Führer, die sich auf dem ganzen Marsche
Neker gehalten hatten, traten nach Empfang einer billigen
Minimg den Rückweg an.
' Zu meinen Füssen lag ein kleines Thalbecken^ das gross-
intheilsvon dem Gewässereines düsteren Alpensees ausge-
tat war. Dieser See trägt auf der Karte den Namen „Ober-
ke^ Grüne Anhöhen umrahmten dessen südliches Ufer und
terdeckten noch den Ausblick nach dem Lebenduner-Tobel.
* leb schritt an den steilen Grashängen hinunter in das
Äalbecken, eine Zeit lang verfolgt von einer Schaar halb-
^erwilderter Schaafe ohne Hirten. Im Grunde des kleinen
Riftlchens angelangt, traf ich die erste Spur eines Pfades
K die mich dem See entlang führte. Dann überstieg ich
kne, wallförmig den See abschliessenden Hügel, und gelangte
230 Siuder.
an eine steile, meist begraste Bergwand, an wekher ein
schon mehr betretener Pfad sich hinanterschlängelte in da
hintersten Gmnd des Lebendnner-Tobel, gegen den sich zu
Rechten das Alpenthal von Lebendün mit seinem schöneo
Alpensee öiftiete, dominirt von dem gewaltigen Gebirgsstodi
der Oima Rossa, während linkerseits der Gebirgseinschnitt
sichtbar war, über welchen der l^ufelginpass nach Monat
und nach dem Griespass hinführt
Dem wasserreichen Bache entlang, der diesem See ent*
strömt, eilte ich nnn rüstigen Fasses durch das eingeschloth
sene, enge Thal dafaili. Einzelne, yerlaasMie Alphüttei
standen am Wege, aber kein menschliches Wesen, keil
weidendes Vieh liess sich erblicken. Alles ist auf d«
höheren Alpen. AllmäUg begann der Baumwnchs dil
Berghänge zn schmücken, doch der Charakter des Tbalci
bleibt wild. Mächtige Steinblöcke, im Thalgmnde abgo*
lagert, und Geröllhalden zeugen von den einstigen ZerstlN
rangen. Wild und mächtig brauste der Thalbach, hie iml
da in mehrere Arme zertheilt, an meiner Seite dahin, und ik
ich unversehens den rechten Pfad verloren hatte, blieb ni
nichts anderes übrig, als die reissende Fluth zu dnidn
waten, um auf sichere Bahn zu kommen. Durch die Fladil
der engen Thalöffn'nng sah ich die jenseitige Gebirgswaad de!
Formazzathales, im Rückblick hingegen thronte hoch iml
hehr das kühne Bild des Ofenhorns, hier Piz d'Arbeli
genannt, im reinen Duft des Abends.
Hat man das enggeschlossene Ende des Lebendwh
Tobeis erreicht, so führt der Weg in langen Zickzackbahned
über GeröUhalden und begraste Hänge und tiefer -diirdl
steiles Waldgehänge rasch abwärts nach dem tiden Thal*
grund von Pomatt, aus welchem die weissen steinerne!
Häuser heraufschimmerten.
Ofenhorn. 231
I Aber bevor man in den dunkeln Hochwald hineintritt,
föimtman sich, von den freien Triften aus, gern einen Bück-
^ck nach dem wunderschönen Wassersturze, den der Glet-
jpeherstrom, da, wo er das Lebendun-Tobel verlässt, an der
■teilen, felsigen Bergwand bildet, über die hinunter zu
jtnchen er gezwungen ist. Es ist eine Scenerie, die den
piick unwillkürlich fesselt Die Bergwand ist von wilden
fAnhöhen gekrönt und senkt sich nach einem engen grünen
llhalbecken, das man im Hinuntersteigen rechts zu seinen
IfüBseu lässt. Die mächtige, blendend weisse, wallende
|jf assermasse hängt' nun gleichsam wie eine zitternde Säule
jIM^B Wasserstaub gebildet, an der schwindelnden Wand, bis
Ipie endlich den Boden erreicht. Ein eigenthümlicher Zauber
khwebt über dieser Erscheinung und verleiht ihr ein fast
l^berirdisches Gepräge!
k Der Abend dämmerte, als ich den Fuss ins Thal setzte,
^d es war acht Uhr, als ich, nach einem zwölf stündigen
iiiarBche in dem comfortablen Wirthshause zu Andermatten
jUintraf, wo Herr Aebi und Peter meiner mit etwelcher Be-
liorgniss harrten.
Ber Silvrettapass.
3026 Meter == 931 5r P. Fuss Höhe.
Von Melchior Ulrich.
V
ich hatte die Uebergänge ins Engadin vom Norden henjr
den Jnlier, Albula, Scaletta, Fluela, schon zu wiederholtei
Malen durchgemacht, und schon seit langer Zeit den Silvretta»
als würdigen Schluss, im Auge, aber immer wieder mnsst»
dieser Plan verschoben werden. Und doch hatte •gerad#
dieser Pass viel Anziehendes fär mich. Er war so zu sag»
ganz unbekannt, ja in ein gewisses mythisches Dunkel gehflUi
Es spuckte schon seit langer Zeit ein Fermuntgebirge in
den Reisehandbüchern, dem noch Niemand auf den Leib
gedrungen, auch die Sage von Baretto mit seinen Töchten
Silvretta und Vereina hatte ihren Schauplatz in dieser
Gegend, kurz, gerade dieser Pass war vor allen eines Besuches
werth. Herr Zeller -Homer hatte zwar schon 1840 einige
Aufklärung in diese Gegenden gebracht, die in EseheuB
Handbuch 1 85 1 niedergelegt ist. Aber diese Forschungen
blieben vereinzelt, wenigstens ist seither nichts specielles
über diesen Gebirgsweg veröflfentlieht worden. Erst 1 861 hst
Theobald in seinen Naturbildem wieder die Aufmerksamkeit
auf diese Gegenden gerichtet, und die Ausflüge, die er 1856
Silvrettapass. 233
und 1857 dahin machte, auf anziehende Weise geschildert
£8 mag daher nicht ausser dem Wege sein, den Marsch, den
ich im Jahr 1863 in Einem Tage von Klosters über den
Silrretta durch das Val Tuoi nach Schuls machte, unter die
MittheüuBgen des Alpendubs einzureihen, zumal diese
Sehildemng als Einleitung und Orientirung für die, welche
ias ExcuTsionsgebiet für das Jahr 1865 bereisen wollen,
Üenen kann. Das Blatt No. 15. der Eidgenössischen Karte
Kegt dabei meiner Schilderung zu Grunde, und ich folge,
demselben in der Schreibart der Ort- und Bergnamen, sowie
m der Höhenangabe, wobei ich die Meter immer in die
flDtsprechenden Pariser Fusse umwandle^ weil diese für das
grössere Publikum fasslicher sind, und man sich eher einen
j^egriff von der Höhe machen kann. Ich brach ganz allein
frätag den T.August 1863 um fünf Uhr früh mit dem Bahn-
49ge von Zürich auf, und war in 4^/| Stunden, um 9 Uhr
45 Min., bei der Station Landquart. Um 10 Uhr fuhr die
jPofit weiter ins Prättigau hinein. Ich begrüsste . bei einem
Inrzen Halt der Post in Schiers meinen Universitätsfreuud,
Herrn Bundes -Landammann Brosi, der mir Grüssean seinen
Brader in Klosters mitgab. In Küblis 12^2 Uhr angelangt,
inirde Mittag gemacht, und erst 1 Uhr 40 Min. wieder auf-
gebrochen, nach Saas, hinaufgefahren, dann wieder nach
Berneas hinunter, so dass die Post 3 Uhr 20 Min. bei der
Brücke in Klosters eintraf, wo ich in dem Wirtshause von
Herrn Mattii ein bequemes Unterkommen fand. In meinem
Simmer hatte ich den Ausblick in das den folgenden Tag zu
durchforschende Gebiet, das S^rdasca-Thal hinein an dem
Silvretts^letscher hin. Würde der Weg über Saas vermieden,
und die Strasse in der Thalfläche von Küblis aus angelegt,
«ach ein kürzerer Aufenthalt daselbst gemacht, oder erst in
Klosters oder Davos zu Mittag gegessen, man könnte, wenn
234 Meleki&r Ulrich.
einmal der Fluelapass iu eine fiergstrasee umgewandelt isl,
vielleicht in Einem Tage von Zürich nach Süs im En^dm
gelangen. Diesmal blieb ich aber ruhig in Klosters liegen,
stärkte mich mit einer Tasse Kaff^, und dann war mein
erstes Geschäft, den Gemsjäger, Herrn Landammann Florian
Brosi, den Bruder des Herrn Bnndeslandammann, aufsu-
suchen, da er der einzige war, der mir mit Ratfa und Thiik
beistehen konnte. Denn hier stehen die Führer noch nidit
haufenweise zu Gebote, ja man muss froh sein^ wenn mim
nur jemand findet, der einigermassen mit der Gegend bekiunrt
ist Ich liess mir das Haus, das mitten in einer Matte liegt»
zeigen, fand dasselbe aber verschlossen, und niemanden k
der Nähie, der mir hätte Aufschluss über den Hausherrn gebea
können, und so kehrte ich unverrichteter Sache wieder in
das Wirthshaus zurück, und gab den Auftrag, mir den HerA
Brosi im Laufe des Abends womöglich zur Stelle zu bringea
Mittlerweile hatte sich Herr Pfarrer Rieder mit einiget
Herren ebenfalls in der Wirthsstube eingefunden. lA
schloss mich an sie an, und erMir, dass der Pfarrer ver
einigen Tagen mit einigen Töchtern und einem 70 jährig«
Herrn einen Ausflug auf den Silvrettagletscher gemadit, bis
auf die Höhe des Firns gelangt, und dann über die Kräm«^
köpfe durch das Verstanklathal wieder zurückgekehrt sei.
Der 70 jährige Herr habe richtig den Weg mitgemadit, ad
aber auf der Höhe so ermüdet gewesen, dass er, auf dem
Abern angelangt, sich gleich auf dasselbe hingeworfen, md
nicht einmal mehr die Exaft gehabt habe, seine Ffisse von
Schnee zurückzuziehen. Ein längerer Aufenthalt und geMh
rige Stärkung mit Speise und Trank stellte ihn aber wieder auf
die Beine, so dass sie den Gletscher überschreiten und dnrdi
das y^stanklathal zurückkehren konnten, jedoch erst Naehd
12 Uhr wieder in Klosters anlangten. Von dieser Mitthdhiog
Silvrettapasß. 235
entnahm ieh so viel, dass der Weg zwar ziemlich weit, aber
oline alle Schwierigkeit sei. Nachdem die Herren sich
am Spätabend entfernt, und ich mich zum Nachtessen gesetzt,
traf endUch der schon lang ersehnte Herr Brosi bei mir
ein. Ich erkannte ihn gleich an der Stimme als Bruder des
Landammanns. Er setzte sich zu mir hin, und war sogleich
bereit, auf meinen Wunsch einzugehen, und mich den
folgenden Tag tiber den Silvrettagletscher zu begldten, auch
tsgleich f%lr einen tüchtigen Träger zu sorgen. So war die
Hauptsache geordnet Es handelte sich nur noch um gutes
Wetter, das allem Anschein nach nicht ausbleiben wollte,
md so trennten wir uns auf Wiedersehen und ich bezog
getrosten Muthes das Nachtquartier.
Samstag den 8. Augast 1863. Das Wetter war pracht-
voll. Herr Landammann Brosi und der Träger Wilhelm
Tann waren zu rechter Zeit auf dem Platze. Nach einge-
nouunenem Kaff<6 und Aufpacken des Proviantes und des
Spackes, ging es 4 Uhr 45 Min. vorwärts, dem Gletscher,
der über grünen Matten uns entgegen winkte, zu. Es
«tand uns eine Auswahl von Uebergängen frei. Wir hätten
ilen gewöhnlichen Weg ins Unterengadin nehmen können,
den sogenannten Vereinapass. Der führt das Sardascathal
Unein über Aeuje bei Monbiel vorbei nach Nowalf, dann
rechts über die Stntzalp hinauf gegen Süden nach Fremd-
Vereina, hierauf östlich das Sttserthal hinauf auf die Höhe
2497 Meter ^=- 7631 P. F., bei einigen Seen vorbei, das
Flessthal hinunter bis Pra in die Flnelastrasse nach Süs.
Man kann auch von der Höhe des Passes nach Yal Torta
«stiich hinaufsteigen, 2659 Meter = 8185 P. F. und durch
das Val Sagliaius nach Süs oder Lavin. Ein dritter Weg
geht m der Mitte zwischen der Stutzalp und Fremd- Vereina
bei Baretto Balma östlich durch die Vernelaschlucht, zwischen
236 Melchwr Ulrick
dem Schwarzhorn nördlich nnd den Plattenhöfnern südlieli
hindurch über den Pillergletscher 2783 Meter = 8567 P.F.
hinunter nach Maran^n im Hintei^runde des Yal LaviinK»^
den Piz Linard zur Rechten, nach Lavin. Wir wähltai
keinen von diesen drei Wegen, sondern stiegen den geraden
Weg nach Osten der Landquart nach das Sardascathd
hinein ; zuerst auf dem linken Ufer über Aeuje, dann bei
Nowai' auf das rechte Ufer. Das Thal ist auf beiden Seiten
schön bewaldet, die Bergwände sind coulissenartig hingestellt
Beim Ueberschreiten der Landquart blickt man an die
steile Stutzalp hinauf. Das Thal hinaus zeigt sich linkt
die Weissfluh, und weiter hinaus der Kistenstein, rechtv
das Mädrishorn. Im Hintergrund des Thaies, am Fasse
des Sonnenrflcks, liegen in der Thalfläche die Hütten der
Alp Sardasca, die wir 7 Uhr 15 Minuten, also nach V\
Stunden, erreichten. Sie sind 1635 Meter = 5033 P.P.
über Meer, Klosters 1205 Meter =3709 P. F. also 1324 P. F.
niedriger* Auch hier stand uns ein zweiter Weg offen,
nämlich südöstlich das Yerstanklathal hinein, am Fusse der
Verstanklahörner hinauf über das vergletscherte Winte^
thäli und die Krämerköpfe auf den Silvrettagletscher uoö
die Höhe des Passes. Es ist hier zu bemerken, dass der
Name Verstanklahörner in der Eidgenössischen Karte nidit
steht, sondern statt desselben die Krämerköpfe. Nach der
Angabe des Herrn Brosi sind aber die Krämeiköpfe gerade
gegenüber, die Felsmassen , die aus dem Gletscher hervo^
ragen, und den eigentlichen Silvrettagletscher von dem
Winterthäli scheiden. Diesen Weg hatten Herr Brosi und
Herr Pfarrer Rieder vor einigen Tagen bei der Rückkehr
von der Höhe des SHvrettapasses gemacht Wir liessen
auch diesen Weg liegen, so wie den gegenüber, gegen Nordet,
der sich das Seethal hinauf zu den Sehyen, und den Litzne^
Silvrettapass, > 237
i|iitzai zieht, und stiegen dem Bache nach steil an der Alp Sil-
TTetta hinauf ein Haselhuhn ansagend. Es ging tther steile
Giashaiden der Bergwand, die den Hintergnmd des Sardasca-
thdes scfaliesst, hinauf zu der Hütte, die 2076 Meier ==«
6390 P. F. hoch liegt, und die wir 8 Uhr 1 5 Min., also in einer
Stunde vom Sardascathal aus, erreichten. Auch hier stand
IB8 wieder ein Pass zu Gebote in nordöstlicher Richtung in
ÜB Klosterthal des Montafun. Wir Hessen auch diesen
fiegeo und hielten uns genau immer in östlicher Richtung
dem Gletscher zu. Von der Hütte aus, die verlassen war,
wurde der Boden nun rauher, an die Stelle der Alpen trat
fieroll und Geschieb, je höher wir stiegen, desto mehr ver«
i^wand die Vegetation. Wir erblickten von ferne die
SehluBsmoräne des Gletschers, von den Verstanklahömem
iberragt 9 Uhr 15 Min., nach einer Stunde von Silvretta,
katten wir den Rand des Gletschers erreicht, und machten auf
dem Gestein bei einer Quelle Halt. Der Gletscher war weit
Uoter die Schlussmoräne zurückgewichen. Wir stärkten uns
«n wenig und rüsteten uns dann zu der Gletscherexpedition.
Nach 30 Min., 9 Uhr 45 Min., ging es wieder vorwärts. Wir
Khritten vorerst noch auf dem Abem am Fusse des Silvretta-
gntes dem Gletscher entlang, betraten diesen um 10 Uhr,
iBd nun ging es den Gletscher hinan, der ganz ausgeabert
vur und nur wenige unbedeutende Schrunde zeigte. Auf
ÜT Südseite ragten über die Erämerköpfe die Verstankla*
ten» empor, 3302 Meter = 10165 P. F. und 3008 Meter
«= 9259 P. F., auf der Nordseite erhob sich über -uns der
Klvrettagrai Da der Gletscher gegen die Höhe hin steiler
wurde, fassten wir ihn von der Nordseite an, und hatten bald
<le& steilsten Theil hinter uns, mit einem Blick in das
^ascathal hinaus, gegen Klosters hin. Um 1 1 Uhr 30 Min.^
in Ganzen nach 6^/4 Stunden Marsch mit eiser halben
238 Mekbier Ulrich,
Stunde Rast, wovon bloss l^a Stunde auf den G^etsefasw
fielen, hatten wir die Höhe erreicht 3026 Meter = 9315 P. F..
circa 3000 Fuss über der Silvrettaalp. Es ist also bis aof
die Höhe ein eigentlicher Spasiei^ang, der Gletscher bot
nicht die mindesten Schwierigkeiten dar, die Schrunde wareii
meistens gedeckt, der Schnee hatte gerade die rechte
Festigkeit. Kurz^ es ist dies eine Farthie, die beinahe
Jedermann machen könnte. Die Breite des Gletschars z»
den Krämerköpfen hin ist auch nicht bedeutend, höchstens
eine kleine Stunde, so dass der Silvrettagletscher, der skeh»
von Klosters aus gesehen, ziemlich imposant ausnimmt, in
der Nähe viel zugänglicher ist, als er von weitem scheint
Der Umblick in die Berge , die sich in weiter Reihe dahitt
ziehen, war etwas durch Wolken getrübt, so dass ich, da ae
sehr entfernt waren, mich mit ihrer Entzifferung meht
abgebcQ wollte. Ganz in der Nähe gegen NW. erhobeB
sich die Litznerspitzen, zackige Felsmassen.
Wir wandten uns dem Grate östUeh zu, der Spitze
3207 Meter «« 9872 P, F., die sich ungefähr 500' über
uns erhob und zu dem höheren Gipfel von 3248 M. = 9998
F. F. hinzieht. Nach der Schilderung von Theobald ist dar
Uebergang über diesen Grat misslich, er läuft ziemlich sdiarf
aus, und das Gestein ist verwktert Da die Aussicdit doch
nicht vollkommen klar war, und auf der Höhe des Grates
höchstens gegen Osten sich mehr ausgedehnt hätte, ich auch
nicht wnsste wie der weitere Weg beschaffen sei, so unterlie»
ich die Ersteigung dieses Grates, die zum unteren GipM
wenigsteiis eine halbe Stunde erfordert hätte, und setEteden
Marsch südöstlich fort über das Fimfeld himmter auf eioe
Gufferinsel im Gletscher zu. Der Firn senkt sich so allmil^
hinunter, dass man nicht einmal genau bestimmen kais,
welches der höchste Punkt ist Man gelangt nun in eli
Siivreitapass. 239
«bgeschlossenes Oletseherthal, rings von kahlen Gräten nm*
geben. Auch hier bietet der Gletocher nicht die mindeste
Sebwierigkeit. Um 12 Uhr, also nach einer halben Stunde,
hatten wir d^ Guffer erreicht Er ist auf der Eidge-
Bossischen Karte zu 2d37 M. = 9041 P. F* Höhe angege-
ben, also 300' tiefer als der Firngrat, am Fusse eines Ans-
Hufers des Piz Buin. Es ist hier ein ungemein hübscher
Standpunkt. Die Aussicht war sehr beengt, aber eine
possartige Gletscherlandschaft. Man ist rings von ver-
gletscherten Felsmassen, die durchschnittlich die Höhe von
10,000' haben, also 1000' über dem Standpunkt, umgeben*
Besonders zieht die schwarze Pyramide des Schwarzhorns,
die g^en Westen 3248 M. = 9998 P. F. aus dem Gletscher
emporstarrt, den Blick auf sich. Hinter derselben zeigen
sieh die firngekrönten Kuppen des Weisshorns, 2840 M. =
&742 P. F. Die Plattenhömer und der Piz Linard liegen
südlicher, und werden durch eine ungenannte Spitze, die in
der Karte zu 3284 M. = 10,109 P F. angegeben ist,
und hinter welcher die Fuorcla Tiatscha 2S66 M. = 8822
P. F. den Uebei^ang zu dem Val Lavinuoz im ValTuoi ver-
mittelt, verdeckt. Der Gletsehei*, der gegen das Schwarz-
hom hin eine kleine Stunde breit sein mag, senkt sich in
swei Zungen gegen die Thäler hinunter, die eine unter dem
Kamen Cronsel ins Val Tuoi, die andere Vadred Tiatscha
na Val Larvinuoz, diese sind westlich, jene Südöstlich. Von
dm Piz Buin sahen wir auf unserem Standpunkte nur einen
Vorsprang. Auf der Höhe des Firns erhoben sich gegen
Westen die Verstanklahörner. Das fst die ganze Aussicht.
Wir lagerten uns ganz gemächlich auf den Steinplatten und
liess^ uns von der Sonne erwärmen. Auch der Proviant
wurde vorgenonunen, und aus einer Felsspalte von Herrn
Brosi eine Flasche hervorgezogen, in welcher auf einem
240 Melchior Ulrich.
Zettel der Name von Herrn Vogler and seinen Geehrten wer-
zeichnet war, die vor einigen Tagen ebenfalls mit Herrn
Brosi hier gemht, aber bei so schlechtem Wetter, dass sie
nicht den geringsten Begriff von der Umgebung hatten.
Alles war in dichten Nebel verhüllt, der sich später in starken
Regengässen entlad, so dass sie ganz dur<ihnässt in Onarda
ankamen. Wir fügten auch unsere Namen bei und ver-
schlossen den Zettel wieder in die Flasche, dann überliess^
wir uns einem gemüthlichen Schlummer. Wir wurden aus
demselben durch einen gellenden Pfiff ganz in unserer Nähe
aufgeschreckt. „Eine Gemse! Eine Gemse!** rief Herr
Brosi anfspringend. Aber es war nichts von einem solchen
Thier zu sehen. Es mochte sich an den Gufferwänden des Pix
Buin befinden. Nachdem wir 1 V2 Stunden gerastet, handelte
es sich darum, welchen Weg wir einschlagen wollten, ob
ins Val Tuoi oder ins Val Lavinuoz. Da der letztere der
bedeutend längere war, und ich wo möglich heute noch nach
Schuls kommen wollte, auch Herr Brosi bemerkte, der Glet-
scher senke sich dort an Felswänden steil ins Thal hinunter,
und es sei ziemlich schwierig die Thalfläche zu erreichen,
so zogen wir den näheren Weg durch das Val Tuoi vor imd
brachen 1 Uhr 30 Minuten auf. Wir stiegen den Gletscher,
der in der Karte Cronsel benannt ist, hinunter bis zu emeia
Felskopf, an dessen Seite sich der Gletscher rechts in eme
Tiefe senkte. Hier spähte Herr Brosi das Thal hinaus, ob
er die Brücke, die über den Bach vom rechten aufs Ihike
Ufer fahrt, unterscheiden könne. Er fand sie aber nicht, und
so winkte er uns zurück, und wir verliessen hinter dem Fels*
köpf 'den Gletscher, der auch hier ganz gefahrlos zu übe^
schreiten war, und betraten eine steile Guff^rwand.. Wie
wir an den Piz Buin, der sich auf diesem Standpunkte
mit seinen zwei Gipfeln 3264 M. = 10,048 P. P. und
Silvrettapüss, 241
3327 M. = 10,241 P. F. vor uns entfaltete, hinaufbliekten,
«ahen wir zwei Gemsen, eine alte mit ihrem Jungen, über die
steilen Geröll- und Sehneewände gegen die Höhe zu dahin
eUen. Es waren die, welche uns aus dem Schlummer durch
den Pfiff aufgeweckt. Die armen Thiere hatten wohl im
ffinne gehabt, bei der Stelle, wo wir gelagert waren, den
CHetecher zu betreten, sahen aber plötzlich schwarze Gestal-
ten auf dem Boden hingestreckt, und nachdem die Alte durch
den Pfiff das Junge gewarnt, flohen sie eilenden Schrittes
ifiekwärts den Berg hinauf. Sie hatten in der kurzen Zeit
dne nnglaublich weite Strecke zurückgelegt, und immer noch
eÜteu sie in ihrem Schrecken vorwärts. Wir stiegen nun
<üe Qnfferwaud, die ziemlich steil war, hinunter, kamen
Md auf Geröll, bald auf einzelne Rasenspuren, die Murmel-
rfliiere Hessen sich ebenfistUs hören, und so ging es hinunter und
kininter, bis wir nach 1 Stunde 10 Minuten um 2 Uhr 40 M.
die Thalfläche bei einem Seitenbaehe, der dem Hauptbache
Cilozza zuströmt, erreicht. Wir waren nun im Hintergrund
des Val Tuoi, hart am Fnsse des Piz Buin, der sich schon
3000' ttber uns erhob. Wir waren also ca. 2000' hinunter-
gestiegen. Rechts an dem höheren Gipfel des Piz Buin
Miekten wir nach dem Fermontpass hin, der zum Ursprung
der lU im Ochsenthaie fahrt, 2806 M. = 8638 P. F. Wir
TBdineten ungefähr zwei Stunden bis zur Höhe. Der Weg
steigt ziemlieh steil an, und scheint oben vergletschert zu
win. Das war also der vielbesprochene Ferment , und ohne
Zweifel ist der Piz Buin das sogenannte Fermuntgebirge.
I^rVal Tuoi lag nun vor uns ausgebreitet, ein hübsches,
^ sehr einförmiges Alpen thal, östlich von dem Piz
Cotechen überragt, 2974 M. = 9155 P. F. nicht 3974,
vie in der Eidgenössischen Karte. Das mnss ein Druck-
fehler sein* Auf der westlichen Seite des schmalen Thaies
Schweizer Alpen-Club. 16
242 MelQkier Ulrich.
zieht sich ein Grat dahin , der dasselbe^ von Val Lavinnoi
scheidet, und nördlich der Fuorcla Tiatscha in einer ver-
gletscherten Kuppe kulminirt Wir wanderten nun das Thal
hinaus, das sieh alimälig herabsenkt, stets auf der liskea
Seite der Glozza. Vor uns entfaltete sich das Val Nuna, das
sich zum Piz Nuna einförmig hinaufzieht, ein Alpentbai
wie das Val Tuoi. Wir. kamen zu der Brücke, die wir ob«
auf dem Gletscher vergebens gesucht, und um 3 Uhr 30
Minuten, also nach 50 Minuten, vom Hintergründe des Thalea
aus, w;aren ^ir in den Hütten der Alp Sott, 2015 M. = 6202
P. F. Dieselben waren nicht bewohnt, die Leute wahrscheinliek
oben an den Berghängen der Alp. Gegen den Ausgang dei
Thaies Msst sich der Bach ein, und stürzt durch ein wildes
Tobel in das Hauptthal des Inn. Wir kamen bald ia
Lärchengehölz, das an einer Krankheit zu leiden schiea
Wie wir dasselbe durchschritten, erblickten wir Guarda untsr
uns, von den Strahlen der Sonne glänzend erleuchtet Der
Weg dahin war sehr heiss, wir suchten Schutz auf das
Rasen. Um 4 Uhr 35 Minuten, also nach einer gut«
Stunde von Alp Sott, waren wir in Guarda 1650 IL »
5079 P. F. Wir hatten von der Höhe unseres Ruheplalaai
bis dahin drei Stunden gebraucht. Dasselbe Wirthshaus, nai
dieselbe rüstige Wirthin nahm uns auf, welche yor eini^
Tagen Herrn Vogler und seine Gefährten getreulich vc^
pflegt hatte, als sie ganz durchnässt bei ihr eintrafen; sie
hatte sie mit den nöthigen Kleideiti versehen, bis die ihrigea
wieder getrocknet waren, und dabei das ganze DQrf ia
Requisition gesetzt. Bei uns war dies nicht nöthig. Wir
erfrischten uns an einem guten Kaff!6, und da der Tag Bodi
nicht weit vorgerückt war, «ntschloss ich mich, heute noch
n^eh Schuls zu gehen. Wir brachen nach V4 Stunden Rast»
5 Uhr 50 Minuten, auf. Der Weg, die alte Strasse, führt
Silvrettapass, 243
iber hübsche Matten oberhalb des Inn, Berg auf, Berg ab
mit dem Ausblick gegen die düsteren Waldungen, die Sur
Edd umgeben, die ich vor 24 Jahren ganz allein durch-
wandert, auf das hübsch gelegene Ardetz (Steinsberg) zu
1523 M. = 4088 P. F., das von weitem, wie die meisten
Bfindnerdöi*fer, sich schöner ausnimmt, als in der Nähe.
Nach einer kleinen Stunde, 6 Uhr 45 Minuten, trafen wir
daselbst ein, und kehrten bei Kessler, den ich vor 24 Jahren
als Zollner in Martinsbruck getroffen, ein. Hier wurde der
Trager verabschiedet, und ein Wagenr nach Schuls bestellt.
Nach eingenommener Erfrischung ftihren Herr Brosi und
leb 7 Uhr 40 Minuten ab. Es ging von Ardetz steil hinunter,
kdd wurde es finster, so dass ich die neuen Badgebäude in
Kairs nur in undeutlichen Umrissen unterscheiden konnte,
«od um 9 Uhr trafen wir nach 1 Stunde 20 Minuten , von
ikrdetz an, glücklich in Schuls ein, und stiegen in der Helve-
Ha ab, wo »wir in einem Nebenhause ein gutes und erwünsch-
tes Nachtqartier fanden. Schuls liegt 1210M. =3724P.F.
Wir waren also nach einem Tagemarsche von 12 Stunden
und 4^/4 Stunden Rast, glücklich 15 Fuss höher gekommen,
ittten dabei aber eine Höhe von 9315 P. F. übersehritten,
fcn ich diese Schilderung noch mit einem Rathe schliessen, so
ficht derselbe dahin, sich, wenn man nicht ins Engadin hinunter
will, auf die Ersteigung des Silvretta-Grates zu beschrän-
lett, und von diesem über die Krämerköpfe durch das Ver-
stanklathal nach Klosters zurückzukehren. Auch mag der
Pasg durch die Vernelaschlucht nnd über den Pillergletscher
ins Val Lavinuoz den, welchen wir soeben geschildert, noch
an Groseartigkeit übertreffen , da man in der Nähe des Piz
Lmard vorbeikommt, und den Absturz des Tiatschagletschers
«nmittelbar vor sich hat.
16*
Piz Sol.
2817 M. = 8763 P. F.
von E, Frey-Gessner.
iL in klarer frischer Morgen glänzte uns entgegen, ds
Martin Habe und ich aus der reinlichen Valenser Hütte der
Lasaalp ins Freie traten, um unsere Entdeckungsreise nadi
den Spitzen der ^ Grauen Homer ^* anzutreten.
In früheren Jahren schon wurde diese besonders geolo-
gisch äusserst interessante Berggruppe von Herrn Dr. Kaiser
und Herrn Direktor Egger aus Bad PfMexs, Herrn Professor
Theobald aus Chur und Herrn Professor Escher von der LInth
besucht, doch scheiterte damals das Erklimmen der höchsten
Hörner einmal am nebligen Wetter, ein anderes Mal an der
Rathlosigkeit der Führer; die westliche Hörnerreihe mit dem
Piz Sol blieb also bishir noch unbesucht — .
Yalplana ist unsere erste Gasse, bald war über Weide
der Eingang des Thälchens erreicht, ein Querwall und eine
Terrasse nach der andern erstiegen, und eine Stunde nach
unserm Weggehen befanden wir uns bereits am Beginn der
Schutthalden, welche sammt den seltsam gezackten Feis-
gräten die Seitenwände ausmachen. Die enge Thalsohle ist
Piz SoL 245
hier oben mit hartem Schnee bedeckt nnd bietet da, wo sie
nicht gerade unterhöhlt ist, die beste Strasse. Schon von
einer der unteren Terrassen aus hatte Martin zwei vor uns
gehende Männer entdeckt und wir nicht ermangelt, ihnen ein
kräftiges Hailoh zuzurufen ; statt aller Antwort verschwanden
dieselben bald aus unsern Blicken. Rüstig stiegen wir nach
imd hatten die Freude, um 5 Uhr 32 Minuten den Sattel
des Kranzes der grauen Homer erreicht zu haben, links
stand die Wildspitze, nach rechts zog sich der Schwarz-
blankgrat nordwärts. —
Dieses ist die Lücke, durch die auch Herr Professor
Theobold seiner Zeit die Gegend besuchte, und ich kann
nicht anders, als gerade seine eigenen Worte (Naturbilder
aus den Rhätischen Alpen von Prof. G. Theobold, Chur
1862, pag. 73) zur Darstellung dieses Punktes entlehnen.
' wAuf der Höhe der Bresche angelangt, bietet sich uns
nein Anblick, der selten seines Gleichen hat. Wir stehen
„vor einer tiefen Einsenkung, welche man für den Krater
„eines Vulkans halten möchte, wenn überhaupt an dieser
„Stelle und in diesem Gestein an einen solchen zu denken
„wäre; diese Tiefe ist ausgefüllt mit dem ziemlich ansehn-
„lichen Wildsee; in seinem Hintergrunde steigt ein mächtiger
„Gletscher, welcher unten den See berührt, zu der steilen
„Höhe des Piz Sol auf; das grünliche Gewässer des Wildsees
„ist noch halb mit Eh bedeckt, das nie ganz zu schmelzen
„scheint; ringsumher stehen die steilen Homer um den See
„nnd den Gletscher her, seltsame wilde Felsengestalten mit
„kühn vorspringenden Ecken und Kanten, theilweise über-
„hängend und nickend, anscheinend den Einsturz drohend,
„kahl and von düsterer grauröthlicher Farbe. Die Höhe
„ist ziemlich gleich, etwa 2600 Meter, nur die Spitze des Piz
„Sol erhebt sich zu 2847 Meter. Mächtige Trümmerhaufen
246 Frey - Gessner,
„umlagern sie alle, weite Spalten gehen tief hii^ab. Steigt
,^man auf irgend eine dieser Spitzen, was trotz des gefähr-
„liehen Aussehens bei den meisten möglieh ist, so hat man
„eine ausgedehnte wirklieh herrliehe Aussicht, und in dieser
„Beziehung ist ns^mentlich der Piz Sol und die Wildspitze
„zu empfehlen."
Martin, Knecht aus dem Bad Pfäffers, wurde mir von
Herrn Direktor Egger freundlichst als Träger des Mund-
vorraths mitgegeben; bisher war er stets eine kleine Strecke
voraus und als ich die Lücke erreicht hatte, bereits über
einen Schuttwall nach rechts hinübergestiegen, um den
Schwarzsee zu suchen. Meine Gedanken und Wünsche aber
flogen in erster Linie nach links, jener weissen Spize zo,
am obersten Ende des Gletschers, welche ich fttr den Piz Sol
hielt Da ich nicht folgte, kehrte mein Begleiter bald zurück
und wir begannen die Ueberschreitung einer gewalägen
Trümmerhalde zwischen dem See und der östlichen Gipfel-
reihe durch nach Süden; nicht zu rasch, weil man Schritt
für Schritt darauf trachten musste, mit dem Fuss auf einen
festliegenden Felsblock zu treten, um nicht etwa beim Um-
kippen eines solchen ein Bein in eine der vielen Klüfte ein-
zuklemmen, oder sich sonst an den scharfen Kanten tüchtig
zu beschädigen; zuweilen wurden kleine steile Schneehalden
querüber passirt, was des nicht allzuharten Schnee's wegen
keinen Anstand verursachte. Eine angenehme Eigenschaft
der Felstrümmer hier ist deren sandig rauhe Oberfläche,
so dass man nicht fürchten muss , auch auf stark geneigten
Flächen auszugleiten. Dass die Route quer über eine im
steten Wachsen begriffene Trümmerhalde, deren Beschotte-
rungsmaterial aus Blöcken besteht, die bis zur Grösse
eines Bahnwärterhäuschens bunt durcheinander gewürfelt da
liegen, nicht nivellirt ist, versteht sich von selbst Wir
SHz SoL 247
haben aber keine Tanzschuhe an, haben uns trotzdem hie
und da schon im Balanciren geübt und kommen fröhlich
durch. Jetzt betraten wir über eine Schneehalde hinunter-
gleitend den Rand des Gletschers, er steigt nur sanft nach
Süden an, ist hier spaltenfrei und eine herrliche Abwechs-
lung nach der rauhen Steinroute. Die eingetretenen Spuren
zweier Gemsen ziehen sich quer über unsern Weg, aber die
Thierchen selbst sind unsichtbar. Ganz leicht kann man
auf dem Gletscher nach und nach gegen Westen ansteigend,
den dortigen Grat erreichen und sich dann mit der Er-
kletterung der höchsten Spitze befassen, doch ich hatte Lust,
vorher über jenen südlichen Grat hinauszuschauen; baldver-
liessen wir daher den Schnee und gelangten über eine ganz
trttmmerlose schwach ansteigende Böschung des südlichen
Kranzgrates an den Rand desselben. Es war 6 Uhr 15 Mi-
nuten. — Steil fallen hier die Felsen in's obere Val Graussa
hinab, und kaminartige Runsen zertheilen den ohnehin un-
gleich hohen Zug in verschiedene Abtheilungen, hie und da
mit alten Schneewehten ausgefüllt Martin jauchzte einen
heUen Morgengruss einem seiner Bekannten in die Zaneyalp
hinunter, und nicht lange, so ertönte eine ebenso fröhliche
Antwort aus dem Felsenkessel herauf.
Erst hier erkannten wir genau, dass der weisse Gipfel
nicht die höchste Spitze sei, sondern ein mehr nördlich
stehender Zahn der westlichen Einfassung des Gletschers.
Eme Strecke weit vor uns gegen Westen schien der Gletscher
ganz auf den südlichen Felsrand hinauszustehen, seine all-
Igemeine Steigung gegen Westen war nicht bedeutend und
gewiss leicht hinauf zu kommen, nur eins gefiel mir nicht;
ich hatte mir vorgestellt, ein Gletscherchen wie z. B. auf
dem Bäntis anzutreflfen und unterliess deshalb ein Seil mit-
zunehmen; nun aber lag etwas weicher Schnee da, welcher
248 Frey^Gessner,
verschiedene leicht eingesenkte lange Querlinien zeigte, die
sicheren Zeichen verborgener Schrunde. .Aas diesem Grunde
und weil Martin noch nie vorher einen Gletscher betreten
hatte, hielt ich fürs Gerathenste, so lang als möglich dem
Felskranz zu folgen, und siehe da, an der gefürchtetsten
Stelle ging der Gletscher nicht bis an den Aussenrand, es
war nur eine der vielen Einsenkungen des Grates, sogar so
flach, dass das Stück eines Teiches welches unter die hier
ungefähr 8 bis 15 Fuss hohen Firn wand reichte, Raum fand,
und wir noch zudem bequem wie auf einer schönen Land-
Strasse aussen herum spatzieren konnten.
Jetzt aber galts zu klettern, der Felsgrat war steil und
scharf, aber so zerrissen, dass entweder auf der einen oder
andern Seite der Kante stets Stellen gefunden werd^
konnten, uns das Weiterdringen zu erleichtern; die rauhe
Oberfläche kam uns an den abschüssigen Stellen sehr zu
statten, ja sie machte uns so sicher, dass wir manche Stufe
olme Bedenken betraten, die wir auf einer andern Steinart
gewiss umgangen hätten*
Da sitzt Einer zusammengekauert an einem Felsblock
gelehnt, den Hut mit dem Nastuch jLn den Kopf festgebun-
den , damit ihn der scharfe Wind nicht entfahre, eine Büchse
quer über seinen Knieen liegend; es ist ein Jäger auf schenes
Wild lauernd , das er über die Felsbänder von den Zaney-
hörnern her erwartet. Schade, dass er nicht eine halbe
Stunde früher bei uns war, wo wir einen Trupp Schnee-
hühner aufscheuchten. Gewiss war er einer der zwei von
diesen Morgen, Martin redete ihn auch in diesem Sinne an,
der aber war nicht wenig betroffen, bei dieser Gelegenheit
zu erfahren, dass zweimal zwei Jäger vor .dem ersten
September Ragatz und PfUffers mit Wildpret versehen wollten;
es waren also Rivalen in der Nähe. Nach ein paar ge-
Fiz SoL 249
mfithlich gewechselten Worten verliessen wir den kräftigen,
bltihend aussehenden Manu der Wildniss und kletterten un-
sere Wege. —
Noch mehrere Mal mussten wir uns mit Händen und
Füssen durcharbeiten, da kam eine Stelle , wo nicht fortzu-
kommen war und der Gletscher musste betreten werden,
ohnehin sollten wir bald nach Norden umlenken und so
wählten wir eme Stelle, um von den Klippen auf den Glet-
seher oder Fimrand hinüber zu springen; dann über eine
ziemlich feste Kante balancirend, links der fast überall an
Bolehen Orten sich findende kiuftartige Abstand zwischen
Fels und Eis, rechts die steile Fimhalde, erreichten wir
bald eine weniger abschüssige Stelle dieser letztern, an der-
selben hinuntergleitend schnell die Oletscherfläche, und bald
darauf ein Gletscherjoch vom Südgrat zu den höchsten
Hörnern des Westgrates. Diesem zu folgen hätte uns, zwar
ohne die mindeste Mühe, nur an den Fuss einer unersteig-
liehen Felswand gebracht, wir mussten uns deshalb nach
einer andern Richtung umsehen, was übrigens nicht schwer
fiel Vor uns gegen Westen lag noch der alleroberste Theil
des Gletschers in Form einer eigenthümlich gesenkten Mulde,
genährt von den nun nicht mehr hohen Schneehalden der
UDStehenden wenigen Gipfek Links lag der von unten aus
iär den Piz Sol gehaltene, südlich der Zahl 2847 der General-
stabskarte stehende Gipfel, rechts das höchste Hom.
Quer durchliefen wir die Mulde auf kürzestem Weg
nun jenseitigen westlichen Felsgrat, es war 7 Uhr Morgens,
folgten diesem sodann nördlich auf eben so rauhen Treppen
wie am Südgrat und erreichten das Hom, — aber das nächste
ist noch ansehnlich höher, also abwärts in die Lücke und dann
wiederum eine Felszacke nach der andern ergreifend und
uns hinaufschwingend. — Halt ! da kommt eine kritische
250 Frey-Gessner.
Stelle, vorwärts geht's nicht mehr, es ist aUzasteil, rechts
herum an der Gletscherseite ist's noch viel schlimmer, über-
hängend, geradezu unmöglich, aber links hemm auf der
Westseite bildet das verwitterte Gestein gerade so viel Halt-
punkte, um mit einiger Vorsicht gefahrlos weiter zu kommen.
Die faulen Tafeln und Schiefer werden je nach Umständen
mit dem Stock, dem Fuss oder mit der Hand beseitigt und
aufmerksam folgt das Auge den tollen Sprüngen der Blöcke,
wie sie in die Tiefe des Ober-Lawtinathales hinunter sausen,
an den scharfen Felszacken zu Dutzenden von Stücken
zerschmetternd und im Aufschlagen ganze Furchen von
Trümmern in rasselnde Bewegung bringend. Indem wir so
den naturwüchsigen Obelisken von Süd nach Nord um-
gangen, erreichten wir über wenige Stufen hinauf den Gipfel
des höchsten Hernes der grauen Hörner; 2847 M^ter oder
laut der neuen Genfer Correctur 2851 M6ter ü. M. — Horrah,
hioho ! — Raum haben mein Begleiter und ich gerade genug,
um zwischen uns noch das Säckchen mit dem Proviant vor-
zunehmen, auch ein winziger Bergfink sitzt kaum auf dop-
pelte Armslänge ruhig neben uns auf einer Felszacke und
schaut verwundert auf die neuen Ankömmlinge. Aber schnell
noch notirt: 15. August 1864 Piz Sol. Ankunft 7 Uhr
1 2 Minuten Morgens. — Also in der kurzen Zeit von drei
Stunde, von Alp Lasa aus, und durchaus nicht übertriebe-
nen Marschirens kann man sich hier das Vergnügen ein^
prachtvollen Aussicht verschaffen. Vollkommen reine Aus-
schau bot sich uns heute freilich nicht dar, ein heftiger
Westwind blies von Zeit zu Zeit kleine Nebelchen an uns
vorbei und vom Val Graussa her stiegen stets neue an den
östlichen Hörnern, der Wildspitzkette empor, wo sie vom
Wind theils weggezerrt, theils in's Thal hinunter gedrückt
wurden, um in' neuem Anlauf an der windfreien Seite ante-
PizSoL 251
steigen. Nach jener Richtung konnte keine Fernsicht ge-
wonnen werden, sonst aber war der Himm.el klar, das Pano-
rama grösstentheilt deutlich.
Südlich Yor und unter uns liegt der höchste Theil des
Gletschers, er senkt sich zuerst östlich und wendet dann um
einen Pelsvorsprung, die westliche Hörnerfiihe halb um-
fliessend, nach Norden, immer breiter werdend, ohne aber
sein Ende zu zeigen, ebenso wenig sieht man den Wildsee ;
desto besser beherrscht der Blick den ganzen Kranz der eigen-
liillnilieh verwitterten Hörner, von denen allerdings die
Mehrzahl erklettert werden können; alle sind um ein be-
deutendes niedriger als unser Standpunkt, nur eine scharfe
Pyramide erhebt sich am südlichen Ausläufer nahezu in
gleiche Höhe, es ist dies der 2829 M6ter hohe Brändli«-
bei^g. Die Kette der Wildspitze deckt die Verzweigung
gegen Pfäffers und Ragaz. Die übrigen Arme der Gruppe
liegen klar vor uns^ zwischen dem tiefen Oalfeuser- und
Weisstannenthal und der breiten Thalsohle des Rheins; ein
Hautrelief in Natura, eingerahmt in erster Linie vom Ca-
landa, der Rii^elspitzkette und der Sardonagruppe mit ih1*en
nördlichen Ausläufern, deren zahlreiche Köpfe, Foostock,
Faulen, Spitzmeilen u. a. m. in dem Piz Segnes mit seinem
Silberhaupt und dem wirklich abschreckend geformten
Saurenstock ihren Regierungssitz erkennen müssen. Sehr
rauh und steil scheinen von hier aus die Felswände dieser
Omppe, äusserst zerborsten und nur selten einen gangbaren
Durchgang zeigend der aus vielen Abtheilungen bestehende
Sardonagletscher; eine einzige Ausnahme macht der sanft
geneigte, ja fast horizontale Fimkamm vom Saurenstock
gegen den Piz Segnes. Doch über den düster ernsten Chef
der vom Wetter gebräunten Avantgarde schaut der General
der östlichen Schweizerberge, der alte ruhige Tödi hervor,
252 Frey'Gessner.
zwar nur mit seinem weissen Scheitel, aber unverkennbar.
Rechts hinter der Scheibe hervor gucken die Olariden in
ihrem Querschnitt, ktihn herausfordernd stehen sie da, ihre
schroffen Felswände dem breiten offenen Norden zuwendend,
denn was vermögen alle die unzähligen braunen und grttnen
Köpfe, Rückel^und Sättel dem verwöhnten Blick zu bieten;
ein Geduldspiel, dass einem die Augen überlaufen, besonders
wenn der Wind die httlfreiche Karte fast zerreisst und die
Blätter des Notizbuches zu singen anfangen. Da steht den
Olariden gegenüber die Schächenthaler Windgälle, obgleich
ein ansehnlicher Kamerad, doch wie ein Frosch vor einer
Sphinx. Eine stattliche Pyramide stellen die Freiberge mit
ihrem Hocbkärpf auf, aber vor Alien nach dieser Richtong
hin zieht der breitschulterige felsige Glämisch den Blick auf
sich, Vreneli's Gärtli, Ruchi, Bächistock, sie sind auch von
Osten aus gesehen ebenso geformt wie von Westen, daneben
steht noch der rauhe Grieseltstock.
Sonst geht die weite Ferne gewöhnlich in grauen Dunst
auf, diesmal kam sie mir gewitterhaft schwarz vor, des-
wegen kann ich nicht behaupten, dass jener düstere Schein
in der Richtung Hochkärpf und Windgälle wirklich der üri-
Rothstock sei; ebenso glaube ich an dem Schild und Mflrt-
schenstock vorbei in die obere Schweiz bis zum Jura hinaus
sehen zu können, da umgekehrt von der Gysulafluh aus die
obersten Kämme und Spitzen des grauen Hömerkranzes anch
zu erkennen sind. Die Toggenburger und Appenzellerb^ge
gewähren unstreitig einen interessanten Anblick, sie tnaeben
aber auch stattliche Parade, kein Name auf der hübschen
Dufourkarte, der nicht dort sein Urbild zeigt Das untere
Rheinthal ist hell, ebenso das Thal zwischen Sargans und
Wallenstadt, unzählige Ortschaften blinken mit ihren hel]en
Häuschen aus dem Grün der saftigen Fläche, hellgraue
Piz SoL 253
LiDien, die Landstrassen, durchziehen sie der Länge und
Breite nach von Ort zu Ort, und unruhig geschlängelt halbirt
der Rhein die breite Thalsohle. Ist das dort Lindau? ' Der
Richtung nach gewiss. Und nun du dufüg feiner Lichten-
Steiner, wie heissest du? die grosse Karte lässt mich im
Stich; die zieglerische spricht, so etwas von drei Schwestern,
Gallinokopf und anderes mehr.
So, jetzt war ich am Nebel und dahinter liegt der lange
zackige Rhätikon; zu gern hätte ich einen Blick in diese
Begionen geworfen, aber hartnäckig stiegen immer und
immer wieder neue Nebelschleier empor; dort am Silvretta
isfs wieder heller, aber das Gewirr kann ich noch nicht
entziffern. Der höchste Punkt, jener, zuckerhutartige Stock
wird derLinard sein, links derBuin, dazwischen und rechts
und links die Trabanten mit ihren weissen Mänteln und
Falten drinn; mehr nach Westen über die Schanfigger Fei-
senhömer ragen die Hohwachten des Fluela- und Scaletta-
passes empor, das Weisshom, Schwarzhorn, Piz Vadred,
Bocktenhorn und andere, mit ihren Zügen die v Richtung der
vielen Längs- und Querthäler errathen lassend. —
Jetzt sind wir am Galanda angelangt und bemühen uns
die durch die Lücke zwischen ihm und der Ringelspitze sicht-
baren vielen Känune zu erkennen, es müssen die Averser
Berge sein, die Ketten zwischen Oberhalbstein und Bregaglia.
Eine andere Gruppe zeigt sich in der Ferne zwischen Ringel-
köpf und Sardona, in der tiefsten Einsenkung, unzweifelhaft
der Vater des Hinterrheins: das Rhein waldhom, Guferhom,
daran derLenta- und Canalgletscher. Verkürzen wir unseni
Blick, so starrt uns die rechte Einfassung des Calfenser-
thales als eine nur wenig Abwechslung bietende lange viel-
fach zerklüftete Felswand entgegen mit dem Ringelspitz
(3206 M.) auf der Mitte der Kante. Weniger in die Augen
254 Frey-Gessner,
fallend sind die übrigen Grathdrner. Von den Orgeln hin-
über zum Calanda liegt die tiefe Einsenkung des Kunkels,
durchflössen vom kleinen Görbsbach, die saftig grüne Thal-
fläche mit einer Menge kleiner Hütten besäet, drüber hin-
aus einen Blick in das Domlesehg zum Heinzenberg, Piz
Beverin und die oben angedeutete Fernsicht gestattend. In
seiner ganzen Ausdehnung ein rauhes Bild zeigend, stellt
sich die nördliche Seite des Calanda dar, Runs an Runs und
Absatz an Absatz, mit vielen Schneehalden durchzogen,
ohne Mühe ist auf dem Weibersattel das Steinmannli e^
kennbar, aber ebenso wie das CalfeuserÜial vom Brändlis-
berg, so ist das Taminathal durch den Drachenberg und die
Zaneyhömer verdeckt. —
Ist's fertig? Ja so en gros — grün und braun und wdss,
das sind die Hauptfarben, die in mannigfacher Schattinmg
dem Auge das Bild so angenehm machen. Das Blau, durch
stille oder bewegte Gewässer den Abglanz des Himmels
auf der Erde so wohlthuend wiedei^bend, ist hier äusserst
spärlich vertreten, und doch ist kaum eine kleine Berggmppe
so reich versehen dai^it als gerade die grauen Hdmer. Um
alle die Seelein zu schauen, muss man verschiedene Wege
einschlagen, und das sollte nun geschehen. Noch ein Blick
ringsherum, dann Adieu Piz S<^. Kreuz und quer durch-
wanderten und durchkletterten wir nun den Krater, be-
suchten noch den Punkt 2432, von wo man tief unt^ den
hellgrünen Schottensee erblickt, schweiften fast um den
ganzen Wildsee herum, erlnstigten uns an den Felssätzen
des Schwarzblankgrates und stiegen dann fröhlich ko
Thal. —
1
I
J
r
Die Besteigung
de«
Oross-Schreckhorns.
4080 M.= 12560 P. F.
Von Edmund von Fellenberg,
.Qis in die jüngste Zeit gab es unter unseren Hoch-
Alpdi'Gipfeln einzelne, filüier viele, vor alten Zeiten nnd
b^.iib. den Anfang dieses Jahrhunderts waren es beinahe
»Ob^M dereu Unnahbarkeit und Unbezwingbarkeit man wie
^i^ Axiom zu glauben gewohnt war. Dieser Nimbus
irt.^l^ding8 in den letzten. Jahren zum. Naehtheil der
AlpMyoesie mehr und mehr gesehwunden, und wenn ihn
jetzt in der ganzen grossen Alpenkette vielleicht nur noch
ein Gipfel zu retten vermocht hat^ so ist es der Felsen-
Obeligk des Matterhorns. Innerhalb der Bemer Alpen jedoch
hit.ihn am längsten bewahrt das Gross-Schreckhorn,
dtllto einsam starrender Felsenkegel bis vor wenigen Jahren
in.'lir.Alpen-Literatur als unbesteigbar galt, ja sogar, nach-
äwfeiich alle seine ebenbfirtigen Nachbarn hatten dem
>iV||^chen Fusstritt beugen müssen. Allerdings wurden
^mm scheinbar uneinnehmbaren Fort nach und nach alle
256 V. Fellenberg.
Aussenwerke genommeD, und im Jahre 1861 wardasGross-
Schreckhorn so von Norden und Süden cernirt, dass es sich
dem kräftigen Sturme Herrn Leslie Stephen's den 14.
August 1861 auf Gnade und Ungnade ergeben musste. Die
beiden früheren Besteigungsversuche haben jedoch auch
zwei jungfräuliche Gipfel der Schreckhornkette überwunden.
Den 8. August 1842 betraten die HeiTcn Desor, Escher v. d.
Linth und Girard mit den Führern S. Leuthold, M. Bannholzer,
Fahner Brigger und Madutz, von der Strahleck aus zomi
i
ersten und bis jetzt einzigen Male, den Gipfel des GroBS-^
Lauteraarhorns (4043 M.), des südlichen der beiden durckj
einen scharfen Felsgrat verbundenen Gipfel des Schreck-^
horns. (Siehe Revue suisse, Neufchatel Juni 1843). —
Im Jahre 1857 den 7. August versuchte Herr Eustace
Anderson vom Alpine Club mit Christian Almer und Peter
Bohren (Bohren-Peterli) (siehe Peaks, Passes and Glacien
by Members of the Aipine Club. Vol I. First series. I85ft
Longman London.), von dem Fimplateau des oberes
Grindelwaldgletschers aus die Besteigung des Schreckhonui»'
Das erste Bivouac wurde im Gläckstein am Fusse de
Wetterhoms bezogen, von wo aus ein bei sehr ungünstig
Wetter gemachter Versuch misslang. Regen, Föhn
Lawinen hinderten jedes weitere Vorrücken. Das zwdlii
Bivouac wurde am Fusse des Lauteraar-Sattels und deri
untersten Felsabstürze des Schreckhoms bezogen und Tan
darauf nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten der Gipfel deij
kleinen Schreckhoms 3497 M. zum ersten und bis j<
einzigen Male betreten, da sich das Gross Schreekhori
von dieser Seite als ganz unzugänglich bewiesen hatte,
wichtig ist in dieser Tour das Heruntersteigen Hei
Andersons vom Gipfel des kleinen Schreckhoms nach des
Kastenstein und unteren Grindelwald-Gletscher, von wo def
Gross'^Sckreckhorn, 257
Backweg nach Grindelwald genommen wurde, da dieses die
liozige Ueberschreitung der Schreckhomkette von Ost
BAc]i Westen ist, die bis jetzt hat bewerkstelligt werden
können. Von dem Abschwnng bis zum Mettenberg, von
ilen Firnrevieren des oberen Grindelwaldgletschers direkt
Bach dem unteren Grindelwaldner Eismeer oder vom Lauter-
iarfim auf den Slrahleekgletscher ist uns auser diesem
Oebergang bis dato kein anderer bekannt geworden und
Aöchte woM kein anderer möglieh sein.
So viel hatte man jedoch durch diese vorbereitenden
IITennche gelernt, dass dem Gross-Schreckhorn wohlnnr
von dem Hochfirn der Strahledk beizukommen sei. Diesen
Weg schlug auch Herr Leslie Stephen ein. Unter einem
itvas überhängenden Felsblock unterhalb des Kastenstein*
Eetschers, dem man seither den Namen Kastenstein beigelegt
tt, wurde bivouakirt und am darauffolgenden Tage der Gipfel
«reicht und mii Mtthe noch Abends das Bivouac wieder
Inter dem Kastenstein bezogen. — Seit dem Jahre 1861
iwar der Gipfel des Schreckhorns unberührt geblieben und
iHtch alledem, was man etwa von unseren Oberländer
^flbrem hörte und besonders von denen, welche Stephen
'legleitet hatten , Peter und Christian Michel und Ulrich
Sanfinann, verlor dieser Gipfel wenig an Furchtbarkeit.
Cebereinstimmend erklärten sie die Besteigung für die
lehwlerigste in diesem Gebiet und wussten alle die glatten
Felswände und schwierigen Eiskehlen , sowie ein gewisses
■icht allzubreites Grätchen und endlich den schönen Platz
«if der höchsten Zinnein anmuthigen, einen Bergenthusiasten
mr allzub^eistemden Farben zu schildern. Stephen selbst
kat seine Besteigung sehr anziehend geschildert, und ich
verweise deshalb auf die Peaks, passes & glaciers, Vol IL
Becond series. Einen Einwurf muss ich jedoch einer seiner
ächweizer Alpen-Club. 17
^
258 V, Fellenbet^g.
Behanptangen maehen, nämlich da§8 bis jetzt auf aUril
Karten ein Felsgrat der die Strahleckhörner und dnrch diert
das Schreckhorn direkt mit dem Finsteraarhom verbiode^
der allerdings nicht existirt, gezeichnet sei. Die Strahleck-
hörner versenken sich in ein weites Fimplatean, welches
südlich in den Finsteraargletscher, nördlich in's obere Grindel-
waidner Eismeer abfällt und daher zwischen diesen beiden
Bisströmen ein ununterbrochenes Gletscherjoch darstellt,
welches neulich Finstera ar j o ch genannt wurde. Auf den
Blatt XVIIl. der eidgenössischen Karte wird Herr Stephen
keinen solchen nicht existirenden Verbindungsgrat gezeidmel
s^en, sondern ein ununterbrochenes Fimfeld, welches seit
Herrn Georges üeberschreitung Finster-Aarjoch genaust
worden ist, und eine andere Karte als die eidgenössiseht
darf ftir diese Hochregionen nicht als stichhaltig angesehen
werden. Auch ist der alte Strahleckpass immer über dii
Strahleckhörner weggegangen und kaum je früher direkt a«f
den sehr zerklüfteten obem Theil des Finster- Aargletschen»
Der Spätherbst 1 863 hatte den verschiedenen Glet8che^
fahrten unserer Alpen-Olubisten ein Ende gemacht, und einer
nach dem andern traf im Hauptquartier ein, um seine
Abentheuer und Irrfahrten auf die langen Winterabende
hin zu verarbeiten. Hierbei konnte es nicht fehlen, daes
dieser oder jener diesen oder jenen Plan aufs nächste Jahr,
sei es im begeisterten Fluss mündlicher Rede, sc« es ii
wohlabgerundetem Aufsatz zwischen den Zeilen durch*
schimmern Hess. Es traf sich nun sehr bald, dass einige
gleichgesinnte Oatilinarier im Geheimen sich gegen denselben
Potentaten verschworen hatten, und da die Clubisten dea
Principe viribus unitis huldigen, wurde von. dem Triumvint
Prof. Dr. Aeby, Pfarrer Gerwer in Grindel wald und mir ein
Gross-Sckreckhorn. 259
Attentat auf die Zwingburg des Schreckhorns beschlossen.
Die Ansftthrung des Planes sollte so Mb in der Jahreszeit
als möglich geschehen, da wir alle etwas darauf hielten,
wenigstens die Zweiten in der Besteigung zu sein. Mit den
Vorbereitungen und der Bestellung der Führer war Pfarrer
Gerwer beauftragt worden, der dieses an Ort und Stelle am
besten besorgen konnte.
So trafen wir denn Anfang August 1 864 im gastlichen
i Pfarrhause jzu Grindelwald zusammen, um zur Ausführung
unseres sehnlichst gehegten Lieblingsplanes zu schreiten.
!Ich war eine Woche früher eingetroffen und hatte die
I Ächönen Tage Ende Julis zu einer Begehung des Viescher-
! p'ates benutzt. Das kleine Viescherhorn hatte sich ergeben
aussen, und nachdem ich den Walliser Vieschergletscher mit
•einen Tributoren in seiner ganzen Länge begangen hatte,
i kehrte ich von Lax aus über das Mönchjoch zurück nach
*'€rindelwald nnd traf daselbst Sonntag Abends den 31 Juli
I «in, allwo Aeby sich schon befand. Einen Ruhetag nach drei
Bivonaknächten mochte man mir wohl gönnen, und so
benutzte Aeby den wolkenlosen Montag den 1. August zu
«ner Recognoscimng in der Richtung des Schreckhorns, um
tber Zustand und Menge des Schnees mit Peter Michel zu
kerathen. Die Meinung Michels war, die Felsen seien noch
»cht so weit „ausgeabert" als es wünschenswerth wäre,
j^och sei es alter Schnee und in ausgezeichnetem Zustande^
tod er rathe zu sofortigem Aufbruch.
Dienstag hatte sich das Wetter etwas verändert, so
i tos wir ihm nicht recht trauten. Als aber Mittwoch früh
ier Himmel wieder wolkenlos war, Hess man die Mann-
»cbafi ein- und aufpacken und um 1 1 Uhr Mittags brachen
^ auf, von den wärmsten Glückwünschen des Hauses
begleitet. Als Führer fungirten Peter Michel, Peter Inäbnit
17*
260 V. Fellenberg.
und der junge vielversprechende Peter Egger; als Träger
kam von Grindelwald aus mit dem Rochapparat, den Decken
und reichlichem Proviant P. Gertsch mit, während unser
zweiter Träger Christen Bohren uns an der Bäregg erwartete.
In faulem Schlendrian, viele Schweisstropfen vergiessend,
einer Menge Touristen begegnend, schlenderten wir mühsam
den Weg zur Bäregg hinan. Es war 12 Uhr 30 Hinuten.
Dort erlabten wir uns bei unserem zweiten Träger, der die
kleine Wirthschaft führt, an herrlich frischem Biere und
erfreuten uns des schönen Blicks aufs freundliche Grindelwald
hinab, dem Freund Gerwer, der Lieben daheim gedenkend,
einen etwas wehmüthigen Gruss gesandt haben mag. Ein
Franzose ergötzte uns mit seinen naiven Fragen über
Entfernungen und Höhenverhältnisse, worin er in dieser ihm
ganz neuen Welt an Begriffslosigkeit nur noch von seiner
Frau, einer lustigen Pariserin, tibertroffen wurde. C'est bien
gentil! ces montagnes! . . . Endlich ist Christen Bohren
auch parat und auf seiner auch schwerbepackten Traghutte
glänzt der kupferne Kochkessel, der uns noch viel Gaudium
bereiten sollte.
Wir brachen um 1 Uhr 20 Min. auf. Unser Weg ist
vorläufig der vielbeschriebene und allbekannte Weg zur
Strahlegg, da Michel beschlossen hat, den Kastenstein nicht
zum Nachtquartier zu wählen, sondern bedeutend höher ein
Bivouak zu beziehen. Wir steigen die steilen Grasstafen
der Zäsenbergschaaf weide hman, wo wir von einer Menge
langhaariger Ziegen angemäckert werden. Dann über-
schreiten wir mehrere Wildbäche, drängen uns auf schmalem
Band um eine Felsenecke, und nachdem uns die Seiten-
moräne des Grindelwaldgletschers weiter forthilft, haben
wir noch einen steilen Felsenhang zu erklettern, um auf
die Ebene des Ober -Eismeer zu gelangen. Hier wäre ans
GrosS'Schreckhtyi'n. 261
bald etwas fatales begegnet. Voran ging Michel, dann
Aeby, Inäbnit und wir übrigen dicht hinter her, um die
lockeren Steine, welche auf dem Felsenhang sich unter den
Füssen loslösen, gleich beim Anfang der Bewegung aufzu-
halten. Am Fuss der Wand stehen noch die beiden Träger
mit den schweren Tragkörben, um ein wenig auszuruhen.
Plötzlich löst sich unter den Füssen eines der vordersten
der Kolonne ein Stein los und poltert an uns vorbei der
Tiefe zu. Keiner von uns kann ihn auffassen und in
sausenden Sprüngen fliegt er gerade der Stelle zu, wo unten
die beiden Träger stehen. Wie im Nu drehen wir uns um,
^nnd rufen ein einstimmiges „Achtung da unten !^ den sorg-
losen Trägem zu. Gertsch sehen wir sich ducken, und dicht
über ihm fliegt der Stein, gerade dahinter muss Bohren
stehen! — ein dumpfer Schlag — es hat ihn getroffen?
Gertsch springt herzu und athemlos stehen wir einige
Sekunden da. Schon ist Michel die halbe Höhe des Felsen-
haDges hinuntei^esprungen, als Gertsch wieder erscheint
und uns mit dem Ruf tröstet : „Es hat ihm nichts gethan,
aber dem Kessel!^ Bald erscheint auch Bohren und windet
sich mühsam herauf zu uns, zeigt uns lachend den armen
Kessel , der die volle Wucht des Geschosses erhalten hatte
und mehrere breite Risse und zahllose Beulen zeigte. Auf
unseren Zuruf hatte sich Bohren noch unter den Tragkorb
docken können, als der Stein mit voller Kraft den Kessel
trifft und ihm den Tragkorb von den Schultern reisst. Besser,
nns^ Kessel sei zu einem Sieb geworden als der Schädel
des armen Bohren.
um 4V2 Uhr stehen wir am Rande des oberen Eis-
meeres, wo wir noch schnell vor dem strengen Ansteigen
gegen unsem dort noch hoch über uns liegenden Nacht*
lagei-platz etwas geniessen wollen. Schon senkte sich die
262 V, Fellenberg.
Sonne und goss ein gelbliches Licht auf die gerade uns
gegenüber in röthlichem Schein strahlenden Gneiswände des
Gross-Schreckhoms, des doppeltgegipfelten Nl^ssihoms, de»
EJein-Schreckhomsund des entfernteren dreigipfligen Metten-
berges, während die braunen Wände des Gross-Lauter-
aarhorns schon im Schatten stehen. Hier, wo wir die ganze
Schreckhornkette in Front hatten , entspann sich ein Streit
über die Nomenclatur der zwei Gipfel zwischen den kleinen
Spitzen des Mettenberges und dem Gross - Schreckhorn
welcher eigentlich erst diesen Winter durch die Fixirung
der Nomenclatur dieser Gebirgskette für das Blatt XIII der
Dufour-Karte ist erledigt worden. Michel nannte die Spitze
gleich nördlich anstossend an das Gross -Schreckhorn:
Klein-Schreckhoin, während er den von dieser Spitze
herunterhängenden sekundären Gletscher : Nässigletscher
hiess und den herunterstürzenden Bach :Nässibach, während
er das Nässihorn als eine der drei Spitzen des Mettenbei^
bezeichnet haben wollte. Den von Anderson besfiegenen steile4|
und in der äusseren Form von Norden gesehen dem Grosr
Schreckhorn sehr ähnlichen Elein-Schreckhorn-Gipfel bezeidi*
nete Michel jedoch auch mit dem Namen Klein-Schreckhonid
so dass die Leute des Thaies oiSenbar selbst confas w
Die Benennung ist jetzt, wie sie übrigens auch Alm^
giebt, von Süd nach Nord folgende (Vide Zeichnung) und a
so angenommen und in die Dufour-Karte eingetragen wordess'
1.) Gross-Lauteraarhorn 4043, hierauf folgt ein tief
eingesenkter Grat, der Schreckhorn grat, amFuss dieses
in einem Kessel südlich von der Strahlegg, nördlich yod
Gross-Schreckhom eingeschlossen senkt sich der Schreck-
Gletscher herunter. 2.) Gross Schreckhorn 4080:
von diesem hängen 2 hangende Gletscher hinunter zum
Grindelwaldgletscher, der Kastensteingletscher südlich und
Das Schreckhorn.
^
-y^ :
r
GrosS'Sehreckham. 263
der kleine^Scbreckfirn, der schon an den Fuss des Nässi-
homs stösst. 3.) Nässihorn: zwei Spitzen 3749 und
3686 M. bilden einen hausdacbähnlicheu Giebel mit zwei
hervorragenden Ecken. Am Fuss des Nässihorns liegt
der sekundäre Nässigletscher. 4.) Klein-Schreck-
hörn, 3497 M. Der bekannte thnrmähnliche felsige Gipfel,
der in der äusseren Form eine grosse Aehnlichkeit mit
demGross-Schreckhom hat und den Mettenberg überragt,
überall von Norden sichtbar, ist der von Anderson bestie-
gene Gipfel, wenn nicht alle Wahrscheinlichkeit trügt
5.) Mettenberg, mit 3 deutlich eingeschnittenen Gipfeln,
von denen jedoch nur der nördlichste von Grindelwald aus
idehtbar ist. Auf dem Wege gegen die Grindel- Alp hinauf
jedoch erscheinen alle drei sehr deutlich als getrennte
Spitzen auf demselben Kamm.
Mit Leichtigkeit wurde das ganz flache Ober-Eismeer
flberschritten, und bald standen wir am Fusse einer weit
sich hinan&iehenden überschneiten Schlucht, deren Grund
mit Lawinenschnee ausgefällt war. Es ist dies einer der
Hauptiawinenzüge des Schreckhorns. Jedoch war so spät
am Tage und in dieser Jahreszeit nichts zu fürchten. Der
alte Lawinenschnee war hart, und obgleich die Neigung
nie unter 40^ war, rückten wir in raschem Zickzack schnell
in die. Höhe. Rechts von uns hing ein in sturzdrohenden
Massen abgerissener Gletscher über eine Felswand hinauf,
von dem wohl ein beträchtlicher Theil der zerstreut herum-
liegenden Eisbtecke herstammen mochte. Links erhoben
sich ELüppen über Klippen der riesigen Festungsmauem
des Schreckhorns. Wir mochten ein Drittel der Höhe in
diesem Lawinenzug emporgestiegen sein, als plötzlich rechts
vom Bmchgletscher her und ziemlich hoch über uns ein
scharfer, raschelnder Ton erklingt. Wir blicken in die
284 V. Fellenberg.
Höhe und sehen einen Feisblock, der zuerst Über eine Fels-
platte langsam herunterrutscht, dann mehrere Mal über-
purzelt, mit einem Sprung über die senkrechte Wand
hemntersttlrzt und nun in rotirender Bewegung die Eis-
sehlueht herab direkt auf uns los fliegt Zum Glttdc
waren wir nicht angebunden und im Hui stoben wir
instinktmässig auseinander, der eine rechts, der andere
links ausweichend. Eine Sekunde später und der wohl
drei Schuh im Durchmesser haltende Block saust mit dm
Schnelligkeit einer Kanonenkugel mitten durch unsere
Kolonne und ttberschüttet uns mit aufgespritztem Firnschnee.
Einmal an uns vorbei, senden wir ihm einen lauten Jauchzer
in die Tiefe des Grindelwaldgletschers nach, in welcher er
sich in den nächsten drei Sekunden versenkt. Dies war die
zweite Warnung schelmischer Kobolde des Berges, doeh
von jetzt an schien uns das Schreckhommannli gnädig an*
nehmen zu wollen und liess uns in Ruh.
Schon brach die Nacht herein, als wir den oberen
Rand des langen Lawinenzuges erreichten und rechts noeh
über Feisgetrümmer emporsteigend, gelangten wir um
7 Uhr 40 Min. auf einen ebenen mit Trümmern bedeckten
Platz am Fuss einer kleinen Felswand. In der Nifae
tröpfelte Wasser vom Felsen herunter, so dass wir beschlossen,
hier zu bivouakiren. Steine waren rasch zu einer kleinen
Terrasse zusammengetragen, ein kleiner Kochheerd auf
gebaut und die Besorgung der Küche Gertsch und Bohren
überlassen. Bald loderte ein lustiges Feuer und nachdem
jeder seine Nachttoilette gemacht, d. h. alles warme, was er
an Kleidern haben mochte, angezogen, wurden die Pfeifen
angesteckt, und aufDecken ausgestreckt oder niedergekauert
erwarteten wir sehnlichst die versprochene Suppe. Das ging
lang. Natürlich musste der rissige Kochkessel ausgebessert
Gross'Sehreckharn, 265
werden. Zuerst mussten meine geologischen Hämmer in der
Haod Inäbnits Kupferschmiedsarbeit verrichten, nachher
wurde aus Käae und Brodkrume ein Teig bereitet und
mit diesem die Risse verpicht Allerdings hielt sich das
Wasser so lang darin, ohne auszufliessen, bis es warm
wurde, dann wurden Brodkrumen und gebratene Eäsepaste
aufgelöst und alles Wasser fiel in's Feuer und statt warmer
Sappe hatten wir zuletzt nur nasses Holz und immer hatte
Gertsch wieder zu blasen und das Feuer zu schüren, bis
diese Verpichungsversuche aufgegeben werden mussten.
Der letzte Versuch wurde von Inäbnit sehr geistreich
mittelst eines Hosenknopfs und zweier kleiner Nägel ange«»
rtellt und solcher Weise gleichsam der wichtigste Riss zu-
genäht Auch diese Schneiderarbeit hielt nur so lange, bis
das Wasser etwas warm geworden, der Ejiopf gesprengt
und die beiden Nägelchen verloren gegangen waren, und
80 gaben wir zuletzt die Kocherei auf. Aeby hatte jedoch
eine kleine Spiritusmasdiine mitgebracht, und in kurzer
^t schlürften wir mit Behagen einige Becher warmer
Choeolade, welche die Wirkungen der empfindlich kalten
Nachtlnft auf die Peripherie wenigstens einigermaassen von
innen heraus zu modificiren vermochie. Hierauf legte sich
<9ner nach dem andern, den Kopf auf den Habersack
gestützt, in Plaids und Decken eingehüllt, nieder. Herrlich
fcnkelten die Sterne am dunkein Nachthimmel^ das Rauschen
der Gletscherbäche wurde allmäüg schwächer und schwächer,
vnd auf wenig Stunden schlief einer nach dem andern dm
Es mochte etwas nach Mittemacht sein, als Aeby wieder
sich zu rühren begann, und da er vor Kälte nicht mehr
Khlafen konnte, wurde die Kafi^eemaschine wieder in Thä-
%kttt gesetzt und eine Flasche Rothwein mit Zucker ge-
koeht Eine liebliche Ueberraschung war uns Schlummern-
266 V, Fellenberg,
den der Gennss eines Bechers Gltthwein, ftir den aueh die
Fttbrer sich begeisterten. Nachher kauerten wir uns wie
Häringe noch dichter zusammen, um der Wirkung des
scharfen Morgenwindes zu widerstehen. Als wir die Augen
aufschlugen, war Gertsch schon wieder bemüht, das noch
glimmende Feuer anzufachen, und bereits dämmerte im Osten
der Morgen.
Ein prachtvoller, wolkenloser Tag brach Donnerst ag^
den 4. August, heran. Von den leichten Föhn-Schäfehen,
die gestern über Mittag den Himmel auf einige Stunden, wie
mit einem leichten grauen Schleier, überzogen und schoa
gegen Abend sich theilweise aufgelöst hatten, war beute
auch gar keine Spur zu sehen, und die grosse Kälte war unt
ein Zeichen, dass die Bise (Nordost) wieder dominirte. AU>
mälig rötheten sich die Spitzen der Viescherhörner, während
der eisbepanzerte Vieschergrat noch in blauen Schatten ge-
hüllt blieb. Das Finsteraarhom leuchtete golden in di«
dämmernden Thäler hinab und auch der entferntere Mdndi
war schon rosenroth beschienen, als wir unsere halb et*
starrten Glieder schüttelten und nach genossenem Frahstüd^
d. h. Ohocolade nebst Brod und etwas Fleisch, uns zum
Hauptwerke rüsteten. Alles überflüssige Gepäck sollte hier
bleiben. Zwei der kleineren Reisetaschen und ein Habersaek,
sowie die nöthigen Stricke, Eisbeile und das sehr wichtige
Fahnentuch wurden mitgenommen, auch eine alte Botanisir-
büchse, in welcher einige Eier und Brot verpackt wurde».
Gertsch und Bohren wurden auf dem Bivouakplatz bei uiiBeni
Effi^ten zurückgelassen, was besonders Gertsch zu Herzen
zu gehen schien, da er gerne mitgekommen wäre.
Um 5 Uhr brachen wir auf. Zuerst wurde die kleioe
Felsenwand gleich über unserem Lagerplatz ei^lommeD,
und einige Steintrttmmer, eine Art unausgebildeter Moräne
Gross-SchreckhoT*n, 267
fthrte uns auf die Höhe des Gletschers, welcher den Kessel
zwischen der Strahleck, demSchreckhorn undLauter-
Aarhorn in weitem Halbkreis ausfüllt Rechts von uns
dehnte sich der Gletscher in einigen gewölbten Hügeln ziem-
b'ch zerschrundet gegen die Höhe des Gaaks aus, der Strahl-
«ckgrat selbst war wohl noch um 6 — 700' über unsern Stand-
punkt erhoben, so dass wir danach die Höhe unseres Nacht-
ligerplatzes auf etwa 9200' — 9500' über dem Meere
sehätzten. Weiter oben ging dieser Gletscher mehr und
mehr in steile Firnhänge über, welche sich bis an den Fuss
der riesigen Felswände hinaufzogen ; sie bilden einen regel-
mässigen Halbmond, deren beide Ecken die Schreckhömer
nnd. Ein klaffender Bergschrund zog sich am Fuss der
steilen Schneekehlen hin. Der Schnee war noch hart ge-
froren, und mit Leichtigkeit stiegen wir den auf der Seite
des Schreckhorns wenig zerspaltenen Gletscher hinan. Wir
hielten uns von Anfang an ziemlich stark links am Fuss
der immer höher sich aufthürmenden Felsen. Meihr und
mehr nahm die Steigung zu, je näher wir den Felsen kamen.
An einer Stelle, wo der Bergschrund vollständig zugeschneit
war, wurde er passirt und dann eine lange Fimhalde in An-
griff genommen, die uns bis an den Fuss der Felsen bringen
lollte. Hie und da mussten zur Nachhülfe kleine Tritte ein-
gehanen werden , doch kamen wir rasch vorwärts und um
6V2 ühr erreichten wir den untersten Felsen, wo wir etwas
genossen. Hier Hessen wir auf den Rath Michels eines unserer
Bietscherseile zurück, da er meinte, an einem hätten wir
genug. Wir hatten es nachher zu bereuen.
Unterdessen war es heller Tag geworden und die Aus-
sicht fing an sich auszudehnen , besonders fesselten uns die
niberglänzenden Viescherhörner und das mehr und mehr
wachsende Finster-Aarhorn. Hier banden wir uns fest. Michel
268 V. Fellenberg.
als Hauptmann voran, dann Pfarrer Gerwer, Egger, Aeby,
dann Inäbnit und ich. Wir waren hier ungefähr in der Höhe
des Btrahleckpasses, und erat jetzt fing die Arbeit an. Die
untersten Felsen waren sehr leicht, und schon fingen wir
an, unsere Glossen über das fidele Schreckhom zu machen,
ohne zu ahnen was da noch kommen sollte. Bald bogen
wir, wo die Felsen uns weniger rasch forthalfen, in kleine
sehr steile Schneefelder ein , die auch noch ganz gefroren,
jedoch ohne Glatteis, mit Leichtigkeit tiberwunden wurden.
Doch allmälig wurden wir durch die Umstände und die
zunehmende Steilheit des Gehänges in ein Couloir ge-
drängt, in dessen kaminartiger Höhlung wir hartes Fimeis
fanden, und dessen Wandungen eine sich weit in die Höhe
ziehende Felsrippe bildeten. Nun fing die Kletterei erst
recht an. An den untersten Felsen dieser Eiskehle fand
sich noch ein Exemplar Androsace glacialis (circa 1 02000
vor, die letzte Phanerogame, die wir trafen. Auf allen Vieren,
mit Arm und Bein und Brust und Knie den Schreckhom-
Gneis liebevoll umarmend, glichen wir wohl eher in unserer
Gesammtheit einem Reptil, ja ein Phantast hätte ans einiger
Entfernung uns wohl für den Stollenwurm halten können,
der an den Felsen des Schreckhoms herumkrabbelt und sich
von Fimeis nährt. Hier erst sahen wir ein, dass wir sa
wenig Seil hatten und bereuten, das zweite Gletscherseil zu-
rückgelassen zu haben. Liess man nämlich die Vordersten
ein Stück weit voranklettern, bis Michel irgend wo auf zoll-
breitem Vorsprung festen Stand hatte , so war sehr oft der
Abstand zwischen den Kletternden zu kurz und da wir kann
10' Abstand von einander hatten, wurden die hintersten der
Kolonne mitgerissen und mussten oft absetzen, wo sie wie-
derum keinen festen Stand erhalten konnten. So hing immer
eiiier von seinem Vormann ab , dieser war wiederum durf b
Gross'Schreckhorn, 269
die Kürze des Seils m seinen Bewegungen durch seinen Nach-
folger sehr gehindert, nnd immer musste einer auf den an-
dern sehen, um nicht durch einen unwillkürlichen Ruck von
oben seinen Stand zu verlieren. Noch tönt mir der Huf in
den Ohren: Michel, habt ihr festen Stand?'* — „lal nur
nach!" — „Halt da oben, wir sind noch nicht nach!" —
»„Wart, Aeby, ein wenig, das Seil reisst mich herunter!"
— „Egger, habt ihr Stand?" — „letzt zieht an." — Halt,
Spisspeter, ich bin noch nicht nach! u. s. w." Wären wir
immer auf Felsen geblieben , so hätten wir besser gethan,
nnangebunden zu klettern , aber da wo die Gneistafeln so
iteil und glatt würden, dass kein Vorsprung weder fUr
Finger noch für Fuss zu finden war, schlugen wir uns in
die Eiskehle, und da mussten im klarsten , härtesten Eis
8tafen gehackt werden. Entsetzlich jäh war die Eiswand
und das Eis oft nur so dünn , dass darunter ungangbarer
Fels zum Vorschein kam. Am schwierigsten war es, vom
Eis in die Felsen überzusteuern, weil da die Vordersten
tthnell auf einen sicheren Vorsprung sich retten wollten und
dieHintersten, wohl oder übel, im Zickzack, über die unregel-
mässigen Tritte weggerissen wurden.
Wir mochten zwesi Stunden in diesem Couloir bald auf
der linken Seite über die« Felsen, bald in der Mitte über das
Eis uns emporgearbeitet haben, als Michel mit ernster Miene
Halt gebot. Wir waren auf einem kleinen Felsvorsprung
angelangt, wo jeder etwa bösdings sitzen konnte. Eine
kleine Rahepause in dieser Kletterei war- nöthig. Nicht ohne
Grausen übersahen wir den bereits zurückgelegten Weg und
die stellenweise wohl bis zu 60^ geneigten Felsen, nicht ohne
Beklemmung tauchte der Blick in den durchmessenen Ab-
grand, der Rückreise gedenkend. — Offenbar sann Michel
Aber den weiter einzuschlagenden Weg nach, dann durch-
270 V. Fellenberg,
I
i
musterte er aufmerksam die zahllosen nackten Riffe, die gegeti
den noch unsichtbaren Grat in immer wilderen HorngestaKi
ten emporstarrten. Bis zu diesem Punkt waren wir in def^l
selben Rinne emporgeklettert, wie 3 Jahre früher L. Stephem
Da aber die Felsen weit mehr beeist, weniger „aber'* wareiii
so wurde jedes weitere Vorrtlcken in südlicher Richtung deri
Eisschlucht unmöglich. Lange Eiszapfen und «eine dünne
Decke durchsichtigen Eises deckten die glattgeschliffen^
Fluhbänder, und da, wo Stephen lockere Trümmer und
trockene Felszacken angetroffen hatte, ragten kaum ungreif*
bare Platten aus dem Eispanzer. ,.Wir müssen uns rechts
gegen den Sattel halten und sehen, ob wir da hinauf mögen!'*
meinte Michel. Ohne Widerrede nahmen wir sein Kommando
an, da wir alle ziemlich apathisch gestimmt waren und, yoii
der warmen Sonne beschienen, einer nach dem anderen ein-
genickt war. Inäbnit war etwas unwohl geworden und
auch Freund Gerwer fing die Folgen der Ueberanstrengong
und dünneren Luft an zu spüren und klagte über Uebelkdl
und Fieber. Nur Egger war immer gleich frisch und elas-
tisch gestimmt und rüttelte uns mit einem fröhlichen Jauchzer
aus unserer Lethargie: „Numme geng süferli gweiggelet"
meinte, er und mit neuer Kraft und Hofinung schlugen wir
uns in eingehauenen Stufen über« das Eiscouloir auf die
rechtseitige Felsrippe.
Hier kamen wir eine Zeit lang rascher fort, aber bald
wurden die Felsen so, dass nur mit grösster Vorsicht operirt
werden durfte. Da konnte kein einziger mehr festen Stand
fassen, wenn man nicht den Reibungscoeffizienten der Hosen
aufGneiss als solchen ansehen will. Eine böse Viertelatande
stand uns bevor, bis wir das obere Ende der Eisschlucht kuib
zweiten Male passirt hatten und Michel, hinter einem Fels«
zacken verschwindend, plötzlich laut auQauchzt. ^Der
Gross "Sckreckhorn, 27 1
ärat ist nicht mehr weit!'^ tröstet er, and allerdings, nach-
dem: einer nach dem andern von oben um eine Ecke des
jähen Felsen am Seil emporgehisst worden war, standen wir
am Rand eines abschüssigen Schneefeldes, über welches
wir, die Schrecknisse der Felsen rasch vergessend, in wenig
Minuten den Grat oder Sattel erreichten.
Es war 12 Uhr. Ungetrübt schien die Sonne am wol-
I kenlosen, schwarzblauen Himmel und mit Entzücken durch-
rnnsterten wir den ganz neuen Horizont. Die herrliche
Gruppe der Wetterhömer, Berglistock und Lauteraarsattel
trat plötzlich zu unsern Füssen hervor, und die ganze Welt
dfitlioher Gebirge, sowie schpn die Häupter der Penninischen
Alpen und der alte Montblanc Hessen ahnen, was uns auf
4em Gipfel erst zu Theil werden sollte. Wir standen auf
dem tiefsten Punkt der Einsattlung zwischen Schreckhom
md Gross -Lauteraarhom. Letzteres erhob sich in zahl*
! losen, furchtbar zerrissenen Nadeln als Gipfel eines langsam
ansteigenden Grates noch 300^ über unserm Standpunkt,
ersteres starrte in jäher Kegelform wohl noch 400' hoch uns
entgegen. Einen Schluck Wein und auf zum letzten Sturm!
Der Grat zog sich eine kurze Strecke weit als Fimkante
fort Dann kletterten wir über den schmalen Kamm der
wieder recht locker gethürmten Gneistafeln, die hier schnee-
los guten Griff gewährten, unaufhaltsam empor. Rechts und
Mnks öffneten sich immer unmittelbarer die entsetzlichsten,
wohl 4000' tiefen Abgründe. Ein Felskegel nach dem an-
dern wurde für den wahren Gipfel gehalten. Hat man
einen Zacken erreicht, so starrt weiter oben ein zweiter in
den azurblauen Himmel, jedoch ist diese Kletterei hier un-
^fährliehes Turnen gegen die Felsen des Couloirs! „Hier
sind wir mit Stephen auf den Grat gelangt!'' ruft Michel
und zeigt uns eine leere Weinflasche/ die zwischen 2 Platten
272 V. Fellenberg.
noch unversehrt sich ihres Daseins freut. Es war hier du
Ausmündung eines anderen Couloirs, welches mit unserea
etwa 1000' tiefer in spitzem Winkel zusammentrifft Heati
wäre Stephens Couloir wegen der übermässigen Beeisnng
keinesfalls gangbar gewesen. Noch liegen zwei höhere
Zacken vor uns, der Grat wird ziemlich beeist, der Schnei
bildet eine starke Gwäehte, theils müssen wir derselbe!
ausweichen, theils vertrauen wir uns ihrem luftigen Bau aa
Der zweite Zacken ist erreicht und kein höherer erscheinl
mehr! Ah! da dicht vor uns und nur ein Geringes höhet
liegt der heissersehnte Gipfel, dort glänzt schon die alte
Fahnenstange und gucken einzelne Steine des Steinmannlii
aus dem Schnee hervor! Aber ein zwar ebenes, aber
schrecklich schmales Grätchen mit luftiger lockerer Schnee»
gwäehte, verbindet uns mit dem Gipfel, sonst trennen um
bodenlose Abgründe. Auf diesen Anblick hin setzen wir um
lautlos neben einander nieder und schauen uns mit grosses
Augen fragend an. „Wer geht dahinüber, Rittersmann oder
Knapp ?'^ riefen wir mit dem Dichter aus. Michel besann
sich nicht lang, löste sich und Egger vom Seil ab: „Spiss-
peter, bleib du bei den Herren, wir wollen grad ein wenig
den Weg bahnen!^ und leichten Fusses betraten die Kühnen
den grausigen Grat. Die kleine Schneegewächte war
noch gefroren und hielt fest, an einzelnen Stellen wurde sie
mit dem Beil weggeschlagen, einige Schritte mehr und die
Beiden stehen auf dem Gipfel des Schreckhorns!
Schnell hatte Michel das Fahnentuch entrollt und an die
alte Fahnenstange befestigt, beide warfen ihr Gepäck so
Boden und in wenig Minuten waren sie wieder an unserer
Seite. „Es geht ganz gut,^ rief Michel, „die Gwäehte ist
zum Glück noch gefroren !^^ Während die Beiden sich an-
schickten, uns wieder ans Seil zu binden, hatte Inäbnitplöte*
I Gross- Schreckharn, 273
Seh auf der Höhe der Strahleck einige schwarze Punkte ent-
deckt, die langsam die Schneefelder zum Gaak hinnnterstie-
gen. „Sind das Gemsen oder Menschen?" fragte einer.
Mit Hülfe des Femrohrs konnten wir deutlich fünf oder
techs Mann entdecken. Ein lauter Jauchzer aus allen Kehlen
loUte durch die Lüfte in die Tiefe dringen. Sie haben uns
gehört, bleiben stehen, und einige schwache Juahoo ! dringen
n uns herauf. „Das ist Melchior Andereggs Stimme," be-
kuptet Michel, „der wohl mit Fremden heute von der
€biinsel kömmt." Mehreremal haben wir geantwortet und
nehreremal wurde uns geantwortet, und welche Laune des
Sehicksals! Wer sollte die erste Kunde unserer gelungenen
Ersteigung in's Thal hinunterbringen? Niemand anders als
HerrLeslie Stephen selbst, der gerade heute mit zwei andern
Engländern und M. Anderegg und P. Bohren seit mehreren
Jahren wieder die Strahleck passirt, und, der erste Besteiger,
Zeuge der zweiten Besteigung sein muss. Er soll unwillig
ien Boden gestampft und uns zu allen Gukkeru gewünscht
Doch es zog uns mächtig die letzten schwierigsten
Behritte zu thun. Mit äusserster Vorsicht betraten wir das
heikle Grätli.' Lose, kaum durch Eis zusammengebackene,
wenige Zoll breite und auf der Ostseite mit einer 6 — 8 Zoll
dicken und 3' hohen Gwächte überbaute Gneistafeln, auf
beiden Seiten die Nacht tausende von Fuss tiefer Abgründe
— das ist der Zugang zum Gipfel des Schreckhoms. Mit
einem Arm die Gwächte umklammernd, mit einem Fuss
»ich in ihr einbohrend, mit dem andern auf 2 — 3 Zoll brei-
ten, hervorragenden Steinen absetzend, so krochen wir laut-
los vorwärts. An zwei Stellen war die Gwächte abgefallen,
und lockere Platten mit Eis bekrustet, zwangen uns zum
Kriechen und Reiten. Noch ein Stückchen Gwächte, noch
Schweizer Alpen-Club. 1 8
274 V. Fellenberg.
9 Stufen über eine ganz kleine Sdineefläche, und wir alle
stehen jubelnd auf der allerhöchsten Spitze des Sch^eck-
h o r n s.
Ich glaube, das erste Gefühl, welches ein jeder in diesem
hehren Augenblicke, in dieser seligen Siegesstimmung i&
sich trug, war das der Dankbarkeit gegen eine gütige Vor-
sehung, die uns glücklich so weit gebracht, und des gegen-
seitigen herzlichen Glückwunsches, welches sieh in stammen
Händedrucke äusserte. Dann brachen wir das Schweigen
der überwältigenden, anbetenden Stimmung durch mehr-
malige Hurrah's und die erste Thätigkeit war, unsere liebe
eidgenössische Fahne vollends an die noch ganz unversehrte
Fahnenstange zu nageln. Von der ersten Fahne war auch
nicht mehr ein Faden vorhanden, nur die Nägel stecken lu-
gerostet noch im Holz. Das Steinmannli ragte höchstens
BVaus dem Schnee hervor und schien in sich selbst zusam-
mengestürzt zu sein, wenigstens lagen mehrere Blöcke unor-
dentlich umher. Von der Flasche der ersten Besteigimg
fanden wir nichts, da sie wahrscheinlich im untern Theil des
Mannlis festgefroren war. Es war genau 2 Uhr 15 Minuten,
als wir den Gipfel betraten; 2 Uhr war's, als wir beim letiteo
Grätli angelangt und Michel und Egger auf Rekognoscinmg
vorausgesandt hatten.
Die erste Frage, die mir der Leser stellen wird, wird sein:
Wie sieht der Gipfel des Schreckhorns aus? Wer je das
Schreckhom von Norden aus der Ebene gesehen hat, dar
weiss, dass der dunkle Felsen -Obelisk mit 2 weissen Schnee-
flecken gekrönt ist, die gar freundlich in das grüne LasA
hinau^leuchten und beim Volke verschiedene Namen fttoft
Die Sage nannte sie frilher die verdammten Seelen oder
verfluchten Nonnen, das Volk nennt sie meist die Augen
oder, was im Flachland der gebräuchlichste Ausdruck ist:
Gross ^ Sehr eckhoi^n. 275
„die Tübeli**, weil es aus grosser Ferne aussieht, als
sissen 2 weisse Täubchen auf der Zinne des Schreckhorn-
thnrms. Eines dieser Tübeli liegt, von Norden gesehen,
reehts Yom andern und etwas tiefer. Das höhere bildet aber
den höchsten Gipfel und auf diesem strecken wir uns jetzt
ans nnd starren in das endlose Blau des Himmels. Dieses
Tttbeli bildet ein gegen Norden sehwach geneigtes Sehnee-
feld von vielleicht 50— 60' Länge und 20—30' Breite
imd würde für mehr als hundert Personen Platz bieten. Die
Ränder dieses hie und da von hervorragenden Steinen unter-
brochenen Schneefeldes brechen in Gwächten auf drei Seiten
tber die Ungeheuern senkrechten Abgründe ab, in welche
das Hörn gegen Norden, Osten und Westen abfällt. Nur
gegen Süden steht es mit dem Grätli in Verbindung und
durch dieses mit der übrigen Welt. Ein scheusslich zer-
rissener Felsgrat löst sich, wohl unüberschreitbar, in süd-
westlicher Richtung vom Gipfel ab, und trägt an seinem Ende,
wo er sieh zu einem breiten Thurm, gleichsam einem Vor-
werk des Gipfels, erweitert, das andere Tübeli, welches
etwa 100 — 150' tiefer liegen mag. Wir schätzen die Länge
dieses Grates auf 200'. Dieser Grat ist dem Auge, welches
sonst ringsherum nur auf unvermittelte Abgründe stösst, der
nächste Ruhepunkt.
Bevor wir die Aussicht mustern, lasset uns dem armen
Körper etwas geben, darum heraus mit dem saftigen Ge-
flügel und dem Champagner! „Angestossen auf das Schreck-
hom nnd — Herr Wohlehrwürden — auf gesundes Wieder-
sehen der Frau Pfarrerin und der lieben Kleinen im freund-
liehen Pfarrhaus da unten ! — Heute taufst du deinen ältesten
Gemeindegenossen, den letzten alten Heiden im Landl**
Eine Viertelstunde war verflossen mit Untersuchung des
Dächst Greifbaren und mit Speisung des ermatteten Körpers.
18*
276 V. Fellenberg.
Erst jetzt hoben wir die Augen auf und versenkten uns
in dem Genuss der unvergleichlichen Aussicht. Noch kdn
Wölkchen am Himmel, wohl aber eine schneidende Bise,
daher in der entfernteren Ebene und dem Hügelland ein viol-
blauer Duft und nichts sichtbar, aber die Bergwelt bis in
die entferntesten Recesse unverhüllt vor Augen ! unvergleich-
lich nenne ich die Schreckhomaussicht, nicht weil es nicht
schönere giebt, nicht weil es nicht abgerundetere, ästhetischere
und imposantere giebt, wie z. B. Finsteraarhom, Aletschhom
und theilweise der Eiger, sondern weil wir Momente* in der
Schreckhomaussicht, in der Schreckhom Vogelschau haben,
die von wahrhaftig erschütternder Wirkung sind. Es sind
hauptsächlich die zwei zunächstliegenden Gruppen^ in die
wir wie mit Adlers Fittigen hineingetragen werden, über die
wir zu schweben scheinen. Da ragen aus dem blauen Duft
der Ebene und des Hügellandes die drei prächtigen Pyrami-
den der Wetterhörner hervor, die sich in silbernem Glänze
scharf aus dem weiten Hintergrunde abheben. Zwischen
ihnen hindurch erglänzen Theile des Vierwaldfitädter-Sees,
Rigi und Pilatus, und mancher grün^ Hügel ist darin einge-
rahmt. Zu den Füssen der 3 Brüder dehnt sich der weite
Gletscherkessel der Quellüme des oberen Grindelwaldglet-
schers bis zum scharfen Felsenwall des LauteraarsattelB,
welcher in wüsten Öden Zacken zum unwirthlichen Bergli-
stock anwächst, dessen zerrissene wilde Flühe Freund Aeby
zum ersten Mal siegreich begangen hat. Meine Freunde
Studiren mit besonderer Emsigkeit den Schauplatz ihrer vor-
jährigen Rundtour um das Wetterhom, während ich zum
ersten Male einen Blick in dieses prachtvolle Blatt des
grossen Buches der Alpenwelt werfe. — Die zweite Gruppe,
welche dem Gemälde der Schreckhomaussicht, den Charak-
ter des Erhabenen und Grossartigen verleiht, wird gebildet
Gross - Sckreckkorn, 211
voD der herrlichen Kette der Viescherhönner vom Finster-
aarborn bis znm Eiger. Durch einen Abgrund getrennt,
dessen Boden nirgends sichtbar, starren uns die in der herr-
lichsten Firnbekleidung gehtlllten Viescherhömer unmittel-
bar entgegen. Wie eine krystallene Mauer von wenig Felsen
unterbrochen, verbindet der Vieschergrat zwei finstere Ge-
sellen mit einander, das gewaltige Finsteraarhorn, dessen
dunkle Felsenpyramide uns noch bedeutend überragt, und
die kahle Kalktafel des messerscharfen Eigers. Der Blick
fiber den Vieschergrat hinaus ist ganz ungehennnt. Wir
dominiren.die Fimhochebene, welche die drei Grindelwald-
Ber Viescherhömer umklammert und südwärts den Walliser
Viescherfim , nährt. Heute genau vor acht Tagen um die-
selbe Zeit, stand ich auf dem Gfipfel dieses kleinen Viescher-
homs da drüben, welches den spitzen Gipfel demüthig vor
seinen Nachbarn senken muss. Die steilen Schneewände,
die Seracs und die lange Gipfelwand, die eine so hartnäckige
Hackarbeit erforderte, die Uebergangsstelle nach dem Wal-
liser Vieschergletscher; — alles ist sichtbar und scheinbar
80 nahe, dass man mit einem Sprung wähnt hinübersetzen
zu können. Südlich vom Hinter -Viescherhom ragen noch
die Grünhörner und Walliser Viescherhömer hervor; das
grosse Grünhorn tritt imposant mit seinen dunkeln Felsen
aus dem Chaos der umgebenden Fimmassen heraus, ja mit
Ausnahme des breiten Aletschhoms, scheint es die weiten
Reviere des Aletsch und Wallisser Vieschergletschers unum-
schränkt zu beherrschen. Vollends bezaubernd und grauen-
erregend zugleich ist der Blick auf das untere Grindelwald-
ner Eismeer und den chaotischen Eiskessel des Grindel-
. waldner Vieschergletschers, von welchem wir durch eine
5000' hohe Luftsäule getrennt sind ! Wie winzig nimmt sich
von hier das Zäsenberghora aus! Wie gequält und gewun*
278 V. Fellenberg.
den scheinen die Eismassen des Grindelwäldgletschers zu
ihrer engen Felsenhöhle hinausgepresst zu werden ! Wie lange
nagt wohl schon dieser Eiswurm ^.n seinem Felsenbette!
Nordwärts übersehen wir zunächst die kahlen Felsgräte
der Schreckbornkette bis zum Mettenberg, das scharfkan^
tige, von einzelnen Schneebändern durchfurchte Nässihom,
dann das klotzige Klein -Sehreckhorn und endlich, als Ver-
mittler unseres Standpunktes mit der nebligen Tiefe des
Thaies, die breiten Fluhsätze des Mettenberges. Darüber
hinaus die Faulhornkette und der allezeit freundliehe Niesen,
gebadet von einem glitzernden Streifen Thunersee. Noch
weiter hinaus ist heute Alles in blauen Duft gehüllt, daher
wir uns an diesem Theil der Aussicht nicht lange aufhalten
und gern zur unmittelbarsten Umgebung zurückkehren.
Gegen Süden ist uns ein grosser Theil der Aussicht durch
den Grat des Gross - Lauteraarhorns verdeckt, jedoch
tauchen rechts und links von diesem Zwillingabruder des
Schreckhorns zahlreiche Gipfel von Nah und Fern hervor.
Jenseits der ruhigen Fläche des Lauteraargletschers strebt
das aussichtsreiche Ewigschneehorn sich geltend zu machen,
daneben Hangendgletscherhorn, Renfenhorn und Alles, was
den Gauligletscher umgiebt. Darüber hinaus fesselt vor
Allem die offizielle Triftregion. Der mit Ungeheuern Schnee-
lasten gekrönte, vielgipflige Winterberg dominirt ein ganzes
Heer von Gräten und Hörnern, in deren Labyrinth jetzt wohl
mancher eifrige Clubist herumirrt. Von dem Gewirr der
östlichen Alpen bemerken wir wieder den Tödi, und einzelne
in grosser Ferne gelblich beleuchtete Gipfel werden znr
Bernina- Gruppe gehören. Von den Walliser Colossen ragen
die hauptsächlichsten alle hervor, doch treten sie hier mehr
im zweiten Glied auf und vermögen nicht sich Geltung zu
verschaffen, lieber die Einsenkung des Mönchsattels logt
Gross - Schreckhorn . 279
lie abgestumpfte I^yramide des Mönchs hervor, von den
leharfen Kanten der Jungfrau fiankirt, dann tauchen noch
anige Lötschthaler über den Firngrat des Tragberges her-
vor bis zum eleganten, auf der Nordseite in reiches Schnee-
^wand gehüllten Aletschhorn. Ich sehe diesen alten Freund
immer wieder gern, der, an Höhe ein Rivale des Finsteraar-
lionis, leteteres an Regelmässigkeit und Anmuth der Formen
lioch noch übei*triff(;. Mit Freude denke ich an die herrlichen
Inf seinem Gipfel verlebten Augenblicke, wo mich eine eben
i£o klare Aussicht bei eben so kaltem Nordwind fßr die aus-
[^standene Mühe so reichlich belohnte.
Ach wie lange möchte man sehen und wieder sehen
und studiren und ^eniessen den unvergleichlichen Genuss
eines auf solcher Götterzinne durchlebten Augenblicks !
Aber die Zeit, die unerbittliche, drängt, der Raum ist weit
und der Abgrund ist tief,, der uns von den Menschen trennt,
und Menschen sind wir und müssen wieder zu den Menschen
hinab! — Dazu wird die Kälte nachgerade empfindlich und
der Wind schüttelt uns, dass wir zähneklappernd und mit
zitterader Hand auf ein Formular des S. A. C. die Urkunde
der Besteigung verfassen. Das 'Thermometer zeigt 3,8^.
Das Formular wird sorgfältig in die leere Flasche verwahrt
und diese in meine Botanisirbüchse verpackt, welche ich
auf ewige Zeiten dem Schreckhorn zum Geschenke mache.
Wer je wieder diesen Punkt besucht, ist ersucht, seine Ur-
kunde der unsrigen beizufügen und die alte Büchse wieder
sorgfältig im Steinraannli zu verwahren. Es wird mich
zudem immer freuen,* Nachrichten über das Befinden des
alten grünen Bleches zu erhalten.
Zum Schlüsse wird noch ein herzhafter Schluck genom-
men, dann noch einmal geht jeder ganz nahe an den Rand
280 y, Fellenberg,
des Abgrundes, um über die jähen Eiswände einen Blick
auf den Lauteraarsattel oder über lothrechte Felsen auf das
grause Gewirre des unteren Grindelwaldgletschers zu werfen,
um sich das Bild der Wetterhömer auf immer einzuprägen
oder, um dem Thal ein fröhliches „Wir kommen!" zuzurufen,
und um 3 Uhr brechen wir auf von diesem Stückchen Erde:
Aufnimmer wieder betreten! In derselben Reihenfolge wie
beim Ansteigen, betraten wir das Grätli bei der Rückkehr.
Langsam und eben so vorsichtig wird die Seiltänzerarbeit
vollbracht; zum Glück ist die kleine Gwächte vom heftigeB
Winde noch immer gefroren, während die Abhänge des Bei^
ges thauen. Jenseits des Grätlis angelangt, athmen wir
fröhlich auf. Das Niedersteigen über die einzelnen Zacken
des schmalen und vielgebrochenen Grates ist nicht so schauer-
lich, wie es aussieht. Der vorderste Führer steigt um
Seileslänge hinunter bis er festen Stand hat, dann packt er, .
im Falle die Füsse des über ihm rückwärts Kletternden un-
sicher Stand suchen, mit kräftiger Hand den Knöchel und
drückt den Fuss dahin, wo ein kleiner Vorsprung Stand
bietet. Von oben wird man übrigens auch noch gehalten und
so legten wir, theils platt auf dem Rücken hingestreckt, theils
auf dem Bauch kriechend, theils sitz- und rittlings, in den
unästhetischsten Stellungen, zum grossen Nachtheil imserer
Kleider den Felsgrat bis hinunter zum Sattel verhältniss-
mässig rasch zurück. Unsere langen Stöcke, die wir hier
zurückgelassen, nehmen v/ir wieder in Empfang und über-
lassen L. Stephen's Flasche ihren einsamen BetrachtnngeD.
Wir sehen auf die Uhr. Es ist 4 Uhr 20 Minuten. Hier
wird uns zum letzten Male Gelegenheit geboten, der Wetter-
horngruppe ein Lebewohl zuzurufen, und mit neugierigen
Blicken betrachten wir vom Sattel aus die Sdineehaldeik
die in entsetzlicher Steilheit sich zum Lauteraarfirn herunter-
r
ChrosS'Schreckhorn. 281
sieben. Im steilsten Winkel, in welchem Firnschnee noch
kleben kann, ziehen sich diese gefurchten Hänge, hie und
da von glatten Felsrippen unterbrochen, in die neblige Tiefe,
im über senkrechten Felsen abzubrechen.
llichel hatte schon beim Ansteigen geäussert, er gehe
! licht gerne wieder über die Felsen zurück, aber erst jetzt
I sahen wir die Nothwendigkeit ein, einen andern Ausweg
i EQ finden ; denn wie wären wir über die von Wasser und
I weichem Schnee auf Glatteis triefenden Felsen hinunter-
I gekommen? Ich weiss es nicht, aber überzeugt sind wir alle
davon, dass uns die Nacht noch im Couloir überrascht hätte.
Der Ausweg war gefnnden. Von dem tiefsten Punkt des
iflattels zog sich auf der Seite des Lauter- Aarhorns, und also
i bedeutend südlich von unserem Couloir, ein sehr steiles aber
jin ununterbrochener Flucht, soweit wir sehen konnten , bis
anf den Gletscher reichendes Fimfeld, welches durch die
l&nne hinlänglich erweicht, sicheren Stand bot, in die Tiefe,
lüm 4 Uhr 30 Minuten betraten wir den steilen Abhang,
hicidit in Scyllam, qui vult evitare Charyhdim: hiess es
«nch hier. Waren wir den technischen Schwierigkeiten nasser
Felsen entgangen, so drohte uns hier eine andere Gefahr
iBüinlich dieunheimlich dräuende Möglichkeit, dass sich unter
itmsem Füssen die lockeren Fimkörner vom tieferen Eise
ablösten und mit uns als Lawine dem Abgrund zurollten,
wie es einige Tage darauf Herrn Prof. Tyndall und Ge-
fihrten, zum Glück ohne Verletzungen am Piz Morteratsch
»gangen ist Jetzt wurde das Commando P. Michels ernst
ittd fest Vorerst wurde das Seil in seiner ganzen Länge
«»gespannt, damit die einzelnen Theile der Kette soweit
auseinander zu stehen kämen als möglich, dann kehrten wir
in»8 um, mit dem Gesicht gegen den Abhang gewendet, und
fingen an , langsam abwärts zu treten. Mit Bergstock oder
282 V. Fellenberg.
Pickel suchte jeder die ganz erweichte, obere, lockere SehieMl
des körnigen Firns, die etwa 2 Schuh dick sein mochte, zi
durchbrechen, um in das festere, kompaktere Eis der unteren
Schichten sich möglichst fest einzuharpnniren. Mit jedes
Tritt abwärts mussten wir das Gleichgewicht dadurch heri
zustellen suchen , dass wir auch mit den Händen tief in dii
lockeren Schneemassen griffen. Sodann war eine nicht fl|
vernachlässigende Vorsicht die, dass jeder Acht gab, sor^
f^tig in die Tritte seines Vormannes zu treten, um die Lödie^
nicht zu erweitem und dadurch der. lockeren Masse dii
wenige Cohärenz noch zu nehmen, die sie sonst haben mochte
Dank diesen Vorsichten und den öfteren Mahnungen d€l
Führer, und Dank auch der ziemlichen Menge jüngeret
Schnees kamen wir verhältnissmässig rasch und sicher vof>
wärts. Mit der Tiefe nahm auch die Steilheit dieser liesigeo
Firnwand so zu , dass wir etwas rechts abbiegen und eii
Stück weit die Felsen wieder aufsuchen mussten. Dann gab%
noch ein höchst mühsames Abwärtsstampfen im tiefen wefe
chen Schnee des untersten Gehänges und ein Stück weit m*
gar in einem unter dem Schnee rieselnden Bächlein, ea
Zeugniss der gewaltigen Abschmelzung der höchsten Firn*
regionen an einzelnen warmen Tagen, und um 6 Uhr stand»
wir am oberen Rand des Bergschrundes. Da er von des
oberen Rande ziemlich fiberwölbt und nicht tief war, spranf
der Vorderste auf den jenseitigen tieferen Rand hinab, was
den Uebrigen einen sdchen plötzlichen Ruck gab, dass Alte
nachstürzen mussten. Höchst komisch waren wir männigtidi
übereinander gepurzelt, so dass man nur ein formloses
Gewirr von Armen, Beinen, Bergstöcken und Pickeln sah»
und jeder Mühe hatte aus dem lachenden Knäuel seine Arme
und Beine herauszufinden. Zum Glück hatte keiner bei diesen
plötzlichen Salto mortale in weichen Schnee eine Beule
Gross-Schreckhorn. 283
idavongetrageii und mit homerischem Gelächter standen
wiraaf.
Inäbnit wurde von hier aus abgeschickt um das auf
{^ein untersten Felsen liegengebliebene Seil noch abzuholen,
msd in raschem Schritt trollten wir nun die sanften Gehänge
ides Schreckhomgletschers hinab. Auf der kleinen Felswand
gleich über dem Nachtlagerplatz erwarteten uns unsere bei-
^n Träger und hiessen uns von weitem mit frohen Jauch-
lero willkommen. Sie hatten seit 3 Uhr abwechselnd nach
ans ausgelugt und waren seit mehreren Stunden ziemlich in
.Angst um uns, da sie uns früher erwartet hatten. Um 7 Uhr
Ibends erreichten wir den Lagerplatz und Hessen rasch
jtfies aufpacken, denn da wollten wir eine zweite Nacht
nicht bleiben.
Es dämmerte schon, als wir den langen Lawinenzug
iKs zum Grindelwald -Eismeer hinunterrutschten, aber da
jiicse Schlucht schon seit einigen Stunden im Schatten war,
Jtttte der alte Lawinenschnee wieder mehr Cohärenz und
'bot prächtige Gelegenheit mehrere Rutschparthien zu machen,
welche uns in wenigen Minuten an den Fuss der Schlucht
brachten. Hier bogen wir, statt das Eismeer zu überschreiten,
f gleich am Rande rechts ab , stolperten in der Unsicherheit
les Zwielichts mühsai^über steile Moränen und lange Schutt-
kalden und krochen endlich bei eingebrochener Nacht unter
fiianchen Seufzern über steinige Schafweiden , Guferhalden,
lockere Steine und grosse Blöcke bis zum Kastenstein,
den wir um 9 Uhr erreichten.
Da wir kein Holz mehr hatten , wurde die alte Hütte
Gertsehs zum Tode verurtheilt und in Stücke geschlagen,
und nachdem wir noch unsere nassen Kleider am Feuer
getrocknet und eine warme Chöcolade geschlürft, krochen
wir in die trockene Höhlung des Kastensteins, wo sich noch
284 V, Fellenberg.
*
ein wenig Heu vdrfand und schliefen alle beinahe augen-
blicklich ein nach einem der mühsamsten aber auch genuss-
reichsten Tagewerke in den Alpen.
Freitag, den 5. August, entwickelte sich schon früh ein
reges und lustiges Leben am Kastenstein-Hötel. Wir waren
so recht ausgeruht, das Wetter war so recht schön , und das
Bewusstsein des Gelingens unserer Fahrt stimmte uns alle
so fidel, dass die aufgehende Sonne mit Gesang und Jodlern
begrüsst wurde. Dann wurde noch der Rest des Hütten-
holzes verbrannt, um in einem der Behälter der Kafee-
maschine Suppe zu kochen, die Weinvorräthe im lustigen
Kreise bis zur Nagelprobe geleert, der Rest der Lebens-
mittel unter die Führer vertheilt, und endlich in aller Ge-
müthsruhe um 5 Uhr 30 Minuten aufgebrochen.
Das Kastenstein-Bivouak besteht aus einem mächtigen,
einem grossen Kasten nicht unähnlichen Gneisblock, der
schief auf mehreren andern ruht und eine sehr tiefe aber
nicht hohe Höhlung bildet. Seither ist noch mit einer kleine«
Mauer nachgeholfen worden, so dass man jetzt durch einen
schmalen Eingang kriechend in einen vollständig geschützten,
warmen und trockenen Raum gelangt.
Das Heruntersteigen über die steinigen Schafweidet
des Schwarzbergli's und einige recht uette Klettereien beim
sogenannten bösen Tritt über platte Felsen auf das untere
Grindelwalder-Eismeer waren lustige Nachspiele der Haupt-
arbeit. Unter unaufhörlichem Jodeln und Juchzen der ge-
sammten Führerschaft wurden die letzten Krümmungen des
Bäregg-Weges am Mettenberg zurückgelegt, und ein Böller-
schuss verkündete um 9 Uhr 30 Minuten die J^nkunft des
Hirten der Gemeinde und zweier glücklicher Clubisten in
festlich geschmückten Pfarrlause von Grindelwald.
Gross-Schreckhorn. 285
Anhang.
; Es sei mir gestattet, zum Schlnss noch ein Wörtchen über
^inaere Führer zu sagen. Was Peter Michel anbetrifft, so ist
jeine kaltblütige Ruhe und sein Scharfblick in Betreff des ein-
schlagenden Weges über alles Lob erhaben; er ist ein
pehr tüchtiger Hauptmann einer Führerabtheiiung und hält
^gtrenge an der Ausfuhrung seines Planes , jedoch muss ich
fiie Bemerkung Stephens unterschreiben , er halte zu 'oft an
jnd es werde zu oft abgesessen, um zu essen. Ein fernerer
^nptvorwurf ist der, dass man zu spät morgens aufbricht
.md oft 2 — 3 Stunden der werthvoUsten Zeit versäumt.
Diesen Vorwurf möchte ich auch dem Inäbnit machen und
i^eide ermahnen, sich gewisse Wailiser Führer darin zum
pforbild zu nehmen. Egger hat mit dem Schreckhorn.gleich-
jBam debutirt und sich vortrefflich gehalten. Ausgezeichnet
IttfFels und Eis, kühn bis zur Verwegenheit, ißt Egger
jinennttdlich in der Beachtung und Aufmerksamkeit für die
Ueinsten Wünsche des Reisenden, dabei jovial und sehr
guter Kamerad mit seinen Collegen. Er verspricht mit der
Zeit einer der Berühmtheiten Grindelwalds zu werden. Auch
Mi dem treuen, willigen Gertsch und mit Christen Bohren
latten wir alle Ursache zufrieden zu sein.
Geologisches.
Die geologische Ausbeute am Schreckhorn war gering.
Der ganze Gebirgszug von dem höchsten Gipfel des Metten-
bergs bis zu den Lauter -Aarhörnem gehört dem alpinischen
286 V. Fellenherg.
Gneisgebiete an. Die Zone der grünen Schiefer und Hom-
blendgesteine streicht südlicher dnrch diese Kette. Der
Schreckhom-Gneis selbst ist meistens sehr felsitisch und mit
feinen Talkblättchen durchzogen, der Feldspath ist theiis
blättriger, grünlich weisser Albit, theiis ein sehr dichter grauer
Orthoklas. Quarz tritt zurück, und auch der graue Glinuner
tritt meist mit grünem Talk gemengtauf. Einzelne Quarzadem
mit ausgeschiedenen Bergkrystalldrusen und Ohloritnestem
durchsetzen den in grossen Tafeln abgesonderten Gneis.
Von Buritgängen und grobkörnigen Varietäten des Gesteins,
wie es auf Walliser Seite in der Aeggischhom-Kette so
ausgezeichnet schön ausgebildet ist, fand sich nichts vor.
Nach Eryptogamen auf dem höchsten Gipfel zu suchen, fiel
uns erst ein, als es zu spät war, und überhaupt litt der
wissenschaftliche Eifer unter dem Einfluss der klimatischen
Verhältnisse. Nur ein gutes Handstück Schreckhorn-Gkieis
vom höchsten Gipfel ziert unsere geologische Sammlung.
IV.
Aufsätze.
Bas Alpenpanorama
von
Höhenschwand.
Geologisch erföntert
von j4lb. Müller.
„Unsre Berge luegen
Ueber*s ganze Land/*
Einleitung.
üem gewöhnlichen Wanderer erscheint unser Alpen-
irge als ein unentwirrbares Chaos von Bergen und
em, Felsmassen und Klüften, die ihm durch ihre Grosse
Wüdheit imponiren, oder durch ihre landschaftUche
önheit anziehen , ohne dass er irgendwie Gesetz oder
nng darin zu erk^oneu vermag. Lange geht es, bis
kir nns in dem Wirrwarr von Gipfein zurechtfinden und den
■sammenhang, sowie die Richtung der Ketten erkennen,
Bd^^hne eine gute Elarte und ordentliche Führer kommen
^ gar nicht fort. Wir fohlen deshalb das Bedflr&iss, uns
if einen, vom Hauptgebirge etwas entfernten hohen Stand-
Sehweizer Alp«n-Clab. 19
1
290 Alb. Müller.
pmikt zn stellen, den Rigi, den Pilains, den Niesen o4i|
das Fanlhom zn besteigen, oder einen Gipfel des Jiiri|
gebirges oder des Schwarzwaldes zu wählen, wenn ufe
nns einen rechten Ueberblick über unsere Alpenkette um
über die Stellnng der einzelnen Häupter yerschaffen woll^
Unter den von den Alpen entfernter liegenden Hohe
punkten, welche einen bequemen und umfassenden Anbli^
der ganzen Kette unserer Schweizeralpen darbieten, vei
gewiss das auf den H&hen des südlichen Schwarzwalc
wenige Stunden von Waldshut gelegene Dorf Höhe]
schwand in erster Linie genannt zu werden. Es
daher ein glücklicher Gedanke von Seiten unseres um
schweizerische Topographie und ihre Verbreitung vidi
dienten Geographen Herrn Heinrich Keller in Zürich, di(
80 gtlnstig gelegenen Standpunkt zur Aufinahme emes Pi
ramas unserer Schwdzeralpen zu wählen. Und wir d(
wohl behaupten, dass Herr Keller. diese Aufgabe mit 6t
gelöst und em zur weitem Verbreitung bestimmtes Panoi
unserer Alpen geliefert hat, wie noch, meines Wissens,
zweites in dieser Grösse und Vollkommenheit ezistirt
Wir besitzen bereits von den hochverdienten Korypl
unserer Schweizergeoiogie, von den Herren ProfeBSor Bei
Studer und Arnold Escher von der Linth eine, schoa
mehr als zehn Jahren erschienene vortreffliche geol
Eourte, und von dem erstgenannten eine wahrhaft klassisi
geologische Beschreibung der Schweiz.
Ebenso besitzen wir, theils von den beiden
Männern, theils von andeni bewährten Geologen, wie
Herren Bathsherr Peter Merian, Thunnann, Giesaly,
Mousson, Jaccard, Greppin, Lang, Mösch, Stutz, Zschol
Campiche, Gartier u. a. spedelle geologische Ki
Durehflchnitte und Beschreibungen über einzelne Theile
Alpenpanorama von Hohenschwand. 291
; von den Herren B. Studer, A. Escher, F. Kaufmann,
Heer nnd theilweise auch von den schon Genannten ahn-
te Publikationen über das Molasseland; und endlich von
Herren Charpentier, Lardy, Lusser, B. Studer, Escher,
iner, Murchison, Sharpe, Rlltimeyer, v. Morlot, Renevier,
[finann, Th. Simmler, G. vom Rath, 0. Volger und noch
ichen andern, sowie in jüngster Zeit von den Herren
lonse Favre (Umgebungen ^es Montblanc) und Theobald
mbfindten) eine Anzahl ausgezeichneter geologischer
lographien, begleitet von Karten und Durchschnitten
einzelne Thdle der Alpen.
Es ist wohl hier der geeignete Ort, der von der geolo-
len Gommission der schweizerischen naturforschenden
lehaft unter dem Präsidium des Herrn Professor
Itader geleiteten. Herausgabe von geologischen Special-
mit Profilen nnd Beschreibungen einzelner Theile der
tweiz, von verschiedenen schweizerischen Geologen bear-
^t, zu gedenken, wodurch allmälig das Material zu einer
idigen geologischen Karte und Beschreibung der
M^weiz, unter Benützung des grossen Dufour'schen Atlasses ,
imelt werden soll.
Dem Schreiber dieser Zeilen ward die Ehre zu Theil,
erste Lieferung (geognostische Karte und Beschreibung
Kanton Basel und der angrenzenden Gebiete) nach
len Aufnahme zu bearbeite. Von Herrn Professor
►bald ist erst kürzlich die zweite Lieferung (Theil
ibttndtens), wie schon oben erwähnt, erschiene. Wir
natüiiich hier noch einer Reihe älterer verdienter
icher, vor allem eines Hör. B. de Saussure, Hans C.
^r von der Linth (des Vaters unseres Geologen), Ebel
anderer Erwähnung thun sollen, die sich um die
HBntDiss unserer Alpenwelt vwdient gemadit haben.
19*
1
292 Jlb. Müller.
Ebenso derjenigen, welche sich das specielle Stadium 4^
Gletscher zur Aufgabe gemacht, wie die Herren VenetI
Oharpentier, Hngi, Desor, Agassiz, Monsson, Coliomt^
Hogard, DoUfuss, der Engländer Forbes, Tyndall nnd andem
nicht zu gedenken. Nicht minder derjenigen, welche dÜ
Versteinerongskande unserer Gebirgswelt g^rdert, wobei
ich, mit Umgehung der älteren verdienten Forscher, «i|
Scheuchzer und Lang, nur^ einige der herY0tragendfl(4
neuem nennen will, wie die Herren Rathsherr P. MeriM||
Oswald Heer, Pictet, Rütimeyer, Desor, Renevier,
Mayer, Fischer-Ooster, Ooster, Oaudin u. a.
Unter den Besitzern von ausgezeichneten Samml
alpinischer Mineralien verdient mein verehrtem
Herr David Friedrich Wiser in Zürich, ohne Widerrede
ersten Rang. Es giebt wohl keine Sammlung in der Wi
die sich in Bezug auf den Reidithum alpinischer
mit dieser messen könnte.
Unter d^ vielen kühnen Bergsteigern, welche sich
die Kunde unserer Alpen Verdienste erworben haben,
ich ihrer grossen Zahl halber, nur Einen, den Verdien
von Allen, zu nennen, unsem würdigen Veteran, Hi
Regierungsstatthalter Studer in Bern.
Wir dürfen hoffen, dass die durch ihre bisherige Fi
ten erprobten Mitglieder des Schweizer-Alpen- Clubs
fernerhin durch ihre mühsamen und gefährlichen £x<
neu nicht nur die topographische Kenntniss unseres Hi
landes erweitern, sondern auch durch Sammeln von F
ten und Kräutern und durch meteorologische Beobachi
die Naturkunde wesentlich bereichem werden.
Trotz der beträchtlichen Zahl von Detailarbeiten,
sächlich bestehend in Karten, Profilen und Beschreil
besitzen wir noch kein geologisch kolorirtea Pano
Jlpenpanorama von Höhenschwand. 293
Iberer Alpenketteia, also eine Darstellnng unserer Gebirgs-
pit, wdche das Instmctive einer geologisch colorirten
|hte mit der plastischen Anschaulichkeit eines landschaffc-
»n Bildes vereinigt, und hiermit die Einsicht in den
iderbaren Gebirgsbau unserer Alpen erleichtert
Der Gedanke lag daher nahe, den Freunden unserer
inweit und insbesondere den zahlreichen Lesern des
bnches unseres schweizerischen Alpenclubs ein über-
liches Bild in dieser Art darzubieten, und hierzu das
lerwähnte Keller sehe, von Höhenschwand aus aufge-
lene Panorama, als das weitaus geeignetste zu benützen.
Die bereitwillige Beihülfe der bewährtesten Kenner der
setzte auch den Verfasser in den Stand, in dem bei-
ibenen Panorama ein dem gegenwärtigen Zustand unsrer
gischen Kenntnisse entsprechendes, und im Ganzen
wohl getreues und anschauliches Bild von der Zusam-
r Setzung unserer Gebirgswelt zu bieten; ein grosser Theil
vorliegenden Panoramas ist von meinem verehrten
pmd, Herrn Professor Arnold Escher v. d. Linth, geologisch
porirt worden. Auch Herr Professor B. Studer hatte die
tf das vollendete Panorama noch einer schliesslichen
hsicht und Correctur zu unterwerfen, und überdies ist
tNomenclatur, von den Herren Regierungsstatthalter
er, Escher v. d. Linth u. A. revidirt worden.
^ Eine kurze Erläuterung des vorliegenden Panoramas,
p Aufzählung der in der Schweiz, insbesondere in den
W^i auftretenden Gebirgsformationen, ihrer Mineralien
P Versteinerungen und ihrer wichtigsten Fundorte, mag
pnchen Lesern dieses Jahrbuchs nicht ganz unwillkommen
Pk Ich habe mich hierbei vorzugsweise an die treffliche
N^giflcbe Karte und Beschreibung der Schweiz, der
fc'en Studer und Escher, gehalten, und neuere, oder voll-
294 Mb. Müller.
Btändigere Angaben ttber das Auftreten yod Versteinenmgiil
insbesondere von Pflanzen aus 0. Heeres „Urwelt |(
Schweiz'' entlehnt; ein wichtiges Werk^ das in Aller BiaH
ist und auch dem Geologen von Fach aasserordenüidi ¥(
Belehrung darbietet. Da in diesem letzteren Werke, di
Titel gemäss, das Auftreten der älteren, versteinemngsleefi
krystallinischen Gesteine, der Granite, Gneisse, Schiefer i^
w. keine eingehendere Behandlung gefunden hat, so
dieses, in unserer Uebersicht, wohl um so mehr hervorgehe
werden. Natürlich konnten im Panorama nurdieHaapi
mationen angegeben werden, und auch in unserer Ei
rung dürfen wir nur der wichtigsten und verbreitetsten Uni
abtheilungen dieser Hauptformationen gedenken , da ja
nur ein fibersichtliches Bild gegeben werden solL
Bereits haben sich eine Anzahl vorzfiglieher
worunter ausser den schon Verstorbenen, an deren Spitze i
de Saussure steht, vor allen die Herren B. Studer, A.
von der Linth, Peter Merian, A. Favre und Theobald zu neni
sind, mit der geologischen Untersuchung der Alpen be8<
auchdie französischen, italienischen und namentiieh^
bayerischen und österreichischen Alpen sind b(
von einer Schaar rttstiger Forscher in Angriff genommen
den, worunter ich neben den bayerischen Geologen Schi
und Gümbel ganz besonders der Sektionsgeologen der Li
geologischen Reichsanstalt in Wien, unter der aiisg<
neten Leitung von*Wilh. Haidinger, erwähnen mnss.
Dennoch bleibt noch Vieles zu thun ttbrig und
dfirfen wohl sagen, dass wir erst am Anfang der
stehen. Aber die Alpenwelt ist nicht mehr ein Bodi
sieben Siegeln. Dank den Anstrengungen so vieler tfli
ger Männer, beginnt es Licht zu werden und wir dlirto
der Zukunft noch Besseres erwarten.
Mfenfanorama von H^henschwand. 295
Wir können die nns zugekehrte Seite der Alpen in drei
^oBse Z<men gmppiren:
t 1. Die Oentralalpen, KanGranity Gneiss xund krystal^
)thiisehen Schiefern bestehend.
^ 2. Die Kalkalpen, in mehrere Parailelketten zer*
tfcUend nnd hauptsächlich der Jni'a*, Kreide- nnd Altem
ffertiftrfomiation angehörend.
y 3. Das Nagtflflnh- nnd Molassegebirg, welche die
|>Voitetten bilden.
« Den Zonen No. 2 nnd 3 entsprechen zwei ähnliche, ob-
fiKdch minder reich ausgebildete, aufder Sfidseite der Alpen.
Die genannten Zonen sind, jede, durch eine Anzahl Lftngs-
llUer, bald eigentliche Muldenthäler, bald Combe-Thäl^, wie
^8 Wallis, insbesondere aber durch Spaltenthäler in eine An-
IMhl Parallelketten zertheilt. Ebenso wird das ganze Gebirge
|iirchQuerspaltenthäler„ welche grösstentheils als Pässe be-
PfttEt werden, in diametraler Richtung zerstftckelt
I Diese Zerspaltung und Zerstttckelung des Gebirges nach
JUbigs- und Querlinien dürfen wir im Grossen und Ganzen
^Idfl eine Wirkung der aus der Tiefe heraufdrängenden
^kystallinischen Gesteine betrachten, deren Aufquellen selbst
jtiedenun als eine Folge chemischer Umwandlung und
jPiy&tallisation erscheint Durch die Jahrstausende fortge-
^tzte Verwitterung und Abbröckelung werden die Spalten all-
Jüüig erweitert, durch die Bäche die Thalböden noch tiefer
fesehnitten und der von den Gehängen herabrollende Ge-
jüeinsschutt in die Niederungen gefahrt. Die Tbalbildung,
jWiglich als eine Wirkung der fliessenden Gewässer anzu-
iNhinen, erscheint keineswegs gerechtfertigt Die scharfen
Ibcken und Homer, welche das Hochgebirge darbietet, sind
pnx theilweise durch die steile AuMchtung der irtther hori-
zontal abgelagerten sedimentären Gesteine entstanden. Zum
296 Alb. Müller.
gröBBern'Theil sind sie gleichfalls aus der schon erwähnten
verticalen Zerklüftung und Zerstückelung des Gebirges und
der nachfolgenden Abbröckelung hervorgegangen. Was wir '
deshalb jetzt auf unserem Panorama vor uns sehen, diese j
lange Reihe kühner Hörner und Zacken, die den Horizont!
begrenzen, das sind nur die Ruinen des früher höheren und
weniger zerspaltenen Gebirges, und die zahlreichen EinrisBe
die Lücken einer früher mehr geschlossenen und continni^:
liehen Zahnreihe. Das immense Material von Gerollen, Sand
und Lehm, das nun die Hügel und weiten Thalebenen des
Tieflandes zu beiden Seiten der Alpen bedeckt, ist ja nnr
aus der Abbröckelung ihrer Gipfel hervorgegangen.
Die Alpen verdanken ihre Höhe und ihre mächtigei
Gebirgsformen nicht bloss dem starken Empordrängen des
Granites, Gneisses und der anderen krystallinischen Gesteine^
sondern auch der immensen Mächtigkeit ihrer sedimentärst
Formationen, die schon für sich allein, bei viel geringersr
Hebung, durch blosse Zerspaltung gewaltige Gebi]^mas8<&<
bilden würden. Ebenso haben sich grosse Massen, berate
durch Spalten getrennt, in der Höhe losgelöst und sind ii
die Tiefe gerutscht, wo sie nun für sich ansehnlidie Berge
bilden. Die Verwitterung einerseits, die Schwere änderte
seits, haben im langen Laufe der Zeit die grössten Veränd»^
rungen im Relief unserer Gebirge bewirkt.
Auf unserm Alpenpanorama wurden, der Uebersichtlieli^
keit halber, bloss folgende Hauptformationen unterschieden:
I. Primäre Formationen, rosaroth bezeichnet
A. Aiisoische, d. h. versteinerungsiose Forma*!
tionen. Hierzu gehören: Granit^ Protogin, Gneiss übA
die krystallinischen Schiefer»
B. Paläozoische, d. h. älteste versteinerungfl*
führende Formationen.
j
'^Ipenpanorama von Höhenschwand, 297
f Da diese nirgends in grösseren selbständigen Massen
imd unserem Panorama zu Tage treten, nnd wohl ein grosser
^Theil der krystallinisehen Schiefer^ deren Versteinerungen
Mndi in Folge ihrer chemischen Umwandlung nicht erhalten
Aaben, hierher gehören, so werden sie nicht durch eine
Hiesondere Farbe unterschieden. Zu dieser grossen und
Nihesten Abtheilung von Sedimentformationen gehören an-
dererorts folgende Formationen:
\ Silur-Formation ) . ... , „ , , .
-. ^ ^. > eigentliches Lebergangsgebirge.
i Devon-Formation) ° o o o o
f Garbon-Formation oder Steinkohlenformation.
Perm-Formation oder Dyas.
i n. Seeundäre Formationen.
y A. Triasformation, braunroth bezeichnet.
\ a. Buntsandstein, Hierher werden auch die unter dem
^amen Ferrucano bekannten rothen Conglomerate und
>iheccien, wozu auch die Sern fgesteine gehören, gerechnet,
^obgleich diese theilweise dem Rothliegend^n der Perm-
I Ifurmation angehören mögen.
I b. Muschelkalk.
i c. Keuper,
B. Juraformation, hellblau bezeichnet.
a. Unterer Jura (Lias).
b. Mittlerer Jura.
c Oberer Jura (Hochgebirgskalk).
0. Kreideformation, hellgrün bezeichnet
9k,' Neocomien,
b. GaulL
c fFeisse Kreide,
III. Tertiäre Formationen.
A Untere Tertiärformation, hellgelb bezeichnet.
a. Nummulitenkalk,
298 ^Ib. Müiier.
b. Fhfsch.
B. Mittlere nnd obere Tertiärform ation, braoB
bezeichnet
a. keltere Süsswmssermoiasse.
b. Meeresmolasse,
C Jüngere Susswassermoiasse.
IV. Anartiro FiMrmatimai, weiss gelassen.
A. Dilnvialablagenmgen.
B. Glacialbildungen.
I. Primäre Formationen.
A. Azoische Formationen (Granit und Gneiss.)
Hierher gehören, wie schon der Name andeutet, die
ältesten versteinemngslosen Gebirge. Das sogenannte
Urgebirge, wozu die ältesten Emptivgesteine, wie Grwdt
und der noch häufiger vorkommende Protogin (Talkgramt
oder Alpengrtmit)^ sowie Syenit, Diorit^ Gahbro, SerpenitM
und andere gehören. Femer werden hierzu gerechnet: Gneiss
(sowohl GUrnmer^ als Talkgneiss) und die krystallinisdieii
oder metamorphischen, d. h. durch Umwandhing ans
älteren sedimentären Gesteinen hervoigegangen, Schiefer^
wie Glimmerschiefer, Talkschiefer , Chloritsckiefer, Hvm-
b lendeschiefer, Quarzitschiefer, Serpentinsekiefer und andere.
Sie bilden die Centralketten in nnsern Alpen, darunter fol-
gende, auf unserm Panorama sichtbare, Gipfel: der Dflasi-
stock im Hintergrunde des Maderanerthales, die Bpann-
örter, das Oberaafhorn, das Finsteraarhorn, mit
Einlagerungen von Hornblendegesleinen, die Schreck-
hörner, der Mönch, die Jungfrau, das Mittaghorn, dtf
Bietschhorn und ganz im Westen der Montblanc. Eise
Anzahl eminenter Gipfel fällt ausserhalb unseres Panorama-
Jlpenpanorama von Hohenschwand, 299
gebietes, so der Monte Rosa, der auf den Gipfeln GHmmer-
schiefer trägt und an seinem unteren Abhang mit einer Zone
grauer und grüner, oft von Serpentin durchb];ochener,
Schiefer umgürtet ist.
Die Centralalpen bestehen nicht, wie man etwameinen
kdnnte, aus einer einzigen continuirlichen Reihe oder Kette
von Granit- und Gneissgebirgen y sondern aus einer Reihe
neben- und hintereinanderlaufender ellipsoidischer oder lang*
gestreckter Granitmassivs in der Weise, dass oft mehrere
parallel neben einander herlaufen und ein neues sich an-
schmiegt, ehe das vorhergehende ein Ende erreicht hat.*)
Herr Prof. Desor in Neuchätel hat in einer schönen Arbeit
fiber die „Urographie der Alpen ^^ nicht weniger als 34 sol-
cher Granitma^sws (oder Massivs krystallins) nachgewiesen,
von denen jedoch nur 1 1 in den Bereich der Schweizeralpen
Men, nämlich: dasMassiv desSil vretta, Bernina, Sureta,
Adula, der Seenalpen, Tessineralpen, des Simplon,
Monte Rosaund der Walüseralpen und auf der nördlichen
Seite das Massiv des St. Gotthardt und das des Finster-
aarhorns, das längste und bedeutendste^ vielleicht der
ganzen Alpenkette, zu dem fast alle auf dem Panorama sicht-
baren Gipfel gehören. An diese schliessen sich zunächst gegen
Westen die beiden stattlichen Massive des Montblanc und
der Aiguilles rouges in Savoien an.
Mehrere dieser Granit ^ und Gneissmassivs^ wie nament-
*) Ja mehrere dieser Masavs, wie das des Monte Rosa, der
Tes&ineralpen, und namentlich des Adula und Sureta neh-
men, wenn man sie nicht als eine einzige breite Zone mit mehr-
facher Qnertheilung zusammenfassen will, zur Hauptrichtang der
Alpen eine deutliche Querstellting ein, die sich auch im Streichen
der Schichten und im meridianen Verlattf ihrer Längsthäler zu er-
kennen giebt.
300 Alb. Müller.
lidi das des Montblancs, St Gotthardt und Finster-
aarhorns, zeigen ^e ausgezeichnete Fächerstellnng
ihrer ost-west streichenden, steil einfallenden Schichten oder
Absondemngsklttfte, wobei es oft schwer wird zwischen
wirklicher Schichtung nnd sog. Absonderangs- oder Spal-
tnngsklüften (Olivage), welche die Schichtong in mehr oder
minder starken Winkeln durchkreuzen und von Lateralpres-
Bung herrühren sollen, zu unterscheiden. Die scharf«»
2iacken und Gipfel (Aignilles) sind eme Folge dieser steilen
Schichtenstellnng.
Wo mehrere Massivs parallel neben einander laufen,
wie im Ursemthal oder im Chamounithal, welche wahre
Längs- oder Muldenthäler sind, werden die Reste der frühem
Sedimentformationen, namentlich aus Schiefer bestehend,
im Thalgrnnde U- förmig zusammengebogen, eine Wirkung
des Seitendruckes, der sich links und rechts erhebenden Cen-
tralmassen.
Die Hauptmasse der Eruptivgesteine bildet der Protogin,
der wie der Granit zusammengesetzt ist, aber .neben Ftli-
spath und Quarz, statt des Glimmers oder auch neben
Glimmer^ grünen oder grauen Talk enthält, daher der
Name Talkgranit*). Diesem entsprechend haben wir auch
häufig statt des gewöhnlichen Glimmergneisses einen Talk-
gneiss. Der Gneiss unterscheidet sich bekanntlich von dem
Granit bloss durch die schieferige, parallel gestellte Anord-
nung seiner Gemengtheile, namentlich des Glimmers. Der
eigentliche Granit kommt fast nur im Osten und im Süden
unserer Schweizeralpen, in den Kantonen Graubündten und
Tessin in grösseren Massen vor. Das vorherrschende Ge-
stein in unsem Centralalpen und ebenso am Montblanc,
*) Granit und Protogin sind schon seit langer Zeit bei den Ge-
birgsbewohnern unter dem Namen Geissherger bekannt.
u4lpenpanarama von Höhenschwand, 301
ist ein Talkgranit jxnä noch mehr ein Talkgneiss, an die
uch die krystaUinischen Schiefer anschliessen oder mit
denen sie wechsellagern. Manche Gneisse und gneissartige
Granite mögßn gleichfalls ans der Umwandlnng sedimentärer
Gesteine hervorgegangen sein.
Syenite tmd Diorite, Serpentine nnd Gaböros, treten
mehr untergeordnet auf, bisweilen aber in mächtigen Gängen
imd Stöcken, deren Emporsteigen gewiss mit znr Hebung
sowohl des altem Gebirges, als der darüber gelagerten,
jüngeren Sedimentgesteine j beigetragen hat. Die Hanpt-
hebnng dürfen wir jedoch dem Emporsteigen der Granite
nnd Protogine und namentüch der langsamen kry Qtallini-
sehen Umwandlung der früheren Sedimentgesteine in
krystallinische Schiefer und in gneiss- und granitartige Ge-
steine zusehreiben. Die Hebung der Alpen erscheint hier-
mit als eine langsame, viele Jahrtausende hindurch fortge-
setzte, und im Grossen und Ganzen als eine Wirkung
ehemischer Umwandlung und Erystallisation. Eigentlich
Tulkanische Wirkungen sind nirgends bemerkbar und
Ton vulkanischen Gesteinen sind, wenn wir von der äussern
Sftdflanke der Alpen absehen, kaum Spuren vorhanden.
Wir haben übrigens allen Grund anzunehmen, dass die
Granite und die anderen älteren Eruptivgesteine, die Gneisse
und metamorphischen Schiefer nicht die einzige Ursache der
Hebung der Alpen sind, dass im Gegentheil noch viele
andere Hebungen, Senkungen und Zerrüttungen in diesem
flberaus complicirtbn Gebirge im langen Laufe der Zeiten,
bald an dieser, bald an jener Stelle stattgefunden haben.
Die Haupthebung unserer Schweizeralpen scheint jedoch in
eine verhältnissmässig junge Periode, nämlich in das Ende
der Tertiärzeit zu fallen.
Aufiiallend ist, dass die im deutschen Ur- und Ueber-
d02 Mb. MüUer.
gangsgebirge so häufig auftretenden Porphyre und Meto-
phyre in unsem Alpen fast ganz fehlen nnd erst auf der
Südseite der Alpen, imitalienischen Seengebiet und in Sttd«
tyrol, in ahnsehnlieher Verbreitung yorkommen. Merkwür-
dig sind die Einlagerungen ächter rotker Porphyre in den
Jurakalk der grossen Windgälle. Ausserdem treffen vir
noch Porphyre im Kanton Graubündten an, so im Davos.
In den krystallinischen Schiefern finden sich zahlreiche
schön krystallisirte Mineralien eingewachsen, namen^di
im Talk- und Glimmerschiefer^ so unter andern Gran€UeMs
Cyanite und Stauroliihe (besonders, schön im K TessinX
Eisenkies^ Ma^neteisen, und anderes. Häufig treten in diesei
krystallinischen SeMefern untergeordnete Lager gleichfallB
metamorphosirter Eisenglimmerschiefer , Graphitschiefer^
Qüarzitschiefer , eben so von körnigem Kalk {ürkalk oder
Urmarmor^ z. B. am Splügen) und von körnigem Gyps auf;
femer von zuckerkörnigem, wdssen Dolomit^ besonders sehdi
bei Campo longo im K. Tessin und im Binnathal im K.
Wallis, mit schönen und seltenen Mineralien, von denen ieh
nur den Diaspor^ Korund, Turmalin, die Zinkblende, dea
Realgar und das Auripigment, den Binnit und Du/renüysH
nennen will.
In der Masse der Protogine, Granite, Gneisse, Syenit«
und Diorite finden sich wenig Mineralien eingewachaeD)
um so mehr aber in den Klüften dieser Gesteine, so vor
allen in grösster Schönheit und Häufigkeit der Bergkrystali,
dann der Adular, Albit, Periklin, Amianth, Chlorit und
Glimmer; femer der Stilbit, Lanmontit Heulaodit, Prehoü
und Chabasit, welche Zeolithe sonst gewöhnlidi in vulkaiu*
sehen Gebirgen zu Hause sind; der Axinit, Turmalin, Granat,
Idokras und Epidot; die drei verschieden kryataUisiiteB
Modificationen der Titansäure, der Rutil, Anatas und Broo-
^ Ipenpanaratna von Hohenschwand, 3^
üt; der SpiieD oder Titanit, der Eisenglanz in prachtvolleii
Siyatallen und in rosettenförmigen Gruppen (s. g. Basano-
■eUn); Magneteiaen und Eisenkies, welche jedoch hiu%er
«gewachsen vorkommen, Gold; femer ausgezeichnet Kalk-
ipath, Apatitspath und Flussspath, alle diese in vielfältigen
lM»rriich ausgebildeten Formen. Merkwürdiger Weise ist
4er Schwerspath und sind noch andere, in andern Gebirgen
ttlur verbreitete Mineralien und Erze, in den Alpen eine
posse Seltenheit Besonders reich an diesen schönen Mi*
MraMen sind die Massive des Finsteraarhoms und des St.
äotthardt, namentlieh die Umgebungen der St. Gotäiardt-
loute in den K. Tessin und Uri, vor allen das Mader an ei^
thal, wo die schönsten Krystalle im Gebiet der Hornblende-
^estiane vorzukommen scheinen. Alle diese Mineralien sind
•ime Zweifel als Auslangungsprodukte des in Zersetzung
begriffenen Neb^gesteines, also des Granites, Gneisses, dw
Honiblendegesteine u. s. w. zu betrachten, in dessen Klüften
flieh die in höherer Temperatur und bei höherem Druck in
Wasser gelösten Bestandtheile derselben langsam in Kiy-
•tallen ausgeschieden haben. Einzelne Mineralien, wie Anatas,
fiatil und Eisenglanz, mögen auch theilweise als Chlor- oder
ilüorverbindungen dampfförmig aufgestiegen und durch
Wasserdämpfe zersetzt worden sein, obgleich die schöne
Tollkommene Ausbildung der Krystalle gegen eine solche
nsehe Entetehungsweise spricht.
B. Paläozoische Formationen.
Es sind dies die ältesten versteinerungsfUhrenden Abla-
genmgen, wozu das sogenannte Uebergangsgebirge, vomehm-
Heh die Silur- und Devonformation, gerechnet wird. Wahr-
xdieittlich gehört hierher ein grosser Thml der mit dem
Ci^birge vereimgten altem krystalünischen oder metamor-
304 , Mb. Müller.
phiscfaen Schiefer. Doeh sind meines Wissens nach nu^'
gends deutliche, für diese ältesten Sedimentablagemogw
charakteristische Versteinerungen in unseren Alpen darin
gefdnden worden. Wo solche vorhanden waren, wurden suk
ohne Zweifel durch den Jahrtausende hindurch wirkendei
Act chemischer Umwandlung und Krystallisation bis zun
UnkönntUcheit verwischt und zerstört. Wir haben jedoek
allen Grund zu hoffen, dass noch solche aufgefunden werde%i
so gut wie sich in den bis fast zu Glimmerschiefer umgewan-
delten Thonschiefern an der Nufenen und an anderen Ortn
in den Centralalpen neben Granaten deutliche Reste vofti
Belemniten vorgefunden haben, die wahrscheinlich zum Lia%al
der untersten Abtheilung der Juraformation, gehören.
Die Carbon- oder Steinkohlenformation, bildet!
die dritte grosse Abtheilung der alten oder paläozoisehea i
Formationen, die älteste, welche in unsem Alpen durch die
darin vorkommenden Steinkohlenpflanzen und AnthrazitftötM
deutlich erkennbar und bestimmbar auftritt, so namentlich im
Wallis bei Erbignon, Outre-Rhone, Sitten, Chandoline, Grane^
Siders und anderen Orten, femer in den Umgebungoi dei
Montblanc und in der Tarentaise, wo die sdiönen ii
weissen Talk verwandelten Farrenkräuter vorkommen. Zi
den bekanntesten, auch in anderen Steinkohlengebii^n auf-
tretenden Pflanzen gehören: Stigmaria ficoides Brg., Lepi'
dodendron Veltheimianum Stbg. und Oalamites Suckowii
Brg., drei Gattungen, die wohl das Hauptmaterial für die
Steinkohlenlager geliefert haben; femer eine Menge zier
lieber Farrenkräuter, wie Neuropteris flexuosa Stbg., Pecop-
teris cyathea Stbg., P. arborescens ScU., P. Pluckenetii Big*
und andere.
Das vorherrschende Gestein ist ein kohlschwaner
Sehieferthon oder Thonschiefer ^ dessen dunkle Farbe woU
\t4lpenpanorama von ßöhensehwand, 305
von den die ganze Masse dnrcbdringenden Eohlentfaeilen her-
rfihrt, nnd auch da auf die Anwesenheit der Steinkohlenfor-
mation inmitten der alten Schiefer schliessen lässt, wo noch
keine Leitpflanzen nnd keine Kohlenflötze bisher gefimden
worden sind. Anch die in den Alpen vorkommenden, dem
Glimmerschiefer ähnlichen oder entsprechenden, Graphit'
schiefer (so am Montblanc) sind wohl durch Metamorphismus
8tark umgewandelte Pflanzenreste, die vielleicht theilweise
noch einer älteren Periode angehören.
Spuren von Ablagerungen der Steinkohlenformation
»nd in den übrigen Alpen bis jetzt erst an wenigen Stellen
anfgefonden worden, so auf der Ostseite des Tödi, femer
am Nordabhang des Bristenstockes, hier mit einem schwachen
Anthrazitlager, mitten in die gewöhnlichen 7'a/^- und Thon-
schiefer eingebettet
Selbst in Wallis, wo die ansehnlichsten Anthrazitflötze
in unsem Alpen vorkommen, ist die Ausbeute keine erheb-
hßhe und deckt nur den Bedarf der nächsten Umgebungen.
Bedeutende Steinkohlenlager scheinen in keiner Formation
unserer schweizerischen Gebirge, weder in den Alpen, noch
im Jura, noch im Molasseland vorzukommen.
lieber die Permformation weiter unten.
II. Secundäre Formationen.
Hierher gehören: die Trias-, die Jttra- und die Kreide-
formation.
A. Triasformation, bräunlichroth bezeichnet
Wir finden diese älteste der secundären Formationen,
die in drei grosse Abtheilnngen, in Buntsandstein, Muschel-
kalk und Keuper zerfällt, ausgezeichnet an den Abhängen
der Yogesen und des Schwarzwaldes entwickelt, von wo aus
Schweizer Alpen-Club. 20
306 ^Ib. Müller.
die bd^en obern AbtheiliiDgen noch in dienördliehenKetteB
des Jura hineingreifen. In den Alpen nehmen die diesem
Zeitalter entsprechenden Gesteine einen yeränderten Habiias
an, so dass sie nicht so leicht wieder zu erkennen sind. Sie
sind vorzugsweise in den österreichischen und baye-
rischen Alpen vertreten und reichen nodi, nam^itlieh m
K. Graubttndten und Glarus, in die Ostseite unseres PanMi-
magebietes hinein.
1. Bunter Sandstein.
Die gewöhnlich unter dem Namen Verrucano aufge-
führten rothen Conglomerate, Breecien und Sandsteinty dii
als Sernfgesleine^ oft mit einem talkigen Cement so mächtig
im E. Glarus verbreitet sind, werden in diese untere Abthd*
lung eingerdht, obgleich sie iheil weise auch dem Bott-
liegenden der Zechsteinformation entsprechen mögen, vä
dem sie noch grössere A^hnlichkeit haben. Was zn dff
einen, was zu der anderen Abtheiiung gehört, lässt sieb W
dem Mangel an Yersteinerung^n nicht entscheiden. Beaßt
ders erwähnenswerth sind die abnorm über Nrnnmulitei*
und Flyschgebirg gelagerten Verrucano* Gipfel der Graioi
Hörner, des Haus- und Kärpfstockes.
2. Muschelkalk.
luden österreichischen Alpen mächtige Gebirge toi
Dolomit und dolomitischem Kalkstein bildend, setzt dff
Muschelkalk noch durch das östliche und südliche Bündtei,!
südlich vom Engadin, und durch die Bergamaakeralpes
bis nach Lugano fort, wo er die Dolomitmasse des Monte &
Salvadore bildet. Die Yersteinerungen zeigen einen toi
denen des gewöhnlichen deutschen Muschelkalkes abweicliea>
den Habitus. Doch haben wir hier wie dort Meeresmuscfaeln.^
*) Die im deatschen und nordschweizerischen MuscheftA^
namentlich am Süd- und OatabfaUe d«8 Sobwanwaldes, so ansdr
j
Alpenpanorama von Hohenschwand. 307
3. Keaper.
In noch höherem Grade zeigt sich eine Abweichung von
deutschen Habitus in dem Eenper, der in Deutschland
d Frankreich, sowie in unserm Jura vorherrschend eine
dstein- und Mergelbildung mit zahlreichen Resten von
dpflanzen (Equiseten, Oalamiten, Pterophyllen und Far-
ftntem) darstellt, in den Alpen jedoch eine mächtige
esbildung, bestehend aus Dolomiten^ dunkelgrauen Kalk-
inen und Schiefer ji^ ungeßlhr in derselben Verbreitung, wie
Muschelkalk. Unten die Schichten mit der flachen fein-
igen Muschel Halobia Lommeli fFissmr^ darüber die
htigen und verbreiteten St. Oassian- und Qallstädter
ichten mit Cardita crenata Goldf,^ vielartigen Ammoniten
d Orthoceratiten; und oben die bereits £m so vielen Funkten
den Alpen, auch in unsem westlichen Sehweizeralpen,
gewiesenen Köss^er- Schichten mit der Avicula con^^
ta Porti., Cardium austriacum v. Hauer und andern Meeres-
hein, eine mächtige Schichtenreihe, welche der obersten
eilung des Eeupers, dem deutschen und englischen
ebed, mit seinen zahlreichen Fisch- und Saurierresten
pricht
Zu den bekanntesten Gipfeln, welche aus dieser obem
AbtheiluBg des Keupers gebildet sind, gehört die Scesa
flana, nördhch vom Prättigau, die deutlich auf unserm
Panorama hinter den Kreidegebirgen der Sentiskette her-
vorschaut.
Landpflanzen, wie sie so schön erhalten in den grauen
lieh im Muschelkalk auftretenden Steinsalzlager, scheinen in dem
alpinen Muschelkalk zu fehlen. Die Salzlager in den bayerischen
und österreichischen Alpen scheinen der obem Trias, dem
Kenper, zu entsprechen, und wurden sogar früher theilweise in den
Lim (Unter -Jura) gestellt.
20*
308 ^Ib. MüUer,
Me^elschiefern der Nenen Welt bei Basel im Bett des Bin
auftreten^ sind erst an wenigen Stellen in der alpinen Kenper-
formation anfgefanden worden. Die Salzlager von Bei
(K. Waadt), früher zum Lias gerechnet» gehören wahrschein^
lieh zum Eenper.
Ueber den Kössener- Schichten kommen in den osilichei
Alpen die mächtigen obem Dachsteinkalke mit Megalodoi^
seutatus Schßffu, die von vielen Geologen bereits znm Liai
gerechnet werden.
Die so malerischen und imposanten hellgranen Dolomit»
gipfel in den östlichen Gebilden des Bündtnerland^ schdnei
grösstentl)eils den mittlem nnd obem Abtheilungen d<f|
Triasformation anzugehören.
B. Juraformation, blau colorirt
Ausgezeichnet in unserm Juragebirg entwickelt, toü
dem noch einige Ketten in den nördlichsten Vordei^niiii|
unseres Panoramas hineinreichen, sehen wir diese, nach den
Jura benannte Formation als eine fortlaufende Kette au88e^
ordentlich mächtiger grauer Kalk- und Schiefergebii^e^
worunter eine Anzahl der gefeiertsten Häupter unserer Alp^H
fast vom äussersteu Osten bis zum äussersten Westen unse-
res Panorams^ vom Bheinihal bis zum Rhonethal, sieh fort-
ziehen. Sie scheinen fast überall den höchsten, aus Granit,
Gneiss und krystallinischen Schiefern bestehenden Oentr«!*
ketten unserer Alpen auf- und angelagert, oder sind stell-
weise gar, wie im Bemer Oberlande, am Schreckhorii
Silberhorn und Wetterhorn von den allmälig in ^&
Oentralkette aufgestiegenen Granit- und Gneissmassef^
nicht nur gehoben und nordwärts zurückgedrängt oder
zurückgebogen, sondern bisweilen förmlich von diesen
krystallinischen Gesteinen überlagert worden. So bilda
die C- förmig umgebogenen Kalkschichten des SilberhoiM
j4lpenpanorama von Höhenschwand, 309
eine förmliche Einlagernng in der GneiBsmasse der Jung-
frau; eine ganz ähnliche Einlagerang der Kalkschichten, die
C' förmig zurückgebogen erscheinen, zeigt sich am Metten-
berg, ebenso^ jedem Touristen anfallend, bei Grund auf
ier östlichen Thalseite unten im Haslithal.
Man kann diese lange Zone grauer und schwarzer alpi-
UBcher Jurakalke, die namentlich gegen Südwesten, im
Bemer Oberland, breiter wird und in mehrere Parallelztige
xerrissen erscheint, als die nächste Vormauer der aus Urge-
Bteinen bestehenden Centralalpen betrachten.
Wie im eigentlichen Juragebirg, so finden wir auch in
den Alpen, hier nur noch in ungleich mächtigem Ablage-
rungen, alle drei Hauptabtheilungen der Juraformation wieder,
^a sogar öfter noch mit einzelnen Unterabtheilungen, jedoch
fyorwiegend in der Form dunkelgrauer Schiefer und Kalk-
hieine, und nicht wie im eigentlichen Jura, als weisse oder
Tiellgelbe Kalksteine und Oolithe, welche die vorherrschende
Gebirgsart der mittlem und obem Abtheilung bilden.
a. Unterer oder schwarzer Jura (Lias).
Diese untere Abtheilung der Juraformation erscheint
im Juragebirg, sowie im sogenannten schwäbischen Jura
ebenfalls vorwiegend in Form von dunkelgrauen Thonen^
Mergeln und Kalksteinen, daher der Name schwarzer Jura.
Sie zerfUUt in eine Reihe kleinerer Unterabtheilungen, von
den jede durch eine eigenthümliche Fauna von Meeres-
mnscheln, insbesondere von Ammoniten und von Belemniten
eharakterisirt ist, die hier zum ersten Male auftreten. Die
drei Hauptabtheilungen mit den verbreitetsten Leitmuscheln
laBsen sich auch an verschiedenen Stellen in unsern Alpen
nachweisen. Zu den bekanntesten Fundorten von Liasver-
steinemngen in unseren Alpen gehören die Umgebungen von
Meillerie am Genfersee, von Bex (hier in der Nähe der
310 Mb, Müller.
bekannten Salz- nad ^nhydritlager)^ femer in der Stock-^
hdrnkette, namentlich in den Umgebungen von Blnmen*'^
stein und bei der Wimmis-Brttcke. In den Alpen habeir
wir grösstentheils dunkelgraue bis schwarze Kalksteine, oft
mit weissen Kalkspatkadern ^ die dem Gestein ein hübsches^
marmorirtes Ansehen geben und deshalb auch in den^
Umgebungen von Montreux und Aigle als Marmor gebrochen^
werden. '
Einige Leitmusscheln des alpinischen Lias: .
1. Unterer Lias oder Gryphitenkalk, mit: j
Gryphaea arcuata Lam,
Spirifer tumidus v. Buch, j
Nautilus Stria tus Sow, - 1
^4mmonites Bucklandi Sow,
I
^, Conyheari Sow,
Belemnites acutus Mill,
Pleurotomaria anglica d'Orb.
2. Mittler Lias oder Belemnitenkalk, mit:
Belemnites niger List,
j4mmonites margaritatus Montf,
Terebratula numismalis Lam,
Gryphaea cymbium Lam,
3. Oberer Lias oder Posidonienschiefer, mit:
Ponidonomya Brannii d'Orb,
^mmonites jurensis Ziet,
A, aalensis Ziet u. A, radians Schi.
Belemnites tripartitus Schi,
b. Mittlerer oder brauner Jura.
Als HauptgUed der mittleren Juraformation erschdnt
im eigentlichen Juragebirge, längs der Westgrenze der
Schweiz, der 100—200 Meter mächtige, hellgelbe oder htX
Alpenpanarama von HöAenschwand. 311
se Hauptrogenstein, ein sehr reiner Kalkstein, der aus
er kleinen, fischrogenähnlichen concentrisch- schaligen
^gelchen besteht nnd zahlreiche kleine Muschel-
mente, selten aber deutliche, wohlerhaltene, Versteine-
ren einsehliesst Dieser Rogenstein zeigt sich nirgends
schön und mächtig, wie im Kanton Basel, sowohl im
eaugebiet, wo zahlreiche romantische Spaltenthäler
Q eingeschnitten sind, als auch in den eigentlichen
.ketten, dessen höchste Gräte mit steilaufgerichteten
chten, wie z. B. der Beleben und der Passwang, daraus
eben.
Sowohl unterhalb, als oberhalb des Hauptrogensteines
^ wir fast überall in unserm Juragebirg, in Begleitung
grauen odef braunen Mergeln und Kalksteinen, Lager
gelbbraunen oder braunrothen Eisenrogensteinen, die
ähnlichen schaligen Körnern, aber von thonigem
loeisenstein bestehen und eine Menge trefflich erhaltener
ihnen eigenthflmlidier Meeresversteinerungen, namentlich
moniten, Belemniten, Terebrateln, Jtisiem, Myaciten
andere Meeresmuscheln einschliessen.
Der eigentliche Hauptrogenstein lässt sich zwar in
em Alpen nicht nachweisen, dagegen fast überall längs
Nordabhanges der krystallinischen Centralketten als ein
males, aber leicht erkennbares Band am Fuss des
ihgebirgskalkes ein Lager von gleichfalls oolitischen, aber
ir oder minder metamorphosirten, zum Theilin Magnet-
en oder in Chamoisit umgewandelten dunkelbraunen oder
wärzlichen Eisensteinen, welche offenbar dem untern und
imEisenrogenstein unseres Juragebirges entsprechen
i auch dieselben Leitmuscheln enthalten.
Wie schon im aargauischen und im schwäbischen Jura,
erscheinen auch in den Alpen beide Abtheilungen, der
312 Mb. Müller.
untere und der obere Eisenrogenstein {Etage bajoeien
und Etage collovien von d'Orbigny) zu einer einzigen
Schichtenfolge vereinigt und nicht durch einen Hauptrogen-
stein getrennt. Im Vergleich zu der immensen Mächtigkeit
des HocHgebirgskalkes oder der obem alpinen Juraformation
besitzen diese Eisenrogensteine nur eine geringe Mächtigkeit
Studer fasst sie unter den passenden Namen ^Zwischen-
bildungen^^ zusammen.
Versteinerungen finden wir am Galanda, auf der
OberblegialpamGlärnisch, auf Ober-Käsern amFuss
der Windgelle im Maderanerthal (hier sehr gut erbal^
ten), am Uri-Roth stock, amürbach-Sattel,amWetter-
horn, auf Kriegsmatt und Stufistein am WestabM
der Jungfrau, zwischen der Blümisalp utfddem Oespal-
te.nhorn, ferner in der Stockhornkette und an anden
Orten. An mehreren Stellen, wie am Glärnisch, io
Maderanerthal (wo der Schmelzofen noch sichtbar ist) uol
im Berneroberland wurden diese eisenoolitischeu Bänke
als gutes Erz abgebaut und verschmolzen. Unter den zahl-
reichen Leitmuscheln will ich nur wenige erwähnen :
Belemnites giganteus Schi.
B. hastatus Blr.
j4mmonites HumphriesiantLs Sow*
A. macrocephalus Schi.
A. anetps und A. hecticits Rein.
Lima proboscidea Sow.
Pecten demissus Phill.
Terebratula perovalis Sow u. a.
c. Oberer oder weisser Jura, in den Jnrakettea
hauptsächlich als Oxfordkalk (mit Einschluss des Ternüiü
ä Chailles und der Scyphienkalke) ^ als Karallenkülk
(Diceratenkalk) und als Kimmeridgekalk ( Pteroeerenkalk)
J
^Ipenpanorama von Hohenschwand. 313
toder fälschlieh sogeoannter Pfyrtlandkalk entwüikelt, vor-
krrechend weisse oder hellgelbe, bald reine, bald thonige
Kalksteine <f mit untergeordneten schiefrigen und thonigen
Schichten wechselnd. An ihrer Stelle finden wir in unsren
'Alpen, mit denselben charakteristischen Meeresversteine-
fnngen, ausserordentlich mächtige Ablagerungen bald
dunkelgrauer , bald hellergrauer Kalksteine und Kalk-
$ehiefei% die gewöhnlich unter dem Namen Hochgebirgs-
kalk zusammengefasst werden und am besten den Oxford-
NMhichten unseres Juragebirges entsprechen. Darüber eine
ihnliche Folge von grauen, oft heil und dunkel gefleckten
Kalksteinen, die nach ihren Versteinerungen den Kimmet^idge-
\lkilken (als „Etage pterocmen^^ namentlich schön bei
Pruntrut entwickelt) entsprechen. — Die, im Jura durch
^en Reichthum an Korallen ausgezeichnete mittlere Ab-
teilung der obern Juraformation, der s. g. Korallenkalk,
'leheint mit diesem Habitus in unsem Alpen zn fehlen.
Ohne Zweifel gehört ein Theil des Hochgebirgskalkes
tieser Abtheilung an.
Wohlerhaltene oder deutlich bestimmbare Versteine-
rangen der obern Juraformation sind in den Alpen viel
seltener, als im Juragebirg.
Die alpinischen Oxfordkalke sind unter anderm durch:
Belemmtes hastatusBlv., ^mmoniteä plicatilis Sow., ^m.pohf'
^yrattis Rein,, Am. polyplocus Rein., Am. perarmatus Sow.,
Jptijchtis lamellosus M. u. a.; die der Kimeridgekalke durch
PterocePas Oceani Brg., Isocardia excentrica F., Mytilus
jurensis Mer., Hemicidaris Thurmanni Ag., u. a. charakterisirt
Die Schichten der untern und mittlem Juraformation
bilden, als weniger mächtig und den höheren Abtheilnngen
untergeordnet, selten erhebliche Massen oder Gipfel in unserer
Alpenkette. Um so mehr aber der darüber gelagerte , dem
314 Jilb. Müller.
untern weissen Jura oder den Oxfordschichten entsprechend»
mächtige Hochgebirgskalk, der nach oben m den obem
weissen Jura ( Pterocerenkalk) übergeht Eine Anzahl der be-
kanntesten Gipfel unserer Alpenkette gehören dieser oberstes- ^
Abtheilung der Juraformation, dem weissen Jura, an. Ich wiH 1
hier von den auf unseren Panorama hervorragenden nur foNi
gende nennen: den Mürtschenstock, Selbstsanft, Bifet^^
tenstock, denTödi, den Eammlistock, das Scheer^^
hörn, Klein- und Öross-Ruehi, kleine und grosse
Windgälle,denüri-Rothstock, denTitlis, die Wetter-
hörner, den Eiger, das Silberhom nächst der JungM
frau, Tschingelhorn, Gespaltenhorn, Blttmlisalpfl
Doldenhorn, die hohe Alteis, das Rinderhorn, deiM
Wild Strubel und andere. 1
C. Kreideformation, grün bezeidmet. H
Als eine zweite, kaum minder mächtige Vormauer TMn|
Kalkgebirgen, oft in mehrere Parallelzüge gespalten, vm
dazwischenlaufendeu Jurazttgen, finden wir auf unsenAJ
Alpenpanorama alle drei Hauptabtheilungen der Kreide«^
formation, insbesondere aber die untere, das s.g. Neocomiea^
vom äussersten Osten bis zum äussersten Westen in kanori
unterbrochener Reihe repräsentirt. Auch hier haben wir^
neben hellgrauen vorzugsweise du nkelgraue Kalke, die aber<
durch Verwitterung an der Oberfläche gleichfaüls bellgran
erscheinen. Die Versteinerungen sind fast ausschliesslidi
Meeresqiuscheln.
a. Untere Kreideformation (Neocomien),
Diese untere Abtheilung, die den Namen von der
Stadt Nenchätel (Neocomum) erhalten hat, wo sie zuerst
genauer studirt wurde, zeigt, wie bemerkt, die grössto
Verbreitung und Mächtigkeit.
1. Unteres Neocomien oder Spatangenkalk ^ haiq>t-
Alpenpanorama von Hokenschwand, 315
iehlich durch einen Seeigel: Toxaster (ehemals Spatangos)
mnplanatus Ag. charakterisirt.*)
2. Oberes Neocomien oder Rvdistenkalk , auch Capror
henkalk genannt, von der vorherrschenden Leitmtisehel
%protina ammonia dÜOrb^ Ton Escher auch Sehrattenkalk
Henannt wegen den tief durchfurchten und ausgewaschenen
lehratten oder Karrenfeldem. Auch Caprotina Lonsdttii
fOrb. findet sich häufig.
b. Mittlere Ereideformatiou.
Als Hauptrepräsentant dieser mittlem Abtheilung gilt
kr Gault, audi in den Alpen nur wenig mächtig, aber
hffdi'den Beichthum eigenthümlicher Formen von Ammo-
iäeuy sowie der ihnen verwandten hackenförmig gebogenen
kamiten (z. B: Hanätes attenuatus Sow.) und thurmförmig
kifgeroUten Turriliten (vornehmlich Turrilites Bergeri Brg,)
tNmso durch Inocerämus sukaius, /. eonc^ntricus u. andere
Huscheln ausgezeichnet, also dieselben Formen, die auch im
Milchen Jura und in Frankreich als Leitformen gelten
lud theilweise schon im untern und obem Neocomien auf*
hreten. In den Alpen sind sie in schwarze, häufig durch
ÜBensilicatkömer dunkelgrün gefärbte Kalksteine einge*
bcken, die nur geringe Mächtigkeit besitzen. Ausgezeichnet
Utt diese Abtheilung im südlichen Frankreich auf.
c. Obere Kreideformation.
Weniger in den Alpen verbreitet, begegnen wir doch
lieser obem, grossentiieils der eigentlichen weissen Kreide
entsprechenden Abtheilung, unter dem Namen Seewerkalk^
•) Femer: Holaster ÜHardyi Ag,, Belemnües däatatus Blv,
Ostre am^ionoptera d^Orb., Exogyra Cotdoni Defr. u. a. Dann eigen-
tümliche Ammoniten und die ihnen verwandten Hamiten, iScaphiten,
Crioceras und Ancyloceras. Vorherrschend erscheinen dunkelgraue
Khiefrige Mergeland Kalksteine^ häufig mit grünen Gl&ukonitkö'mem,
316 .M. Miller.
durch die bekannten Seeigel ^nanchytes ovata Jg. und
Micraster cor anguinum, dnrch Inoceramus Cuvieri % L re^
laris (TOrb., nnd andere charakterisirt, in ziemHehmächtigd
Massen oder Sdiiehtencomplexen graner ßMksteine, die bii^
weilen Feuersteinknollen einschliessaa, in der Sentisgroppll
in den Sehwyzerbergen, namentlich bei Seewen, am Fiznaner^
stock, am Blirgenstock nnd andern Orten.
Die Schichten der Kreideformation sind nicht selten, vM
z. B. auf dem Glärnisch nnd in der Stockhornkette dei
Schichten der obem Juraformation aufgesetzt Gewöhnlich bK
den sie aber, als vorherrschende Formation, selbstständ^
Gipfel, Gräte und Ketten, wie ein Blick anf das Panorama U
Unter den bekannten Gipfeln will ich hier, gleicl
im Osten beginnend, nnr folgende hervorheben:
Calanda, die Kalfeusen und der Glärnisch wenigst
theilweise; der Eamor nnd Hoh-Kasten, der Senl
die Churfirsten,; Aubrig, Silbern, Mythen, Pronal
Präge Ipasd nnd andere Höhen im K. Schwyz; die meit
Berge im K. ünterwalden, wie der Ober-Bauen vm
Nieder-Bauen, die Hauptmasse des Bürgen Stockes, m
Stanzer- und Buochserhorn, die Fronalp, überh«
fast alle die Kalkgebirge, in welche der Vierwaldstättc
eingeschnitten ist und die sich durch die wunderbaren, vc
dem mächtigen Seitendmck der CentralaJpen herrührendi
Biegungsn ihrer Schichten, namentlich zwischen Brann<
und Fluelen jedem Touristen bemerkbar machen ; femer
Hauptmasse des Pilatus, die Schratten fluh und der Höh«
gant, das Brienzerhorn, das Rothhorn und das Fanl^
hörn und die obem Theile der Stockhornkette. Wi
können die Formation noch weit durch Savoien verfolgen. lÄ
Gaultpetrefacten derRochersdesFizin den Umgebanget
der Aiguilles rouges sind schon seit langer Zeit bekannt
Alpenpanorama von Höhensehwand. 317
Im Juragebii^ sind die Kreideschichten (mit AuaBahme
ior obern Kreide) vorzugsweise im Nenenburger- nnd Waadt*
■Dder* Jura, namentlich in den Umgebungen von Ste. Croiz,
ikoBo an der Perte du Rhone entwickelt Sie fehlen da-
■gen im ganzen nordwestlichen und nördlichen Juragebirg,
||Dge&hr von Biel an.
* III. Tertiare Formationen.
A. Untere oder eocene Tertiärformation, gelb
|riorirt
t Hierher gehören die Nummulitenkalke und die gewöhn-
tsie begleitenden, darüber gelagerten Schiefer des FiyseheSy
de in grosser Verbreitung und Mächtigkeit, in mehrern
praUelzonen, als die noch nördlichem Vorwerke der Central*
eD; aus dem Vorarlberg Aber den Rhein setzend und durch
Kantone St Gallen, Glarus, Schwyz, Unterwaiden und
Berner Oberland bis nach Savoien fortziehend,
a. Nummulitenkalk.
Der Nummulitenkalk hat seinen Namen von den zahl-
ich darin auftretenden münzförmigen Nummuliten oder
enannten ßatzensteinen, welche zu den vielkammerigen
oraminiferen (Polythalamien) gehören.*) Kaum eine For-
tion zeigt eine so grosse Verbreitung wie diese. Wir
nnen sie längs den Pyrenäen und Alpen, sowie zu beiden
iten des Mittelmeeres, durch Eleinasien und Hochasien
*) Ich nenne hier nur Nammulina regnlaris, globosa und as-
jÄinoides Rüt., N. globulus Leym. Orbitali tes discus Rüt. Femer:
'vperculina ammonea Leym. Grosse Seeigel, wie Conoclypus ana-
«horeta und C. conoideus Ag., einige Schnacken, wie Turritella im-
^cataria und namentlich zahlreiche Cerithien sind gleichfalls be-
leichnend.
318 AUf, Müller.
bis nach China verfolgen. In nnaern Alpen erreicht der
NummuHtenkalk theilweise eine Mächtigkeit von lOOOFmi.
Das vorherrschende Gestein in der östlichen Hälfte Hnseia
Alpen, vom Rheinthal bis zum Pilatas, ist ein dunkelgrüner
Kalk' oder Sandsteiny durch zahlreiche Kömer eines grüDcn
Eisensilicates gefärbt, das in Folge von Verwittemng und
Oxydation des Eisens dem Gesteine häufig eine braunrothe
Färbung giebt Westlich vom Pilatus dagegen herrscheD
graue, von Eisensilicat freie, Kalksteine vor.
b. Flysch.
Der Flysch tritt gewöhnlich in Form von grauen, o4
dunkelgrauen Schiefern, oder schiefrigen Sandsteinen Visi\
Kalksteinen auf, die wenig andere Versteineningen enthatta^
als sogenannte Fucoiden oder Meeresalgen, mit dünnen Te»
ästelten blattlosen Zweigen, worunter
Chondrites intrieatus SL
^ Targionii St.
die verbreitesten sind. Fast überall folgt er auf den Amjri
ätenkalk, bisweilen in nicht geringer Mächtigkeit, die
auf mehrere 100 Meter ansteigt. Nach Studer zeigt ken
Formation so anomale und räthselhafte Lagenmgsvei
nisse, wie diese. Der TaviglianazsOMdstein^ mit w<
Punkten und grünen Flecken, einem dioritischen Tuffe
lieh, sowie der grüne und braune Balligsandstein ^ Mi
hauptsächlich in den westlichen Alpen entwickelt, gehi
nach Studer in denselben geologischen Horizont.
Ein Blick auf das Panorama zeigt die ansei
Verbreitung dieser alttertiären Gebirge, obschon sie
oft, zum Theil in Folge ihrer anormalen Lagerung,
den Ketten der Jura- und Ejreideformation versteckt ersd
neu. Obgleich beide Abtheilungen, Flysch- und Aummui
gesteine, gewöhnlich mit einander vorkommen, ja, stellweil
J
^Ipenpanorama von Höhenschwand, 319
i& einander überzugehen scheinen, so dass eine Trennung
idbwer wird, so ist doch das Auftreten jeder einzehien,
ripamentlich der Nvmmulitenkalke^ in Folge ihrer Versteine-
filBgeD, gewöhnlich so nlarkirt, dass wir jede Abtheilung
ji|e8anders an den bekanntesten Standorten aufsuchen müssen.
I Die NummuU tenformation treffen wir schon im
|jF<)rarlberg, also ganz am östlichen Anfang unserer Karte,
0 bei Dornbirn, ferner ausgezeichnet an der Fähnern
(K. Appenzell), hier voll dunkelgrüner Körner von Eisensüi-
mt imd an verschiedenen anderen Punkten der Sentis-
■
Eppe. ebenso im K. Schwyz bei Seewen, Lowerz, auf
1 Hacken, an der Aubrig oberhalb £insiede]n und bei
rg im Hintergründe des Sihlthales, wo sich auch die
t^Bsen Seelgel, wie Conoclypus anaehoreta Ag., und C.
^oideus Ag,, nebst grossen Terebrateln darin befinden;
fcrner auf der Höhe des Bürgenstockes und am Pilatus,
Ker mit den merkwürdigen Einlagerungen in den Rudisten-
der Kreideformation, in den Umgebungen von Sachselen
Sarnen, femer weiter gegen Westen an der Schafmatt,
Schratten, Hohgant, Niederhom und den Balligstöcken
Thunersee, femer in der Faulhorngrappe und an den
ienzergräten, in den Umgebungen der Wengernalp und
Scheideck, wo auch theilweise Flysch auftritt, am
rgenberghom, Gerihom, Elsighorn, Lohner, bei Schwari-
nördlich von der Gemmi, bei Kandersteg, am Rawyl,
etsch, Oldenhom, an den Diablerets, deren Versteine-
rn schon im vorigen Jahrhundert bekannt waren, an
Dent de Morde und Dent du Midi, und in gleicher west-
er Richtung durch Savoien hindurch.
Eine zweite südlichere Zone, nächst den Centralalpen,
pinnen wir von Ragatz durch den K. Glams und Uri bis
N Wengernalp verfolgen, und finden einzelne Fetzen oder m
320 Alb. Müller.
I
Streifen in den Umgebungen des Titlis, der Surenen, Cl
den, des Bifertengrates, des Tödi, dessen Spitze dal
bestehen soll, ebenso am Joch-, Eisten- und Panixerpa8i|
Der Flysch zeigt eine ähnliche Verbreitung, wie i
Nummulitenkalk. Wir können ihn gieichßiUs, in mehr^
Parallelzonen streichend, vom Rheinthal bis zum Rhön
und noch weiter durch Savoien verfolgen. Am Hans
Kärpfstock und den grauen Hörnern erscheinen die roi
alten Verrucano-Conglomerate, wie schon bemerkt, in
maier, übergreifender Lagerung über den steil einfall
Flyschschiefern gelagert. Zu dem eocenen Flysch wi
auch die bekannten Dach- und Tafelschiefer des Platten!
ges bei Matt gerechnet, welche neben den seltenen
einiger Vogel- und Schildkrötenarten, nicht weniger als
Species von Fischen einschliessen, worunter 2 Spedes
sonders häufig sind, nämlich
Anenchelum glarisianum Blv.
Palaeorhynchum glarisianum Blv,
Es ist dieser Fundort durch den Reichthnm von Wi
thierresfen einzig in seiner Art in unseren Alpen. Ersi
neuerer Zeit wurden noch ähnliche Reste in den eo
Schiefem bei Attinghausen, unweit Altorf, gefunden,
finden ferner Flyschketten im K. Schwyz und ünterwal
die sich am Hohgant und Beatenbei^ bis an den Thnn
fortziehen. In grosser Ausdehnung und Mächtigkeit
der Flysch zwischen Aare und Rhone durch das B
Oberland fort^ wo Studer zwischen Gumigel und WilcUi
nicht weniger als 6 Züge oder Ketten aufführt, von wel
die Niesen kette, die sich vonMülinen bisSepey ers
die bedeutendste ist.
Merkwürdig sind die im Flysch des Habkerenthal^
(nördlich Interlaken) eingewachsenen kolossalen Bl^
jälpenpanorama von Höhenschwand. 321
rothen Granite%^ der jetzt nirgends mehr in den Alpen
t Aehnliche Einiageningen im Flysch werden auch
idem Orten, am Böigen in Bayern, bei Sepey im K.
t etc. gefunden.
Id dieselbe eocene Periode gehören die in den Mulden
Ipalten des obem Jurakalkes im eigentlichen Juragebirge
lagerten Bohnei-ze und die in denselben Spalten, nament-
li Egerkingen und Obergösgen, E. Solothurn (westlich
Östlich von Ölten) aufgefundenen Knochen und Zähne
Säugethieren, namentlich der Gattungen Lophiodon,
»therium, Anoplotherium und andern, die grösstentheils
len im Gyps über dem Grobkalk von Paris gelagerten
ihenresten übereinstimmen. Wir'verdanken die nähere
iuchung und Beschreibung dieser merkwürdigen in
Jura aufgefundenen Säugethierreste unserm schwei-
ihen Cuvier, Henn Prof. Rütimeyer, d. Z. Viceprä-
it der Basler Section des schweizerische Alpen -Clubs.
B. Mittlere und obere Tertiärformation, braun
ichnet.
Wir könnten diese mächtige, grösstentheils aus weichen
*geln und grünlichgrauen mergeligen Sandsteinen be-
inden Ablagerungen, welche das schweizerische Hügel-
zwisehen Jura und Alpen bedecken, auch Molassefor-
!tioii nennen, weil eben der erwähnte weiche Sandstein,
ler die vorherrschende Gebirgsart bildet, Molasse ge-
i wird. Wir wollen uns in der That auch des Namens
se^ als Repräsentant der mittlem und obem Tertiär-
lation des schweizerischen Mittellimdes bedienen. Ausser
Sandsteinen spielen auch die Nagelfluhgebirge eine
le Rolle.
^ Wir können drei Hauptabtheilungen unterscheiden,
Pß untere Süsswassermo lasse und darüber eine
' fichweixer Alpen-Club. 21
322 Mb. Müller. ■
Meeresmolasse^ wdche beide in sohmalen Streifen dem
Südrand des Jura bis zur Lagern und dem ganzen Nordrand
der Kalkgebirge der Alpen folgen und überdies sich durch
die Kantone Waadt, Freiburg und den grössten Theil des
Kantons Bern ostwärts bis Huttwyl, an die Ostgrenze dieses
Kantones, sich erstrecken. Darüber lagert gegßn Osten,
mit zunehmender Mächtigkeit und Ausdehnung den grössten
Theil der mittlem und östlichen Schweiz in den Kantonen
Aargau, Luzem, Zürich, Thurgau, St. Gallen und Appenzell
bedeckend, eine obere Süsswassermolasse, die in. Bezug
sowohl auf die Steinart, als auf die darin eingeschlossenen;
Pflanzenreste grosse Uebereinstimmung mit der unteren zeigte
so dass, wo die mittlere Abtheilung der MeeresmolnssehWt,
die Grenzen zwischen oberer und unterer Silsswassermolaste
schwer zu ziehen sind.
Im Berner- und Basler Jura, namentlich in den üi
bungen von Pruntrut, Delsberg und Basel kommen n(
ältere marine Ablagerungen, Conglomerate^ Letten^ Sant
steine, der untersten Abtheilung der mittlem Tertiärformatic
angehörend, als sogenanntes Terrain Tongrien (Tongri8(
Stufe) vor, worin sich ausser Haifischzähnen {Latnna
pidata j4g.) besonders zwei Austernarten, eine dicke kopll
grosse {Ostrea Collini Mer.) und eine kleinere gerippte {Osirm,
i
crispata Goldf. = 0. cyathula Lam,) auszeichnen.
In dem Plateaugebiet der Kantone Basel und Aj
und von da ostwärts weiter bis an den Randen durch di
Kanton Schaffhausen fortziehend, treffen wir ähnliche glek
falls grösstentheils ans Conglomeraten (Kalknagelfluh)
untergeordneten Sandsteinen bestehende Ablagerungen al
Meeresmtischeln, die einer etwas höhern Stufe, nach Ki^
Mayer, der Mainzischen Stufe oder noch genauer den Fahni
der Touraine entsprechen, über ii^elche dann erst die di
^Ipenpajwrama von Höhenschwand, 323
IblTetiseheii Stufe entsprechende 7lfef>r*e^mo/a«^e folgen wtirde.
pene Conglonierate decken die langgestreckten Plateaus und
firite von oberm Jurakalk^ welche den nördlichsten Vorder-
^roiid aaf nnserm Panorama bilden.
Anch ziemlich mächtige Siissw asser ablag erungen^ be-
eilend in einer untern Mergehnolasse (Blättermolasse) mit
ianzenresten (worunter Daphnogene polymorpha Ung,\
id darüber Süsswasserkalke mit Land- und Süsswasser-
inecken, treten in den grossen Muldenthälem des Jurage-
es auf, so im Thal von Laufen, Delsberg, Matzendorf und
deren. Süsstimsserkalke finden wir ausgezeichnet in den
gebungen von Chaux de Fonds und Locle, femer in der
ähevon Basel, so bei St. Jacob und besondersam Tüllinger
erg. Diese Ablagerungen, wenigstens die untere Mergel-
olasse, mögen theilweise der untern Siisswassermolasse des
weizerischen Mittellandes entsprechen.
Wir halten uns bei diesen, dem Juragebirg und dem
Ördlich anstossenden Plateaugebiet angehörenden Tertiär-
iblagerungen, die nur einen schmalen Streifen am Nordrande
seres Panoramas bilden, ja schon grossentheils ausser-
alb unseres Gesichtskreises fallen, nicht länger auf, und
Mlen nur dem eigentlichen Molassegebiet des schwei-
zerischen Mittellandes einen flüchtigen Blick gönnen.
^ D&B Molasseland.
r Ein Blick auf unser Panorama zeigt, selbst in der un-
jjönstigen verkürzenden Perspective, die weite Ausdehnung
m Molasselandes, Vor allem fällt uns in die Augen die gröss-
wntheils aus mächtigen Nagelfluhmassen bestehende Zone
wr subalpinen Mo lasse, die uns in den bekannten statt-
Sehen Höhen des Speers, des Rossberges, des Rigi, des
'Schattenberges und anderer entgegentritt, jener Reihe
21*
324 ^Ib. Müüer.
von Nagelflnligebii^D, die mit vorherrschendem imd suneli-
mendem Sfidfali hart an die Kalkalpen der Eocen- und
Kreideformation anstossen, ja tiieilweise mit fast senkreeh-
ter Schichtenstellung unter dieselben einzuschiessen scheineiL
Diese den Alpen zunächststehende Kette von mitteltertiärea
sttdfallenden Nagelfluhgebirgen bildet eigentlich nur die
Südflanke der genannten subalpinen Zone, der etwas weitet
g^eA Norden eine zweite ähnliche Kette als Nordflanke mift
nördlidien Schichtenfall entspricht. Beide Flanken mi
durch die berühmte 2 Stunden vom Nordrande der Kalk-»
alpen entfernte antiklinale Linie getrennt, welche ProfeB80i(
B. Stader längs dem Nordrand der Alpen von Lausanne aflij
Genfersee bis Bregenz am Bodensee verfolgt und auf doj
geologischen Karte der Schweiz verzeichnet hat Ohsd
Zweifel hat der mächtige, bei der jüngsten Erhebung der|
Alpen wirkende Seitendruck die Aufstauung der subalpinen
Molasse und Nagelfluh in zwei antiklinale Zonen oder Kettei
und die theilweise Ueberschiebung des altem Kalkgehir^tt^
über diese jungem iUolasseschichten bewirkt. Eine' gaitt
analoge Ueberschiebung der Jura- und Triasformation übet
die Tertiärschichten finden wir am Nordrand des Basler«
und Aargauer Jura, ja manche Geologen sind geneigt, di^
Haupthebung des Juragebirges als eine Wirkung des Seiten]!
drackes bei der jüngsten Hebung der Alpen zu betrachteoj
obgleich die geringe Schichtenzerrüttung des breiten zwischen
beiden Gebirgen liegenden Molasselandes einen Einwni^
gegen diese Annahme rechtfertigen kann. Jedenfalls abet
scheint die mächtigste Erhebung der Alpen erst gegen dci|j
Schluss der mitteltertiären Periode, nach Ablagerung denj
Molasse und subalpinen Nagelfluh zu fallen.
Einen zweiten Zug von Molasse" und NagelfluhkSke»
können wir längs dem Südrande des Jnragefoirges verfolgen.
^^Ipenpanorama von Höhenschwand, 325
Zwischen dem subjurassischen und subalpinen dehnt sieh das
breite hügelige Molasseland der Mittelschweiz aus.
a. Untere Süsswassermo lasse (Etage Aquitanien
von Karl Mayer.)
Unten bunte, vorherrschend rothe, Mergel und Sand-
fteine (Molasse rouge), auch bituminöse Süsswasserkalke,
iarflber .die mehrere 100' mächtige graue Molasse ^ aus
graaen Sandsteinen mit thonig - kalkigem Bindemittel be-
stehend. Diese Ablagerungen lassen sich aus Savoien durch
iie Kantone Genf, Waadt, Freiburg und Bern bis Huttwyl
tafoigen, sind jedoch in den letztem Kantonen grösstentheils
^n mariner Molasse bedeckt, so dass sie dann nur in den
rhaleinschnitten 2;u Tage treten. Oestlich vom K. Bern
Ngiimt dann die Bedeckung dureh die obere Siisswasser-
flösse, "Der weitem Verbreitung der untern Süsswasser-
mlasse längs einer sujbjurassischen und einer subalpinen Zone
irnrde schon oben gedacht.
In diese untere Abtheilung der subalpinen Zone gehören
vohl auch die mächtigen Nagelßuhbei^ge des Napf, Speer,
ierBäuchlen und des Rigi, welche alle einen ähnlichen
Idiichtenbau darbieten. Am nördlichen Fuss des Rigi
Üben wir rothe Mergel^ die mit Bänken gemeiner Molasse
md bunter iVa^e//7uA wechseln; darüber, als Hauptmasse des
^zen Berges, die mächtigen südfall^den Bänke der Kalk-
iägelfluh, und ganz oben wieder beim Kulm, quarzige und
panitische GeröUe, welche sonst die bunte Nagelßuk charak-
iBrisiren. Als östliche Fortsetzung des Rigi und ganz ahn-
Ml gebaut, erscheint der bekannte Ross berg, dureh dessen'
HimE 1806 Goldau verschüttet wurde.
Die 'bunte Nagelfluh dieser subalpinen Zone besteht
ms QeröUen von Quarz, Hornblendegesteinen, Mandelsteinen
326 ^Ih, Müller,
und rothen Graniten^ welche sonst nirgends mehr auf der
Nordseite der Alpen anstehend gefunden werden.
Die Pflanzen- und Thierreste der untern Süsswasser-
molasse zeigen, wie zu erwarten, manche Uebereinstimmung
mit denen der obern, wenn auch nicht durchweg in den Arten,
doch in den Gattungen. Unter den bekanntesten Fundorten
von Pflanzenresten will ich nur die Umgebungen von Vivis
und Lausanne anftlhren, so das Thälchen der Paud^ze, hier
mit Pechkohlen; femer in der subalpinen Zone der Hohe
Rhenen südlich von Rapperschwyl am Zürchersee, gleich-
falls mit Eohlenflötzen, Rtlfi bei Schännis nördlich von
Weesen und das Erizthal östlich von Thun.
b. Marine Molasse {Etage Helvetien von Karl
Mayer).
Vorherrschend graulich -grüne Sandsteine mit tAomg-
kalkigem Bindemittel und grünen Eisensilicatkörnem, nicht
selten mit einer reichen Fauna von Meeresmuscheln, nament-
lich aus den Gattungen C.ardium (C. eckinatum Lam., C
multicostatum Br, u. C, edule Lin.)^ Pecten (P. burdigalen^
sis u. palmatus Lam.), Ostrea (0. edulis Lam,^ 0, virginim
Lam.Jy Solen, Teilina, Lutraria, Mactra, Cythere«,
und andere; ebenso von Meeresschnecken, insbesondere
aus den Gattungen Conus, Cijpraea, Mitra, Pyrnl§^
Cassis^Cancellaria, Turbo, Pletirotoma, Turriteltm
Natica, Fusus, Buccinum, Mitra, und andere von Um
lichem Habitus, die für die Tertiärbildung bezeichnend snl|
und in den früheren Formationen nur spärlich oder
nicht auftreten. Die Schalen dieser Thiere sind bisweil
noch gut erhalten, oft aber sehr mürbe und bröeldicht,
calcinirt
Unter den Fischen nehmen die Haifische die ei
Stelle ein. Man findet ihre Zälme in grosser Menge
^ipenpanorama von Höhenschwand* 327
IMamügfaltigkeit und in trefiFlicher Erhaltang, besonders ^
blnfig Lamna cuspidata Ag,, L. contartidens Ag,, Oxyrhina ^
hutalis und die riesigen Zähne von Carcharodon megalodon
Jg^ mit gekerbter Schneide. Auch Knochen und Zähne
TOB grossen Landsäugethieren fehlen nicht, so von dem
ipammathähnlichen Mastodon angtistidens Cuv,, von Rhino-
uros incisivus Cuv,. ferner von der bekannten Seekuh
Bülianassa ( Halitherium) Studer\ von Meyer,
Wie schon oben bemerkt, sehen wir dA^ marine Molasse
in zahlreichen Orten, schon im K. Waadt und Freiburg,
ioch mehr im K. Bern über der untern Siisswasserwo lasse
tu Tage treten, am ausgezeichnetsten aber längs dem Jura
od den Alpen.
1. Snbjurassische Zone. Reiche Fundorte von Ver-
fciIler^ngen bieten die aargauischen Ortschaften Lenzburg,
bmarsingen, Meilingen, Mägenwyl und Würenloos, bei
Welchen der wahre ^Muschelsandstein'^ auftritt. Ebenso
werden die Umgebungen des Irchel, von Eglisau und andern
ftrten genannt
i"
f 2. Subalpine Zone. Nicht minder reich sind die
llmgebungeu von Bern, so der Längenberg, die Bütscheleck
md der Belpberg. Bei Hütlingen, nahe Wichtrach, findet
Ififih eine ganze Austerhank, 'Ebenso finden wir die marine
polasse wieder in den Umgebungen von Guggisberg. Weni-
ger reichhaltig und ausgezeichnet setzt diese Zone durch den
i^ Luzem und weiter bis in die Umgebungen Von St. Gallen
ptij deren Sandsteine wieder reich an Versteinerungen sind,
über auf den Höhen theilweise von Siisswassermolasse be-
fleckt werden. Die Muschelschalen sind mürbe, weiss, leicht
iferreiblich.
328 ^Ib. MmiUr.
c. Ob ereSSsswassermo lasse (Etmge OenrngieModitt
Oemmger - Stufe.)
YorherrscheDd besteht diese obere Abtheilung ans felo-
kdmigen, grflniichgrauen, oft thonigen, Sandsieinen mit
thonig- kalkigem Bindemittel. Den Quarzkor nern sind Tiefe
grfine Eisensilicatkomer (Glaokonit) beigemengt, vielleicht
auch Flitterchen eines chloritahnlichen Minerals, welche die
grfinliche Färbung hervorbringen. GlimmerscMppehek
mengen sich häufig in grosser Zahl bei. Die meisten dieserj
als Bausteine so geschätzten und vielfach verwendeten 5iui^
steine brausen mit Säuren. Auch Thone und Mergel tret
in untergeordneten Zwischenlagen auf, ebenso bitumioi
Kalksteine (Sflsswasserkalke) mit Land- und Süsswj
Schnecken.
Die obere Susswassermolasse gewinnt erst östlich vc
K. Bern, bei Huttwyl beginnend, grössere Verbreitung
bedeckt, als eine breite Zone, den grössten Theil des schweij
zerischen Mittellandes in den Kantonen Aargau, Luz(
Zürich, Thurgau, S£ Gallen und Appenzell. Hie und
finden sich schwache, selten aber bauwürdige, Braunkohle»^
flötze eingelagert, wie die schon seit Jahren ausgebeutete^
beiden Flötze von Eäpfiiach bei Holten, die gegenwärtji
unter der musterhaften Leitung meines verehrten Freundet
des Herrn Bergrathes Sto'ckan-Escher in Zürich stehen oo^
dennoch die Concurrenz mit den Saarhrücker- und Rukr^
kohlen kaum mehr aushalten können. ^
Nirgends in der Schweiz, weder in den Alpen, noch is
Jnra,«nodi im Mittelland, weder in der eigentticheii StäK^
kohlen-^ noch in der Braunkohlen" oder MolasseformatiM^
noch viel weniger in den andern Formationen sind bishcf
irgendwie ausgiebige Kohlenlager gefunden worden und fli
^Ipenpanorama von Möhenschwand, 329
M leider auch wenig Aussicht, das deren noch in der Folge
nun Vorschein kommen könnten.
Am häufigsten sind in der Siisswassermolasse Pflanzen-
^ vorhanden, so z. B. in der A Ibiskette, in den Um-
Ijehnngen von Horgen (Käpfoach), von Winterthur (Veitheim
jBid El^), des Irchei und an andern Orten.
Vor Allen aber sind zu nennen die wegen ihres
jPetrefactenreichthnms schon seit 150 Jahren ausgebeuteten
Einbrüche des Sehienerberges bei Oeningen östlich von
kein, am Ansfluss des Bodensees, welche Lokalität von
p. Heer, dem competentesten Benrtheiler, in Bezug auf
kiiocene Landesfauna als die wichtigste Fundstätte in der
I7elt bezeichnet wird. Heer zählt nicht weniger als 475
Manzenarten und 9222 Thierarten auf, wovon freilich
126 Spedes auf die grosse Abtheilung der Insecten fallen,
Mhrend die Fische mit 32, die Repitilen mit 12, die Säuge-
jteere mit 6 Arten vertreten sind, und von Vögeln erst wenige
Ihichstüeke gefunden wurden. Es ist hier nicht der Ort,
tp die einzelnen Merkwürdigkeiten aus diesem berühmten
ndort einzugehen, um so weniger als Heer dieselben in
keinem treflFlichen und lehrreichen Werke, „die Urwelt der
Ibhweiz^ ausführlicher für einen grossem Leserkreis be-
lArieben hat. Die Erhaltung der Thier- und Pflanzenreste
ll dem dünnschiefrigen mergeligen Kalkstein ist wunderbar,
lamentlich diejenige der sonst so leicht zerstörbaren Insecten.
)ie Blätter zeigen noch die feinsten Details. In den,
)eninger- Brüchen wurde auch das vielerwähnte Skelett
faies Riesensalamanders, Andricis Scheuehzeri Tsehudi, ge-
Imden, welche- der alte Scheuchzer iür die Ueberreste
a&es vorsündfiuthlichen Menschen hielt und Homo diluvü
tttis nannte, mit dem erbaulichen Vers von Diaconus
filier:
330 ^ib. Müller.
Betrübtes BeingeröBt von einem alten Sünder,
Erweiche Stein und Herz der neuen Bosheitskinder.
Dieser Riesensalamaiider soll der noch lebenden japr
nischen Art, Andrias japonicus Tem. ähnlich sein.
Obgleich die Pflanzen der nntem nnd obern Stisswasser* ,
molasse nicht vollständig übereinstimmen , so ist doch doi.
Gesammthabitus ein sehr ähnlicher, so dass, wo beidi,
Abtheilnngen nicht durch die marine Malusse geschiedeil
sind, man Mühe hat, eine Grenze aufzufinden oder die ei«
von der andern zu unterscheiden. Wir werden daher
der Aufzählung der wichtigsten Arten beide zusamm<
Vorherrschend jedoch haben wir es mit der obern Abtheili
zu thun.
Von den verbreitetsten und bezeichnendsten Gattani
und Arten der Süsswassermo lasse will ich hier nur fo
herausheben: Besonders reich vertreten sind die Ahombi
(so ^cer trilobatum Brg.), die Pappeln (wie Populus la
und mutabiUs), die Eampherbäume (ganz besonders Dap
gene oder Cinnamomum polymorphum Unger)^ ferner Er!
Birken, Uknen, Platanen, Wallnussbäume, Eichen, Weid«
Rhamnusarten; unter den Nadelhölzern: Oypresseu, Taime^j
Föhren und Sequoien; unter den Palmen Fächer-, sei
Fliederpalmen. Ausser den schon genannten tropis
Kampherbäumen und den Palmen, deuten auch die Lo
und Feigenbäume auf ein wärmeres, subtropisches Klinift*
Unter den Landschnecken sind besonders reich
Gattungen Helix (so H. Ramondi Bt\, H, moguntina DesL'
und ü. angulosa Marl.), Pupa und Olausilia; unter den Söb»-
wasserschnecken die Gattungen Neritina (A^ fluoiatiät L\
Limneaus, Planorbis, Melania (so M» Escheri Brg,); unter dct
Zweischalern die Gattungen Unio (U. flabellaius GMf.) vai
Anodonten (^. Lavateri Mst) vertreten. Unter den FisdMi
Alpenpanorama von Höhenschwand, 331
und die Hechte, Barsche und Weissfische hervorzuheben,
und unter den Säugethieren die Dickhäuter, worunter die
Tapire (Tapirus helveticus^ H, v, Mey.), die Paläotherien, die
Mastodonten (so M. angustidens Cuv.), die riesigen Dino-
fterien (/>. giganteum Kaup, aus der obersten Stufe), die
ithinocero8se(^A. t»e{>n!t^und minutus Ctw.% diepferdeartigen
pnd schweinartigen Thiere (u4nchttherium, Uippainon, Stis^
9ypopotamus, insbesondere das Anthracotherium magnum
€w, u. A. hippoideum Rüt, der untern Süsswassermo lasse),
fcmer Hirsche und Moschusthiere, während die Bären und
Wölfe noch fehlen und von Affen erst wenige spärliche
Keste gefunden wurden. Ebenso fehlt noch der Mensch.
Die Schichten der Molassegebirge sind im Ganzen
tonr wenig geneigt, ausgenommen in der subalpinen Zone, zu
peiden Seiten der schon früher erwähnten, längs den Alpen
nreichenden, antiklinalen Linie. Die Hauptmasse scheint
per mittlem (miocenen) Tertiärperiode zu entsprechen, mit
yiusnahme vielleicht der obem Schichten der obem Süss-
^assermo lasse (Oeninger Stufe), die, theil weise wenigstens,
ier jüngsten (pliocenen) Tertiärzeit angehören möchten.
Die Braunkohlen, sowohl der untern, als der obem
Süsswassermolasse , werden zwar an verschiedenen Orten in
Ver Schweiz ausgebeutet, sind aber doch nur von lokaler
"Bedeutung, und halten mit den bekannten Steinkohlen-
üstricien keinen Vergleich aus.
I
IV. Quartäre (quaternäre) Formationen.
Als jüngste Bildungen erscheinen über den Mergeln und
Sandsteinen des hügeligen Molasselandes mächtige Sand-
«nd QeröUablagemngen, welche die Thalböden ausebnen
und auch noch zum Theil die angrenzenden Hügel bedecken.
332 'Mb. Müller.
Diese Ablagerungen wurden unter dem Namen Diluvinn
zusammengefasst, weil man sie der Sündflnth, nnd jedenfalli
nicht mit Unrecht, grossen Fluthen zuschrieb. Wir findet
diese Schuttablagerungen in allen grossem Thälem an«
auserhalb der Schweiz, so namentlich auch im Rheinthil
unterhalb Basel, wo über den Gerollen als eine mächtip
mit Kalk und Sand gemengte Thonablagerung der s. g. L(
auftritt, der von seinem Reichthum an kleinen Landschnecb
den Namen Schneckenhäuselboden erhalten hat Besonde
verbreitet darin sind Helix hispida Müll^ H. arbiistorum Lh
Suceinea ohlonga Drap, u. Fupa mitscorum Drap. Er steif
an den Gehängen noch einige hundert Fuss über dem jetzig
Thalboden empor, so gerade auf den Tertiitrhügeln
Süden von Basel, woraus man auf die Höhe jener Phthe
schliessen kann. In den Gerollen, seltener im Löss, finde
sich an vielen Orten Knochen und Zähne grosser Sänj
thiere, so vor Allem des Mammuths (Elephas primigenk
Blumenb.)^ des Rhinoceros ticharhinus Cuv., des Ries«
hirsches (Cervus eurycerus j4ldrov.)^ des ürochsen (Bi
priscus Boj) , des Höhlenbären (Ursus spelaeaus Rasenm,j
der Höhlenhyäne (Hyaena spelaea Goldf,) und andei
deren Reste auch zahlreich in den bekannten Knoch(
höhlen abgelagert wurden.
Bei Utznach und Dümten unweit Rapperschwyl koninM
nicht unbeträchtliche Lager von Braunkohlen undbituminöi
Holz im diluvialen Schuttlande vor, die schon seit Langet
abgebaut werden und von Heer in seiner Urwelt nih<
beschrieben worden sind. Die diluviale Flora weicht weni(
von der heutigen ab. Die Torfmoore setzen aus der DiluvitK
Periode in die heutige Zeit fort .
Alle diese Schutt- und Lehmablagerungen gehören dtfi
vorhistorischen Zeit und die genannten Säugethiere erlo*
SD
i
u^lpenpanorama von üühenschwand, 333
phenen Arten an. Bis vor wenigen Jahren galt noch allge-
iein die Ansicht, dass in diesen Ablagerungen und ^mit
Sesen erloschenen Thierarten keine Reste oder Spuren des
tensehen vorkämen, dass also jene nicht nur der vorhistori-
(lien, sondern der vormenschlichen Zeit angehörten. Seit-
m aber, erst bei Abbeville in der Nähe von Amiens, dann
sahireichen andern Orten in Frankreich und England,
iis im Diluvialschutt selbst (freilich nur in den jüngsten
Khichten), theils in den genannten Knochenhöhlen, mit den
Uochen jener ausgestorbenen Säugethiere auch Knochen
Steinwerkzeuge von Menschen in einer Weise beisam-
gefunden wurden, dass ein gleichzeitiges Zusanuuen-
Q höchst wahrscheinlich ist, seitdem hat die Ansicht
0 der Existenz des Menschen in der Diluvialzeit immer
r Eingang bei den Geologen geftinden. Die Steinperiode
schweizerischen Pfahlbauten scheint sich dem Ende
r
kser Periode anzuschliessen, obgleich jene ausgestorbenen
Ingethiere darin fehlen, oder ist noch jünger.
In engem Zusammenhang mit den im schweizerischen
Pgelland und seinen Thalebenei) auftretenden diluvialen
tuttablagerungen stehen die sogenannten erratischen
i^ke und Schuttwälle, als Zeugen einer in die Diluvialperiode
lllenden Eiszeit, während welcher die Gletscher unserer Alpen
das ganze schweizerische Mittelland bis an die Abhänge
Jura und des Schwarzwaldes, ja im Nordosten bis über
•
Bodensee hinaus sich ausdehnten. Wie noch jetzt in
jlttem alpinen Hochthälern, so, haben auch damals, zu Ende
ilr Eisperiode, jene ausgedehnten Gletscher bei ihrem Rück-
hce als End- und Seltenmoränen jene Schuttwälle zurück-
idaasen, die wir 'nun an zahlreichen Orten des Schweizerin
eben Mittellandes, namentlich in den Kantonen Bern,
Axem und Zürich, besonder^ häuüg am untern Ende der
334 Mb. Müller.
Seen vorfinden. Dahin gehören auch die sehon erwShntoi
erratiBchen Blöcke oder Wanderblöcke von alpinischen Ge-
steinen, die so ausgezeichnet an den westlichen nnd südlichen
Gehängen des Juragebirges vorkommen, ja noch, wie im K.
Basel, tief in die Hochthäler eindringen. Einzelne dieser
Blöcke haben wegen ihrer Grösse und Lage eine gewisse
Berühmtheit erlangt, so einige ob Neuchätel (Pierre ä Bot),
bei Steinhof südöstlich Solothurn und andere. Meistens
sind es schöne Granite^ Gneisse und krystallinische Gesteint
Ihr fremdartiger Ursprung ward schon lange erkannt, ihn
Abstammung aus den Alpen, mit deren Gesteinen sie so grosse
Uebereinstimmung darbieten, dass man oft noch ihren hei-
mathlichen Gebirgsstock bezeichnen kann, ward schon lange
vermuthet. Es ist jedoch das Verdienst von Venetz nad
Oharpentier zuerst ihren alpinen Ursprung in Folge der
einstigen grossen Ausdehnung der Gletscher, welche jene
Blöcke abwärts durch die grossen /Thäler in die Ebene p^
fahrt und bei ihrem Rückzug zurückgelass^, nachgewiesei
zu haben. Desor, Agassiz, P. Merian, Escher, DoUfiiaii
Mousson, Forbes, Tyndall und andere haben dann diesi
schönen Untersuchungen weiter fortgesetzt. Leider nehind
die am Jura und über das schweizerische Mittelland i0
streuten Wanderblöcke von Jahr zu Jahr an Zahl ab, Ü
sie so vielfältig zu baulichen Zwecken verwendet werdci
wie das ja auch in der norddeutschen und russischen EbeH
der Fall ist, deren Wanderblöcke aber nicht direct diird|
Gletscher, sondern durch schwimmende Eisschollen i^
Scandinavien nach Süden transportirt worden sind. Fast
allen grössern Alpenthälern, in deren Hintergrunde wir
zutage noch Gletscher antreffen, so im Rhonethal und
seinen Seitenthälem sieht man an den Gehängen die ei
tischen Blöcke zerstreut, deren Höhenniveau im Allgei
Jlpenpanorama von Höhenschwand. 335
■I so mehr sich senkt, je mehr wir uns dem Ausgange dieser
üliäler nähern. Ebenso sehen wir noch in manchen dieser
IMler, in weiter Entfernung von dem jetzigen Ende der
Setscher, die Schuttwälle oder deren Reste ^ welche früher
Hm dem sich zurückziehenden Gletscher als Endmoränen
nsgestossen und zurückgelassen wurden, ganz wie wir es
loch heutzutage in nächster Nähe der Gletscher wahrnehmen,
füeht minder schön sehen wir im Rhonethal und Aarethale,
10 ganz besonders im obern Haslethal und weiter hinauf
iber dem Unteraargletscher, die durch die fortrückende Be-
Kgang der frühem viel mächtigem und ausgedehntem
Hetscher abgemndeten und polirten Gneiss- und Granit^
l&en (Boches moutonnees, Roches polies et striees), die
Mion von Agassiz in seinem bekannten Gletscherwerke ab-
||il>ildet und auch von Herrn Prof. Desor in seinem schönen
i^per^u du Phenomene erratique des ^Ipes^ S. 426 den
Lesern des Jahrbuches unseres schweizerischen Alpenclubs
Bd. I.), wieder vorgeführt worden sind, worauf ich die
Beehrten Leser hiemit verweise.
^ Wir sehen noch die Wirkungen des Gletscherschliffes
In den geglätteten Felsen des Jurakalkes in der Nähe von
lenehätel, namentlich ob Landeron, und an manchen andern
Irtan. Kurz, Alles weist darauf hin, eine dieser grossen
Insdehnung der Gletscher entsprechende Eiszeit anztt-
Nhmen, welche für das mittlere Europa in die Diluvialperiode
toen würde. Noch grossartiger erscheint die Verbreitung
Ihr erratischen Blöcke und Schuttmassen, (die sogen. Drift)
kk Norden von Europa, so in Scandinavien, und namentlich
k Norden der Vereinigten Staaten, worüber wir dem Herrn
hol Desor und andern lehrreiche Aufschlüsse verdanken.
Ke gehören derselben Eisperiode an. Ja manche heutigen
Aeologen sind in Anbetracht, dass an manchen Orten in der
336 Mb. Müller.
Schweiz erratische Blöcke unterhidb and wieder (z. B. bei
Utznach) oberhalb der diluvialen Geröllablagerangen t<v>
kommen, geneigt^ zwei Eiszeiten anzunehmen, wovon die
eine in den Anfang, die andere gegen das Ende der diiuviA-
leu Periode fallen würde. Die Vermuthung liegt nahe, da»
das Material für die diluvialen Geröll-, Sand- und Lehmb-
lagerungen grösstentheils durch die Gletscher selbst aus
dem Hochgebirge in die J^iederungen gebracht und zermalmt
worden sei und dass in Folge der Wiederkehr eine§ wärmerea
Klimas und des Schmelzens der ungeheuren Eis- und Schnee-
massen, die sich in der Eiszeit angehäuft hatten, unter aü-
mähligem, von wiederholten Schwankungen begleiteten, Bitek-i
zuge der ehemals so ausgedehnten Gletscher, jene grosMii
Fluthen ^tstanden sind, weldbu^ den zurückgelassenen Glet-
scherschutt und Gletscherschlamm weiter geführt und indei
Niederungen der Schweiz, sowie im weiten, langen Rheinthal
zwischen Basel und Mainz abgesetzt haben. Mit Redht
sagt wohl Herr DoMiss-Ausset, der verdiente Gletscher-
forscher: Unser Löss und Lehm, der bei Basel undMflt
hausen in so grosser Mächtigkeit auftritt, ist nichts aa-
deres, als Gletscherschlamm. Diluvialer und glacialer Schau
sind so häufig mit einander gemengt, und gehen, je naebr
dem die Abrollung mehr oder minder weit fortgeschritttt
ist, so häufig in einander über, dass an eine Trennung nieli
zu denken ist
Es ist hier nicht %der Ort, die Ursachen zu discutirei^
welche eine Depression des Klimas in der Eiszek und <&•
grosse Ausdehnung der damaligen Gletscher veranlasst hsbeSi
Nur so viel bemerke ich, dass die so einleuchtende Hypotlieia
meines werthen Freundes, Herrn Prof. Arnold Escher t«
der Linth, wonach die warmen Winde, die jetzt unseis
Gletscher abschmelzen und die mittlere Jahrestemperatur e^
Alpenpanorama von Höhenschwand, 337
köhen, aus der heissen Wüste Sahara kommen sollen, die
in der Eisperiode mit Meer bedeckt war und demnach die
darüber lagernden Luftschichten viel weniger erwärmte, als
in ihrem jetzigen trockenen Zustande: dass diese Hypothese
in jtlngster Zeit von verschiedenen Seiten Einwürfe erfuhr,
unter andern von Dove, welcher behauptet, dass diese heissen
von der Sahara ausgehenden Winde unsere Alpen nicht mehr
treffen können, sondern sich ostwärts gegen Russland wenden.
Wie dem auch sei, so viel ist sicher, dass nicht die Abnahme
der Temperatur allein die grosse Ausdehnung der damaligen
CHetseher zu erklären vermag, dass grössere Feuchtigkeit
der Luffc gleichfalls eine Rolle dabei spielte und die Ansicht
von Frankland, welcher gerade umgekehrt die Ursache der
Eiszeit in einer hohem Temperatur der damaligen Meere
vnd damit in grösserer Feuchtigkeit sucht, nicht so barock
ist, als sie auf den ersten Augenblick erscheint
Gegenwärtig haben sich die Gletscher in die Hochthäler
vnserer Alpen zurückgezogen und steigen nirgends mehr tiefer
als 3500 — 4000' Meereshöhe in die Thäler hinunter, freilich
mit Schwankungen, indem eine Anzahl kalter und nasser
Jahrgänge ihr Vorrücken, warme und trockene dagegen ihr
ZnrOckgehen, durch Abschmelzung, bewirken, wie das in
letzten Jahren in hohem Grade der Fall war. Ob Druck und
Schwere allein , wie Tyndall meint, oder ob die Ausdehnung
des gefrierenden Wassers in den Gletscherspalten das Vor-
ificken der Gletscher bewirkt, darüber sind die Gelehrten
loch nicht einig. In unmerklichen Uebergängen wandelt
neh der feine kömige Firn, der die höchsten Gipfel und
Gehänge unserer Alpen bedeckt, von der Feuchtigkeit der
Lnft, von Regen und schmelzendem Schnee getränkt nach
onten in das feste Eis um, welches die Hauptmasse unserer
Gletscher bildet Firn und Eis sind in unserm Panorama
Schweizer Alpen-Club. 22
338 ^Ib. Müller,
durch die weissgeiassenen Stellen angedeutet Was ist eine
Alpenlandschaft ohne Schneefelder und Gletscher ün Hioter-
gmnd! Sie sind es vorzüglich, welche die grossartige
Schönheit unserer Alpenlandschaften erhöhen und ans allen
Ländern eine mit jedem Jahre wachsende Zahl von Bewun-
derern anziehen und welche anch die Freude, der Stolz und
das Ziel unserer kühnsten Bei^teiger bilden, denen nach und
nach alle diese hohen und beschneiten Häupter, eines uaeh
dem andern, unterthan werden müssen. Wir werden Tiel-
leicht die Zeit noch erleben, wo die Fahnen des schweizeri-
schen Alpenclubs von allen diesen hohen Zinnen ins weite
Land hineinschauen. Glück auf!
i
Die Alpenflora
von Dr. H. Christ.
l/n erinnerst dich doch noch, lieber Leser, an deine
erste Alpenreise? An das feierliche und wonnige Geföhl,
welches jede neue Wahrnehmung im Hochgebirg in dir er-
regte? Zuerst erfasste dich das Dunkel der Waldung mit
süssem Grausen , dann drang der düstere Ernst der Fels-
wände auf dich ein, bis endlich der Eintritt in die glänzende
Fimregion in dir einen Sturm noch nicht gekannter Begeiste-
rung wach rief. — Wohl erst nach dem Grossen und Er-
habenen der Gesammterscheinung erschloss sich dir dann der
Heiz der kleineren Züge der AlpenlaudschafL Du mustertest
während einer Rast auf bemooster Felsplatte die Pflanzen-
decke rundum. Mit wachsender Freude erkanntest, du auch
hier Neues und Schönes. So niedliche, feste Polster von
Grün, so reine Farben , so grosse Blumenkelche hattest du
dnmten noch nie geschaut: ja bis in die Moose jnnd Flechten
hinein, weiche das Gestein bedecken, schien dir Alles einen
fremden Charakter zu tragen , und je höher du wandertest,
desto eigenthümlicher , desto edler und adliger kamen dir
diese kleinen, muthig der Eisregion trotz bietenden Alpen-
pflanzen vor. Und dieser erste Jugendeindruck ist dir bis
heute geblieben. Du bist seither kein Botaniker, wohl aber
22*
340 Dr. U, Christ
ein Alpengewohnter Veteran geworden, und immer noch
grüssest du mit inniger Freude die Erstlinge dieser hoch-
geborenen Flora: wenn dich das plebejische Kräuterheer
deiner Thal wiesen höchstens an den Heuertrag mahnt, so
siehst du am Rande des Firns in den Alpenblumen nicht
eine blosse Masse von Kräutern, sondern einen Verein von
Distinction, worin jedes Individuum für sich einen Gniss
verdient.
So lass es dir denn gefallen, wenn ich dich , statt auf
verwegener Fahrt in noch unbekannte Eismeere , einfuhren
will in das stille Gebiet unserer Alpenflora, wenn ich das
Gesammtbild in seine einzelnen Züge zerlegen und solche
wo möglich dir deuten möchte.
Welche gemeinsamen Merkmale , fragen wir zunächst,
kommen der Vegetation der alpinen Region zu?
Zuerst das Fehlen der hochstämmigen Waldung. Wo
die spezifischen Alpenpflanzen, nicht als einzelne, tiefer
streichende Flankier , sondern in geschlossenem Chor auf-
treten — in einer Höhe von ungefähr 5000 Fuss in den
nördlichen , von 6000 in den mittleren , und von 7000 in
den Engadiner- und Walliser- Alpen — da findet der Laub-
wald längst keine Stätte mehr und der Nadelwald lichtet
sich rasch und bldbt bald ganz zurück. Nur Sträucher
machen sich in der unteren Zone der eigentlichen Alp^-
region breit: ihr Typus und ihre Krone ist die Alpenrose.
— Sonst zeigt sich eine kurze, gedrängte Grasnarbe, übe^
ragt von mannigfaltigen schönblüthigen Kräutern, und end-
lich — auf den höchsten Rücken und Kämmen — jene EKte
unserer Flora, welche Wahlenberg die subnivale genannt
hat, und deren oberste Vorposten tief in die Schneelinie ein-
dringen, wo nur ein aberer Kamm oder eine geschützte
Spalte sich bieten. So giebt ja der letzte Jahrgang dieses
Alpenflora, 341
Buebes Kunde und Bild einer Oberaarhornflora bei 10500';
80 fand man an den Rosagipfeln bei 1177()' noeh Blüthen-
pflanzen. — Und wo diese in die, Augen fallende Vegetation
aufhört, da breiten noch emsig die Flechten ihre Scheiben
fest angedrückt über die Felsen aus, und decken, peripherisch
wachsend , Platte um Platte mit bald schwärzlicher, bald
hell rothgelber Kruste. Noch ist der Mensch nicht in Höhen
gelangt, wo das Pflanzenleben in der Elementarform der
Flechten ganz erstirbt: denn nicht nur an alle Gipfel unserer
Alpen, sondern an die höchsten erreichten Punkte des Hima-
laja heften sich noch diese unscheinbaren, aber ausdauernden
Bahnbrecher höherer Organismen fest.
Werfen wir, vor der näheren Betrachtung der dicht
am Boden sich anschmiegenden Alpenflora, noch einen Blick
abwärts in die letzten in diese Region vorgeschobenen Wald-
bestände, so finden wir kaum mehr als 4 Baumarten darin
r vertreten. Die Alpenbäume par excellence, die am höchsten
oft mitten in den Teppich der Alpenkräuter ansteigeh , sind
die Lärche und die Arvel Beide erreichen im Oberwallis
7000, im Engadin fast 8000', und stehen beinahe stets
gemischt. Oberwallis allein besitzt, so viel mir bekannt,
reine Lärchenbestände. Trotz der anscheinenden Zartheit
der Lärche hält sie der so robust und derb sich darstellenden
Arve im Kampf gegen das Höhenklima die Wage ; ja die
Lärche scheint noch unabhängiger von äusseren Einflüssen,
denn sie steigt tiefer gegen das Thal abwärts als die Arve
(im Wallis bis gegen 1200', während die Arve daselbst
nie unter 5000' anzutreffen ist), sie setzt sich also grösseren
Temperatur-Variationen aus als diese. Zudem verdient die
edle Lärche der Schweizer besondere Sympathie als der
charakteristische helvetische Gebirgsbaum. Genauere ünter-
snchnng hat gezeigt, dass der Waldbaum Russlands und
342 Dr, H. Christ
Sibiriens, den man bisher für nnsere Lärche hielt, einer an-
deren Art (der Larix sibirica Ledeb.) angehört, dass somit
unsere Lärche in ihrem Vorkommen anf das Alpensystem
beschränkt ist, und dass die Alpen von Wallis , Tessin und
Bündten die eigentliche Domäne derselben sind, von wo au»
sie in dünnen Streifen nach Ost und West ausstrahlt : nach
Ost bis an die Carpathen, nach West bis zum obem Var.
Die Arve dagegen erscheint bei uns nur als letzter
Ausläufer von ihrem mächtig ausgedehnten Heimathland:
dem Norden Sibiriens her, wo sie von Kamtschatka an (ja
nach Hooker und Arnott sogar vom arctischeh Amerika
an) in geschlossenem Wald: zuerst als Krummholz , dann
als Hochstamm bis in's europäische Russland einherzieht
eine kleine Etappe in Siebenbürgen macht, und in den Alpen
der Provence erlischt
An diese 2 Alpenbäume reiht sich die Rothtanne
(Pinus Picea Du Roi, Pinus Abies L.), die ^n Häufigkeit die-
selben weit übertriflPt, die jedoch ihren beiden Vorgängern
nicht ganz so hoch zu folgen vermag (Grenze circa 5700,
südlicher 6500 Fuss). — Doch ein Oharakterbaum der Alpen
im strengen Sinn ist unsere Tanne nicht: ihr grösstes Ver-
breitungsgebiet liegt im Norden , wo sie vom Ural an über
Russland, Finnland und Scandinavien bis zum 70. Grad
ihren dunkeln Mantel ausspannt, und auch in ganz Deutsch-
land, in früheren Zeiten auch in Grossbritannien, alle höheren
Punkte besetzt hält — Dagegen bilden die Alpen , wie der
Arve und der Lärche, so auch der Rothtanne südliche Grenze :
die südlichen Halbinseln Europa's entbehren sie ganz: sehr
ungleich ihrer zärtern Schwester, der Weisstanne (Pinna
Abies Du Roi, P. Picea L.), welche nicht über 4500 Fuss,
also nicht in die eigentliche Alpenregion aufsteigt, (welche
z. B. im ganzen Oberengadin fehlt und erst bei Scanfs be-
Alpenflora, 343
giont), welche aber die griechischen Berge und den ganzen
Apennin bewohnt, ja selbst auf Sicilien (Serra dei Pini der
Madonie) in erlöschenden Spuren vorkommt, dagegen nörd-
lich von den mitteldeutschen Gebirgen (52® Breitegrad) nicht
mehr auftritt.
Der vierte unserer ^Ipenbäume ist seltener und wenig
gekannt. Er ist der Art nach mit der Legföhre identisch,
zeigt aber aufrechten Stamm von 25' bis 40' und schlanken,
kurzastigen Wuchs. Es ist die Bergföhre oder Hackenkiefer
(Pinus montana Mill. var. uncinata Kam.). Sie findet ^ich bei
uns zerstreut von Waadt bis nach Graubünden, am häufigsten
wohl im Ofenthal, als Begleiterin der Arve und Rothtanne,
bis gegen 7000'.
Diess sind die Elemente, aus welchen die alpinen Wald-
bestände zusammengesetzt sind. Von Flechten überwuchert
mit vertrocknetem Wipfel, bieten sie fast überall das
unheimliche Bild absterbenden Lebens. Die Arve zumal
recrutirt sich nirgends mehr in befriedigendem Verhältniss;
auch die Tanne geht zurück, und selbst die Lärche, die
weitaus widerstandskräftigste dieser Baumformen, scheint
sich mehr auf Kosten ihrer Genossen abwärts und seitwärts,
als nach der Höhe auszudehnen. Ueberall treten einzelne
uralte Wettertannen über die geschlossene Waldgrenze her-
vor , und stundenweit ob den letzten Bäumen bezeugen , in-
mitten der Hochalpenflora, einzelne abgestorbene Stöcke,
dass früher der Wald weit höher in unseren Bergen gedieh,
dass dessen heutige obere Grenze keine natürliche ist. In
den meisten Fällen war es der Unverstand des Menschen
oder das BedürMss seiner Viehheerden, welche die verderb-
liche Veränderung zu Stande brachten.
Nach dieser kurzen Musterung der alpinen Waldgrenze
betreten wir nun unser eigentliches Gebiet: die herrliche
344 Dr. H, Christ.
offene Alpentrift Doch halt I nicht zu rasch vorwärts ! deno i
es hemmt den Fuss nunmehr dichtes Gestrüpp , anfangs in \
Aughöhe, hald nur in Gttrtelhöhe , und endlich zwischen den i
Steinen sich verkriechend. An Halden mit trockenem Felsen- i
Schutt, besonders also im Ealkgebirg, ist es die Legfohre \
in mehreren Abänderungen (Pinus montana Mili. var. humilia I
Heer, Pumilio Hanke etc.) , die ihre harzreichen Zweige, die I
Wipfel stets thalwärts gewandt, ausbreitet und durch Be- {
festigung des Gerölls den Boden für eine spätere Waldvege- \
tation yorbereitet. Auch das Landschaftsbiid der Zwerg- \
Wälder von Legföhren ist den Alpen nicht ausschliesslich
eigen: die Oarpathen zeigen es selbst noch ausgedehnter
als diese, und alle höheren böhmischen und deutschen Ge-
birge, sowie der Süden von Europa (analog der Weiss-
tanne) bis nach Calabrien, besitzen Legföhrenbestände. Nach
Norden geht jedoch diese Form nicht, und der Westen, be-
sonders die Pyrenäen, kennen nur die hochstämmige Form
der Hackeükiefer. An feuchteren Abhängen, ziunal im
Schiefer- und Urgebirg, tritt ganz ähnlich die dunkle Alpen-
erle (Alnus viridis D. C.) auf. — Zwischen diese dominirenden ^
Sträucher schlingen sich, mehr einzeln, eine grosse Zahl an-
derer : von unten wagt sich die Himbeere, der Seidelbast
(Daphne mezereum L.) und der „Girmsch^ (Sorbus aucn- i
paria L.) heran ; die domenlose Rose, drei Arten der Hecken-
kirsche (Lonicera) u. s. w. treten hinzu, am meisten aber
interessiren uns die immer massenhafter erscheinenden, oft
weite Hänge überdeckenden Rhododendren, unsere Lieb- {
linge, mit deren Blüthen wir selbst die nackteste Prosa des I
Lebens : unsere Geldstücke zieren. Zwischen 5000 und 7000 \
Fuss scheint der eigentliche Gürtel dieser prächtigen Strftu- \
eher sich auszudehnen, und zwar durch das ganze Alpen- {
gebiet von den Seealpen ob Nizza an bis nach Niede^ \
.Alpenflora. 345
testreich. Von den beiden Arten hält sich die rostige
l femigineum L.) mehr in den inneren, die haarige (R.
inatam L.) mehr in den Voralpen ; gleichwohl finden sich
eide sehr oft beisammen. Jedoch scheint die erstere die
rüsseren Massen zu bilden. — Jedes grössere Gebirgssystem
w alten Welt — Amerika hat keine Rhododendren — be-
bst als Zierde Glieder dieses Geschlechts ; das Centrum bildet
er Himalaya, wo die Zahl und Grösse der Arten der Macht des
ebirgs entspricht: Wallich hat uns mit solchen vom Wuchs
Bserer Nussbäume bekannt gemacht, und Hooker in Bootan
id Sikkim solche mit liliengrossen Blüthen gesammelt
las pontische und kolchische Küstengebirg bietet das bei
18 80 häufig gepflegte Rh. ponticum L. , der Caucasus das
leinere Rh. caucasicum L. Die Alpen Sibiriens haben das
ridgelbe R. chrysanthum L., Kamtschatka das R. kamtscha-
eam L., und selbst die tropischen Gebirge Asiens, Ceylon
|id die Sunda-Inseln nähren ihre besonderen Alpenrosen
Bn Theil epiphytisch auf Bäumen lebend; Sumatra eine
liehe (R. obtusatum Bl.) von grösster Aehniichkeit mit
Bserer rostigen Art. In Europa hat der Jura (Creux du
in) unsere rostfarbene Species neben der Legföhre; die
[arpathen Siebenbürgens eine sehr nahe verwandte (R.
Qnrtifolium Schott); das südspanische Gebirge wieder das
^8se R. ponticum L., und Lappland das ganz kleine R lap-
Mcum L.
An die Alpenrose schliesst sich nun eine reiche Anzahl
ttmer kleiner werdender Sträucher an: vier Heidelbeerarten,
iriken, die seltsame, in Grönland zur Nahrung der Bewohner
wesentlich beitragende Rauschbeere (Empetrum), ferner 9
erschiedene Weidenarten und viele andere. Den Schluss
mht als letzte nainhafte Holzpflanze, bis weit über 8000 Fuss
er Wachholder (Juniperus communis L. var. nana Willd.)
346 l>r. H. Christ
Es ist indess zu bemerken, dass lange nicht überall in dl
Alpen diese Strauchregion sich als eine besondere über dflj
Walde ausgebreitete Zone darstellt. An vielen Orten, bi
sonders in den südlichem Centralalpen, steigen die lezt^
Lärchen und Arven ganz so hoch als die Sträueher, weU
dann ein Unterholz in dem immer lichter werdenden Wi
bilden. Und fast überall deuten Spuren darauf, dass eil
unsre Alpenbäume soweit aufwärts vorkamen, als heute
Alpenerle und die Legföhre, so dass diese Zwer^best
als das stehengebliebene Unterholz des längst zerstör
alpinen Waldes erscheinen.
In den Lichtungen des Alpenwaldes, und mehr
im Gebiet der Sträucher steigt nun, dem Lauf der BJ
und Quellen entgegen, eine grössere Zahl hoher grossblätti(
Stauden und Kräuter empor, und bedeckt an nassen Bt
auch die fetten untern Waideplätze. Es sind voli8i
üppig ins Kraut geschossene Pflanzen, meist mit trübgef
Blüthen, in Folge des Baum- und Strkuchschattens, den
selten verlassen. Dahin gehören manche Dolden (Cht
phyllum, Astrantia, Imperatoria), Huflattig und Pesti
(Petasites albus Grt. und Cacalia), Wolfs- und Eisei
(Aconitum), Fingerhut (Digitalis), Baldrian (Valerii
Knöterich (Bistorta), die grosse Schafgarbe (Ach. macroph]
L.), Senecioarten, mehrere Disteln und Andere. Sie bebi
den Habitus wohlgenährter montaner Pflanzen bis
5000 und 6000' bei, verschwinden jedoch rasch, nebst
im Bergwald so massenhaften grössern Farrenkräntem,
bald sie den Schutz der Holzgewächse oder den besoni
fetten Boden nicht mehr vorfinden.
Nun erst haben wir Alles hinter uiis, was uns an
rasch aufstrebende Vegetation[der Ebenen und Vorberge i
und wir sind im Begriff, unser eigentliches Gebiet zu bei
j
I Mpenßora, 347
n. Vorher aber geht es noch darch einen Strich, dem die
Itnd des Menschen seinen Stempel aufgediUckt hat:
' Dnreh die obersten Heuwiesen. Wir erkennen sofort —
sehen von den äussern Merkmalen, der Umzäunung, den
senmgsgräben etc. — dass hier die menschliche Thätig-
ein Stück Tiefland in das Alpengelände hinein gewirkt
Denn je energischer der Fleiss der Bewohner durch
•eniung der Steine, durch Nivellirung, Wässerung oder
durch Düngung sich hier bethätigt hat, desto weniger
igt sich auf der Wiese die charakteristische, den unbe»
rten Boden ringsum bedeckende Vegetation der Alpen-
en, desto massenhafter erscheinen vielmehr die speci-
en Wiegenkräuter der untern Bergregion bis in die
nregion hinauf. Die halbstrauchigen Pflanzen, die gross-
rauhblättigen Kräuter treten zurück, und je besser die Al-
iwiese gepflegt ist, desto ausschliesslicher besteht sie aus
mineen, in deren dichter Schaar einige Wiesenpflanzen,
kenblumen: (Campanula rhomb. L. und Scheuchzeri Vill.)
ere Synanthereen : (Crepis, Hypochoeris, Apargia, Tara-
!nm) die Lichtnelke, (Lychnis flos cuculi L.,) die Federnelke,
anthus superbus L. etc.) schmächtig und dünn aufgeschos-
stehen, und in denen auch die Herbstzeitlose erscheint.
Aber jetzt befinden wir uns doch auf jungfräulichem
den? Noch nicht ganz. Denn der weite, von Steingeröll
äBachrunsen vielfach unterbrochene Teppich der freien
penwaiden, den wir jetzt betreten, ist zwar schon durchaus
ö echten Alpenpflanzen bewohnt; jedoch ist deren Ver-
lalung auch hier noch wesentlich verändert durch den
jährigen Einfluss, den das immer wiederkehrende Abwai-
der Heerden und die zerstreute natürliche Düngung durch
Iben ausübten. Auch hier überwiegen die Gräser
cfdings sind es die eigenthümlichen Alpengräser) in einer
n
348 Dr, H. Christ.
Weise, wie es auf unbewaideten Stellen nieht vorkommt,
yiele andere Alpenpflanzen fehlen, weil sie das bestani
Beschnitten werden durch die Zähne d^ Thiere nicht so
ertragen als die Gramineen, — und selbst die treffliel
Futterkränter Plantago alpinaL.(„Spitzgras^ Menm Mut
Grt CMnttem^) und „Bärwurz'^ (Meum athmantieum J(
widerstehen nicht immer.
Erst in jenen Höhen (7000 und 8000 Fuss, an
gänglichen Stellen aber oft beträchtlich tiefer), wo die Wai«
zeit zu kurz und das Terrain zu rauh ist, als dass die H«
den eingreifend auf die Vegetation einwirk^i konnten,
wir in ursprunglicher Frische und natürlicher Gruppii
jene Elite unserer Flora: die Hochalpenpflanzen,
an den sanftem Abhängen bilden sie eine Decke, deren
zelne Stficke nicht mehr zusammenhängen, wie tiefer imt
es besteht insulare Sondemng der einzelnen Gruppen
runden Polstern, deren Ränder sich nicht mehr bei
denn hier oben herrschen Gewalten, welche den Pfli
eine freie Ausdehnung nicht mehr gestatten, und aus
Feme gesehen, ist der grüne Anflug unsrer böchsteo
rucken nicht mehr als solcher dem Auge wahrnehmbar:
Grau des Terrains dominirt — Solche Abhänge und
rassen, („Gemsmätteli'O bilden den Standort fär die
Mehrzahl unserer Alpenarten: da ist die Heimath der man(
lei Potentillen, der Zwergweiden, der reizenden Azalea,
moosartigen Silene acaulis L., des Edelweiss, der gell
Senecioarten, Habichtskräuter (Hieracium), des Doroni(
der Lieblingsspeise der Gemsen; der Veilchen (V.calcarata]
Anemonen (A.alpinaL^narcissiflora L-XBanunkeho^Li
nosen (Phaca, Oxytropis, Hedysamm), Schafgarben (ki
atrata L., moschata Wulf) und der mancherlei Gräser (A^
Sdieuchzeri AU., Festuca pumila Vill., Agrostis alpina
Alpenflora. 349
rupestiis AU.)» dft steht der als Zaubermittel hoch ga-
ste „AUmaansharniBch" oder „Ntinhemler" (Neunhemd-
Allmm Victorialis L., da glänzen die Gentianen, Primeln,
m die schneeigen Blüthenheerden der Dryas, und die
ingliche, aber desto lieblichere himmelblaue Blume des
snleins. — An Trümmerhalden klemmen sich die Pflanzen
f die schützenden, freilich auch beschattenden Lücken des
3in8(Viola bifloraL., Cacalia leucophylla Wild.); im feinem
iüBchntt- erscheinen sporadisch Gewächse mit langen,
tig den Guffer durchziehenden Wurzelfasem, sonst aber
zartem Bau, oft mit saftigen dicken Blättern (Ranunculus
äalis L., parnassifolius L., Viola Cenisia L., Thlaspi
mdifolinm Gd.; Papaver alpinum Jacq., Galium helveticum
Big.); den schmelzenden Schnee umdrängt ein Ring noch
ärer Gestalten mit besonders reinen Farben, darunter
einzigen Repräsentanten der Tulpen in den Alpen (Loydia,
|[ea Liottardi Schult, Ranunculus alpestris,rutaefoliu9 und
snaeus L., Anemone vernalis L., Primula integrifolia L.,
lella). Wo stehendes Wasser in einer Mulde eine kleine
)ildimg anbahnt, stehen Riedgräser und Binsen (Carex
[ida L., Persoonii Sieb., capillaris L., foetida L., bicolor
etc. Jncus triglumis L., Jacquini L., Scirpus alpinus
U. etc.) und dazwischen die silberweissen Federbälle des
öllgrases (Eriophorum Scheuchzeri Hopp.); am Rande des
ipfes finden sich die prächtigen Pedicularen ein. — Am
tehenden Fels, wo er beschattet und von Wasser benetzt
siedebi sich Saxifragen (S. aizoides L., stenopetala Gaud.
inden&L., etc.), Fettkräuter (Piugnicula vulgaris L. var.
idifiora Lam und alpina L.) und seltene Moose an, und an den
igen Wänden und Hörnern kleben, in weiten Abständen fest
sedrückt, die letzten Vorposten, alle von sonderbarer Pyg-
igestalt: den Leib fast aufNuUreducirt, alle Kraft und allen
350 Dr. U. CknsL
Stoff auf den Foss und das Haupt: die meist piachtige Bl
concentrirend. Als Beispiel gelte die helvetische und
penninische Androsace, und das herrliche Gletschervei
meinnicht) Eritrichinm nanum Schrd.
Suchen wir nun die Eigenthnmlichkeiten dieser Floi
erfassen, dieser ^^penkräutlein'S wie wir oft sie neooeD;
Sehen wir uns aber recht um in dieser reizenden
entwurzeln wir schonungslos diese zierlichen Polster, so;
es sich, dass von Kräutern im Sinn der Tieflandsflora
nichts zu finden ist; denn alle diese Pflanzen sind pei
sind, wenn auch noch so klein, wahre Zwergstraucher, d(
ausdauernde Stämme, sehr verastet und oft von hohem,
unterirdisch sich ausbreiten und blos ihre äusserstenZwi
lein einige Zoll oder Linien hoch dem Licht aussetsen,
ihre Blätter und Blüthen zu entfalten. Diese belaubten!
sprossen sind es, welche wir als „Alpenkräatlein" pflfic
während der greise, zolldicke Stamm tief in der F(
verborgen bleibt So stark ist in diesen Regionen die
denz der Stammbildung und eines unterirdischen Lei
dass Gattungen, die im Tiefland nicht anders als in ji
Arten auftreten, hier oben nur halbstrauchige Formen
(Draba, Androsace, etc.) Und dieser Eigenthümlicl
sind denn auch die Alpenpflanzen sehr benöthigt Wi
in den unteren Lagen die Vegetationsperiode günstignnd
gestört bis zur vollen Reife der Frucht verläuft, ist der
Sommer in der Regel zu kurz zur vollen Entwicklung
Saamen; die Alpenpflanzen sind daher fast ausschlii
auf die Vermehrung durch Sprossung angewiesen, und
ihrem entwickelten unterirdischen Stanmi haben sie den 1
in dem fortwährenden Kampf gegen den .sie umdrängei
Winter zu verdanken.
Neben dieser Eigenschaft: der Perennität der Al|
Jflpenflora. 351
izen, zeichnen sie sich noch durch einige andere gemein-
te Züge vor denen des Tieflandes aus. Vornemlich durch
Gedrangenheit, Kürze und Kleinheit aller axialen und ve-
itiven Theile. Aeste, Stengel und Blätter sind merkwürdig
idrt; letztere treten sehr häufig blos in der Form von
iziegelartig sich deckenden Schuppen auf, und zwar
ler bei Geschlechtern, deren verwandte Arten in der
ine mit breit und langentwickelten Blattspreiten und
^ben Stengeln versehen sind (Saxifraga, Primula, Silene,
ipannla, Gentiana, etc. Auch die Blüthenstände : die Aehren
Dolden sind häufig zu dichten Köpfchen zusammenge-
igt. Im Gegensatz dazu sind die Blüthen der alpinen
ten relativ von auffallender Grösse; oft übertrifft die Länge
Breite der Corolle die der ganzen übrigen Pflanze be-
itlich (z. B. Gentiana acaulisL.); auch die Wurzelfasern
meist zu beträchtlicher Länge entwickelt, weil sie den
sen des Gesteins weithin zu folgen haben, um den spar-
ten Humus auszubeuten.
£ine andere Eigenthümlichkeit hat der dänische Bota-
»r Schouw in der glatten Oberfläche der Alpenpflanzen
ien wollen. Allerdings ist diess der Fall, wo die Standorte
durch Luft- und mehr noch dui'ch Bodenfeuchtigkeit
seichnen. unsere südlichen, ein äusserst trockenes Som-
rklima bietenden Alpen, namentlich der Monte Rosa, be-
^bergen jedoch gerade in der höchsten Region eine Menge
itbehaarter, silbriger und drüsiger Arten, und auch die
khen Vorberge weisen eine. Anzahl dieser so hübsch
Neideten Pflanzen auf (Artemisia, Androsace, Potentilla,
Kontopodium). Auch sollte man meinen, dass gerade in
V kalten Höhe die zarten Kinder Floras eines tüchtigen
^Izes am dringendsten bedürfen. Doch diesen Zweck hat
te Haargewand der Pflanzen wohl nicht; vielmehr deutet
352 Dr. H. Christ
die Thatsache, dass je trockener ein Klima, desto zahlreidi«
behaarte Arten sind, mit Sicherheit darauf, dass die Be-
haarung den Pflanzen die Aufnahme von Feuchtigkeit e^
leichtert Der Niederschlag der atmosphärischen Feuchtig^
keit wird durch die Vervielfachung der Oberfläche, welcha
wir Haare und Drüsen nennen, befördert und das belebend^
Nass reichlicher der Pflanze zugeführt —
Und nun die reinen, ungemischten Spectralfarben, i^
denen die Alpenblumen glänzen, neben welchen die Tintes
unserer Thal wiesen trüb und matt erscheinen! Vor allem is
es der Einklang aller Farben: das reine Weiss, und zwi
bei Geschlechtern, welche in der Ebene nur, oder vorwiegei
gefärbt erscheinen (Papaver, Ranunculus, etc.)
Dann folgt Gelb, dann hell Rosa, dann Oarnün,
Violett, dann Blau, beide letzteni in einem Feuer, wie es seil
die Tropen kaum aufzuweisen haben. Das metallisch sei
mernde Blau der Gentianen ist wohl die höchste Pot
dieser Farbe in der ganzen Schöpfung. — Auch ein wmw
sam frisches orange kommt vor, wie es sich sonst in xm
ganzen Flora nicht findet (Papaver Pyrenaicum Wild^ Seu<
abrotanifolius L., Cineraria aurantiaca Hopp., Hieraeti
aurantiacum L., trüber bei Crepis aurea Cass.) — Wie
erscheinen dagegen die analogen Nuancen der Ebenflc
und wie weit bleiben die Farben der in der Tiefe zum Bit
gebrachten Alpenblumen hinter ihren auf heimathlicher
erblühten Schwestern zurück! Ausser den Blumenblftl
zeigen auch die Kelchblätter und Bracteen vieler Alpen]
zen eine tiefere, purpurne oder satt braune Färbung, die
bei mehrem Arten (Carex atrata L., ustulata Wahlb.,
L., bicolor AlL, Chryanthemum alpinum L. etc.) zu
Schwarz steigert. Der Grund dieser Farbenpracht ist
einzusehen: es ist die Intensität des Lichts in den H^
Alpenflora. , 35*3
sich nun dies Licht zu Farben differenzirl, wieviel
rker und reiner müssen diese sein als in der nebligen
fe? Nicht nur die Blüthen, die gerammte sichtbare Welt
ier Alpenzone theilt diesen Charaktei:; alle Farben: die
Flechten und Moose, der Rinden und des Holzes, der
le uod des Wassers selbst, zumal in seiner festen Gestalt,
einen nicht nur hier oben, sondern sind an und ftir sich
pfer, tiefer, cruder.
Wie aber -verhält sichs mit dem lieblichen Bruder der
)e, mit dem Duft? Hier müssen wir wohl den heissen
Jin der Niederung, z. B. den Seegestaden Tessins oder
Walliser Thalkessel den Preis überlassen: die Hoch-
ipflanzen zeichnen sich nicht durch starke Arome ans.
lehr ist das Clima der Tiefe der Entwicklung der Äthe-
len Oele, welche den Duft bedingen, weit günstiger, und
je die betäubenden Würzgerüche einer sonnenbeschie-
Halde bei Nizza geathmet, wird mir hier trotz unserm
idii (Nigritella) Recht geben. Dafür — bemerkt Schouw
'Kecht — ist man in der hohen Alpenregion der Furcht
Giftpflanzen «enthoben: hat man die letzten Heuwiesen
Mittel-Staffel mit ihrem Germer (Veratrum) und Eisen-
^ (Aconitum) hinter sich, so ist in dieser Beziehung Alles rein
manches treffliche Heilmittel (die „Iva" der Engadiner
BleamoschataWulf. ; die „Genipi"od. „Edelraute"Artemisia
Ilina Vill. und spicataWulf.) klebt hoch am Rande der Flühe.
Wie wir am unteren Saum der Alpenregion ein Element:
^aldnng, abnehmen sahen, so bemerken wir mit dem
'igen gegen den oberen Alpengürtel die auffallende
ime eines anderen Elements, eines zwar unscheinbaren,
unendlich wichtigen. Hier beginnt das Reich der blüthen-
der Zellenpflanzen eine Ausdehnung und Bedeutung
reichen, wie nirgends im Tiefland. In der obern Wald-
Schweizer Alpen-Club. 23
354 Dr. H. Chrüt.
region sind es die Moose, welche weit stärker hervortreld
als in der trockenem Tiefe; jedoch nimmt ihre Zahl in (h
eigentlichen Alpenzone wieder beträchtlich ab. Anders M
gegen die Flechten,. Hüte dich, lieber Leser, diese schwärm
gelbgetupften, diese röthlichen und falben Krusten, die sl
wohl den anstehenden Fels als das Geröll der TrttmmeiU
den überziehen, etwa nur als Schmutz und Aussatz des fli
Steins, als unvermeidliche Trübung der Oberflächen gerq
zu schätzen. Betrachte sie vielmehr mit Respect und Du)
diese Pioniere der Pflanzenarmee, die mit riesenhafter Lebe
kraft ausgerüstet, nicht nur den nahrungsreichen Felds;
nein auch den reinen Kalk und Kiesel überziehen, einht
angreifen und endlich eine Schicht von Dammerde herst
worauf die Gräser sich ansiedeln können. Diese sülle,
beachtete und doch gewaltige und erobernde Thätigkeü
Flechten hat etwas Imposantes und Rührendes. Selbst
der glänzenden Spaltfläche des Quarzes keimen die S]
der Leeideen; ihr Thallns dehnt sich concentrisch von
zu Jahr aus; unabhängig von jeder Temperatur bennlzeii
die geringste Feuchtigkeit und beleben so selbst die hl
Felsenzone. Nicht nur die Mannigfaltigkeit der Foi
und Farben, sondern auch die Masse und Anhäufung
Einzelwesen und des vegetabilischen Stoffes ist im
der Flechten von 5000 und 6000 Fuss an aufwärts
hervortretender und bedingt den Charakter der L&ndt
Wo die dünnen Schorfe, schwarzgelb, bleigrau, zie(
von Farbe (Lecidea, Lecanora, Parmeiia) das Gestein
erobert, da setzen sich bald die grösseren Becher- und Hd
flechten, oft in Purpur wie Corallen glänzend (Cladonit)
die weissen krausen Miniaturwälder des Rennthierm«
(Oenomyce) an; zwischenein die braunen Polster des it
dischen Mooses«(Cetraria) mit seinen zierlich gtmuBpm
Alpenflora, 355
bppen. Bei trockener Luft ist alles dürr und todt, und
terstiebt nnter dem Tritt zu Staub; mit dem ersten Regen
ildoeh fbUt sich die Flechtendecke mit Wasser, die Zweig-
Ün schwellen an und in der gallertartigen Masse regt sich
kr langgehemmte Lebensprocess. Man begreift, welch mäch-
)gt. Wirkung diese hygroskopische Eigenschaft der Flechten-
Ifceke auf das Gestein ausüben muss. — Und nun erst all
k schönen, in Bart- und Geweihfonn herabh|lngenden Arten
Mche die alternden Aeste der letzten Bäume wie mit einem
»r behängen (Usnea), und' deren Stämme wei&s und hell-
(Evernia) einhüllen! Selbst das Gebilde, das jedem
unnahbar seheint: der Firnschnee, wird überwunden
mnss einem elementaren Pflanzenorganismus Herberge
iten: kühner als alle anderen Lebensformen wagt sich die
neealge (Protococcus) auf den Firn unserer Hochgipfel
gnt als in die £2iswüste Nord-Grönlands, und färbt in
eiflich raschem Wachsthum weite Strecken mit durch-
itig zartem Roth. Das ist eine Nival-Flora im höchsten
le des Worts, das grösste Wunder der wunderreichen
mone!
Unwillkürlich denken wir hier, wo wir vor den letzten
«ten Spuren des Lebens auf unserer Erde stehen, an
n letzte tiefste Spuren, in der Abgrundszone des Oceans.
h hier herrscht, selbst in den Tropenmeeren, eine eisige
Ite, verbunden mit absoluter Nacht; und dennoch bietet
Tiefe eine gleich einfach gebaute Algenform: die Dia-
veen, in gleich unbegrenzter Individuenzahl.
) Betrachten wir nun, nach dieser Schilderung der phy-
tiomischen Eigenthümlichkeiten der Alpenflor, die Art
Weise ihrer Verbreitung und Vertheilnng.
^ Wir haben gesehen, dass uns in der Höhe eine den
Meo nach von der Ebenflor verschiedene Vegetation be-
23*
356 Dr, U. Christ.
gegnet Von den 2000 Blüthenpflanzen der Schweiz 0^
runder Zahl; meine exacte Zählung giebt 2027) bewohnOJ
450 (exacte Zählung 449) nur die eigentliche AlpenregiH
Und diese Scheidung der Tieflandsflora von der Alpenital
ist eine schärfere, absolutere, als es auf den ersten Anbüd
scheinen mag. — Zwar dringt aus der Bergr^on in
untern Theil der Alpenzone eine Anzahl von Arten hei
zumal, durch Vermittlung des Menschen, auf den Henwif
es sind jedoch Mos einzelne wenige Arten, die sich von
Ebene bis zur Hochalpenzoncr erstrecken. Theils sind
Ubiquisten, deren zähe Natur mit allen Lagen vorlieb nii
(der Wiesenklee Trifolium pratense L., der Löw(
Leontodon Taraxacum L., Solidago, Poa annua L^ Fest
ovina L., Carex stellulata Good. etc.), theils Unkränter,
auf dem künstlichen, durch Menschenhand geklärten
durch Dünger bereicherten Terrain sich versamen (N(
Chenopodium, Scleranthus, die Herbstzeitlose), theils aber<
und dies ist der interessanteste Theil — sind es All
pflanzen, welche sich an besondem Stellen des Tiefli
sporadisch wieder finden. Diese Stellen sind Flussgeschi«
welche durch den Stromfaden immer wieder mit Flüchtlinf
aus dem alpinen Quellgebiet bevölkert werden (z. B.
Basel am Rhein Oampanula pusilla Hnk., Allium Schoeno]
sum L., Linaria alpina MilL, Erigeron angulosus Od.
Ferner beschattete, feuchte Felswände und Halden, di
Lawinenzüge und Wasserrinnsale in directer Verbind!
mit der Alpenzone (z. B. Alpenrosen am Spiegel des Thi
und Lowerzer Sees). Dann aber — ausser aller räumlicher V^
bindung mit dieser Zone — Torfmoore und erratische Ff
blocke, über welches Yorkommniss später wird zu
sein. Interessant ist es zu sehen, wie das Leben in der H<
jenen aus der Ebene herau%ewanderten Arten einen eigeM
Mpenßora, 357
alpinen Habitus, analog den eigentlichen Alpenarten, verleiht,
so dass Botaniker, welche mehr die systematische als die
biologische Seite ihrer Wissenschaft cultivirten, jene Empor-
kömmlinge als besondere Species beschrieben und benannten.
(Trifolium nivale Sieb., Leontodon alpinus Hoppe, Solidago
cambrica Hnds., Poa varia Schrad.', Festuca alpina Gaud.,
Carex Grypos Schk., Scleranthus biennis Reut., alles in Wirk-
lichkeit blosse Alpenformen der obengenannten Ubiquisten
und Unkräuter.)
Warum nun, fragen wir, halten sich die AlpQppflanzen
10 eigensinnig in einer bestinunten Region ? Warum existirt
}kf sie nicht nur, wie für alles Leben, eine obere, sondern
luch eine untere Grenze?
In erster Linie darum, weil nur die Höhe ein Clima
Betet, welches ihnen behagt, weil in der Tiefe gewisse ihnen
lindliche Agentien wirken. Es ist wohl der Mühe werth,
i^er auf diese Differenzen einzugehen.
Jedermann weiss, dass die Vegetation aller Pflanzen
Ipuptsächlich bestimmt xwird durch die zwei grossen Lebens-
jlurecker Wärme und Feuchtigkeit. Jedoch kommt es für
|de Pflanzenart wesentlich darauf an, wie sich diese zwei
Ipentien zeitlich verhalten. Es ist durchaus entscheidend
jr das Gedeihen jeder Art, ob die ihr zufliessende Wärme
jlpl Feuchtigkeit sich in der Ihr zuträglichen Weise über das
iPu* hin vertheile.
\ Man hat sich vielfach — bis jetzt nur mit annäherndem
Ipuitat —7 bemüht, die Menge der Wärme zu bestimmen,
^he einer gegebenen Species zu ihrem Bestehen nöthig
^^ Man suchte zu diesem Behuf den Temperaturgrad zu
iBittehi, bei welchem die Vegetation der Pflanze beginnt,
^r welchem sie stille steht. Man summirte nun die*Tem-
raitnr der Tage, an welchen die Värme über dies Mini-
358 Dr. U. CkrisL
mum : den sogenannten VegetaüonsnnUpnnkt, steigt, nnd e»
hielt eine Snmme, welche annähernd den Wärmebedarf dfli
vorliegenden Pflanze ansdrückt In einer geogr. Breite oda
in einer Bergeshöhe nun, wo diese Sunune beträchtlich nie!
driger ist, da wird die Pflanze nicht mehr leben können, eM
so wenig als in einer Tiefe, wo die Wärmesamme eine naa^
haft höhere ist als in ihrer Heimath. Und die Pflanzen sioij
in dieser Beziehung äusserst eigenartig und sensibel. Währeoi
die eine schon bei 5^ über dem Gefrierpunkt zu*vegetirt(
beginnt, Qiht die andere noch, und treibt erst, wenn die Tei
peratur auf 10^ gestiegen ist, und während die eine Art eii
Wärmesumme von 2500® über ihren Nullpunkt bedarf^
es von der Keimung oder vom Ausschlagen bis zur Fruci
reife zu bringen, begnügt sich die andere mit 1500.
Neben dieser Wärmesumme ist nun — und far
Alpenpflanzen ganz besonders — in Betracht zu ziehen
Anzahl der Tage, über welche hin sich die W&rmesi
vertheilt, während welcher sie der Pflanze geboten
Denn es ist nicht gleichgültig, ob dieselbe Summe in 90,
erst in 160 Tagen erreicht werde; die Vegetation einer
welche diese Wärmesumme in dem längern Zeitraum
empfangen gewohnt ist, lässt sich vielleicht bis zu eil
gewissen Grade beschleunigen, eine beträchtliche Bes«
nigung aber wird nicht ohne Schaden für ihr Bestehen
laufen. Ebenso wird eine Alpenpflanze, die in einer kfii
Wärmeperiode zu vegetiren pflegt, eine stark verlange
nicht überdauern. — Was nitn die Feuchtigkeit anbel4
so kommt es auch hier durchaus darauf an, wie dieselbe
vertheile. Eine Pflanze kann sich trefTlich befinden in eialj
Tropenland, wo in einer Regenzeit von 8 Wochen der gl
sammte Jahresniederschlag fällt, indess 10 Monate odqbIi^
brochene Dürre herrscht. Eine andere bedarf vielleicht dl
Alpenflora. 359
ll^iefaeii, aber eines gleichmässig über das ganze Jahr ver-
teilten Regenqnantums.
Solcher Art sind die Verhältnisse, die hier in Betracht
l^ommen; quantitativ oft kaum unterschieden, in ihrer Mo-
dalität aber sehr mannigfaltig und von durchaus verschie-
dener Wirkung.
t Ich kann die Eigenheiten des Alpenclimas als bekannt
voraussetzen. Ein langer Winter mit constant niedriger Teifn-
l^ratur (bei 6000 Fuss ungefähr — 6, 2^ Reaum. im Mittel)
jDid ununterbrochener tiefer Schneedecke, eine kurze (4 Mo-
e dauernde) sehr massige Wärmeperiode (mittlere Luft-
peratur des heissesten Monats Juli bei 6000 Fuss in
in Bemer Alpen + 8,9^. In Basel dagegen 15,1^), welche
als Wärmesumme über 6® etwa 963^ ergiebt, mit häufigen
brenn auch im Vergleich zur regenreichen Waldregion nicht
Ehr so reichlichen) Niederschlägen, steter Feuchtigkeit des
dens, daneben aber starker Sonnen Wirkung: das mögen
^fahr die Hauptzüge sein.
L Nehmen wir nun eine Alpenpflanze: etwa den rothen
faeinbrech (Saxifraga oppositifoiia L.) oder die Alpenrose,
md Sachen uns klar zu machen, warum ersterer kaum je
toter 6000', letztere kaum je unter 3000' herabsteigt. —
Beide sind, der Steinbrech im höchsten Orade — genügsam
b Betreff der Wärme: bei 4 oder 5^ Lufttemperatur beginnt
Btzterer schon sein Wachsthum, während der Boden unter
Ihm noch in der Tiefe eines Zolles gefroren ist. Wollten
irir ihn aber in unserer Ebene künstlich in eine Lage versetzen,
iro ihm nicht mehr Wärme zuströmte, so würden wir vergeb-
lich sein Gedeihen erwarten. Denn im Tiefland wirkt eine
^ärme- und Wachsthumsquelle viel schwächer, die in den
Alpen mächtig sich geltend macht, und die mangelnde Luftr
^ärme in wunderbarem Grade ersetzt Es ist dies die ge-
360 Dr, H. Christ.
-•
steigerte Insolation, d. h. die directe Wirkung der Sonnen-
strahlen, welche in der dünnen reinen Luft selbst bei grosser
Kälte dermassen kräftig erregend und erwärmend anf die
Pflanzen reagirt, dass ihnen ein grosser Theil der in der
Ebene erforderlichen Lnftwärmesnmme aber ihren Null»
punkt entbehrlich wird. Es ist dies dasselbe gewaltige
Agens, dem unsere Haut in der Hochregion so rasch und \li%*
li^ zum Opfer wird, und dem wir nie entgehen, sobald vir
uns dort dem Anprall der Sonnenstrahlen, auch bei sdmei^
dender Luft, aussetzen. — Dieselbe Insolation gestattet z. B^
im Wallis die Cultur des Roggens bei einer Wärmesnnin^
von 903^ über 5^, während er unter dem trüben Himmd
Schottlands an 2000^ bedarf; ohne sie würde die Hochregiiq
unserer Alpen sich trostlos entvölkern.
Es ist also jedenfalls eine zu grosse Wärme des So»»
mers, die den Alpenpflanzen in der Ebene den Aufen
verbittert, jedoch nicht in dem Grade, wie wir leicht glau
könnten, da die Insolation hier ausgleichend eintritt W
viel störender als die Höhe der Ebenentemperatur an
wirkt die lange Dauer der Wärmeperiode des Tieflandeiy
Die Vegetation der Alpenpflanzen ist eine kurze (von 3—1
Monaten), aber desto energischere. Durch zu lange km
dehnung des Sommers wird das Gleichgewicht ihrer Odttj
nomie gestört; sie erschöpfen sich und vergeilen. Fenn
ist die Trockenheit unseres Ebenensommers diesen Pflanad
feind ; weniger zwar die der Luft, denn trotz den häufige^
Niederschlägen ist die Alpenluft von ausnehmender Trockflfti
heit. Vielmehr ist es die vollständige Austrocknung dei
Bodens, die im Tiefland herrscht, während sich das Hock
gebirg durch eine reichliche und constante Bodenfeuebtif^
keit, durch stete Berieselung mit Schneewasser auszeichnet
Diese ist eines der ersten Lebenselemente der AlpenpflanzeiL.
Alpenflora. 361
Und nun noch eine hauptsächliche, dem Leser gewiss
unerwartete Ursache: es ist nämlich die Kälte, welche die
Alpenpflanzen in der Ebene tödtet und sie am Hinabsteigen
rerhindert Natürlich nicht die Kälte in Gestalt einzelner
absonderlich tiefer Wintertemperaturen, denn solche sind in
den Alpen viel häufiger als in der «Ebene; sondern die Kälte
in Gestalt von Früh- und Spätfrösten des Herbstes und
mehr noch des Frtlhlings, wenn plötzlich, nachdem längst
dQjp Schnee geschmolzen, auf Thauwetter und warmen Son-
nensdiein der Nordostwind einfällt und .die nicht mehr
I geschützte Vegetation einer Kälte von 5, von 10 und mehr
IGrad aussetzt. — Dieser furchtbaren, in der Ebene leider so
^känfigen Prüfung sind die Alpenpflanzen durchaus nicht ge-
wachsen, denn in ihrer Heimath deckt und schützt sie tiefer
Schnee bis zu einem Zeitpunkt, wo die Sonne mächtig genug
ijst, nm alle diese Gefahren zu beseitigen. Die Alpenpflanzen
Nriud also durchaus nicht die Aschenbrödel unserer Flora, die
^ch alle erdenkliche Unbill gefallen lassen. Die Blattor-
^ne einzehier subnivaler Arten vermögen zwar dicht an den
^den gedrückt, den Nachtfrösten trefflich zu widerstehen,
Iwnst aber sind die Alpenpflanzen viel zarter, viel wählerischer
«Is die meisten Tief landspflanzen : sie bedürfen längerer
&he, eines sicheren Schutzes, einer Garantie gegen die Kälte
imd steter Zufuhr von Feuchtigkeit, und werden für den
iMangel der Luftwärme durch eine gesteigerte Insolation ge-
firöstet Von allem dem hat denn auch der Gärtner prak-
üsche Einsicht: er giebt den Alpenpflanzen eine leichte, die
JPeuchtigkeit conservireijde Pflanzenerde; er hält sie noch
Gedeckt zu einer Zeit, wo schon einige südliche Sträucher
lohne Gefahr im Freien stehn, oder überwintert sie ganz im
Glashaus.
Ob und in wie weit bei all dem Vorhergehenden auch
362 Dr. U. Christ
der verminderte Luftdruck ins Gewicht falle, ist noch durch-
aus unerforscht
Dass nun jeder, auch der Alpenpflanze, eine obere Grenze
gesetzt ist, über welche hinaus sie nicht mehr gedeiht, e^
giebt sich aus dem Gesagten. In einer Höhe, wo trotz der
Insolation die unentbehrliche Wärmesumme nicht mehr e^
reicht wird, wo die schneefreie Zeit für die auch noch so
rasche Entfaltung ihrer Knospen zu kurz ist, da wird auch
ihre Grenzmark stehen. Doch ist diese Grenzmark eine
höhere, als man bei dem eisigen Olima der höchsten Alpen-
region erwarten sollte. Eine ziemlich grosse Zahl selbst
von Blüthenpflanzen findet sich noch bis 10000 und 11000
Fnss, 'und manche können jahrelang unter der Schneedecke
schlummern, ohne zu sterben ; sie treiben und blflhen, sobald
einmal ein günstiger Sommer ihren Standort ftir einige
Wochen von Schnee befreit Es sind dies sämmtlich solclie
Arten, deren untere Grenze nicht tief hinabsteigt, senden
welche erst in Höhen von 7000 und 8000 Fuss beginnen.
Dabin gehört Oherleria, Androsace pennina Gd., Gentiana
brachyphylla VilL, Saxifraga biflora All, Draba sclerophyllA
Gd., Oampanula Cenisia L., Ranunculns glacialis L., Eritrichi-
um, ThlaspirotundifoliumGd.jZwei Zwergweiden, PotentiUt
frigida VilL, Phyteuma pauciflorum L. und Andere, im Ganz«
etwa 50 Arten.
Wir haben soeben die physikalischen Gründe besprochen,
welche die Alpenpflanzen in ein bestimmtes Gebiet eingren-
zen. Gründe, welche unter unseren Augen immerfort wirken.
Doch müssen wir uns gestehen, dass wir damit das grosse
Phänomen der Eigenthümlichkeit dieser Flora und ihrer
Verbreitung über die Räume hin entfernt nicht erschöpfend
erklärten. Giebt es ja Stellen auf unserer Erde, deren Olima
und Boden fast gleich, und doch von so verschiedener Ve-
uilpenflorcu ' 363
getation belebt sind, dass unter tausend kaum eine Art ihnen
gemein ist. Neben d«n Gründen der Gegenwart sind es
hauptsächlich Ursachen, die der Vergangenheit angehören,
die in einem dem unsrigen vorangegangenen Zeitraum die
Vertheilnng der Organismen über die Erde hin bestimmt
haben. Und gerade die Alpenflora bietet den stärksten An-
haltspunkt für diese Ansicht, gerade sie hat auf diese gene-
tische Betrachtungsweise der pflanzengeographischen Verhält-
nisse, auf die historische Erforschung derselben hingeführt.
Bereits wurde erwähnt, dass die Arve, die Rauschbeere,
die rothe Schneealge, das isländische und das Reniithier-
moos sowohl in unseren Alpen als innerhalb des nördlichen
Polarkreises vorkommen. Dies sind nicht etwa seltene Aus-
nahmen, sondern die Alpenflora hat durchweg die grösste
Aehnlichkeit mit der des hohen Nordens; sie ist zugleich
nahezu die Flora aller übrigen hohen Gebirge Europas; ja
die Flora aller Hochgebirge der alten und der nördlichen
neuen Welt bildet mit der arctischen eine Familie, 'deren
Glieder unter sich die grösste Verwandtschaft haben, und
das so seltene Beispiel der Verbreitung einer Pflanzenart
Über mehr als einen Erdtheil hin findet sich relativ am häu-
figsten in der Gebirgsflora. Vergleichen wir die Alpenflora
mit der Lapplands, so sind die Genera bis auf einige wenige
dieselben, und von den 685 Blüthenpflanzen Lapplands fin-
den sich nach Anderssen 108 .in der schweizerischen Alpen-
kette. Unter den von Ed. v. Martens aufgezählten 486 Ge-
fllsspflanzen der äussersten arctischen Zone (ruifd um den
Pol hemm von Spitzbergen über Grönland, Melvilles Island,
Behringsstrasse nach dem polaren Sibirien) kommen volle
229 Arten, und von 109 arctischen Moosen gar 98 auch in
Mittel- und Südeuropa vor. — Von jenen 229 Arten sind
nur 98 Strand- u. Wasserpflanzen oder Ubiquisten; 131 da-
364 Dr. H. Christ
gegen sind echte Alpenpflanzen unseres Hochgebirgs. Emige
dieser gemeinsamen Arten finden sich im Noi'den, andere
in den Alpen häufiger; viele der seltensten, erlöschenden Alpen-
arten sind in der Lappmark oder Grönland oder der Behrings-
Strasse sehr häufig (Saxifraga cemua L., Rannnculus pygmae-
US Wahlenb., Carex ustnlata Wahlb. Juncus castaneus Sm.
Lychnis alpina L., Alsine biflora Wahlenb^ Achillea alpina
L. etc.), während Andere in den Alpen zahlreicher aufMtea
(OxytropisLapponica6aud,yon den Basses Alpes bis Engadin,
ferner Potentilla frigida Yill^ Saxifraga cuneifolia L., Gentiana
purpurea L., Leontodon p3rrenaicus Gouan.) und die grösste
Zahl von arctisch-alpinen Arten vereinigt sich auf den co-
lossalen sibirischen Gebirgen um den Baikal, und im Altai
Hier, wenn irgendwo, scheint überhaupt der Heerd zu sein,
von dem aus sich diese Flora über die Erde verbreitet hat:
denn nicht nur bedeckt sie hier die grössten Räume, sondern
es finden sich neben den arctischen Pflanzen auch eine ZaU
solcher alpiner Arten, die im eigentlich arctischen Gebiet
nicht zu finden sind.
Mustern wir nun unsere Umgebungen näher, so ist all-
bekannt, dass der Jura auf seinem höheren Rücken eine
mit der alpinen identische Flora zeigt; fast dieselbe Uebe^
einstimmung findet sich jedoch bei allen höheren Gebirgen
im weitesten Umkreis: auf den Karpathen, Sudeten sowohl
als den Pyrenäen, Apenninen, den spanischen Sierren, in
der Türkei imd Griechenland. Und wenn auch, je weiter
wir uns, zumal nach Süden zu, entfernen, die Zahl der iden-
tischen Arten zurücktritt, so werden sie doch ersetzt durch
eine Menge nahverwandter, oft sehr schwer von den alpinai
zu unterscheidender Arten, welche man stellvertretende Arten
nennen kann. Als Beispiel können die schon besprochenmi
Alpenrosen, noch mehr aber die Geschlechter Saxifraga oder
Mpenflora. 365
Viola dienen. Man wird nnwillkürlieh zu der Vermuthung
getrieben, dass es locale, im Lauf der Zeiten entstandene
Variationen der gleichen Typen seien. Diese stellvertreten-
den Arten sind in der Regel, weil sie eben als locale Formen ihrem
Gebiet specieli eigen sind, zugleich auch als charakteristische
Arten dieser Gebiete zu bezeichnen. — Dieselbe Erscheinung
ist nun tlber Europa hinaus in die reichgegliederte Bergwelt
Vorderasiens hinein zu verfolgen: Der Caucasus ist das letzte
Gebirge, welches unsere Alpenpflanzen in grosser Masse
bietet; in den bithynischen und ponti sehen Ketten, dem
Tanms und persischen Gebirge treten die identischen Ar-
ten sehr- zurück und machen nah verwandten Platz, und
von da ab nach Stldosten hin wird die Identität der Species
zwar immer seltener, stets aber vermitteln stellvertretende
Arten aus gleichen Genera die Aehnlichkeit. So im Himalaya
(wo z. B. Pedicularis asplenifolia Fl., P. versicolor Wahlenb.,
P. verticillata L., Saxifraga cernua, Hirculus und Stellaris
L., Rhodiola rosea L. mit den Alpen identische Blüthenpflan-
zen), in China bis nach den höchsten Gipfeln der Sunda-
Inseln.
Auch die von der alten sonst so grundverschiedene
neue Welt macht von diesem Gesetz der Aehnlichkeit der
Gebirgsfloren keine Ausnahme. Vom arctischen Amerika zieht
die Alpenflora sich in die Felsengebirge hinein, wo nach
Hooker von 286 Moosen 203 den europäischen Alpen ge-
meinsam und wo auch die Phanerogamen sehr ähnlich sind.
Ed. V. Martens zählt 69 Arten, welche aus der polaren Zone
nach den nördlichen, und 27, welche bis nach den sttdlichen
Vereinigten Staaten hinabgehen. — Endlich erstreckt sich über
den ganzen Rücken Amerikas durch die Schneegebirge
Mexikos und der Anden bis Patagonien und den Falklands-
inseln ein Strich stellvertretender und einzelner gleicher
366 Ih-. H. Christ.
Arten. Ein BeiBpiel wie das Trisetom anbapicatnm Cüiirv.,
ein bei ans nicht seltenes Alpengras, das von den Maloninen
östlich von Oap Hörn und von Oampbells Island im Süden
Neuseelands über alle hohen Bergkämme beider Hemi-
sphären bis zum Nordpol streicht, also gleichsam den ganzen
Planeten mit seinem Netz umzieht, ist nur im Bereich der
Alpenflora möglich.
Selbst das ganz isolirte, mitten aus tropischen Tieflän-
dern emporragende Cameroon -Gebirge, im Golf von Guiena,
zeigt nach Ferd. Manns neusten Entdeckungen die nordisches
Formen Silene, Poa, Koehleria, Ranunculus und Andere.
Woher nun aber diese üebereinstimmung? Von einer
Verbreitung von Einem Punkt ,au8, etwa vom Pol, über alle
jetzt ein gleiches arctisches Clima bietenden Punkte der
Erde, kann bei der so vollständigen Treimung dieser Punkte
durch Meere und heisse Ebenen und bei der deiicaten Natur
dieser Pflanzen keine Rede sein. Die heutige ConfiguratioB
der Länder erklärt dies Räthsel nicht. Aber das Pflanzen-
kleid unserer Erde ist kein gleichzeitig auf einen Schlag ge-
wobenes, es ist ein gewordenes, aus Stücken und Streifen
verschiedenen Alters kunstreich gewirktes, und unter diesen
Gewandstreifen ist die Polar- und Alpenflora nicht der jüngste.
Sie ist zwar nicht so alt als die Flora Neuhollanda, auch,
nicht einmal so alt als die Japans od^ der Canaren ; sie ist
jünger selbst als ein Theil der 'Mittelmeerflora; jedenfalls
aber ist sie um eine ganze Generatioi) älter als die V^eta-
üon, welche unser Tiefland erfüllt.
In der Periode, welche die Molasse unseres Mittel-
landes abgelagert hat, erhoben sich die Alpen noch nickt
zu ihrer jetzigen Höhe. Europa bestand aus einem Complex
von Inseln und war durch einen breiten Landstreif mit des
Alpenflora. 367
sfldlichen Nord-Amerika verbunden. An seinen östlichen
und südlichen Strand schlugen die warmen Gewässer eines
Meeresarms, welcher mit dem tropischen indischen Ocean
in directer Verbindung war. Dieser Lage und Beschaffenheit
entsprechend herrschte ein subtropisch-oceanisches, d. h ein
mildes und fenchtes Glima und eine Flora, weiche mit der
der südlichen Vereinigten Staaten und Japans grosse Aehn-
licfakeit hatte, und deren Reste sich auf den atlantischen
Inseln, theilweise wohl auch an den Küsten des Mittelmeeres
finden. Diese von Heer so schön geschilderte, ja recht
eigentlich wieder auferweckte Flora vereinigte einige Palmen,
mehrere Coniferen, immergrüne Lorbeerarten und Proteaoeen,
Ahorn- und Kätzchenbäume mit abfallendem Laub zu einem
Ganzen, wie wir es in gleicher Mischung nirgends mehr, wohl
aber annähernd noch in den Urwäldern des Missisippi-Delta
heutigen Tages wiederfinden. Von einer mit der Ebenen-
ilora contrastirenden Gebirgsflora war damals so wenig zu
finden, als von den Hochgebirgen selbst Auf diese Epoche
folgte nun aber das Verschwinden der atlantischen Länder-
brücke, die mächtige Erhebung der Alpen , die Ausdehnung
des Festlandes zu seiner heutigen Gestalt, und zugleich die
gewaltige Entwickelung des vorderasiatischen Gebirgs-
rttekens, welcher die innige Verbindung Europas mit Asien
nnd damit das Aufhören seiner Communication mit dem
warmen indischen Ocean zur Folge hatte. Durch diese
Eriiebung des Landes und seiner Gebirge bis in die Schnee-
region einerseits, durch den Verlust seiner beiden Wärme-
quellen in Ost und West anderseits trat nun eine Umwälzung
im Clima, eine Abkühlung ein, welche die ganze organische
Sdiöpfong aufs Tiefste berühren musste. Es finden sich
von jetzt an über ganz Europa hin Spuren einer Zeit, wo
die Gletscher von den Gebirgen herab bis zum Meeresufer
^
368 Ä-. H. Christ,
reichten, einer Zeit, wo der ganze Oontin^t (höchstens mit
Ansnahme des mittelländischen Rfistensanmes) kamn wirtb-i
Hcher ansgesehen haben mnss, als jetzt die Küste Ostgrön-
lands unter 65^. Den Beweis hiefftr liefern die überall
angehäuften Geschiebe und Blöcke, welche gerade so
vertheilt sind, wie nur die Gletscher sie hinterlassen, und'
die Reibungsspuren des Gletschereises an den Gebirgea.1
Diese gewaltige Erkältung, die Eiszeit der Geologen, bradit«
natürlich der reichen subtropischen Flora der Molassezeit'
den Untergang; es siedelte sich in dem kalten Lande ein(
neue, die heutige arctisch-alpine Flora an, und zwar
Vermuthung nach von Asien her. In dieser unserer Epoche^
vorausgehenden Eiszeit war also die Alpenflora die einzig
und ausschliessliche , und bedeckte von der Sierra Nevj
bis zum Pol alles von der Eisdecke verschonte Land.
Doch es kamen endlich bessere Zeiten. Vielleichf
entstand durch die Trockenlegung der Sahara die nei
Wärmequelle, welche allmälig das vergletscherte Euro]
wieder belebte, die Thäler erwärmte, die Eismassen schmol
und sie endlich auf den jetzigen Stand reducirte. Und ni
begann, wieder von Asien her, die Flora einzuwandei
welche jetzt unser Tiefland in ein grünes Gewand kleidet^
Die Flora der Eiszeit aber hielt sich immer noch an den
Orten, deren Clima das alte blieb: auf den Kämmen dei
Gebirge und um den Pol. — Diese von Charpentier zxa
erkannte, seither durch Geologen und Botaniker näher auf*
gehellte Geschichte der zwei letzten Weltalter erklärt mm'
vollständig die Uebereinstimmung der arctischen mid^
Gebirgsfloren bei ihrer heutigen localen Isolirung: es sind
verschonte Inseln der alten Glacialflora, umfluthet von denr
später eingedrungenen wärmeren Lufbmeer und der modernen
temperirten Vegetation.
AlfenfUtra. 37 t
Thftler, einzelne Kämne g^nndeu und kommen sonst nürgeods
Yor. So ist die Campanula ezeisa^chl. anf misere Ros»-
Mler, und die Wulfenia auf die ^inzige Kflhweger Alp in
Ki^then beschränkt; Diese Erscheinung nimmt zu, je
> weiter wir nach Süden und Osten gehen, und erreicht in
: der Gebirgswelt Asiens ihr Maximum. Jeder neue Berg-
: rficken hat hier seine specielle und eigenthümliche Flora.
(Der Bulghar Dagh allein hat zum Beißpiel nach Kotschy in
f seiner Hochregion über 5000 Fuss 70 ihm eigenthttmliehe
} Arten.). Die entgegengesetzte Wahrnehmung machen wir,
Je weiter wir gegen den Pol vorrttcken; hier tritt auf einem
Baum, der in den Alpen einen Beichthum verschiedener
^ Arten bieten würde, eine grosse Monotonie, eine sehr geringe
' Artenzahl auf.
Anderseits bemerken wir in den Alpen, sobald wir die
I Bnschzone hinter uns haben, nirgends mehr gesellschaftliche
^ Arten, wie sie im Tiefland in compacten Massen ganze
.Bezirke überdecken und daselbst ausschliesslich herrschen.
Vielmehr besteht in den ^ Hochalpen eine bunte Mischung
irinzelner Individu^ verschiedener Art und viele Arten
finden sich nur in wenigen Ex^nplaren weit über den Bezirk
Jbres Vorkommens hin zerstreut.
Diese beiden Erscheinungen: Kleine Yerbreitungs-
kezirke und Vereinzelung innerhalb dieser Bezirke mögen
Inm Theil mit der verringerten Fortpflanzungsfähigkeit
Inreh Samen zusammenhängen. Beide sind^ a^er auch
ipieder Belege für die Annahme, dass die Alpenflora
Mis einzelnen Trümmern einer einst zusammenhängenden
Dedie besteht Die Abnahme der Artenzahl bei Zunahme
les Areals, die um so mehr hervortritt, je weiter wir uns
ron Südeuropa und den asiatischen Gebirgen nach dem Pol
m entfernen , weist darauf hin , dass von Mittel- Asien aus, wie
24*
370 Dr. H. Christ,
dHrch die vorgelagerten Frontmorftnen«*) Und seUnt in der
eigentlichen Tief landsflora zeigen sich die Spuren der alten
Glacialvegetation eingemengt Es hat die moderne Vege-
tation nicht ganz die alte zu verdrängen yermochi Diesen
Spuren können wir am hosten nachgehen in der Jahreszeit»
wo das Glima unserer Ebene die meiste Analoge zeigt mü
dem arctisch-alpinen Clima: in der Zeit, wo die Sonne an
Rande der schmelzenden Schneeflecke zu wirken begiimfti
im Frühling. Unsere Frfihlingsflora hat mit der Alpenfloü
so viele gemeinsame Züge, dass sie auch gleichen Urspnings
. scheint Nicht nur bietet sie Pflanzen von gleichem Habitu:
kurze Stengel, relativ sehr grosse Blflthen mit reinen Faiki
in weiss, rosa und gelb, Pflanzen mit ganz kurzer, schon m
Vorsommer endigender Vegetationsperiode, sondern m
enthält auffallend viele nädist verwände Arteo, und viele
ihrer Arten sind gerade diejenigen, welche hoch in äl
Alpen aufsteigen und dort als Sommerblttthen auftrete
(So die Anemonen, Ranunkeln, viele Cruciferen, PotentiUeii
Phyteuma, Viola, Primula etc.).
Weifen wir nun einen Blick auf die Verbreitung M
Alpenflora mit specieller Rücksicht auf die AlpoikeM
Vor allem iSXli uns auf, dass die meisten Arten einen tÜ
kleinem Raum einnehmen, als die Bestandtheile der Tief^
landsflora, und zwar in doppeltem Sinne. EinerseitB eidl
die meisten Alpenpflanzen in einen weit kleinem Besrij
eingegrenzt als die grosse Mehrzahl der über ganz Mittij
europa bis an die Pyrenäen gleichmässig häufigen Ebene«
pflanzen. Einige Alpenpflanzen sind sogar an einzehN
*) Heer fasst auch den Standort von Alpenarten auf ^
Kämmen der Züricher Vorberge (Albis, Schnebelhom etc.) ^
einen exceptioneUen auf. —
Alpenflora. 371
TbiUer, einzelne Kämme gebunden und kommen soDBt nirgends
for. So ist die Campanula exdaa^chl. auf unsere Rosa^
tikUer, und die Wulfenia auf die ^inzige Kflhweger Alp in
Ejirnthen beschränkt' Diese Erscheinung nimmt zu, je
weiter wir nach Süden und Osten gehen, und erreicht in
4er Gebirgswelt Asiens ihr Maximum. Jeder neue Berg*
lleken hat hier seine speeielle und eigenthümiiehe Flora.
0)er Bulghar Dagh allein hat zum Beispiel nach Kotschy in
«daer Hochregion über 5000 Fuss 70 ihm eigenthtlmliehe
iArten.). Die entgegengesetzte. Wahrnehmung machen wir,
je weiter wir gegen den Pol vorrücken; hier tritt auf einem
iaum, der in den Alpen einen Beichthum yerschiedener
lilrten bieten würde, eine grosse Monotonie, eine sehr geringe
irtenzahl auf.
Anderseits bemerken wir in den Alpen, sobald wir die
inschzone hinter uns haben, nirgends mehr gesellschaftliche
Arten, wie sie im Tiefland in compacten Massen ganze
Sezirke überdecken und daselbst ausschliesslich herrschen.
Viehnehr besteht in den - Hochalpen eine bunte Mischung
hhizelner Individuen verschiedener Art und viele Arten
Men sich nur in wenigen Exemplaren weit über den Bezirk
llree Vorkommens hin zerstreut.
Diese beiden Erscheinungen: Kleine Yerbreitungs-
jkttirke und Vereinzelung innerhalb dieser Bezirke mögen
Ihtm Theil mit der verringerten Fortpilanzungsfähigkeit
Ihreh Samen zusammenhängen. Beide sind^ ajber auch
Frieder Belege für die Annahme, dass die Alpenflora
ins einzelnen Trümmern einer einst zusammenhängenden
Decke besteht Die Abnahme der Artenzahl bei Zunahme
4e8 Areals, die um so mehr hervortritt, je weiter wir uns
iron Südenropa und den asiatischen Gebirgen nach dem Pol
XI entfernen, weist daraufhin, dass von Mittel- Asien aus, wie
24*
372 Dr. H. Christ.
die gesammte hentige Lebenswelt, so auch deren Voriänfer: die
Alpenflora, nach Europa ^ngewandert ist, wobei natürlich auf
dem langen Weg die entfernte Peripherie weder die Mannig-
faltigkeit noch den Reichthnm des Oentmms erhalten konnte.
Was nun noch die Vertheiinng der Alpenpflanzen in
unserem schweizerischen Hochgebirg betrifft, so
bemerken wir schon auf dieser massigen Strecke, da»
solche durchaus nicht gleichförmig über den Raum hin
yerbreiCet sind. .Es giebt artenreichere und artenärmeie
Districte, welche ersteren durchaus nicht etwa mit des
üppig bewachsenen, letztere mit den sterilen zusammenfallen»
Zu den erstem gehört vor allem der Monte Rosa und seine -
Umgebung, und in schwächerem Maasse das Wallis übw
haupt Eine ganze Anzahl von Arten, deren Centrum in
Dauphin^ und Piemont liegt, rückt bis ins Wallis vor, misckt
sich hier mit den Arten der mittleren Schweizeralpen, nnd
erreicht am Rosa ihre Ostgrenze, (Potentilla mnltifida L,
Oxytropis cyanea Gaud. und foetida Viil, Silene Val-
lesia L. Colchicum alpinum DC. Alyssum alpeatre L,
Androsace camea L., Senecio uniflorus AU. etc.). El
hängt dies zusammen mit der climatischeu Uebereinsti»
mung dieser Gebiete: Wallis hat durchaus das Sommer
clima des weiteren S.üdwestens, eine mächtig entwickelte
Thalsohle, welche wie ein Trockenofen auf die Berge
ringsum wirkt, daher eine beständigere und längen
Wärmeperiode und weniger Regen als sonst in den Alpei
irgendwo, und eine höchst gesteigerte Insolation. Daai
aber auch hier historische Ursachen mitwirken, ist kasa
zweifelhaft — Viel ärmer an Arten sind bei sehr üppiger
Vegetation unsere mittleren Alpen, die Berneralpen, der
nördliche Theil des Gotthardtstocks, die vorderen Bflndotf-
alpen und noch mehr die nördlich vorgelagerten Ketten.
Alpenflora, 373
Dagegen nimmt der Reichthum an Arten wieder wesentlich
m auf der Südseite des Gotthardts und mehr nodi im
Engadin. Hier treten wieder viele seit Wallis nicht mehr
beobachtete westliche Arten auf und haben da ihre letzte
Ostgrenze. (Z. B. Oacalia leucophylla Wild. Scirpus
idpinns Schi., Oxytropis lapponica Gd., Alsine biflora
Wahlenb., Geranium aconitifolium L'Her. etc.). Dazu
kommen aber mehrere Östliche Arten, die weiter nach Tyrol
liinein häufiger sind und im Engadin ihre Westgrenze fin-
den (z. B. Pedicularis Jacquini Kch. und asplenifolia Fl.,
Primula glutinosa Wulf. u. oenensis Thom. Valeriana supina
L, Orepis Jacquini Tausch, Dianthus glacialis Hnke. Senecio
i^rotanifolius Hppe. etc.) Diese Erscheinung ist, abgesehen
^on den historischen Ursachen, wieder zu erklären aus der
Thalbildung und zugleich aus der in den Alpen einzig da-
stehenden Massenerhebung des Engadin, welche ein ähn-
Ikhes Sommerdima hervorrufen wie das der penninischen
Alpen. Es ist merkwürdig, dass gerade in diesen trockeneren
fifidwestlichen und Engadineralpen auch die meisten mit
ier arctischen Flora gemeinsamen Arten vorkommen , (z. B.
JuDcus arcticus L., ToQeldia borealis Wahlenb., Linnea
korealisL., Oxytropis lapponica Gd., Alsine biflora Wahlenb.,
Salix glauca L., Potentilla multifida L. etc.), während diese
nn so seltener sind, je weiter wir uns in die feuchteren und
ridihleren Yoralpen entfernen. Die schon so oft genannten
ÜBtorisehen Ursachen vorbehalten*), erklärt sich auch dies
*) Heer stützt auf das Vorkommen mehrerer nordischer Arten
in Granbünden die Yermuthang, dass die Alpenflora aus Lappland
(also nicht von Ost) in unsere Gebirge möge eingewandert sein. Da
von den grossen Gletschern der Eiszeit einzig der aus Bündten herab-
Wende (der sogen. Rhein-Gletscher) nach Deutschland hinausreichte,
w konnten — glaubt Heer — gerade in Bündten leichter nordische
374 Dr. H. CkrisU
zum Hieil ans dem Otima, denn die arctischen Länder habet
einen dnreh ihren langen Sommerti^ bedingte sehr heissea
Sommer mit wenigem Regen. —
Wollten wir nach dem Gesagten die Vertheiinng der
Alpenpflanzenarten in der Schweiz graphisch darstellen, m
würden von Südwest nach Südost 2 dnnkle, d. h. artenreidie
Streifen gegen ein helleres, artenärmeres Oentmm; den 9t
Gotthardt, vorrücken, nnd sich in einen noch blassern ndrd»
liehen Sanm verlieren.
Doch ist nidit zn übersehen, dass die Voralpen troti
ihrer grossem Armnth an Arten manche, den Oentralalpfl^
abgehende Pflanze besitzen. So ist Pedicnlaris BarrdioM
Rb., Oxytropis Halleri BnDge, Erynginm alpinnm L., Drabil
incana L. der Rette zwischen Waadt, Freibnrg imd Bei^fl
Pedicnlaris versicolor Wahlb., der ganzen nördlich^i Alpc^j
kette eigenthümlich; der gelbe Alpenmohn Papavw pyren»'
com Willd. der Centralalpen wird in den Voralpen enelift
dnroh den stellvertretenden weissen Papaver alpinnm Jaeff
Näher einzugehen anf die Einzelnheiten aller dieser Yeibi
tnngsverhältnisse wäre nnn eine der schönsten nnd resnH
reichsten Arbeiten, würde jedoch den dieser Uebersicht
zogenen .Rahmen weit überschreiten.
Auf einen Pnnkt möchte ich jedoch noch eintretei»
da er gerade gegenwärtig viel besprochen wird, anf den Em
flnss der chemisch-mineralogißchen Beschaffenheit des BodeM
auf die Vegetation. Man hat eine Zeitlang geglaubt» nnd hfl
es sogar in Floren streng durchgefQhrt, dass die meisten
Pflanzen einwandern als sonstwo. Dem steht jedoeh
dass aber die ganze Alpenkette hin sporadisch Stellen sich findci^
wo mehrere arctische Arten beisammen Yorkommen (M<mt Cem>>
Zermatt, Grossglockner) , ohne dass solche Stellen nach Nordet
bis in die Ebene hinans durch Thäler geöflfhet sind.
Mpenflora* 375
fimtlieDpflanzeD y und die Gebirgspflanzen insbesondere,
itreng an eine bestimmte Gebirgsart gefesselt seien , so dass
Ar diese der Granit, fElr jene der Kalk eine absolute Lebens^
bedinpng sei; man hat erstere granit- oder kieselstete,
letztere kalkstete Arten genannt. Und wenn man an andern
Orten nachwies, dass eine als kalkstet registrirte Art sieh
fDcli auf Granit ertappen lasse, so entging der Flücht-
ÜBg deswegen dem nnerbittlichen System doch nicht,
nur dass er mit dem milderen Namen „ kalkhold '^ behaftet
VBrde. Neuere, ausgedehntere Nachsuchungen haben aber
Uezdgt, da»s weitaus die meisten Pflanzen sich sehr indiie-
Wsui verhalten gegßnüber der chemischen Beschafienheit des
ferrains, das es vielmehr die mechanische Beschaffenheit
ier Grundlage ist, welche ttber das Fortkommen der ver-
idiiedenen Arten entscheidet Es giebt Felsenpflanzen, die
iea nackten, compacten und trockenen Fels ausschliesslich
kewohnen. Solche treten natürlich vorwiegend im Ealkge-
Affg auf, wo die Verwitterung eine sehr geringe, wo der Fels
komogen, fest und glatt ist, und ^o auch dessen Trümmer
tmt trockene Masse bilden. Andere Pflanzen siedeln sich
kuner nur in dem sandig«» Gruss an, der in der Regel aus
ier Verwitterung der Granitgebirge entsteht und viel Feuch-
tigkeit und Nahrungstofl^ enthält. Wo nun aber ausnahms-
JiBise der Granit sich so modiflcirt, dass er eine jener Felsen-
planze günstige Stätte bietet, da findet sie sich oft trotz
ihr gänzlichen Abwesenheit des Kalks, und wo der Kalk
|ko auftritt, dass er fär die Sandpflanze einen geeigneten
Boden bildet, da wird oft auch die granitstete Pflanze gefhn-
i^. So kommt es, dass in einer Gebirgskette gewisse
Manzen nur auf einer Gebirgsart erscheinen, während in
äoer andern, oft; nicht sehr entfernten, dieselben Arten
lerade diese Gebirgsart eher vermeiden und sich an eine
378 Dr. H. qhrüt.
•
Alpenfl. Ebenenfl.
% Artensahl. % Artenzahl.
Rhinanthaceen 3i 14 l^ 20
Campanuleen 2? 12 l^ 17
Rosaceen 35 16 23 37
Leguminosen 63 28 5e 89
Ranuncnlaceen 3» 17 33 53
Besonders auffallend ist das Vorherrschen der Legumi-
nosen, eiper sonst den wärmeren Zonen besonders eigenen,
in der polaren Region mit nicht einmal 3^/o auftretenden
Familie. — Zum Theil entsprechend diesen charakteristischen
Alpenfamilien, sind die artenreichsten Genera der Schweizer
Alpen folgende:
*Glumaceen: Carex mit Kobresia und Elyna . 27 Arten
Synanthereen: Crepis und Hieracium ... 26 „
(nach meinen Ansichten über Species; Andere zählen mehr
als das Doppelte)
Gentianeeh : Gentiana mit Pleurogyne ... 1 4 Artet
*Caryophylleen: Alsine mit Arenaria ... 13 „
Rhinanthaceen: Pedicularis 11 «
Rosaceen: Potentilla 10^
Primulaceen: Androsace
Synanthereen: Cineraria mit Senecio . . . }je 9 ^
*Amentaceen: Salix
*Cruciferen: Draba
*Juncaceen: Juncus »^
*Violarieen: Viola
Leguminosen: Oxytropis
Primulaceen: Primula \je 7 m
Campanuleen: Phyteuma
^Glumaceen: Festuca
i
Alpenflora^
ill
Proteaceen, nichts von irgend einer der vonnaligen oder der
jetzigen Typen der warmen Zone. Die Alpenflora bietet
«neh keine Art, welcbe maü als reducirte Alpenform einer
dieser subtropischen Typen ansehen könnte, keine ver-
twergte Palme, keine stengellose Laurinee oder dergleichen.
Die Alpenflora zeigt, obwohl im Alter zwischen der Molassen-
md der heutigen Ebenen-Flora gelegen, keine Fortentwick-
hn^ ans jener in diese, sondern hat im Ganzen durchaus
den Charakter der letzteren. Sie beide zusammen bilden
[Eine Gruppe , die man die moderne vorderasiatisch^ nennen
AanD, und die sich durch das Vorherrschen der Dolden
«nd Cruciferen charakterisirt.
Vergleichen wir nufi noch die beiden Glieder dieser
IGruppe: unsere Alpen- und unsere Ebenenflora. In beiden
lken*schen, wie bekannt, die Synanthereen weit vor; doch
iwährend in der schweizerischen Ebene deren 166 auf 1578
iBlüthenpflänzen vorkommen, ihr Verhältniss also 1 0,5^/o ist,
|0O steigt es in den Alpen bis zu 17,8% (genau 80 : 449).
iDies Ueberwiegen der Synanthereen um mehr als 7^/© ist
^ Hauptuuterschied beider Floren und ist für die Alpen-
^ora um so charakteristischer, als die verwandte polare
iPlora deren nur 7% (29 Arten auf 422) besitzt. — Es
folgen die Saxifragen, die in den Alpen volle 7% (21 Arten)
pn der Ebene nur 0,6% (9 Arten), in der arctischen Zone
^ur 3,5% ausmachen. Die übrigen, in der Ebene zurück-
llretenden Alpenfamilien folgen hier tabellarisch in ihrer
iKeihenfolge :
i
Alpenfl.
Ebenenfl.
% Arlenzahl.
% * Artenzahl.
Primulaceen
47 21
1, 17
äentianeen
33 15
O7 11
378 Dr. H. ChrüL
Alpenfl. Ebenenfl.
% Artensahl. % Artenzahl.
Rhinanthaceen 3i 14 l^ 20
Campannleen %j 12 l^ 17
Rosaceen 35 16 23 37
Leguminosen 62 28 5e 89
Rannnculaceen 3« 17 33 53
Besonders anfTallend ist das Vorherrschen der Legnmi-
nosen, eiper sonst den wärmeren Zonen besonders eigenen,
in der polaren Region mit nicht einmal 3% anftretenden
Familie. — Zum Theil entsprechend diesen charakteristisdieii ;
Alpenfamilien, sind die artenreichsten Genera der Schweizer ;
Alpen folgende:
*Glumaceen: Carex mit Kobresia und Elyna . 27 Artea
Synanthereen: Crepis und Hieracium ... 26 „
(nach meinen Ansichten über Species; Andere zählen mdir
als das Doppelte) '
Gentianeei): Gentiana mit Pleurogyne . . . 14 Arterf
*Caryophylleen: Alsine mit Arenaria . . . 13 ^ '
Rhinanthaceen: Pedicularis 11 « ^
Rosaceen: Potentilla 10^^
Primulaceen : Androsace J *
Synanthereen: Cineraria mit Senecio . . . >je 9 r* ^
*Amentaceen: Salix ) i
[ A
*Cruciferen: Draba J .
*Juncaceen: Juncus y " ,
*Violarieen: Viola ]
Leguminosen: Oxytropis I j
Primulaceen: Primula >je 7
Campannleen: Phyteuma
*Glumaceen: Festuca
/
j4fipenflortu 379
Legnminosen: Trifolium
Synanthereen: .AchiUea
•Crndferen: Arabis ^e 6 Arten
fiananculaceen : Rannnculüs .....
•GluWceen : Poa ..;......
KanuDGulaceen: Anemone
•Antirrhineen: Veronica
Campannleen : Campanula* ( ^
•Crnciferen: Thlaspi
Unter dieser Liste begegnen wir ausser den dominiren-
^en Alpenfamilien mehreren andern, mit * bezeichneten,
welche in beiden Floren in gleichem Verhältniss vorkommen
fie die Glumaceen, Crnciferen, Caryophylleen , oder welche
in der Ebene vorherrschen.
Zu den letzteren, deren Zurücktreten oder Fehlen in
ier Alpenflora charakteristisch ist, gehören, wie schon be-
iKrkt, vorab fast alle Baumfamilien (mit Ausnahme des
Benns Salix der'Amentaceen), dann aber alle der subtropi-
lehen oder warmen Flora eigene Formen, selbst wenn sich
^iche in einzelnen Repräsentanten noch in unserer Ebenen-
kra finden. So bietet die Schweizerflora oder deren Nach-
krschaffc (Oberitalien) je ein oder mehrere Glieder der
jlroideen, Aselepiadeen, Apocyneen, Rutaceen, Acanthaceen,
jFerbenaceen, Gucurbitaceen, Tiliaceen, Balsamineen, Myr-
Nceen, Laurineen, Smilaceen etc. Nichts von alledem
iit in der Alpenflora vorhanden. Selbst aus den in der
Ebenene ziemlich zahlreichen Chenopodiaceen und Solaneen,
|ft aus den daselbst mit li% (17 Arten) auftretenden
biphorbiaceen beherbergen die Schweizeralpen keinen ein-
fcigen Repräsentanten. Es treten femer zurück die ümbelli-
feren, diese fQr Europa und Yorderasien so bezeichnenden
Zur (Geologie der Bemeralpen.
Von B. Studer.
Unter den vier in unserer Nähe befindlichen Hochge-i
birgsgruppen, des Montblanc, der Walliseralpen, des Gott-
hard und der iBerneralpen, sind die letzteren, bis auf ^
neueste Zeit, nächst dem Montblanc, von Tonristen, KfiiH^!
lern und Naturforschem vorzüglich ausgezeichnet worden
Beinah gleichzeitig, als im vorigen Jahrhundert englisekl
Touristen nach Chamounix vordrangen, wurden auch La1It8^
brunnen und Grindelwald besser bekannt und fanden späten
Pfarrer Wyttenbach einn eifrigen Lobredner und kondif
Führer. Unter seiner Anleitung zeichnete der geniale Wl
die ersten naturgetreuen Ansichten unseres Hochgebii
durch ihn lernte das grössere Publicum die Mineralien
Pflanzen des Oberlandes kennen. Die Gletscherstadien
Altmann und Grüner in den Bemeralpen haben die Gi
läge zu der richtigen Theorie dieser Erscheinung geliefe
und zwischen der kühnen Ersteigung der höchsten SdiBi
region durch Saussure und den Reisen der Meyer auf
sere Eisgebirge finden wir keine namhafte UntemeJ
ähnlicher Art verzeichnet.
Auch der schweizerische Alpendob hat seine
Alpenflora, 381
Mit dieser Vergleichmig schliessen wir nnaem Versuch,
ler auf Vollständigkeit oder Gleichmässigkeit der Behand-
DDg nicht Anspruch macht, der überhaupt nur dazu dienen
oll, den Freund der Alpen anzuregen zu näherer Betrachtung
[ieser herrlichen Flora, die in jeder Richtung: in biologischer,
peographischer, historischer, Probleme von höchstem Inter-
sse stellt. Wenn es mir gelungen ist, dies Interesse zu be-
Bben, und zugleich einen Begriff ^ geben von der Art und
ITeise, wie solche Fragen aufgefasst und behandelt werden,
10 ist mein Zweck erreicht
Zur Geologie der Bemeralpen.
Von B. Studer.
Unter den vier in unserer Nähe befindlichen Hoehg*
birgsgrappen, des Montblanc, der Walliseralpen, des 6ot^
hard und der bemeralpen, sind die letzteren, bis auf dl
neueste Zeit, nächst dem Montblanc, von Tonristen, KfiiHl
lern und Naturforschem vorzüglich ausgezeichnet wordfll
Beinah gleichzeitig, als im vorigen Jahrhundert engliadll
Touristen nach Chamounix vordrangen, wurden auch Lautd
brunnen und Grindelwald besser bekannt und fanden später^
Pfarrer Wyttenbach einn eifrigen Lobredner und kundig^
Führer. Unter seiner Anleitung zeichnete der geniale Wil
die ersten naturgetreuen Ansichten unseres Hochgebii^i
durch ihn lernte das grössere Publicum die Mineralien ud
Pflanzen des Oberlandes kennen. Die Gletscherstadien vol
Altmann und Grüner in den Bemeralpen haben die GrniJ
läge zu der richtigen Theorie dieser Erscheinung geliefeil
und zwischen der kühnen Ersteigung der höchsten Schnei
region durch Saussure und den Reisen der Meyer anf vi
sere Eisgebirge finden wir keine namhaftie Unteraehmoi^
ähnlicher Art verzeichnet.
Auch der schweizerische Alpenclob hat seine erslei
r
Geologie der Berneralpen. 383
Arbeiten den Berneralpen gewidmet Während der Wan-
derongen in den Umgebungen des Tödi oder der Sustenhör-
ner ist aber wohl der Wechsel der Felsarten, die verticale
Tafelstmctar mehrerer dieser Gebirge, das Ruinenartige
ärer Gestalten nicht unbeachtet geblieben, und, wenn auf
den hohen Standpunkten der Jungfrau, des Finsteraarhorns
,oder .Schreckhoms das grosse Chaos von Thälern und
Schlncht^D, Ketten und Gipfeln reliefartig ausgebreitet
Verlag, mag auch die Frage sich aufgedrängt haben, ob denn
Afles hier nur gesetzlose Verwirrung sei, ob nicht in der
Zerstörung der ursprüngliche Bau erkannt werden möge,
Bnd welches die Gewalten seien, die hier im Aufbau und in
4er Zerstörung thätig gewesen seien.
Es kann nicht die Absicht einer kurzen Besprechung
$taa, auf diese Fragen näher einzugehen, da selbst die Wissen-
Mhaft über die wichtigsten derselben nicht zum Abschluss
gekommen ist, und immer noch, mit abwechselndem Glück,
l^asser und Feuer, Neptuuisten und Vulkanisten, um den
f orrang streiten. Einige Berichtigungen der über die geolo-
gisehe Beschaffenheit dieser Gebirge herrschenden Ansich-
iui mögen indess vielleicht eine geneigte Aufnahme finden,
||a ja nur auf dem Boden wohlbegründeter Thatsachen sich
te Theorien aufbauen lassen, und Jeder, der unsere Ge-
e besucht, diese Thatsachen vermehren kann, wenn
|r vorher von den bereits gewonnenen Kenntniss genom-
pen hat.
p Wie zu erwarten war, hatte man den Montblanc als
im Typus der granitischen Centralmassen der Alpen be-
Ehiet Seine Steinarten und Structur waren am frühsten
uint geworden, and sein geringer Umfang Hess das Ge-
•etzmässige in seinem Bau leichter erkennen, als an der
Centralmasse des Finsteraarhorns, die eine mehr als viermal
384 Sluder.
so grosse Fläche bedeckt und im ganzen Alpenzug di
grösste zusammenhängende Masse von Gletschern und Fina
Schnee trägt. Eine nähere Vergleichung zeigte auch bal
viel Uebereinstimmendes, so dass es erlaubt schien, den üi
Sprung beider Gebirge auf dasselbe Princip zurückziiführei|
Zwischen dem Thal von Chamounix und den Thäleif
Ferret und Lez Blanche erhebt sich die langgezogeni
elliptische Moutblancgruppe schroff in die höchste Fimr^
■
gion. Auf beiden Seiten sind die Schiefer und Fel8bänk|
der innem langen Axe der Ellipse zugeneigt, am Fiiss d«|
Gebirges mit geringem Winkel, nach der Höhe zu immi(
steiler, und über der Axe selbst stehen sie vertical, so daai
ein Querschnitt der Gruppe, von Chamounix nach Val Fernj
gezogen, sich wie ein nach oben geöffneter Fächer das
stellen würde. Die Steinarten zeigen eine sehr abnonoi
Aufeinanderfolge. Die tiefsten, zu beiden Seiten am Fuai
des Gebirges hervortretenden Felsen bestehen aus schwj
zem Schiefer, Kalkstein und Gyps^ und der Kalkstein ei
hält Ueberreste von Meerthieren, ist daher offenbar di
Niederschläge im Wasser entstanden. Die über der Axe
grösster Höhe aufsteigenden Felstafeln sind Granit, ^Ipi
granit, oft auch Fr o togin, in der mittleren Schweiz Geisber^
genannt; und dieselbe Steinart bildet, zu beiden Seiten äi
höchsten Kammes, die Tafeln, welche, mit abnehmend!
Steigung, die Abhänge der Gruppe bilden. Am südöstlichi
dem Val Ferret und der Lez Blanche zugekehrten Ab]
liegt der Granit in beträchtlicher Ausdehnung unmittell
auf den obersten Kalkbänken, oder es werden beide Sl
arten durch eine Zwischenlage von Talkschiefer, Gneissodi
Hornblendegestein getrennt Am Abhang gegen Chamoi
nix dagegen ist zwischen dem Granit und dem am Fnss d
Gebirges hervortretenden Kalksteine eine breite Zone v
^
Geologie de?* Berner alpen. 385
Ehiefern eingelagert, die gewöhnlich als krystallinische
tiefer bezeichnet werden und unsere ganze Auftnerksam-
at verdienen. Bei dem häufig wechselnden Charakter der-
Bben hält es schwer, für sie einen bezeichnenderen Namen
nfinden. In Bttnden sind ähnliche Steinarten von Theo-
!d Casannasckiefer, am Tödi von Simler ^Ipinit genannt
Men. Für eine der gewöhnlichsten Abänderungen hatte
er Jurine den Namen Dolerine vorgeschlagen. Auch die
ette der Vogesen kann man damit vergleichen. Bald
heinen diese Schiefer als deutiicher oder stark verwach-
ir Gneiss, bald als Talk-, Chlorit- oder Glimmerschiefer,
M als verwachsene oder deutlich entwickelte Diorit- und
Wöblendschiefer, bald als Euritschiefer mit feinem Glim-
br- oder Chloritüberzug. Nicht selten kommen stockför-
iRe Einlagerungen von Topfstein und Serpentin vor,
fcut »ich Adern von Asbest oder Drusenhöhlen verbinden,
Nin Asbest und Bergleder Krystalle von Quarz, Feldspath
£pidot umwickeln. — Mehr üeberdnstimmung, als
die Benennung, herrscht ttber den Ursprung dieser
liefer, indem man sie, wohl ziemlich allgemein, als nmge-
Melte, oder, in gelehrter Sprache, als metamorphiscke,
kaehtet, d. h. als Steiharten, die durch chemische Proeesse
Igewöhplichen, durch wässerigen Niederschlag entstan-
lenThon- und Mergelschiefem und Sandsteinen hervor-
pingen seien.
' Welcher Ansicht man auch über den Ursprung des
Biits der Montblancmasse sein mag, immer wird man
^selben in enge Verbindung mit der Gestaltung dieses
Ibirges setzen. Eine starke Erhebung der Erdmasse hat
^bar stattgefunden und, wo die Erhebung die grösste
be und Breite erreicht hat, da ist auch der Granit am
^igsten entwickelt In der Regel bildet aber ander-
Bchweizer Alpen-Club. 25
386 Studer.
wärts dieses Gestein die Grundlage der Schiefer und Kall^
steine, und so finden wir es auch am nördlichen Ende dd
Gruppe, wo der Granit mehr zurücktritt, im waliisischd
Feri*et-Thal und bei Orsiöres. Im mittleren Theile, wo dl
Steinarten in verkehrter Ordnung auf einander folgen, mitfl
daher eine Ueberkippung stattgefunden haben; die zu grosll
Masse des aus dem Erdinnern ^.ufgestiegenen, oder, vi
neuere Untersuchungen es wahrscheinlich machen, dm
Waeserdämpfe emporgetriebenen Granits hat die Ränder d^
Erdspalte umgebogen, niedergedrückt und sich über sie au^
gebreitet, und mit dieser Pres&ung mag auch die Fach«
structur des Granits selbst in Verbindung stehen. Je
falls sind die krystallinischen Schiefer, die den Kalkst
vom Granit trennen, älter als der, nach seinen Petrefi
der Jurazeit angehörende Kalkstein. Man kann daher, w<
nach dem ursprünglichen Gestein jener Schiefer gefragt
an die nahe liegende Anthracit- oder Steinkohlenformj
denken, die auch in Dauphin^ und im benachbarten Rhoa^
thal sich so innig mit Gneiss und gneissartigen Gesteinen
bindet, dass eine Trennung kaum möglich erscheint Ai
ältere Glieder des Uebergangsgebirges, die bei ans gam
fehlen scheinen, während sie in den Ostalpen vorkoi
Schiefer und Sandsteine der devonischen oder silurischen
können den Stoff geliefert haben.
Dem Montblanc gegenüber, auf der rechten Seite
Thaies von Chamounix, erhebt sich die kleinere Centrali
> der Aiguilles Rouges. Der Granit, nach seiner minei
gischen Zusammenstellung nicht verschieden von dem
gin des Montblanc, tritt hier beschränkter auf. £r zeigt
vorzüglich am Fuss des Gebirges, in der Umgebung
Valorsine, aber ohne die Tafelabsonderung, durch die er d
Montblanc sich dem Gneiss nähert. Es sind maasige, bandii
Geologie der ßerneralpen. 387
|i|Ben, die gangartig in die krystallinischen Schiefer auf-
feigen und sich darin verästeb. Diese krystallinischen
piefer, meist vertical stehende Gneisse, bilden die Haupt-
Ipsse des Gebirges und auch seine hohem Gipfel. Der
jl^hste aber dieser Gipfel trägt, wie schon Dolomieu be-
kt hatte, eine Kuppe von horizontal geschichtetem Kalk-
, worin Favre jurassische Petrefacten gefunden hat,
iehen Alters wie diejenigen, welche die Kalksteine am
8 der Moniblancgruppe charakterisireu.
1^ DieBerneralpen, wenn sie topographisch aufgefasst
Iprden, erstrecken sich von Martigny bis Chur und werden
en Mittag begrenzt von der Rhone, dem Thal von Urseren
dem Vorderrhein. Nur der mittlere Theil derselben,
als Finsteraarhornmasse näher bezeichnet wird,
kon jedoch mit der Montblancmasse verglichen werden und
||tefit, wie dieser, vorherrschend aus Granit und krystalli-
|Khen Schiefem.
I Wo jener Gebirgszug an seinem westlichen Ende,
hen Martigny und St. Maurice, durch das Querthal der
ne begrenzt wird, zeigt sich noch ein. theilweise von
»n Euritgängen durchsetzter Gneiss, sowohl an der süd-
n Ecke des Durchschnitts, als nördlich von Outre-Rhone.
heä beiden Gneisspartfen, die als östliche Ausläufer der
frdiichen savoyischen Centralmasse zu betrachten sind,
en verticale A]|[ithracitschiefer und Sandsteine, die sich
der Höhe über den Gneiss ausbreiten und die durch ihren
enreichthum und ihre Aussicht auf das südliche Hoch-
irge des Mt. Velan und Mt. CoUon berühmte Foullyalp
Hessen. Nach Osten hin verschwinden diese Gesteine
bald unter der mächtigen Kalksteindecke, die nun den
^en breiten Rücken bildet, der das Wallis von den Quell-
jpKirken der Saane und Simme scheidet. • Die Pässe der
25*
388 Siuder^
Cheville, des Sanetsch, des Rawyl und der Qemmi
von der Rhone bis in die Thalgrttnde von Bex, Saanen,
Lenk und Frutigen nur Mei^elßchiefer, Sand- und
steine, von denen einige Bänke voll organischer Uebei
sind. Eine eben so zusammenhängende Masse von
stein- nnd Sandsteinlagem zeigt das östliche Ende
langen Gebirgszuges, vom Tddi bis zum Durchbrach
Rheins bei Ohur nnd Maienfeld. Nur zwischen diesen
Kalksteinmassen, vom Baimhom bis an den Tödi, b(
wir, als herrschende Steinarten, Granit, Gneiss und kryst
nische Schiefer, die auch in den Fuss ihrer zwei Grenzpfc
eingreifen.
Eine Vergleichung der Centralmasse des Finsterai
horns mit derjenigen des Montblanc läfist mehrere
tenswerthe Analogien erkennen.
Die Längenausdehnnng der beiden Gruppen flült,
geringer Abweichung, in dieselbe gerade Linie, so dassi
versucht sein könnte, beide als zusammengehörende,
selben Erdspalte entstiegene Massen zu betraditen.
Linie weicht ab .von der Hauptrichtung der Bemenüpen
nähert sich mehr dem Meridian, so dass das westtiehe
der Finsteimarhornmasse den Südrand, das östliche den N«
rand der Bemeralpen berührt. Der Winkel zwiscbra
Richtungen mag wohl 10® — 15® betragen. Parallel mit )i
Linie streichen das Lötschthal, das obere Rhonethal von
bis an die Furca und andere orographische Richtongen.
ziemlicher Sicherheit geht hieraus hervor, daas in derBil
der Bemeralpen mehrere, wohl nicht gleichzeitige
•
thätig gewesen sind, und dass die Erhebung des Haupt
der Bemeralpen nicht auf diejenige ihrer granitischen Cait
masse zurückzuführen ist. i
Die Analogie zwischen beiden Centrahnassen, ^
Geologie der Bemeralpen. 391
das Aufsteigen der granitischen Masse später, als die Ab-
lagerung des Kalksteins erfolgt sei, dass an den Enden, wo
die hebende Kraft schwächer war, die Kalksteinlager nnr
anfgerichtet nnd mit gehoben wnrden, dass aber im mittleren
Theile der Gruppe, wo die krystallinischen Steinarten in
grdsster Masse sich hervordrängten, die Ränder der Spalte
umgebogen, zum Theil auf ihre Unterlage niedergepresst
und von der aufgestiegenen Masse bedeckt wurden.
Unter den Steinarten beider Gruppen zeigt sich eine
eben so auffallende Uebereinstimmung.
Wie in der savoyiscEen ist in der Gruppe des Finster-
aarhorns die wichtigste Rolle dem weissen jjfeisberger- oder
Protogin-Granit zuge&llen. Man findet ihn mächtig
entwickelt in der dem Wallis zugekehrten Reihe dieser
Gebirge, und auch die grossen Findlinge, die durch das
ganze Aarthal bis Bern zerstreut, oder alQ Bausteine ver-
I wendet sind, bestehen meist aus demselben. Ein Granit,
der im linkseitigen Hintergrunde des Gasterenthales auftritt,
enthält rothen Feldspath und ist mit weissem Granit innig
verwachsen. Man darf ihn vielleicht mit dem rothen Granit
iVergleichen, der am nordwestlichen Ende der Aiguilles Rouges^
vorkommt. Von seltenem Mineralien enthalten die Granite
beider Gruppen Molybdänglanz , in mit dem Granit ver-
wachsenen Blättern, femer, in Drasenräumen, die zuweilen
in grösseren, klafterhohen Höhlen sich ausdehnen und zum
rheil mit erdigem Chlorit erfüllt sind, Bergkrystall, Bauch"
topas^ rothen oktaedrischen Fbissspath, Kalkspath.
Am Südabfall beider Gebirge verbindet sich der Granit
söge mit Talk-, Chlorit- nnd Homblendgesteinen. Schon
ianssure erwähnt der vielen Blöcke von Syenit, von ihm
^anitello genannt, die der Miagegletscher von der Sfid$eite
led Montblanc her fahrt. Später machte, an derselben Stelle,
390 Studer.
Entfernung des vorderen Absturzes von dem hinteren K«K
ende beträgt in den verschiedenen Querthälem wdl
^/4 Schweizerstunden, oder SVa Kilometer. In den drei y^
HasIi-in^-Grund auslaufenden Querthälern ist am Keiledl
der dunkelgraue Kalkstein in weissen Marmor nmg«
wandelt. — Weniger grossartig zeigen sich die Verbw
nisse am Sttdrande. Man sieht N fallende schwarze Schi(
und Kalksteine, die, obgleich selten, Belemniten enthalt
wenig oberhalb Obergestelen, überlagert von ausgezei<
netem, gleich fallendem Gneiss, der zollgrosse Feldspat
krystalle einschliesst, und kann diese Steinarten, in glei<
Folge, über die Furca bis nach ürseren verfolgen.
Ansteigen von Andermatt nach derOberalp hat die d(
Fahrstrasse schöne Durchschnitte entblösst Es wechs
mehrfach . Lager von schwarzem Schiefer mit Li
oder vielleicht Gängen von granitischem Goeiss, aDc
verticaler Stellung. Nach der Oberalp zu, und
dieser, fallen aber die schwarzen Schiefer, hier, wie auf i
Furca, in Verbindung mit Kalkstein und Rauchwacke,
beträchtlicher Erstreckung gegen Nord ein, wie es schal
unter die Gneisse und Granite des Rienzerstocks, vrel(
an der Grenze, wo man von der Oberalp nach dem Fell ithi
übersteigt, eckige Stücke von dunkelm feinschuppigem Gl
merschiefer einschliessen, die man wohl nur als Trfii
des tieferen schwarten Schiefers betrachten kann. — Wie(
am Ende der Montblapcgruppe sich das normale Lagei
verhältniss, die Bedeckung der granitischen Steinarten di
den Kalkstein, wieder einstellt, so finden wir auch an
Enden der Finsteraarhommasse, im Gasterenthal wie ii
Maderan- und Vorderrheinthal, den Kalkstein nicht
unter, sondern über dem Gneiss, oder an denselben angdehot
Wir können auch hier die frühere Folgerung festhalten, da«
Geologie der Berneralpen» 391
Aufsteigen der granitischen Masse später, als die Afo-
ening des Kalksteins erfolgt sei, dass an den Enden, wo
hebende Kraft schwächer war, die Kalksteinlager nur
fgeriehtet und mit gehoben wurden, dass aber im mittleren
eile der Gruppe, wo die krystallinischen Steinarten in
itröBBter Masse sich hervordrängten, die Händer der Spalte
gebogen, zum Theil auf ihre Unterlage niedergepresst
d von der aufgestiegenen Masse bedeckt wurden.
Unter den Steinarten beider Gruppen zeigt sich eine
en so auffallende Uebereinstimmung.
Wie in der savoyiscHen ist in der Gruppe des Finster-
rhonis die wichtigste Rolle dem weissen jjfeisberger- oder
rotogin-Granit zugefallen. Man findet ihn mächtig
twickelt in der dem Wallis zugekehrten Reihe dieser
birge, und auch die grossen Findlinge, die durch das
:anze Aarthal bis Bern zerstreut, oder ali^ Bausteine ver-
endet sind, bestehen meist aus demselben. Ein Granit,
ier im linkseitigen Hintergrunde des Gasterenthales auftritt,
thält rothen Feldspath und ist mit weissem Granit innig
^verwachsen. Man darf ihn vielleicht mit dem rothen Granit
Tgleichen, der am nordwestlichen Ende der Aiguilles Rouges^
vorkommt. Von seltenem Mineralien enthalten die Granite
[keider Gruppen Molyödänglanz , in mit dem Granit ver-
wachsenen Blättern, femer, in Dmsenränmen, die zuweilen
grösseren, klafterhohen Höhlen sich ausdehnen und zum
Slieil mit erdigem Chlorit erftUlt sind, Bergkrystall, Rauch-
los, rothen oktaedrischen Flussspatk, Kalkspath,
Am Südabfall beider Gebirge verbindet sich der Granit
«nge mit Talk-, Chlorit- und Horablendgesteinen. Schon
Baussure erwähnt der vielen Blöcke von Syenit, von ihm
I. Graniteüo genannt, die der Miagegletscher von der Südseite
^ dea Montblanc her ftthrt. Später miachte, an derselben Stelle,
392 Studer.
Jnrine aufmerksam auf einen eigenthümlichen, au
blende reichen Granit, der oft Titanitkry stalle einschlies^
und gab ihm den Namen Jrkesine, Auf andern Blockes
dieses Gletschers fand man wasserhellen Flussspatk und
mannigfaltige ZeoUthe (Sälbit ^ Mesotyp^ Laumonit^ die
sonst altyulcanischen , oder Trappgebirgen eigenthüioliek
sind. — Am Südrande der Berneralpen zeigen sieb die
ersten Spuren entsprechender Steinarten in Nestern voAi
Hornblende und Strahlstein , welche oberhalb Naters und
Morel dem Gneiss eingelagert sind. In dem Graben ober»]
halb Lax enthält ein dunkler Schiefer Drusen von QuarZf\
Chlorit und Asbest ^ verwachsen mit basischen KaJkspaik^
tafeln^ und mit zahlreich aufsitzenden Kreuzkrystallen ^rom^
Titanit, Im Graben des Giebelbachs bei Viesch gelangii
man, im Ansteigen durch ähnliche dunkle Sehiefer, an eines i
vielfach zerspaltenen Quarzit, der Drusen von ^«ftrs^i
krystalleHy blassgrünem, oktaedrischem Flussspatk uA-i
mehreren Zeolithen (Sttlbit, Desmin j Laumonitj ChabasUt^'
einschliesst. Krystalle von Tiianit, grün mit rothem Ran4vi
sollen bei Münster vorkommen. lieber ,die Furca und Ober* i
alp verlassen uns die Spuren dieser Steinarten, weldie^
einem höhern Niveau, als die daselbst herrschenden schwarzen^
Schiefer, angehören. In grosser Mächtigkeit finden wir aiei
aber in Tavetsch und abwärts bis Trons. Eine bretle^
Zone von dunkelm dioritischem , trappartig zerklüftetem
Gestein begleitet hier, enge verwachsen mit Talk- nadi
Chloritschiefer und mit Granit, den Südrand des Gebiigea
Hinter Sediiin, am Ausgang des Strimthales, enthält ea» i
in Drusen und Nestern, Epidot und Bergflachs^ in erdigen
Chlorit Tafel» von Kalkspath mit Quarz und Albii^ anage*
zeichnete Zwillinge von grünem Titanit mit rothem Rand,
etwas seltener auch gelben Anatas und, aus der Familie der
Geologie der Berneralpen^ 893
«
Zeolithe, Desmin, Laumonil, Stilhil, Ckabasit Im Hinter-
grand des Puntailjasthales, oberhalb Trons, hat sich
das Gestein als ein schöner Syenit oder Hornblendgi'anit
entwickelt, mitzollgrossen, aber schmalen, deutlich begrenzten
weissen Feldspathzwillingen und schwacher Beimengung
eines andern Feldspaths, der Quarz sehr untergeordnet, der
Glinuner beinahe verdrängt durch Hornblende , nicht selten
kleine Titanitkrystaile einschliessend.
Auch die krystallinischen Schiefer machen
keine Ausnahme in der Reihe dieser mineralogischen Ana-
logien. Vorherrschend sind wieder die dunkeln dicksehief*
rigen, mit Talk verwachsenen Euri^esteine, welche Jurine
ils Dolerine besehrieben hat Bald entwickeln sich dieselben
ak anvollkommene Gneisse, bald als Talk- , Chlorit- oder
Glimmerschiefer, bald verdichten sie sich zu schmutzig
grünen Tbonstreifen. Auf der Sfldseite des Gebirges unter-
Beneiden sich mächtig auftretende Gneisse vom Protogin nur
tarch die deatiiehere Schieferung. Andere daselbst sind
Imkelbraun, feinflasrig durch vorherrschenden Glimmer,
IB die Minette erinnernd. Als Einlagerungen erscheinen
issenartige Streifen und Nester von Topfstein , Serpentin
nd dioritischeo Hornblendschiefern. Bei Gnttannen wurden ,
ror etwa 30 Jahren, Nester von Graphit gefunden', am
iiistenstock und Tödi Nester von ^nthraeit.
Vergleichen wir endlich auch die ai^renzenden, orga-
iache Ueberreste enthaltenden Felsbildungen, so vermissen
ilr im Bezirk der Berneralpen die in der Umgebung des
fentblanc und auch im Rhonethal noch so bedeutend auf-
retende Anthracitbildung, sofern man nicht, sich auf
taa Vorkommen von Kohle bei Guttannen, in Uri und am
fMi stfltzend, in den krystallinischen Schiefern einen Steli-
ertreter derselben erkennen will, eine Annahme, die,
394 ^ Studer.
obgleich wahrscheinlich, doch erst durch das AnfÜDden yon
Kohlenpflanzen fest begründet werden könnte.
^ Mit grösserer Sicherheit lassen sich die Kalksteine
und schwarzen Schiefer, von denen beide Grappen be-
grenzt werden, als ungefähr gleichzeitige, der jnrassiseheii
Zeit angehörende Bildungen bezeichnen. In der nfthem Um-
gebung des Montblanc hat man bis jetzt in diesen, daselbst
nur beschränkt auftretenden Ablagerungen nur schwer be-
stimmbare Belemniten gefunden, so auch in den sch^warzeii;
Schiefem derFurca. In den Kalksteinmassen aber, die auf
der Nordseite der Bemeralpen von den krystaUinischen Sdiie»
fern umschlossen sind, kommen, mit den Belemniten <i auch
andere Petrefacten vor, weldie die Epoche ihrer Afolagenm^
noch näher als der mittleren Jurazeit angehörend bezeichneB.
Ja, es sind zureichende Grttnde da, zu behaupten , dass die
Umbiegung der Kalklager und ihre Umschliessung durch die
krystallinischen Schiefer zu einer noch weit spätem Zeit mflsse
stattgefunden haben, zu einer Zeit, da Belemniten, Ammonitm
und die ganze sie begleitende Thierwelt längst verschwnndeB
und durch neue Familien und Geschlechter ersetzt worden war*
Müssen wir, nach der bisherigen Vergleichung beider
Grappen, ein starkes Uebergewicht der identischen odn
ähnlichen Charaktere erkennen, so zeigt sich dagegen eil
wesentlicher Unterschied in der Vertheilung der kiyaial*
linischen Steinarten, und auf diesen Unterschied, der, wie
ich glaube, bisher übersehen worden ist, wünschte lA
besonders die Aufinerksamkeit txx lenken , da er mir fUr dii
geologische Auffassung unserer Hochgebirge von nieU
geringer Bedeutung zu sein scheint.
Die Montblancmasse, die als der normale Typus d«
alpinischen Centralmassen betrachtet werden kann, entiiil
einen mittleren vertical oder f^eherförmig stratificirtc^
Geologie der Berrteralpen, 395
Kern von Alpengranit, der zu der grössten vom Gebirge
erreichten Höhe aufsteigt. Auf beiden Seiten , in grösserer
Mächtigkeit auf der Westseite, folgen die gegen diese Kem-
masse einfallenden Gneisse und krystallinischen Schiefer und
am Fuss der Gruppe die schwarzen Schiefer und Kalksteine.
Schön in den nahen Aiguilles Rouges zeigt sich eine
auffallende Abweichung von diesem Gebirgsbau. Zwar ist
auch hier der Granit mehr nach der Ostseite hingedrängt,
und die krystallinischen Schiefer bilden, wie am Montblanc,
eine breite Zone auf der Westseite. Allein, die höhern
Gipfel der Gruppe gehören selbst auch diesen krystallinischen
Schiefern und Gneissen an, und der Granitkem, wenn voÄ
^ einem* solchen die Rede sein kann, erscheint nur am Fuss des
Gebirges, bei Valorsine, in den bauchigen Massen, die sich
gangartig in den aufgesetzten krystallinischen Schiefer ver-
zweigen, und bei Chamounix in vertical stehenden Tafeln.
Grösser noch ist die Abweichung von dem Typus des
Montblanc in der Centralmasse der Berneralpen. Statt
dnes mittleren Granitkems, finden wir hier eine breite Zone
dunkler krystallinischer Schiefer und Homblendgesteine,
welche, mit meist verticaler Schieferung, die Gruppe von
' ihrem südwestlichen Ende, bei Gampel, am Ausgang des
^Lötschthales, nach ihrer ganzen Erstreckung bis an den
' Tödi mitten durchzieht, und auf beiden Seiten von granitischen
*■ Steinarten begrenzt wird, oder auch, wie bei Valorsine, den-
^ selben als eine mächtige Decke aufgesetzt ist Die Breite
dieser Zone ist, je nach der Lagerung ihrer Schiefer zu den
angrenzenden Steinarten, ungleich, mag aber im Mittel
wohl eine schweizerische Wegstunde betragen.
' Wennman von Gampelnach dem Lötschthal e ansteigt,
sieht man zur Rechten, bis zur Kapelle von Goppenstein,
die Durchschnitte steil südlich fallender Hornblendgneisse,
396 • Sttider,
mit Drusen von Bergkrystall und Ohlorit und, durch zersetzte
Schwefelkiese oft mit braunrother Kruste Hberzogen. Im
Lötschthale selbst zeigt sich die Zone, über der Holzgrenze
der südlichen Tbalwand, als ein mehrere hundert Fuss hoher
Absturz braunrother Steinarten, deren Trümmer, am Fuss
der Felsen, aus Hornblendgesteinen, Serpentin und Topfstein
bestehen. Dass das grosse Aletschhorn, auf seiner aus
Granit bestehenden Hauptmasse, eine Kuppe von Hornblend-
fels trägt, habejQ wir, im letzten Jahrbuch des Alpenelubs, durch
Herrn E. vonFellenberg erfahren. Es ist ein Vorkommen,
das an Yalorsine, oder an die Kuppe von Kalkstein auf dem
Gipfel der Aiguilles Rouges erinnert und seheint die südliche
Grenze dieser dunkeln Gesteine zu bezeichnen; denn weiter
nördlich, am Grünhorn, an den Yiescherhörnern und
am Finsteraarhorn scheinen dieselben, in grösserer V«^
breitung, bis an den Fuss der Gebirge anzuhalten und unter
die Gletscherbedeckung niederzusteigen. Auf dem ünter-
aargletscher ist öfters schon auf den Gegensatz der Steiih
arten in beiden Hälften der grossen Mittelmoräne hiogewiesei
worden. Die südlicher, aus Finsteraar herstammende S«te
enthält vorherrschend Blöcke von weissem Granit und Gneis,
die nördliche, die sich von Lauteraar her mit jener am AV
Schwung vereinigt, führt dunkle Trümmer, die der Dolerin-
und Hornblendzone angehören. Dieselben Steinarten, in
welche, von Mittag her, der Granit mehrfach gangartig rä-
dringt, bilden den Gauligrat und wahrscheinlidi auch.
wenn man der rothbraunen Farbe der Felsen vertrauen dar£
das Hohritzlihorn und Stampfhorn. Auf der reebtes
Seite des Aarthaies, auf Schallaui oberhalb Guttanneit
wurde früher, hoch über dem Thalgrund, in dieser Schieferzone
Topfstein gebrochen, und in der Nähe, auf Rothlaai, findet
man die ausgezeichneten, in B^gflachs eingewfckelten Kry-
Geologie der Berneralpen. 397
stoUe von Epidot. Von da scheint die Zone, in der Gegend
des Steinhaushornsundder neuen Hütte des Alpenclubs,
nachten Thi er- und Sustenbergen fortzusetzen. Die
westliche und 5stliehe Gandeck des Triftgletschers ent-
halten Blöcke von Serpentin und Homblendgestein, ausser-
lieh braunroth, die nur von den südlichen, ebenfalls braun-
mthen Felskämmen herstammen können. Auch sind mir da-
selbst Blöcke von grünem Feldsteinpoiphyr aufgefallen, deren
Stammort vielleicht von den Mitgliedern des Alpenclubs ent-
cleekt worden ist, die im vorigen Sommer diese Gebirge durch-
forscht hab^. Wahrscheinlich steht diese Steinart, die mir
bis dahin in der ganzen Ausdehnung der Berneralpen nicht
vorgekommen ist, in Verbindung mit den vielen Granitgängen,
die hier, wie bei Valorsine, wo der Granit in einen ähnlichen
Porphyr fibergeht, den Schiefer durchschneiden. Auch der
Steingletscher trägt vorherrschend Blöcke von Hornblend-
felsarten, unter denen besonders schöne Strahlsteine sich aus-
zeichnen, und, wenn maftvonGöschenenalp aus nach dem
Hintergrund des Kehlegletschers hinsieht^ so zeigen die
Felsen, die ihn vom Steingletscher scheiden, dieselbe Bost-
&rbe, die auch in dem westlichen Ausläufer der Thierberge,
an derFelsstufe des Triftgletschers, so auffallend ist. — Auf
Inschialp bricht, nach Lusser, Marmor und Serpentin
mit Diallag. — Im gleichen Fortstreichen treffen wir unsere
Schiefer wieder bei Ams tag, am Bristenstock und im
Maderanerthal, stets mit demselben Gesteinscharakter
und von denselben Mineralien begleitet Am Eingang des
Etzlithales zeigt sich ein vortrefflicher Topfstein, und die
Schiefer, weiter einwärts, nähern sich dem Gneisse; aber in
den östlichem schroffen Graben, die sich in die südliche Thal-
wand von Maderan einschneiden, im Griestobal, Mittel-
eekthal, Steinthal u. s. w., glaubt man in der Steinart
1
398 Studer.
ehier die grauen Schiefer des Wallis oder Urserenthales ze
erkennen. Diese Thonschiefer werden aber, im oberen
Theile der Graben, von einer solchen Menge granitischer
Adern, Streifen und Nester, oft von weniger als ZoUdicke
und an beiden Enden sich ausbreitend, oft zu mehr als fiis»*
breiten Gängen anschwellend, durchschwärmt, dass sidii leicht
der Gedanke aufdrängt, man stehe hier mitten in der Werk-
stätte, in der einst Thonschiefer zu Granit und Gneiss umge-
wandelt wurde. In Drusenräumen dieser krystallinischei
Streifen und Nesterfinden sich die mannigfaltigen Mineralieii»
welche dem Maderanerthal bei den Sammlern seinen grosseft
Ruf erworben haben. Die meisten dieser Räume sind mit
erdigem Chlorit angefüllt, und dieser überzieht auch den Ao/Zh
spathy ^dular, AlbitMVk^Bergkry stall, welche die locker unter
sich und mit dem umschliessenden Schiefer zuaammeii-
hängenden Bestandtheile der Nester bilden, oder ist auch ia
das Innere, besonders des Bergkrystalls und Kalkspaths, ein-
gedrungen. Einige dieser Drusenräume enthalten Epidoi^ am-
wickelt von Bergflßchs, ßergkork, Bergledei^ in andern findet
man Titanit, Anatas und Brookit\ auch Eisenglanz und rothe
Zeolithe sollen vorgekommen sein. Der Kalkspalh hat unter
diesen Mineralien sich stm frtlhesten, der Quarz am spätesten
gebildet, und schon desshalb ist an eine Entstehung aus ge-
schmolzenen Stoffen und an sehr hohe Temperaturen über
haupt nicht zu denken. Der Chlorit, scheint es, ist von Anr
fang bis zuletzt der Flftssigkeit, aus welcher jene Mineraliea
sich abgesondert haben, beigemengt gewesen. Merkwürdig
ist auch das Verhalten des Chlorits zum Kalkspath. Die
ursprünglichen rhomboedrischen Gestalten des letzteren haben
sich basisch in Tafeln zerspalten, welche mit Chlorit bedeckt
wurden, und oft lose im Cioritsand liegen; in einigen Indivi-
duen ist jedoch die Trennung nicht durchgedrungen, so daw
Geologie der Berneralpen, 399
ik% basischen, mit Ohlorit ausgefällten Klüfte nur wenig tief
roQ aussen her einschneiden jand dem Krystall ein geripptes
oder zerfressenes Aussehen geben. Merkwürdig, dass auch
io granitischen und Porphyrgebirgen der Kalkspath, als'Schie-
ferspath, basische Tafeln bildet, als ob hier, bei der Umwand-
Inng^neptunischer in krystallinische Schiefer, der Kalkspath
eine entsprechende Verändening erlitten hätte.
Die Uebereinstimmung der Steinarten und Mineralien
dieser mittleren Schieferzone mit denjenigen der südlichen
Handzone ist zu auffallend, um nicht bemerkt zu werden. Es
ist vorhin an diesem Südrand nur von den Hornblendfels-
arten und den sie begleitenden Mineralien die Rede gewesen,
weil jene sich zu enge an den Granit anschliessen, als dass
sie getrennt davon ihre Stelle finden könnten. Die Haupt-
masse dieser Randzone besteht aber, wie die der Mittelzone,
ABS krystallinischen Schiefem und Gneiss. — Die vom Dal a-
thal her nach Osten fortsetzende Kalkbedeckung des untern
Abhanges steigt vom Baltschiederthal an höher aufwärts
und scheint gegen Bellalp und Lusgenalp hin sich in
eine graue und weisse talkige Schieferbildung aufzulösen.
AmFuss des Abhanges, bei Mund, Naters, Morel und
weiterhin herrscht Gneiss, bald hell ui^d grobf lasrig , bald
dunkel und feinflasrig, bald in Talk- und Glimmerschiefer über-
gehend und häufig von Granit-, Eurit- und Quarzgängen durch-
zogen. Ein Quarzgang in der engen, oben fast zuschliessen-
den Massaschlucht, oberhalb Morel, führt die silberhal-
tenden Bleiglanzerze und Kupferkiese, deren Abbau vor
wenig Jahren angegriffen, bald aber wieder eingestellt wor-
den ist. An der hohen, dem Strassenbau so grosse Schwierig-
keiten entgegensetzenden Thalstufe, über die man nach Lax
ansteigt, ist aber der Gneiss wieder verdrängt durch leicht
zertrümmernde grüne und graue Schiefer, die bis Nieder-
400 Studer.
wald anhalten und nördlich unter den gleich faU^iden,
Gneise einfallen. Sie bilden einen Uebergang der granen,
Gyps führenden Wallisschiefer der Südseite des Thaies xa
die krystallinischen Schiefer der Nordseite nnd lassen sich
obgleich weniger kristallinisch entwickelt, theils den dunkehi
Schiefern von Gnttannen und Maderan, theils den grpnen
Schiefern der Serpentingebiete vergleichen. Es sind diese
Schiefer, in denen bei Lax und Viesch Titanüe^ Zeolitke
und Flttssspath vorkommen.
Zwischen diesen beiden Sehieferzonen erhebt sich die
I
südliche und mächtigere Granitzone, deren höchste Gipfd,
das Aletschhorn und Finsteraarhorn indess noch ans
dem, beide Steinarten verbindenden Hornblendgestein be-
stehen. Es ist ein ausgezeichneter Protogingranit, der diese
Zone bildet und meist senkrecht neben dem Schiefer in die
Tiefe setzt, zuweilen ihm auch zur Grundlage dient, oder ib
Gängen ihn durchdrihgt. Die Breite dieser Granitzone mag
an mehreren Stellen wohl zwei Wegstunden betragen. —
Wenn man von dem Rhonethal her in das Baltschieder-
thal eindringt^ erreicht man, nach mehrstündigem Ansteigoi,
den Granit im obersten Hintergrund, in den er, vom Bi ets eh-
horn her, in schroffen Felsen abfällt Eine gleiche hohe
Felsstufe bezeichnet auch weiter östlich, in seiner Fortsetzung ,
über den Jägigletseher und das Nesthorn nach dem
Aletschgletscher, seine südliche Grenze, die ihn von den
leichter zerstörbaren vorliegenden Schiefem scheidet. Er
durchsetzt den Aletschgletscher in der Gegend des
Merjelensees und der Walliser Viescherhörner, bil-
det die Umgebung der Grimsel, von dem oberen Kamm
der Haaseck abwärts bis unter die Handeck, erscheint
mächtig entwickelt in der Göschenenalp, an deren Aus-
gang alte Gletscherschliffe , so ausgezeichnet als irgendwo,
Alpenflora. 381
Mit dieser Vergleichimg ßchliessen wir anaern Versuch,
der anf Vollständigkeit oder Gleichmässigkeit der Behand-
lung nicht Anspruch macht, der überhaupt nur dazu dienen
soll, den Freund der Alpen anzuregen zu näherer Betrachtung
dieser herrlichen Flora, die in jeder Richtung: in biologischer,
geographischer, historischer, Probleme von höchstem Inter-
esse stellt. Wenn es mir gelungen ist, dies Interesse zu be-
leben, und zugleich einen Begriff ^u geben von der Art und
Weise, wie solche Fragen aufgefasst und behandelt werden,
so ist mein Zweck erreicht.
}
402 • Studer.
Weder in Gastern, noch in Lauterbrunnen und Grindeli
sieht man denselben, anstehend oder in Trümmern, und
durch die Thäler der Aare und Reuss, welche das Gebii
bis in die südliche Granitzone hinein durchschneiden,
Blöcke von Geisberger oder Alpengranit bis in das Hügel
und an den Jura fortgetragen worden. — Der Granit
rothem und weissem Feldspath, der inGasteren, am
des Schilthorns auftritt, ist wesentlich verschieden,
so auch der klein — aber deutlich kömige, beinah an Sandst
erinnernde gneissartige Granit, der die südlichen Gebirge
Lauterbrunnen und Grindelwald bildet und die
keile derJungfrau, desMettenbergs undWetterhori
umschliesst So metallisch glänzend und in deutlichen Bl
eben zeigt sich der Glimmer im Alpengranit nicht, und
Feldspath und Quarz tragen einen andern Charakter. Vi
älterer Zeit her sind diese Granite, sowohl im Lötschthi
als in Lauterbrunnen, bekannt durch ihre süberhaltem
Bletglanzerze, die jedoch nur ein regelloses, nesterweises Vi
kommen zeigen und dem Bergbau schwer zu überwinde
Hindemisse entgegensetzen. Etwas mehr nähert sich dem
togin der weisse Granit, der oberhalb und unterhalb Gutta»
nen stockförmig in den dunkeln Schiefer aufsteigt und wahr«
scheinlieh in Verbindung steht mit.den zahlreichen Granit- nad
Euritgängen, welche oberhalb Furtwang, am Uebergang voi
Guttannen nach dem Triftgletscher, ded Schiefer dnrchsetMi
Wenn das Zusammentreffen mehrfacher Charaktere aä
eine nähere Verwandtschaft unserer südlichen Granitzone mä
der Montblancmasse hinweist, — das Vorherrschen des ?«>■
togingranits, das Vorkommen derselbenjkfineralien im Innen
desselben und an seinem Südabfall, sein gangartiges Ehr
dringen in den angrenzenden Schiefer — so sprechen niekl
weniger gewichtige Analogien ftir eine engere Verbindiu{
Geologie der Berneralpen. 403
i^ Bördlichen Granitzone mit der Centralmasse der Aignilies
Bonges. Auf das Vorkommen des in unseren Alpen sonst
idtenen rothen Feldspaths zugleich im Valorsine und Ga-
Irtemist schon hingewiesen worden; aber auch der gneissartige
firanit von Lauterbmnnen kann mit keineift eher verglichen
irerden, als mit demjenigen, der zwischen Martigny und S.
pfanrice, auf dem rechten Bhoneufer, als das östliche Ende
|ler nördlichen savoyischen Centralmasse betrachtet werden
pinss. Beide Granite sind kleinkörnig und aus ähnlichen
I9ementen zusammengesetzt; beide enthalten, als hinzutreten-
ien Gemengtheil, ein graulich grünes, noch nicht analysirtes
Hineral, das der ältere Escher als Speckstein bezeichnet, das
iur aber eher Pinit zu sein scheint; beide neigen sich zum
fineiss, mit steil südlich fallender Schieferung; beide werden
irielfach von Euritgängen durchzogen, im Rhonethal am T r i en t
«id im Aufsteigen von Branson nach der FouJlyalp, im
fiemer Oberland aufdemLötschpass, imRoththalander
iimgfrau und an andern Stellen. Auch die silberhaltenden
fiieierze, die in Lauterbrunnen, wie bei Servoz, von Schwerspath
Ji^gleitet.aind, können zur Vergleichung beigezogen werden.
i Finden aber unsere zwei Granitzonen der Berneralpen
^e in Savoyen ihnen entsprechenden Gebirgsglieder in den
^ntralmassen des Montblancs und der Aiguilles Rouges, so
IBUBS die zwischen jenen Granitzonen liegende Schieferzone
oothwendig den Steinarten verglichen werden, die zwischen
ikn zwei savoyischen Centralmassen das Thal von Chamounix
-«rfilüen, die breite Gebirgsstufe der Alpen der Blaitiere und
des Montanvert bilden und über Col de Balme und Trient
gegen Martigny fortsetzen. Durch die mächtigere Entwick-
lung des Granits in den Berneralpen und das nähere Zusam-
mentreten seiner zwei Zonen wurden die dazwischen liegen-
den Steinarten stärker zusammengepresst, durch metamor-
26*
404 Studer,
phische Processe und das Eindringen granitischer StoÜl
allgemeiner umgewandelt, so dass der in Ohamonnix nocki
deutlich auftretende, bei Martigny kaum mehr erkennbai«
Kalkstein in den Bemeralpen ganz au%ezehrt wurde uni^
vielleicht den yiden Homblendgesteinen ihren Kalkgehalt gl^
liefert hat, vielleicht auch, als letzter Ueberrest, in denKaBi^
spathkrystallen der Chloritdrusen noch zu erkennen ist
Fragen wir nun nach dem Ursprung dieser Gebi
nach den Agentien, die zu ihrer Entstehung und Ansbil
mitgewirkt haben, so ist die Wissenschaft genölhigt,
tJn vermögen zu gestehen, diese Fragen genttg^id beantwo^
ten zu können. Ihre Besultate sind einstweilen meist negatif.
Sie kann mit Sicherheit behaupten, dass die Fonnen, il
denen das Gebirge uns erscheint, nur sehr entfernt dieje»^
gen darstellen, die es ursprünglich besass, indem, wfthreii
der ungezählten Zeiträume seit seiner Entstehung, die lang*
sam oder schnell zerstörende Kraft; der atmosphftrise&ei
Einwirkung, des Eises und der Gewässer grosse BCassen zer-
trümmert und weggeführt, vorhandene Thäler erweito^
neue eingegraben, höhere Gipfel und Gräte abgetrag^
tiefere Spalten und Becken mit Schutt ausgefüllt, oder diesei
zu neuen Hügelmassen aufgetbürmt haben muss. Eineflüe^
tige Erwägung der Veränderungen, die, im Lsofe wenige
Jahre, durch hoch angeschwollene Wikibäche oder Lawinei^
oft nur durch ein einzelnes Gewitter erzeugt werden, kau
uns hierüber kaum im Zweifel lassen und fordert bei dtr
B^urtheilung des ursprünglichen Zustandee zu grosser Vo^
sieht auf. Eine genauere Prüfung scheint femer entscfaiedA
zu haben, dass die früheren Annahmen von feurig -üttssigci)
lavaartigen Granitmassen, von einer Entstehung des Berg-
krystalls und anderer Mineralien aus geschmolzener oder
sublimirter Kieselerde, von Metamorphosen ganzer Gehirgf
Geologie der Berneralpen, 405
4iurch Schmelzung nicht mehr haltbar seien, weil viele Mine-
iriien, die man im Granit, in den krystallinischen Schiefern,
'ider im Bergkiystall eingeschlossen findet, in diesen hohen
Temperaturen nicht hätten bestehen können, weil femer der
Qoarz weit früher erstarrt wäre, als' die meisten seiner Ein-
idiliisse, früher auch als die beiden andern Bestandtheile
des Granits, die umgekehrt Eindrücke in denselben gemacht
.pAben. £s hat sich endlich herausgestellt, dass bei der Ent-
lilehnng des Granits die krystallisirende Masse mit Wasser
4der Wasserdämpfen durchtränkt war, indem der Quarz
;• desselben unter dem Mikroskop eine Menge theil weise mit
.Wasser angefüllter Poren wahrnehmen lässt — Andererseits
.wird man sich fragen, ob denn wirklich die begabtesten
Sehttler Werners, während eines langen der geologischen
, Forschung in beiden Welttheilen gewidmeten Lebens, in arger
Täuschung befangen gewesen seien, als sie die vielfachsten
ijialogien zwischen granitischen und vulcanischen Stein-
arten, Granitgängen und Lavagängen, granitischen Ketten-
, gebirgen und Vulcanreihen wahrzunehmen glaubten und den
.jMptunisehen Theorien ihres Lehrers untreu wurden? Die
bedeutende Erhebung des Landes, die ofifenbar mit dem
Auftreten des Granits in Verbindung stellt, die Zerreissung
, des früheren Bodens, wovon Stücke in den Thalniederungen
liegen blieben, andere die Gipfel der höchsten Granitmassen
bilden, noch andere zwischen den Granit eingeklemmt sind,
das g8ngf(>iinige Eindringen des Granits in den angrenzen-
den Schiefer, die massenhafte Umwandlung des letzteren,
adne Durchflechtung mit granitischen Adern und Nestern,*
das Vorkommen eigenthümlicher Mineralien und Stoffe in
Drusenräumen, es sind alles die^s Thatsachen, die ohne die
Annahme einer Verbindung mit dem tief liegenden Herde,
aus dem auch die Thermalwasser und Laven ihre hohe Tem-
1
406 Studer.
peratur herbringen, schwer za begreifen sind. Hätte
in den Boden dringende Wasser und seine chemii
Thätigkeit, bei gewöhnlicher Temperatur, das Vermdj
ohne weitere Unterstützung jene Wirkungen zu erzeugest
so ist kaum einzusehen, warum nicht auch in den weitei
Flachländern aller Welttheile oder im Grund unserer Seea
und Meere der Sand und Schlamm, warum nicht die tob
Wasser durchtränkten Mergel und Thone der ältesten geo»
logischen Zeiten, die Thonschiefer und Grauwacken dfll
Uebergangs- oder Steinkohlengebirgs, längst in Granit ml
Gneiss umgewandelt und zu Hochgebirgen erhoben wordoi
wären, da doch im Gebirgslande diese Umwandlung w«i
jüngere Steinarten betroffen hat.
Es werden diese Räthsel und scheinbaren Widersprttehe
einst ihre Lösung finden, es wird vielleicht gelingen, durek
gleichzeitige Wirkung von Feuer und Wasser, Granite und
krystallinische Schiefer in unsem Laboratorien 211 eize»*
gen, da ja auch in allen Vulcanen Wasserdämpfe die Haupl"
rolle spielen und noch lange nach den Eruptionen aus dea
Laven als Fumarolen aufsteigen. Bis dahin werden wir ml
bescheiden müssen, durch Sammlung von Thatsachen vw^
eilige Theorien abzuweisen und der späteren bessent
Kenntniss den Weg zu bahnen. Es bedurfte Jahrtausend!
astronomischer Beobachtungen, bevor Kepler seine Gesetie
der planetarischen Bewegung uiid Newton ihre Herleitimg
aus einem einfachen Princip finden konnten, und wie einfiel
sind die rein dynamischen Probleme, die uns die Bewegen*
gen am Sternhimmel stellen, in Vergleichung mit denjeni*
gen der Geologie, deren auf Beobachtung gestfltste Fort-
schritte kaum ein Jahrhundert hinaufreichen und in die
wickeltsten Gebiete aller Naturwissenschaften eingreüen!
Die Beziehungen des Föhns
zur
afrikanischen Wüste.
Von E, Desor,
Üis ist im ersten Bande des Alpenclubbuches, beiAnlass
ier frliheni ^össern Ausdehnung' der Gletscher in den
Alpen und der mannigfachen Theorien, welche zur Erklärung
dieser grossartigen Erscheinung aufgestellt worden sind,
auf die Theorie von Herrn Prof. Escher v. d. Linth hinge-
gewiesen worden, welche das Verschwinden jener grossen
Gletscher in Verbindung bringt mit den Schwankungen des
Bodens im afiikanischen Continent und besonders mit der
Trockenlegung der Sahara.
Als Vermittler dieser Umgestaltung im Klima des
Alpenlandes ruft Herr Escher den Föhn an, unter dessen
Hauch jene gewaltigen Gletscher verschwanden, welche sich
eine Zeitlang stidlich bis an den Saum der Lombardisch-
venetianischen Ebene und auf der Nordseite sogar bis auf
die Hdhe des Jura erstreckt hatten. Von der Voraussetzung
ftosgebend, dass der Föhn identisch sei mit dem trockenen
Sirocco, dessen Ursprung allgemein in die afrikaüische Wflste
408 Desor,
verlegt wird, hatte sich in den wissenschaftlichen Kreisea
von Zürich die Frage aufgeworfen, was denn eigentlid
geschehen werde, wenn der Föhn eines Tages ausbleibe
sollte. Eine solche Frage unter Leuten wie Escher, Denzler,
Mousson, Wolf, Heer einmal angeregt, konnte nicht ohne
Lösung bleiben. Es musste' sich als nächstes Resultat eis
weit geringeres SchmeLsen und als Folge dessen ein verh<*
nissmässiges Anwachsen der Schneemassen auf den AlpM
ergeben, da bekanntlich der Föhn alljährlich in sehr kurzer
Zeit bedeutende Massen von Schnee aufzehrt, wesshalb er
von den Aelplern als Sehneefresser bezeichnet wird.
Daher auch das Sprüchwort:
„Der lieb' Gott und die liebi Sann
chönnet's nüt, wenn der Föhn nit hilft.**
Mit dem Verschwinden der Wüste würde dieser mächtig«
Einfluss, den der afrikanische Continent auf unsere Berge
übt, wenn nicht aufgehoben, doch wesentlich veräDdeft
werden. Ui^d wenn gar die Sahara sich in ein Binnenmeer
umwandelte, so würde an die Stelle des trocknen Föhns eil
feuchter Wind treten^ Dieser müsste als Tropenwind eben-
falls warm I sein, würde aber zugleich eine bedeutrade Menge
von Feuchtigkeit mit sich führen, die sich beim AnpraUei
an die kalten Zinnen der Alpen niederschlagen und auf dieee
Weise die Schneemasse wirklich vermehren würde.
Somit würde die Besitznahme der Sahara durch das
Meer in doppelter Weise zum Anwachsen der Schneemasseii
in den Alpen beitragen , indirect durch das Ausbleiben des
Föhns, und direct durch das Auftreten eines feachten
Windes an seiniBr Statt.
Noch kennen wir nicht hinlänglich die Beziehungen der
Niederschläge zu den herrschenden Winden, um voraussiges
zu können, wie viel die Firnmassen der Alpen unter solcben
Beziehungen des Föhns zur afrikanischen fVüste, 409
pOmständen zunehmen würden. Es ist diess eine Aufgabe,
w^ehe die sehweizerische meteorologisehe Gommission ohne
£weifei sich stellen und wohl auch mit der Zeit lösen wird.
Sinstweilen lässt sich annehmen, dass die Zunahme keine
unbedeutende sein dürfte, indem zu den, rein meteorolo-
fisehen Einflüssen sich auch noch andere Anlässe zur Ver-
nehrung der Gletscher zugesellen würden. Wir haben
anderwärts auf den Einfluss der Thalbildung in den Alpen
kmgewiesen. Es lässt sich nämlich eine directe Beziehung
zwischen der Ausdehnung der grossen Alpen-Gletscher und
Siren obem Thalbehältem oder Bassins nachweisen. Der
grosse Aletschgletscher, der Unter-Aar, der Rhone-Gletscher,
die Her de glace oder glacier du Bois steigen nur desshalb
so tief herab, weil sie die Ausläufer von gewaltigen Behäl-
tern in den hohem Regionen sind. Neben denselben trifft
man aber in den Alpen nicht selten grosse, circusartige
firweiterungen und breite Joche, die sich alljährlich noch
ihres Schnees zu entledigen vermögen, besonders auf dem
Büdabhange der Kette, so z. B. der Circus des Monteleone,
derjenige von Dever, ein ähnlicher, obgleich nicht so grosser
«in Mont Oenis südlich vom Pass, und unter den Jochen,
der Bemina, der Gotthard, der Simplen, alle an der Grenze
ier Schneeschmelze gelegen. Mit Noth gelingt es der
Sommerwärme, dieselben alljährlich auf einige Monate von
Bchoee zu b^eien.^ Sollte aber durch irgend eine Ursache die
Behmelzkraft des Sommers sich vermindern, so würde der
Winterschnee in den Kesseln ausharren, die Niederschläge
des folgenden Jahres würden sich zum alten Schnee gesellen
und auf diese Weise ein Firnfeld erzeugen, aus dem sich bald
ein Gletscher als Ausläufer entwickeln würde, dessen Län^e
im Verhäitniss wäre zu der Ausdehnung und Mächtigkeit
des Fimfeldes. Eine solche Erscheinung könnte möglicher
410 Desor.
Weise eintreten, ohne ein namhaftes Sinken der mitdem
Jahrestemperatur. Es bedürfte dazu lediglich einer fiimäss^
gung einerseits in der Wärme des Sommers und andererseiti
in der Kälte des Winters, wie man sie leicht voraussetMi
könnte, wenn die feuchten Winde sich auf Kosten der
trocknen vermehren wflrden.
Ein ähnliches Resultat würde sich aber, aller Wahr-
scheinlichkeit nach, im gesteigerten Maase ergeben, wem
der Föhn von unsem Alpen verschwände und durch eiaei
feuchten Meereswind ersetzt würde. Es würden sich mcht
nur neue Oletscher bilden an Orten, wo gegenwärtig keiae
vorhanden sind, die jetzigen würden auch wesentliefa u
Grösse zunehmen, und es bedarf keiner grossen Phantasie^
um sich vorzustellen, wie z. B. unter solchen Umständea
die Gletscher der Seitenthäler des Wallis bis in das Haapl-
thal gelangen könnten, um sich daselbst zu einem einzig«
grossen Eis- oder Fimfelde zu vereinigen. Hat man j<
doch nachgewiesen, dass in Scandinavien bei einem Sinket
von nur 1^ in der Sommertemperatur, die Hochplateaus sieh
nicht mehr alljährlich ihres Schnees 4ntledlgen würden, was
zu bedeutenden Veränderungen in der ganzen Physiognomie
des Landes Anlass geben müsste.
So einladend und verführerisch auch die Theorie seiB
mochte, wodurch die Eiszeit der Alpen mit der Wüste Sabar«
in Verbindung gebracht wird, so war dieselbe doch nichts
weniger als thatsächlich begründet Vor allem musste naek-
gewiesen werd^, dass beide Erscheinungen in der Zeit
stimmen und auf dieselbe geologische Periode znrückf&hrbar
sind. Die Zeit der Gletscherausdehnung läset sich naek
geologischem Maasstab bestimmen. Wir haben in einem
frühern Artikel gezeigt, dass sie nach der Alpenhebnng
(vielleicht durch dieselbe bedingt) eingetreten ist, dass
Beziehungen des Föhns zur afrikanischen Wüste. 411
nithhi Behr jung ist/ Wenn aber ein Cansalznsammenhang
swischen dem einstigen Sahara -Me^r und der Eiszeit be-
st^t, 80 mnss jenes Meer noch nach der letzten Alpen-
kebung existirt haben und mithin in die qnatemäre Zeit
Mlen, da bekanntlich die tertiäre Periode mit der Alpen-
hebung abschliesst. Aus demselben Grunde fiele die Trocken-
legung desselben in eine noch jüngere Zeit.
Nttn war von jeher die Idee, dass die Wüste Sahara
Heuern Ursprungs sei, gleichsam instinktartig verbi^eitet.
Schon PtolemaeuB spricht von derselben als von einer
jttngeren Erscheinung, indem er voraussetzt, dass das Meer
dort jedenfalls länger verweilt habe, als in den angrenzen-
den Gebieten.
Gestützt auf die orographische Beschaffenheit dieses
weiten Beckens, das nicht allein sehr wenig über das Meer
sich erhebt, in manchen seiner Theile, namentlich am nörd-
lichen Saum der Wüste sogar tiefer sein soll (etliche 20
Meter am Chott Mel-Rhir), haben spätere Reisende diese
Yoraussetzung vielfach wiederholt. Auch ist die Kette der
grossen Salzseen, die sich gegen Osten hinzieht, und die
man gam als das Residuum des alten Meeres anzusehen ge-
neigt ist, dieser Annahme mehr oder weniger günstig, um
80 mehr als zwischen ^denselben, in der Nähe des Meerbusens
von Cabes, keine wesentliche Bodenerhöhung vorkommt,
und es in der That nur einer geringen Senkung bedürfte,
wn ein weites Feld der Wüste wieder in ein Binnen -Meer
m verwandeln. Ausserdem war in neuerer Zeit vielfach von
Meermuscheln die Rede gewesen, die man an verschiedenen
Stellen aufgelesen hatte, und als deren häufigste die essbare
Herzrouschel, das Ciurdium edule angeführt wird.
Die näheren Beziehungen dieser Muschelart waren aber
nicht genau erforscht Am nächst^i lag die Vermnthung,
412 Desar.
dass sie aus irgend einem der zahlreix^hen, am Saame d«
Wüste sich hinziehenden Salzseen oder Chott herrühre«
möchte, zumal die Lokalität, von der man sie anführte^
wirklich am Chott Mel Rhir liegt. Gegen eine soldie Aa*
nähme sprach aber der Umstand, dass man nur leere Sdialoi
kannte, und überhaupt gar keine Kunde von lebende»
Muscheln in jenen Seen vorlag.
Unsere Reise in die Sahara sollte uns die erwünschte
Gelegenheit bieten, das Problem zu lösen. Die Frage war
an sich schon beachtenswerth, von rein zoologischem Stand*
punkte aus. Sie musste aber ganz besonderes Interesse
für reisende Geologen haben, im Hinblick auf das Probien,
das uns so lebhaft beschäftigte, nehmlich die Beziehungen dar
Wüste zur Eiszeit
Unter gewöhnlichen Verhältnissen wäre es ein leichtes
gewesen, aus der einfachen Speciesbestimmung das Alter
der Muschel abzuleiten und zu ermitteln, ob sie zur gegen-
wärtigen Fauna Afrikas gehört oder aus einer vorwelttichen
Zeit stammt, wenn auch der Jetztzeit noch so nahe, wie den
unsere Conchyliologen mit grösster Bestimmtheit zu sageo
wissen, ob eine Muschelart, die m^n ihnen vorzeigt, der
Molasse oder selbst dem Löss angehört.
Anders verhält es sich in der Wüste. Dort herrscht
Unbestimmtheit nach allen Richtungen. Nicht nur weiss
man nichts von den Thieren, die in den Salzseen leben. Die
Wüste selbst ist noch weniger zuverlässig, in so fern deren
Boden grossentheils ans losem Sande gebildet ist, und dieser
Sand in seiner jetzigen Gestaltung und Lagerung das Werk
der Winde ist, das Material der Wüste mithin aus Foram-
tionen verschiedenen Alters zusammengeweht sein kann.
Glücklicherweise besteht die afrikanische Wüste nicht
lediglich aus Flugsand, wie man sich's oft vorstellt. Die
Beziehungen des Föhns zur afrikanischen Wüste, 413
Dnrcfaschnitte der artesischen BohruDgen hatten schon mehr-
•
laehe Anzeigen von Schichtung geliefert. Dieselben waren
aber nnserm Augenschein nicht zugänglich und auf der
ganzen Strecke Ton Biskra nadi Tugurt hatten wir keine Ge-
l^enheit gehabt, einen wirklichen Durchschnitt zu sehen, noch
weniger irgend eine Spur von Versteinerungen anzutreffen.
Die erste Anzeige von etwas Aehnlichem fanden wir östlich
von Tugurt auf dem Wege nach den Oasen des Suf , an einem
Brunnen, den man vor nicht langer Zeit zu graben angefangen
hatte. — Bei näherer Betrachtung der Umsäumnng desselben
b^oaerkten wir in den Wänden des Kessels, dass die Sand-
körner abwechselnd bald grösser, bald kleiner waren, und
wenn auch keine Schichtfläche dieselben von dem gewöhn-
lichen Sand trennte, so ergab sich doch daraus eine gewisse
Aufeinanderfolge, wie sie nur durch die Ablagerung im
Wasser erzeugt wird. Vom Winde konnten solche Wirkungen
nicht hervorgebracht sein. Zugleich zeigten sich vielfach
kleine eckige Steinchen, welche die Form von Gypskrystallen
hatten, obgleich sie hauptsächlich aus feinen Sandkörnern
zusammengesetzt waren. Noch durften wir jedoch nicht
auf eine wahre Schichtung schliessen, zumal es uns nicht
gelingen wollte, auch nur die geringste Spur von irgend
einer Versteinerung oder überhaupt einer Muschelschale zu
entdecken. Die Wahrscheinlichkeit war aber vorhanden,
und unsere Aufmerksamkeit war um so gesptmnter.
Die wahre Lösung des Räthsels sollten wir erst später,
während der Rückreise, auf dem weiten Plateau zwischen
äen Oasen des Suf und dem Chott Mel-Rhir finden.
Am 6. December 1 863 Morgens hatten wir in aller Frühe
Gemar, die zweit grösste Oase des Suf verlassen, und zogen
mit einer zahlreichen Karawane nach Norden gegen den
Chott oder Salzsee. Nach einigen Stunden schon waren die
414 l}esor.
Dünen weniger dicht, ziemlich grosse, flache Btrec^ei
dehnten sich zwischen ihnen aus, und um Mittag war»
wir bereits wieder auf dem öden Plateau angelangt, wo die
durch frühere Auswaschungen bedingten Abstürze vieifaeh
mit wirklichen Dünen abwechselten. Hin und wieder ist
das Plateau so sehr zerfressen, dass nur schmale Gräle
zwischen zwei Auswaschungen übrig bleiben, die dann das
Ansehen von Hügeln mit flacheqoi Gipfel annehmen. Einet
solchen scharf ausgeprägten Grat hatten wir ausgewählt
um unser Mittagsmahl darauf zu halten. Als wir zu deiih
selben gelangten, bemerkten wir ganz in der Nähe einige
seltsam gestaltete Kegel von zwar nicht mehr als 10 FaM
Höhe, jedoch mit steilen und scharf ausgeprägten Ab*
stürzen, ganz das Gegentheil von der abgerundeten Fem
der Dünen.
Wir fanden nun, dass die Kegel zwar aus feinem Saud
bestanden, bemerkten aber zugleich eine deutliche, wem
auch unregelmässige, in verschiedenen Winkeln aufgelagote
Schichtung (Uebergussschichtung). Bei näherer Prüfung eoft-
deckten wir auch darin eine Menge Bruchstücke von Muschel-
schalen, die zwar sehr abgerieben waren, indessen doek
durch ihre Rippen sich als Stücke von Bivaiven beur-
kundeten.
Hfer konnte also kein Zweifel mehr walten. Wir hatteD
es mit einer wahren Wasserablagerung zu thun, die Biefa
durch Schichtung sowohl als durch ihre organischen Reste
zu erkennen gab. Es blieb nur noch die Species der
Muschel zu identificiren, um zu wissen, ob es sich um eine
Meer- oder Süsswasserablagerung handelte. Dieses Resul-
tat, auf das wir natürlich sehr gespannt waren, Uess nieiit
lange auf sich warten.
Am folgenden Tage lagertea wir zum Mittagessen mb
Beziehufigen des Föhns zur afrikanisehen fViiste. 415
Bmnnen Bnchana. Wie alle Brunnen der Wüste liegt dieser
iB einer Niederung oder Mlheren Auswaschung, umgeben von
den gleichen schroffen Abhängen, wie wir sie schon mehrfach
ttvähnt haben. Nur war hier der Gipfel von der härteren
Oypsschicht überdeckt, die, eben weil sie härter und weniger
lerstörbar war, wie eine Brüstung über die Abhänge hinaus
ragte. Wir untersuchten an mehreren Stellen die unter der
Gypsdecke gelegene Masse, und fanden sie wiederum aus
feinem Sande mit Uebergussschichtung zusammengesetzt.
Es war diess eine directe Aufforderung zu näherer Prüfung,
welche sofort eingeleitet wurde und auch nicht ohne Erfolg
blieb. Unser Anführer, H. Hauptmann Zickel, Director der
artesischen Brunnen in der Wüste, dessen Interesse nicht
minder erregt war als das unsrige, fand auch sehr bald die-
selben kleinen Schalentrümmer, und nach einer Weile auch
eine beinahe vollständige Schale, die sich mit ziemlicher
Sicherheit als eine Herzmuschel (Cardium edule) heraus-
stellte. Zugleich fanden sich auch ein Stück von einem Tri-
tonshomCBuccinum gibberulumLam.)und einzelne Fragmente
von Seeeicheln (Baianus miser L.) Somit war die Frage
entschieden. Der Sand, der die Schalen einschloss, war
unzweifelhaft ein Meergebild.
Am dritten Tage gelangten wir in die Nähe des grossen
Ohott Mel-Rhir, den wir zum Theil zu durchwaten hatten.
Das grosse Becken, zu dem man allmälig hinabsteigt, ist im
weiten Umkreis von hohen Terrassen umgeben, an deren
Gehängen vielfach mergelichte Lager mit dem reinen Sand
abwediseln. Letzterer bot uns abermals Muscheln in Menge,
und zwar immer die gleiche Herzmuschel, diessmal mit beiden
Schalen imversehrt. Somit hatten wir dieses muschelflihrende
Sandlager an drei verschiedenen Stellen des Plateaus, und
in einer Entfernung von mehr .als zwölf Stunden nachgewie-
416 Desor.
sen. Bringt man nun in Rechnung, dass früher schon die-
selben Muscheln in den gleichnamigen Abstürzen des Chotts
bei M'rair an seinem westlichen Ufer beobachtet worden
w^ren, so liegt der Schluss nahe, dass sie nicht, wie man
glaubte, der jetzigen Fauna des Chott's, der ohnediess öde
zu sein scheint, sondern einem tieferen und umfassenderen
geologischen Horizont angehören, und mithin auf einen
früheren Seeboden hindeuten, den man wahrscheinlich in
verschiedenen Richtungen wird weiter verfolgen könna^
jetzt, da die Andeutung dazu gegeben ist
Hier aber stellt sich eine für den Naturforseher nidit
unwesentliche Frage ein: die erwähnte Herzmuschel kommt
bekanntlich noch jetzt lebend im Mittelmeer vor; sie ist aber
an gewisse Stationen gebunden, und wird hauptsächlich an
den Flussmündungen ai^getroffen, wo der Salzgehalt des Was-
sers ein viel geringerer ist als im offenen Meer. Es ist mit
einem Worte eine Brackwassermuschel. Somit liegt der Schlm»
nahe, dass das Wasser, in dem die Muschel früher gelebt hat,
dieselbe Eigenthümlichkeit besass, d. h. ein unvollkommen
salziges Becken gewesen sein muss, im Gegensatz zu den
jetzigen Chotts, die sich bekanntlich durch ihr Uebermaas an
Salzgehalt auszeichnen.
Ist diese Annahme gerechtfertigt, so musste das Sahara-
Meer, zur Zeit als die genannte Herzmuschel darin lebte, den
Bedingungen entsprechen, welche den jetzigen brakischen
Wassern eigenthümlich sind. Diese sind aber in der Regel
nur Binnenseen, und es ist eine bekannte Thatsache, dass
die Thiere derselben im Vergleich^ zu denen in offener See
mehr oder weniger verkümmert sind. Auch ist die Zahl
der Species eine geringere. Nimmt man nun an, dass die
Wüste zu irgend einer gegebenen Zeit vom Meer eingenom-
men war, so muss sie in ihrem Wesen so ziemlich der Ostsee
r
Beziehungen des Föhns zur afrikanischen fVüste, 417
entsprochen haben. Es war em Binnenmeer, desseit Verbin-
dung mit dem Mittelmeer durch die Meerenge von Kabes
vermittelt warde. —
Fragt man nun nach der Ordnung, in welcher die Er-
Bcheinungen auf einander gefolgt sind, so ergiebt sich, dass
die Sahara noch Meer war, als die Alpen bereits in ihrer
jdzigen Gestalt existirten, deren Trockenlegung mithin in
eine noch spätere Zeit fällt. Damit ist nicht nur die Er-
UäniDg oder die Theorie von Escher über den Einüuss der
Wfiste gerechtfertigt, sondern es ergiebt sich auch der andere
bedeutende Schluss: dass seit der Erhebung der Alpen, mit-
liin in der allerjttngsten geologischen Periode, von der man
annimmt, dass der Mensch ihr Zeuge gewesen, Veränderungen
von der grössten Bedeutung sich zugetragen ha^n, in geo-
graphischer sowohl wie in klimatischer Hinsicht. Dieselben
Südwinde, welche früher den Niederschlag von Schnee in
den Alpen begünstigt hatten, wurden später zum trocknen
Föhn oder^Schneefresser^und veranlassten den Rücktritt der
groaaen Gletscher.
Wie langsam aber dieser Process der Gletschervermin-
derung vor sich gegangen, darüber besitzen wir freilich keine
liestimmten Data; jedenfalls bedurfte es dazu eines lange
aadaneroden Zeitraums. Es lieg^ Gründe zur Annahme
vorhanden, dass die Grenaen der Gletscher während der
Eiszeit bedeutenden Schwankungen unterworfen gewesen.
Viele Geologen woUensogarzweiGletseherperiodc» annehmen,
die durch eineZwischenzeit von gleichemKlimawiedas jetzige
getrennt waren und zu welcher die Gletscher ungefähr bis
in ihre gegenwärtigen Sitze müssen zurückgegangen sein.
Als Bdeg dafür werden von H. Prof. Heer namentlich die
Schieferkohlen von ütznach, Dürnten und Wetzikon im Kan-
ton Zürich (ein dem conlprimirten Torf ähnliches Gebilde) an-
Schweizer Alpen-Club. 27
418 Desor,
geführt, .welche zwischen zwei Lagern von erratischen Bldel
vorkommen, nnd die gleichen Pflanzen nnd Käfer enthalt
welche heut zu Tage bei uns Angetroffen werden.
Auch zu dieser Erscheinung muss sich nun die Sahs
auf irgend eine Weise verhalten, und wenn die Eiszeit seil
so verschiedenartige Momente nachweist, so dflrfen
auch wohl ein ähnliches von der Wüste annehmen.
Trockenlegung der Sahara wäre demnach, wie die Ai
dehnung der Oletscher, bedeutenden Schwankungen unl
worfen gewesen. Als Beweis hiefür wird man vielleicht
die verschiedenen mit Sand abwechselnden Gyps- und
lager anführen, so wie den Umstand, dass beim Bohren eli
artesischen Brunnens zu Om Thiour im Oued-Rir, sichSpi
von Süsswasser-Muscheln (Planorbis) in bedeutender
(98 M.) vorgefunden haben.
Somit wäre denn die Sahara der grosse Regulator uns
Elima's, und zwar: ist sie mit Wasser bedeckt, so wird
Gletscherbildung übermässig; ist sie trockene Wüste, so it
unser Klima ein für seine geographische Lage und Höhe d(
Bodens ausnahmsweise bevorzugtes. Erst dann, wenn
Sahara wäre, was sie nie gewesen, eine Grassteppe, eine
Savannen bedeckte Ebene, oder ein Cujturland, würden oni
Alpen zu ihrem eigentlichen Klima gelangen, welches
verhältnissmässig kälteres als das gegenwärtige und mild«
als das frühere (zur Eiszeit) wäre.
Diese Beziehungen zwischen der Sahara und den
tischen Verhältnissen der Alpen oder mit andern W(
zwischen Föhn und Alpengletschem sollten auch ihre Wi<
sacher finden. Es meldet sich nehmlich H. Prof. Dove, d«^
hervorragendste unter den Meteorologen der Zeit, und be*
hauptet auf äDgemeine Gesetze sich stützend ^es kons«]
kein Wüstenwind an die Alpen anschlagen, indem
Alpenflora.
377
Proteaeeen, nichts von irgend einer der vormaligen oder der
jetzigen Typen der wannen Zone. Die Alpenflora bietet
auch keine Art, welcbe maii als reduoirte Alpenform einer
dieser subtropischen Typen ansehen könnte, keine ver-
zwergte Palme, keine stengellose Laurinee oder dergleichen.
Die Alpenflora zeigt, obwohl im Alter zwischen der Molassen-
nnd der heutigen Ebenen-Flora gelegen, keine Fortentwick-
lung ans jener in diese, sondern hat im Ganzen durchaus
den Charakter der letzteren. Sie beide zusammen bilden
Eine Gruppe, die man die moderne vorderasiatisch^ nennen
kann, und die sich durch das Vorherrschen der Dolden
und Cruciferen charakterisirt.
Vergleichen wir nuÄ noch die beiden Glieder dieser
Gruppe: unsere Alpen- und unsere Ebenenflora. In beiden
henschen, wie bekannt, die Synanthereen weit vor; doch
während in der schweizerischen Ebene deren 166 auf 1578
Blüthenpflänzen vorkommen, ihr Verhältniss also 1 0,5^/o ist,
so steigt es in den Alpen bis zu 17,8% (genau 80 : 449).
Dies Ueberwiegen der Synanthereen um mehr als 7^/o ist
ein Hauptunterschied beider Floren und ist für die Alpen-
ifiora una so charakteristischer, als die verwandte polare
Flora deren nur 7% (29 Arten auf 422) besitzt. — Es
folgen die Saxifragen, die in den Alpen volle 7% (21 Arten)
fin der Ebene nur 0,6% (9 Arten), in der arctischen Zone
piur 3,5% ausmachen. Die Übrigen, in der Ebene zurück-
llretenden Alpenfamilien folgen hier tabellarisch in ihrer
Beihenfolge:
i
Alpenfl.
I
Ibenenfl.
i
% Arlenzahl.
%•
Artenzahl
Primulaceen
47 21
u
17
iGentianeen
33 15
07
11
378 Dr. H. Christ.
•
Alpenfl. Ebenenfl.
% Artenzahl. % ArtenzahL
Rhmanthaceen 3i 14 1^ 20
Campannleeii %j 12 li 17
Rosaceen Sg 16 23 37
Le^miDOsen 63 28 5« 89
Ranuncnlaceen 3« 17 33 53
Besonders anffallend ist das Vorherrschen der Legumi-
nosen, eiper sonst den wärmeren Zonen besonders eigenen,
in der polaren Region mit nicht einmal 3% auftretenden
Familie. — Zum Theil entsprechend diesen charakteristischen
Alpenfamilien, sind die artenreichsten Genera der Schweizer
Alpen folgende:
*Glumaceen: Carex mit Kobresia und Elyna . 27 Arten
Synanthereen : Crepis und Hieracium ... 26 „
(nach meinen Ansichten über Species; Andere zählen mehr
als das Doppelte)
Gentianeeh: Gentiana mit Pleurogyne ... 14 Arte«
*Caryophylleen: Alsine mit Arenaria ... 13 „
Rhinanthaceen: Pedicularis 11 «1
Rosaceen: Potentilla 10„
Primulaceen: Androsace
Synanthereen: Cineraria mit Senecio . . • }je 9 ^
*Amentaceen: Salix
*Cruciferen: Draba
*Juncaceen: Juncus ^^
*Violarieeni Viola
Leguminosen: Oxytropis
Primulaceen: Primula Ije 7
Campanuleen: Phyteuma
*Glumaceen: Festuca
J
Mftnflora. 375
BlIltheDpflanzeD , und die Gebirgspflanzen insbesondere,
streng an eine bestimmte Gebirgsart gefesselt seien, so dass
für diese der Granit, fär jene der Kalk eine absolute Lebens-
bedingung sei; man hat erstere granit- oder kieselstete,
letztere kalkstete Arten genannt. Und wenn man an andern
Orten nachwies, dass eine als kalkstet registrirte Art sich
such auf Granit ertappen lasse, so entging der Flucht-
ling deswegen dem unerbittlichen System doch nicht,
nur dass er mit dem milderen Namen „kalkhold ^ behaftet
wurde. Neuere, ausgedehntere Nachsuchungen haben aber
gezeigt, dass weitaus die meisten Pflanzen sich sehr indifl^e-
rent verhalten gegenüber der chemischen Beschafionheit des
Terrains, das es vielmehr die mechanische Beschaffenheit
der Grundlage ist, welche tlber das Fortkommen der ver-
schiedenen Arten entscheidet Es giebt Felsenpflanzen, die
den nackten, compacten und trockenen Fels ausschliesslich
bewohnen. Solche treten natfirlich vorwiegend im Kalkge-
birg auf, wo die Verwitterung eine sehr geringe, wo der Fels
homogen, fest und glatt ist, und wo auch dessen Trümmer
eine trockene Masse bilden. Andere Pflanzen siedeln sich
immer nur in dem sandigen Gruss an, der in der Regel aus
1er Verwitterung der Granitgebirge entsteht und viel Feuch-
igkeit und Nahrungstoff enthält. Wo nun aber ausnahms-
ireise der Granit sich so modificirt, dass er eine jener Felsen-
Manze günstige Stätte bietet, da findet sie sich oft trotz
ler gänzlichen Abwesenheit des Kalks, und wo der Kalk
tfeo auftritt, dass er für die Sandpflanze einen geeigneten
)oden bildet, da wird oft auch die granitstete Pflanze ^efun-
ten. So kommt es, dass in einer Gebirgskette gewisse
Ganzen nur auf einer Gebirgsart erscheinen, während in
iner andern, oft nicht sehr entfernten, dieselben Arten
gerade diese Gebirgsart eher vermeiden und sich an eine
•
Zur Geologie der Bemeralpen.
Von B. Studer.
Unter den vier in unserer Nähe befindlichen Hochge-
birgsgnippen, des Montblanc, der Walliseralpen, des Gott-
hard und der iBerneralpen, sind die letzteren, bis auf die
neueste Zeit, nächst dem Montblanc, von Touristen, Kflnsft-
lern und Naturforschern vorzüglich ausgezeichnet wordea
Beinah gleichzeitig, als im vorigen Jahrhundert englische
Touristen nach Chamounix vordrangen, wurden auch Lantcf-
brunnen und Grindelwald besser bekannt und fanden später ü
Pfarrer Wyttenbach einn eifrigen Lobredner und kündige!
Führer. Unter seiner Anleitung zeichnete der geniale Wdl
die ersten naturgetreuen Ansichten unseres HochgebiTgli
durch ihn lernte das grössere Publicum die Mineralien ml
Pflanzen des Oberlandes kennen. Die Gletscherstudien vol
Altmann und Grüner in den Bemeralpen haben die Gnmi*
läge zu der richtigen Theorie dieser Erscheinung geliefirt
und zwischen der kühnen Ersteigung der höchsten SchneP
region durch Saussure und den Reisen der Meyer auf aij
sere Eisgebirge finden wir keine namhafte Untemehfflin|{
ähnlicher Art verzeichnet. *
Auch der schweizerische Alpenclub hat seine ersM
j^lpenflora. 365
Viola dienen. Man wird nnwiUkfirlieh zu der Vermnthnng
getrieben, dass es locale, im Lauf der Zeiten entstandene
Variationen der gleichen Typen seien. Diese stellvertreten-
den Arten sind in der Regel, weil sie eben als locale Formen ihrem
Gebiet speciell eigen sind, zugleich auch als charakteristische
Arten dieser Gebiete zu bezeichnen. — Dieselbfe Erscheinung
ist nun über Europa hinaus in die reichgegliederte Bergwelt
Vorderasiens hinein zu verfolgen: Der Caucasus ist das letzte
Gebirge, welches unsere Alpenpflanzen in grosser Masse
bietet; in den bithynischen und pontischen Ketten, dem
Taurus und persischen Gebirge treten die identischen Ar-
ten sehr- zurück und machen nah verwandten Platz, und
von da ab nach Südosten hin wird die Identität der Species
zwar immer seltener, stets aber vermitteln stellvertretende
Arten aus gleichen Genera die Aehnlichkeit. So im Himalaya
(wo z. B. Pedicularis asplenifolia Fl., P. versicolor Wahlenb.,
F. verticillata L., Saxifraga cernua, Hirculus und Stellaris
L., Rhodiola rosea L. mit den Alpen identische Blüthenpflan-
zen), in China bis nach den höchsten Gipfeln der Sunda-
Inseln.
Auch die von der alten sonst so grundverschiedene
neue Welt macht von diesem Gesetz der Aehnlichkeit der
Gebirgsfloren keine Ausnahme. Vom arctischen Amerika zieht
die Alpenflora sich in die Felsengebirge hinein, wo nach
Hooker von 286 Moosen 203 den europäischen Alpen ge-
meinsam und wo auch die Phanerogamen sehr ähnlich sind.
Ed. V. Martens zählt 69 Arten, welche aus der polaren Zone
nach den nördlichen, und 27, welche bis nach den südlichen
Vereinigten Staaten hinabgehen. — Endlich erstreckt sich über
den ganzen Rücken Amerikas durch die Schneegebirge
Mexikos und der Anden bis Patagonien und den Falklands-
inseln ein Strich stellvertretender und einzelner gleicher
Les nouvelles routes
dans les
Alpes suisses.
Par E. Cuenod,
landiB qae Timportante question de la travers^e des
Alpes par un chemin de fer fait le sujet des pr^ccapation^
denombre d'hommes d'^tat, d'industriels et de conuner^ants, ,
(ant en Soisse qu'ä l'^tranger, des travauxmoina grandioses
«e poursuivent depuis quelques ann^es au sein de nos mon-
tagnes et ouvrent ä la circulation des contr^es jusqu'ici
^mpl^tement priv^es des avantages des routes carrossables.
Les premieres chauss^es ötablies ä travers les Alpes ne
datent, onle sait, que du commencement de^ce si^cle. En ordon«
oantla construetion de la routeduSimplon, Napoleon inau-
gorala s^rie de ces grands travauxqui ontrendu et rendent
tous les jours au commerce des Services bien plus grands que
eeux que FEmpereur esp^raitobtenir de lapremiere routemi-
litaire ä travers les Alpes. Le Simplon termin^, Ton vit
entreprendre successivement les belles routes du Splugen, du
424 Cuenod.
St. Gothard, du Bernhardiu, du Julier et du Maloja, grlce^
auxquelles les rapports commerciaux entre Fltalie et leNord^
de TEurope ont pu prendre un si grand d^veloppement Mais^
quoique franchissant cinq passages des Alpes suisses, ces4
routes ue desservaient notre pays que bien imparfaitemeDt (
En efifet, la seule qui aboutisse au coeur de la Snisse,.!
le St.-Gothard, ^tait rest^e inachev^e, s'arretant ä Fluelen
devant les rochers de TA»^ et obligeant voyageurs
marchandises ä empninter la voie du lac pour p^n^trei
plus avant dans Tint^rieur du pays. Quant aux autres, eile
pouvaient aboutir, Tune (le Simplen) au lac L^man, et Ic
trois passages grisons (r^unis ä Coire), an lac de Constance^l
Sans toucher ä la plaine entre le Jura et les Alpes.
Aucune route secondaire, parallMe ä la chalne de
Alpes, he reliait entr'elles ces grandes art^res commercialesi
et ne venait neutraliser ainsi Teffet fächeux pour la d^feai
de la Suisse de ces cinq ouvertures pratiqu^es dans not
rempart du Sud; de sorte qne dans les cantons alpest
dotds de ces grandes routes lee contr^es qu'elles pareovraieni^
profitaient seules directement des avantages des vei(
carrossables. Les vall^es laterales en ^taient completenM
privees. Mais malgr^ Futilit^ Evidente de ces routes seeoi
daires 11 s'ecoula, depuis r^tablissement des gnisdes art^i
bien des ann^es avant qu'il fat questlon de leur relier
yall6es laterales dont les populations ont d'ailleurs toujonra^
H6 peu favorables,*lorsqu'e]le8 n'^taient pas hostiks, a ceft
innovations. ^
Outre ce demier motif et la faible importance comme^
ciale de leurs districts montagneux, les effortsconsid^rablM
faits par les cantons pourr^tablissement des grandes roites \
exigeaient d'ailleurs ün temps 'd'arr^t avant d'entrej^^ndfe I
de nouveaux travaux dontrntilit^ eüt ^t^, snrtont alors» pei
Geologie der Berfleralpen, 395
Kern von Alpengranit, der zu der grösBten vom Gebirge
erreichten Höhe aufsteigt. Anf beiden Seiten, in grösserer
Mächtigkeit auf der Westseite, folgen die gegen diese Kem-
masse einfallenden Gneisse und krystallinischen Schiefer and
am Fuss der Gruppe die schwarzen Schiefer und Kalksteine.
Sch6n in den nahen AiguiUes Rouges zeigt sich eine
auffallende Abweichung von diesem Gebirgsbau. Zwar ist
auch hier der Granit mehr nach der Ostseite hingedrängt,
und die krystallinischen Schiefer bilden, wie am Montblanc,
eine breite Zone auf der Westseite. Allein, die höhern
Gipfel der Gruppe gehören selbst auch diesen krystallinischen
Schiefern und Gneissen an, und der Granitkem, wenn voil
einem' solchen die Rede sein kann, erscheint nur am Fuss des
Gebildes, bei Valorsine, in den bauchigen Massen, die sich
gangartig in den aufgesetzten krystallinischen Schiefer ver-
zweigen, und bei Chamounix in vertical stehenden Tafeln.
Grösser noch ist die Abweichung von dem Typus des
Montblanc in der Oentralmasse der Bemeralpen. Statt
eines mittleren Granitkems, finden wir hier eine breite Zone
dunkler krystallinischer Schiefer und Homblendgesteine,
welche, mit meist verticaler Schieferung, die Gruppe von
Ihrem südwestlichen Ende, bei Gampel, am Ausgang des
Lötschthales, nach ihrer ganzen Erstreckung bis an den
Tödi mitten durchzieht, und auf beiden Seiten von granitischen
Steinarten begrenzt wird, oder auch, wie bei Valorsine, den-
selben als eine mächtige Decke aufgesetzt ist Die Breite
dieser Zone ist, je nach der Lagerung ihrer Schiefer zu den
angrenzenden Steinarten, ungleich, mag aber im Mittel
wohl eine schweizerische Wegstunde betragen.
' 'WennmanvonGampelnachdemLötschthale ansteigt,
sieht man zur Rechten, bis zur Kapelle von Goppenstein,
die Durchschnitte steil sfldlich fallender Hornblendgneisse,
396 • Stvder.
mit Drusen von Bergkrystall und Chlorit und, durch zersetzte
Schwefelkiese oft mit braunrother Kruste überzogen. Im
Lötschthale selbst zeigt sich die Zone, über der Holzgrenze
der südlichen Thalwand, als ein mehrere hundert Fuss hoher
Absturz braunrother Stdnarten, deren Trümmer, am Fuss
der Felsen, aus Hornblendgesteinen, Serpentin und Topfstein
bestehen. Dass das grosse Aletschhorn, auf seiner aus
Granit bestehenden Hauptmasse, eine Kuppe von Hornblend-
fels trägt, haben wir, im letzten Jahrbuch des Alpenclaba, dureh
Herrn E. von Fellenberg erfahren. Es ist ein VorkommeiL,
das an Yalorsine, oder an die Kuppe von Kalkstein auf dem
Gipfel der Aiguilles Rouges erinnert und scheint die südiidie
Grenze dieser dunkeln Gesteine zu bezeichnen; denn wdter
nordlich, am Grünhorn, an den YiescherhörDern und
am Finsteraarhorn scheinen dieselben, in grösserer V«^
breitung, bis an den Fuss der Gebirge anzuhalten und unter
die Gletscherbedeckung niederzusteigen. Auf dem unter-
aargletscher ist öfters schon auf den Gegensatz der Steiih
arten in beiden Hälften der grossen Mittelmoräne hiogewiese«
worden. Die südlicher, aus Finsteraar herstammende Seite
enthält vorherrschend Blöcke von weissem Granit und Gneis.
die nördliche, die sich von Lauteraar her mit jener am A^
Schwung vereinigt, fahrt dunkle Trümmer, die der Dolerin-
und Hornblendzone angehören. Dieselben Steioarten, in
welche, von Mittag her, der Granit mehrfach gangarti^ an-
dringt, bilden den Gauligrat und wahrscheinlidi auch,
wenn man der rothbraunen Farbe der Felsen vertrauen daii
das Hohritzlihorn und Stampfhorn. Auf der rechten
Seite des Aarthaies, auf S c h a 1 1 a u i oberhalb Guttannea^
wurde früher, hoch über dem Thalgrund, in dieser Schieferzone
Topfstein gebrochen, und in der Nähe, auf Rothlaui, findet
man die ausgezeichneten, in Bergflachs eingewfckelten Krj»
i
Les nouvelles routes dans les jilpes smsses, 427
kn meme temps ane communication directeentre ces cantons;
)9Vl reli^it ä la route du St Gotthard, celles du Simplon, du
^Splttgen et desautres passages grisonä; on erhalt en un mot
t ime grande ligne carrossabie entre Sion et CoiciB, esp^ce de
lehemin couvert recevant sur son parcours le deboucM de
tous les passages prineipaux des Alpes, par lesquels une
armee suisse op^rerait ^es sorties quand eile serait appel6e
ä defendre cette partie de nos fronti^res. Ce qui pr^c^de
expliquera suffisamment pourquoi le Valais a du §tre reli6
kftu centre du pays par la Furka et non par le col du Grimsel
quoique celui-ci soit d'environ 300 mßtres moins ^lev^,
f L'ex^cution des deux routes de la Furka et de l'Ober-
blp devait donc avoir lieu simultan^ment, car elles soot le
kompl^ment Tuue de Tautre. Mais leur constructiofi; en
Nmgmentant rimportance de la route qui descend la vall^e
Ue la Reuss, obligeait k faire disparattre la Solution de con-
ttnuit^ entre Fluelen et Brunnen, en ouvrant aux voitures le
döfile au pied de FAxenberg, jusqu'ici impraticable m^me
)|mx pi^ton«. Teile est la solidarite qui existe entre les trois
^utes du r^seau militaire.
I
' Beute de TAxen.
I
' Cette route s'^tend entre les villages de Fluelen et de
Brunnen, sur la rive Orientale du bassin 8up6rieur , du lac
des quatre cantons^ la partie la plus pittoresque de ce beau
lac. Les rochers ä pic qui Tencadrent des deux c6t6s avai-
«it jusqu' ici form^ une barriöre infranchissable entre les
cantons de Schwitz et d'Uri qui de tout temps ne pouvaient
communiquer entr'eux qu'en bateau. Lorsque ce demier
canton eut achev6 sa portion de la route du St Gotthard,
Fidäe de la continuer jusqu'ä Bruimen surgit naturellement
428 E. Cuenod.
.a« sein du peuple et du gouvernement d'Uri, malgre leg
difficult^s qu'y opposait la nattire. D^s 1837 des ing^nieurs
furent donc charg^s d'^tndier un trac^ Buivant horizontale-
raent la rivew entre Fluelen et Brunnen. Ce premier projet
etant d'un coüt trop 4ley6, Monsieur Ting^nieur Müller.
d*Altorf, en ^tndia en 1838 un second qui passait ä nne
hauteur beaueoup plus grande au-dessus du lac. C'est celui
qui sauf quelques modifications de detail, vlent d'etre ex^cute
dans ces deux demi^res ann^s. La route de TAxen anrait
€i€ commene^e ä la suite de ces ^tudes «ans la non-r^ussite '
de n^gociations entre les gouvemements d'Uri et de Schwill,
au sujet de leur participation anx frais. Ces deux cantons
n'^tant pas tomb^s d'accord, on düt renoncer ä cette beDe
entreprise, ce qui se fit d'antant plus facilement, que d^s Ion
la navigation ä vapeur sur le lac des quatre cantons prit nn
d^velopp^neot qui facilita au-delä de toutes les pr^visioDs
les rapports entre les contr^es riveraines. Mais lorsqne la
possibilit^ d'^tablir une communication par terre, praticable
par tous les temps, vint de nouveau ä surgir, gräce k l'int^ret
qu'y portait la Conföd^ration, les cantons de Schwitz et dTri
saisirent avecempressement les moyens qu'elle leur fournis-
sait dans ce but. Le canton d'Uri etait d'autant plus int^r-
ess^ ä cette entreprise que jusqu'alors il pouvait setrouver
des jours entiers priv^ de toute relation ayec ses voisins,
surtout au printemps, lorsque le Föhn rend le lac imprati-
cable et que les neiges encombrent encore les passages des
montagnes.
En donnant ici nne deseription succiute du trac^ de la
route de TAxen, je renoncerai k celle de tous les nombrenx
Sites remarquables, les points de vue magnifiques, dont et»
travaux grandioses ont ouvert Tacc^s jusqu'alors si difficile.
L'ouveiiiure de cette route va d'ailleurs, dte cet ^t^, faire
Les nowelles routes dam les Alpes suisses, 429
connaitre des beaut^B dont je ne pourrais donner ici qtt'un«
idee trop imparfaite.
Quoique reliaat deux villages situes au bord du lae, la
route de FAxen n'acependant pas ^t^ m^ee horizontalenient
ie long de la rive. L'augmentation de d^pense qu'aurait
eatts^ un semblable tracö eut ^te hors de proportion avec
Tutilit^ commerciale d'une voie qui ne pouvait d'ailleurs pas
Jntter avec celle du lac. On n'a donc pas eraint d'adopter
nn profil s'el^vant, quoique avec des pentes fort mod^r^es,
a la hattteur necessaire pour ^viter, au moins en partie, les
difficult^s du terrain que rencontrait le trace horizontal. Le
princlpal obstacle ätaitla paroi ä pie, deplusieurs centaiaes
de pieds de hauteur, formte par les rochers de l'Axen. La
travers^e de cette p^oi exigeait d'aprös le projet horizontal
une galerie dans le roc d'environ 600 metres de longueur;
a la hauteur oü passe la route ce tunnel n'en a que le quart.
81 ce passage a 6t6 le plus difQcile, c'est aussi celui ou la
hardiesse du trac^, les beaut^s de la vue^ Teffet imposant de
ces rochers immenses, surplombant la route ä, des hauteurs
prodigieuses, produiront d^sormais sur des milliers de voya-
gears les impressions les plus saisissantes.
C'est par cette paroi que se termine brusquement TAxen-
berg, sommet extreme de la chaine qui s^pare la vall6e de
Bchächen de celle de Riemenstalden. Elle forme deux pro-
montoires rocheux qui boment la vue de Fluelen du cotä du
Nord. La galerie dans le roc, pratiqu^e ä 250 pieds au*
dessus du lac pour livrer passage k la route« est perc^e de
deux grandes ouvertures laterales, ä travers lesquelless'offirent
ä la vue, dans un encadrement naturel , le petit village et
les vergers de Bauen, sur la rive oppos^e. Au sortir du tunnel
on passe sous des demi-galeries apr^s lesquelles la vue
g'ouvre du cot^ de Brunnen, dont les jolies habitations
430 E, Cuenod,
s'apergoivent au loin. C'est ä juste titre que ce parcoui
remarquablement pittoresque, ä travers des rochers imposant»^
et an miiien d'une nature si belle et si saavage ä la fois, s<
donn^ son nom ä toute la route, et c'est ici le moment d(
nommer ring^nieur, Mr. Müller d' Altorf, actaellement Land*^
ammann du canton d'Uri, auquel revient rhonneur d'avoii
le premier, suspendu ä des cordes, 6tndi^ le trac6 dans
lieux dangereux. Apr^s s'etre 61evee graduellement depuis
Fluelen par une pente d'un peu plus de 3% jusqu'ä la hau-]
teur des galeries de TAxen, la route s'abaisse de nouveal
insensiblement ä travers les pr^s escarpds qui dominent U
chapelle de Teil. Elle se d^veloppe ensuite dans unevall^
formte par un torrent quelques fois redoutable et atteini
apres une nouvelle travers^e de rochers, le petit village d<
Sissikon, condamn^ jusqu'ici ä l'isolement le plus complet
car, ä peine sortie des vergers qui l'entourent, la route feDr\
contre de nouveau des parois abruptes, au bas desquellc
Ton eüt vainement cherch^ä longer äpiedcesrives sanvaget.^
Au-delä de Sissikon la chauss^e gagne le bord du lac qu'eBe
suit, apr^s le tunnel du Schiefemeck, en quai au pied d'ii
menses rochers calcaires. Puls eile contoume le promontoi]
de Ort en se relevant pour gagner aprfes un long parconis^
horizontal le sommet des rochers de la Wasifluh , d'oü el
redescend enfin sur Brunnen. Ce demieur parcours, ou tont
la largeur de la chauss^e a du 6tre profond^ment entaill^^
daus Un roc ä pic, t^moignera ä jamais des travaux consid^'
rables qu'a exig^ cette route. La place du port ä Brannen,
dont la vue bien connue est Tune des plus helles dela Snlsse ,
primitive, tennine heureusement la s^rie des aspects que
Ton d^couvre ä chaque pas dans le trac^ dont je viens d'es- ,
quisser les traits principaux.
La longueur de la route est de 12 kilomStres. Sob
Alpenflora, 371
Thäler, einzelne Kämme gründen und kommen Bonet niigendB
Tor. So ist die Oampanula exeiaa^chl. auf unsere Bosa^
tiiäler, und die Wulfenia auf die ^inzige Ktihweger Alp in
K^mthen beschränkt' Diese Erscheinung nimmt zu, je
weiter wir nach Süden und Osten gehen, und erreicht in
ier Gebirgswelt Asiens ihr Maximum. Jeder neue Berg'
rttcken hat hier seine specielle und eigenHiümliche Flora.
(Der Bulghar Dagh allein hat zum Beißpiel nach Kotschy in
seiner Hochregion ttber 5000 Fnss 70 ihm eigenthtimliche
Arten.). Die entgegengesetzte. Wahrnehmung machen wir,
je weiter wir gegen den Fol vorrücken; hier tritt auf einem
Baum, der in den Alpen einen Reicfathum verschiedener
Arten bieten würde, eine grosse Monotonie, eine sehr geringe
Artenzahl auf.
Anderseits bemerken wir in den Alpen, sobald wir die
inschzone hinter uns haben, nirgends mehr gesellschaftliche
Artra, wie sie im Tiefland in compacte Massen ganze
Bezirke überdecken und daselbst ausschliesslich herrschen.
Vielmehr besteht in den > Hochaipen eine bunte Mischung
^zelner Individuen verschiedener Art und viele Arten
kiden sich nur in wenigen Exemplaren weit über den Bezirk
kes Vorkommens hin zerstreut.
Diese beiden Erscheinungen: Kleine Verbreitungs-
Iszirke und Vereinzelung innerhalb dieser Bezirke mögen
Itam Theil mit der verringerten Fortpflanzungsfähigkeit
breh Samen zusammenhängen. Beide sind« ajber auch
nieder Belege für die Annahme, dass die Alpenflora
NM einzelnen Trümmern einer einst zusammenhängenden
^ke besteht. Die Abnahme der Artenzahl bei Zunahme
jbB Areals, die um so mehr hervortritt, je weiter wir uns
fon Südeuropa und den asiatischen Gebirgen nach dem Pol
n entfernen , wdist daraufhin, dass von Mittel- Asien aus, wie
24*
372 Dr, H. Christ.
die gesammte heutige Lebenswelt, so auch deren Vorläufer: die
Alpenflora, nach Europa eingewandert ist, wobei natürlich auf
dem langen Weg die entfernte Peripherie weder die Mannig-
faltigkeit noch den Reichthum des Oentrums erhalten konnte.
Was nun noch die Vertheilung der Alpenpflanzen in
unserem schweizerischen Hochgebirg betrifft, so
bemerken wir schon auf dieser massigen Strecke, dasB
solche durchaus nicht gleichförmig über den Raum hin
verbreiCet sind. .Es giebt artenreichere und artenärmeie
Districte, welche ersteren durchaus nicht etwa mit den
üppig bewachsenen, letztere mit den sterilen zusammenfallai.
Zu den erstem gehört vor allem der Monte Rosa und seine ^
Umgebung, und in schwächerem Maasse das Wallis über
haupt. Eine ganze Anzahl von Arten, deren Centrum ii
Dauphin^ und Piemont liegt, rückt bis ins Waliis vor, miBcht
sich hier mit den Arten der mittleren Schweizeralpen, und |
erreicht am Rosa ihre Ostgrenze, (Potentilla multifida L, '
Oxytropis cyanea Gaud. und foetida ViU, Silene Vil-
lesia L. Colchicum alpinum DC. Alyssum alpestre L,
Androsace camea L., Senecio uniflorus AU. etc.). fii
hängt dies zusammen mit der climatischeu Uebereinsti»
mung dieser Gebiete: Wallis hat durchaus das Somm^
clima des weiteren Sjttdwestens, eine mächtig entwick«^
Thalsohle, welche wie ein Trockenofen auf die Beig»
ringsum wirkt, daher eine beständigere und iängeM
Wärmeperiode und weniger Regen als sonst in den Alpfll
irgendwo, und eine höchst gesteigerte Insolation. Da«
aber auch hier historische Ursachen mitwirken, ist kau*
zweifelhaft — Viel ärmer an Arten sind bei sehr flppigtf
Vegetation unsere mittleren Alpen, die Berneralpen, te
nördliche Theil des Gotthardtstocks, die vorderen Bündner-
alpen und noch mehr die nördlich vorgelagerten Kettei.
Alpenflora, 373
Dagegen nimmt der Reichthnm an Arten wieder wesentlich
zu auf der Südseite des Gotthardts und mehr noch im
Engadin. Hier treten wieder viele seit Wallis nicht mehr
beobachtete westliche Arten auf und haben da ihre letzte
Ostgrenze. (Z. B. Cacalia leucophylla Wild. Scirpus
alpinus Schi., Oxytropis lapponica Od., Alsine biflora
Wahlenb., Geranium aconitifolium L'Her. etc.). Dazu
kommen aber mehrere östliche Arten, die weiter nach Tyrol
hinein häufiger sind und im Engadin ihre Westgrenze fin-
den (z. B. Pedicnlaris Jacqnini Kch. und asplenifolia Fl.,
Primnla glutinosa Wulf. u. oenensis Thom. Valeriana supina
L., CrepisJacquiiii Tausch, Dianthus glacialis Hnke. Senecio
abrotanifolius Hppe. etc.) Diese Erscheinung ist, abgesehen
Ton den historischen Ursachen, wieder zu erklären aus der
Thalbildung und zugleich aus der in den Alpen einzig da-
stehenden Massenerhebung des Engadin, welche ein ähn-
liehes Sommerdima hervorrufen wie das der penninischen
Alpen. Es ist merkwürdig, dass gerade in diesen trockeneren
südwestlichen und Engadineralpen auch die meisten mit
4er arctischen Flora gemeinsamen Arten vorkommen , (z. B.
Juncus arcticus L., ToQeldia borealis Wahlenb., Linnea
borealis L., Oxytropis lapponica 6d., Alsine biflora Wahlenb.,
Salix glauca L., Potentilla multifida L. etc.), während diese
Un so seltener sind, je weiter wir uns in die feuchteren und
i:fihleren Yoralpen entfernen. Die schon so oft genannten
Ustorischen Ursachen vorbehalten*), erklärt sich auch dies
*) Heer stützt, auf das Vorkommen mehrerer nordischer Arten
lia Graubünden die Vermuthung, dass die Alpenflora aus Lappland
j^so nicht von Ost) in unsere Gebirge möge eingewandert sein. Da
▼on den grossen Gletschern der Eiszeit einzig der aus Bündten herab-
laufende (der sogen. Rhein-Gletscher) nach Deutschland hinausreichte,
10 konnten — glaubt Heer — gerade in Bündten leichter nordische
374 Dr, H. Christ.
Zum Theil aus dem Clima, denn die arctischen Länder iuibeD
einen durch ihren langen Bommertag bedingten sehr heissea
Sommer mit wenigem Regen. —
Wollten wir nach dem Gesagten die Vertheilung der
Alp^spflanzenarten in der Schweiz graphisch darstellen, so
würden von Südwest nach Südost 2 dunkle, d. h. artenreidie
Streifen gegen ein helleres, artenärmeres Centrum; den 8t
Gotthardt, yorrficken, und sich in einen noch blassem ndrd-
liehen Saum verlieren.
Doch ist nicht zu übersehen, dass die Voralpen trote
ihrer grössern Armuth an Arten manche, den Centralalp6i
abgehende Pflanze besitzen. So ist Pedicularis Barrdieri |
Rh., Oxytropis Hallen Bunge, Eryngium alpinum L., Drtbi
incana L. der Rette zwischen Waadt, Freiburg und Ben^
Pedicularis versicolor Wahlb., der ganzen nördlichen AHn*»
kette eigentfaflmlich; der gelbe Alpenmohn Papaver pyraMh
cum Willd. der Centralalpen wird in den Voralpen ersetit
durch den stellvertretenden weissen Papaver alpinum Jaef»
Näher einzugehen auf die Einzelnheiten aller dieser Verbra-
tungsverhältnisse wäre nun eine der sehckisten und resultsk^
reichsten Arbeiten, würde jedoch den dieser Uefoersicht g«*
zogenen .Rahmen weit überschreiten.
Auf einen Punkt möchte ich jedoch noch ^tretei^
da er gerade gegenwärtig viel besprochen wird, auf den £^
flnss der chemisch-mineralogischen Beschaffenheit des
auf die Vegetation. Man hat eine Zeitlang geglaubt, und
es sogar in Floren streng durchgeführt, dass die mei
Pflanzen einwandern als sonstwo. Dem steht jedoch e
dass über die ganze Alpenkette hin sporadisch Stellen sich fio^'
wo mehrere aretische Arten beisammen vorkommen (Mont
Zermatt, Grossglockner) , ohne dass solche Stellen nach Ni
bis in die Ebene hinaus durch Thaler geöifnet sind.
Les nouvelles routes dans les jilpes suisses, 435
Plaiit-Valais. Jusqu'en 1860 ce chemin s'arr^tait au-dessus
|k Yiesch et ce ne fut qu'en Jniilet 1861 que les premi^res
^itures panirent ä Oberwald, village le plus 6ley6 de la
IMLl^e du Rhone.
p C'est sur la proposition de Mr. le Colonel Aubert, fute
Im 1 859 ä la suite d'une reconnaissance militaire qu'il com*
jliaDda, que le Departement militaire föderal ddcida, en 1860,
ifexaminer la possibilit^ de Teiecution d'une route par la
^rka. Le Conseil föderal, apr^s avoir assure rex^cution
l^r le canton da Valais d'un chemin k voitures arrivant jus-
la'an pied du passage, chargea son Departement militaire
le faire studier par des officiers du G^nie nn trac^ de route
^ar le col de la Furka. v Oes premi^res etudes furent faites
ians V6i6 de 1860 et il en r^sulta un avant-projet avec
■eviB, base sur un trac^ qui fut des lors conserv^ dans ses
iiaiits g6nerattx, savoir Templaiement des deux principaux
yroupes des lacets et le choix des plateaux ^Mves, de pr6-
ftrenee aux thalwegs. Oeux-ci en effet, outre la mauvaise
Ipialite de leursteri-aius, prösentent le grave inconvenient de
fester encombr^s des neiges accumulees par les avalanches,
tersque depnis longtemps le soleil et les vents en ont d6pouill6
hft hauteurs expos^es au midi. Les nouvelles Operations
Ibr le terrain faites dans les campagnes de 1861, 1862 et
K863, tout en consacrant ces principes, eurent pour effet
Ifapporter sur Tun et Fautre versant du passage de nota-
|Mes ameiiorations auprojet primitif. Ces etudes r^pötees
pitaient necessaires pour determiner sui* un terrain aussi
llM>aveau le meilleur trace possible.
^ Les projets definitifs une fois adoptes par Tautorite
Gerate, le travaux purent commencer: en 1863 sur Valais,
^ 1864 sur le canton d'Uri. La portion de route situ^e sur
f«e demier territoire traverse un terrain eminement favorable
28*
376 Dr. H. Christ.
andere halten. In den Vogesen z. B. werden Saxifraga
Aizoon Jcq., Alchemiila alpina L., Anomene alpina L^ und
narcissiflora L., Gentiana lutea L. als dem Granit eigeoe
Arten angesehen, während sie bei uns weit häufiger im Kalk-
gebirg auftreten. Schon der treffliche Wahleuberg bat
hierüber Belege gesammelt, De CandoUe hat die Liste der
bisher nur auf Kalk bemerkten Arten bis auf 31, die der nur
auf Granit gesammelten bis auf 26 heruntergebracht Er
bemerkt dabei mit Recht, dass bei der grossen Seltenheit der
meisten Nummern dieser Listen gar kein Schluss -zulässig
sei; auch würde es uns nicht schwer sein, fernere Keductio-
neu vorzunehmen. Dass es einige wenige Blüthenpflanzen
geben mag, die theils aus historischen Gründen, theils wirk-
lich aus physikalisch -chemischen Ursachen durchaus und
überall nur auf einer ganz speciellen mineralischen Ijocalitli
z. B. auf Granitgeschiebe, vorkommen, ist indess, obsclnm
noch nicht streng bewiesen, so doch möglich, denn eine As-
zahl von Cryptogamen: Flechten, Moose und sogar Fand
(Asplenium , septentrionale L., AUosorus crispus Bemk)
scheinen unabänderlich an bestimmte Gesteinsarten gebut*
den, — was auch bei diesen niedrigem Organismen ml
bei ihrem innigem Anschluss an ihre Unterlage wenigol
auffällt.
Zum Schluss unserer Arbeit werfen wir nun noch eü
Blick auf den Charakter der Alpenflora in Beziehung
ihre Zusammensetzung, auf die Gruppirung ihrer sysi
sehen Bestandtheile, auf ihre Mischungsverhältnisse
damit auf ihre Statistik.
Vor allem zeigt sich uns sofort, dass die Aipenflc
durchaus keine Analogie mehr hat mit ihrer Vorgang
der Molassenflora, Da ist nichts zu sehen von all den
tropischen Urwaldformen, nichts von Palmen, Lorbeeren
Alpenflora.
377
ProteaceeD, nichts von ii'gend einer der vormaligen oder der
jetzigen Typen der wannen Zone. Die Alpenflora bietet
auch keine Art, welche man als redncirte Alpenform einer
dieser subtropischen Typen ansehen könnte, keine ver-
zwergte Palme, keine stengellose Laurinee oder dergleichen.
Die Alpenflora zeigt, obwohl im Alter zwischen der Molassen-
nnd der heutigen Ebenen-Flora gelegen, keine Fortentwick-
lung ans jener in diese, sondern hat im Ganzen durchaus
den Charakter der letzteren. Sie beide zusammen bilden
Eine Gruppe , die man die moderne vorderasiatisch^ nennen
kann, und die sich durch das Vorherrschen der Dolden
und Cruciferen charakterisirt.
Vergleichen wir nun noch die beiden Glieder dieser
Gruppe: unsere Alpen- und unsere Ebenenflora. In beiden
heri'schen, wie bekannt, die Synanthereen weit vor; doch
während in der schweizerischen Ebene deren 166 auf 1578
Blüthenpflänzen vorkommen, ihr Verhältniss also 1 0,5% ist,
fSO steigt es in den Alpen bis zu 17,8% (genau 80 : 449).
Dies Ueberwiegen der Synanthereen um mehr als 7^4 ist
ein Hauptuuterschied beider Floren und ist für die Alpen-
ÜOYSi um so charakteristischer, als die verwandte polare
Flora deren nur 7% (29 Arten auf 422) besitzt. — Es
folgen die Saxifragen, die in den Alpen volle 7% (21 Arten)
in der Ebene nur 0,6% (9 Arten), in der arctischen Zone
inr 3,5^/o ausmachen. Die übrigen, in der Ebene zurück-
^etenden Alpenfamilien folgen hier tabellarisch in ihrer
Reihenfolge:
Alpenfl.
Ebenenfl.
%
Artenzahl.
Vo-
Artenzahl.
^inmilaceen
4,
21
ll
17
tentianeen
33
15
O7
11
408 Desor.
verlegt wird, hatte sich in den wissenschaftlichen Kreisen
von Zürich die Frage aufgeworfen, was denn eigentlidi
geschehen werde, wenn der Föhn eines Tages ausbleiben
sollte. Eine solche Frage unter Leuten wie £scher, Denzler,
MoussoQ, Wolf, Heer einmal angeregt, konnte nicht ohne
Lösung bleiben. Es musste' sich als nächstes Resultat ein
weit geringeres Schmeteen und als Folge dessen ein yerbält-
nissmässiges Anwachsen der Schneemassen auf den Alp^
ergeben, da bekanntlich der Föhn alljährlich in sehr kurzer
Zeit bedeutende Massen von Schnee aufzehrt, wesshalb er
von den Aeiplern als Sehneefresser bezeichnet wird.
Daher auch das Sprüchwort:
„Der lieb' Gott und die Hebi Sunn
chönnet*8 nüt, wenn der Föhn nit hilft."*
Mit dem Verschwinden der Wüste würde dieser mächtige
Einfluss, den der afrikanische Continent auf unsere Beige
übt, wenn nicht aufgehoben, doch wesentlich verändert
werden. Unid wenn gar die Sahara sich in ein Binnenmeer
umwandelte, so würde an die Stelle des trocknen Föhns eis
feuchter Wind treten^ Dieser müsste als Tropenwind eben-
falls warm I sein, würde aber zugleich eine bedeutende Menge
von Feuchtigkeit mit sich führen, dje sich beim AnprallcB
an die kalten Zinnen der Alpen niederschlagen und auf diese
Weise die Schneemasse wirklich vermehren würde.
Somit würde die Besitznahme der Sahara durch das
Meer in doppelter Weise zum Anwachsen der Schneemasseii
in den Alpen beitragen, indirect durch das Ausbleiben das
Föhns, und direct dui'ch das Auftreten eines fenchtai
Windes an seinisr Statt.
Noch kennen wir nicht hinlänglich die Beziehungen der
Niederschläge zu den herrschenden Winden, tun voranssagea
zu können, wie viel die Fimmassen der Alpen unter solchen
Beziehungen des Föhns zur afrikanischen fVuste. 409
UmBtänden zunahmen würden. Es ist diess eine Aufgabe,
welehe die schweizerische meteorologische Oommission ohne
Zweifel sieh stellen und wohl auch mit der Zeit lösen wird.
Hinstweilen lässt sich annehmen, dass die Zunahme keine
unbedeutende sein dürftie, indem zu den, rein meteorolo-
gischen Einflässen sich auch noch andere Anlässe zur Ver-
mehrung der Gletscher zugesellen würden. Wir haben
anderwärts auf den Einfluss der Thalbildung in den Alpen
hingewiesen. Es lässt sich nämlich eine directe Beziehung
zwischen der Ausdehnung der grossen Alpen-Qletscher und
ihren obem Thalbehältem oder Bassins nachweisen. Der
grosse Aletschgletscher, der Unter-Aar, der Rhone-Gletscher,
die Mer de glace oder glacier du Bois steigen nur desshalb
so tief herab, weil sie die Ausläufer von gewaltigen Behäl-
tern in den hohem Regionen sind. Neben denselben trifft
man aber in den Alpen nicht selten grosse, circusartige
Erweiterungen und breite Joche, die sich alljährlich noch
ihres Schnees zu entledigen vermögen, besonders auf dem
Bfldabhange der Kette, so z. B. der Circus des Monteleone,
ierjenige von Dever, ein ähnlicher, obgleich nicht so grosser
im Mont Oenis südlich vom Pass, und unter den Jochen,
ier Bernina, der Gotthard, der Simplon, alle an der Grenze
ier Schneeschmelze gelegen. Mit Noth gelingt es der
i^ommerwärme, dieselben alljährlich auf einige Monate von
^hnee zu befreien.^ Sollte aber durch irgend eine Ursache die
^hmelzkraft des Sommers sich vermindern, so würde der
iViiiterschnee in den Kesseln ausharren, die Niederschläge
ies folgenden Jahres würden sich zum alten Schnee gesellen
ind auf diese Weise ein Firnfeld erzeugen, aus dem sich bald
»n Gletscher als Ausläufer entwickeln würde, dessen Län^e
m Verhältniss wäre zu der Ausdehnung und Mächtigkeit
Ies Fimfeldes. Eine solche Erscheinung könnte möglicher
440 E, Cuenod.
bientöt, en longeant les flancs de lä vall^e, le petit villigf
de Tschamuot, situ^ snr un promontoire d'oü la yne d^convic
quelques dchapp^es de la vall^e du Rhin. Au sortir de
Tschamuot nous suivons, ä une grande hauteur au-dessos di
fleuve naissant, des pentes escarp^es, autrefois bois^es, doot
la nudit6 actuelle expose chaque ann^e au danger des avar
lanches le pauvre village de Selva que, vu sa position, la
route a du laisser ä T^cart. Celle-ci en effet suit inilexi^
blement une pente uniforme de Tschamuot ä Sta. Bridd
petite chapelle ä Fentr^e d'une gorge bois^e au sortir dl
laquelle s'ouvre le beau bassin du val de Tavetsch, dont \i
culture surprend agreablementle voyageurqui aparcourulaviW
l^e d'ürseren. La nouvelle route traverse ensuite une plalrt
coup^e sur quelques poiuts par les lits encaiss^s de torrenll
descendants des montagnes au Nord, et relie ainsi enti^ent
les villages de Rueras, Camischolas et Sedrun. Cest I
Tentr^e de cette demiöre localit^ qne le torrent du mßm»
nom est franchi par le pont de 12 mßtres d'ouverture qiii
est Touvrage d'art le plus important de toutela route. Pass^
Sedrun la vall^e du Rhin est de nouveau reserr^e entredei
pentes plus abruptes, de sorte qu'apres le passage du räl
Bugnei le chemin traverse un nouveau d^fil^ qui d^u(^
au pied de Mompe Tavetsch dans la riante vall^e deDlssen-
tis. Ce bassin tout semblable ä celui de Tavetsch, est top
vers^ par les torrents de Clavanieff, Acletta et Cuoz, doit
les vastes sillons vont joindre leurs eaux ä celles du Rhii»
apres avoir d^chir^ les terrains fertiles qui s'^tendent «
pied des monts. La route de TOberalp franchitdoncencore
trois ponts avant de se souder ä Dissentis au chemin et^
roBsable qui arriva en 1856 pour la premi^re fois jnsqee
sous les murs de l'antique Abbaye. On ne pensait pas alo«
qu'il ne s'^coulerait pas dix ans avant que cette route Ä
r
Les nouvelles routes dans les Alpes suisses. 441
Hiontina^ par le col de FOberalp jusque dans la vall^e
Cest cependant ce qui a eu lieu, gräce k Tint^r^t mili-
4aire qne la Conföd^ration suisse a attacfa^ k cette entreprise
'^en faisant le compl^ment n^cessaire de i'ouverture du
passage de la Furka. Yot^s par rAssembl^e fäd^rale en
1I86I les travaux furent entrepris dans T^tdde 1862, d'abord
•mr le parcours de Dissentis ä la chapelle de Sta. Brida, le
tf ied du passage proprement dit La campagne de 1 863
^t aehever ce tron^on et commencer celui compris entre
Ata. Brida et Andermatt. Enfin en 1^64, malgr^ uü 6t^ pen
f&vorable aux travaux dans les r^gions dev^es, ceux-ci
Arent termin^s de maniere k permettre aux voitures de
«realer d^s Tautomne sur toute la ligne. Le trongou ä la
eharge d'Uri dont Fex^cution n'offrait, comme nousr Tavons
tu, aucune difficultd n*a exfg^ en 1863 et 1864 que neuf
nois de travail, etlasection grisonne, d'une longueur double,
comprenant des ouvrages d'art d'une certaine importance,
• pu 6tre achev^e dans trois ^t^s seulement Cest donc dans
nn espace de temps relativement courtque ces 31 kilom^tres
ie route ont pu etre ex^cut^s. La d^pense totale s'^lev^ k
«nviron 500,000 francs.
Cette nouvelle voie ouverte k la circulation sera appel^e
pendant la saison d'^t^ k rendre au commerce plus de Services
«que Ton ne s'en ^tait promis k Forigine. Par eile les popu-
btions de la partie sup^rieure de FOberland grison se trou-
veront plus rapproch^es d'une route commerciale, et les
marchandises dont ils ont besoin pourront d^sormais leur
arriver plus facilement que de Reichenau, sur la route du
Splugen. Le mode d'ex^cution de cette nouvelle art^re y
rendra d'ailleurs les transports plus faciles que sur la route
clu StGothard ettous les voyageurs qui, äpräsavoir remontd
442 E> Cuenod.
la vall^e de la Reuss, passeront dans les Grisons par le eol
de rOberalp, reconnattront bientot ä la r^gnlarit^ des p^tes
et du trac6 les progres faits depuis trente ans dans la con-
struetion des routes.
Eesean grison.
La route militaire de TOberalp vient de nous conduire
tout naturellement dans le grand canton oü s'ex^cute le
second reseau qne je me propose de decrire. Mais auparavant
il Importe de faire connaitre l'^tat ant^rieur des communi*
cations dans ce pays montagneux et d'en donner en abr^
la description g^ographique, afin d'orienter le lectenr dansce
labyrinthe de montagnes et de väll^es qui constitne ane a
grande partie des Alpes suisses. Les premi^res fois qne
Ton Jette les yeux sur une carte du canton des Grisons od t
en effet de la peine ä d^couvrir des Tabord, comme eela est
aisd pour le Valais, les rapports qui existent entre les diffo-
rentes parties du pays. Ali Heu d'une seule vall^e prindpal«
dans laquelle viennent d^boucher du Nord et du Sud um
Serie de vall^es secondaires, on remarque dans les GrisonB
des chaines de montagnes courant dans toutes les direetions
et deversant leurs eaux dans les bassins de trois mers bies
distinctes. La plus grande pai*tie se dirige parleRhinven
la mer du Nord; k l'Est Tlnn porte ä la mer Noire les eanx
de FEngadine; enfin c'est vers rAdriatique que coulent les
rivi^res des vall^es m^ridionales. Divis^e entre oes troie
bassins, T^tude g^ographique du territoire grison en deTient
plus facile.
Commen^ons par le plus ^tendu des trois: le bassin
Les nouvelles rontes dans les ^Ipes suisses. 443
de la Mer dn Nord, qui comprend les vaMes des denx
Bhins et de leurs affluents.
La vallee principale est celle du Hhin ant^rieur que
nous considererons comme se prolongeant au-delä du con-
fluent de Reichenau, jusqu'au point oü le üeuve quitte, sous
les rochers du Flaeschberg, le temtoire du canton. Du pied
dn Six Madun oü il prend naissance le Rhin se grossit^ en
eonlant vers TOrieut, de tous les affluents des vallees laterales
de rOberland grison; les cours d'eau les plus forts sont
ceux du Lugnetz, de Vals et de Savien. Dans le coude que
forme le fleuve pres de Coire il re^oit la Plessur qui recueille,
au sortir des gorges du Schanfigg, la Eabiosa, originaire
des hauteurs du Parpan. Enfin au-dessus du pont qui con-
duit ä Ragatz (Tardisbrücke), la Landquart d^bouche du
Prättigau pour apporter au Rhin le deruier tribut des mon-
tagnes grisonnes.
Retournons maintenant ä Reichenau et, apres y avoir
observ6 en passant les deux courants contraires que forme
sous le pont supdideur le confluent des deux Rhins, remon-
tons la riebe vallde du Domleschg aux vieux manoirs, restes
du znoyen-äge, aux nombreux villages qui se caehent au
milieu des vergers et d'une culture jouissant des faveurs
d'un climatprivil^gi^. Apr^s Thusis entrons dans les c^lebres
gorges de la Via mala oü la route du Splugen, entaillde dans
les flaues de ses rochers immenses, semble prendre j^aisir k
sauter hardiment,au-dessus des pr^eipices,d'une paroi ä Tautre.
üne vallde plus large s'ouvre ensuite a nos yeux: c'est la
vallee de Schams; lä le Rhin se repose des nombreuses
chütes qu'il vient de faire dans les gorges de la Rofla; puls
81 nous traversons ce nouveau d6ü\6 nous arrivons, au pied
des passages du Splugen et du Bemhardin, dans la vallde de
444 E, Cuenod,
Rheinwald au fond de laqnelle le glaeier de Zapport donne
naissance au Rhin posterieur.
Les deux principaux affluents de cette branch« du Rhia
Bont snr sa rive droite. C^est d'abord, dans la Rofla, le RbiB
d' Avers, sortant des sombres gorges de Canicnl; puis, »
aval de Thusis, riinportant cours d'eau de TAlbula. L'Albola
prendsa soureepr^sdu sommet du colquilui donne son nompl
re^oitenaval du pont de Filisurles eaux.que lui envoielavall6ft
de Davos. Enfin ä Ti^fenkasten il s'associe an Rhin du
Oberhalbstein et se pr^cipite ä travers les gorges profondes
du Sehyn dans la plaine du Domleschg.
Le bassin de laMer noire, beaueoup moins ^tendn,
est limit^ dans les Grisons par les deüx chafnes principales
qui courent, du Sud-Ouest au Nord-Est, entre le Bergell et
le Tyrol. Ce bassin est forme par la vall^e de l'Inn, cette
Engadine maiutenant si connue par les eaux min^rales de
St. Moritz et de Tarasp. La rivi^re qui l'arrose et qüi y
prend naissance est la seule qui porte k la Meer noire le
produit des glaciers de la Siiisse. Sa source est ce collier
d'^meraudes que forment les jolis lacs de Sils, SilvaplaD«,
Campfer et St. Moritz reposanttranquillement ä ßOOOpiedsan-
desBusdelamer, au piedde helles forets on le frais fenillage du
m^l^ze se melange aux teintes plus sombres des sapins. Les
beaut^s pittoresques de ce coin de pays sont trop remarqua-
bles poür que dans cette revue rapide nons ne fassions pas
mention en passant de la position charmante de Silvaplaoft
et de sa presqu'lle, vues des h'auteurs de la route du Julier:
puis St. Moritz sur sa rive ^lev^e ; plus loin , dans la plaine,
les jolies maisons deCresta et Cellerina et cette vieille ^gü»e
sur une coUine isol^e; puis lä bas, sur la droite, Pontresina
contemplant ses glaciers; enfin dans le lointain denoinbrens
Les nouvelles routes dans les ^Ipes suisses. 445
Tillages dont leg maisons blanches animent et d^corent eette
haute yall^e.
Llnn re^oit du Nord comme du Sud de nombreux
afiluents; la plupart d^bouchant de vall^es laterales peu
^ndues n'apportent pas au fleuve de forts volumes d'eau;
les deux seules ri vieres dequelque importancesont: le Flatz,
fui des hauteurs du Beruina descend vers Samaden, et la
^öl, origicaire de la vallde lombarde deLivigno,quisejette
daus rinn pr^s du pont de Zernetz.
Laissant Tlnn franchir ä Martinsbruck la fronti^re de
la Suisse, passons en revue les rivi^res des valläes meridio-
nales qui appartiennent au bassin de FAdriatique.
C'est d'abord le Kammbach, illustre depuis le combat
de Tauffers en 1799, qui amäne ä TAdige les eanx de la
Yallee de Münster, au Sud-Est de Zernetz. Puis le Poschiavino
qui decend du col du Bernina, arrose la fertile vall6e de
Poschiavo, y forme le petit lac de Le-Prese et va se joindre
ä TAdda, en aval.de Tirano. Ensuite vient la Maira qui de
8on cours rapide traverse le Bergell (val Bregaglia), se toume
vers le Sud aux abords de Cl^ves (Chiavenna) et porte enfin
au lac de Mezzola ses eaux torrentueuses. Enfin nous
nommerons la Moesa, originaire des sommet^ du Bernhardin,
coulant du Nord au Sud dans Tdtroit Mesocco s^par^ du
Val Oalanca par nne chatne abrupte comme la chatne paral-
lele qui forme ä l'Orient la limite entre la Suisse et la yall6e
lombarde de St Giacomo, travers^e par la belle route du
SplOgen. Jointe pr^s de Roveredo ä la Calancasea, la Moesa
se toume vers l'Ouest pour aller grossir le Tessin dans les
champs d'Arbedo, illustres par Thistoire.
Apres avoir ainsi parcouru k grands pas les contr^es
8i diverses de rancieuneRh^tie,yoyonsquelssontlesmoyen8
de communication qui ont exist^ entr'elles depuis l'ouverture
446 E, Cuenod.
des premi^res chauss^es jusqu' au moment oü le nouve«tt
r^seau y a ^t^ entrepris.
Ge tat en 1824 que le canton des Grisons acheva sa
premiere voie carrossable, celle du ßernhardin avec le tron-
9011 jusqn'au sommet du Splügen. De 1835 ä 1839 il ef
6tablit uue seconde, celle du Julier, destin^e ä fournir I
TEngadine uue communication plus facile avec Coire et ptf
le Maloja un d^bouch^ sur Cl^ves. Ces routes sont d'iu*
haute importance pour le commerce entre TAUemagne rfi
ritalie, car elles franchissent des passages qui viennent aboutir
ä deux grands lacs: leg lacs Majeur et de Cdme,dontrextr^
mit^ superieure baigne le pieddes Alpes, tandis que de rantmi
ils touchent aux .plaines du Pi6mont et de la Lombardle. Lii
route du Bernhardin 6tablit une communication directe enti«
le lac de Constance et le lac Majeur; sa construction fonnaü
la suite naturelle de la chau8s6e ^tablie ant^rieurement ptf
le Vorarlberg et aboutissant ä Coire. Du chef-lieu du cantmi
eile remonte les vall^es du RMn post^rieur et va de l'aatre
c5t^ du col du Bemhardin, en suivant la Moesa, se coDfon*
dreavec la route duStGothard vers le pontvoisind'Arbedo»
oü celle-ci franchit la rivi^re. A Splügen un embranchemeil
s'en d^tache vers le col de ce nom pour rejoindre la ronie
autrichienne qui des bords du lac de Gdme remonte lavaM
de S. Giacomo. La chauss^e du S. Bemhardin, large de
6 m. 20, traverse le canton snr une longueur de 118 kilo-
m^tres; son point culminant est ä Taltitude de 2067 n.
au-dessus de la mer. Les pentes varient ordinairemeot
entre 7 et 8 % ^t sur quelques points de la Via mala f^
atteignent exceptionellement 10, 11 et m€me 12^/o. Lea Mi
de construction de la route principale et du tron^n de S
kilom^tres de longueur jusqu'au sommet da Splügen se soit
€\ev6B ä 3,027,000 firancs en tout.
Les nouvellts rautes dans les Alpes suisses. 447
La seconde des routes cantonales est celle du Julier
qui ä partir de Coire se dirige imm^diatement vers le Sud,
lar rEogadine, en d^pit de la forte contrepente que n^ces*
fiitent les hauteurs du Parpan et la travers^e de TAlbula ä
Tiefenkasten. Cette localit^ est tellement encaiss^e que le
|K>iit sur F Alfoula une fois franchi, Ton remonte aussitöt pour
gftgner la vall^e ^lev^e du Oberhalbstein d'oü Ton atteint
feivio, point de bifurcation des chemins du Septimer et du
inlier. Le premier de ces deux cols, autrefois fort fr^quent^
d^8 les temps des Romains, est maintenant abandonn^ par
h plupart des voyageurs qui lui pr^ferent le Julier grä^e ä
«a route et k la boBue r^putation dont jouit le climat de ce
fassage et malgr^ son altitude de 2,287 m^tres au-dessus
iäe la mer. La descente sur le versant Italien est interrompue
tntre Silvaplana et Textr^mitd du lac de Sils par le parcours
k6ri£ontal le long de ces rives jusqu'au bord de la descente '
de la Maloja. Une fois- engagde dans le val Bregaglia, la
fonte descend rapidement du seuil de TEngadine k travers
•tous les degr^s d'une vdg^tation de plus en plus riebe jus-
qu'ä Gleves oü eile rejouint la Chaussee du Splügen, que nous
avons laiss^e sur le sommet du passage. La route du Jnlier
n'a qu'nne largeur de 5 m^tres et son d^veloppement total
de Coire k Castasegna est de 103 kilom§tres, dont les frais
d'^tablissement se sont ^lev^s k 1,230,000 francs.
C'est donc un-totalde 4^/4 millions que la construction
des pnncipales art^res commerciales a coutd au canton.
Mais cela ne pouvait pas sufEre aux besoins que Tou-
Terture de ces premi^res voies faisait nattre dans d'auti*es
parties du pays. Les trois districts les plus importants
qnant k leur population : le Prättigau, TOberland et TEngadine,
Toulnrent au bout d'nn certain temps etre reli^s aux routes
commerciales pour tirer, eux aussi, des grandes artöres in-
448 E. Cuenod.
ternationales tous les avantages quelenr passage par lecan-
ton des Grisons mettait ä leur portde. O'est alors qne com*
men^a Tex^cation du rdsean seooüdaire dont les nouTeUei
routes dans les Alpes grisonnes ne sont qne rextensioD et
le compl^ment.
Dans Fannie 1842 on entreprit les chemins k voitnmi
destin^B ä desservir le Prättigau et TOberland. Ils fbreit
continu^s partron^onssuccessifs remontant ces vall^: ce^|
du Prättigau jusqu'au village de Davos qu'il atteignit et;
1860, celui de l'Oberland, jnsqu'ä Dissentis, en 1856. iii
l'dpoque oü ses routes furent. d^cr^t^es les autorit^s daps|lj
ne purent malheureüsement pas pr^voir leur importa]M||
future ni leur consacrer des sommes süffisantes, de sorte qifj
leur largeur totale fut fix^e ä 14 pieds ä peine sur les pid
miers parcours, dimension ^videmment trop faible pour ii{
route de FOberland par exemple, maintenant qa'elle a ^
continu^e avec une largeur plus grande par le col de TObel^
alp. La route de TEngadine fut execut^e entre Silvapli
et Pontalla, extr^mit^ inf^rieure de la Haute*£ngadine, di
les ann6es 1845 et 1846; puls de 1 852 ä 1860 döacedei
point jusqu'ä Ardetz, dans la Basse-Engadine.
Ces trois routes secondaires d'un d^veloppement
154 kilom^tres coüt^rent ä l'Etat 1,821,000 francs.
deux autres trongöns ex^cut^s Tun pour la vall^e de Poschiai
Tautre pour celle de Bergün, rdclam^rent encore dnpaysqi
ques sacrifices. La belle route du Bemiha sur le parooi
Gompris entre Posehiavo et le Lac noir fut un pas impoi
pour rapprocher du centre du canton la vall^e de Posehia^
si ^loign6e des autres. Aux 2d2,000 francs qu'exigea f4
travail remarquable ajoutons les 14,000 francs de la petüü
route de Tiefenkasten ä Bergün et nous arriverons au chiAf
de plus de 2V4 millions d^pens6 par l'Etat des Orisons es
Les nouvellcs routes dans les u4lpes suisses, 449
roates de 2e classe dang une p6riode de 19 ans, de 1842
1 1860. Jointe aux d^penses faites pour les voies princi-
pales, cette somme doime done un total de six millions et demi,
eonsacr^s ä des constmctlons de routes par un pays mon-
tagnenx, sans auenne Industrie. Ce chiffre t^moigne suflBsam-
msDti des efforts faits par le gouvemement et les populations
ponr cr^er dans leur canton des Communications faciies et
|onr y d^velopper les relations commerciales.
Mais les tron9ons de routes que nous venons d'^num^rer
ittrr^taient presque tous au beut d'une vall^e, au pied d'un
lri,ou comme le Bemina au sommetdu passage;ilslaissaient
it la Sorte Toeuvre inachev^. Les nombreuses lacunes
.|U subsistaient encore for^aient les voituresä faire de grands
l6toars pour se rendre d'une portion du pays dans une
|ltre parfois peu ^loign^e, et empechaient les routes existan-
hs de rendre tous les Services que Ton pouvait en attendre.
iUreli^es entr'eUes ces contr^es Tdtaient encore bienmoins
Me les pays voisins. Ainsi la Basse-Engadine, assu-
jMtiepour se rendre äCoire k Timmense d^tour par Silva-
fhna, n'avait de communication avec le Tyrol que par un
Aemin d^testable. Poschiavo ne poss^dait du cot^ de la
JhlteUine qu'une route asse zmauvaise, mais meilleurecepen*
|tat que Celle descendant du Lac noir ä Samadeu. Enfin
Itttr^mit^ de FOberland grison restait tout k fait ä T^cart
|te chemins ä voitures saus ia route militaire dont nous
tlN^ns parl6. Le Schyn, puissante barri^re entre les deux
llies principales, for9ait au grand d^tour par Coire et le
ItatpiateauduParpan ceux qui voulaientse rendre en voiture
ft Thosis ä Tiefenkasten et dans TEngadine C'est donc en
|*ie de combier ces diverses lacunes qu'a ^t^ combin^ le
Nttveau rdseau grison que nous allons ddcrire.
Ces projets qui, comme nous Tavons vu, ne sont que
l, Schweizer Alpen-Club. 29
450 E. Cuenod,
Fache vement de celui qui a 6t6 commence en 1842 et doiit
les travauxont continue, sauf quelques intemiptionsJusqu'eB
1860, comprennent les routes suivantes:
1<> La route du Schyn: entre Tiefenkasten et Thusis.
2® „ duLandwaßser:'entreDavosetlepontdePUi«ir.
3^ „ de TAlbula: entre Bei^h H Ponte, dans U-
Haute-Engadine.
4^ „ du Fluela: entre Daves et Sus, dans la Basae^i
Engadine.
h^ „ du Bei-nina: entre Samaden et Cellerina (Haiite>
Engadine) d'une part et le Lae noirl
d'autre,part ainsi que dePoschia^!
äCampo-Cologno, frontiere italienae.
6^ . „ desFours (Ofen): entre Zernetz et Munster,!
frontiere autrichiennne,
7^ „ de la Basse-Engadine: entre Ardetz et Uu-
tinsbruck, limite du Tyrol.
Ce r^seau occasionne au canton une nouvelle d^pense
d'environ trois millions defrancs, dont la Confi6d6ration saisat
a pris Tun ä sa Charge, ä titre de subside. L'inspection de
la carte suffit pour d^montrer qn'en remplissant des lacniMi
signal^es dans les voies de communication secondaires, oi
supprime les longs d^tours mentionn^s plus haut et Tot
favorise la defense du pays en cas de guerre. En effet, grftce
ä cette nouvelle entreprise les principales lignes d'operatkm
militaires se trouveront pourvues sur toute leur longueur de
chemins k voitures faeilitant singuli^rement les mouvemeoto
des troupes dans Tint^rieur et lenrs Communications avec te
base de la defense de ce canton: la ligne duRhin ^treTtf^
disbruck et Reichenau.
Passons maintenant successivement en revue chacm^
des nouvelles routes ^num^r^es plus haut.
Les nouvelles routes dans les Alpes snisses. 451
Route du Sohyn.
Elle tire son nom de celui des gorges creus^es par
FAlbula d^s le point oü, grossie des eaux du Oberhalbstein,
die se dinge ä FOuest vers le ßhin post^rieur. Gomme nous
favons vu, la liaison qu'elle ^tablit entre laroutedu Splugen
et Celle du Julier la rend pr^cieuse k ceux qui - veulent de
FEngadiiie atteindre sans d^tour les plaines du Domlescbg.
Cne distance de 2^/3 lieues, seit 13 kilom^tres, s^pare ses
4eiix extar^mit^s: Tiefenkasten et Thnsis; et si d^slongtemps
fes denx points importants sont rest^s en r^alit^ beaucoup
fhiB ^loign^s, c'est que laconstruction d^unevoieciarrossable
|Hir ces d^fil^s de rochers entrainait une d^pense assez con-
•id^rable. La travers^e du Schyn a donc 6te jusqu'ä ce
joor une impossibilit^ pour les voitures, car nous n'appel-
lerouB pas de ce nom les petites charrettes du pays qui
8'aventurent parfois sur le chemin dangereux passant sur la
nve droite par le village d'Alvaschein et ddbouchant k Sils,
•n face de Thusis. De tout le nouveau r^seau la route du
Schyn est donc selon nous d'une haute utilit^ pour une grande
fartie du peuple des Grisons; aussi ce canton ne regrette-t-il
foint les sonunes qu'absorberont ces travaux difficiles. Les
ddblais dans le roc et les ma^onneries y joueront un grand
röle et ne seront pas partout d'une ex^cution facile. L'^tude
da terrain que suivra le trac^ n'etait pas non plus sans
danger. C'est la les seuls travaux entrepris jusqu'ici , mais
Fon ne tardera pas k mettre la main ä Toeüvre, d'autres
parties dur^au se trouvant maintenant pr^s de leur ach^ve-
ment. Ces travaux donneront aussi Heu k deux ouvrages
d'art, dignes d'Stre cit^s. Le premier est le pont ^lanc6 de
Solis, sur un gouf&e de plus de 100 metres de profondeur
et le second aussi un pont qui franchira le Rhin au sortir
29*
452 E. Cuenod.
des gorges de la Via mala et ajoatera un ornement de plus
ä ce Site pittoresque. Dans peu d'ann^es les nombrenx
Yoyagenrs qni visitent la contr^e ponrront donc jouir de ce
nouveau passage et aller secouer k Tombre des rocbers du
Sehyn la poussiere de la route brülante da Domleschg.
La route du Landwasser.
n'est comme celle du Sehyn pas encore commene^
Pour l'nne eomme pour l'autre les travanx n*oiit consisti^
jnsqn'ici que dans T^tude du trac6. Dans les ravins dt
Landwasser la nature du terrain, quoique diff6rente'de ceDe
en aval de Tiefenkasten, of&e cependant k ring^nienr plw
d'une difficult^. Ce rayon de route, long de 20 kilom^tres»
compl^tera bientöt la ligne carrossable qui allant de Daros ,
k la vall^e du RMn post^eur doit relier entr' eox, au pied
de la chafne principale, les d6boach^s de quatre passages^
savoir les deux anciennes routes du Splugen et du Jnlier et
Celles qui sont comprises dans le nouveau r^seau: FAIbolt
et la Fluela. üne portion de cette ligne, concentrique avec
Celle de Tardisbmck k Reichenau existe depuis 10 ansentre
Tiefenkasten et le pont de Filisur.
Eoute de TAlbula.
Le chemin de Bergun ne devait ßtre dans rorigioe
qu'un d^ouch^ pour ce village et celui de Filisur. La stricte
^eonomie qui pr^sida k sa construotion ftit cause que Fön
boma k dix pieds seulement la largeur carosaable, personie
ne croyant k cette ^poque k Touverture prochaine du col de
Les nouvcHes rouies dans les Alpes suisses, 453
FÄlbnla. MaiB lorsqa'on vit la poste arriver ä Bergnii, le
d^sir de voir la route prolong^ejnsqn'ä Ponte dans laHante*
Engadine se manifesta d'autant pIns vivement qne le col
ä franchir n'ofirait pas de difficnlt^s s^rienses ä rex^cntion
d'an semblable projet. Les efforts r^unis des populations
iot^ress^es, secönd^s par des snbsides cantonaiix et f^d6-
ranx,r^assirent k former la somme n^cessaire pour cette belle
entreprise. D^s V€i€ de Fannie 1864 des chantiers fiarent
onverts snr tont le parconrs entre Bergnn et Ponte et, ponsa^s
arec vigaenr dans Fannie ^conl^ les travanx ponrront dans
ie coors de la prochaine campagne ^tre avanc6s an point de
üvrer ä la circnlation la ligne tonte enti^re. Les pentes
adoptdes ponr atteindre le col ne d^passent nnlle part celle^
de 10 % ^^ l^ point culminant est ä 2313 m. an-dessns de
la mer. L'^tablissement de cette petite chanss^e n'aoccasi-
onn^ nnlle part des Iravanx extraordinaires, mais son trac^
ne manque ni d'int^r^t ni de vari^t^. Jnsqn'ä Fanberge dn
Weissenstein la natnre y conserve un aspect pen sanvage ;
ee n*est qn'ä partir de ce point, le long du cirqne rochenx
oü la ronte se d^veloppe, que Fon se sent voisin des hautes
sommit^s. C'est snrtont anx approches du sommet du passage
que la contra prend un aspect bien s^v^re.' Dans la large
encolure entre les deux montagnes fonn^es Fnne de gneiss,
Fautre de rochers calcaires, les sieeles oni entass^ les ^nor*
mes d^bris des ar^tes voisines. C'est snr des hanteurs sau-
vages eomme ce d^sert de pierres que les alignements trac^s
par Fing^nieur, contrastant frappamment avec le« ddsordre
de ee raste chaos, ^Mvent au travail de Fhomme, par leur
simplicit^ r^gnli^re, un monument tont aussi imposant que
Be le feraient dans les lieux habit^s des travaux plus gran^
dieses. Pass^ le large dos dn col de FAlbnla, Fon redescend
bientdt par une pente rapide dans la r^gion des m^l^es ;
454 £» CuenoiL
ensnite en sei-pentant ä travers les prairies la route atteint
enfin le village de Ponte sur la riviere de Tlim.
La route du Unela
franchit plus äTOrient la chaine des montagnes quisöparent
les bassins de rinn et du Rhin. Elle Joint Süs ä DavoS)
c'«st-ä-dire ä la haute vall^e d'oü Ton ponrra bientot, desoen-
dant le Landwasser, d^boucher ä Thusis. L'on ^vitera aina
le long d^tour par la Haute-Engadine, et par Touvertiire de
ce col Coire se trouvera d^sormais, au moyen de la route da
Prättigau, rapproch^ de beaucoup de celle du TyroL Le
chemin du Fluela aura une longueur de 5^« üeues, soit
27 kilom^tres. De tons les passages carrossables dans les
Alpes grisonnes il sera le plus haut, car son altitnde attdnt
la cote de 2405 m^tres au-dessus de la mer.
Route du Bemina.
Apr^s avoir suivi dans le fond des vall^es denx des
nouveaux projets et avoir avec les deux autres pass^ des
cols qui m^nent dans TEngadine, examinons encore les rayona
qui de cette valide se dirigent sur la fronti^re ponr sonder
le r6seau aux routes limitrophes, du Tyrol ä FOrient, de la
Valtellin^ au Midi. Nous toumant vers le Sud la route du
Bemina nons amene audelä du passage de oe nom dans la
jolie vaU^ de Poschiavo. Le tron^on r^cenunent termine
d^s la fronti^re lombarde jusqn'aux rives du lac n'ollre de
remarquable qu'un trac^ remontant une streite vall^e dont
la belle vdg^tation contraste vivement aveo celle des r^ons
Les noMvelles routes dans les ^ilpes suisses, 455
du Bernina. £n effet quand on quitte l'ombre des chätaignerB
ponr gravir lentement les 1400 metres jusqu'au sommet du
eoi, Ton passe successivement par diffärents degr^s de la.
m v^^tale jnsqu'aux hants päturages qne hantent chaque
ete les bergers bergamasques. L'on ne peut s'emp^cher de
remarquer aussi, en montan t, le trac^ de laronte dans lequel
Fingenieur a su habilement enlacer les nombrenx mamelons
da terrain et obtenirainsilalongueur n^cessaire pour gagner
l^esqae aans zig-zagnne hauteur aussi grande. Cette por-
iion de route, faite il y a 20 ans, va de Poschiavo au petit
; Lac noir ; lä commence le tron90n fini depuis un an qui par
ifontresioa aboutit ä Samaden. 11 traverse le Flatzen amont
et en aval de Tauberge du Bemina, redresse ce conrs d'eau
et descend dans la vall^e au pied du Morteratsch. Plus bas
que Pontresina la route se bitoque dans la plaine arros^e
par le Flatz et par Tlnn. Laissant le bras de droite filer
snr Samaden, le tron^on principal se portant sur la gauche
franchit pour la troisi^me fois les eaux du Bemina. Un
pont en bois sur Tlnn termine enfin cet interessant trac6 ä
l'entree du village de Cellerina. Les 1 7 kilometres d'ici au
Lac noir ont 6t^ acbev^s dans trois ^t^s a peine et les autres
trayaux jusqu'ä la frontiere italienne, termin^s r^cemment,
permettront des F^t^ aux postes föderales d'atteindre Tirano,
4ans la vall^e de TAdda.
Route des Fours (Ofen).
La vall^e de Munster, ce poste d^tache ä nos extremes
fironti^res, devait comme Poschiavo, ayoir aussi sa part dans
le r^aeau projet^. La route du Bemina conduit en Lombar*
die; celle par les cols des Fours et du Buffalora ira en Vön^tie,
456 E, Ciienod.
en rejoignant ä Mais la chauss^ du Tyrol et de la vail^e d«^
TAdige. Moins Üev6B que les autres passages dont nont^
. avons parl^ les deux cols snsnomm^s sont par lear diataiieei
des contr^es habit^es un obstacle assez fort aux relations
commereiales entre la vall^e de Mnnster et la Basse-Engadine^
Entre les deux villages de Oierüs et de Zemetz line seol«^
maison se tronve sm* le chemin; c'est an point oii d4boii<^
celni de Livigno Tauberge SDlitaire et hospitali^re des Foi
La distance totale entre Zernetz et Mnnster, ftonti^re iä\
Tyrol, est de pr^ de 40 kilometres. Une route anssi loi
ä constmire k travers un pays d^sert, en favenr d'nne po]
lation peu nombreuse et entretenant avee les pays limitropl
des rapports plus fr^quents qn'avec son eanton, est
eelui-ct la Charge la plus lourde de tonte Tentreprise. H
peut cependant que comme continnation du passage da4
Fluela^ la nouvelle chauss^e de la vallde de Munster,
proehant les bassins de l'Adige et du Bhin, acqui^re par lai
suite, dans la saison d'^ti6, une cert^ine importance.
«i
Route de ia Basse-Engadine.
Entreprise en 1845 la route seeondaire partant de 8ii>
vaplana et descendant lavall^e, atteignait en 1860 levilUge
d'Ardetz dans la Basse-Engadine et laissait ä constmire aa
nouveau reseau grison, projet^ ä, cette ^poque, les 27 kilo*
mdtres jusqu'ä Martinsbruck, fronti^re du TyroL Cedeniier
parcours ^tait, d^s 1862, ouvert jusqu'ä Schuls: il sera tar-
min^ dans la pr^s^te ann^e. La belle vall^ de FlaD a^
trouyera ainsi ouverte dans toute sa longuenr sur territmi«
sujsse ä une circulation que les eaux min^rales de Tvmp
Les nouvelles routes dans les Alpes $uiss€s. 457
il de St. Moritz ne manqueront pas de rendre de plns en
^ active, surtont lorsqne la route des goig«s de Finster-
lAnz anra op^r^ la jonction entre le Tyrol et TEngadine.
La descente d'Ardetz josqa'au niveaa de Tlnn est la
mde partie de la coostmetion oü le terrain ait pr^sent^ quel-
|Bes difficvlt^s. Par diff^rents travaux, fr^quemment en
IBage snr les routes de montagne, on a heureusement snr-
»ent^ ces obstades. Au-delä des Etablissements de Nairs
fen decouvre soudain, au d^tour de la route, legrandcirque
leenp^ par les maisons de Schuls, village qui s'El^ve par
pulinB sur les pentes d'un terrain fertile. Plus loin nous
Inversons sur une arche hardie le val de Sinestra, puls les
kamps de H6mus, ÜiEätre de trois combats dont le demier
br^a Lecourbe k la retraite. Pas&E le d^filE de la Platta
üla la route parcourt ensuite un terrain plus faeile et vient
^ Martinsbrack attendre impatiemment sa continuation sur
a rive autriehienne, pour eviter ainsi les hauteurs deNauders.
Teile est Tesquisse rapide de la täehe grandiose nouvel-
ement entreprise par le peuple grison.Sans selaisserrebuter
Mu* les grands sacrifices que lui ont imposEs ces travaux
ifeendas, ilprocedeoourageusementäl'exEcution d'nne oeuvre
pi'il l^guera aiix gen^rations futures comme un lien de plus
Bitre toutes lenrs vall6es et une source nourelle de vie et
te prosp^ritö. Quelques ann^es encore et Ton verra la fin
Pune belle entreprise ä laquelle le nom de FIng6nienr en
shef, Mr. Adolphe de Salis, restera attachE.
L'ach^vement prochain des routes des Grisons contri-
mera aussi ä mieux faire connattre cet interessant canton.
i^ange remarquable de populations qui diff(6rent parfois,
426 E. Cuenod.
föderale d6cida de participer k la constrnction de ces doa
r^Beanx de routes ä Faide d'un sabside de 2,750,000 Fraae^
une nouvelle activit^ s'est r^panduedansplus d'ane valtöede
nos Alpes et, apr^ trifte ans de sUence, les solitades de
leurs cols ^lev^s ont de nouveau 6t^ troubl^es par le bnit
pacifique de la d^tonnation des mines.
Biseau miiitaire.
Ce r^seau se Gompose des trois rontes d6jk noiiimdeB(
TAxen, de la Furka et de TOberalp.
La premi^re forme la continaation de la roate du
Grotthard qui se soudera ddsormais ä Bninnen au r^sesn
ia plaine suisse. Les deux autres relient ^itr^eiles
des yaU6es qui se groupent autonr du massif central
Alpes, savoir les vall^es du Rhone, de la Reuss et da
EUes procurent ainsi aux cantons du Valais et des
un nouveau d^bouch^ dans Fint^rieur de la Suisse. U\\
tance siarat^gique de ce second d^bouehd se con9oit
lorsqu'on consid^re TinsuiBsance de Tttnique communi<
carrossable entre ces deux grands cantons et le reste de
Suisse. La prise du pont de St Maurice, en VaUus, on
du pont sur le Rhin pr^s de Ragatz (Tardisbrück), poni
nou3 priver d'autant plus facilement de la possessioBsoiti
Simplon, soit des passages du Bernhardin, du Splug«
du Julier, que ces deux d^fil^s, par leur Situation voisine
la fronti^re, sont expos^s ä etre intercept^s. Le choix
passages de la Furka et de TOberalp pour T^tablif
des deux routes militaires, destin^es ä rattacheranceDtre«
la Suisse les cantons du Valais et des Orisons, est
par Favantage qu'il y avaitä les faire d^boucher toates
dans la vall^e d'ürseren. De cette mani^re on ^tal
Les nouvelles routes dans les Alpes suisses. 459
iieamara^es lui rendre en quelque sorte des honneurs mili-
Ifares. C'est ce qne Ton a pu voir Tan dernier k Coire,
le^lien de rarrondissement postal le plus montagnenx de
iSnisse.
>
k
^ On ponrra €tre snrpris de trouver dans unlivre, devant
kvir d'annales anx hardis exploratenrs des hautes sommit^s,
Jhiim^ration de tous les travaux qni livrent ä la fonle des
fliristes en voitnres, des passages jnsqu'ici pratieables
Inlement an nombre bien plns faible des voyagenrs ä pied.
jH clubiste, il est vrai, preföre aux grandes routes les sen-
iKft de montagne, parfois ä peine fray^s, oü il a Foccasion
lexercer ä la fois ses jambes et son oeil. Mais en veri-
lible amateur de la nature alpestre il est heureux de voir
int de pittoresques beaut^s, de sites remarquables ^tre
ilidns accessibles au grand nombre de eeux qui n'ont ni le
lisir ni la facilit^ des excursions en dehors de Tomi^re que
inrcreusent les routes.
4 D'autres regretteront qu'une chaussde poudreuse vienne
iMiller d^sormais la fratcheur primitive de taut de beaux
iMsages; les routes muleti^res ou les sentiers ^troits sont
iien plus po^tiques, vous diront-ils souvent, et cadrent aussi
len mieux avec le paysage que tous ces grands travaux ne
^nt que gäter. Les goüts peuvent diff^rer, mais nous ne
l^utons pas que eeux auxquels les chemins ä voiture inspirent
iBs regrets , s'ils gravissent les hauteurs qui dominent les
lissages, trouveront avec nous, que loin de d^parer la nature,
068 longs rubans de routes qui reposent sur chaque cot^
ies eols de nos Alpes, leur sont comme un diad^me dont les
lontours gracieux fönt ressortir davantage le d^sordre im-
428 E. Cuenod.
an sei» du peiiple et du gouvernement d'Uri, malgre les
difficult^s qü'y opposait la nature. D^ß 1837 des Ingenieurs
fnrent donc charg^s d*^tndier un trac^ snivant horizontale-
raent la rive^ entre Flnelen et Brunnen. Ce premier projet
etant d'un coöt trop ^lev^, Monsieur Ting^nieur Muller,
d*Altorf, en ^tudia en 1838 un second qui passait ä une
hauteur beauconp plus grande au-dessus du lac. C'est celui
qui sauf quelques modifications d6 detail, vient d*^tre execute
dans ces deux dernieres ann^s. La route de TAxen aurait
€t€ commene^e ä la suite de ces ^tudes «ans la non-renssite
de negociations entre les gouvemements d'Uri et de Schwitz,
au sujet de leur participation aux frais. Ces deux cantoD8
n'^tant pas tomb^s d'accord, on düt renoncer k cette belle
entreprise, ce qui se fit d'autant plus facilement, que d^s lors
la navigation ä vapeur sur le lac des quatre cantons prit od
d^velopp^aent qui facilita au-delä de toutes les pr^visioiw
les rapports ^tre les contrees riveraines. Mais lorsque la
possibilit^ d'^tablir une communication par terre, praücable
par tous les temps, vint de nouveau ä surgir, gräce ä Tint^r^
qu'y portait la Conf(6d^ration, les cantons de Schwitz et dTri
saisirent avecempressement les moyens qu'elle leur fournis-
sait dans ce but. Le canton d'Uri etait d'autant plus int^^
ess^ ä cette entreprise que jusqu'alors il pouvait setrouver
des jours entiers priv^ de tonte relation avec ses voisins,
surtout au printemps, lorsque le Föhn rend le lac imprati*
cable et que les neiges encombrent encore les passa^es des
montagnes.
En donnant ici une description succlute du trac^ de la
route de l'Axen, je renoncerai ä celle de tous les norobrenx
Sites remarquables, les points de vue magnifiques, dont cm
travaux grandioses ont ouvert Tacc^s jusqu'alors si diflicilc.
L'ouverture de cette route va d'ailleurs, des cet ^t^, ftire
Les nauvelles routes dam les Alpes suhses, 429
conoj^tre des beaut^B dont je ne pourrais donaer ici qu'uiie
Idee trop imparfaite.
Quoique reliant deux villages sitae» au bord du lae, ia
ronte de FAxen n'a cependant pas 6t^ men6e horizontalement
ie Jong de la rive. L'augmentation de d^pense qu'aurait
caus^ un semblable trace eut ^te hors de proportion avee
Tutilite commerciale d'ane voie qui ne pouvait d'ailleurs pas
latter avec celle du iac. On n'a donc pas eraint d'adopter
nn projfil s'el^vant, quoique avec des pentes fort mod^r^es,
ä la hauteur n^cessaire pour ^viter, au moins en partie, les
difficult^s du terrain que rencontrait le trace horizontal. Le
prineipal obstacle ^tait la paroi k pic, de plusieurs centaines
de pieds de hauteur, formte par les rochers de TAxen. La
travers^e de cette paroi exigeait d'apr^s le projet horizontal
une galerie dans le roc d'environ 600 m^tres de longueur;
a la hauteur oü passe la route ce tunnel n'en a que le quart.
Si ce passage a €t€ le plus difQcile, c'est aussi celui oü la
bardiesse du trac^, les beant^s de la vue, Fefifet imposant de
ees rochers immenses, surplombant la route k des hauteurs
prodigieuses, produiront d^sormais sur des milliers de voya-
gears les impressions Icb plus saisissantes.
C'eßt par cette paroi que se termine brusquement TAxen-
berg, sommet extreme de la chatne qui s^pare la vaU^e de
Schächen de celle de Kiemenstalden. Elle forme deux pro-
montoires rocheux qui boment la vue de Fluelen du cot^ du
Nord. La galerie dans le roc, pratiqu^e ä 250 pieds au-
dessus du Iac pour livrer passage k la route, est pero6e de
deux grandes ouvertures laterales, ä travers lesquelless'of&ent
ä la Yue, dans un encadrement naturel , le petit viUage et
(es vergers de Bauen, sur la rive oppos^e. Au sortir du tunnel
an passe sous des demi-galeries apres lesquelles la vue
s'ouvre du cdte de Brunnen, dont les jolies habitations
430 E. Cuenod.
s'aper^oivent an loin. Cest k juste titre que ce parcoan
remarqnablement pittoresque, ä travers des rochers imposant»
et an milien d'nne natnre si belle et si saavage k la fois, %
donnä son nom ä toute la route, et c'est ici le moment de
nommer ringMeor, Mr. Muller d'Altorf, actneilemeiit Land-
ammann du canton d'Uri, auquel revient rhonnenr d'ayoir^
le Premier, snspendn ä des cordes, ^tudi6 le trac6 dans eei4
lieux dangerenx. Apr^s s'^tre ^ev^e gradnellement depnis
Fluelen par ime pente d'un peu plus de 3% jusqn'ä la bau-
teur des galeries de TAxen, la route s'abaisse de nouveat
insensiblement k travers les pr^s esearp^s qui dominent li
chapelle de Teil. Elle se d^veloppe ensuite dans unevall^
formte par un torrent quelques fois redoutable et atteiol;
apr^s une nouvelle travers^e de rochers, le petit village d
Sissikon, condamn6 jusqu'ici ä Fisolement le plus eomplel
car, k peine sortie des vergers qui Fentourent, la route reu*
contre de nouveau des parois abruptes, au bas desquell
Ton eüt vainement cherch^ä longer äpiedeesrives sauvagea
An-delä de Sissikon la chauss^e gagne le bord du lac qu*el
suit, apr^s le tnnnel du Sehiefemeck, en qua! au pied d'i
menses rochers calcaires. Puis eile contoume le promontoi
de Ort en se relevant pour gagner apr^s un long parco
horizontal le sommet des rochers de la Wasifluh , d'oü ei
redescend enfin sur Brunnen. Ce dernieur parcours, oütoui
la largeur de la chauss6e a du 6tre profond^ment entai
daus ün roc ä pic, t^moignera k Jamals des travaux consid
rables qu'a exigä cette route. La place du port k Bmmie%
dont la vue bien connue est Fune des plus belies dela Suisat
primitive, termine heureusement la s^rie des aspects qw
Fon d^couvre k chaque pas dans le trac^ dont je viens d'»»
quisser les traits principaux. 1
La longueur de la route est de 12 kilomStres. S<HI
(feber Ortsbenennung.
464 J. Coaz.
ist also der Begriff ein weiterer, und man darf wohl annehj
men auch ein älterer als der geographisch definirte, folgliisl
auch ein vollkommen berechtigter. i
Die individuelle Benennung der Bergspitzen des Gei
bietes der Stöcke ist sehr verschieden, bald nach der FariMj
des Gebirgstocks (Uri-Rothstock, Schwarz-Stock), baldDacl
dem Wild, das sich dort häufig aufhält (Gimsstock, Hfihnc
«tock), dann wieder nach deren Form (Hausstock, Grä<
stock, Kistenstock) etc. Endlich giebt es eine Anzahl N^
men, welche schwierig ableitbar sein dürfte.
Zwischen diesen Stock und Stöckli kommen zersl
andere Benennungen vor wie Hörn, Kopf, Fluh, Wi
und 'Berg.
Jenseits des Wallensees ist das Gebiet der Firste.
Treten wir über die südliche Grenze der Stöcke,
Tödikette, so trifft man fast überall die generelle Benenni
Piz, welche sich über den ganzen romanischen Theil BfiiH
dens ausdehnt. Hier und da findet man den Ausdruck
Cuolm, worunter man einen abgerundeten, kuppelformigek
meist berasten Berg oder Bergesvorsprung versteht (CuoW
da vi im Tavetsch, Cuolm da Latsch.) Treten letztere ii|
die Thalsohle vor, so werden sie auch Monp^ (Oberlauf
oder F6 de Mont (Münsterthal) genannt. Kleinere Gebirg»^
vorsprünge und hügelartige Bergformen tragen im all-
gemeinen den Namen mott, muot, muota. Die Benennani^
des Dorfes Mutta rührt daher. Zwei nahe Spitzen und andi
andere Orte, werden hier und da mit der Bezeichnung dar
daint (inner) und dadoura (ausser) unterschieden. Die
Eigennamen der Piz sind meist wie diejenigen der Stöcke
von der Farbe, Form und anderen Eigenschaften derselbeo
genommen, z. B.: P. nair (schwarze Spitze), P. laat (breite
Spitze), P. vadred (Gletscher-Sp.) P. ot, (hohe Sp.) etc.
lieber Orlshenennung, 465
Merkwürdig ist wie mitten unter diesen romanischen
Kamen rein deutsche auftreten, so in Daves, Arosa, Wals,
Bafien, Rheinwald, und in der That wurden diese Thal-
Ichaften zuerst von deutschen Volksstämmen bewohnt. Ver-
iinzelte romanische Benennungen, z. B. Pedera, Olavadel,
nravagan in Davos verdanken ihren Ursprung wahrschein-
leh späteren Ansiedinngen romanischer Familien.^) Als ich
bit der topographischen Aufnahme dieser Landschaft be-
ichäftigt war, fiel mir die grosse Verwandtschaft der der-
en Ortsnamen mit solchen in Oberwallis, besonders in
rmatt und Saasthal auf. Es liefert diese Verwandtschaft
inen neuen Beleg für die geschichtliche üeberlieferung, dass
lle ersten Einwanderer in Davos freie Walser gewesen.**)
Diese haben die Ortsnamen von Oberwallis auf die ent-
^rechenden Oertlichkeiten in Davos übertragen und so in
ftrer neuen Heimat für sich und ihre Nachkommen eine
vwige Erinnerung an ihre alte Heimat geschaffen. Der Da-
Toser, der das Oberwallis besucht, muss von heimeligen
tieftihlen ergriffen werden, sOx viele Namen seiner Landschaft
fdie sonst nur noch sehr vereinzelt zu hinterst im Bemer-
Oberland und in Safien und Avers gefunden werden) hier
wieder zu treffen, mit noch andern verwandten Verhältnissen,
wie die Namen der Kirchen St. Leonhard und St. Johann
iind verschiedene Familiennamen, und so auch umgekehrt.
'*') Wenigstens sprechen die vorhandenen Dokumente, insbe-
sondere die Urkunde, durch welche der Freiherr y. Vatz den 12
freien Waisern das Thal Davos gegen eine gewisse Zinsentrichtung
schenkt, gegen eine frühere romanische Ansiedlung. ^
**) Dass der Freiherr v. Vatz dazu kam, gerade Wallisem die
Thalschaft zu schenken, rührt (nach Prof. Bott) wahrscheinlich daher,
dass diese Familie mit den im Wallis sässigen Freiherren v. Raron in
nahem verwandtschaftlichen Verhältniss gestanden.
Schweizer A^pen-Club. i 30
434 E. Cuenod.
Taction soutenüe de ses rayons,^s'^boulentparmomeutBa?ee
fracas dans de larges crevasses. Ce spectacle sublime ert
difficile ä decrire. Un groupe de onze lacets serpente ei
face de cette vue uniqne, puis au bas de cette desoente
Ton atteint les eaux boueases dn Mattbach, qui vont ee
perdre dans le glacier. Le trac^ suit alors le pied d«
longues pentes du Längisgrat, en ^vitant les moräines accft^
mul^es plus bas. Bnfin apr^s deux nouveaux lacets travc
sant des ^boulis de blocs Enormes, la route gagne Textr^i
införieure du glacier d'oü lö Rhone s'^chappe ponr
pr^cipiter bientdt dans des gorges reserr^es. C'est
qu'apres un grand contour dans la petite plaine de Glet
le trac6 suit la riviere, d'abord sur sa rive droite, pnis
instant sur la gauche, pour la franchir une derni^re fois,
aval de la Mayenwand, par un bond hardi au-dessus cCi
Cascade. On se trouve alors dans la partie la plus
ment^e de la route, oü la nature rocheuse du sql k pr^c
le plus de difficult^s d'ex^cution; mais une fois sortie de
gorges etroites la route d^veloppe agr^ablement ses h
Tombre des sapins et des niel^zes, dans uneforet arros^^
limpides ruisseaux et d'ou Ton sort enfin pour se trouver^
face de la belle >%ll^e de Conches et de ses nombreux
ges, aux maisons de bois noircies par le temps. Les
des montagnes, couvertes de richesfor^ts, s'arr^tant aul
de la plaine cultiv^e qu'arrose le Rhdne et le splendide Wc
hom qui ferme ce riant tablean, forment an contraste
plus vifs avec la nature sauvage et ddsol6e que Tod a
contra sur l'autre versaut du passage et avec les haut
solitaires de la Furka que Ton vient ä peine de qiril
La route gagne le fond de la* vall6e vers le vOlage d'^
wald, oü eile se soude au chemin carrossable qui de
remonte le Rhone pour desservir les dixains extrSmeB
lieber Grtsbenennung. 467
Im Kanton Bern bis an die Grenze von Waadt und im
jdberwallis ist den meisten Bergspitzen der generelle Name
Porn" gegeben, und in der That zeidinet sich dieser Theil
|er Alpen dnrch zahlreiche pyramidenförmige, schroüfelsige
Erhebungen der Bergspitzen aus. Zwei Hörner nebenein-
pider werden hier und da Scheeren oder Zwillinge genannt.
Auch Oraubünden hat ein Scheerhorn, Piz Forbiach in
Iberhalbstein, und Zwillingsspitzen, P. Ginmells im £nga-
^.) Schroffe Felswände werden häufig mit „Fluh" be-
achnet. Im Süd -Wallis ist die Grenze der Hörn er am
^tterhorn, weiter westlich folgen die Dents (Zähne),
üguilles (Nadeln), Monts (Berge), seltener Tours, T^tes,
tocs, Becs. Häufig trifft man die Unterselieidung zweier
|ftheliegender Spitzen dnrch die Beisetzung petitund grand.
)fe meisten dieser Benennungen im Unterwallis kommen
pch im gebirgigen Theile von Waadt vor.
Von den Alpen in das Hügelland der Schweiz nieder-
legend, verlieren sich naturgemäss obige Bezeichnungen
pmer mehr und gehen in diejenigen vop Berg, mont, monte
pit vereinzelten Flühen, Stein, roeher u.,dergl. über, welche
Nnennnngen auch äem Schweizer Jura eig^ sind.
Ziemlich häufig finden sieh in unseren Alpen auch Na-
len von Bergspitzen ohne alle generelle Bezeiehnang„ z. B.
|ie beiden Mythen (durch gross und klein unterschieden),
Hänüseh, Falknis, Camogh6, Mol^son u. A. Ja in den
appenzeller Gebirgen sind diese vorwiegend, z. B. Sentis,
ittmann, Camor, Fähnem, Schäfier, Gonzen u. A.
lieber die Eigennamen der Bergspitzen habe ich mich
keilweise bereits ausgesprochen. Ausser Farbe, Form,
J^ildstand, Höhe, Nähe von Alpen und Thälern, Aehnlich-
telt mit alpinrthschaftliehra Geräthen und Erzeugnissen
sab hier und da auch die Zeit des Durchgangs der Sonne
436 E, Cuenod.
ä ces GODstractions. Elle rencontre pen de rochers k faire
sauter, mais g^n^ralement des pentes gazonn^s, par fois
abruptes, mais ofirant partout et en abondance des mat^
riaux de bonne qualit^. En revanche la section valaisanoe
a preseut^, surtout dans sa partie inferieure, des parconrs
d'un Etablissement plus coütenx. La traversEe des gorgeg
du Rhone est sans contredit le travail le plus consid^rabh
de toute la ronte. Cependarit les travaux n'offrent en eux-
m^mes rien d'extraordinaire et, situEs dans la plaiue, on ai
ferait ä peine mention. Ils consistent principalemeot (
terrassements et murs secs, puis dans r^tablissement de
Chaussee et de ses accessoires. En fait d'ouvrages d'art
n'y a que les ponts sur le Rhone et celui sur la Reuss, pi
de R6aip, qui m^ritent d'etre mentionn^s. Le sol pj
solide et de bonne qualitE n'a exigE nulle part ces
d'assainissement et de consolidation qui engloutissent dant
des onvrages de peu d'apparence des sommes parfois conaii
d^rables. Ces conditions d'exEeution Etaient donc tont
fait favoräbles. La seule difificultE r^side dans la sitnatit
du tracE qui s'Elöve ä des hauteurs oü la courte duröe de
campagne et Finconstance du climat obligent ä d^rober,
ainsi dire, cbaque €\^ k Thiver quelques kilom€tres de roi
II faut pour ceia racheter par le grand nombre de bras
petit nombre de jours de Tann^e oü Uon pent travail
Mais il faut aussi loger et nourrir ces troupes d'ouYriers
la nous rencontrons la difficnltE des approvisionnemeots di
une contr^e manquant de tout et oü vivres, bois de
fage et outils doivent etre transportds ä dos d'homme ji
que sur les chantiers les plus Eloign^s. Le premier b<
ä satisfaire et de loger convenablement lesouvriers; c'est
qui les attache ä leur chantier et leur permet de perdre
moins de temps possible pendant les jours de plnie. C(
lieber Ortshenennung,
469
kflllend haben ihre Namen entweder
m den Bergen, denen sie anliegen,
bftnfiger von den nahen Alpen oder
ien Tbälem, in deren Hintergrund
ile Bich bilden und durch deren Rieh-
iBDg ihr Zug bestimmt wird.
^ Statt dem Ansdruek Gletscher
trifft man, besonders häufig im Ber-
ker Oberland das Wort Firn; in der
Födikette den Btlndnerbergfirn. Mit
lieser Bezeichnung will aber nicht
Ijesagt sein, dass der betreffende
lletscher nur aus Fimeis bestehe,
ftensowenig als unter Gletscher nur
iBetsehereis verslanden wird.
' Nachdem wir so einen, wenn
mch nur fiüchti^en Blick über die
Benennung der Bergspitzen, Kämme,
Iräte, Sättel und Gletscher der
lehweizeralpen geworfen, fragt es
kfeh, welche Namen den zahlreichen
noch nicht benannten, aber benen-
lenswerthen Oertlichkeiten gegeben
irerden sollen, und wie derSchweizer-
Upenclub ^esen, ganz in seinen
l^irkungskreis gehörenden Gegen-
Itand zu behanddn habe, um Sinn
md Ordnung in die Ortsbenennung
Bu bringen.
Zwar hat die Natur unserer AI-
^n nichts mit den ihnen vom Men-
lehen frfiher oder später gegebenen
o
S
u
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e
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00
438 E. Cuenod.
suit g^n^ralement le trac^ et Texpose ä l'action du aoWL
II est constat^ qu'ä ^gale hauteur la quantite de neige y est
moindre qu'an Grimsel et au St Gothard. Ce fait permet
de pr^voir que, si eile n'est pas destin^e ä etre ouverte «n
traineaux pendant la saisoB d'hiver, la ronte de la Fnrki
pourra, ä peu de frais, 6tre rendue au printemps praticabte
aux voitiires ä la m^me ^poque que les grandes art^res con^
merciales. Du reste les beaut^s naturelles que fera connalt«
cette nouvelle route ue tarderout pas ä y döveloppw lai
circulation bleu plus active que celle, d6jä consid^rable, (hl
touristes qui chaque €i€ gravissent p^niblement, ä pied oui
cheval, le sentier monotone de Reaip ä la Furka.
Rojl^te de TOberalp.
L'^tablissement de la voie carrossable qui a ouverti
voitures le col de TOberalp est loin d'avoir renconlrä
m^mes difficult^s que Celles qui ont Signale Fex^cutionde
route de TAxen. L'altitude de ce col est son ^loignei
des lieux habit^s n'6taient pas non plus des obstades
sensibles que sur les hauteurs de la Furka.
Le col de TOberalp, situ^ ä 2040 metres audessus
niveau de la mer, est de 600 m€tres plus 61ev6 que le
d'Andermatt. Vu le peu de distance horizontale entre
deux points, il a fallu, pour gagner la hanteur sans d^pi
la pente de 10%, avoir recours ä un d^veloppem^t
ciel consistant en neuf lacets occupant les flancs
des monts qui dominent la vall^e d'Urseren ä FOrient
contours spacieux ä Fextr^mit^ de ces lacets, le
s'^end sur la plaine et ses vertes praiiies, arros^es par
Reuss et travers^es par un ruban de route qui
audessus de Hospenthal dans la gorge de la ßenss du
Ueher Ortsbtnennuny, 471
ll^stand in ihr Bereich zn ziehen. Diese nationale Macht,
m. HHrn., welche nur eine moralisch durchdring^de sein
darf, glaube ich im Schweiz. Alpenclufo gefanden au haben,
pd stellte daher der Sect. Rhätia den Antrag, der General-
versammlung in Basel die Au&ahme dieses Gegenstandes
|Uiter ihre Verhandinngen zu empfehlen mit dem Bemerken,
dass die Sectionen die passendsten Organe zur gründlichen,
iichtigen und beförderlichen Lösung dieser Aufgabe sein
iflrften.
Dieser Antrag fand, wie Sie wissen, bei der General-
fersammlung Aufnahme, und es wurde das Gentral-Oomite
init einer diesfälligen Vorlage an die Generalversammlang
^ Chur beauftragt. Diese Vorlage kann sich begreiflicher*
veise nur mit den Mitteln und Wegen befassen, mit und auf
welchen der Verein zweckentsprechend vorzugehen habe,
auf den Gegenstand selbst näher einzugehen liegt weder in
seiner Aufgabe, noch dürfte die Generalversammlung gewillt
^^ geeignet sein, speciell mit demselben sich zu befassen.
Um nun dessen ungeachtet zu einer zweckentsprechend
den Beschlussnahme zu gelangen, ist es nöÖiig, dass die^
Ortsbenennungen in den Alpen von den einzeli»^ Sectio&en
zam Voraus besprochen, und die Sectionsabgeordneten be-
reits sachvertraut zur üblichen Vorversammlung sich ein-
finden. Diese Besprechungen zu veranlassen und etwas
Material zu denselben beizutragen, ist der Zweck vorliegen-
der Arbeit
Gehen wir nun zur Beantwortung der Frage über,
welche Namen den bisher noch nicht benannten wich-
tigeren Oertlichkeiten in den Schweizer Alpen gegeben
werden sollen.
Fassen wir die Alpen als Ganzes in's Auge, so müssen
wir zunächst Benennungen haben für die Gebii^sgruppen,
472 /. Coaz.
dann fttr die Hauptachsen der Gebirgsketten*), für die N^
benketten und ihre weitern Verzweigungen. Bei mehrere
bereits benannten Ketten und Kettengliedern sind die Gr^*
zen derselben genauer festzusetzen. Wir befinden uns hier
überhaupt auf einem noch wenig bearbeiteten Boden, und
man muss sich wundem, dass derselbe so lange brach liegei
gelassen wurde;**)
Die Gebirgsgruppen sind, nach meiner Ansicht, am
passendsten nach der höchsten Erhebung derselben zu
benennen, und die Gebirgsketten nach der Gebirgsgruppe;
von der sie auslaufen, und dem Berge, in dem sie endtOi
unter Beifügung der Hauptrichtung nach der Himmelsgegend.
Verbindet eine Kette zwei Gebirgsgruppen, so soll sie di^
Namen beider tragen. Geognostische Theorien könnei|
hierbei im Allgemeinen nicht in Betracht gezogen werden,
sondern einzig nur die absolute Höhe der Gebirge, verbundeo
mit ihrer Ausdehnung in die Breite oder überhaupt ihre
orographische Erscheinung. Indessen sind die Gruppirnn-
gen und Abgrenzungen nicht immer so leicht, wie man anf
den ersten Blick meinen möchte, in welchen Fällen der
geognostische Bau des betreffenden Gebirges allerdings von
entscheidendem Einfluss sein dürfte.
Uns bei dieser Arbeit strikte nur an die Sehweize^
grenze halteq zu wollen, wäre ebenso einseitig als unwisseo-
schaftlich. Ein anderes ist es, ob die Nebenstaaten unsere
Benennung für ihren Theil der Alpen annehmen wollen,
*) Der Ausdrack Kette ist nichts weniger als gut gewählt, aber
so allgemein in den Sprachgebrauch übergegangen, dass wir es nicht
wagen von demselben abzugehen.
**) Die Schweizerkunde von H. A. Berlepsch enthält ein«
fieissige Bearbeitung des vorhandenen Materials über Ortsbenennmi-
gen in der Schweiz.
Ueber Ortsbenennung,
473
iKurüber man sieh mit den betreffenden Alpenvereinen zu
irerständigen hätte.
Hörn.
Pi» Ott von Wiesen.
Kommen wir z\ir Benennung der einzelnen Bergspitzen,
ID scheint mir ein genereller neben einem Eigennamen zweck-
ttässig, indem durch ersteren die Eigenschaft der Spitze
Nadel.
Ein«horn von Splttgen.
bereits mehr oder weniger genau bezeichnet wird, wenn wir
uns ttber die Begriffe der generellen Namen verständigen
474
«^ Cöms,
und dieselben richtig anwenden. So sollte z. B. der so
bräuchliche, aber oft unrichtig angewandte genereUe.Ni
„Hom^ dem Gegenstand, dem er entlehnt ist, entspreche!
nur steilen, felsigen, pyramidenförmigen Spitzen gegel
werden, vorzüglich solchen, deren eine Seitenkante küiz(
daher auch steiler ist als die andere. Das hierfür entspi
chende Wort im Franz. wäre Dent, im ItaL como, im
man. com.
Mit dem Namen Nl
dein (franz. Aignilll
ital. Aguglie, rom. A[
giia«) kitentoiidHJaiif
Formen ^ob
belegt werdeBk, wäohe
schmalen, und verlii
nissmässig langen Pyi
miden scharf auslauft
mit Kopf (franz. T(
diejenigen, welche
kopfförmig abrunden i
bei noch flacherer AI
rundung und grosserei
Dimensionen Kuppe oder
Kuppel. .
ThurmfÖrmige trt-
gen schon jetzt die Ki-
men Thurm, Tour, Tone,
rouL C!hastd (Schloss).
Bei Bergen, die ii
kemer der obigen oder
aoBst eigenthOmliehei
Fomen enden, k(^ntei
►»•
H
SC
c
p
<
c
Q
c
OK
s*
9
C
C
B
N
S*
4
tr
e
lieber &rtsbtnettnuHg.
Kopf.
475 *
WaUCTislock von Wolfens.
^ Ausdrücke Spitze (franz. Pointe, itaL Panta, Cima, i
^ lar Anwendung kommen.
^
1^
Ttlliskupre vom WtEi»
1
476 J. Coaz.
Der Ausdruck Berg fasst die gesammte Masse eii
Gebirgserhebung von der Ebene oder der Thalsoble
zu deren Gräten und Spitzen in sich und eignet 8i<
daher nicht zur generellen Bezeichnung der höchsten Spil
allein.
Bei der Wahl der Eigennamen der Bergspitzen mfissf
Wiederholungen, die so leicht irre fuhren, besonders in d(
selben Gegend, vermieden und desshalb die Bezeichnm
nach Farbe, z. B. Schwarzhorn, Weisshom , deren wir ohi
dem bereits eine grosse Anzahl besitzen, nur mit Vorsi<
gebraucht werden..
Die Form der Bergspitzen ist zwar schon beim gei
rellen Namen benutzt worden, doch bietet auch sie n(
Anhaltspunkte für die Eigennamen, z. B. Gespaltenes Hol
(im Bemeroberland) , Piz Fess (im rom. Lugnez). Ind(
zeigen die Bergspitzen bekanntlich oft verschiedene Fonn<
Je nachdem man sie von einer Himmelsgegend in's Ai
fasst, wesshalb man in solchen Fällen zur Benennung imiiKr
diejenige Seite wählen sollte, wo das Hauptthal und die be*
völkertsten Ortschaften liegen. Dies gilt auch von der Be-
nennung nach dem Stande der Sonne. Besser ist ^s aber,
man wählt solche Namen, welche auf alle Seiten der be-
treffenden Bergspitzen passen, und dazu gehören im Allge-
meinen namentlich die petrographischen, geologischen und
botanischen Eigenthümlichkeiten der Bergspitzen; feiner
aulfallende meteorologische Erscheinungen, Schneeweh ten,
Nebelbildungen etc.
In diese Gruppe gehören die bereits bestehenden Na-
men: Plattenhom, Kalkhom, Faulhom, femer Wetteriionu
Windgelle.
Die Orientation wird wesentlich durch solche Namen
erleichtert, welche von den nächstgelegenen Pässen, Alpen,
Ueber Ortsbenennung, \11
<
Vliüeni, Flüssen und Ortechaften entlehnt sind. Ist die
Bergspitze begletschert, so können auch die Gletscher-
hüduDgen bezeichnende Namen bieten. Der hier und da
vorkommende Aosdrack Schild kommt von Schneeschild her,
nndOletscherhörner (P. vadret) haben wir bereits eine ziem-
fiehe Anzahl.
Eine Menge Nansen von Bergspitzen sind bildlich an-
gewandt und einer lebhaften Phantasie entsprungen, z. B. die
■ebönen Namen: Finsteraarhorn, Silberhorn, Monte rosa.
iWeit entfemi;, solche Namen auszuschliessen, würde ich die-
flelben mit in erste Linie stellen und selbst der Sagenwelt
tatritt gestatten.
Dagegen kann ich midi mit der Uebertragung von
Personen-Namen auf Bergspitzen im AUgemeinen nicht be-
funden. Es ist nach meiner Ansicht eine Anmassung
«nserer Generation, Gebirge, die hunderttausende von Jahren
Alter sind als wir und uns um ebenso viele Jahre überleben
werden, mit unserem flüchtigen Leben in unzertrennliche
Verbindung bringen zu wollen. Hüten wir uns vor einer
Manie, wie soldie in der Naturgeschichte und namentlich bei
der Benennung von Pflanzen eingerissen ist. Die Pflanzen-
lamen bilden jetzt eine wahre Musterkarte der verschieden-
sten Personen-Namen aus bald allen bekannten Sprachen,
ohne dass damit der Wissenschaft gedient wäre, wohl aber
wird hierdurch die richtige Aussprache und das Einprägen
derselben in das ohnedem genug geplagte Gedächtniss
möglichst erschwert. Unsere Alpen möchte ich vor
solchem Missbrauch gewahrt wissen. Ausgezeichnete
Schweizer, die sich um das Vaterland Verdienste erworben,
die leben wärmer im Herzen des Volkes fort, zu dessen
Wohlergehen sie beigetragen, als auf den hohen, kalten
Olympen.
478 J. Coa%.
Sehr wüiiBchbar ist es, dass ansser den Bergvpitsen
andi die wichtigeren Gräte, Orateinsenkungen, Sättel etc.
benannt werden, und zwar kann dies anf ähnliche Weise wie
hei den Bergspitzen geschehen. Ansserdem können hier
Anlagerungen von Felstrümmern and erratischem Gestein,
geschichtliche Momente zu passenden Benennungen b«-
hülflich sein.
Die G^tscber endlieh werden am besten nach den Tbale
benannt, in dem sie sich emtwickehi oder aber, wenn e«
kleine Gletscher sind, wdehe die Thalsohle nicht erradien,
nach dem Berge, dem sie anliegen. Nicht unbenannt dtrf«
die wichtigeren Moränen bleiben, wobei man hauptsäehlieh
ihren Ursprung in's Auge fassai sollte.
Es würde mich zu weit f&hren, auch noch die Benennung
der übrigen wichtigeren Oertliehkeiten in den Alpen in diese
Arbeit hereinzuziehen, wie Gebii^vorsprflnge, Hangrücken,
Mulden, Wannen, Kessel, Teller, Rufen, Erdsefalipfe, La-
winenzüge und endlieh die Beneniiimg der Gewässer. Wm
berdts gesagt will mit diesen Zeilen nur ein Ueberblick über
dieses noch neue Gebiet der Ortsbenennung in den Alpea
und einige Ansichten gegeben werden über Behandlung die-
ses Gegenstandes. Grttndficbet^ und allseitigere Stadiei
desselben, namentlich in den so werthvoüen lifonographicB,
werden hoffentlich folgen, wozu die Anregung gesehen n
hab^ ieh mich glücklich sehätzen würde.
V.
Kleinere Mittheilungen.
Flächeninhalt
der
Die folgenden Angaben über den Flächeninhalt der
Bhweizerischen Gletscher, welche in den nachfolgenden
"nblicationen des Alpenclnbs allmählig vervollständigt
erden sollen, sind mit dem Polar -Planimeter so genan
b möglich gemacht. Der Flächeninhalt ist in Quadrat-
llometern mit zwei Decimalen ausgedrückt. Der Ge-
onmt- Flächeninhalt der Gletscher jedes Beckens oder
des Hauptthaies ist dann noch in Schweizer Quadrat-
nnden mit zwei Decimalen angegeben;
^r, A nz'i i = 1 00 Hectares,
sr Quadrat-Kilometer . . •_ 277 R Schweizer Jucharten •
a X. ' ^ A 4. ±, A = 2304 Hectares,
le Schweizer Quadratstunde />./^/v « , . t 1 .
= 6400 Schweizer Jucharten.
Die in den Gletschern eingeschlossenen Felsen sind
it gerechnet,- als zu ihrer Oberfläche gehörig.
Schweizer Alpen-CInb. 31
482
An Kündig.
Wallis. Südliche Alpenkette.
I. Val tfUHez (La Vi^ge).
Glacier au Nord du Mont-Rnan (Alpe
Susanfe)
Dent du Midi«
„ aa-dessos du Lac Vert . . .
„ aa-des8us de Soix
„ aa-des«us de Chatin ....
Total
Total pour le Val d'Illiez .
n. Val de Salanfe (Pissevache).
Glacier Nord -est des Tours -Salli^res .
„ Dent du Midi
Total pour le Val de Salanfe
m Vall6e du Trient (Le Trient).
Eau noire.
Glacier . des Fonds
„ des Bosses
„ col de Taneverge
„ k Test de la Pointe de la Finive
„ montagne Emosson
Total
Le Trient.
„ du Trient
„ au Nord de raiguille du Tour
(montagne des Grands) . . .
„ au Nord du Fontanabran (mon-
tagne d'Emaney)
Total pour la Vall^e du
Trient
«
sD
M
04
0,35
0,46
0,61
1,77
3,30
0,66
0,10
1,12
1,02
8,44
3,86
«
-»
sD
o
a
M
3,86
o
h
0,91
6,20
12,30
0,51
1D
o
•••
M
4,77
2,38
OJ
ii
19,01 oi
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz,
483
17. Bassin de la Dranse (La Dranse).
Tai d'Arpette.
CHaeier an Nord de la Pointe d'Ornj .
Tai de Ferret.
d'Orny ' . . . .
„ de Saleinoz
„ de Planereuse
„ de Truzbuc
„ de Laneuraz
^ ä l'Est du Mont-Dolent . . .
,, des Agroniettes
Total
Tai d'Entremoiit.
„ les Planards au Nord du Mont-
Tillier
„ au Nord de la Pointe de Dronaz
„ de Proz
„ ä rOuest du Petit-V^lan . .
„ du Tzeudet
„ du Vassorey
„ du Sonadon
„ ä Touest du Grand -Combin
(yersant sur le Glacier du Vas-
sorey)
,. a Tonest du Grand -Combin
(montagne du Chalet) . . .
„ ä l'ouest de la Maison Blanche
(montagne Challand) ....
„ de Boveyre
Total
Tal de Bagne.
„ It TEst du Mont-Rogneux . .
„ au Sud de la Pointe d'Azet .
„ ä TEst du Col de l'Ane (Mon-
tagne de Sery)
„ de Corbassi^re
„ les Otanes : .
„ au Nord du Tournelon blanc .
„ de Zessetta
„ du Mont Durand
„ au Sud -est du Mont-Avril. .
Transport
e
1D
o
■.4
2,60
14,74
i,n
0,91
9,05
2,85
1,08
0,25
0,10
1,63
0,61
3,79
4,48
3,61
0,91
0,86
1,88
3,66
1,12
0,61
3,71
24,30
0,71
0,76
7,62
12,30
0,31
51,44
u
1D
1,27
33,20
21,78
o
M
CD
«
« s
O 0
31*
484
j4. Eundig.
Transport
Olaeier de Fenetre
„ de Crßte-Seche
„ d'Otemma
„ de Lyre
,, des Portons
„ de Breney
., an Snd du Col du Mont-ronge
„ de G^troz
„ (mpntage le Cret)
„ an Snd -Est de la Pointe de
Rosa Blanche
„ ä TEst dn Bec des Roxes (Alpe
de la Lonvie)
„ au Nord du Bec dea.Roxes (Alpe
de la Chanx)
Total
Total pour le Bassin de la
Dranse .
T. Tallie de Nendaz (La Prinze).
Olaeier du Mont Fort .......
„ le Grand D^sert
,, 3 petits Glaciers a TEst du Mont-
Metailler '.
Total pour la Vall^e de
Nendaz
VI. Bassin d6 la Borgne.
(La Borgne.)
Yallee d'Heremence.
Olacier 2 petits glaciers an »Nord et ä
rOnest du Mont-M^tailler . .
„ de rAIp
„ de TAlpe d'Allfeves ....
„ de Praz fleuri
„ des Econlaies
„ au Nord de la Salle (Alpe
Liappey)
„ du Lendarey
Transport
51,44
1,78
4,02
26,69
0,25
0,61
15,76
1,32
7,63
0,92
1,53
0,41
0,61
D
1D
M
1D
112,97
0,5
0,51
2,14
3,86
2,24
2,75
12,00
169,22
7,34
2,69
6,81
0,60
10,10
10,10
m
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz. ' 485
Transport
Cflaeier de Durand oa Cheillon . . .
„ de Derbonneyre ......
„ au Nord-Ouest de la Pointe
Vouasson) alpe M^rib^) . . .
Le Yonasson.
„ de Vouasson • . .
Tai de TAroUa.
„ des Aiguilles rouges . . . .
„ des Ignes
„ de Zinareffien
„ de Cijor^nove ......
„ de Pifece
„ de Vuibez
„ de TAroUa
„ des Dents de Bertol et de TAi-
„ guille de la Za
,, au Nord de la Dent de Perroc
Tai d'Herens.
„ au Nord des Petites dents . .
„ "k rOuest de la Dent de Perroc
„ du Mont Min^
„ de Ferp^cle
„ k TEst de la Dent blanche et
du Grand Cornier . . . . .
„ de TAlpe des Ros
„ au Sud de la Zatalana au-dessus
de Sales
Total
Total pour le Bassin de la
Borgne
TIL Beschy-Thal (die Reschj).
Glaeier des Becs de Bosson ....
nn. Tald'AnnivieECLaNavisonce).
Blacier Au Nord du Mont-Moret (Alpe
Orsiyaz)
Tai de Moiry
„ Au Nord de Sasseneyre . . .
„ de Moiry
Total
«
u
•n
a
12,00
10/27
1,47
0,36
4,42
1,98
0,31
2,24
3,25
9,41
13,82
3,37
0,41
0,56
0,66
13,82
11,28
8,74
0,81
0,31
0,95
9,05
ja
24,10
2,49
I.
a
39,21
36,18
0,61
10,00
9,
« 0
101,98
1,22
4,43
0,05
486
A. Kündig.
Tai de Zinal.
Olaeier an Nord de la Pigne de TAll^
„ an Sud de la Pigne de TAll^e
„ de Dnrand on Zinal . . . .
„ 3 petits glaciers an Snd et ä
rOnest dn Besso versant snr le
Glacier dn Zinal
„ de Moming ,...*....
„ dn Weisshom \
„ 3 petits glaciers et nne partie
de celui de Tnrtmann versaut
dans TAlpe Tracnit . . . .
Total
,, a TEst dn signal de Tonnot
an-dessus de Nissoye . . . .
Total pourleVal d*Anniviers
IX. Meretschy-Alp (Ob Agarn).
Bella Tola Gletscher ....
X. Tnrtmann Thal.
Borter Thal Gl
Tnrtmann Gl. ... ......
Pipi Gl
4 kleinere Gl. rom Rothhom bis znm
Zehntenhom
Total
Total für das Tnrtmann Thal . . .
XI. DieTisperthälerCderVispbach).
Das St. Kiklaas nnd Zermatt-Thal.
Gletscher nördlich vom Steinthalhom
(Augstbord Thal)
drei kleinere Gletscher der Jnngthal Alp
zwei kleinere Gl. südlich vom Festihom .
Stetti Gl
Abberg Gl
Boss Gl
Bies Gl
Schmal Gl
Hohlicht Gl
Transport
3
9
1«
O
1<
0,41
0,10
21,96
1,29
9,40
7,38
0,85
23,56
1,02
2,20
0,76
2,14
0,66
1,89
4,49
0,25
6,12
0,25
13,86
30,42
in
|a
|1
3«
41,39
0,66
52,66
1,06
2,»i
0,0»
0,51
26,78
27,29
1,1»
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz.
487
Transport
Trift Gl
2 kleine 61. nördlich der Kalbermatt-Alp
Arben Gl
Hohwäng Gl. . . '
Z'Mutt-Gl. mit Schönbühl Gl. . . .
Stock Gl
Tiefenmatten Gl. . ,
Matterhom Gl
Fnrgen Gl
Ober Theodul Gl
unter Theodul Gl. . .
Klein Matterhom Gl
Breithom Gl
Schwärze Gl. .' . . .
Zwülinge Gl
Grenz Gl
Monte-Rosa Gl
Gomer and Boden Gl . .
l^ndelen Gl
Triftje Gl. ....
Adler GL
Gl. nordöstlich des Ober-Bothhom und
Fluhhom
Längenfluh Gl
Hubel Gl
MeUicheA Gl
Wand Gl
Weingarten Gl
Kien Gl
Festi Gl
Hoberg Gl
Gassenried Gl
Bigerhom Gl
Total
Saas Thal.
Balferin Gl.
Bider Gl. .
Hochbalm Gl.
Fall Gl. . .
Fee Gl. . .
Ritz Gl. . .
Transport
■« , ,
■|D
^^
•H
i4
30,42
7,83
0,61
2,59
3,20
26,94
3,91
8,06
10,55
2,96
5,71
3,37
5,91
5,10
15,09
7,19
23,35
20,39
3,37
2,86
2,50
3,06
4,18.
4,38
3,21
4,64
4,90
3,42
5,35
10,45
0,71
4,85
2,65
3,01
0,61
23,70
0,31
35,13
t4
236,21
fü
D.
m V
0) ■
ö .2
.2 ö
3«
488
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz,
Transport
Kessjen 61
Hochlaub Gl . . .
Allalin Gl
Schwarzenberg Gl
Seewinen Gl
Thälliboden GL . . '
Ofenthal Gl
NoUen Gl
Furgen Gl
Börter Gl
Angstkummenhom Gl
Weissthal Gl
Rothblatt Gl
Roththal Gl
Trift Gl
Fletschhom Gl
Gletscher der Mattwald Alp
Total
Total für die Visperthäler . . . .
^^
M
35,13
0,92
3,62
13,25
10,50
4,08
0,89
1,17
1,12
1,58
0,46
0,71
0,71
5,30
2,30
9,70
6,58
1,22
S
1°
236,21
99,24
335,45
14,56
A, Kündig.
Bündner Mla$. 489
Theobald's Bttndner Atlas.
Mitglieder des Alpenclubs, die sich an der Erforschung
der Selvretta-Gebirge betheiligen wollen, finden reiche Be-
khmng über die geologischen Verhältnisse dieser, als Ex-
enrsionsgebiet fOr das Jahr 1865 bezeichneten Gruppe in
der kürzlich auf Kosten der Eidgenossenschaft heraus-
lekommenen geologischen Beschreibung der Blätter X und
XV des eidgen. Atlasses von Prof. Theobald.
Der Text ist von einer grossen Zahl geologischer Pro-
filzeichnongen begleitet, die beiden Karten sind geologisch
oolorirt.
Dass auch englische Clubisten beginnen, sich in der
Erforschung unserer Alpen höhere Aufgaben zu stellen, be*
leugt eine ausgezeichnete Karte des Montblanc-Gebirges im
40,000*^, welche letzthin in der Bemer Naturhistorischen Ge-
seUscbaft vorgezeigt wurde. Man verdankt sie Herrn Adams
Reilly, der, mit Hülfe eines Theodolits und einiger ihm
mitgetheilten trigonometrisch bestimmter Punkte, den Som-
mer 1 863 zu ihrer Aufnahme verwendet hat Mehrere, be-
sonders die südlichen und westlichen Theile des Gebirges
ind der Hintergrund des Gletschers von Argenti^re, haben
sine wesentlich verbesserte Darstellung erhalten. Es ist zu
wünschen, dass diese Karte, welche einstweilen nur in ein-
lelnen photometrischen Oopien vom Verfasser verschenkt
wird, bald auch durch Lithographie dem grösseren Publi-
enm zugänglich werden möchte. ,
B, Studer.
490 L. Rutimeyer.
Gebirgszeichniuigen.
Seit Jahren hat die Herrlichkeit der Formen, dieEähn-
heit der Umrisse, die Gewalt der Farben, knrz die Verbin-
dung von Grösse nnd Entschiedenheit in den Alpenansidh
ten eine Menge von Dilettanten nnd schüchternen Schfilem
der Kunst veranlasst, an der Darstellung solcher Ansicbtet
ihren Griffel Äu erproben, während sie dies in den fiir nnsöt!
Kunst wohl lehrreicheren und fruchtbareren Gebieten d«t
Htigeh'egionen und der Ebenen nie gewagt hätten ; und w«
Begeisterung für den Gegenstand und treuer Fleiss aaeh
hier zu erzielen vermögen, davon können wohl die groi
handschriftlichen Panoramasammlungen Zeugniss gel
welche sich, oft nur Wenigen bekannt, in den Händen vi
schweizerii^chen Bergbesteiger befinden. Der Alpenclnb
zu allen diesen Schätzen die Schlüssel gefunden und ist
glücklich, in dieser Beziehung ein wahrhaft unerschöpflickei
Material zu seiner Verfügung zu sehen. Abgesehen von d
zahllosen und oft vortrefflichen Albums, die wir fast
jedem schweizerischen Bergliebhaber finden, wäre es ld<
eine ganze Anzahl von Sammlungen namhaft zu machen,
eher den Namen von topographischen Museen verdienen, i
welchen der Fleiss Einzelner es von Versuchen primitiv»
durch Beharrlichkeit sehr oft bis zur Darstellung vonAnsi
ten gebracht hat, die, bei der grössten Bescheidenheit
Hülfsmittel, an Treue der Zeichnung, an Grösse ^
Conception, an Wahrheit des Colorits manchem KflnsM
von Fach eine schwer erreichbare Aufgabe sein dflito»
ohne diesen Letzteren zu nahe zu treten, darf man dies voU
einen Zweig schweizerischer Kunst nennen, der seine Blfldiei
und Früchte im Verborgenen gereift hat, und den ans Licht
zu ziehen eine dankbare Aufgabe des Alpenclubs sein kamk
Gebirgszeichnungen, 491
Allein nicht nur die Kunst^ sondern auch die Wissen-
fiehaft kann aus diesen Hülfskräften Yortheil ziehen , und
wenn wir für die letztere hier Unterstützung suchen möchten,
80 sind wir sicher, dass es nicht ohne Erfolg geschieht.
Auch die Geologie bedarf zur Darstellung ihrer Ergeb-
fttsse genauer Zeichnungen in den Alpen mehr als irgendwo.
Das in diesem Bande gebotene geologische Panorama der
Alpenkette wird dies durch die Uebersichtlichkeit seiner
Eesultate Jedem klar machen. Allein noch wichtiger als
Oberflächen-Ansichten sind ftlr die Geologie Durchschnitte, in^
welchen die innere Structur der Bergketten zur Anschauung
hmimt; und nirgends finden sich solche Durchschnitte bän-
ger von Natur blossgelegt, als in den Alpen, deren Quer-
liäler und Clusen oft den Bau des Gebirgs bis in grosse
Eefe zur Ansicht bringen. Allein der Geolog ist nicht immer
im Stande, seine Aufmerksamkeit gleichzeitig dem Studium
ier einzelnen Schichten und der topographischen Darstellung
im Grossen zuzuwenden ; und genaue Profile durch die Alpen-
ketten würden ihm daher die grössten Dienste leisten kön-
len. Es darf daher wohl die Bitte an die zahlreichen, ge-
Ibten Zeichner im Alpenclub gerichtet werden, diesem Ge-
lenstand auch ihre Kunst zu widmen. Setzt auch ein ge-
tanes Profil Messungen, oder wenigstens Berücksichtigung
ier von unsern Karten nunmehr durchweg gebotenen Längen-
fend Höhen-Dimensionen voraus, so können diese leicht zum
voraus zu Papier gebracht werden, und den Detail erfasst
liann ein geübtes Auge, wie es unsere Panoramazeichner meist
in hohem Maasse besitzen, so richtig auf, dass Correctionen
mit Hülfe der Karte auch nachher leicht möglich sind. Die
Anfgabe bestände demnach darin, auf geeigneten Linien
Rrofile durch das ganze Gebiet der Schweizer- Alpen, von
der schweizerischen bis an die lombardische Ebene zu zeich-
492 L. Rütimeyer.
nen, welche mit zu Grunde gelegten der Karte entnommenen
Längen- und Höhendimensionen , von welchen die letztere
sich zu den ersteren im Verhältniss einfacher Zahlen, 2 : 1 oder
3 : 1 befinden würden, die Contouren der Durchschnitte rich-
tig angeben und auch wo möglich da, wo das Auge sie sieher
erfasst, die Neigung der Felsschichten eintragen würden. Der
Geolog würde an einem solchen Profil einen vortrefflichen
Rahmen haben, in welchen er seine Detailbeobachtungen
eintragen könnte.
Um gleich Anhaltspunkte für solche Thätigkeit zn hft*
ben, machen wir auf den Vorschlag von Herrn Prof. B. Stn-
der vorder Hand folgende Linien namhaft, aufweichen
solche Profile besonders erwünscht wären.
Herisau- Sentis- Sargans- Chur- Piz Err- Julier- Sondrio-
Lago dlseo.
Gislikon- Rigi- Uri-Rothstöck- Sixmadun Pizzo Forno-
Mte. Generöse- Camerlata.
Huttwyl- Napf- Flühli- Brienz- Wetterhom- Oberaarhorn-
Albrun- Baveno- Sesto-Calende.
Vorbild ist ein Durchschnitt durch die Oe8terreiche^
Alpen, welcher 1856 in der Naturforscher-Versammlung ii
Wien vorgezeigt wurde. Er geht von Passau an der Dornt
bis Duino N. von Triest und hat eine Länge von 20 — 30
Fuss. Die Höhen-Skala ist, soviel in Erinnerung, dieselbe
wie die Skala der Horizontalen, was nun in den meisten
geologischen Profilen befolgt wird.
Die Richtung ist senkrecht auf das Hanptstreicheo der
Alpen zu wählen, im Einzelnen kann man sich indess, im
Interesse der Klarheit oder des Pittoresken, Abweichungen
erlauben. Der Beobachter denkt sich im Westen des Durch-
schnittes und folgt demselben von Nord nach Süd beständig
Notice sur le massif des Diablerets, 493
nach Ost sehend, mit möglichster Vermeidung perspectivi-
^her Verkürzungen und üeberdeckungen. Die Zeichnung
hätte nur, wie die gewöhnlichen Panoramen-Zeichnungen, die
ilQSseren Formen und das Landschaftliche wiederzugeben,
■ttdam vorausgesetzt wird, dass später ein Geologe, mit der
JEeichnung in der Hand, dieselbe Reiseroute durchgehen
frerde.'
t Würde der Alpenclub in dieser Weise der schweizeri-
schen geologischen Commission sich der Art zur Verfttgung
stellen, dass er sich anheischig machte, Aufgaben, welche
die letztere stellen würde, nach .Kräften zu lösen, so glauben
wir, dass der erstere durch Erfüllung dieses Theiles des Pro-
^rammes, das er sich bei Sjßiner Entstehung gesetzt, Unter-
«ttttzung der Wissenschaft, nicht nur Dank, sondern auch
.dgene werthvolle Belehrung und Befriedigung finden würde.
//. Rütimeyer.
Notiee sur le massif des Diablerets.
Le massif des Diablerets, vu depuis les päturages d'En-
zeindaz et le col de Cheville, se präsente sous un aspect ex-
tr^mement sauvage et desol^ ; ses couches calcaires et schis-
teuses, tordues, tourment^es et repli^es sur elles-m^mes ren-
ferment une gtande quantit^ de p^trifications et ofirent aux
g^ologues un sujet d'etudes des plus int^ressants. Le botaniste
anssi y trouve quelques plantes rares. Depuis le Col de^
Cheville on voit encore les traces des terribles ^boulements
qui en 1714 (Juin) et en 1749 couvrirent pres de 50 cha-
letB, 15 patres et une centaine de pi^ces de betail et form^-
rent le lac de Derborence.
494 G. A. Koella,
La legende fait passer ce massif pour le s^jonr des e»
prits infernaux, de lä son nom des Diablerets. Chose carir
euse, iL est rare que le sommet ne soit ceint d'un cercle de
brouillards ou de nuages pendant le jour. 11 est pradent d'ei
faire rascension de bon matin. Deux membres de la seetioi
Vaudoise du S. A. C. ont fait Tan pass^ une excursion fsä
les Diablerets en compagnie d'un clnbiste Anglais, Mr. Browi^
Docteur en Theologie. Voici le compte rendu de cetta
course, consign^ dans nos archives.
i
Conrse de Section.
Par suite de diverses circoAStances deux membres sede-
ment ont participd a cette course. Messieurs P. Cer^ow
Doct. m^d. et Bugnion ^tud., accompagn^s du gnide Flj
Marletaz ain^, des Plans sur Frenieres, ont fait le six AoftI
1864, Fascension de la pointe sup^rieure des Diablerets, a
partant d'Enzeindaz. Ils y ont plante une perche d'une quii-
zaine de pieds, surmont^ß d'une girouette en fer blanc. Aprei
avoir traverse le glacier Sansfleuron, ils sont descendv
sur le col Sanetsch, d'oü ils comptaient faire le lendenuii
Fascension de FArbelhorn et du Wildhom, ce que le man-
vais temps a empßch^. Je comptais bien me joindre k ee»
deux membres pour explorer ä fond le massif au point de
vue de Facc^s et pour en dessiner les diff^rentes faces. Xei
ai €i€ emp^chg par une Indisposition, mais j'esp^re ponroir
ex^cuter mes projets cette ann^e-ci et r^ussir ä rendre ^l^
ces du demier contrefort plus abordable, ou k trouver m
autre passage, afin que les membres savants de notre sectioa
pnissent ä leur tour y monter facilement au profit de la sciencf^
Les deux membres pr^cit^s de notre section, excuisio"
nistes enthousiast^s d^s Diablerets,, ont construit im hotd
Notice sur le massif des Diabier eis. 495
nagnifique et des plus confortable, hötel des grands Ga-
lons, aa pied du contrefort, en dessoas des roches polies
et tordues qui bordent la grande gorge. Cet hötel consiste en
Äeux murs en pierres adosses contre la paroi du rocher, en
m peu d'herbe, s^che ou humide se}on le temps. Messieurs
^ touristes sont pri^s d'apporter avec eux le toit, les cou-
iertures, les oreillers et les vivres; ils y passeront une ntiit
usez agreable en battant Is^ semelle toutes les demi-heüres
jngqu'au moment du d^part.
Plaisanterie ä part, eette Station offre Tavantage r^el
de n'avoir ä grimper que pendant 2 ^/g heures au plus pour
atteindre la ctme.
Le dessin qui accompagne ces notices, a ^t^ copi^ d'a-
f res une Photographie prise sur les lieux par Mr. Martens et
Hr. Heer, photographe ä Lausanne. C'est Mr. Renevier qui a
i«u l'obligeance de me la preter. Le dessin, de m^me que la
iphotographie, a le d^faut de ne pas rendre assez forte Tincli-
naison du premier plan.
La premiere ascension des Diablerets depuis les chalets
d'Enzeindaz a ete faite en 1856 par Monsieur Eugene Ram-
bert professeur, Charles Bertholet forestier et moi, accom-
pagn^s par les deux Ph. Marl^taz, Guides des Plans.
(Oncle et neveu).
La veille, nous ayions explore attentivement la direc-
tion ä suivre pour y pärvenir. Nötre itin^raire, trac^ d'a-
vaiice, ftt sufvi assez fid^lement, et nous atteignimes ndtre
but en SVa heures, une petite halte sur le col y comprise.
Depuis lors, nous avons r^p^t^ eette exeursion plusieurs
ann^es de suite, en la compl^tant par la travers^e du glacier
Sansüeuron, nous dirigeant d'abord contre la Becca d'Audon
et ensuite vers le Sanetschpass.
Quoique Tascension soit continuellement roide, eile
496 G. A, Koella, I
n'ofFre ancun danger rdel. C'est pour un grimpeur des Alpes,
nne des excnrsions les plns courtes et les plus interessante»
qii'on puisse entreprendre ponr atteindre ä an sommet anssii
€\ev€, ün seul endroit (peu distant de la pointe) design^
sur le dessin par le pas du lustre, n'est pas d'un acce«j
i
tr^s-commode ; c'est une paroi presque verticale, d*enviroa
5 ä 6 m^tres de hauteur, oü il y a de quoi poser une partie
du pied et s'accrocher des doigts. Une fois ce passage fnin-
chi, une röute royale, pavde de d^bris de rochers de tonte
taille, conduit en 10 minutes sur la pointe, qu'on aper^oit
d'Enzeindaz; de lä 5 minutes sufiisent pour atteindre la \kr
ritable cime, formc^e par une ^troite arete du glacier.
Le nom de pas du lustre a une origine assez plaisante»
A une des excursions faites k la fin de F^t^ 1857, par üd*
froide matin^e, le terrain ^tant givr6 et les roches glissantes»
Monsieur M***botaniste distingue, dut se faire descendre
au retour par le moyen d'une corde.
Pendant cette Operation, Monsieur M*** s'^loigna de
la paroi en poussant du pied, ce qui imprima ä la corde un mou-
vement de rotation et le fit toumer lui m^me comme un lustre.
La vue dont on jouit de la clme des Diablerets est
Sans contredit aussi attrayante et grandiose que Celles qn'of-
frent la plupart des sommets des Alpes bemoises, valaisannes'
ou grisonnes et mdriterait certainement la visite de nos grim-
peurs de la Suisse AUemande. Le premier plan, fonn^ par
un grandplateaudeglace^blouissantde blancheur, donneKilla-
siond'une^levationbien plus grande qu'ellene Test r^ellement
L'admirable bassin du lac L^man d^ploie presqu'enen-
tier ses eaux pures et profondes; la douce ligne du Jura et
la plaine qui s'^tend ä sa base repose les regards eblonis
par la vue des gi^ants et des fieuves de glace de la chaüie
Pennine.
Jungfraubesteigungen, 497
LeMont blanc, le Velan et surtout le Grand Combin
3e montrent sous leur aspect le plus imposant. La plaine du
Rhone, la riante vall^e des Ormonts, leg Alpes de Savoie, la
dent du Midi et enfin la chafne du Grand Moeveran, forment
one richesse d'ensemble et de d^tails qui laisseront au tou-
riete un Souvenir ineffagable.
G, A, Koella,
Letztjährige Jongfranbesteigiiiigeii.
Jede grössere Bergfahrt, auch solche nach bereits
mehrfach erstiegenen und bekannten Gipfeln bringt neue
Anschauungen und Ergänzungen, und es ist eine natürliche
Erscheinung, dass mit der Zahl der Ersteigungen die Be-
perde, an die bisher gefürchtetsten Gipfel sich zu wagen in
geometrischer Progression wächst. Voriges Jahr wurde uns
Sie Kunde der kflhnen Bezwingung des Silberhoms, und
Ings stürmt 1864 ein Olubist nach dem andern den hehren
Kinnen der Jungfrau entgegen, um der vor Allen ausgezeich-
neten" Königin der Bemer- Alpen ihren Tribut staunender
Buldigung darzubringen. Zuerst im Jahre 1864 erstieg
äerr Raillard von Basel den 28. Juli diesen maje-
rtätischen Hochgipfel, auf ihn folgte den 6. August ein jun-
ger Engländer, 2 Tage später schwelgte Herr Lindt von
fem auf dieser Hoch warte im Genuss einer unvergleichlichen
bssicht. Den 9. fahrten 3 Engländer, an ihrer Spitze eine
1er Koryphäen des englischen Alpen-Clubs, Hr. L. Stephens,
)egleitet von den Hm. Macdonald und Grove mit den Füh-
•em M. und J. Anderegg und J. Bischof die Gewalt -Tour
Schweizer Älpeo-Club. 32
498 /?. Lindt,
von Lauterbrunnen über das Roththal und die Jungfrau-
Spitze nach Aeggischhom Hotel aus, und endlich am 10. Au-
gust lief Hr. Jacot von Neuenburg Gefahr, sich auf dem
von Nebel und Kälte starrenden Eisberge die Glieder m
erfrieren.
Es erzeigen diese Excursionen merkwürdige Abwei-|
chungen von den im letzten Jahrbuch angeführten, früheren
Besteigungen entnommenen Angaben. Theils die genauer6|
Kenntniss dieser hinter Schnee und Felsmauern versteckte»
Gegend, theils die ausnahmsweise günstige Fimlage gestylt-
teten, die diesjährigen Reisen in viel kürzerer Zeit zuräckziK
legen. Nicht minder treflFen wir aber auch selbst in der Zwi-|
schenzeit von nur ungefähr 1 4 Tagen bedeutende Differenzen
aus denen man entnehmen kann, wie gross die Abstafungei
der Schwierigkeiten, welche den BerggäHger in diesen Rc
gionen erwarten, beinahe von einem Tag zum andern siek
gestalten können.
Deiner, liebliches Bivouac am zerrisseiTen Faulberg iu4
der wohlwollenden Fürsorge Herrn Welligs sei zuerst la
dankbarer Erinnerung gedacht! Unter den überhängendei
Felsen aneinander geschmiegt, schirmt uns die steinen!
Wand vor dem rauhen Gletscherwind, die mono'tone Musik
von Stein zu Stein träufelnden Schneewassers lullt uns baU
zu erquickendem Schlummer ein. Kurz ist die Ruhe; seh«
regt sich der keinen Schlafs bedürftige Rytz und facht voi
neuem das Feuer zu unsern Füssen an. Mitternächtlicher
Geisterspuk scheint da oben sein Wesen zu treiben. Zu»
geheimnissvollen Werke werden Zaubertränke gebraut lai
von vermummten Gestalten mit grosser Andacht eingenom*
men, und bereits Nachts um ein Uhr wird die Denken und
Sinnen erfüllende Reise angetreten. Temperatur der Luft
den 8. August um 1 Uhr Nachts + 8^ C.
lieber Ortsbenennung,
469
hflilend haben ihre Namen entweder
von den Bergen, denen sie anliegen,
häufiger von den nahen Alpen oder
den Thälem, in deren Hintergrund
sie sich bilden und durch deren Rich-
tung ihr Zug bestimmt wird.
Statt dem Ausdinick Gletscher
trifft man, besonders häufig im Ber-
ner Oberland das Wort Firn; in der
Tödikette den Bündnerbergfim. Mit
dieser Bezeichnung will aber nicht
gesagt sein, dass der betreffende
Gletscher nur ans Fimeis bestehe,
ebensowenig als unter Gletscher nur
Gletschereis verslanden wird.
Nachdem wir so einen, wenn
Kueh nur flüchtigen Blick über die
Benennung der Bergspitzen, Kämme,
Sräte, Sättel und Gletscher der
Schweizeralpen geworfen, fragt es
deh, welche Namen den zahlreichen
ioch nicht benannten, aber benen-
lienswerthen Oertlichkeiten gegeben
rerden sollen, und wie der Schweizer-
Upenclub diesen, ganz in seinen
ITirkungskreis gehörenden Gegen-
tttid zu behandeln habe, um Sinn
nd Ordnung in die Ortsbenennung
n bringen.
Zwar hat die Natur unserer Al-
ien nichts mit den ihnen vom Men-
ehen früher oder später gegebenen
Im
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z5i^'
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KV,
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500 R' Lindt
streckt den Athemwerkzeugen einige Erholung zu gönnen.
In massiger Steigung führt uns der Weg einer jähen mit eim^
gen Schrunden durchzogenen Fimwand entlang gegen den
Roththalsattel. Die Passage ist nicht ganz unbedenklich
denn drohend hängen mit prächtigen Eiszapfen befransll
Schneewächten über dem steilen Gehänge, und es ist dl
grosser Vortheil, wenn die Sonne noch nicht erwärmend!
Kraft ausübt. Zur Rechten liegt in abschüssiger Tiefe dd
Jungfraukessel.
Wie gewaltig überraschend gähnt dann plötzlich auf d
Kamm der finstere Abgrund des Roththals dem Blicke e:
gegen, welch' köstlicher Ein- und üeberblick eröffnet si
zaubergleich in den Hintergrund des Lauterbrunnen
und in die Gletschermulde zwischen Blümlis Alp und d
Hauptkette. Je nach Firn und Wetterbeschaffenheit mag
Roththalsattel von jenem Plateau aus in 1 Va — 2 Stun
erreicht werden. Und nun noch eine herzhafte Stäri
mit Kirschgeist!
Zum letzten Sturme setzen die Eispickel ein. Ach!
geht ja ganz federleicht, wo bleibt das gefiirchtete Eis?
leichter Mühe werden die prächtigsten Stufen zur Siehe
der Füsse an dem berüchtigten steilen Hange ausgehöl
und statt in 3 Stunden, wie es früher meist der Fall war, i
die Spitze von Hm. R. in 1. 20, von Hrn. L. in einer W
nen Stunde und von den Engländern, welche die Tritte ihrer
letzten Vorgänger benutzen konnten, sogar in Vi Stunde«
erstiegen. Wer hätte früher sich es träumen lassen, da«
ein menschlicher Fuss schon vor 9 Uhr Morgens die schnei-
dige Spitze betreten werde? Glücklich der Sterbliche, den
es vergönnt ist, in einer klaren warmen Morgenbelenchtnn?
das wunderbare vor ihm entrollte Gemälde zu .bewundeiv.
Mit einem Blick überschaut er das zu Füssen ausgebreiteie
Jungfraubesteigungen. 501
«ut allen Reizen der Natur geschmückte Oberland wie in
Yogelperspective. Ei! wie blickt es so freundlich herauf von
den bekannten Lieblingsstätten der Menschen. Grüsse
ipendet er nach Murren^ dem Niiesen, Schynigen Platte-
ind Faulhom, deren gastliche Mauern sich deutlich vom
jßrün oder grauen Fels abhieben, gerade aus im tiefen Haupt-
ibal glänzen die stattlichen Gebäude des Höhewegs. Die
nassiven alten Schlösser des Thuner See-Ufers zeichnen sich
feharf neben dem matten graulichen Wasserspiegel, lieber
|er einförmig grauen Linie des Jura erkannte Hr. Thioly
^h deutlich die Vogesen. Mit lebhaftem Interesse wird
p&ek die Distanz zum Silberhom^ gemessen und die schauer-
lichen Abstürze hinunter in den zwischen inne liegenden Hoch-
ipi so weit thunlich geprüft. Wahrlich eine harte und wohl
gefährliche Arbeit, auf dieser nördlichen Seite vorzudringen.
Vorsichtig dreht man sich auf der schwindligen Spitze,
man achtet nicht auf die starrer werdenden Glieder, freude-
tranken wendet sich das Auge nach den riesigen Gipfeln
ies umliegenden Gletscherreviers und der südlicheren Wal-
Jiser und Savoier Ketten. Ins Unendliche schweift das
Ange, in ungeahnten Weiten dringt dasselbe über Heere von
Bergesgipfeln bis zum Apennin und in mehrerer frem*
der Völker Gebiete.
Nach 15 bis 20 Minuten Aufenthalt bringen der scharfe
ülles durchschauernde Nordwind und die unsichere Stellung
auch den grössten Schwärmer zur Erkenntniss, dass.hier
«eines Bleibens nicht sei. Nur auf kurze Augenblicke ver-
mag da oben der Mensch die unbändige Natur zu bezwinge;
den Stössen der kalten Winde, welche Hr. R. nöthigten sich
«nf ein Knie niederzulassen, und einer beissenden Kälte
Yon — 3,5 C. um 9 Uhr des 8. August lässt sich auf die
Dauer nicht Trotz bieten. Daher rasch in umgekehrter
502 R. Lindt.
Ordnung abmarschiert. Wem die gütige Natur nicht lan^
und solide Beine bescheert, der wird es vorziehen, mit dem
Gesicht gegen den Berg niederzusteigen. Hr. R. freilich
stieg zuversichtlich in gewohnter Weise beigab. TreflFliche
Dienste an solchen steilen gefrorenen Hängen leisten mit
Hacken versehene, nicht zu lange Bergstöcke sowohl im
Auf- als Hinabsteigen, da sie viel mehr Sicherheit und üi-
terstützung gewähren als der einfache Bergstock, der im
Eise schwer solid eingetrieben werden kann. Diese vom
zugespitzten Hacken können etwa IV2 — 2 Zoll breit nii
bis 4" lang, auf dem Rücken gewölbt und leicht gebog«
sein, vor allem müssen sie vollkommen zuverlässig u|
Stocke befestigt und stark genug verfertigt werden, dtfl|
ein Mann sich ganz darauf verlassen kann. Ein solches Ii^
strument ist natürlich für die eigentliche Arbeit des Tritti
Hauens nicht genügend, zur Nachhülfe sind sie sehr zweck-
mässig und viel leichter und bequemer als die schwerav
starken von den Engländern adoptirten Eispickel, welch»
sich vorzüglich für die Führer eignen. Ein zweites auf gii^
tem Boden nicht zu verachtendes Instrument sind leichte
Fusseisen besonders auf Touren, welche, wie bei einer Jung-
fraubesteigung, selten über Fels führen.
In einer halben Stunde steht man wieder auf dem Sat-
tel und beeilt sich, noch bei Zeiten die bereits weicher w»*
denden obersten Gehänge in Rücken zu bekommen. Auch
hier wieder bedeutender Unterschied zwischen der Eretti-
gung vom 28. Juli und der vom 8. August, wo die Rutsch-
partien einiger geöffneter Schrtlnde wegen nicht mehr ge-
wagt werden durften, und wie versanken wir erst Inder
glühenden Mulde zwischen der Grünhorn und Lötschei
Lücke! Trotzdem differiren die beiderseitigen Marschiei-
ten nicht sehr bedeutend, Hr. R. verwandte ISStnnden 25 Mi-
Jungfraubesteigungen. 503
* nuten, L. 14. 30'. Um 6 Uhr Abendskann man füglich, d. h.
bei ausdanerndem Marsch wieder in Aeggischhorn- Hotel
einrücken.
Im Sommer 1862 den 19. Juli hatte Hr. Thioly von
^Genf eine von allen bisherigen abweichende kühne Erstei-
►g:ung unserer Bergkönigin glücklich ausgeführt. Durch ei-
nen breiten ohne Leiter nicht passirbaren Schrund vom
^oththalsattel abgeschnitten, unternahm derselbe mit den
rFührern A. Valter und J. Minig mitten an dem furchtbar
f«teilen südlichen Absturz der Jungfrau emporzuklimmen.
rt200— 1300 Stufen wurden von 7 Uhr Morgens bis 2 Uhr
^Nachmittags an einer Eiswand von 70 — 80*^ gehauen. Ein
^Versuch, über eine Felsklippe zu klettern, musste w^gen des
gefährlichen Glatteises aufgegeben werden. Wiederholt er-
Wärten die Führer ein weiteres Vordringen für unmöglich,
0charfe WindstÖsse Hessen sie das Schlimmste befürchten,
^etzt brach der Eispickel, der nun durch ein kleines Hand-
teil ersetzt wurde. Gegenüber diesen Hindernissen und
dem Schrecken eines hinter ihnen hinunter donnernden Eis-
bruchs hatte sich eine solche Bergwuth des Reisenden be-
mächtigt, dass er allein vordrang und durch seine Entschlos-
senheit auch die Führer zur Fortsetzung der mühseligen
tmd gefährlichen Arbeit anspornte. Um 2 Uhr war die
schmale Firnschneide nahe der obersten Spitze endlich ge-
wonnen. Des heftigen Sturmes wegen musste dieser ritt-
lings zugerutscht werden, um in raschem Fluge das ungeheure
Panorama vollständig gemessen zu können.
Den unbeschreiblichen Empfindungen, von Freude und
Grauen gemischt, machten die Führer ein baldiges Ende,
welche des entschiedensten zur Rückkehr mahnten. In l^/a
Stunden wurde diese glücklich bis zum Fusse bewerkstelligt
nnd bei beginnender Abenddämmerung am Faulberg ange-
504 R. Lindt
langt. Hier hatte aber bereits Hr. Professor Tyndall sein Quar-
tier aufgeschlagen , dessen Träger auf dem Hermarsch in dne
Gletscherspalte gestürzt und nur mit gi-osser Anstrengung
und nach langer Arbeit durch den trefflichen Bennen geret-
tet worden war. Unter solchen Umständen wurde bei ein-
brechender Nacht der Marsch den Aletsch-Gletscher hinun->
ier angetreten. Nach endlosem Hin- und Herirren konnt&i
um 1 1 Uhr der Rand des Gletschers nahe, beim Märjelen-.
See erreicht werden, wo alle drei Mann durch die grosse»
Tagesmühen erschöpft sich auf die feuchte Erde warfen. DiJ
Ruhe wurde aber plötzlich gestört durch einen starke^
Krampfanfall, der einen der Führer in Folge der Stra-
pazen des Tages und der schneidenden Kälte der Nacht b(h
fiel, und dem sie nicht anders zu begegnen wussten, als iD-^
dem sie sich wieder in Bewegung setzten. Die Kur schlug
gut an und in aller Finsterniss wurde um den Märjelen-Sec
herumgetappt. Leichter ging es dann bei Mondensclieia |
dem Aeggischhom- Hotel zu, wo endlich um 4 Uhr Morgens
angeklopft wurde.
Die etwas unklare Beschreibung der zweiten Jungfran-
Ersteigung durch Hrn. R. Meyer lässt keinen positiTen
Schluss zu, ob, wie einige Stellen vermuthen lassen, die voo
Hm. Thioly eingeschlagene Richtung mit jener theilwei«
übereinstimme oder nicht, wahrscheinlich ist es indess, das«
Hr. Thioly sich zwischen dem Wege des Hm. R. Meyer md
dem von den Hrn. Agassiz und Studer eingeschlagenen ge
halten und dass vor ihm Niemand den gleichen Gang ve^
sucht hat. Unzweifelhaft ist diese Ersteigung als eine der
mühseligsteil und kühnsten zu betrachten.
Einer von Hm. Raillard entworfenen Tabelle entneh-
men wir folgende Distanzen- Angaben :
Ueber Ortsbetrenrtung.
475 *
Wallenitock von WoireDBcl
iie AitBdracke Spitze (franz. Pointe, ital. Panta, Cima, rom.
Pii Eor Anweadnng komm^.
'
476 J- Coas.
Der Ausdruck Berg fasst die gesammte Masse einer
Gebirgserhebung von der Ebene oder der Thalsohle bit
zu deren Gräten und Spitzen in sich und eignet sidi
daher nicht zur generellen Bezeichnung der höchsten Spitze
allein.
Bei der Wahl der Eigennamen der Bergspitzen mflsses
Wiederholungen, die so leicht irre fuhren, besonders in der-
selben Gegend, vermieden und desshalb die Bezeichnung
nach Farbe, z.B. Schwarzhorn, Weisshom, deren wir ohne-
dem bereits eine grosse Anzahl besitzen, nur mit Vorsicht
gebraucht werden.
Die Form der Bergspitzen ist zwar schon beim gene-
rellen Namen benutzt worden, doch bietet auch sie noch
Anhaltspunkte für die Eigennamen, z. B. Gespaltenes Hon
(im Bemeroberland) , Piz Fess (im rom. Lugnez). Indess
zeigen die Berggpitzen bekanntlich oft verschiedene Formai,
Je nachdem man sie von einer Himmelsgegend in's Auge
fasst, wesshalb man in solcheii Fällen zur Benennung immer
diejenige Seite wählen sollte, wo das Hauptthal and die be*
völkertsten Ortschaften liegen. Dies gilt auch von der Be-
nennung nach dem Stande der Sonne. Besser ist ^s aber.,
man wählt solche Namen, welche auf alle Seiten der be-
treffenden Bergspitzen passen, und dazu gehören im Allge-
meinen namentlich die petrographischen, geologischen nnd
botanischen Eigenthümlichkeiten der Bergspitzen; femer
aulfallende meteorologische Erscheinungen, Schneeweb ten,
Nebelbildungen etc.
In diese Gruppe gehören die bereits bestehenden Na-
men: Plattenhom, Kalkhom, Faulhom, femer Wetterbom«
Windgelle.
Die Orientation wird wesentlich durch solche Namen
erleichtert, welche von den nächstgelegenen Pässen, Alpen,
Ueber Ortsbenennung, 477
Thäkrn, Flüssen und Ortschaften entlehnt sind. Ist die
Bergspitze begletschert, so können auch die Gletscfaer-
bildungen bezeichnende Namen bieten. Der hier und da
Yorkommende Aasdruck Schild kommt von Sehn'eeschild her,
und Gletseherhömer (P. vadret) haben wir bereits eine ziem-
liche Anzahl.
Eine Menge Namen von Bergspitzen sind bildlich an-
gewandt und einer lebhaften Phantasie entsprungen, z. B. die
schönen Namen: Finsteraarhom, 8ilberhorn, Monte rosa.
Weit entfernt solche Namen auszuschliessen, würde ich die-
selben mit in erste Linie stellen und selbst der Sagenwelt
Zutritt gestatten.
Dagegen kann ich mi(^ mit der Uebertragung von
Personen-Namen auf Bergspitzen im Allgemeinen nicht be-
freunden. Es ist nach meiner Ansidit eine Anmassung
unserer Generation, Gebirge, die hunderttausende von Jahren
älter sind als wir und uns um ebenso viele Jahre überleben
werden, mit unserem flüchtigen Leben in unzertrennliche
Verbindung bringen zu wollen. Hüten wir uns vor einer
Manie, wie solche in der Naturgeschichte und namentlich bei
der Benennung von Pflanzen eingerissen ist. Die Pflanzen-
namen bilden jetzt eine wahre Musterkarte der verschieden-
sten Personen-Namen aus bald allen bekannten Sprachen,
erihne dass damit der Wissenschaft gedient wäre, wohl aber
wird hierdurch die richtige Aussprache und das Einprägen
derselben in das ohnedem genug geplagte Gedächtniss
möglichst erschwert. Unsere Alpen möchte ich vor
solchem Missbrauch gewahrt wissen. Ausgezeichnete
Schweizer, die sich um das Vaterland Verdienste erworben,
die leben wärmer im Herzen des Volkes fort, zu dessen
Wohlergehen sie beigetragen, als auf den hohen, kalten
Olympen.
508 A. Bytz.
Willst du die Besteig;ung unternehmen, so brauchst dt
nicht zu fürchten, die Nacht auf einem Gletscher zuzubringei^
da dir das Wirthshaus beim Schwarrenbach gastliches Ob-
dach gewährt Aber Morgens früh, etwa um 4 Uhr, musst
du aufbrechen, und gehst, natürlich nicht ohne Führer, zit
rück bis da, wo der Weg sich gegen die Spittelmatte senk^
und wendest dich nun rechts durch die Felstrümmer des
Rinderhonis dem Sagigletscher zu, verfolgst diesen und e^
klimmst den Sagigrat, der Rinderhom und Balmhorn yec«
bindet. Schon hier zeigt sich dir der grösste Theil der
Walliseralpen. Nun geht'i^ alles dem Grat entlang geget
das Balmhorn zu, allmählig aufsteigend, und in 4 — 5 Ston^
den (vom Schwarrenbach aus) ist das Ziel erreicht Hi
und da müssen Tritte gehackt werden, sonst sind keine be-
sondere Schwierigkeiten zu überwinden. Versteht sich, eil
Schwindler darfst du aber nicht sein, sonst bleibe bei den
andern Schwindlern drunten in der Tiefe.
Das Panorama, das sich dir hier oben darbietet, sucht
sicher seines Gleichen. Die Bemeralpen erblickt man ii
ungewohnter Weise von Südost; namentlich grandios bieten
Blümlis-Alp und Doldenhorn ihre finstern südlichen Felsnb-
stürze dem Beschauer zu, Jungfrau, Eiger und Wetterhort
gipfeln in schlanken Spitzen aus. Die Walliseralpen kannst
du kaum irgendwo schöner sehen, da du mitten vor ihrer
gewaltigen Front stehst. Gegen Osten zeigen sieh dir
darüber hinaus einzelne Tessiner, weiter die Bemina- und
Veltliner-Gruppe und über diese erhebt deutlich der Orteies
sein Haupt Gegen Norden liegt das Dorf- und Stadtbe-
säete, wohlangebaute und bewaldete Land ausgebreitet, mit
seinen Seen, vom Jura umsäumt, über den hinaus du die
Vogesen und den Schwarzwald noch gut erkennen kannst
— Doch lässt sich solch ein Gemälde nicht mit karzen
V.
Kleinere Mittheilnngen.
510 Hauser.
anlasste, ihm auf die Nacht eine Tasse Milch zur Verfagimgi
zu stellen. Zwischen 1 1 und 12 Uhr gab er seine ünruhft^
durch lange anhaltendes Pfeifen kund, ohne dass er von deri
ihm dargebotenen Nahrung Gebrauch machte; wahrscheiih,
lieh bedeutete jenes Pfeifen die Vorhersage des am Morgen
des 1. März fallenden Schnees. Von da an versank deri
junge Dithmar wieder in festen Schlaf; infolge der durckj
Föhnsturm vom 5. — 7. eingetretenen Wärme regte er sicfc
wieder und von da an machte er sich in kurzem Intervallai
bemerkbar und genoss auch von Zeit zu Zeit die ihm vorg««(
setzte Nahrung, so dass der eigentliche Winterschlaf als mk
dem Eintritte jener erhöhten Temperatur gebrochen ange»
sehen werden kann.
Der 26. März war ein bedeutungsvoller Gedächtnißstaf
für den „Munk". An diesem Tage nämlich erschien seil
Bezwinger, der junge Rud. Eimer, der ihn am 10. Aug. v.J.
aus seiner elterlichen Wohnung in Val Rusein, . nicht ohne
blutige Merkmale seines Widerstandes, entführt hatte. Die*
sen Anlass benützte ich, um den Gefangenen einer ünto^
suchung zu unterstellen. Ich hatte mir vorgestellt, derselbe
könnte möglicherwsise infolge des Winterschlafes von seinei
demselben vorangegangenen Wildheit etwas nachgelaasei
haben, aber dem war nicht so, sondern nach der Re8a^
rection gebährdete er sich womöglich noch scheuer und un-
bändiger als im yerwichenen Herbste; nur mit grösster
Mühe und Gewaltanwendung brachten wir ihn niit heiler
Haut ans Tageslicht. Dagegen fand ich mich nicht g^
täuscht in der Annahme, dass das Thierchen sein während
Sommer und Herbst gesammeltes Fett durch den Winter-
schlaf eingebüsst haben werde ; es hatte sich fast zur Un-
kenntlichkeit verwandelt, erschien um die Hälfte kleiner mnl
war beim Betasten nichts als Haut und Bein. Ich meine^
Zur Physiologie des Murmelthiers, 51 J
Bttts halte den Bericht eines Bündner Jägers in Fr. v. Tschu-
iPs Thierleben der Alpenwelt, dass er im April ein aus dem
Winterschlaf erwachtes Murmelthier geschossen habe, das
Bo fett war als im Herbste, aus scientifischen und empy-
aschen Gründen für unrichtig. — Bei diesem Anlass hatte
tt>r]gen8 auch Gelegenheit, die merkwürdige Muskelkraft
fieser Thierchen zu erproben; ich hatte es bei den hinteren
Laufen und hielt es in die Höhe, eine Weile verhielt es sich
mhig, dann aber drehte es sich plötzlich, reckte den Kopf
und setzte sein Gebiss in Bereitschaft meine Finger zu
lacken, als ich noch rechtzeitig die Gefahr gewahrte und
üorch den Rückzug der Hand den Feind entwaffuete.
Mit diesem Tage begann der „Munk" wieder seine ge-
tohnte Lebensweise und animalischen Functionen, sein
ganzes Wesen bewegte sich aber in gesteigerter Wildheit;
hst keine Nacht verging, ohne dass er Beschädigungen an-
richtete, Thüren zernagte, Mörtel von den Mauern wegriss
B. s. w. Zur Strafe dafür sperrte ich ihn eine Nacht ein;
mfolge dessen verhielt er sich etwa 8 Tage ganz ruhig, dann
ging der Tanz wieder los, dass ich mitten in der Nacht ge-
oöthigt war aufzustehen und den Störefried mit einigen
Sehlägen zu züchtigen. Diess geschah in der Nacht vom
24. — 25. April. Von da an verhielt er sich wieder etwa
8 Tage ruhig, liess sich sogar bei Tage nun nicht mehr
blicken, während er ehedem immer noch von Zeit zu Zeit ,
aus dein Versteck hervorgekommen war. Jetzt erreichte
die Scheue und Wildheit des Thierchens den höchsten Grad.
In den ersten Tagen des Mai begann der nächtliche Spuk
von Neuem und setzte sich aller Züchtigungen ungeachtet
regelmässig fort; sobald er merkte, dass alle Hausbewohner
im Schlafe seien, begann er seine wilde Jagd, nagte und
polterte an Thüren, Tischen, Bänken und Geräthschaften,
^
5 1 2 Hauser,
drohte Ziegelwände und Manern zn durchbrechen und rieb-
tele jede Nacht immer grössere Beschädigungen an. Dt
Freiheits- und Leibesstrafen nicht den mindesten Erfolg
mehr hatten, wurde das Todesurtheil über ihn ausgesprochen,
und, sodann am 11. Mai Vormittags 9 Uhr an ihm vollzogen*
Der Jäger Büchsenschmied Casp. Blumer von Glams macht»
den Executor: er erfasste mit der linken Hand den Delin-
quenten am Nacken und versetzte ihm mit der Recht
durch ein eisernes Stäbchen den tödtenden Streich auf de
Schädel; plötzlich hatte der Unglückliche sein unmhi{
Leben verendet und seine Seele in die Hand des unerbit
liehen Mörders ausgehaucht; das spärliche Blut floss auf
blicklich aus Maul und N^se, und der einst die Freude
der Stolz seines Herrn gewesen, war eine Leiche.
Der „Munk" sollte nun ausgestopft werden, um
Andenken an sein abenteuerliches Schicksal, seine romanhj
Kindheit und sein tragisches Ende, unter den Trophäen de
Section Tödi aufbewahrt zu werden, allein auch diese Hof
nung konnte leider nicht in Erfüllung gehen. Nicht nur
der Balg schon bei der Tödtung zu beiden Seiten des Baue
der Haare entblösst, sondern beim Versuche zur Ausstopfui
zeigte es sich, dass auch die Behaarung des Rückens
des Kopfes nicht Stand hielt, und so musste auch seine aivj
selige Hülle dem allgemeinen Auflösungsprocess überant-j
wortet werden, und auch diese Spur seines Daseins erlowh.— j
Mauser, |
(
Flächeninhalt der Gletscher der Schweiz,
483
17. Bassin de la Dranse (La Dranse).
Val d'Arpette.
Cflaeier an Nord de la Pointe d'Orny .
Val de Ferret.
d'Orny ' . . . .
„ de SaJeinoz
„ de Planereuse
„ de Tnizbuc
„ de Laneuvaz .
)) k TEst du Mont-Dolent . . .
„ des Agroniettes
Total
Tal d*Entremoht.
„ les Planards au Nord du Mont-
TüUer
„ au Nord de la Pointe de Dronaz
„ de Proz
„ ä rOuest du Petit-V^lan . .
„ du Tzeudet
„ du Vassorey
„ du Sonadon
„ ä Touest du Grand -Combin
(versant sur le Glacier dn Vas-
sorey)
,. k Touest du Grand - Combin
(montagne du Chalet) . . .
„ 2t Touest de la Maison Blanche
(montagne Challand) ....
„ de Boveyre
Total
Tal de Bagne.
„ k FEst du Mont-Rogneux . .
„ au Sud de la Pointe d'Azet .
„ k l'Est du Col de l'Ane (Mon-
tagne de Sery)
„ de Corbassifere
„ les OCanes ; .
„ au Nord du Toumelon blanc .
„ de Zessetta
„ du Mont Durand
„ au Sud -est du Mont-Avril. .
Transport
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1,88
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1,12
0,61
3,71
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Meteorologische Mittheilung, 515
Vom 6. August an beginnt das Barometer bei vorherr-
schend südwestlichen Winden langsam zu sinken, erreichte
für unsere Gegenden am 10. sein Minimum und erhob sich
dann rasch wieder mit heftigen nordöstlichen Winden, die
bis zum 1 6. andauerten, bedeutend über den mittleren Stand.,
Hit dem Sinken des Barometers trat am 10. und 11. in Bern
Regen, auf der Grimsel, wo die Temperaturdifferenz bedeu-
tend ffthlbarer war, als in Bern, sogar Schnee ein.
Diese Erscheinungen waren keineswegs local; durch
das Netz der meteorologischea Beobachtungsstationen, die
in täglichem telegraphischen Verkehr mit der Pariser Stern-
warte stehen, wurde man schon zu Anfang des August von
heftigen Stürmen in Russland, England, Frankreich, Spanien
und Italien in Kenntniss gesetzt, und am 7. August wurde
die Schweiz benachrichtigt, dass auch sie in Kurzem stür-
misches Wetter zu erwarten habe.
Die sichere Voraosbestimmung der Witterung in den
Alpenr^onen wäre gewiss jedem Tonristen erwünscht, die
vorhandenen meteorologischen* Beobachtungsreihen sind je-
doch noch zu unvollständig, um sichere Schlüsse ziehen zu
können; — möge daher diess ein Anlass sein, die Alpen-
besucher aufzufordern, die Variationen in der Atmosphäre
joier Begioneü zu erforschen und auf diese Weise zu einer
Climatologie der Gebirgsgegenden beizutragen. —
Jenzer.
33*
486
A. Kündig,
Yal de Ziual.
Olacier au Nord de la Pigne de FAll^
„ au Sud de la Pigne de TAU^e
,y de Durand ou Zinal . . . .
„ 3 petits glaciers an Sud et It
rOnest du Besso versant sur le
Glacier du Zinal
„ de Moming ,...'....
„ du Weisshom ......
„ 3 petits glaciers et une partie
de celui de Turtmann versant
dans TAlpe Tracuit . . . .
Total
,, It TEst du Signal de Tounot
au>dessus de Nissoye . . . .
Total pourleVal d'Anniviers
IX. Meretschy-Alp (Ob Agarn).
Bella Tola Gletscher ....
X. Turtmann Thal.
Borter Thal Gl
Turtmann Gl. . . .
Pipi Gl
4 kleinere Gl. vom Bothhom bis zum
Zehntenhom
Total
Total für das Turtmann Thal . . .
XI. DieVisperthälerCderVispbach).
Das St. Niklaas und Zermatt-Thal.
Gletscher nördlich vom Steinthalhorn
(Angstbord Thal)
drei kleinere Gletscher der Jungthal Alp
zwei kleinere Gl. südlich vom Festihom .
Stetti Gl
Abberg Gl
Boss Gl
Bies Gl
Schmal Gl
Hohlicht Gl
Transport
TA
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0,10
21,96
1,29
9,40
7,38
0,85
9
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23,56
1,02
2,20
0,76
2,14
0,66
1,89
4,49
0,25
6,12
0,25
13,86
30,42
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52,66
1,06
2,29
0,tö
0,51
26,78
27,29
14*
Topographische Notizen, 517
Abends vorher trafen die Festtheilnehmer in Thierfehd ein
und tanzten zur heiteren Einleitung der Feier die Nacht
durch bis zum frühen Morgen. Dann ward der Bergstock
zur Hand genommen und im Glänze des Mondes über die
Sandalp nach dem Wallfahrtsorte gepilgert, der um 10*/2 Uhr
die Gesellschaft bei sich versammelt fand. Zu den Clubisten
und den Baumeistern Heusser, Eundert und Stucki hatten
sich die Elite der Führer des Grossthaies und zwei Aelpler
der Gegend gesellt, um dem ungewohnten Taufacte beizu-
wohnen. Der Act bestand darin, dass erst der Bau besich-
tigt, mit der Zeichnung verglichen, richtig beftmden und den
Baumeistern abgenommen ward. Dann trat der Präsident
Häuser vor und hielt in dem ihm eigenen schwungvollen
Sfyl eine Anrede. Sie ward mit einem Hoch geschlossen,
desiS^n Töne kräftig an den gegenüberstehenden Felswänden
des Bifertenstockes wiederhallten. Drauf kreiste der
Ehrenwein, ein köstlicher Johannisberger, und es erscholl
Mozarf s ehrwürdiges „Brüder, reicht die Hand zum Bunde."
Noch legte Herr Rathsherr Hefti von Häzingen das allen
Reisenden unentgeltlich offen stehende Asyl der Wachsamkeit
der Führer und Aelpler ans Herz. — - Champagnergeknall,
neuer Sang, Gejodel, Gejauchz, eine donnernde Lawine, die
in eben dem Augenblicke von der gelben Wand nach der
berüchtigten Schneerunse hinabstürzte — und das Fest war
aus. ^. R>
Topographische Notizen
über das Blatt XVIII. der Dufourkarte.
Wenn man mit aufmerksamem Blick die auf dem Blatt
XYIII des eidgenössischen Atlasses beschriebenen Gletscher-
518 Edm, V- Fellenberg.
I
reviere des Berner Oberlandes mustert nnd die HöheB-An-
gaben von oben hemnter der Reihe nach sieh merkt, so »t
man erstaunt, zu finden, dass einige der höchsten Gipfel der
Berner Alpen keinen Namen haben, während weit niedrigere
Gipfel mit gesperrter Schrift benannt sind. Diese Lücke ib
der Gebirgsnomenclatur betrifft ganz besonder« die Gebirgs-
gruppe, welche den Collectiv- Namen Vieschergrat oder:
„die Viescherhörner" trägt, und ein Blick auf die Kirte
wird uns zeigen, dass wir es hier mit Gipfeln ersten Banget
zu thun haben. Allerdings umfasst diese Kette ein Gebie^
welches zu den centralsten unter den Bemer Alpen gehörfij
und da die Gipfel dieser Kette alle mehr oder weniger zurück-^:
treten, ist ihr bis in die jüngste Zeit wenig Aufmerksamketf
geschenkt worden. Nachdem aber in den letzten Jahrei|
die Gletscherreviere des Berner Oberlandes in allen RiclH
tungen sind begangen worden, hat sich der Mangel an einer
richtigen Nomenclatur sehr fühlbar gemacht, nicht nur dcd
Mangel an Namen für Bergspitzen, sondern ganz besondeisi
jiuch für die grossen Fimreviere, welche die Quellgebiele
der ins Thal niedersteigenden Gletscher genannt werd«
können. Im vorigen Jahre sind zur Erforschung dieser
Gebirgsgruppe mehrere Touren gemacht worden, und einej
Anzahl mit diesem Terrain aus eigener Anschauung veh
trauter Clubisten der Bemer Section hat sich im Laufe des
Winters versammelt und' unter dem Präsidium des Hern
Ober-Ingenieurs Denzler folgende Correcturen beschlossen:
Die Kette der Viescherhörner wird deutlicher definirt ii»d|
getrennt in Grindelwaldner und Walliser Viescherhörner.
Sie umfasst einerseits die Hochfime des Walliser Viesche^
Gletschers und eines der Firnthäler des grossen Aletscb-
Gletschers, andererseits umgibt sie den Grindelwaldner
Viescher-Gletscher, einen Zufluss des oberen GrindelwÄldlle^
Topographische Notizen, 519
liÜBmeeres. Die Grindelwaldner Vieseherhöner streichen in
rihrer Hsiiiptriehtimg von Südost nach Nordwesten und ver^
landen das Agassizhorn mit dem Mönch. Diese Kette ist
der eigentliche Vieschergrat, der vom Mönch durch eine be-
^letscherte Einsattelung durch das Mönchjoch getrennt ist.
Die Grindel waldner-Vieseherhömer bildenden Knotenpunkt
dieses Yieschergrates und erheben sich an den Ecken eines
^durch einen Hochfim gebildeten Plateau'% das die Form
rtines Dreiecks hat Dieses Dreieck, eine circa ItOOO^ hohe
^imebene, verbindet die Gipfel mit einander, welche auf der
iDufour-Karte folgende Zahlen aufweisen. Der südliche Eck-
pnkt dieses Hoehfimdreiecks =» 4020 Meter, der nord-
^vestliche Eckpunkt == 4048 Meter und der südöstliche =
£3873 Meter, bilden die drei Gipfel der Grindelwaldner
Yiescherhömer, von welchen die beiden letzteren von Norden
.aus in der Hauptkette der Bemer Alpen sichtbar sind, das
südliche 4020 M. hohe Viescherhom dagegen tritt so zurück,
rdass es nur von sehr nordöstlich und weit entfernt gelegenen
Standpunkten aus sichtbar wird, so von einzelnen Höhen des
Juras nnd des Ober-Aargaus, wo es zwischen den beiden andern
thervoipickt.
Auf dem Blatt XVHI. stehen nun zu diesen drei Gipfeln
jiur zwei Namen, nämlich der allgemeine Name Viescher-
bömer und sonderbarer Weise zu der niedrigsten Höhenzahl
mter den dreien der Name Grosses Viescherhorn, neben der
Zahl 3873 M. Hier ist nun offenbar ein Irrthum, jedenfalls
eine Inconsequenz in der Nomenclatur begangen worden, und
die versammelte Oommission hat folgende Vorschläge adoptirt.
Der Name Grosses Viescherhorn ist dem höchsten,
wie ganz natürlich beizulegen und neben die Zahl 4048 M.
zu setzen. Es ist dies der westliche der beiden von Grindel-
vald aus sichtbaren Viescherhömer, und heisst auch schon
520 Edm. tr« FeUemkerg.
liuiige in Grindelwaid Grosses ViescheiiioiiL Dieser ^nftA
ist der Höhe nach der siebente in den Bemer Alpen. Er
I
wurde znm ersten Male den 23. Jnlil862 von einemEngUbider
besü^en.
Da wo jetzt der Name Gr. Vieseherhom neben darZaU
3873 M. steht, ist das Gr. in KL nmznwandehi und dam zu
setzen „oder der Ochs*^. So heisst nämlich das kleine Vie-
seherhom anch, sowohl in Grindelwald als besonders arf
der Grimsel, von wo es sichtbar ist Das kleine Vie-
scherhorn oder der Ochs'^ wnrde den 28. Jdi 1864
znm ersten Male von Grindelwald ans vom Unterzeicfaiietea
bestiegen. Es ist der östliche, felsig abgerissene Gipfel der
beiden von Grindelwald ans sichtbaren Viescherhömer.
Das dritte Vieseherhom, das südliche mit der H$k
4020 M. wnrde Hinter-Viescherhorn benannt, esstdifc
südlich zurück und ist von Grindelwald aus nicht sichtbar
Noch unerstiegen.
Um diese drei Gipfel herum in leichtem Bogen sollte
der Name Grindelwaldner- Viescherhömer geset^^
werden. Der Name Vieschergrat bleibt an seinem tRe-
herigen Platze. Dem Namen Viescher-GL, nördlich dei
Vieschergrates wird „Grindel walder^ vorgesetzt zur denft-
liehen Trennung vom Walliser Viesdier-Gletscher. Yei
einem jeden dieser drei Gipfel senkt sich der Grat jnit Ab>
zweigungen sternförmig ab; vom Grossen ^escheriioa
nordwestlich gegen das Mönchjoch (3560 M.); vomKleinei
Vieseherhom nördlich über das Grindelwaldner GrfinhoiB
und die Grünen« Wange bis zum Zäsenberg, wo er sieh ii
das untere Grindelwaldner Eismeer versenkt und den Gr.
Viescher-Gletscher auf dessen östlicher Seite eindima^
südlich in scharfem Kamme bis zum Agassizhom den eigeit'
liehen Vieschergrat in der normalen Streichrichtang fwt*
Topographische Notizen» 521
letzt Vom Hinter-Viescherhorn löst sieh rein südlich ein
nsch abfallender Grat ab, um jenseits einer tief eingeschnit-
tenen Schlucht sieh zu einer neuen Gebirgsgruppe zu erhe-
ben, welche yf\v hiermit der Beachtung jedes Topographen
iBBipfehlen.
Haben wir den Grindelwalder Viescherhörnern vom
Agassizhorn bis zum Mönchjoch eine nordostsüdwestliche
Kammrichtung gegeben, so finden wir bei den Walliser
Wescherhömem eine rein nordsüdliche Streichungslinie.
Ke Verbindung beider Gruppen bildet ein vielgipfliger Ge-
fcirgsstock, der nördlich durch die obenerwähnte Schlucht
»om Hinter-Viescherhorn, südlich durch die Grünhomlticke
ron den Walliser Viescherhörnern getrennt ist. Auch hier
hden wir drei Höhenangaben auf dem eidgenössischen At-
lu nnd zu unserem Erstaunen rechts von dem imposanten
Pelsenstock, der sich nördlich von der Grünhornlücke erhebt
lad schon auf der Karte der Zeichnung nach sich als Gipfel
ttsten Ranges habilitirt, die Zahl 4047 M, also der acht-
kdchste unserer Berner Alpen ohne Namen. Gleich süd-
ieh darunter finden wir die Zahl 3869 M., gleich nördlich
ttistossend wieder einen kleinen Felsenstock gezeichnet mit
ler Zahl 3927 M. Von Namen steht nichts als unten am
festlichen Thor der Grünhornlücke bei der untergeordneten
Uü 3287 M. den kleinen Namen Grünhorn. Allen denen,
Se je die Fimreviere des Aletschs oder Wallisor Viescher-
Hetschers begangen haben, oder die aufs Finsteraarhom
festiegeii sind, wird der gewaltige Felsenstock, nördlich der
Irttnhomlücke aufgefallen sein, der an Höhe und Furcht-
barkeit der jähen Gehänge mit den ersten Häuptern unserer
lochalpen kühn wetteifern kann ; und steigt man vollends
oipor auf die Höhe des Mönchjochs oder auf irgend einen
^kt des Vieschergrats, so wird man sofort gewahr, dass
522 Edm. v. Felknberg.
dieser Oipfel das Ceotnim einer kleinen Gmppe büdei,
welche ein sehr schöne» Mittelglied zwischen dem FiD8te^
aarhom und Aletsehhom bildet
8p hat denn die Benennnngsconunission diesen Gebirgi-
stock den Collectiv-Namen Grünhorngrnppe beigel^ab
Verbindungsglied der Walliser und Gr. Viescherhömer und
als wohlberechtigte neue Gmppe im Kranze der Bauer
Alpen. Bei der Nomendatur dieser Gmppe hat sich die
Commission ganz streng an die schon bestehenden Nshmr
oder Bodenverhältnisse und Beschaffenheit der Loeidittt
gehalten. — Da bei dem Gipfelchen 3287 If. das Woitj
Grünhorn steht und die Grünhomlücke die Baus dieses 6^
birgsstockes bUdet, so mnss die ganze Gmppe sich dieses
schon bestehenden Bezeichnungen anlehnen, jedoch hsba
wir gefunden, dass die noch mit spärlicher Gemsweide mager
besetzten Abhänge dieses 3287metrigen Grtlnhoras eiaei
Umwandlung in Grün eck wohl begrflnden. Es ist ebeti
bloss ein mit Trümmern bedeckter Ausläufer eines nocb|
weit höheren Homes. Also wird das Wort Grünhorn nebet
der Zahl 3287 M. in Grüneck umgewandelt Die Griseek
bildet aber selbst nur die untersten Fluhsätze eines 9dff|
schönen in bogenförmigem Schwung ausgipfelnden mitsdiar
fer Gwächte gekrönten Homes, welches die Zahl 3869%
trägt Wie könnte man dieses schöne, die Grünhomlflckt
unmittelbar dominirende Hom besser benennen als piit des
Namen Grüneckhorn 3869 M*). JTördlich dann stötü
jetzt erst der Central-Klotz dieser ganzen Gmppe. Hat der
getäuschte Topograph den Gipfel des Grüneckhoma beink
erstiegen, so starrt durch eine unwirthbare SchneescUacht
von ihm getrennt eine noch höhere Potenz in die LlAt
Dunkel grün allerdings aber in jähen Felsen ragt fär he«^
*) Auf unserer Karte steht an dieser Stelle unrichtig Giünhon.
Topographische Notizen. 523
\
anerreichbar der Felsenkegel des 4047metrig^n grossen
Unbekannten in die Lüfte, dem Gross-Schreckhorn in Form
and Furchtbarkeit nicht unähnlich. Da ist kein anderer
Name indicirt als der des Gross-Grünhorns 4047 M. als
des Chefs der ganzen Gruppe.
£benso wie der Name Grosses Viescherhorn
■4048 M. Soll der Name Gross-Grünhorn mit der gesperr-
ten Schrift ' der'Gipfel ersten Banges eingetragen werden.
Aach diese^^ürdige Kumpan harrt noch des demüthigenden
ßteinmannliä; Wie das Grossschreckhorn in seiner nörd-
lichen Fortsetzung einen kleinen Vasalien besitzt, das I^ein-
«chreckhom, so auch das Gross-Grünhorn. Wie bei der
öchreckhomkette das Klefn-Schreckhorn als jäher Felsen-
kegel, in seiner äusseren Form und seinem allgemeinen Ha-
titns dem Gross-Schreckh. sehr ähnlich ist, so ragt auch
gerade nördlich vom^ Gross-Grühhom ein kleinerer Felsen-
kegel in die Lüfte, ebenso steil, ebenso felsig und von ähn-
licher Form, die besonders vom Trugbergfirn aus auffallend
erscheint. Breit und klotzig, von vorherrschendem Felsen-
^habitus, in einen Felsenthurm ausgipfelnd, ist das Gross-
Grünhorn, eben so steil und felsig, jedoch mit etwas gekrümm-
terem Felsenhorngipfel zeigt sich das 3927 M. hohe Klein -
"ßrünhorn, welcher Name sich sofort von selbst ei^ab und
adoptirt wurde. Diese vier Namen sind hinlänglich zur ge-
nauen Orientirung in dieser terra incognita; will ein 8pe-
dalist einen Namen mehr, so ragt als östlicher Eckpfeiler
des Grüneckhoms gleich über dem Ostthor der Grünhom-
Ificke noch ein scharfer eleganter Felsenzahn in die Lüfte
mit 3600 M. Diesen könnte man Grünhörnli nennen,
doch es sind der Namen genug und mit Grüneck 3^87 M.,
Grüneckhorn 3869 M., Gross-Grünhorn 4047 M. und*
Riein-Grünhorn 3927 M. wurde die Nomenclatur dieser
524 Edm. v, Fellenberg.
Mittelgrnppe zwischen den beid^i Viescherhomgruppen ab-
geschlossen.
Auf Herrn Regierungsstatthalter Studers Panorama void
Grossen Wannehorn ans ist das Grfineckhorn und
das Gross-Grünhorn sehr schön sichtbar, ebenso die drei
Grindelwaldner Viescherhömer in ihrer wahren Lage, so-
wie vorne am Grüneckhorn rechts das Grtinhömli. Verdeckt
sind die Grüneck durch das zunächstliegende Walliser Tie-
scherhom, und das Kl ein- Grünhorn durch das Grosse.
Gehen wir nun über zur Gruppe der Walliser Viesche^
hörner, so finden wir auch hier einige wünschenswerthe
Aenderungen, auf welche die Benennungscommis^on anl-
merksam gemacht hat Auch hier trägt die höchste Zahl
der höchste Gipfel der ganzen Kette keinen Namen, währeod
der zweithöchste Punkt Wannehorn heisst Der höchste
Punkt der ganzen Kette mit 3905 Metern wurde voriges
Jahr (siehe Jahrbuch) zum ersten Male von den HHm. Re-
gierungsstatthalter Studer und Apotheker Lindt aus Ben
erstiegen. Dieser Gipfel soll nun Wannehorn heissen oder:
will man den Namen Wannehorn belassen, da wo er jetzt
steht, so füge man ihm (mit der Zahl 3717 M.) das Prädicat
Klein zu und der Zahl 3905 M. den Namen Gross-
Wannehorn. Endlich wurde noch für den über dem
Schönbühl aufsteigenden Gipfel mit der Zahl 3864 der
Name: Schönbühlhorn adoptirt Es ist dies anf dem
Studer'schen Panorama der vorderste Gipfel rechts vom Kamm.
Da wir noch an der Nomenclatur der Gipfel sind, so
fügen wir noch einige Berichtigungen bei, welche die Com-
mission angenommen und als Desiderata eingesandt hat
Topographische Notizen, 525
1) Der Name Grünenhorn für den Gipfel zwischen dem
Sehen eh zerhorn und Oberaarhorn soll in Grüner«
hörn umgeändert werden, da der Name dieses Gipfels
dem alten Erforscher der Helvetischen Eisgebirge zum
GedächtnisB zu gleicher Zeit mit dem Escher,- Scheuch-
zerhom und Altmann creirt worden ist Also Gruner-
horn und nicht Grünenhorn.
2) Zur definitiven Trennung der beiden dominirenden
Gipfel der Lötschen-Gebirge wird, um künftighin Ver-
wechselungen vorzubeugen, statt: Nesthorn oder
Bietschhorn einfach eingetragen: Bietschhorn
3953 M.; also das „Nesthonf od/^ weggelassen, und
bei Gr, Nesthorn das „Gr." weggelassen und einfach
Nesthorn 3820 M. eingetragen.
3) Statt Birchgrat soll corrigirt werden: Beichgrat und
das Fimfdd, welches sich vom Beichgrat gegen den
Ober-Aletschgletscher hinunterzieht, mit dem Namen
„Beichfirn" belegt. Der Name Aletschpass der
Engländer für diesen längst bekannten Grat wird nicht
angenommen. ^
4) Vergessen sind die Namen Kran zb er g für die Spitze
mit 3662 M. zwischen dem Fimthal, welches sich vom
Aleti^chgletscher gegen die Jungfrau hinzieht und den
hängenden Gletschern, welche vom Roththalgrat und
Gletscherhorn herunterkommen, und
Trugberg für die Spitze mit 3933 M., welche
den Gipfelpunkt des südlich vom Mönch auslaufenden
Grates bildet, welcher den Jnngfraufim vom Ewigschnee-
feld trennt. Beide Namen rühren aus der ersten Zeit
der Bereisung dieser Gegenden und sind seither allge-
mein gebraucht und als adoptirt betrachtet worden.
Um auch die Firnreviere allmählig zu bezeichnen und
526 Edm, V. Fellenberg,
von den compakten Gletschern zu unterscheiden, und damit
bei Beschreibungen von Gletscherfahrten man wdtschweifige
topographische Auseinandersetzungen sich ersparen könne,
hat die Benennnngsconunission den Hanptfimreyieren der
Bemer Alpen Namen beigelegt, welche theils schon die
GletscherfÜhrer seit längerer Zeit gebrauchen, theils der
Umgebung möglichst angepasst sind:
a>Wie schon erwähnt, wird bei dem Gnndelwalder Vie-
scher-Gletscher ein „Gr." vorgesetzt.
b) In das ^ lange Fimthal zwischen dem Vieschergnt,
Agassizhom, Finsteraarhom und Rothhom einerseits
und dem Absturz der Fimhoehebene zwischen den drei
Grindelwalder Viesch^rhömem, der Grünhorngruppe
und den Walliser Viescherhömem andererseits wird
eingetragen „Walliser- Vjescherfirn" und weiter
unten dem Viescher- Gl. vorgesetzt: Wallis er V.-GL
c) In das Firnthal zwischen Studerhom, Oberaarhorn,
Oberaarjoch und Rothhom wird der Name S tu der f im
eingetragen.
d) Das weite beinahe ebene Firnthal, welches von dem
Faulberg als kaum ansteigendes .Schneefeld sich bis
zum Mönchjoch hinzieht und von dem Tmgberg einer-
seits und den Gr. Viescherhömem und Grrtnhömen
andererseits eingefasst wird, wird nach dem Ausdruck
der GletscherfÜhrer Grindelwalds: Ewigschneefcld
benannt, welcher Name einzutrageYi ist*).
e) Das Fimthal zwischen Trugberg, Jungfrau imd
Kranzberg, welches bis zum Jungfraujoch sieh hinsieht
und den viel begangenen Weg zu dieser Region bildet,
heisst Jungfraufirn und soll so eingetragen werdeD.
*) Auf nnserer Karte steht an dieser Stelle unrichtig Ewigschneefirn •
" ^ Topographische Notizen, 527
f) Entsprechend dem Grossen Aletsch-Gletscher ist
dem riesigen Fimthal, weiches von der Lötschenittcl&e
herabkömmt und von Aletschhorn und Dreieckhörnern
einerseits und der Lauterbrunner-Grenzkette anderer-
seits eingefasst wird, der Name „GrosserAletsch*
firn" zu verleihen, welcher Name in leichtem Bogen
bis zum Faulberg ausgedehnt werden kann*).
g) Der Name Jägigletscher als Firnrevier des Ober-
Aletschgletschers hat da, wo er jetzt steht, durchaus
keinen Sinn, da die Jägihömer an zwei verschiedenen
Orten und weit davon entfernt sind. Dieser Name soll
ganz unterdrückt werden und dafür der Näm6 Ober-
Aletsch-Gletscher im Halbbogen bis zum Fues des
Atleschhoms ausgedehnt geschrieben werden, da es
doch am natürlichsten ist, alle Aletschzuflüsse von dem
Centralknotenpunkt der ganzen Gruppe, dem namen-
gebenden Aletschhorn abzuleiten.
h) Endlich ist der Name Strahleekgletscher in das
Gletscherthal zwischen den Strahleckhörnem und den
Lauteraarhörnern einzutragen.
Zum Schlüsse hat die Commission noch geäussert, es
sei zudem wttnschenswerth, es möchten die Namen der in
neuerer Zeit gemachten Gletscherpässe oder Gratübergänge
auch auf die grösseren l^arten eingetragen werden. Jeden-
falls ist es fttr die ^/spooo Blätter sehr werthvoU und für den
gletscherwandernden Clubisten von der höchsten Widitig-
keit, die Gletscherübergänge eingetragen zu haben zu seiner
und Anderer Orientirung. Die meisten können übrigens,
ohne der Uebersichtlichkeit zu schaden oder Ueberhäufung
mid ündeutlichkeit hervorzubringen, auch auf die Viooooo .
*) Auf unserer ELarte steht hier unrichtig Ober-Alesch-Gletscher.
528 Edm. v. FeUemberg.
i
Blätter eingetragen werd^. Es sind in unserem Bevierei
folgende:
a) Zwischen dem Gletseherhom und der Joiigfrma Tom
BotfaÜial direct auf den Grossen Aletsehfim am Knmz-
berg vorbei das L aninen t hör Pro£ Tyndalls (ent
einmal gemacht).
b) Das Jung franj och, zwischen Mönch nnd Jungfiraiii
direct von der Wengem-Alp nach dem A^giflefahom,
der kürzeste Weg von den Ufern der Lfitschine zur
Rhone, in 16 — 18 Stunden: der schönste Pass des
Bemer Oberlandes. Mehrmals gemacht
c) Eiger-Joch. Zwischen Eig^r und Mönch von der
Wengem-Alp hinüber nach dem Ewigschneefeld. .Sehr
lang, äusserst mühsam und ohne praktischen Weith.
Einmal gemacht —
d) Mönchjoch. Wahrscheinlich der alte ViescheipasB
vor und zu Hugis Zeiten. Von Grindelwald hinüber
aufs Ewigschneefeld und Aeggischhom, überhaupt der
nächste Zugang der Aietschzuflüsse von GrindelwaU
aus. Nicht allzuschwer und sehr lohnend. Alle Jshie
häufig überschritten. —
e) Finster-Aarjoch. Ob wohl die alte Strahlet?
Direct vom oberen Grindelwalder Eismeer über die
Hoehfirne des zerklüfteten Finsteraargletschers aa
Finsteraarhom vorbei nach dem Abschwung. 1b
neuerer ^eit einmal gemacht —
0 Studerjoch. Vom Finsteraargletscher zwischen Sta-
derhorn und Oberaarhom hinüber nach dem Stnder-
fim und Rothloch. Mehrmals gemacht
Edm, V. Fellenberg,
"f
Gletscherßhrer, '529
Gletscherführer.
Wir fähren hier die im ersten Jahrgange begonnene
Liste der tüchtigsten Hochgebirgsführer, so wie des Neuen,
was schon namhaft gemachte Führer geleistet haben, fort.
Dabei müssen wir jedoch unser Bedauern aussprechen, dass
för unsere Zwecke brauchbare Notizen uns diesmal nur von
Gnndelwald, Oberhasli, Kandersteg und (durch die Freund-
Bchkeit des Herrn Iwan* von Tschudi) aus dem Wallis zu-
gekommen sind. Wir beginnen auch diesmal mit dem
Berner Oberland.
Grindeiwald.
1) Peter Bohren im Grund, genannt Bohren-Peterli
(vid. 1. Jahrg. S. 572) fügte im verflossenen Jahr zu seinen
früheren Leistungen hinzu: Col du G6ant, — Eiger, —
K&nchjoch, — Jungfraujoch.
2) Christen Jimer am Gugger (vid. 1. Jahrg. S. 573)
machte im letzten Jahr u. a.: Pic des Ecrins in der Dau-
phind, erste Ersteigung nach vielen vergeblichen Versuchen.
— Mont-Blanc, in einem Tage. — Rimpfischhorn. — Aletsch-
brn. — Eiger. — Wetterhorn. — Breche' de la Meije, erste
Besteigimg. — Col des Chardonets. — Fen^tre de Sal^na.
— Col des Ecrins. — Col de Pilate, erste Besteigung. —
lüol d' Harens. — Biesjoch. — Momingpass. — Baichgrat.
— Wetterlücke. — Grand Cornier. — Dom. — Weisshoru. —
Metschhom. — Col du Weisshorn (zwischen Weisshom und
i^challhorn), erste üeberschreitung. — Jungfraujoch. —
<Vctterhorn. — Jungfrau. — Monte -Rosa. — Alphubelpass.
— Col du G^ant.
Schweizer Alpen- Club. 34
1
^530 Ghtscherfuhrer.
3) Christen Michel auf der Halten (vid. 1. Jahrg. S. 573)
erweiterte im verflossenen Jahre sein Repertoire ndt: Baich-
grat. — Mönchjoch. — Damma-Gietscher. — Tödigebiet —
Porcha bella-GIetschet im Bergün und Piz Kesch, erste Er-
steigung. — Bernina-Gruppe, und zwar: Scersen-Gletscher,
Cresta agiuza, Piz Znpo, Zupöpass (zwischen Piz Zupö und
Bella vista), Gl^tscherböhe zwischen Fellaria- und Palfi-
gletscher, erste Ueberschreitung eines ungekannten Gletsche^
passes auf der Seite des Piz di Verona (drei neue Pässe und
eine erste Ersteigung in einem einzigen Tage). — Monte
Confinale (etwas über 11,100')? erste Ersteigung. — Ma-
datschjoch am Orteies, erste Ueberschreitung. — Höchster
Punkt des Cristallo, dann über den Grat zwischen Zebron-
und Formothal nach S. Catharina (eine erste Besteigung und
ein neuer Pass). — Königsspitze, zweithöchster Gipfel der
Ortelesgruppe, erste Ersteigung. — Pass über den Sulden-
Gletscher, erste Ueberschreitung. — Höchste Spitze des Orte-
ies. — Bei der Besteigung des Monte della Disgrazia durch
Sturm zurückgetrieben. — Forno-Gletscher, neue Untemeb-
mung. — Christen Michel hat sich durch diese seine vor
jährigen Touren den Ehrentitel eines ,. Pfadfinders^ erworben.
4) Peter Michel zu Mettenberg (vid. 1. Jahi^. S. 573).
Beichgrat. — Mönchjoch. — Grosses Viescherhorn. — Wetter
lücke. — Schreckhorn. — Eiger. — Wetterhom, 2 Mal.
5.) Pister Inähnit im Gartenboden, (vid. l.JahrgS.574).
Kleines Viescherhorn, erste Ersteigung. — Viescheijoch. —
Mönchjoch. — Schreckhorn. — Eiger. — Bei^^toeL
erste Ersteigung. *)
*) Wir können uns nicht enthalten, ans dem Führerbach Ina-
bnit's folgendes Zengniss eines Franzosen als Cariosnm zu copireD:
«Je certifie que Inäbnit m'a accompagh^ dans mon ascenaion aw
Mettenberg DU Schreckhorn ainsi qu'ä la Lsuberfaom.*'
Gletscherfükrer, 531
6) Hans Baumann zu Mettenberg. (vid. 1 . Jahrg. S.574)
Eiger. — Finsteraarhorn. — Jungfräujoch. — Wetterhom.
7) Ulrich Kaufmann in der TeuflFi (vid. 1. Jahrg. S.574).
Viescherjoch. — Kleines Viescherhorn, erste Ersteigung. /—
Mönchjoch. — Wetterhom.
Im ersten Jahrgang nicht genannt, aber seither durch
tüchtige Leistungen ausgezeichnet ist:
Peter Egger auf der Gerbi. Das Repertoire dieses noch
jimgen Mannes umfasst: Berglistock, erste Ersteigung. —
Wetterhom. — Schreckhom. — Eiger. * — Jungfrau. —
Mönchjoch. — Jungfraujoch.
In die gleiche Categorie zählt: Peter Bernet Neue
Liste zeigt*. Jungfraujoch, 3Mal. — Mönchjoch BMal. —
Wetterhom. — Wetterlücke. — Beichpass. — Jungfrau.
Selbständige erste Ersteigungen haben ferner ausge-
führt; Christen Bohren, Peter Schlegel, Peter Rubi, Ulrich
fFenger, Christen Ger Ich, Peter Baumann, Rudolf Boss,
Peter Kaufmann und Christen Bleuer,
Wie man sieht^ stehen die Grindelwaldner in ihren Lei-
stungen immer noch obenan; einen kleinen Schatten auf dieses
sonst vortreflTiche Corps wirft hingegen die von den Reisen-
den schon mehrmals beklagte Thatsache, dass einige selbst
ier tüchtigsten Führer dem Gläschen alUusehr zuzuspre-
chen beginnen.
I
Oberhasli.
1) Melchior jinderegginlA&mTL^Gü (vid. 1. JahrgS.575)
bat im verflossenen Jahr folgende hauptsächlichste Fahrten
gemacht : Eiger. — Balmhora. — Aletschhorn. — Jungfrau
7om Roththai aus. — Zinal - Rothhom , ei-ste und einzige
Ersteigung. — Dom. — Lyskamm. — Rimpfischhorn. —
Mont-Blanc.
34*
532 Gletscherßhrer,
2) Kaspar Blatter in Meiringeo. (vid. 1. Jahrg. 8.575).
Spitzliberg, erste Ersteigung. — Sämmtliche Gipfel un
Pässe des Trifkgebietes. — Studerhorn, erste Ersteigung.
Wannehorn, erste Ersteigung. — Jungfrau, 2 Mal.
3) Johann Tännler auf Wyler in Innertkirchen (vid.
l. Jahrg. S. 576) hat im vergangenen Sommer viele grosse
Touren in den Bemer und Walliser Alpen gemacht, die ihn
nach Aussaga unsrer Gewährsmänner eine tüchtige Stufe
höher gehoben.
4) Johann Fischer vonMeiringen (vid. 1. Jahrg. 8.575)
bewegte sich letztes Jahr vornehmlich im Triftgebiet.
5) Andreas Jaun auf Schattenhalb, im vorigen Jahr-
gang nicht genannt, hat folgendes Repertoire: Trifl-
gebiet. — Wetterhom. — Neuer Pass von Gadmen über
•den Wendengletscher nach Engelberg. — Diablerets.
6) Andreas v, fFeissenfluh von Mühlestalden (vid. 1.
Jahrg. S. 576) bewegte sich vornehmlich in der ihm benacb-
barten Triftregion, fuhr aber auch in den Unier und Glar-
ner Bergen herum.
7) Jakob Blattei" von Meiringen (vid 1 . Jahrg. 8. 576)
Triftregion. — Studerhorn. — Jungfrau. — Walliser Brdt-
hom. — Mönte-Rosa.
8) Jakob Anderegg von Meiringen, im vorigen Jall^
gange nicht genannt, ist durch seinen Vetter Melchior Ander-
egg zu einem .tüchtigen Führer herangebildet \\ orden. Seim-
wichtigsten bisherigen Touren sind : Jungfrau. — Alet^h-
horn. — Balmhorn. — Alphubelpass. — Triftpass bei Zer-
matt — Col d' Harens. — Lyskamm. — Monte-Rosa. —
Rimpfischhorn. - Adlerpass. — Rotlihoni bei Zerrmatt. —
Mont-Blanc. — Col d' Argentiere. Ausserdem machte Jakob
alle.;yörjährigen Touren Melchior Andereggs mit.
Gletscherführer, 533
9) Melchior Blatter von Meiringen (vid. \, Jahrg.
S. 576) ein ausgezeichneter Mitftlhrer, war letzten Sommer
iiuf: Ritzlihorn. — Hangendgletscherhom. — Galenstock.
— Walliser Breithorn.
10) Johann Tännler in Hansen: Schlossberg. — Pass
von Göschenen über Damma- und Galengletscher nach der Fur-
ka. — Monte-Rosa. — Weissthor.
Ausser diesen haben sich seither hervorgethan und
aspiriren auf den Rang tüchtiger Gletscherführer: Johann
I
Zwald von Innertkirchen, Kaspar Sieiger von Innertkirchen,
Melchior Moor von Gadmen, Peter Sulger von Guttannen.
Melchior Schläppi auf der Grimsel, Andreas Huggler auf
der Grimsel, Johann v. Bergen von Meiringen, Johannes Kleck
von Innertkirchen, Kaspar Maurer von Innertkirchen.
Kandersteg.
1) Gilgian Reichen auf dem Bühl bei Kandersteg. —
Doldenhorn, erste Besteigung. — Balmhom, 2. Besteigung.
Alteis, 8 Mal etc.
2) Fritz Ogi im Kehr in Kandersteg: Blümlisalphom,
1. Besteigung. — AHels, mehreremal. — Aletsehhorn. —
Monte-Rosa.
3) Christian Han\ Christian's, ein junger gewandter
Bursche, Balmhom, 2. Besteigung.
Kanton Wallis«
Die Gletscherführer des Kantons Wallis reihen sich den-
jenigen des Bemer Oberlandes wtiidig an. Oas Repertoire
mehrerer derselben, wie der Moriz Andenmatten in Visp,
Franz Andenmatten in Saas, J. Peter Perren in Zermatt
wird wohl kaum von den Leistungen irgend welcher anderen
Gletschermänner der Schweiz übertroflfen.
534 Gletsckerßärer.
Leiter ist es uns, trotz aller Bemohungen, nicht gelun-
gen eine vollständige Liste aller nennenswerthen Ffihrer
des ganzen Kantons zu erhalten, da die Erforschungen in
dem Tnrtmann- und Eringerthal zu ongenngende ResnlUte
lieferten, tun die üebersicht YenroUständigen zn können.
Zermatt
Johann Petet* Pert'en, Schreiner, SlJahre alt. Spricht
deutsch und französisch. — Alphnbel, erste und bis jetzt einnge
Ersteigung. — Alphubelpass, 3 Mal. — Dom. — Allalinpass
— Adlerpass. — Schwarzberggletscherpass. — Weissthor^
— alle oftmals. — Alter Weissthorpass — Monte-Rosa,
15 Mal. — Signalkappe, erste Ersteigung. — Lysskammr
erste Ersteigung, 3 Mal. — Lysspass, 4 Mal. — Breithoni.
— Col Toumanche , erster und einziger üebergang. — Col
4,u Mont Cervin, erster Üebergang. — ■ Dent d' Harens, erste
Ersteigung. — Gletscherpass nach Val Pellina, 6 — 7 Mal.—
Evolenapass, 4 Mal. — Trlftpass, oftmals. — Weisßhom.—
Weisshornpass, erster üebergang. — Col du Tour. — As-
tola und Col de Sonadon. — Col de Miage, 2 Mal. — Col de
Trdlat^te. — Mont-Blanc 10 Mal. — Grand Paradis. —
Grivola, erste Ersteigung. — Rechts vom Grand Paradis
nach Ceresole. — Monte Viso. — üeber den Col d' Ecrin
nach Vailouise und von da über den Glacier-Blanc nach T>i
Crave, erste üebergänge. — Jungfrau, 3 Mal. — Mönch*
joeh. — Wetterhorn. — Lauteraarjoch. — Oberaarjoch. —
*
Galenstock. — Elaridenpass. — Tödi. — Sardonapass. -^
Vogelberg. — u. s. w., u. s. w.
Matth, Zumtaugwaldj 40 Jahre alt. Spricht deutsch and
etwas französisch. — Dom. — Alphubelpass, 5 Mal. —
Adlerpass, Weissthorpass, Schwarzberggletscherpass, oft-
mals. — Alter Weissthorpass. — Monte-Rosa, etwa 40 M«L
Gletscher führ er, 535
— Pass Aber die Parrotspitze nach Alagna. — Lysskamm
3 Mal — Breithorn, oftmals. — Triftpass und Evolenapass
mehrmals. — Gletscherpässe nach Val Pellina und Chamou-
ny. — Mont-BIanc. — ; Gassenriedpass, erste üeberschrei-
tung. — Turtmangletscherpass von Zinal, nördlich vom Bru-
neckhom, von ihm entdeckt.
Johannes Zumtaugwald, Schuster, 37 Jahre alt. Spricht
deutsch und etwas italienisch. — Dom, 8 Mal, darunter erste
Ersteigung. — Alphubelpass, 8 Mal. — Täschhorn, erste
und bisher einzige Ersteigung. — Adlerpass und Weissthor,
oftmals. — Monte-Rosa, etwa 40 Mal, darunter erste Erstei-
gung. — Lysskamm, 2 Mal. : — Lysspass. — Zwillingspass
— Schwarzberggletscherpass. — Breithorn. — Gletscher-
passe nach Val-Pellina und nach Chamouny, 4 Mal. — Grand
Combin. — Jungfrau. — Finsteraarhom, 2 Mal.
Johannes Kr onigj Schneider, 30 Jahre alt. Spricht deutsch
uild etwas französisch. — .Dom, 2 Mal, darunter erste Erstei-
gung. — Alphubelpass, erste Ueberschreitung. — Allalinpass,
Adlerpas, Weissthorpass, öfters. — Monte-Rosa, 29 Mal. —
Lysspass. — Breithorn. — Triftpass und Evolenapass, öfters.
— Col Durand. — Gletschertour nach Val-Pellina und nach
Chamouny, 12 Mal. — Mont-Blanc, 2 Mal. — Col duG^ant,
mehrmals. — Oberaarjoch. * — Finsteraarhom. —
Peter Taugwalder, Vater, 44 Jahr alt. Spricht deutsch.
— Alphubelpass, 6 Mal. Allalinpass, Adlerpass, Schwarz-
berggletscherpass, Weissthorpass, öfters. — Col delle Loggie.
Monte-Rosa, etwa 85 Mal. — Lysskamm, 3 Mal. — Lyss-
pass, 8 Mal. — Schwarzthoi'pass, 2 Mal. — Breithorn, oft-
mals. — Trift- und Evolenapass, mehrmals. — Col de
Colon etc.
Peter Taugwalder, Sohn, 21 Jahre alt. Spricht deutseh
und etwas französisch — Alphubelpass, 3 Mal. — Allalin-
536 Gletscherplhrer.
pass. — Adlerpass, mehrmals. — Schwarzberggletscherpass,
4 Mal. — Weiösthorpass, oftmals. — Alter WeissthoipasB.
— Monte-Rosa, 26 Mal. — Weisshom. — Breithorn, öfters.
— Triftpass, 3 Mal. — Evolenapass, 5 Mal. — Uebergänge
nach Val Peliina etc.
Peter Ferren^ Schuster, 30 Jahre alt. Spricht deutsch
und etwas französisch. — Alphnbelpass, 8 Mal. — Allalin-
pass, 2 Mal. — Adlerpass, etwa 10 Mal. — Schwarzberg-
gletscherpass 12 Mal. — Weissthorpass, öfters. — Alter
Weissthorpass. — Monte-Rosa, etwa 20 Mal. — Lysspass.
— Breithorn, 15 Mal. — Triftpass, 6 Mal. — Evolenapass,
mehrmals.
^4lois Graweiu 30 Jahre alt. Spricht deutsch und etwas
französisch. Alphubelpass, 2 Mal. — Allalinpass. — Adlerpass,
Schwarzberggletscherpass, oftmals. — Weissthorpass, 1 4 Mal.
— Alter Weissthorpass. — Monte-Rosa, 1 1 Mal. — Lyss-
pass. — Breithorn. — Monte-Rosa'tour. — üebergänge nach
Val-Peflina und 'Chamouny. — Evolenapass. etc.
Joseph Maria Perren, 30 Jahre alt. Spricht deutsch
und etwas französisch. Alphubelpass, 4 Mal. — Adlerpass,
2 Mal. — Schwarzberggletscherpass und Weissthorpass, oft-
mals. — Monte-Rosa, 1 5 Mal. — -Lysskamm. — Triftpass. —
Evolenapass, mehrmals. — Gletschertour nach Val-Pellin»
und nach Chamouny. —
Franz Biner, Sohn Johanns. 30 Jahre alt Spricht
deutsch. — Weisshom, 4 Mal, — Triftpass, 3 Mal. Evolena-
pass, mehrmals. — üebergänge nach Val-Pellina und Cha-
mouny. —
Stephan Zumtavgwald^ 31 Jahre alt. Spricht deatsdif
etwas französisch und englisch und lateinisch. Ungefähr das
gleiche Repertoire wie seine Brüder Mattbä und Johaonefr
Gktseherßhrer, 537
Als gute Führer sind femer zu nennen: IgnazrmäStephan
BineTy JoiL und Jos» Brantschen und ^. Julen. In Täsch:
Jos, Moser,
Randa.
Hieronimus Branischen, 25 Jahre alt. Spricht deutsch,
französisch und lateinisch. — Dom, 4 Mal, erste Ersteigung.
Weisshorn, 2 Mal. — Alphubelpass. — Weissthorpass. —
Monte-Rosa. — Breithom etc. etc.
Peter Joseph Sommermatter^ 29 Jahre alt. Spricht
deutsch und französisch. — Täschhom, erste Ersteigung. —
Weisshorn. — Alphubelpass. — Monte-Rosa. — Weiss-
thorpass etc.
St. Niclans.
Joseph Maria Hitz (im Sommer in Zermatt), 25 Jahre
alt. Spricht deutsch, französisch und lateinisch. — Monte-
Rosa, 8 Mal. — Breithorn. — Strahlhorn. Col de Colon. —
Col d'H^rens. — Triftpass. — Lysspass. — Adlerpass. —
Alphubelpass. — Balfrin. —
Joseph Maria Üochmatter^ 31 Jahre alt Spricht deutsch
und etwas französisch und italienisch. Dom. — Monte-Rosa,
öfters. — Breithorn. — Alphubelpass. — Weissthorpass etc.
Als empfehlenswerthe Führer in den Zermatterbergen
verdienen ferner genannt zu werden: Peter Knubel^ 34 Jahre
alt, Peter Jos. Imboden , Joh, Iviboden und Alex, Lo€hmattei\
Saas.
Franz Andenmatten, Eigenthümer des Hotel Monte-
Rosa und des Gasthauses im Mattmark. 35 Jahre alt. Spricht
deutsch, auch etwas französisch und italienisch. — Laquin-
hom (der südL, höhere Fletschhorngipfel). Erste und bisher
einzige Ersteigung. — Laquinpass, erste üeberschreitung. —
538 Gletscherführer,
«
AUaJinhorn, erste Ersteigung. — Alphnbel., erste und einzige
Ersteigung. — Allalinpass und westl. Bergspitze von Mi-
schabel, erste und einzige Ersteigung. — Gassenriedgletscher-
pass, erste üeberschreitung. — lieber den Vnibezgletscher
nach Val-Pellina, erster und einziger üebergang. — Bies-
pass, erster üebergang. — Weissmies, 3 Mal, erste Er-
steigung. — Strahlhbrn. — Allalin-und Adlerpass. — ülricliB-
hom, erste Ersteigung- — TeufeIshom(Diablons?) erste Erstei-
gung. — Monte-Rosa, 4 Mal. — Dom. — Monte-Leone. —
Parrotspitze. — Lysspass. — Weissthor etc. Alle Pässe der
Visperthäler, die meisten im Einfisch- und Lötschenthal uod
viele Gipfel und Pässe im Bemeroberland, Tessin, üri, Gianis
und Graubünden.
Johann Peter Zurßriggen, genannt Schuster, 33
Jahre alt. Spricht deutsch und italienisch. — Alphubel. —
Monte-Rosa, 6 Mal. — Lysskamm, 2 Mal. — Breithoni,
oft. — Die meisten Pässe der Visperthäler.
Peter Jos. Fannetz, 33 Jahre alt. Spricht deutsch, ita-
lienisch und etwas französisch. — Weissmies, erste Erstei-
gung. — Laquinpass, erste üeberschreitung. — Alphubd-
pass. — Allalinpass. — Strahlhorn. — Triffpass. — Monte-
Rosa, oftmals. — Weissthorpass und andere ZermatterpässcL
Franz Burgener, 23 Jahre alt. Spricht deutsch, italie-
nisch und etwas französisch. Täschhorn. — Weissmies. —
Gletscherhorn. — Monte-Rosa, 3 Mal. — Zwillingspass. —
Allalinhom. — Alphubel. — Breithorn. — Vnibezgletscher
pasa, erste üeberschreitung. — Col du Grand Comier. —
Triftpass und 7 Reisen im Wallis, Berneroberland, Graubün-
den, Tessin und Italien. —
Gletscher führ er, 539
Macugnaga.
Franz Lochmatter^ Gastwirth zum Hotel Monte-Rosa
und seine Brüder Jos. Maria und Alexander (siehe St. Niclaus),
die im Sommer gewöhui. in Macugnaga sind, sprechen deutsch,
italienisch und etwas französich, als zuverlässige Führer für
Monte-Rosa und Umgebung sehr zu empfehlen.
Sepping und Marcell Orella werden als baumstarke,
kühne und ausdauernde Gletschermänner namentlich für
schwierige Excursionen empfohlen, haben aber noch nicht
sehr oft Reisende begleitet —
Visp.
Moritz^ndenmatten, Gemeindepräsident in Visp, 43 Jahre
alt. Spricht deutsch und französisch. — Monte-Rosa, 15 Mal.
— Lysskamm, 2 Mal. — Dom, 3 Mal. — Strahlhorn, 5 Mal.
— Breithom, 6 Mal. — Cima de Jazzi mit Weissthorpass
etwa 20 Mal. — Weissmies. — Allalinhom. — Alphubel
mit Alphubelpass. — Adlerp., oftmals. — üeber den Schwarz-
berggletscher nach Mattmark, erstesmal. — Lysspaas, erste
üeberschreitung. — Schwarzthorp., erster üeberg. — Val-
Pellinapässe, 5 Mal. — Resteraula (?), zwischen Chermontane
und Val- Pellina, 4 Mal. — Col de Sonadon, erste üeber-
schreitung. — Turtmangletscherpass. — Col du Mont-
Rouge, erstesmal, — Col du Mont-Cervin, erstesmal. —
Gran^ Combin. — Mont-Velan. — Col du Tour. — Aiguille
du Tour, erste und einzige Ersteigung. — Mont-Blanc,
9 Mal. — Buet und Dent du Midi, 4 Mal. — Col de Miage.
— Col du Chien, 10 Mal. — Col d'Argenti^re, 3 Mal. —
Jungfrau, 3 Mal. — Finsteraarhorn, 2 Mal. — Oberaar-
joch und Oberaarhorn, 3 Mal. — Galenstock, 2 Mal.* —
Sardonapass etc. etc.
540 ^ Gletscherßhrer,
Blitzingen.
Junten Ritz^ jetzt auf Aeggischhorn, 30 Jahre alt
Spricht deutsch, italienisch und etwas französisch. Monte-
Rosa, etwa 40 Mal. — Lysskamm. — Breithom. — Strahl-
horn: — Weissthor. — Altes Weissthor. — Lysspass und
andere Zermatterpässe. — Finsteraarhom. — Jungfrau.
— Aletschhorn.
Lötschenthal.
Nachstehende Führer sind in den Beiden des Lötschen-
thals genau bekannt. Die 4' ersten nahmen an der erste»
und bis jetzt einzigen Ersteigung des Nesthoms Theil. —
Besonders zeichnet sich dabei aus
Joseph Siegen von Ried, erster Ersteiger des Bletschhoms;
dann Ignaz Lehner von Kippel, Joseph Ebener von Wiler,
Johannes Sigen von Ried. — Ferner die Gemsjäger MarhM
Rieder in Kippel, Peter 52^e«inRied; Jos. Ebiner in Platten,
Jos, Sigen in Ried, Lazarus Lehner in Kippel und Ignas
Rieder in Kippel.
Einfischthal.
Jean Baptiste Epiney^ Gastwirth in Siders und Ziflal,
'47 Jahre alt. Spricht französisch, deutsch und italienisdi.
Entdeckte 1856 den Triftpass und den Durandglet8che^
pass. — Dom. — Lo Bessp. — Rothhorn. Steliihorn^ die
meisten Partien mehrmals und A. Vorzügl. Führer in den
Gebirgen und Gletschern des Einfischthaies.
Joseph Viannin, 41 Jahre alt. Spricht französisch und
etwas deutsch. Weisshom, erste Ersteigung. — Lo Besso
und Diablons. — Triftpass. — Durandpass. — Dent Blanche-
pass. — Weisshornpass. — Turtmangletseherpass. — Dom. —
Monte-Rosa, fast alle öfters u. A.
Gtetsekerfuhrer. 541
Binnenthal.
Augitstm Tennüch imd Joh, Joseph Welschen^ beide
im Dorfe Binn wohnhaft, sind wohl die einzigen tüchtigen
Führer in diesem von Touristen verhältnissmässig noch wenig
besachten Thal; — namentlich für Bettlihorn, Helsenhom^
Ofenhom, Ritterpass, Kriegalppass etc.
Val d'IUiez.
Joseph Obrozen, Gemsjäger, 34 Jahre alt. Spricht
französisch. Tour de Balliere, zum erstenmal. — Dent du
Midi — und dte meisten Pässe des Chamounythales.
^ntoine Grinon^ 32 Jahre alt. Spricht französisch. —
Mont-BIanc. — Dent du Midi, 25 Mal. — Buet. — Mont-
Blanc und Monte-Eosapässe.
^ugustin Birraz, 43 Jahre alt. Spricht französisch.
Tour de Balliere, erste Ersteigung. Col de Sag^roux; und
andere Chamounypässe. Dent du Midi, oftmals u. A.
Jean Maurice Chapelay, 34 Jahre alt. Spricht franzö-
sisch und italienisch. Dent du Midi und Chamounypässe etc.
Bagnesthal.
Fred, Florentin Felley iu Lourtier, 32 Jahre alt. Spricht
französisch. Grand Combin, erste Ersteigung. — Mont Pleu-
reur. — Pässe um den G^trozgletscher. — Otemmaglet-
scher etc.
Louis Felley in Villette, 42 Jahre. Spricht französisch.
Mont-Colon. -^ Mont-Rouge. — Otemma und G^trozgletscher.
— Pässe in die benachbarten Thäler.
Justin Felle'if in Chable, 35 Jahre. Spricht französisch.
Otemmagletscher. — Col de Sonadon. — Col du Mont-
Rouge, de la Maison-Blanche, de Tournanche etc. etc.
'
542 Gletscherführer,
Benjamin Besse in YerBeg^re, 24 Jahre. Spricht franzö-
sisch und wenig deutsch. Grand Gombin, erste Ersteigung. —
Col du Mont-Dnrand und viele andere Pässe. Kennt G^troz
und Otemmagletscher genau.
Camille Besse in Vers6gere, 19 Jahre. Sprichtfranzdsisch.
Grand Gombin, erste Ersteigung. -^ Pierraz-Vire. — G^troz-
gletscher und Pässe in die Nachbarthäler.
Jos. Gillioz in Ghamp sec. 38 Jahre. Spricht französisch. —
Mont-Pleureur. — Ruinette. — Mont-Colon. — Mont-Rouge. —
Passages de la Maison Blanche. — Glacier d'Otemma. —
Töte Blanche. — Gol du Cret etc.
Jean Francois Moron in Ghatte. 39 Jahre. Spridit
französisch. Mont-Golon und Mont-Rouge. Kennt die Pässe
in die benachbarten Thäler, Otemmagletscher, Mont-Durand,
Gorbassi^re- und G^trozgletscher etc.
Verlag der J. Dalp'schen Buchhandlung
in Bern:
Bildliche Erinnerungen vom eidgenössischen Truppen-
zusammenzug im August 1861. Nacli der Natur gezeich-
net von Engen Adam^ Text von Dr. Abraham
Roth. 16 Blätter in Lithographie nebst 16 Blätter Text.
Fr. 37. 50. Eleg. gebunden Fr. 48. —
Oelpke^ E. F., Prof. „Die christliche Sagengeschichte
der Schweiz." 1862. Fr. 4. 50. Eleg. geb. Fr. 5. 50.
— „Die Earchengeschichte der Schweiz." 1861. 2 Bände.
Fr. 18. —
Fiseher, L., Prof. „Verzeichniss der Phanerogamen und
Gef^skryptogamen des Bemer Oberlandes und der Um-
gebungen von Thun." 1862. Fr. 1. 30.
Surz^ Dr. Heinrich. „Die Schweiz." Land, Volk und
Geschichte in ausgewählten Dichtungen. Eleg. gebunden
Fr. 5. —
■
Wnrstemberger^ J. L. „Geschichte der alten Landschaft
Bern." 1861. 2 Bände. Fr. 12. —
Tschndi^ FrÄdöric de. „Les Alpes." Description pitto-
resque de la nature et de la faune alpestres, avec 24 gra-
vures. Eleg. geb. Fr. 20. —
Bloscli^ Dr. C. A. „Geschichte der Stadt Biel und ihres
Panner- Gebietes." 2 Bände. Fr. 12. —
Bonstetten^ 8. de. „Recueil d'antiqnit^s snisses accom-
pagn^ de 28 planches." Fr. 50. —
— Supplement au „Recueil d'antiquit^s suisses." Fr. 35. —
— „Notices Bur les tombelles d'Anet" (canton de Berne),
accompagn^es de planches. Fr. 4. —
Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Her-
ausgegeben von der geologischen Commission der schwei-
zerischen naturforschenden Gesellschaft auf Kosten der
Eidgenossenschaft. Erste Lieferung (Basier Jnra) mit
4 Karten. Fr. 1 2. —
Die zweite Lieferung: Theobald 6«, geolog. Be-
schreibung der nordöstlichen, in den Blättern X. und XV.
des eidgenössischen Atlasses enthaltenen Gebilde von
Graubttndten. Mit 2 colorirten Karten und vielen Durch-
schnitten. Preis der ganzen Lief, mit Karten Fr. 00. —
Blatt XV. einzeln Fr. 1 5. — Blatt X. Fr. 00. —
Bfitimeyer^ Dr. L. ,,Vom Meer bis zu den Alpen.'^ Schil-
derungen von Bau, Form und Farbe unseres Contments
auf einem Durchschnitt von England bis Sicilien. 1854.
Fr. 4. —
Sammlung der in Krafk bestehenden Gesetze, Beschlüsse
und Verordnungen des Bundes über das SChweizeri8Ch6
Militärwesen. 1862. Fr. 5. 60.
AUG 8 191«
Drack yon C. Gnimbach in Leipzig.
Verlag von ScheitUn & Zollikofer in St. aallen.
Iwan Tschudi's
SCHWEIZERFÜHRER.
REISETASCHENBUCH
fftr
die Schweiz, die benachbarten italischen Seen nnd ThSIer,
Mailand, Tarin, das Chamounythal, die Umgebungen des Afont-
Blanc nnd des Monte-Rosa, Yeltlin, das angrenzende Tyrol,
Montafon, Yorarlberg nnd den südlichen Schwarzwald.
Sechste, §änzlicii umgearbeKete und slarkvermelir^e Außage. 1865.
Mit 1 Reisekarte der Schweiz, 6 Stadtpl&nen und 12 Qebirgspanoramen.
DBEI THEILE.
I. NORD- UND WESTSCHWEIZ.
Enthaltend
die Kantone Thnrgau, Schaffhansen, Zürich, Aargan, Basel,
Solothnrn, Bern, Freibnrg, Neuenbürg, Waadt und Genf, den
Bodensee, den Bregenzerwald, den südlichen Schwarzwald,
Ghablais, Faucigny und das Ghamounythal.
Mit
einer Beisekarte der Schweiz, den PlAnen von Basel, Bern, Genf
nnd ZOrioh nnd den Gebirgapanoramen von Bern, von der
Heimweh fl üb, von Murren und vom Faul hörn.
n. XJR- UND SÜDSCHWEIZ.
Enthaltend
die Kantone Luzern, Unterwaiden, Zug, Schwyz, Uri, Wallis
nnd Tessin, die benachbarten italischen Seen und Thäler,
Mailand und Turin.
Mit
einem Plane von Mailand und den Gebirgapanoramen vomRigi-
Knlm, von Rigi-Scheideck, vomTitlis, vom Gornergrat
nnd vom Torrenthorn.
in. OSTSCHWEIZ.
Enthaltend
die Kantone Graubünden, Glarus, St. Gallen und Appenzell,
das Yeltlin , das angrenzende Tyrol , Montafon
nnd Yorarlberg.
Mit
einem Plane von St Gallen nnd den Gebirgapanoramen vom Piz
Mundaon, Piz Languard nnd Speer.
Prell complet 1 Tblr. 18 Kgr. 2 fl. 40 kr. 6 Fr. 60 Gti.
Heie Urtheile der Presse Ober den Schweiserfthrer.
T8chodi*e „Schweizerfahrer' hat sich gleich bei seinem ersten Er-
scheinen durch alle Eigenschaften eines vorzQglichen Reisebaches ausge-
zeichnet. Darin stimmten alle Recensenten, alle Kenner unseres Lan-
des, alle Touristen vollkommen überein , und der Erfolg war daher auch
ein sehr günstiger. Es folgten sich in kurzer Frist Auflage um Auflage,
und jede folgende überbot die vorherige an Reichhaltigkeit, Genauigkeit
der Darstellung und Eleganz. Einen sehr bedeutenden Fortschritt machte
aber der „Schweizerführer'' letztes Jahr mit dem Erscheinen seiner 6.Anf-
flage; der unausgesetzte Fleiss, die Kenntniss und Umsicht, die Liebe und
Begeisterung des Verfassers für das Land und das Werk, so wie so vieler
seiner Freuode, namentlich mancher der thätigsten und verdientesten
Mitglieder des Schweizer Alpenclubs, die schon seit Jahren mit der ge-
nauesten Durchforschung unseres Hochlandes beschäftigt, hatten damit
dieses vortreffliche Reisetaschenbuch in eine ganz neue Phase und aof
einen Standpunkt gebracht, von welchem aus es fast alle übrigen Reise-
handbücher der Schweiz an praktischer Brauchbarkeit überflügelte.
Dessen ungeachtet hat auch die diesjährige Ausgabe wieder so manche
Berichtigungen , so werthvolle Ergänzungen und Bereicherungen in Text
und Beilagen erhalten, dass sie ohne Unbescheidenheit füglich als 6.
Auflage hätte declarirt werden dürfen, wie solches anderwärta ja so leicht
und gerne geschieht, ohne dass dabei der Käufer, wie hier, die volle Be-
ruhigung haben kaup , dass er ein Buch besitzt, welches vollkommen auf
der Höhe der Zeit steht. ^
Wir besitzen nun sowohl in der deutschen als in der fraozüsischen
Ausgabe des „Schweizerführers" Reisetaschenbücher, welche sich nicht
allein durch gedrängte Kürze, Reichhaltigkeit, Billigkeit und bequemes
Format, sondern zugleich auch durch Vollständigkeit und Allseitigkeit,
auf persönliche. Anschauung und Erfahrung gegründete Zuverlässigkeit
und kritische Originalität in höchst bemerkenswerthem Grade auszeich-
nen. Die den neuesten Verkehrswegen und Verkehrsmitteln, oder aach
bis jetzt weniger begangenen Pässen und Pfaden entsprechenden klei-
nen Routen und Exkursionsgebiete lassen sich, wie eine Mosaik, auf
die leichteste und mannigfaltigste Weise mit einander zu einem Ganzen
verbinden; die Pläne unserer grössern Städte, die Panoramen unserer
berühmtesten Fernsichten sind gegebenen Falles die billigsten und best-
orientirenden Ciceroni.
Es gibt allerdings noch wohlfeilere Wegweiser; aber Tschndi, der
gleichmässig den Zwecken des Städte- und Kurortebesuchens , des ge-
wöhnlichen kleinen Touristen auf den begangensten Wegen wie des
kühnen Hochlands- und Gletscherfahrens zu dienen vermag und in leicht
wie schwer Gepäck immer genüglich Platz findet, ist bei seiner Ausstat-
tung unbestritten das billigste und in der ganzen bisherigen Reiseli-
teratur handlichste und beste Buch , zugleich ein wahrhaftes topo-
graphisch-statistisches Compendium der Schweiz im kleinsten Format.
Sand 1864 (Bern).
' In Plan und Anlage war Tschudi's Reisetaschenbuch schon linjest
das ausgezeichnetste, in Exaktität, Genauigkeit und Wahrheit entsdiie-
den das erste und in körniger, kräftiger, gesunder nnd lebensfroher
Schilderung der Touren, der Lokalitäten, der geschiditUchen An-
knüpfungen und Erinnerungen das trefflichste, das bis jetzt Ober die
Schweiz unter dem so Mannigfachen erschienen ist. Man sieht es sososa-
gen auf den ersten paar Seiten, die man beliebig aufschlägt nnd durchliest
daas das ein Schweizer ist, der so geschrieben bat, dass dieser es nicht
aoB BQcbern, sondern ans der Natur selber genommen hat. Ueberhanpt
verdient dies Reisehandbuch von Tdchudi unbestritten den Vorzug vor
denjenigen deutscher Verfasser, die glauben, sie hätten nur Kinder
vor Bichf so detäülirt und breit sind sie und oft gerade über das min-
deat Wichtigste; während Tschudi körnig und gedrängt und treffend
dem Reisenden viel mehr zeigt, auf mehr aufmerksam macht und — was
bei andern gar nicht immer der Fall ist, denn diese führen z. B. noch
Wirthsh&user und Posten auf, die seit Jahr und Tag nicht mehr existiren
— sich auf keiner Unrichtigkeit betreffen lässt. Tschudi's FQhrer regt
zar Selbatthätigkeit und zum Denken an ; er nöthigt gleichsam den Tou-
risten selber zu gehen und zu sehen und lässt ihn nicht voUgefr —
wie jener Engländer war — beim St ach el berger bad hinten mit dem
Bach in der Hand auf dem Bauch liegen und ,that is theSentis!" ausrufen.
Bote am Bhein 1864.
Ein 9 vielgereister Alpenwanderer* spricht sich wie folgt aus:
Dieses höchst gemeinnützige Buch , das wir schon bei seinem ersten
Erscheinen als ein vortreffliches bezeichneten, liegt uns nun, beinahe znm
doppelten Umfang angewachsen, in einer fünften, mit allem Fleiss
and grösster Umsicht vermehrten Anflage vor und ist jetzt nach unserm
nnmassgeblichen Dafürhalten das beste Reisehandbuch, das wir überhaupt
besitzen , nicht für die Schweiz allein, sondern nach praktischem Gehalt
und handlicher Brauchbarkeit in der ganzen Reiseliteratur. Das Bezeich-
nendste, was wir zur Empfehlung des Werkes in ganz objektiver Weise
sagen können, ist die Thatsacbe, dass sich gerade die Schweizer
ganz vorzugsweise und nahezu ausschliesslich dieses Buchea bedienen ;
sollen wir aber subjektive Ansichten und persönliche Erfahrungen aus-
sprechen, so müssen wir bekennen, dass das Buch nach allen Seiten hin
znv erlässiger und sichtlich mehr auf persönliche Anschauung und Er-
fahrung gegründet ist, als seine bekannten Konkurrenten. Es ist uns
vielfach selbst begegnet, dass wir die Angaben anderer Schweizerführer
ungenau, und dagegen diejenigen von Tschudi immer erprobt fanden. Ans
eigener Erfahrung können wir namentlich denjenigen, welche als Fuss-
wanderer sowohl die Naturherrlichkeiten als Land und Leute der Schweiz
unbefangen und genauer kennen lernen wollen, anstatt nur die Gasthöfe
und tables d*h6te, den Tschudi' sehen Schweizerführer als den aller-
besten und allzeit paraten handlichsten Rathgeber empfehlen, der kurz
und bündig den Verständigen das Nöthige und Nützliche lehrt, und der
Jedem zu der genussreichen Reise verhilft.
So möge denn dieses praktische und höchst lehrreiche Reisehandbuch
unter den deutschen Alpenwanderern reichlich diejenige Anerkennung fin-
den, welche der Fleiss, die Ausdauer und Umsicht seines Verfassers reich-
lich verdienen. Erheiterangen 1864 (Stuttgart).
Kurz und bündig sagt der Verfasser Alles was nöthig ist — so voll-
ständig als irgend ein Reisehandbuch und zuverlässiger als viele. Dazu
bringt er mit eigener Erfahrung und mit den Beiträgen einer Anzahl von
Alpenklub-Mitgliedem eine Reihe von bisher noch unbekannten Hoch-
landspartien, so namentlich in Graubünden, diesem in vielen Beziehun-
gen noch verborgenen Platze.
In Bezug auf Routen, Entfernungen etc. genau, weiss er Dir auch
immer die rechten Ruheplätze anzuweisen. Probatum est: Wo er den
besten Veltliner anzeichnete: da trinkst Du ihn auch. Auf parole. —
St. Oaller-Zeitniig 1864.
Editeurs: ScheitUn & Zolükofer, ä St-GaU.
GODE SÜSSE DE TSCHUDI.
LIVRE DE POCHE DU VOYAGEUR
qui veut voir la Suisse, les lacs et les vallies du nord
de ritalie, Milan, Turin, la vallee de Chamouny, les
alentoure du Montblanc et du Monte -Rosa, Valteline,
la partie limitrophe du Tyrol, le Montafon et le
Vorarlberg.
Avec une petite carte synoptique de la Sais«e, les plana de
Bäle, de Berne, de Gen^ve, de Milan, de St-Gall et de
Zürich et leo panoramas de montagnes pris da Rigi-
Kulm, de la Bigi-Scheideck, de Berne, de la Heimweh-
flnh, de M&rren, du Faulhorn, du Torrenthorn, da
Gornergrat et du Piz-Mundaun.
Nonyelle edition entierement refondae et considerablement
angmeiitce.
Prix 1 Thlr. 10 Vgr. 2 fl. 20 kr. 6 Fr.
Jttgements de la Presse sur le Cfaide Soisse.
Nou8 avions des Guides en Suisse; mais nous n^avions pas
un GuideSnisse. MM. Scheitlin et Zollikofer, Editeurs h St-
Gall, viennent de combler cette lacnne en pnbliant une Edition fran-
^aise du GuideSnisse de M. Iwan Tschudi, qui est sans contredit
Touvrage lemieuxr^ussi dans le genre. II a un formal des plus
commodes, les caractferes en sont nets et m^me ^i^gants, et on 8*7
Orient ais^ment. C'est Touvrage qui donne les d^tails les plus parti-
culiers sur les principales villes, les lieux de eures et les Alpes.
Chroniquenr de Fribourg.
Parmi les nombreux ouvrages destines & guider les voyageurf
dans notre belle patrie, aucun ne nous a plu autant que le Guide
Suisse d'Iwan Tschudi, taut par Thabile disposition des
mati^res que par la concision exempte de s^cheresse, les indicatioss
exactes et le format commode de ce manuel de vojage.
L'Observateor da Lteiaa.
Gr&ce h la conscienciense et intelligente mise en oeuvre de la
mati^re, comme aussi ii Thabile emploi de ressources tecbniqnes, le
ifGuide-Suisse de Tschudi' se distingue avantageusement panni sei
confr^res, m€me encore par son format qui le rend commod^ment por-
tatif et dans ce petit cadre & la main il nous ofifre un expos^ si riche
et si pratique de ce qu'il y a de plus interessant & yoir et 4 savoir sar
monts et valMes quMl n'^tait r^serv^ qu*ä un enfant du pays de nooi
donner de semblables notions bas^es sur lavuedes lieux et son
intime connaissance de la patrie et de son peuple.
KouTelle Gawtt« d« Zuieh.
Rellage znr geologisch eolorirten Ansgabe.
Bemerkungen zum Panorama
Ton
HOchenschwand im bad. Schwarzwald,
(IV 1% F118S ==: 3.45 Mtoes huig\
\ enthaltend 700 Hamen, /
In Varbeiidrnek (mit lAiid«eh*ftlleheBi €ol*rlf)
gezeichnet von Hch. Keller von Zürich.
Preis Fcs. 6. —
Diese Ansicht der Sehweizeralpen ist ganz unstreitig
die weitaus vollständigste und geographisch lehrreichste
von allen bisher gezeichneten , und daher am meisten
(wenn auch natürlrch nicht buchstäblich) berechtigt zu
dem Titel:
General-Anaicht der Schweizer-Alpen.
Wol kein anderer Ort, weder der Schweiz noch 4e6
Schwarzwalds, mit Ausnahme des Feldbergs etwa, ge-
stattet so umfassende Uebersicht und so interessante
Einblicke in die Gliederung der Alpen zwischen Vor-
arlberg und Savoyen. Die Höhe des Standpunktes
(3409 Par. Fuss oder 4(M0 MMres über Meer) in Vei^
bindun^ mit dem günstigen Mass seiner Entfernung von
den Objectfflo, bewirkt ein solch ausserordentliches Em-
ß ersteigen der hohem und entferntem Alpengipfel am
[orizont (man sehe z. B. die imposante, pyramidale
Gmppirung von Finsteraarhorn , Schreck* und Wettier-
böraer, Abtheil V.), dass die Gipfel in ihrem Zusammen-
hang erscheinen wie kaum von einem andern AussicMs-
Bnukt her. Diese Eigenschaft macht das Panorama von
[tfehenschwand auch zugleich brauchbar für den FM-
berg, sowie für die Aussichtspunkte des Schwarzwalds
überhaupt und für die me^kn der nördiichm Schioeig.
Aus demselben Grande wol erhielt dieses Panorama den
Vorzug vor allen andern, als vom Tit. Redactionscomit^
des Schweiz. Alpenklubs der verdienstliche Plan gefasst
wnrde, eine geologisch colorirte Ansicht unserer Berge
herauszugeben.
Da die Enfemung selbst der nächsten Schneeberge
bei 20 Standen, dagegen die der entferntesten sichtbaren
bei 48 Stunden beträgt, so war die Aufnahme dieser
Zeichnung mit grossem Zeitaufwand verbunden, wegen
der Seltenheit hinFänglicfa klarer Wittenmg. Der Ver-
fasser hielt sich zu diesem Zwecke wlihrend einer Reihe
von Jahren mehrwöchentlich in Höchenschwand auf, und
es geböfie in der That nicht nw Kenatniss de$ Landes
und ein nicht geringes Talent für die Auflassung und
getreue Wiedergabe der Formen, sondern auch des
(49§2 verBtürbenen] Veriassers heharrlicher Fleiss dasof,
diese Arbeit auszuführen.
In der Absicht, das Characteristische der Umrisse
unverkümmert wiederzug^en , und dadurch vielleicht
wffttivolle UntersDfihiiiigM au erieichtem, entscUoss sich
der Herausgeber, das Panorama im Mafsftab der Original-
Aufnahme erscheinen so lassen, was allen Rennern will-
kommen sein wird. Die Färbung der landschaftlich colo-
rirten Ausgabe ist möglichst der Natur entsprechend.
Die günstigste Jahrszeit zum Genuss dieser unver-
fi^eichlichen Alpenansicbt an Ort und Stelle ist im Frnb-
ling und Herbst.
Das Pfarrdorf Höchenschwand, der Standpunkt des
Panorama, liegt auf dem höchsten Punkt der Poststrasee
voD der badischen Eisenbahnstation WaidshtU nach
S. BkMsien, 4 V4 Stunde von Diesem, a^A Stunden voa
Jenem entfernt, und hat tägliehe Postveroindunff sowoU
mit Freiburg i. B. über Lenzkirch, als mit Waldshot
-Es besitzt ein trefflidies Gastiiaas (zum Oohsen).
Von S. Blasien, dessen Besuch sehr zu empfehlen,
führt eine andere Strasse darcb das enge , romantische
Albthal wieder hinaus an den Rhein, nach der Eisen-
bahnstation Albbruck (zwischen Waldshut und Lanffeo-
burg). Uebrigens ist Niedermnhl im Albthai, wo der
interessantere Theil dieser Strasse beginnt, der nicht
weniger als 6 Tunnels zählt, mit dem seitwärts anf der
Höhe liegenden Höchenschwand durch eine weiten
-Strasse in Communication, weiche gestattet, <^ne Em-
weg die so lohnende Albthal * Aoute mit dem Besuch
-auf Höchenschwand zu verbinden.
Zum Voraus überzeugt, dass Niemand aus SpecalatioB
es durchführen wird, diese Alpenansicbt aus soloher Ferne
i^VLnach der Natur aufzmiehaien, rechnet der Heraus^^eber
auf die Loyalität des Publikums, <welohes die Orifpnil-
ausgabe dieses Panoramas vor allfillligen Gopieen in
gleichen oder in einem kleinem Mafsftab (denn Bedae- ||
tionen sind im Gmnde nichts als Gopieen) — gewiss b6-
glünstigen wird ; überdies stützt er sich auf die Geseti«-
Am Schlüsse dieser Notizen fühle ich mich gednuieiL
den Personen, weiche das Cntemehmen wolüwouend
durch manche Mittbeilungen förderten, hiermit aafs
Wärmste zu danken.
Höh. Keller.
Fiima: Hek« Keller» ■aoeg.Vagiag in
EmpfdUlenjBwerthe Touren im siüdlichen Schwurzr
irald sind ferner;
Von Schopf heim in 7 Stunden durch das Werra-Thal
über Todtmoos nach S. ßlasien und Höchenschwand.
Von Freibur« im Br. in 8 Std. über Oberried und Hols-
grund auf den Feidberg (wo ein Hotel), \md von da
über Menzenschwand nach S . Bl . u . Höchenschwand.
Von Freiburg in 9 Std. durch das HöUenthal, am Titi-
See und (über Aha) am Schluchsee vorbei, und
entweder über Mucheuland nach S. Bl. oder, der
Poststrasse folgend, direct nach Höchenschwand..
Quelqne« SoUces
aar le
Panorama (le Hqehenschws^d
(village dans la For^t Roire badoise),
. chromo-litliographiä ,
dessin^ par Henri Keller de Zürich.
Prix de l'editjon a cok^is non g^ologique Fcs. 6.
•Ceftte THe 4e'la Ohi^M des Alpes Sulsses est certes, sobs le
rapport e^ographiqne, la plus compldte et la plus instractive de
toiiies oMem q«L Jaoqo'i«! ont 6t6 pabU^as. Pluä qiL'aucw&e autke
eile a droit an titre:
Vtte gönörale des Alpes Suisses.
IIa ▼ain c|ierche|ra|t-on dans la Suisse ou dans la Fordt H'Qijre
u polnt de Vne semblahle, qni r^nft les mattes avaniages, ikla
senle e|:cepti(»n,^a<Feldbei^, peat-£tre, qni est la aommit^ la
plus ^ley^e (1491 dadtres) de la Forgt IfToire, mais qui est bien
.4101^8 iMlemewt abor4able,* "
Ontre la richesse, Tint^gralit^ ponr ainsi dire, ce panoram*
se distingne de ceax connus Jnsqn'ici par un avantage essentlel:
fli'4yn j .olHMrTe nüeax.qae partout aUlenri les reiatij^ns des eim^t
parce que les pics qui ferment Thocizon, s'^ldvent aurdessus des
tMhitagiies «ittlees plus pr4s, d'nne mani^re yraiment sarprenante.
Cet avantage du panorama de Hoehenschwand,. qjiji'il d^it k VH^-
▼ation dtt polnt de yue (1010 mdtres an-dessus de la mer) et k la
distanoe favorable des objets, le rend propre k Tusage tant k
HQBhenscliwa4d gve snr le^«ldheig^ oo anr «d'^ntres js^nuvit^a fo
1s Forfit IVoire, älnsi qne 8«r H plupart des haiitoim de Ui I
septentrionale.
Le Tilloge de Bodtentehwand , aotre point de Tve, «•!
gar le point (mlminant de la route postale qai eondvit de Wi
hat (Station da chemin de fer badois et slta^ prds de Ia jl
dn Hhin et de TAar) k Taneieiiiie abbaye de S. Blalee. It« A
de Waldshnt est de 8i/f lieues; eelle de S. Blaise de 11|
▲ Hcehensehwand il y a one bonne anborge. Ce Tillaf« eil'
commnnioation postale jonrnali^re ayec Fribonrg* en Brisfm,
Lenzkireht et aveo Waldsbat.
On ooneeille de visiter^ enroTenant de Hoehenseliiraiid §•<
7 allant, l'int^ressant d^filf de VÄlh (afflment droit du BUi)
est travers^ tont de long par nne ronte nonTellement 001
De Hcehensehwand on y arrlye faoilement seit par 8. Bl^Mb
par Tiefenhsensem et Niedermnhl.
Les Saisons les plus favorables ponr joulr de la Tue des
Snisses k Hcehensehwand mdme, sont le printemps et Tt
Im glelcben Verlag erscheint soeben':
Kellers Zweite Beisekarte der Scbw^
(Deuxiöme Carte rontiire de la Suisse)
1 : 450,000, Edition von 1865, mit sämmtlichen
bahnstationen imd PostkorBen,
ergänzt und berichtigt bis auf die neueste Zeit.
Auf Leinwand, in Umschlag, und mit div. Beigaben k**
Femer ist daselbst erschienen:
Kellers Panorajna Tom lUgi, 6 Foss lang,
genauesten Gontouren und Aber 700 Namen.
Verb, Ausgabe von 4865, in Tuschmanier geUit IkI
Kellers Panorama vom Dom bu Kailaiid» ^Mi
ITetliberg, vom Frendenberg» von
berg, etc.
Femer Panorama vom Baehtol, Tiüki ele.
^argau, — Appenzell. — Basel, — Bern,
Anzeigen«
Brestenberg am Hallwylersee.
IT asserheil-Anstalt^ Seebäder, warme und Dampfbäder, Trauben-
kuren. — Prachtvolle Lage, zweckmässige Einrichtungen für Kur
und Unterhaltung. Schifffahrt, Jagd, Fischerei. Das ganze Jahr
besucht. — Direktor Dr. A. Erismann.
Kurort Heiden.
Botel grarni znm Sonnenlittgrel. Besitzer J. Eugster. Ist seit
Ende Mai wieder eröflhet. Beste reelle Bedienung wird zuge-
sichert.
Basel.
Gasthof znm Storchen. — Eigenthümer J. Klein -Weber. —
Empfiehlt seinen in der Mitte der Stadt gelegenen neu renovirten,
und durch vorzügliche Küche sowie gute und reelle Weine bestens
versehenen Gasthof. — Derselbe enthält 80 Zimmer und Salons.
Eigene Omnibus von und nach allen Bahnhöfen, sowie auch
Familienwägen im Hotel. Freundliche Behandlung und billige
Preise sind zugesichert.
€lasthof zur Krone. — Eigenthümer F. Lindemneyer- Müller.
— In schönster Lage am Rhein, empfiehlt sich durch aufmerk-
same Bedienung, nebst billigen Preisen. — Omnibusdienst nach
beiden Bahnhöfen.
Bern.
Schänzli« — €af^ - Restaurant. — E. Lanz- Moser, proprie-
taire. — Dejeuners, diners a la carte. Vue magnifique sur les
Alpes, Concert instrumental trois fois par semaine.
Hotel Belleyne. — Eigenthümer Oswald, früher Gastwirth znm
Falken. — Ganz neuer Gasthof ersten Ranges neben der eid-
genössischen Münzstätte, mit vollständiger Alpenaufsicht von den
Zimmern sowie von der Gartenterrasse aus. Moderirte Preise
wie früher im Falken. — Eröffnung am l. Juli 1865.
Bern.erhof neben dem Bundes -Rathhaus, unfern des Bahnhofs.
Grosses Hotel ersten Ranges mit der vollen Alpenansicht. —
Pension vom 1. October bis Ende Mai.
Hdtel dn Bonleyard. — Besitzer E. Müller. Mit Cafe-Restaurant
verbunden, nächst dem Bahnhof, im neuen Post- und Telegraphen-
bureau - Gebäude .
Neue geräumige Zimmer mit guten Betteh, empfehlenswerthe
Küche, reelle Weine, deutsches Bier und billige Preise.
1
2 Bern.
Bern.
Hdtel de l'Enrope. — Nea«r eleganter Gasthof ersten Banges
in der Nähe des Bahnhofes. Anf dem Dach Terrasse mit toU
ständiger Alpenaussicht.
■ — - - — * ■ ■ ■ ■■ ■■— — — ■■- -^i ■■■—■■^■■ii, ■■■, I ■■■- I
Gasthof zum Falken mit Dependencen, gehalten von H. Regli
Neu meublirt und restaurirt, in günstiger Lage, bietet der Gasthof \
dem Fremden alle wünschbaren Bequemlichkeiten. Omnibus nach |
dem Bahnhof. |
Gasthof znm Storchen ^ neu gebaut und zweckmässig einge- !
richtet, in der Nahe des Bahnhofes an der Hanptstrasse gelegen, ;
mit zahlreichen neu meublirten Zimmern, empfiehlt sich den Bo- |
senden durch vortreffliche reine Weine, gute Küche und auf-
merksame Bedienung. Charles Steffen, Propri^taire. '
i
CasinOy gehalten von J. Imboden. — Garten -Terrasse mit pracbi-
voUer Aussicht anf das Schneegebirge, Cafe restaurant, table d'höte.
warme und kalte Speisen k la carte zu jeder Tageszeit, mit be- ,
kannten vorzüglichen Weinen zu moderirten Preisen. Wöchent-
lich zwei bis drei Mal Orchestermusik. ]
J. Balp'sche Buch- und Knnsthandlnngr vis-a-vis vom Bahn-
hof — Deutsche, französische und englische Literatur. Reise-
handbücher von Bädeker, Tschudi, Berlepsch, Joanne, Mumy,
Pall etc. Die Blätter des grossen Dufour'schen Atlas der Schweix.
Reliefs, grosse Auswahl von Ansichten der Schweiz, sowie St^
reoscopbilder aus derselben, Costümbilder etc.
Feine Schnitzereien in Holz und Elfenbein. Fabriklager von
J. Becker & Comp., Christoffelgasse 235c. Neues Etablisse-
ment. Reelle Preise.
Zoologrlsches Kahinet zn yerkanfen. Das in Bern stehende
Museum Zahnd ist wegen Mangel einer passenden Lokalitit
unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen. Diese Samm-
lung enthält nur schweizerische Fauna, ist nach Cavier*8 System
benannt und familienweise mit Alten und Jungen' gruppirt. Die-
selbe besteht aus 58 Säugethieren, worunter Bären, Dachse.
Murmelthiere, Füchse in ihrem Baue, dann Dammhirsche.
Steinböcke, Gemsen und kleinere Thiere. An Vögeln sind
486 Exemplare vorhanden, worunter Geier, Lämmergeier.
Adler, Falken, Eulen, Berghühner und alle Zwischenarten
bis zu den Enten und Säger vertreten sind. Eine solche Samm*
lung eignet sich vorzüglich für ein städtisches Museum, für '^ine
höhere Lehranstalt oder ein grösseres Pensionat als Lehm tel,
so wie auch für ein Jagdschloss als Zierde. Die Arbeit, sc )bl
Präparation und Stellungen, wie Zooplastik sind so naturg va
als nur möglich. Für Kataloge wie sonstige Auskunft we "^ laa
sich an Herrn Zahnd in Bern selbst.
Berm. — Berner Oberland,
Bern.
[Toposri^aphlsches Atelier, B.Leuzinger in der Länggafise aber-
nimmt Zeiclinangen und Stich aller topographischen und geogra-
I phischen Karten. .
i, .
[lithogrrapbische Anstalt von F. Lips — übernimmt neben Ar-
I beiten, wie die in vorliegendem Band ausgeführten, Aufträge für
alle übrigen Branchen der Lithographie.
Berg^elmhe« J. Riesen in Bern, Spitalgasse 126, hält stets
vorrätliig eine schöne Auswahl solider und wasserdichter Berg-
schuhe für Herren und Damen.
Abendberg.
: Circa 1 ^j^ Stunde von Interlaken, durch schattige Waldwege. Eigen-
, thümer J. SteroM. Ganz neu als Gasthof eingerichtet, wird
allen HH. Touristen und ganz besonders den Pensionairen als
Kurort bestens empfohlen.
Oiessbach — Brienzersee.
: Hotel mit Pension und Bestanrant« — Eigenthum der Dampf-
schiüTahrt-Gesellschaft und unter Controle derselben verwaltet von
! Ed. Sohmldlin. Einrichtung mit 150 Betten; täglich dreimal
table d'höte. Anfang der regelmässigen allabendlichen Beleuch-
I tnngen der Wasserfälle mit dem 1. Juni; von jedem Zuschauer
wird 1 Fr. Beitrag erhoben.
G-rindelwald.
: Gasthof zum Adler^ gehalten von Rudolph Bohren-Ritschard,
empfiehlt sich den HH. Touristen bestens. Demselben ist inmitten
schöner Gartenanlagen das ehemals der Fürstin von Schwarzburg-
Sondershausen gehörende Chalet als gut eingerichtete Pension bei-
gefügt.
^ Englischer Gottesdienst. — Grundstein gelegt zu einer kleinen
Bibliothek. — Warme und kalte Bäder, — Für Führer, Träger,
Wagen und Reitpferde sich auf dem Bureau zu melden. — Lands-
leute werden besonders berücksichtigt.
Gasthof zum Gletscher. — Eigenthümer Christiaa Biirgener.
— Ganz neues Hötel und bestens empfohlen durch seine billigen
'. 'eise und gute Bedienung.
Unmittelbar in der Nähe der Gletscher und des Eismeeres, und
Brhaupt schöne Aussicht nach dem Eiger, Mettenberg und
etterhom.
Wagen, Reitpferde, Träger und Führer im Hötel zu erfragen.
1*
Bemer Oberland.
Bemer Oberland.
Guniigel-Bad im Kanton Bern. Erofihnng am 1. Joni. Der Unter-
zeichnete, schon einige Zeit Eigenthümer des Etablissements, hat
dessen Leitung non selbst übernommen.
Der vieljährige Badarzt Hr. Dr. Verdat wird anch fernerhin die
ärztliche Praxis besorgen.
Mannigfaltige Verschönemngen und Verbesserangen an Mo-
bilien und Gebänlichkeiten, wobei namentlich auch auf ünterhsl-
tong der Kurgäste bei ungünstiger Witterung Bedacht genommen,
ganz besonders aber Fund und Fassung einer zweiten — rochem
— und slÄrkem — Schwarzbrünnli- Quelle, — wodurch die Er-
stellung neuer zweckmässiger Douche- Einrichtungen ermöglicht
worden, lassen mich hoffen, das bisherige Zutrauen werde dem
hiesigen Kurorte, mit seinen langbewährten Heilquellen, anch for-
derhin verbleiben ; durch aufmerksame und gute Bedienung werde
ich dasselbe zu rechtfertigen wissen.
Zur Bequemlichkeit meiner verehrlicfaen Gaste wird der täg-
liche Omnibus erst nach Ankunft der Schnellzüge der Ost- und
West -Schweiz um 2 Uhr 15 Minuten Yom Gasthaus zum Wildeo-
mann in Bern abfahren.
Depot der hiesigen Mineralwasser in frischer Füllung, befindet
sich wie bisher bei HHm. S. Friedly, jgr. in Bern und Trog, Apo-
theker in Thun.
Gnmigelbad im Mai 1865. J. Hanser.
Interlaken.
Hdtel Bely^d^re^ Gasthof ersten Ranges ; neben dem Kursaal, mit
prachtvoller Aussicht auf die Alpen, warme und kalte Bäder im
Hause.
Hdtel und Pension zum Casino« J. Imboden, Eigenthnmer.
Dieses bekannte Etablissement befindet sich am berühmten Höhe-
weg, in der Nahe der englischen und katholischen Kapelle, mit
prachtvoller Aussicht auf die Jungfrau und die malerische Um-
gebung Interlakens, bietet sowohl Familien, als einzelnen Beisen-
den jede wünschbare Bequemlichkeit.
Table d'höte um 2, 5 und 7 Uhr. Billige Preise , Pensionspreis
von 5 bis 7 Fr. Der Omnibus des Hotels befindet sich Beim Laa-
dungsplatz der Dampfschiffe. Für Führer, Wagen und Reitpferde
wird bestens gesorgt.
Hdtel Schweizerhof. — Proprietaire Strubin- Müller, — Cei
Etablissement situd au centre d'Interiaken, contient: avec D^pes*
dance» 120 Ohambres, Salle ä manger, Salon, Salle ä fumer € Ib-
sieurs Salons particuliers. Table d'höte ä 2 et 6 heures. E ers
particuliers ä la carte. On parle fran^ais, anglais et Italien. < ra-
naux fran^ais, anglais et allemands. Voitures, guides et ' iM
de montagne .
Berner Oberland. 5
^ Interlaken.
BlSCOntO - €aS8a« — Auswechslung in- und ausländischer Papiere
I and Geldsorten zu möglichst billigen Conditionen.
I Hotel & Pension Yictoria. — Ed. Ruohty, propri^taire. —
Dieses comfortable Etablissement, im Centrum der Promenade
j Interlakens gelegen, die schönste Aussicht nach Jungfrau und
Alpenkette bietend, empfiehlt sich den verehrten Reisenden
bestens.
[ Table dTiöte 1 , 4 und 6 ühr. Diner a la carte zu jeder Stunde.
— Gute Weine. Massige Preise. — Bei den Landungsplätzen Om-
nibus vom Hotel.
' Xnrhaus Jnn^franblick« — Das Kurhaus mit seiner vollen Aus-
sicht auf das Lauterbrunnenthal mit der Jungfrau, auf den Thuner-
und Brienzer-See, inmitten schattiger Waldungen und ausge-
dehnter Parkanlagen, wird im Juni dieses Jahres eröffnet. —
Molkenkuren, künstliche Mineralwasser. — Hotel ersten Ranges
mit 150 Betten.
I "- :
Eandersteg.
j Hotel znm Bären* :r- Eigenthümer Egger, früher Gastwirth ziun
I Hotel Victoria daselbst. — Ganz neuer Gasthof ersten Ranges mit
40 Zimmern am Fusse der Gemmi. Man findet gute und billige
} Bedienung sowie Reitpferde und Träger über die Gemmi und
Wagen nach Thun und Interlaken. Es werden auch Fremde in
[ Pension genommen. Eröffnung 1 . Juni.
1 Meiringen.
; Gasthof zum wilden Mann, vis-a-vis des Reichenbachfalles. —
'\ Prachtvolle Aussicht vom Altan des Hauses auf Bosenlauigletscher,
[ Wellhorn, Engelshörner, etc. — Reelle und gute Bedienung,
i billige Preise. Warme und kalte Bäder.
t Für Führer, Wagen und Reitpferde sich auf dem Bureau zu
melden. Deutsche, französische und englische Zeitungen.
\ Hotel Hof prfes Meiringen» Alexander Nsegeli. Dieser Gast-
I hof empfiehlt sich besonders , wegen seiner, für Touristen vorzüg-
i liehen Lage, als Knotenpunkt des Susten-Grimselpasses, und der
I seit neuerer Zeit immer mehr besuchten Passage von Hof nach
\ Rosenlau'i etc. Tüchtige Führer und gute Pferde sind stets zu
Tarif- Preisen zu haben.
! Hotel et Bains de Beichehbach-Meiringen. Dieses Hdtel
I mittelbar am schönen und malerisch berühmten Reichenbachfall
1 Meiringen gelegen, empfiehlt sich durch seine schöne Lage
I 7ohl wie durch aufmerksame und sorgfaltige Bedienung. Paten-
I e Führerund eingeschulte Bergpferde sind im Hotel zu haben.
■ abendliche Beleuchtung der herrlichen Cascaden finden vom
tel aus statt.
Bemer- Oberland. — Bodemset.
GrotthardBtrasse. HospenthaL
Hdt6l Mcierliof« — In diesem Hotel befindet sieh eine AusmU
von feinen Schweizer Holzschnitzwaaren , Reiseeffekten, etc. etc.
Murren.
Hdtel Sflberhom im Lanterbmnnenthal (5018 Fnss nber Meer),
gehalten Ton J. Sterchi. — Empfiehlt sieh wegen der schönen
Gletscheraussicht und reinen Alpenlnft den Touristen und Pen-
sionärs. Die Besteigung des Schilthoms ist sehr lohnend.
Schynige Platte.
Gasthof zur Alpenrose. — Wirth Adolf Seiler. — Wenn sdion
an und für sich die unvergleichlich schöne Lage, Angesichts der
nahe stehenden Kette der herrlichen Schneeberge, des Thnneisees,
der beiden, vom Schmadribach bis zum obem Grindelwaldg^ei-
scher so lieblich unter den Augen liegenden Thäler von Lanler-
brunnen und Grindelwald , der Besuch dieses in allen Reisehand-
büchern rühmlichst erwähnten, nur ein paar Stunden von
Interlaken entfernten Aussichtpunktes den Ruf als eine der un-
streitig lohnendsten Bergtouren erworben hat, so wird der Unter-
zeichnete sich zur Aufgabe stellen , seinen vor zwei Jahren gini
neu erstellten Gasthof zur Alpenrose ^ wie vorher, durch billige
und zuvorkommende Bedienung, gute Betten, reelle Speisen und
Getränke den geehrten Besuchern möglichst angenehm zu machen.
Seüer.
Hotel et Pension de la Grimsel gehalten von Büliarz. Dieses
Hdtel auf der Ereuzstation für den St Gotthard , Wallis und die
herrlichen Gletscherparthien gelegen, bietet jedem Tonristen den
besten Comfort Preise fix und billig. Vorzügliche, selbst in
allen Clubbüchem erwähnte, Gletscherfahrer, sowie Bergpferde,
sind im Hause sicher zu finden. Table d'hdte um 7 Uhr.
Bilharz.
Than.
Hotel Freienhof 9 an d^arcad^re des B&teaux ä vapenr, cafi£,
billard au plainpied, se recommande par la modicit^ de ses priz,
une bonne cuisine et un service actif. Omnibus ä tons les traios.
Hotel de BeUeyne. — Gasthof ersten Banges in wundenroUer
Lage mit Park und Garten- Anlagen. Englische Kirche , Salons de
lecture, etc. Pension vom t. October bis Ende Juni.
Bodensee — Bheinfall.
Hotel Bodan, Besitzer H. Heyer, gegenüber demBahnl iid
der Dampfbootlandung, empfiehlt sich hauptsächlich dnr^* ne
schönen Räumlichkeiten sowie gute Bewirthnng.
i
Bodensee, — Freiburg. — Gotthardstrasse. — Chiir, 7
Bodensee — Bheinfall.
Hotel Witzig. — Proprietär H. A. Witzig-Rietmann. — Eisen-
bahnstation Dachsen am Rheinfall.
Die eigentliche Bheinfallstation 15 Minuten bis zum Fall
(Fischetz) für Eisenbahnfahrer die bequemste Art, an den Rhein-
fall zn gelangen. Gute, billige und freundliche Bedienung, Aus-
sicht auf die Gebirge, vom Säntis an bis zur Jungfrau.
Hotel et Pension Sehweizerhof, am Rheinfall, ehemals Hotel
Weber. — Besitzer F. Wegenstein. In nächster Nähe der Eisen-
bahnstation Neuhausen (neu eröfihete Eisenbahn von Basel nach
Schaffhausen und Oonstanz), in prachtvoller und unstreitig bester
Xjage , gegenüber dem Rheinfall , mit herrlicher Aussicht auf den-
selben und auf die ganze Alpenkette; mit Lesekabinet, Musiksaal,
ßillards, Bädern, Promenaden etc. — Ausstattung und Bedienung
vorzüglich. Billige Preise. — Für Familien und Touristen gleich
empfehlenswerth. — In wöchentlichem Aufenthalt ermässigte Pen-
sions-Preise.
Friburgy Suisse,
Hotel des Mereiers, dit: Abbaye des Marchands, tenu par le
propri^taire Ad. Hartmann-Mtiller. — Oet hötel, au centre de
la ville et des affaires commerciales, ä cöt^ de la Cathddrale ou se
trouve le grand orgue, non loin des Ponts, de la Poste et des
]Bureaux du t^^graphe , a dt^ restaurd et meubld compldtement ä
neuf et au dernier goüt; 11 se recommande aux vojageurs par ses
prix moddrds, Joint a tout le comfort desirable.
Gotthardstrasse.
^I^asthaus znm Bealp- Hospiz« — Den HH. Fnrkatouristen em-
pfiehlt das Gasthaus zum Hospiz Realp, mit dem Versprechen
guter und anerkannt billiger Bedienung, dessen einstweiliger Be-
sitzer und Postablagehalter P. Arsenins, Snperior.
Hotel St.-Gotthard, in Andermatt.— Eigenthümer Dr. Christen.
— Dieser rühmlichst bekannte Gasthof wird allen resp. HH. Rei-
senden, namentlich denjenigen des schweizerischen Alpenclubs,
aufs neue angelegentlichst empfohlen, und zugleich höflichst für
das frühere Zutrauen gedankt.
Chur.
Hotel Lukmanier. — Miteigenthümer Benner-Rott, bisheriger
Garant des Hotels des Churhauses in St.-Moritz, Engadin. — Beste
Tiage zunächst dem Bahnhofe, gegenüber der Post. Omnibus von
ind nach dem Bahnhofe.
i tel Steinlbock (im Erdgeschoss Caf^). Besitzer Küpfer-HatLser^
Meser vor einem Jahr grossartig erweiterte und zeitgemäss restaurirte
jasthof, bietet den resp. Familien und Touristen jede wünschbare
Bequemlichkeit. Bureau der Extraposten im Hause selbst.
8 Graubünden — Seuschatei.
Bavos.
Hotel und Pension zum StreUa, 4800 Fuss über Meer. —
Besitzer Fr. Hioliel. — Empfieltsich denHH. Cnranten ond Touris-
ten bestens. Gate und billige Bedienung, reelle Veltliner Weine,
Aussicht auf das Sehynhorn, Schwarzhorn und Weissfluh.
— Aller Art Fuhrwerke und Reitpferde stehen zur Verfügung. —
Bleibt das ganze Jahr geöffnet.
Ponte. Ober^Engadiii.
Gasthans zum Albnla« — Eigenthümer Max. Gartmann, Lehren
— Empfiehlt sein an der Albulastrasse gelegenes Gaslliaiis bestens.
Gute Küche sowie reelle Getränke wird Jedermann finden. Ge>
fährte sowie Reitpferde über den Albula sind stets zu haben.
Obiger führte im Sommer 1 863 mehrere seiner Herren Gäste aof
die Albulaspitze (Piz üertsch), Müselia und Schlossmine reo
Guardovall , und wird auch von nun an dazu bereit sein.
Fontresina.
Gasthans nnd Pension znr Krone (Post). — Besitzer L. Gredlg.
Empfiehlt den HH. Touristen und Curanten seinen mit neuem Sa
Ion und 38 Zimmern versehenen Gasthof bestens. — Gate und
billige Bedienung, reelle Veltliner Weine, prachtvolle Aussicht
auf den Rosegg- Gletscher und Umgebung. Fuhrwerke und Pferde
zu Ausflögen stehen inmier zur Verfugung.
Samaden.
Hotel Bernina* — Centralpunkt des Oberengadiner- Verkehrs und
Touristen -Standquartier für die Oberengadiner -Touren. Haupt-
stationspnnkt der enetbergischen Postrouten. — Hotel Bernina mit
schöner Aussicht auf die Bemina- Gruppe empfiehlt sich bestens.
Thusis.
Hotel de PAigle d'or et de Poste. Jouissant de la plus belle
vue, tant sur les montagnes que sur la riante valMe de Domleschg.
Voiturcs pour la Viamala, Andeer, Splügen, et ailleurs. Che
vaux pour le passage tr^s-pittoresque du Schyn, et guides poor
toutes les excursions des environs. ^ ^^
Weissenstein.
Weissenstein-Albnla« — J. Rud. Jecklin, Eigenthümer dieses
ungefähr in der Mitte zwischen Ponte und Bergan gelegenen Gast-
hauses , empfiehlt sich den Herren Touristen bestens. — Vorzflgr-
liehe Küche. Auswahl guter , reeller Weine. Treffliche Forellen.
— Freundliche Behandlung und billige Preise. ^
Neuchätel.
Hotel BeUevne« — Grand hötel de premier ordre situ^ to ^Q
bord du lac. Vue des plus ^tendues sur les Alpes. Bains i*
sion des Octobre ä Mai. Service religieux anglais.
Schaff hausen. — Yierwaldstätler- See.
Schafihausea.
Hotel zur Krone* — Besitzer J. Hirt. — Nahe bei Bahnhof, Poet
u. Damp&chiff. — Altes gutes Haus, von Geschäftsreisenden und
Familien stark besucht. — Table d'höte um 12 Uhr. Restauration
a la carte zu jeder Zeit, um die Abreise mit den Nachmittagszügen
zu erleichtern. — Wagen und Omnibus sind im Hause zu linden.
, — 10 Mal täglich per Eisenbahn zum Rheinfall für 10 Cent.
Engelberg. Kurort,
(3200 Fuss über Meer , am Fusse des Titlis).
Pension und Kurhans Müller ist seit dem 1. Juni wieder er-
öffnet. Auskunft der Prospecte ertheilt der Besitzer J. Fr. MüllQr^
Regierungsrath.
Bad. und Gasthof zum Engel. — Besitzer: Wittwe Cattani
Tmd Kinder. — Kurgäste finden die gewöhnlichen Kurpreise»
Keisende billige Gasthofpreise. — Engeiberg ist für den Berg-
steiger einer der geeignetsten Orte, um von da aus die schönsten
Bergtouren zu unternehmen. Tüchtige Führer zu kürzeren oder
längeren Reisen sind stets erhältlich.
Luzem.
'' Gasthof zum wilden Mann« — Eigenthümer F. Estermann. —
Nach den Gasthöfen ersten Ranges erlaubt sich der Eigenthümer^
seinen restaurirten Gasthof bestens zu empfehlen. Derselbe be-
findet sich in der Nähe des Bahnhofes, der Post, des Regie-
rusgsgebäudes und Museums. Etwa 20 sehr comfortable Zimmer
I stehen zu sehr bescheidenen Preisen bereit. Preise für Schweizer
* 1 Fr. Dieser Gasthof ist das gewöhnliche Absteigequartier der
Herren Grossräthe und Beamten vom Lande. — Gute Weine und
Küche. Speisen nach der Karte sowie Table d*h6te,
; Pension -Seelbnrg* Eigenthümer H. Muller. — V2 Stunde von
Ijuzern, prachtvolle Aussicht — kalte Bäder, Verbindung mit
\' Luzem per Dampfschiff.
1 Bigi- Scheidegg.
' Karort Bigi- Scheidegg« Eröffnung den 1. Juni. Milch, Molken
1" und eisenhalitges Mineralwasser. Douchen-, Mineral- und Molken-
1 bäder. Prachtvolle Aussicht. Logis für 150 Personen. In der
I, Pension Möller in Gersau am Vierwaldstätter-See (welche dem
^ gleichen Besitzer angehört) sind immer Pferde und Träger bereit
zur Besteigung von Rigi - Scheidegg und Rigi-Kulm. In Gersau,
sowie auf Scheidegg befinden sich Post- und Telegraphen-Bareaux.
Schwyz.
Pi don Jtttz^ (2000' über Meer) mit weiter prachtvoller Aussicht
die Gebirgswelt und auf den Vierwaldstätter- und Lowerzer-See.
Frische Molken-, Kuh- und Ziegenmilch ist täglich zu haben.
Billige Preise und aufmerksame Bedienung wird zugesichert.
10 Tessin. — fFaadL — fFallis. — Zürich.
Seewen bei Schwyz.
fiötel und Penision zu den Mineralbädem zum B5ssli* Imnittea
herrlicher Wiesen und Obstbäume am Lowerzer-See gelegen,
1 Stunde vom Yierwaldstätter-See, IV2 Stunde Ton Goldau ete.j
Täglich mehrmalige PostTerbindung. — Eisenhaltige Mineral-,
Douche-, Dampf- und Seebäder. Kuh- und Ziegenmilch, Molkea
und fremde Mineralwässer. — Gute Bedienung und billige Preise
sichere den verehrten Kurgästen und Touristen zu. Die Eig^ntbs-'
mer: Wittwe Beeler & Söline.
Lugano.
Hotel et BelT^d^re du Paro von A. Beha. — Inmitten schAt-
tiger Gartenanlagen der üppigsten Vegetation des Südens , am S«e
gelegen. Diese grossen Gebäulichkeiten mit ihren weiten Bäumen,
deren östliche und südliche Frontseiten sich auf 34 Fenster Länge
in jedem Stockwerke erstreben, und von wo aus sich dem Be-
schauer Landschaftsbilder entfalten, wie diese so reizend wohl
kaum wieder zu finden sind , bedürfte kaum einer andern £knpieh-
lung, als die in sämmtlichen anerkannt guten Reisehand-
büchern, wie Baedeker, Tschudi, Berlepsch und Murraj
enthaltene. Doch möge sich an diese noch eine weitere AntoixtiU
mit folgendem in das Album des Hotels gezeichnetem Ausspruehe
reihen : Die HH. Professoren F. von Liebig und Wöhler schreiben :
„Wir bedauern, dass andere Ziele uns nötigen den unvergleich-
lichen Aufenthalt bei Hrn. Beha, fiiiher als wir es wünschten
verlassen zu müssen."
Vevey.'
Hotel du Lac, tenu par Ed. Delajouz propri^taire. — Situation |
magnifique au bord du Lac et du Quai Neuf. — Table dlidte et |
Restauration ä la carte. Prix mod^r^s et pension d'hiver. \
Zennatt.
Hotel Mont-Cerrin« — Eigenthümer J. Ant. Clemens. —
Neuer Gasthof mit schöner Aussicht von den Zimmern auf den Dom,
Matterhom, Görner -Gletscher, Theodulpass. — Elnglischer Got-
tesdienst. — Pension vom 1. Juni bis am 20. Juli.
BapperschwyL
Hdtel du Lae am Zttrleh-See« Dieses Etablissement liegt in
prachtvoller Lage , zunächst der Eisenbahnstation und *^^ tn-
dungsplatze der Dampfboote. Gasthof ersten Ranges.
F
^ anzeigen, 11
WerthvoUe Reiseerinnernng.
Verlag von Hermann CostenoMe in Jena und Leipzigr*
in
Natur- und Lebensbildern.
Dargestellt
von
H. A. Berlepsch.
Mit 16 Illnstrationen nnd einem Titelbilde in Tondruck
nach OriginalBeichnongen von
Emil Bittmeyer.
'. Pracht -Ausgrabe. Lex. -8. eleg. broch. 3 Thlr. 26 Sgr. Eleg.
geb. 4V3 Thlr. Goldschnittband 4V3 Thlr.
^ WoMfeile TolkS- Ausgabe mit 16 Illustrationen ohne Tondruck.
Oktav, broch. 1 Thlr. 20 Sgr. Eleg. geb. 2 Thlr. 5 Sgr.
Urtheile der deutschen Presse in gedrängten
Auszügen:
ii Das Werk soll ein Seitenstück zuTschudi's „Thierleben
der Alpenwelt" sein und verdient seinen Platz neben diesem
Meisterwerke in dem Bücherschrein eines jeden Naturfreundes. Die
Schilderungen des Verf. sind ausserordentlich lebendig nnd mit Ge-
schmack und Sachkunde durchgeführt; nur hier und da vielleicht
etwas zu schwungvoll, wenigstens für Den, der die zu allen Ueber-
schwenglidikeiten der Naturbegeisterung hinreissende, imnennbare
Pracht der Alpenwelt noch nicht selbst geschaut hat.
Rossmassier: „Aus der fieimath."
y Lebendige und naturgetreue Schilderungen, gleich geeignet, den
' in die Alpen Reisenden auf die grossartigen und eigenthümlichen
Erscheinungen in denselben vorzubereiten, wie dem Rückkehrenden
zur angenehmen Erinnerung an das Gesehene zu dienen, zugleich
auch für Den, welcher sich die eigene Anschauung der gewaltigen
Gebirgsscenerie und des Lebens in derselben versagen muss, die an-
z-hendste Leetüre. Giebel und Heintz:
..Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften."
Dieses treiniche Buch enthält sehr anziehende Schilderungen der
I en und namentlich ihrer Bewohner. Wer die Schweiz und Tyrol
\i Qt, oder wer sie kennen lernen will, dem empfehlen wir, um zum
T ständniss seiner Reisegenüsse, also zum doppelten Genüsse zu ge-
12 anzeigen.
langen, Berlepsch' Bach auf das Angelegentlichste. Der Verfasser j
ist in den Naturwissenschaften, namentlich in der 6eol(^e zn Hanse, :
und weiss ans vortrefflich das Charakteristifiche der Alpenlandscbaf-
ten und ihre ästhetischen Wirkungen nach den gössen Natoigesetzen
zu erklären; er eröfilnet uns gleichsam das geologische Verstandnws
des Erhabenen oder Schönen, den naturhistorisehen Sinn der Fonnen
und ihrer Wechsel. Das Auslanil
Gerstäeker, Friedrich, Achtzehn Monate in Süd-Amerika und ;
dessen deutschen Oolonien. 6 Theile in 3 Banden. 8. broch.
öVs Thlr.
Hnmboldt's, Alexander ron, Briefwechsel mit Heinrich Berg-
hans aus den Jahren 1825 bis 1858. Drei starke ^ande. gr. &
broch. ä Band 2 Thlr. 12 Ngr.
- *
Verlag von G. Baedeker in Goblenz:
Doldenhorn und Weisse Frau« Zum ersten Mal erstiegen and
geschildert von Abraliam Koth. und £dmund y* Fellenberg»
Mit 11 Farbendruckbildem, 4 Abbildungen in Holzschnitt and
1 Karte in Farbendruck. 1863. Fr. 6. 70.
(Erschien auch in englischer Sprache.)
Baedeker^ K« ,,Die Schweiz nebst den benachbarten ober-italischen .
Seen, Savoyen und angrenzenden Theilen von Piemont, der Lom- :
bardei und*TiroL" Mit 14 Karten, 7 Städteplänen und 6 Pano- ,
ramen. 10. Auflage. 1865. Fr. 7. —
— „La Suisse, ainsi que les lacs avoisinant de Tltalie septentrionale,
la Savoie et contr^es limitrophes du Piemont, de la Lombardie et
du Tirol." Avec 12 cartes gdographiques, 7 plana de villes, et
6 panoramas. 6™* edit. 1864. fr. 7. —
— „Switzerland, the Italian lakes, Savoy and the adjacent portiov
of Piedmont, Lombardy and the Tyrol," wiih 12 maps, 7 plAB«
and 6 panoramas. 2"^ edition. 1864. fr. 7. —
Von demselben Verfasser erschienen femer:
Belgien und HoUand. 8. Auflage. 1863. Fr. 5. 35.
Bel^que et HoUande. 3»« Edition. 1864. „ 5. 35.
Die Bheinlande. 13. Aufl. 1864. „ 5.35.
Les Bords du Bhin. 6^«^d. 1864. „ 5.35.
TheBhine. 2»* edition 1864. „5.35.
Deutschland nebst Theilen der angrenzenden Linder.
11. Aufl. 1864. „ 12.-
Daraus einzeln:
Mittel- und Nord -Deutschland „ ^ 35.
Oesterreich, Sfid- und West- Deutsebland „ -
Oesterreich „ %
Sfidbayern, Tirol und Salzburg „ -
Allema^e et quelques parties de pays limitrophes „ 1< iO>
Ober-Italien bis Nizza, Genua, Bologna. 2. Aufl. 1863 35.
JInzeigen, 13
etalie septentrionale. 2""» edition. 1863 Fr. 5. 35.
_oncloil und seine Umgebung. 1862 „ 5. 35.
AiriSy including routes from London to Paris and from
Paris to the Rhine and Switzerland, with map and
, plans. 1865 „5. 35.
iPttris und Umgebungen. 5. Aufl. 1864 ,, 5. 35.
lübe trayeller's manual of conserratioii* Englisch,
• cleutsch, französisch, italienisch. 16. Aufl. 1864 „ 4. —
(Sämmtlich dauerhaft in rothe Leinwand gebunden.)
Im Monat Juli 1. J. wird feiner im gleichen Verlage
ersehenen:
|Das Hochgebirg von Grindelwald.
Von
; Piof. Aiebjy EdmitiLd V. FellenTbersTj Beide in Bern.
und B. Gerwer, Pfaner in Gnndelwald.
Mit einer Karte des Gebietes im Maassstab von 1 : 50,000
|gez. von B. Leuzinger, t Panorama der Bergkette und etlichen
I Holzschnitten.
, £«z. 8. Preis eiroa Fr. 7. —
gasssesasesiaesessaseesBese
Verlag derBe^ser'schen Buchhandlung (W. Hertz) in
Berlin:
h
t
und
Tp@ici3aillp6Ci6S@6ii@Si
Neun Vorträge
ron
Carl Witte,
Professor in Halle.
Mit einer Abbildiing von San Marino.
BerUn 1858. 16. (VI, 482 S.)
Preist 2 Thlr. Oeb. 2 Thlr. 10 Sgr.
Inhalt: Die Gletscherwelt. Die Alpenpässe. Engadin. Der
Rosengarten und das Grödnerthal. San Marino. Bavenna.
Pilinuro und §apri. Palermo. Ein Kloster in den Apenninen.
J
Clmstoph V. Christopli Bnrckhivdt.
Nr, 4 J'reienstrasae, BaseL
Grosse Aaswahl
XZ. e i s e a. X* -t i k e 1 n.
Dsmenkoffer.
Englische Herrenk offer.
Handkoffer.
Tornister,
Peldstiilile.
KönstlerstScke.
Besteck- Etuia.
Beisesäeke.
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UmMngtBSchen.
Coarriertaechen.
Samirte BeisekBrbe.
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Toiletten -Necessaire ffit Hm-
Lager
Toiletten- Artikel
jeder Art, in reicher, TollstSndiget Ansvalil.
16 Anzeigen.
Im Verlag von Felix Schneider in Basel erschien soeben:
Maderaner-Thales
im EaHton üri
nach einer hinterlassenen Zeichnung des verstorbenen
Georg Hoffinaui von Basd
von ihm nach der Natur i^fgenomman.
Damu
Ein Führer in die Gebirge des Maderanerthales;
Verfasst von einigen Mitgliedern
der
Preis 3 Fr.
In C. W* Kreidel's Terlag in Wiesbaden ist soeben erschiene&l
' Der Gebirgsbau der Alpen.
Von
E. Desoi*. . •
Mit HokschniUen und 1 Karte. — Preis 1 Thli.
Dieses neue Buch des gelehrten Forschers hat nicht allein fiir
Geologen, sondern in gleicher Weise für Freunde und Lehrer]
der Geographie besonderen Werth.
Verlag von Jidius Springer in Berlin.
Von dem bekannten Gletscher^^anderer Ahräfiam Roth in Bernl
erschienen bei mir die nachstehenden beiden Schriften:
Gletscherfahrten in den Berner Alpen.
Mit einer Abbildung der Wetterhorngmppe.
22 Va Sgr. (3 Franken).
Finsteraarhornfahrt.
Mit 1 Abbildung des Finsteraarhoms und 1 Karte der Finsteraarhorn-Oegr
22V2 Sgr. (3 Franken).
— "OO*"*-
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♦-^-t--^
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^^(^ i f IS24 ■
BOUND
542 Gletscher fUhrer,
Benjamin Besse in Verseg^re, 24 Jahre. Spricht franzö-
sisch nnd wenig deutsch. Grand Combin, erste Ersteigung. —
Ool du Mont-Durand und viele andere Pässe. Kennt G^troz
und Otemmagletscher genau.
CamiUe Besse in Versögfere, 19 Jahre. Spricht französisch.
Grand Combin, erste Ersteigung. -^ Pierraz-Vire. — G^troz-
gletscher uud Pässe in die Nachbarthäler.
Jos. (i?i7/io^inChamp8ec. 3S Jahre. Spricht französisch. —
MoDt-Pleureur. — Ruinette. — Mont-Colon. — Mont-Rouge. —
Passages de la Maison Blanche. — Glacier d'Otemma. —
Töte Blanche. — Col du Gret etc.
Jean Francois Moron in Chatte. 39 Jahre. Spricht
französisch. Mont-Colon und Mont-Rouge. Kennt die Pässe
in die benachbarten Thäler, Otemmagletscher, Mont-Dorand,
Corbassi^re- und G^trozgletscher etc.
Verlag der J. Dalp'schen Buchhandlung
in Bern:
Bildliehe Erinnernngeii vom eidgenössischen Truppen-
znsammenzug im August 1861. Nacli der Natur gezeich-
net von Engen Adam^ Text von Dr. Abraham
Both. 16 Blätter in Lithographie nebst 16 Blätter Text.
Fr. 37. 50. Eleg. gebunden Fr. 48. —
Golpke^ E* F.^ Pro£ „Die christliche Sagengeschichte
der Schweiz." 1862. Fr. 4. 50. Bieg. geb. Fr. 5. 50.
— „Die Kirchengeschichte der Schweiz." 1861. 2 Bände.
Fr. 18. —
Fischer^ L«, Prof. „Yerzeichniss der Phanerogamen und
Gefässkryptogatnen des Bemer Oberlandes und der Um-
gebungen von Thun." 1862. Fr. 1. 30.
Eurz^ Dr. Heinrich. „Die Schweiz." Land, Volk und
Geschichte in ausgewählten Dichtungen. Eleg. gebunden
Fr. 5. —
Wnrstemberger, J. L. „Geschichte der alten Landschaft
Bern." 1861. 2 Bände. Fr.l2. —
Tsehudi, Fr^dMc de. „Les Alpes." Description pitto-
resque de la nature et de la faune alpestres, avec 24 gra-
vures. Eleg. geb. Fr. 20. —
Bloseh^ Dr. C. A. „Geschichte der Stadt Blei und ihres
Panner- Gebietes." 2 Bände. Fr. 12. —
Bonstetten^ 8. de. „R^^^^ii d'antiquit^s suisses accom-
pagnö de 28 planches." Fr. 50. —
— Supplement au „Recueil d'antiquit^s suisses." Fr. 35. —
— „Notices sur les tombelles d'Anet" (canton de Berne),
aecompagn^es de planches. Fr. 4. —
Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Her-
ausgegeben von der geologischen Commission der schwei-
zerischen naturforschenden Gesellschaft auf Kosten der
Eidgenossenschaft. Erste Lieferung (Basier Jnra) mit
4 Karten. Fr. 1 2. -—
Die zweite Lieferung: Theobald 6., geolog. Be-
schreibung der nordöstlichen, in den Blättern X. und XV.
des eidgenössischen Atlasses enthaltenen Gebirge von
Graubttndten. Mit 2 colorirten Karten und vielen Durch-
schnitten. Preis der ganzen Lief, mit Karten Fr. 00. —
Blatt XV. einzeln Fr. 1 5. — Blatt X. Fr. 00. —
Bätimeyer^ Dr. L. ,,Vom Meer bis zu den Alpen.'^ Schil-
derungen von Bau, Form und Farbe unseres Continents
auf einem Durchschnitt von England bis Sicilien. 1854.
Fr. 4. —
Sammlung der in Kraft bestehenden Gesetze, Bescblfisse
und Verordnungeu des Bundes über das SChweizeri8Ck6
Milltärwesen. 1862. Fr. 5. 60.
AUG 8 1918
Drock von G. Grumbach in Leipzig.
Verlag von ScheltUn & Zollikofer in St. G*lleii.
Iwan Tschudi's
SCHWEIZERFÜHRER.
REISETASCHENBUCH
für
die Schweiz, die benachbarten italischen Seen nnd Thäler,
Mailand, Tarin, das Chamounythal, die Umgebungen desMont-
Blane nnd des Honte-Rosa, Yeltlin, das angrenzende Tyrol,
Montafon , Vorarlberg und den südlichen Schwarzwald.
Sechste, gänzlich umsearkilele und siarkYermelir'.e AuGa^e. 1365.
Mit 1 Reisekarte der Schweiz, 6 Stadtplänen und 12 Gebirgspanoramen.
DBBI THEILE.
L NORD- UND WESTSCHWEIZ.
Enthaltend
die Kantone Thurgau, Schaffhansen, Zürich, Aargau, Basel,
Solothurn, Bern, Freiburg, Neuenburg, Waadt und Genf, den
Bodensee, den Bregenzerwald, den südlichen Schwarzwald,
Ghablais, Faucigny und das Ohamounythal.
Mit
einer Beisekarte der Schweiz, den PlAnen von Basel, Born, Genf
and ZQrioh und den Gebirgspanoramen von Bern, von der
Heimwehfluh, von MQrren und vom Fanlhorn.
n. TTR- UND SÜDSCHWEIZ.
Enthaltend
die Kantone Luzern, TJnterwalden , Zug, Schwyz, Uri, Wallis
nnd Tessin, die benachbarten italischen Seen und Thäler,
Hailand und Turin.
Mit
einem Plane von Mailand nnd den Gebirgspanoramen vomRigi-
Knlm, von Rigi-Scheldeck, vomTitlis, vom Gornergrat
nnd vom Torrenthorn.
Enthaltend
die Kantone Graubünden, Glarus, St. Gallen und Appenzell,
das Yeltlin, das angrenzende Tyrol, Montafon
und Vorarlberg.
Mit
einem Plane von St Gallon nnd den Gebirgspanoramen vom Piz
Mandann, Piz Langnard und Speer.
Preis compUt 1 TUr. 18 Vgr. 2 fl. 40 kr. 6 Fr. 60 Cti.
Heae Urtheile der Presse fiber den Schweiserfihrer.
T8chadi*B „Schweizerf&hrer' bat sich gleich bei seinem ersten Er-
scheinen durch alle Eigenschaften eines vorzüglichen Reisebaches ausge-
zeichnet. Darin stimmten alle Recensenten , alle Kenner unseres Lan-
des, alle Touristen vollkommen überein , und der Erfolg war daher auch
ein sehr günstiger. Es folgten sich in kurzer Frist Auflage um Auflage,
und jede folgende überbot die vorherige an Reichhaltigkeit, Genauigkeit
der Darstellung und Eleganz. Einen sehr bedeutenden Fortschritt machte
aber der „Schweizerführer^ letztes Jahr mit dem Erscheinen seiner 5.Aaf-
flage; der unausgesetzte Fleiss, dieKenntniss und Umsicht, die Liebe und
Begeisterung des Verfassers für das Land und das Werk, so wie so vieler
seiner Freunde, namentlich mancher der thätigsten und verdientestoi
Mitglieder des Schweizer Alpenclubs, die schon seit Jahren mit der ge-
nauesten Durchforschung unseres Hochlandes beschäftigt , hatten damit
dieses vortreffliche Reisetaschenbuch in eine ganz neue Phase und auf
einen Standpunkt gebracht, von welchem aus es fast alle übrigen Reise-
handbücher der Schweiz an praktischer Brauchbarkeit überflügelte.
Dessen ungeachtet hat auch die diesjährige Ausgabe wieder so manche
Berichtigungen , so werthvolle Ergänzungen und Bereicherungen in Text
und Beilagen erhalten, dass sie ohne Unbescheidenheit füglich als 6.
Auflage hatte declarirt werden dürfen, wie solches anderwärts ja so leicht
und gerne geschieht, ohne dass dabei der Käufer, wie hier, die volle Be-
ruhigung haben ka]^, dass er ein Buch besitzt, welches vollkommen auf
der Höhe der Zeit steht. "^
Wir besitzen nun sowohl in der deutschen als in der französischen
Ausgabe des „Schweizerführers" Reisetaschenbücher, welche sich nicht
allein durch gedrängte Kürze, Reichhaltigkeit, Billigkeit und bequemes
Format, sondern zugleich auch durch Vollständigkeit und Allaeitigkeit,
auf persönliche. Anschauung und Erfahrung gegründete Zuverlässigkeit
und kritische Originalität in höchst bemerkenswerthem Grade auszeich-
nen. Die den neuesten Verkehrswegen und Verkehrsmitteln, oder auch
bis jetzt weniger begangenen Pässen und Pfaden entsprechenden klei-
nen Routen und Exknrsionsgebiete lassen sich, wie eine Mosaik, auf
die leichteste und mannigfaltigste Weise mit einander zu einem Ganzen
verbinden; die Pläne unserer grössern Städte, die Panoramen unserer
berühmtesten Fernsichten sind gegebenen Falles die billigsten und best-
orientirenden Ciceroni.
Es gibt allerdings noch wohlfeilere Wegweiser; aber Tschndi, der
gleichmässig den Zwecken des Städte- und Kurortebesuchens , des ge-
wöhnlichen kleinen Touristen auf den begangensten Wegen wie de«
kühnen Hochlands- und Gletscherfahrens zu dienen vermag und in leidit
wie schwer Gepäck immer genüglich Platz findet, ist bei seiner Ausstat-
tung unbestritten das billigste und in der ganzen bisherigen Reiseli-
teratur handlichste und beste Buch, zugleich ein wahrhaftes topo-
graphisch-statistieches Compendium der Schweiz im kleinsten Format.
Sand 1864 (Bern).
^ In Plan und Anlage war Tschudi's Reisetaschenbuch schon lin^
das ausgezeichnetste, in Exaktität, Genauigkeit und Wahrheit entsdiie*
den das erste und in körniger, kräftiger, gesunder nnd lebensfrober
Schilderung der Touren, der Lokalitäten, der geschichtlichen An-
knüpfungen und Erinnerungen das trefflichste, das bis jetzt über die
Schweiz unter dem so Mannigfachen erschienen ist. Man sieht essosiua-
gen auf den ersten paar Seiten, die man beliebig aufschlägt nnddnrchlieat.
dass das ein Schweizer ist, der so geschrieben hat, dass dieser es nicht
aas B&chern, sondern aus der Natur selber genommen hat. üeberhanpt
verdient dies Reisehandbuch von Tschndi anbestritten den Vorzug vor
denjenigen deutscher Verfasser, die glaaben, sie hätten nur Kinder
vor sich, so detäillirt und breit sind sie und oft gerade über das min-
dest Wichtigste; während Tschndi körnig and gedrängt und treffend
dem Reisenden viel mehr zeigt, auf mehr aufmerksam tnacht and — was
bei andern gar nicht immer der Fall ist, denn diese fähren z. B. noch
Wirthshäuser und Posten auf, die seit Jahr und Tag nicht mehr existiren
— sich auf keiner Unrichtigkeit betreffen lässt. Tschudi^s F&hrer regt
zar Selbstthätigkeit und zum Denken an ; er nöthigt gleichsam den Tou-
risten selber zu gehen und zu sehen und lässt ihn nicht vollgefr —
wie jener Engländer war — beim Stachelbergerbad hinten mit dem
Bach in der Hand auf dem Bauch liegen and «that is theSentis!'' ausrufen.
Bote am Bhein 1864.
Ein „vielgereister Alpenwanderer" spricht sich wie folgt ans:
Dieses höchst gemeinnützige Buch , das wir schon bei seinem ersten
Erscheinen als ein vortreffliches bezeichneten, liegt uns nun, beinahe zum
doppelten Umfang angewachsen, in einer fünften, mit allem Fleiss
und grösster Umsicht vermehrten Auflage vor und ist jetzt nach unserm
unmassgeblichen Dafürhalten das beste Reisehandbuch, das wir überhaupt
besitzen , nicht für die Schweiz allein, sondern nach praktischem Gehalt
und handlicher Brauchbarkeit in der ganzen Reiseliteratur. Das Bezeich-
nendste, was wir zur Empfehlung des Werkes in ganz objektiver Weise
sagen können, ist die Thatsache; dass sich gerade die Schweizer
ganz vorzugsweise und nahezu ansschliessUch dieses Buches bedienen ;
sollen wir aber subjektive Ansichten und persönliche Erfahrungen- aus-
pprechen, so müssen wir bekennen, dass das Buch nach allen Seiten hin
zuverlässiger und sichtlich mehr auf persönliche Anschauung und Er-
fahrung gegründet ist, als seine bekannten Konkurrenten. Es ist uns
vielfach selbst begegnet, dass wir die Angaben anderer Schweizerführer
ungenau, und dagegen diejenigen von Tschudi immer erprobt fanden. Aas
eigener Erfahrung können wir namentlich denjenigen, welche als Fuss-
wanderer sowohl die Naturherrlichkeiten als Land und Leute der Schweiz
anbefangen und genauer kennen lernen wollen, anstatt nur die Gasthöfe
und tables d'höte, den T seh ud loschen Schweizerführer als den aller-
besten und allzeit paraten handlichsten Rathgeber empfehlen, der kurz
and bündig den Verständigen das Nöthige und Nützliche lehrt, und der
Jedem zu der genussreichen Reise verhilft.
So möge denn dieses praktische und höchst lehrreiche Reisehandbuch
anter den deutschen Alpenwanderern reichlich diejenige Anerkennung fin-
den, welche der Fleiss, die Ausdauer und Umsicht seines Verfassers reich-
lich verdienen. Erheiterungen 1864 (Stuttgart).
Karz und bündig sagt der Verfasser Alles was nöthig ist — so voll-
ständig als irgend ein Reisehandbuch und zuverlässiger als viele. Dazu
bringt er mit eigener Erfahrung und mit den Beiträgen einer Anzahl von
Alpenklub-Mitgliedem eine Reihe von bisher noch unbekannten Hoch-
landspartien, so namentlich in Graubünden, diesem in vielen Beziehun-
gen noch verborgenen Platze.
In Bezug auf Routen, Entfernungen etc. genau, weiss er Dir auch
immer die rechten Ruheplätze anzuweisen. Probatum est: Wo er den
besten Veltliner anzeichnete: da trinkst Du ihn auch. Auf parole. —
St Galler-Zeitung 1864.
Editeurs : ScheitUn & Zollikofer, k St-Gall.
GUIDE mm m nmmT
LIVRE DE POCHE DU VOYAGEUR
qui veut voir la Suisse, les lacs et ies vallies du nord
de ritalie, Milan, Turin, la vallee de Chamouny, Ies
atentours du Montblanc et du Monte -Rosa, Valteline,
la Partie limitrophe du Tyrol, le Montafon et le
Vorarlberg.
Avec une petite carte synoptique de la Snis«e, Ies plansde
Bäle, de Berne, do Gen^ve, de Milan, de St-Gall et de
Zürich et Ibb panoramas de montagnes pris du Rigi-
Kulm, de la Rigi-Scheideck, de Berne, de la Heimweh-
flnh, de MQrren, du Faulliorn, du Torrenthorn, da
Gornergrat et du Piz-Mundaun.
Noavelle Mition entierement refondue et considerablement
atigmeiitce.
Prix 1 Thlr. 10 Ngr. 2 fl. 20 kr. 6 Fr.
Jagementa de la Presse snr le Gaide Suisse.
Nou8 avioDS des Guides en Suisse; mais nous n'avions pas
un GnideSuisse. MM. Scbeitlin et Zollikofer, editeurs h St-
Gall, viennent de combler cette lacune en pnbliant une Edition fran-
9aise du GuideSuisse de M. Iwan Tschudl, qui est sans contredit
Touvrage lemieuxr^ussi dans le genre. II a un format des plus
commodes, Ies caract^res en sont nets et meme ^l^gants, et on s*/
Orient ais^ment. C'est Touvrage qui donne Ies d^tails Ies plus parti-
culiers sur Ies principales villes, Ies lieux de eures et Ies Alpes.
Gbroniquear de Fribourg.
Parmi Ies nombreux ouvrages destines ä guider Ies voyagenrs
dans notre belle patrie , aucun ne nous a plu autant que le Guide
Suisse d'Iwan Tschudi, tant par l'habile disposition de«
mati^res que par la concision exempte de s^cheresse , Ies indications
exactes et le format commode de ce manuel de voyage.
L'Observateur da L6maiL
Gräce k la conscienciense et intelligente mise en oeuvre de la
mati^re, comme aussi ä l'habile emploi de ressources techniques, le
jyGuide-Suisse de Tschudi' se distingue avantageusement parmi s««
confr^res, meme encore par son format qui le rend commod^ment por-
tatif et dans ce petit cadre ä la main 11 nous offre un expos^ si riche
et si pratique de ce qu'il y a de plus interessant k voir et k savoir aar
monts et vall^es qu'il n'^tait r^serve qu'k un enfant du pays de nons
donner de semblables notions bas^es sur lavuedes lieux et son
intime connaissance de la patrie et de son peuple.
Vouyelle Oaiette do ZnrlolL
Beilage zur geologisek eolorirtei Ausgabe.
Bemerkungen man Panorama
von
HOchensehwand im bad. Schwarzwald,
/liyt Fuss ^ S.49 Mtoes lang\
\ enthaltend 700 Naaon, /
In Varbcüdraek (mit l«ndMli«mteli«Hi emlmwH)
gezeichnet von Hch. Keller von Zfirich.
Preis Fcs. 6. —
Diese Ansicht der Schweizeralpen ist ganz unstreitig
die weitaus vollständigste und geographisch lehrreichste
von allen bisher gezeichneten, und daher am meisten
(wenn auch natürlfch nicht buchstäblich) berechtigt zu
dem Titel:
General-Ansicht der Schweizer-AIpen.
Wol kein anderer Ort, weder der Schweiz noch des
Schwarzwalds, mit Ausnahme des Feldbergs etwa, ge-
stattet so umfassende Uebersicht und so interessante
Einblicke in die Oliederong der Alpen zwischen Vor-
arlberg und Savoyen. Die Höhe des Standpunktes
(3409 Par. Fuss oder 4010 Metres über Meer) in Ver-
bindung mit dem günstigen Mass seiner Entfernung von
den Objecten, bewirkt ein solch ausserordentliches Em-
Borsteigen der höhern und entferntem Alpengipfel am
orizont (man sehe z. B. die imposante, pyramidale
Gmppirimg von Finsteraarhorn , Schreck- und Wetter-
bi^mer, Abtheil V.), dass die Gipfel in ihrem Zusammen-
hang erscheinen wie kaum von einem andern Aussichls-
pouit her. Diese Eigenschaft macht das Panorama von
Hdchenschwand auch zugleich brauchbar für den FM-
herg, sowie für die Aussichtspunkte des Schwarzwalds
überhaupt ufid fwr dw meistm der nördlichm Schtofig.
Aus demselben Grunde wol erhielt dieses Panorama den
Vorzug vor allen andern, als vom Tit. Redactionscomitä
des Schweiz. Alpenklubs der verdienstliche Plan gefasst
wurde, eine geologisch coiorirte Ansicht unserer Berge
berauszngeben.
Da cUe Enfemung selbst der neuesten Schneeberge
bei W Stunden, dagegen die der entferntesten sichtbaren
bei 48 Stunden beträgt, so war die Aufnahme dieser
Zeichnung mit grossem Zeitaufwand verbunden, wegen
der Seltenheit hinlänglich klarer Wittenme. Der Ver-
fasser hielt sich zu diesem Zwecke während einer Reihe
von Jahren mehr wöchentlich in Höchenschwand auf, imd
es geht^fie tn <ler That nicht »ur Keontnisa 4e$ Landes
und ein nicht geringes Talent für die Auffassung und
getreue Wiedergabe der Formen, sondern auch des
[4^2 verotofbenen) Verfassers beharrlicher Fleiss dan,
diese Arbeit auszuftihren.
in der Abgeht, das Charaeterisfische der Umrisse
unverkümmert wiederzuget>en , und dadurch vielleicht
««ffttivoUeUQterspahiif)gi«^U6i^chtQpa, eotscmoss^lcli
der Herausgeber, das Panorama im Mafsflab der Original-
Aufnahme erscheinen zu lassen, was allen Rennern will-
kommen sein wird. Die Färbung der landschaftlich colo-
rirten Ausgabe ist möglichst der Katur entsprechend.
Die günstigste Jahrszeit zum Genuss dieser unver-
fjteichlichen Alpenansicbt an Ort und Stelle ist im Früh-
ing und Herbst.
Das Pfarrdorf Höchensehwfmd, der Standpunkt des
Panorama, lie^ auf dem höchsten Punkt der Poststrasse
voD der badischen Eisenbahnstation Waldshut nach
S. Blasien, 0/4 Stunde von OiQsem, 3^1 Stunden von
Jenem entfernt, und hat tägliche Postverbiddung sowohl
n^ FretbUFg i. B. über Lenzkirch, als mit Waldshut.
-Eg besitzt ein treffliches Gasthaus (zum Oobsen).
Von 8. Blasien, dessen Besuch sehr zu empfehlen,
fuhrt eine andere Strasse dnrcfadas enge, romanttscbe
Albthal wieder hinaus an den Rhein, naoh der Eise»-
bahnstation Albbruck (zwischen Waldshut und Laaffen-
bürg). UebHgens ist Niedermuhl im Aibthal, wo der
interessantere Theil dieser Strasse beginnt, der niebt
weniger als .6 Tunnels zählt, mit dem seitwärts auf der
Höhe liegenden Höchenschwand durch eine weitere
^Strasse in Communication, welche gestattet, ohne Cm-
weg die so lohnende Albthal «Route mit dem Besneli
-auf Höchenschwand zu verbinden.
Zum Voraus tiberzeugt, dass Niemand aus Specalatioii
es chircfaführen wird, diese Alpenansicht aus solcher Feme
neu nocfc der Natur aufeiHiehiiDen, rechnet der Hersasgibet
auf die Loyalität des Publikums, «welches dieiOri^iial^
ausgäbe dieses Panoramas vor »Ußtiligen Go]neen in
gleichen oder in einem kleinem Mafsftab (denn Bedoe-
tionen sind im Grande nichts als Gopieen) — gewiss be-
günstigen wird ; Überdies stötzt er sich auf die Geseto.
Am Schlüsse dieser Notizen fühle ich mich gedroMMl.
den Personen, welche das Unternehmen woJriwouenl
durch manche Mittbeilungen förderten, hiermit aafiB
Wärmste zu danken.
Höh. Keller.
Tifma: <lek* K.«lleni «eoer. Varia« in Zöiieb.
Empfeblaiiftwerthe Touren im südlichen Scbwarzr
Wald sind ferner:
Von Scfaopfheim in 7 Stunden durch das Werra-Thal
über Todtmoos nach S. Blasien und Höchenschwand.
Von Freiburtt im Br. in 8 Std. über Oberried und Hofe-
grund auf den Feldberg (wo ein Höt^), und von da
über Menzenschwand nach S. Bl. u. Höchenschwand.
Von Freiburg in 9 Std. durch das HöUenthal, am Titi-
See und ( über Aha ) anii Sohluchsee vorbei , und
entweder über Muchenland nach S. Bl. oder, der
Poststrasse folgend» direct nach Höchenschwand.
aar le
Panorama de Hcehensclxws^d
(villadT« dans la Por^t Moire badoise),
. ehromo-lithographiä ,
desBin^ p«r Henri Keller de Zürich.
Prix de l'edition ä cokuris non g^logique Fcs. 6.
• Oette vte dela OhatiM des Alpes Suisses est certes, sons le
rapport f^ographiqne, la plus compldte et la plus instruotiTe de
tonw« OMlaa q«i Jveqii*!«! oat 6iA pnbU^aB. Pins qa.*AUowie atttke
eile a droit au titre:
Vue gönörale des Alpes Suiases.
BSa Taln clierchera|t-on dans la Suisse ou dang la Forfit 19'Qlre
km pofttt de vue Bemblable, t}«i r^nft les mattes avania^es, k l»
seule eqceeptionda Feldberg, peut^fitre, qui est la sommit^ la
plvs ^leT^e (14di iki^res) de la ForSt Koire, mala qal est bien
.«loims IMl«no>^ abordable,' '
Outre la richesse, Tint^gralit^ pour aingi dire, ce panorama
se distingae de ceux connus Jusqa'ioi par an avantage essentiel:
tjfa'äfn 7 ohaerTe »levx.que partout aUleun les relaatißns des eipM's,
parce qae les pics qui ferment rhorizon, s^^ldvent an-dessos des
asöniagnes sitnees pIUB prte, d^ane manidre Tralment sarprenaate.
Cet avantage du panorama de Hoehenschwandv qj^'il doit k i'öl^
Tation da point de vue (1010 mdtres aa-deBsas de la mer) et k la
distance favorable des objets, le rend propre k Tasage tant k
HcBheaschwand q«e tur le F^ldbery on enr <d*ABtres s^mmiMs fe
1« ForAt Voiire, afnti qne rar 1« plnpart des ]i««tMin 4t 1« I
•eptentrionale.
Le YÜlage de JEfaiA«Nfdb«oafui, notre point de Tue, eit
snr le point <nalmiiutnt de la roate pottale qai oondait de Wal^
Imt (Station du chemin de fer badois et sitne prds de la
4n Bhin flt de TAar) k Taaeieiiiie abbaye de 8.Blaise. La
de Wal dehnt est de »i/» lieaes; eelle de S. Blaise de 1<
▲ Hohensehwand il y a une bonne aaberge. Ce Tillsfe «sl
commnnioation postale Jonrnali^re avec Fribonrg en BrlsgM
Lenzkireh, et avec Waldslmt.
On ooneellle de Tisiter, en reTenaat de HoBbensehirand en
7 allant, rint^rassant d^lil^ de TAIb (affimeat droit d« Bhis)
est trarers^ tont de long par nne route nonTeliemmt coasti
De Hoehenscbwand on y arrWe facilement soft par S.Üaiseb
par Tiefenhttnsem et Niedermuhl.
Les Saisons les plns favorables ponr jouir de la Tue des Al|
Snisses k Hoehensehwand m£me, sont le printemps et Tant
» _
Im gleichen Verlag erscheint soeben:
Kellers Zweite Beisekarte der Schwi
(Deuxiöme Carte rontiire de la Snisae)
1 : 460,000 , Edition von 1865 , mit sämmtlichen
baimstationen imd Postknneii,
ergänzt und berichtigt hii auf die neueste Zeit.
Auf Leinwaiid, in Umschlag, und mit div. Beigaben
Femer ist daselbst erschienen:
Kellers Panorama vom Big!« 6 Foss lang,
genanesten Gontonren und Aber 700 Kamen.
Verb. Ausgabe von 1865, in Tnscfamanier geSM
Kellern Panorama vom I>om an Mailand«
Uetliberg» vom Fröndenberg » von
bexg, etc.
Femer Panorama vom Baehtel» TitUs etc.
n!.
Aargau, — Appenzell, — Basel, — Bern,
Anzeigen.
Brestenbei^ am Hallwylersee.
Wass6rheil-Alistalty Seebäder, warme und Dampfbäder, Trauben-
kuren. — Prachtvolle Lage, zweckmässige Einrichtungen für Kur
und Unterhaltung. Schiüfahrt, Jagd, Fischerei. Das ganze Jahr
besucht. — Direktor Dr. A« Erismann.
- — ■ • ■ 1 — ■ — -■- ■ gl ■ I
Kurort Heiden.
flotel ^arni zum Sonnenhtlg'eL Besitzer J. Engster. Ist seit
Ende Mai wieder eröffnet. Beste reelle Bedienung wird zuge-
sichert.
Basel.
Gasthof zum Storchen« — Eigenthümer J. Klein -Weber. —
Empfiehlt seinen in der Mitte der Stadt gelegenen neu renovirten,
und durch vorzügliche Küche sowie gute und reelle Weine bestens
versehenen Gasthof. — Derselbe enthält 80 Zimmer und Salons.
Eigene Omnibus von und nach allen Bahnhöfen, sowie auch
Familienwägen im Hotel. Freundliche Behandlung und billige
Preise sind zugesichert.
Gasthof zur Krone. — Eigenthümer F. Lindenmeyer -Müller.
— In schönster Lage am Rhein, empfiehlt sich durch aufmerk-
same Bedienung, nebst billigen Preisen. — Omnibusdienst nach
beiden Bahnhöfen.
Bern.
SehänzlL — Caf ^ - Bestanrant. — E. Lanz- Moser, propri^-
taire. — Dejeuners, diners ä la carte. Vue magnifiqne sur les
Alpes, Concert instrumental trois fois par semaine.
Hdtel Belleyne. — - Eigenthümer Oswald, früher Gastwirth zum
Falken* — Ganz neuer Gasthof ersten Ranges neben der eid-
genössischen Münzstätte, mit vollständiger Alpenaufsicht von den
Zimmern sowie von der Gartenterrasse aus. Moderirte Preise
wie früher im Falken. — Eröffnung am 1. Juli 1865.
Semerliof neben dem Bundes -Rathhaus, unfern des Bahnhofs.
Grosses Hotel ersten Ranges mit der vollen Alpenansicht. —
Pension vom 1. October bis Ende Mai.
Hdtel du Bonleyard. — Besitzer E. Müller. Mit Cafe-Restaurant
verbunden, nächst dem Bahnhof, im neuen Post- und Teleg^aphen-
bureau - Gebäude.
Neue geräumige Zimmer mit guten Betteh, empfehlenswerthe
Küche, reelle Weine, deutsches Bier und billige Preise.
1
2 Bern.
Bern.
Hotel de PEurope. — Neu«r eleganter Gasthof ersten Banges
in der Nähe des Bahnhofes. Anf dem Dach Terrasse mit voll-
ständiger Alpen aussieht.
Gasthof zum Falken mit Dependencen, gehalten von H. ReglL
Neu kneublirt und restaurirt, in günstiger Lage, bietet der Gasthof
dem Fremden alle wünschbaren Bequemlichkeiten. Omnibus nach
dem Bahnhof.
Gasthof zum Storchen ^ neu gebaut und zweckmÄssig einge-
richtet, in der Nähe des Bahnhofes an der Hauptstrasse gelegen,
mit zahlreichen neu meublirten Zimmern, empfiehlt sich den Bei-
senden durch vortreffliche reine Weine, gute Küche und auf-
merksame Bedienung. Charles Steffen, Propri^taire.
Casino^ gehalten von J. Imboden. — Garten -Terrasse mit pracht-
voller Aussicht anf das Schneegebirge, Cafe restaurant, table dliöte^
warme und kalte Speisen ä la cai-te zu jeder Tageszeit, mit be-
kannten vorzüglichen Weinen zu moderirten Preisen. Wöchent-
lich zwei bis drei Mal Orchestermusik.
J. Dalp'sehe Bneh- nnd Knnsthandlnngr vis-a-vis vom Bahn-
hof. — Deutsche, französische und englische Literatur. Beiae-
handbücher von Bädeker, Tschndi, Berlepsch, Joanne, Mumr,
Pall etc. Die Blätter des grossen Dufour'schen Atlas der Schweiz.
Reliefs, grosse Auswahl von Ansichten der Schweiz, sowie Ste-
reoscopbilder aus derselben, Costümbilder etc.
Feine Schnitzereien in Holz nnd Elfenbein. Fabriklagor von
J. Beoker So Comp., Christoffelgasse 235 c. Neues Etablisse-
ment. Reelle Preise.
Zoologisches Kabinet zn yerkanfen. Das in Bern stehende
Museum Zahnd ist wegen Mangel einer passenden Lokatitat
unter günstigen Zahlungsbedingungen zu verkaufen. Diese Samm-
lung enthält nur schweizerische Fauna, ist nach Cuvier's System
benannt und familienweise mit Alten und Jungen* gruppirt. Die-
selbe besteht aus 58 Säugethieren , worunter Bären, Dachse,
Murmelthiere, Füchse in ihrem Baue, dann Dammhirsche.
Steinböcke, Gemsen und kleinere Thiere. An Vögeln sind
486 Exemplare vorhanden, worunter Geier, Lämmergeier,
Adler, Falken, Eulen, Berghühner und alle Zwischenarteo
bis zu den Enten und Säger vertreten sind. Eine solche Samm-
lung eignet sich vorzüglich für ein städtisches Museum, für eine
höhere Lehranstalt oder ein grösseres Pensionat als Lehnr* td»
so wie auch für ein Jagdschloss als Zierde. Die Arbeit, sc M
Präparation und Stellungen, wie Zooplastik sind so naturg «n
als nur möglich. Für Kataloge wie sonstige Auskunft wen' an
sich an Herrn Zahnd in Bern selbst.
Bern. — Berner Oberland, 3
Bern.
Topogrrapliigehes Atelier, B. Leuzinger in der Länggasse über-
nimmt Zeichnungen und Stich aller topographischen und geogra-
phischen Karten. .
Lithographische Anstalt von F. Lips — übernimmt neben Ar-
beiten, wie die in vorliegendem Band ausgeführten, Aufträge für
alle übrigen Branchen der Lithographie.
Bergsehnhe. J. Riesen in Bern, Spitalgasse 126, hält stets
vorräthig eine schöne Auswahl solider und wasserdichter Berg-
schuhe für Herren und Damen.
Abendberg.
Circa 1 Y2 Stunde von Interlaken, durch schattige Waldwege. Eigen-
thümer J. Sterclli. Ganz neu als Gasthof eingerichtet, wird
allen HH. Touristen und ganz besonders den Pensionairen als
Kurort bestens empfohlen.
Giessbach — Brienzersee.
Hotel mit Pension und Restaurant« — £igenthum der Dampf-
schifflfahrt-Gesellschaft und unter Controle derselben verwaltet von
Ed. Schmidlin« Einrichtung mit 150 Betten; täglich dreimal
table d'hdte. Anfang der regelmässigen allabendlichen Beleuch-
tungen der Wasserfalle mit dem 1. Juni; von jedem Zuschauer
wird 1 Fr. Beitrag erhoben.
Grindelwald.
Gasthof zum Adler^ gehalten vonHudolphBohreii-Hitscliard,
empfiehlt sich den HH. Touristen bestens. Demselben ist inmitten
schöner Gartenanlagen das ehemals der Fürstin von Schwarzburg-
Sondershausen gehörende Chalet als gut eingerichtete Pension bei-
gefügt.
Englischer Gottesdienst. — Grundstein gelegt, zu einer kleinen
Bibliothek. — Warme und kalte Bäder. — Für Führer, Träger,
Wagen und Reitpferde sich auf dem Bureau zu melden. — Lands-
leute werden besonders berücksichtigt.
Gasthof zum Gletscher. — Eigenthümer Christian Bnrgener.
— Ganz neues Hdtel und bestens empfohlen durch seine billigen
lise und gute Bedienung.
Unmittelbar in der Nähe der Gletscher und des Eismeeres, und
i rhaupt schöne Aussicht nach dem Eiger, Mettenberg und
tterhom.
Wagen, Reitpferde, Träger und Führer im Hotel zu erfragen.
l*
Berner Oberland,
Bemer Oberland.
Gnmigel-Bad im Kanton Bern. Erofinmng am 1 . Juni. Der Unter-
zeichnete, schon einige Zeit Eigenthümer des Etablissements, hat
dessen Leitung nun selbst übernommen.
Der vieljährige Badarzt Hr. Dr. Verdat wird auch fernerhin die
ärztliche Praxis besorgen.
Mannigfaltige Verschönerungen und Verbesserungen an Mo-
bilien und Gebaulichkeiten, wobei namentlich auch auf Unterhal-
tung der Kurgäste bei ungünstiger Witterung Bedacht genommen,
ganz besonders aber Fund und Fassung einer zweiten -^ reichem
— und starkem — Schwarzbrünnli - Quelle , — wodurch die Er-
stellung neuer zweckmässiger Douche- Einrichtungen ermöglicht
worden, lassen mich hoffen, das bisherige Zutrauen werde dem
hiesigen Kurorte, mit seinen langbewährten Heilquellen, auch fur-
derhin verbleiben; durch aufmerksame und gute Bedienung werde
ich dasselbe zu rechtfertigen wissen.
Zur Bequemlichkeit meiner verehrlichen Gäste wird der täg-
liche Omnibus erst nach Ankunft der Schnellzüge der Ost- und
West -Schweiz um 2 Uhr 15 Minuten vom Gasthaus zum Wildei-
mann in Bern abfahren.
Depot der hiesigen Mineralwasser in fridcher Füllung, befindet
sich wie bisher bei HHrn. S. Friedly, jgr. in Bern und Trog, Apo-
theker in Thun.
Gurnigelbad im Mai 1865. J. Hauser.
Interlaken.
Hotel Belr^dere^ Gasthof ersten Ranges ; neben dem Kursaal, mit
prachtvoller Aussicht auf die Alpen, warme und kalte üföder im
Hause.
Hdtel und Pension zum Casino. J. Imboden, Eigenthümer.
Dieses bekannte Etablissement befindet sich am berühmten Höhe-
weg, in der Nähe der englischen und katholischen Kapelle, mit
prachtvoller Aussicht auf die Jungfrau und die malerische Um-
gebung Interlakens, bietet sowohl Familien, als einzelnen Reisen-
den jede wünschbare Bequemlichkeit.
Table d*h6te um 2, 5 und 7 Uhr. Billige Preise , Pensionspreis
von 5 bis 7 Fr. Der Omnibus des Hotels befindet sich Beim Lan-
dungsplatz der Dampfschiffe. Für Führer, Wagen und Reitpferde
wird bestens gesorgt.
Hotel Schweizerhof. — Propri^taire Strübin- Müller. — C«
Etablissement situ^ au centre d'Interlaken, oontient: avec D^pen-
dances 120 Chambres, Salle a manger, Salon, Salle ä fumer ei 'b-
sieurs Salons particuliers. Table d'höte k 2 et 6 heures« D: fs
particaliers ä la carte. On parle fran^ais, anglais et Italien. J r-
naux fran^ais, anglais et allemands. Voitures, guides et c'- ix
de montagne .
i
Bernei* Oberland. 5
Interlaken«
Disconto - Cassa« — Auswechslung in- und ausländischer Papiere
und Geldsorten zu möglichst billigen Conditionen.
Hotel & Pension Yictoria. — Ed. Ruohty, propri^aire. —
Dieses comfortable Etablissement, im Centrum der Promenade
Interlakens gelegen, die schönste Aussicht nach Jungfrau und
Alpenkette bietend, empfiehlt sich den verehrten Reisenden
bestens.
Table dTiote l , 4 und 6 Uhr. Diner ä la carte zu jeder Stunde.
— Gute Weine. Massige Preise. — Bei den Landungsplätzen Om-
nibus vom Hotel.
Kurhaus Jnn^fraubUck* — Das Kurhaus mit seiner vollen Aus-
sicht auf das Lauterbrunnenthal mit der Jungfrau, auf den Thnner-
und Brienzer-See, inmitten schattiger Waldungen und ausge*
dehnter Parkanlagen, wird im Juni dieses Jahres eröfinet. —
Molkenkuren, künstliche Mineralwasser. — Hotel ersten Ranges
mit 150 Betten.
Eandersteg^.
Hotel zum Bären* ^- Eigenthümer Egger, früher Gastwirth zum
Hotel Victoria daselbst. — Ganz neuer Gasthof ersten Ranges mit
40 Zimmern am Fusse der Gemmi. Man findet gute und billige
Bedienung sowie Reitpferde und Träger über die Gemmi und
Wagen nach Thun und Interlaken. Es werden auch Fremde in
Pension genommen. Eröffnung: 1 . Juni.
Heiringen.
Gasthof zum wilden Hann, vis-ä-vis des Reichenbachfalles. —
Prachtv^olle Aussicht vom Altan des Hauses auf Rosenlauigletscher,
Wellhom, Engelshörner , etc. — Reelle und gute Bedienung,
billige Preise. Warme und kalte Bäder.
Für Führer, Wagen und Reitpferde sich auf dem Bureau zu
melden. Deutsche, französische und englische Zeitungen.
Hotel Hof pr^s Meiringen» Alexander Nsegeli. Dieser Gast-
hof empfiehlt sich besonders, wegen seiner, für Tonristeh vorzüg-
lichen Lage, als Knotenpunkt des Susten-Grimselpasses, und der
seit neuerer Zeit immer mehr besuchten Passage von Hof nach
Rosenlau'i etc. Tüchtige Führer und gute Pferde sind stets zu
Tarif- Preisen zu haben. __^
Hd^^l et Bains de Beichenbach - Meiringen* Dieses Hotel
1 nittelbar am schönen und malerisch berühmten Reichenbachfall
1 Meiringen gelegen, empfiehlt sich durch seine schöne Lage
i 7o\i\ wie durch aufmerksame und sorgfaltige Bedienung. Paten-
1 e Führer und eingeschulte Bergpferde sind im Hotel zu haben,
j abendliche Beleuchtung der herrlichen Oascaden finden vom
] *^el aus statt.
. Berner 'Oberland, — Bodensee,
Gotthardstrasse. Hospenthal.
Hotel Meierhof* — In diesem Hotel befindet sieh eine Auswahl
von feinen Schweizer Holzschnitzwaaren, Rciseeffekten, etc. etc.
Hürren.
Hotel Silberhorn im Lauterbmnnenthal (5018 Fnss über Meer),
gehalten yon J. Sterchi. — Empfiehlt sich wegen der schönen
Gletscheraussicht und reinen Alpenluft den Touristen und Pen-
sionärs. Die Besteigung des Schilthoms ist sehr lohnend.
Schynige Platte.
(^l^astliof zur Alpenrose. — Wirth Adolf Seiler. — Wenn schon
an und für sich die unvergleichlich schöne Lage^ Angesichts der
nahe stehenden Kette der herrlichen Schneeberge, des Thunersees,
der beiden, vom Schmadrlbach bis zum obern Grindelwaldglet-
scher so lieblich unter den Augen liegenden Thäler von Lauter-
brunnen und Grindelwald , der Besuch dieses in allen Reisehand-
büchern rühmlichst erwähnten, nur ein paar Standen von
Interlaken entfernten Aussichtpunktes den Ruf als eine der un-
streitig lohnendsten Bergtouren erworben hat, so wird der ünte^
zeichnete sich zur Aufgabe stellen, seinen vor zwei Jahren ganz
neu erstellten Gasthof zur Alpenrose ^ wie vorher, durch billige
und zuvorkommende Bedienung, gute Betten, reelle Speisen und
Getränke den geehrten Besuchern möglichst angenehm zu machen.
Seiler.
Hotel et Pension de la Orimsel gehalten von Bilharz. Dieses
Hotel auf der Ejreuzstation für den St. Gotthard , Wallis und die
herrlichen Gletscherparthien gelegen, bietet jedem Touristen den
besten Comfort. Preise fix und billig. Vorzügliche, selbst in
allen Clubbüchern erwähnte, Gletscherfuhrer, sowie Bergpferde,
sind im Hause sicher zu finden. Table d'höte um 7 Uhr.
Bllliarz.
ThoiL
Hotel Freienhof 9 au d^arcad^re des B&teaux ä vapeur, cafi
billard au plainpied , se recommande par la modicite de ses prbc,
une bonne cuisine et un Service actif. Omnibus ä tous les trains.
Hotel de Belleyne* — Gasthof ersten Ranges in wundervoller
Lage mit Park und Garten-Anlagen. Englische Kirche , Salons de
lecture , etc. Pension vom 1 . October bis finde Juni.
Bodensee — Eheinfall.
Hotel Bodan^ Besitzer H. Meyer, gegenüber dem Bahnh. nd
der Dampfbootlandung, empfiehlt sich hauptsächlich durc* in^
schönen Räumlichkeiten sowie gute Bewirthung.
Bodensee. — Freiburg, — Gotthardstrasse, — Chur, 7
Bodensee — Elieinfall.
Hotel Witzig. -'- Proprietär H. A. Witzig-Rietmann. — Eisen-
bahnstation Dachsen am Rheinfall.
Die eigentliche Bheinfallstation 15 Minaten bis zum Fall
(Fischetz) für Eisenbahnfahrer die bequemste Art, an den Rhein-
fall zn gelangen. Gute, billige und freundliche Bedienung, Aus-
sicht auf die Gebirge , vom Santis an bis zur Jungfrau.
Hotel et Pension Sehweizerhof^ am Rheinfall, ehemals Hotel
Weber. — Besitzer F. Wegenstein. In nächster Nähe der Eisen-
bahnstation Neuhausen (neu eröfihete Eisenbahn von Basel nach
Schafihausen und Constanz) , in prachtvoller und unstreitig bester
Lage , gegenüber dem Rheinfall , mit herrlicher Aussicht auf den-
selben und auf die ganze Alpenkette; mit Lesekabinet, Musiksaal,
Billards, Bädern, Promenaden etc. — Ausstattung und Bedienung
vorzüglich. Billige Preise. — Für Familien und Touristen gleich
empfehlenswerth. — In wöchentlichem Aufenthalt ermässigte Pen-
sions- Preise.
Friburgy Suisse,
Hotel des Merciers^ dit: Abbaje des Marchands, tenu par le
propri^taire Ad. Hartmann -Mnller. — Cet hdtel, au centre de
la ville et des affaires commerciales, ä c6te de la Cath^drale oii se
trouve le grand orgue, non loin des Ponts, de la Poste et des
Bureaux du t^^graphe , a ct^ restaur^ et meubl^ compMtement a
neuf et au dernier goüt ; il se recomraande aux vojageurs par ses
prix mod^r^s, Joint a tout le comfort desirable.
Gotthardstrasse.
d^asthans zum Bealp- Hospiz. — Den HH. Furkatouristen em-
pfiehlt das Gasthaus zum Hospiz Realp, mit dem Versprechen
guter und anerkannt billiger Bedienung, dessen einstweiliger Be-
sitzer und Postablagehalter P. Arsenius, Superior.
Hotel St— Gottliard, in Andermatt. — Eigenthümer Dr. Christen.
— Dieser rühmlichst bekannte Gasthof wird allen resp. HH. Rei-
senden, namentlich denjenigen des schweizerischen Alpenclubs,
aufs neue angelegentlichst empfohlen, und zugleich höflichst für
das frühere Zutrauen gedankt. _______^__
Chur.
JSötel Lnkmanier« — Miteigenthümer Benner -Rott, bisheriger
Garant des Hotels des Churhanses in St.-Moritz, Engadin. — Beste
Tiage zunächst dem Bahnhofe, gegenüber der Post Omnibus von
ind nach dem Bahnhofe.
i tel Steinbock (im Erdgeschoss Caf^). Besitzer Küpfer-Hauser.
dieser vor einem Jahr grossartig erweiterte und zeitgemäss restaurirte
Gasthof, bietet den resp. Familien und Touristen jede wünschbare
Bequemlichkeit. Bureau der Extraposten im Hause selbst.
8 Graublinden — NeuschateL
— -*"'
Davos.
Hotel and Pension zum Strebla, 4800 Fuss über Meer. ~
Besitzer Fr. Miohel. — Empfieltsich denHH. Garanten und Touris-
ten bestens. Gute und billige Bedienung, reelle Veltliner Weine,
Aussicht auf das Schynhorn, Schwarzhorn und Weissfluh,
— Aller Art Fuhrwerke und Reitpferde stehen zur Verfügung. —
Bleibt das ganze Jahr geöfihet.
Ponte. Ober»!Engadüi.
Gasthans znm Albnla« — Eigenthümer Max. Gtertmann, Lehrer.
— Empfiehlt sein an der Albulastrasse gelegenes Gasthaus bestens.
Gute Küche sowie reelle Getränke wird Jedermann finden. Ge-
fährte sowie Reitpferde über den Albula sind stets zu haben.
Obiger führte im Sommer 1 863 mehrere seiner Herren Gaste auf
die Albulaspitze (Piz Uertsch), Müsella und Schlossruine von
Guardovall , und wird auch von nun an dazu bereit sein.
Fontresina.
Gasthans nnd Pension znr Krone (Post). —Besitzer L. Gredig*
Empfiehlt den HH. Tonristen und Curanten seinen mit neuem Sa
Ion und 38 Zimmern versehenen Gasthof bestens. — Gute imd
billige Bedienung, reelle Veltliner Weine, prachtvolle Aussicht
auf den Rosegg- Gletscher und Umgebung. Fuhrwerke und Pferde
zu Ausflügen stehen immer zur Verfügung.
~ Sämädeni
Hotel Bernina« — Centralpunkt des Oberengadiner- Verkehrs und
Touristen -Standquartier für die Oberengadiner- Tonren. Haopt-
stationspunkt der enetbergischen Postrouten. — Hotel Bernina mit
schöner Aussicht auf die Bemina- Gruppe empfiehlt sich bestens.
Thusis.
Hotel de PAi^le d'or et de Poste. Jouissant de la plus belle
vue, tant sur les montagnes que sur la riante valMe de Donüeschg.
Voiturcs pour la Viamala, Andeer, Splügen, et aillenrs. Che-
vaux pour le passage trfes-pittoresque du Schyn, et guides ponr
toutes les excursions des environs.
Weissenstein.
Weissenstein-Albnla. — J. Kud. Jeoklin , Eigenthümer dieses
ungefähr in der Mitte zwischen Ponte und Bergün gelegenen Gast-
hauses , empfiehlt sich den Herren Touristen bestens. — Vorxig-
liche Küche- Auswahl guter , reeller Weine. Treffliche Forellen.
— Freundliche Behandlung und billige Preise.
Neuchätel.
Hotel BeUevne* -r Grand hötel de premier ordre situ^ to w
bord du lac. Vue des plus ^tendues sur les Alpes. Bains. n-
sion des Octobre a Mai. Service reÜgieux anglais.
Schaff hausen, — Yierwaldstätler-See, 9
Schafihauseii.
Hotel zur Srone« — Besitzer J. Hirt. — Nahe bei Bahnhcrf, Post
n. Dampfischiff. — Altes gutes Haus, von Geschäftsreisenden und
Familien stark besucht. — Table d*hdte um 12 Uhr. Bestauration
f ^\ek carte zu jeder Zeit, um die Abreise mit den Nachmittagszügen
l zu erleichtern. — Wagen und Omnibus sind im Hause zu finden.
— 10 Mal täglich per Eisenbahn zum Rheinfall fär 10 Cent.
Engelberg. Kurort.
(3200 Fuss über Meer , am Fasse des Titlis).
I Pension and Kurhaus Müller ist seit dem 1. Juni wieder er-
öffnet Auskunft der Prospecte ertheilt der Besitzer J. Fr. MäUor»
Regiemngsrath. •
Bad. und Gasthof zum Engel. — Besitzer: Wittwe Cattemi
nnd Kinder. — Kurgäste finden die gewöhnlichen Kurpreise,
Reisende billige Gasthofpreise. — Engelberg ist für den Berg-
steiger einer der geeignetsten Orte , um von da aus die schönsten
Bergtouren zu unternehmen. Tüchtige Führer zu kürzeren oder
längeren Reisen sind stets erhältlich.
Luzem.
Gasthof zum wilden Mann. — Eigenthümer F. Estermann. -—
Nach den Gasthöfen ersten Ranges erlaubt sich der Eigenthümer,
seinen restaurirten Gasthof bestens zu empfehlen. Derselbe be-
findet sich in der Nähe des Bahnhofes, der Post, des Regie-
, rnngsgebäudes und Museums. Etwa 20 sehr comfortable Zimmer
stehen zu sehr bescheidenen Preisen bereit. Preise für Schweizer
"^ 1' Fr. Dieser Gasthof ist das gewöhuliche Absteigequartier der
Herren Grossräthe und Beamten vom Lande. — Gute Weine und
Küche. Speisen nach der Karte sowie Table d'hdte.
Pension - Seeburg* Eigenthümer H. Müller. — Va Stunde von
Luzern, prachtvolle Aussicht — kalte Bäder, Verbindung mit
" Luzern per Dampfschiff. ,
Bigi- Scheidegg.
Kurort Bigi - Scheidegg. Eröffnung den 1. Juni. Milch, Molken
und eisenhalitges Mineralwasser. Douchen-, Mineral- und Molken-
bäder. Prachtvolle Aussicht. Logis für 150 Personen. In der
Pension Müller in Gersau am Vierwaldstätter-See (welche dem
gleichen Besitzer angehört) sind immer Pferde und Träger bereit
zur Besteigung von Rigi - Scheidegg und Rigi-Kulm. In Gersau,
sowie auf Scheidegg befinden sich Post- nnd Telegraphen-Bureau:^.
Schwyz.
Pension Jtttz, (2000' über Meer) mit weiter prachtvoller Aussicht
in die Gebirgswelt und auf den Vierwaldstätter- und Lowerzer-See.
— Frische Molken-, Kuh- und Ziegenmilch ist täglich zu haben.
— Billige Preise und aufmerksame Bedienung wird zugesichert.
10 Tessin. — fVaadt, — fFallis. — Zürich,
Seewen bei Schwyz.
Hdtel nnd Penision zu den Mineralbädem zum RSssli« Inmitten
herrlicher Wiesen und Obstbäume am Lowerzer-See gelegen,
1 Stunde vom Vierwaldstätter-See, IV2 Stunde von Goldan etc.
Täglich mehrmalige Postverbindung. — Eisenhaltige Mineral-,
Douche-, Dampf- und Seebäder. Kuh- und Ziegenmilch, Molken
und fremde Mineralwässer. — Gute Bedienung und billige Preise
sichere den verehrten Kurgästen und Touristen zu. Die JSigenthii-
mer: Wittwe Beeler & Söhne.
Lugano.
Hotel et Belr^d^re du Parc von A. Beha. — Inmitten schat-
tiger Gartenanlagen der üppigsten Vegetation des Südens , am See
gelegen. Diese grossen Gebäulichkeiten mit ihren weiten Bäumen,
deren Östliche und südliche Frontseiten sich auf 34 Fenster Lange
in jedem Stockwerke erstreben, und von wo aus sich dem Be-
schauer Landschaftsbilder entfalten, wie diese so reizend wohl
kaum wieder zu finden sind , bedürfte kaum einer andern Empfeh-
lung, als die in sämmtlichen anerkannt guten Beisehand-
büchern, wie Baedeker, Tschudi, Berlepsch und Murra?
enthaltene. Doch möge sich an diese noch eine weitere Autoiiät
mit folgendem in das Album des Hotels gezeichnetem Ausspruche
reihen : Die HH. Professoren F. von Liebig und Wöhler schreiben :
„Wir bedauern, dass andere Ziele uns nötigen den unvergleich-
lichen Aufenthalt bei Hrn. Beha, früher als wir es wünschten
verlassen zu müssen."
Vevey.
Hdtel du Lac 9 tenu par Ed. Delajoiiz propri^taire. — Situation
magnifique au bord du Lac et du Quai Neuf. — Table dlidte et
Bestauration ä la carte. Prix moddr^s et pension d'hiver.
Zermatt.
Hotel Mont-Cerriii. — Eigenthümer J. Ant. Clemesz. —
Neuer Gasthof mit schöner Aussicht von den Zimmern auf den DoOt
Matterhom, Görner- Gletscher, Theodulpass. — Englischer Got-
tesdienst. — Pension vom 1. Juni bis am 20. Juli.
Eapperschwyl.
Hotel du Lac am Zürich -See« Dieses Etablissement liegt in ^
prachtvoller Lage , zunächst der Eisenbahnstation und a *■&'
dungsplatze der Dampfboote. Gasthof ersten Banges.
Anzeigen. 11
WerUivoUe Reiseerinnernng.
Verlag von Hermann Costenoble in Jena und Leipzig«
in
Natur- und Lebensbildern.
Dargestellt
von
H. A. Berlepsch.
Mit 16 Illnstrationen tind einem Titelbilde in Tondrack
nach Originalaeicltnnngen von
Emil Sittmeyer.
Pracht -Ansgabe. Lex. -8. eleg. broch. 3 Thlr. 26 Sgr. Eleg.
geb. 4V3 Thlr. Goldschnittband 42/3 Thlr.
Wohlfeile YolkS- Ansgabe mit 16 Illustrationen ohne Tondruck.
Oktav, broch. 1 Thlr. 20 Sgr. Eleg. geb. 2 Thlr. 5 Sgr.
Urtheile der deutschen Presse in gedrängten
Auszügen:
Das Werk soll ein Seitenstück zuTschudi's „Thierleben
der Alpenwelt^ sein und verdient seinen Platz neben diesem
Meisterwerke in dem Bücherschrein eines jeden Naturfreundes. Die
Schilderungen des Verf. sind ausserordenüich lebendig und mit Ge-
schmack und Sachkunde durchgeführt; nur hier und da vielleicht
etwas zu schwungvoll, wenigstens für Den, der die zu allen üeber-
schwenglidikeiten der Naturbegeisterung hinreissende, unnennbare
Pracht der Alpenwelt noch nicht selbst geschaut hat.
Rossmassier: „Aus der Heimatli."
Lebendige und naturgetreue Schilderungen, gleich geeignet, den
in die Alpen Reisenden aaf die grossartigen und eigenthümlichen
Erscheinungen in denselben vorzubereiten, wie dem Rückkehrenden
zur angenehmen Erinnerung an das Gesehene zu dienen, zugleich
auch für Den, welcher sich die eigene Anschauung der gewaltigen
Gebirgsscenerie und des Lebens in derselben versagen mnss , die an-
ziehendste Leetüre. Giebel und Heintz:
..Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschafteii."
Dieses treffliche Buch enthält sehr anziehende Schilderungen der
Alpen und namentlich ihrer Bewohner. Wer die Schweiz und Tyrol
kennt, oder wer sie kennen lernen will, dem empfehlen wir, um zum
Verständniss seiner Reisegenüsse, also zum doppelten Genüsse zu ge-
t
12 anzeigen,
langeD, Berlepsch' Buch auf das Angelegentlichste. Der Verfasser
ist in den Naturwissenschaften, namentlich in der Geologie zu Hanse,
und weiss uns vortrelflich das Charakterifitische der Alpenlandsdiftf-
ten und ihre ästhetischen Wirkungen nach den grossen Naturgesetzen
zu erklären; er eröfihet uqs gleichsam das geologische Verstandniss
des Erhabenen oder Schönen, den naturbistorisehen Sinn der Fonnen
und ihrer Wechsel. Das Aiislant
Gerstäeker, Friedrich^ Achtzehn Monate in Süd-Amerika und
dessen deutschen Oolonien« ^ Theile in a Bänden. 8. broch.
5V3 Thlr.
Humboldts, Alexander tob, Briefwechsel mit Heinrich Berg-
hans aus den Jahren 1825 bis 1858. Drei starke Bände, gr. 8.
broch. ä Band 2 Thlr. 12 Ngr.
- — . — , — *
Verlag von G. Baedeker in Goblenz:
Doldenhorn and Weisse Frau« Zum ersten Mal erstiegen nnd
geschildert von Abraham Both und Edmund t. Fellenberg.
Mit 11 Farbendruckbildem, 4 Abbildungen in Holzschnitt und
1 Karte in Farbendruck. 1863. Fr. 6. 70.
(Erschien auch in englischer Sprache.)
Baedeker^ K* „Die Schweiz nebst den benachbarten ober-italischen .,
Seen, Savoyen und angrenzenden Theilen von Plemont, der Lom-
bardei und Tii-oL" Mit 14 Karten, 7 Städteplänen und 6 Pano-
ramen. 10. Auflage. 1865. Fr. 7. —
— „La Suisse, ainsi que les lacs avoisinant de Tltalie septentrionale,
la Savoie et contr^es limitrophes du Fi^mont, de la Lombardie et
du Tirol." Avec 12 cartes g^ographiques, 7 plans de villes, et
6 panoramas. 6™« ddit. 1864. fr. 7. —
-*~ „Switzerland, the Italian lakes, Savoy änd the adjacent portions
of Piedmont, Lombardy and the Tyrol," with 12 maps, 7 plai»
and 6 panoramas. 2"^ edition. 1864. fr. 7. —
Von demselben Verfasser erschienen femer:
Bellen und Holland. 8. Auflage. 1863.
Belgritiine et Hollande. 3«« Edition. 1864.
Die Bheinlande. 13. Aufl. 1864.
Les Bords du Rhin. 6^^« ^d. 1864.
The Bhine. 2»^ edition 1864.
Dentsehland nebst Theilen der angrenzenden Länder.
11. Aufl. 1864.
Daraus einzeln:
Mittel- nnd l^^ord- Deutschland „ r "(5.
Oesterreich; Sfld- und West -Dentsehland „ 1 -
Oesterreich ,» ^
Sttdbayern, Tirol nnd Salzburg „
Allemagne et quelques parties de pays limitrophes „1 ^
Ober-Italien bis Nizza, Genua, Bologna. 2. Aufl. 1863 „ ^.
Fr
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i anzeigen. 13
i-Italle septentrionale. 2»« Edition. 1863 Fr. 5. 35.
iliOndon und seine Umgebung. 1862 ,, 5. 35.
iParis^ inclnding routes from London to Paris and from
nB Paris to the Ehine and Switzerland, with map and
in plans. 1865 „ 5. 35.
[Paris und Umgebangen. 5. Aufl. 1864 ,, 5. 35.
! The trayeller's mannal of conserration. Engliscb,
* 4etitsch, französisch, italienisch. 16. Aufl. 1864 ,, 4. —
(Sämmtlich dauerhaft in rothe Leinwand gebunden.)
Im Monat Juli 1. J. wird feiner im gleichen Verlage
ersehenen:
Das Hochgebirg von Grindelwald.
Von
Pfof. Ajeihj, Edmulid t. Fellenbergr^ Beide in Bem.
und E. Gerwer, Pfarrer in Grindelwald.
Mit einer Karte des Gebietes im Maassstab von 1 : 50,000
gez. von B. Leuzinger, 1 P«idrama der Bergkette und etlichen
Holzschnitten.
. ^x. 8. Frei« drea Fr. 7. —
gSBSssaseegsasesasssssaesessei
Verlag derBCÄser'schen Buchhandlung (W. Hertz
Berlin: -
und
Nenn Vorträge
▼on
Carl Witte,
Professor In Halle.
»
Mit einer Abbildung von San Marino.
Berlin 1858. 16. (VI, 482 S.)
Freut 2 Thlr. Oeb. 2 Thlr. 10 Sgr.
Inhalt: Die Gletscherwelt. Die Alpenpässe. Engadin. Der
Rosengarten und das Grödnerthal. San Marino. Bavenna.
Pilinuro und Qapri. Palermo. Ein Kloster in den Apenninen.
Christoph v. Christoph Bnrckhardt,
Nr, 4 ffreienstrasse, BaaeL
Grosse Aaswahl
IReiseartikeln.
Damenioffer.
EngliBche Herrankoffer.
Handkoffer.
Tornister.
Feldstnhle.
Konatlerstbcke.
Besteck- Etnjs.
Keisesäcke.
flamirte do.
Umliän^taBehen.
Conrriertaschen.
Ösmirte Keisekörbe.
Pick-Nick-BeiH eflasclien.
Toiletten -Necessaire tor Eei-
ren und Dunen.
Plaids, BeiBedecken.
Siemen etc. etc.
16 anzeigen.
Im Verlag von Felix Sehneider in Basel erselueii soeben:
des
Maderaner-Thales
im Käöton Uri
nach einer hinterlassenen Zeichnung des verstorbenen
Georg HoSiDiaiui' von Basel
von ihm nach der Natur t^fgenommen,
Daau
Ein Führer in die Gebirge des Maderanerthales.
Verfasst von einigen Mitgliedern
der
Preis 3 Fr.
In C. W* Kreidel's Yerlag in Wiesbaden ist soeben erschieneo-
' Der Gebirgsbau der Alpen.
Von
E. I>esoi*. . •
Mit Holzschnitten und 1 Karte. — Ms 1 Thlr.
Dieses neae Buch des gelehrten Forschers hat nicht allein für
Geologen, sondern in gleicher Weise für Freunde und Lehrer
der Geographie besonderen Werth.
Verlag von Julivs Springer in BerUn.
Von dem bekannten Gletscherw'anderer Al>ra]iam Roth in Berc
erschienen bei mir die nachstehenden beiden Schriften :
(jletscherfalirten in den Berner Alpen.
Mit einer Abbildung der Wetterhorngnippe.
22 Va Sgr. (3 Franken).
Finsteraarhornfahrt.
Mit 1 Abbildung des Finsteraarhorns und 1 Karte der Flnsteraarhom-Gegend
22 V2 Sgr. (3 Franken).
■^x>c«
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7
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