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Full text of "Jahrbuch für alterumskunde .."

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HARVARD UNIVERSITY 



n 




JAHRBUCH 

FÜR ALTERTUMSKUNDE 



HERAUSGEGEBEN VON DER K. K. ZENTRALKOMMISSION 
FÜR ERFORSCHUNG UND ERHALTUNG DER KUNST- UND 
HISTORISCHEN DENKMALE UNTER DER LEITUNG IHRES 
PRÄSIDENTEN SR. EXZ. JOSEF ALEX. FREIH. VON HELFERT 



DURCH PROF. WILH. KUBITSCHEK 



ERSTER BAND 1907 






l^-^SAii^ßss 






«^ 



WIEN 1907 
IN KOMMISSION BEI ANTON SCHROLL & Co. 

KUNSTVERLAG WIEN 1 MAXIMILIANSTRASZE 9 






DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER IN BRUNN 



%0 



INHALT 



t Anton Kisa Die Erfindung des Glasblasens i — 24 

Friedrich Kenner Die Dekumantore von Vindobona 25 — 43 

Otto Cuntz Zu den Inschriften von Flavia Solva 44 — 50 

Derselbe Planskizze der Ausgrabungen auf dem Kugelstein bei Deutsch-Feistritz . 51 — 54 

Walter Smid Die Reihengräber von Krainburg 55 — 77 

Wilhelm Kubitschek Eine Inschrift aus Salona 78 — 85 

Arnold Luschin R. v. Ebengreuth Steirische Münzfunde 137 — 184 

BEIBLATT 

Adalhert Dungel Ausgrabungen bei Kuffern 86 — 95 

Anton Rzehak Bronzedepotfund von Przestawlk in Mähren 96—110 

Olivier Klose Romische Gebäudereste bei Hellbrunn iio— 119 

Michael AbramiC Spätrömischer Gräberfund zu Velm 119 — 121 

Robert R. v. Weinzierl Aus dem nördlichen Böhmen 185 — 190 

Karl v. Schwerzenbach Ein Hornbeil vom Bodensee 190 

Derselbe Römische Baureste in Bregenz 191 

Franz Lorger Reste römischer Bauten nächst St. Marein bei Erlachstein in 

Steiermark ! 192 — 194 

Funde: i. Aus Mähren [Anton Rzehak] 122 — 123. 2. Aus Pettau .123 — 124. 3. Romische Inschrift aus Triest 
[MiCHAKT. Abramk^] 124. 4. Aus dem Gerichtsbezirke Herzogenburg [Josef Bayer] 124. 5. Aus Ybbs 
[Stockhammkr] 124. 6. Aus Ponigl (Gemeinde Videm in Steiermark) 125. 

Münzfunde: i. Schwanenstadt (O.-ö.) [Karl Domanig] 126 — 128. 2. Maigen bei Sigmundsherberg [Rudolf 
MÜNSTERBERo] 128 — 1 29. 3. Obcr-Fröschau in Mähren [derselbe] 129—130. 4. Zwerndorf (N.-Ö.) [August 
V. Löhr] 130. 5. Zaingrub bei Gars (N.-Ö.) [Rudolf Mönsterberg] 130—132. 6. Popelin in Mähren 
[August v. Löhr] 132—134. 7. Markersdorf [derselbe] 134—136. 8. Bukowina [Raimund Kaindl] 136 



Verzeichnis der Tafeln uud Textabbildungen 



Tafel I Das römische Wien und seine Dekumanstraße *) 

II Krainburg: Stadtansicht und Skizzen des Gräberfeldes 
111 — V Der Bronzedepotfund von Przestawlk 



Textabbildungen') 

Seite 3 Lengyel [Mainz], Glasperle 

9 Daruvar [Wien], Vas diatretum 

11 Szekszard [Budapest], Vas diatretum 

13 Fey6r [Budapest], Vas diatretum 

15. 17 [Wien], Glasfragmente 

21 Agro Adriese [Evans in Oxford], Glasbecher des Ennion 

24 Bürglstein [Salzburg], Glaskännchen 

51 — 53 Kugelstein bei Deutsch-Feistritz, Planskizzen der Ausgrabungen 1886 und 1887 
59. 62. 65. 71 Krainburg: Geräte und Schmuckgegenstände, Fibeln und Schnallen 
aus dem Gräberfelde 

78. 79 Salona [Spalato], griechischer Inschriftstein 

87 — 94 KufFern in N.-ö., Skizzen der Gräber und Grabbeigaben 

96 ff. Przestawlk in Mähren, einzelne Stücke des Bronzedepotfundes (Ringe, Stab, 

Sicheln, Äxte, Messer, Lanzen) 

11 1 ff . Hellbrunn in Salzburg, römisches Gebäude und Einzelfunde darin 

119 fg. Velm bei Gutenhof in N.-Ö., Römisches Grab und römische Reliefplatten 

121 Klzigenfurt, römische Reliefplatte 

125 Ybbs in N.-Ö., Ziegelstempel 

— Ponigl in Steiermark, römische Inschrift 

137 ff. Münzen aus steirischen Schatzfunden 

186 Groß-Tschernosek, Inventar des Hockergrabes n. 54 (aus dem Tätigkeits- 

berichte der Museumsgesellschaft Teplitz 1904/5 S. 35 Fig. 7) 

187 Groß Tschernosek, Gefäße mit ansa lunata (ebd. 1905/06 S.36 Fig. 3) 

188 Hostomitz, Bronzeschwert Lanzenspitze Bronzegeräte und -Waffen (ebd. 

1905/06 S.44 Fig. 13) 

190 Fussach (Vorarlberg), Beil aus Hirschhorn 

191 Bregenz, römisches Eisengerät 

192 St. Marein bei Erlachstein (Steiermark), Gesimsstück 

*j Verbessere dort Tortürme (statt Vortünne) 

') [Eingeklammert] sind die gegenwärtigen Standorte der Fundstücke 



Anton C. Kisa 

Die Erfindung des Glasblasens 

Die Denkmäler antiker Glasmacherei sind auf österreichisch-ungarischem Boden nicht 
sehr häufig. Weder die Zahl der Funde noch die der in Sammlungen verwahrten Arbeiten 
heimischen und fremden Ursprunges reichen an die Fülle von Schätzen heran, welche die 
Museen Italiens, des Rheinlandes, Frankreichs, die Kairos, Londons und andere aufstapeln 
konnten. Es hat sich in der römischen Zeit in den Donaugebieten weder eine eigene Glas- 
industrie von nennenswerter Bedeutung entwickelt, noch in den Städten eine gleich luxuriöse 
Lebensführung wie in denen Galliens und des Rheinlandes, welche eine stärkere Einfuhr 
von Gläsern aus der Fremde veranlaßt hätte. Dennoch hat man an mehreren Orten Arbeiten 
von künstlerischem Werte gefunden, die den Mangel der Marktware vollauf ersetzen und 
für die Entwickelung der Industrie von großer Bedeutung sind. Sie zeugen für den leb- 
haften Handelsverkehr, welcher die ungeheuren Gebiete des Weltreiches umspannte und 
den entlegensten Femen die Segnungen der Kultur vermittelte. 

Österreich war den Römern das Durchgangsgebiet für den Handel mit der Ostsee.^) 
Die adriatisch-baltischen Verkehrswege lagen ihnen bequemer als die pontisch-baltischen 
der Griechen. Sie hatten unter dreien die Wahl. Der eine folgte von Celmantia an der 
Donau aus dem Laufe der Waag bis in die Karpathen und führte dann durch den Jablunka- 
paß in das Gebiet der Weichsel und Oder. Schon Ptolemäus nennt im Waagtale mehrere 
Handelsstationen. Ein westlicher Weg ging von Vindobona und Garnuntum über die 
römische Reichsgrenze ins Marchfeld und von da teils in das Gebiet der Elbe, teils in das 
der Oder. Unter den in Mähren gefundenen Antiken mögen wohl manche aus den Marko- 
mannenkriegen stammen, doch war gerade der durch dieses Land führende Weg vom 
Bernsteinhandel bevorzugt.*) Außerdem wird durch zahlreiche Ausgrabungen bewiesen, 
daß römische Kaufleute in Schlesien und Brandenburg angesiedelt waren und nach 
römischer Sitte, zum Teile sogar in Kolumbarien, bestattet wurden.') Selbst an den 
Havelseen hat man Römergräber mit Aschenurnen und Charonsmünzen gefunden. Ein 
dritter Weg ging von Mähren nordwestlich nach Böhmen und von dort längs der Elbe an 
die Küste. 

Bis gegen das Ende des I. Jh. nach Chr. war Aquileia der Hauptstapelplatz für den 
Handelsverkehr zwischen dem Norden und Italien.*) Dadurch findet die Tatsache ihre Er- 

*) Vgl. WiBERCr Der Einfluß der klassischen Völker Breslau 1888. Wilt.krs Die römischen Bronzeeimer von 

auf den Norden durch den Handelsverkehr. Deutsch von Hemmor, Hannover 1901. 
Johanna Mesdorf, Hamburg 1867. J. N. v. Sadowski ') Plinius, hist. nat. XXX VH 43. 

Die Handelsstraßen der Griechen und Römer. Deutsch von ') Grempler a. O., zweiter und dritter Fund. 

AT3IN KOHN, Jena 1877. Grempler Der Fund von Sackrau, *) Willers a. O. 191 f. 

Jahrbuch fOr Altertumskunde I 1907 I 



2 A. C. KiSA Die Erfindang des Glasblasent 

klärung, daß die Gegend von Aquileia besonders reich ist an antiken Arbeiten in Bern- 
stein, dem wichtigsten Exportartikel des Ostseehandels.*) Damit hängt aber auch der Um- 
stand zusammen, daß in der Einfuhr der Rheingegenden bis zu dem genannten Zeitpunkte 
die italischen Erzeugnisse, unter den Gläsern z. B. die farbigen Gefäße griechischen Stiles, 
die italischen Nachahmungen der sidonischen Reliefgläser, die überfangenen und Mosaik- 
gläser auftreten, welche im II. Jh. fast ganz verschwinden. Mit der Befestigung der Römer- 
herrschaft am Rheine tritt ein vollkommener Wandel ein. Die Funde ergeben nun ein 
großes einheitliches Handelsgebiet, das von der Enns bis zur Weichsel reicht und nicht 
mehr vom Süden über die Alpenpässe, sondern vom Südwesten, von Gallien aus, versorgt 
wird. An die Stelle von Aquileia tritt Massilia, am Rheine bilden sich Stapelplätze in Köln 
und Trier, welche den Verkehr mit dem freien Germanien vermitteln und zum Teile selbst 
für dessen Bedarf produktiv tätig sind. Von Hadrians Zeiten an steigt die Bedeutung Kölns 
noch mehr. Als durch die Anlage des Limes die Verhältnisse ziemlich gesichert schienen 
und in den beiden germanischen Provinzen einigermaßen Ruhe eingetreten war, erschloß 
sich auch das Rheindelta dem Verkehr. Händler und Handwerker aus dem hellenistischen 
Oriente lassen sich im Lande der Ubier nieder, wobei sie vielfach dem langwierigen Land- 
wege von Massilia aus längs der Rhone, Maas und Mosel den bequemeren Seeweg vor- 
ziehen. Vom Ende des II. Jh. ab eröffnen sich infolgedessen die nördlichen Teile Galliens, 
Belgicas sowie Niedergermanien in verstärktem Maße dem Handel und Gewerbfleiße, und 
zwar unter unverkennbarem Einflüsse hellenistischer, ägyptisch-syrischer Elemente, während 
das südliche Gallien gegen früher an Bedeutung zurücktritt.*) Köln wird nun das Empo- 
rium für den Handel mit dem Norden, die Hauptstätte gallisch-römischer Industrie. Von 
hier aus nehmen die kostbaren geschliffenen, bemalten, mit farbigen Fäden verzierten 
Schlangengläser,' die bei den Germanen beliebten Trinkhömer aus Glas, die man nament- 
lich in den Gräbern Dänemarks so zahlreich gefunden hat, den Weg nach dem Norden. 

Die ältesten Erzeugnisse der Glasindustrie, die diesseits der Alpen auftauchen, sind 
Schmuckperlen, kugelförmige Amulette und Spielsteine. Sie stammen zum größten Teile 
aus der Heimat der Glasindustrie, aus Ägypten. Dort waren nach den alten Werkstätten 
von Theben, Memphis und Teil el Amarna, der nur kurze Zeit blühenden Hauptstadt 
Amenophis IV, des ketzerischen Neuerers, vom VI. Jh. ab vornehmlich die Fabriken von 

^) Gegenstände aus Bernstein bilden fast eine Spezia- die Staatssammlang, besonders ans dem ehemaligen Besitz 

lität von Aquileia. An einigen Stellen, wie längs der des Barons Ritter- Zahony, darunter eine Gruppe von 

GräberstraBe an der sog. Colombara, sind sie so zahlreich zwei Amoren mit einem Korbe voll Obst , das Relief einer 

aufgefundenworden, daß Graf TOPPO, der hier Ausgrabungen Gans, das einer sehr sauber ausgeführten Eidechse u. v. a. 

vornahm, leicht zu der Meinung kommen konnte, in Aquileia Vgl. Majonica Wegweiser durch das Staatsmuseum zu 

habe eine Bemsteinfabrik bestanden. Zusammen mit vielen Anm. S. 44 fg. 

Ringen, welche zumeist mit kleinen Porträtköpfen versehen Die Arbeiten stimmen in der Technik und im Motiv 
sind, mit langen Schnüren von Bemsteinperlen und anderen (zumeist Amoren als Verzierung von Toilette- und Schmuck- 
Anhängern werden in den Gräbern häuBg Figürchen und geraten) vollkommen mit den Funden von Köln überein, 
Geräte aus Bernstein gefunden, wie Salbenfläschchen, welche nach denen von Aquileia die zahlreichsten und besten 
Büchsen, Haarnadeln, OhrlöfFel, Würfel und Toilettcgegen- sind. Es ist sehr wohl möglich, daß der Bernstein auch 
stände anderer Art Die schönsten Stücke sind jetzt zwar in Aquileia in eigenen Werkstätten bearbeitet wurde, wahr- 
in der Sammlung Toppo im Museum von Udine vereinigt, scheinlich stammt aber ein großer Teil der dortigen Funde 
doch sind in Aquileia selbst noch zahlreiche zurückgeblieben. aus Köln, der bedeutendsten Industriestadt des Nordens 
So in der dortigen Gemeindesammlung eine Reliefjplatte mit und dem Ausgangspunkte des Handels der gallischen Pro- 
Amor und Psyche, ein stilisierter bärtiger Kopf, ein großer vinzen mit Skandinavien. 

Ring mit Figuren, ein anderer mit zwei Putti, Anhänger •) Vgl. Poppelreüter Bonner Jahrbuch CXIV/CXV 

in Form des Phallus und der Fica. Schöne Stücke enthält 369 fg. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 3 

Naukratis für die Ausfuhr tätig-, in welchen außer einheimischen auch gfriechische Arbeiter 
beschäftigt waren, die den Geschmack und die Bedürfnisse der Fremden kannten. Früher 
hatte man angenommen, daß die meisten in nordischen Gräljern gefundenen Glasperlen 
phonizischen Ursprunges seien. Diese Ansicht ist nun endgültig aufgegeben, seit sich die 
bekannte Erzählung des Plinius über die Erfindung des Glases als unhaltbar erwiesen hat 
und in Ägypten Glas gefunden wurde, das bis in das IV. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht 
und zweifellos heimischen Ursprunges ist. Man begnügte sich seitdem, die seefahrenden 
Phönizier als die Träger des Zwischenhandels zu betrachten, der die Erzeugnisse ägypti- 
scher Werkstätten der antiken Welt Vermittelte. Aber so unternehmend das Völkchen auch 
war und so große Verdienste ihm nicht nur in kommerzieller, sondern auch in kultureller 
Hinsicht zukommen, bedarf doch auch die Ausdehnung seines Wirkungskreises als Ver- 
mittler fremder Erzeugnisse einer Einschränkung. Seit dem VI. Jh. war Tyrus durch die 
asiatischen Eroberer aus seiner früheren führenden Rolle als Welthandelsplatz sehr zurück- 
gedrängt, hatte seine Kolonien verloren und sich vor dem aufstrebenden griechischen 
Handel immer mehr zurückgezogen. Karthago und Gades hatten teilweise die Handels- 
beziehungen ihrer Mutterstadt übernommen, namentlich die zu Massilia und dem Süden von 
Gallien. Aber nicht Karthager, sondern Etrusker und Griechen kultivierten dieses Gebiet. 
Daß punische Seefahrer durch den Kanal in die Nordsee gekommen seien, ist ganz 
unwahrscheinlich. Weder berichten die Alten etwas darüber, noch sind 
im Norden und Nordosten Europas irgendwelche Funde zweifellos puni- 
schen Charakters gemacht worden. Damit ist zugleich gesagt, daß in 
den Zeiten, in welchen der Handel mit ägyptischen Glaswaren noch in 
den Händen von Phöniziern lag, keine oder doch nur verschwindend 
wenige Glasperlen nach dem Norden gekommen sind. Diese werden in 
Skandinavien erst häufig, seit der römische Welthandel den Werkstätten yi„ , 

Alexandriens neue Absatzgebiete erschlossen hatte, besonders aber vom Glasperle aus 

II. Jh. ab, als römische Waren über Gallien und das Rheinland den Weg LengyeL 

, , r * r- • r j Mainx, Museum 

nach dem freien Germanien fanden. 

I^agegen haben in Mitteleuropa und in Italien die Totenstädte der Eisenzeit (Villanova), 
die der älteren und jüngeren Hallstattperiode, die der Certosa von Bologna, die Gräber 
der älteren und jüngeren La T^ne-Zeit eine kaum übersehbare Menge dieser zierlichen Er- 
zeugnisse gespendet; ja angeblich erscheinen sie als früheste Boten der vorgeschrittenen 
Kultur des Südens in unseren Gegenden bereits in der neolithischen Periode. Nach den 
von Flinders Petrie in Teil el Amarna gemachten Funden hatte die Perlenerzeugung in 
Ägypten schon unter der Herrschaft der i8. Dynastie, um 1350 v.Chr., den Charakter der 
Massenfabrikation angenommen.') Dort wurden auch die Perlen in Form dicker Ringe 
hergestellt, die in Gräbern des westlichen Mittelmeerbeckens und diesseits der Alpen nicht 
selten sind. Diese Form hat auch eine (Fig. i) der beiden großen Perlen, welche angeblich in 
der neolithischen Niederlassung zu Lengyel im westungarischen Komitate Tolna gefunden 
und von einem Pester Händler für das Museum von Mainz erworben wurden.®) Die Fund- 
umstände und die Angaben des Händlers sind leider gleich unzuverlässig. Wären sie über 
jeden Zweifel erhaben, so müßten wir die beiden Perlen als die ältesten Glasfunde diesseits 
der Alpen ansehen. Die eine ist aus einem fast farblosen, jetzt gelblich durchscheinenden, 

') FUNDE&s Petrie, Teil cl Amarna (London 1894), ®) Abgebildet in den Altertümern heidn. Voraeit 

S. 25fg. V Tf. XIV Fig. 214. 215. 




4 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

ursprünglich aber wohl ganz durchsichtig wasserhellen Faden spiralförmig zusammen- 
gedreht und im Innern von einem opaken schwefelgelben Faden durchzogen, welcher durch 
seine Hülle deutlich durchscheint. Die Spuren der Drehung, wie sie Flinders Petrie bei 
den in Teil el Amama hergestellten Glasperlen schildert, sind ganz deutlich; der Ring ist 
durch Eintauchen eines gelben Fadens in farblos-durchsichtige Glasmasse, also durch Über- 
fang, hergestellt. 

Den Ägyptern war demnach schon in so früher Zeit das farblos-durchsichtige Glas, 
das in der künftigen Entwickelung der Industrie eine so wichtige Rolle spielen sollte, 
nicht mehr fremd. Die ältesten derzeit bekannten Gläser, die aus Gräbern der 12. Dynastie 
(3050 — 2840 v.Chr.) stammen, enthalten nach der Analyse von Dr. Russell Kieselerde, Kalk, 
Alkali, Kohle und Kupferkarbonate, von letzteren 37o i^ hellem Türkisblau und 2o7o in 
reichem Purpurblau (Lapislazuliblau). Die grüne Färbung ist durch Eisen hervorgerufen, 
welches fast immer in dem zur Glasbereitung benützten Wüstensande enthalten ist und die 
daraus gewonnene Kieselerde blaugrün erscheinen läßt. Daher haben die gewohnlichen 
Sorten ägyptischer, und antiker Gläser überhaupt, einen stärkeren oder schwächeren Stich 
ins Blaugrüne oder Grünliche. Um feineres Glas herzustellen, mußte man sich bemühen, 
die Mischung von Eisen freizumachen. Heutzutage verwendet man hiezu als Entfärbungs- 
mittel Manganoxyde (Braunstein), das Altertum aber konnte hiebei nur empirisch vorgehen. 
Wie ihm die Entfärbung gelang, war bisher unbekannt. Man wußte aber aus Plinius, daß 
der Flußsand, wenn man ganz reines Glas erzeugen wollte, durch Quarzsteine ersetzt wurde, 
die man zu Pulver zerrieb. Diese Methode ist, wie Flinders Petrie nachwies, gleichfalls 
ägyptischen Ursprunges. Er zog aus den Trümmern einer Glaswerkstatt in Teil el Amarna 
d£is Stück eines Schmelztiegels hervor, der augenscheinlich im Schmelzofen geborsten war, 
ehe sich die in ihm befindliche Mischung völlig aufgelöst und vereinigt hatte. Die Mischung 
enthielt durch die ganze Masse verteilte Flocken von Kieselerde, kleine Teilchen zerstoßener 
Quarzkiesel von jener Art, wie sie massenhaft in der Wüste gefunden werden, wohin sie 
der Nil aus den südlichen Felsenbergen anschwemmt. Die halbfertige Fritte hatte eine 
violette Farbe, ein Zeichen, daß sie eisenfrei war. Die Kohlensäure im Kalk und das 
Alkali waren bereits frei geworden und hatten jene zu einem schwammigen Teige aufge- 
trieben. Wenn die Kieselsäure länger der Glut ausgesetzt blieb, verschwand sie allmählich, 
und es bildeten sich mehr oder weniger flüssige Silikate. Bei starkem Hitzegrade wurden 
diese zu einer weichen Masse, welche leicht eine bestimmte Färbung annahm. Man ließ sie 
erstarren und formte aus ihr Blöcke, die aufs neue unter Zusatz färbender Mineralien im 
Feuer geschmolzen und geglüht wurden, bis sich nach einiger Zeit durch einen bestimmten 
Hitzegrad die gewünschte Färbung einstellte und ein weicher, kristallinischer, poröser und 
brüchiger Kuchen entstand. 

Die andere der angeblich in der neolithischen Niederlassung von Lengyel in Ungarn 
gefundenen Perlen ist gleichfalls ringförmig aus einem opak-gelben und einem opak- 
dunkelbraunen Glasfaden zusammengedreht. Beide Stücke stimmen in Form, Technik und 
Verzierungsweise aber so sehr mit den Ringperlen der späteren LaT^ne-Zeit überein, daß 
man gewichtige Gründe hat, sie gleichfalls erst in diese Periode zu versetzen.^) Als deren 
Hauptform ist für die Gegenden diesseits der Alpen mit Ausnahme von Norddeutschland 
eben die Ringperle zu betrachten. Sie kommt in verschiedenen Größen und Farben vor, 
auch farblos-durchsichtig, mit einem Stich ins grünliche, gelbliche oder besonders häufig 

^) Vgl. LiNDENSCHMiT, ebenda IV 4 und in der Deutschen Altertumskunde. P. Rkinecke, Altert, h. V. V 3. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 5 

ins bläulichgrüne, auch aus Fäden verschiedener Farbe zusammengedreht, wie die Ring- 
perlen aus Hahnheim (bei Oppenheim), Heidesheim (bei Bingen), Neumorgen (bei Nier- 
stein).^^ Das farblos-durchsichtige Glas tritt zuerst bei Perlen der mittleren 
La T^ne-Zeit auf, entweder als Überfang, wie bei denen von Lengyel, oder als Besatz in 
Form von Buckeln. Solche Stücke wurden in Dühren im Badischen, in Erdbach (Nassau) 
und im Koppswalde (Hunsrück) gefunden.") In Ägypten und auch diesseits der Alpen 
kommen in dieser Periode außerdem Perlen vor, welche aus zwei eine Schichte Blattgold 
einschlieOenden Hälften farblos-durchsichtigen Glases bestehen, und andere, die mit Blatt- 
gold überzogen und hierauf mit farblosem Glase überfangen sind, so daß sie wie massive 
Goldperlen aussehen. Flinders Petrie fand schon in Gräbern der i8. Dynastie in Gurob 
gerippte Zylinderperlen aus farblosem Glase, die mit Blattgold überzogen waren. Glas- 
perlen mit eingeschlossenen Goldlamellen sind gleichfalls sehr alt und gehen weit über das 
IV. Jh. V. Chr. hinauf, in welches sie Tischler früher versetzte.^*) Auch in dänischen 
Gräbern wurden farblose und grünliche Glasperlen entdeckt, die mit Blattgold und einer 
durchsichtigen Schichte von Glas überzogen sind. Eine Spezialität der mittleren La T^ne- 
Zeit, die viereckigen Schieber aus tiefblauem Glase, die mehrfach gelocht sind und an 
Schnüren aufgereiht werden konnten, haben mitunter Besatz von halbkugeligen Tropfen 
aus farblos-durchsichtigem Glase, die in breiten orangefarbigen Bändern sitzen. 

Daneben hat man farblos-durchsichtiges Glas schon in Ägypten auch zu Gefäßen ver- 
wendet, welche aus freier Hand über einen Tonkern modelliert wurden. Ein zylindrischer 
Metallstab, so dick wie die Halsweite der Flasche oder Kanne werden sollte, wurde an 
einem Ende mit feinem Formsande verstärkt, dem man genau die Gestalt des Hohlraumes 
des geplanten Gefäßes gab. Stab und Kern wurden in geschmolzene Glasmasse getaucht 
und so mit dieser überzogen. Der Überzug wurde hierauf mit freier Hand bearbeitet, 
der Fuß in einer bereitstehenden Hohlform ausgepreßt, ebenso wie die gepreßten Füße 
römischer Glasbecher, der Rand der Mündung nach außen gebogen und schließlich die 
Verzierungen aufgelegt. In dieser Weise sind sämtliche ägyptische Glasgefäße bis in die 
alexandrinische Zeit hinein hergestellt. 

Nach den bekannten, der 12. Dynastie angehorigen farbigen Reliefs von Beni Hasan 
hat man freilich bisher angenommen, daß den Ägyptern schon damals die Bearbeitung des 
Glases mit der Pfeife, das Blasen des Glases, bekannt gewesen sei. Diese Reliefs zeigen 
Szenen aus dem Leben eines Beamten des Pharao Usertesen I und kommen ganz gleich 
oder ähnlich auch in anderen Gräbern des mittleren und neuen Reiches häufig vor.*^) Es 
ist aber unmöglich, sie auf das Glasblasen zu deuten, da es geblasene Gläser aus dieser 
Zeit nicht gibt. F. L. Griffith hat vielmehr nachgewiesen, daß das Relief, welches sich an 
der nördlichen Seite der Westmauer des Grabes 11 befindet, wie gewöhnlich mit Dar- 
stellungen des Metallwägens verbunden sei und zu einer größeren Folge von Szenen 
gehöre, welche die verschiedenen Stadien der Metallbearbeitung schildern. Es zeigt das 

^0) Abgeb. im Altert, h. V. V Tf. XIV Fig. 217. Breslau 1884. 
219. 221. *^ Abb. bei Maspero Arch. cgypt. 247. Perrot 

^^) Vgl. Schumacher in Altert, h. V. V 3, 757. und Chipiez Hist. de Tart dans Tantiquit^ I 829 III 933. 

Tf. XV Fig. 260 — 262. Ders. in VeröfF. d. Karlsruher Steindorff Das Kunstgewerbe der alten Ägypter 10. — 

Sammlungen 1899, 79- Vgl. auch Revue arch^ol. 1855, 76. Vgl. auch F. W. v. Bissing im Recueil des travaux XXVIII 

Ghirardini Coli. Baratela di Este (1888), S. Ii8. Brizio 20. Griffith Archaeological survey of Egypt. Beni Hasan 

Monum. ant. 1899, 79. IV; hier ist die Szene auf Tf. XX in Farbendruck wieder- 

**) Vortrag bei der Anthropologenversammlung in gegeben und im Texte S. 6 beschrieben. 



6 A. C. KiSA Die Erfindong des Glasblasens 

Anblasen des Schmelzofens, um darin Metall zu erhitzen. Die beiden Männer bedienen 
sich hiebei dünner und langer Rohren primitiver Art, die aus Metall geformt und an der 
Spitze, um diese vor der Glut zu schützen, mit einer birnförmigen Hülle feuerfesten 
Tones versehen sind. Die helle, grünlichgraue Farbe des Tones und der Wände des 
Schmelzofens hat dazu beigetragen, dafi man die Hülle für eine Glasblase ansah. Gleiche 
Szenen wiederholen sich in den Gräbern der i8. Dynastie (ca. 1600 — 1368), z. B. in dem 
des Reschmara in Theben, doch sind hier die Hüllen nicht grünlich, sondern gelb, was 
noch deutlicher auf Metall hinweist Dafi es sich um die Bearbeitung von Metall handelt, 
ergibt sich mit voller Deutlichkeit überdies aus dem Zusammenhange der Szenen. Andere 
Darstellungen derselben Art sieht man in den Gräbern des alten Reiches auf der Hochebene 
von Sakkara, welche der vierten, vielleicht der dritten Dynastie angehören.") Bei dem Ver- 
gleiche der älteren Reliefs mit solchen aus späterer Zeit findet man bereits große Fort- 
schritte in der Technik, die in Beni Hasan dieselbe ist, wie man sie noch heute bei den 
kleinen Metallarbeitern Persiens und Indiens beobachten kann. Anstatt allein ihre Lungen- 
kraft anzustrengen, haben die späteren Arbeiter Blasebälge eingerichtet, die mit dem Fuße 
betrieben werden, so daß ein starker Zug durch ein daneben befestigtes Rohr in das 
Feuer geleitet wird. Die bloße Pfeife wird allerdings auch noch benutzt, aber nur für 
kleinere und feinere Arbeiten. In der 26. saitischen Dynastie wurden die alten Gräber- 
reliefs kopiert, darunter auch mehrmals die von Beni Hasan und andere Szenen der Metall- 
bearbeitung. Dagegen fehlen solche der Glasbläserei auch in dieser Periode noch gänzlich. 
Offenbar war das geblasene Glas selbst im VI. Jh. v. Chr. unbekannt. 

Auch die berühmte im Britischen Museum verwahrte Vase Sargons, des großen 
Eroberers von Syrien (721 — 704), ist aus freier Hand modelliert. Sie wurde ebenso wie ein 
mit aufgelegtem Blattgolde verzierter Würfel farblosen Glases, der sich im Louvre befindet, 
in den Ruinen des Konigspalastes von Ninive gefunden. Der Form nach ist sie das Pro- 
totyp des Alabastrons, ein Fläschchen von gedrungener Schlauchform, dickwandig, mit 
schmalem, leicht ausgebogenem Rande und zwei viereckigen Ansätzen, die als Ösen 
dienen. Die trübe, grünlich durchscheinende Masse ist außen mit dem Rade abgeschliffen, 
wie eine Arbeit in Kristall oder Alabaster. Auf einer Seite ist ein Löwe, auf der anderen 
das Namensschild des Königs (Saryukin) in Keilschrift eingraviert. Froehner, der die Phö- 
nizier für die Erfinder des farblos-durchsichtigen Glases hält, erinnert daran, daß Sargon 
Samaria eroberte und aus Phönizien reiche Beute heimbrachte. Der sogenannte Kalender 
Sargons zähle als Gewinn seiner Eroberungszüge nach Syrien eine große Menge von Ge- 
schenken an Gold, Silber, Ebenholz und Gefäßen aller Art auf Es könne sich auch dieses 
Gefäß darunter befunden haben, ob es nun gerade in Phönizien selbst oder anderswo an 
den Küsten Kleinasiens entstanden sei. Eine eigene phönizische Glasindustrie läßt sich 
aber nicht nachweisen, womit auch Froehners Vermutung von der Erfindung des farb- 
losen Glases der Boden entzogen ist. Dagegen hat man solches in Teil el Amama 
und anderwärts in Ägypten gefunden. Das aus Quarz gewonnene Glas war schwieriger 
zu bearbeiten als das gewöhnliche, daher sind die daraus modellierten Gefäße dick- 
wandiger und schwerfalliger in den Formen. Technik und Gestalt der Vase Sargons 
sprechen durchaus für ägyptische Arbeit. Die Keilinschrift hindert nicht, ihre Ent- 
stehung in das Land der Pharaonen zu verlegen; denn es gibt zahlreiche Vasen aus Ala- 
baster, welche auf einer Seite ein ägyptisches Zierschild, auf der anderen einen assy- 

") Sauzay Les mervellles de la vcrrerie S. 5. I-EPSIüs Denkmäler II 13, 49. Brüosch Ägypt Gräberwelt 24. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasen« 7 

rischen Konigfsnamen in Keilschrift graviert zeigen. Ebenso wie nach Syrien führten 
Sargon kriegerische Unternehmungen auch nach Ägypten. In die äthiopische Zeit, in 
das VIII. Jh. und den Beg^inn des folgenden, fallen die Versuche assyrischer Herrscher, 
sich des Wunderlandes am Nil zu bemächtigen. Auf einem dieser Einfalle konnte 
Sarg-on leicht Gelegenheit gefunden haben, in den Besitz der Vase zu gelangen, die er 
nach seiner Rückkehr, wie üblich, mit seinem Namen als sein Eigentum kennzeichnen 
ließ.^*) Auf meine Bitte nahm sich Professor v. Bissing geleg^entlich einer Studienreise nach 
London 1906 die Mühe, die Vase genau zu untersuchen, wobei er von Dr. Wallis Budge 
in dankenswerter Weise unterstützt wurde. Er fand das dicke, trüb grünliche aber noch 
immer ziemlich durchscheinende Glas auf der rauh gewordenen Außenseite stark irisiert; die 
Form erscheint ihm durchaus ägyptisch, speziell den Alabastergefaßen der saitischen Zeit 
verwandt, die Inschrift, ebenso wie die beiden kleinen Löwen rechts und links von ihr, die 
rein assyrischen Stil zeigen, nachträglich eingraviert. Die beiden genannten Gelehrten sind 
gleichfalls von dem ägyptischen Ursprünge der Vase überzeugt. 

Aus ursprünglich farblos-durchsichtigem, gegenwärtig trüb gelblichgrauem Glase ist ein 
Napf des Antiquariums in München hergestellt. Er hat gedrückte Kugelform, ist gleichfalls 
dickwandig und außen mit sechs runden Nuppen — d. h. Ringen mit einem Punkte in der 
Mitte — verziert Auch er ist aus freier Hand modelliert und nachträglich durch Schliff 
bearbeitet^*) Seine Entstehung dürfte in die saitische Periode fallen, ebenso wie die der 
Kugelflaschen aus farblosem Glase im Britischen Museum, die aus Gräbern der 26. Dynastie 
(666 — 526) herrühren. Im Louvre befindet sich ein großes Gefäß aus farblosem Glase mit 
dem Korbe, in welchem es eingeschlossen war, angeblich aus einem thebanischen Grabe. 
Eine andere schlauchförmige Vase im Louvre, spitzbauchig und sorgfaltig abgeschliffen, 
wird mit Konig Amenret in Verbindung gebracht, dessen Namen M. de Rougä in den 
gravierten Zierschildern entziffert hat Vielleicht ist er mit dem Am5rrtes der Griechen 
identisch, der im IV. Jh. v. Chr. herrschte. Das Material ist feines Kristallglas, die Be- 
arbeitung sehr exakt. Auf Reliefs von Theben und, wie es heißt, selbst auf solchen des 
alten Reiches will man Darstellungen von durchsichtigen, mit rotem Weine gefüllten 
Gläsern bemerkt haben, doch ist diese Beobachtung bisher nicht genauer kontrolliert 
worden.^') 

Gefäße aus farblosem Glase sind in der späten La T6ne-Zeit neben Schmuckperlen auch 
über die Alpen gelangt. Schon der Grabhügel von Belleremise bei Pflugffelden in Bayern, 
welcher der späten Hallstattperiode (um 400 v. Chr.) angehört, enthielt das Fragment eines 
viereckigen Fläschchens, das allerdings nicht farblos-durchsichtig ist, sondern aus einer 
violetten, gelblichweiß geäderten Paste besteht. Den zugleich gefundenen Metallgegenständen 
nach war es aus Etrurien eingeführt In Hallstatt selbst, in Sta. Lucia in Italien, in fran- 
zosischen Nekropolen kommen jedoch halbkugelige Schälchen aus durchscheinend farblosem 
und grünlichem Glase mit opakweißen Längsstreifen vor, welchen man dasselbe, wenn 
nicht ein noch höheres Alter zuschreibt. Ein Näpfchen dieser Art aus den Höhlenfunden 

**) Ungenügende Abb. bei Perrot und Chipiez, klärung der Vase durch C. Friedrich Bonner Jahrbuch 

Assyrieyiy. Eine bessere wird nach einer neuen Aufnahme, LXXIV 164 fg* ist verfehlt. 

die ich Herrn Dr. Wallis Budge vom Britischen Museum ^*) Vgl. Christ Führer d. d. Antiquarium in Mün- 

und Herrn Professor F. W. v. Bissing in München ver- chen S. 117 n. 635. Eine Abbildung enthält gleichfalls 

danke, in meinem demnächst erscheinenden Werke „Das mein vorher genanntes Werk unter Fig. 52. 
Glas im Altertume** Fig. 22 veröffentlicht werden. Vgl. auch ^^ A. Itx> in Lobmeyrs Glasindustrie S. 7 f. 

Archäol. Zeitung 1848, 380, 1849, 7^* ^^^ technische Er- 



o A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

von Byöl skäla ist jedenfalls älteren Ursprunges und wohl bisher das älteste, diesseits 
der Alpen gefundene Glasgefäß.^®) Daneben ist in Hallstatt die bereits gewöhnliche 
bläulichgrüne Gebrauchsware vertreten, wie sie aus den Werkstätten von Naukratis hervor- 
ging, darunter Näpfe von zierlichen griechischen Formen.^*) In den Ostalpen scheint sich 
schon früh im Anschluß an den etruskisch-ägyptischen Import eine heimische Glasindustrie 
entwickelt zu haben, der manche Perlen und Armringe zuzuschreiben sein dürften, welche 
man in den Gräbern dieser Gegend findet, vielleicht auch jene beiden Paare von Arm- 
ringen aus AfiFoltern im Kanton Zürich, das eine dunkelblau durchscheinend, das andere 
aus wasserhellem farblosen Glase, in welches ein neapelgelber Faden eingelassen ist In 
Altare, einer Ortschaft der Ligurischen Alpen, existieren noch heute Glaswerke, welche 
nach Murray durch flüchtige Gallier begfründet sein sollen.***) 

Ebenso wie man in ägyptischen Gräbern Darstellungen von durchsichtigen, mit Wein 
gefüllten Gläsern gesehen haben will, wird aus der Zeit Alexanders d. Gr. von dem Maler 
Pausias aus Sikyon, einem Zeitgenossen des Apelles, berichtet, daß er in seinem Bilde der 
„Trunkenheit" eine Frau gemalt habe, welche eine Schale an ihre Lippen setzte, so daß 
ihre Gesichtszüge durch das Gefäß deutlich sichtbar waren. Dasselbe Motiv ist auf einem 
herculanensischen Wandgemälde im Museum von Neapel zu einem niedlichen Stilleben 
benutzt.*^) Es zeigt einen Vogel, neben ihm eine gläserne Henkelkanne, über welche ein 
fußloser Kugelbecher gestülpt ist. Dieser ist farblos-durchsichtig, mit gravierten Reifen 
verziert und läßt den Hals der Flasche vollkommen durchleuchten. Daß diese Darstellung 
der Wirklichkeit entsprach, d. h. nach vorhandenen Gläsern gemalt war, kann nicht 
zweifelhaft sein, da sie aus einer Zeit stammt, in der man bereits farbloses Glas nicht 
nur mit freier Hand zu bearbeiten, sondern auch zu blasen verstand. Sie läßt aber er- 
kennen, daß man absolute Durchsichtigkeit immerhin noch als eine merkwürdige Sache 
betrachtete und bildlicher Darstellung wert hielt. Doch auch die Nachricht von der Schale 
des Pausias klingt unbedenklich, da farblose Gläser in der Zeit Alexanders d. «Gr. aus 
ägyptischen oder sidonischen Werkstätten leicht nach Griechenland gelangen konnten. 
Übrigens wird nicht ausdrücklich angegeben, daß Pausias seiner allegorischen Gestalt einen 
Becher aus Glas in die Hand gegeben habe; ebensowohl kann man an den hochgeschätzten 
echten Bergkristall denken, der gerade in alexandrinischer Zeit sehr häufig zur Herstellung 
von Vasen benutzt wurde. Dagegen ist der Torso einer zierlichen Venusstatuette der 
Sammlung Hoffmann in Paris in Kristallglas geschnitten. Als Vorbild diente wahrscheinlich 
eine Bronze der Diadochen- oder früheren Kaiserzeit, die Arbeit selbst ist alexandrinisch 
und eher in jene als in diese zu versetzen.^*) 

Das ästhetisch Bedenkliche der Plastik in einem farblos-durchsichtigen Stoffe verführte 
GotTFRiED Semper dazu, die Augen vor unleugbaren Tatsachen zu verschließen und zur 
Stütze seiner Theorien irrige Beobachtungen ins Feld zu fuhren. Er versichert, an zahl- 
reichen Bruchstücken farblos-durchsichtiger Gefäße im Innern die Spuren einer Bearbeitung 
mit dem Rade gefunden zu haben, wodurch sie teilweise geblendet worden seien, bei 
anderen einen Überfang mit undurchsichtigem Milchglase. Er hält auch in vielen Fällen 
die Iris, die durch Verwitterung hervorgerufene Trübung, für ein künstliches Produkt, da 
den Alten die vollkommene Durchsichtigkeit der Gläser nicht gefallen habe. Dieses uns 
nur halb verständliche Stilgefühl führte nach seiner Ansicht auch dazu, die Vasen aus 

^®) Reinecke a. O. ^^) Ilo a. O. '^) Abgeb. in Pistolrsi Musco borbon. V Tf. 93. 

20) Semper Stil II 185, Tf. XVI 1, 2. ^2) Abgeb. Le Mus^e III (1906) n. 12, Fig. 42. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 



Bergkristall in ähnlicher Weise zu blenden. Die Tatsache, daß das absolut Durchsichtige 
eigentlich formlos erscheine, möge der Grund dazu gewesen sein. Vollkommene Berechti- 
gung habe ja das antike Stilgefühl auch für uns, wenn es sich um erhabene Arbeit oder 
gar um Bildhauerwerk aus durchsichtigem Stoffe handle, der eine plastische Wirkung der 
vorspringenden und zurücktretenden Teile gar nicht zulasse, vielmehr diese zerstöre, 
weil die durch Verdünnung des Stoffes 
hervorgebrachten Tiefen, die im Schat- 
ten liegen sollen, am hellsten erscheinen 
und umgekehrt. Helle, durchsichtige 
Plastik aus Glasmasse finde sich daher 
bei antiken Gefäßen nur selten und nur 
als Nebenwerk, in gemmenartigen Em- 
blemen, Tropfen, als Besatz von Hen- 
keln u. dgl. Sonst habe man erhabene 
Arbeit aus heller opaker Kruste auf 
dunklem, durchsichtigem Grunde her- 
gestellt, ein Verfahren, das die schön- 
sten und berühmtesten antiken Glas- 
gefaße, die Überfan ggläsef, zeigen.**) 
Hätte Semper die angeblich mat- 
tierten Scherben ohne Voreingenom- 
menheit untersucht und die Bruchränder 
beobachtet, würde er gefunden haben, 
daß die Trübung nicht durch die ganze 
Dicke der Wandung hindurchgeht und 
noch weniger,' daß sie an der Innen- 
seite künstlich hervorgerufen ist, son- 
dern daß sie hauptsächlich das Äußere 
umfaßt und von ihr aus nur wenig nach 
innen vorschreitet. Sie ist nichts als 
das Ergebnis eines natürlichen Ver- 
witterungsvorganges, welcher durch die 
mangelhafte Art, in welcher die Alten 
ihre fertiggemachten Gläser abkühlen 
ließen, befördert wurde. Namentlich die 
dickwandigen Gefäße und Pststen er- 
kalteten in den unvollkommenen Kühl- 
räumen der antiken Glaswerkstätten 




Fig. 2 Diatretum aus Daruvar. Wien, im kunslhist. Hofmuseum 



nicht rstsch und gleichmäßig genug. Die Abkühlung trat an der Außenseite früher als 
im Innern ein, wodurch eine Verschiebung der Moleküle und eine Spannung entstand, die 
kleine Risse hervorrief. Anfangs kaum bemerkbar, gewährten diese Risse und Rauheiten 
im Laufe der Zeit der Einwirkung des Wassers und organischer Säuren größeren Spiel- 
raum als glatte und gleichmäßig gekühlte Gläser. Die Kali- und Natronsilikate wurden 
aufgelöst und dadurch die Trübung und Mattierung hervorgerufen. Diese Sorte farblosen 
25) Sempkr a. O. II i86. 

Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 2 



lO A. C. KiSA Die Erfindung des GlasbUsens 

Glases wurde wie lange vorher in Ägypten und an den Ufern des Belus, zu Anfang der 
Kaiserzeit auch in den kampanischen Werkstätten, von der Mitte des II. Jh. ab am Rhein 
und anderwärts verarbeitet, unter anderem bei den oft einen halben Meter langen, in der 
Mitte verdickten Phiolen und den viereckigen, langhalsigen sogenannten Merkurflaschen. 
Die chemische Untersuchung ergibt, daß das Material von Eisen- und Manganoxyden freies, 
natürlich farbloses Glas ist, das aus reinem Kiessande gewonnen wurde. Auch die onyx- 
artige Äderung, die häufig bei farblosen Gläsern auftritt, die wolkige Trübung mit unregel- 
mäßigen Streifen und Wellenlinien ist ein Erzeugnis der Verwitterung. Semper erblickt in 
ihnen einen kunstvollen Laminationsprozeß, bei welchem wie im damaszinierten Stahle der 
Sarazenen dünne Streifen durchsichtigen und undurchsichtigen Glases verschiedener Kon- 
sistenz zusammengeschweißt worden sein sollen. Die Musterung tritt nur bei geblasenen 
Gefäßen, Flaschen und Kannen auf und folgt, gleichsam wie die Farben der Seifenblase 
dem allmählichen Anschwellen der flüssigen Masse an der Pfeife, den Rotierungen der 
Blase. Im Laufe der Zeit ließ die Verwitterung die Ungleichmäßigkeit der Masse hervor- 
treten, indem sie einzelne Streifen stärker angriff als andere, und brachte so einen Wechsel 
von helleren und dunkleren, stärker oder weniger durchsichtigen Linien hervor. 

Daß die Überfanggläser mit ihrer farbig-opaken Reliefplastik zu den künstlerisch 
vollkommensten Leistungen der antiken Glasindustrie gehören und dem antiken Stilgefühle 
vollkommen entsprechen, ist zweifellos. Vielleicht sagt man aber besser: dem griechischen 
Stilgefühle. Diesem war die Glasarbeit im ganzen unsympathisch und mußte sich, wo sie 
zur Geltung kam, der Kunst der Edelsteinschneider anpassen. Das war zu Zeiten, als man 
die hervorragendsten Eigenschaften des Glases, seine Durchsichtigkeit und Dehnbarkeit an 
der Pfeife noch nicht kannte. Die Entdeckung dieser Eigenschaften rief eine völlige Um- 
wälzung in den ästhetischen Anschauungen und in der Technik hervor. Die Glasindustrie 
der Kaiserzeit hat dadurch einen von der früheren völlig verschiedenen Charakter be- 
kommen. Die Farbe beherrschte das Stilgefühl der antiken Glasindustrie solange, als man 
farbloses Glas nur in geringen Mengen und an wenigen Orten herzustellen vermochte, und 
solange die Herstellung von Gefäßen eine Arbeit der freien Hand war. Näher als die 
Entdeckung von Entfärbungsmitteln des durch Eisenoxyde verunreinigten Sandes, der 
Kieselerde, lag die, durch eine Verstärkung des ursprünglichen Gehaltes an Metallen die 
Masse intensiver zu färben, durch die Qualität der Zusätze, die Art des Brandes, die Zu- 
fuhrung größerer oder geringerer Mengen von Sauerstoff zu variieren. Zufallige Bei- 
mengungen metallischer Bestandteile haben zuerst die Aufmerksamkeit auf die dadurch 
hervorgerufenen Änderungen gelenkt und zur Entdeckung der Färbemittel geführt. Die 
Alten waren keine Chemiker, sie verAihren nur empirisch und beobachteten, daß dieser 
und jener Sand, diese Erdart, jener Steinklumpen, in gewissen Gegenden gewonnen, be- 
sondere farbige Wirkungen hervorruft. 

Vor allem waren die Ägypter durch ihre farbigen Gläser berühmt, ursprünglich die 
Werkstätten von Diospolis, der Gottesstadt Theben, in der Kaiserzeit die von Alexandria. 
Nach Strabo**) eignete sich kein Sand so gut zur Herstellung farbigen Glases als der. vom 
Nil; noch im IX. Jh. und später holten die Venezianer aus -der Wüste zwischen Kairo und 
Alexandrien Sand und brachten ihn auf ihren Schiffen nach Murano, um ihn in den dort 
angelegten Glashütten zu verarbeiten. Am beliebtesten war Blau in verschiedenen Schat- 

'*) XVI 2, 25 p. 758 ^xoooa 8*Sv r^ ÄAtgavöptCqp -ff^v, ^g X<»>P^* ^ux oföv xe tä; 7CoXüXp6ot>c xod icoXoxtXttg 
iwtpdt Töv öocXoüpiöv tlvad xtva xal xax' Al^oirrov öocXlTtv xaxaoxeudtg dTcoxsXto^vou. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 



II 



Ä^i|# 



tierungen, besonders das herrliche Purpurblau, das mit dem Lapis Lazuli wetteiferte und 
heute noch in der Glasur orientalischer Fliesplatten vorherrscht. Dann Türkisblau, Smaragd- 
grün, Goldbraun und mehrere Sorten von Rot. Zu Plinius' Zeiten ahmte man in Alexandrien 
die Farben und Muster des Saphirs, Opals, Smaragdes, Hyazinthes, Jaspis, Karneols nach, 
außerdem aber auch den Rubin, Topas, Türkis, syrischen Granat, Beryll, Amethyst, Fräser, 
Achat, Sardonyx, Onyx u. a. Diese Nachahmungen sind aber in der Regel keineswegs 
naturgetreu, schon deshalb nicht, weil der Glasmacher bei der Herstellung der Farben sehr 
vom Zufall abhängig war und selten mit Sicherheit vorhersagen konnte, ob es ihm ge- 
lingen würde, ein Stück zum zweiten Male genau zu wiederholen. Allerdings waren dabei 
jene Fälle ausgenommen, in welchen er ein größeres Quantum vorbereiteter Paste ver- 
arbeiten konnte, namentlich blaue und rote, die ihm aus 
kampanischen imd alexandrinischen Fabriken in Form von 
Ziegeln (Kuchen, Stangen) geliefert wurde. Aber auch 
solches vorgerichtete Material konnte sich durch schlechte 
Verwahrung, in erneutem Brande und durch unvorherge- 
sehene Beimengungen oder andere Fehler verändern. Bei 
gemusterten Gläsern war die Natumachahmung noch schwie- 
riger. Ge wohnlich war sie aber gar nicht beabsichtigt; der 
Künstler änderte bei den Marmor-, Bandachat- und Onyx- 
gläsern willkürlich Farbe und Zeichnung und ließ der von 
dem natürlichen Vorbilde leicht angeregten Phantasie freien 
Lauf. Selbst das unbewaffnete Auge kann von den antiken 
Nachbildungen der Edel- und Halbedelsteine nur selten irre- 
geführt werden. Es war den Alten nicht möglich, solche und 
selbst farbig gemusterten Marmor so täuschend zu imitieren, 
wie es die Stuckmarmore, die falschen Brillanten, Saphire und 
Opale unserer Zeit vermögen. Freilich haben im Pharaouen- 
lande manchmal selbst große Säulen, Fliesplatten und 
Stelen, auch Statuen aus glasiertem Ton Herodot und 
andere naive Bewunderer über ihre wahre Natur getäuscht, 
wie auch Gefäße dieser Art manchmal Gläsern zum Ver- 
wechseln ähnlich sind. Aber die noch von Albert Ilg 
vertretene Anschauung, daß die Antike den Hauptwert 
auf die Nachahmung edler Steinarten durch farbige Glas- 
pasten gelegt habe, ist gegenwärtig nicht mehr aufrechtzuhalten. Wenn man früher 
glaubte, daß sie selbst in ihrer Blütezeit, auf ihrer technischen und künstlerischen Höhe 
gerade die hervorragendsten Eigenschaften des Stoffes, Durchsichtigkeit, Farblosigkeit 
und Elastizität, absichtlich unbenutzt gelassen habe, um ihn zum Surrogate edlerer 
Materialien herabzuwürdigen, so drückte man ihr damit unbewußt den Makel der Trucage 
auf. Ilg behauptet, daß anfangs die Nachahmung des Obsidians, des natürlichen schwarzen 
Glasflusses und anderer Steine Hauptsache gewesen sei und daß das antike Glas selbst 
später, als man es bereits kristallrein herstellen konnte, vor allem bunt und ein Rivale 
des farbigen Edelsteines, nicht aber der des Kristalles sein wollte. Die Herstellung farb- 
loser Gläser trete nur als ein untergeordneter Nebenzweig der Industrie, vor allem zu 
Bedürfnissen des Haushaltes auf Diese Anschauung ist das direkte Gegenteil von der 




Fig. 3 Sog. Diatrctum aus Fcy6r, 

von der Seite und von unten gesehen. 

Budapest, im Nationalmuseum 



12 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

antiken, die Plinius*^) mit folgenden Worten vertritt: fit et tinctnrae genere obsidianum ad 
escaria vasa et totum rubens atqtie non tralticens haematinum appellatur. fit et albnnt et 
murrina (das Gegenteil von weiß, nämlich bunt, vielfarbig) aut hyacinthos sapphirosque 
imitatnm et omnibus aliis coloribus — maximtts tarnen honos in candido tralucentibus quam 
proxima crystalli similitndine'' 

Der römische Schriftsteller, dem wir die meisten Nachrichten über die antike Glas- 
industrie verdanken, sagt also ausdrücklich, daß die Glasmacher ihren größten Stolz hinein- 
setzten, kristallartiges Glas zu erzeugen. Lobmeyr hält das Material der antiken Kristall- 
gläser dem der modernen gegenüber für minderwertig. Ilg stimmt ihm bei und erklärt 
dies damit, daß farblos-durchsichtige Gläser bloß Erzeugnisse wechselnden Modebedürfnisses 
gewesen seien, auf die man technisch und künstlerisch weniger Sorgfalt verwendet habe 
als auf die farbigen, den Edelstein nachahmenden Sorten. Tatsächlich überwiegt in der 
Industrie des römischen Weltreiches vom Ende des I. Jh. ab ebenso wie heute weitaus 
das farblos durchsichtige Glas beziehungsweise das ungefärbte, sowohl bei den Erzeugnissen 
des Luxus wie bei der Gebrauchsware. Während die antiken Schriftsteller die Farblosigkeit 
und Durchsichtigkeit, den Glanz und die graziöse Leichtigkeit des Kristallglases in allen 
Tonarten preisen und zu poetischen Vergleichen benutzen,**) finden die Imitationen von 
Edelsteinen bei ihnen keine andere Beurteilung als bei uns. Seneca warnt vor einem 
Fälscher von Smaragden, Plinius spricht von „trügerischem Glase" und deutet an, daß es 
Bücher gebe, welche die zweideutige Kunst der Nachahmung von Edelsteinen lehren, ver- 
schweigt aber absichtlich deren Autoren und Titel, damit nicht andere durch sie verführt 
würden. Er fügt hinzu, daß durch die Nachahmungen aber nur das Auge getäuscht werden 
könne, während der Probierstein erkennen lasse, daß bei ihnen der Stoff weicher und 
gebrechlicher sei. Sie verrieten sich auch durch ihr geringeres Gewicht und eine größere 
Wärme beim Anfühlen.*^) Daß die Fälscher trotzdem mit Erfolg arbeiteten, beweist die 
Nachricht, daß selbst die Kaiserin Salonina, die Gattin des Gallienus, durch eine gläserne 
Perlenschnur hinters Licht geführt wurde. 

Kristallglas erzielte man wie heute durch Zusatz von Bleioxyden. Es ist zwar 
weicher als das moderne und infolgedessen stärker der Verwitterung ausgesetzt, wodurch 
es manchmal unansehnlich geworden ist, was Lobmeyrs absprechendes Urteil hervorgerufen 
haben mag. Trotzdem ist es ein schönes, glänzendes, sehr durchsichtiges und die Licht- 
strahlen stark brechendes Material, das sich besonders zur Bearbeitung durch Schliff 
eignete. Es wurde anfangs vornehmlich in Alexandrien, Sidon und Tyrus hergestellt, später 
auch in Italien, Gallien, am Rhein und in Britannien. Die syrischen Glashütten gingen 
allmählich in die Hände von Juden über, die vom VI. Jh. ab die Herstellung des Blei- 
glases im Oriente wie in ihren europäischen Niederlassungen als Besonderheit betrieben. 
Im Mittelalter gab es ein eigenes vitrum Judaicum, das Heraclius bei seinen Farben- 



^^) Hist. nat. XXXVI 198. als ninibus vitreus und preist die Kristallgläser als Sen- 

^•) Wenn die Dichter die Reinheit und den Glanz düng vom Nil. 

des Quellwassers oder Taues kennzeichnen wollen, wenden ^'^) XXXVII 98 aduUerantur vitro simillime» seä 

sie Vergleiche mit Glas an : fons spJendidior vitro, ros cotc deprehenduntur, sicut aliac gemmae; fiäis enim moUior 

vilrcus, unda vitrea hei^t es in verschiedenen Varianten, materia fragilisque est: ctntrosas cotc deprckendunt et 

während wir umgekehrt reines Glas mit Wasser vergleichen, poftdere, quod minus est in vitreis; ebenda 128 vitro 

das wasserhcUe Glas und das Wasser des Diamanten adu teranlur, ut visu discemi non possint. {actus deprC' 

rühmen. Martial spricht von luAigem, körperlosem Glase hendit, tepidior in vitreis. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 



13 



rezepten*®) erwähnt. „Nimm ein Grossinum Saphir und dann Erzschaum, welcher vom 
heißen Eisen am Amboß geschlagen wird; nimm davon ein Drittel mit dem Grossinum 
und mit Bleiglas, jüdischem nämlich, vermische es und reibe es gut auf dem Marmor" (der 
Platte, auf welcher die Gläser fertig gemacht wurden). Nach Theophilus' Angabe ^^) wurde 
zur Herstellung von Judenglas Blei in einem Topfe zu Pulver gebrannt, zum Auskühlen 
fortgestellt und dann zwei Teile Blei mit einem Teile Sand gemischt. Das ganze Mittel- 
alter hindurch waren jüdische Glasmacher in Hebron tätig, ja noch im vorigen Jahrhundert 
fand Miss Martineau dort ihre Glashütten, aus welchen Gefäße und Schmucksachen hervor- 
gingen. Das Österreichische Museum in Wien besitzt eine Sammlung derartiger Arbeiten. 
Die Gefäße, zumeist aus schlecht entfärbtem, bläulichem oder gelblichbraunem Material, 
zeigen in den Formen noch manche antike Überlieferung, ebenso die Schmucksachen, die 
Arm- und Beinringe für Beduinenweiber aus opakfarbiger Paste mit Flecken, Bändern und 
Spiralen. Jüdische Glasmacher von Tyrus 
und Hebron vermittelten im IX. Jh., als 
die Handelsbeziehungen zwischen Vene- 
dig und dem Oriente begannen, die 
Glasindustrie Muranos. Bezeichnend für 
die Wertschätzung, deren sich das farb- 
los-durchsichtige Glas auch im frühen 
Mittelalter erfreute, ist eine Stelle im 
Talmud,**^) in welcher der Gesetzgeber 
es als wider die gute Sitte bezeichnet, 
daß man den Reichen aus farblosen 
(weißen) Gläsern zu trinken gebe, wäh- 
rend sich die Armen mit farbigen be- 
gnügen müßten. 

Plinius berichtet außer der Herstel- 
lung von Kristallglas aus gepulverten 
Quarzstücken, wie sie die Ägypter an- 
wendeten, auch von der sonderbaren 
Art der Inder, schönes durchsichtiges 
Glas aus zerbrochenem Kristall zu erzeugen, das deshalb ganz unvergleichlich sei.'*) 
Schon C. Friedrich'*) fand diese Nachricht sehr unwahrscheinlich, da es sich dabei um 
den Ersatz eines wertvollen, sehr hochgeschätzten Stoffes durch ein Surrogat von ge- 
ringerem Werte handelt. Plinius*') selbst benimmt ihr die Glaubwürdigkeit durch seine 
Bemerkung, daß die Wertschätzung des echten Bergkristalles durch noch so vollkommene 
Imitationen in Glas nicht nur nicht gemindert, sondern vielmehr gesteigert worden sei. 
Die Nachricht ist wohl so zu erklären, daß unter Kristall nicht der echte Bergkristall zu 
verstehen ist, sondern feiner weißer Quarz, den man in Indien wie anderswo pulverte, um 
daraus farbloses Glas herzustellen. Friedrich führt als Beispiel dafür, daß man auch heute 
ä:wei verschiedene, im Werte und in ihren Eigenschaften weit auseinandergehende Stoffe 

'*) c. 49 Ausgabe von I1.G in Eitet.bergers Quellen- ^^) Im Bonner Jahrbuch LXXIV 164 fg. 

Schriften III. ^*) c. 8 ebenda. ^) mire his (crystallis) ad simililudincm accesscre 

'*) Ordnung für die kleinen Feste III 5. vitrea, sed prodigi modo ut suum präium auxerint crysialli, 

'*) XXXVI 192 ci ob id nullum confarari ludico. non diminuerint. 




Fig. 4 
Fragment eines Diatretum. Budapest, im Nationalmuseum 



14 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

mit demselben Ausdrucke bezeichne, die Arbeiter der Glashütten von Zwiesel im Bayrischen 
Fichtelgebirge an, die gleichfalls einen feinen, weißen Quarz, den sie zur Erzeugung farblos- 
durchsichtigen Glases verwenden, Kristall benennen. 

Auf österreichischem Boden sind einige hervorragende antike Arbeiten aus Kristall- 
glas gefunden worden, welche die Technik des Schliffes auf einer selbst von der hoch- 
entwickelten Industrie der Gegenwart nicht übertroffenen Höhe darstellen. Abgesehen von 
einem Funde der letzten Jahre, dem mit einer Inschrift und Blattwerk in tiefem Linien- 
schnitte verzierten Becher aus Krain, der von W. Kubitschek veröffentlicht wurde,^) 
kommen hier einige geschliffene Netzgläser und verwandte Arbeiten in Betracht, die man 
gewöhnlich seit Winckelmann mit dem mißverstandenen Ausdrucke vasa diatreta bezeichnet.*^) 
Österreich-Ungarn hat das Glück, von dem Dutzend vollständig oder teilweise erhaltener 
Kostbarkeiten dieser Art verhältnismäßig die meisten zu besitzen. Da ich sie bereits an 
anderer Stelle eingehend behandelt habe, begnüge ich mich hier mit einer kurzen Auf- 
zählung der in Betracht kommenden Exemplare. 

1. Ein eiförmiger Becher aus farblosem Glase (Fig. 2) im kunsthistorischen Hofmuseum in 
Wien. Er wurde 1875 zu Daruvar in Slawonien gefunden, ist etwa 12 cm hoch und gern 
breit, mit Ausnahme des Randes von frei ausgeschliffenem, mit dem inneren Kerne nur 
durch einzelne dünne Stege verbundenem Netzwerke umgeben und trägt darüber in gleich- 
falls frei ausgeschliffenen, mit Stegen versehenen Buchstaben den Rest der Inschrift 
FAVENTIB.. Netz und Buchstaben sind mit dem Kerne aus einem Stücke herausgeschliffen, 
also gleichfalls farblos. 

2. Ein Becher von Halbkugelform (Fig. 3) im Pester Nationalmuseum, gefunden 1845 
in Szekszard in Ungarn, 12 cm hoch und 15V2 ^^ breit. Er hat kein Netzwerk, sondern nur 
eine Inschrift, welche wie an dem vorher genannten Becher frei gearbeitet ist und die 

Mitte der Außenseite umgibt. Erhalten sind die Buchstaben AEIB OIM6NITTI6ZH..IC j7 

mit einem kleinen Zweige als Interpunktion. Zu ergänzen ist die Inschrift wahrscheinlich 
Xerße & no(|ievt nie ^i^aat^. Dieser Becher bedurfte nicht wie die anderen sogenannten Dia- 
treten eines Untersatzes, sondern steht gleich den Konchilienbechern in Trier, Köln und 
im Vatikan auf drei schönen Schnecken und ebensoviel Delphinen mit aufgesperrtem Rachen. 
Sie sind für sich geformt und dann an das Gefäß angesetzt. 

3. Ein Fragment (Fig. 4) desselben Museums, das 1897 im Komitate Fey6r aufgefunden 
wurde. Es ist wie die vorigen in Kristallglas geschliffen und gehört einem Becher von 
länglicher Eiform an. Der Rand ist etwas ausgebogen und unter ihm die ringsum laufende 
Inschrift niEZHCEC in eckigen Buchstaben angebracht, die sich gleichfalls frei vom 
Grunde loslösen und nur an den oberen und unteren Enden durch Stege mit ihm ver- 
bunden sind. Den unteren Teil nahm ein Netzwerk ein, von welchem noch ein kleiner 
Teil erhalten ist. Es besteht im Gegensatze zu den anderen, aus kreis- oder rautenförmigen 
Maschen zusammengesetzten Netzen nur aus linsenförmigen, dicht gereihten Hohlschliffen, 
durch welche der innere Kern sichtbar wird. 

4. Ein Fragment des Österreichischen Museums in Wien (Fig. 5), das angeblich aus der 
Umgebung von Rom stammt, zeigt auf farblosem Kristallgrunde nur zwei kleine, flache 

'*) Jahrbuch der k. k. Z. K. I (1903) 183 fF. n. i — 3 und neuerdings in Kunst und Kunsthandwerk 1906, 

^) Ich habe die sog. vasa diatreta ausführlich in Heft lO behandelt. Eine neue Bearbeitung wird in meinem 

meinem Kataloge der Sammlung M. vom Rath und in bereits erwähnten Werke über die antike Glasindustrie 

einigen Aufsätzen der Zeitschrift für christliche Kunst 1899 demnächst erscheinen. 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 



15 



Bügel aus kobaltblauem Glase, die durch zwei etwa 4 mm lange Stege mit dem Korper ver- 
bunden sind. Das Fragment rührt wahrscheinlich gleichfalls von einem Becher her und ist 
trotz seiner Einfachheit von großem Interesse, weil es die Verwertung des Überfanges zur 
Herstellung von Diatreten deutlich erkennen läßt. Ich habe an anderem Orte nachgewiesen, 
daß einzelne dieser kostbaren Gläser nicht aus dem Vollen herausgeschliffen sind, sondern 
daß bei ihnen das Netz und die Inschrift in eine Überfangschichte von gleicher oder 
anderer Farbe eingearbeitet wiu-den. Die bügelartigen Streifen aus Kobaltglas stehen weit 
genug auseinander, um eine genaue Prüfung ihrer Rückseite zu gestatten. Danach ist 
der blaue Überfang durchbrochen und sowohl von diesem auf der Innenseite, wie von dem 
farblosen Kerne auf der Außenseite eine Schichte von je 2 mm Dicke abgeschliffen. Die 
verbindenden Stege bestehen zur Hälfte aus der blauen Masse des Überfanges, zur andern 
aus der farblosen des Gefäßes. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Bügel nach- 
träglich für sich angesetzt worden seien. Ob sie den Rest eines 
einfachen Ornamentes oder einer Inschrift bilden, ist nicht 
zu entscheiden. 

5. Ein Fragment des kunsthistorischen Hofmuseums in 
Wien (Fig. 6), von einem Becher aus Kristallglas herrührend, 
zeigt weder Unterschneidungen noch Durchbrechungen, son- 
dern nur große, in Hochrelief geschnittene Buchstaben, die 
mit voller Fläche auf dem Grunde aufliegen. Man liest als 
Rest einer Inschrift ILLYR,. 

Die Fundumstände der Diatreten aus Köln, Hohensülzen und 
Straßburg, die Inschriften sowie die Fußbildung des Szekszarder 
Bechers weisen auf die zweite Hälfte des III. oder den An- 
fang des rV. Jh. n. Chr. als Entstehungszeit hin. Aus der gleich- 
artigen Behandlung, namentlich des Netzwerkes und der 
Inschrift bei den meisten Stücken, wird man nicht nur zur 
Annahme gleichzeitiger Entstehung, sondern selbst einer gemeinsamen Werkstatt gefuhrt. 
Von den vollkommen erhaltenen Exemplaren nehmen nur die bei Cagnola in Mailand, 
die Situla von S. Marco und der Lykurgosbecher Lord Lionel Rothschilds eine Sonder- 
stellung ein. Für die übrigen kommt in erster Linie eine rheinische Werkstatt in Frage; 
denn es sind nicht weniger als vier Exemplare am Rheine gefunden, wo im III. und 
IV. Jh. der Glasschliff eine hohe Vollendung erreicht hatte; auch die Fußbildung des 
Szekszarder Bechers weist auf die Heimat der Konchilienbecher hin. Bei dem lebhaften 
Handelsverkehre, der in der mittleren und späteren Kaiserzeit von Köln ausging, und 
dem häufigen Wechsel der militärischen Besatzung zwischen den Rhein- und Donau- 
ländem können sehr leicht kölnische Gläser nach Pannonien gelangt sein. 

Die mit freier Hand über einen Tonkem modellierten farblosen Gläser waren, wie 
bereits bemerkt, dickwandig, schwerfallig und bei plastischer Behandlung keineswegs den 
zierlichen und kunstvollen farbigen Sorten ebenbürtig. Diese Mängel der älteren Methode 
mußten erst dann besonders empfindlich hervortreten, als das an der Pfeife geblasene 
Kristallglas seine Vorzüge vollkommener Farblosigkeit, Durchsichtigkeit und Dünnwandig- 
keit entwickelte. Bei farbigen Gläsern kam es ja auf Durchsichtigkeit, völlige Klarheit 
der Glasmasse, leichten Fluß und Dünnwandigkeit viel weniger an. Sie wurden auch vielfach 
dadurch beeinträchtigt, daß der Formsand im Innern haften blieb und eine undurchsichtige 




Fig. 5 

Wien, Österreichisches Museum 



l6 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

Schicht bildete. Man begann auf die Durchsichtigkeit und Klarheit erst größeren Wert zu 
legen, als man diese Eigenschaften mit der absoluten Farblosigkeit zu vereinigen ver- 
mochte. So hängen Farblosigkeit und Durchsichtigkeit aufs innigste miteinander und mit 
dem Prozesse des Glasblasens zusammen. Erst seit man das Glas durch das Blasen ge- 
stalten lernte, bemühte man sich, es völlig rein und fleckenlos, durchsichtig und farblos, 
leicht und körperlos darzustellen. 

Die Forscher, welche weder an die Beweiskraft des Reliefs von Beni Hasan glauben, 
noch mit Fröhner den Phöniziern die Erfindung des Glasblasens beimessen wollen, nehmen 
an, daß diese größte Umwälzung in der Industrie in die Zeit der Ptolemäer fallen müsse. 
Aber jene Teile, des Grabfeldes von Idalium in Cypem, welche angeblich die ältesten 
Zeugnisse dieser Technik enthalten, gehören nicht bloß der Ptolemäerzeit an, sondern 
rücken bis in die Kaiserzeit hinab. Nach den chronologischen Bestimmungen der einzelnen 
Grabstätten durch Nyres fallen gerade jene, welche geblasene Gläser enthalten, sämtlich 
bereits in die römische Periode.'^) Auch die ptolemäischen Gräber Ägyptens enthalten 
noch kein geblasenes Glas; weder die des Fayüm, noch die von Alexandrien und die 
Ptolemäergräber von Chatby haben bisher auch nur ein einziges Exemplar ergeben, das 
sich mit Sicherheit der Ptolemäerzeit zuweisen ließe. Dr. Breccia erklärt ausdrücklich, 
daß sich im Museum von Alexandria vor der Römerzeit kein geblasenes Glas fände. 
Kaiserrömisch sind auch die von Edgar katalogisierten geblasenen Gläser des Museums 
von Kairo, welche von den Ausgrabungen herrühren, die Flinders Petrie 1888 in dem 
Friedhofe von Havara vornahm. Dieser war ungefähr von 250 v. Chr. bis ins VI. Jh. n. Chr. 
in Benützung und ergab, soweit eine Datierung der Funde möglich ist, gleichfalls keine 
vorrömischen geblasenen Gläser. 

Das Datum der Erfindung des Glasblasens ist demnach durch den Ausschluß der 
Ptolemäerzeit nach oben ungefähr mit dem Jahre 20 v. Chr. begrenzt Der Termin nach 
unten ergibt sich wenigstens annähernd durch mehrere literarische Zeugnisse und einige 
für die Entwicklungsgeschichte der Industrie wichtige Momente, deren Datum ziemlich 
gesichert ist. 

Bei Beginn der christlichen Ära galt, wie ich bereits erwähnt habe, das farblose 
Kristallglas für so kostbar, daß die Poeten keinen schöneren Vergleich für klares Wasser, 
die Reinheit imd Durchsichtigkeit des Bergquells, die Frische des Morgentaus kennen, als 
die wunderbare Erscheinung des Glases. Daß das geblasene Glas noch von Seneca als eine 
moderne Erfindung betrachtet wurde, geht aus folgender Stelle seines 90. Briefes hervor 
(c. 31): cuper em Posidonio vitrearium ostendere, qui spiriiu vitrum in habilus plurimos formal, 
gut vix diligenti manu effingerentur. haec inventa sunt postquam sapientem invenire desi- 
vimus. Der Philosoph bekämpft dabei die Ansicht des Posidonius, daß die mechanischen 
Künste von den Gelehrten (sapientes) erfunden worden seien. Gleichzeitig hält es der für 
die Annehmlichkeiten feinerer Lebensführung unempfängliche Stoiker im Grunde für 
„gleichgültig, ob ein anständiger Mensch aus einem durchsichtigen Glase trinke oder einem 
geringen." 

Andere Bemerkungen antiker Schriftsteller lassen nicht daran zweifeln, daß unter den 
ersten Kaisern die allgemeine Aufmerksamkeit durch verschiedene sensationelle Erfindungen 
auf dem Gebiete der Glasindustrie erregt wurde. Plinius kennt bereits das geblasene Glas 

'*) Vgl. Edgar Greeco-cgyptian Glass im Catalogue (1905), Einleitung. 
General des Antiquit^s 6gypt. du Mus6e du Caire, VoL XXII 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasen« 



17 



und teilt die Erzeugnisse aus Glas in drei Gruppen, die geblasenen, die mit dem Rade 
geschlififenen und die wie Silber ziselierten.*^) Das ordinäre grünliche Glas konnte man 
damals in Rom bereits billig haben, ein Trinkbecher daraus kostete nicht mehr als eine 
mittlere Kupfermünze. Den Preissturz hatte in erster Linie die Massenfabrikation Alexandrias 
herbeigeführt, woher jedoch neben gewöhnlicher Gebrauchsware auch feine Luxusgläser 
kamen; war ja auch ein Teil des Tributes nach der Besiegung Ägyptens durch Augustus 
in Gestalt von Glaswaren nach Rom geliefert worden. Vergil, Ovid, Properz, Horaz und 
Cassius Dio schreiben über Glasgefaße bereits als alltägliche Erscheinungen. Letzterer fuhrt 
eine zeitgenössische Kritik der reichlichen Verteilung des Bürgerrechtes durch Kaiser 
Claudius an, nach welcher es „im Werte so gesunken sei, daß man für einige zerbrochene 
Gläser römischer Bürger werden könne". Seit man in augusteischer Zeit an der Mündung 
Voltumus ein feines Sandlager entdeckt hatte, wurde die Glasfabrikation mit Hilfe alexan- 
drinischer Werkleute in Italien selbst betrie- 
ben. Die Sandfläche breitete sich an der Küste 
zwischen Cumae und Liternum in einer Strecke 
von 6000 Schritten aus.'®) Man zerteilte den 
Sand mit dem Hammer, mahlte ihn in Mühlen 
und schmolz ihn in den Hütten von Puteoli, 
wo sich ein eigener clivus vitrearius, ein Glas- 
macherquartier, bildete. Unter der Regierung 
des Tiberius (14 — 37 n. Chr.) entstanden in 
Rom selbst an der Porta Capena Werk- 
stätten, . anfangs gleichfalls unter Leitung 
von Alexandrinern, in welchen man mit den 
ägyptischen zu wetteifern begann.'®) Seneca 
kennt hier bereits den zunftmäOigen Betrieb. 

Dabei wurden aber für Kunstgläser Lieb- 
haberpreise bezahlt, deren Höhe nicht einmal 
von dem modernen Sammelsport übertroffen 
wird. So kaufte Nero zwei kleine Becher aus 
Kristallglas, die Petronius im „Gastmahl des Trimalchio" als wahre Wunderwerke rühmt, 
für 6000 Sesterzen, etwa 1000 Kronen gleich. Plinius nennt sie angeblich calices petrosi, 
doch ist dieser Ausdruck offenbar aus pteroti entstellt, der griechischen Übersetzung des 
sonst üblichen alati. Diese geflügelten Gläser, die „leicht wie Vögelchen" gewesen sein 
sollen, können hohe, freigeschwungene und reichverzierte Henkel, etwa in der Art der 
späteren venezianischen Flügelgläser gehabt haben, denn solche waren bereits den Römern 
bekannt Wahrscheinlicher aber ist es mir, daß damit leichte und äußerst dünne, gleichsam 
körperlose, durchsichtige Becher gemeint sind, dieselben, die Martial als nimbns vitreus 
bezeichnet Kaiser Lucius Verus gab seinem Lieblingsglase, das von ähnlicher Art gewesen 
sein mag, den Namen Volucer, womit er auch sein Leibroß benannte, um anzudeuten, daß 
beide leicht wie die Luft, wie ein Windhauch seien.**^) 

Solche poetisch schwungvolle Ausdrücke sind neuen Erfindungen gegenüber, welche 
die Phantasie erregten, erklärlich. Noch mehr Phantasie aber ließ derselbe Petronius in 




Fig. 6 

Glasfragment mit erhaben aufgesetzter Schrift» farblos. 
Wien, im Kunsthist. Hofmuseum 



") XXXVI 193. 
3«) Plinius n. h. XXXVI 194. 
Jahrbuch fOr Altertumskunde I 1907 



**) ebenda. 

*^) Julius Capitolinus im Leben des Lucius Verus c. 10. 

3 



l8 A. C. KisA Die Erfindung des GlasbUsens 

seiner bekannten Erzählung (c. 51) vom hämmerbaren Glase des Tiberius walten, die 
von ihm auf Plinius, Cassius Die und schließlich in die Rezeptensammlung des Heraclius 
übergegangen ist, wobei sie auf dem langen Wege noch manche Veränderung erfuhr.*^) 
Diese Anekdote, die im Mittelalter höchst anregend auf die Experimente der Alchymisten 
wirkte und noch in neuester Zeit manche Verwirrung anrichtete, besagt in ihrer ursprüng- 
lichen Form, daß einst ein Werkmeister eine Glasmischung erfunden habe, welche durch- 
sichtig, biegsam und hämmerbar war und alle beliebigen Formen annahm, wie Metall. 
Daraus habe er eine Schale gemacht, die er dem Kaiser Tiberius bei einer Audienz vor- 
führte. Dieser sei ergrimmt und habe die Schale heftig zu Boden geschleudert, wobei sie 
aber, anstatt zu zerbrechen, sich wie ein Gefäß aus Erz zusammenbog. Der Erfinder habe sie 
ruhig aufgehoben, ein Hämmerchen hervorgezogen und in einigen Augenblicken den Schaden 
ausgebessert. Nun frug der Kaiser, ob sich außer dem Künstler noch irgendein anderer 
auf die Verfertigung solcher Schalen verstände, und als dies verneint wurde, sei der Befehl 
ergangen, dem Künstler das Haupt abzuschlagen, damit nicht durch die Ausnutzung einer 
Erfindung von so unerhörter Tragweite alles Gold und Silber entwertet werde („zu Kot 
würde"). Dio Cassius setzt an die Stelle des Werkmeisters einen Architekten, der sich die 
Eifersucht des Tiberius zugezogen hatte, weil er in Rom einen baufälligen Triumphbogen, 
der nach einer Seite zusammenzustürzen drohte, wieder geradegerichtet hatte, ohne ihn 
abzutragen. Aus der Hauptstadt verdrängt, erschien er mit der merkwürdigen Glasvase 
beim Kaiser, uih sich durch seine Erfindung wieder in Gnade zu bringen und die Er- 
laubnis zur Rückkehr nach Rom zu erlangen. Die Eifersucht des Tiberius wurde aber 
damit nur noch erhöht, und er befahl, den Künstler um einen Kopf kürzer zu machen. 
Weniger tragisch läßt Plinius die Sache ausgehen. Nach seinem Berichte befahl Tiberius 
bloß, die Werkstatt des Erfinders, eines Glasmachers, von Grund aus zu zerstören, und zwar 
aus derselben Ursache, damit das Gold nicht entwertet werde, ging ihm aber deshalb nicht 
gerade ans Leben. Totam officittam, sagt er, eins abolitatn, ne aeris, argenti, auri, metalli 
preti'a detrahereniur. Plinius kann aber dabei seine Zweifel an der Richtigkeit der Legende 
nicht verhehlen. 

Man versuchte sie selbst in späterer Zeit wörtlich zu nehmen, als ob es sich tatsächlich 
um einen auch noch in kaltem Zustande dehn- und hämmerbaren, aber sonst glasartigen 
Stoff gehandelt haben könne. Mittelalterliche Alchymisten und solche der Renaissancezeit 
mühten sich vergeblich, einen solchen darzustellen. Allerdings gelang es einer deutschen Glas- 
hütte des XVI. Jh., dem Glase auch im erkalteten Zustande einen gewissen Grad von Dehn- 
barkeit zu bewahren. Das Rezept hiezü hat C. Friedrich in der „Predigt über das Glas- 
machen" des Predigers Mathesius aus dem Böhmerwalde gefunden.**) „Man kann", heißt 
es da, „auch mit einem heißen Eisen Trinkgläser knicken, wie die Fenstermacher ihre 
Tafelgläser spalten, indem sie das warme Glas naß machen, so daß sie sich ausdehnen und 
gleichwohl, wenn man sie niederläßt, Wein halten." Die nach solchem Rezepte gemachten 
Vexiergläser sind in ihrem oberen Teile mittels einer feinen, durch die ganze Dicke der 
Wandung gesprengten Spirallinie gleichsam in ein feines, dicht geschlossenes Spiralband 
aufgelöst, das sehr elastisch ist und sich ausziehen läßt, so daß der Becher viel höher 
wird. In normalem unaufgezogenen Zustande glaubt man am oberen Teile nichts als einen 

**) Plinius XXX VI 195. Cassius Dio LVII 21. Die Predigt des Mathksiüs hat den Titel: Sarepta oder 
Heraclius III 6; vgl. in Ilos Ausgabe die Note S. 133 fg. Bergpostill. Nürnberg 1562. 
**) Vgl. C. Friedrich Die altdeutschen Trinkgläser. 



A. C. KiSA Die Erfindimg des Glasblasens 19 

feinen, weißen Spiralfaden zu bemerken, da die Windungen lückenlos zusammenschließen. 
Derartige* Gläser haben in neuerer Zeit Villeroy & Boch, Karcher & Co. in Wadgassen 
nach jener alten Vorschrift hergestellt. Die Eigenschaft der Hämmerbarkeit hat man damit 
aber dem Glase keineswegs verliehen, ein Schaden würde sich an einem dieser Becher 
gewiß nicht mit einem Hämmerchen glattklopfen lassen. Murspratt nahm daher an, daß 
nicht irgendeine Sorte von Glas, sondern geschmolzenes Chlorsilber, das fast durchsichtig, 
farblos und ziemlich plastisch ist, im Spiele gewesen sei.**) Der Chemiker St. Claire 
Deville dagegen erklärt den StoflF für Aluminium.**) 

In Wirklichkeit spiegelt die Legende vom hämmerbaren Glase nichts anderes als den 
Eindruck wider, welchen zur Zeit des Tiberius die Nachahmung von Metall- und Ton- 
gefaßen mit Reliefschmuck in durchsichtigem und einfarbigem Glase auf die Laienwelt 
machte. Der Unterschied von den bisher bekannt gewordenen Erzeugnissen der Glas- 
industrie, sowohl von den opakfarbigen wie von den glatten, farblos-durchsichtigen Kristall- 
gläsern war so bedeutend, daß man ihn nur durch neuentdeckte metallische Eigenschaften 
des Stoffes erklären zu können glaubte. Im Staunen über die neue Errungenschaft über- 
trieb man deren Bedeutung, indem man dem Glase dieselbe unbegrenzte Bildsamkeit bei- 
maß wie dem Metalle. Die außerordentliche Vielseitigkeit, in welcher das orientalische 
Produkt auftrat, mußte die Römer über seine wahre Natur täuschen, wie ja auch die 
Griechen das farbig opake Glas und das farblose Kristallglas für verschiedene Stoffe 
hielten, das eine gegossenen Stein, Xfd-o^ X^*^? ^^ andere öotXo^ benannten. Wer die von 
Toreuten bearbeiteten Überfanggläser im Stile der Portlandvase kannte, die eben erst zur 
Zeit des Pompeius und Augustus aus Alexandrien herübergekommen waren, und nun 
durchsichtige Gläser zu Gesichte bekam, deren Reliefs nicht mit dem Rade heraus- 
geschliffen waren, sondern aus dem gefügigen Stoffe wie getriebene Arbeit vortraten, 
konnte beide unmöglich identifizieren. Dieser Stoff war bildsam wie dünne Bronze, Silber 
und Gold, aber auch gleichsam körperlos. In wenigen Jahrzehnten machten die Römer 
mit den verschiedenartigen Gestaltungen einer Jahrtausende alten Industrie Bekanntschaft; 
ehe sie noch Zeit gefunden hatten, all das Fremdsutige in sich aufzunehmen, sich mit 
Alabastren, die wie aus kostbaren bunten Steinen geschnitten schienen, mit Gefäßen und 
Platten aus Überfangglas, mit farbigen Filigrangläsem, mit Mosaikarbeiten und solchen 
mit bunten Flecken und Äderungen, mit den rätselhaften Murrinen und Millefiorigläsem 
und den Nachahmungen von durchsichtigem Bergkristall vertraut zu machen, da tauchten 
auch schon jene neuen Erfindungen auf, die das Wesen der Industrie von Grund auf 
umgestalteten und sich natürlich mit dem Schleier des Geheimnisses umhüllten. 

Über technische Vorgänge waren im Altertume die abenteuerlichsten Vorstellungen 
verbreitet. Als Beispiel sei aus der Tzoiri<jiQ xpuaxaXXfcöv, einer spätgriechischen Abhandlung, 
der einzigen, welche sich in der antiken Literatur über die Färbung des Glases findet, 
der Satz angeführt: Gelbes Glas wird mit Eiweiß gemacht, weißes dagegen mit Eigelb; 
nimmt man die Schale und ihre Häutchen, so erhält man Wassergrün (Prasinos); Blau 
entsteht aus dem Blute eines schwarzen Hahnes, aus der Vereinigung von alledem aber 
geht Zinnoberrot hervor! Wen soll es bei solcher Geheimniskrämerei wundern, daß der 
Legendenbildung Tür und Tor geöffnet war, daß Märchen wie das vom hämmerbaren 
Glase entstanden und geglaubt wurden? Übrigens war es später auch nicht viel anders. 

**) Mu&SPRATT Theoret , prakt. und analyt Chemie **j Vgl. Dkville Hist. de la verrerie antique S. 23' 

in Anwendung auf Künste und Gewerbe. Braunschweig, 1888. Frokhner La verrerie antique, CoUection Charvet, S. 124, 4. 

3' 



20 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

Man denke nur an die Übertreibungen, die sich im Zeitalter der Naturwissenschaften an 
die Entdeckung der Dampfkraft, der Elektrizität, des Telephons, der Röntgenstrahlen 
knüpften, an die Sagen, welche sich einst der Erfindung des Schießpulvers, der Buch- 
druckerkunst bemächtigt hatten. 

Die Veranlassung zur Entstehung der Legende vom hämmerbaren Glase gaben die 
sidonischen Reliefgläser, welche in der Zeit des Augustus nach Italien kamen. Aus 
den altberühmten Werkstätten,*'^) die in der Nähe des Belus entstanden waren, gingen 
damals nach dem Vorbilde der griechischen Keramik geformte Fläschchen von runder 
oder eckiger Form, Amphorisken mit zierlichen Henkeln und andere kleine Gefäße 
hervor, deren Seitenflächen allerlei Reliefschmuck zeigen: kleine Becher und Kannen, 
Schalen mit Früchten, bacchische Symbole, wie die Syrinx, gekreuzte Fackeln, Rosetten 
und Eierstäbe, Palmetten, Disken und Fruchtschnüre, manchmal auch Masken, Büsten und 
Figuren von Göttern und anderes. Die meisten sind farbig und durchsichtig, nur wenige 
opak. In den Seitenfeldem oder an den Henkeln sind die Namensstempel der Künstler, 
Sinnsprüche und andere Aufschriften angebracht. Die Sidonier versäumen dabei selten, sich 
auch als solche zu bezeichnen. Artas, Neikon, Eirenaios, Meges gebrauchen zumeist doppel- 
sprachige Stempel, griechische und lateinische, in Rücksicht auf ihren bedeutenden Export, 
besonders nach Italien. Die Namen verraten, daß wir es mit Griechen oder gräzisierten 
Orientalen zu tun haben, welche die alten Werkstätten im Geiste des Hellenismus weiter- 
betrieben. Gewöhnlich stehen die Stempel auf den beiden Daumenplatten der Henkel, 
auf einer der griechische, auf der andern der lateinische. Von Artas gibt es über ein 
Dutzend solcher von den Gefäßen abgebrochener Plättchen, die in verschiedenen Museen 
zerstreut sind, darunter im Kunsthistorischen Hofmuseum und im Österreichischen Museum 
in Wien. Auch Ennion, der bekannteste Glaskünstler der frühen Kaiserzeit, dürfte den 
Sidoniem beizuzählen sein, obwohl er meines Wissens sich nirgends ausdrücklich als 
Sidonier bezeichnet; der Stil seiner Arbeiten läßt aber an seiner Zugehörigkeit zu diesem 
Kreise keinen Zweifel. Mehrere Gläser von ihm sind in Italien gefunden, wo er sich 
offenbar niedergelassen hatte. Seinen Namen trägt unter anderem ein kleiner doppel- 
henkliger Scyphus aus bernsteinfarbigem Glase, der 1845 in einem Grabe zu Bagnolo bei 
Brescia zum Vorschein kam und dem Estensischen Museum in Wien einverleibt wurde, 
aus welchem er aber später in die städtische Sammlung von Modena kam. Er ist aus der- 
selben Form wie ein Becherpaar hervorgegangen, das erst 1905 mit einem andern, gleich- 
falls aus Ennions Werkstatt stammenden Paare von Henkelbechern und mehreren Millefiori- 
schalen in einem Grabe im Agro Adriese auf der venezianischen Terra ferma entdeckt 
wurde. Die Form des 6 cm hohen und g^/^cm weiten Glases (Fig. 7) erinnert an unsere 
Teetassen. Die zylindrische Seitenwandung verengt sich mit scharfem Absätze nach der Fuß- 
platte und zeigt zwei Friesstreifen mit feinem Reliefschmuck. In dem oberen sind zwei recht- 
eckige Zierschilder mit schwalbenschwanzförmigen Ansäe angebracht, welche die Inschriften 
€NNI(JÜN €nOIHC€N einerseits und MNHeH O ArOPAZNCJÜ (anstatt MNHCeH O AfOPAZCÜN) 
anderseits enthalten. An den Stellen, wo die Henkel ansetzen, bemerkt man einen omamental 
stilisierten Opferaltar. Die Zwischenräume füllt zierliches Rankenwerk mit Weintrauben und 
Blättern, Efeu und Beeren. Der untere Friesstreifen zeigt dicht gereihte senkrechte Kanneluren, 
der verjüngte Teil rautenförmiges Netzwerk, das die mit konzentrischen Ringen gefüllte 
Fußplatte umgibt. Zwei andere Exemplare desselben Typus wurden in Aquileia gefunden. 

^*) Sidone quondam iis officinis ivilrt) nohili, Pliniu» XXX VI 193. 



A. C. KiSA Die Erfindung des . GUsblasens 



21 




Das eine, vollkommen erhaltene, ist in die Sammlung Evans in Oxford übergegangen, 
während das andere, von welchem nur ein Bruchstück vorhanden ist, im Museum von 
Aquileia verwahrt wird. Es enthält noch die Künstlersignatur>^ 

Die in Hohlformen geblasenen Gläser der Sidonier sind die ältesten Erzeugnisse dieser 
Art. In sidonischen Hütten kam man am Ausgange der Republik oder in den ersten 
Jahren der Kaiserzeit zuerst auf den Gedanken, von einem Gefaßmodell eine Negativform 
in feuerfestem Ton zu machen, sie in zwei oder mehr Teile zu zerschneiden und diese 
wieder zusammenzufügen, um sie als Modell zur fabrikmäßigen Herstellung von Glasgefaßen 
zu benutzen. Die Anregung dazu gab die Keramik, die in der Diadochenperiode eine 
besondere Vorliebe für natürliche plastische Bildungen, für Trinkhörner in Gestalt von 
Hirsch- und Widderkopfen, Vasen in Gestalt von Menschenköpfen und dergleichen zeigte. 
Diese Mode steigerte sich unter dem Einflüsse der naturalistischen Kleinkunst Ägyptens, 
welche ja namentlich in der Darstellung von Tieren, 
Sklaven, Volkstypen und Karikaturen eine mit feinster 
Beobachtung verbundene realistische Auffassung be- 
kundete. Nur langsam und zögernd ging die Glas- 
industrie, von jeher gewohnt, aus der Keramik zu 
schöpfen, an solche plastische Bildungen heran.*') Ehe 
sie sich an freie Rundbilder wagte, nahm sie das 
Relief zuhilfe, um mit plastisch vortretenden Zier- 
formen die glatten Flächen der Gefäße zu beleben. 
Durch den Erfolg kühn gemacht, verwandelte man die 
Seitenflächen von Pilgerflaschen in Medusenmasken 
und ließ sie dann zu Janusköpfen in voller Rundung 
anschwellen. Dann folgten die Gläser in Form von 
Büsten, von Frauen- und Negerköpfen, Karikaturen, 
wie die „Schuhflickergläser** Neros, Gefäße in Form 
sitzender Affen, von Vögeln, Fischen, Früchten, Mu- 
scheln, womit sich die neue Technik des Glasblasens die 
besondere Gunst des Publikums errang. Ehe man darauf verfiel, das Glas mittels der Pfeife 
in die Form zu blasen, mag man den Versuch gemacht haben, die Hohlform mit einer 
geringen Menge heiß-flüssigen Glases zu füllen und diese durch Hin- und Herschwenken 
zur Ablagerung an den Wandungen zu bringen. Diese mit dem Glasgusse verwandte 
Methode wurde ja manchmal noch im HE. Jh. in Gallien angewendet. Mit Seifenblasen 
spielende Knaben zeigten aber, wie man leichter und besser zum Ziele kommen könne. 

Die sidonischen Reliefgläser waren in der Tat eine vollkommen neue, eigenartige und 
in keiner Weise von ägyptischer Werkstattradition beeinflußte Erscheinung. Sie sind zu- 
gleich die einzige wirklich beglaubigte Leistung dieser berühmten Werkstätten, allerdings 
kein Produkt phönizischer Industrie, sondern durchaus hellenistisch. Es kann keinem Zweifel 
unterliegen, daß sie es waren, durch welche Rom das geblasene Glas zuerst kennen lernte, 
durch deren rätselhaften Reliefschmuck das Märchen vom hämmerbaren Glase entstand. 




Fig. 7 Becher des Ennion aus Agro 
Adriese (Seiten- und Bodenansicht) 



*•) Vgl. Majonica, Le antiche epigrafi Aquileiesi im 
Archeografo Triestino XV 295. Conton I piü insigni mo- 
numenti di Ennione im Ateneo Veneto XXIX, II i. 

^^ Athenaeai XI 784 xaxaoxtud|^ou9i bk oi Iv *AXt^av- 



«OTjgp£ö)v, iwtvxöc "wO «avxoxÄ^v xaxaxo^ul^oiiivou xspdptou 
XT]v Idiav |up,o6(itvot. 



22 A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 

Die Zeit des Augustus oder die ersten Jahre der Herrschaft seines Nachfolgers Tiberins 
müssen als diejenige angesehen werden, in welcher sich diese Neuerung im Reiche ein- 
bürgerte. Damit wäre das Datum der Erfindung des Glasblasens auf einen Zeitraum von 
etwa 40 Jahren, von 20 vor bis 20 n. Ch., begrenzt. 

Daß sich die Glasmacher Sidons dessen wohl bewußt waren, etwas Außerordentliches 
geleistet zu haben, geht schon aus der Signatur ihrer Arbeiten hervor. Es ist das erste- 
mal in der Geschichte der Glasindustrie, daß Künstler ihre Erzeugnisse mit ihrem Namen 
versehen in die Welt aussenden. Mögen auch dabei in erster Linie geschäftliche Gründe 
maßgebend gewesen sein, so ist es doch gewiß, daß dieser ungewöhnliche Vorgang auch 
zugleich auf ungewöhnliche Erzeugnisse, eine epochemachende Neuerung aufmerksam 
machen sollte. Die Benutzung von Formen verwandelt die Glasmacherei, welche Einzel- 
gegenstände herstellt, zum ersten Male in Fabrikation. Durch das Blasen in Formen 
wird die Glasmacherei aus der künstlerischen Einzelarbeit zur Industrie umgestaltet. 
Mit der künstlerischen Tätigkeit des Modelleurs, der die Hohlformen liefert, verbindet 
sich die mechanische des Bläsers. Aber für bloße Fabrikmarken hätte, wie in späteren 
Perioden, ein Zeichen auf dem Boden genügt. Diese Sidonier aber gingen weiter und 
verwerteten ihren Namen ornamental an einer auffallenden, sofort sichtbaren Stelle 
innerhalb der Bildfläche und gaben der Inschrift eine durchaus künstlerische Fassung, 
aus welcher deutlich der Stolz des Urhebers auf sein Werk spricht. Als die Reliefgläser 
allgemein bekannt waren und namentlich in den Werkstätten Kampaniens nachgeahmt 
wurden, verschwanden die Künstlerinschriften wieder. Die Namensstempel kampanischer 
Fabrikanten auf dem Boden der Gefäße tragen den Charakter von Geschäftsmarken, noch 
mehr die späteren italischen und gallischen Ursprunges, die zumeist unpersönlich sind und 
den Namen des Fabrikanten durch eine adjektivische, auf die Werkstätte bezügliche Bildung, 
z. B. Frontiniana (sc. fabricä), durch Einzelbuchstaben oder Zeichen ersetzen. 

Die sidonischen Reliefgläser sind zwar in ihrer überwiegenden Zahl aus durchsichtigem 
Glase geblasen, aber fast immer farbig, während sich unter den Nachbildungen sehr viele 
farblose Typen befinden. Es scheint demnach, daß der weitere, an den Gebrauch der Glas- 
pfeife gebundene Fortschritt, die Benutzung völlig farblosen und durchsichtigen Materiales, 
im Anschluß an die sidonische Entdeckung in einer andern Werkstatt gemacht wurde. 
Hiezu kommen wohl in erster Linie die alexandrinischen Konkurrenten in Betracht. Diese 
bemächtigten sich alsbald der neuen Erfindung, gestalteten sie einerseits zur Massen- 
produktion aus und vervollständigten sie andererseits durch die Herstellung eines absolut 
f^rb- und fleckenlosen Glases. Plinius und andere Autoren rühmen gerade die Gläser 
Alexandriens ob ihrer kristallenen Reinheit; die reichste und vornehmste Handels- und 
Industriestadt des Weltreiches, der Vorort der Glasindustrie und Erbe der altägyptischen 
Traditionen, wußte mit dem Vorzuge, die schönsten farbigen Gläser zu liefern, von 
nun an den der Erzeugung der besten Kristallgläser zu vereinigen. Freilich standen 
noch zu Beginn des IL Jh. auch die Waren von Sidon hoch; Lucian sag^ in seinen 
amores cap. 26 einem jungen Mädchen als Schmeichelei nach, daß seine Haut durch- 
sichtiger sei als das Glas von Sidon. Dieser Ausspruch, der sich offenbar auf farb- 
loses Glas bezieht und nicht auf gefärbtes, wie C. Friedrich meint, stammt aus den 
Tagen der Antonine. Damals war das farblos-durchsichtige Glas allgemein bekannt und 
überwog auch im gewöhnlichen Hausrat. Jedenfalls war Sidon noch im II. Jh. neben 
Alexandria hervorragend tätig, worauf sich die Industrie von der Küste mehr ins Innere 



A. C. KiSA Die Erfindon^ des Glasblasens 23 

Syriens und nach seiner Hauptstadt Antiochia, der Nebenbuhlerin Alexandrias, zurück- 
zog. Aber noch aus dem III. Jh. haben wir ein Zeugnis des Athenäus, daß auch damals in 
Sidon geschliffene Kristallgläser, Becher mit Eindrücken und Rippen hergestellt worden 
seien.**) Plinius weiß allerdings von Sidon nicht viel, er sag^t nichts von Artas, Ennion und 
deren Genossen, betrachtet die Glanzzeit der dortigen Glasmacherei als ein Ding der Ver- 
gangenheit und hebt nur die schwarzen, dem Obsidian ähnlichen Glasspiegel hervor, die 
dort erfunden worden seien.**) Aber wenn auch Sidons Glasindustrie sich länger auf der 
Höhe hielt, als man nach Plinius annehmen müßte, kann es doch keinem Zweifel unter- 
liegen, daß sie von der Alexandrias überflügelt wurde und diese die schönsten Früchte der 
epochemachenden Entdeckung einzuheimsen verstand. 

Daß die antike Literatur diese Vorgänge recht stiefmütterlich behandelt, über Zeit und 
Ort solcher kunstgewerblicher Revolutionen kein Wort zu sagen hat, braucht nicht wunder- 
zunehmen. Das Glas blieb den Schriftstellern der Alten, die ja durchweg Laien waren, bei 
der Vielfältigkeit seiner Erscheinungsformen, seiner Proteusnatur, immer etwas Geheimnis- 
volles; für technische Vorgänge hat selbst Plinius nur wenig Raum übrig. Aber auch aus 
einem andern Grunde hat das Stillschweigen über eine vom Oriente ausgehende Er- 
findung nichts Auffallendes. Man war in Rom daran gewöhnt, aus den Zentren des Luxus 
stets neue Verbesserungen und Verschönerungen der Lebensführung, eine Mode nach der 
andern hervorgehen zu sehen, welche alsbald die Runde um das Mittelmeerbecken machten 
und durch die weitverzweigten Handelsverbindungen bis in die fernsten Teile des Im- 
periums getragen wurden. Namentlich in der Glasindustrie drängten sich, wie bereits be- 
merkt, die neuen, Aufsehen erregenden Erscheinungen auf eine kurze Spanne Zeit zu- 
sammen, so daß das Ausbleiben einer bestimmten Nachricht über einen Fortschritt um so 
weniger zu überraschen braucht, als es den Schreibern wie den Lesern an dem tieferen 
Interesse für technische Vorgänge gebrach. 

Zu den Nachbildungen sidonischer Reliefgläser, die nicht nur in Italien, sondern auch 
diesseits der Alpen nicht selten sind, gehört ein Kännchen des Museums von Salzburg, 
das in Bürgelstein gefunden wurde (Fig. 8). Es besteht aus farblos-durchsichtigem, leicht ins 
Bläuliche spielendem Glase, folgt in seiner zylindrischen Grundform, besonders aber in 
dem Kännel urenschmucke der abgerundeten oberen und unteren Partien zwar dem sidoni- 
schen Typus, ist aber in dem Reliefschmucke der Wandung, welcher einige Ähnlichkeit 
mit romanischen Türbändern hat, ganz eigenartig. 

Von den zahlreichen selbständigen Weiterbildungen, zu welchen die sidonischen Relief- 
gläser den Anstoß gaben, hebt sich eine Gruppe geformter Gläser heraus, die an der 
Wende des I. und IL Jh. im nördlichen Gallien entstand, im Gebiete der Veliocassen und 
Caleter, dem heutigen Departement Seine infSrieure. Es sind die sogenannten Zirkus- 
becher, Gefäße von gedrungen zylindrischer, unten leicht abgerundeter Form, mit niedri- 
gem Fußringe, die mit Reliefs von Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen geschmückt 
sind. Als Vorbilder dienten Vasen aus Bronzeguß und aus Terra sigillata. Von den auf 
uns gekommenen Exemplaren lassen sich die meisten auf einige gemeinsame Hohlformen 
ziu-ückführen, welche in allen Details so sehr übereinstimmen, daß man eine einzelne 
Werkstatt als den Ursprung der ganzen Gefäßklasse betrachten kann. Das Fragment eines 
solchen Zirkusbechers befindet sich im kunsthistorischen Hofmuseum in Wien.^) Es zeigt 

*•) ebenda XI 468. **) nat bist. XXXVI 193. kabinettes S. 458. Arneth 22,5. CIL III 6014,2. Schuer- 

^ Sacken und Kenner, Sammlungen des k.k. Münz- mans 15, Allmer III 223. 



24 



A. C. KiSA Die Erfindung des Glasblasens 



als Überrest von vier Gruppen, in welchen ebensoviele Stadien eines Zweikampfes von 
Gladiatoren dargestellt waren, die letzte, nämlich die Niederlage eines der Kämpfer 
und darüber in einer Inschrift mit Reliefbuchstaben die Namen von drei Gladiatoren 
{Tetr)A\TES PRVDES CALAMVS. Der Becher ist aus derselben Form hervorgegangen, aus 
welcher auch die von Chavagne, Trouville, Lillebonne und andere stammen, so daß die 
Darstellungen und Namen danach leicht ergänzt werden können. Auf dem Exemplare von 
Chavagne in der Vend6e liest man noch die Gladiatorennamen Proculus, Columbus, Holes(?), 
Cocumbus(?), Spiculus. Dieses besteht aus hellgelbem, durchsichtigem Glase, das Wiener 
Fragment aus grünlichem. Ein gut erhaltener Zirkusbecher wurde in Ödenburg gefunden 
und befindet sich ebenda im Besitz des Fabrikanten Gustav Zettl. Er zeig^ fünf kämpfende 
Gladiatoren, ähnlich dem Exemplare des Museums von Bern, darüber einen Inschriftstreifen, 
in welchem man vier Namen von Kämpfern sieht, und zwar wieder Petraites (oder Tetraites) 
und Prüdes, außerdem Calamus und Ories. Ausnahmsweise ist am Rande hier auch der 
Name des Glasmachers angegeben; M. LICINIVS DICEVS F(ecii),^^) 



**) Vgl. Bella Arch. Ert. XIV (1894) 293 mit Abb., 
danach CIL III 14374, i. Spurlos verschwundeD scheint 
die bemalte Pyxis, über welche Minutoli berichtet. Bei 
einem Besuche Kaiser Franz I. in Neapel und Pompeji 
wurde aus einem Grabe bei Cumae vor dessen Augen 
eine Pyxis atts farblosem Glase hervorgeiogen, auf deren 
Deckel eine Landschaft in Gold und Emailfarben gemalt 



war. Der Fund soll in das k. k. Hofmuseum gekommen 
sein. Auf meine Anfrage bei der Direktion der Antiken- 
abteilung wurde mir vor kurzem erwidert, daß dort nichts 
von einem derartigen Glase bekannt sei. Ein ähnliches 
Stück gleicher Herkunft befindet sich im Louvre. Es wäre 
demnach nicht ausgeschlossen, daß es sich bei Minutolis 
Nachricht um eine Verwechslung handelt. 




Fig. 8 Kännchen aus Bürglstein. Salzburg, Museum 



Friedrich Kenner 

Die Dekumantore von Vindobona (Da»u xafei d 



Es ist ein kleiner Ausschnitt aus dem römischen Wien, welcher den Gegenstand der folgenden Unter- 
suchung bildet Sie soll die Entstehung einer Straßengabel in der Innern ^tadt zur Sprache bringen, also 
einen Gegenstand, der auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen mag, aber durch eine eingehende Be- 
handlung der mit ihm verbundenen Fragen einen nicht geringen Wert für die Topographie sowohl des 
römischen als des mittelalterlichen Wien erhält. 

Die Tuchlaubenstrafle läuft vom Hohen Markt her nur bis zum Schönbrunnerhaus (n. 8) 
in einer geraden Linie und teilt sich hier in zwei Stränge: der eine, die Tuchlaubenstraße 
selbst, weicht dem Schönbrunnerhaus rechts aus und fuhrt in einer schrägen, leicht ge- 
krümmten Linie auf den Platz am Graben; der andere Strang, die Kühfußgasse, weicht 
nach links aus und zieht in einer ähnlichen Linie auf den Petersplatz und über diesen hin 
durch die Jungferngasse gleichfalls zum Graben. Beide Stränge bilden zusammen eine 
Straßengabel, welche ein nicht unbeträchtliches Areal umschließt 

Solche Gabelungen erklärte eine ältere Theorie, welche Albert v. Camesina — ich 
weiß nicht ob — selbst aufgestellt oder nur angenommen hat, daraus, daß an ihrer Stelle 
ehemals ein freier Platz bestand, auf welchem späterhin Einbauten aufgeführt wurden, 
die den gerade herankommenden Verkehrsweg sich in zwei Zweige zu spalten zwangen. 
Den einen Teil dieser Erklärung — das Vorhandensein eines freien Platzes — werden wir 
in unserem Falle in der Tat bestätigt finden, den andern Teil, die Entstehung der Straßen- 
gabel infolge einer Verbauung dieses freien Platzes, müssen wir ablehnen. Vielmehr läßt 
sich heute aus den römischen Funden unter den Tuchlauben mit aller wünschenswerten 
Bestimmtheit nachweisen, daß unsere Straßengabel nicht erst im Mittelalter entstanden ist, 
sondern schon in römischer Zeit vorhanden war. 

1874 fand man bei den Erdarbeiten für die Einleitung der Hochquelle im geradlinigen 
Teile der Tuchlaubenstraße im Straßenboden selbst, neben dem Trottoir vor dem Hause 
n. 18 eine wohlerhaltene Tonröhre jener Art, wie sie in römischer Zeit zur Herstellung von 
Wasserabläufen benutzt wurden. Bruchstücke solcher Tonröhren fanden sich in Zwischen- 
räumen bis gegen den Hohen Markt hin vor den Häusern mit geraden Nummern.^) 

Auch im schräglaufenden Teile der Tuchlaubenstraße wurde aus dem gleichen Anlasse 
dieselbe Röhrenleitung aufgegraben. Hier fand sie sich vor den Häusern n. 6 (Ecke der 
Milchgasse) bis n. 2 (Sparkassagebäude) in einer Ausdehnung von rund gom meist noch 
im ursprünglichen Gefuge, die einzelnen Röhren waren ineinander gesteckt und die Fugen 
mit Lehm verkittet; sie lagen vor n. 2 vgm tief.*) 

^) Mündliche Mitteilung des Hofrates Dr. Franz ') Geschichte der k. k. Reichshanpt- und Residenzstadt 

Ritter y. Raimann, der in jener Zeit die römischen Funde Wien, herausgegeben vom Altertumsyerein zn Wien, I 84 f. 

in Wien mit Sachkenntnis verfolgte. (In der Folge zitiert mit Gesch. d. Stadt Wien.) 

Jahrbuch f&r Alterttunskunde I 1907 4 



26 F. KSNNER Die Deknmantore yod Vindobona 

Da, wie selbstverständlich ist, Wasserabläufe nur im Straßenboden eingelegt werden 
konnten, verrät diese Röhrenleitung den Lauf einer römischen Straße längs der heutigen 
Tuchlauben, und zwar sowohl in ihrem geradlinigen als auch in ihrem schräglaufenden 
Teile. Eine Bestätigung brachten^ dafür die ausgedehnten Funde, welche 1902 und 1903 
aus Anlaß der Demolierung und des Umbaues der Häuser zwischen Nagler- und Bogner- 
gasse gemacht worden sind. Man stieß dort auf ein über hundert Meter langes Stück der 
südwestlichen Umfangsmauer des Standlagers nebst der Berme und dem Lagergraben, 
ein gewaltiges Bauwerk aus Stein von 2 bis 3 m Stärke, mit welchem an der Mündung 
der Naglergasse auf den Platz am Graben konstruktiv der rechte Flankenturm einer Tor- 
anlage verbunden war. Im Torgange, diesen schräg durchziehend, fand man die Röhren- 
leitung zum dritten Male. Sie lag hier 2*3 m tief, hatte also von den Tuchlauben her bis 
zur Fundstelle ein Gefalle von 40 cm, ein Zeichen, daß sie bestimmt war, Regen- und 
Schneewasser sowie verbrauchtes Nutzwasser aus dem Innern des Standlagers in den 
Lagergraben hinauszufuhren; um sie bei der größeren Tiefe gegen den Druck der Erd- 
masse und der über sie im Torgange hinlaufenden Straße zu schützen, war sie hier in einen 
mit Steinplatten ausgelegten und mit solchen gedeckten Kanal gebettet. 

Auch die eben genannte Straße, welche den Toreingang passierte, kam damals in der 
Linie des letzteren, an der Mündung der Bognergasse zutage. Ein älteres Stratum aus Beton 
von 20 cm Stärke lag i m tief auf dem gewachsenen Boden, eine spätere Restauration aus 
Makadam, wie sie so häufig in Wien getroffen wird, nur 70 cm unter dem heutigen Niveau.') 
Ein anderes Bruchstück fand sich beim Einlegen der neuen Gasröhren vor der Mündung 
der Kleeblattgasse; auch hier bildete die Oberlage ein Beton, der aber hier auf ^^cm 
Stärke angegeben wird.*) Ein drittes Stück wurde in jüngster Zeit (Mai 1907) in der 
Wallnerstraße vor dem Hause n. 2 bloßgelegt. Bei einer Kanalgrabung gerieten die Arbeiter 
in 1*2 w Tiefe auf einen etwa 10 m breiten Straßenkörper, der parallel zum Kohlmarkt und 
hart neben diesem hinläuft. Die Oberlage 30 cm stark, besteht aus einem Makadam, einer 
festgestampften mit kleinen Steinchen gemengten Lehmschicht, die über einen Rost von 
großen Geröllsteinen gebreitet ist. Am Rande des Straßenrestes gegen den Kohlmarkt, teil- 
weise noch in diesen hineinragend, fanden sich Bruchstücke von Tohgefaßen und Ziegeln 
(eines mit dem Rest des Stempels der XIV. Legion . . . C M V) sowie Asche und Kohlen. 
Es erklärt sich aus der Stelle dieses Fundes, warum man bisher auf dem Kohlmarkt nur 
vereinzelte Reste von Gräbern, nicht aber die römische Straße, die doch sicher vorausge- 
setzt werden konnte, vorgefunden hat; sie zog hart neben der heutigen Straße hin. 

Wir kennen auch den Namen der eben erwähnten Toranlage und der Straße. Erstere 
ist, weil an der Rückseite des Standlagers gelegen, die Porta decumana, letztere die Via 
decumana, die nach der Längenachse des Lagers geführte Straße. Nach den eben aufge- 
zählten Funden war diese im Lager von Vindobona ebenso wie die heutige Tuchlauben- 
straße trassiert, sie verlief nicht durchaus in gerader Linie, sondern bog vom Schön- 
brunnerhause schräg nach der rechten Seite aus. Dies fallt um so mehr auf, als die Via 
decumana zu den Hauptstraßen des Lagers gehörte, die in der Regel geradlinig gezogen 
wurden. Diese Regel war eine Forderung des Lagerlebens; sowohl der Antritt der Soldaten 
aus den umliegenden Kasernen zur Bildung der Marschkolonnen, die Bewegung dieser selbst 
und des Trosses, endlich die Beaufsichtigung des Lebens und Treibens in den wichtigsten 

') Jahrbuch der Z. K. 11 (1904) 19. mayer, Beamten der I. österr. Sparkassa und Mitglieds des 

*) Mündliche Mitteilung des Herrn Ed. Joseph Yogl- Altertumsyereines, als Augenzeugen. 



F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 27 

Lagerstraßen wurde durch ihren übersichtlichen geraden Verlauf gefordert, dagegen durch 
gebrochene, winkelige Linien erschwert. 

Daß hier von der Regel abgegangen worden ist, muß also einen triftigen Grund 
gehabt haben, der nur in Terrainverhältnissen gesucht werden darf, denn andere 
Rücksichten, wie etwa auf privaten Grundbesitz, gab es im Lagerräume nicht. Wohl aber 
haben sich die romischen Ingenieure beim Lagerbau und bei Straßenanlagen genau an 
die Beschaffenheit des Terrains gehalten, wie die zahlreichen Erscheinungen zeigen, 
die bei den Arbeiten der Limeskommissionen beobachtet worden sind. Es muß also 
innerhalb unserer Straßengabel ein natürliches Hindernis vorhanden gewesen sein, welches 
eine durchaus geradlinige Trassierung der Dekumanstraße nicht zuließ und daher um- 
gangen wurde. 

Welcher Art dieses Hindernis war, lehrt die mittelalterliche Topographie von Wien. 

Innerhalb der Straßengabel befand sich der Milch markt der Stadt. In deutschen Ur- 
kunden aus den Jahren 1295 bis 1307 heißt er Milchgrabe,*) in einer lateinischen von 1342 
vallis lactis (Tal der Milch),^) seit 1398 forum lactis (Milchmarkt).') 

Es bestand also hier von Natur aus eine Vertiefung des Bodens, welche, wie die älteren 
Bezeichnungen erkennen lassen, einen größeren Umfang und eine größere Tiefe hatte, als 
jene kleineren Bodensenkungen, die im Volksmunde als „Gruben", lateinisch „foveae", be- 
zeichnet werden; der Gegensatz von Milchgraben und Methgrube, Eisgrübl, Mehlgrube 
sowie von in valle lactis und fovea®) ist nicht zu verkennen. 

Die räumliche Ausdehnung des Milchgrabens wird durch den Umfang der öfter ge- 
nannten Straßengabel bezeichnet, in welcher allerdings auch die Böschungen inbegriffen 
sind. Wenn die Gabelung schon einige Meter vor dem Schönbrunnerhause beginnt, so hat 
dies wohl seinen Grund darin, daß man allzuscharfe Wendungen der beiden Stränge ver- 
mied und bestrebt war, die Ausweichen längs des Milchgrabens im gleichen Niveau wie 
den geradlinigen Teil der Dekumanstraße zu halten. Vom Schönbrunnerhause bis zur 
heutigen Milchgasse scheint die Böschung sich nur allmählich gesenkt zu haben, da hier 
sowohl die Reste eines römischen Gebäudes zutage traten') als auch im hohen Mittelalter 
schon ein Haus bestand (quondam daz alt Rataus et fuit quondam Chunrads Frentzen, 
J. 1356, und: Chunrafs haus des Frentzen, J. 1362),*®) das wohl weit ins XIII. Jh. zurück- 
reicht. Auch wird von der „Milchstraße" (heute Milchgasse) im Jahre 1363 gesagt, .sie habe 
von St. Feters Freithof zum Milchmarket geführt.^^) Von hier an scheint die Böschung 
steiler abgefallen zu sein. Es darf daher die Länge des Milchgrabens auf 85 bis 90 w, die 
Breite auf dem Flatze am Graben auf beiläufig 60 m geschätzt werden. 

Die Tiefe läßt sich wenigstens annähernd bestimmen. Wie eben erwähnt, führt der 
Gegensatz in den Bezeichnungen Milchgraben und vallis lactis zu den Bezeichnungen Grube 
und fovea darauf, daß der erstgenannte nicht bloß geräumiger, sondern auch tiefer war. 
Nun kennen wir aus den Erscheinungen, die beim Umbau des Häuserblockes am Eisgrübl 
und der „Mehlgrube" (Hotel Munsch, jetzt Hotel Krantz) am Neuen Markte n. 4 beobachtet 
werden konnten, die Tiefen dieser ^Gruben**. Am Eisgrübl fand man 1896 auf der Seite 
gegen den Fetersplatz den gewachsenen Boden erst in 4W, gegen die Freisingergasse in 

*) — *) R. MÜLLER in Gesch. d. Stedt Wien I 208 Zentral-Komm. S. 16 mit Plan. (In der Folge mit „Bericht** 

n. 14. 258. II I S. 278 f. zitiert.) 

^ Mein „Bericht über die römischen Funde in Wien *^ R. Müllee a. O. II i S. 209 n. 23. 

in den Jahren 1896 bis 1900", herausgegeben von der k. k. ^^) ebd. S. 208 n. 14. 

4* 



28 F. Kenner Die Dekamantore von Vindobona 

4*5 m Tiefe,") im folgenden Jahre beim Kanalbaue in der Mitte der (seither verbreiterten) 
Goldschmiedgasse ebenfalls erst in 4W Tiefe.*') Wie nach dieser Seite, so hat sich sehr 
wahrscheinlich die Böschung dieser Bodenvertiefung auch auf den Petersplatz über die alte 
St. Peterskirche ausgedehnt. Als es sich im Jahre 1676 um die Bewilligung zum Anbau 
einer Sakristei handelte, wurde ein Plan der Kirche dem an die n. o. Regierung gerichteten 
Gesuche beigegeben. Diesem Plane muß die Geltung eines offiziellen Dokumentes zuerkannt 
werden. Er gibt den Grundriß eines Teiles des alten Baues romanischer Zeit") und zeigt 
zwei Stufenanlagen zu acht (nach meiner Zählung sieben) Stufen, über die man vom Platze 
aus an den Langseiten zur Kirche hinabstieg, deren Fußboden damals schon etwa i m 
unter dem damaligen Niveau lag.**) Der römische Boden lag noch tiefer. Dies ergibt sich 
daraus, daß man an der Ecke der Kühfußgasse und des Petersplatzes den Rest eines römi- 
schen Betonbodens, von dem noch die Rede sein wird, i'5f«, an der Ecke des Petersplatzes 
und der Jungferngasse n. 2 die römische Fundschichte z'^m tief^^ vorgefunden hat; die 
Schuttlage kann also für die Mitte zwischen beiden, d. h. für die Stelle der Peterskirche, 
mit 2 m angenommen werden. 

Ähnliche Verhältnisse wie im Eisgrübl ließen sich 1897 bei Demolierung des Hotels 
Munsch an Stelle der alten Mehlgrube beobachten. Die Erdarbeiten für das neue Haus 
(Hotel Krantz) führten innerhalb der Bauparzelle auf nicht weniger als sieben römische 
Soldatengräber. Drei von ihnen lagen 2 m tief auf dem schmalen Streifen des Platzes selbst, 
der in die neue Baulinie einbezogen wurde (das Hotel Krantz bildet einen Vorsprung); 
zwei andere, auch 2 m tief, fanden sich neben dem Risalit des alten Gebäudes (Seite gegen 
die Schwangasse). Hinter diesen lag das sechste Grab 2-5 m tief, augenscheinlich schon in 
der beginnenden Böschung. Tiefer im Fond des Hauses traf man unter dem Gewölbe einer 
Kellerstiege das siebente Grab 4-5 m tief, von diesem nur 3 m gegen Süden entfernt, ge- 
wahrte man eine Anschüttung, die 7 m Tiefe erreichte und eine große Anzahl von Grab- 
beigaben, namentlich Bruchstücke von Sigillatascherben, Gefäßen aus Schwarzton, ein- 
fachen Töpfen u. dgL enthielt.^') Sicher war hier eine der so vielfach in Wien gefundenen, 
noch in römischer Zeit mit Gräberschutt ausgefüllten Fallgruben vorhanden, die mit der 
Mehlgrube selbst nichts zu tun hat und hier nur erwähnt wird, weil ihr oberer Rand im 
Niveau der Sohle der Bodenvertiefung gelegen haben muß. Die Soldatengräber zeigten 
sich alle in dem gewachsenen Boden; ihre größte Tiefe von 4-5 m verrät ebenfalls die 
Sohle der „Mehlgrube". 

Rechnet man den Unterschied zwischen dem heutigen und dem römischen Niveau, der 
durchschnittlich i m beträgt, ab, so waren in römischer Zeit die Bodensenkungen im Eis- 
grübl und in der Mehlgrube 3*5 w tief. Wir dürfen also die Tiefe des Milchgrabens, die 
sicher größer war, auf 4 bis $fK veranschlagen. Bei solcher Tiefe und der räumlichen 
Ausdehnung stellte letzterer in der Tat ein Terrainhindernis dar, welches bei dem Baue 
der Dekumanstraße umgangen werden mußte, und zwar in jener Richtung, in der 
man vom Schönbrunner Hause zum Dekumantor an der Mündung der Naglergasse auf 
den Platz am Graben gelangen konnte, d. h. «die Ausweiche mußte längs der Nord- 
westseite des „Milchgrabens" im schräg verlaufenden Teile der heutigen Tuchlaubenstraße 
angelegt werden. 

") Gesch. d. Stadt Wien I 85. *•) Bericht S. 18. S.21. — Karl Lind Gesch. d. Stadt Wien I 492 Fig. 141. 
**), **) Camesina in den Berichten des Altertnms- *•) Jahrbuch HI i 144. 

Vereines Wien XII {1872) 8 und Urkundenbeilage n. LI *') Bericht S. 55 f., Gräber c— t. 



F. Kenner Die Dekamantore von Vindobona 2Q 

Wie man schon aus diesem, zunächst nur den einen Strang unserer Straßengabel be- 
treffenden Teile unserer Untersuchung ersieht, war in ihr allerdings ein freier Platz vor- 
handen, dieser aber bot nicht ebenes Terrain, sondern war von einem tiefen Graben ein- 
genommen. Nicht also Einbauten auf dem freien Platze haben die Gabelung verursacht, 
sondern die natürliche Beschaffenheit des Bodens. 

Übrigens kann mit vollem Grunde vorausgesetzt werden, daß der Graben, der im 
Mittelalter die Verkaufsstände der Milchhändler aufnahm, auch in römischer Zeit nicht leer 
geblieben, sondern für die Zwecke des Lagers ausgenutzt worden ist, indem man auf seiner 
Sohle Kasernen in Form von Baracken mit Wänden aus Stackwerk errichtete. Statt Mauern 
wurden für die Schlafräume der Soldaten und die entsprechenden Vorräume Balkengerüste 
aufgestellt und diese mit geschlagenem Lehm ausgefüllt; in den Lehm legte man Weiden- 
ruten oder ausgebreitete Zweige von Strauchwerk ein, um die Füllmasse zusammenzuhalten, 
dann wurden die so hergestellten Wände durch die Luft oder durch angezündete Feuer 
getrocknet, gehärtet und mit Ziegeldächern versehen. Im alten Hofe des Schönbrunner- 
hauses (Ecke gegen Milch- und Tuchlaubenstraße) hat man nun beim Umbau (1899) unter 
dem Pflaster solche Lehmstücke gefunden, welche noch die Abdrücke von ineinander ge- 
flochtenen Zweigen zeigten.^^) Da an jener Stelle schon in römischer Zeit ein Steinbau ge- 
standen hat, welchem die eben damals aufgegrabenen ungewöhnlich vielen Steinblöcke 
sowie Dach- und Bauziegel der X. und XIV. Legion und eine 5 m lange, in der Längenachse 
des alten Hauses bloßgeleg^e Steinmauer angehörten,**) ist wahrscheinlich, daß jene Lehm- 
stücke aus der nächsten Nähe an die Fundstelle gebracht waren, um das Terrain für den 
Hof einzuebnen. 

Für den andern Strang der Straßengabel, der durch die Kühfußgasse läuft, stehen uns 
römische Funde derselben markanten Art nicht zu Gebote. Dies ist begreiflich. Ein be- 
trächtlicher Teil des südöstlichen Stranges entfallt auf den Petersplatz, der nicht bloß, so- 
lange er Friedhof war, bei Beisetzungen von Leichen vielfach durchwühlt,*^) sondern auch 
durch Anschüttungen im Niveau erhöht worden ist; diese betrugen (S. 28) in der Kühfuß- 
gasse 1-5, an der Ecke der Jungferngasse 2*5, gegen Eisgrübl und Goldschmiedgasse ^m 
und darüber. Die in diesen Schuttlagen vorgefundenen zahlreichen Ziegelstücke, Gefaß- 
scherben und Münzen*^) verlieren eben dadurch, daß sie im Schutte lagen, wenn dieser 
gleich aus der nächsten Nähe stammen mag, eine stringente, topographische Beweiskraft. 
In der Tat ist mir in den letzten dreißig Jahren, seit die römischen Funde in Wien mehr 
beachtet werden, nur ein in situ gemachter Fund, das Betonstück in der Kühfußgasse (S. 33), 
bekannt geworden. 

Dieser Mangel an verwendbarem Fundmateriale nötigt uns, hier weiter auszuholen, 
um Anhaltspunkte für neue Schlußfolgerungen zu gewinnen. 

Man wird sich gegenwärtig halten müssen, daß das Standlager Vindobona zur Zeit der 
ersten Erbauung (um 70 n. Chr.") nur die obere Stufe des Plateaus der Inneren Stadt 
zwischen der Linie der Kramer- und Rotgasse eingenommen hat oder, wenn man die äußere 

^ ebd. S. 17. «aUwo yiele alte Catholische Christen begraben liegen und 

^^ ebd. S. 16. auf aUen Seiten henimb noch die alten Gebainer sn finden**. 

*^ Auch die Anm. 14 erwähnte Urkunde von 1676 '*) Bericht S. 17 fg. 

weist in Punkt 5, in welchem die theophorischen Prozessionen '') Vgl. meine Abhandlung Noricum - und Pannonia 

„am Petersfreid thof herumb** erwähnt sind, darauf hin: S. 15. 19. 21 fg. 



30 F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 

Umfangsmauer am Fuße des Steilabhanges einbeziehen will, zwischen der Linie der Roten- 
turmstraße auf der südöstlichen Seite und einer Linie, die man sich auf der nordwest- 
lichen Seite beiläufig in der Richtung über die Seitzergasse, den Schulhof, die Pariser-, 
Futterer- und Stoßimhimmelgasse gezogen denkt. Außerhalb dieser Linie fallt die obere 
Stufe des Plateaus auf die schmälere untere Stufe ab, welche der Platz Am Hof nebst den 
dahinterliegenden Gründen bis zum Salzgries einnimmt.**) Während nun auf der oberen 
Stufe Ziegel der XIII. Legion, der Erbauerin des ursprünglichen Standlagers, häufig vor- 
kommen, fehlen sie auf der unteren ganz, mit Ausnahme von nur zwei Stellen, die in der 
Richtung der alten Limesstraße liegen, nämlich in der Wipplingerstraße zwischen Futterer- 
und Schwertgasse, wo ihrer noch in situ als Sohlenbelag eines römischen Kanales getroffen 
worden sind,**) und an der Brücke über den Ottakringer Bach im Tiefen Graben, heute 
Hohe Brücke, hier im Schutte. Dieser Kanal und ein Limesturm an der letztgenannten 
Stelle sind gleichzeitig mit dem ursprünglichen Standlager von der XIII. Legion erbaut. 
Dagegen zeigen alle anderen römischen Bauten auf der unteren Stufe Ziegel mit Stempeln 
der später in das Standlager berufenen X. und XIV. Legion, sind also in späterer Zeit ent- 
standen. Wie daraus gefolgert werden muß, hat die untere Plateaustufe bis dahin nur einen 
Vorplatz, ein Glacis des Standlagers gebildet, das gegen außen, gegen die Naglergasse, den 
Heidenschuß und Tiefen Graben, mit Erdwällen und Pfahlwerk abgeschlossen war. 

Erst späterhin wurde auch dieses Glacis in den Lagerraum einbezogen, insofern an 
die Stelle der Erdwälle Steinmauern und regelrechte Toranlagen traten, deren wuchtige 
Bauart ihre spätere Entstehung verbürgt. Erst von dieser Zeit ab entstehen Häuserinseln 
auch auf der unteren Stufe, vornehmlich in der Linie der alten Limesstraße (heutige Wipp- 
lingerstraße), welch letztere seither eine Fortsetzung der Via principalis, d. h. der das alte 
Lager der Breite nach durchziehenden Hauptstraße bildete. Im übrigen waren damit Ver- 
änderungen im alten Standlager, abgesehen von Wiederherstellungen und Zubauten, nicht 
verbunden, es wurde eben nur erweitert, nicht umgebaut. 

Wahrscheinlich hat diese Erweiterung nicht vor Beginn des III. Jh. stattgefunden, als 
die in den großen Germanenkriegen Marcaureis beschädigten festen Punkte am Donaulimes 
und die zu ihnen führenden Heeresstraßen einer durchgreifenden Restauration unterzogen 
wurden, wobei Erfahrungen in jenen Kriegen sowie Reformen im römischen Heerwesen 
und wohl auch Fortschritte der Germanen auf dem Gebiete der Kriegskunst maßgebend 
waren. Ihre Durchführung nahm bei der großen örtlichen Ausdehnung der Arbeiten und 
infolge der schweren Kämpfe, die Septimius Severus auf verschiedenen entlegenen Kriegs- 
schauplätzen führte, mehr als ein Menschenalter seit dem Tode des Kaisers Marcus (i8o) 
in Anspruch. 

Die neuen Toranlagen auf dem dem Standlager zugefügten Teile sind eine Ausfalls- 
pforte an der Marienstiege,**) ein neues linkes Prinzipaltor an der Hohen Brücke*^) und 
das schon erwähnte neue Dekumantor an der Mündung der Naglergasse; sie erweisen sich 
nach dem gleichen Charakter ihrer Bauart als Werke einer und derselben Epoche. Von 
ihnen kommt für uns nur das letztere in Betracht, weil es eben einer jüngeren Zeit als das 
ursprüngliche Standlager der XIII. Legion angehört, also nicht das Dekumantor des alten, 
sondern nur das des erweiterten Lagers gewesen sein kann. 

So klar diese Folgerung an und für sich ist, so steht ihr doch eine Schwierigkeit ent- 

"} Bericht S. 5. ^^) Jahrbuch ebd. 25 f. 

^*) Mitteilungenlll (1902)46 und JahrbuchTI (1904) 42. '•) ebd. 3 f. 



F. K£NNBB. Die Dekumantore von Vii doboDa 31 

gegen, die geeignet ist, sie zu verwirren, und daher zunächst aus dem Wege geräumt werden 
muß. Es bleibt nämlich die Annahme übrig, daß das neue, spätere Dekumantor an derselben 
Stelle errichtet worden ist, an welcher schon vorher das Dekumantor des alten Lagers ge- 
standen hat, wonach also das jüngere nicht ein Neubau, sondern nur ein Umbau des älteren 
gewesen wäre. In der Tat steht das jüngere Dekumantor nicht auf der unteren Plateaustufe, 
wie die beiden anderen um dieselbe Zeit errichteten Toranlagen an der Marienstiege und 
an der Hohen Brücke, sondern auf der oberen Stufe. Auch ein anderer Umstand kommt 
dieser Annahme zugute: die Längenstraße des Lagers, von der die Via decumana einen 
Teil bildet, fallt im alten und im erweiterten Teile auf der größeren Strecke zusammen. 
Dies zeigt deutlich eine Erscheinung, auf welche hier hinzuweisen notwendig ist. 

Die beiden Hauptstraßen, welche das alte Lager nach seiner Breite und Länge durch- 
zogen, haben unvertilgbare Spuren ihrer Trassierung in dem Zuge der beiden noch heute 
bestehenden, wichtigsten Verkehrslinien der oberen Plateaustufe hinterlassen. Es gibt auf 
dieser auch heute noch nur zwei Straßenzüge, welche die obere Stufe nach ihrer Breite 
und Länge ununterbrochen von einem Ende zum andern durchziehen, während alle anderen 
Gassen und Straßen, mögen sie in der einen oder andern Richtung zu ersteren parallel 
laufen, kürzer sind, die Grenzen der oberen Stufe also nicht erreichen, sondern sich als 
vielfach gebrochene, winkelige, in einen gegebenen Raum eingezwängte Wege des Innen- 
verkehres, nicht als großzügige Linien des Außenverkehres erweisen. 

Die eine dieser beiden großen Verkehrslinien der oberen Stufe bilden der Breite nach 
der Lichtensteg, der Hohe Markt und die Wipplingerstraße, die andere der Länge nach, 
vom Beginne des Steilabhanges gegen den Salzgries ab: die Markaurelstraße (ehemals 
Krebsgasse, in welche sich noch im XVI. Jh. die Tuchlauben hineinzogen),*') dann der ent- 
sprechende Teil des Hohen Marktes und die Tuchlaubenstraße- Beide Linien kreuzen sich 
noch heute, wie es die Regel des römischen Lagerbaues vorschreibt, in der halben Breite 
des Lagerraumes; die erstere trennt nach denselben Vorschriften sein vorderes Drittel von 
seinem mittleren und rückwärtigen Teile. 

Diese beiden noch heute bestehenden großen Verkehrslinien bezeichnen ganz sicher die 
beiden Hauptstraßen des alten Lagers, erstere nach der Breite der oberen Stufe angelegte 
gibt die Richtung der Via principalis, letztere nach der Länge angelegte die Längen- 
straße, die im vorderen Drittel Via praetoria hieß, dann die Hauptgebäude des Lagers 
(principia, praetorium) und hinter diesen das Quaestorium durchzog, endlich im rückwärti- 
gen Teile, d. i. am Beginne der Straßengabel, als Via decumana zum Dekumantore lief. 

Die nächstliegende Folgerung führt in der Tat zu der oben erwähnten Annahme, daß, 
wie die Via decumana, so auch die Porta decumana an der Mündung der Naglergasse 
beiden Beständen des Lagers, dem älteren und erweiterten, angehört habe. 

Damit gelang^ man aber in eine andere, noch größere Schwierigkeit Denn dann würde 
das Dekumantor des alten Lagers nicht in der beiläufigen Mitte seiner Rückseite, sondern 
nahezu an seiner südwestlichen Ecke, nur etwa 277 w von dieser, dagegen 2137 w von 
der südöstlichen Lagerecke entfernt gestanden haben, während es, genau genommen, von 
beiden 120751« abstehen sollte.**) 

''') „Lange und Kurze Tuchlauben'', R. Müller in neuere Zeit in den halbbogenförmigen Krümmungen der 

Gesch. d. Stadt Wien II i 249 f. entsprechenden zwei Gassen erhalten waren. Die eine Ab- 

**) Die Länge derDekumanfront ist sicher zu bestimmen, rundung an der südwestlichen Ecke des erweiterten Lagers 

da die Abrun düngen der Ecken der Lagermauer bis in die ist noch heute in der Naglergasse nächst ihrer Mündung 



32 F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 

Nun kommen allerdings geringe Abweichungen von dieser Regel, welche meist durch 
Terrainverhältnisse verursacht sind, insbesondere bei kleineren Kastellen vor. Aber so 
enorme Verschiebungen bei einem großen Legionslager, dessen Erbauung gegen Ende des 
I. Jh., also in (^e beste, strenge Zeit fallt, sind geradezu undenkbar, schon aus dem 
Grunde, weil sie der inneren Einteilung, die doch für die äußere Form maßgebend ist, 
widersprechen. Wenn also auch als sicher anzunehmen ist, daß die Längenstraße im alten 
und im erweiterten Lager mit der heutigen Tuchlaubenstraße, soweit sie geradlinig ver- 
läuft, zusammenfallt, so kann das gleiche nicht auch für das Dekumantor gelten. 

Die Stelle des älteren Lagertores zu finden, stehen uns zwei Behelfe zu Gebote. Erstlich 
setzte sich die Längenstraße außerhalb des Tores, jenseits des Lagergrabens, als eine Heeres- 
straße fort, die eine durch das Lager selbst gedeckte Verbindung mit der Umgebung bildete 
und für den Zuzug von Verstärkungen der Besatzung und im Notfalle für deren Rückzug 
notwendig war. Zweitens ist bekannt, daß man Soldatengräber, die innerhalb des Standlagers 
nicht geduldet waren, außerhalb an den Fortsetzungen der beiden Lagerhauptstraßen anlegte. 

In Vindobona fanden sich nun die der Zeit nach ältesten, sicher datierbaren Soldaten- 
g^äber im Umfange des alten St. Michaelfreithofes, d. i. in der Stallburg und dem nächst- 
gelegenen Teile der heutigen Habsburgergeisse. Bei dem Baue der ersteren im XVL Jh. 
wurden zwei, beim Umbau des Palais Graf Attems (Stallburggasse n. i) im Jahre 1901 ein 
dritter Grabstein von Reitern des ersten flavischen Reitergeschwaders der Briten gefunden, 
welches aus tausend Mann bestand, die alle das römische Bürgerrecht besaßen.*®) Eine dieser 
Inschriften gibt dem Geschwader den Namen Domitiana, ist also zu Domitians Zeit er- 
richtet worden; die beiden anderen Inschriften sind ihr stilistisch verwandt und gehen daher 
gleichfalls nahe in die Zeit der Erbauung des älteren Lagers, jenes der XIIL Legion, zurück. 

Hart neben dem zuletzt gefundenen Grabmale stieß man vor der Fronte des eben- 
genannten Palais in der Habsburgergasse bei dem Kanalbaue auf eine römische Straße 
mit einem Stratum aus Beton von 20 cm Stärke und konnte sie in der Richtung der Gasse 
gegen den Graben hin 10 m weit verfolgen.'®) Wo der Kanal sie anschnitt, zeigten sich 
Reste von Leichenbränden, angebrannte Skeletteile, Bruchstücke von Sigillata guter Zeit, 
ältere und jüngere Gefäßformen und Ziegelstücke ohne Stempel. 

Gleiche Erscheinungen traf man späterhin bei Erdarbeiten aus verschiedenen Anlässen 
allenthalben in der nächsten Umgebung des Palais, in der Stallburggasse, unter der 
k. k. Hofapotheke bei Erweiterung ihrer Keller, im Michaeler Durchhause, stets Brandgräber 
mit Beigaben aus älterer, aber auch aus späterer Zeit, meist mehrere Leichenbrände in 
seichten, muldenförmigen Vertiefungen des Bodens zusammengelegt'^) Auf der andern Seite 
des Palais, gegen die Bräunerstraße, waren Keller nicht vorhanden, hier zeigte sich der 
Boden überaus reich an Gefäßen, Ziegelstücken und mannigfachen Beigaben, auch ein 

auf den Heidenschnß erkennbar, die andere, an der süd- Ecke des Reichskriegsministeriums in die Seitzemgasse ent- 

östlichen Ecke, bewahrte die ähnliche Krümmung des nun femt, bloßgelegt wurde (Bericht 6 Fig. 2). Demnach beträgt 

aufgelassenen Schlosser gäßchens zwischen dem Platz am nach meiner Abmessung auf dem Plane Gesch. d. Stadt 

Graben und der Goldschmiedgasse ; der heutige geradlinige Wien I Taf. III die Länge der Dekumanfront des alten Lagers 

Durchgang durch den Aziendahof (Graben n. 31) schneidet 241*5 w (Mitte 12075 m), jene des erweiterten Lagers 411*84 

beiläufig in seiner Mitte die äußerste Ausladung der Eck- (Mitte 205*92) m. 

abrundung. — Für die Dekumanfront des alten Lagers *•) CIL III 4575. 4576. 15 197. — Die Fundnotiz vom 

gilt die Krümmung des ehemaligen Schlossergäßchens eben- Jahre 1559 Gesch. d. Stadt Wien I 106. Eine Abbildung 

&lls als der eine südöstliche Eispunkt. Das andere Ende des 1901 gefundenen Grabsteines Jahrbuch II (1904) 4g. 

ist durch die Aufündung eines Bruchstückes der alten Lager- '^ Jahrbuch ebd. 45 f. 

mauer gesichert, das im Jahre 1897, etwa 791« von der •*) ebd. 49 und III (1905) 174. 



JAHRBUCH FÜR ALTERTUMSKUNDE I 1907 




DAS RÖMISCHE WI 



F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 33 

zweifach überwölbter Brennofen und Fallgruben fehlten hier nicht, wie sie sich auch auf 
anderen vielbenutzten Begräbnisplätzen römischer Zeit in Wien (nächst der Votivku-che, 
am Neuen Markt, am Fleischmarkt und in der Steingasse, IIL Bezirk) gefunden haben.") 

Es ist kein Zweifel, daß hier ein größerer, in seinen Anfangen bis zur Erbauung des 
alten Stadtlagers zurückgehender Soldatenfriedhof bestanden hat, der mittels der Straße, 
die durch die Habsburgergasse lief, mit dem Standlager verbunden war. Ebensowenig 
kann gezweifelt werden, daß eben diese Straße, der entlang sich die Gräber hinzogen, die 
Fortsetzung der alten Via decumana gebildet hat. Sie muß also in ihrer Verlängerung über 
den Platz Am Graben hin die Lagermauer an jener Stelle getroffen haben, an welcher das 
alte Dekumantor zu suchen ist. Verbindet man ihre Fundstelle mit der Tuchlaubenstraße 
am Ende ihres gerade verlaufenden Teiles durch eine Linie, so wird diese das Haus n. 22 
Am Graben, zugleich Jungfemgasse n. 2, nahe von dieser, durchqueren und über die Küh- 
fußgasse hin am Beginne der Straßengabel enden. Dadurch wird auch der einzige in situ 
gemachte Fund auf dem Petersplatze, von dem S. 29 die Rede war, in das rechte Licht 
gerückt. An der Ecke des Platzes und der Kühfußgasse gerieten Arbeiter beim Ausheben 
der Erde für einen Auslaufkanal (J. 1900) neben dem Trottoir vor dem Hotel Wandl (Küh- 
fußgasse n. 2, Petersplatz n. 9) in 1*5 w Tiefe auf einen Beton aus Mörtel, kleinen Kieseln 
und Ziegelstückchen, der nur bis 1 2 cm Tiefe ausgebrochen wurde und noch weiter in den 
gewachsenen Boden hinabreichte.") Da er in der gleichen Richtung mit dem Straßenbeton 
der Habsburgergasse liegt, ist sehr wahrscheinlich, daß er der Dekumanstraße des alten 
Lagers angehört hat. 

Das Dekumantor dieses letzteren haben wir also im Hause n. 22 Am Graben zu suchen. 
Es lag auch nicht genau in der Mitte der Rückseite des alten Lagers, d. h. von beiden 
Ecken 1207W entfernt, sondern stand von der rechten südöstlichen Ecke 134*5 w, von der 
linken nordwestlichen loj m ab; die Abweichung von der Regel beträgst 13751« und ist, 
wie ziemlich klar zutage liegt, in der an jener Stelle vorhandenen Terrainbildung begründet. 

Denkt man sich die Linie der Kühfiißgasse bis zum Platze Am Graben fortgesetzt, so 
läuft sie hart an der alten St. Peterskirche vorüber, hatte also in römischer Zeit auf der 
einen Seite die Bodenvertiefung des „Milchgrabens", auf der andern Seite die beginnende 
Böschung des „Eisgrübl", von der S. 28 die Rede war. Sie bewegt sich wie auf einem 
von Natur gebotenen dammartigen Rücken zwischen beiden Vertiefungen durch; diese im 
Terrain vorhandene Brücke benutzten die römischen Ingenieure für die Anlage der alten Via 
decumana, wenngleich sie nicht genau in der Mitte der rückwärtigen Lagerfronte sich befand. 

Das Ergebnis unserer Untersuchung läßt sich nun zusammenfassen. Die beiden Stränge 
der Straßengabel zwischen dem Schönbrunnerhause und dem Platze Am Graben sind nichts 
anderes als Ausweichen, die dazu dienten, die Längenstraße des Lagers an dem von Natur 
aus vorhandenen Terrainhindemis (Milchgraben) vorbeizuführen, ohne das Niveau, auf dem 
sie heranzog, zu verlassen. Die ältere Ausweiche führt durch die Kühfrißgasse zum älteren, 
die jüngere Ausweiche durch den schräglaufenden Teil der Tuchlaubenstraße zum jüngeren 
Dekumantor. 

Versuchen wir, eine Vorstellung von der Anlage beider Dekumantore zu gewinnen. 
Von dem älteren ist ein Überrest nicht erhalten geblieben. Dies erklärt sich durch die 
tiefen Unterkellerungen des Hauses n. 22 auf dem Platze Am Graben, zugleich n. 2 der 
^ Bericht S. 55 f. 62. Mitt. U (1902) 42. Jahrbuch III l (1905) 21$ f. ^) Mitt. XXVII (1901) 168. 

Jahrbuch fAr Altertumtkonde I X907 5 



34 F« Kenner Die Dekumantore von Vindobona 

Jungferngasse. Das neue Haud hat zwei bis drei Stockwerke tiefe Keller, die 6 bis 8 w in 
die Tiefe reichen, also viel tiefer als die Lagermauer in der Naglergasse (yz m) und der 
Torturm an der Mündung dieser Gasse (2*5 w). Aber auch das alte, hier bestandene Haus 
hatte schon sehr tiefe Keller. Man fand 1904 neben dem Trottoir vor der heutigen Fronte 
in der Jungferngasse ein Bruchstück der Umfangfsmauer des Lagers, das 3*4 m tief auf dem 
gewachsenen Boden fundiert war. Unter ihm, noch i -4 m tiefer, also 4*8 m tief, stieß man 
auf den Scheitel eines Kellergewölbes neuerer Zeit, das nur dem früher bestandenen Hause 
angehört haben kann. Denn es reichte über das heutige Trottoir der Jungfemgasse hinaus, 
muß also vor der Verbreiterung dieser Gasse, die in neuester Zeit zugleich mit dem Umbaue 
des Hauses vorgenommen wurde, hergestellt worden sein. Der Bau dieses Kellers konnte 
nur durch seitliches Unterfangen des Bruchstückes der römischen Lagermauer bewerk- 
stelligt werden.**) Schon bei dieser Kelleranlage sind etwaige Reste des Dekumantores 
beseitigt worden. 

Es fehlt also auch in dieser Hinsicht ein positiver Anhalt für die Beurteilung seiner 
Bauart Das für uns wichtigste Merkmal aber, die Maße seiner einzelnen Bestandteile, 
können wir rekonstruieren, indem wir die uns bekannten Maße der Dekumantore anderer 
großer Lager heranziehen und mit den Terrainverhältnissen an der Dekumanfronte des 
Wiener Lagers vergleichen. 

Im Lager von CaiHuntum, erbaut um 40 n. Chr., besteht das Dekumantor in seiner 
älteren Gestalt aus zwei Flankentürmen zu je 6 und zwei Torgängen zu je 375 w, letztere 
durch einen Pfeiler von i m Stärke getrennt. Die ganze Breite, von außen gemessen, ergibt 
demnach 20*5 w.**) Das gprößere Lager von Albing bei Enns, erbaut unter M. Aurel, hat 
zwei Flankentürme von 9*1 w und nur einen Torgang von 3*55 m, zusammen eine Breite 
außen von zvT^m.^) Das gleichfalls große Lager von Novaesium, gebaut unter Gallienus 
(260—268), weist zwei Flankentürme von 9*3 und 9*2 m und zwei Torgänge auf, die zu- 
sammen außen 77 m Breite messen. Die gesamte Breite beträgst 26*2 m}'^) 

Da das alte Lager von Vindobona nur etwa 30 Jahre jünger ist als jenes von Car- 
nuntum, zugleich aber auch etwas kleiner, so können wir die Maße des letzteren auf 
ersteres beiläufig übertragen, d. h. als höchstes Breitenmaß 20*5 m für das alte Dekumantor 
in Wien annehmen. Vergleichen wir damit das verfügbare Terrain, so sind uns zwei bestimmte 
Grenzen gegeben, zwischen welchen allein die Anlage des Torganges möglich war, auf der 
einen Seite die Vertiefung des „Milchgrabens", auf der andern das oben (S. 34) erwähnte Bruch- 
stück der römischen Lagermauer neben dem Trottoir vor dem Hause n. 2 der Jungferngasse* 
Die Grenze des Milchgprabens läuft nahe durch die Mitte von Haus n. 22 Am Graben hin- 
durch; dies ergibt sich deutlich, wenn wir die Kühfußgasse, welche den Milchg^raben gegen 
Südosten begrenzt, uns bis zum Platze Am Graben fortgesetzt denken. Von dieser einen 
Grenze bis zur andern, dem äußeren Rande des Trottoirs vor der Jungferngasse n. 2, ergibt 
sich ein verfügbarer Raum von 13 bis i4fw, der für den rechten, d. h. den südöstlichen 
Flankenturm zu 6 m und einen doppelten Torgang, zu 7 m im ganzen, ausreicht. Dann kam 

^) Jahrbuch III i (1905) 140, Fig. 290. ist das Dekumantor durch ein neueres Gebäude verdeckt. 

'^) Der romische Limes in Österreich V 39 Fig. 19. Der zu diesem gehörige Garten verdeckt auch das Unke 

'•) ebd. VII 42 Fig 23. Prinzipaltor. Die porta praetoria mit zwei Türmen und zwei 

•') Bonner Jahrbücher CXI 288. — Die Tore des Torgängen mißt in der Breite 30, das rechte Prinzipaltor 

Standlagers von Lauriacum sind noch nicht festgestellt. In 28 m, Cagnat L'arm^e Romaine en Afrique p. 523. 

dem sonst ziemlich gut erhaltenen Lager von Lambaesis 



F. Kbnnul Die Deknmantore Ton Vindobona 35 

der Torg-angf noch in das Niveau der Kühfußgasse, genauer um i m tiefer, weil sich ihre 
Fortsetzung gegen den Grraben hinsenkte,'^) zu stehen. Für den linken, nordwestlichen 
Flankenturm blieb kein Raum übrig, er entfiel schon auf den „Milchgraben" und muß von 
dessen Sohle herauf gebaut gewesen sein. Demnach betrug die Gesamtbreite des alten De- 
kumantores des Wiener Lagers iqw. 

Im Gegensatze zu diesen Dimensionen steht das neue Dekumantor, von welchem 
wenigstens der linke, nordwestliche Flankenturm in seinen Fundamenten bloßgelegt ist. 
Dieser hat außen eine Breite von 9*4 w, übertrifft also noch die Tortürme von Albing und 
sogar um o-i und o*2in jene von Neuß. Wenn wir auch den Torgang mit zwei Durch- 
gängen und einem Mittelpfeiler ebenso stark wie in Neuß annehmen, so ergibt die ge- 
samte Breite des neuen Dekumantores von Wien 265 m. Das verfugbare Terrain reichte 
dafür aus> indem es zwischen dem aufgegrabenen Turm, diesen eingerechnet, und der 
nordwestlichen Grrenze des „Milchgrabens", d. h. der Fronte des Sparkassagebäudes gegen 
die Tuchlaubenstraße n. 2, über 27 w breit ist. 

Der auffallende Unterschied in der Breite der älteren Toranlagen (Carnuntum) und der 
jüngeren (Vindobona, späteres Dekumantor, Albing, Novaesium) rührt von der größeren 
Stärke her, welche man in späterer Zeit den Mauern der Flankentürme gab. In Carnuntum 
beträgt die Dicke der Turmmauem nur 0*90 w, in Albing 2*41», in Vindobona 2*42 fw. 

Auch die Stärke der Lagermauer an der Dekumanfronte wurde in späterer Zeit ver- 
größert. Am deutlichsten zeigt sich dies in Carnuntum. Hier beträgt sie vz bis v%m und 
ist an einzelnen Stellen sowohl der westlichen als der östlichen Hälfte auf 2 und 2*5 w ge- 
bracht worden, indem man der Außenseite der alten Mauer Verstärkungen vorlegte. An 
einer Stelle zeigte sich zwischen diesen Verstärkungen eine Strecke weit kompaktes Mauer- 
werk, augenscheinlich ein späterhin von Grrund aus neugebautes Stück der Umfangsmauer, 
das mit dem Quaderbelag 2*65 bis 275 w Stärke erreicht.'*) 

Diese Erscheinungen veranschaulichen nicht bloß das Bestreben späterer Zeit, das 
Mauerwerk der Dekumanfronte und der Tortürme massiger und fester zu gestalten, sondern 
auch, in welcher Weise man diese Absicht an den schon seit älterer Zeit vorhandenen 
schwächeren Mauern erreichte. Sie wurden nicht demoliert, sondern durch Vorlegen einer 
zweiten Mauer verstärkt und nur einzelne Teile, die größere Schäden, sei es durch feind- 
liche Anfälle oder durch Einsinken der Fundamente erlitten hatten, von Grund aus umge- 
baut Gibt sich schon darin eine gewisse Ökonomie in den Bauausführungen zu erkennen, 
so zeigt sich diese noch mehr in dem Umstände, daß die Mauern des Dekumantores von 
Carnuntum auch bei einem teilweisen Umbau, der eine Erweiterung der Torwege be- 
zweckte, die ursprüngliche Stärke von 0*9 w beibehielten.*®) 

In ähnlicher Weise wird auch die Umfangsmauer des alten Lagers von Vindobona, 
soweit ihre Strecke zwischen dem alten und neuen Dekumantor in Betracht kommt, be- 
handelt worden sein. Da sie in den Bereich des Milchgrabens fällt, muß sie schon beim 
ersten Lagerbau von dessen Sohle aus aufgeführt gewesen sein. Mehr läßt sich über sie 
nicht sagen, da dieser Teil durch das 1840 darüber aufgeführte Sparkassagebäude unserer 
Kenntnis entzogen ist. Erst jenseits des alten Dekumantores in der Jungferngaßse können 
wir aus dem schon öfter erwähnten Bruchstücke, welches 1904 aufgegpraben wurde, mit 
aller Bestimmtheit nachweisen, daß hier ein Teil der alten Lagermauer von Grund aus 
neugebaut worden ist Denn dieses Bruchstück zeigt die gleiche Richtung und die gleiche 

») Vgl. oben S. 28 und Anm. 16. ^9) ^5^, Li^cs in Ost. III 32 f. *^ ebd. V 39 Fig- 20. 

5* 



3^ F. Kenker Die Dekumantore von Vindobona 

Bauart; wie die in der Naglergasse aufgedeckte Umfangsmauer : eine Stärke von 31W im 
Fundament, das 3*4 tw tief lag, den gleichen Kern aus Gußwerk mit Quaderbelag, eine 
Berme von ebenfalls nur ^ocm Breite; gegen innen war es gleichfalls von einem Haupt- 
kanale des Lagers, gegen außen von dem Lagergraben mit gleichem Winkel der Böschung 
begleitet, und hier wie dort traf man in der nächsten Umgebung nur Ziegel der X. und 
XIV., nicht aber der XIII. Legion.**) Wie aus dieser Übereinstimmung, namentlich aus der 
Stärke des Mauerwerkes in der Jungferngasse, hervorgeht, ist dieses zur selben Zeit wie die 
Umfangsmauer in der Naglergasse, d. i. nach Erweiterung des Lagers, gebaut worden. 
Leider ist die Aufdeckung dieses Bruchstückes nur so weit vorgenommen worden, als für 
den neuen Kanal nötig war; wir wissen daher nicht, wieweit es sich gegen die andere 
Seite der Jungferngasse erstreckte. 



An die bisher angestellten Betrachtungen knüpfen sich noch zwei weitere Fragen, die 
innerlich mit ihnen zusammenhängen, erstlich ob das alte Dekumantor noch in jener Zeit 
fortbestanden hat, in der das neue schon errichtet war, zweitens warum überhaupt ein neues 
Dekumantor und warum es in einer nur etwa 60 m betragenden Entfernung vom alten 
erbaut worden ist 

Die erste dieser Fragen läßt sich nach meiner Ansicht endgültig nicht mehr oder — 
vielleicht besser gesagt — noch nicht beantworten. Gründe und Gegengründe dürften sich 
gegenwärtig noch die Wagschale halten. 

Das Schema des Lagerbaues schreibt nur eine Toranlage an der Rückseite vor, und 
wir finden diese Regel in der Tat in den oben angeführten gprößeren Lagern befolgt Das 
Vorhandensein zweier Tore an dieser Seite mußte im Falle eines kombinierten feindlichen 
Angriflfes auf die verschiedenen Seiten des Lagers die Verteidigung erschweren. Hiemach 
könnte schon in der Erbauung eines neuen Dekumantores an und für sich ein Beweis er- 
kannt werden, daß das ältere aufgelassen worden sein muß. 

Dem stehen andere Erwägungen gegenüber. Jene eben erwähnten Lager sind sozu- 
sagen aus einem Guß entstanden und haben die ursprüngliche regelrechte Grundform nicht 
verändert. Im Lager von Vindobona dagegen war dieses nicht der Fall. Dem alten Lager 
von beiläufig rechteckiger Form wurde bei der Erweiterung ein neuer Teil bloß äußerlich 
angefügt, so daß es nunmehr eine beiläufig quadratische Form erhielt, ohne daß aber, wie 
schon bemerkt worden ist, die innere Einteilung wesentlich verändert wurde. Die Haupt- 
gebäude verblieben an ihren alten Orten, mögen sie auch nach der Vergrößerung des 
Raumes mit Zubauten versehen worden sein; sehr wahrscheinlich blieb auch die alte nord- 
westliche Lagermauer aufrecht,^*) sicher blieben die Hauptstraßen dieselben, die neue Tor- 
anlage wurde nicht in der Mitte des zugefügten Teiles, sondern in seiner äußersten rechten 
Ecke angelegt, so nahe vom alten Tore, das nur durch die Breite des „Milchgrabens" von 
ihr getrennt war, daß beide Toranlagen als Bestandteile einer einzigen Toranlage betrachtet 
werden konnten, welche durch die Stränge auf beiden Seiten des „Milchgrabens" auf gleich 
kurze Entfernung mit der Längenstraße des Lagers verbunden war. Dadurch wurde der 
Nachteil zweier Tore an der Rückseite aufgewogen, indem sie sich weit näher lagen, als 
die Schußwaflfen der Verteidiger trugen, ja die Türme der alten Toranlage konnten sehr 
wohl einen Zwischenturm an der Lagermauer ersetzen. Endlich konnten die Eingänge der 

*^) Jahrbuch II (1904) 20. IH l (1905) 145. ") ebd. n 24. 



F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 37 

alten Toranlage im Kriegsfalle zugemauert werden, boten dagegen, in friedlicher Zeit oflfen 
gelassen, dem Verkehre eine bedeutende Erleichterung. 

Ob diesen Umständen von römischer Seite Rechnung getragen wurde oder ob man an 
einer alten Regel für den ersten Bau eines Lagers, die für die Erweiterung eines solchen, 
speziell jenes von Wien, nicht gültig sein konnte, festgehalten und mit beträchtlichen 
Opfern an Arbeit und Material die alte Toranlage niedergelegt und über sie hinweg eine 
neue Umfengsmauer aufgeführt hat, mag dahin gestellt bleiben, dies um so mehr, als 
die Limesforschungen neuerer Zeit so manche Überraschungen bereitet haben und Abwei- 
chungen von theoretischen Regeln erkennen ließen. 

Die zweite der oben S. 36 aufgeworfenen Fragen, die sich auf das neue Dekumantor bezieht, 
ist leichter und bestimmter zu beantworten. Im HI. Jh. erfuhr der Verkehr infolge mancher 
Reformen, die Septimius Severus einführte, und infolge der Entwicklung der Zivilstadt eine 
beträchtliche Steigerung. Das alte Dekumantor genügte dieser nicht mehr, nicht weil seine 
Torgänge etwa weniger breit waren, sondern weil von ihm aus der bei der Erweiterung 
angefugte Teil des Lagers nur auf einem längeren Umwege zu erreichen war. Man mußte, 
um die heutigen Straßen- und Gassennamen zu gebrauchen, vom alten Tore über den 
Petersplatz und die Kühfußgasse, durch die Tuchlauben und Wipplingerstraße oder mindestens 
bis zur Gabelung der Straßen gehen, von hier die Via quintana (heute etwa das Durchhaus 
zwischen Tuchlauben und Seitzergasse) oder die Via angularis (Bognergasse) passieren, um 
in den neuen Lagerteil zu gelangen, wobei als selbstverständlich vorausgesetzt wird, daß 
in die nordwestliche Umfangsmauer des ursprünglichen Lagers, welche längs der Seitzer- 
gasse und schräge über die Bognergasse lief, Durchgänge ausgebrochen wurden. 

Diese Schwierigkeiten des Verkehres konnten, da sie durch die natürliche Boden- 
beschaflfenheit innerhalb der Straßengabel verursacht waren, nur dadurch behoben werden, 
daß man einen neuen Eingang in das Lager schuf, von welchem direkt sowohl die Haupt- 
gebäude im alten Lager als auch der neue Lagerteil erreicht werden konnte. 

Dafür bot sich nur eine Linie dar, jene, die an der Nordwestseite des „Milchgrabens" 
läuft. Wo diese Linie die Umfangsmauer des Lagers traf, mußte das neue Tor angelegt 
werden. Jede andere Linie war unmöglich. Weiter rechts, d. h. näher gegen das alte De- 
kumantor zu angelegt, wäre der Torweg auf den „Milchgraben" entfallen, weiter links, etwa 
in die Mitte der unteren, bei der Erweiterung in das Lager einbezogenen Plateaustufe, 
d. h. in die Linie der heutigen Irisgasse verlegt, würde der Eingang zwar direkt in den 
neuen Lagerteil geführt, aber ähnliche Umwege notwendig gemacht haben, um zu den 
Hauptgebäuden zu gelangen; ja in diesem Falle wird eine Fortsetzung der Straße außer- 
halb des Dekumantores ausgeschlossen sein, weil sie hier auf die beträchtliche Tiefe des 
„Haarhof" geraten wäre. 

Nicht als ein Motiv, sondern als eine Folge der getroffenen Platzwahl für das neue 
Dekumantor muß es betrachtet werden, daß dieses ziemlich in die Mitte der durch die 
Erweiterung verlängerten Dekumanfronte zu stehen kam. Die Mitte beträgt 205*9 w; ^^^ 
neue Tor stand von der rechten südöstlichen Lagerecke rund etwa 217, von der linken 
nordwestlichen rund 194W ab.**) 

Endlich knüpfte die Fortsetzung der neuen Via decumana über das Lagertor hinaus, 
d. h. über den Kohlmarkt hin, mittels der Linie Rennweg-Herrengasse an die alte Heeres- 
straße nach Aquae (Baden bei Wien) einerseits, anderseits über den Franzensplatz und das 

*3) Vgl. oben Note 28. 



jB F. Kenner Die Dekumantore Ton Vindobona 

naturhistorische Hofmuseum an den wohl auch erst später als Kunststraöe hergestellten 
Verkehrsweg an, der längs des Ottakringerbaches und Wienflusses durch die Schluchten des 
Wienerwaldes nach Cetium (St Polten) führte.**) 



Zum Schlüsse sei noch auf die Analogien hingewiesen, die zwischen dem römischen 
und dem mittelalterlichen Wien bezüglich der beiden Toranlagen vorwalten. 

Solange letzteres auf die obere Plateaustufe beschränkt war,**) hatte es sein rückwär- 
tiges Stadttor dort, wo das alte Dekumantor stand, oder doch in nächster Nähe. 

Wie die bisher bekannt gewordenen Funde römischer Zeit in Wien bezeugen, hat sich 
in der letzten Epoche der römischen Herrschaft, etwa von 375 ab, der militärische Grenz- 
schutz wieder mehr auf die obere Plateaustufe der Inneren Stadt konzentriert. Die römischen 
Bauten auf der unteren Stufe, namentlich jene zwischen der Wipplingerstraße und Salvator- 
gasse, fand man bei zahlreichen Erdarbeiten in den Jahren 1896 bis 1900 in dem Zustande 
der letzten Zerstörung, der sie zum Opfer fielen, belassen. Der Brandschutt war nicht ab- 
geräumt, ein Zeichen, dafi sie nicht wieder aufgebaut worden sind. Die jüngste der mit- 
gefundenen Münzen stammt von Kaiser Constantius 11 (f 361), zeigte sich aber vom Ver- 
kehre etwas abgeschliffen, so dafi angenommen werden kann, dafi sie noch einige Zeit nach 
dem Todesjahre des Münzherm umgelaufen ist, bevor sie unter die Erde gelangte. Spätere 
Münzen fehlten. Auch die Ziegel zeigten spätere Stempel mit den Namen Ursicinus, Bonosus, 
Maxentius nicht**) 

Gerade das Gegenteil liefi sich auf der oberen Stufe wahrnehmen. Hier fand man 
Münzen von Valentinian I und Magnus Maximus (J. 388) unter den Tuchlauben und auf dem 
Petersplatze*') und Ziegel mit den Namen der ebengenannten Heerführer, also etwa aus 
dem letzten Viertel des IV. Jh., namentlich im Schönbrunnerhause, auf der Brandstätte gegen 
den Wildbretmarkt hin, auf dem Bauernmarkt, in der Landskron-, Jasomirgott- und Küh- 
fufigasse;*®) an einzelnen dieser Stellen wurden sie in mehreren Exemplaren gefunden. 
Daraus folgt, daß auf der oberen Stufe des Plateaus, insbesondere im Bereiche der Haupt- 
gebäude, aber auch an der südöstlichen Umfangsmauer und nächst dem alten Dekumantor 
bauliche Restaurationen noch in sehr später Zeit vorgekommen sind. 

Eine derartige Beschränkung des Lagerraumes ist ja auch erklärbar durch die fort- 
schreitende Verminderung der Besatzung. Die natürliche Folge davon war, dafi man 
das alte Dekumantor wieder öffnete oder, wenn es schon bei der Erweiterung des Stand- 
lagers am Beginne des III. Jh. demoliert worden sein soll, ein neues Tor in der Mitte der 
Rückseite ausbrach, dagegen nunmehr das neue Dekumantor geschlossen und durch Ab- 
mauerung aufier Funktion gesetzt hat; denn die Notwendigkeit dieses Tores bestand bei 
der Vernachlässigung der unteren Plateaustufe und bei der Verringerung der Besatzung 

**) Jahrbuch II (1904) 24. dies im Jahre 1876 bei den Arbeiten für die Hochqnellen- 

^^) Die älteste herzogliche Bu^g (h. Reichskriegs- leitung Tor Haus n. 8 am Hof, sie lagen 2*5 m tief. Gesch. 

ministerium, am Hof n. 14), deren Lage unzweifelhaft sicher- d. Stadt Wien I 91. 

gestellt ist (Gesch. d. Stadt Wien I 238), lag außerhalb der ^^) Unter den Tuchlauben zwischen n. 8 und 9. Vgl. 

nordwestlichen Stadtmauer des damaligen Wien. Bericht S. 17, femer bei Haus n. 4 (Mitt. des Hofrates R. 

*•) Bericht S. 37. — Von der unteren Plateaustufe v. Raimann). 

ist mir nur ein Fall bekannt, in welchem je ein Ziegel *•) Gesch. d> Stadt Wien I 70. 79. 80. — Bericht 

▼on Ursicinus und Bonosus gefunden wurden, es geschah S. 10. 11. 13. 16. 17. — Jahrbuch III i. 160. 167. 



F. Kennkr Die Dekumantore von Vindobona 39 

nicht mehr, vielmehr konnte sein Fortbestand nunmehr in der Tat die Defensive beein- 
trächtigen. 

In diesem Zustande verblieb das Standlager auch in der folgenden Zeit, in welcher die 
römische Besatzung zurückgezogen war und die militärische Aufgabe des Platzes, ein Stütz- 
punkt gfegen die Germanenstämme im Norden der Donau zu sein, immer mehr in den 
Hintergrund trat, bis neue Verhältnisse eine neue Aufgabe der Defensive hervorriefen, die 
mit einer Frontveränderung gegen Osten und Süden verbunden war, sich aber erst im 
hohen Mittelalter geltend machte. 

Dieser Zeitabschnitt, in welchem das Standlager der oberen Plateaustufe in baulicher Beziehung unver- 
ändert geblieben sein wird — ausgenommen die Wiederherstellung verfallener Teile der Umfassungsmauer 
und Adaptierung der Innengebäude fOr die Bedürfnisse zurückgebliebener oder zugewanderter Bewohner — , 
bleibt außerhalb der Grenzen unserer Untersuchung. 



Noch aber muß eine Frage berührt werden, welche meines Wissens noch nicht be- 
sprochen worden ist, obwohl sie recht nahe liegt. Sie betrifft die örtliche Lage der drei 
ältesten Kirchen von Wien, St. Ruprecht, St. Peter und St. Maria am Gestade. Aller Wahr- 
scheinlichkeit nach reicht die Gründung der beiden ersteren in die Zeit des Erzbischofs 
Arno von Salzburg,*^) der die von seinem Zeitgenossen Kaiser Karl d. Gr. den Avaren 
abgenommene Ostmark kirchlich organisierte,^) zurück. Die Entstehung der dritten fallt 
der Sage nach in das Ende des IX. Jh., etwa 873, urkundlich genannt wird sie 1153.**) 
Es muß nun auffallen, daß diese Kirchen nicht im Innern des Ortes Wien, sondern nächst 
den äußersten Rändern der oberen Plateaustufe, und zwar an zwei einander entgegen- 
gesetzten Seiten, der nordöstlichen und südwestlichen, erbaut worden sind.**) Es gab ja in 
jener Zeit gewiß noch ansehnliche Baureste des Standlagers an verschiedenen günstiger ge- 
legenen Stellen sowohl in dem der Donau näherliegenden, ursprünglich dichter besiedelten 
Teile auf dem Hohen Markt als auch im südlichen Teile. Die schweren Bauten der Prin- 
cipia, des Praetorium und der hinter ihm liegenden vornehmeren Bestandteile des Lagers 
erstreckten sich ja vom Hohen Markte bis zum Schonbrunnerhause. Aus ihrem Materiale 
und auf ihrem Platze hätten jene kleinen Kirchen sehr wohl erbaut werden können. 

Es muß also ein besonderer Grund die Platzwahl veranlaßt haben. Hierüber möchte 
ich eine Vermutung aussprechen, die vielleicht nicht aller Berechtigung entbehrt. 

Nach den religiösen Anschauungen der Römer zählt das Tor im allgemeinen, mag es 
Stadt- oder Lagertor sein, zu den loci sacri, zu den den überirdischen Göttern geheiligten 
Orten;**) daraus wird erklärlich, daß man in der Nähe der Lagertore kleine Tempel oder 
Kapellen errichtet hat 

*•) Gesch. d. Stadt Wien I 447. Die Erbauung Stadt Wien I 224 nennt Max Büdinokr als Autor dieser 
beider Kirchen scheint aber keineswegs gleichzeitig ge- Äußerung), die Kirche von St. Ruprecht sei in der Mitte 
schehen zu sein, da schon im XIII. Jh. St. Ruprecht als der alten Römer Stadt gelegen, ist nur yerstftndlich, 
das älteste Gotteshaus von Wien bezeichnet wird (R. MOllkr wenn letzterer dabei die älteste Entwicklungsstufe der 
a. O. I 224) und diese Bezeichnung als „unangefochten'' nachromischen Stadt, wie sie etwa yon Caicbsina dar- 
gilt. Der Zwischenraum zwischen beiden Gründungen dürfte gestellt wurde, im Auge hatte. 

eine Anzahl von Jahren betragen. '') Digesta XXXXIII 6*2 (nc quid in loco sacro 

^ A. Mayer ebd. I 447. fiai), Hermogcnianns libro tertio epitomarum: in muris 

^^) ebd. I 448. Anm. i. iUmqne portis ä aliis sanciis locis aliquid facere, ex quo 

^^) Daß gesagt werden konnte (R. MOlt.ee Gesch. d. damnum auf incommodum irrogeiur, non permittitur. 



40 F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 

Ganz nahe vor der Porta praetoria des Wiener Standlagers steht die St. Ruprechts- 
kirche, deren Krypta, wie sich bei einer Untersuchung im November 1902 herausgestellt 
hat, romisches Mauerwerk zeigt; sicher besteht ihre südliche Langseite (5*5 w) und die west- 
liche Schmalseite (3*5 m) aus glatt abgearbeiteten Bruchsteinen von grünlichem, sogenanntem 
Sieveringer Schleifstein, welcher in romischer Zeit nahezu ausschließlich für Fundamente 
verwendet wurde, und aus unregelmäßig eingebundenen Lagen von ganzen Ziegeln und 
Bruchstücken von solchen, in reichlichen, weißen, sehr harten Kalkmörtel gelegt.^) Die 
beiden anderen Seiten waren mit Särgen so verstellt, daß sie nicht genauer untersucht 
werden konnten; doch vermochte Herr Nowalski de Lilia aus einzelnen Durchblicken auch 
an diesen Seiten die gleiche Bauart zu konstatieren. 

Dieser Befund ist sehr ähnlich jenem, der im J. 1765 beim Abbruch des Turmes der 
alten Ägidiuskirche von Gumpendorf (Wien VI) aufgenommen wurde. Der Turm, an 
den die alte Kirche vor dem J. 1244 nur angebaut war, diente in früherer Zeit nach Aus- 
sage der Urkunden des Schottenstiftes als Kirche, indem er eine Treppe hoch eine primitiv 
eingerichtete Kapelle enthielt; als Zeit seiner Erbauung wird das IX. Jh. angegeben. Bei 
dem Abbruche fand man in den Fundamenten — er nahm an der Basis 16 m* ein — 
Ziegel mit den Stempeln des Antonius Tiberianus Vindob und größere Tonplatten der 
LECXCPF sowie Bruchstücke von Inschriftsteinen, die zerschlagen waren, und die Lazius und 
noch Leopold Fischer in den Turm eingemauert gesehen haben. Diese Bruchstücke sowie 
die Quadern des Mauerbelages wurden zum Sockelbaue der neuen Kirche verwendet, nach- 
dem sie für diesen Zweck „zugerichtet" worden waren.^*) 

Zwischen beiden Fällen waltet ein Unterschied nur insofern vor, als der römische 
Unterbau der St. Ruprechtskjrche ein Rechteck von 5*5 zu 3-5 m, der Unterbau des Turmes 
der St. Ägidiuskirche ein gleichseitiges Viereck von je 4 m auf die Seite bildete. Während 
die Dimensionen des letzteren auf einen aus Stein gebauten römischen Turm hinweisen, 
kann dies für die Krypta von St. Ruprecht nicht wohl angenommen werden. Da das auf- 
gehende Mauerwerk gewiß schwächer als die Fundamente gebaut war, darf man auf ein 
Rechteck von 6 : 4W schließen, eine Grundform, die weit mehr einem Kultgebäude, als 
einem Turme entspricht, zumal als der Bau nächst der ohnehin mit Flankentürmen ver- 
sehenen Porta praetoria lag und überdies der dort vorhandene Vorsprung des Uferrandes, 
wenn die Annahme richtig ist, welcher v. Hauslab und v. Camesina gefolgt sind, durch einen 
Turm an der Stelle des Hauses Ruprechtsplatz n. i befestigt war.**) Die Lage von St. Ru- 
precht ist noch in einer aixdem Beziehung zu beachten; die Kirche liegt ganz nahe von 
der Straße (heutige Seitenstettnergasse), auf welcher der Ausmarsch der Truppen aus dem 
Lager längs des Steilrandes zum Donauufer erfolgte. Damit wird eine von Anton Mayer 
in der Geschichte von Wien ausgesprochene Vermutung bestätigt (oben Anm. 49 fg.). 

In der ebengenannten Gasse n. 5 sind beim Umbau des Seitenstettnerhofes im J. 1825 
Architekturreste, eine Säule mit Kapital später Zeit, das reicher verzierte Kapital eines 
Eckpilasters, mehrere Ziegel, darunter vier der X. Legion und einer der Cohors I Aelia 
Sagittariorum, nebst einem Streifen eines Mosaikbodens und mehrere Römersteine mit 

^) Mitt. ni (1903) 39. *^ Nach dem Hufnagclschen Plan vom Jahre 1609. 

**) P. Meinrad Adolph Gedenkbuch der Wiener Auch W. Bobheim hält diesen Turm für „sicher römisch" 

Vorstadtpfarre zum hL Ägidius in Gumpendorf (Wien 1857) (Gesch. d. Stadt Wien I 273). Funde sind von jener SteUe 

8. 28. 41. 58. — Gesch. d. Stadt Wien I 107 f. — Eine nicht bekannt geworden. Es mag dahin gestellt bleiben, ob 

Ansicht der alten Kirche mit dem Turme ebd. S. 521 als man nach jenem Kupferstiche aUein den römischen Ur- 

Schlußvignette. sprung als erwiesen betrachten kann. 



F. Kenner Die Dekumantore von Vindobona 4^ 

unlesbar gewordenen Inschriften aufgefunden worden/^ augenscheinlich noch in situ, wie 
der Mosaikboden bezeugt, also ebenfalls außerhalb der oberen Umfangsmauer. Bei der 
Nüchternheit und Einfachheit der Lagerbauten und dem Mangel an architektonischem 
Schmucke, der nur den Hauptgebäuden im Innern, vielleicht auch den Toranlagen, vor- 
behalten blieb, kann hier nur an ein Sacellum gedacht werden. 

Auch nächst dem linken Prinzipaltore an der hohen Brücke stand eine romische Kult- 
stätte. Im Hause n. 14 der Wipplingerstraße wurden 1896 in 4W Tiefe die Reste eines 
Bauwerkes aufgegraben, dessen Außenmauer 2*5 w stark war und gegen Nordost eine flach 
abgerundete Apsis oder Nische bildete. Nahezu 2 m von ihrer Mitte gegen Südost zeigte 
sich der Innenraum durch Zwischenmauern von i m Stärke und 7 m Länge in drei Schiffe, 
jedes zu 4*3 w Breite, geteilt; an dem südwestlichen Ende der einen Zwischenmauer, vzm 
von ihr entfernt, stand ein Pfeiler von i m^ Stärke, dem ein zweiter am Ende der andern 
Zwischenmauer entsprochen haben muß. Durch diese Pfeiler ist der Eingang von der 
Wipplingerstraße her, d. h. vom Limes oder der späteren verlängerten Prinzipalstraße, 
markiert**) Dieser Bau, der im Lichten i^m lang und breit war, fallt durch die Tiefenlage, die 
auch die Stärke der Außenmauer erklärt, sowie durch die Nische und die Inneneinteilung 
auf. Nach der Analogie mit dem Mithraeum von Kroißbach bei Ödenburg und anderen 
Mithraeen**) ist man versucht, auch hier an ein solches zu denken, welches unterirdisch 
angelegt, eine Mithrasg^rotte darstellen sollte. Wie dem immer sein mag, sicher ist, daß 
dieses Bauwerk von der Innenseite des linken Prinzipaltores, das im J. 1900 bloßgelegt 
wurde,*^) nur 42 m entfernt ist 

Endlich soll noch erwähnt werden, daß man nächst der drittältesten Kirche von Wien, 
jener am Gestade, nur 20 m von ihr entfernt, im J. 1901 ebenfalls eine Toranlage aufgedeckt 
hat.*^) Ob auch an der Stelle dieser Kirche ein Römerbau gestanden habe, ist unserer 
Kenntnis durch die Überbauung entzogen; es kann aber nach Analogie der bisher ange- 
führten Fälle ein romisches Kultgebäude auch an dieser Stelle vorausgesetzt werden. 

Wenn nun an der Praetorialfronte nächst dem Haupttore des Lagers ein kleiner Tempel 
und eine Kapelle, am linken Prinzipaltore ein g^rößeres Kultgebäude bestanden, so ist der 
Schluß nicht gewagt, daß auch nahe vom Dekumantor ein solches sich erhob. Es entspricht 
der religiösen Auffassung, die man vom Tore hatte, ein sichtbares Zeichen derselben zu 
errichten, um dadurch den Schutz der überirdischen Gottheiten nicht bloß für das Tor 
selbst, das in einem Standlager eine so große Bedeutung hatte, sondern auch für die aus- 
ziehenden wie für die eintretenden Soldaten zu erwirken. 

Nun war es eine vielfach bezeugte Übung, bei Einführung des Christentums die Er- 
innerung an die heidnische Gotterverehrung in den Hintergrund zu drängen, um Rückfälle 
in das Heidentum zu verhüten. Dies geschah teils durch Zerstörung der heidnischen Kult- 
stätten, teils, und wohl in den meisten Fällen, durch ihre Umwandlung in christliche, die 
zugleich den Sieg der christlichen Religion anschaulich machte. 

Die von Salzburg im VIII. Jh. ausgehenden Versuche, das Christentum in Pannonien 
einzuführen, sind an und für sich sehr wahrscheinlich; die Kritik hat sich nicht gegen sie 
selbst, sondern nur gegen die Namen der Missionäre ausgesprochen, die auf späteren un- 

") Gesch. d. Stadt Wien I 73 Fig. 48. 49. Bericht Fig. 31 bi« 33) vgl. Jahrbuch II (1904) 10. 

*•) Bericht S. 40. — Über die ursprüngliche Be- »•) Mitt. XII (1866) 119. 

Stimmung der an dem nahe gelegenen Eingange der Schwert- ^) Jahrbuch II (1904) 3. 

gasse aufgefundenen Altertümer (Altäre, Votivstein, Torso, '*^) ebd. Flg. 9. 10. 

Jahrbuch ftlr Alt«rtiuntkande I 190; 5 



42 F. Kenner, Die Dekumantore von Vindobona 

historischen Kombinationen beruhen.^) £s ist also recht wohl denkbar, daß schon infolge 
dieser älteren Missionen an Stelle der alten römischen christliche Heiligtümer entstanden 
sind, an welche die kirchliche Organisation des Erzbischofs Arno anknüpfte, eben weil sie 
von früherer Zeit her im christlichen Sinne geweihte, geheiligte Stätten waren. 

Wenden wir diese Folgerungen auf den Fall an, der uns hier hauptsächlich beschäftigt, 
so ist es gar nicht unwahrscheinlich, daß an der Stelle einer nächst dem alten Dekumantor 
bestandenen römischen Kultstätte bei der ersten Einführung des Christentums ein christ- 
liches Betkirchlein errichtet worden ist, das späterhin unter Erzbischof Arno von Salzburg 
in eine größere Kirche umgebaut wurde.**) Sicher fällt dieser Bau in die Zeit der salz- 
burgischen Missionstätigkeit (791 bis 803), nicht in jene der von Passau ausgehenden, wie 
schon die Patrocinien des hl. Petrus und des hL Ruprecht zeigen. War dieser Umbau von 
Kaiser Karl d. Gr., wie die Tradition stets festgehalten hat, verfüg^, so kann die Verehrung, 
die letzterer wie sein Vater Pipin dem hl. Petrus als Beschützer in ihren kriegerischen 
Unternehmungen erwiesen,^) seinerseits als dem Unternehmen des Erzbischofs Arno und der 
Ausstattung der neuen Kirche nur förderlich gewesen sein. 

Wenn man die Entstehung der ältesten Kirchen von Wien in dem dargelegten Zu- 
sammenhange mit römischen Kultstätten betrachtet, die nächst den Lagertoren vorhanden 
waren, so wird die eigentümliche exzentrische Lage der ersteren verständlich. 



Wenn gleich nicht eigentlich hieher gehörig, ist noch einer Erklärung zu gedenken, 
welche in neuerer Zeit gegeben wurde und nur die St. Peterskirche von Wien betrifft. 
W. BoEHEiM hat als einen Beweis für die Lage des südwestlichen Stadttores von Wien 
nächst dem Dekumantore des älteren römischen Standlagers den Umstand geltend gemacht, 
daß Peterskirchen in geschlossenen Orten bei den Stadttoren errichtet zu werden pflegten, 
indem der hl. Petrus, dem die Schlüssel zur Himmelspforte anvertraut sind, auch als Be- 
schützer der Stadttore verehrt worden ist.'*) Kirchlich ist diese Vorstellung (Übertragung 
von der Himmelspforte auf das Stadttor) nicht, insbesondere muß sie für die älteste Grün- 
dung, welche Boeheim anführt, jene von St. Peter in Salzburg, zurückgewiesen werden; diese 
ist wohl richtiger so zu erklären, daß der hl. Rupert jenes Gotteshaus ebenfalls über einer 
heidnischen Kultstätte nächst einem der Tore von luvavum errichtet hat Die beiden 
anderen Fälle gehören einer späteren Zeit an. Wenn sie wirklich als Symptome einer 
damaligen Übung aufgefaßt werden dürfen, was bei ihrer geringen Anzahl heute noch 
nicht behauptet werden kann, würden sie nur zeigen, daß von dem aus der Erinnerung 
verschwundenen ursprünglichen Zusammenhange (Tor — heidnische Kultstätte bei diesem 
— christliches Heiligtum an Stelle des letzteren) nur das Tor und die Kirche übrig ge- 
blieben waren und ihre Beziehung aufeinander in der Vorstellung des Volkes durch eine 

") Gesch. d. Stadt Wien I 235. 447. Genn. Scrippt 11 457. 

•^) Die Anregung, ältere aus Holx gebaute Kirchen •*) Gesch. d. Stadt Wien I 27 1, wo W. BoSHBiic auf 

in Steinbauten umzuändern, die Bischof Altmann yon Passau die um 700 vom hl. Ruprecht gegründete kleine St. Peters- 

gab (Gesch. d. Stadt Wien I 448), dürfte für Wien kirche in Salzburg, „unfeme von dem damaligen Eingange 

kaum gelten, da hier das Steinbaumateriale sozusagen auf in die Stadt" und auf die am Ende des Xni. Jh. erbaute 

den Straßen lag, und zwar zumeist schon in einem für Kirche „St. Peter an der Sperre** in Wiener-Neustadt hin- 

Bauten zugerichteten Zustand zur Hand war. weist. K. Lind a. O. 492 nennt auch die St. Peterskirche 

•*) Anton Mayer Gesch. d. Stadt Wien I 447 mit am unteren Tore von Pöchlam. Andere Fälle sind nicht 

Berufung auf Einhardi Vita Karoli Magni in den Monum. angeführt. 



F. KSNICBR Die Dekumantore Ton Vindobona 43 

naive Analogie zwischen der Himmelpforte und dem Stadttore ersetzt worden ist. Dies 
könnte aber weder für St. Peter in Salzburgs, noch für St. Peter in Wien, sondern nur für 
viel spätere Peterskirchen Geltung haben. 



Über die Schicksale des jüngeren Dekumantores im hohen Mittelalter weichen die An- 
sichten voneinander ab. Richard Müller ist überzeugt, daß das Biuraere bürgetor (Peilertor), 
das an der Stelle oder doch sehr nahe vom jüngeren Dekumantor stand, noch 1137 und 
1187 wirkliches Stadttor war,**) wogegen W. Boeheim dafürhält, es sei erst 12 19 nach Er- 
bauung der neuen babenbergischen Hofburg nächst St. Michael aus der Stadtmauer ausge- 
brochen und g'leichzeitig das Tor nächst St. Peter verbaut worden, im Zusammenhange 
damit sei erst damals der schräglinige Teil der Tuchlaubenstraße (längs der Nordwestseite 
des „Milchgrabens") als Straße zum neuen Stadttore eröffnet worden.*^ 

Die erste Erweiterung der Stadt Wien ist völlig analog der Erweiterung des Stand- 
lagers, insofern es sich in beiden Fällen um die Anfügung der untern Plateaustufe handelt 
Auf dieser wurde etwa 1137 der Bau der älteren babenbergischen Herzogsburg begonnen, 
die mit den Nebengebäuden und dem zugehörigen Territorium das Areale zwischen Bog^ner- 
gasse und Salzgries einnahm. Was im Standlager eine Ursache der Erweiterung war, 
stellte sich in der mittelalterlichen Stadt als eine Folge der Vergrößerung ein, indem die 
nunmehr knapp neben der Stadt sich entfaltende Hofhaltung eine größere Regsamkeit des 
Verkehres nicht bloß im zugewachsenen Teile, sondern auch in der alten Stadt und der 
nächsten außenliegenden Umgebung hervorrief. Aus ähnlichen Ghründen, wie sie (S. 37) 
betreffs des Standlagers angeführt wurden, genügte auch der Stadt das alte Südtor 
nicht mehr. 

Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß vielleicht schon beim Beginne des Burgbaues, 
1137, sicher bei der Erweiterung der Stadt (1155— ii6o)**) die Notwendigkeit eines neuen 
Tores erkannt und dessen Erbauung auch durchgeführt worden ist. Für die frühere Zeit 
aber, in der sich alles städtische Leben auf die obere Stufe konzentrierte, war das Bedürfnis 
eines Verkehrsweges nach außen, in der Richtung über den Kohlmarkt hin, kaum vorhanden. 

Natürlich spielte das Peilertor eine größere Rolle in der Zeit, als die neue Herzogs- 
burg bei St. Michael entstand (12 19); aber es war nicht lange wirkliches Stadttor, da nach 
1220 jene Erweiterung der Stadt begann, durch die sie den Umfang erhielt, den sie bis 
zum J. 1858 einnahm.**) Damals verschwand die südwestliche Stadtmauer, d. h. die Dekuman- 
fronte des Lagers, auf deren Fundamenten nun Häuser aufgebaut wurden, welche nur die 
alten Torgänge als Ausgänge aus der Stadt frei ließen. Jener am ehemaligen Peilertore 
blieb der frequentere, weil er in gerader Linie zur neuen Hofburg führte. Dem andern 
Ausgange, nächst dem ursprünglichen Dekumantore, wurde eine notwendige Beding^ung 
seiner Funktion dadurch entzogen, daß die neue Hofburg mit den zugehörigen Gebäuden 
und Anlagen die alte Heeresstraße längs der Habsburgergasse abschnitt; er schrumpfte 
daher auf ein sehr schmales, wohl nur auf die Breite eines Torganges beschränktes Gäß- 
chen (das Jung^emluckche) ein, welches notdürftig die Verbindung des Petersplatzes mit 
dem neuen Platze Am Graben herstellte. 

••) Gesch. d. Stadt Wien Hl 221. Urkundlich genannt ••) ebd. I 242. 272. 

erscheint es zum ersten Male im Jahre 1278. *^) ebd. I 246, wo R. Müller diese Erweiterung auf 

^ ebd. I 279 Note 3. das Jahr 121 9 ansetzt, was wohl nur ihrem Beginne gilt. 

6* 



Otto Cuntz 

Zu den Inschriften von Flavia Solva 



Im September 1905 wurden von mir sämtliche römischen Inschriften in Schloö Seggau 
und Leibnitz, femer in Straß an der Mur und Gamlitz nachverglichen. Die Ergebnisse 
dieser Arbeit lege ich hiermit vor. 

CIL III 5319. Die Inschrift ist stark abgerieben und daher sehr schwierig zu lesen. 
Nur der Grund der Buchstaben ist erhalten, auf dem, besonders an den Enden der Hasten, 
die Meißelschläge kleine runde Vertiefungen hervorgebracht haben. Die Buchstaben sind 
aber von guter, regelmäßiger Form und sorgfältig eingehauen. 

Z. I Punkte vor und nach O. — Z. 2 VITAL* F nach dem fünften Buchstaben scheint der 
Punkt sicher, der Rest unten ist nur sehr schwach und flach. Nach dem Punkt ist die senk- 
rechte Haste sicher, und auch die Querbalken erkenne ich. Dagegen kann ich die Rundung 
eines S, das man nach dem Text des Corpus (TTIVS • VITAUs) erwarten sollte, nicht sehen, obwohl 
noch soviel Schriftfläche erhalten ist, daß wenigstens ein Teil des Buchstabens vorhanden sein 
müßte. Man könnte danach annehmen, daß wir es mit einem Peregrinen ]ttius vitaif(ilius) zu 
tun hätten (eine Frau veta n. 4474). Aber ein solcher kann schwerlich für die civitas Solva 
cura agens gewesen sein. Die Inschrift enthält, wie wir gleich sehen werden, nur Namen 
romischer Bürger. Auch an einen Bürger "Ittius ohne cognomen, Sohn eines Peregrinen, 
kann nicht gedacht werden. Das Cognomen darf in der Zeit, aus der die Inschrift stammt, 
nicht fehlen. Ich mochte daher lieber eine Abkürzung des Cogtiomens, die ja nicht selten 
ist, annehmen und lesen: []//w5 vital(is) e\t\ Ein Gentilicium vital hat n. 5456 aus dem 
Gebiet von Solva. — Z. 3 Punkt vor dem ersten Buchstaben. Das Gentilicium ist also voll- 
ständig, es fehlt nur das Pränomen. — Z. 5 {\ ICOCITATVS "E CVNAITC HTIAJ Hinter CVNAIT 
scheint eine Rundung gewesen zu sein; die Lücke hier hat nur für zwei Buchstaben Raum, 
so daß der Name nicht zu einem Gentilicium (Corpus: cunatius) ergänzt werden kann. Ich 
lese vielmehr: ]wi cogitatus et cHHaito[^titia[nus. Es sind also zwei Bürger aus der gleichen 
gens, z. B. Livia; der zweite mit zwei Cognomina, deren erstes einheimischer Herkunft ist — 
Z. 6 im Anfang: [r* VWRS usw. Der erste Buchstabe war wohl nicht T, da links von ihm 
keine Fortsetzung des Querstriches zu sehen ist. Danach sind zwei Buchstaben, bis auf den 
kleinen Rest, zerstört. V erkenne ich noch ziemlich deutlich; dann ist S sicher. Also ]/(oder 
e)[.i]iis ursinus. — Z. 10 Punkt nach CELER — Z. 12 INW^'bT sicher ist S; zwischen ihm 
und N ist Raum für zwei Buchstaben, wo aber nur die beiden schrägen Hasten deutlich 
sind. Eine befriedigende Ergänzung habe ich nicht. Etwa IhTVAA/S??; eine intuma hat 
n. 2083 aus Salonae. Punkt nach IVL — Z. 13 (' V^S/NVS-SE6MD T iC!OVfRA\ in der 
Lücke nach "i haben zwei Buchstaben Platz. — Z. 14 JR AN/* DOA £ ST« C "E ^^^? MAAT iv{ 



O. CuNTZ Zu den Inschriften von Fla via Solva 45 

Im zweiten Namen war, wie es scheint, M und E ligiert; der dritte ist sicher AVR (elius), — 
Z. 15 jAPPVLVRSVSTANRSECVKDINJ, sicher AVR {elius). — Z. 16 MAUVS deutlich. 

Die Inschrift lautet nunmehr: i(ovi) o(ptimo) m(aximo) \ [praen. und ^ent!\Hius vital{is) e\{\ \ 
[praen.] senius tuvenis \ [c\ura agent(es) civitasq{ue) \ s [gent.]«<* cogitatus et cunaiio[.]tiiia[nHs] \ 
[]f['i]us ursinus {et) polius ianuriu[s\ \ [gent. im Pluralis; f}]estus et surilUo appia\nus\ \ 
[gent im Pluralis und cogri.]etinus et priscianus saJ^vinus^] \ [gent. im Flur.] vibianus et 
ursinus vitaHls] \ xo [gent. im Flur.] aq[u]ilinus et celer iulianu[s] \ [gent]i sammio et erma- 
dio I [gent.] valentinus intumus}} (et) iul(ius) prifnillu[s] \ [gent.]/ ursinus secund(us) et [. .]/? ci7o 
vera[nus}] \ [ ]rani(us) domestic(us) (et) aur{elius) martiu[s] \ 15 appul{eius) ursus (et) aur{elius) 
secundin[us] \ malius decianus (et). Das Verzeichnis enthält überall, wo hinsichtlich des 
Namens kein Zweifel sein kann, nur cives Romani. Die Ergänzung, die der Index des 
Corpus zu Zeile 7 bietet: surillio appia[ni] halte ich daher für unrichtig. In n. 7693 er- 
scheint sürillio als cognomen eines civis in Fotaissa in Dacien. Es sind also, abgesehen von 
den cura agentes, 23 Bürger, von denen acht je zwei cognomina fuhren. Die Weihung ist 
dargebracht von zwei Leuten, die zugleich ihre richtige Ausfuhrung überwachen, und von 
der Stadtgemeinde Solva. Alle drei Faktoren werden also vermutlich Beiträge geleistet 
haben. Wäre nur die Gemeinde Stifterin, so würde das anders ausgedrückt sein, etwa wie 
in der Inschrift von Olbasa n. 6891: p(ecunia) p{ublicä) | colonea ittlia \ olbasena \ curantibus 
L lici\nio basila et m. clo\dio rufo. Was haben aber die folgenden 23 mit der Widmung 
zu tun? Hätten sie als Frivate mitbeigetragen, so wäre ihr Flatz vor civitas. Sie sind also 
mit civitas in nähere Beziehung zu setzen. Nun war, um die Beteiligung der Gemeinde 
herbeizufuhren, ein Beschluß des Stadtrates der Decurionen unumgänglich notwendig. Ich 
glaube daher, daß uns hier ein Verzeichnis der Decurionen vorliegt Nicht aller, denn in 
einer Stadt von der Große von Solva werden es 100, die normale Zahl, gewesen sein; wohl 
aber derjenigen, die in der entscheidenden Sitzung zugegen waren und abstimmten. Das 
wird durch Heranziehung einer Stelle der lex coloniae Genetivae Ursonensis (cap. 69) noch 
wahrscheinlicher gemacht: {Ilviri) in diebus LX proxumis, quibus eum mag{istratum) gerere 
coeperint, ad decuriones referunto^ cum non minus XX aderunt, uti redemptori redemptori- 
busqucy qui ea redempta kabebunt qnae ad sacra resq(ue) divinas opus erunt pecunia ex lege 
locationis adtribuatur solvaturq{ue). Es müssen also bei dem Beschluß über die Auszahlung 
des Geldes an die Unternehmer, welche die Opfer und den Kultus besorgen, wenigstens 
20 Ratsmitglieder anwesend sein. In unserer Inschrift handelt es sich um eine res divina, 
und die Zahl der Unterzeichneten ist 23. Gegen diese Deutung der Liste konnte bedenk- 
lich machen, daß sie auf die Zugehörigkeit zu den Geschlechtem Rücksicht nimmt, während 
man eine Anordnung nach Würde und Amtsalter erwarten sollte. Indessen glaube ich, daß 
man bei einer so kurzen Liste einer zufällig in der Sitzung anwesenden Zahl von Decurionen 
auf die strenge Einhaltung der Rangordnung weniger Wert gelegft haben kann, so daß man 
einer erheblichen Raumersparnis auf der Inschrift zuliebe Gentilgenossen zusammenstellte. 
Grundsätzlich durchgeführt ist das auch nicht, denn die beiden Aurelii stehen in verschiedenen 
Zeilen (14 und 15). Was die IE angeht, welche je zwei Namen zu einem Faar verbinden, 
so sind diese nur dort mit Recht gesetzt, wo sie zwischen Leuten derselben gens stehen, 
nämlich Z. 5, 7 — 11, 13, in den übrigen Zeilen (6, 12, 14, 15) dagegen vom Steinmetzen, der 
dadurch in schematischer Weise die Liste in gleiche Hälften zu teilen bestrebt war, sinnlos 
wiederholt Daß er hier fahrlässig verfuhr, wird durch das überflüssige et am Ende deutlich 
erwiesen. Es fehlt dort nichts, und es war auch keine Fortsetzung beabsichtig^. 



4^ p. CuNTZ Zu den Inschriften von Flavia Solva 

Für die Bestimmung der Zeit der Inschrift geben die beiden von mir gelesenen Aurelii 
einigen Anhalt. Sie wird dem Ende des zweiten oder dem Beginne des dritten Jahrhunderts 
angehören. 

5320 (vgl. p. 1048 und n. 11 721). Ein guter Abklatsch im archäologisch-epigraphischen 
Seminar in Graz zeigfte mir, daß die Inschrift trotz der Bemühungen der Corpusheraus- 
geber noch nicht richtig gelesen sein könne. Der Stein bestätigte dann diese Vermutung. 
Z. 3 im Anfang: g \/^ der Stein ist am Bruch schräg abgewetzt. Vor A steht deutlich eine 
schräge Haste, an deroben,wie es scheint, ein schräger Niederstrich sitzt. Es mufialsoMARMOCIO 
gelesen werden, nicht HARMOCIO. Derselbe Beiname des Mars findet sich noch 10844 Siscia: 
marii ma\r]\fnogio aug(usio), 5672 = 11815 Perwart bei Ips: marmogio. Für die Form Har- 
mogius bliebe nur noch 4014 übrig, aus S.Veit an der Drann, jetzt in Pettau am Turme 
eingemauert. Mommsen liest hier: HARMOCIO | aVC, bemerkt jedoch dazu: „primae litterae 
reliquiae mihi in re praesenti visae sunt proxime accedere ad H idque firmat titulus Sol- 

vensis n. 5320 . Tertium eiusdem numinis habemus n. 5672 ." Das zweite Beispiel 

hat er inzwischen selbst korrigiert, das erste berichtige ich hier. Den Pettauer Stein war 
Herr Professor Ägid Raiz so freundlich für mich nachzuprüfen. Er zeichnet den Zeilen- 
anfang so: SAR und schreibt dazu: „A und R sind noch unzweideutig sichtbar, vom voraus- 
gehenden Buchstaben ist aber nur ein Balken fixiert durch die Vertiefungen am Ende; 
links davon ist noch eine Vertiefung sichtbar, zu der eine kleine Furche fuhrt, doch läßt 
sich gar nicht entscheiden, ob letzteres nicht eine zufallige Folge der Zerstörung ist, die 
der Stein hier an seiner Oberfläche erlitten hat. Ein M hat, wenn man die Maße der an- 
deren M zugrunde legt, noch knapp an der Stelle Platz. Ob ein solches dort gestanden 
hat, läßt sich weder bejahen noch verneinen. Meiner Ansicht nach ist nur der vertikale 
Balken sicher, der sehr unregelmäßige schräge, der bei günstiger Beleuchtung sichtbar 
wird, und seine Vertiefung am Ende durch die Zerstörung entstanden." Da der Stein also 
M wie Hjzuläßt, werden wir uns den obigen drei Beispielen folgend für das erstere ent- 
scheiden müssen. Die Form Harmogius ist als unbezeugt überhaupt zu streichen. 

Z. 6 im Anfang: ^^AY I R^<5hts vom Bruche, an dem auch hier der Stein schräg 
abgewetzt ist, befindet sich ein tieferes Loch und unregelmäßige Vertiefungen, die teilweise von 
Buchstaben herrühren können, sich aber nicht sicher deuten lassen. Von den dann folgenden 
Buchstabenresten ist der erste deutlich; der zweite, kleinere nicht ganz sicher; doch sieht 
man, da der Stein hier hinreichend erhalten ist, daß er sich nicht nach unten in einer 
langen Haste fortgesetzt haben kann. Den ersten Rest kann man nicht als den rechten 
Niederstrich von N fassen, weil dann das Spatium vor I viel zu g^roß würde. Ich halte es 
daher für ausgemacht, daß TIO gelesen werden muß und ergänze MOC|[^]TIO, was der Zu- 
stand der Zeile vor T auch erlaubt. Mogetius findet sich als keltischer Beiname des Mars 
CIL XTTT 1193 und kehrt als Männemame häufig wieder, so in Noricum z. B. 4885 und 11536 
Virunum, 5635 Trögelwang: Mogetitis Mariiali{s). Die Form Mog[]enio, die man bisher las, 
wäre singulär. — Die Inschrift lautet also: marii \ latohio \ marmogio \ toutati \ sinati 
mog\[e]tio c. val{erius) \ [v]alerinus \ ex volo, 

5321. Z. I yrüTTT^^ Rechts von der letzten Haste ist noch eine leere Fläche von 
etwas mehr als eines Buchstaben Breite erhalten. Es kann daher nicht, wie Mommsen will, 
[/a]/ofci[ö]|[?-] ntorsius | ?. / | titianus \ v(otum) s{olvit) gelesen werden. In der ersten Zeile 
stand vielmehr der Genetiv latobi, wovor etwa numini zu ergänzen sein wird. Möglich 
wäre auch monitu oder iussu, was aber zu votum solvit nicht so gut zu passen scheint 



' m. annto 



O. CüNTZ Zu den InschriAen von Flavia Solva 47 

5327. Die Breite der Tafel ist durch Z. 6 f. ORD|0 bestimmt. Z. i hinter CA ES* sind 
zwei Buchstaben eradiert; dahinter ist der Stein abgebrochen, es hätten noch etwa drei 
Buchstaben Platz. — Z. 2 ist ganz eradiert, es haben 14 bis 15 Buchstaben Raum; auf dem 
abgebrochenen Stück am Ende konnten ein bis zwei Buchstaben stehen. — Z. 3 ist voll- 
standig erhalten. — Z. 5 OS Den Kaiser des dritten Jahrhunderts, dem die Ehreninschrift 
galt, zu ermitteln, ist mir nicht gelungen. 

5328 cf. add. ad n. 4660, 5. Z. 3 PRAEFECT| — Z. 5 L CAMMIV| 

5330. Z. 5 Punkt nach N — Z. 6 und 7 A1AÄCEL L l| kNO-r-COH-T/| Also: ei 1 

ntarcelltano c(enturioni) coh(ortis) J a(sturum}) \ an{noruin) XXX. Einen Maronius Marcellianus 
haben wir in Podverh im Gebiet von Celeia (n. 5127). Rechts von XXX ist die Schriftfläche 
wohlerhalten und leer. Offenbar ist die Inschrift hier zu Ende. Das kleine vierte Fragment, 
welches mit XXV (dahinter kein Punkt) beginnt und von Mommsen hier angeschoben wird, 
gehört also trotz des Namens marct\p^li7\no gar nicht dazu und muß eine eigene Nummer 
erhalten. Das wird auch durch die Beschaffenheit der Steine bewiesen. Die ersten drei 
Fragmente sind guter hsuter und glatter Marmor, ihre Inschrift ist recht sorgfältig. Das 
vierte dagegen ist ein poröserer Stein von anderer, mehr brauner Farbe, der ziemlich roh 
bearbeitet ist, so daß man überall die Rillen sieht, die der Meißel hinterlassen hat. Auch 
sind die Buchstaben ungleichmäßig und unschön. 

5333- Z* 2 <1^ ^^ O und I ligierte N ist nur ebensogroß wie die übrigen Buchstaben. 
Rechts und links sind Knaben dargestellt, der zur Rechten scheint zu schreiben. Von den 
beiden Männern über der Inschrift ist der gerüstete, der optio Carminius Cupitus, jugendlich; 
seine hasta hat oben keine Spitze, sondern einen Knopf.*) Was das bedeutet, weiß ich nicht. 
An eine hasta pura zu denken, scheinen mir die Ausführungen von Paul Steiner über die 
dona militaria Bonner Jahrb. CXIV (1906) 8 ff. und 81 zu verbieten. 

5334. Z. 3 APOL — Z. 4 DONAT Diese Zeilenenden waren wohl früher mit Mörtel 
bedeckt. 

5336. Z. 4 an Stelle des ersten O scheint der Steinmetz aus Versehen C gesetzt zu 
haben. — Z. 6 auch das zweite LEG ist sicher. — Z. 9 FECIT 

5340. Z. I Punkt nach E 

5341. Der Rand ist auf drei Seiten erhalten. Große Buchstaben. 
5344. Z. 6 nach AN kein Punkt. 

5352 habe ich nicht gefunden. 

5353. Z. 6 VEREGhOAE — Die figura stans zur Linken trägst ein langes Kleid, scheint 
weiblich zu sein. Sie hält in der gesenkten Rechten einen Gegenstand, vielleicht eine Kanne. 

5356. Z. 4 ET' — Z. 6 am Ende ^^.v\>^ Die beiden Zahlen sind so verschieden, 
daß ich die zweite für V halte. Dahinter ist noch Platz für vier Hasten. 

5357« l^i® Inschrift ist durch dicke, darüber gelegte Tünche schwer lesbar, teilweise 
ganz verdeckt. Die pueri sind vielmehr junge Männer, von denen der linke einen mir nicht 
erkennbaren Gegenstand hält, der rechte in der linken Hand eine Rolle. Eine solche hat 

*) Bei Harald Hopmann Römiflche Militärgrabsteine der Donaulander 1905 ist unser Relief nicht beliandelt. 



48 O. CüNTZ Zu den Inschriften von Flavia Solva 

auch der Mann in der Linken, der mit der andern Hand die Rechte der Frau ergreift, 
welche ihm ihre Linke auf die Schulter legt. 

5358. Z. 2 tI — Rechts: puer stans cum codice? 

5361. Rechts und links von dem Giebel, in welchem sich der leo cantharum tenens 
befindet, sind ganze Löwen dargestellt, nicht nur leonum capita. Die beiden Greifen im 
Streifen darunter haben in der Mitte zwischen sich ein Ornament. 

5363 vgl. p. 1834. Z. 7 am Ende )J^ also llll[^/] — Z. 9 unter dem O der vorher- 
gehenden Zeile kleiner: ^ iunio si[lano}']\ ß^liö), 

5365. Links puer tunicatus. Er hält in der gesenkten Rechten einen Gegenstand, den 
ich nicht erkennen kann. Die ancilla speculum tenens trägt auch einen Korb. 

5366. Z. I im Anfang P — Z. 4 und 5: ^k^^ ^^^* Soviel sieht aus dem die In- 
schrift umgebenden Wandverputz heraus, p. laeliH[s]\{p7] /. vitali{s] \ v(ivns) f(ecif) sib{i) ^[/]| 
maesiae \ [. .]^«[ — ae\. 

5371. Z. I der Bruch läuft oben durch die Buchstaben. 

5374 vgl. n. 11 724. Z. i der zweite Buchstabe I- scheint mir eher F als P — Z. 3 das 
A am Ende ist nicht kleiner als die übrigen Buchstaben, nur natürlich kleiner als die vorher- 
gehende Ligatur. — Z. 7 nach \ALEN ist Raum für 4 Buchstaben, die Stelle ist bestoßen. 
Ebenso am Ende von Z. 8 nach der letzten II — Z. 9 im Anfang lO ist unmöglich, der 
Raum zwischen den Buchstaben wäre zu groß. Ich lese DO oder IQ, einen Punkt dahinter 
sehe ich nicht Also: [ — ]|^o rufi fil{io) oder schlechter [ — ][/ q. rufi fil{i). Nach FIL haben 
6 Buchstaben Raum. — Z. 10 am Ende t)Eß"i^l Es stand also XVI, was Mommsen liest. 

5377« Z. 6 kein Punkt nach F — Z. 7 in der Mitte, unter dem Punkt nach V (Z. 6), ist 
noch der obere Teil einer senkrechten Haste erhalten, --i \sib]u 

5378. Z. 4 kann unter dem Verputz verborgen sein. 

5390 vgl. p. 1834. Die Zeilenenden sind bei späterer Benutzung des Steines abgemeißelt 
worden. Z. i TREBONIVSM dahinter ist Platz für etwa 6 Buchstaben. — Z. 2 QVARTAEV1E% 
Im zweiten Namen nach V wahrscheinlich P, doch vielleicht B oder R, dann wahrscheinlich E, 
endlich P oder B oder R. Dahinter ist Platz für etwa 6 Buchstaben. — Z. 3 TREBONIAE-v 
Sicher V, dahinter Platz für etwa 1 1 Buchstaben. — Am Ende von Z. 4 haben etwa 1 5 Buch- 
staben Raum, am Ende von Z. 5, die viel kleiner geschrieben ist, ungefähr 20. Die Frau 
in Z. 2, von der zuerst das cognomen gesetzt wird, war eine Peregprine. Der Name ihres 
Vaters, der verstümmelt ist, könnte also auch unrömisch sein. Die Trebonia der dritten 
Zeile war vermutlich die Tochter des C. Trebonius und der Quarta. Ihr cognomen war 
vielleicht vom Namen ihres Großvaters abgeleitet, mit dem es den gleichen Anfangsbuch- 
staben hat c, trebonius w[cognomen oder ßtlius) und cognomen] | v{ivus) f(ecif) quartae 

über} [. . / ßiliae) ef\ \ treboniae u\ber} ae] \ an{norum) XXXX{, . . fn(ensium) . . d{ierum) . . .] 

et trebon[ ]. Über der Inschrift sind die Reliefbrustbilder der ersten drei Personen, das des 
Mannes ist rechts; die beiden Frauen tragen die norische Kopfbedeckung und Halsketten, die 
linke hat auch eine kleine Brustfibel. Die Brust der rechten ist durch ein eingehauenes Loch 
zerstört. Die vierte Person (Z. 5) ist nicht dargestellt, sie war wohl noch minderjährig, oder 
ihr Name ist erst später der Inschrift zugesetzt worden, wofür die kleineren Buchstaben 
. sprechen könnten. 



O. CuNTZ Zu den Inschriften Ton Flmria SoWa 49 

5391. Die linke Darstellung ist abgemeißelt, aber doch noch erkennbar: Magd mit 
Spiegel und Korb. Rechts ein Knabe, der eine Rolle hält 

5398 vgl. p. 1834. An der sehr schwer zu lesenden Inschrift habe auch ich mich mit 
wenig Erfolg versucht. Z. 3 lese ich zweifelnd: ANXX)^K -'COJNV LAfeE Nach der Zahl, 
nach I und V hat je ein Buchstabe Platz. Nach E stand in dieser Zeile nichts mehr, doch 
folgten sicher noch zwei Zeilen, die aber noch schlechter erhalten sind. Über der Inschrift 
befinden sich die Reliefbrustbilder einer Frau (links) und eines Mannes; erstere faßt mit 
der Rechten eine Falte ihres Gewandes und legt die Linke dem Manne auf die rechte 
Schulter; letzterer legt die ausgestreckten Finger seiner Rechten an einen unerkennbaren 
Gegenstand, den seine Linke hält. 

5404 habe ich nicht gefunden. 

11722 = 5338. Beide Teile der Inschrift sind in Seggau, der linke im Schloßhof, der 
rechte außen an der Westseite des Schlosses eingemauert. Z. 4 V\%, \ vor dem Bruch 
ist noch genug von der Oberfläche des Marmors erhalten, um zu beweisen, daß kein R 
mehr kam. Also WXO{ri). — Z. 7 im Anfang "feT Nach dem Bruch: {rVLLE — Punkte stehen 
Z. 4 nach OPT, Z. 5 nach ET, Z. 7 nach QVINTINIE — Der linke Rand des Schriftfeldes ist 
erhalten, ebenso der untere unter Z. 7. Er ladet stark aus. Z. 8, die von Verputz bedeckt 
ist, müßte auf ihm gestanden haben. — Eine nochmalige Revision scheint mir notwendig, 
besonders des Zusammenschlusses der beiden Stücke wegen, für den meine Notizen nicht 
ausreichen. 

11728. Di6 Inschrift ist mit 11733 und zwei Reliefs, welche jedes eine Frau zwischen 
zwei Männern im Brustbild darstellen, in der Hausflur des Leibnitzer Gemeindeamtes ein- 
gemauert Kleinere Stücke der Sammlung des Leibnitzer Museal Vereines, wie n. 11737, sind 
nach seiner Auflösung in die neue Volksschule (Morregasse) übertragen worden. Die Buch- 
staben der ersten Zeile sind besser verteilt, das erste D steht über dem A der zweiten Zeile, 
das zweite über R. 

11731. Der Stein, das letzte, was von dem Museum in Gamlitz geblieben ist, befand 
sich im Schloßhof an eine Mauer angelehnt. Er soll, wie es heißt, an der Kirche neben 
den übrigen romischen Skulpturen eingemauert werden. Er ist stark und gleichmäßig ab- 
gerieben, offenbar durch Wasser. — Im Relief sind auf dem Architravbalken unter dem 
Giebel nicht zwei Hunde, sondern zwei Greifen') dargestellt, zwischen denen sich Palmetten 
befinden. — Z. i sicher CVRIATIO, wie Hirschfeld nach einer Photographie liest, nicht 
CVRIANO. Der Querstrich des T ist sehr schwach; aber von dem Schrägstrich eines N sehe 
ich keine Spur. Das N würde auch viel zu schmal werden, da die Senkrechten von T 
und I zu dicht aneinander stehen. — Z. 4 /i*f ATE ß ^^ ^^ Anfang zu lesen ist unmöglich. 
Ich sehe nichts von den Rundungen des 5; und was als Querstrich des T angesehen sein 
mag, dürfte wie die andere kleine Vertiefung, die ich ebenfalls punktiert habe, zufallig 
entstanden sein. MATER steht also da. — Auf Z. 4 folgt nichts mehr. Unter R zeigt der 
Stein eine zufallige Ritzung, ähnlich dem rechten schrägen Strich von A. 

11733 (s. oben zu 11728). Z. i fVOt'iß'^ Das Schraffierte ist der abgearbeitete Rand 
der Schriftfläche, welche rechts davon etwas ansteigt. Der Rand war teilweise mit Mörtel 
bedeckt, den ich erst beseitigte. So kam es, daß Hikschfeld hier eine Vertiefung, eine Senk- 

*) So schon Frankfurtee Arch.-epigr. Mitt. XI (1887) 76 n. 17. 
Jahrback f&r Altertamskande 1 1907 j 



50 O. CUNTZ Zv den Inschriften von Flavia Solva 

rechte zu sehen meinte und NOIlBlo = Noebio las. Der erste Buchstabe ist nun V. Ich be- 
merke aber femer noch am dritten Buchstaben einen schrägen Aufstrich, der allerdings 
fast wie eine zufallige Verletzung aussieht Zu lesen ist also entweder voebiOy ein Name, 
für den ich keine Beispiele finde, gegen den auch spricht, daß die beiden Senkrechten, welche 
das e bilden, durch ein größeres Spatium getrennt sind, und in Z. 5 E geschrieben wird; 
oder aber, wie ich glaube, volibio. Daß in vulgärer Sprache p z\x b erweicht wird, kommt 
im illyrischen Gebiet öfter vor, z. B. 5460 Brück an der Mur: debulsori, 4892 Virunum: 
Ulb{ius), 13079 Salona: bosuit; b und v waren im Volksmunde identisch. Unsere Inschrift 
ist nach dem Schriftcharakter entweder vulgär oder spät, wegen des keltischen Namens 
Docnimari vermutlich das erstere. Es steht daher nichts im Wege, in dem volibius einen 
polybius zu erkennen. Das Vorkommen des Namens in Solva wird durch die allerdings nur 
in alten Abschriften erhaltene Inschrift n. 5347 pollybio solvens{ium) etc. bezeugt. 



Otto Cuntz 



Planskizzen der Ausgrabungen auf dem 
Kugelstein bei Deutsch-Feistritz 1886. 1887 



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Plansfyzze i * . 

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cAusgrabungsplaefze 4^^ 
Ku^elJ^n. i886 ^ iy>\^\^' 



ißsplaehe a;/l%W |Y\4 



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IV- 



Der Fund romischer Meilensteine am Jungfemsprung bei Deutsch-Feistritz im Murtal 
hat die Aufmerksamkeit auch auf die in nächster Nähe auf der Hohe des Kugelsteines 
gelegene romische Ansiedlung gelenkt.^) Über die dort von Moriz Heider 1885/6 veran- 
stalteten erfolgreichen Aus- 
grabungen, deren Funde der 
Entdecker dem Joanneum 
in Graz schenkte, hat Fritz 
PiCHLER in den Mitteilungen 
des historischen Vereins für 
Steiermark XXXV (1887) 
io6 ff. Bericht erstattet. In 
einem Mauerviereck (HI auf 
untenstehender Planskizze) 
von 15 X 7 w (Mauer dicke 
75 cnt)j das gröfitenteils auf- 
gedeckt wurde, fanden sich 
eine Erculi et Vicioriae Au- 
gustae pro saluie et adventu 
M. Munati Sullae Cerialis, 
eines norischen Statthalters 
im Anfange des dritten Jahr- 
hunderts, geweihte Ära (CIL 
III II 743); femer der untere 
Teil einer Statuette des aus- 
ruhenden, auf die Keule ge- 
stützten Hercules (mit anderen Kleinfunden abgebildet bei Pichler auf der Tafel zu S. 108); 
ein Goldring mit der Inschrift ute f (ebd. 12033, 7); die Mehrzahl der bei diesen 
Grabungen gefundenen Münzen, die, abgesehen von einem keltischen Stück, der Kaiserzeit 
von Traian bis Valens angehören, und andere kleine Gegenstände. Außerhalb des Mauer- 
viereckes, aber in seiner nächsten Nähe, kamen ans Licht u. a. eine dem Hercules Augustus 
geweihte Ära (11 742), der Oberteil einer Ära, mehrere Statuenfragtnente, Bruchstücke von 

^) Jahrbuch der k. k. Zentral- Kommittion IV (1906) 93 ff., besonders lOif., mit einer kleinen Planskizse 

7* 












Yr* 




52 



O. CuNTZ Plantkizzen der Aasgrabangen auf dem Kngelstein bei Deutsch-Feittritz 1886. 1887 



Säulen und Keilsteine von zwei kleinen Steinbogen; der Grabcippus eines Legionars 
M. Valerius Cotta (11746). Der Bau war also ohne Zweifel ein Tempel des Hercules und 
der Victoria Augfusta. An einer andern Stelle wurden die eigentümlich geformten Grund- 
mauern eines zweiten Gebäudes teilweise freigelegt und Stücke von Heizziegeln ge- 
funden (II). Die Nachgrabungen an drei anderen Stellen (I IV VI) ergaben nur kleinere 
unbedeutendere Funde. An einer sechsten Stelle (V) wurde das Südwestende eines längeren 
Walles untersucht und darin ein Kern von Bruchsteinmauerwerk von 115 rw Dicke fest- 
gestellt. Die römische Ansiedlung war also, wie es scheint, auch befestigt. Oberhalb des 
Kugelsteins im Walde südwestlich aufwärts nach dem Hahneck -Kogel am Wegrande 
wurde die Grabschrift des Vibius Musci f (11747) entdeckt. Pichlers Bericht ist, da er es 
nicht für nötig gehalten hat, die ihm von Heider gezeichnete Planskizze zu veröffentlichen, 
topographisch unverständlich. Es schien mir daher geboten, diesen Plan, der in den Akten 
des Joanneums in Graz 1886 ad n. 212 aufbewahrt wird und mir vom Kuratorium bereit- 
willigst zur Verfügnng gestellt wurde, nachträglich bekanntzumachen.') Ich bringe ferner 
den kurzen Grabungsbericht, welchen Heider mit dem Plane am 6. Dezember 1886 ein- 
sandte, zum Abdruck. Auch er ist nicht ohne Wert neben der PicHLERschen Beschreibung, 
in welcher durch die Anordnung nach dem Material der Fundstücke das topographisch 
Zusammengehörige auseinandergenommen ist. Er enthält auch eine etwas größere Skizze 
der Mauerreste bei II. 



„Die beiliegende Planskizze ist mittelst Kompaß 
von Süd nach Nord orientiert; weiter rechts würde 
in großem Bogen die Mur erscheinen, links und gegen 
unten führt der Fußsteig zum Jungfemsprung.*) 

Die Ausgrabungen erfolgten also: 

Im Jahre 1885. Ende August und Anfang 
September 10 Arbeitstage mit einem oder zwei Mann. 

a) Am Platze I. Ein Graben von Stn Länge, 
50 cm Breite und Tiefe. Gefunden wurden Topf- 
scherben und Knochen, Zähne vom Schwein und 
Pferd; lose MOrtelstücke. 

6) Am Platze III. Ich fing nördlich außerhalb 
des Mauervierecks an imd grub aufwärts, d. i. gegen 
den Weg zu 8—9 m lang, V/^fn breit, 1 — iVjW tief. 
Gefunden wurden hier: die eingegossene Basis, ein 
kleines Kapital, viele Säulenfragmente, die Münzen 
D. n. Valens und Imp. Hadrianus Aug,^ viele Glas- 
scheibenstücke, aber wenig Topfscherben; darunter 
ein „Wirtel«. 

c) Am Platze II grub mein Arbeiter damals 
bloß einen Tag, fand eine Mauer von 65 cm Stärke 
und dünne Topfscherben. 



Im Jahre 1886. Vom 15. August bis 15. Sep- 
tember; mit Unterbrechungen, 1—3 Arbeiter. 

a) Am Platze IL Merkwürdig gestaltete Mauer- 
reste. Sehr viel Trümmer von Flachziegeln mit 




aufgebogenen Rändern, Heizziegeln; ein Menschen- 
schädel nur 35 cm tief im Boden verschüttet, die 
Teile zerstreut; Topfscherben, Ziegel, Knochen; zwei 
Fragmente feinen arretinischen Geschirres, ein Stück 
eines Glasgefäßes. Hier wurde eine größere Fläche 
durchgraben. 



') In etwas redaziertem Maßstabe. Die Grabungs- 
platze sind nicht mit Gl, GII usw. bezeichnet, sondern 
wie bei Pichler und in Heidbrs Bericht nur mit römi- 
schen Zahlen. 

') Wie mir Herr MoRiz Hbidkr, Oberingenieur beim 
Landesbauamt hier, mitteilt, sind die beiden groQeren Wege, 



die rechts an der Kälberhalt vorbeigehen und sich rechts 
unten in der Ecke des Planes vereinigen, Holzwege. Der Weg 
von D.-Feistritz nach Rabenstein und Frohnleiten um den 
Kugelstein (auf der Spezialkarte l : 75.000 mit .^i.Mi.a..» 
eingetragen) läuft in geringerer Hohe. Er würde einen 
großen Bogen rechts um den Plan beschreiben. 



O. CuNTZ Planskisxen der Ausgrabungen auf dem Kugelstein bei Deutsch-Feistritz 1886. 1887 



53 



6) Fundort IV. Auf einem ehemaligen Futter- 
felde, das aber jetzt als Kälberhalt dient, waren früher 
öfters Altertümer ausgegraben und aufgeackert worden. 
Ich ließ lange Gräben im weichen Erdreiche bis zu 1 m 
Tiefe führen, ohne besonderen Erfolg. Feineres und 
gröberes Tongeschirr und mehrere Wirtel waren alles. 

c) Am Platze III. Zuerst ließ ich unten am 
Waldabhange dieses Schutthügels anfangen; hier 
fanden wir die Steine: Af. Valeri Cottae und den 
Anfang der Inschrift HER. "Weiter gegen die Mauern 
zu fanden sich Statuenfragmente, Keilsteine von zwei 
Steinbogen, etwa kleinen Fenstern, viele Tuffquadern. 
Im Innern des Mauervierecks fanden sich die meisten 
Münzen, der Goldring, die Bronzegegenstände, Eisen- 
nägel, die Fibula. Der Votivstein lag etwa 60 cm 
unter der Erde flach auf der Inschriftseite, das Frag- 
ment der Herkulesstatuette nahe davon unter den 
Wurzeln einer Tanne; ich ließ bis an den Weg 



und umgeworfen und eine Fläche von lOOw' bis 
auf 1 m Tiefe und mehr durchgewühlt. 

d) Am Platze VI fand sich nach kurzem Graben 
die Münze des Verus. 

e) Am Platze V auf der höchsten Spitze des 
Kugelsteines, wo sich das Südwestende des Walles^) 
befindet, ließ ich eine Grube ausheben. Der Kern des 
Walles zeigte sich als eine Bruchsteinmauer von 1 m 
iScm Dicke. — 

Das Mauerviereck am Platze III hat eine Länge 
von 15m und eine Breite von 7 w; Mauerdicke 55 cm. 
Der Herr Bergverwalter Steinhaus am Kuschel- 
sehen Bergwerke in Feistritz ließ auch kurze Zeit 
am Kugelstein durch Bergknappen graben und besitzt 
daher einige hübsche Stücke; so eine Münze von 
Antoninus Pius, ein Stück einer gepreßten Frucht- 
schale in Glas und einige Topfscherben. Der Platz, 
wo die Bergknappen arbeiteten, befindet sich südlich 
vom Platze II der Planskizze." 



graben. — Es wurden fünf größere Bäume entwurzelt 

Über Heiders letzte Kugelsteiner Ausgrabungen in Gemeinschaft mit seinem Bruder 
im folgenden Jahre, 1887, welche den Tempel vollends freilegten und noch zwei der Victoria 
Augusta geweihte Aren ergaben Tiindendachfür 

(CIL in 1 1 744. u 745), ist über- ^*^fP^ # . . ^ diejKälber 

haupt kein Bericht gedruckt wor- 
den. PiCHLER verzeichnet nur im 
Jahresberichte des Joanneums über 
1887 S. 14 unter den in das Mu- 
seum aufgenommenen Gegenstän- 
den: „I Mühlsteinfragment; dann 
eine Säulenbasis und mehrere Denk- 
mal- und Säulenbruchstücke vom 
Kugelsteine nächst Peggau (Moriz 
Heider in Wien); Schriftsteine [hier 
folgen die eben genannten beiden 
Altäre] und ein Bruchstück mit 




Der Tempel des Hercules und der Victoria Augusta (== III auf der 
Plantkizse S. 51) 



VICA(w^.), femer ein statuarisches Bruchstück, sämtlich vom Kugelsteine bei Peggau (M. Heider). ** 
Und doch hatte Heider auch diesmal eine Skizze eingeschickt (Brief vom 19. Dezember 
1887, Aktendes Joanneums 1887 ad n. 135), die hier ebenfalls wiedergegeben sei. 
Heider schreibt dazu: 



„Die Ausgrabungen am Kugelsteine begannen 
heuer am 20. August und dauerten bis zum 2. Sep- 
tember. Gegraben wurde bloß beim Fanum, und zwar 
in der Nähe des Zaunes, also wahrscheinlich an der 
Eingangsseite, da diese wohl nicht an der Absturz- 
seite gelegen sein wird, nachdem sich keinerlei Stufen 
daselbst, wohl aber die Keiisteine zweier ganz 
kleiner Fensterbogen gefunden haben, von welchen 
noch jetzt einige oben liegen. In der Nähe des 

^) Die rote Linie etwa in der Diagonale des Planes. 



Zaunes jedoch fand sich der kanellierte Pilaster oder 
Ttlrpfeiler, wie ich glaube, der mitsamt den Säulen, 
die zu den zwei größeren Kapitalen gehört haben 
müssen, wohl den Eingang geschmückt hat Beim 
Transport der Steine wurde von den Wagenrädern 
ein Sigillatenscherben (Stück eines Bodenrandes) 
ausgekratzt, in der Straße f2:anz nahe dem Fanum, 
den ich einige Tage darauffand. Das war das einzige 
Sigillatenstück der heurigen Feistritzer Ausbeute." 



54 O. CUNTZ Planskizzen der Ausgrabungen auf dem Kugelstein bei Deutsch-Feistrits 1886. 1887 

Die beiden Altäre werden hier nicht erwähnt. Sie sind aber, wie aus anderen Kor- 
respondenzen desselben Aktes hervorgeht, in derselben Grabung gefunden worden. Da 
diese sich auf das Fanum beschränkte, halte ich es für sicher, daß die beiden im Innern 
des Tempels eingezeichneten kleinen Rechtecke die Fundorte der Altäre bedeuten. In den 
genannten Korrespondenzen ist auch von vier oder fünf schlecht erhaltenen Münzen, die 
gefunden seien, die Rede. Der Joanneumsbericht über 1888 führt S. 23 im Zuwachsverzeichnis 
auf als von Heider geschenkt und vom Kugelstein stammend an Bronzemünzen: i Nero, 
2 Gallienus, 3 Claudius, i Aurelianus, 2 Tacitus, 2 Constantius 11, 2 Valentinianus. Ob diese 
13 Stücke sämtlich von den Grabungen beim Tempel stammen oder auch an anderen Stellen 
aufgelesen sind, läßt sich nicht feststellen. Dasselbe gilt für die im selben Joanneumsbericht 
auf S. 21 genannten Gegenstände: „Armreif ohne Zierat aus Bronze und Bruchstücke einer 
Hacke, sieben Nägel und ein nicht näher zu bestimmendes Bruchstück aus Eisen." 



Walter §mid 

Die Reihengräber von Krainburg (mcru xafei n) 

Auf einer schmalen Terrasse an der Mündung der Kanker in die Save liegt die völker- 
wanderungszeitliche Begräbnisstätte von Krainburg. Gelegentliche, weiter nicht beachtete 
Funde wurden hier schon früher gemacht; daß ein ausgedehntes Gräberfeld vorhanden sei, 
entdeckte man erst 1898, als der Mühlenbesitzer Thomas PavSlar beim -Bau eines Wirt- 
schaftsgebäudes auf zahlreiche Skelette stieß. Wertvollere Funde erst weckten sein Interesse, 
und er grub nun — allerdings in nicht systematischer Weise — auf seinem Grunde ungefähr 
150 bis 200 Gräber aus. Ihren hervorragendsten Schmuck, die Scheibenfibeln und Haar- 
nadeln mit Grubenschmelzemail, hat Prof W. A. Neumann in den Mitteilungen der Z. K. 
NF XXVI (1900) 135 ff. beschrieben. Im Auftrage der Anthropologischen Gesellschaft in 
Wien hat dann Reg.- Rat Szombathy im Sommer 1901 den westlichen Teil des Gräber- 
feldes aufgedeckt und seine Beobachtungen ebenda III. F. I (1902) 226 ff veröffentlicht; im 
Herbste desselben Jahres durchforschte das Landesmuseum in Laibach den unter der Straße 
zwischen PavSlars Garten und Wirtschaftsgebäude liegenden Teil des Gräberfeldes; die 
wichtigeren Funde würdigte Riegl im Jahrbuch der Z. K. I (1903) 143 ff. Neben kleineren 
Grrabungen PavSlars durchforschte Gymnasialprofessor Dr. Jakob 2mavc im Herbste 1903 
den im Garten PavSlars befindlichen nordlichen Teil des Friedhofes und veröffentlichte den 
Fundbericht im selben Jahrbuche 11 (1904) 233 ff. Anläßlich der Regulierung der das Gräber- 
feld durchschneidenden Bezirksstraße im Frühjahr und Sommer 1905 durchforschte das 
Landesmuseum Rudolfinum den unter der Straße und an deren nordlichem Rande liegenden 
Teil der Begräbnisstätte. Die Länge des untersuchten Gebietes betrug beiläufig Som, die 
größte Breite 20 m. Die Kosten der Ausgrabung bestritt in hochherziger Weise die krainische 
Sparkasse in Laibach, deren nun verewigter Präsident Bankier Josef Luckmann und deren 
Direktor Dr. A. von Schoeppl-Sonnwalden die Untersuchung mit regem Interesse verfolgten. 
Durch diese Ausgrabung ist die Untersuchung des Gräberfeldes in seiner ganzen Aus- 
dehnung abgeschlossen worden. 

Eine Zusammenstellung der einzelnen Grabungen ergibt folgende Übersicht: PavSlar 
hat 250 bis 300, Szombathy 66 Gräber, das Rudolfinum im J. 1903 58, Dr. 2mavc 112, das 
Landesmuseum im J. 1905 213 Gräber aufgedeckt; es sind somit im ganzen 700 bis 750 Gräber 
bloßgelegt worden. 

ICrainburgs frühmittelalterliche Nekropole erstreckte sich unter dem südwestlichen Teile 
der heutigen Stadt. Von zwei Seiten bildeten die beiden Flüsse Save und Kanker, die sich 
hier vereinigen, eine natürliche Grenze; nach Norden gebot die Konglomeratterrasse, auf 
der Krainburg steht, Halt Gegen Nordwesten wird das Überhandnehmen des feinen. 



5^ W. Smid Die Reihengraber von Krainbarg 

scharfen Sandes, der Schotter und Lehm verdrangt, die Ausbreitung des Friedhofes ein- 
geschränkt haben. Dem Sande scheinen die Bewohner Krainburgs bei der Anlage ihres 
Friedhofes abhold gewesen zu sein. Sie begruben ihre Toten im Schotter, Erde und Lehm, 
der in mehreren Adern das Gelände durchzieht. Im Sande fand man nur eine einzige Be- 
stattung. Gräber unter der Lehmdecke scheinen bevorzugt worden zu sein: in Lehm sind 
die vornehmsten Leichen bestattet worden. Viele Leichen waren mit einer Steinbettung 
(oft mit einem Steinkranze) umgeben, die den Rand des Grabes einbezog und den Körper 
vor Verletzung beim Herabschütten des Erdreiches schützen sollte; der Kopf ruhte ge- 
wohnlich auf größeren Steinen. Die Toten wenden das Gesicht der aufgehenden Sonne zu, 
geringfügige Abweichungen von der Ostrichtung erklären sich durch die jahreszeitliche 
Abweichung der Sonne vom Ostpunkte, so daß man daraus auf eine sommerliche oder 
winterliche Zeit der Bestattung schließen kann. Eine Ausnahme machte nur die Leiche 
eines Kindes (Grab 202), die nach Norden orientiert war. 

Die Gräberanlage war nicht regelmäßig; die Toten wurden in größerer oder geringerer 
Entfernung nebeneinander gebettet, manche höher, besonders Kinder und jugendliche Per- 
sonen, andere — vornehmlich die reicheren — tiefer. Wiederholt liegen Gräber überein- 
ander, und in oder bei manchem Grabe fand man zusammengelesene Knochen, die auf eine 
Umgrabung und Nachbestattung hinweisen, bei der die Knochen des früheren Grabes ge- 
sammelt und in das neue Grab hineingelegt worden sind, ganz wie dies auch heutzutage 
noch allgemein Brauch ist 

Die Leichen lagen in der Regel je in einem Grabe; doch kommen öfters auch gemein- 
same Bestattungen von zwei und selbst drei Personen vor. Bei Doppelbestattungen lagen 
die Leichen oft hart nebeneinander oder teilweise (mit den imteren Extremitäten) über- 
einander, kleine Kinderleichen auch auf der Brust der Mutter. 

In einem einzigen Falle ist ein hölzerner Sarg nachgewiesen worden; Fichtenbretter 
deckten die Leiche oben und in der Flanke, während unter dem Skelette keine Spur des 
Holzes sich vorfand; man deckte also die Leiche nur gegen die herabzuwerfende Erde. 
Sonst hüllte man die Toten fast durchgehends in ein breites, starkes wollenes Leichentuch, 
das über Kopf und Füße hinausragte und die Leiche von allen Seiten umgab. Spuren dieser 
Leichentücher fand man oft in großer Anzahl; ihre mikroskopische Untersuchung führte 
mag. pharm. Franz §avnik ip Krainburg durch. 

Die Toten lagen gewöhnlich auf dem Rücken ausgestreckt, die Arme an beiden Seiten 
entlang ausgestreckt, manchmal im Schöße gefaltet; hin und wieder lag eine Hand im 
Schöße, der andere Arm war ausgestreckt. Fälle, wo die Hand den Kopf stützte (römische 
Sitte), waren vereinzelt. Die verschiedene Neigung des Kopfes nach der rechten oder linken 
Seite kann durch die Zuschüttung verursacht worden sein. Seitliche oder andere außer- 
ordentliche Lagen des Körpers kamen sehr selten vor. Die einzige Ausnahme bildete das 
Grab 210, in dem die Leiche hockerartig zusammengedrückt in der Seitenlage sich befand, 
so daß man sich des Eindruckes nicht erwehren konnte, daß der Körper in das zu kleine 
Grab hineingepreßt worden sei. 

Die ursprüngliche Tiefe der Gräber kann man nicht mehr genau feststellen, da die 
Straße mit ihrer Aufschüttung mitten durch das Gräberfeld führt und auch das nordwärts 
der Straße gelegene Stück in früheren Zeiten durch die städtische Ablagerung der Abfalle 
stellenweise stark aufgeschüttet worden ist. Die gewöhnliche Tiefe war V/^om bis i*50W, 
doch sind niedrigere und höhere Tiefen {im bis ^m) nicht selten. Die reicheren Gräber 



JAHRBUCH FÜR ALTERTUMSKUNDE I 1907 



II 



Schloß 
Kieselstein 



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Save 



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TAFEL II 



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Sebastians- 
kirche 




PATdLABS 
Wohnhaus 



I Stadtansicht von Krainburg fentlehnt aus dem „Slovan" Jahrgang II) 

II Lage des Krainburger Gräberfeldes, Maßstab i : 2880 

1 Altes Schlachthaus 4 Wohnhaus und 5 Mühle 

2 Neues Schlachthaus 6 Pollaks Lederfabrik 

3 Pav§ij^rs Wirtschaftsgebäude 7 PAV§t.ars Park 

Punktiert: Grenze des Gräberfeldes 

III Skizze des 1905 durchforschten Teiles dieses 
Gräberfeldes, Maßstab 1:250 

a Pfeiler des Gartentores 

b Gartenmauer des PAV§T.ARschen Wirtschaftsgebäudes 

c Ecke der Garteneinfriedung gegen das Schlachthaus hin. 

Die Durchzählung der Gräber und Grabreste entspricht 
der Zählung im Texte S. 58 ff. 



Altes 
Schlachthaus 



Gräberfeld 







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17 



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Krainbupg - Flöduig 



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W. §MID Die Reihengräber von Krainbarg 57 

lagen regelmäßig in der Tiefe von 170m bis im, doch waren auch ärmere Leichen ähnlich 
und noch tiefer bestattet. Die Gräber an der Peripherie des Totenlagers fallen durch ge- 
ringe Tiefe auf; der Unterschied zwischen der Tiefe des vorletzten und jener des Rand- 
grabes betrug fast i m. Das Grab lag also oft nur 50 bis 70 cw tief unter der wirklichen 
ehemaligen Oberfläche. Die meisten dieser Randgräber beweisen ihre Zugehörigkeit zum 
übrigen Totenfelde durch gleichzeitige Beigaben. Auch Gefäße tauchen am Rande des 
Leichenfeldes auf, die sonst im Innern desselben fehlen. 

Einen großen Prozentsatz der Leichen bilden Frauen und Kinder. Die durchschnittliche 
Größe der männlichen Leichen bewegt sich zwischen i*6o bis i'yofw, die größten maßen 
1*86 w und rgom. Die durchschnittliche Große der Frauenleichen schwankt zwischen 1*50 
und i-6om, die größte hatte die stattliche Länge von 177 w. 

Fast den meisten Toten waren Schweinszähne, Topfscherben und Rotel ins Grab gelegt 
worden. Schweinszähne galten seit uralten Zeiten, schon in der des Pfahlbaues, als heil- 
bringendes Schutzmittel. Von Topfscherben, mit denen die Leichen bestreut wurden, fanden 
sich in jedem Grabe nur einzelne Stücke; wie Chlingensperg (Das Gräberfeld von Reichen- 
hall S. 96) vermutet, um dem Verstorbenen nicht die Ruhe zu nehmen, und damit er nicht 
wiederkehre.^) Rötel wird zur Schminke gedient haben, er hat dieselbe chemische Zusammen- 
setzung wie Bolus armeniaca, der in der Pharmazie früherer Zeiten als Schminke verwendet 
worden ist 

Die Beigaben waren am Krainburger Leichenfelde den Toten in der Weise beigelegt, 
wie sie sie im Leben zu tragen pflegften. Ausnahmen davon kamen nicht selten vor. Der 
Schmuck (Messer, Fibeln, Schnallen, Perlen usw.) war manchmal an einem Orte, an der 
Hand, am Knie oder hinter dem Kopfe, zusammengelegt, während am übrigen Körper gar 
nichts sich vorfand. 

Doch nicht allein ein Gräberfund der Völker wanderungszeit liegt am linken Saveufer 
in Krainburg, derselbe Platz war schon vor unserer Zeitrechnung als Friedhof benutzt 
worden; die prähistorische Nekropole kann man übrigens auch in jenem Teil beobachten, 
den 2mavc 1903 aufgedeckt hat. In die Hallstattperiode zurück leiten uns das Tüllenbeil 
aus Bronze, die Schlangen- und Armbrustfibeln (Jahrbuch 1905, 269, Fig. 234), die Certosa- 
fibeln (Fig. 227. 230), die eisernen Tüllenbeile (Fig. 228. 231); der La T^ne-Periode gehört die 
eiserne Fibel (Fig. 226) an. Die ebenda S. 266 bis 269 aufgezählten Einzelfiinde erlauben 
festzustellen, daß das prähistorische Gräberfeld etwas nördlicher, unter dem Sebastiani- 
kirchlein gelagert war. Es erstreckte sich jedoch auch in dem von mir durchforschten Teile 
fast bis zur nordwestlichen Grenze des frühmittelalterlichen Gräberfeldes. Dafür spricht der 
Fund der Certosafibeln (Grab 100 und 170), einer weiteren Certosafibel mit Widderkopf am 
Nadelhalter (Grab 38), einer Silberfibel der jüngsten Hallstattzeit mit dem Greif (Grab 200), 
der La T^ne-Fibeln (Grab 37. 170. 189. 204) sowie der prähistorischen Haarnadeln (Grab 1.52. 
121. 129). Da man nur zerstreute, in der Nähe völkerwanderungszeitlicher Gräber befindliche 
Einzelfunde gemacht hat, ist jedenfalls das vorgeschichtliche Totenfeld von jener Bevölke- 
rung Krainburgs, die zuletzt diesen Friedhof benutzte, umgegraben worden. 

^) Tonscherben fiinden sich nicht allein in germanischen dieser Brauch entstanden , wie weit er sich erstreckt und 

Gräbern, sondern, wie BRUNSMm in Hrvatske sredoTJe5ne wie lange er sich erhalten hat, ist noch nicht festgestellt 

starine I — V (1903) angibt, auch in bedeutend jüngeren worden; auch steht eine befriedigende Erklärung desselben 

altkroatischen Gräbern. Sie gehören roh gearbeiteten Töpfen noch aus. 
an, deren Ton stark mit Kieselsand vermengt ist. Wann 

Jahrbuch fllr Altertomricunde I 1907 g 



58 



W. §MiD Die Reihengräber von Krainbarg 



Verzeichnis der Grabfunde:') 



Grab 1 : Anstatt des vermuteten Crabes wurden 
folgende Einzelfunde aufgedeckt: In einer Tiefe 
von 0-70 w eine Haarnadel aus Bronze mit rundem 
Knopfe und fünf Kerben [3936], der Hallstätter 
Periode angehörig; in der Nähe und in derselben 
Tiefe ein viereckiges Bronzeblech mit umgebogenem 
Rande und ein offener Ring aus Bronze [3937] mit 
umgerollten Enden, einem Gefäßhenkel nicht un- 
ähnlich. 

Grab 2: Schlecht erhaltenes Skelett, Länge 
1-60w, Tiefe der Grabsohle 0*90 m. In der Becken- 
gegend lag eine zerbrochene Eisenschnalle. 

Grab 3: Schlecht erhaltenes Skelett; die Wirbel- 
säule gekrümmt, der grobknochige Schädel zer- 
trümmert; Länge 1 -58 m, Schulterbreite 0-32 m. Tiefe 
der Grabsohle 0*95 m. Der linke Arm war lang neben 
dem Körper ausgestreckt, der rechte gebogen, so daß 
die Handteller der Hände übereinander lagen. Zur 
rechten Seite des Kopfes drei kleine Stücke eines 
Beinkammes. Sonst fehlten Beigaben. 

Grab 4: Weibliches Skelett, sehr gut erhalten; 
Länge 1-25m, Schulterbreite 0*30 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1-14»«. Zwischen den Knien lagen eine gerippte 
gelbe und Bruchstücke einer blauen Glasperle; ober 
dem rechten Knie ein Eisenstück. Am rechten Schien- 
beine lag ein unverzierter Beinkamm in Stücken. 

Grab 5: Schlecht erhaltenes weibliches Skelett 
mit ausgestreckten Armen; Länge 1'62w. Tiefe der 
Grabsohle 0*77 m. Das Gesicht war mit Goldfäden 
(Resten eines Schleiers) [3938] bedeckt, die unter 
das Hinterhaupt reichten; zu den Seiten des Kopfes 
je zwei silberne Nadeln [3939—3942]. Unter den 
Knien zwei silberne viereckige Schnallen [3943. 
3944] und ein silberner viereckiger Beschlag [3945] 
mit vier Nieten in den Ecken. Unter dem linken 
Knöchel lag ein nieliierter silberner Wadenschmuck- 
behang [3946]. 

Den in Lehm eingebetteten Leichnam umhüllte 
ein Kleid aus Wolle, das an den Seiten 020 m über 
denselben hinausragte. Am Rande des Grabes be- 
fanden sich Stücke der Sandsteinplatten von Otoöe 
als Grabeinfassung. 

Grab 6: Gut erhaltenes Skelett eines Kriegers 
mit ausgestreckten Armen; Länge 1-75f«, Schulter- 
breite OAlm. Tiefe der Grabsohle VlOm. In der 
Gegend der linken Schulter lag in einiger Entfernung 
ein eiserner Schildbuckel [3947], zwischen der rechten 
Schulter und dem Knie eine Spatha [3948, Abb. 9] von 



') In eckigen Klammern erscheinen die Inventar- 
nummern des Laibacher Museums. 



0*89 w Länge; unter dem Griffe des Schwertes eine 
silberne Nebenleiste [3949], an der Schwertspitze das 
Ortband aus zwei silbernen Nebenleisten [3950. 3951] 
bestehend, in deren Rinne sich Lederüberreste vor- 
fanden. In der Gregend des rechten Schienbeines be- 
fanden sich ein Feuersteineisen [3952] mit ange- 
rostetem Feuersteine, zwei viereckig zugehämmerte, 
an einem Ende zugespitzte, an dem andern geschärfte 
Eisenstücke [3953], eine eiserne Pinzette [3954], ein 
viereckiges gespitztes Eisenstück, ein kleines Holz- 
stück, ein Messer mit abgebrochener Griffzunge 
[3955], ein eisernes Messer (3974] mit Resten von Cxe- 
weben, Eisenschnalle [3956], elf Eisengegenstände in 
Bruchstücken, kleine Bronzeschnalle mit viereckiger 
Platte [3957], an deren Unterseite Lederüberreste 
sichtbar waren, eine Haarschere [3972], ein Feuer- 
steineisen [3973], ein abgebrochener Bleigegenstand 
[3975], zwei gebogene Bronzebeschläge [3958—3959] 
mit Lederspuren an den Nägeln, eine Eisenschnalle 
[3960], zwei eiserne Heftnagel [3961— 3%2] mit rundem, 
flachem Kopf, ein beschädigtes Bronzeblech, ein ver- 
zierter geschnitzter Gegenstand aus Bein [3963], der 
an einem Ende abgebrochen und von der Patina grün 
gefärbt ist, ein kleines viereckiges Silberschnällchen 
ohne Dorn und zwei ornamentierte Beinkämme in 
Stücken [3%4]. In der Gegend des rechten Knies bis 
zum Becken lagen fünf Pfeilspitzen [3965—3968], 
davon zwei mit Widerhaken (eine gebrochen], ein 
eiserner Ring [3971], eine kleine eiserne Schnalle und 
mehrere Eisen- imd Bronzebruchstücke, darüber eine 
große eiserne Lanze [3969, Abb. 9]. Am Gürtel fand 
man eine Silber- und eine Bronzeschnalle und in der 
Mitte der Brustgegend eine Silberschnalle in durch- 
brochener Arbeit [3970, Abb. 12], Neben der Leiche 
lagen eine schwarze Topfscherbe, ein Pferdegebiß und 
Pferdeknochen. 0*60— 0*70 m westsüdwärts und zirka 
O'l 0—0-15 m tiefer lagen zerstreute Knochen von 
Knie und Bein und ein Lendenstück, wahrscheinlich 
von einer gleichzeitigen Umgrabung herrührend. Die 
Leiche lag in feinen Sand gebettet, von einem Kranze 
aus Geschiebe umgeben, darüber eine 0*47 w mäch- 
tige Lehmschichte, die von einer 0*92 nt starken 
Humusschichte und außerdem von dem Anschüt- 
tungsmaterial bedeckt war. 

Grab 7 : Schlecht erhaltenes weibliches Skelett 
mit ausgestreckten Armen; Länge 1-63m. Tiefe der 
Grabsohle 1*10 m. Den Kopf des Leichnames be- 
deckten Goldfäden [3976], die bis unter den Hinter- 
kopf sich erstreckten; neben dem Kopfe lag eine 
glatte silberne Haarnadel [3977]. In der Gegend der 
Hände zwei kleine schwarze Topfscherben. Der Kopf 



W. §MID Die ReibcDgräber von Krainburg 



59 



m 




5'33 



516c 4023 




3980 



3947 



3948 



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\i 



3981 

3969 5038 

Fig. 9 Eiserne Messer, Lanzen und 
Spathae aus den Krainburger Gräbern 
(aus Grab 6: Inventamummem 3948 
und 3969; aus Grab ^ii: Inventar- 
nummem 3980 und 398 1 ; aus Grab 34 : Inventamumraer4023 ; 
aus Grab II3: n. 5038; aus Grab 185: n. 5161) 



ruhte auf Steinen, die ihn auch umgaben, der übrige 
Körper lag in Schotter ohne besondere Bettung; am 
Rande des Grabes lagen Bruchstücke gprüner Sand- 
steinplatten von OtoCe. Kleiderspuren. 

Grab 8: Skelett mit ausgestreckten Armen, 
die Wirbelsäule gekrümmt und unter den Kopf hinein- 
geschoben; Länge 1-76w, Schulterbreite 0-36 m. Tiefe 
der Grabsohle 1'85m. An der rechten Seite des 
Kopfes lagen Schweinszähne und in der Nähe der 
Füße Schädelknochen imd Hauer eines Schweines. 
Sonst ohne Beigaben. 

Grab 9 : Jugendliches Skelett, schlecht erhalten ; 
Länge 1 m. Tiefe der Grabsohle 0*55 m. Ober dem 
Körper einige Tonscherben. An der rechten Wade 
ein eisernes Messer, in der Nähe der linken Hand- 
fläche eine zerbrochene Eisenschnalle. Der Bestattete 
dürfte beiläufig zehn Jahre alt gewesen sein, da im 
Kiefer Milchzähne und unfertige Kronen der Zähne 
des zweiten Gebisses sich befanden. Unter dem 
Kopfe lag ein halber Schädel (Schädeldecke), wahr- 
scheinlich aus einem bei der Bestattung des Kindes 
umgegrabenen Grabe. 

Grab 10: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*43w, Schulterbreite 0^40 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1'82m. Bei den Fingern der linken Hand lag 
ein kleines Messer [3978], am linken Becken ein Ton- 
wirtel [3979]. Kleiderüberreste. 

Grab 11: Hier sind drei Leichname bestattet 
worden. Am südwestlichen Rande lag das erste 
Skelett mit ausgestreckten Armen; Länge 1'859n, 
Schulterbreite 0*30 m. Tiefe der Grabsohle 1-74m. 
In der Gegend des rechten Oberschenkels lag ein 
Kamm ; der Tote hatte ihn bei der Bestattung in der 
Hand in der Richtung nach aufwärts gehalten. 

Hart neben diesem Skelett und in derselben 
Tiefe lag Skelett II mit ausgestreckten Armen; Länge 
1-74m. 0*10 m unter der rechten Schulter am Arme 
lag eine 0*89 m lange zweischneidige Spatha [3980, 
Abb. 9], quer darüber ober den Lenden ein eisernes 
Messer [3981 , Abb. 9], darüber ein viereckiges Beschläge 
[3982] mit vier Bronzebuckeln in den Ecken. Daneben 
eine kleine ovale Silberschnalle [3983] und ein sil- 
berner Knopf; ebenfalls rechts am Gürtel ein kleines 
gebogenes Messer und ein silberner Ring [3984], acht 
Eisenstücke, darunter ein gebrochener Meisel und 
ein verzierter eiserner Gegenstand [3985], ein flaches 
rundes münzähnliches Bleistück [3986], zwei bronzene 
rundliche Bruchstücke und eine schadhafte Balance- 
wage [3987] aus Bronze, der Wagebalken gebrochen 
und mit Eisendraht gebunden. Kleiderspuren. Das 
ganze Grab war sehr stark mit großen Steinen beleg^. 

III. Weibliches Skelett mit ausgestreckten 
Armen. Länge 1*65 m. Zwischen den Oberschenkeln 



6o 



W. Smid Die Reihengräber von Krainburg 



lag eine Reihe von Glas- und Pastaperlen [3988 
(11 Stück)]. Ober dem Knie an der Innenseite des 
linken Oberschenkels ein kleines eisernes, ganz von 
Rost zerfressenes Eisenmesser in einer ledernen 
Scheide mit drei silbernen Beschlägen [3989] und 
ebensolchem Ortband (Form U). Das Messer hing an 
einem beweglichen Gürtel aus Leder, das mit Silber- 
beschlägen verziert war (zusammen 15 Stück). Die 
letzten zwei Beschläge lagen in der Mitte der Becken- 
gegend unter der großen silbernen und niellierten 
neunzackigen Spangenfibel [3990, Abb. 1 1]. 0-04 w höher 
gegen die Brust befand sich eine zweite kleinere sieben- 
zackige Spangenfibel [3991, Abb. 11], über welcher eine 
gewöhnliche eiserne Schnalle [3992] mit angerostetem 
Stoffe an der Unterseite lag. An der Außenseite des 
linken Knies fand man ein Eisenstück [3993], am 
linken Ellenbogen einen Beinkamm und an den 
Fingern der linken Hand einen Bronzering [3994] und 
ein Tonwirtel [3995]. Den Kopf umgab eine Schnur 
kleiner farbiger Glasperlen [3996]. 

Grab 12: Schlecht erhaltenes Skelett mit ausge- 
streckten Armen. Länge 1-40m. Tiefe der Grabsohle 
1*70 m. Hinter dem Kopfe lagen Eisenstücke, eine 
Eisenschnalle [3997] und eine vergoldete Kupfer- 
schnalle mit viereckigem Rahmen, in den eine Glas- 
platte als Füllung eingesetzt war [3998]. 

Grab 13: Vom Skelette nur der Kopf erhalten. 
Tiefe der Grabsohle 1-90f«. Zur Linken des Kopfes 
ein Beinkamm. 

Grab 14: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'72f«, Schulterbreite 0*39 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1 '68 m. Ohne Beigaben. Steinbettung unter dem 
Kopfe, über und um den Körper; nicht unter dem 
Körper. 

Grab 15: Skelett 1*48 m lang, der Rumpf stark 
unter den Kopf geschoben; Schulterbreite 0*41 m. 
Tiefe der Grabsohle 1*48 w. Kleiderspuren; Topf- 
scherben, Schweinszähne und Knochen in der linken 
Beckengegend. 0*50 m vom linken Knie entfernt ein 
eiserner Behälter (ob später?). 0*85 m von dem linken 
Fersenbeine des Skelettes entfernt fand man 0*10 bis 
0*15 m höher als der Fuß Tierknochen und einen 
Schweinszahn. 

Grab 16: Skelett, mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1-52w, Schulterbreite 0*30 m. Tiefe 
der Grabsohle 1*78 w. An der Außenseite des rechten 
Knies ein kleiner dünner Eisenstift, ein Bronzering 
[3999] und drei Bronzenägel mit Lederüberresten an 
der Unterseite [4000]. Die Bronzenägel bildeten an- 
scheinend das Beschläge eines Ledertäschchens. In 
der Beckengegend lag eine eiserne Schnalle [4001], 
und um den Kopf und auf der Brust waren Glas- 
und Pastaperlen zerstreut. Kleiderspuren, Topf- 



scherben. Der Leichnam war mit einer Steinbettung 
umgeben und mit Steinen bedeckt. 

Grab 17: Weibliches Skelett mit ausgestreckten 
Armen; Länge 1*41 w, Schulterbreite 0*29 w. Tiefe 
der Grabsohle 1*89 m. An der rechten Seite des 
Kopfes lag eine bronzene Haarnadel [4002], im obem 
Teile geziert mit parallelen Rillen, die durch Streifen 
geschlagener Dreiecke voneinander getrennt werden. 
In der linken Hüftengegend ein Tonwirtel [4003]; 
zwischen dem rechten Knie und Hüfte und am Halse 
Perlen. Steinbettung. Kleiderspuren. 

Grab 18: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -68 w, Schulterbreite 0*38 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1*69 m. in der rechten Hand hielt das Skelett 
einen einfachen Kamm (in Stücken) [4004]. Kleider- 
spuren. Sonst ohne Beigaben. 

Grab 19: Stark verwittertes Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1*19 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*22f«. Die Knochen zart, der linke letzte 
Backenzahn hervorbrechend, rechts fehlend. Lagerung 
in Schotter unter der Humusschichte; ein großer 
Stein war unter den Kopf gelegt. Tonscherben, sehr 
starke Kl eider spuren. 

Einzelfund: Ober der Leiche lag ein Bronze- 
haken [4005]. 

Grab 20: Verwittertes Skelett eines Kindes; 
Länge 0-89 m. Tiefe der Grabsohle 1*27 m. Um den 
Hals Perlen; ebenso zwischen den Knien, daneben 
ein Perlenschnurhaken (Form oo) [4006]. 

Grab 21: Skelett; die linke Hand gestreckt, 
die Rechte gebogen, so daß ihr Handteller über dem 
der Linken ruhte. Länge 1 *34 w. Tiefe der Grabsohle 
1'47m. An der rechten Htlfte lag ein eisernes Messer 
[4007], darunter ein unbestimmbares Eisenstück. In 
der Mitte des Halses befand sich eine gewöhnliche 
Schnalle aus Bronze [4008]. Neben der linken Hand 
lagen zerstreut Fußknochen, die wahrscheinlich von 
einer gleichzeitigen Umgrabung stammten. 

Grab 22: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*50f«. Tiefe der Grabsohle 1*31 w. Am Halse 
befanden sich Perlen, in der Nähe des rechten Ohres 
ein Beinkamm [4009] in Stücken. Scherben. Stein- 
bettung. 

Grab 23: Skelett, der linke Arm gestreckt, die 
Handfläche der rechten Hand über die der linken 
gekreuzt; Länge 1*57 w. Tiefe der Grabsohle 1*55 w. 
Ein Bronzering in der Mitte der Brust. Bei den 
Füßen ein Schweinszahn, auf dem Körper Scherben; 
Kleiderspuren ; Steinbettung. 

Grab 24: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*69 f«, Schulter breite 0*40 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1'23fn. Ohne Beigaben. Scherben; geringe 
Kleiderspuren ; Steinbettung. 



W. &UID Die Reihengräber von Krainbnrg 



6l 



Grab 25: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-12 m. Tiefe der Grabsohle 1'26m. Zwischen 
den Unterschenkeln ein Bronzestück. Keine Kleider- 
spuren; Steinbettung. 

Grab 26: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-50f«. Tiefe der Grabsoble 1*06 w. Ohne Bei- 
gaben und Kleiderspuren. Auf dem KOrper ein Stück 
Rötel. Steinbettung. 

Grab 27: Skelett einer jugendlichen Person 
zwischen 20—30 Jahren (der eine der Weisheitszähne 
fehlte, der andere war zur Hälfte hervorgewachsen); 
die Arme gestreckt; Länge 1*58f«; Schulterbreite 
0*32 m. Tiefe der Grabsohle 1*26 m. An der rechten 
Kopfseite bis unter die rechte Schulter reichend lagen 
ein kleines Messer [4010], Eisenstücke und eine Schnalle 
aus Eisen [4011]; an der linken Hüfte ein Glasstück 
und bei den Füßen ein Schweinszahn. Steinbettung. 
Keine Kleiderspuren. 

Grab 28: Skelett; Länge 1*28 m. Tiefe der 
Grabsohle 1*22 m. Der Rumpf sehr zerstört und nur 
in wenigen Knochen vorhanden. Ohne Beigaben. An 
der linken Hand ein Schweinszahn; Topfscherben, 
Kleiderspuren. 

Grab 29: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*05w. Tiefe der Grabsohle 1-29f«. Am Halse 
eine Perle. Topfscherben, geringe Kleiderspuren. 

Grab 30: Skelett mit ausgestreckten Anisen; 
Länge 1'44m. Tiefe der Grabsohle 1'33m. Topf- 
scherben. Ohne Beigaben; keine Kleiderspuren. 

Grab 31: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-62f«. Tiefe der Grabsohle 1'54m. Rechts 
und links lag am Kopfe je eine Bronzenadel [4012], 
die wahrscheinlich den Schleier am Kopfe festgehalten 
hatten. An der rechten Seite des Kopfes ein Eisen- 
gegenstand [4012 a], einem OhrlOffel nicht unähnlich, 
und zwei nicht bestimmbare Eisenstücke, an der 
linken Kopfseite ein zerbrochener Beinkamm. In der 
Halsgegend rechts und links je eine silberne und 
vergoldete S-Fibel [4014. 4015] und Perlen aus Glas, 
in der Nähe des Ellenbogens der linken Hand ein 
Bruchstück (Fußplatte und Bügel) einer fünfzackigen 
silbernen vergoldeten und mit Niello verzierten 
Bügelfibel [4013, Abb. 11]. In der Beckengegend be- 
fand sich etwas nach links geschoben eine eiserne 
Schnalle. Zwischen den Oberschenkeln lagen zer- 
streut zwölf Perlen aus Pasta und Glas, offenbar 
früher zu einem Armband zusammengefaßt (wie beim 
Grabe 11); zwei Glasperlen lagen außerdem an der 
Außenseite des linken Knies in der Nähe eines unbe- 
stimmbaren Bronzestückchens. Steinbettung; Kleider- 
spuren. 

Grab 32: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'60w. Tiefe der Grabsohle 1-27m. In der 



Beckengegend lag ein kleines Messer [4016]. Ton- 
scherben. 

Grab 33: Länge des stark verwesten Skelettes 
mit ausgestreckten Armen 0*95 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1 '80 m. In der Beckengegend lag eine Bronze- 
schnalle [4017], in der KnOchelgegend des linken 
Fußes ein Beinkamm in Stücken [4018]; 0*24 m davon 
entfernt ein Eisennagel. 

Grab 34: Skelett mit ausgestreckten Armen, 
die Wirbelsäule unter den Kopf geschoben; Länge 
1*67 w, Schulterbreite 0*36 w. Tiefe der Grabsohle 
1 *65 tn. In der Nähe des linken Knies lagen zusammen- 
gehäuft: ein runder Brettspielstein aus Glasfluß 
[4019], eine Haarzange aus Bronze mit malachit- 
farbiger Patina [4020], eine Silberschnalle [4021], eine 
massive Bronzeschnalle [4022], ein eisernes Messer 
[4023, Abb. 9] und eine viereckige Bronzeschnalle [4025]. 
Unter mehreren zusammengerosteten Eisengegen- 
ständen kann man ein Messer, eine kleine runde 
Schnalle und einen Bohrer nebst mehreren eisernen 
Spitzen und einem Feuersteinstücke unterscheiden. 
An der rechten Hüfte eine ovale Bronzeschnalle 
[4024]. Starke Steinbettung. Am Skelette waren keine 
Kleiderspuren bemerkbar. 

Grab 35: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge des Skelettes 0*69 w, Schulterbreite 0*16 m. 
Tiefe der Grabsohle 1 -60 m. Unter dem Kopfe lag in 
Stücken ein ornamentierter Beinkamm [4026]. In der 
Nähe des Kopfes in der Richtung der linken Hand 
des Skelettes von Grab 34 lag ein Tonwirtel. 0'50 m 
über dem linken Unterarme befand sich das gerade 
gebogene Bruchstück eines bronzenen Armbandes 
der Hallstätter Periode. Zu diesem Grabe gehört 
wahrscheinlich auch das Bruchstück einer Bronze- 
spirale, die von Grab 34 hieher geschleudert worden 
ist. Lagerung in Ton auf feinem Flußsande; Stein- 
bettung. 

Grab 36: 1*31 w tief lagen durcheinander ge- 
worfene Fußknochen eines Skelettes. 

Grab 37: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'57w. Tiefe der Grabsohle 2*19 ♦». Beim 
Skelette befand sich die bronzene Nadel einer 
La Tfene-Fibel. In der Nähe der linken Schulter lagen 
Oberreste des Beckens eines Kindes. 

Grab 38: Skelett; der rechte Arm ausgestreckt, 
der linke gekrümmt und über die rechte Hand ge- 
kreuzt; Länge 1*53w. Tiefe der Grabsohle 1*20 m. Ober 
dem Knie zwei große Tonperlen und ein Eisenstift; an 
der linken Schulter ein Schweinszahn. An der Brust 
in der Gegend des linken Ellenbogens Perlen und 
eine kleine Glocke aus Bronze [4028]. In der Becken- 
gegend eine eiserne Schnalle. In der Nähe des Knies, 
doch nicht bei der Leiche, lag eine Bronzefibel mit 



62 



W. Smid Die Reihengräber von Krainburg 



Widderkopf aus der Hallstätter Periode [4029, Abb. 12], 
die bei Abtragung des Erdreiches gefunden wurde. 
Lagerung in feiner schwarzer Erde. 

Grab 39: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-47 tn, Schulterbreite 025 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1'21 fn. In der Beckengegend lag eine eiserne 
Schnalle [4030]. Geringe, aus kleinen Steinen be- 
stehende Steinbettung. 

Grab 40: Verwestes Skelett eines Kindes mit 
ausgestreckten Armen; die zweiten Zähne eben im 
Hervorbrechen begriffen, Milchzähne noch vorhanden; 
Länge 1'02m. Tiefe der Grabsohle 1'IOw. Am linken 
Handgelenke ein kleines Armband aus gedrehtem 
Eisen [4031]. Geringe Kleiderspuren. 

Grab 41: Skelett eines Kindes; die Knochen 
zerstreut. Ungefähre Länge 1 m. Tiefe der Grabsohle 
1 -84 m. Hinter dem Kopfe lag ein Wetzstein, am linken 
Unterarme mehrere Bronzestückchen. Lagerung in 
Schotter, geringe Kleiderspuren. 

Grab 42: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-34 m. Tiefe der Grabsohle 127 m. Das Skelett 
war mit Topfscherben bestreut; sonst ohne Beigaben. 
Der Kopf lag auf großen Steinen gebettet; der übrige 
Körper war mit feiner Erde bedeckt. 

Grab 43: Skelett einer Frau mit im Schöße 
gefalteten Händen; Länge 1-63m. Tiefe der Grab- 
sohle 1-95m. Ober der Leiche in der Brustgegend 
lag eine kleine mit Perlen geschmückte Kindesleiche. 
In der Nähe des Kopfes lag Rötel und ein Stück 



verrostetes Eisen. Den Kopf bedeckten Goldfäden 
eines Schleiers [4032]; an der rechten Seite befand 
sich eine goldene Haarnadel [4034, Abb. 10]: um den 
Kopf waren femer verstreut: zweiBemsteinperlen und 
drei Glasperlen. Zu beiden Seiten des Kopfes lagen 
Ohrgehänge aus Gold mit abgeschrägten Würfeln 
und Glaseinlagen [4035 und 4036, Abb. 10]; hinter dem 
Kopfe lag ein durchlöcherter goldener (barbarischer) 
Triens desjustinian (Av. DN IVSTINI— ANVS PF NC 
Brustbild rechtshin; Rs. VICTORIA AVGVSTORVM 
Viktoria nach vorne, links ein )|(>; im Abschnitte COMOB) 
und unter dem Kopfe eine gezackte runde silberne 
und vergoldete Fibel mit einem in der Mitte einge- 
setzten Almandin [4037, Abb. 10]; unter dem Kinne 
lag ein kleiner Spiegel aus Glas [4038]. Links und 
rechts am Kopfe lagen zwei kleine silberne Haar- 
nadeln [4039] und an der linken Schulter zwei runde 
silberne und vergoldete Fibeln mit einer Granatein- 
lage; der Rand der Fibeln ist glatt [4040, Abb. 10. 4041]. 
Von der linken Schulter bis zur Mitte des linken Ober- 
schenkels über Brust und Hüfte zerstreut lagen acht 
silberne Beschläge eines Gürtels. An den Fingern 
der linken Hand lag ein goldener Fingerring mit einem 
Almandin [4042, Abb. 10]. In der Brustgegend be- 
fanden sich eine vergoldete silberne runde Fibel 
mit Granateinlage [4043] und mehrere Perlen. Am 
rechten Ellenbogen lagen ein großer Beinkamm mit 
Etui und zwei kleine verzierte Beinkämme. Große 
Steinbettung, sehr starke Kleiderspuren. 




4034 






i$L ( f 



5176 



•®.^ 



4037 









4040 



5209 



4042 



Fig. 10 Schmuckgegenstände (Haarnadel, Ohrgehänge, Fibeln, Ring) aus den Krainburger Gräbern 
(aus Grab 43: Inventamummem 4034 bis 4037. 4040. 4042 ; aus Grab 192: n. 5176; aus Grab 207: n. 5209) 



W. Smid Die Reihengrftber von Krainbarg 



63 



Grab 44: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-25fn. Tiefe der Grabsohle 1'28fn. Keine 
Beigaben, keine Steinbettung und keine Kleider- 
spuren. 

Grab 45: Skelett, rechter Arm gestreckt, linker 
gekrümmt und über den rechten gekreuzt; Länge 
1-69f», Schulterbreite 034 m. Tiefe der Grabsohle 
1'28m. Ohne Beigaben und ohne Steinbettung; Kleider, 
spuren. 

Grab 46: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 f», Schulterbreite 0*29 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1*23 m. Keine Beigaben, Kleiderspuren und 
Steinbettung. 

Grab 47: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*45 w. Tiefe der Grabsohle 1'34w. Die Leiche 
lag im Schotter und hatte als Bettung einen großen 
Stein unter dem Kopfe« Ohne Beigaben und Kleider- 
spuren. 

Grab 48: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -20 m, Schulterbreite 0*30 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1-37 m. Oberhalb der linken Schulter ein Glas- 
bruchstück, dem Fuße eines Bechers nicht unähnlich, 
umgestürzt im Boden liegend [4045]. In der Hais- 
und Brustgegend Perlen. An der linken Schulter eine 
kleine silberne Scheibenfibel [4046], an der rechten 
Schulter eine kleinere silberne Scheibenfibel [4047]. 
In der Brustgegend ein Bronzeknopf [4049] und ein 
Bronzering [4049 a]. Unter der rechten Hüfte und 
an der Innenseite des linken Knies ein Eisenstück. 
An der linken Hand ein Tonwirtel [4048]. Steinbet- 
tung vorhanden; Kleiderspuren gering. 

Grab 49: Stark verwestes Skelett, beiläufige 
Länge l*70m. Tiefe der Grabsohle 2-28 m. In der 
Gegend der Hände ein Beinkamm in Stücken. 

Grab 50: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*60m. Tiefe der Grabsohle 1'40w. 
Unter dem in Schotter gebetteten Skelette lagen 
Bruchstücke eines einfachen Kammes. 

Grab 51: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l*59m. Tiefe der Grabsohle 1-29w. In der 
Kopfgegend lag ein Stück Rötel, an der Außen- 
seite des linken Knies ein Tonwirtel [4050]. Stein- 
bettung. 

Grab 52: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-64f», Schulterbreite 0*38 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1-29f». In der Nähe des Kopfes lag ein Stück 
Rötel; in der Brustgegend ein Eisenstück. In der 
Beckengegend befanden sich eine Schnalle aus 
Bronze [4052], eine kleinere Schnalle aus Bronze mit 
Eisendom [4053], ein Feuersteineisen [4054], ein 
Messerchen und eine eiserne Spitze ; ober dem rechten 
Knie ein verziertes eisernes Messer [4051]. 



Einzelfund: Oberhalb des Grabes 52, 1 m 
gegen N entfernt und 0-80 m tief, fand man im Erd- 
reich eine Haarnadel aus Bronze. 

Grab 53: Verwestes Skelett eines Kindes mit 
ausgestreckten Armen; Länge 1-13f«. Tiefe der Grab- 
sohle 1*30 m. Ohne Beigaben; Steinbettung sehr 
gering. Orientierung OSO. 

Grab 54: Verwestes Skelett, den Kopf auf die 
rechte Wange gelegt; Länge 1-50w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*31 tn. Ohne Kleiderspuren und Steinbettung. 
Unter dem Knie das Bruchstück einer Certosafibel 
aus Bronze [4055]. 

Grab 54 a: Bereits durchforschtes Grab (Gra- 
bung Szombathy 1901). Auf einem 2 m langen, ^'50m 
breiten Stücke fand man 1-20i» tief mehrere durch- 
einander geworfene Knochen und eine gut erhaltene 
eiserne Pfeilspitze [4056]. 

Grab 55: Verwestes Skelett eines in Erde auf 
Schotter gebetteten Kindes, von dem nur der Kopf, 
einige Rippen und Handknöchel vorhanden waren. 
Tiefe der Grabsohle 1-09m. 

Grab 56: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1-60m Tiefe der Grabsohle 1'37f». 
Die Leiche lag auf Lehm, ohne Steinbettung. Rechts 
neben dem Kopfe ein Schweinszahn. An der Innen- 
seite des linken Knies ein eiserner Kamm zum 
Reinigen der Wolle [4057], ein breites Eisenmesser, 
am Ende mit einem Ringe versehen [4058], daneben 
eine eiserne Schnalle [4059]. 

Grab 57: Skelett einer jugendlichen weiblichen 
Person mit ausgestreckten Armen; Länge 1*21 m. 
Tiefe der Grabsohle 1-08w. Ober dem Skelette ein 
gebrochener Glasgegenstand [4060] wie bei Grab 48. 
Perlen zerstreut um den Kopf und zwischen den 
Oberschenkeln. 

Grab 58: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-05m. Tiefe der Grabsohle 225 m. Ober den 
Füßen lag ein Stück Rötel [4061]; die Leiche war 
mit Scherben bestreut. In der Beckengegend lag die 
abgebrochene Kopfplatte einer Spangenfibel aus ver- 
goldetem Silber, am Rande mit vier Almandinen be- 
setzt und mit Nielloornamentik geschmückt [4062, 
Abb. 11], daneben eine silberne und vergoldete 
Scheibenfibel mit gezacktem Rande und eingesetztem 
Almandin [4063]. An der Innenseite des rechten Knies 
befand sich ein verrosteter eiserner Gegenstand 
unter der linken Hüfte Bruchstück eines eisernen 
Ringes. 

Grab 59: Skelett mit ausgestreckten Armen 
Länge 1*60m. Tiefe der Grabsohle 1*21 m. Viele 
Perlen waren zwischen den Oberschenkeln verstreut. 
Liegend auf Lehm und umgeben von einer Stein- 
bettung. 



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W. Smid Die Reihengiüber von Krainbnrg 



Grab 60: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-68m. Tiefe der Grabsohle 2*34 m.^ Auf der 
Brust eine Bronzeschnalle [4064]. 

Grab 60 a: Verstreute Knochen. Bei der Gra- 
bung Szohbathys 1901 oder durch das Landesmuseum 
1903 umgegraben. 

Grab 61: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-52w. Tiefe der Grabsohle ^'93m^) Um den 
Kopf waren Perlen verstreut. 

Grab 62: Skelett; Länge 1*62 m. Tiefe der 
Grabsohle 1'86fn. Ohne Beigaben. 

Einzelfunde: eine Haarnadel der Hallstätter 
Zeit aus Bronze [4066]; ein eiserner Stift. 

Grab 63: Kopf; die übrigen Bestandteile des 
Skelettes nicht vorhanden. Tiefe der Grabsohle 0*92 m. 
Wahrscheinlich umgegraben. 

Grab 64: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'52f», Schulterbreite 0*26 w. Unterhalb des 
rechten Wadenbeines lagen zwei silberne Waden- 
schmuckbehänge [4067, Abb. 1 1 . 4068], am Knie zwei 
silberne Schnallen [4069]. Links neben dem Kopfe 
Stücke eines Beinkammes. Um den Hals waren Per- 
len verstreut. Einzelne Tonscherben, Kleiderspuren. 

Grab 64 a: Teil eines Kiefers, verstreute 
Knochen der Extremitäten. Ungefähre Länge 1 '70 m. 
Tiefe der Grabsohle IIOw. Wahrscheinlich früher 
umgegraben. 

Grab 65: Skelett eines Kindes mit ausgestreckten 
Armen; Länge 0*72 w, Schulter breite 0*17 w. Tiefe 
der Grabsohle 2*40 m. Am rechten Oberschenkel lag 
ein Beinkamm. Das Skelett lag in Lehm, umgeben 
von einer starken Steinbettung. Orientierung ONO. 

Einzelfund beim Auswerfen der Erde : ein Ring 
mit zwei Rillen aus Bronze. 

Grab 66: Skelett eines Kindes mit ausge- 
streckten Armen; Länge 0-91 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1 *06 m. In der Beckengegend eine blaue Glas- 
perle, eine gelbe Perle am Kopfe; in der Brustgegend 
eine viereckige Schnalle aus Bronze mit einem Buckel 
in der Mitte. Kleiderspuren. 

Grab 67: Skelett, den linken Arm ausgestreckt, 
die rechte Hand im Schöße liegend. Länge 1'70m, 
Schulterbreite 0-37 w. Tiefe der Grabsohle 306m. 
Neben der linken Hand ein Tonwirtel [4072]. In der 
Beckengegend eine silberne Schnalle [4071]. Starke 
Kleiderspuren. 

Einzelfund : In ziemlicher Höhe ober dem Skelett 
ein rhombischer Eisengegenstand. 



'; Die größere Tiefe des Grabes erklart sich dadurch, 
dafi hier stSdtische Abfalle längere Zeit abgelagert worden 
sind. 



Grab 68: Skelett, rechter Unterarm zurück- 
gebogen, die Hand am Kopfe anliegend, linke Hand 
im Schöße liegend; Länge 1-49w. Tiefe der Grab- 
sohle 1-45f«. Perlen um den Hals und Kopf ver- 
streut; unter dem Halse ein Perlenschnurhaken. 
Unter dem rechten Ellenbogen ein Tonwirtel [4073]. 

Grab 69: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -50 m, Schulterbreite 0*25 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*02 fn. Ohne Beigaben und Kleiderspuren; 
Steinbettung nur bei den Füßen. 

Grab 70: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 0-94 m. Tiefe der Grabsohle 2*28 tn. Ohne Bei- 
gaben, in Lehm gebettet mit Steinbettung. Orientie- 
rung ONO. 

Grab 71: Skelett einer jungen Person mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1'20m. Tiefe der Grab- 
sohle ^ 05 tn. Unter der rechten Hand ein kleines 
eisernes Messer mit einer kleinen nmden eisernen 
Schnalle. Das Skelett lag in Schotter ohne Bettung. 

Grab 72: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-59f«. Tiefe der Grabsohle ISSw. In der 
Beckengegend eine eiserne Schnalle [4074], ober den 
Fingern der linken Hand eine ovale Bronzeschnalle 
mit Eisendom [4075]. Geringe Kleiderspuren; Topf- 
scherben, Steinbettung. Orientierung ONO. 

Einzelfunde in der Nähe: eine Spirale aus 
Bronze, ein Ringelchen, ein dreieckiges Bronze- 
anhängsel aus der Hallstätter Periode, am Rande mit 
einer zierlichen Punktreihe mit Buckelchen in der 
Mitte in getriebener Arbeit geschmückt. 

Grab 73: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'86fn. Tiefe der Grabsohle 2*47 w. In der 
Beckengegend eine kleine eiserne Schnalle [4076]. 
Topf Scherben. 

Das Skelett lag ansnahmsweise im Sande, umgeben 
am Rande von einer Steinbettang. 

Grab 74: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 0*90 m, Schulterbreite 0*20 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1-65f». In Schotter; ohne Beigaben. 

Grab 75: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-66m. Tiefe der Grabsohle 1-90m. In der 
Nähe der Finger der linken Hand ein eiserner Ring 
[4077]; in der Beckengegend eine eiserne Schnalle 
[40781 oberhalb ein schmales Bronzeplättchen. Die 
Leiche lag auf Sand im Schotter; zu Häupten ein 
Stück Rötel; Topfscherben. 

Grab 76: Stark verwittertes Skelett eines 
Kindes; Länge 0*62 w. Tiefe der Grabsohle 2*16 m. 
In der Beckengegend eine Schnalle aus Bronze [4079]. 
Die Leiche lag im Schotter, um den Kopf befanden 
sich als Schutz einige größere Steine. An der 
Schnalle und unter dem Kopfe Kleiderspuren 



W. I^MID Die Reihengräber von Krainbnrg 



65 



Grab 77: Skelett mit ausge3treckten Armen; 
Länge 1*41 m. Tiefe der Grabsohle 2*39 w. In der 
rechten Schultergegend eine runde und eine längliche 
dreieckige Schnalle aus Bronze [4080. 4082] neben 
einer fünfzackigen Spangenfibel aus vergoldetem 
Silber mit Nielloomamentik, deren Fußplatte fehlte 
[4081]. Am rechten Ellbogen ein Eisenmesser und 
ein Bronzering, in der Nähe der Hand sieben Bronze- 
münzen. Das Skelett lag in feinem Sande; sehr 
starke Kleiderspuren. Orientierung ONO. 

Die Münzen dieses Grabes ziemlich schlecht er- 
halten: Augustus MB; Vespasianus MB; Valens KB 
Cohen 47; Konstantins II KB Cohen 32 und 45; Julia- 
nus II KB Cohen 38; ArcadiusKB Windischgrätz 15? 

Grab 78: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 0-82 m. Tiefe der Grabsohle 1 '98 w. Am rechten 
Knie eine runde Bronzeschnalle [4084]. 



Grab 79: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*66fn (inklusive der Fußzehen 1*815 f»), 
Schulterbreite 0-42 m. Tiefe der Grabsohle 1-92w. 
In der Beckengegend lagen folgende Gegenstände 
beisammen: die Hälfte eines Bronzefingerringes, eine 
eiserne viereckige [4085] und eine runde Schnalle 
[4086], ein oben umgebogener Eisenstift [4087], ein 
Messer [4088], eine eiserne Haarschere [4089], ein 
Feuersteineisen mit dem Feuerstein [4090], eine ge- 
brochene eiserne Haarzange [4091]; ein Messer mit 
Bronzebeschlag [4092], am Griflfdorn, der wahrschein- 
lich mit Hörn belegt war, ein Loch zum Anhängen; 
eine Nähnadel aus Bronze [4093]. 

Grab 79 a: Rechts neben dem Kopfe des 
Skelettes 79 lag der Kopf eines Kindes neben ver- 
streuten länglichen Perlen. Wahrscheinlich zu Grab 
79 gehörig, das also ein Doppelgrab sein wird. 




4062 



4067 



5021 



Fig. II Fibeln und Beschlag aus Krainburger Gräbern (aus Grab ii: Inventamummem 3990. 3991; 
aus Grab 31: Inventamummer 4013; Grab 58: n. 4062; Grab 64: n.4067; Grab 81 : n. 4096; Grab 104: n. 5021; 

Grab 149: n. 5 084.) 
Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 



66 



W. Smid Die Reihengräber von Krainbnrg 



Grab 80: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-61 m. Tiefe der Grabsohle 2*08 w. An der 
linken Ferse lag ein eisernes Messer, ein Feuerstein- 
eisen mit angerostetem Feuersteine [4094], eine eiserne 
Schnalle [4095] und einige verrostete unkenntliche 
Eisenstücke. Steinbettung; Kleiderspuren sehr gering; 
Schweinszahn; Rötel; Topfscherben. 

Grab 81: Skelett, beide Unterarme zurück- 
gebogen, parallel mit den Oberarmen; Länge 1-20m. 
Tiefe der Grabsohle 1 96 m. Ober der rechten Schulter 
laig ein umgebogenes Eisenstück. Perlen waren ver- 
streut um den Kopf, zwischen den Schienbeinen bis 
zur Ferse. In der Mitte des Oberschenkels befand 
sich eine fünfzackige silberne und vergoldete Spangen- 
fibel [4096, Abb. 11]. In der Gegend der linken Hüfte 
lag eine Perle, darüber ein Bronzestück, Bruchstück 
einer Fibel. An der linken Hand ein Fingerring aus 
Bronze. Kleiderspuren; große Steinbettung; Orien- 
tierung nach O. 

Grab 82: Ein Doppelgrab. Beide Skelette über- 
einander, die Köpfe lagen nebeneinander. Die Länge 
des oberen Skelettes 1*27 w, die des unteren 1*51 w; 
die Arme waren bei beiden ausgestreckt; Schulter- 
breite des unteren 0*33 w. Tiefe der Grabsohle 2*63 m. 

L Hinter dem Kopfe lag ein eisernes Messer 
[4097]> ein Feuersteineisen mit Feuerstein [4098], eine 
Bronzeschnalle [4099], eine eiserne Schnalle [5000], 
Bronzebeschlag eines Messers (?), ein Beinkamm in 
Stücken. 

IL An der linken Seite des Kopfes lagen mehrere 
sehr schlecht erhaltene, weil stark verrostete Eisen- 
stücke. Reichliche Kleiderspuren, starke Steinbettung. 
Die Skelette lagen auf feinem Sande in Lehm. 

Grab 83: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-40w. Tiefe der Grabsohle 171 m. Unter dem 
Kopfe Reste eines Beinkammes. Ein Rindszahn bei 
der Ferse und am rechten Ellenbogen. Topfscherben; 
Rötel; keine Kleiderspuren. Das Skelett lag auf 
Lehm, umgeben von einer Steinbettung. 

Grab 84: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-57w. Tiefe der Grabsohle 3w. Zur Linken 
des Kopfes ein gebrochener Beinkamm [5001]. Reich- 
liche Kleiderspuren ; Steinbettung; Lagerung in Lehm 
auf Sand. 

Grab 85: Skelett mit ausgestreckten Armen, 
Länge 1'66fM. Tiefe der Grabsohle 204 w. In Lehm 
auf Sand gebettet; ohne Beigaben, Kleiderspuren 
und Steinbettung. 

Grab 86: Skelett eines alten Weibes mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1*51 m, Schulterbreite 
0*34 w. In der Brustgegend und zwischen den Ober- 
schenkeln waren Perlen verstreut. Eine außerordent- 
lich große abgebrochene Bernsteinperle [5002] lag in 



der Beckengegend. Am Halse ein Perlenschnurhaken 
(Form 00 ). Kleiderspuren sehr gering. Starke Stein- 
bettung um den Körper. 

Grab 87: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*57 f». Tiefe der Grabsohle 2*20 m. An der 
rechten Hüfte eine eiserne Schnalle [5003J. Kleider- 
spuren. 

Grab 88: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-58m. Tiefe der Grabsohle 1*90m. In der 
Beckengegend eine eiserne Schnalle [5004]. Bettimg 
in Erde auf Lehm; geringe Kleiderspuren. 

Grab 89: Stark verwestes Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1'63f». Tiefe der Grab- 
soble 1*43 fn. An der linken Hüfte eine Bronzeschnalle 
[5005]. Steinbettung unter dem Kopfe; Lagerung in 
Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 89 a: In der Nähe des Grabes 89 um- 
gegrabener Boden mit zerstreuten Knochen. 

Grab 90: Kopf in Stücken; zur Linken ein 
Beinkamm in Stücken [5005 a], daneben Teile des 
Kopfes eines Kindes und vereinzelte Knochen. Tiefe 
der Grabsohle 0-61 w. 

Grab 91: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -75 w. Tiefe der Grabsohle 1 -27 m. Zur Linken 
des Kopfes ein Beinkamm in Stücken, zwischen den 
Knien ein verrosteter Eisengegenstand. In der Becken- 
gegend eine massive silberne Schnalle [5006] und ein 
silberner Gürtelbeschlag mit Lederresten. 

Grab 91a: In der Nähe des Grabes 91 um- 
gegrabener Boden und verstreute Knochen. 

Grab 92: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*70w. Tiefe der Grabsolile 0*30 m. 
Beim Skelett ein Rindszahn. Keine Beigaben. 

Grab 93: Skelett einer jugendlichen Person 
mit ausgestreckten Armen; Länge 1*28w. Tiefe der 
Grabsohle 0-96 m. An der linken Hüfte eine große 
Bronzeschnalle [5007], eine kleine Bronzeschnalle und 
ein kleines Messer mit Bronzebeschlägen; daran 
Spuren von Leder. Geringe Kleiderspuren. 

Grab 94: Teile eines Skelettes in der Aus- 
dehnung von 0'83w. Tiefe der Grabsohle 0*72 w. 
Keine Beigaben. 

Grab 95: Skelett eines Kindes mit ausgestreckten 
Armen; Länge 0*47 m. Tiefe der Grabsohle 044 f«. 
Zwischen den Beinen lag ein Beinkamm in Stücken 
[5008]. 

Grab 95 a: 0*33 w tief zerstreute Knochen aus 
einem umgegrabenen Grabe. 

Grab 95 b: 0*75 tn tief zerstreute umgegrabene 
Knochen; wahrscheinlich Grabung Pav§lars. 

Grab 96: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 63 m. Tiefe der Grabsohle 1 '06 m. Zur Rechten 
des Kopfes zwei Stücke eines einfachen Beinkammes, 



W. §MID Die Reihengräber von Krainbnrg 



67 



in der Beckengegend eine kleine eiserne Schnalle 
[5009]. 

Grab 96 a: 1*15 m tief zerstreute Knochen aus 
einem Grabe, das nach allen Fundumständen bereits 
zur Zeit der Benutzimg des Gräberfeldes umgegraben 
worden ist. 

Grab 97: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l'59f», Schulterbreite 0-31 m. Die reichlichen 
Kleiderspuren ragten (0*23 m über den Kopf) über 
das Skelett (wie auch sonst üblich); ihre Länge 
betrug 1 -96 m, die Breite 042 tn. Tiefe der Grabsohle 
1-44f«. Am rechten Unterarm ein eisernes Messer 
[5010], mehrere Bronzestücke, ein Fingerring [5011], 
eine viereckige und eine ovale eiserne Schnalle, beide 
ohne Dom, eine Münze des Valentinianus I (KB), 
ein Feuersteineisen [5013] und eingerostet ein läng- 
licher spitzer Eisengegenstand mit einem Öhr. In 
der Beckengegend eine massive silberne Schnalle 
[5012]. Topfscherben. 

Grab 98: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-64m. Tiefe der Grabsohle 092 w. Ohne Bei- 
gaben. Steinbettung. Orientierung OSO. 

Grab 99: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*59f». Tiefe der Grabsohle V40fn. Zur Linken 
des Kopfes ein Beinkamm in Stücken, zwischen den 
Schenkeln ein zerbrochenes eisernes Messer und in 
der Beckengegend eine eiserne Schnalle [5014]. 

Grab 100: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*61 m, Schulterbreite 0-27 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1*95 m. An der linken Schulter ein Beinkamm 
in Bruchstücken, hinter dem Kopfe (nicht am Kopfe, 
sondern in seiner Nähe) das Bruchstück einer Certosa- 
fibel [5015]. Quer über die Oberschenkel war ein 
eisernes Messer [5016] und ein Feuersteineisen gelegt; 
am Ende der linken Hand beim Becken eine eiserne 
Schnalle. Das Skelett lag unter Humus auf feinem 
Sande, umgeben von einer Steinbettung. 

Grab 101: Skelett mit ausgestreckten Armen > 
Länge 1-33m. Tiefe der Grabsohle MOtn. An der 
linken Hüfte Stücke eines Beinkammes. Stein- 
bettung. 

Grab 102: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1-25w. Tiefe der Grabsohle 1'15t«. 
Zwischen den OberschenkeUi ein gebrochener Ton- 
wirtel [5018]. 

Grab 103: Skelett, der rechte Arm ausgestreckt, 
der linke gebogen im Schöße; Länge 1 63 m, Schulter- 
breite 0-30 w. Tiefe der Grabsohle 2-10w. In der 
Gegend der rechten Schulter lag eine massive 
Scheibenfibel aus Bronze mit vier Durchlochungen, 
in denen wahrscheinlich eine (nun verlorene) Auf- 
lage befestigt war. Lagerung in Erde auf feinem 
Sande. 



Grab 104: Stark verwittertes Skelett; untere 
Extremitäten nicht mehr vorhanden. Tiefe der Grab- 
sohle 1'65f». In der Halsgegcnd imd in der Becken- 
gegend waren Perlen aus Ton, Millefiori und aus Glas 
(darunter sehr kleine mit Silberglanz) verstreut; unter 
dem Halse lag noch ein Bronzeringelchen mit einer 
eingeklemmten Perle aus Glas. An der rechten 
Schulter eine vergoldete silberne Scheibenfibel in 
Gestalt eines lateinischen Kreuzes [5021, Abb. 11], 
dessen Granateinlage in der Mitte fehlte; daneben ein 
Eisengegenstand in drei Stücke gebrochen und eine 
kleine vergoldete silberne S-Fibel [5022, Abb. 12], 
deren Granateinlage fehlte. Am linken Unterarme 
ein Bronzearmring [5024]. In der Beckengegend eine 
große S-Fibel aus Kupfer [5020, Abb. 12], zwei kleine 
Eisengegenstände und ein eisernes Ringelchen. Zum 
Grabe gehörte auch ein unter der ausgeworfenen Erde 
aufgefundenes Bruchstück aus Glas [5023], wie das 
im Grabe 48 gefundene. Rötel. 

Grab 105: Skelett eines Kindes mit ausge- 
streckten Armen; Länge 112 w. Tiefe der Grabsohle 
1-89w. Zur Linken des Kopfes lag ein Beinkamm, 
in der Becken gegend ein Bronzenagel und eine vier- 
eckige Bronzeschnalle [5025]. Lagerung in Schotter 
auf feinem Sande; keine Steinbettung. Scherben. 

Grab 106: Skelett, linker Arm ausgestreckt, 
rechte Hand gebogen im Schöße liegend; Länge 
0-88 fn. Tiefe der Grabsohle 0*75 m. Ohne Beigaben. 
Sehr starke Steinbettung. Hinter dem Kopfe lag als 
Schutz ein großer Stein, bei den Füßen Platten aus 
grünem Sandsteine von Otoöe bei Podnart (otoSke 
ploäe), die hin und wieder auch bei anderen Gräbern 
vorkamen. 

Grab 107: Jugendliches Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1*085fn. Tiefe der Grab- 
sohle 1 -87 f». Ohne Beigaben. Lagerung in Schotter. 

Grab 108: Skelett, linker Arm ausgestreckt, 
rechter im Schöße gebogen. Länge 1 60 m. Tiefe der 
Grabsohle 2-32 m. Zähne fehlten teilweise. Zur Linken 
des Kopfes befand sich ein Beinkamm [5027]. Zwi- 
schen den Unterschenkeln ein eisernes Messer, Feuer- 
steineisen, mehrere Gegenstände aus Eisen, eine 
Bronzeschnalle [5026] und Bronzemünzen des Aure- 
lianus MB (Cohen 35) und Konstantinus I KB. 

Grab 109: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 0*53 m. Tiefe der Grabsohle 1 m. In der 
Beckengegend lagen verstreut drei Perlen und eine 
eiserne Schnalle [5028], an den Fingern der linken 
Hand ein Tonwirtel [5030]. Zur Rechten des Kopfes 
ein Beinkamm in Stücken [5029]. Bettung in Humus. 

Grab HO: Skelett, rechter Arm gebogen im 
Schöße, die Finger der umgebogenen linken Hand 
unter dem Kopfe; Länge 1 72 w. Tiefe der Grabsohle 

9* 



68 



W. §MID Die Reihengräber von Krainburg 



M6f«. Am linken Oberschenkel unter der Hüfte eine 
eiserne Schnalle [5031], am rechten Ellenbogen ein 
Beinkamm in Stücken [5032]; in der Beckengegend 
eine kleine silberne Schnalle [5033]. Lagerung in 
Schotter mit Seitensteinbettung. 

Grab 111: Stark verwittertes Skelett; Länge 
1-25f«. Tiefe der Grabsohle 1'25f«. Am rechten Knie 
ein Fingerring aus Bronze [5034], zum Dehnen vor- 
gerichtet, eine Scharnierfibel (IL Jh. n. Chr.) [5035], 
eine Pilgermuschel, zwei Bemsteinperlen und ein 
Bronzestückchen. Starke Steinbettung an den Seiten. 
Keine Kl eider spuren. 

Grab 112: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*57 f». Tiefe der Grabsohle 1*73 m. Perlen 
lagen verstreut um den Hals, auf der Brust und am 
rechten Knie. In der Gegend der linken Schulter 
eine kreuzförmige Fibel aus Eisen, belegt mit ver- 
ziertem Bronzeblech [5036]. Zur Rechten und Linken 
des Kopfes eine vergoldete silberne S- Fibel mit 
Granateinlagen [5037, Abb. 12]. In der Gegend des 
rechten Knies neben den Perlen noch ein zweigriffiges, 
eisernes Messer [5038, Abb. 9] zum Reinigen der Wolle 
wie im Grabe 56. Von der linken Hälfte bis zum Knie 
lagen sieben silberne verzierte Beschläge eines mit 
kleinen Perlen besetzten Gürtels, ein Messer [5040] 
und eine eiserne Gürtelschließe [5041], eine silberne 
Schnalle [5039] sowie mehrere verrostete eiserne 
Gegenstände. Lagerung in Schotter; keine Kleider- 
spuren. 

Grab 113: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*61 w, , Schulterbreite 0*35 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*49 m. An der Hüfte eine kleine eiserne Schnalle 
[5042]. Lagerung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 114: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Armen; Länge 1'40w. Tiefe der Grabsohle 1*28m. 
Zur Linken des Kopfes ein mit Bronzestiften genieteter 
Beinkamm in Stücken. An der rechten Hüfte eine 
eiserne Schnalle [5043]. Lagerung in Schotter; keine 
Kleiderspuren. 

Grab 115: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-60m. Tiefe der Grabsohle 1*54m. Ohne 
Beigaben. Lagerung in Schotter mit oberer Stein- 
bettung; keine Kleiderspuren. 

Einzelfund : Oberhalb des Grabes und in einiger 
Entfernung lag ein gproßer massiver Bronzearmring 
(gleichzeitig?). 

Grab 116: Stark verwittertes Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 0*93 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1'52f». Ohne Beigaben. Lagerung in Schotter, 
keine Kleiderspuren. 

Grab 117: Jugendliches Skelett mit ausge- 
streckten Armen; Länge 1'15fn. Tiefe der Grabsohle 
1*81 m. In der linken Schultergegend ein GOrtel- 



beschlag aus Bronze mit viel Eisenrost [5044]. Lage- 
rung in Schotter; geringe Kleiderspuren. 

Grab 118: Verwittertes Skelett mit ausge- 
streckten Armen; Länge 142 w. Tiefe der Grabsohle 
1-41 w. Zur Linken des Kopfes eine g^oße eiserne 
Schnalle [5045], bei den Füßen ein Schweinszahn. 
Lagerung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 119: Skelett; Länge 1-45m. Tiefe der 
Grabsohle 1*39m. Lagerung in Schotter auf Lehm; 
keine Kleiderspuren. Daneben ein umgekehrt liegender 
Kopf, das (wahrscheinlich) dazugehörige Skelett lag 
beiläufig 0-20 m entfernt vom Kopfe. Orientierung 
OSO. 

Grab 120: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*73m. Tiefe der Grabsohle 1-88w. In der 
Beckengegend eine eiserne Schnalle [5046]. Lagerung 
in Schotter auf Lehm mit starker Steinbettung. 
Orientierung OSO. 

Grab 121: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*75f«, Schulterbreite 040 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*52 m. In der linken Beckengegend befanden 
sich mehrere spitze eiserne Gegenstände und zwei 
Haarnadeln aus Bronze [5047, 5048], eine davon war 
mit eckigem Knopfe geziert. Lagerung in Schotter; 
geringe Kleiderspuren. 

Grab 122: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'60m. Tiefe der Grabsohle 1-68fn. Um den 
Hals lagen verstreute Perlen. Lagerung in Schotter. 

Grab 123: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-20fw. Tiefe der Grabsohle 1-02w. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter mit geringer oberer 
Steinbettung. Orientierung ONO. 

Grab 124: Verwittertes Skelett; Länge 0-92 w. 
Tiefe der Grabsohle 1"05m. Ohne Beigaben. Lage- 
rung in Schotter. 

Grab 125: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l'77w«, Schulter breite 0*30 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1 '50 m. In der rechten Beckengegend lagen ein 
größeres [5049] und ein kleineres eisernes Messer, 
ein spitzer eiserner Gegenstand [5050], eine eiserne 
Schnalle, ein Feuersteineisen und eine viereckige 
silberne Schnalle [5051]. Lagerung in Schotter; keine 
Kleiderspuren. 

Grab 126: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*58m. Tiefe der Grabsohle 1*58m. 
Ohne Beigaben. Lagerung in Schotter; keine Kleider- 
spuren. 

Grab 127: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'49m. Tiefe der Grabsohle 1-45w. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter; geringe Kleiderspuren. 

Grab 128: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*45m. Tiefe der Grabsohle 1*45 m. 
An der rechten Seite des Kopfes lag ein Beinkamm 



W. §MID Die Reihengräber von Krainburg 



69 



in Stücken. Zwischen den Füßen (und zwar höher 
als das Skelett) lag der Endbeschlag (?) eines Lanzen- 
schaftes [5052]. Keine Kleiderspuren. 

Grab 129: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge \'50m. Tiefe der Grabsohle 1'43w. Um den 
Kopf lagen verstreute Perlen, unter dem Kinn eine 
Haarnadel [5053] aus Bronze mit Spirale als Orna- 
ment. Lagerung in Schotter mit Steinbettung; sehr 
geringe Kleiderspuren. 

Grab 130: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-68 m, Schulterbreite 0-40 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*20 m. Rechts neben dem Kopfe lagen: ein 
eisernes Messer [5054], ein eiserner Meißel [5055], eine 
große Bronzeschnalle [5056], eine kleine eiserne 
Schnalle [5057], zwei Bronzebeschläge eines Gürtels 
[5058], davon noch viele Lederüberreste vorhanden 
waren, das vergoldete Ortband einer Messerscheide 
[5059], ein Feuersteineisen [5060] und ein gekrümmter 
Hohlmeißel [5061]. Lagerung in Humus; keine Kleider- 
spuren. 

Grab 131: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l-85w. Tiefe der Grabsohle M2w. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 132: Skelett, der linke Arm ausgestreckt, 
der rechte eingebogen im Schöße; Länge 1-61 m. 
Schulterbreite 040 w. Tiefe der Grabsohle 1-28 w. 
An der rechten Ferse lag ein Beinkamm [5062], da- 
neben zwei Eisenstifte und eine Bronzeschnalle mit 
Eisendom [5063]. In der Nähe des rechten Knies eine 
runde eiserne mit Silberblech überzogene Schnalle 
[5064] und ein Eisenstift. In der Nähe des linken 
Handgelenkes ein glattes eisernes Armband [5065]. 
Lagerung in Schotter; starke Steinbettung; keine 
Kleiderspuren. 

Grab 133: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'35m. Tiefe der Grabsohle 1'57m. Am Hinter- 
kopfe lag ein Stück eines Beinkammes. Perlen waren 
verstreut über den ganzen Oberkörper und am linken 
Knie. In der Schultergegend rechts und links je eine 
vergoldete silberne S-Fibel [5067, 5068]. Am rechten 
Oberschenkel ein zweigriffiges Messer mit beweg- 
lichem Ringe in einer Öse [5070], wie im Grabe 56, 
über dessen Mitte ein Eisenring gelegt war. An der 
Außenseite des linken Knies ein Tonwirtel [5066] und 
mehrere Eisengegenstände; an der Innenseite eine 
eiserne Schnalle [5069], Lagerung in Schotter; keine 
Kleiderspuren. 

Grab 134: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1-38m; Schulterbreite 0-31 m. Tiefe 
der Grabsohle 1*14 w. Ohne Beigaben. Lagerung in 
Humus; Steinbettung; keine Kleiderspuren. Orientie- 
rung OSO. 



Grab 135: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*60 w, Schulterbreite 0-37 m. Tiefe 
der Grabsohle 1*30 m. Ohne Beigaben. Lagerung in 
Humus; keine Kleiderspuren. Topfscherben. Orien- 
tierung OSO. 

Grab 136: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1-53w, Schultcrbreite 0-32 m. Tiefe 
der Grabsohle l'32m. In der Beckengegend eine 
eiserne Schnalle, zwischen den Oberschenkeln zwei 
Perlen und ein Spinnwirtel aus Bernstein [5071]. Am 
Knie eine silberne Scheibenfibel [5072], zwischen den 
Knien ein Eisenstück und eine runde Bronzeschnalle. 
Lagerung in Humus; keine Kleiderspuren. 

Grab 137: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*61 m, Schulterbreite 0*34 m. Tiefe 
der Grabsohle 1-20m. Ohne Beigaben. Lagerung in 
Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 138: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*66 w. Tiefe der Grabsohle l*73w. 
An den Fingern der linken Hand ein Beinkamm in 
Stücken. Am Kopfe ein eiserner Gegenstand ; um den 
Hals Perlen verstreut. In der Brustgegend zwei 
silberne vergoldete Scheibenfibeln [5073. 5074], da- 
neben ein Eisengegenstand. In der Beckengegend 
eine eiserne Schnalle [5075]. Lagerung in Schotter; 
keine Kleider spuren. 

Grab 139: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1'42m. Tiefe der Grabsohle 1-72m. 
Am rechten Knie befanden sich: das Bruchstück 
eines eisernen Messers, mehrere spitze Eisengegen- 
stände, eine Bronzeschnalle [5076], mehrere Bronze- 
beschläge [5077] und unter mehreren stark verrosteten 
Eisengegenständen eine eiserne Schnalle, ein Feuer- 
steineisen und eine unleserliche Münze (KB). Lage- 
rung in Schotter; starke Kleiderspuren. 

Grab 140: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-43w. Tiefe der Grabsohle 1*83 m. Zwischen 
den Knien mehrere verrostete Eisengegenstände, 
darunter ein Beschlag und ein Beinkamm in Stücken. 
In der Beckengegend eine eiserne Schnalle [5078]. 
Lagerung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 141: Verwittertes Skelett eines Kindes; 
nur der Oberkörper erhalten, dessen Länge 0*40 m 
betrug. Tiefe der Grabsohle l*33m. In der Becken- 
gegend eine Schnalle aus Bronze [5079], ein zer- 
brochenes eisernes Messer und Bruchstücke eines 
eisernen Ortbandes. Lagerung in Schotter; keine 
Kleiderspuren. Orientierung ONO. 

, Grab 142, ein Doppelg^ab: I. Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge 1-79w, Schiilterbreite 
0-42 m. Tiefe der Grabsohle 1-29w. Ohne Beigaben. 
Das Skelett lag in einem Holzsarge aus Fichten- 
brettem, davon noch sehr reichliche Überbleibsel 



70 



W» &uny Die Reiheikgriber tod Krminbiirg 



vorhanden waren. Lagerung in Schotter; starke Stein- 
bettnng; geringe Rleiderspuren. Orientierang O. 

IL Neben dem Unterkiefer des Skelettes I lag 
ein Unterkiefer eines Skelettes, von dem keine 
weiteren Reste aufgefunden werden konnten. Unter 
dem Hinterhaupte des Skelettes 1 lag der Kopf des 
Skelettes eines Kindes, von dem nur wenige Knochen 
vorhanden waren. Länge 0-74 m. Tiefe der Grabsohle 
VUm. Orientierung ONO. 

Grab 143: Stark verwittertes Skelett einer 
jugendlichen Person. Tiefe der Grabsohle 1*28fw. 
Auf der Brust lag ein Beinkamm in Stücken und 
das Bruchstück eines roten mit Rillen verzierten 
Gefäßes aas mit Kieselsand gemengtem Ton. Neben 
dem rechten Arme Topfscherben und Reste von 
Rötel. Lagerung in Schotter. 

Grab 144: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-51 m, Schulterbreite 0-35 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1*50 w. Hinter dem Kopfe ein Beinkamm. Lage- 
rung in Schotter; große Steinbettung. In der Nähe 
der linken Hüfte nur 0-50 m höher lag ein halber 
Schädel und einige zerstreute Knochen; nicht weit 
davon wiederum Schädel- und andere Knochen; alles 
innerhalb der Steinbettung des Grabes 144. Es 
scheint, daß bei Bestattung in das Grab 144 ein 
bereits darin befindliches Skelett umgegraben und 
zerstört worden ist, und daß man die Knochen des 
früher bestatteten Skelettes neben dem neu bestat- 
teten Leichnam innerhalb der Steinbettung beigesetzt 
hat (vgl. S. 56). 

Grab 145: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-65f». Tiefe der Grabsohle 1*53 m. An der 
linken Hand lagen ein eisernes Messer [5080], ein 
Feuersteineisen [5081] und ein länglicher spitzer 
eiserner Gegenstand. Lagerung in Schotter; Kleider- 
spuren. 

Grab 146: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'60fw. Tiefe der Grabsohle 1'35m. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter. 

Grab 147: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 '56 m. Tiefe der Grabsohle 1 -25 m. Unter dem 
Kinne waren fünf Perlen verstreut. Zur Rechten des 
Kopfes eine kleine eiserne Nähnadel [5083]; an der 
linken Hand ein ornamentierter und zum Dehnen 
vorgerichteter Bronzefingerring [5082]. Lagerung in 
Schotter. 

Grab 148: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-40fw. Tiefe der Grabsohle 1-27m. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Humus. 

Grab 149: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*53fw. Tiefe der Grabsohle 1*18 m. In der 
Beckengegend eine vergoldete silberne fünfzackige 
Spangenfibel [5084. Abb. 1 1]. Zwischen den Knien eine 



große Glasperle. Lagerung in Schotter; keine Kleider- 
spuren. 

Grab 150: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'24m. Tiefe der Grabsohle 1-50f«. In der 
Gegend der linken Ferse eine eiserne Schnalle, am 
rechten Oberschenkel in der Nähe des Knies ein 
kleineres Messer in eiserner Scheide [5085], ein 
größeres Messer [5086], ein Feuersteineisen mit an- 
gerostetem Feuerstein und einem länglichen spitzen 
eisernen Gegenstand, eine Schnalle aus Bronze und 
zwei unleserliche Bronzemünzen MB und KB. Lage- 
rung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 151: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge \'57 m. Tiefe der Grabsohle l*34m. Sehr stark 
verwest; die Zähne sehr schadhaft. Ohne Beigaben. 

Grab 152: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*54 m. Tiefe der Grabsohle 1'27m. In der 
rechten Schultergegend ein Beinkamm in Stücken; 
auf der Brust waren Perlen verstreut. Am linken 
Knie ein eisernes Messer. Lagerung in Schotter; 
Kleiderspuren. 

Grab 153: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'83m. Tiefe der Grabsohle 1*47m. An der 
Außenseite des linken Knies eine eiserne Schnalle, 
an der Außenseite des rechten Knies ein Beinkamm 
[5087]. Lagerung in Schotter; keine Kleiderspuren. 

Grab 154: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*61 w. Tiefe der Grabsohle 1-37 m. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter. 

Grab 155: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-65fw, Schulterbreite 0-38 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1'59m. Zähne sehr schadhaft. Ohne Beigaben. 
Lagerung in Humus; starke Steinbettung; geringe 
Kleiderspuren. 

Grab 156: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*70m. Tiefe der Grabsohle 1*57 w. Unter dem 
linken Knie lag ein zum Dehnen vorgerichteter 
Bronzering mit umgebogenen Enden [5088]. In der 
Knöchelgegend waren beisammen gelagert eine vier- 
eckige Bronzeschnalle [5089],eine runde Bronzeschnalle 
[5090], sechs gebrochene und mit Rost zusammen- 
gebackene Pfeilspitzen [5097], ein kleineres und ein 
größeres Eisenmesser, ein eiserner Bohrer [5091], ein 
Feuersteineisen [5093], ein eisernes Messer [5092] um- 
gebogen und mit angerostetem Linnengewebe an der 
Spitze, ein eiserner Ring [5094], drei Bronzeknöpfe 
eines Gürtelbeschlages [5095], eine Nähnadel aus 
Bronze [5100] und eine unleserliche Bronzemünze 
(MB) zusammengebacken mit Eisengegenständen 
und einem Bronzestückchen. Zwischen den Knien 
befand sich eine große Bronzeschnalle [5096] und an 
der Außenseite des linken Oberschenkels zwei eiserne 
Pfeilspitzen [5098. 5099]. Bei den Füßen lag Rötel. 



W. §MID Die Reihengraber von Krainburg 



71 



Lagerung in Humus; starke Steinbettung. Fast keine 
Kleiderspuren. 

Grab 157: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'63 w. Tiefe der Grabsohle 1-30 w. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter; Steinbettung. 

Einzelfund. 1*5 m gegen NW vom Kopfe ent- 
fernt lag ein Glasstück [5102], gleich jenem des 
Grabes 48. Tiefe 1-30 w. 

Grab 158: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*58 m. Tiefe der Grabsohle 1*23w. Ober dem 
Kopfe der Hauer eines Ebers [5103]. Sonst ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter; Steinbettung. 



Grab 159: Skelett eines Kindes mit aus- 
gestreckten Armen; ungefähre Länge 1 nt; vorhanden 
nur der Oberleib (0*24 w). Tiefe der Grabsohle 1*30 w. 
In der Brustgegend fünf Perlen verstreut. Lagerung 
in Lehm; starke Kleiderspuren. 

Grab 160: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*80 f». Tiefe der Grabsohle 1*51 w. Am Unken 
Knie zwei silberne Schnallen [5104. 5105, beide Abb. 12], 
am rechten Oberschenkel eine vergoldete silberne 
Schnalle [5106]. Hinter dem Kopfe zusammengehäuft: 
ein Feuersteineisen mit angerostetem Feuersteinund 
einem spitzen länglichen Gegenstand [5108], ein 




5037 






5020 



5160 





5104 



5120 





5169 




5105 



5181 




5174 5022 



5125 



5197 





4029 



3970 



Fig. 12 Fibeln und Schnallen aus den Krainbnrger Gräbern (aus Grab 6: Inventamummer 3970; aus Grab 38: n. 4029; 

ans Grab 104: n. 5020. 5022; aus Grab 112: n. 5037; aus Grab 160: n. 5104. 5105; aus Grab 170: n. 5120. 5125; 

aus Grab 182: n. 5160; aus Grab 187: n. 5169; aus Grab 193: n. 5181; ans Grab 200: n. 5197) 



72 



W. ^MID Die Reihengräber von Krainburg 



Gürtelbeschlag samt dazu gehöriger Schließe aus 
Bronze [5107], eine g^oße Schnalle aus Bronze [5109], 
vier von einem GOrtelbeschlag herrührende Nägel, 
davon zwei mit großem hohlen Kopfe [5110] und 
zwei mit Öhr und massivem Kopfe [5111], eine 
Fibel [5112] mit stark gebogenem Bügel, ein Bein- 
kamm in Stücken, ein zerbrochenes Ortband mit 
Bronzebeschlag [5113], zwei gebrochene Messer und 
die Hälfte einer eisernen Haarschere. In der Becken- 
gegend Topf Scherben. Lagerung unter Lehm auf 
feinem Sande; geringe Kleiderspuren. 

Grab 161: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*55 fw. Tiefe der Grabsohle 1*60 w. In der 
rechten Kniegegend eine gebrochene eiserne Schnalle 
und mehrere gebrochene eiserne Gegenstände. Eine 
gebrochene kleine dünne Eisenstange am linken Ober- 
schenkel. Schweinszähne bei den Füßen; Rötel. 

Grab 162: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*09 w. Tiefe der Grabsohle 1'21 m. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Schotter; Steinbettung. 

[Bei der rechten Ferse anfrechtstehend starke Unter- 
schenkelknochen eines zweiten Skelettes, wahrscheinlich 
von einem zerstörten Grabe herrührend.] 

Grab 163 : Stark verwestes Skelett eines Kindes 
mit ausgestreckten Armen; ungefähre Länge 1 m. 
Tiefe der Grabsohle 1*40 m. In der Nähe des Kopfes 
verstreut mehrere Glasperlen, darunter eine große. 
Unter dem Kopfe ein Beinkamm in Stücken. Lage- 
rung in Lehm; Steinbettung. 

[In der Nahe des Grabes 163^ befanden sich drei 
Töpfe, leider alle zerbrochen. Beim Topfe I (Tiefe 1651«) 
lagen verstreut Menschenknochen, beim Topfe II (Tiefe 
0*92 im) ein Schweinszahn and Tierknochen; Topf III (Tiefe 
0*90 im) konnte nur in Scherben gehoben werden.] 

Grab 164: Stark verwittertes Skelett mit aus- 
gestreckten Armen; Länge (bis zu den Knien) 1 w. 
Tiefe der Grabsohle 1*06 m. Ohne Beigaben. Lage- 
rung in Schotter; Steinbettung. 

Grab 165: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-63m, Schulterbreite OSO tn. Tiefe der Grab- 
sohle 1*77 fw. Am linken Knie eine eiserne Schnalle, 
in der Gegend des rechten Unterschenkels ein eisernes 
Messer [5114]. Ober dem Kopfe ein Bronzering [5115]. 
Lagerung auf feinem Sande in Lehm; Kleiderspuren. 

Grab 166: Verwestes Skelett mit ausgestreckten 
Armen; ungefähre Länge 1 m. Tiefe der Grabsohle 
MOm. In der linken Handgegend befanden sich 
eine verzierte Bronze schnalle [51 18] und ein Bronze- 
ring [5117] sowie das Bruchstück einer römischen 
Provinzialfibel mit zwei Knöpfen am Bügel [5118]. 
Lagerung in Schotter. Scherben, Rötel. Orientierung 
ONO. 



Grab 167: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'32m. Tiefe der Grabsohle l*50f». In der 
Nähe der linken Ferse mehrere durch Rost fast un- 
kenntliche Gegenstände, darunter ein Eisenmesser- 
chen und eine eiserne Schnalle. Lagerung in Lehm 
auf Sand. Scherben; Schweinszähne. 

Grab 168: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-90 w«, Schulterbreite 0-35 iw. Tiefe der Grab- 
sohle 1*55 m. Zwischen den Knien eine eiserne 
Schnalle, ein Feuersteineisen, durchlöchert und zum 
Anhängen bestimmt [5119], ein spitzer länglicher 
eiserner Gegenstand, ein zweites Feuersteineisen 
und ein gebrochener Meißel aus Eisen sowie ein 
Beinkamm. Lagerung in Lehm; starke Kleiderspuren. 

Grab 169: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-10 m. Tiefe der Grabsohle 1*92 »w. Eine große 
Glasperle und ein eisernes Messerchen zwischen den 
Fersen; zur Linken des Kopfes ein Beinkamm. Lage- 
rung in Lehm auf Sand; Steinbettung; starke Kleider- 
spuren. 

Grab 170: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-77 w. Tiefe der Grabsohle 2*45 m. In der 
Brustgegend eine S-Fibel [5120 Abb. 12], eine zweite an 
der rechten Hüfte [5121]; ebendort ein Schweinszahn, 
Perlen und zwei Bronzemünzen, eine des älteren Lici- 
nius KB (Cohen 67), die zweite schlecht erhalten und 
unleserlich. In der Brustgegend lag auch noch eine 
Vogelfibel [5125 Abb. 12]. In der Beckengegend befand 
sich Eisenschlacke. Am rechten Oberarme lagen 
Perlen und ein großes zweigriffiges Messer [5122] 
gleich jenem des Grabes 56. Unter der rechten Hand 
lagen zwei Beinröhren aus Knochen der Eule oder 
des Falken. Am linken Unterarme ein flacher [5123] 
und ein runder [5124] Armring aus Eisen. Überdies 
lagen im Grabe eine eiserne La T^ne- Fibel [5123a] und 
ein Bruchstück (der Nadelhalter) einer Certosafibel 
[5123b]. Lagerung in Humus; große Steinbettung; 
starke Kleiderspuren. Viele verstreute Topfscherben; 
Rötel. 

[In der Nähe des Grabes 170 war ein Topf (IV, 
Tiefe 2*25 im) beigesetzt, dessen Höhe ungefähr 0'20 m 
betrug; daneben Knochen und Topfscherben. Unterhalb 
des Topfes lagen in einer ziemlichen Breite schlecht ver- 
brannte Menschenknochen und sehr viele Pferdeknochen.] 

Grab 171: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-67 w, Schulterbreite 0-37 m. Tiefe der Grab- 
sohle 1*92 m. Ohne Beigaben. Lagerung in Lehm auf 
Sand; Steinbettung; geringe Kleiderspuren. Ober den 
unteren Extremitäten lag die abgebrochene End- 
stange eines Hirschgeweihes. 

Grab 172: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'59m. Tiefe der Grabsohle 2K)8 w. Lagerung 



W. §M1D Die Reihengräber von Krainburg 



73 



in Lehm auf Sand; Steinbettung. Ohne Beigaben; 
Scherben. 

Grab 173: Skelett, die Hände im Schöße ge- 
faltet; Länge 1'76m, Schulterbreite 0-32 m. Tiefe der 
Grabsohle 2*05 m. Ohne Beigaben; Scherben. Lage- 
rung in Lehm auf Sand. 

Grab 174: Skelett, linker Arm ausgestreckt, 
rechter gebogen im Schöße ruhend; Länge 1*74 w. 
Tiefe der Grabsohle 2*09 w. An den Fingern der 
linken Hand verstreut Perlen. Hinter dem Kopfe ein 
spitzer eiserner Gegenstand und verstreute Knochen 
— darunter solche der Hand — eines andern Ske- 
lettes. Lagerung in Lehm auf feinem Sande; Scherben. 

Grab 175: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*65 w. Tiefe der Grabsohle i'32 tn. Zwischen 
den Oberschenkeln ein kleines eisernes Messer [5126] 
und ein größeres Messer [5127]. Unter dem rechten 
Oberschenkel ganz mit Eisenrost bedeckt ein un- 
bestimmbarer Gegenstand aus Bronze, daneben ein 
Tonwirtel [5128]. Lagerung in einer dünnen Lehm- 
schichte auf Sand; Steinbettung. Kleiderspuren 
zwischen den Knien Rötel. 

Grab 176: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l-63fn, Schulterbreite 0-37 w. Tiefe der Grab- 
sohle 1 m, Rötel unter dem Kopfe. Lagerung in 
Humus; Steinbettung. 

Grab 177: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*50 m. Tiefe der Grabsohle 1-45fM. An der 
rechten Seite des Kopfes ein Beinkamm [5129]. In 
der Nähe des Ellenbogens eine eiserne Schnalle 
[5130]; in der Gegend des linken Unterarmes lagen 
ein GOrtelbeschlag aus Bronze [5131], eine eiserne 
und eine kleine bronzene Schnalle, letztere ohne 
Dom, eine Scheibenfibel aus Bronze [5132], ein 
eisernes Messer [5134], zwei eiserne Pfeilspitzen 
[5133, Abb. 9], ein Feuersteineisen [5135] mit einem 
spitzen länglichen eisernen Gegenstande, zwei kleine 
Mesber [5136], eine eisene Klammer [5137] und 
mehrere verrostete eiserne Gegenstände. In der 
Beckengegend ein Schweinszahn; Scherben. Lagerung 
in Lehm auf Schotter. 

Grab 178: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-70 m. Tiefe der Grabsohle 2-09 m. Ohne 
Beigaben. Lagerung in Lehm auf Sand. 

Grab 179: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*50 m. Tiefe der Grabsohle 1*49 w. Ober der 
rechten Ferse innerhalb der Kleiderspuren ein Glas- 
stück und ein verrosteter eiserner Gegenstand. Starke 
Kleiderspuren; Scherben. 

Grab 180: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*79 m. Tiefe der Grabsohle 1*58m. In der 
Nähe der linken Hand ein Ring aus Bronze mit ein- 
graviertem Kreuz [5138], eine eiserne Schaf schere 

Jahrbuch fOr Altertumskunde I 1907 



[5139], eine schlecht erhaltene BronzemOnze (Kon- 
stantius I oder Konstans KB), eine verzierte sil- 
berne Schnalle, ein eisernes Messer [5141], sechs 
eiserne Pfeilspitzen [5142 — 5147] und eine eiserne 
Spitze mit Widerhaken [5140]; eine eiserne Schnalle 
mit Platte [5148] lag unter der linken Hüfte. An der 
Außenseite des linken Oberschenkels eine eiserne 
Schnalle [5149], eine Bronzeschnalle mit Platte [5150], 
ein kleines eisernes Messer [5151], ein Fingerring aus 
Eisen [5152], ein eiserner Gürtelring [5153], drei spitze 
längliche eiserne Gegenstände [5156—5158] und eine 
menschliche Figur aus Blei [5154]. Lagerung in Lehm 
auf Sand; Scherben. 

Grab 181: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -50 tn. Tiefe der Grabsohle 2*63 m. Zur Linken 
des Kopfes ein Beinkamm [5159]; um den Kopf und 
auf der Brust verstreute Perlen. In der Beckengegend 
ein Glasstück. Lagerung in Lehm auf Sand; reichlich 
Kleiderspuren. 

Grab 182: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge l-46m. Tiefe der Grabsohle 1'52m. An der 
rechten Brustseite eine Scheibenfibel aus Blei mit 
Darstellung einer Taube [5232] und eine silberne 
S-Fibel [5160 Abb. 12]; ebendort verstreute Perlen und 
ein kleines mit einer Rille verziertes Ringelchen aus 
Silber, das wahrscheinlich zum Zusammenbinden der 
Perlen diente. Zwischen den Knien ein kleines eisernes 
Messer. Lagerung in Lehm auf Sand; Kleiderspuren. 

Grab 183: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*03f«. Tiefe der Grabsohle 1*90fn. 
In der Brustgegend verstreute Perlen. Lagerung in 
Humus. Orientierung ONO. 

Grab 184: Kopf eines Kindes, Rippen und 
Unterarmknochen; alles andere fehlte. Tiefe der 
Grabsohle 1 *80 tn. Ohne Beigaben. Lagerung in Lehm. 

Grab 185: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1'70 tn. Tiefe der Grabsohle 246 m. Am »echten 
Unterarm e'n lirößere.s Me^^er [ 61 Abb 9^. e 
kleineres Messer [5164 ein Feucr^teineisen m.t einem 
spitzen länglichen eisernen Gegenstand [5163], ein 
länglicher am Ende flach umgebogener eiserner Gegen- 
stand [5167], ein länglicher Gegenstand aus gedrehtem 
Eisen [5168]. In der Beckengegend ein eisernes 
meißelartiges Instrument [5164], ein Hohlmeißel 
[5165] und eine eiserne Schnalle [5166]. Lagerung in 
Lehm auf Sand. 

Grab 186: Skelett, die Hände im Schöße ge- 
faltet; Länge 1-56m. Tiefe der Grabsohle 1-79f«. 
Ohne Beigaben. Lagerung in Lehm auf Sand. 

Grab 187: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-60m. Tiefe der Grabsohle 2-03 ♦«. Um den 
Kopf und auf der Brust verstreut Perlen. Auf der 
rechten und linken Schulter je eine silberne Vogel- 

lO 



74 



W, I^MiD Die Reihengräber von Krainburg 



fibel mit Granat- uud Almandi neinlagen [5169 Abb. 12. 
5170]. Lagerung in Lehm auf Sand; Kleiderspuren. 

Grab 188: Skelett, der Unke Arm ausgestreckt, 
der rechte gebogen, im Schöße ruhend; der Kopf 
zerdrückt und 0*40 m entfernt vom Skelette; Länge 
1*50m. Tiefe der Grabsohle 1*21 m. Ohne Beigaben. 
Rötel; Schweinszähne. 

Grab 189: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-22 w. Tiefe der Grabsohle 2*15 m. Bei den 
Füßen eine eiserne Spät-La-Tene-Fibel [5171]. Lagerung 
in Lehm auf Sand. 

Grab 190: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*50 fn. Tiefe der Grabsohle 2*40 w. In der 
rechten Schultergegend ein Bronzestückchen. Lage- 
rung in Lehm auf Sand. 

Grab 191: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-72 m. Tiefe der Grabsohle 1-81 m. Um Kopf 
und Hals verstreut Perlen. An der rechten Hüfte 
Kopf und Fußknochen eines Pferdes; unter dem 
Pferdekopf eine eiserne Schnalle [5173]. Lagerung in 
Humus; Steinbettung; starke Kleiderspuren. Schweins- 
zahn. 

Grab 192: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*21 m. Tiefe der Grabsohle 1'79*n. In der 
Brustgegend rechts und links je eine vergoldete 
silberne S-Fibel mit Granateinlagen [5174 Fig. 12], 
in der Beckengegend eine verzierte und mit Email 
eingelegte ovale Scheibenfibel aus Bronze [5175], dar- 
über eine eiserne Schnalle [5176 Abb. 10]; ebendort 
auch einige verstreute Perlen. Am rechten Knie ein 
eisendes Messer. Lagerung in Humus unter Lehm; 
Steinbettung. Kleiderspuren. 

Grab 193: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*65 m. Tiefe der Grabsohle 2*23 fn. Bei der 
linken Ferse ein blaues Glasstück, das die Gestalt 
eines Ochsenkopfes darstellt [5177]. Ober den Knien 
ein eisernes Messer imd ein verrosteter eiserner 
Gegenstand. Zwischen den Knien, Schenkeln und um 
den Kopf Perlen verstreut. Unter der linken Hüfte 
drei Tonwirtel [5178 — 5180], in der Brustgegend zwei 
eiserne Schnallen [5172. 5181, Abb. 12]. Kleiderspuren. 
Schweinszahn. 

Grab 194: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-27 m. Tiefe der Grabsohle 1*80 m. In der 
Beckengegend eine eiserne Schnalle, eine kleine 
silberne Schnalle [5182], eine große eiserne Schnalle 
[5183] und ein spitzer länglicher Gegenstand. Lage- 
nmg in Humus. 

Grab 196: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*79w. Tiefe der Grabsohle 1*77 m. Zwischen 
den Knien ein kleines eisernes Messer [5184]. Zwi- 
schen Knien, Oberschenkeln und um den Hals waren 
Perlen verstreut. An der linken Hand ein Armring 



aus Bronze [5185]. In der linken Schultergegend 
eine vergoldete silberne S-Fibel [5186], am linken 
Knie ein sechsseitiges Glasscherbchen (Spiegel?). 
Ober dem linken Knie eine kleine silberne Scheiben- 
fibel mit neun hervorstehenden Granatzacken stern- 
artig besetzt. Lagerung in Humus; geringe Stein- 
bettung. Schweinszahn. 

Grab 196: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1*47 w«. Tiefe der Grabsohle 207m. In der 
rechten Fersengegend lagen ein Millefioriglassplitter 
[5187 a], ein eisernes Messer [5187], eine (nicht be- 
stimmte) Bronzemünze, ein kleines Bronzeblech, ein 
Messer mit Feuersteineisen und zwei länglichen 
spitzen Eisengegenständen [5188]. Lagerung in Lehm 
auf Sand. Scherben. 

Grab 197: Verwittertes Skelett eines Kindes, 
Kopf nach rechts geneigt, darunter die Handfläche 
der rechten Hand, linker Arm nicht mehr vorhanden; 
Länge MOm. Tiefe der Grabsohle 1*47 tn. An der 
rechten Hand (neben dem Kopfe) ein eiserner Arm- 
ring [5189], dessen ein Ende umgebogen war. In 
der Nähe des Kopfes eine eiserne Schnalle [5190]. 
In der Beckengegend ein sehr kleiner verrosteter 
eiserner Gegenstand. Lagerung in Humus mit kleiner 
Steinbettung; geringe Holzkohlespuren (vom Sarge?). 
Rötel; Scherben. 

Grab 198: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge i'37m. Tiefe der Grabsohle 1-62wi. 
Unter dem linken Knie ein mit Bronzeknöpfen ver- 
zierter Beinkamm [5191]. In der Beckengegend eine 
massive Bronzeschnalle, Lederspuren (eines Gürtels), 
drei mit Blei ausgegossene Bronzeknöpfe mit Öhr 
[5192], einer davon gebrochen, und in Bruchstücken 
ein Messer, eine eiserne Haarschere und ein Bronze- 
ring sowie eine viereckige silberne Schnalle mit 
schriftartigen Charakteren [5193]. Lagerung in Humus; 
Steinbettung. Scherben. 

Grab 199: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge ^'59m, Tiefe der Grabsohle 1 77 w (davon 
Anschüttung 1-30m). Am rechten Oberarm ein Ton- 
wirtel [5194], in der Brustgegend ein eiserner Ring 
[5195], an der linken Schulter ein gebogener eiserner 
Gegenstand. Neben der linken Hand einige unbe- 
stimmbare Bronzestücke, am Ellenbogen der linken 
Hand Rindszähne. Lagerung in Schotter. 

Grab 200: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-47w. Tiefe der Grabsohle 2-70 w. An der 
linken Hüfte ein Beinkamm [5196]. Lagerung in Lehm 
auf Sand; Steinbettung. Kleiderspuren. 

[o*20 m vom Kopfe (gegen NW) entfernt lag eine 
silberne Hallstattfibel mit Nadel und Sehne aus Bronze 
[5197, Abb. 12], darstellend einen Greif; der Vogel, den der 
Greif fangt, war abgebrochen und fehlt.] 



W. §MiD Die Reihengräber von Krainburg 



75 



Grab 201: Skelett eines Kindes, die Knochen 
in Unordnung, linker Arm gestreckt, rechte Hand im 
Schöße ruhend; Länge iOSm. Tiefe der Grabsohle 
1-72fw. In der Beckengegend ein kleines eisernes 
Messer, an den Fingern der linken Hand ein ge- 
brochener eiserner Armring. Lagerung in Schotter; 
Steinbettung. 

Grab 202: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 0-62 m. Tiefe der Grabsohle 2 40 m. Ober den 
Füßen eine kleine Bronzenadel. Scherben, Rötel. 
Lagerung in Lehm; Steinbettung. Orientierung nachN. 

Grab 203: Skelett mit im Schöße gefalteten 
Händen; Länge 1*64w. Tiefe der Grabsohle 284 m. 
Zur Linken der Kopfes und unter dem linken Ober- 
schenkel waren Perlen verstreut. An der Innenseite 
des linken Oberschenkels ein kleines eisernes Messer 
[5198]. In der Beckengegend verrostete Eisengegen- 
stände, drei Tonwirtel [5199. 5200. 5201] und eine 
eiserne Schnalle [5202]. Scherben. Lagerung in Lehm 
auf Sand; Kleiderspuren. 

Grab 204: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1 -30 m. Tiefe der Grabsohle 2*52 w. Zur Linken 
des Kopfes lag ein Beinkamm. Zwischen den Knien 
eine eiserne Spät-La-T6ne-Fibel [5203] und ein schaber-' 
artiger Gegenstand aus Eisen mit gedrehtem Griflf- 
stiel [5204]. Keine Kleiderspuren. Lagerung in Lehm 
auf Sand. Orientierung ONO. 

Grab 205: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
um den Kopf lagen Perlen verstreut. Zwischen den 
Knien Perlen, ein Bronzeknopf [5205] und ein un- 
deutlicher eiserner Gegenstand, in der Beckengegend 
eine eiserne Schnalle, ein Gürtelring [5206] und eine 
Gürtelschließe [5207] sowie ein Glasstück. Lagerung 
in Lehm auf Sand. 

Grab 206: Verwestes Skelett eines Kindes; 
ungefähre Länge 1 w. Tiefe der Grabsohle 1*92 fw. 
Zur Linken des Kopfes Stücke eines Beinkammes. 
Perlen waren in der Halsgegend und auf der Brust 
verstreut. An den Knien Tonscherben und ein Schweins- 
zahn. Lagerung in mit Schotter gemischtem Humus. 

Grab 207: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-68tM. Tiefe der Grabsohle 2*60 w. Zwischen 
den Oberschenkeln Perlen und eine mit Rillen ver- 



zierte Haarnadel aus Bronze [5208]. Quer über das 
linke Knie waren ein Messer und ein Beinkamm mit 
Bronzebeschlag geleg^. Am linken Knie noch ein 
Tonwirtel [5211], am rechten eine kleine Schnalle aus 
Bronze. Unter dem Kinn eine silberne Scheibenfibel 
mit Granateinlagen [5209, Abb. 10], die die Silber- 
stege der Fibel kaum hervortreten lassen, und eine 
vergoldete silberne S-Fibel [5211], Lagerung in Lehm 
auf Sand ; starke Kleiderspuren. 

Grab 208: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge i'OSm bis zum Knie (die Unterschenkel 
fehlten). Tiefe der Grabsohle 2-72 m. In der Ellen- 
bogengegend eine Schnalle aus Bronze [5212]. Lage- 
rung in Lehm auf Sand. 

Grab 209: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge \-7Sm. Tiefe der Grabsohle 2*30 m. In der 
Beckengegend eine massive Bronzeschnalle [5213] 
und Teile eines silbernen Gürtelbeschlages [5214]. 
Lagerung in Lehm auf Sand; starke Kleiderspuren. 

Grab 210: Skelett eines Hockers; Länge 1-20 . 
Tiefe der Grabsohle 1*75 m. Ohne Beigaben. Lage- 
rung in Humus; keine Kleiderspuren. 

Grab 211: Skelett eines Kindes mit ausge- 
streckten Armen; Länge 1 m. Tiefe der Grabsohle 
2-57 /M. Lagerung in Lehm auf Sand; keine Kleider- 
spuren. 

Grab 212: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge i'70 tn. Tiefe der Grabsohle 2*30 fw. Ohne Bei- 
gaben. Lagerung in Lehm auf Sand; starke Kleider- 
spuren; Steinbettung. 

[Von den 2'30 m der angegebenen Tiefe der Grab- 
sohle entfallen nur I'l2 m auf den gewachsenen Boden; 
darüber lagen eine mächtige Schicht der städtischen Ab- 
falle und Überreste der Glockenformen aus der ehemaligen 
Glockengießerei, die hier gestanden haben soll. Vom ge- 
wachsenen Boden entfallen 0'6o m auf Humus« darunter 
folgt eine mehr minder dicke Schichte Lehm und dann 
Sand, dieser folgt auch oft direkt auf Humus.] 

Grab 213: Skelett mit ausgestreckten Armen; 
Länge 1-57m. Tiefe der Grabsohle 2tw. Am rechten 
Ellenbogen lag eine verzierte Bronzeschnalle [5215], 
Lagerung in Lehm, gemischt mit Humus; keine 
Kleiderspuren. 

[Eigentliche Tiefe (bis zur Anschüttung) 076 m.] 



Berühren wir zum Schlüsse die Frage nach der Nationalität der Bewohner Krain- 
burgs, die am Saveufer ihre Ruhestätte gefunden haben. 

Bereits der der Wissenschaft allzufrüh entrissene Riegl hat entgegen der Ansicht 
jener, die in diesen Gräbern Spuren der ältesten slavischen Bevölkerung Krains zu ent- 
decken glaubten, aus den Bestattungsgebräuchen auf einen germanischen Stamm geschlossen. 
Auf Grund vieler Parallelen mit Funden aus Norditalien kam er Qahrbuch 1904, 117) zur 
Überzeugung, daß in Krainburg, dieser von der Natur so außerordentlich geschützten Stelle, 



10'' 



7 6 W. §MID Die Reihengräber von Krainborg 

ein langobardi scher Wachposten in Garnison stand, der — wiederum nach Auskunft der 
Funde — im VII. Jh. eingfegangen sei. 

Diese Annahme wird durch die neuen Funde, zu denen zahlreiche Parallelen aus 
zweifellos langobardischen Gräbern in den Museen von Cividale, Aquileja und Triest treten, 
beträchtlich gestützt und durch folgende geschichtliche Erwägungen noch wesentlich erhärtet. 

Oberkrain gehorte schon im IV. Jh. unserer Zeitrechnung zu Italien.*) Daß die Lango- 
barden sich in Italien, wie vorher und in anderen Ländern auch die übrigen Stämme der 
Völkerwanderungszeit, nur an die Stelle der früheren Gewalthaber setzten und im ganzen 
die früheren Grenzen der Territorien beibehielten,*) beweist uns Paulus Diaconus, der am 
Ende des VIII. Jh. seine Historia Langobardorum schrieb und als Grundlage seiner Be- 
schreibung der italienischen Provinzen einen Katalog derselben Provinzen vom Jahre 613 
benutzte. In seiner Schilderung erzählt er II 9, Italien sei gegen Westen und Norden so 
von den Alpen eingeschlossen, daß man nur durch Engpässe und über die höchsten Rücken 
der Berge hereinkommen könne. Von der Ostseite aber, wo es an Pannonien stößt, steht 
ein breiter und ganz ebener Zugang oflFen. Da nun die Grenze Pannoniens nach Westen 
seit der Herrschaft der späteren römischen Herrscher bis zur karolingischen Zeit sich nicht 
verändert hat,^) kann der von Paulus erwähnte breite und ebene Zugang zu Italien nir- 
gends anderswo sein als zwischen Gurkfeld und Rann in der Mulde des Gurkflusses. Ober- 
krain gehörte demnach auch zur Zeit der Langobardenherrschaft zu Italien,^ und zwar 
zum Herzogtum Friaul, mit dem es auch unter der Herrschaft der ersten Karolinger bis 
zum J. 829 vereinigt blieb. 

Paulus erwähnt überdies Krain und das Verhältnis der Langobarden zu den Slaven in 
seiner langobardischen Geschichte. IV 38 berichtet er, daß nach dem Tode Gisulfs, des 
ersten Herzogs von Friaul, der im Kampfe gegen die Avaren ums J. 610 auf der Walstatt 
geblieben war, dessen Söhne Taso und Cacco die Herrschaft über das Herzogtum über- 
nahmen. Sie eroberten eine Landschaft der Slaven, Zellia genannt, bis zum Orte Medaria 
(Sclavorum regionem quae Zellia appellatur usque ad locum, qui Medaria dicitur). Daher 
zahlten diese Slaven bis zu den Zeiten des Herzogs Ratchis Tribut den Herzogen von 
Friaul. Das Dunkel, das über der Gegend Zellia und dem Orte Medaria schwebt, ist bisher 
nicht gelichtet worden; keine der aufgestellten Hypothesen ist zwingend, und überdies sind 
die Namen in den Handschriften nicht einheitlich überliefert: Zellia, Cagellia, Azellia, 
Agellia und neben Medaria Medaria. Ich glaube daher, über die fraglichen Namen hinweg- 
gehen und mich an die Tatsache halten zu dürfen, daß Taso und Cacco slavisches Land 
erobert haben, dessen Bewohner den friaulischen Herzogen bis zu den Zeiten des Herzogs 
Ratchis tributpflichtig blieben. 

Zellia war höchstwahrscheinlich innerhalb der Grenzen Oberkrains gelegen. Denn nach 
Paulus VI 52 überfiel Ratchis, „als er (um 738) in Friaul Herzog geworden war, mit den 
Seinigen Carniola, die Heimat der Slaven (Carniolam Sclavorum patriam), tötete eine 
große Anzahl Slaven und verwüstete alles." Halten wir diese Stellen zusammen und ziehen 

*) Itiner. Hierosol.: mansio AdranU (heute Trojana '') Das erhellt auch aas dem klaren Zeugnis bei 

an der Grenze zwischen Krain und Steiermark) fines Paulus II 14: Vendia enim non solum in parvis insulis 

Italiae d Norici, die Grenze zwischen Italien und Norikum. quas nunc Vendias dicimus constat, scä eins terminus a 

*) L. M. Hartmann, Geschichte Italiens im Mittelalter Pannoniae finibus usque Adäuam fluvium protdatur . . . 

II I S. 40. Vendiae eiiam Hisiria connectitur, d uiracque pro iina 

•) DÖMMLER, Sudöstliche Marken im Archiv für provincia habeninr. 
osterr. Geschichte X li. 



W. §MID Die ReihengrSber von Krainbarg 77 

wir in Erwägxing, daß die kleinere Landschaft (regio) Zellia in die größere „Heimat" (patria 
Slavorum) Camiola ohne Schwierigkeit sich einordnen läßt, so dürfte der Sachverhalt etwa 
folgendermaßen sich gestaltet haben. 

Die Langobarden waren als Eroberer in Italien eingezogen; es ist daher leicht erklärlich 
und von Paulus auch ausdrücklich bezeugt, daß die unterworfenen Volker jede Gelegenheit 
benutzten, um die Fremdherrschaft abzuschütteln. Die furchtbare Niederlage der Friauler 
und der Tod Herzog Gisulfs um 6io boten den Slaven in Krain willkommenen Anlaß zur 
Empörung, besonders da die jugendlichen Söhne des gefallenen Herzogs erst aus der ava- 
rischen Gefangenschaft sich retten mußten. Taso und Cacco mußten daher das Land der 
Slaven wieder erobern. Seit dem plötzlichen avarischen Überfalle erschien der Besitz dieses 
Grenzlandes gegen Pannonien überdies doppelt wertvoll, da geschickt verteilte Wachtposten 
die Avarenflut doch einigermaßen zurückhalten konnten. Die Herrschaft Friauls über 
Krain konnte nur durch langobardische Garnisonen, denen auch die Grenzhut gegen die 
unverläßliche avarische Freundschaft anvertraut war, aufrechterhalten werden; und was ist 
wahrscheinlicher, als daß nach Krainburg, dem natürlichen und von Natur wohlbefestigten 
Mittelpunkte Oberkrains, eine solche Garnison gelegt worden ist? 

Der Avarensturm ließ auch gar nicht so lange auf sich warten. Von König Grimoald 
gegen den aufrührerischen Herzog Lupus im Jahre 663 zu Hilfe gerufen, schlugen sie in 
einer dreitägigen Schlacht am Hubelj {fluvius Frigidus, im Wippachtal) Herzog Lupus, der 
mit der Schlacht sein Leben verlor, und es bedurfte großer Geschicklichkeit des Königs, sie 
wieder zum Räumen des Landes zu veranlassen (Paulus V 18—21). Zu der Entscheidungs- 
schlacht am Frigidus wird jedenfalls Herzog Lupus alle verfügbaren Streitkräfte, demnach 
auch die Garnison von Krainburg zusammengezogen haben, und es werden auch, wie es 
unter Alahis um das J. 688 geschah, als dieser mit dem ganzen Ostlande gegen Cunincpert 
zog (Paulus V 39 cum omni Alahis Anstria), Slaven Heeresfolge geleistet haben. Da sowohl 
die Friauler wie die Avaren in der Schlacht sehr große Verluste erlitten haben, unterblieb 
höchst wahrscheinlich die militärische Neubesetzung Krainburgs. Für diese Annahme spricht 
auch die Beobachtung, daß der Stilcharakter (das archäologische Alter) der Krainburger 
Grabfunde nicht über die Mitte des VII. Jh. hinausreicht (vgl. Riegl Jahrbuch 1904, 248 f.j. 

Es herrschte auch unter den tüchtigen Fürsten auf dem friaulischen Herzogsstuhl 
einigermaßen Ruhe in Krain. Als aber der mächtige Herzog Pemmo von Friaul bei König 
Luitprand in Ungnade fiel und sein junger Sohn ihm in der Herzog^würde nachfolgte, em- 
pörten sich die Slaven im Bewußtsein ihrer Stärke und verweigerten den Tribut. Ratchis 
zog nun nach Krain gegen sie zu Felde. Es scheint aber, daß er seine Absicht nicht 
erreichte und sich mit einer nominellen Herrschaft über Krain begnügen mußte. 



Wilhelm Kubitschek 



Eine Inschrift aus Salona 



November 1904 hatte ich gelegentlich meiner Vorarbeiten für eine Ausgabe der auf 
österreichischem Boden gefundenen griechischen Inschriften ein kurz vorher in das Museum 
von Spalato gelangtes Fragment (n. 3266 A) mit Resten dreier griechisch abgefaßter Zeilen 
abgeschrieben. Es war auf den ersten Blick klar, daß es sich um den Rest der Datierung 
nach romischen Konsuln, und zwar des Jahres 56 v. Chr. handle, also um den Rest einer 
für Verhältnisse des dalmatinischen Festlandes sehr alten Inschrift.*) Direktor BuliC hatte die 
Güte, mich vor kurzem davon in Kenntnis zu setzen, daß zwei andere Fragmente (n, 3633 A 
und n. 3701 A) derselben Inschrift in das Museum gebracht worden seien, und mir mehrere 
Abklatsche von ihnen zu übersenden. Nach diesen Abklatschen, also ohne die neugefundenen 
Stücke gesehen zu haben, habe ich die unten verwerteten Abschriften angefertigt. 

Die drei Fragmente sind sämtlich im Osten der Porta Caesarea von Salona, aber in 
verschiedenen Entfernungen von ihr, gefunden worden, und zwar n. 3266 im J. 1904 etwa 
130W von ihr auf der Giovanni Girometta gehörigen Grundparzelle 3794;*) n. 3701 im 
Augxist 1906 etwa Som vom selben Tore*) auf der Parzelle 3764 desselben Eigentümers; 
n. 3633 etwa 20 m vom Tore auf Parzelle 3760 des Matteo GroiC*): also, gleichsam hingestreut 
längs der schnurgerade aus dem Tore laufenden antiken Straße. Sie gehören einer 10 cm 
dicken Platte aus weißem Kalkstein an und enthalten Stücke ihres oberen und ihres linken 
seitlichen Randes; die Breite dieser Platte kann mit ungefähr 45 — 50 cw bestimmt werden, 
da die Länge der Zeilen 7 bis 11 so gut wie gesichert ist; die Höhe der Stele kann nicht 
ganz gering gewesen sein, da die erhaltenen, in ihrem Zusammenschluß aneinander gesicherten 

Fragmente bereits eine Höhe von 35 rw darstellen und 
erst das Präskript und einen Teil des einleitenden 
Satzes enthalten. 

Erhalten haben sich diese Fragmente offenbar nur 
dadurch, daß die Stele in späterer wohl noch römischer 
Zeit, unter der 14. Zeile abgeschnitten, zu einem Gossen- 
deckel umgearbeitet wurde; glücklicherweise die In- 
schrift nach unten und der Sammeltrichter von der 
rückwärtigen Seite aus hineingebohrt. Eine Zeichnung 
des Assistenten des Staatsmuseums in Spalato Herrn ZnidarCiC ist Abb. i für die Veranschau- 




Abb. I Anordnung der Fragmente, a von 
der Vorderseite, bvon der Rückseite gesehen; 
der Kreis in b bedeutet den oberen Rand des 
in den Gossendeckel gebohrten Abflußtrichters 



^) Herausgegeben von BuLid im BuUettino dalmato 
XXVn (1904) S. 92 n. 3266. 

^) Also inmitten des vom Mauerkranz umzogenenen 
Stadtgebietes von Salona; aber ich will nicht erörtern, ob 
die Fundstelle wirklich, wie man glaubt, dem ältesten 
oder nicht vielmehr einem erst durch eine Stadterweite- 



rung unter den Kaisem hinzugefügten Stadtteil Salonas 
angehört. 

') u. zw. in dem bei Carraras Grabungen 1848 auf- 
gehäuften Schutt, war also bei jenen Grabungen gefunden 
worden. 

*) u. zw. in einer „gomila**. 



W. KUBITSCHEK Eine Inschrift aus Salona 



79 



lichung der Erhaltung auf der Vorder- und auf der Rückseite der Stele verwendet Sind 
nicht andere Bruchstücke desselben zertrümmerten Gossendeckels in früherer Zeit aufgelesen 
und anderweitig verwendet worden, so darf man mit einiger Wahrscheinlichkeit für die 
nächsten Jahre wenigstens noch auf die Ergänzung des Präskriptes rechnen. Die Inschrift,^) 
in 1*4 bis 2 cm hohen Buchstaben*) eingegraben, hat ungefähr so gelautet (Abb. 2): 



/ae:ntaoyn\ 

OVMAPIclOY*!] 






oYTC 
Va4C 



ZANTii. lAn 
♦lAoYYlOYKAIkAEE 

noj:yioy4IAozeno' 

► ENAtcOAHIAEnirAloYlOY/^ 
AYTO K PAT9P0 E TAI OXFAYE N 

-^ i^^PI AZT-aN IZZAil 

^^./ -r--^^ljgi^ljYZ AU 

Abb. 2 



FniOoMNAMO 

/NOZ/AHNOZAP 
/iNOYRPEZBE 



>AM*lAWTC3Yn 
VYT0YTIM^ 
LüNYZIoy 



\jbil ÖTwbcov Fvotfou KopVTf]Xfo]ü AlvrXou M[ocp- 

xeXXfvou HoTcXfou utoO, Aeux]foü MapxCou Ot[X(7c- 

TTOu Aeuxfou utoö izph i^(tep(Dv 7civ]xe? Nü)Vä[v . . . 

iv 8fe 1aa>j] äul Upofivotfio[vo€ 

5 Toö ]vo€ [A^jvös 'Ap[xe- 

jit[T]fo[u . . Zahl ? £aTaji]£voi> , 7cpeaße[iH] 

aavTü)[v] . . ay üaiicp^Xou xoö n[afi- 

^£Xoi> uloO xal KXeejx[7c6p]ou xoO TtiJtot[a((0- 
vo$ uEoö (xai) OcXo^^vou [xoö] Atovuatou [uloö 

10 äv 'AxoXrjta tel VtIom 'IouXt[oi>] Ka£[aapo€ 
oöxoxpaxopos Fito^ raüevi[o$ ? Fatou ül- 
ö^ d>aß(a X6you€ 47Wi^a[axo Trepl xfj^ xe 
SXe[u8'e]p£oc€ xöv 'Iaaa{[a)v xal xfj^ (ptXfoc^ 
xöv Pa)|ia£Ja)v xal 'Iaaaf[ü)v 



Der Schluß der Z. 11 lOZrAYENI steht auf Rasur; den älteren Text zu ermitteln erlaubt 
der Abklatsch nicht. Buliö hat (dort wo die Abklatsche nicht ausreichen) Z. 3 die oberen 
Hälften von ITTAIONIIA////, Z. 7 ZANTn/HArYI abgeschrieben. 

Die Geschichte und die Bedeutung der griechischen Ansiedlung auf Issa, dem heutigen 
Lissa, haben Adolf Bauer, Arch.-epigr. Mitt. XVIII (1895) 128 ffi und BrunSmid, Ab- 
handlungen des arch.-epigr. Seminars XIII in fg. dargelegt; es war die älteste und stärkste 
der griechischen Ansiedlungen an der Ostküste des Adriatischen Meeres, und sie war und 
blieb dort der Stützpunkt der griechischen Nationalität. Kein ungefähr datierbares Zeugnis 
der griechischen Kultur auf den dalmatinischen Inseln reichte bisher für uns in so späte 
Zeit; diese Urkunde ist also Zeugnis, sowohl daß noch in caesarischer Zeit das Griechische 
Amtssprache auf Issa war, als auch daß Issa noch Vorort der Peraea war, in welcher Salona 
lag. Beides ist von nicht unerheblichem Interesse. Also reichte noch damals der Druck 
der römischen Bundesgenossenschaft hin, um in Issas Verfassung einer Anzahl griechischer 
Familien die Herrschaft zu erhalten; aber sobald es Rom beliebte, konnte eine gesetzliche 
Verfügung, eine Änderung der Verfassung und kräftige Ausnutzung der schon lange an- 
dauernden italischen Einwanderung') das Griechische so gut wie wegblasen: allem Anscheine 
nach zu gleicher Zeit und mit noch nachhaltigerem Erfolge als in Dyrrachium, das nach der 
Beendigung des großen Ringens zwischen Caesar dem Sohn und Marcanton durch Anlage 
einer römischen Kolonie dem griechischen Volkstume genommen worden ist. Auf den Inseln 
und auf dem Festlande Dalmatiens wurde in der Kaiserzeit lateinisch gesprochen, und die 



^) Das Fragment n. 3266 ist 17 cm hoch; die Inschrift 
beginnt 5*5 cm unter der kräftig profilierten Abschlußlinie, 
iv^cm unter dem oberen Rande. 

') Die Buchstaben sind nicht sonderlich regelmäßig ge- 
staltet, verschieden hoch, recht verschieden breit; auch die 
Abstände zwischen den Buchstaben wechseln stark. Die 



Schrift zeigt den gleichen Charakter wie die beiden Fragmente 
504 A und 2323 A, welche u. a. BRUN§Mm S. 33 n. 31 
(vereinigt) veröffentlicht hat; auch der Stein ist der nämliche 
und selbst der Erhaltungsgrad ähnlich. Indes gehören die 
seit 1904 gefundenen Fragmente nicht zu jenen älteren. 
') Vgl. MoMMSKN Römische Geschichte V 184. 



8o w. KuBiTSCHKK Eine Inschrift aus Salona 

einheimische illyrische Bevölkerung, die eigentlich erst jetzt zu größerem Wohlstande und 
etwas höherer Zivilisation gelangte, fand sich recht und schlecht in die Sprache Roms. Was 
wir an griechischen Inschriften in Dalmatien aus der Zeit nach der Aufrichtung der römischen 
Herrschaft erhalten haben, gehört fast ganz seiner Haupstadt an, einer Großstadt, der 
Griechen nicht fehlen durften, und obendrein fast nur der späten Kaiserzeit, in der seit 
dem kulturellen, kommerziellen und politischen Wiedererstarken des Orientes die Griechen, 
besonders die graecisierten Syrer, wieder energisch und erfolgreich in den überseeischen 
Handel eingetreten waren. 

Bei Erlassung des Verfassungsgesetzes für die neue Provinz Illyricum im J. 167 v. Chr. 
war bestimmt worden (Livius XLV 26): non solum liheros sed etiam immunes fore Issenses 
et TaulaniioSy Dassaretiorum Pirusias Rhizonitas Olciniatas, quoä incolumi Gentio ad Romanos 
defecissent. Seither erfahren wir über die politische Stellung Issas nichts, auch nicht während 
der Kämpfe Caesars mit Pompeius. Damals hatte sich Issa (Caesar de bell. civ. in 9. bell. 
Alex. 47) auf Betreiben des M. Octavius der Sache des Pompeius angeschlossen, was für 
Caesar um so unangenehmer sein mußte, als die auf der gleichnamigen Insel gelegene Stadt 
nobilissimum regionum earum opptdum war. Indes Vatinius verdrängte durch einen Hand- 
streich M. Octavius aus seiner Operationsbasis und ging darauf nach Issa, wo, wie er ver- 
mutete, Octavius den Gegenangriff vorbereiten würde; Octavius war aber schon abgesegelt, 
und oppidani subplices se Vatinio dediderunt; das war der unrühmliche Ausgang jener Aktion, 
die Octavius dadurch eingeleitet hatte, daß er Issam a Caesaris amicitia avertit (de bell, 
civ. a. O.). 

Der Fundort der Inschrift beweist mit großer Wahrscheinlichkeit für den Ort ihrer 
ursprünglichen Aufstellung und damit femer auch, soweit wir aus den Resten urteilen 
können, mit Wahrscheinlichkeit für den Fortbestand des issaeischen Besitzes auf dem 
Festlande, speziell in Salonae.^) Dieses hat bei Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen 
Caesar und Pompeius weder Versprechungen noch Drohungen der pompeianischen Partei sich 
zugänglich gezeigt und den bewaffneten Angriff des Octavius ruhmvoll zurückgeschlagen. Mir 
fällt nun, während ich dies schreibe, sehr auf, daß sowohl Salonae als auch Epidaurus, das 
gleichfalls Caesar treu bleibt, später in die Tribus Tromentina eingereiht worden ist; femer 
ebenso Narona, über das uns allerdings jede ausdrückliche Überlieferung fehlt, in oder 
bei welchem aber wenigstens im weiteren Verlauf des Krieges ein caesarianisches Lager 
liegt (vgl. Briefe aus den Jahren 46 bis 44 bei Cicero ad fam. V 9. 10*. 10^. XIII 77). 
Nur noch eine einzige Stadt Dalmatiens gehört später der Tromentina an: Aequum, von 
dessen älterer Geschichte uns aber nichts bekannt ist. Alle anderen Städte Dalmatiens sind in 
der Claudisc^en Tribus oder in der Sergia verzeichnet; die ersteren liegen sämtlich im Norden, 
und ihre Zugehörigkeit zur Claudia habe ich durch die ehemalige Eingliederung in die nord- 
italische Provinz zu erklären versucht;*) die Sergia in Küstenstädten von ladera bis südwärts 
nach Risinium ist auf einen Akt des Augustus zurückzufuhren. Es sind also, abgesehen vom 

^) Lissa ist mit einer Oberfläche von kaum 100 km^ auf dem Festlande sich ausbreitete, kann natürlich durch 
die weitaus kleinste unter den Hauptinseln Dalmatiens. Also bloßes Nachdenken nicht erschlossen werden. Über die Aus- 
wird man, wenn der Verfasser des bellum Alexandrinum dehnung der Peraea Issas hat, glaube ich, BRUN§Mroa.O. 
die Stadt die ansehnlichste Dalmatiens nennt (denn in seinem VIII richtiger als Bauer a. O. 130, Schluß der Anmerkung, 
nobilissimum regionum earum oppidum ist das Adjektivum geurteilt. 

augenscheinlich im wirklichen Superlativ verwendet), für ^) De tribnum Romanarum origine ac propagatione 

diese Zeit auf einen größeren Landbesitz Issas schließen 82 — 88. Imperium Romanum tributim discriptum 105 

dürfen. Ob dieser Landbesitz bloß auf den Inseln oder auch Anm. 142. 



W. KUBITSCHKK Eine Insdirid aus Salona 8l 

äufiersten Norden Dalmatiens im Küstengebiete dieser Provinz nur zwei Tribusschichten ver- 
treten, und ihre Bildung ist nicht gleichzeitig erfolgt; das eine Mal ist die Tromentina, das 
andere Mal die Sergia verliehen worden. Ich habe früher die Tromentina auf vorcaesarische 
Zeit *) oder wenigstens auf die Zeit vor Caesars Diktatur zurückführen wollen. Aber wir 
schliefien aus den neuen Fragmenten, dafi Salonae damals noch zu Issa gehörte, und alsa 
können die cives Romani, welche in Salona den heftigsten Widerstand gegen M. Octavius 
leisten, nicht für eine Bürgergemeinde Salonae zeugen, sondern lediglich für einen starken, 
von Caesar a. O. übrigens ausdrücklich und mit Anwendung des terminus technicus be- 
zeugten*) conventus civium Romanorum; dafür also, daß die römischen Bürger in dem zu 
Issa gehörigen Dorf Salonae eine ansehnliche ZiflFer der Einwohner ausmachten.') Also 
wiederholen sich bei Issa die gleichen Verhältnisse wie bei Massalia, wenn auch die mer- 
kantile Bedeutung und die Machtstellung beider Freistädte verschieden war; beide aber 
waren die Zentren ansehnlicher Handelsgebiete, beide durch lange Jahre angewiesen auf die 
Verstandigxmg mit Caesar, dem Statthalter des angrenzenden römischen Gebietes, beide, 
als Pompeius lockte, bereit sich diesem anzuschließen, beide wurden, nachdem der Versuch, 
so im Bund mit der Senatspartei günstigere Herrschaftsbedingxmgen sich zu sichern oder 
nicht noch mehr zu verlieren, mißlungen war, um einen Teil ihres Gebietes gestraft; auf einem 
Teil des Gebietes der alten massaliotischen Freistadt gründete Caesar seine colonia Octava- 
norum Pax Classica und die colonia V(irtus ?) lulia Septimanorum Baeterrae und verfugte die 
Gründung anderer Kolonien wie der von Arelate, und es war issaeischer Boden, auf dem — 
wahrscheinlich noch durch Caesar selbst, sonst auf Grund seiner Verfügungen und gleich 
nach seinem Tode *) — die colonia Martia lulia Salonitana entstanden ist. Die Bedingungen 
für die Gründung dieser Kolonie waren die besten; entsprechend den geänderten Verkehrs- 
und Machtverhältnissen im Küstengebiete des Adriatischen Meeres und in Rücksicht auf 
die erhoffte Erschließung eines an Naturprodukten reichen und konsumfahigen Hinterlandes 
ist Salonae mit seinem herrlichen und die Reede Lissas an Größe und Sicherheit viel- 
mals übertreffenden Hafen als Neugründung von vornherein im Vorteil gegenüber Issa 
gewesen, und der starke conventus römischer Bürger war für die Koloniegründung ein 
wertvoller Baustein: ja, diese Gründung die natürliche Konsequenz aus ihm. In Salona 
hatten römische Kaufleute sich niedergelassen, um den Issaeern erfolgreich Konkurrenz zu 
bereiten; der wirtschaftliche Wettstreit hatte wohl seinen guten Anteil daran, daß die 
römischen Bürger in Salona und die Issaeer im Kampfe Caesars gegen Pompeius sich um 
verschiedene Fahnen scharten; die Ausscheidung Salonas aus dem Gemeindegebiete von 
Issa war der Dank des Siegers, die Gewähr für ein ungehindertes Aufstreben des römischen 
Emporiums und für die Dekapitalisation Issas. Vielleicht ward auch die Gründung des muni- 
cipium Aequum auf issaeischem Boden vollzogen, vielleicht Epidaurus auf dem Gebiete von 
Risinium (Rhizonion) angelegt ? Aber, um nicht unbewiesene und derzeit unbeweisbare Ver- 
mutungen zu häufen, so viel darf man wohl schon heute zu sagen wagen, daß die neuen 
Bürgergemeinden Caesars sämtlich in die Tromentina eingfeschrieben worden zu sein scheinen. 
In der augiistischen Schichte von Bürgerstädten auf dem dalmatinischen Küstenstreifen 
erscheint auch Issa; d. h. es wird von Plinius in der Naturgeschichte, wo eine Quelle augusti- 

^) Imperiam Rom. trib. discriptum 232. ^ Kornbmann De civibus Romanis in provinciis im- 

^ Tm Bellam Alexandrinum (42 Salonam , , , oppiäum perii consistentibns (1891) X09; ygl. auch 76; derselbe bei 

mariiumum, quod civcs Romani fortissimi fidelisimique in- Wissowa IV 11 80. 1183. 

colebant) ist dasselbe gemeint, aber nicht ausdrücklich gesagt *) Sonst vermutet man : Ende der dreißiger Jahre. 

Jahrbuch für Altertnmakande I Z907 II 



B2 w. KuBiTSCHEK Eine Inschrift aus Salona 

scher Zeit ausgeschrieben ist, III 152 als Issa civium Romanum angeführt, und die hier 
heimatberechtigten Bürger werden in Inschriften mit der tribus Sergia verbunden.^) Das 
war das Ende der griechischen Freistadt, das die Gemeinde und deren Besitz ganz in die 
Hände der romischen Einwanderung spielte, ohne daß aber mangels irgendwelcher Quellen 
wir zu dem Schlüsse gezwungen wären, die Reste der ortsansässigen vornehmeren griechischen 
Familien seien nicht mit in die neue Bürgerschaft aufgenommen worden oder die Um- 
wandlung sei nicht in ungestörter und fast organischer Folge der besonderen wirtschaft- 
lichen und sozialen Entwicklung vollzogen worden. 

Issa hat sich durch die Erledigung seines im J. 56 v. Chr. Caesar zu Aquileia vorge- 
tragenen Gesuches, obwohl sie ja wenigstens formell eine günstige gewesen sein muß — 
denn wie hätte man sonst daran gedacht, Abschriften des Gesandtenberichtes an ver- 
schiedenen Punkten der issaeischen Mark und so auch in Salonae*) auf Stein gegraben 
auszustellen — nicht davon abhalten lassen, den Anschluß an Caesars Gegner zu suchen; so 
wenig als Massalia, das Caesar auch nicht anders seine , Wohltaten' und seine Fürsorgen 
zu danken sich entschloß.') 

Das Jahr, in welchem die Issaeer dem Imperator diese Bitte vortrugen, wird nach 
römischem Kalender mit Angabe der Konsuln und nach issaeischem mit Angabe des epo- 
nymen Hieromnamon bezeichnet. Von der römischen Monatsbezeichnung glaubte ich auf 
dem Abklatsche die in Abb. 2 gezeichneten Buchstaben zur Not erkennen zu sollen; eine 
Revision auf dem Steine ist unbedingt nötig. Hingegen dürfte das issaeische Datum mit 
mehr Sicherheit gefunden sein: fiijvö^ 'Ap[Te]fit[x]fo[ü xpfrjj oder sonst eine TagesziflFer ipxofi]lvoü 
oder [lora^ij^voü. Der issaeische Kalender, für den bisher kein anderes Zeugnis vorgelegen ist, 
ist also ein dorischer, und er mag ganz wohl mit dem syrakusanischen oder sizilischen zu- 
sammenhängen. Wüßten wir dies sicherer, so wäre das zwar noch nicht eine neue Stütze 
der mir im wesentlichen richtig scheinenden Ableitung Issas aus einer syrakusanischen 
Gründung, wie sie BrunSmid vertritt, aber es stünde in gutem Einklang mit dieser Ableitung; 
wir finden den Artemisios im Kalender von Tauromenion wieder, dürfen ihn in Syrakus 
voraussetzen, sehen ihn aber auch schon in näherer Umgebung z. B. Korkyra.*) Über seine 
Lage im Jahre und sein Verhältnis zu dem damals recht verwilderten römischen Kalender 
wissen wir gar nichts. Der Zeitpunkt, da die Gesandtschaft zu Caesar in Aquileia, seinem 
Hauptquartier,^) stieß, muß aber spätestens für Ende März oder Anfang April angenommen 
werden. Denn Caesar geht (de bell. Gall. 11 35) nach Vollendung der Sommerfeldzüge 57 V. Chr. 
nach Italien, von dort III 7 inita hieme in Illyricum profectuSy quod eas quoque nationes adire 
et regiones cognoscere volehat; HI 9 quum primum per anni tempus potuit, ad exercitum 
(nämlich nach Aquileia) contendit. Aus Cicero ad fam. I 9, 3 erfahren wir, daß Pompeius an 
den Nonen des April des Jahres 56 v. Chr. vom Senate die Zusicherung erhalten habe, daß 
das Referat über den ager Campanus auf die Tagesordnung der Mai-Iden gesetzt worden 
sei. Dann reist Pompeius über Lucca nach Sardinien und Aft-ika. In Lucca trifft er mit 

^) Mein Imperium Rom. 234 fg. ficia und officia nennt oder neben diesen nicht nennt 

') Die Deklamationen der Massalioten bei Caesar de ^ Vgl. oben S. 80 Anm. I. 

bello civ. I 35 sind gewiß für uns interessant, sind aber *) Bischoff De fastis Graecorum antiquioribus (1884) 

ebenso gewiß von Caesar auf ihre politischen Ursachen S. 372. 

zurückgeführt worden: auf die (auch bei Caesar angedeutete) *) Dort die hiberna des ersten Feldsuges, Caesar de 

Furcht, ihr Los an das Geschick des voraussichtlich Unter- b. G. I 10. Aquileia ist auch in der ersten Kaiserzeit das 

liegenden zu knüpfen, und auf die geringe Begeisterung über ständige Hauptquartier für Norditalien, 
diejenigen Beeinflussungen ihrer Existenz, die Caesar bene- 



W. KuBiTSCHBK Eine Inschrift aas Salona B3 

Caesar zusammen, der sich bitter über Ciceros vom Senate akzeptierten Antrag beklagt, 
wie Cicero sagt: quippe qui etiam Ravennae Crassum ante vidisset ab eoque in me esset 
incensus. Also mag Caesar etwa um die Nonen des April des unberichtigten Kalenders 
Aquileia verlassen haben. 

Vor^) dem Statthalter der beiden Gallien und lUyricums erschienen drei Gesandte*) 
Issas, um ihm das Gesuchschreiben ihrer Heimatstadt vorzulegen. Es ist immerhin er- 
wähnenswert, daß einer der hier genannten drei Namen, noch dazu ein sehr seltener, bei 
einer um über 170 Jahre älteren Gesandtschaft aus Issa wiederkehrt; als 230 v.Chr. eine 
romische Gesandtschaft zusammen mit issaeischen Gesandten an den Hof des Königs Agron 
von lUyrien soll, todten die lUyrier Tiberius Coruncanius,') den einen der romischen Ge- 
sandten, und xö)V [iiv laaatü)v Tcpeaßeu-rJjv KXelfiTüopov (Appian lUyr. 7); die Namen Dionysios, 
Pamphilos und Teimasion sind nicht selten auf Issa und in den issaeischen Gründungen, auch 
nicht selten in augenscheinlich vornehmeren Familien; ein Hieromnamon auf einer Inschrift 
aus Tragurion heißt Euares Sohn des Teimasion. Für das Wort nach 7üpeaße[u]aflcvxü)[v] wird 
noch der Stein konsultiert werden müssen, Buliö liest ZANTrilf*"AnY!, der Abklatsch zeigt 
ungefähr dasselbe was das Faksimile Abb. 2. Versuche T^eaßeuaivxwv Tcap' oder iwcp4 mit 
einem Genetiv (des Mandierenden, etwa Tüap' i^jiöv) vorauszusetzen, sind mir erfolglos ge- 
blieben. Den Spuren folgend hatte ich zunächst [x]4 y[p]aQt|iaxa] vermutet (ich denke, x4 
Ypce(i(iaxa konnte als innerer Objektsakkusativ verwendet sein, wie Tcpeaßeöetv eipi^vrjv oder Tüpea- 
ßeöstv Xtxöt^ oder Tüpeaßeöetv x4 ß^Xxtoxo,*) aber für [jtjiaxa] reicht der Platz sicherlich nicht) 
oder [Tp]aYo[p(a)v]; ich wüßte aber nicht nachzuweisen, in welcher Art und aus welchem 
Grunde Tragurion, das gleichfalls der issaeischen Peraea angehört,*) der Stadt Issa hier 
selbständig entgegentreten konnte; glaube aber bemerken zu dürfen, daß auch, wenn wirk- 
lich die drei Gesandte Traguriner waren, die oben vorgetragene Verwertung des Fund- 
ortes der Fragmente für die Beziehungen zwischen Issa und Salona aufrecht bleibt; denn 
schließlich wird doch, wie Zeile 13 zeigt, über die Autonomie Issas vor Caesar verhandelt. 
Die Gesandten tragen aber ihre Botschaft nicht selbst vor, was sonst die Regel ist; 
sondern dies besorgt ein römischer Bürger, ich weiß nicht ob als Mitglied des statthalter- 
lichen Konsilium, kaum als Rechtsbeistand oder Patron der Issaeer, noch weniger als Ver- 
treter einer gegnerischen Partei, etwa als das, was später curator oder defensor eines con- 
ventus civium Romanorum genannt wird, da sonst doch wohl der Grund angegeben wäre, 
weshalb dieser Römer den Statthalter und sein Konsilium instruiert Das Einfachste scheint 
mir immer noch zu sein, daß diesmal der Dolmetsch als Referent fungiert 

Unsere Oberlieferung verschweigt fast durch- nur so ganz von ungefähr — erfahren, daß die aus 
aus den Interpreten der fremdsprachigen Gesandt- Kameades, Diogenes und Kritolaos gebildete Gesandt- 
schaften; es ist eine Ausnahme, wenn wir — übrigens schaft der Athener an den römischen Senat 155 v. Chr. 

^) Über diese Verwendung von ini mit dem Genetiv ^) Gemeint wäre dasselbe, was z, B. im Schreiben 

Viereck sermo Graecus (1888) 64. des Prätors M. Valerius an die Gemeinde Teos (CIG 3045 

*) Es muß xal vor dem dritten Namen als vergessen vom J. 193 n. Chr.) ausgedrückt ist durch die Wore: dwo- 

oder unterdrückt angesehen werden. Ein Analogon für diese oroXsl^ npbz ^V^i T^psoßsun^g, npoxtiptod^l^ xal 69* ö)iSy 

wunderliche Auslassung im Senatsbeschluß über die Steuer- TCpsoßsSoai ictpl Tf^C TCÖXta)^ xö xs c|/>i9ia)ia &vido)xtv 

abgaben in Oropos Z. 18 Tcspl Sv 'Epti6d(opog *OXuvn{xot> xal adxö^ &xoXoö^(i)g ToOxq) ditXix^v] pksx& icdoiQg 

üt6c — — xal 'AX»66ÖTf)|iog Osodcopou üCög (xal) Aifj|xaiv8X0g TtpoÖDiiCag. 
OsoxiXou oC6g nptoptuxal *Qp(07c£(oy X^oog i7C0ii)aavT0. ^) Vgl. darüber Mommsen CIL III p. 355 und B&UN- 

') Wieweit der Bericht Appians, in welchem dieser Smid p. Vni, die beide für keine Periode der antiken 

Name erscheint, von Irrtütnern frei ist, bleibt für diesen Geschichte Selbständigkeit Tragurions anzunehmen geneigt 

Zusammenhang gleichgültig. sind. 



84 



W. KUBITSCHBK Eine InscbriA aus Salona 



in senatum quidetn introducH inierpreie usi sunt 
C. Acilio senatore (Gellius noct Att VI 14, 9) und 
im Senat offenbar nicht zum Sprechen (oder sagen 
wir: zu einem zusammenhängenden Sprechen) zu- 
gelassen worden sind. ^) Plutarch Cat. mai. 22 drückt 
dies so aus: xoög Ttpcoxoo; Xö^oog a6xSv «pö^ xijv 007- 
xXv]xov &vi)p imqpavT)^ onouddaa^ aO^ö^ xod dtv]d«lc ^Pt^^- 
v»üo« rdw; 'AxCXiog.^ Wie Valerius Maximus II 2, 3 
behauptet, wäre vor Sullas Diktatur nie eine grie- 
chische Rede ohne Verdolmetschung an den Senat 
gehalten worden, die erste diurch den Rhetor Molon 
aus Rhodos 81 v. Chr.: eum namque ante omnes 
exterarutn gentium in senatu sine interprete auditum 
constat. Valerius Maximus behauptet dann, daß zu 
seiner Zeit den Senatoren im Rathaus beständig die 
griechischen Reden in den Ohren gellten; wir wollen 
und können nicht untersuchen, wie viel Obertreibimg 
dabei ist, auch nicht, wie viele Senatoren das Ge- 
sprochene und wie weit sie es verstanden haben. Aber 
daß ein Mann wie Caesar so schlechthin griechischen 
Gesandtschaften, zumal wenn ihre Gemeinden bereits 
stark unter römischem Einfluß standen, erlaubt haben 
soll, ohne Dolmetsch vor ihm zu erscheinen, wird zu 
bezweifeln sein. Wer da immer schreibt und liest,*) 
daß die Römer der gebildeteren Stände des Griechi- 
schen mächtig waren und sich seiner in der Ge- 
sellschaft bediente, möge doch einmal bedenken, 
welche unwahrscheinliche Forderung mit dieser Be- 
hauptimg an unseren Glauben gestellt wird. Die 
modernen Gelehrten haben in ihrer Jugend weit mehr 
für ihre allgemeine Bildung getan als die meisten 
jungen Römer der ersten Stände und haben selbst- 
verständlich auch auf rationellere Weise und mit 
reicheren Mitteln gelernt, nämlich mit denen der öffent- 
lichen Fürsorge für den höheren Schulunterricht; und 



wie viele von diesen Männern, deren Studienreisen in 
anderssprachigen Ländern auch nicht kürzer als ehedem 
die der vornehmen römischen Jugend gedauert haben, 
sind nun imstande, eine fremde Sprache sicher zu 
sprechen oder in ihr Gesprochenes zu verstehen, selbst 
wenn sie mit großer Leichtigkeit in ihr Geschriebenes 
lesen können? Und nun soll man einem gescheuten und 
streng römisch fühlenden Mann wie Caesar zumuten, 
daß vor seinem Tribunal schwierige Fragen des täg- 
lichen Lebens und der Tagespolitik unter Umständen 
in einer Sprache verhandelt werden, die der größere 
Teil seines Konsiliums nicht oder zur Not versteht. 
Man sage mir doch, ob man es z. B. in einer ersten 
Kammer eines Landes mit deutscher Amtssprache, 
deren Mitglieder den vornehmsten Geschlechtern an- 
gehören oder aus den Kreisen der Intelligenz berufen 
worden sind, aus praktischen Gründen auch nur 
wagen könnte, ein französisches Referat über irgend- 
eine aktuelle Fragte zu erörtern? Und dann wollte 
ich wissen, in welchem Lande deutscher Zunge einer 
Konferenz von Beamten oder Offizieren höherer oder 
höchster Ränge einem solchen Referat zu folgen zu- 
gemutet werden kann. Man schlage Dio LVII 15 und 
Sueton Tiber 71 nach, um zu sehen, wie mehr als 
zwei Generationen nach Caesar ein Mann, der in griechi- 
scher Sprache Gedichte verfaßt hatte, der gewiß 
genug Gelegenheit gehabt hatte, das Griechische 
so gut als nur möglich zu erlernen, und bezeugter- 
maßen diese Sprache beherrschte, als Regent lieber 
eine Verordnung unvollständig läßt, bevor er es zu- 
gebe, daß ein griechisches Wort, ein Fachausdruck, 
für den das Lateinische kein Äquivalent besaß, in 
sie aufgenommen werde, und der einem als Zeugen 
vorgerufenen Hauptmann verbietet, die an ihn ge- 
richteten Fragen in griechischer .Sprache zu beant- 



^) Denn Gellius fahrt fort: seä ante ipsi seorsum 
quisque osieniandi gratia magno conventu hominum disser- 
iaverunt, ygl. Plutarch Cato d. Ä. 22; also, so muß man 
schließen, suchten sie dafür Ersatz, daß sie nicht vor dem 
römischen Senate als Redner zu glänzen Gelegenheit erhielten. 

') Und Aelian var. hist. in 17 vermag zu behaupten, 
daß die Senatoren nachträglich erklärten: i7C8|i4;av *A^vatoi 
nptaßs6ovxag oft xob^ ntCaovxag, dXX& ^dp xoü^ ßiaootUvoug 
ii[i&z dpftooi, 5oa diXouaiv. Das eine Beispiel mag lehren, 
wie wenig Spuren die rein sachliche Notwendigkeit der 
Verdolmetschung von Reden fremder Gesandtschaften und 
der Nationalstoz des römischen Senates in der Auffassung 
und in den Berichten der Späteren zurückgelassen haben. 

') Ich wähle aus Teuffels Rom. Literaturgesch., 
einem ausgezeichneten Buch, das sonst ohne Floskeln und 
auf kürzestem Wege die Wahrheit sucht, nur eine Stelle 
an, die u. a. ^ 138 behauptet: „Damit, daß Marius Griechisch 
nicht versteht (Sali. lug. 85, 32), bildet dieser bereits eine 



Ausnahme in seiner Zeit, ohnehin von der regierenden 
Klasse; schon die Aufführung griechischer Stücke zu Rom 
in griechischer Sprache zeigt die Verbreitung dieser Kennt- 
nis**, und das soll obendrein noch für das zweite vor- 
christliche Jahrhundert zutreffen! Oder Christ Griech. 
Literaturg.' 615 glaubt Juvenals Wort 360 non possum 
ferre, Quiriies, Gratcam urbem genügend abgeschwächt zu 
haben, wenn er sagt: „Nach und nach ist so Rom eine 

halbgriechische Stadt geworden .** Der Gegenstand 

(das Griechische als Sprache des Verkehrs, der Verwaltung 
und der Gesellschaft) ist zu wichtig und interessant, als 
daß er so nebenbei erörtert werden könnte. Material gibt 
es zwar nicht in ausreichendem Maße, doch sind viele dank- 
bare Einblicke möglich; einen solchen Einblick in das Ver- 
hältnis der Beamten zum Griechischen als Verkehrssprache 
geben einzelne Belege, die man für die interpretes zu sammeln 
pflegt, vgL z. B. MoMMSEN Rom. SUatsrecht I ' 368, 2. Vgl. 
Hahn Rom und Romanismus (1906) 81. 



W. KuBiTSCHBK Eine Inschrift ans Salona 85 

Worten. Ein so stolz seine Nationalität betonendes gewiesen wird, glaube ich, daß C. Gavennius [C] 

Volk wie das römische, das auf seine griechischen f. Fabia damals als Dolmetsch vor Caesar fungiert 

Zeitgenossen nicht durch dieselbe Brille blickte, die habe, vermutlich in zusammenhängender Rede und 

wir in Bewunderung viel älterer Kulturperioden nicht etwa als dienender Interpret. Daß diese Tätig- 

Griechenlands und dann wieder der Renaissance des keit in der Inschrift als Xö^oog «octtv bezeichnet wird, 

Hellenismus gebrauchen, hat dem Griechentum in fällt eigentlich weniger auf, als daß in älteren Senats- 

der Praxis keine oder keine nennenswerten Ronzes- beschlossen, die nach Anhörung von Gesandten zu- 

sionen gemacht. ' stände gekommen waren, des Interpreten überhaupt 

Solange also, als mir nicht das Gegenteil nach- nicht gedacht wird. 

Das Pränomen des vermuteten Interpreten steht vom dritten Buchstaben an in Rasur; 
Gavennius oder Gavenius scheint sein Gentilname zu sein, ein seltener Name/) dessen 
Heimat und Verbreitungsgebiet uns unbekannt sind. 

Ich denke, das Fragment *) gehört einem Rechenschaftsberichte an, dessen wesentlicher 
Inhalt die von Caesar gefällte Entscheidung, sei es im Wortlaute nach dem schriftlichen 
Bescheide, sei es in sinngetreuem Exzepte, bildete; daß Fragmente mit diesem Bescheide 
noch gefunden werden, ist wenigstens im Zusammenhange der hier vorhandenen Fund- 
gelegenheit mit Rücksicht auf das oben S. 79 Gesagte leider nicht zu hoffen. Trotzdem 
bleibt die Nachforschung nächst der porta Caesarea von Salonae nach anderen Frag- 
menten desselben Steines mit dem Präskripte und mit der Bezeichnung des Themas sehr 
wünschenswert. Denn der oben gegebene Versuch einer I^sung bedarf noch sehr der Be- 
stätigung und der Ergänzung. 

^) Beispiele ans Inschriften bei Schulzr Lateinische Tfj^ qpiX£oi( xd^v PQ>}ioc(]Q>y lege ich keinen Nachdruck; sie 
Eigennamen S. 76. soll bloß Mögliches andeuten. 

^ Auf die Z. 13 fg. vorgeschlagene Ergänzung [xal 



BEIBLATT 

Adalbkrt Düngel 

Ausgrabungen bei Kuffem 



Auf Kuffern wurde die Aufmerksamkeit der 
Archäologen zuerst durch die daselbst gefundene 
Situla') gelenkt. Sie war keineswegs der erste Fund 
an diesem Orte; ihr waren schon andere Gräberfunde 
vorausgegangen, und wohl diesem Umstände ist es 
hauptsächlich zu danken, daß sie gerettet wurde. 
Ich hatte dieser Fundstätte ihrer Wichtigkeit wegen 
von jeher mein Augenmerk zugewendet und daher 
auch für die Dauer einer mehrwöchentlichen Ab- 
wesenheit im Jahre 1891 die wiederholte Besichti- 
gung der dortigen Schottergrube dem bekannten 
Forscher P. Lambert Ka&ner und dem Wegmeister 
des Straßenbezirkes Mautem Florian Dornich recht 
ans Herz gelegt; wirklich ist auch letzterer bei einer 
solchen Besichtigung zur Kenntnis des Fimdes ge- 
langt, und P. Karner, dem er diesen mitteilte, hat 
sich dann der Mühe der Sicherung des Fundes 
unterzogen. 

Das Grabfeld selbst bilden die gegen Süden 
und Osten sanft ansteigenden Äcker, die im Norden 
von dem Orte KuflFem und den westlich gelegenen 
Wiesen und im Westen und Süden von der Landes- 
straße St. Polten — Krems und der davon abzweigenden 
Herzogenburger Bezirksstraße begrenzt werden. 
Gegen Osten kamen einzelne Funde noch jen- 
seits der von Kuffem nach Statzendorf führenden 
Bezirksstraße vor. 

Auch jenseits der angeführten nördlichen Be- 
grenzung wurden noch Funde gemacht, und zwar in 
einem nahe am Orte gelegenen Weingarten Parzelle 
n. 957, Besitzer Anton Schoeffet,, Kuffem n. 26, be- 
stehend aus einem Haufen verschiedener Gefäß- 
scherben, die durch ihre charakteristische Form für 
eine ältere Periode als die im nachstehenden zur 
Darstellung gelangende sprechen, und an der Straße 



*) Vgl. über sie P. Lambert Karner, M.A.G. XXI 
[68]. Dr. Moritz Hoernes ebd. [78]. Josef Szombathy 
ebd. [81]. 



abwärts gegen Westen auf einem Acker, früher 
Weingarten, des Josef Thürner, Kuffeiti n. 31, in 
einem tiefen Loche unter und zwischen Steinen, 
Scherben und Knochen von mindestens vier mensch- 
lichen Leibern wirr durcheinander liegend, welche 
Fundstücke wohl aus Bestattungen stammen, aber 
keineswegs mehr in ihrer ursprünglichen Lage sich 
befanden, sondern schon in früher Zeit bei Anlage 
oder bei der Bearbeitung der Weingärten als der 
Arbeit hinderlich gesammelt und in Gruben versenkt 
worden sind und, weil auch ohne alle Beigaben, vor- 
läufig unberücksichtigt bleiben. 

Die Lage der Gräber zueinander ist ganz regellos. 
Bald liegen sie zu zweien oder dreien nahe bei- 
sammen, bald wieder ganz vereinsamt in großen 
Zwischenräumen. Dadurch erklärt es sich auch, daß 
systematische Untersuchungen schon wegen der ge- 
ringen Gewißheit des Erfolges imd der bedeutenden 
Kosten nicht leicht durchführbar sind, wie ja auch 
eine solche vom Herrn Reg^erungsrate Szombathy 
nach Auffindung der Situla dort veranlaßte größere 
Grabung resultatlos blieb, und daß man für die 
Konstatierung von Gräbern auf Funde beim Ackern 
oder spezielle Sondierungen angewiesen bleibt. 

Die Gräber selbst werden in der Reihenfolge 
ihrer Ausgrabung aufgeführt. 

Grab I: Nördlich vom Fundorte der Situla ge- 
legen, 2 m lang, mit einem Skelette, das vom Scheitel 
bis zum Hüftknochen SO cm maß. Die Beigaben be- 
standen in einer Pfeilspitze über dem Kopfe und 
einer Lanzenspitze unter dem rechten Oberarme, 
beide aus Eisen. Die Gefäße waren vollständig 
zerstört. 

Grab II: Ein Hockergrab. Von der Fundstelle 
der Situla 21 w n. ö. entfernt. Es hatte eine trichter- 
förmige Gestalt, war 75 cm tief und verengte sich 
bis auf 40 cm. Der Hocker saß an der Südseite des 
Grabes, hatte das Gesicht gegen Norden gerichtet 
und die rechte Hand nur 30 cm unter der Erdober- 



87^ 



A. Dungel AasgrabaDgen bei Kuffern 



87* 



fläche gegen Osten ausgestreckt. Beigaben fanden 
sich nicht vor. 

Grab III: Ein weiteres Hockergrab wurde in 
derselben Richtung, aber in größerer Entfernung 
aufgedeckt. Das Skelett war in ähnlicher Lage wie 
in Grab II, nur hatte es beide Hände ausgestreckt 
und bei jeder Hand eine Schale, die aber wegen der 
großen Seichtheit ihrer Lage ganz zerstört waren. 

Grab IV: Unweit des Grabes I, knapp neben 
dem Raine, war ein Skelettgrab 2 m lang und 2*1 tn 
breit Das Skelett lag an der westlichen Grabwand, 
den Kopf im SOden, aber etwas höher gelegt als der 



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I^V 1—5 a'*« Grab VI (1 — 4 Eisen, 5 Bronze), Vj «• Gr. 




übrige Körper, das Gesicht gegen Westen gedreht. 
Brust und Bauch waren mit einer Menge Steinen 
belegt. — Die Beigaben bestanden aus drei großen 
Urnen, welche je in einer Ecke, mit Ausnahme jener, 
in welcher der Kopf lag, aufgestellt waren, aus einer 
kleinen Fibel bei der rechten Achsel, einer Lanzen- 
spitze über der linken Schulter, einem Schwerte an 
der linken Seite und zwei Messern bei der rechten 
Hand, in deren Nähe auch ein Häufchen Tierknochen 
lag. Die Fundstücke dieses Grabes befinden sich im 
Naturhistorischen Hofmuseum. 

Grab V: Ein Brandgrab östlich von dem 
vorigen gelegen, mit geringen Überresten von Ge- 
fäßen und vom Leichenbrande. Da diese nur wenig 
unter der Oberfläche lagen, ist es sehr wahrschein- 
lich, daß das Grab durch den Pflug zerstört worden 
ist. Die gefundenen Reste stammen von einer großen 
Urne aus grauem Tone mit einem Zickzackornament 
aus vier parallelen Strichen, von einer rot und schwarz 
bemalten Urne, von einem rötlichen mit kleinen 
Höckern besetzten Gefäße und von einem schmalen 
Becher, wie selbe das Gräberfeld von Statzendorf in 
großer Zahl zutage förderte.*) 

Grab VI. Skelettgrab mit folgenden Beigaben: 
Eisernes Haumesser, Fig. 1 , ^) 39 cm lang, 4—5 cm 
breit, der Griff aus Holz, von welchem noch Spuren 
vorhanden sind, mit 3 Eisennieten befestigt Kleineres 
Eisenmesser, Fig. 2, Il-Scm lang, 1 — 1*5 cm breit, 
etwas geschweift. Eiserne Lanzenspitze, Fig. 3, 
26 cm lang, 3'25 cm breit, die beiderseitigen Rippen 
stark ausgebildet. Eiserne Gürtelschließe 525 cm 
lang, 3 cm breit, mit dazu gehörigem Schließhaken, 
Fig. 4. Das Segment eines kompakten großen Bronze- 
ringes, Fig. 5. Bauchige Urne aus lichtgrauem Ton, 
155 cm hoch, Bodenweite 12cm, Mittenweite 29cm, 
obere Randweite 16 cm mit schmalem, aufrechtstehen- 
dem Halse und am äußeren Umfangsrande 5 Rippen- 
ansätze in gleichen Abständen. Urne aus dunkel- 
grauem Ton, 16*5 cm hoch, Bodenweite 9 cm^ Mitten- 
weite 30 cm, innere Halsweite 8 cm, obere Randweite 
iici»i. Schale aus grauem Tone, 5cm hoch, 11 cm 
weit, mit einer geringen Einschnürung unter dem 

^) Vgl. Bayer Das prähistorische Gräberfeld zu 
Statzendorf, in diesem Jahrb. n (1905) und meine noch 
darüber ausstehende Publikation in MitteiL der prähistor. 
Kommission. 

^) Die Zeichnungen, nach welchen die Textfiguren 
hergestellt wurden, verdanke ich größtenteils dem Maler 
Herrn Ludwig Hans Fischer; für die Sicherung der 
Fundobjekte und Wiederherstellung der Gefäße gab sich 
Herr Professor Willibald Leeb große Mühe, wofür ich 
beiden Herren bestens danke. 



88^ 



A. DuNOEL Ausgrabungen bei Kuffern 



88* 



m 



Rande und einem Nabel am inneren 
Boden. Sämtliche Gefäße sind gra- 
phitiert. 

Grab VII : Skelettgrab, sehr zer- 
stört. Es enthielt an Beigaben: Ein 
eisernes Haumesser, Fig. 6, mit 
abgebrochener Spitze, 22 cm lang 
und bis 2*5 cw breit. Eine Urne, 
32 cm hoch, Bodenweite 12 cm, mitt- 
lere Weite 31 cm, der obere Rand 
etwas ausgeschweift, 17 cw weit; der 
Rem aus schwarzem, der äußere und 
innere Überzug aus gelblichem Tone. 
Schale aus lichtgelbem Tone, 5 ctn 
hoch, 15 cm weit, der i'Scm breite 
Hals durch Einschnürung abgegrenzt 
und etwas nach außen abstehend, mit 
einem Nabel. Stück einer 10 cm hohen 
Schale aus grauem Tone mit etwas 
eingezogenem Rande. 

Grab VIII. Ein Familiengrab, 
Fig. 7, darin von links nach rechts 
zuerst das Skelett eines etwa zwölf- 
jährigen Knaben (I), dann die Mutter 
(II), die im linken Arme ein Mädchen 
(III) von ungefähr fünf Jahren hält, 
und zuletzt der Vater (IV). Die Köpfe 
liegen im Süden. Die Beigaben waren 
folgende: Hals ring am Halse des 
Mädchens, Fig. B^t» aus starkem 
Bronzedraht, die Enden mit Ösen 
versehen, die durch einen Wulst vom 
Ringe abgeschieden sind, mit einem herzförmigen 
Anhängsel aus Eisen, das durch einen dünnen 
durchgezogenen Bronzedraht am Ringe befestigt ist. 
Der Ring ist 14*5 cm weit. Zwei offene Armringe 
aus Bronze auf dem Armknochen der Mutter, deren 
einer, Fig. Bjo, 5 cm weit, mit durch Wülste ge- 
sonderten Knöpfchen als Enden und einem ähn- 
lichen Wulste im Halbierungspunkte des Ringes, 
während der zweite, 5-7 cm weit, aus etwas dünnerem 
Drahte besteht, mit Ösen an den Enden wie der Hals- 
ring. Ein Ohrring, Fig. B,j, aus schwachem Bronze- 
draht mit den Resten einer blauen Glasperle nebst 
Schnur; er lag zwischen den Schädeln der Mutter 
und des Mädchens. Um die Halswirbelknochen der 
Mutter lagen vierzehn Stück röhrenförmige Bronze- 
perlen, jede 1*6 cm lang, 0*4 cm weit, eine davon 
zerbrochen, mit Resten einer Schnur, Fig. Bj,. Neben 
dem linken Fuße der Mutter lagen drei kleine 2 cm und 
3cm lange Eisenklammern. An Tonsachen ent- 
hielt das Grab neun Gefäße und zwei Spinnwirtel. In 
der linken Ecke stand eine Urne, angefüllt mit Erde, 



Fig. 7 aus 

Grab VII 

(Eisen), 

Va n. Gr. 



im Halse eine kleine Schale und bedeckt mit einer 
größeren Schale, Fig. B links oben im Eck. Die Urne 
selbst , Fig. B^, aus grauem Tone und mit Graphit über- 
zogen, 24 cm hoch, Bodenweite 1 1 '5 cm^ Mittenweite 
23 cm, innere Halsweite 1 1 *5 cm, äußere Randseite 1 7 cm, 
der Hals kelchartig ausladend und beim Ansätze durch 
einen Wulst markiert. Die darin befindliche kleine 
Schale, Fig. 8^, aus rötlichem Tone imd graphitiert, 
3*5 cm hoch, 1 1 -5 cm weit, mit einem Nabel. Die 
Deckschale, Fig. B4, aus dunkelgrauem Tone, 6cm 
hoch, oben 22 cm weit, mit Einschnürung unter dem 
Rande und einem Nabel. Die rechts davon stehende 
Urne, Fig. Bj, aus grauem Tone und graphitiert 
23 cm hoch, Bodenweite 1 2 cm, Mittenweite 25 cm 
innere Halsweite 10 cm, obere Randweite 15*3 cm. 
Neben dieser Urne rechts befanden sich Knochen 
von einem Hirsche und darüber gerade unter den 
Füßen der Mutter eine Urne, welche an Form und 
Größe den unter Fig. Bj und B, ganz ähnlich ist. 
Eine dieser ganz gleiche Urne befand sich über den 
Schädeln von Sohn und Mutter. Neben dem rechten 
Fuße der Mutter stand eine Urne, Fig. 83, aus dunkel- 
grauem Tone, graphitiert, 11 cm hoch, mittlere Weite 
17 cm, Rand weite 11 cm, mit einem Nabel, und links 








mt2 



'r 

Fig. 7 Grab VIII (die zugefügten Nommern entsprechen 
denen de* Tableaus Fig. 8) 



Sg"* 




A. Dünget. Ausgrabungen bei Kuffern 



89^ 









Fig. 8 Beigaben aus dem Familiengrab e VIII (die sugefugten Zahlen entsprechen denen in Fig. 7) 
n. 12 und 13 nat. Gr., n. 5 und 8 — Ii '/s ^' ^«"m ^' 3 ^^^ 7 V4 ^- Gr., n. i. 2. 4. 6 Vb "• Crr. 

daneben lagen wieder einige Knochen vom Hirsche, und darinnen ein Spinnwirte 1, Fig. 8g, mit 3 cm 

Bei dem rechten Oberschenkel der Mutter lag eine Durchmesser. Ein kleines krugförmiges Gefäß aus 

kleine Schale, Fig. 85, aus rötlichgelbem Tone, 3 cm rötlichgelbem Tone, sehr roh gearbeitet, 7*5 cm hoch 

hoch, 8 cm weit, mit einem Nabel, sehr roh gearbeitet und weit, Fig. 87, stand Ober dem Schädel des Mäd- 

Jabrbacb fOr Altertumtkunde I X907 12 



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90* 




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91' 



A. Dungel Ausgrabungen bei Kuffern 



91« 



chens, und links knapp daneben lag ein Spinnwirtel, 
Fig. 89, mit 2*3 cm Durchmesser. 

Grab IX : Ein Brandgrab mit Bruchsteinen um- 
geben. An Metallbeigaben enthielt es ein eisernes 
Messer, Fig. 9g, mit kantigem Griffansatze, geschweift, 
12*5 cm lang, und einige kleinere Stückchen Bronze- 
blättchen mit mehreren kleinen Bronzeringelchen 
von 0-4— 0-5 cm Durchmesser, teilweise aneinander 
haftend. An Gefäßen kamen vor: eine bemalte Urne, 
Fig. 9j, 32 cm hoch, Boden weite 10*5 cm, Bauchweite 
40 cnty Oberrandweite 19 cm, innere Halsweite 13cm, 
ihre Bemalung zerfällt durch zwei parallele schwarze 
Bänder, von denen das schmälere den Hals von dem 
Bauche scheidet, das breitere auf der unteren Seite 
des Bauches den Fuß der Urne abgrenzt, in drei 
Teile; der letzte Teil, der Fuß nämlich, ist einfach 
rotbraun gefärbt. Der mittlere Teil ist durch vier 
Bündel — jedes aus vierzehn Kannelüren gebildet^ 
von denen immer zwei zusammen abwechselnd 
schwarz und rotbraun gefärbt sind — in vier Ab- 
teilungen geteilt, die geometrische Zeichnungen in 
dunkleren rotbraunen Linien enthalten. Der Hals 
der Urne ist durch scharf eingeritzte Linien in 







verschieden abwechselnde Dreiecke geteilt, von denen 
die auf dem Scheitel stehenden schwarz, die anderen 
rotbraim gefärbt sind. In dieser Urne befanden 
sich eine Schale und ein Spinnwirtel, Fig. 94. Die 
in der Urne befindliche Schale, Fig. 9 links unten, 
aus rötlichem Tone, mit Graphit geschwärzt, mit 
überragendem Henkel, ist 4 cm hoch, 10 cm weit und 
hat einen eingezogenen Rand. Ein Spinnwirtel, 
eben daselbst, Fig. 9^, hat 3 8 cm im Durchmesser. 
Bombenurne, Fig. 9j, mit dem Leichenbrande, 
ist rot gefärbt, 26 cm hoch, 35 cm weit der 1 '5 cm 
hohe Hals ist im Innern graphitiert. Eine Schale, 
Fig. 9j, 7 cm hoch, 16 cm weit, Bodenweite 6 cmy aus 
rötlichem Tone, mit Graphit gefärbt und der Rand 
eingezogen. Das Seitenstück eines Gefäßes, Fig. 95, 
welches beiläufig 20 cm hoch und am Rande 15 cm 
weit war. Eine im Zickzack geführte Rippe teilt die 
Bauchteile in lauter Dreiecke, die wieder durch 
längliche, mit dem Fingernagel in dem ungebrannten 
Tone hervorgebrachte Höcker ausgefüllt sind. Das 
Gefäß ist aus dunkelgrauem Tone gemacht und mit 
Graphit überzogen. Spinnwirtel, Fig.9i7, mit 2-3 cm 
Diurchmesser. Außerdem fanden sich noch Teile eines 
eingezogenen Randes einer größeren Schale mit 
grauem Kerne, innen und außen mit rötlichem Tone 
überzogen und darüber eine Schichte Graphit, und 
ein kleines Bruchstück eines Gefäßes aus rötlichem 
Tone mit Teilen hängender Halbkreise, wie sie dem 
Statzendorfer Gräberfelde so eigentümlich sind und 
vereinzelt auch anderwärts vorkommen.^) 

Grab X: Skelettgrab, auf einem zum Hause 
n. 3 in Ku£fem gehörigen Acker, ungefähr 300 Schritte 
östlich vom Fundorte der Situla, 2 m lang, 1 *5 m breit 
imd 0-75 m tief. Lage Süd-Nord, der Kopf im Süden, 
sein Gesicht gegen Westen gewendet; bei der linken 
Achsel eine Lanzenspitze, bei der rechten Hand ein 
Hackmesser. Außerdem waren drei Gefäße beigegeben 
und alles von vielen Bruchsteinen umschlossen, Fig. 10. 
Haumesser und Lanzenspitze aus Eisen sind abhanden 
gekommen. Die Urne bei dem rechten Unterschenkel 
ist 40 cm hoch, Bodenweite 16 cm, Bauchweite 42 cm, 
innere Halsweite 16 cm, Rand weite 26 cm. Die Urne 
ist doppelkonisch mit kelchartig erweitertem Rande. 
Auf der oberen Bauchseite zwischen zwei Wülsten 
ein Band von zweireihigen eingepreßten Würfel- 
augen; ein Wulst umzieht auch den Hals gegen den 
Rand zu. Die Urne ist aus grauem Tone und mit 
Graphit überzogen. Von der zweiten Urne und der 
Schale finden sich jetzt nur wenige Bruchstücke. 

Grab XI: Auf einem zum Hause n. 13 in 
Kuffem gehörigen, auf dem sogenannten Oberfelde 



Fig. 10 Grab X 



^) Vgl. die S. 87 Anm. I sitierten Publikationen. 

12* 



92' 



A. DuNOEL Anigrabungen bei Kuffern 



92^ 



neben der nach Statzendorf führenden Straße gele- 
genen Acker. Es lag 20 cm unter der Oberfläche, 
war 2*1 m lang, l*50fw breit und 0-5 m tief. Die Rich- 
tung war Ost-West. Die Seitenwände waren von 
aufrechtstehenden Steinplatten gebildet, und eine 
solche bildete auch die Decke. Seitenwände und 
Decke waren mit einer beiläufig 2 cm dicken Mörtel- 
schichte umkleidet. In dem Grabe waren zwei Tote 
bestattet worden, aber die Skeletteile waren durch- 
einandergeworfen ; an Beigaben fanden sich nur 
ein paar kleine Stücke eines roten Gefäßes, eine 
Bronzeschnalle (5*5 cm lang und 4*5 cm breit) und 
eine Bronzemünze Diokletians 26 mf», mit Moneta 

I A 
scicra Augg, et Caess, nn. — qjq- Cohen* n. 340. Auf 

demselben Acker liegt noch ein Grab, welches ebenso 
wie dieses mit einer Bruchsteinplatte bedeckt war. 



lang und 2*4 cm breit mit einem Loche zum Anhängen. 
Urne aus dunkelgrauem Tone mit Graphitüberzug, 
53 cm hoch. Der Durchmesser, 22 cm am Boden, 
erweitert sich regelmäßig bis auf 50 cm^ die sie 
in der Höhe von 29 cm erreicht, dann verflacht sie 
rasch und bildet mit vier konzentrischen Wülsten 
den Übergang zum Halse, der 14 cm hoch ist, eine 
innere Weite von 21 cm, eine Randweite von 34 cm 
besitzt und dadurch kelchartig sehr erweitert erscheint. 
Urne aus grauem Tone mit Graphitüberzug, 18 cm 
hoch, Bodenweite 9*5 cm^ Bauch weite 21 cm^ innere 
Halsweite 10 cm, Randweite 14 cm, mit zwei schwa- 
chen Wülsten, dem einen am Haisansatze, dem andern 
in der Halsmitte. Reste einer dritten bauchigen Urne. 
Schale (Fig. 11) aus dunkelgrauem Tone und graphi- 
tiert, 4-5cm hoch, obere Weite 14 cm, BodenlOc^i mit 
einem Nabel und innen verziert: durch ein Kreisband 








Fig II Tontchale aus Grab XII 

(a Seitenansicht, b Durchschnitt, c Innenboden) 

V, n. Gr. 



Fig. 12 Innenboden 

einer Tonschale (wie Fig. 11) 

aus Grab XH, V5 »• Gr. 



Da sie beim Ackern hinderlich war, entfernte sie der 
Besitzer. Da er sich aber die Stelle nicht näher 
merkte und ein Sondieren nach den schmalen Seiten- 
wänden wenig Erfolg versprach, unterblieb bisher 
die Ausgrabimg. Allem Anscheine nach dürfte es 
derselben Zeit wie n. XI angehören. Auch in den 
Weingärten nahe am Walde links von dem von 
Kuffern nordwärts auf die Höhe führenden und teil- 
weise sehr ausgefahrenen Wege fanden Arbeiter 
einige Gräber, die nach den mir überbrachten Fund- 
stücken (Gefäßteile und kleine Messer mit weißen 
Beingriffen) in die späteste römische Periode giehören. 
' Grab XII auf dem zum Hause n. 2 in Kuffern 
gehörigen und auf dem sogenannten Steinfelde auf 
der Höhe des Feldes gegen die Herzogenburger- 
straße gelegenen Acker; darin ein Skelett. Das Grab 
scheint schon früher nach Beigaben untersucht worden 
zu sein. An diesen fanden sich verschiedene Eisen- 
teile, verbogen und zerbrochen, die sich als Teile 
einer Schwertscheide erweisen; ein Stück eines 
2*2 cm breiten Eisenringes und ein Wetzstein 1 1 5 cm 



eingedrückter Würfelaugen über dem Kreuzungs- 
punkte. Eine zweite Schale zu drei Vierteln erhalten, 
Fig. 1 2, weicht von der vorausgehenden nur in der 
Art der inneren Bodenverzienmg ab. Diese besteht 
in zwei konzentrischen, von je zwei Kreislinien ein- 
gefaßten Strichelbändem, deren Zwischenraum ein 
Mäander ausfüllt, während auf der äußersten Kreis- 
linie Krummstäbe aufgestellt sind, von denen zwei 
durch die an das Ende der Krümmung gefügten ge- 
neigten Seitenstriche die Gestalt eines R im Spieg^l- 
bilde (ü) haben. 

Grab XIII : Ein Skelettgrab, auf einem zum 
Hause n. 23 in Kuffern gehörigen, westlich von der 
nach Statzendorf führenden Straße gelegenen Acker 
so seicht gelegen, daß man beim Ackern darauf 
stieß. Der Kopf lag im Nordosten und war samt den 
übrigen Teilen mit Bruchsteinen zugedeckt Obwohl 
das Grab nicht den Anschein einer Störung machte, 
fand sich in ihm nur ein eiserner Armring mit 8'5 cm 
Durchmesser, gegenwärtig offen mit frischen Bruch- 
stellen; er dürfte ursprünglich geschlossen gewesen 



93" 



A. Dungel Ausgrabungen bei KnfTern 



93' 



und ein 1 cm großer Teil ausgebrochen sein; ein paar 
lichtgraue Scherben und bei den Füßen zwei Scher- 
ben von dunkleren Tongefäßen. 

Grab XIV: Skelettgrab auf einem zum Hause 
n. 22 in Kuffern gehörigen Acker, Fig. 13. Der Kopf 
des Beerdigten lag im Süden und war mit Steinen 
bedeckt. An Fundstücken kamen vor: Ein eiserner 
Armring am rechten Oberarme, 95 cm weit, mit 
ehemals verschiebbarem Eisenkopf geschlossen. Ein 
kleiner Armring von Eisen, 6cm weit, ursprünglich 
geschlossen, gleichfalls mit einem ehemals beweg- 
lichen Eisenknopf. Mehrere Bruchteile von solchen 
eisernen Ringen. Auf der Brust lag, wahrscheinlich 




15 a 



Fig. 13 Grab XIV 



schmales, gegliedertes Band verstärkt, vor welchem 
sich sechs Rillen befinden. Die oberen Kanten sind 
durch Längsfurchen hervorgehoben. Das Ende des 
Bogens beim Fuße ist durch sechs Querrillen und 
mit einem glatten zwischen zwei geflochtenen Bändern 
verziert. Der Fuß endet in eine zierliche Spitze, die 
zurückgelegt ist. Die Länge beträgt 9 cm; der eiserne 
Dom ist abgebrochen. Neben dem rechten Unter- 
schenkel stand eine Urne aus grauem Tone, mit 
Graphit überzogen, 23 cm hoch, Boden weite 17 cm, 
Bauch weite 29 cm, Rand weite 20 cm, der Hals nur wenig 
nach außen geschweift. Oberhalb davon stand eine 
Schale gleichfalls aus grauem Tone mit Graphit- 
überzug, 4-5 cm hoch, iSctn weit, mit einer ganz 
geringen Einschnürung unter dem Rande. 






15^ 



14 



Fig. 14. 15 Eiserne Gärtelschließe und Broncefibel 



von einem Gürtel herrührend, eine Schließe aus 
Eisen, Fig. 14, halbovalförmig mit einem Hakenansatz, 
auf der Außenseite mit einem schiefgestellten Kreuze 
in einer herzförmigen Vertiefung verziert, 12*5 cm lang, 
7 cm breit. Neben der linken Achsel lag eine Böge n- 
fibel aus Bronze, Fig. 15 a, 6. Der Kopf der Fibel 
endigt mit einem Ringe, in welchem eine Achse 
steckt. Auf dieser ist dann links der bewegliche 
eiserne Dorn aufgesteckt und befestigt durch eine 
Spirale aus starkem Bronzedraht, der neben dem 
Domfuße beginnt und nach sechs Umgängen, eine 
gerade untere Sehne bildend, an der anderen Seite 
mit ebensoviel Umgängen neben dem Ringe am 
Fibelkopfe endet. Der Bogen ist sechskantig, in der 
Mitte 8 mm breit und wird gegen beide Enden zu 
schmäler. Der Kopf ist auf der Oberseite durch ein 



Grab XV : Ein Skelettgrab, nur 3 m vom Kopf- 
ende des Grabes XIV entfernt, der Kopf gegen 
Südosten, Fig. 16. Die beigegebenep Gefäße an der 
rechten Seite in der Nähe der Hand waren in sehr 
beschädigtem Zustande, und nur mit Mühe gelang es, 
eine Schale fast ganz zusammenzusetzen. Diese ist 
8 cm hoch, 21 cm weit und hat unter dem niedrigen 
Rande die bekannte Einschnürung. Von einem zweiten 
Gefäße fand sich nur der 10 cm weite, sich nach unten 
verengende Hals und von einem dritten ein Boden- 
fragment, das diesen Boden mit 18 cm Weite zeigt. 
Die Gefäße waren alle aus grauem Tone und mit 
Graphit überzogen. Reicher waren dagegen die Fund- 
stücke aus Bronze. Auf der Brust lag eine kleine, 
schön erhaltene Fibel, Fig. 17 a, 6. Die obere Seite des 
runden und stark gekrümmten Bügels bildet ein 2 mm 
breites, schräge schraffiertes Band, welches durch 
zwei Längs- und zwei Querleisten abgegrenzt ist, 



94' 



A. DUHOBL Ansgnbnngen bei Kuffern 



94' 



worauf ein schlanker Fuß mit einem nach aufwärts 
fast kreisrund gebogenen SchlußstQcke folgt, dessen 
Ende durch kleine Wülste abgegrenzt und sich ver- 
jüngend und gekerbt am unteren Ende des schraf- 
fierten Bandes aufsitzt. Der Kopf verjüngt sich etwas 
und bildet zuerst in drei Windungen die rechtseitige 
Spirale, geht dann durch eine obere Sehne auf die 
linke Seite über, auch hier drei Windungen bildend, 
und endigt im Dome. Auf der linken Seite ist an der 
äußersten Windung ein 3 cm langes, aus kleinen 
Ringelchen bestehendes, aber nicht vollständig vor- 
handenes Kettchen befestig^. Die Länge der Fibel 
beträgt 5 cm. Eine zweite dieser ganz gleiche Fibel, 




fand sich ein Fingerring, Fig. 20, 2'3cm weit, aus 
gedrehtem Bronzedraht. 

Grab XVI : Ein Brandgrab, ungefähr 120 Schritte 
oberhalb der Situla-Fundstelle auf dem zum Hause 
n. 13 in Kuffern gehörigen Acker, ganz zerstört, nur 
zwei Stückchen eines Bronzeringes und wenige 
kleine Stücke von einer roten Urne sind gefunden 
worden. 

Grab XVII: Auch dieses Skelettgrab, nur etliche 
Schritte oberhalb XVI gelegen, war ganz zerstört, 
so daß es außer dem Schädel und etlichen Steinen 
nichts enthielt. 



Fig. i6 Grab XV 




jedoch durch Bruch der Sehne in zwei Teile zer- 
brochen und ohne Kettchen, fand sich auf der rechten 
Schulter. Es ist nicht unmöglich, daß beide Fibeln 
durch das Kettchen verbunden waren. Der Hals- 
ring, Fig. 18, ist 15 cm weit und ganz glatt. Das eine 
Ende ist mit einer Öse versehen und das zweite mit 
einem senkrecht aufgebogenen Knöpfchen zum Be- 
festigen; beide Enden sind durch einige Einkerbun- 
gen hervorgehoben. 

Am rechten Oberarme befand sich ein Arm- 
ring, Fig. 19, 6*5 cm weit, dessen Enden kleine 
Knöpf chen mit je einem von zwei Rillen einge- 
schlossenen Wulste bilden. Gegenüber der Öffnung 
befinden sich drei Wülste, von denen der mittlere der 
größte ist. An einem Finger der linken Hand bc- 



Fig. 17—20 Fibeln und Ringe aus Bronze in Grab XV 
(n. 17 V3 "• Gr., n. 19 und 20 Vs ^- ^m ^' '^ Vi ». Gr.) 

Grab XVIII: Skelettgrab, nordöstlich von der 
Situla-Fundstelle beiläufig 200 Schritte entfernt. Ge- 
funden wurden : Ein eisernes Hackmesser, 28 cm 
lang, die Scheide 18 cm lang und 4-5 cm breit, im Griffe 
vier Eisennieten. Eine eiserne Lanzenspitze, 15cm 
lang, der größte Teil der Dülle abgebrochen, größte 
Breite 2-5 cm nnd die Rippen scharf hervortretend. 
Eine kleine Eisenschließe von einem Gürtel mit 
losgebrochenem Haken, 4-4 cm hoch, 2*5 cm breit. 
Urne aus grauem Tone und mit Graphit überzogen, 
25 cm hoch, Bodenweite 13 cm, Bauchweite 26 cm, 
Randweite 18*5 cm, innere Halsweite 14 cm, mit einem 



95' 



A. RzsHAK Der BronzedepotfoDd von Pnestawlk in Mähren 



95' 



kurzen Halse, der vom Bauche durch eine vertiefte 
Umfangslinie getrennt ist. Eine Schale aus gleichem 
Materiale, 4*5 cm hoch, 15*5 cm weit, mit einem Nabel 
imd einer schwachen Einschnürung unter dem Rande. 
Schale aus demselben Materiale, 6*5 cm hoch, 20 cm 
weit, mit Nabel und starker Einschnürung unter dem 
Rande. 

Grab XIX : Skelettgrab, in geringer Entfernung 
vom vorigen, enthielt auch gespaltene Knochen von 
Kleintieren, insbesondere Schweinen. Man fand ein 
eisernes Messer, 9 cm lang, mit etwas gekrümm- 
tem Rücken, auf dem abgebrochenen Hefte noch 
Teile des Holzgriffes. Eiserne Lanzenspitze mit 
abgebrochener Spitze, 18 cm lang, größte Breite 
des Blattes 4 cm, mit einer 5*5 cm langen und 1 •? cm 
dicken Dülle, die sich im Blatte als runde Rippe 
bis zur Spitze fortsetzt. Das letzte Drittel des 
Blattes ist umgebogen. Ein Fingerring aus schwa- 



chem Bronzedraht, doppelt gewunden, 2 cm weit. 
Der Kern eines Bärenzahnes, 8 cm lang und durch- 
locht zum Tragen als Schmuck. Urne mit längerem, 
weitem Halse, 25 cm hoch» Bodenweite 10 cm, Bauch- 
weite 22 cm, Randweite 17'5 cm, innere Halsweite 
13*5 cm. Urne, wie diese, mit grauem Kerne, röt- 
lichem Oberzuge und graphitiert, 16 cm hoch, Boden- 
weite 11*5 cm, Bauchweite 18 cm, kurzer Hals mit 
16 cm Rand weite. Am oberen Bauchumfange sind 
abwärts gerichtete Eindrücke, die einen Rippenansatz 
markieren sollen. Becherförmiges Gefäß von 
sehr roher Arbeit, 14*5 cm hoch, die größte Weite 
besitzt der Boden mit 14 cm, der kurze Hals ist 12 cm 
weit. Schale, 10cm hoch, Bodenweite 11 '5 cm, obere 
Weite 23 cm, der Rand etwas eingezogen. Schale, 
4*5 cm hoch, 12*5 cm weit, mit Nabel und Einschnü- 
rung unter dem Rande. Die drei letzten Gefäße sind 
aus grauem Tone und mit Graphit überzogen. 



A. RZEHAK 

Der Bronzedepotfund von Przestawlk in Mähren 

(Daxn Tafel IH— V) 



Die hier zu beschreibenden Altertümer wurden 
im Jahre 1899 auf dem Felde „KraCina***) in der 
Nähe des zum Gerichtsbezirke Prerau gehörigen 
Dorfes Przestawlk ausgeackert und gelangten, da das 
betreffende Grundstück im Besitze des Olmützer 
Erzbistums ist, bald nach ihrer Auffindung in das 
fürsterzbischöfliche Schloß zu Kremsier. Eine genaue 
Untersuchung der zahlreichen Fundobjekte an Ort 
und Stelle war kaum durchführbar, weshalb auch 
über diesen in mehrfacher Beziehung sehr inter- 
essanten Fund bisher nur sehr spärliche und kurze 
Notizen veröffentlicht werden konnten. Ich selbst 
habe auf Grund einer Anzahl von chemigraphisch 
ausgeführten Skizzen des fürsterzbischöflichen Be- 
amten Herrn A. Kybast in der Zeitschrift des Deut- 



^) Die Riedbezeichnong „Krajina** entnehme ich der 
oben erwähnten chemigraphischen Darstellung der Fand- 
stücke durch Herrn A. Kybast. TeliÖka nennt a. a. O. 
das betreffende Feldried kratina oder christky. Die 
letztere Bezeichnung wurde von Cervinka in seinem Mo- 
rava za pravSku aufgenommen. 



sehen Vereines für die Geschichte Mährens und 
Schlesiens IV (1900) 306 f. eine Aufzählung der 
wichtigsten Fundstücke veröffentlicht, hierbei jedoch 
gerade einige der merkwürdigsten Objekte, die ich 
eben nur aus den erwähnten Abbildungen kannte, 
nicht gebührend gewürdigt. Sehr bemerkenswert ist 
der kurze, von TelIöka im „Casopis** des Olmützer 
tschechischen Musealvereines (1900, S. 67) veröffent- 
lichte Bericht über den Fund von Przestawlk, den 
der Genannte unmittelbar nach der Entdeckung zu 
sehen Gelegenheit hatte. TBLtCsA erwähnt nämlich 
eine Anzahl von Gegenständen, die in Kybasts Zu- 
sammenstellung nicht vorkommen, und die auch ich 
bei der Durchsicht der im fürsterzbischöflichen 
Schlosse zu Kremsier deponierten Fundstücke nicht 
mehr vorgefunden habe. Dahin gehören z. B. zwei 
„typisch hallstättische Spiralfibeln**, hohle Bronze- 
armbänder und mehrere sogenannte „ Sonnenräder ••. 
Herrn Kybasts Zusammenstellung enthält im ganzen 
170 Stücke, danmter ein Stück aus Ton (Bruchstück 
eines Gefäßes); nach Schätzung TktJökas waren 



96^ 



A. RzEHAK Der Broncedepotfund von Przestawlk in Mähren 



96' 



jedoch von Armbändern allein 40—50 Stücke, an 
verschiedenen Fragmenten einige hundert Stücke 
vorhanden. Es scheint hiernach, daß — wie dies ja 
fast immer zu geschehen pflegt — ein Teil der 
Fundgegenstände vor der Ablieferung an die fürst- 
erzbischOfliche Zentraldirektion in Kremsier in Ver- 
stoß geraten ist. 

Ich bemerke hier noch, daß Herr TrlIöka in 
der Umgebung der Fundstätte zahlreiche Gefäß- 
scherben auffand, von denen sich einzelne zu nahezu 
vollständigen Gefäßen zusammenstellen ließen; er 
weist den Fund der „älteren Hallstattzeit ** zu. Das, 
was Öervinka in seinem Morava za prav^ku (S.148f.) 
über den Fund von Przestawlk sag^, ist wesentlich 
nur eine Wiederholung der Angaben TelICkas. Neu 
ist nur die Angabe, daß die Fundstätte im Bereiche 
einer „Ansiedlung mit Urnenfelderkultur" gelegen ist. 

Die hier beschriebenen Fundstücke befinden 
sich im Besitze des mährischen Landesmuseums 
(Museum Francisceum), welchem sie von Seiner 
Exzellenz dem Herrn Fürsterzbischof von Olmütz 
Dr. F. S. Bauer als wertvolles Geschenk überlassen 
wurden. Viele Dubletten und Fragmente sind in 
Kremsier zurückgeblieben; es wird jedoch auf die- 
selben, soweit es wünschenswert erscheint, in der 
folgenden Beschreibung des Fundes Rücksicht ge- 
nommen werden. 

Unter den Fundgegenständen sind vertreten: 

I. Schmucksachen, und zwar: Ringe verschie- 
dener Art, große Spiralarmringe („ Armbergen "), 
Fibeln, Nadeln, Zierbuckel und Knöpfe verschiedener 
Art, Anhängsel, Brillenspiralen, Röhrenspiralen, 
Röhrchen aus Bronzeblech. 

II. Werkzeuge und Geräte: Sicheln, Lappen- 
äxte, Tüllenäxte, Messer, Rasiermesser, Punzstäbe, 
Stempel und sonstige Geräte zur Metallbearbeitung. 

III. Waflfen: Schwerter, Lanzenspitzen und 
Lanzenschaftschuhe. 

IV. Verschiedene Gegenstände unbekannter Be- 
stimmung. 

V. Mehrere Stücke von Bronzeblech mit getrie- 
benen Verzierungen. 

VI. Zwei Klumpen von Rohmetall, 
in derselben Reihenfolge sollen 

nun die einzelnen T3rpen der Fund- 
gegenstände eingehender besprochen 
werden. 

1. Ringe. Der Fund umfaßt der- 
zeit noch 24 vollständige Stücke, außer- 
dem eine Anzahl von Fragmenten. Die 
Ringe sind alle — abgesehen von eini- 
gen ganz kleinen, hier nicht mitge- 
zählten Exemplaren — offen, mit ge- 



rade abgeschnittenen oder verjüngten Enden (nur in 
einem einzigen Falle sind die Endstollen sehr schwach 
verdickt), teils ganz glatt, teils verziert 

Die wichtigsten Typen sind folg;ende: 

a) Ein „Halsring" (Taf. II1 1) von ovaler Form und 
kreisförmigem Querschnitt, in der Mitte ungefähr 
lOfitfif, an den gerade abgeschnittenen Enden 7 mm 
dick. Der größere Durchmesser beträgt (innen ge- 
messen) etwa 127 mm, die Enden stehen 58mm weit 
auseinander. Auf der Innenseite ist der Ring glatt, 
auf der Außenseite durch dicht gedrängte Parallel- 
furchen geziert, die in ungleichen Abständen durch 
schmale, ein einfaches Fischgrätenmuster tragende 
Streifen unterbrochen werden. An den Enden ist die 
Ringoberfläche vollkommen glatt. 

Ob man derartige Ringe wirklich als Halsringe 
auffassen darf, lasse ich dahingestellt. Ein Aufbiegen 
ist bei der ansehnlichen Metallstärke kaum möglich ; 
anderseits sprechen die Form des Ringes und der 
weite Abstand der Enden — ganz abgesehen vom 
Durchmesser — gegen die Deutung als Armring. 
Aus Mähren liegen ähnliche Ringe von mehreren 
Lokalitäten vor, so z. B. aus den Depotfunden von 
Sazowitz und Groß-Latein. In Böhmen wurden ähn- 
liche Ringe in bronzezeitlichen Hügelgräbern mehr- 
fach gefunden; namentlich die Stücke von Merklin, 
abgebildet bei Fi6 „Cechy pfedhistorick6,<* II, tab. I 9 
und 10, zeigen große Übereinstimmung mit unserem 
Exemplar, desgleichen die von RiCHT.Ti- in „Die Bronze- 
zeit in Böhmen" Taf. XVIII 1—5 abgebildeten Ringe. 
Aus Ungarn kennt man analoge Ringformen eben- 
falls, allerdings von geringerer Größe (Armringe). 
Aus Preußisch-Schlesien beschreibt Direktor H. Sbobk 
ähnliche, aber mehr geschlossene Ringe aus ver- 
schiedenen Depotfunden (Schlesiens Vorzeit IV 1906). 

6) Ein fragmentarischer „Halsring" von der in 
der älteren Bronzezeit üblichen Form (Fig. 21), von 
kreisrundem Querschnitt, gegen die Enden zu ver- 
jüngt, flach gehämmert und zu einer Öse eingerollt. 
Zum Unterschiede von den ähnlichen älteren Ringen 
ist das vorliegende Stück viel dünner (der größte 




Bruchstück eines ösenhalsringet 



97' 



A. RzRHAK t)er Bronzedepotfbnd von Przestawlk in Mähren 



97* 



Durchmesser beträgt bloß 6*5 «nm) und gleichmäßiger 
gerundet. Überdies war es ursprünglich an der 
Außenseite mit teils vertikal, teils schräg verlaufen- 
den Strichen, von denen sich nur mehr an einzelnen 
Stellen schwache Spuren erkennen lassen, geziert. 
Die Länge des erhaltenen Bruchstückes beträgt etwa 
230mm ; das Metall ist eine rötlichgelbe Bronze, deren 
Patina unter der dünnen, glänzenden, braungrünen 
Oberflächenschichte eine blaugrüne Färbung zeigt. 
Derartige Ringe sind auch aus den Nachbarländern 
bekannt. 

c) Ein Armring (Fig. 22), etwas deformiert, von 
rundlichem Querschnitte, jedoch beiderseits ziemlich 
stark abgeplattet. Die Dicke ist fast überall gleich 
und beträgt ungefähr 6mm, Der Durchmesser dürfte 
— von der Deformation abgesehen — etwa 92mm 




Fig. 22 Offener Bronzearmring 
Fig. 23 Bronzering mit zugespitzten, übereinand ergrei- 
fenden Enden (das Übergreifen der Enden ist an! der Ab- 
bildimg nicht gut zu erkennen) 

(innen gemessen) betragen. Die nur unbedeutend 
verjüngten Enden stehen ungefähr 15mm weit aus- 
einander. Auch dieser Ring ist an der Außenseite 
mit teils vertikal, teils schräg verlaufenden Strich- 
bündeln geziert; die Patinierung ist dieselbe wie 
bei dem früher beschriebenen Halsringfragment. Die 
erwähnte Abplattung ist möglicherweise durch langes 
Tragen mehrerer, übereinander gelegter Ringe ent- 
standen, da sie auf einer Seite merklich schwächer 
ist als auf der andern, während durch Hämmern 
beide Seiten ziemlich gleichmäßig abgeplattet wer- 
den. Außerdem wurden fünf ähnliche Ringe von ge- 
ringeren Dimensionen gefunden; der kleinste hat 

Jabrbucb fUr Alterttunsknnde I 1907 



bloß etwa 52mm Durchmesser. Ein weiterer Ring 
ist stark zusammengebogen, so daß nicht mehr kon- 
statiert werden kann, ob er kreisrund oder oval ge- 
formt war. Endlich dürften auch einige kleinere 
Fragmente von Ringen dieses T3rpus herstammen. 

d) Ein Armring (Taf. III 2) von ovaler Form und 
kreisrundem Querschnitte, gegen die Enden zu ver- 
jüngt und teils mit schrägen Strichbündeln, teils mit 
Punktreihen verziert. Auf der Konvexseite ist die 
Dekoration infolge des Gebrauches stark abge- 
schliffen. Der längere Durchmesser beträgt (innen) 
55mm, die größte Dicke etwa 9 mm. Ähnliche Ring- 
formen lassen sich aus den Nachbarländern in reich- 
licher Zahl nachweisen. Sie haben ihre unzweifeU 
haften Vorläufer in der älteren Bronzezeit (vgl. z. B. 
MoNTBLius Chronol. d. älteren Bronzezeit etc., S. 41 
Fig. 100, S.55 Fig. 160). 

e) Ein Armring (Fig. III 3) von ovaler Form, außen 
fiachkonvex, auf der Innenseite ganz flach, mit ver- 
jtlngten Enden. Die Verzierung besteht aus Parallel- 
strichen und flachen, doppelt gezogenen Bogenlinien, 
von denen beiderseits (von der Mitte aus) je zwei 
Paare mit der konvexen Seite gegeneinander gekehrt 
sind, wie dies an einzelnen Stellen der Abbildung 
zu erkennen ist. Der schmale, durch die bogigen 
Doppellinien gebildete Streifen ist gestrichelt, ebenso 
sind die verjüngten Enden durch dichtgedrängte 
Parallelfurchen geziert. Dieser Ring erinnert sowohl 
in der Form als auch in der Verzierung an die älteren 
„Spitzovalarmringe", über welche ich gelegentlich 
des Fundes von Weißstätten nähere Mitteilungen ge- 
macht habe (Zeitschr. d. Vereines f. d. Geschichte 
Mährens und Schlesiens 1899, S. 397 ff.). Bei dem 
Ringe von Przestawlk sind die Enden etwas stärker 
verjüngt und nicht zu „Stollen** verstärkt (eine ganz 
leichte Aufbiegung ist allerdings erkennbar), über- 
dies tritt an der Außenseite eine Mittelkante kaum 
hervor; immerhin ist eine nahe Verwandtschaft dieser 
Ringform mit den Spitzovalarmringen nicht zu be- 
streiten. Der „Schatz von Räkos-Palota" bei Buda- 
pest enthält neben einem typischen „Spitzovalarmring** 
(Hampel Altert, d. Bronzezeit in Ungarn Taf.LXXXVI 3) 
auch eine Ringform, welche sich durch die stärker 
verjüngten, nicht stollenartig verdickten Enden an 
den hier beschriebenen Ring anschließt. In Ungarn 
scheinen überhaupt dem letzteren entsprechende, 
wenn auch anders verzierte Armringe sehr häufig 
vorzukommen (vgl. z. B. den Fund von Sajö-Gömör 
bei Hampkl a. O. Taf. CXIV und CXVI); in Mähren 
sind sie anscheinend recht selten, denn Cervinka 
bildet (a. O. Taf. XVIII, 9) nur ein ähnliches Stück 
(aus dem Depotfund von Sazowitz) ab. Ähnlich, 
jedoch ohne Verzierung, ist ein Ring aus dem inter- 

13 



98« 



A. RzEHAK Der Bronxedepotfnnd von Preestawlk in Mähren 



98 « 



essanten Depotfunde von Drslawitz (Prav$k 1904, 
Taf.VIII 13). 

/) Ein schmaler, offener, glatter Armreif (Taf. III 4) 
von dreieckigem Querschnitt und bis an die Enden 
gleichmäßig anhaltender Breite. Die Innenseite ist 
flach, die Außenseite fällt von der Mittelkante dach- 
artig ab. Der Ring ist kreisförmig gebogen und 
besitzt einen (inneren) Durchmesser von bloß 48fitf», 
war also wohl für ein Kind bestimmt. Die Breite 
beträgt 6 mm. Die Oberfläche des Ringes ist glatt, 
glänzend und nur so schwach patiniert, daß die sehr 
helle Farbe der Bronze an vielen Stellen durch- 
schimmert. Ringe dieser Art sind aus Mähren z. B. 
von Mostkowitz (Urnenfeld vom Lausitzer Typus) 
bekannt. Ganz übereinstimmende, aber bedeutend 
größere Stücke bildet Richt.y (Bronzezeit in Böhmen, 
Taf. X 3 — 5) aus dem merkwürdigen Depotfund von 
Krendorf ab. Nicht ganz übereinstimmend, aber doch 
zu demselben Typus gehörig sind mehrere Vorkomm- 
nisse aus Preußisch-Schlesien, so z. B. die Ringe von 
Karmine (bei Seobr Schles. Vorzeit, 1906, S. 37 
Fig. 60 und 65). 

g) Ein kreisförmig gebogener Ring (Fig. 23) von 
flach rechteckigem Querschnitt mit ganz flach ge- 
hämmerten und scharf zugespitzten Enden, die ziem- 
lich weit übereinandergreifen. Der (innere) Durch- 
messer beträgt etwa 57 mm, die Breite des Ringes 
ungefähr 5, die Dicke 3*5— 4mm. Die Oberfläche ist 
ohne Verzierung und mit einer dünnen, etwas rauhen 
Patinaschichte bedeckt. Auf den Ring ist ein kleines, 
aus einer rötlichgrauen Bronzemischung sehr un- 
gleichmäßig gegossenes Ringelchen von 15 mm 
Durchmesser (außen gemessen) aufgereiht; an dieses 
Ringelchen selbst sind wiederum vier kurze Stück- 
chen eines sehr schmalen, dünnen Bronzeblechbandes 
lose befestigt. In ähnlicher Weise ist ein breiterer 
Blechstreifen über den großen Ring gebogen. 

h) Ein kleiner Ring aus Bronzedraht (Taf. III 5) 
mit zugespitzten Enden, die um etwas mehr als 
den halben Umfang übereinandergreifen. Der größere 
Durchmesser des etwas oval zusammengedrückten 
Ringes beträgt (innen) ungefähr 35mm, die größte 
Dicke des flachrundlichen Drahtes etwa 3 mm. In 
diesen Ring eingehängt ist ein zweiter kleinerer Ring, 
der durch einfaches Zusammenbiegen eines Draht- 
stückes mit nachgeahmter Torsion entstanden ist. 
An einer Stelle ist dieser Ring durch den Gebrauch 
ganz glatt gerieben. Die Patinierung ist bei beiden 
Ringen schwach. 

i) Ein Ring aus Bronzedraht (Taf. III 6), dessen 
Enden etwas flachgehämmert und dann ösenartig um- 
gebogen sind. Der größte Durchmesser des oval ge- 
stalteten Ringes beträgt 45 mm. 



Von den meisten der hier beschriebenen Ring- 
formen sind mehrere, allerdings zum Teile nur in 
Bruchstücken erhaltene Exemplare vorhanden. Nach 
TelIökas Angabe muß die Anzahl der aufgefundenen 
Ringe ungefähr doppelt so groß gewesen sein, als 
die Anzahl der jetzt tatsächlich vorhandenen. Am 
meisten zu bedauern ist der Verlust der hohlen 
Armringe, die TelIöka erwähnt, von denen sich aber 
keine Spur mehr vorfindet. 

2. Spiralarmringe (sogenannte „Armbergen"). 
Zu den hervorragendsten Schmuckstücken des Fundes 
von PrzestawLk gehören zwei Paare von großen 
Armreifen, deren Enden in kunstvoller Weise in 
Spiralen gewunden sind, und zwar in der Weise, daß 
jedes Stück als das Spiegelbild des andern dazu- 
gehörigen Stückes erscheint. Von den beiden Paaren 
ist das größere (Taf. IV 1) abgebildet. Es ist aus einem 
viereckigen, im Querschnitt rhombischen Bronzestab 
geformt, der sich gegen die im Mittelpunkte der 
Spiralen liegenden Enden allmählich verjüngt. Der 
größere Durchmesser des Armreifens beträgt 
(innen) 98 mm, der kleinere 84 mm, der Durch- 
messer der Spiralen 63 mm; der Reifen selbst 
ist an der stärksten Stelle fast 10, beziehungsweise 
6*5 mm (längere und kürzere Diagonale des rhombi- 
schen Querschnittes) dick. — Die Kante der ersten 
Spiralwindung ist mit eingeschlagenen Querstrichen 
verziert. Der Armreif selbst trägt an seiner Außen- 
seite das (in Fig. 24) zur Hälfte aufgerollte Ornament 



m\mm4u\¥^m\\>i<mi'-i(immm^' 



Fig. 24 Aufgerolltes Ornament der auf Taf. IV i abge- 
bildeten Armberge 

An der Außenseite sind die Spiralen — anscheinend 
durch den Druck eines darüber liegenden Armringes 
— merklich abgerieben, wie dies ja auch aus der 
Abbildung ersichtlich ist. Die sonstige Erhaltung der 
beiden Paare (deren kleineres sich noch in Kremsier 
befindet) ist tadellos. Derlei Schmuckstücke — hie 
und da als „Armbergen" bezeichnet — scheinen nicht 
gerade häufig zu sein; sie gehörten wohl auch im 
„bei äge du bronze" zu den kostbareren Geschmei- 
den, die sich nicht jedermann verschaffen konnte. 
Aus Mähren ist mir außer Groß-Latein keine Fund- 
stätte bekannt, die derartige Spiralarmringe geliefert 
hätte. Für Böhmen finde ich weder in Richlys 
„Bronzezeit**, noch bei Pfö „Cechy pFedhistorick^**, 
Belege für das Vorkommen derartiger Armbergen, 
und ich erinnere mich auch nicht, solche im Prager 
Museum gesehen zu haben. In Ungarn scheinen 
Armbergen dieses Typus ebenfalls nur selten vorzu- 



99* 



A. RzBHAK Der Bronsedepotfiind von Pnettawlk in Mähren 



99« 



kommen. Im Budapester Nationalmuseum, welches 
ich erst kürzlich wieder besucht habe, fand ich nur 
Stücke aus Gold, die sich mit den unseren ver- 
gleichen lassen. Meist sind die Spiralen ungleich 
groß und immer relativ kleiner als bei den nord- 
deutschen und unseren mährischen Stücken. Einzelne 
Exemplare sind aus vierkantigem Draht hergestellt, 
wobei die Windungen, entsprechend den mährischen 
Fundstücken, auf die Kante gestellt, jedoch voll- 
ständig unverziert sind. Die ungarischen Funde 
sind in neuester Zeit von Dr. MA&ton Archaeolog. 
firtesitö 1907 S. 61 beschrieben worden. Unter den 
in Hampels Altertümern der Bronzezeit in Ungarn 
abgebildeten Armbergen befindet sich kein Stück, 
welches mit den Exemplaren von Przestawlk über- 
einstimmen würde, wohl aber ist ein kleines Arm- 
band aus dem Schatze von Räkos-Palota (Hampbl 
a. O. Taf. LXXXVII 5) genau nach demselben Typus 
hergestellt wie unsere Armbergen. In F. Reinrckbs 
Abhandlung: „Tanulmänyok a magyarorszägi bronzkor 
chronologläjäröl** (Archaeol. £rtesitö 1899) fehlen die- 
selben ebenfalls unter den für die Chronologie maß- 
gebenden Typen der bronzezeitlichen Altertümer. In 
Norddeutschland scheinen die Armbergen hingegen 
recht häufig vorzukommen. O. Msetins bildet in 
seinem Wegweiser durch die Urgeschichte Schlesiens 
(Breslau 1906) eine Armberge ab (S.56 Fig. 113), die 
in der Form durchaus den Exemplaren von Przestawlk 
entspricht und auch die oben erwähnte, durch den 
Gebrauch entstandene teilweise Abschleifung der 
äußersten Spiralwindung erkennen läßt. MsRTnrs be- 
merkt, daß diese fast stets paarweise auftretenden 
Armbergen*) „in etwas abweichender Form wohl 
noch in der jüngeren Bronzezeit in Gebrauch ge- 
wesen seien*' und fügt hinzu, daß sie „besonders 
Ungarn'* anzugehören scheinen. Man kann dies viel- 
leicht für „Armbergen im allgemeinen" gelten lassen, 
aber keineswegs für den hier besprochenen Typus, 
der wohl im Norden zuhause ist, da z. B. Dr. Rob. 
Bbltz in seiner inhaltsreichen Abhandlung: Die 
Gräber der älteren Bronzezeit in Mecklenburg I 
S. 110 f. aus dem großherzoglichen Museum nicht 
weniger als 66 Exemplare von „Handbergen" nam- 
haft macht Ein S. 110 abgebildetes Stück entspricht 
in der Form durchaus denExemplaren von Przestawlk, 
es sind bloß die Spiralen etwas größer (10 cm Durch- 
messer), reicher verziert und im Querschnitt rund- 
lich, nicht kantig. Der eigentliche Reif hat einen nur 
wenig kleineren Durchmesser als die Spiralen, ist 
flach gehämmert und anscheinend oval geformt; es 



^) „Armbergen" ist wohl richtiger als „Armberge" 
(plar.), wie Mertjns schreibt. 



dürfte sonach auch für diese mecklenburgischen 
Vorkommnisse die Bezeichnung „Armbergen" zu- 
treffender sein ab „Handbergen", um so mehr, als, 
wie Bbltz selbst angibt, ein Röhrenknochen in der 
Windung steckt. Der genannte, verdienstvolle For- 
scher nennt die „Handbergen" die „auffallendste 
Charakterform der mecklenbiurgischen entwickelten 
Bronzezeit" und meint, sie wären „aus südlichen 
Ringen" hervorgegangen. Auch in der Provinz 
Sachsen gehören Armbergen des hier beschriebenen 
T3rpus zu den charakteristischen Fundstücken der 
Bronzezeit. Ich sah den mährischen Stücken entspre- 
chende Exemplare im Museum zu Halle a. d. Saale; 
eines findet sich auf der von der Historischen Kom- 
mission für die Provinz Sachsen 1898 herausgege- 
benen Wandtafel (Vor- und frühgeschichtliche Gegen- 
stände aus der Provinz Sachsen, Bronze- und Hall- 
stattzeit, Fig. 16) abgebildet und als „Armberge" 
bezeichnet Meiner Ansicht nach dürfte es sich bei 
diesen Objekten doch eher um ein Schmuckstück 
als um eine Schutzwaffe — auf die das Wort „Arm- 
berge" hinweist — handeln. Sollten diese Spiralarm- 
ringe wirklich als „Bergen", das heißt als Schutz- 
mittel gegen Schwerthiebe gedient haben, dann 
müßten doch mindestens einzelne die Spuren der 
aufschlagenden Schwertklinge erkennen lassen. Bei 
den mährischen Stücken ist dies nicht der Fall, 
während bei den aus Gold bestehenden ungarischen 
Exemplaren schon das Metall an sich die alleinige 
Verwendung als Schmuck andeutet 

3. Von Fibeln liegt nur ein einziges vollstän- 
diges Exemplar vor (Taf. IV 2), welches aus zwei 
Teilen besteht. Den einen Teil bildet der spitzellip- 
tische, ornamentierte Bügel, der an beiden Enden in 
einen dünnen, vierkantigen Metallstab ausgeht, wel- 
cher zunächst achterförmig gebogen und dann auf der 
einen Seite zu einer Spirale, auf der anderen Seite zu 
einer einfachen Schlinge zusanmiengedreht ist. In 
der letzterwähnten Schlinge hängt frei beweglich die 
aus rundem Bronzedraht verfertigte, am stumpfen 
Ende hakenförmig umgebogene Nadel, während die 
auf der andern Seite in die erwähnte Spirale aus- 
laufenden Windungen den Nadelhalter abgeben. Die 
Gesamtlänge der Fibel beträgt 103mf». Einem ganz 
ähnlichen Stück dürfte auch das Bruchstück (Taf. IV 3\ 
gleichfalls iOStnnt lang, angehört haben. Der Bügel 
ist hier mehr flachelliptisch und etwas anders deko- 
riert, die Spirale imd der Nadelhalter sind jedoch 
ganz ähnlich gestaltet. Ein Unterschied zeigt sich 
nur darin, daß die Spiralwindungen nicht auf die 
Kante gestellt sind, sondern in der Weise aneinander 
schließen, daß die Spiralenoberfläche eine Kugel- 
kalotte bildet. Die die Nadel tragende Schlinge ist 

13* 



lOO" 



A. RzEHAK Der Bronzedepotfund von Pnestawlk in Mähren 



lOO" 



leider abgebrochen. Die Gesamtlänge dieser Fibel 
mag ursprünglich etwa 125 mm betragen haben. 

Diese Fibeln gehören in den Formenkreis der 
„nordischen" Fibeln, scheinen jedoch in der hier 
beschriebenen Variation nicht häufig vorzukommen. 
Von mährischen Fundstücken mögen die leider nur 
fragmentarischen Fibeln von Drslawitz (PravSk 1904 
Taf. V Fig. 10 imd 14) ähnlich gewesen sein, obzwar 
sie beträchtlich größer waren. Ganz übereinstim- 
mende Stücke sind mir aus den Nachbargebieten 
nicht bekannt; die zunächst stehenden Typen be- 
sitzen Äwei Spiralen, wobei nicht selten die Dimen- 
sionen der Spiralen die des Bügels bedeutend über- 
treffen. Eine zweispiralige Riesenfibel des nordischen 
Typus ist Taf. IV 4 abgebildet. Erhalten ist bloß 
der eigentliche Fibelkörper mit dem großen, oval- 
rhombischen Bügel und den beiden Endspiralen, 
während die wahrscheinlich frei bewegliche Nadel*) 
fehlt. Die Spiralen befinden sich nicht mehr in der 
ursprünglichen Lage; sie sind aus vierkantigem 
Bronzedraht hergestellt, in der Weise, daß er auf 
der Kante steht. Die recht primitive Dekoration des 
Bügels ist sehr deutlich der Abbildung zu entneh- 
men, an der keine Retusch vorgenommen worden 
ist. Die Länge des Bügels beträgt 148 mm, seine 
Breite 60mm; die Spiralen haben 44, beziehungsweise 
38 mm Durchmesser. Jedenfalls bildete eine derartige 
Fibel ein prächtiges, kostbares Schmuckstück, wie 
es ihrer in den archäologischen Sammlungen nicht 
viele gibt. Aus Mähren ist ein ähnliches Stück (samt 
der zugehörigen Nadel) aus dem Depotfund von 
Groß-Latein (Bez. Olmütz) bekannt (abgebildet in 
Öervinkas Morava za pravgku S. 138 Fig. 56). 

Von einer ähnlichen, nur wenig kleineren Fibel 
stammt auch das Bruchstück (Taf. IV 5), dessen Orna- 
mentierung eine vollständige Übereinstimmung zeigt 
mit dem aus dem Depotfunde von Sazowitz stam- 
menden Fibelbruckstück (Csrvinka a.O.Taf.7). Inner- 
halb der Bogenlinien ist der Btlgel von der Unterseite 
aus durchbohrt, wie dies auf der Abbildung deutlich 
zu erkennen ist. Ein Stückchen des Bronzedrahtes 
ergab bei der chemischen Analyse: 

Kupfer . . .89000/o 

Zinn . . . . . 10-87Q/o 
99-87 o/o 
Von den zwei „typischen Hallstätter Spiral- 
fibeln", die Teliöka (a. O. S. 5) erwähnt, ist unter 



dem noch vorhandenen Materiale nichts zu finden; 
auch Kybasts Zusammenstellung enthält keine jjtypi- 
schen Hallstattfibeln", sofern damit die aus einem 
einzigen Drahtstück verfertigten Doppelspiralfibeln 
gemeint sind. 

4. Nadeln finden sich unter den Bronzegegen- 
ständen von Przestawlk nur spärlich vor. Teliöka 
kennt (a. O. S. 68) vier oder fünf Exemplare, während 
mir nur drei vorliegen; von diesen kann eigentlich 
bloß das auf Taf. III 7 abgebildete Stück als eine 
wirkliche Nadel gelten, die zwei anderen sind bloß 
nadelähnlich. Das Exemplar Taf. IV 6 ist ein ungefähr 
160 mm langer, runder Bronzedraht, der an einem Ende 
ösenformig umgebogen, am anderen schwach verjüngt 
ist. Dieses verjüngte Ende ist hakenförmig umgebogen 
und durch die erwähnte Öse hindurchgesteckt. Mehrere 
aus dünnem Bronzedraht hergestellte Spiralringe sowie 
ein sehr roh gegossener massiver Ring von etwa 
20 mm Durchmesser sind auf der „Nadel" aufgereiht. 
Fig. 25 stellt einen an den beiden Enden zylindri- 
schen, in der Mitte vierkantigen Bronzestab vor, wel- 
cher haarnadelähnlich gebogen ist. Um eine wirk- 
liche Nadel handelt es sich hier wohl nicht. Fig. 7 
auf Taf. III zeigt die Hälfte einer gegossenen Bronze- 
nadel mit sehr hübsch profiliertem und verziertem 
Kopf. 




^) Der mittlere Teil der kleineren Spirale ist ausge- 
brochen und könnte die Vermutung aufkommen lassen, daß 
die Nadel vielleicht, ähnlich wie bei den Hallstätter Spiral- 
fibeln, im Zentrum dieser Spirale entsprang. Ich halte dies 
jedoch wegen der geringen Stärke des die Spirale bildenden 
Drahtes für sehr unwahrscheinlich. 



Fig. 25 Haamadelfbrmig gebogener Bronzestab 

Unter den von Kybast hergestellten Skizzen 
finden sich außer den hier beschriebenen Gegen- 
ständen noch drei nadelartig zugespitzte Drahtstücke, 
die möglichen^^eise von Nadeln herrühren. 



JAHRBUCH FÜR ALTERTUMSKUNDE I 1907 



TAFEL III 




DER BRONZEDEPOTFUND VON PRZESTAWLK 

(Die Gegenstände sind nicht in gleichem Maßstab reproduziert) 



lor 



A. RzEHAK Der Bronsedepotfiind von Przettawlk in Mähren 



lOI 



5. Zierbuckel und Knöpfe verschiedener 
Art. Fünf verschiedene Typen dieser zu den häufig- 
sten Erzeugnissen der spätbronzezeitlichen Kultur- 
stätten gehörigen Gegenstände sind Taf. III 8—11 
und Taf. V 7 in verkleinertem Maßstabe abgebildet. 
Fig. 8 ist ein einfacher, flacher, auf der Oberseite 
ganz glatter Kopf von der Unterseite dargestellt, 
bemerkenswert durch zwei kräftige Ösen. Der Durch- 
messer der dünnen, kreisförmigen Kopf platte beträgt 
^OfHfH, Der größte Zierbuckel (Taf. V 7) besteht aus 
dünnem Bronzeblech, ist nur flach gewölbt und mit 
schwach eingeschlagenen, kreisförmig angeordneten 
kleinen Erhöhungen verziert. Die ehemals in der 
Mitte befindliche Auftreibung ist ausgebrochen, so 
daß das Stück an dieser Stelle durchlocht erscheint; 
es ist jedoch leicht zu erkennen, daß die Durch- 
lochung nur zufällig entstanden ist. Zur Befestigung 
dienten die beiden in der Nähe des flachen Rand- 
saimies eingeschlagenen Löcher. Der Durchmesser 
dieses Zierbuckels beträgt 70mm. Die Patinierung ist 
gleichmäßig und verhältnismäßig stark. Eine sehr primi- 
tive Form der Zierbuckel (Taf. III 9) besteht aus sehr 
dünnem, nur wenig patiniertem Bronzeblech und ist 
flach gewölbt; zwei in recht roher Weise hergestellte 
Löcher dienen zur Befestigung. Durchmesser AAtnm, 
Sehr hübsch ist der kegelförmige, an der Spitze in 
einen stumpfen Knopf endigende Tutulus ((Taf. II1 10). 
Trotz der geringen Metallstärke ist er gegossen, wie 
die Reste eines allem Anscheine nach schon beim 
Gusse mißlungenen Steges, welcher auf der Unterseite 
die Funktion einer Öse übernehmen sollte, beweisen. 
Da von diesem, die Basis des hohlen Kegelmantels 
überspannenden Stege nur ganz kurze Ansätze vor- 
handen sind, war man genötigt, am Rande die übli- 
chen zwei Löcher einzuschlagen. Der kegelförmige 
Teil ist durch konzentrische Wülste geziert. Der 
Durchmesser beträgt 44f«m, die Höhe 15 mm. Die 
Oberfläche des Metalles ist dunkelbraun gefärbt, 
glatt und glänzend. 

Ein Gegenstück zu diesem Zierbuckel findet 
sich unter den Bronzegegenständen des Fundes von 
Drslawitz bei Ung.-Brod. Es stimmt in Form und 
Größe sehr genau mit dem hier beschriebenen über- 
ein und läßt auf der Unterseite auch den dünnen, 
zur Befestigung dienenden Steg deutlich erkennen 
(Prav6k 1904, Taf. X 12). Da der Steg hier erhalten 
ist, so sind die zwei seitlichen Durchbohnmgen 
überflüssig. Ein sehr ähnliches, aber größeres Stück 
bei Hampel (Taf. LV5) aus der bronzezeitlichen 
Wohnstätte von Felsö-Dobsza. Auch in Norddeutsch- 
land scheinen derartige Objekte nicht selten vorzu- 
kommen. Mertins erwähnt sie (Wegweiser durch 
die Urgeschichte Schlesiens, S. 56) als „kegelförmige 



ösenknöpfe" unter den Altertümern der älteren 
Bronzezeit und bildet auch ein Exemplar (S. 65 
Fig. 109) ab. Ebenso werden kegelförmige Tutuli 
(„Zierkegel") mit einem auf der Unterseite ange- 
brachten Steg von Dr. R. Bet.tz aus Gräbern der 
älteren Bronzezeit Mecklenburgs mehrfach erwähnt 
(vgl. Die Gräber der älteren Bronzezeit in Mecklen- 
burg I 98). 

Der große Tutulus Taf. III 1 1 ist flach kegel- 
förmig, seine Mantelfläche mit einigen wenigen, sehr 
flachen, konzentrischen Wülsten geziert. Der zentrale 
Teil spring^ ziemlich stark vor und trägt auf der 
Innenseite eine verhältnismäßig kleine, aber kräftige 
Öse. Der Durchmesser beträgt etwa 62mm, die Höhe 
16mm, wovon ungefähr 7mm auf den zentralen Knopf 
entfallen. Das Metall ist so wie bei Fig. 10 beschaffen. 
Sehr ähnlich, aber etwas größer ist ein Stück bei 
Hampet. (Taf. LV 4) aus dem „Schatz von Magyar 
Csaholy". Ein mährisches Stück, aus dem Brand- 
gräberfelde von Mostkowitz, ist an der Oberfläche 
ganz glatt und geht in eine kurze, stumpfe Spitze 
aus (vgl. die Abbildung bei Cervinka Morava za 
pravgku, Taf. XXXI 33). 

6. Anhängsel. Die Bestimmung der Gegen- 
stände Taf. II1 12. 13 und Taf. V 8 ist nicht ganz klar. 
N. 13 (Taf. III) ist aus einer sehr hellen, harten Bronze 
gegossen und nur wenig patiniert. Innerhalb des trapez- 
förmigen Teiles sind die Gußnähte noch deutlich zu er- 
kennen ; nur an der Basis dieses Trapezes und in den 
unteren Ecken sind sie abgeschliffen, anscheinend 
durch die reibende Wirkung eines Riemens. Daß die 
Ecken zum Teile ausgewetzt sind, läßt die Abbildung 
deutlich erkennen. In dem ringförmigen Teile ist die 
Gußnaht nur in der oberen Begrenzung des trapez- 
förmigen Teiles zu erkennen ; die Innenseite des oberen 
Teiles des Ringes zeigt deutlich die abschleifende Wir- 
kung eines Riemens oder einer Schnur. Möglicherweise 
bildet dieses Objekt einen Teil eines Pferdezaumes 
oder Behanges. Seine Gesamtlänge beträgt 50 mm. 
Ähnlich ist das Stück bei Hampel (Taf. CXVI 18) 
aus dem Funde von Sajo-Gömör, welches jedoch 
statt des Trapezes einen halbkreisförmigen, verhältnis- 
mäßig kleinen Ansatz besitzt. Der kleine, trompeten- 
förmige Gegenstand (Taf. V 8) ist in dem dünneren 
Teile durchbohrt; die Durchbohrung erweitert sich 
trichterartig, so daß das Metall an der ungefähr 
18mm breiten Mündung ganz dünn und stellenweise 
etwas einwärts gebogen ist. Die Oberfläche ist mit 
drei Streifen von je drei Parallelfurchen verziert. 
Die Länge beträgt nahezu 50mm. Ähnliche Gegen- 
stände werden meist kurzweg als Anhängsel be- 
zeichnet, so z. B. von Hampet. Taf. LXXXVII 10, 
CXXV 9 10, dtlrften aber doch wohl eine andere 



I02" 



A. RzEHAK Der Bronzedepotfund von Pnettawlk in Mähren 



102« 



Bestimmung gehabt haben. Das Bruchstück Taf. II1 12 
gehört vielleicht zu einem größeren Zierbehänge; es 
ist auf der einen Seite flach und zeigt an fünf 
Stellen Bruchflächen. Seine Länge beträgt 56 mm. 
Einzelne Partien des von Hampbl Taf. LXIII 3 ab- 
gebildeten Zierbehänges zeigen eine gewisse Ähn- 
lichkeit mit unserem Fragment. 

Die drei zuletzt besprochenen Objekte sind alle 
aus einer hellfarbigen, harten Bronze gegossen, deren 
Oberfläche eine eigentümliche, blaugraue Farbe mit 
ganz unbedeutender Patinabildung annimmt. Gegen- 
stände von der Form des (Taf. IV 1 3) in natürlicher 
Größe abgebildeten werden ebenfalls häufig als 
Anhängsel, mitunter aber auch als „Messerchen" ge- 
deutet. Unser Exemplar ist ein mißlungenes Guß- 
stück, bei welchem der Anhängering nicht voll- 
kommen geschlossen erscheint. Seine Länge beträgt 
66mm, die größte Breite 13m«n; auf einer Seite ist 
es ganz flach, auf der andern trägt es einen nur 
sehr schwach vortretenden Mittelgrat, von welchem 
die beiden Seiten dachartig abfallen. Die Abbildung 
läßt diese Beschaffenheit der Oberfläche allerdings 
nicht erkennen. Hampel bildet mehrere derartige 
Objekte, z. B. von der Fundstätte von Läzärpatak, 
als „Anhängsel" ab (Taf. CIX 32—34); auch sind 
tatsächlich solche als Bestandteile von Ziergehängen 
mehrfach beobachtet worden. 

7. Brillenspiralen. Brillenförmige Doppel- 
spiralen sind im Depotfund von Przestawlk nur durch 
ein vollständiges Exemplar vertreten (Taf. V 9). Es 
besteht aus dünnem, anscheinend gezogenem Bronze- 
draht von kreisrundem Querschnitt; nur der zentrale 
Teil der Spirale ist etwas flach gehämmert, 
offenbar um die Herstellung der Spiralen zu er- 
leichtern. 

8. Röhrenspiralen. Die aus dünnem Bronze- 
draht röhrenförmig zusammengedrehten Spiralen 
kommen unter den Fundgegenständen der Bronzezeit 
sehr häufig vor und werden zumeist als Haarschmuck 
gedeutet. Das Exemplar Taf. V 6 besteht aus halb- 
rundem, d. h. auf der Innenseite der Spirale flachem, 
wie es scheint, gezogenem Bronzedraht. 

9. Bronzeblechröhrchen. Taf. V 17 ist eine 
aus dünnem Bronzeblech hergestellte offene, nach- 
träglich durch Zusammendrücken deformierte Röhre. 
Sie ist mit drei Bändern geziert, von denen jedes 
wiederum aus drei schmalen, etwas vortretenden 
Streifen besteht; diese Streifen sind durch Einpressen 
auf der Unterseite des Bleches erzeugt worden. Das 
Röhrchen ist 6o mm lang, sein Durchmesser (im 
jetzigen Zustande) etwa 9 mm. Derlei Blechröhren 
werden meist als Bestandteile eines für Pferde be- 
stimmten Gehänges gedeutet. Ein ähnliches, aber 



größeres Blechröhrchen ist unter den Funden von 
Karmine (Kreis Militsch) in Preußisch-Schlesien ab- 
gebildet (Seger Schlesiens Vorzeit IV). 

Il.Werkzeuge und Geräte. 

1. Von Sicheln wurden nach TelIöka fünf bis 
sechs vollständige Exemplare, außerdem über 
60 Fragmente gefunden. Mir liegen vier vollständig 
erhaltene Exemplare und zwei vielleicht zusammen- 
gehörige Bruchstücke vor. Drei dieser Sicheln sind 
von ziemlich gleicher Größe, stimmen aber unter- 
einander bloß darin überein, daß der Griflf von der 
Klinge deutlich abgesetzt ist und an seinem oberen 
Ende einen Dom trägt. Am stärksten gekrümmt 
ist Fig. 27; hier mißt die Sehne zwischen der Spitze 
und der inneren Ecke des unteren Griflfendes 136, 




Fig. 26. 27 Broncesicheln 

die entsprechende „Pfeilhöhe" 120mm. Die bis 44 mm 
breite Klinge setzt sich scharf gegen den kaum 50 mm 
langen, 27 mm breiten, etwas über der Mitte durch- 
lochten Griff" ab. Von den seitlichen Verstärkungs- 
rippen des Griff^es setzt sich die innere geradlinig 
fort bis an den Rücken der Sichel; der Griff selbst 
trägt keinerlei Verzierung. Die Sichel Fig. 26 ist 
ähnlich geformt, jedoch schwächer gekrümmt, indem 
die Sehne (wie früher gemessen) 155, die Pfeilhöhe 
108 mm mißt. Auch hier ist die Klinge (größte Breite 
42 mm) gegen den Griff scharf abgesetzt Der Griff 
selbst ist durch drei Rippen verstärkt; die innere 
Randrippe verläuft bogenförmig gegen den Rücken, 



I03« 



A. RzBHAK Der Bronzedepotfund von Przestawlk in Mähren 



103« 



die Mittelrippe geht mit ihr parallel, verschwindet 
jedoch gänzlich, ehe sie die Verstärkungsrippe des 
Sichelrückens erreicht. Die Durchlochung des Griffes 
fehlt hier. Fig. 14 (Taf. III) unterscheidet sich von den 
beiden eben beschriebenen hauptsächlich dadurch, daß 
die Spitze nach auswärts gebogen ist. Die Klinge 
ist nicht so scharf gegen den Griff abgesetzt wie 
bei jenen; der Griff selbst ist durch drei Rippen ver- 
stärkt, wobei die innere Randrippe und die kurze 
nur schwach vortretende Mittelrippe geradlinig ver- 
laufen. Die Kanten der Rippen sind durch einge- 
schlagene Furchen rauh gemacht, offenbar zur 
besseren Befestigung einer hölzernen Handhabe, da 
die Furchen ungefähr in der Höhe des kräftigen 
Domes aufhören. Die Sehne mißt 166mm, die Pfeil- 
höhe 120mm, die Griflfbreite 27mm, die größte Breite 
der Klinge 36 wm. 

Das vierte Stück ist als eine Miniatursichel zu 
bezeichnen, da die Sehne — soweit sie sich bei der 
aus Taf. III 16 ersichtlichen Deformation bestimmen 
läßt, nur ungefähr 115, die größte Breite der Klinge 
bloß 26mm beträgt. Ganz eigentümlich ist der Griff 
gestaltet: er zeigt unten einen winkeligen Ausschnitt, 
während die innere Randrippe sich gegen den das 
obere Griffende bezeichnenden Dom 
zurückbiegt. Beide Randrippen zeigen 
je drei seichte, durch Schläge herge- 
stellte, längliche Vertiefungen. 

Von einer fünften Sichel liegt 
nur das Griffstück Taf. III 15 vor; es 
ist dadurch "^bemerkenswert, daß die 
innere Randrippe ziemlich stark ge- 
bogen und die Fläche des Griffes 
durch zarte, ein „Tannenzweigmuster" 
bildende Rippen verstärkt erscheint. 
Der ungewöhnlich hoch sitzende Dorn 
hat nicht die übliche Schnabelform, 
sondern ein fünfseitiges Profil. Unter- 
halb der inneren Randrippe findet sich 
die Andeutung einer weiteren, unge- 
fähr parallel verlaufenden Verstär- 
kungsrippe. Die Breite des Griffes 
beträgt 25, seine Höhe (bis zum Dorn) 
57, die Breite der Klinge 32 mm. Ein 
hier nicht abgebildetes Sichelbruch- 
stück mit erhaltener Spitze gehört 
vielleicht zu dem vorliegenden Griff. 

Ähnliche Sicheln kommen in 
den Nachbarländern ziemlich häufig 
vor. Die hier beschriebenen Stücke 
gehören zu den besterhaltenen, die 
bisher in Mähren gefunden worden 
sind. Flachsicheln dieser Art („fau- 



cilles ä talon'' E. Chantres) sind bei uns weit- 
aus häufiger als die sogenannten „Knopf sicheln** 
(nfaucilles ä bouton" Chantres); durchlochte Exem- 
plare („Lochsicheln") scheinen seltener zu sein als 
undurchlochte. In dem interessanten Depotfund von 
Drslawitz (vgl. J. KuCera im Prav^k 1904) kommt 
neben Absatz- und Knopf sicheln anscheinend auch 
die „ungarische" Form (vgl. das Fragment a. O. 
Taf. IV 10) vor. 

2. Lappenäxte. Nach TelIöka sollen dreizehn 
Flachäxte mit Schaftlappen gefunden worden sein. 
Die Zusammenstellung des Herrn Kybast enthält 
vier ganze Stücke und mehrere Fragmente, während 
das mährische Landesmuseum nur zwei ganze und 
zwei fragmentarische Exemplare besitzt. Das größere 
der beiden vollständigen (Fig. 28) ist 160mm lang, 
an der schmälsten Stelle 25, an der Schneide 50mm 
breit. Der Oberrand der Bahn ist ausgeschnitten 
(„italischer" Ausschnitt), die Randspitzen des Aus- 
schnittes sind in diesen hineingebogen. Ähnlich ge- 
formt war auch Fig. 29, wo der in die bogige Schneide 
auslaufende Teil gewaltsam abgebrochen ist. Die 
Länge des vollständigen Stückes dürfte ungefähr 
180mm betragen haben. Das obere Bahnende ist 




Fig. 28 — 31 Lappenäxte 



104" 



A. RzEHAK Der ßronzedepotfund von Prxcslawlk in Mähren 



IC4" 



etwas breiter als der die Lappen tragende Teil, 
während es sich bei Fig. 28 merklich verschmälert. 
Fig. 30 ist durch die Kürze des eigentlichen Axt- 
körpers bemerkenswert. Da der Schaftteil der Axt 
in seinen Größenverhältnissen ziemlich genau dem 
Exemplar Fig. 29 entspricht, so handelt es sich hier 
wohl um ein Stück, das zerbrochen und dann an der 
Bruchstelle zu einer Schneide neu ausgehämmert 
wurde. Die Legierung dieser Axt scheint ziemlich 
spröde zu sein, denn die eine Seitenspitze der Schneide 
zeigt eine alte Bruchfläche, während zwei der Schaft- 
lappen eingerissen sind. Die Gesamtlänge beträgt 
110mm. Ein ganz ähnliches Stück bildet Cervinka 
Morava za pravSku Taf. XXXVI 5 aus der Ansied- 
lung von Bilowitz ab. 

Fig. 31 ist ein Fragment, an welchem gerade 
noch der Beginn der Schaftlappen zu erkennen ist. 
Da die Länge des Bruchstückes 100mm beträgt, so 
dürfte die vollständige Axt noch etwas länger ge- 
wesen sein, als die Fig. 28 abgebildete; sonst stimmen 
die Dimensionen, wie ein Vergleich der Figuren 
zeigt, ziemlich genau überein. Die Patinabildung ist 
bei sämtlichen Äxten eine sehr geringe; das Fragment 
Fig. 31 ist fast ganz frei von Patina. Die Legierung 
dieses Stückes muß sehr unvollkommen gemischt 
sein, da an mehreren Stellen auf dem braunen 
Grunde zinnweiße, glänzende Flecken zu sehen 
sind; unter der Lupe bemerkt man über die ganze 
Metalloberfläche verteilt zinnweiße, metallisch glän- 
zende Pünktchen, die den Eindruck mikrokristallini- 
scher Ausscheidungen machen. Lappenäxte dieser 
Art werden in Mähren ziemlich häuflg gefunden; die 
Schaftlappen entspringen bald oberhalb der Mitte der 
Axtlänge (z. B. hier), bald unterhalb dieser (z. B. bei 
den Exemplaren aus dem Depotfund von Drslawitz), 
ohne daß man aus diesen Abweichungen irgend- 
welche chronologische oder ethnologische Schlüsse 
zu ziehen berechtigt wäre, in Böhmen, Niederöster- 
reich und Ungarn sind derlei Lappenäxte ebenfalls 
nicht selten. 

Nach LissAUBRs Terminologie (Dritter Bericht 
über die prähistorischen Typenkarten, in der Zeitschr. 
f. Ethnol. 1906 S. 817 ff.) gehören die Lappenäxte von 
Przestawlk der „österreichisch-ungarischen Zwischen- 
form** an, und zwar den durch das Schema: a^B^ß, 
respektive a* B^ol bestimmten Varianten an.*) Obwohl 



^) Es bedeutet hier: 

a^ den geradlinigen Verlauf des zwischen den Unter- 
rändern der Lappen vorhandenen, schwach vertieften „Ab- 
satzes**, entsprechend der von Lissaurk a. O. S. 819 darge- 
stellten schematischen Fig. 6. 



B^ den „italischen** Ausschnitt der Bahn, dessen und a. 



dieser Typus, wie bereits bemerkt, auch in Mähren 
nicht selten ist, so weist die „Typenkarte** Lissauers 
doch nicht einen einzigen mährischen Fundort nach; 
die in der ^Legende** zur Typenkarte erwähnten 
Lappenäxte von Drslawitz werden, gleich dem in 
Mitt. d. anthropolog. Ges. in Wien XV (1889) Taf. II 19 
beschriebenen mährischen Fundstück, zum Typus der 
„mittelständigen** Lappenäxte gestellt 

3. Tüllen äxte (Hohlkelte, Tüllenkelte). Auch 
sie sind im Depotfund von Przestawlk ziemlich 
spärlich vertreten. Trmöka erwähnt nur ein einziges 
ganzes Stück (ohne Öhr) und Fragmente mehrerer 
anderer Stücke; auch die Zusammenstellung Kybasts 
weist nicht mehr auf. 

Das größte Stück (Taf. IV 7) ist 120wm lang und 
an der schartigen Schneide 55 mm breit. Die nahezu 
kreisrunde Höhlung hat einen Durchmesser von etwa 
30 mm; sie ist von zwei kräftigen Randwülsten be- 
grenzt, die an der seitlichen Gußnaht ziemlich stark 
vorspringen. Das öftr ist abgebrochen (alter Bruch). 
Unterhalb des unteren Randwulstes verlaufen zwei 
schwache Rippen in einem spitzen Winkel nach ab- 
wärts, sonst ist die Oberfläche ganz schmucklos. Von 
einer ähnlichen, etwas größeren Axt stammt ein hier 
nicht abgebildetes Fragment. Seine Schneide ist 57 mm 
breit; die Vförmigen Rippen erscheinen mehrfach, 
ziehen sich ziemlich tief herab, treten jedoch nur wenig 
hervor. Die Axt Taf. IV 8 ist durch ihre schlankere 
Form bemerkenswert. Am Rande der kreisförmigen 
Höhlung (Durchmesser 28 mm) verläuft nur ein ein- 
ziger, zieihlich kräftiger Wulst, von welchem das 
seitliche Öhr ausgeht. Parallel zu den Seitenrippen 
laufen noch zwei weitere Rippenpaare, deren mitt- 
leres sich im oberen Drittel der Axtlänge zu einer 
einzigen Rippe vereinigt, so daß der mittlere Teil 
der Axt jederseits mit fünf nahezu geradlinig ver- 
laufenden Rippen geschmückt erscheint. In dem 
freien Räume, den das innere Rippenpaar einschließt, 
sitzt jederseits eine kleine Warze. Die auf einer 
Seite knapp unterhalb des Randwulstes vorhandene 
runde Öffnung ist auf einen Gußfehler zurückzu- 
führen. Die Schneide ist abgebrochen (alter Bruch). 
Die Gesamtlänge mag ursprünglich ungef^r 115 mm 
betragen haben. Die Patina ist grünblau und im 
Vergleiche zu anderen Bronzen dieses Fundes auf- 
fallend dick. Tüllenäxte der hier beschriebenen Art 

Seitenspitten hakenförmig nach innen geschlagen sind, ent- 
sprechend der von Lissauer a. O. S. 820 gegebenen schema- 
tischen Fig. 14 B^ 

ß die bogige, a die mehr geradlinige Form der Schneide, 
entsprechend den Typen bei Lissauer "S. 820 Fig. 16 ß 



JAHRBUCH FÜR ALTERTUMSKUNDE 1 1907 



TAFEL IV 




DER BRONZEDEPOTFUND VON PRZESTAWLK 

(Die Gegenstände sind nicht in gleichem Maßstab reproduziert) 



I05* 



A. RzEHAK Der Bronzedepotfund von Przestawlk in Mähren 



105' 



gehören sowohl in Mähren als auch in den Nachbar- 
gebieten zu den gewöhnlichsten Fundstücken der 
jüngeren Bronzezeit. 

4. M e s s e r. Mir liegen bloß zwei Stücke vor, Fig. 32 
und 33. Die Klinge von Fig. 33 ist 90 mm lang, am 
Grunde 1 8 mm breit und biegt sich gegen die Spitze 
zu auf, so daß der Rücken eine sanft konkave Linie 
bildet. Der GriflF ist 32 mm lang und verbreitet sich 
rasch gegen die Klinge zu. Über die Fläche der 
Klinge laufen jederseits zwei parallel zur Schneide 
eingeritzte, zarte Furchen. Das zweite Messer, Fig. 32, 
zeig^ die weitverbreitete Form mit doppelt geschwun- 
gener Schneide, deren Spitze sich ebenfalls nach 
aufwärts biegt. Die Klinge ist 85 mm lang und in der 
Mitte ihrer Länge etwa M mm breit; sie ist nicht 
ganz eben, sondern fällt sowohl gegen den Rücken 
als gegen die Schneide zu längs einer nur schwach 
angedeuteten Kante ab. Der Griff ist 28 mm lang und 
zeigt ein in einer seichten, länglichen Grube situ- 
iertes Nietloch; die noch darin steckende Niete ist 



10 mm lang. 




Fig. 32. 33 Bronzemesser 
Fig. 34 Rasiermesser (fragmentarisch) 

Kybasts Skizze enthält noch ein drittes Messer, 
welches in der Form von den beiden eben beschrie- 
benen ziemlich wesentlich abweicht. Seine Schneide 
verläuft nämlich geradlinig, der Rücken in doppelter 
Krümmung, an der Spitze jedoch nicht aufwärts, 
sondern abwärts, so daß eine sehr stumpfe Spitze 
entsteht. Der Griff trägt ein Nietloch. Die Gesamt- 
länge dieses Messers beträgt (nach der Skizze) un- 
gefähr 75 ww, ist also auffallend gering, wenA es 
sich nicht etwa um ein Exemplar mit abgebrochener 
Spitze handelt. 

Als Bruchstück eines durchbrochenen Messer- 
griffes ist wohl Taf. V 4 zu deuten. Merkwürdiger- 
jahrbuch fUr Altertumskunde I 1907 



weise sind Bronzemesser auf unseren Fundstätten der 
jüngeren Bronzezeit verhältnismäßig selten. Die 
Fig. 32 abgebildete, weit verbreitete Messerform 
kommt in Niederösterreich (Statzendorf J. Bayer, 
Jahrbuch der ZL K. II 1904, 1, 45 ff.), und Preußisch- 
Schlesien auch in Eisen ausgeführt vor. 

An die eigentlichen Messer schließen sich die 
„Rasiermesser" an; von diesen weit verbreiteten Ge- 
räten enthält der Fund von Przestawlk nur ein ein- 
ziges Stück, Fig. 34. Die eine Hälfte des Klingen- 
teiles ist abgebrochen. Die Gesamtlänge beträgt 
110 mm. 

5. Punzstäbe, Stempel und sonstige Ge- 
räte zur Metallbearbeitung. 

Die Taf. VI 10. 11 abgebildeten Geräte werden 
bald als Schmalmeißel, bald als Punzstäbe bezeichnet. 
Das kleinere Exemplar ist schön vierkantig geschmie- 
det, ^05 mm lang und an der recht scharfen Schneide 
nahezu 5 mm breit; der Querschnitt ist im oberen 
Teile, der wohl in einem Holzgriff gesteckt haben 
mag, quadratisch. Das größere Stück ist oben und 
unten ebenfalls vierkantig, im mittleren Teile jedoch 
auf eine Strecke von etwa 30 mm zylindrisch. Die 
Länge beträgt ungefähr 1 55, die Breite an der Schneide 
8 mm. 

Ähnliche Instrumente wurden in Mähren bisher 
nur äußerst selten gefunden, und zwar in der Um- 
gebung von Mähr.-Kromau ; sie sind noch nicht publi- 
ziert. Der reichhaltige Fund von Drslawitz bei Ung.- 
Brod enthält kein derartiges Stück, ebensowenig 
die Depotfunde von Sazowitz und Gr.-Latein. Den 
Fund von Neswiestitz in Böhmen hebt H. Richl^ 
(Bronzezeit in Böhmen S. 114) deshalb ganz besonders 
hervor, weil er zwei kleine Bronzemeißel enthält, 
die „zur Bearbeitung, respektive Omamentierung von 
weicheren Bronzeartefakten" gedient haben. In Ungarn 
fanden sich derlei Punzstäbe neben anderen, zur 
Metallbearbeitung bestimmten Geräten, namentlich 
in der interessanten, von KAlmAiy Freiherm v. Miske 
beschriebenen Lokalität Velem St. Veit, Archiv f. An- 
thropol. NF II (1904) 124 ff. 

Noch seltener sind die Taf. IV 9 und 12 abge- 
bildeten Stücke. Fig. 12 stellt offenbar einen „Stempel" 
dar, der zum Einschlagen konzentrischer Kreise 
(Wülste) bestimmt war, wie ein Blick auf die Unter- 
seite des kegelförmig verjüngten Basisteiles lehrt 
(Fig. 12 a). Interessant ist, daß die Handhabe des 
Stempels nicht zentral, sondern seitlich aufgesetzt 
ist, jedoch so, daß die obere Schlagfläche dennoch 
nahezu zentral liegt. Der Guß ist ziemlich roh, an 
der Handhabe sind noch beide Gußnähte zu sehen. 
Gebrauchsspuren sind auf der Schlagfläche nicht zu 
erkennen. Eine der Unterseite entsprechende, aber 

14 



io6« 



A. RzKHAK Der Bronzedepotfund von Przestawlk in Mähren 



Iü6* 



etwas kleinere Dekoration zeigt das Bronzeblech- 
stackchen Taf. III 21. Die Gesamtlänge des Instrumen- 
tes beträgt 72, der untere Durchmesser des Basisteiles 
22 mm. 

Ein meines Erachtens ebenfalls zur Metallbear- 
beitung dienendes Gerät, Taf. IV 9, ist ein vierkantiges, 
nahezu prismatisches Bronzestück mit abgestumpften 
Kanten; seine Länge beträgt 70, der untere Durch- 
messer 22 mm, der obere etwas weniger. Von der 
breiteren Seite zieht sich eine kegelförmige Höhlung 
von (an der Basis des Kegels) 15 mm Durchmesser 
und nahezu 50 mm Tiefe in den Metallkörper hinein. 
Am oberen Teile sind deutliche Spuren von Werk- 
zeugen zu erkennen, insbesondere zarte Streifen, an- 
scheinend von einer sehr feinen Feile oder irgend- 
einem Schleifmittel (etwa sehr feinem Quarzsand) 
erzeugt.^) Daß sie wirklich alt sind, beweist der Um- 
stand, daß sie unter der nur sehr ungleichmäßig 
entwickelten Patina hindurchgehen. An vielen Stellen 
schinmiert das blanke Metall mit eigentümlich grauer 
Farbe durch; sowohl an der Basis wie auf der Ober- 
seite sind einzelne Partien des Metalls ausgebrochen. 
An einer solchen beschädigten Stelle konnte ich er- 
kennen, daß die Legierung dieses Gerätes vorwiegend 
hellgrau bis hellrötlich und ziemlich spröde ist. Eine 
durch Herrn Dr. Ehrknfeld ausgeführte chemische 
Analyse ergab: 

Kupfer (elektrolytisch) . 75-96% 

Zinn 21-83 „ 

97-79 

Qualitativ wurden außerdem deutliche Mengen 
von Arsen und Blei nachgewiesen; auch das als 
Dioxyd gewogene Zinn ergab noch einen „sehr be- 
trächtlichen Arsenspiegel **, so daß wir es mit einer 
sehr zinnreichen Arsenbronze zu tun haben. Auf den 
Arsengehalt ist auch ohne Zweifel die Sprödigkeit 
der Legierung zurückzuführen, da nach Gmelin 
(Handbuch der anorgan. Chemie) das Kupfer schon 
durch 0-15% Arsen kaltbrüchig gemacht wird. 

Ich möchte vermuten, daß das vorliegende Gerät, 
zu dem ich momentan kein Gegenstück kenne, eine 
Art „Miniaturamboß •* war, welcher auf einen zuge- 
spitzten Holzstab aufgesteckt wurde. 

^) RiCHLf erwähnt (Die Bronzezeit in Böhmen S. 63) 
ein „Bruchstück von einem Meißel von silberfkrhiger, sehr 
harter Bronze'', anf dessen Oberfläche sich feine, nach ver- 
schiedenen Richtungen verlaufende Parallelstriche bemerkbar 
machen. Herr Hofmeister, Chemiker im Prager k. k. Münz- 
amte, soll nach RiCHLfS Angabe diese Parallelstriche auf 
die „ungleichmäßige Erkaltung einer Legierung von Kupfer 
und Zinn** zurückgeführt haben, eine Erklärung, die für 
unser Stück ganz gewiß nicht zutrifit, die ich aber auch 
sonst nicht für einwandfrei halte. 



m. Waffen. 

1. Schwerter. Der Fund von Przestawlk ent- 
hielt ein einziges, nahezu vollständiges Schwert, 
außerdem einige wenige Bruchstücke. Das Schwert 
(Taf. V 1) ist in zwei Stücke zerbrochen, die, als 
ich es in die Hände bekam, wieder zusanmien- 
gelötet waren. Es zeigte sich bei näherer Unter- 
suchung, daß die Bruchstellen abgefeilt und über- 
dies nicht in der richtigen Lage aneinandergefügt 
worden waren, so daß ein allerdings nur kurzes, 
die beiden Hauptbruchstücke verbindendes Stück 
der Klingenlänge fehlt. Auch von der Spitze fehlt 
ein Stück von etwa 25 — 30 mm Länge. Berücksichtigt 
man diese Defekte, so war die Gesamtlänge des 
Schwertes ungefähr 540—550 mm. Die Klinge ver- 
breitert sich allmählich von 30 auf 33 mm; die größte 
Breite ist ungefähr ein Drittel der Gesamtlänge von 
der Spitze entfernt. Der Griff, mit Seitenrändern 
\md fünf Nietlöchem, ist etwas geschweift; in dreien 
der Nietlöcher stecken noch die 15 — 19 mm langen 
Nieten. Die Nietlöcher sind nicht schon beim Guß 
erzeugt, sondern nachträglich durchgeschlagen 
worden. Der obere Teil des Griffes ist tief ausge^ 
schnitten, zum Teile ausgebrochen ; die größte Breite 
des Griffes beträgt (zwischen den Seitenrändem 
gemessen) 25 mm. Die Klinge ist knapp unterhalb des 
Griffes etwas eingezogen und durch dicht gedrängte, 
eingeschlagene Furchen gekerbt, wie dies ähnlich 
auf dem Schwerte bei Richl^ Bronzezeit in Böhmen 
Taf. LH 6 zu sehen ist. Der Mittelgrat der Klinge 
ist abgerundet, die Klinge selbst gegen die Schneide 
zu leicht abgestuft. An der Spitze selbst ziehen sich 
am Rande des erhöhten Mittelteiles je zwei einge-- 
schlagene Furchen. 

Derlei der „mykenischen** nahestehen de Schwert- 
formen werden gewöhnlich zu den älteren Typen 
gerechnet; sie scheinen namentlich in Ungarn häufiger 
vorzukommen, hie und da begleitet von Tüllenäxten 
und anderen Artefakten der jüngeren Bronzezeit, 
bzw. der ältesten Eisenzeit. In Mähren sind bisher 
nur wenige Exemplare gefunden worden; das best- 
erhaltene zu Weißstätten in Südmähren, von mir in 
der Zeitschrift des deutschen Vereines f. d. Gesch. 
Mährens und Schlesiens (1. Heft 1902 S. 26 Fig. 28) 
beschrieben. In Preußisch-Schlesien ist nach Seger 
(Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift NF. IV 1906) 
bisher ein einziges Schwert dieser Art (bei Dams- 
dorf, Kreis Breslau) gefunden worden; es entspricht 
„mehr dem nordischen als dem imgarischen T3rpus'* 
(auch bei Mb&tins a. O. S. 58 Fig. 122 abgebildet). 

Von einem zweiten Schwerte lieg^ nur ein Frag- 
ment vor. Der Mittelgrat der bis 33 mm breiten Klinge 
tritt hier fast gar nicht hervor; der gegen den Mittel- 



I07* 



A. RzRHAK Der Bronzedepotfund von Prtestawlk in Mähren 



.07» 



teil abgestufte Randsaum ist bloß 3*5—4 mm breit 
Die Zuschärfung der Schneide ist deutlich zu er- 
kennen, ebenso sind stellenweise alte Scharten als 
Zeichen der Benutzung bemerkbar. 

Zu einem dritten Schwerte gehört eine abge- 
brochene, nahezu 100 wiw lange, 30 mm breite Klingen- 
spitze, die sich unter den KTBASTSchen Skizzen vor- 
findet. Der Querschnitt der Klinge ist flachrhombisch ; 
die Rhombusseiten erscheinen — sofern die Skizze 
richtig ist — nicht schwach konvex, sondern etwas 
konkav. Der mittlere Teil tritt, wie bei den anderen 
Schwertern, über den Randsaum etwas hervor. 

2. Lanzenspitzen und Lanzenschaft- 
schuhe. Tkli(^ka erwähnt „einige Lanzenspitzen**, 
Kybast verzeichnet zwei Stücke, von denen eines 
abgebildet, das andere als dem abgebildeten „ähnlich" 
bezeichnet wird. Mir liegt bloß das vortrefflich er- 
haltene Exemplar Fig. 35 vor. Es ist 158 mm lang 
und besitzt eine 24 mm weite Tülle, die sich in Ge- 
stalt einer kräftigen Mittelrippe nahezu bis zur Spitze 
des Klingenblattes verfolgen läßt Dieses nimmt etwas 
mehr als die Hälfte der Gesamtlänge ein und er- 
reicht eine Maximalbreite von 31 mm. Die Mittelrippe 
wird von zwei schwächeren Seitenrippen begleitet, 
die Tülle trägt zwei einander gegenüberliegende 
Durchbohrungen, die anscheinend schon beim Guß 
hergestellt worden sind. Die Spitze ist stumpf, die 
Klingenschneide stellenweise schartig, die Patina 
glatt und glänzend. 

Ähnliche Lanzenspitzen sind in Mähren schon 
mehrfach gefunden worden, mit der hier beschrie- 
benen sehr g^t übereinstimmende Stücke z. B. bei 
Eibenschitz und Drslawitz; auch in Böhmen und 
Ungarn kommen sie mit analogen Begleitformen 
nicht selten vor. 

Den Gegenstand Fig. 36 halte ich für einen 
„Lanzenschuh**. Seine Länge beträgt 74 mm, der 
Durchmesser der (durch Zusammendrücken defor- 
mierten) Tülle etwa 24 mm; er entspricht demnach 
derselben Schaftdicke wie die Lanzenspitze Fig. 35. 
Die Spitze ist sehr stumpf, die Tülle ungefähr 15 mm 
unterhalb des Randes mit zwei gegenüberliegenden 




Fig. 35 Lansenspitze und Fig. 36 Lanzenscbaftschuh 



Durchbohrungen versehen. Die Patina ist ebenso wie 
bei der Lanzenspitze Fig. 35 beschaffen, so daß viel- 
leicht beide Stücke zusammengehören. Ähnliche 
Artefakte sind bereits wiederholt, jedoch zumeist als 
„Lanzenspitzen •* beschrieben worden. So halte ich 
z. B. die von Hampbl, Altertümer der Bronzezeit in 
Ungarn Taf. XXVII 3 8 abgebildeten Lanzenspitzen 
gleich dem von RicHLf Bronzezeit in Böhmen Taf. IV 
3 abgebildeten „Stech Werkzeug in Gestalt einer 
Lanzendülle" ftlr unzweifelhafte Lanzenschaftschuhe; 
als Lanzenspitzen wären sie ganz unbrauchbar. 

IV. Verschiedene Gegenstände unbekannter 
Bestimmung. 

Taf. V 2 sind zwei flache, gegossene Bronze- 
platten abgebildet, beiderseits in je drei lange Spitzen 
auslaufend, die mit den Platten aus einem Guß her- 
gestellt, nachträglich aber auch noch mit dem Hammer 
bearbeitet worden sind. Die Stellen, an denen die 
Spitzen aus der Platte entspringen, sind wesentlich 
verstärkt, und zwar auf beiden Seiten der Platte. 

Beide Stücke stimmen soweit überein, daß man 
annehmen kann, sie seien beide in derselben Form 
gegossen worden. Die Platten sind 150 mm lang, 71 
breit und etwa 15 dick. Die längste der Spitzen ist 
nahezu 60 mm lang; die übrigen dürften ungefähr die- 
selbe Länge gehabt haben, sind jedoch meist haken- 
förmig umgebogen, zum Teile auch abgebrochen. 
Die Oberfläche der Platten zeigt ein Ornament aus 
eingravierten Strichen und eingeschlagenen Punkten. 
Die Punkte erweisen sich unter der Lupe zum Teile 
als scharf fünfseitige Eindrücke. Die Oberfläche des 
Metalls ist nur sehr schwach patiniert. Mir ist ein 
einziges Fundstück bekannt, welches mit diesen Ob- 
jekten übereinstimmt: ein Fragment aus dem Depot- 
funde von WöUersdorf in Niederösterreich, welches 
im Hofmuseum in Wien aufbewahrt wird. Regierungs- 
rat SzoMBATHY hat es (Mitteil. d. Zentralkommission 
1905 S. 42 Taf. 1 36) als „Gürtelglied" beschrieben. Von 
imseren Exemplaren unterscheidet es sich haupt- 
sächlich nur dadurch, daß die Fortsätze mehr band- 
förmig ausgehämmert sind und die eine Schmalseite 
des „Bleches** drei Löcher trägt. 

Mir machen die zwar dünnen, aber ganz flachen 
und unbiegsamen Platten nicht den Eindruck von 
„ Gürtelblechen •*. Eher möchte ich an Teile eines 
Pferdeschmuckes denken. 

Taf. V 3 ist eine ungefähr 250 mm lange, 12 mm 
breite, bandförmige Spange abgebildet. Sie ist in zwei 
Teile zerbrochen. Das längere Stück ist an einem Ende 
zu einem schmalen, flachen Stab ausgehämmert, das 
kürzere an einem Ende abgerundet. Über die Ober- 
fläche laufen der ganzen Länge nach fünf parallele 

14* 



loS*" 



A. RzEHAK Der Bronzedepotfund yon Przestawlk in Mähren 



io8* 



Furchen, mit großer Sauberkeit hergestellt. Es ist 
möglich, daß diese Spange zur Herstellung eines 
Armringes bestimmt war; ihre Dimensionen lassen 
ohne weiteres diese Deutung zu, die auch noch durch 
die Auffindung eines analogen Armringes auf dem 
Gräberfelde von Statzendorf in Niederösterreich ge- 
stützt wird. Dieser Ring (bei Bayer Jahrb. der Zentral- 
kommission II 1904 S. 59 Fig. 66 abgebildet) besteht 
ebenfalls aus einem längsgefurchten Blechband, 
dessen zugespitztes Ende zu einem kleinen Haken 
umgebogen ist, welcher in eine Durchbohrung des 
abgerundeten Endes paßt. Weitere Analoga hat der 
Pfahlbau von Peschiera geliefert. 

Eine Art Spange stellt auch Taf. V 5 vor: ein 
etwa 165 wm langer und breiter, zusammengebogener 
Blechstreifen, der an einer (nicht genau in der Mitte 
liegenden) Stelle bis auf 5V2 »wm verschmälert, aber 
zugleich bedeutend verstärkt ist. Diese verstärkte, 
auf der Abbildung durch ihre helle Farbe auffallende 
Stelle ist in der ebenfalls aus der Abbildung ersicht- 
lichen Art verziert. An dem einen Ende ist der Blech- 
streifen einfach, an dem andern hingegen doppelt 
durchbohrt, überdies an einer Stelle, die in der Ab- 
bildung nicht sichtbar ist, am oberen und unteren 
Rande je sechsmal sägezahn artig eingekerbt.*) Die 
mit einem spitzen Gegenstande eingeschlagenen Löcher 
deuten darauf hin, daß es sich vielleicht um das Be- 
schläge irgendeines hölzernen Objektes handelt Die 
nach innen viel mehr als nach außen vorspringende 
Verstärkung wäre dann allerdings nicht sehr praktisch 
angebracht, wie denn auch die früher erwähnten, an- 
scheinend durch Feilen hergestellten Einkerbungen 
ganz rätselhaft bleiben. 




Fig. 37 Bronzegegenstand unbekannter Bestimmung 

Den Gegenstand Fig. 37 könnte man auf den 
ersten Blick für eine Lappenaxt halten, deren Schaft- 
lappen in die Ebene der Bahn umgelegt sind; trotz- 

*) Nur eine dieser Einkerbungen, die etwas tiefer 
eingerissen ist, läßt sich auf der Abbildung (bei X) er- 
kennen. 



dem handelt es sich hier meiner Ansicht nach keines- 
wegs um den Rohguß einer solchen. 

Das Objekt ist ohne die ohrenartigen Vorsprünge 
des einen Endes 145 wm lang und deutlich in zwei 
Teile gegliedert: eine dünnere, sechsseitige Platte, die 
auf einer Seite etwas vorgezogen und an zwei Ecken 
mit den erwähnten ohrförmigen Vorsprüngen versehen 
ist, und in einen schmäleren, aber wesentlich dickeren 
Teil, der die Form einer Axtklinge hat. Die Platte 
ist zwischen den beiden flügelartig vorspringenden 
Ecken 62 mm breit und im Mittel 6 mm dick, während 
der längere Teil sich bis auf 21 mm verschmälert, 
aber eine Dicke von 1 1 mm erreicht. Die Verdickung 
findet stufenartig, jedoch nur auf einer Seite statt, 
wie dies die (nur im Umriß dargestellte) Seiten- 
ansicht Fig 37 a erkennen läßt. Die ehemalige Ober- 
seite des Gußstückes ist ganz flach, während die 
auf der Abbildung sichtbare Unterseite unregelmäßige 
wulstige Erhabenheiten, die in der Längsrichtung 
des Objektes annähernd parallel verlaufen, erkennen 
läßt. Auch bei diesem Gegenstande hat die Bronze 
an der Oberfläche jene eigentümliche graue Färbung, 
die schon mehrfach hervorgehoben wurde ; angefeilte 
Stellen zeigen eine hellrote Farbe. 

Zu den merkwürdigsten Objekten des Fundes 
von Przestawlk gehören die Taf. V 10— 16 abgebildeten 
Stücke. Es sind dies bis 85 mm lange und ungefähr 
10 mm dicke, gegossene Röhren, die sich an einem 
Ende zu einer kreisförmigen, am Rande schneidend 
scharfen Platte von 32— 37 mm Durchmesser ver- 
breitem. Die Oberfläche ist glatt und glänzend; nur 
ein einziges Stück ist auf dem zylindrischen Teile mit 
je drei Strichbändem verziert. Die lichte Weite der 
Röhren mißt 6 — 7 mm. Besonders bemer- 
kenswert ist der Umstand, daß durch die 
zylindrische Höhlung bei zwei Exemplaren 
ein nagelartiger, gehämmerter Bronzestab 
von annähernd kreisrundem Querschnitt, bei 
zwei anderen Exemplaren hingegen ein 
scharf vierkantiger Bronzestab gesteckt ist; 
alle diese Stäbe sind oberhalb der runden 
Platte, jedoch in ungleichen Abständen, 
hakenförmig umgebogen. Die Oberfläche 
der Röhren ist braun gefärbt, glatt und 
glänzend, stellenweise noch ganz metallisch. 
Eine Probe der Legierung ergab bei der 
chemischen Analyse: 

Kupfer 84-96 Vo 

Zinn. . . . . . 11-31% 

96-27 0/0 
Andere Bestandteile konnten nicht nachgewiesen 
werden, so daß der fehlende Rest auf die Patinierung 
zurückzuführen ist. 



JAHRBUCH FÜR ALTERTUMSKUNDE 1 1907 



TAFEL V 




DER BRONZEDEPOTFUND VON PRZESTAWLK 

(Die Gegenstände sind nicht in gleichem Maßstab reproduziert) 



lOQ"* 



A. RzEHAK Der Bronzedepotfund von Przestmwlk in Mähren 



109* 



Die durchgesteckten Bronzestabe sind zum 
Unterschiede von den Röhren an der Oberfläche 
mit einer stellenweise ziemlich starken, blaugrOnen 
Patina bedeckt. Die Analyse einer Probe (einem der 
vierkantigen Stäbe entnommen) ergab: 

Kupfer 91-82Vo 

Zinn .... . . S'IQQ/o 

99 920,0 
Der größere Kupfergehalt verrät sich schon 
durch die rötliche Farbe der Bronze. Immerhin ist 
es bemerkenswert, daß der keineswegs sehr bedeu- 
tende Unterschied in dem Zinngehalt beider Legie- 
rungen ein so verschiedenartiges Verhalten bei der 
Patinabildung bedingt. 

Gegenstände dieser Art sind bisher nur sehr 
selten gefunden worden. Ein ganz übereinstimmendes 
Stack ist mir nur aus dem Funde von Rinyaszent- 
kirälyi in Ungarn bekannt; es ist von Hampbt. (Bronz- 
kor eml^kei magyarhonban III Taf. 215) abgebildet 
und mit TOllenäxten, nordischen Fibeln, allerlei An- 
hängseln und verschiedenen anderen, vom Hallstätter 
Kulturkreise mehr oder weniger stark beeinflußten 
Artefakten aufgefunden worden. Ein zweites Stück 
stammt von Tolna (Hampel II Taf. 153, 51). Eine 
gewisse Ähnlichkeit zeig^ auch ein im Pfahlbau von 
Peschiera aufgefundenes, in der prähistorischen Samm- 
lung des Naturhistorischen Hofmuseums aufbewahrtes 
Objekt, das Hoernes (Urgeschichte des Menschen S.426 
Fig. 184) abbildet und zu dem er folgende Bemerkung 
macht: «Man hält diesen Gegenstand, der in frühmetal- 
lischen Schichten Ungarns, Italiens und der Balkan- 
halbinsel in etwas anderer Bildung auch aus Ton oder 
Bein wiederkehrt, für den Kopf einer großen Schmuck- 
nadel. •* In der Tat läßt z. B. die von O. Montelius 
Chronologie der ältesten Bronzezeit S. 116 Fig. 287 
abgebildete „Beinnadel'* aus Schweden eine über- 
raschende Ähnlichkeit mit unseren Bronzeartefakten 
erkennen; es handelt sich jedoch meiner Ansicht 
nach weder bei diesem schwedischen Beinartefakt 
noch bei den Fundstücken vonPrzestawlk, beziehungs- 
weise [Peschiera, um Nadeln, sondern um irgendein 
Gerät, welches uns vorläufig noch nicht bekannt ist. 
Direktor Hampel sprach mir gegenüber (mündlich) die 
Meinung aus, daß die fraglichen Objekte am ehesten 
als Bestandteile eines Pferdezaumes aufzufassen sein 
dürften. Eine völlig befriedigende Lösung des Rätsels 
werden uns wohl erst weitere neue Funde bringen. 
Die trichterartigen Objekte mit spitzelliptischer 
Mündung, wie sie z. B. Hampei. Bronzezeit Ungarns 
Taf. LIV Fig. 11 (ein ganz ähnliches Exemplar aus 
Tomyosn6met liegt im Wiener Hofmuseum) ab- 
bildet, gehören vielleicht in den Formenkreis der 
früher beschriebenen Gegenstände. 



V. Bronzebleche mit getriebenen Ver- 
zierungen. 
Fig. 1 7—22 (Taf. III) ist eine Anzahl kiemer Blech- 
stücke abgebildet, die insgesamt Spuren der Bearbei- 
tung aufweisen. Hauptsächlich sind es eingeschlagene 
Vertiefungen, die auf der anderen Seite knopfförmige 
Erhöhungen bilden, seltener einfache Furchen oder 
wellenförmige Vertiefungen. Das Blechstück Fig. 20 
mag wohl dasselbe sein, welches Teuöka S. 68 als 
„Teil einer zerdrückten Ciste** gedeutet hat. Auf dem 
kleinen Blechstück Fig. 21 ist dieselbe Verzierung 
(in etwaskleineren Dimensionen) eingeschlagen, welche 
wir auf dem S. 105* beschriebenen und Taf. IV 12 
abgebildeten Stempel kennen gelernt haben. 

Außer diesen verzierten Blechstücken wurde 
noch eine Anzahl unverzierter gefunden. Eines der- 
selben ergab bei der chemischen Analyse: 

Kupfer 90-1 5% 

Zinn .... . . 7-87 7o 

9802 0/0 
und Spuren von Blei und Eisen. 

VI. Außerdem wurden zwei rohe, kuchenförmige 
Metallgußklumpen gefunden. Der größere zeigt eine 
ziemlich starke Kruste von kristallinischem Cuprooxyd 
(Cuprit), welche oberflächlich zum Teile in basisches 
Karbonat umgewandelt ist. Die Cupritbildung ließ auf 
Kupfer oder eine ungewöhnlich kupferreiche Bronze- 
raischung schließen; die quantitative Analyse ergab in 
der Tat 98*79 Vo Kupfer, während kein anderes Metall 
nachgewiesen werden konnte. Der fehlende Rest Jst 
somit bloß auf die Oxydation, beziehungsweise auf eine 
geringe mechanische Verimreinigung des Probestückes 
zurückzuführen. Der Nachweis eines aus reinem Kupfer 
bestehenden Rohgußstückes ist gewiß von großem 
Interesse, da er uns lehrt, daß die Bewohner Mährens 
in der jüngeren Bronzezeit nicht die fertige „nor- 
male** Rohbronze, sondern Rohkupfer und eine relativ 
sehr zinnreiche Bronze (vielleicht auch reines Zinn, 
welches neben Kupfer und zinnarmer Bronze z. B. 
im Funde von Hammersdorf in Siebenbürgen nach- 
gewiesen wurde) bezogen und durch Zusammen- 
mischen dieser beiden die für den jeweiligen Zweck 
geeignetste Legierung darzustellen pflegten. So er- 
klärt sich auch leicht die außerordentliche Mannig- 
faltigkeit in der Zusammensetzung der einzelnen, 
freilich nur in einer bescheidenen Anzahl analysierten 
Bronzegegenstände. Auffällig ist das gänzliche Fehlen 
des Antimons, welches in dem gleichaltrigen Funde 
von Bonitz (Znaimer Bezirk; Absatzsicheln, Tüllen- 
äxte, Nadeln, Armringe, Schwerter, fast alles nur 
in Fragmenten, überdies zahlreiche Stücke von Roh- 
metall) als wesentlicher, das Zinn vertretender Be- 
standteil der Bronze nachgewiesen wurde. Mit Rück- 



I lO" 



O. Klose Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



HO" 



sieht auf die relative Häufigkeit der Antimonbronzen 
im benachbarten Ungarn*) wäre es wünschenswert, 
systematische Untersuchungen der prähistorischen 
Bronzen Mährens ausführen zu lassen. 

Altersbestimmung des Fundes von 
Przestawlk. 

Die zahlreichen, in neuerer Zeit gemachten 
Schatzfunde erlauben nicht länger, Mähren unter die 
bronzearmen Gebiete einzureihen. Vielmehr darf sich 
dieses Land würdig an die Seite Böhmens und Ungarns, 
deren geographisches Verbindungsglied es ja bildet, 
stellen. Der hier beschriebene Fund beansprucht 
sowohl durch seine Reichhaltigkeit, als insbesonders 

*) Kalman Freiherr v. Miske, Die Bedeutung Velem 
St. Veits mls prähistorische Gußstätte mit Berücksichtigung 
der Antimonbronzefrage, Archiv für Anthropol. NF. II 
(1904) 124 ff. 



durch die Fülle neuer oder nur wenig bekannter 
Typen ein allgemeineres Interesse. Wenn auch ein- 
zelne der hier vertretenen Gegenstände in den Nach- 
bargebieten, namentlich in Preußisch-Schlesien, einer 
relativ frühen Phase der jüngeren oder vielleicht 
gar dem Ende der älteren Bronzezeit (Montelius III) 
zugeschrieben werden, so kann doch kein Zweifel 
darüber herrschen, daß ein anderer Teil der Arte- 
fakte auf die Obergang^epoche von der jüngsten 
Bronzezeit zur ältesten Eisenzeit hindeutet. Gewisse 
Typen, wie die Armbergen, die nordischen Fibeln, 
die Lappenäxte und die großen, fast ganz glatten 
Tüllenäxte, das lange, schmale Schwert usw., können 
als Vertreter der „reinen" Bronzezeit aufgefaßt werden, 
während andere, wie die leider nicht mehr vorhan- 
denen „Spiralfibeln vom Hallstätter Typus**, die großen, 
hohlen Armringe u. a. als Vertreter der älteren Eisen- 
zeit gelten dürfen. 



Olivier Klose 



Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



Der Salzburger Bildhauer Josef Pörnbacher ist 
seit Beginn des Jahres 1906 damit beschäftigt, auf 
seinem Besitze, der an die Südseite der Bahn- 
restauration Hellbrunn der Salzburger Eisenbahn- 
und Tramway-Gesellschaft angrenzt, ein Relief des 
Kronlandes Salzburg in der Art des großen Inns- 
brucker Reliefs von Tirol auszuarbeiten. Schon bei 
der Abhebung der 15—20 cm starken Ackerkrume 
fand er über den ganzen Raum nicht wenige Gegen- 
stände römischer Provenienz zerstreut, so einen 
Schlüssel und ein kleines Messer aus Eisen, einige 
Bronzemünzen, Gefäßscherben und zahlreiche Bruch- 
stücke von Heizziegeln (tubuli). Mitte August stieß 
er auf eine Grundmauer und gestattete dem Verfasser 
aufs bereitwilligste, Grabungen vorzunehmen. Für 
dieses freundliche Entgegenkommen verdient Herr 
PöRNBACHER um SO mehr Anerkennung, als er voraus- 
sichtlich längere Zeit in seiner eigenen Arbeit auf- 
gehalten bleiben wird. Die Grabupgskosten wurden 
von der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 
getragen, der hiermit der wärmste Dank ausge- 
sprochen wird. 



Es wurde nun in der Richtung der südlichen 
Mauerflucht des Wohnhauses Pörnbachers 32 m östlich 
das Mauerwerk zweier Hypokausten und eines Prä- 
fumium aufgedeckt. 

Das Material nicht nur der Grundmauern sondern 
auch der Pfeiler besteht aus Konglomerat, wohl von 
dem nur etwa 300 m entfernten Heilbrunner Hügel, 
und zwar wurden nicht größere Blöcke, sondern 
Steine meist von 17—30 cm größter Ausdehnung ge- 
brochen; nur ganz vereinzelt kamen auch Rollsteine 
von ungefähr 17 cm Größe zur Anwendung und als 
Füllsteine das Material des nattirlichen Bodens, der 
von dem Diluvialschotter des ehemaligen Salzach- 
bettes gebildet ist. 

Das Mauerwerk des kleineren Hypokaustum 
ist, wenn wir von dem gänzlichen Fehlen der Ein- 
deckung absehen, gut erhalten und kam in der fast 
überall gleichmäßigen Tiefe von 20 cm unterhalb 
der abgehobenen Ackerkrume zum Vorschein, ein 
Umstand, der darauf hinweist, daß der Bau in 
späterer Zeit absichtlich abgetragen wurde, vielleicht 
1613, als Hellbrunn unter dem Erzbischofe Marcus 



III" 



O. Kix>SE Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



Iir 



Sitticus angelegt wurde. Die Grundmauern reichen 
noch weitere 70 cm tief in den gewachsenen Boden 
hinab, der zwischen ihnen zum Zwecke der Ein- 
richtung des Hypokaustum bis zu derselben Tiefe 
ausgeschachtet ist. 

Dieser Raum bildet ein Rechteck von 3*40X2'43 nt 
im Lichten. Von den Grundmauern ist nur der nord- 
westliche Teil (a— 6 in Fig. 38) intakt in seiner ganzen 
Stärke von 62 cm erhalten. Der Boden ist mit Mörtel- 
estrich, der jetzt im allgemeinen 1 Vi — 2 cm stark ist, 
bedeckt; nur in den Hypokaustenflügeln an der Um- 
fassungsmauer wird der Estrich, allmählich ansteigend, 
bis 4 cm stark und dies war, wie wir noch später 
sehen werden, die ursprüngliche Stärke des ganzen 
Estrichs, die auf das jetzige geringere Maß wohl 
erst durch das Reinigen des Hypokaustum herab- 
gemindert wurde. Abgesehen von dieser nicht ur- 



sprünglichen Unebenheit ist der Boden im ganzen 
horizontal; man verzichtete also bei der geringen 
Größe des Raumes darauf, dem Boden eine kleine 
Steigung zu geben, durch die man sonst einen bes- 
seren Luftzug anstrebte. 

Die Pfeiler haben jetzt eine Höhe bis 70 cm, 
sind durchschnittlich 50 X 50 cw, die an die südwest- 
liche Umfassungsmauer angebauten nur 50 X 22 cm 
stark und stehen voneinander 50 cm ab. Ob sie mit 
Ziegelplatten als Unterlage fttr den Estrich des 
Zimmers bedeckt waren oder kleine Tonnengewölbe 
trugen, läßt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden, 
da der Schutt keine Anhaltspunkte dafür bot. Da 
zwei der höchsten Pfeiler oben flach sind, könnte 
man eine Bedeckung mit Platten annehmen (vgl. 
unten S. 112«). Dann müßten aber die Ziegelplatten 
1 m^ gemessen haben, während anderweitig die Größe 




Fig. 38 Grundriß und Querschnitt der römischen GebSudereste bei Hellbrunn 



112' 



O. Klose Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



112' 



von 61 cm^ nicht überschritten worden ist.*) Stärke 
und gegenseitige Entfernung der Pfeiler stimmen 
mit den sonst im Salzburgischen nachweisbaren Ge- 
wölbhypokausten') überein. Bloß auf der westlichen 
Hälfte der Südwestseite des Hypokaustum geht die 
Grundmauer unter die oben erwähnte Höhe von 70 cm 
herab, bei dem Hypokaustenflügel c ist sie gar nur 
um 17 cw höher als der Estrich; aber sie bildet hier 
nicht etwa eine ebene Stufe, sondern ist deutlich er- 
kennbar abgebrochen. 

Bis zum gleichen Niveau ist im allgemeinen das 
Mauerwerk des hier anstoßenden größeren Hypo- 
kaustum (Fig. 38) erhalten, dessen Estrichboden um 
13 cm tiefer liegt. Von dem größeren Hypokaustum, 
das sich über die westliche Ecke des kleineren um 
2*72 m in nordwestlicher Richtung hinaus erstreckt, 
sind nur ein 3*25 m lamger Teil der nordwestlichen 
Grundmauer {d—e\ die bloß 40—50 cm stark ist, 
mehrere gegenwärtig 18— 48 cm hohe Pfeilerreste, die 
eine Ausdehnung des Raumes von mehr als 6*50 m 
in der Richtung von NON nach SWS verbürgen, 
und der zwischen ihnen sich ausbreitende Estrich 
der Zerstörung entronnen; nach SW und SO ließ 
sich die Begrenzung des Raumes nicht mehr fest- 
stellen. Der Estrich hat in der oben bezeichneten 
Himmelsrichtung (von p nach C) ein regelmäßiges 
Gefälle von nur 4 cm; ob es beabsichtigt war oder 
nur zufällig entstanden ist, bleibe dahingestellt. 

Eine Untersuchung der Bauart lieferte folgende 
Ergebnisse. Dem Mörtel, in welchem sich vereinzelt 
Knollen nicht gelöschten Kalkes fanden, war kein 
Ziegelmehl, wohl aber hie und da kleine Stücke von 
Heizziegeln beigemischt. Er war reichlich aufge- 
tragen, aber durch die Bodenfeuchtigkeit ganz mürbe 
geworden. Der Estrich besteht aus mit grobem Sande 
bereitetem Kalkmörtel ohne Beimischung von Ziegel- 
stückchen und ist viel härter. Die Bausteine sind nur 
an der dem Innern des Hypokaustum zugewendeten 
Seite grob, an den anderen Seiten gar nicht be- 
hauen; dabei sind wagrechte Steinzeilen besonders 
bei den Pfeilern, weniger bei den Grundmauern, 
möglichst eingehalten. Zum Ausfüllen der bis zu 
13 cm großen Lücken im Mauerkeme dient, abge- 
sehen vom Mörtel, der anstehende Schotter, welcher, 
da der steif vermauerte Mörtel nicht überall hin- 
gezogen wurde, stellenweise ganz lose liegt. Man 
konnte also dasselbe schlechte Bruchsteingemäuer 

*) DüRM Die Baustile* S. 184; Jacobi Saalburg S. 195. 

*) Mitt. 1906 Sp. 23. Zu den dort angeführten Gewölb- 
hypokausten sind noch solche von Langacker bei Reichen- 
hall hinzuzufügen, wie wir aus der im Reichenhaller Museum 
aufbewahrten Photographie des Gebäudes VII und aus den 
Einzelmodellen der Gebäude II und VII erkennen. 



wie z. B. bei der Saalburg*) konstatieren. An den 
Gesichtsseiten der Pfeiler sind nur die Fugen mit 
Mörtel sorgfältig ausgeglichen, damit der Ruß sich 
nicht hineinsetze, dagegen sind die Umfassungs- 
mauern in den Hypokaustenflügeln mit einer voll- 
ständigen Mörtelschichte von durchschnittlich 5 cm, 
Stärke überkleidet. Die Grundmauern sind nicht in 
Fundamentgruben versenkt, sondern ruhen ebenso 
wie der in gleicher Ebene befindliche Estrich auf 
dem Diluvialschotter; daher kann das Gebäude nicht 
hoch gewesen sein. Auch in der untersten Fundament- 
schichte sind die Steine, wenn auch nattlrlich nicht 
mit dem Boden, so doch untereinander durch Mörtel 
verbunden und sind nur in geringer Zahl hochkantig 
gestellt; meistens liegen sie auf der Breitseite, da 
die Drainierung des Bodens unter der Baulichkeit 
infolge seines Schottermaterials sich von selbst voll- 
zog. Aus demselben Grunde war es auch nicht nötig, 
die Grundmauern von einer Ecke aus ins Gefälle zu 
legen. Die Seitenpfeiler sind mit der Umfassungs- 
mauer nicht konstruktiv verbunden. Über den ganzen 
Boden zieht sich, entsprechend dem sonst üblichen 
Ziegelbelag des Bodens, der Estrich; unter den 
Pfeilern ist er in seiner ursprünglichen weißen Farbe 
und Stärke von 3 Vj— 4 cm erhalten ; durch diese 
Eigenschaften ließen sich die Pfeiler h und », deren 
Mauerwerk abgebrochen ist, gegenüber der ge- 
ringeren Stärke und der rauchgeschwärzten Färbung 
des Estrichs h* und i* bestimmen. 

In dem größeren Hypokaustum wurden noch in 
römischer Zeit eine Ausbesserung und ein Umbau 
vorgenommen. Weil, abgesehen von den H)rpokausten- 
flügeln, der Estrich im allgemeinen bis auf 1 cm Stärke 
abgenutzt worden war, wurde Schotter, unter- 
mengt mit Gefäßscherben und zahlreichen Bruch- 
stücken von Heizziegeln, 3—4 cm hoch aufgetragen 
(jetzt von Ruß geschwärzt) und darüber ein neuer 
Mörtelestrich ausgebreitet, der abgesehen von den 

*) Jacobi a. O. 217 fg. — Bedeutend sorgfaltiger wurde 
in Salzburg im XVI. Jh. gebaut. Dem Verfasser kam 
anfangs November 1906 die Meldung zu, man vermute vor 
dem Hause Nr. 43 in Anif romische Baureste. Eine Gra- 
bung ergab 15*25 im vor der Türe des genannten Hauses 
unterhalb des Humus das 23 cm tiefe, aus Kalkmergelbruch- 
steinen bestehende Fundament eines zur Front des Hauses 
fast senkrecht stehenden, rechteckigen Schuppens oder wahr- 
scheinlich Backofens von 2*02 X 1*3^$^ im Lichten bei 
einer Mauerstärke von 54 cm. Die Steine waren alle ange- 
mörtelt (keine losen FüUsteine) und an allen Gesichtsseiten 
behauen, so daß überall behauene Mauctfluchtcn vorhanden 
waren. Die mit Ruß ganz durchsetzte Erde barg gelb und 
blau glasierte Scherben und einen gemeinen Armbrustbolzen 
aus dem XV. oder XVT. Jh. (Boeheim Waffenkunde 
Fig. 504^). 



113'' 



O. Kr.asE Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



113* 



Hypokaustenflügeln im allgemeinen noch eine Stärke 
von 2 cm aufweist. 

Was den Umbau betrifft, so ist vorauszu- 
schicken, daß von der nordöstlichen Umfassungs- 
mauer dieses Raumes nur noch der Mauerblock k 
und bei / einige Bausteine im Niveau des Estrichs 
zurückgeblieben sind. Der Mauerblock k war an 
seiner nordöstlichen und südöstlichen Seite, der 
Pfeiler tn an seiner nordöstlichen Seite mit unregel- 
mäßiger Fläche senkrecht bis zum Estrichniveau ab- 
getragen; femer war die südwestliche Grundmauer 
des kleinen Hypokaustum bei c in ihrer Stärke auf 
18 cm reduziert; dann wurde auf dem Räume inner- 



folge seiner Stellung) als Überbleibsel eines Pfeilers 
angesehen werden darf. 

Beim Aufgraben des kleinen Hypokaustum stieß 
man auf dem Boden des Flügels r auf einen läng- 
lichen Konglomeratblock von außergewöhnlicher 
Größe. Da er, querüber liegend, in die Grundmauer 
hineinzuragen schien, zeigte er eine Unterbrechung 
derselben an. Außerhalb der Südostfront wurde 15 cm 
tiefer, als das Mauerwerk des Hypokaustum zum 
Vorschein gekommen war, eine ungefähr 15 cm starke 
Lage zusammengestürzten Bruchsteingemäuers und 
darunter ein rechteckiger Anbau bloßgelegt, der bei 
einer Mauerstärke von 35 — 45 cm sich gewissermaßen 




Fig. 39 Bronzegeräte aus Hellbrunn, ^/j n. Gr. 



halb der genannten Mauerteile und zu beiden Seiten 
des Pfeilers m ein 25—30 cm starker Mörtelboden 
gelegt, der mit seiner Oberfläche das Niveau dieser 
30 cm hohen Mauerteile erreicht und in der südwest- 
lichen Flucht der Pfeiler n und m senkrecht abfällt, 
während er an seiner südöstlichen Seite in unregel- 
mäßiger Linie zerstört erscheint. Der Mörtelboden 
bestand aus dem natürlichen, reichlich in Mörtel ge- 
legten Schotter, war in seinem unteren Teile ruß- 
geschwärzt und enthielt bei o das Stückchen eines 
Heizziegels; im Zwischenraum p aber konnte unter 
ihm der jüngere Estrich ganz unzweifelhaft erkannt 
werden. — Endlich sei noch des kleinen Mauer- 
stückes q (45X25X^5 cm) gedacht, welches, von 
zwei auf der Breitseite liegenden Steinen gebildet, 
auf dem gewachsenen Boden aufgemörtelt ist und 
daher weder als Rest einer Grundmauer, noch (in- 

Jahrbuch fQr Altertumtknnde I 1907 



als eine im Lichten 2-48 m lange und 66 cm breite 
Fortsetzimg des Flügels darstellte, die infolge nach- 
lässiger Bauführung in ihrem südlichen Teile ein 
wenig von der geraden Richtung abweicht Dieser 
Anbau hat einen eigenen Zugang s von 70 cm Breite; 
durch ihn gelangt man innerhalb der noch 24 cm 
tiefer geführten Umfassungsmauer auf eine Schwelle t 
(1 -25 X 0"35 w), die 22 cm unter dem Estrichniveau 
des kleineren Hypokaustum liegt. Das Innere des 
Anbaues ist in seinem südlichen Teile w (1 42 X 0*66 w) 
noch 18 ctn tiefer und hat einen weitere 6 cm hinab- 
reichenden Mörtelboden, der etwa viermal höher als 
der Estrich der beiden Hypokausten mit Asche und 
wenigen Holzkohlenteilchen bedeckt war. Es scheint 
jedoch, daß dieser Boden dem Zwecke des Anbaues 
nicht entsprach; denn später wurde eine Schotter- 
schichte bis 8 cm Höhe und eine 6 cm starke Mörtel- 

15 



114'' 



O. Ktx>se Römische GrebSadereste bei HeUbnmn 



114' 



schichte hinzugefügt, und der so um 14 cm erhöhte 
Fußboden trägt einen ähnlich starken Belag mit 
Brandresten. Der nördliche Teil v des Anbaues hat 
keine Niveauerhöhung erfahren; er bildet eine gegen u 
scharf abgesetzte (21 cm über dessen älterem Mörtel- 
boden, 7 cm über dem jüngeren liegende) Mörtelstufe, 
welche bis zum Estrich des Flügels r hin, also auf 
eine Länge von 1 m, gleichmäßig um 19 cm ansteigt. 
Auf ihr haftet noch als Rest eines Belages eine an- 
gemörtelte Sandsteinplatte von 3 cm Stärke. An jeder 
der beiden Längsseiten liegt eine Reihe von je vier 
kleinen Ziegehi (175 X 14'5X2-8 bis 3*2 cm) — an 
der östlichen Seite in einer, auf der westlichen noch 
in zwei Schichten — , die mit ihrer Unterlage und 
der Umfassungsmauer durch Mörtel verbunden sind: 
jedenfalls der Rest des aus Ziegeln gewölbten Kanals, 
durch den die heiße Luft aus dem „Wolf** ins Hypo- 
kaustum einströmte. Dieser Kanal reichte anscheinend 
nicht durch die Grundmauer hindurch; 
innerhalb dieser wurde die Heizleitung 
durch den schon erwähnten großen 
Block von 74 cm Länge überbrückt, 
der bei einem Querschnitte von 
28 X 22 cm die daraufgebaute Mauer 
— auf einer Längsfläche des Blockes 
hafteten noch Mörtelspuren — sicher 
tragen konnte. In ähnlicher Weise 
zeigt auch in einer Heizanlage von 
Brigantimn der allerdings fast zwei- 
mal so lange (2*7 m) Kanal eine Stei- 
gung von 20 cm und ist bei seiner 
Mündung in das Hypokaustum mit 
einer großen Sandsteinplatte über- 
deckt.*) Auch die Möglichkeit bleibt 
offen, daß der Kanal durch die ganze Mauer hin- 
durch geführt war — der 21 cm messende Abstand 
der östlichen Ziegelreihe vom nächsten Pfeiler würde 
so ziemlich zur Ziegellänge von 17*5 cm passen — 
und der Block innerhalb der Mauer über der Wölbung 
lag, was an die Eindeckung eines Heizloches in der 
Zivilstadt Carnuntum erinnern würde.*) Von einem 
Verschlusse des Heizraumes bei seinem Eingange s 
etwa durch eine eiserne Tür haben sich keine An- 
zeichen erhalten. Vielleicht lag auf diesem Eingange, 
der jetzt keine Pflasterung aufweist, sondern vom 
Naturboden gebildet erscheint, eine Steinstufe, über 
die man in den Vorraum t hinabsteigen konnte. 

Das Gebäude war, nach einigen Bruchstücken 
von Dachfalzziegeln und Hohlziegeln (imbrices) zu 



schließen, mit einem Ziegeldache versehen. Vom 
Wandverputz wurden nur wenige kleine Mörtelstücke 
ausgegraben, danmter eines von 5 cm Stärke, dunkel- 
rot bemalt, und eines von 2 cm Stärke mit einer 
1 '5 cm breiten, blaßroten Linie und daneben einer 
grünen Linie in der Form eines Grashalmes. Auch 
das Bruchstück eines 2*8 cm starken Verblendziegels 
mit vertieften Linien (Jacobi a. O. Fig. 24, 2) hat 
sich erhalten ; ebenso eine große Menge Bruchstücke 
von Heizziegeln, deren breite Flächen meist durch 
vertiefte parallele Furchen in verschiedenster Zeich- 
nung rauh gemacht und vielfach noch mit Verputz 
bedeckt waren. 

Da der ältere Estrich des größeren Hypokaustum 




Fig. 



*) K. y. ScHWERZBNBACH in diesem Jahrb. I (1903) 
160. Vgl. auch ORL IV, Würxburg, Taf. III Fig. 4. 
») RLÖ VII loi. 



4 5 

40 BronzegegensUUide aus Hellbrunn, '/) n. Gr. 

abgenützt ist und das kleinere Hypokaustum nicht 
von dem größeren aus erwärmt wurde, was bei 
seinem um 13 cm höher liegenden Estrich zu erwarten 
stand, sondern durch ein eigenes Präfumium geheizt 
wurde, ist der Schluß gestattet, daß letzteres H)rpo- 
kaustum mit seinem Präfumium erst später hinzugebaut 
worden ist. Einer dritten Bauperiode aber dürfte 
der 30 cm starke Mörtelboden zuzuweisen sein, da 
durch ihn nicht nur die Teile m, p und k des größe- 
ren Raumes eine Umwandlung erfuhren, sondern 
auch die Umfassungsmauer des kleineren Raumes 
bei c geschmälert wurde. Über den Mörtelboden selbst 
eine Vermutung aufzustellen, ist schwer; auch die 
naheliegende Erklärung als Wasserbehälter oder Bad 
ist mit dem Befunde nicht ohne weiteres vereinbar. 
Die Einzel funde lagen so zerstreut im Acker- 
boden der ganzen Parzelle und im Schutte in ver- 
schiedener Tiefe, daß sie meistenteils erst durch das 
Abtragen des Gebäudes und durch den Pflug an ihre 



115* 



O. Klose Romische Gebäadereste bei Hellbrann 



M5* 



jetzigen Stellen gekommen zu sein scheinen; nur die 
Glasfunde sind fast alle teils im zusammengestürzten 
Mauerwerk des Präfurnium, teils in seiner Nähe zum 
Vorschein gekommen. 

Bronze, meist mit edler Patina: Armbrust- 
chamierfibel des Provinzialstils, Fig. 39, 7, und Fig. 
40, 5, durch eingefeilte Striche und Kerben geziert; 
Bagel hochkantig gestellt, der Bagelgrat mit ver- 
tiefter Rinne, Fuß röhrenförmig und seitlich ge- 
schlitzt; 6-1 cm lang. Dieser Fibel typus hatte, da die 
Münzfunde sich fast auf das ganze IV. Jh. verteilen, 



einer Schnellwage, 14-5 cm lang, 6mm^ im Quer- 
schnitte, mit drei verschiedenen Skalen, was auf drei*) 
Aufhänger hindeutet. Auf der vom Aufhängungs- 
punkte der Wage aus rechten Seitenfläche des Balkens, 
Fig. 39, 8, Einteilung nach dem Duodezimalsystem : die 
Uncien sind durch einzelne Punkte, der Semis durch 
zwei senkrecht übereinander stehende Punkte, der 
As (Pfund) durch einen senkrechten Strich bezeichnet ; 
statt des 5. Striches steht die Zahl V, aber verkehrt 
(die Abbildung umgedreht). Diese Einteilung reicht 
(jetzt vom 2.) bis zum 6. As. Auf den beiden anderen 




Fig. 41 Eisengeräte au» Hellbrann; n. 12 Spinnwirtel mus Graphitscbiefer: Vs »• Gr. 



in unserer Gegend vielleicht eine um hundert Jahre 
längere Lebensdauer als im Gebiete des obergerma- 
nischen Limes.*) — Nadel, Fig. 39, 5, mit schadhaftem, 
nicht ganz zentral angebrachtem Öhr auf dem breit- 
geschlagenen Ende; 6*4 cm lang. — Meißel, Fig. 39, 6, 
4*9 cm lang. — Zwinge (?), jetzt zusammengedrückt, 
aus 0*3 mm starkem Bleche, durch 2 Nieten zu- 
sammengehalten, 2-4 cm hoch, 9-8 im Umfang. — 
Pinzette, Fig. 39, 3, 7 cm lang, stark oxydiert. — 
Fischangel, Fig. 39, 4, mit Widerhaken und ösenartig 
umgebogenem Ende; 4-2 cm lang. — Längerer Schenkel 



Skalen sind nur die Ases, und zwar nicht besonders 
genau, markiert: die obere Längsfläche, Fig. 40, 3, 
trägt — wenn man den Wagbalken auf seine ganze 
Länge von höchstens 20 cm rekonstruiert und von 
den Spuren einer ersten, wohl unrichtigen Einteilung 
absieht — den (ursprünglich 6., jetzt) 7.— 13. As; 
statt des 10. Striches steht X. Die andere Seiten- 
fläche, Fig. 40, 2, zeigt den (ursprünglich 13., jetzt) 
16.— 28. As; auf beide Seiten des 20. Striches ver- 
teilt steht XX, nach weiteren 5 Einheiten V statt des 
Striches. 

Schelle, Fig. 39, 2 (Breitseite), jetzt mit einem 



ORL Lief. II S. 34, nnd Lehnbr Noymesiam 
S. 396, 26. 



») Vgl. ORL II 35. 



15* 



116" 



O. Ktx>se Römische Gebäudereste bei Hellbninn 



Ii6 



kleinen Sprunge und zu einem Ovale (längere 
Achse 5-8 cm, kürzere 4*2 cm) zusammengedrückt, 
37 cm hoch; AufhängOse und Klöppel fehlen. — 
Schloßriegel, Fig. 40, 4 und 1, 6*3 cm lang; seine 
von der geraden Form abweichende Schweifung 
dürfte durch spätere Beschädigung entstanden sein. — 
Bruchstück (ungefähr '/j) eines Kreisringes, Fig. 39, 1 ; 
ungenau gearbeitet, größerer Durchmesser etwa8'7c»n, 
Breite 1-5— 1*7 cm. Stärke 1*8—2 cm. — Zwei sich ein 
wenig verjüngende Stäbe (Bruchstücke), der eine, 
ein Endstück, Fig. 39, 9, von kreisrundem Durch- 
schnitte und 8*2 cm Länge, der andere, Fig. 39, 10, 
weniger regelmäßig gearbeitet, Durchschnitt ein vom 
Kreise wenig abweichendes Oval, Länge 5*5 cm. — 
Bruchstück eines 0*75 cm starken und eines 1 '5 cm 
starken Plättchens, beide von 4 cm größter Aus- 
dehnung (stark oxydiert). — Zusammengeschmolzener^ 
unkenntlicher Gegenstand von 5*4 cm größter Länge 
und 1*3 cm Höhe. — Die Münzen folgen weiter unten. 




Fig. 42 Querschnitt des Messers Fig. 41, 9 

Eisen: Lanzenspitze, Fig. 41, 2, mit nicht be- 
sonders starker Mittebrippe, Spitze und Tülle ab- 
gebrochen; 13*4 cm lang. — Messerchen, Fig. 41, 6, 
Stärke des Rückens bis auf 2*5 mm zimehmend, Durch- 
schnitt der Griffangel rechteckig, Spitze fehlt; 12-2 cm 
lang. — Messer, Fig. 41, 5, Rückenstärke von der 
Spitze bis zum Hefte allmählich auf 3 mm steigend, 
Durchschnitt der Griflfangel rechteckig; 20 cm lang. 
— Klingenteil eines ähnlichen Messers, Fig. 41, 4; 
7*7 cm lang. — Gebogenes Messer, Fig. 41 , 9, mit ge- 
wölbtem, bis auf 9mm verstärktem Rücken; Quer- 
schnitt am Buge Fig. 42; die Beineinfassung, von 
ovalem Querschnitte, ist durch drei durchgehende 
Nieten an derGriflfzunge befestigt ; 25*2 cm lang ; als Zier- 
motiv je zwei konzentrische Kreise und ihr Mittelpunkt 
eingegraben; ähnlich gebogenes Messer bei Lbhner, 
Novaesium Taf.XXXV 2. — Fig. 41, 13, 3 und 7 sind 
Instrumente, bei denen der Querschnitt der Schneide 
ein gleichschenkliges Dreieck gibt Das erste ist ein 
gebogenes Schnitzmesser; Durchmesser des Halb- 
kreises im Lichten 4*5 cm. Bei dem zweiten beträgt 
die Rückenstärke der Schneide 3*5 mm, die der Angel 
wächst bis auf 6 mm, so daß der Querschnitt der 
Angel schließlich ein zur Ebene der Schneide quer- 
gestelltes Rechteck wird; 12-1 cm lang. Bei dem 
dritten, etwas geschweiften, nimmt die Stärke des 
Rückens von 5*5 mm bis 6 mm zu; 14*9 cm lang. — 
Stemmeisen, Fig. 41, 10, 2 mm stark, 9*4 cm lang. 



Schneide wie bei Jacobi a. O. Taf. XXXIV 29; die 
Angel liegt nicht in der Mittelachse. — Stab Fig. 41, 15, 
8 mm Durchmesser, abgebrochen, am andern Ende 
in eine 2mm starke, beschädigte Platte übergehend; 
13 cm lang; vgl. den Bohrer bei Jacobi, Fig. 28, 18. 
— Zahn eines Rechens oder ähnlichen Instrumentes, 
Fig. 41, 8; vier Exemplare, die nahe beieinander 
lagen. Der Querschnitt ist überall quadratisch. Die 
untere, spitzige Hälfte ist vom Roste mehr ange- 
griflfen und ihre Kanten sind wohl vom Gebrauche 
abgeschliffen, während die obere Hälfte durch die 
sie einst umgebende Hülle längere Zeit geschützt 
war. Das Ende ist rechtwinklig umgeschlagen; 12*7 cm 
lang. — Kreuznagel, Fig. 41, 14, noch 10*2 cm lang, und 
außerdem acht Nägel von gewöhnlichen Formen. — 
Kopf eines Nagels, gewölbt, 6 mm hoch, 2*7 cm im 
Dm., mit Rest des Nagelstiftes von 5 mm Dm. — 
Schlüssel, Fig. 41, 11; 9*8 cm lang. — Außerdem das 
Bruchstück (Bart und Stiel) eines um den vierten 
Teil kleineren Schlüssels. — Ein Teil eines Scharnier- 
bandes, Fig. 41, 16; 7-8cm lang, vgl. Jacobi Taf.XXXXV 
26. — Ebenes Blech, durchschnittlich 11'5cmX4'5cm 
XI bis 2 mm, einst wohl auf Holz aufgenagelt, wie 
zwei einwärtsgeschlagene, in der Längsrichtung des 
Bleches angebrachte Löcher, die 4*7 cm voneinander 
abstehen, beweisen. — Ebensolches Blech, Dimen- 
sionen von 3 cm Ausdehnung, mit einwärtsge- 
schlagenem Loche. — Zylindrisch gebogenes Blech, 
9*7 cm X 6*6 cm X 2 mm, mit einwärtsgeschlagenem 
Loche; Halbmesser der Rundimg 5'8 cm. — Nadel 
mit Löffelchen, Fig. 41, 1, sogenanntes Eiterlöffel- 
chen, verzinnt, unterhalb des Löffelchens durch drei 
Gruppen von je drei eingef eilten Kreiseinschnü- 
rungen verziert; 13*5 cm lang; vgl. Lbhner Novaesium 
S. 400, 9. 

Glas, Fig. 43: a) durchsichtiges: Boden- und 
Wandteil, n. 3, einer grünlichen Schale. — Rand- 
scherbe, n. 2, grünlich, durch aufgeschmolzene, wellen- 
förmige, sich berührende Wülste verziert. Ahnliche 
Verzierung in Wien gefunden (Kenner, Jahrb. 1905 
I 219). — Wandscherbe, n. 7, einer gerippten, hell- 
blauen Schale. — Drei Wandscherben, darunter n. 1, 
wahrscheinlich verschiedener Gefäße, grünlichgelb, 
mit aufgegossenen, blauen Emailtropfen. — Teil des 
viereckigen Bodens, n. 6, einer bläulichen Flasche 
mit kreisförmiger Hohlkehle innen, der außen ein 
erhabener Kreis entspricht. Die Bruchränder der 
Wandansätze sind geschmolzen. — Bruchstückchen 
eines viereckigen, grünlichen Flaschenbodens mit 
deutlichen Brandspuren. — Mehrere Stückchen bläu- 
licher oder grünlicher Glasscheiben, 0*75 — 2 mm stark. 
— b) opakes: Bruchstücke längsgerippter Stäbe, 
das kleinere, n. 4, gebogen (Henkel), dunkelbraun, 



II 7** 



O. Kix)SE Römische Gebäudereste bei Hellbrunn 



117' 



1*2 et« lang, das größere, n. 5, gerade, dunkelblau, 
4 cfn lang. — Perlen: n. 10, prismatisch, hellblau, 
12 mm lang; n. 9, Bruchstück, ringförmig von 14 mm 
Dm., dunkelblau mit gelber Zickzacklinie; n. 11, 
eiförmig, 14 7nm lang, mit dunkelbraunem Kerne 
und sich kreuzenden, aufgeschmolzenen, blauen oder 
violetten Fäden, zwischen denen blaßgelbe Augen mit 
dunkelgrüner Pupille sitzen. — n. 12, Bruckstück, 
kugelförmig, lichtblau und weißmarmoriert. 



Gefäße, Fig. 44: Scherben von drei Sigillata- 
schüsseln, darunter n. 20. — Zahlreiche Scherben 
aus gemeinem Tone. Die Randscherben ließen 51 Ge- 
fäße (Urnen, Kochtöpfe, einen Henkeltopf n. 7, 
Kumpen, Schüsseln und Schalen) imterscheiden, 
welche meist aus grauem Tone, dem mehr oder 
weniger feiner Sand beigemischt ist, bestehen. Rand 
n. 11 (zwei Stücke) aus feinem, grauem, Rand n. 5 
aus dunkelgrauem Tone« Rand n. 10 und Boden n. 14 






"1 



V 









10 








Fig. 43 Reste von Glas und Bernstein aus Hellbrunn 



Bernstein: Perle, Fig. 43,8, zylindrisch, 1*9 cm 
lang. 

Unter den Knochen ließen sich solche vom 
Pferde, Rinde, Schweine und Hunde erkennen, ferner 
zwei wohl zusammengehörige Stangen und zwei 
Sprossen vom Hirsche. Leider wurden die Knochen 
nicht mit solcher Sorgfalt gesammelt, daß man das 
Vorhandensein von Menschenknochen mit Bestimmt- 
heit negierep kann. 

Stein: Flacher Spinn wirtel, Fig. 41, 12, aus na- 
türlichem Graphitschiefer, 48 cm im Dm., 7 — 8 mm 
stark. — Zwei längliche Schleifsteine von fast recht- 
eckigem Querschnitte, aus durchschnittlich 5, bezie- 
hungsweise 8 cm hohen und 4 cm dicken Sandstein- 
platten, hochkantig benutzt, und zwar der kürzere 
(8 cw, abgebrochen) auf beiden parallelen Längs- 
flächen, der längere (14 cm) nur auf einer Längsfläche. 



aus ziegelrotem Tone und auf der Innenseite mit 
blaßgelber, sehr dünner, wenig haltbarer Glasur;*) 
dieser Boden lag zwischen dem älteren und jüngeren 
Estrich des größeren Hypokaustum. Die eingeritzte 
wellenförmige Verzierung der grauen Wandscherbe 
n. 21 findet sich auf dem oberen Bauchteile zahl- 
reicher kleinerer Urnen aus hiesigen Gräbern und 
Gebäuderesten. 

Beachtenswert ist, daß nicht wenige Scherben 
nach Art der prähistorischen außen und innen oder 
bloß außen geschlickt sind (ziegelrot ; nur von Rand 
n. 2 ein Exemplar außen lichtgrau, der Gefäßdeckel 
n. 22 außen und innen blaßgelb) und dabei entweder 
deutliche Riefelungen der Drehscheibe (z. B. der er- 



K. KoENEN Gefaßkunde S. 95 und 102 erwähnt 
nur starke Glasur römischer Gefäße. 



Ii8« 



O. Klose Römiscbe Gebäudereste bei Hellbrunn 



ll8* 



wähnte lichtgrau geschlickte Rand) oder doch 
wenigstens Spuren davon (z. B. der durch Kerben 
verzierte Kumpen n. 1 5) zeigen, oder aber keine der- 
artigen Spuren aufweisen (z. B. der genannte Deckel 
und das eine Exemplar des Randes n. 17, welches 
verziert und beiderseits rot geschlickt ist, während 
das andere, sehr ähnlich verzierte Exemplar dieses 
Randes keinen Schlick, dafür aber Spuren der Dreh- 
scheibe hat). Dennoch aber möchte ich auch diese 
letzteren Gefäße, da sie in Material und Stärke des 
Brandes den sicher römischen gleichen, der hartge- 
backenen Keramik,^) also der römischen Zeit zu- 
teilen. Es läßt sich demnach ein all- 
mählicher Übergang der prähistori- 
schen zur römischen Technik ver- 
folgen. Nur zwei Bodenstticke und 
zwei Wandscherben werden durch 
Aussehen und schwachen Brand als 
unzweifelhaft prähistorisch ge- 
kennzeichnet. 



9. (und 10?) Gratianus, reparatio reipub, Coh. 30; 
unten ASISC. 

11. Valentinianus II Ck)H. 23 (?). 

12. ebd., C:k>H. 26 (?). 

13. ebd., etwa Coh. 31. 

Ober das IV. Jh. reicht keine Münze hinaus. Das 
Haus scheint also damals verlassen worden zu sein, 
wahrscheinlich infolge unvorhergesehener Zerstörung 
durch Brand ; dafür spricht sowohl die im Verhältnisse 
zu der kleinen Ausgrabung große Zahl (50) der Mün- 
zen, unter denen zweimal je vier Stück Kleinerze zu- 
sammengeschmolzen sind, als auch der Bronzeklumpen, 




^w/ 



Fig- 45 Sgraffito auf einem Heizsiegel 

Sgraffito, Fig. 45, auf dem 
Bruchstücke eines angemörtelten 
Heizziegels, von in der scriptura 
picta geübter Hand geschrieben: 
IIVITO. 

Die 50 Münzen (sämtlich Bronze, 
beziehungsweise schlechtestes Bil 
Ion) sind einzeln aufgelesen worden; 
nur n. 5, 9 und 12 lagen einige Zenti- 
meter voneinander entfernt in der Südecke des größe- 
ren Hypokaustum auf dem oberen Estrich. 13 Stücke 
konnten bestimmt werden; bloß n. 1 ist gut erhalten. 

1. Tacitus mit provide Aug.y unten Q, vgl. 

WiNDISCHGRÄTZ-VÖTTER U. 6023. 

2. Galerius mit genio Augg, et Caesarum nn, 
Cohen' n. 39. 

3. Licinius, loid cotiservatort Coh. 67. 

4. Constantinus I, d. n. Constantint Max, Aug, 
Coh. 123. 

5. Constantius II, Rv. unkenntlich. 

6. Valentinianus I. gloria Romanorum Coh. 
12(?). 

7., 8. ebd , securttas reipüblicae Coh. 37. 




HWlNM 



f f I f 






^) K. KoENEN a. O. S. 65. 



Fig. 44 Römische Gefäßfimde aas Hellbnum 

die zwei Bodenstücke gläserner Flaschen mit deut- 
lichen Brandspuren und außerdem drei Stück Eisen- 
schlacke bis 8 cm Größe, von denen eines auch 
Bronzereste enthält. War auch das Gebäude an- 
scheinend nur einfach und klein, so ist es doch in- 
sofern nicht ohne Bedeutung, als es das erste ist, 
welches am linken Salzachufer südlich von Salzburg 
bis Hallein entdeckt wurde in einem 18ibn langen 
Landstriche, dessen römische Besiedelimg durch Einzel- 
funde erwiesen ist: darunter 1613 in unmittelbarer Nähe 
unserer Gebäudereste „bei der Anlegung des Gartens 
zu Hellbrunn** ^) ein römischer Tischfuß aus Marmor 
in der Form des Vorderteils eines Löwen (unten in 
eine Pranke ausgehend), der auf den beiden Seiten 
der Brust je einen geflügelten Genius mit empor- 

^) J. Schumann v. Mannsbgo Juymyim (Salzburg 1842) 
S. 95 und Taf. I a. 



119* 



M. Abramk^ Grnbfiind tu Velm 



119' 



gehaltener, beziehungsweise abwärts gekehrter Fackel 
und Umschrift zeigt, jetzt im Hofmuseum zu Wien; 
femerauf der andern Seite der Reichsstraße gegenüber 
der Bahnrestauration 1869 bei der Grundaushebung 
für die Villa Swoboda ein „keltischer Armring, Bruch- 
stücke eines Bügelhaften größerer Gattung, dann 
mehrere S chädelkn ochen •* . *) 

Ob unsere Fundstätte schon in vorrömischer Zeit 
besiedelt war, bleibt unentschieden, da sich mit Be- 
stimmtheit nur vier prähistorische Scherben erkennen 
ließen und die oben behandelten, zwar hartgebrannten. 



aber ohne Drehscheibe verfertigten Gefäße mangels 
eines zuverlässigen Vergleichsmaterials für unsere 
Gegend vorläufig der La-T^ne-Periode noch nicht zu- 
geschrieben werden können. Noch weniger ist an 
eine Bewohnung des Gebäudes im Mittelalter zu 
denken; es fanden sich zwar zwei Pfennige aus dem 
XII. oder XIII. Jh., aber sie lagen im Ackerboden, 
und sonst ergaben sich nur wenige kleine Scherben 
gelb-, grün- und blau glasierter Gefäße, die wohl 
modern*) sind und bei der Bestellung des Feldes 
dorthin gelangt sein können. 



*) Jahresbericht des Salsb. Maseams 1869 S. 25. 



*) KoENEN a. O. S. 102. 



Michael AbramiC 



Spätrömischer Grabfund zu Velm bei Gutenhof (N.-ö.) 



Im März 1. J. ist etwa eine halbe Gehstunde 
südlich von Velm auf der der Witwe Anna Föäst ge- 
hörigen Parzelle 619/28 des mit dem Namen ,Schaf- 
stand* bezeichneten Ackerkomplexes (vgl. die nach 
der Katastralmappe gezeichnete Planskizze Fig. 46) 
ein Grabbau aufgedeckt und von mir im Auftrage 
der Z. K. aufgenommen worden. 

Die Bauart — es wurde zum Aufbau bereits 
einmal verwendetes Material benutzt — verweist den 
neuen Fund in dieselbe Zeit, wie die früher in Velm 
beim Gottesacker gemachten spätrömischen Gräber- 
funde (vgl. Häuser Mitteil. 1890 S.138, 1891 S.4 und 
KüBiTscHEK 1902 S. 103 ff., 1 903 S. 230 ff.). Beide Fund- 
stätten sind zu sehr voneinander entfernt, als daß 
sie einer ausgedehnten, zusammenhängenden Fried- 
hofsanlage angehören können; vielleicht lagen die 
früher aufgedeckten Gräber und das neugefundene 
an einer und derselben ungefähr von Süd nach Nord 
verlaufenden Straße. 

Die Velmer Gräberfunde repräsentieren samt 
den bei Margarethen am Moos (sie werden demnächst in 
diesem Jahrbuche veröffentlicht) und Brück a. d.Leitha 
aufgedeckten Grabanlagen (Kubitschek Jahreshefte III 
Beibl. S. 9 ff. und Arch. firtesitö 1899 S. 341 ff.) eine 
bisher nur in Nordostpannonien beobachtete Art des 
Grabbaues aus der Zeit des ausgehenden Altertums. 



Regelmäßig wird zum Bau des sarkophagähnlichen 
Grabes bereits verwendetes Material genommen, 
namentlich Stelen von Brandgräbem des I. und 
II. nachchristlichen Jahrhunderts; den durch neben- 
einander gelegte Dachziegel oder durch eine einzige 




Fig. 46 Fundstelle des neuen Grabes 



I20" 



M. Abramtö Spätrom ischer Grabfund zu Vclm bei Gutenhof (N.-Ö.) 



I20* 



mächtige Steinplatte gebildeten Boden umschließen 
als Seitenwände aufrecht stehende Platten mit dem 
Reliefschmuck — wenn solcher vorhanden — immer 
nach außen, doch werden auch für die Seiten wände 
teilweise Ziegel verwendet. Den so gewonnenen 
Sarg verschließt eine Deckplatte (vgl. die Abb. 5 im 
Arch. fertesitö 1899 S. 344 und meine nach Angaben 
von Augenzeugen gemachte Skizze (Fig. 47) des neu- 
gefundenen Grabes inVelm). 



Fig- 47 Römische Grabkiste aus Velm. Vss n- Gr. 

Leider ist es bisher nicht gelungen, Anhalts- 
punkte zur Bestimmung der Stammesangehörigkeit 
und Kultur der so Bestatteten zu finden; auch ihre 
Wohnstätten konnten nicht ermittelt werden. Die 
den Toten mit ins Grab gelegten Beigaben, auf die 
wir lediglich angewiesen sind, fehlen infolge früherer 
Plünderung gänzlich oder gehen sofort bei der Auf- 
deckung durch Sorglosigkeit oder Habgier der Finder 
verloren. So war auch das zuletzt gefundene Grab 
gleich nach der Auffindung zerstört worden. Die 
Größe des Sarges konnte nur nach den Maßen der 
umschließenden Platten bestimmt werden: sie be- 
trug in der Länge etwas über 2m, in der Höhe und 
Breite etwas über lOcin. Den Boden bildeten über 
eine Lehmschichte gelegte Dachziegel. Die eine 
Schmalwand wurde durch eine hier zum zweitenmal 




verwendete Platte (70 X 75 X ^ Ö ^*w), die andere 
durch das Bruchstück eines reliefgeschmückten 
Grabsteines A (Fig. 48)^) gebildet; als Längswand 
umschlossen das Grab eine vollkommen erhaltene 
Cirabstele mit figürlicher Darstellung B (Fig. 49) und 





Fig. 48 Bruchstück einer Reliefplatte aus Velm, 7io °* ^<'* 



Fig. 49 Reliefplatte aus Velm, 7is "• Gr. 

eine in zwei Teile geborstene Platte (210 X 70 X 16 cni) 
ebenfalls mit Spuren früherer Verwendung. Außen 
dienten mehrere kleinere Werksteine zur Stütze der 
Wände. Da im Innern des Sarges keine Spur eines 
Skelettes oder von, Grabbeigaben sich vorfand und 

^) Dieses und die Grrabstele B sind für das n. o. 
Landesmuseum in Wien erworben worden. 



121* 



M. Ab&amk^ Spätrömischer Grabfund su Velm bei Gutenhof (N.-ö.) 



121' 



auch der Sarkophagdeckel fehlte, scheint das Grab 
schon früher geöffnet und geplündert worden zu sein. 

Das Fragment A (Fig. 48, 48 cm breit, 65 hoch, 
21 dick, Relief erhebung bis Scth) ist der Rest eines 
mit Brustbildern geschmückten Grabsteines; oben 
und rechts ist die Umrahmung noch erhalten, links 
und unten ist der Stein abgebrochen; erhalten ist 
noch das stark verwitterte Brustbild einer Frau, die 
in der üblichen Weise mit der Rechten einen Apfel 
hält; die mächtigen Fibeln an den Schultern sind in 
den Konturen noch deutlich kenntlich. Links noch 
der Rest eines ähnlichen Brustbildes, wie es scheint, 
einer Frau, die im Nacken einen Schleier führte. 

Die nach unten sich etwas verjüngende, im 
wesentlichen vollständig erhaltene Stele B (Fig. 49, 
2*05 fw hoch, oben 73 cm, unten 65 cm breit, 18 cm dick) 
zeigt in der oberen Hälfte ein roh ausgeführtes 
Relief; auch unter dem Relief ist der Stein nicht 
geglättet und trug keine Inschrift. Das Relief stellt 
ein Mädchen in der charakteristischen norisch-panno- 
nischen Tracht dar: mit einem bis zu den Füßen 
reichenden Ärmelgewand und einem kurzen, ärmel- 
losen, wohl aus schwerem Stoffe verfertigten Ober- 
kleid, das an den Schultern durch zwei Fibeln und 
imter der Brust durch einen Gürtel festgehalten 
wird; vom Haupte fällt auf den Nacken ein Schleier 
herab; Schuhe sind wohl anzunehmen, doch wegen 
der Verwitterung des Steines schwer kenntlich. In 
der Rechten hält das Mädchen einen Apfel, in der 
Linken einen schwer zu deutenden, länglichen Gegen- 
stand (Schirm?). 

Trotz der schlechten Erhaltung und rohen Aus- 
führung ist der bildliche Schmuck des Grabsteines B 
nicht wertlos, da Darstellungen der einzelnen weib- 
lichen Vollfigur in provinzialer Nationaltracht, zumal 
die eines Mädchens, nicht besonders häufig auf den 
uns erhaltenen Denkmälern zu finden sind. 

Als in nächster Nähe von Velm gefunden ver- 
dient genannt zu werden der im Garten des Stifts- 
schlosses Königshof (Kiralyudvar) eingemauerte Stein 
(1) mit dem nur in Konturen eingeritzten Bilde eines 
Mädchens in ähnlicher Tracht, das in der Rechten 
ein Henkelgefäß, in der Linken einen Schöpflöffel 
hält (Rom. Limes in Usterr.VI 51, Fig. 25); nur zum 
Teile erhalten ist eine ähnlich bekleidete Mädchen- 
figur auf dem Arch. firtesitö 1903, S. 227 Fig. 2 ab- 
gebildeten Relief (2); vgl. auch ebenda S. 229 Fig. 4, 

Wohl am besten werden die charakteristischen 
Einzelheiten der Tracht wiedergegeben auf zwei gut 
gearbeiteten und gut erhaltenen Reliefs, deren Fund- 
orte vielleicht die äußersten Grenzen des Verbreitungs- 
gebietes dieser Frauentracht bezeichnen. Das eine 
aus Aquincum stammende und wiederholt veröffent- 

Jahrbuch fOr Altertumtkonde I 1907 



lichte zeigt ein junges Mädchen, das in den Händen 
einen Teller mit einem Schweinskopf hält (3), das 
andere (080 m hoch, 058 m breit) bisher unveröffentlicht, 
war die längste 2^it in Klagenfurt in einem Privat- 
hause eingemauert*) und befindet sich gegenwärtig 
daselbst im Landesmuseum, Inv. n. 200; seine Dar- 
stellimg Fig. 50 zeigt ein au feinem Untersatze stehendes 
Mädchen, das in der gesenkten Rechten ein Arbeits- 
kistchen, in der erhobenen Linken einen mit dem 
Medusenkopfe verzierten Spiegel hält (4). *) 




Fig. 50 Reliefplatte des Klagenfarter Museums, Vs ^' ^^' 

Stets kehrt auf den bisher aufgezählten Denk- 
mälern wieder das lange Untergewand mit Ärmeln, 
femer das mit mächtigen Fibeln an den Schultern 
befestigte schwere Oberkleid (auf dem Klagenfurter 
Relief an seinem unteren Ende wulstartig zusammen- 
gezogen) und der Gürtel, bisweilen (1. 2. 4.) mit einem 
bandartigen, vorne herabhängenden Fortsatz; die 
Beschuhung ist deutlich auf n. 3 aus Aquincum zu 
erkennen. Als Kopfbedeckung — sie kann auch 
fehlen — findet sich Haube oder Schleier. 



') JABORNEOO Kärntens Rom. Altert. S. 146; Carin- 
tbia 1881 S. 327. 

') Eine Mädcbenfigur mit ähnlicher Tracht auch auf 
den Klagenfurter Reliefsteinen n. 20. 76. 247. 

16 



12 2" 



122* 



Funde 



1, Aus Mähren] 

1. Bei einem Besuche des Znaimer Museums 
hatte ich Gelegenheit, folgende neue Funde zu unter- 
suchen : 

a) Depotfund von Bonitz: In der Nähe des 
schon von früher her bekannten bronzezeitlichen 
Gräberfeldes fand man in einer Tiefe von etwa 70 cm 
lose in der Erde liegend über 100 Stück von Bronze, 
zumeist in kleineren Fragmenten. Vollständig erhalten 
waren bloß zwei Sicheln (mit Dorn und Nietloch) und 
ein kleiner Zierbuckel (tutulus). Unter den Bruch- 
stücken ließen sich erkennen: Hohlkelte, Schwerter, 
Armringe, kleinere Ringe und Nadeln (davon eine 
mit dickem, scheibenförmigem, eine andere mit 
kugligem, undurchbohrtem Kopf). Unter den 60 auf- 
gefundenen, rohen Gußklumpen war der größte 800^ 
schwer. Die Analyse eines Sichelfragmentes (von 
Direktor E. Raimann in Znaim ausgeführt) ergab: 
93-40/0 Cu, 5-5<^/o Sb und 0*7% Ni; wir haben hier also 
eine zinnfreie Antimonbronze vor uns, deren 
Nickelgehalt wohl nur ein Akzessorium der ursprüng- 
lichen Erze ist. 

b) Znaim: In der Wiener Straße wurde ein 
Skelettgrab aufgedeckt, in welchem außer einem 
Nietendolch ältester Form keinerlei Beigaben ge- 
funden wurden. Der Dolch soll auf einem Stein ge- 
legen sein. 

c)Zuckerhandl: In einer nicht erhaltenen Urne 
fand sich eine Anzahl zerbrochener, zum Teile an- 
geschmolzener Gegenstände, darunter erkennbar ein 
Messer mit durchlochter Klinge, ein schön profilierter 
Nadelkopf, ein dicker scheibenförmiger Nadelkopf 
und Bruchstücke flacher, kleiner Bronzeringe. 

2. In der Sammlung des Herrn Zuckerfabrik- 
direktors WoRMCZEK in Mähr.- Kr o mau sah ich einen 
merkwürdigen, anscheinend sehr seltenen Typus von 
neolithischen Gefäßen, nämlich bauchige Krüge mit 
fünf kleinen, horizontalen Ösen (sogenannte „Schnur- 
ösen**), von denen drei am oberen Rande des Bauches 
symmetrisch verteilt sind, während zwei auf der 
unteren Hälfte des Bauches lotrecht unter zwei oberen 
angebracht sind. Als Begleitformen fanden sich die 
bekannten, teils bombenförmigen, teils napfartigen 
Gefäße mit einfachen Spiralornamenten. Ich sah ein 
Gefäß der oben beschriebenen Art, mit einer Doppel- 
volute verziert, in der Kollektion Vi rchow (aus Dehlitz) 
zu Berlin. In der Form abweichend, jedoch in der 



Anordnung der Ösen ähnlich ist auch das von Pfö 
in Cechy pFedhistorick^ I Taf. XXXVi Fig. 6 ab- 
gebildete, aus Velim stammende Gefäß. Aus Mähren 
sind Gefäße dieser Art bisher nicht beschrieben 
worden. 

In der Nähe der Zuckerfabrik würde im Jahre 
1905 eine Wohngrube aufgedeckt und durch Herrn 
Direktor Worliczkk ausgeräumt. Ihr Umriß war 
nicht mehr deutlich zu erkennen, wohl aber eine 
aus drei Stufen bestehende Treppe. Die Grube 
enthielt zahlreiche Gefäßscherben, die ich bei Direktor 
WoRLTczKK zu untcrsucheu Gelegenheit hatte. Sie 
scheinen insgesamt der jüngeren Bronzezeit, be* 
ziehungsweise der älteren Eisenzeit anzugehören 
und am besten der Keramik der jüngeren Umen- 
felder (vom „schlesischen** Typus) zu entsprechen. 
Nach der Form der Scherben ließen sich große und 
kleine Urnen, Töpfe, Seihgefäße, flache Schüsseln 
und kleine Schalen (darunter eine mit ansa cornuta) 
erkennen. Viele Stücke sind mit Graphit tiberzogen, 
andere zeigen eine primitive Malerei (schwarz und 
rot). Unter den Ornamenten fallen neben den be- 
kannten Punktstreifen- und Dreieckmustern doppel- 
linige Zickzackmuster, die sich zu einem Rhomben- 
ornament kombieren, sowie doppellinig gezogene 
Karo-Muster auf; diese Art der Dekoration scheint 
für die Keramik der mährischen Umenfelder neu zu 
sein. Von sonstigen Artefakten fanden sich: verein- 
zelte flache Feuersteinsplitter, ein durchbohrtes 
Knochenstück mit eingeritzten konzentrischen Kreisen, 
eine feingearbeitete Beinnadel, verschiedene Knochen- 
werkzeuge, bearbeitete Geweihstticke, Spinn wirtel und 
durchbohrte Muschelschalen (Unio). Unter den ziem- 
lich reichlich vorhandenen Tierknochen erkannte ich 
Reste vom Hausrind, Pferd und Schwein. 

In einer unweit der oben erwähnten Treppe 
gelegenen nischenartigen Ausbuchtung fanden sich 
un verbrannte Menschenknochen. Diese haben jedoch 
mit dem Inventar der Wohngrube trotz der unmittel- 
baren Nachbarschaft keinen Zusammenhang, da die 
Fundstätte schon außerhalb der mutmaßlichen Peri- 
pherie der Wohngrube gelegen ist, Wir haben ja 
bei Mähr.-Kromau überall einen uralten Kulturboden 
vor uns, und es ist sehr leicht möglich, daß die er- 
wähnten Menschenreste der älteren Bronzezeit oder 
gar der neolithischen Zeit angehören. Das Vorkommen 
von Menschenresten in neolithischen Wohngruben bei 



123' 



Funde 



123" 



Mähr.-Kromau erwähnt ja schon Woldäich (Mitteil, 
der anthrop. Ges. Wien XX [1890] 126). 

Unter den Artefakten der älteren Bronzezeit 
möchte ich zwei in den Hockergräbern von Durditz 
bei Mähr. - Kromau aufgefundene „ösennadeln" 
hervorheben. Das emzige bisher aus Mähren bekannt 
gewesene Exemplar dieser wichtigen Nadelform 
wiirde von mir im Jahre 1879 in den Hockergräbern 
von Mönitz gefunden und in den Mitteil, der anthrop. 
Ges. Wien IX (1879) beschrieben. Der von mir schon 
1881 für Gräber dieser Kategorie eingeführten 
Bezeichnung „Mönitzer Typus** gebührt die Prio- 
rität vor der jetzt viel gebrauchten Bezeichnung : 
Aunietitzer (oder Unietitzer) Typus. 

Von Fundstücken, die der älteren Eisenzeit an- 
gehören, enthält die Sammlung Worliczek eine sehr 
interessante, von Wedrowitz bei Mähr.-Kromau 
stammende „Vasenkopffibel**, durch deren Bronze- 
drahtrolle ein Eisendraht gesteckt ist. In den 
oberpfälzischen Hügelbrandgräben sind derlei Fibeln 
von Schwanenhalsnadeln begleitet; eine solche 
Nadel mit der Fundortsbezeichnung „Wedrowitz** 
hegt in der Sammlung des mährischen Landes- 
museums. 

4. Im städtischen Museum zu Ol mutz konsta- 
tierte ich unter dem reichen keramischen Material 
des Urnenfeldes von Horkau auch schöne Zonen- 
becher und andere Gefäße der ältesten Bronzezeit. 
Ein im Weichbilde der Stadt Olmütz aufgefundenes 
Töpfchen ist ein typischer Vertreter der altbronze- 
zeitlichen Hockergräberkeramik, ähnlich dem von Prof. 
Makow.sky Mitt. d. anthrop. Gesellschaft in Wien XXVI 
(1896) V Fig. 6 aus Eisgrub beschriebenen Gefäße. 
Das erwähnte Museum enthält außerdem (im Kathause 
deponiert) eine kleine, aber recht interessante 
Kollektion von typischen Bronzen der La T^ne-Zeit. 

5. Für das mährische Landesmuseum habe 
ich durch persönliche Intervention bei Sr. Exzellenz 
dem Fürsterzbischof von Olmütz die bis dahin in 
Kremsier aufbewahrten Bronzen von Przestawlk 
erworben. Es handelt sich hier um einen nicht 
nur sehr reichhaltigeh, sondern in vieler Beziehung 
interessanten Depotfund, den ich oben S. 95 ff. be- 
schrieben habe. 

Prof. A. RZEHAK 

2> Pettau] Dr. Ferdinand Pischinger, damals 
Probekandidat am ersten Staatsgymnasium in Graz, hat 
nicht lange vor seinem Tode (27. August 1905) der Z. K. 
eine von sorgfältiger Beobachtung zeugende Studie ^) 

*) Dr. Pischinger war von Fach Naturwissenschaftler. 
Mit einem Aufsatz über ^die schwarzen Tongefaße der Hall- 
stattperiode ** in den Mitt. des naturwiss. Vereins für Steier- 



über „römische Straßenzüge um und in Poetovio" 
zur Ergänzung der von ihm als grundlegend ange- 
sehenen „vorläufigen Mitteilimgen** des Prof. Franz 
FerkO „über das röm. Straßen wesen in Untersteier- 
mark " überreicht. Zu den für die Publikation nötigen 
direkten Erörterungen mit Pischinger kam es nicht, 
trotzdem der Redakteur gerade damals eine Woche 
lang durch die Vorarbeiten für die Edition der Hai- 
diner Mithraen in Pettau, der Heimatstadt und dem 
Ferienaufenthalt des Verewigten festgehalten wurde ; 
denn Dr. Pischingers Gesundheitszustand gestattete 
gerade damals anhaltende Anstrengungen nicht. Die 
Redaktion, die wenigstens die Verwertung einiger 
Beobachtungen von Tatsachen in Pischingers Arbeit 
für geboten erachtete, wandte sich an einen seiner 
Freunde, den Korrespondenten der Z. K. Victor 
Skrabar, mit dem Ersuchen, im Sinne des Verfassers 
dessen Aufsatz durch eine Kontrolle und Ergänzung 
dieser Beobachtungen auszugestalten; Herr Skrabar 
setzte sich seinerseits mit Prof. Ferk in Verbindung, 
der ein ausführliches und an beachtenswerten Beob- 
achtungen reiches Gutachten aufsetzte. Von diesem 
Gutachten kann die Redaktion keinen Gebrauch 
machen bez. nicht um die Erlaubnis dazu ansuchen, 
einmal weil Pischingers Arbeit hier nicht zum Ab- 
drucke gelangt, dann weil Prof. Ferk im vollen Be- 
sitze seiner Arbeitskraft und anscheinend ungestörter 
Muße dem Vernehmen nach Anstalten triflft, eine seit 
40 Jahren vorbereitete ausführliche Studie über die 
Römerstraßen der südlichen Steiermark zu veröffent- 
lichen, und weil alles vermieden werden soll, was 
dieser seiner Arbeit vorgreifen oder ihre Verwirk- 
lichung überflüssig zu machen scheinen könnte. Die- 
jenigen, welche die römerzeitliche Topographie in 
Österreich zu fördern verstehen und vermögen, sind 
ja so dünn gesät, daß sich nicht leicht für eine und 
dieselbe Partie mehr als eine Kraft bemüht, und daß 
alles aufgeboten werden muß, die Grundlagen und 
Ergebnisse ihrer Studien der Allgemeinheit zu retten. 

Nun hat Dr. Pischingers Vater, Herr Ferdinand 
Pischinger, Oberoffizial der Südbahn in Pettau, die 
Rückstellung des Manuskripts verlangt. Seinem Ver- 
langen ist entsprochen worden; vorher sind folgende 
Stellen, die Fimdbeobachtungen enthalten, daraus ex- 
zerpiert worden : 

1. Im Walde östlich von Alt-Maierhof ist eine 
Römerstraße prachtvoll erhalten ; sie führt hinab zur 



mark Jahrgang 1902 hatte er schon früher seinem Interesse 
für die Forschungen zur heimatlichen Geschichte Ausdruck 
gegeben. 

^) Mitteilungen des histor. Vereines für Steiermark 
XLI (1893). 

i6* 



124* 



Fände 



124" 



Mühle amTrnovabach; dort ist vor einigten Jahren 
ein neuer Wassergraben an der Mühle gezogen worden; 
Inder ausgehobenen Erde lagen außer einem römischen 
Schlüssel zahhreiche Gefäßscherben römischen Ur- 
sprung^. — Prof. Fekk bemerkt dazu: «Den römischen 
Schlüssel habe ich in das Ferkmuseum nach Pettau 
gebracht; gefunden wurde er vom jetzigen Dr.Stampfl 
in St Marein am Pickbache; er machte mich auf- 
merksam, daß bei der Mühle am Trnovabache, bis 
wohin ich ein Jahr zuvor die Römerstraße verfolgte, 
ein neuer Mühlgang gegraben worden sei, wobei einige 
römische Münzen und Scherben ausgeworfen wurden." 

2. Am Grajenabache, südwestlich vom 
Pettau er städtischen Friedhofes, ist vor etwa dreißig 
Jahren gegenüber Staäys Meierhof der römische 
Brückenkopf deutlich sichtbar gewesen, und dort ist 
auch einstmals ein Römerstein mit Inschrift gefunden 
worden. — Dazu Prof. Ferk: „Ich war mit Herrn 
Sta&y vor mehreren Jahren in seinem am linken Ufer 
der Grajena gelegenen Meierhofe und hielt da Um- 
schau. Von Herrn Stary erfuhr ich von einem 
Brückenreste an der Grajena und von einem in der 
dortigen Gegend gefundenen Römersteine, der aber 
abhanden gekommen sei. Starys Vater habe die In- 
schrift abgeschrieben, ihre Kopie müsse noch in einer 
Lade liegen; er versprach mir, sie zu suchen". 

3, Römische Inschrift aus Triest] 

Herr stud. phil. Macher teilt mir mit, daß im 
Garten des Schlosses Graf enegg bei Sittendorf (Krems) 
ein römischer Inschriftstein sich befinde. Die Ab- 
schrift ergab die Identität mit CIL V 628. 

Diese aus Triest stammende Inschrift ist zuletzt 
von SsiDL nach einer ihm zugesandten Mitteilung 
ungenau im Archiv für öst. Geschichtsq. Xlll 
(1854) 86 imd später nach den Abschriften früherer 
Gewährsmänner richtig von Mommsbn im CIL a. O. 
veröffentlicht worden. Als Aufbewahrungsort gab 
Seidl Schloß Pasdorf (Viertel unter dem Mann- 
hartsberg) an; wie der Stein auf das obgenannte 
Schloß des Herzogs von Ratibor gekommen sei, 
weiß ich leider nicht zu ermitteln. 

QPVBLICIOTERCESll 

FELICI- SEPTVMIASPF 
SEXTA QPVBLICIVS 
FELICISLINCENVVSVF 

Die Platte ist i'02m lang, 0'60m hoch, 018 dick, 
das Inschriftfeld etwa 1— 2m vertieft, so daß eine 
glatte Leiste umläuft; Höhe der Buchstaben in der 



ersten Zeile 9cm, sonst 7 — 7*5 cm. Die im Corpus 
wiedergegebene Zeilenteilung Seidls ist ungenau, 
richtig — bis auf die letzte Zeile — die nach älteren 
Zeugnissen daselbst durch vertikale Striche ange- 
deutete. MicHAET. Ab&amiö 

4, Aus dem Gerichtsbezirke Herzogenburg; 

ä) Unter- Wo Ibling: Ausgedehnter Wohnplatz 
der Bronzezeit auf der Ried „Gietlfeld**. Knochen, 
Gefäßfragmente (ein typisches Henkelkrüg^lchen) 
vom Grundstück Möllneb.. 

b) Kuf fern: Drei Ansiedlungsstätten der Bronze- 
zeit auf Äckern der Kufferner Grundbesitzer Zauner, 
Steiner und Gügerbll; vermessen und auf einem 
Grundplane verzeichnet, aber nicht erschlossen. Im 
Süden des Ortes auf den Grundparzellen Buchinger 
und GuGERELL Grab eines Mannes mit Pferd, römische 
Epoche. 

c) Reichersdorf: Gräberfeld aus der Völker- 
wanderungszeit (Grundbesitzer Meissner aus Reichers- 
dorf und Krennstätter aus Franzhausen), von dem 
nach Nußdorf a. d. Traisen führenden Hohlweg durch- 
schnitten. Wegen Weinbepflanzung gegenwärtig Aus- 
grabung undiurchführbar. 

d) Etzersdorf: Starke Kulturschicht, Gefäß- 
fragmente, Knochen usw. enthaltend. Jüngere Bronze- 
zeit und Hallstattperiode. 

e) Angern bei St. Andrä a. d. Traisen: Bei 
dem Baue des Hauses des Grundbesitzers Fessl aus 
Angern sowie bei der zur Hoferweiterung zweier 
benachbarter Bauernhäuser notwendig gewordenen 
Abtragung der Traisenalluvionen wurden 3 Skelett- 
gräber zerstört. Nach Angabe der Beteiligten befanden 
sich in dem nördlichen Grabe zwei Skelette mit einem 
Gefäße in der Schädelgegend und einem „Säbel**. 
Einige wenige Knochen, die ich sah, zeigten Bronze- 
spuren. Die Skelette lagen in Steinkisten, welche 
ausdünnen großen Sandsteinplatten zusammengestellt 
wurden. Eine Anzahl solcher Steinplatten ist noch er- 
halten, der Inhalt der Gräber verschwunden, daher eine 
Zeitbestimmung unmöglich. Die Gemeinde St Andrä 
hat für etwaige Grabungen auf dem ihr gehörigen 
Grundstücke bereitwilligst ihre Zustimmung erteilt. 

/)Stollhofen (bei Traismauer): Paläolithischer 
Lagerplatz südlich des Ortes (untersucht von Dr.OBSR- 
MAIER und dem Berichterstatter). 

g) Getzersdorf: Parzelle 175 und 176 (Besitzer 
Karl Stammer, Müller). Prähistorische Gefäßfrag- 
mente, Hüttenbewurf usw. Dr. Josef Bayer 

5, Ybbs] Im Ratszimmer wird ein Ziegelbruch- 
stück aufbewahrt, das 1906 im Hause des Bürger- 
meisters (bei der Anlage oder Erweiterung eines 



125* 



Fände 



"5» 



Kellers, in geringer Tiefe), und zwar anscheinend 
nahezu isoliert aufgefunden worden ist; nur noch 
ein Fragment eines andern Ziegels wurde in derselben 
allerdings geringfügigen Grabung bloßgelegt. Das zu- 
erst erwähnte Bruchstück ist 26 cm lang, bis 16cw 
Breite erhalten, 6 cm dick und trägt den Rest eines 
Stempels (3*1 cw hoch, noch 12 cm lang): 



yA/|lEC.;^^'»^^^ 



{Jigulinas Juenstan]as leg. I Nor.; 

vgl. zu diesem Stempel Kubitschek Mitt. Z. K. 1906, 

50 fg. [Korresp. Stockhammer nach einer 

brieflichen Mitteilung aus Ybbs]. 

6> Ponigl, Gemeinde Videm, in Steiermark] 

Barthotx>mäus PEdNiK sendet (ohne Abklatsch) seine 



Abschrift einer nächst Ponigl oder Ponikve (angeblich 
innerhalb römischer Figuren und mitten unter „sehr 
schönen Helmen aus Stein**) gefimdene und jetzt in 
einem Hause des Dorfes Ponikve, dem Bauer Ignaz 
Planinec gehörig, eingemauerten Inschrift ein (48 cm 
hoch, 45 breit): 



D -7VV 
SEVCPM 
N^ABOtt\! 
E MAXJAN 

EFA^J3f7T 



Vielleicht ist zu lesen: d{is) [m(anibusy] Severin(p) 
[fw]a[r(*to)] in[ßjdict)'] Maxi^ma?] co{tux) v(iva) €{f] 
s{ibi) e[f] Aus[a]e ßtliae) an{norum) XIL 



126* 



126* 



Münzfunde 



1. Schwanenstadt (O.-ö.) 

Der Kaufmann Anton Hager in Schwanenstadt, 
Stadtplatz Nr. 8, wollte sich aus einem an seine 
Kinderstube anstoßenden, g^ewölbten, ganz niedrigen 
und finsteren Gelaß einen Baderaum herstellen lassen. 
Sein Haus (an dem schon viel modernisiert wurde) 
ist einstöckig; unmittelbar Über jener finsteren Kam- 
mer schien sich der Dachboden zu befinden. Als man 
nun aber — es war am 8. Juni d. J. — daran ging, 
das Gewölbe zu entfernen, zeigte sich darüber ein 
Zwischenraum, in welchem rechter Hand die Reste 
eines alten Backofens, links eine ziemlich große, 
nach unten sich etwas verjüngende, hölzerne Truhe 
zum Vorschein kamen. Herr Hager erbrach die Truhe 
und stieß zunächst auf ein paar große Getreidesäcke, 
welche die Märke 16P — P63 trugen. Die Säcke 
dienten als Schutz für darunter befindliche, äußerst 
sorgsam — man gewann sofort die Ansicht: von 
Frauenhand — verpackte und geschichtete Gegen- 
stände. Lauter Hausrat eines wohlhabenden Bürger- 
hauses: Leinenzeug, Zinn, Krüge und Becher, 
Kleinode und Geld, alles ohne Ausnahme in 
denkbar bester Erhaltung, wie wenn die Dinge 
nicht vor ein paar Jahrhunderten, sondern etwa 
erst vor ebenso vielen Wochen hierher gebracht 
worden wären. 

Herr Hager erstattete sofort die Anzeige von 
seinem Funde. Ganz Schwanenstadt strömte herbei, 
den Schatz zu besichtigen, alsbald war auch ein 
Beamter des Landesmuseimis in Linz zur Stelle. 
Offenbar nach dessen Angaben ist von selten des 
Bürgermeisteramtes folgendes offizielle Verzeichnis 
der Fundgegenstände aufgenommen: 

n4 Frauenhemden mit Stickerei. 

2 breite Bettdecken mit Spitzen. 

3 lange Handtücher. 

1 Rolle Hausleinwand. 

2 Tischtücher mit Handstickerei (Holbeintechnik). 
12 Servietten desgleichen. 

6 Stück große Handtücher. 

3 Herrenhemden. 

1 Tischtuch, rot gestickt. 
6 Bettdecken. 

2 Paar Leinenstrümpfe, gemarkt. 
1 großes Zinngefäß mit Henkel. 

1 silberner Brautbecher (Weibelbecher). 
1 Einhornbecher. 



1 Metkrug aus Zinn. Figurale Gravierungsarbeit 

ersten Ranges. 
1 silbergetriebener Becher. 
1 Ananasbecher mit reichem Fuß. 
1 Salzfaß mit Füßen aus Engelsfüßen, reich graviert. 
1 Messingleuchter. 
1 Zinnhumpen ohne Marke. 

1 blauer Steinzeugkrug, figural (Bauernhochzeit). 
1 blauer Steinzeugkrug mit Schufesiermuster. 
1 kantiger Metkrug aus Zinn. 
1 kantiger Metknig aus Zinn. 
1 Zinnhumpen ohne Schmuck. 
1 Zinnhumpen ohne Schmuck. 
25 Zinnteller mit Monogramm. 

1 Schale mit Dekor, Hafnerkeramik. 

2 runde Glasschalen. 

1 Weihwasserbehälter mit Monogramm. 

1 Pergamentnotizbuch mit Aufschrei bungen. 

1 vollständiges Reiseschreibzeug mit Messer und 
Federn. 

1 Messingpipe. 

1 kleines Handbeil (Eisen). 
Verschiedene Kleinigkeiten: 1 Kupferstich nach Ru- 
bens (Auferstehung) Fußgröße der hl. Maria, Rosen- 
kranz etc. 
33 Stück Goldmünzen (nur 3 gleiche). 
Silberne Taler und viele kleine Silbermünzen aus 

dem 17. Jahrhundert in Lederbeutel. 
Mehrere Getreidesäcke. 
Verschiedene Silber- und Beinlöffel.'* 

Die Nachricht von dem Funde ging alsbald in 
alle Blätter Über. Von nah und fem strömten und 
strömen heute noch Neugierige herbei, so daß der 
Verschönerungsverein von Schwanenstadt, welchem 
Herr Ha(;er das jetzt zu entrichtende Entree von 
20 h zuwendet, bereits ein schönes Sümmchen ein- 
genommen hat. Natürlich fehlen auch nicht Kauf- 
lustige aus allen Weltgegenden. Allgemein ist der 
Wunsch, daß der Fund als solcher beisammen bleibe 
und wo möglich im o. ö. Landesmuseum in Linz 
seinen Platz erhalte. 

Über den ursprünglichen Besitzer des Fundes, 
über die Zeit und die Veranlassung seiner Bergung 
kann man heute noch kein sicheres Urteil ge- 
winnen. Einem gut geschriebenen Aufsatze in 
n. 27 der Salzkammergutzeitung ist zu entnehmen: 
„Die Nachschau im Grundbuch ergab, daß Paul 
Prandtner und dessen Gattin Susanna im Jahre 1643 



127* 



Münzfunde 



127' 



Eigentümer der Realität waren, was auch durch die 
Märke der Wäsche und der Handelszeichen der Säcke 
bestätigt wird.« Die Buchstaben M — P, die auf 
Silbergegenständen eingraviert erscheinen, könnten 
den Vater des P. P. bezeichnen. Aber in den Ein- 
tragungen des Pergamentnotizbuches findet sich 
einmal der Vermerk: „Ich Peter Pierstl . . .** und auf 
dem Zettel, in den eine Goldmünze eingeschlagen 
war, liest man den Namen einer Sophie L. Auch 
das würde mit der Märke zusammen stimmen. Viel- 
leicht hat dieser Peter Pierstl inzwischen das Haus 
von jener Familie Prandtner durch Kauf oder Heirat 
an sich gebracht. Fast sicher war, wie schon die 
Art der Verpackung vermuten ließ, eine Frau, etwa 
eine Witwe, die letzte Besitzerin des Schatzes. 
Darauf weisen die mancherlei Devotionalien (Rosen- 
kranz, Fußmaß der Madonna, Sterbekerze u. a.), vor 
allem aber die kleine Peitsche, ein Kinderspielzeug, 
dem wohl nur mütterliche Pietät einen Wert bei- 
messen konnte. — Die Bergung des Fundes fällt in 
die letzten Dezennien des XVII. Jh.; den Terminus 
a quo bieten die gefundenen Münzen; ich habe sie 
durch die Freundlichkeit des Herrn Hager an Ort 
und Stelle besichtigen kOnnen* und lasse hier ein für 
die Geschichte unseres Fimdes hinreichend genaues 
Verzeichnis derselben folgen: 

ä) 33 Goldmünzen: 

K. Ferdin^d I, ungarischer Dukat v. J. 1562. 

K. Matthias, ebenso, 1614. 

K. Matthias, ebenso, 1618. 

K. Ferdinand 11, Doppeldukat mit dem Münzmeister- 
zeichen des Wiener Münzmeisters M. Fellner von 
Feldeck v. J. 1629. 

K. Ferdinand VI, Fünfdukatenstück mit dem Münz- 
meisterzeichen des Wiener Münzmeisters Hans 
Jakob Stadier v. J. 1644. 

Eh. Maximilian, Deutschmeister, Doppeldukat o. J. 

Johann Hunyadi, Gubemator von Ungarn (1446—52), 
Dukat. 

K. Ludwig II von Ungarn, Dukat, 1525., 

Gabriel Bathori, Fürst von Siebenbürgen, Kolosvärer 
Dukat v.J. 1613. 

Eb. von Salzburg Wolfdietrich von Raitenau, 5 Stück 
Doppcldukaten aus den Jahren 1589, 1595, 1603, 
1605 und 1607. 

Eb. von Salzburg Paris Lodron, 2 Stück Dukaten 
aus den J. 1634 und 1644. 

Fb. von Würzburg Julius Echter von Messpelbrunn 
(1573-1617), Dukat o. J. Rs.: INVICTI PATRIAE 
CVSTODES. 

Westfriesland, Dukaten 1590 und 1595. 



Schweden, K. Gustav Adolf, Doppeldukat v.J. 1632, 

KÖHI.BR 502. 

ebd. Dukat v.J. 1632, Köhler 500. 
Venedig, Antonio Priuli (1618-1623), Zecchine, 3 Stück 
Augsburg, St. Afradukat v.J. 1636, 2 Stück. 
Köln, Dukat o. J. Rs.: CASPAR- ME LCH. - BALTHA. 
Frankfurt a. M., Dukat, 1645. 
Nürnberg, Dukat, 1633, Rs. Lamm: QVIESCO SVB 

HAC- 
Nürnberg, Dukat, 1635, Rs.: PESTIS BELLA FAMES - 
„ 1636, Rs.: MONETA AVREA — 
„ 1640, Rs.: SIT DEVS AVXILIVM- 
Thorn, Wladislaus IIL, Dukat, 1635, Katalog Chei/- 

MiNSKY n. 707, dort mit R* bezeichnet. 

b) 100 (ursprünglich 1034) Taler, Gulden und 
Halbtaler. 

K. Ferdinand I, für das Gesamtreich, Taler, 1560. 
« für Kärnten, Taler, 1558. 

für Tirol, Halbtaler (36), 1557. 
r, für Ungarn, K— B, Taler, 1555. 

Eh. Ferdinand von Tirol, Taler, ohne Jahr. 
Eh. Leopold von Tirol, Halbtaler, 1632. 

„ 67 Stück gleiche, vollkommen stempel- 

frische Taler v. J. 1632. 
Eh. Ferdinand Karl von Tirol, Taler, 1652. 
Pfalz, Johann Kasimir, Halbtaler, 1578. 
Bayern, Kf. Maximilian, breiter Madonnentaler, 1629. 
Braunschweig, RHeinrich Julius, Andreasgulden, 1605. 
Sachsen, Johann Friedrich und Heinrich, Taler, 1540. 
r, Moritz, Taler, 1553. 
„ August, Halbtaler, 1573. 
„ Christian, Johann Georg und August, Halb- 
taler, 1599. 
„ Johann Georg, 2 Taler, 1616, 1633. 
Salzburg, Eb. Paris, 2 Taler, 1626, 1637. 

Eb. Guidobald, 3 Taler, 1656, 1664, 1665. 
Deutscher Orden, Eh. Maximilian, Taler, 1613. 
— Johann Eustach von Westernach, Taler, 1625. 
(Kat. Mryer-Gedanbnsis n. 2552), R. 
Venedig: Leon. Donato (1606— 1612), Scudo della croce. 
„ Antonio Priuli (1618 — 1623), halber Scudo 

della croce. 
„ Giov. Cornaro (1 625—1 630), Scudo della croce, 

3 Stücke. 
„ Franc. Erizzo( 1631— 1646), Scudo della croce. 
n „ n halber Scudo della 

croce. 
Schweden, Johann IH, Salvatortaler, 1579, R. 
Augsburg, Rs. Stadtpyr mit 2 Engeln. Taler, 1623. 
Nym wegen, Vs. Karl V, Taler o. J. 

Dazu kommen noch zwei Stück stempelfrische 
Taler des Eh. Leopold von Tirol vom Jahre 1632» 



128'^ 



Münsfande 



128* 



je von 
verschie- 
denen 
Jahr- 
gangen 



welche der Besitzer verschenkte, und ein ziemlich 
stark abgewetzter Mansfelder Taler aus dem Ende 
des XVI. Jh., den er für sich beiseite legte. 

c) 1031 Stack kleines Silbergeld. 

K. Ferdinand II, 2 Stack Groschen 
K. Ferdinand III, 490 Stack Groschen 
K. Ferdinand III, für Kärnten, Kreuzer 

und Heller, 7 Stack 
Eh. Leopold von Tirol, 58 Stack Viertel- 
taler 
Eh. Ferdinand Karl von Tirol, 308 Stack 

Groschen 
Bayern, Zweikreuzerstücke, 51 Stack 

„ Heller, 10 Stack 
Württemberg, H. Joh. Friedrich, Schasselpfennig. 
Passau, Heller, 2 Stück. 
Salzburg, Rübener v. J. 1516. 

„ 79 Stück Kreuzer und Heller von ver- 
schiedenen Jahren vor 1661. — Nun folgen 
n weitere 17 Stück aus den sechziger Jahren 
„ 2 stempelfrische Heller aus dem Jahre 1671, 
die jüngsten Münzen des Fundes, 
Trier, Kf. Philipp Christof von Sötern, Landmünze. 
1625. 



Würzburg, 1 Heller. 




Unbekannt, 1 Heller. — 




Summa: Gold . . . 


33 


Taler usw. . 


. 100 (103) 


Kleine Münze 


1031 



1164 (1167) Stück. 

Was hieraus für unseren Fund bemerkenswert 
erscheint, ist zunächst der Umstand, daß offenbar 
ein Teil der Münzen Schatzgeld war, ein anderer 
Teil Handelsgeld, das in einzelnen größeren 
Posten, wie es gerade eingelaufen war, bei Seite 
gelegt wurde. Zum Schatzgeld gehören wohl aus- 
nahmslos die Goldstücke, worauf schon ihre vortreff- 
liche Erhaltung imd der Umstand hinweist, daß sie 
fast alle verschiedenen Gepräges und zu einem Teil 
mehrfache Dukaten sind. Überdies waren etliche 
in Papierchen gewickelt, welche die Namen eines 
Geschenkgebers enthielten. Auch von den Talern 
dürften einige zum Schatzgeld gehört haben. 

Im übrigen unterscheiden wir deutlich einige 
größere Gruppen von gleichartigem Gelde. Zunächst 
die 67 (69) stempelfrischen Taler des Eh. Leopold von 
Tirol des Jahres 1632 und die wohl dazu gehörigen 
58 Viertel taler desselben Münzherrn; dann die 308 
Tiroler Groschen des Eh. Ferdinand Karl und die 
490 Groschen K. Ferdinands II ; auch die 51 bajrrischen 
Zweikreuzerstücke sind vielleicht als eine Satzpost 
anzusprechen. 



Nach den Aufschreibungen im Notizbuch muß 
der erste Besitzer ein Kaufmann gewesen sein, 
der seinen Haupthandelsartikel Wein, wie es in 
Ober Österreich ja noch geschieht, vermutlich aus 
Tirol bezog und dann etwa nach Österreich und 
Bayern weiter verkaufte, wogegen er nach Tirol 
wahrscheinlich Getreide lieferte. Jedenfalls ist das 
Silbergeld des Fimdes nicht durch regelmäßiges 
Sammeln zusammengekommen, weil fremde Münzen, 
außer den allergewöhnlichsten, überall vorkommenden 
sächsischen und Venediger Talern, fast gar nicht 
vertreten sind und namentlich ältere Münzen fast 
völlig fehlen. 

Sehr auffallend ist das gänzliche Fehlen von 
irgendwelchen Prägen K. Leopolds I. Man könnte 
danach vermuten, daß der Hauptbestandteil der 
Fundmünzen schon vor dem Regierungsantritte dieses 
Herrschers (1657) bei Seite gelegt und nur eine Post 
Salzbiurger später noch dazugegeben wurde; sowohl 
unter den Talern als unter den Kleinmünzen sind 
Salzburger Prägen die jüngsten und allerjüngsten. 

Die beiden Salzburger Heller vom Jahre 1671 
geben den Terminus a quo: vor diesem Jahre kann 
der Schatz von Schwanenstadt nicht geborgen worden 
sein. Ob aber nun in diesem oder in einem der nächst- 
folgenden Jahre? 

Unter anderen Umständen möchte es sich emp- 
fehlen, die Frage zu bejahen; hier scheint es mir 
nicht rätlich. Denn bei der Art und Weise, wie diese 
Fundmünzen zusammenkamen, ist das Fehlen jün- 
gerer Prägen nicht beweisend. Man darf, wie wir 
sehen, aus dem Fehlen aller Gepräge K. Leopolds I 
nicht schließen, daß unser Fund vor 1657 geborgen 
wurde ; aber ebensowenig aus dem Datum der jüng- 
sten Fundmünze von 1671 darauf, daß der Schatz 
kurz nach 1671 geborgen wurde. Am nächsten liegt 
es wohl, seine Bergung mit dem Herannahen der 
Türkenheere im Jahre 1683 in Verbindung zu bringöh, 
wenn nicht etwa private Verhältnisse die Besitzerin 
vermocht haben, ihre Kostbarkeiten den Augen sei 
es einer Behörde, sei es mißliebiger Verwandten zu 
entziehen. Kaäl Domanio 

2. Maigen bei Sigmundsherberg (N.-ö.) 

Herr Konservator P. Friedrich Endl übersandte 
der Z. K. 82 Münzen, den erreichbaren Rest eines an- 
geblich 127 Stücke umfassenden Schatzfundes, den 
JosKP KöcK in Maigen kurz vorher gehoben hatte: 

Niederösterreich 

König Ladislaus v. Luschin 171 23 Pfennige 

172 11 Pfennige 



129* 



MÜDzfunde 



129« 



Oberdsterreich 

Herzog Albrecht V 1 Pfennig 

3 Heller 
Tirol 

Herzog Sigismund 3 Kreuzer 
Bdhmen 

Georg von Podöbrad 1 Groschen 
Ungarn 

Matthias Corvinus Rüpp Abb. 516, 

aber Beizeichen K — ? 1 Groschen 

ebd. Abb. 543, Varianten 21 Denare 

ebd. S. 92 n. 37/8 3 Denare 

ebd. Abb. 546 3 Obolen 

Stadt Nürnberg (MEDIVM und MEDIU) 2 Plapperte 
Wien 

V. Luschin 187 6 Pfennige 
Aquileia 

Herzog Ludwig v. Teck 4 Soldi 

Zusammen 82 Stück 
RUDOT.F Münsterberg 

3. Ober-Fröschau in Mähren 

Der Grundbesitzer Ludwig Feigel in Ober-Frö- 
schati, Nr. 32, fand — wann, ist nicht bekannt ~ bei 
einer Erdaushebung neben seiner Scheune einen 
irdenen Topf mit fast tausend kleinen, stark mit 
Grünspan überzogenen Silbermünzen. Der flache 
Boden des bauchigen Krügleins hat nach den ein- 
gesandten Bruchstücken einen Durchmesser von 
64 mm; die Wände sind glatt, vom oberen Rande ist 
nichts erhalten. Da die Münzen fast durchgehend 
schlecht erhalten sind, wurde von Wägungen abge- 
sehen. Bei der Reinigung zerfielen viele in kleine 
Stücke und konnten im folgenden nicht berücksichtigt 
werden. 

B. = Beiert^in. — V. L. ^ v. Luschin Wiens 
Münzwesen ... im späteren Mittelalter. — N. Z. = 
Numismatische Zeitschrift. — Z. f. N.= Zeitschrift für 
Numismatik. — Mitt. = Mitteilungen des Klubs der 
Münz- und Medaillenfreunde. — Pf. = Pfennig. — 
H. = Hälbling. 
Österreich 

Wiener Pfennige, Steinbock, v. L. 164 2 H. 

Wiener Pfennige, Unbestimmbar 1 Pf. 

Albrecht V, Bindenschild, T^j— B — "^ v. L. 

167. 169 261 Pf. 

ebenso v. L. 170 117 H. 

ebenso auf beiden Seiten 1 Pf. 

Bindenschild, ohne Buchstaben, v. L. 

168 1 H. 

Ladislaus, Gekrönter Bindenschild, L— R, 

V.L. 171 3 Pf. 

ebenso v. L. 172 1 H. 

Jahrbuch fBr Altertumakunde I 1907 



Friedrich lü, Bindenschild, P— a— Ir, v. L. 

173 5 Pf. 

ebenso, v. L. 174 3 H. 

Adler, v. L. 175 13 Pf. 

ebenso, v. L. 176 10 H. 

Bindenschild, P— + — R, v. L. 174 2 Pf. 

ebenso, v. L. 178 53 H. 

ebenso . F — + — R, 3 Pf . 

Gekröntes Wappen von Wien. W, H — T, 

V. L. 187 3 Pf. 
Unbestimmte Gepräge, Gekrönter Binden- 
schild, W— Ä, V. L. 190 50 Pf. 

ebenso, v. L. 191 21 H. 

Bindenschild, L — Ä, v. L. 192 6 Pf. 

ebenso 3 H. 

Bindenschild, L, D — P, v. L. 194 3 Pf. 

Bindenschild €, a — R, v. L. 196 11 Pf. 

ebenso v. L. 197 14 H. 

Bindenschild 5, ri — R 8 H. 

Bindenschild (?) auf Vierschlag, darüber 

D, an den Seiten Buchstabenspuren (?) 2 H. 
Wegen schlechter Erhaltung unbestimmbar 

12 Pf. und 36 H. 
Salzburg 

Stifts Wappen, Rückseite leer, Zet.ler 13 21 Pf. 
Stiftswappen, Rückseite leer, Krummstab (?) 

zwischen 2 Ringeln, Zetxer 9 1 Pf. 
Bayern 

Stephan II, Mönchskopf- Wappen, B. 56 6 Pf. 
Stephan III, Friedrich I, Johann II, f S ') 

Wappen, B. 70 1 Pf. 
Stephan III, Friedrich I, Johann II, Hund- 

Wappen, B. 74 8 Pf. 
Ingolstadt, Stephan III und Ludwig VII, 

Panther — SL, B. 84 2 Pf. 
Landshut, Heinrich IV, t\ — Sturmhaube, 

B. 110-113 29 Pf. 

t| - Hund, B. 120 12 Pf. 

„ - „ B. 116-119 7 Pf. 

Weckenschild, Rs. leer, Z. f. N. XX, 89 3 H. 

Ludwig IX: I (oder L) — Hund, B. 136 1 Pf. 

Sturmhaube, einseitig, vgl. B. 134 2 H. 
München, Brustbild des Mönchs mit Stab, 

auf der Schulter vertieftes Kreuz, Rs. 

incus 1 Pf. 

Ernst, Mönchskopf — €W, B. 147 27 Pf. 

Mönchskopf —5W 1 Pf. 
,. und Wilhelm, Mönchskopf mit Stab 

und Kreuz (<tX), B. 141 4 Pf. 
Ernst und Wilhelm, Mönchskopf im Rauten- 
kranz, Rs. leer, B. 144 1 Pf. 
Ernst und Adolf, Mönchskopf— € Ä, B. 1 51 5 Pf. 
Ernst und Adolf, ebenso, B. 154 1 Pf. 

«7 



I30* 



Mfinsfonde 



130* 



Albert III, Mönchskopf — Ä, B. 161 2 Pf. 

Albert III, Mönchskopf — oÄo, B. 155 14 Pf. 
Albert IV, Runder Weckenschild-Kreuz 

B. 180—182 7 H. 

Oberpfalz, aiU — Pfälzisches und bay- 
risches Wappen, Mitt. 1891 102 n. 128. 
129 6 Pf. 

Oberpfalz, atU — Weckenschild, darüber 

[I] O 1 Pf. 

Wappen der Stadt Amberg — R DVX Ä, 

Streber Oberpf. III 40 1 Pf. 

Augsburg, Bischof Peter von Schaumburg 7 Pf. 

Passau, Bischof Ulrich, N. Z. XXX 310 1 H. 

Wegen schlechter Erhaltung nicht be- 
stimmbar 5 Pf. 

Görlitz, Krone — QOI 1 Pf. 

Leuchtenberg (?), Bindenschild, t]— I— S, 

N. Z.XXl Taf. 11, 2 13 Pf. 

Die spätesten Münzen des Fundes gehören Herzog 
Albert IV von Bayern— München (1465—1508) und dem 
Bischof Ulrich von Passau (1451—1479). Dadurch 
wird die Vermutung, daß die Buchstaben F — R — I 
auf den Münzen Kaiser Friedrichs III als Fridericus 
Romanorum Imperator zu deuten seien (v. Luschin 
a. a. O. S. 72), aufs neue bestätigt. Anderseits wird 
dadurch wahrscheinlich gemacht, daß die gewöhnlich 
Herzog Georg I von Bayern Landshut (1479—1503) 
zugeschriebenen Pfennige vielmehr seinem Vorgänger 
Ludwig IX (1450—1479) gehören (vgl. Küll Reper- 
torium 139). Demnach wäre unser Fund zwischen 
1465 und 1479 vergraben worden. — Über ähnliche 
Funde vgl. Monatsblatt der numismatischen Gesell- 
schaft in Wien VI (1904) 193. 

Rudolf Münstrrbbrg 



4. Zwemdorf (N.-ö.) 

Der in Zwemdorf (Pol. Bez. Gänsemdorf) Nr. 54 
wohnhafte Landwirt Aix»is Horak fand 1. Juni 1907 
beim Ackern eines in Pacht genommenen Gemeinde- 
ackers einen völlig zertrümmerten Tontopf mit 
145 Stück Silbermünzen (8 Talern, 23 Zehnem, 
114 Groschen). Die Bezirkshauptmannschaft veran- 
laßte in sehr dankenswerter Weise nicht nur die Ver- 
ständigung des kaiserl. Münzkabinettes, sondern auch 
die Einsendung der Münzen. 



K. Mathias 

Wien, Groschen 1617. 

Erzhz. Ferdinand 
Graz, Taler 1609 



18 



Kaiser Ferdinand n 

Wien, Groschen 1624—26. 29. 31. 33 21 

St Polten, ebd. 1625. 26 2 

Graz, ebd. 1624. 26—28. 30. 31. 33. 35—37. -? 17 
Prag, ebd. 1624. 26—28. 33—37 16 

Ruttenberg, ebd. 1624. 26. 32. 36 4 

Joachimstal, ebd. 1634 1 

Brunn, ebd. 1624. 25 4 

Olmütz, ebd. 1628. 29. — ? 4 

Breslau, ebd. 1628—31 8 

Groschen, Münzstätte und Jahr nicht bestimmbar 5 

Kaiser Ferdinand III 

Wien, Groschen 1637. 38. 41. 42 5 

Klagenfurt, ebd. 1642 1 

Prag, ebd. 1638. 40. 42 3 

Olmütz, ebd. 1637 1 

Groschen, unb. Münzstätte und Jahr 1 

Erzhz. Leopold 

Hall, Zehner 1623. 24. 26—28. 30. 32 23 

Hall, Groschen o.J. 4 

Erzhz. Ferdinand Karl 

Hall, ebd. 1639. 40. 42. 43 8 

Sachsen 

Kurfürst Moritz, Taler 1553 

Kurfürst Christian II und Brüder, ebd. 1595 

Salzburg 

Erzb. Paris Gf. Lodron, ebd. 1637 

Chur 

Bischof Joh. Glug v. Aspermont, Groschen 1627 

Schlick 

Graf Heinrich, ebd. 1632 

Waldstein 

Graf Albrecht, ebd. 1629. 30. 33 3 

St. Gallen 

Taler 1621 2 

Zug 

Groschen 1602. 06 2 

Spanien 

König Philipp II, Taler 1557 und ? 2 

Zusammen 145 

August von Löhr 

5. Zaingrub bei Gars (N.-ö.) 

Die im folgenden kurz beschriebenen Münzen 
wurden — in einem bereits zerrissenen Säckchen 
verwahrt — am 10. April 1906 auf den im sogenannten 
Sagerbach gelegenen Äckern des Wirtschaftsbesitzers 
Johann Nichtowitz beim Pflügen gefunden. Der 
Titularpostenführer Franz Rbwitzss. leitete den 
ganzen Fund, mit Ausnahme eines Dukaten, der in- 
zwischen in den Besitz des Cafetiers Adolf Scho- 
BACHKR in Hom übergegangen war, an die k. k. Bezirks- 



131' 



Monsfiinde 



131 



hauptmannschaft in Hörn, die die MOnzen durch den 
k. k. Konservator P. Friedrich Endl der k. k. Zentral- 
kommission behufs eventueller weiterer Verfüguni^ 
zuschickte. 

Deutsche Kaiser 
Maximilian I. 

Für Steiermark 1517(2) Pfennige 2 

, Kärnten 1516(2). 17(1) Pfennige 3 

Ferdinand I. 
Für Niederösterreich 1547 (1). 53 (2). 

56(1). 59(1). ?(1) 3 Kr. 6 

, Oberösterreich 1550(1). 52(1). . . 3 Kr. 2 
n Oberösterreich 1521 (2). 22(1). 27(2). 

28(4). 30(1). 31(3). 32(3). 33(4). 

34(3). 35(4). 36(2). 37(2). 38(1). 

39(2). 56(1). ?(6) Pfennige 41 

, Steiermark 1525(1). 

28(2). 29(2). 30(2). 



27(1). 
32(1). 



26(1). 
31 (3). 
37(1). 39(1). ? (2) Pfennigen 

„ Kärnten 1530 (2). 31 (2). 32 (1). 
33(2). 34(3). 37(3) 43(1). 48(1). 
50(1). 51(1). 54(1). 57(1). 63(1). 
?W Pfennige 29 

n Tirol 1556(1). o.J.(1) Kr. 2 

„ Ungarn 1541(1). 1556 mit Gegen- 
stempel von Danzig (1) Dukaten 2 

„ Böhmen 1543(1). ? (4) Groschen 5 

1561 (2). 62(9). 63(9). 64(4). o.J.(62) Pfennige 86 

Schlesien 1534(2) Zweier 2 

1561(3). 62(5). 63(1). 64(1) . ... Kr. 10 

1528(1). 30(2). 31(3). 32(2). 36(1). 

40(1). ?(2). . Pfennige 12 

Maximilian II. 

Für Kärnten 1569(2). 72(1), 76(1). ?(1) Pfennige 5 

„ Ungarn 1577(1) Denar 1 

„ Böhmen 1565(1). 68(1). 70(1) . . 2 Kr. 3 

1571(1). 72(1) Kr. 2 

1 565 (1 1 ). 66 (2). 67 (2). 68 (6). 69 (4). 
70(4). 1\i2\ 72(1). 73(4). 74(2). 

75(1).76(5). 77(4). ?(13) Pfennige 61 

„ Schlesien 1767(1). 69(2) Kr. 3 

Rudolf IL 

Für 1583 oder 1585(1) 3 Kr. 1 

„ Steiermark 1584(1) Zweier 1 

„ Kärnten 1578(2). 79(2). 81 (2). 82(1) 

83 oder 85(4). 86(3). 87(3). 88(3). 

89(4). ?(16) Pfennige 40 

„ Ungarn 1592(1) Obol 1 

„ Böhmen 1578(1). 79(3). 80(2). 81(1). 

82(2). 83(2). 84(3). 85(3). 86(1). 

87(3). 88(1). 89(1). 90(1). 91 (l). 

92(2). 94(1). ?(4) Pfennige 32 



österreichische Kronländer 

Wiener Pfennig. Gekrönter Bindenschild 

zwischen W—A(1) Pfennig 1 

Steiermark. Erzherzog Karl 1582 (1). 85(1) 3 Kr. 2 

1577(1) 2 Kr. 1 

1573(1). 76(2). 77(1). 83(1). 87(1). 

90(1). ?(5) Pfennige 12 

Tirol. Erzherzog Sigismund o. J. (2) . . Kr. 2 
Erzherzog Ferdinand o.J.(9) ... 3 Kr. 9 

1567(1) 2 Kr. 1 

1563(1). 68(1). o.J. (5) .... Kr. 7 

für Pfirt o.J.(1) 3 Kr. 1 

Ungarn. Wladislaus II. 1516(1). o.J.(1) Dukaten 2 

Böhmen. Wladislaus II o.J. (8) .... Groschen 8 

„ O.J., Rs. leer (69) Pfennige 69 

„ O.J., Rs. W . . Pfennige 3 

Ludwig o.J. (13) Pfennige 13 

Unbestimmt (2) Pfennige 2 



Pfennig 

» 
3 Kr. 
2 Kr. 
Kr. 
2 Kr. 
HeUer 
2 Kr. 



2 Kr. 12 



Deutsche Bundestaaten 
Bayern. München, Bkikrlkin n. 56/7 (1) 
n • n. 52—54 

Herzog Albrecht V. 1557(3). . . . 

1561(1). 67(1) 

1563 oder 65(1). 67(1) 

Kurpfalz. Johann Kasimir 1590(1) 

Pfalz-Simmem. Johann II. o.J. . 

Richard 1579(1). 86(1). 89(2) 

Pfalz - Veldenz. Johann Georg 

1573(1). 78(1). 80(1). 83(1). 

85(1). 86(1). 87(1). 90(1). ?(4) 

Pfalz -Zweibrück. Georg 1584(1). 

85(4). 86(1). 87(1). 88(1). 

?(1) . . . • 

Bayern, unbestimmt (2) Pfennige 

Brandenburg-Ansbach. Georg Friedrich 

1566(1) 

1563(2) 

Nassau-Weilburg. Albert 1589(1) . 
Sachsen. Kurfürst Johann Friedrich und 

Georg 1535(1) Groschen 1 

Kurfürst August 1564(1) Groschen 1 

Waldeck. Franz Wilh., Ernst Christ und 

Wohrad 1589(1) 2 Kr. 1 

Württemberg. Christoph. ? (1) . . . Gröschel (7^^) 1 

Geistliche Fürsten 

Deutscher Orden (?). Halbbrakteat, ahn- 
lich DUDIK I 27 ... • i 

Herford, Abtei s. unter den Städten. 

Passau. Ernst von Bayern 1527 (1). 29 (3). 

30(1). 34(2). ? (4) Zweier 

1528(1). ?(1). o.J. (1) Pfennige 

17* 



2 Kr. 



2 Kr. 

Kr. 

2 Kr. 



11 
3 



132" 



Münxfunde 



132* 



Salzburg. Leonhard 1515 (2). 17 (1). 19 (3). 

?(8) Zweier 14 

1500(3). 09(1). 12(1). 14(1). 16(1) 

19(1) .?(1) Pfennige 

Matthäus Lang 1521(1). 22(1). 24(2). 

25(1). 28(1). 29(2). 30(2). 31(4). 

32(1). 34(2). 35(4). 36(9). 37(5). 

38(4). 39(4). 40(5). ? (58) Zweier 106 

1521(1). 23(1). 33(1). 35(1). ? (3) . . Pfennige 7 

Ernst von Bayern 1546(1) .... Dukat 1 

1540(1). 41(5). 42 oder 47(2). 48(1) 

49(3). 50(8). 51(3). 52(6). 54(1). 

?(38) Zweier 68 

1544(1). 45(1). ?(1) Pfennige 3 

Michael v. Khuenburg 1556 (1). 

59(3). ?(22) Zweier 26 

Joh.Jak. 1561 (3). 62oder67(4). 63(3) 

64(3). 65(1). 66(3). 68(4). 69(2). 

70(2). 75(3). 76(3). 77(2). 78(2). 

79(2). 80(3). 81(2). 82(2). 83(1). 

84(1). 85(1). ?(33) Zweier 80 

1563(1) Pfennig 1 

Wolf Dietrich 1587 (2). 88 (2). 91 (1). ? (1) Zweier 6 

1588(1). 89(1) Pfennige 2 

Unbestimmte Salzburger (7) . . . . Pfennige 7 

Speyer. Marquardt 1575(1) 2 Kr. 1 

Straßburg. Johann 1578(1). 80(1). 81(3). 

86(1). ?(1) 3 Kr. 7 

1575(2). 77(1). 78(1). 80(1). 90(2) . 2 Kr. 7 
Worms. Georg 1588(1) 2 Kr. 1 

Weltliche Fürsten 

Battenburg. MON ETA- NOVA • ARG E NT- 

D- BAT fast reines Kupfer .... 3 Kr. 1 

Burg Friedberg 1590(1). 91(1) .... 2 Kr. 2 

Hanau-Lichtenberg. Philipp 1588(3) . . 2 Kr. 3 

Leuchtenberg. 1529(1) Pfennig 1 

Öttingen 1528 (1). 31 (1). o. J., unten 

Wl(1) Pfennige 3 

Solms-Lich. 1589(1). 92(1) 2 Kr. 2 

Ernst, Eberhard, Herrn. Ad 2 Kr. 1 

Stolberg. Ludwig 1560(1). ?(1) .... 2 Kr. 2 



Schweiz 

Luzem 1564(1). 66(1). o.J.(1) . 
Schwyz, Uri. Unterwaiden. ? (2) 

Schwyz o.J. (1) 

Zürich. 1557 (1) . . . . ... 



Kr. 
3 Kr. 
Kr. 
3 Kr. 



Polen 



Kasimir (4). Johann Albert (8). Alexan- 
der (6) Körtlinge 18 

Sigismund 1507(3). ?(1) Körtlinge 4 



Städte 

Danzig 1583(1). ?(1) Heller 2 

Göriitz (?) o. J. (3) , . Pfennige 3 

Herford (Vs. DOMI CIVI- HERVO . . ., 

Rs. DEV...R— OPI-NOB Kr. 1 

Hildesheim o.J.(1) Kr. 1 

Kaufbeuren 1552(1). 53(3). 54(1). ?(1) . 3 Kr. 6 

Kempten 1553(1) 3 Kr. 1 

Konstanz unter Ferdinand I (1) und 

Rudolf II (1) Kr. 2 

Nördlingen 1513(1). ?(3) Pfennige 4 

Nürnberg 1565(1). 71(1). 78(1). 80(0 . Pfennige 4 

Regensburg 1552(1) 3 Kr. 1 

Rottweil unter Ferdinand I (2) ... . Kr. 2 
Schweidnitz 1520(2). 25(1). 26(2). ?(4) Körtlinge 9 

Straßburg o.J. (3) Kr. 3 

Unbestimmte und fragmentierte MiUizen 

etwa 50 

Die ältesten Stücke des Fundes sind die Mün- 
chener Pfennige des Herzogs Stephan II (1347—1375) 
und der Wiener Pfennig mit dem gekrönten Binden- 
schild zwischen W—A, den Luschin in die Zeit nach 
1437 setzt, als Albrecht die Königskrone trug; ihnen 
reihen sich die Münzen Sigismunds von Tirol und 
Leonhards von Keutschach an. Das jüngste Stück 
ist ein Pfennig Rudolfs II für Böhmen 1594. Wenn 
man nach einem Anlasse für die Bergung das kleinen 
Schatzes sucht, so liegt es wohl am nächsten, an 
den nieder österreichischen Bauernaufstand des Jahres 
1596 zu denken. Daß um diese Zeit noch die mehr 
als zweihundert Jahre alten Münchener Pfennige um- 
liefen, verdient wohl angemerkt zu werden. Sonst 
bietet die Zusammensetzung des Fundes nichts Auf- 
fallendes. Von einzelnen Stücken sind nur der Batten- 
burger Heckegroschen (van der Chijs XV 55) und der 
Kreuzer von Herford (vgl. Blätter für Münzfreunde 
1892, 1777) hervorzuheben. 

Rudolf Münsterberg 

6. Popelin (Bez. Datschitz, Mähren). 

Im August 1906 wurden dem kaiserl. Kabinette 
von Frau KubeS (Wien) 16 Pfennige des XV. Jh., 
meist Prägungen Herzog Albrechts V von Österreich, 
als Repräsentanten eines vor ungefähr Jahresfrist in 
Popelin (Bezirk Datschitz) gemachten Fundes über- 
geben; auf den von der Leitung des Münzkabinettes 
geäußerten Wunsch, den gesamten Fund kennen zu 
lernen, wurden anfangs 1907 von der genannten Dame 
im Auftrage ihres Schwagers, des Ortsvorstehers von 
Popelin, Herrn KonbCni, weitere 145 Stücke eingesandt; 
diese 161 Münzen (im Verzeichnis unter I aufgeführt) 
stellen angeblich die Gesamtheit des Fundes dar. Auf 
verschiedene Anfragen und Betreibungen des Münz- 



133- 



Münzftinde 



133* 



kabinetts und der Z. K. berichtete am 14. Juni 1907 
der Ortsvorsteher von Popelin, daß die eingesandten 
Stücke aus einem von Taglöhnern gemachten Funde 
stammten, dessen größern Teil die Finder verheimlicht 
hätten. 

Neuerliche durch den Konservator K. MaSka, 
Direktor der Landesoberrealschule in Teltsch, ge- 
führte Erhebungen ergaben, daß vor etwa 3 Jahren in 
der Nähe Popelins von Arbeitern beim Steinbrechen ein 
Fund von fast 1000 Münzen gemacht worden sei. In 
einer Höhlung unter einer großen Steinplatte fand sich 
ein bauchiger, henkelloser, etwa litergroßer Topf aus 
grauem Tone (Durchmesser des Bodens 10 ctn\ der so- 
fort in Scherben zerfiel. Der Topf barg einen in gröberes 
Leinenzeug gehüllten Leinwandbeutel, der die Münzen 
enthielt. Einzelne Tonscherben und Leinwandfetzen 
gelangten in den Besitz des Konservators. — Der 
Schatz soll aus Hälblingen, Pfennigen, zahlreichen 
Prager Groschen und noch größeren (?) Prägen be- 
standen haben; die Arbeiter verteilten den Fund unter 
sich und gaben erst später, als die Sache bekannt 
wurde, einen Teil dem Grundbesitzer J. Capek 
in Popelin. Die Münzen wurden größtenteils ver- 
schleudert und angeblich an Liebhaber verkauft. 77 
Stücke (im Verzeichnis unter II angeführt) vermochte 
Konservator MaSka noch auszuforschen. Zur Kenntnis 
des Münzkabinettes ist also ungefähr ^4 des Fundes 
von fast 1000 Stücken gelangt, nämlich 111 Pfennige 
und 1 27 Hälblinge. Größere Prägen fanden sich nicht 
mehr vor. Die Fundstücke gehören dem XV. Jh., und 
zwar zum größern Teile dessen erster Hälfte an. 
Vorherrschend sind die Gepräge Albrechts V von 
Österreich, die Erhaltung ist keine gute. Die Stücke 
sind fast ausnahmslos publiziert. Zitiert werden 
Luschin, Wiens Münzwesen, Handel und Verkehr in 
der vom Altertumvereine herausgegebenen Geschichte 
der Stadt Wien (L) und (W) Münzen und Medaillen 
des Gesamthauses Witteisbach. 

Zahl der Zahl der 
Ä ^ , ^ Pfennige Hälblinge 

Osterreich i il in 

(Wien) Unbestimmt (zirka 1400) 
Widderkopf einseitig, L. 162 1 — — _ 

Albrecht V. Im Dreipaß Binden- 
schild mit A-B-T; in denWinkeln 
Blätter, L. 167 und 168 6 1 11 

Desgleichen; in den Winkeln 
Sterne, L. 169 und 170 22 8 24 12 

Desgleichen ; nicht mehr erkenn- 
bar, ob Blätter oder Sterne 2 2 25 8 

Desgleichen; die Winkel leer in 
runder Einfassung — 1 — — 



(Graz) Friedrich V. Im Dreipaß 
Bindenschild mit F — D — A, 
L. 173 1 — — — 

(Wien) Adler mit Bindenschild 
auf der Brust, L. 176 — — 2 — 

Im Dreipaß Bindenschild mit 
F—R-l, L. 177 und 178 2 1113 

Unbestimmt saec. XV. Im Dreipaß 
Bindenschild mit Krone und 
A— W, L. 190 und 191 * 4—21 

Desgleichen; aber A— L, L. 192 2 — 2 1 
Desgleichen; nicht mehr be- 
stimmbar, ob W oder L 12 2 1 

(Graz) Ernst. Im Dreipaß Binden- 
schild mitE—R—N,L. 1% und 197 1 — 2 — 

Nicht mehr bestimmbar. Im Drei- 
paß Bindenschild; die Buch- 
staben nicht mehr sicher er- 
kennbar 2 — 20 3 

Hals? 

Im Dreipaß Bindenschild mit 
H-L— S, Num. Zeitschrift XXI 
Taf. XI 2, vgl. XXII 104 u. 124 
und Mitt. d. bayr. num. Ges. VU 
Ifg. 5 3 — — 

Salzburg 
Anonym. Wappen in rimder Um- 
rahmung, einseitig, Z. 13 5 10 — — 
Vs.: Stiftswappen. Rs.: Krumm- 
stab zwischen zwei Ringeln Z. 9 — 1 — — 

Bayern 

(ötting) Stephan III, Friedrich 
und Johann II, Vs.: Panter- 
schild, Rs.: Hund mit Baum 
W. 155 

(M ü n c h e n) Ernst I und Wilhelm III 

Vs.: EW; Rs.: Mönchskopf im 

Fadenkreis, W. 165 (Var.) 1 2 — — 

Mönch zwischen E— W; oben 

Ringlein; einseitig, W. 166 1 — — — 

Ernst I und Adolf. Vs.: E Ain runder 

Einfassung. Rs. : Mönchskopf, 

W, 168 2 — — — 

Albrecht III. Vs.: A zwischen 

Ringeln. Rs.:Mönch,W. 172 (Var.) — 3 — — 
Vs.: A zwischen vierblättrigen Ro- 
setten. Rs.: Mönch, W. 173 (Var.) 1 1 — — 

Albert IV. Rautenschild ; einseitig, 
W. 210 (Var.) _ __ _ 1 

Vs.: Rautenschild; Rs. Kreuz, 
W. 211 (Var.) — — — 1 



134" 



Möatfiinde 



134* 



Landshut 
(Landshut) Heinrich IV. Vs.: H 
zwischen vierblflttrigen Ro- 
setten: Rs.: Helm, W. 3426 
Vs.: H zwischen fanfblättrigen 
Rosetten; Rs.: Helm, W. 3427 
Vs. : H zwischen Ringeln, W.3428 
Vs.: H ohne Beizeichen (?); Rs.: 
Helm, W. 3431 
(ötting) Vs.: H zwischen fünf- 
strahligen Sternen; Rs.: Hund 
mit Baum, W, 3433 
Vs.: H zwischen Ringeln; Rs.: 

Hund mit Baum, W. 3435 
(Braun au) Vs.: H zwischen Ro- 
setten; Rs.: Dreiweckenschild, 
W. 3442 (Var.) 
(Landshut) Ludwig IX Helm im 
Linienkreis; einseitig, W. 3446 
Vs.: Rautenschild; Rs.: Hund 
mit Baum 
Pfalz 
( A m b e r g) Ludwig III Vs. : Zwei 
Wappen (Löwe und Ranken- 
schild) oben L— A; Rs.: A— M, 

KoU. WiNDISCHGRATZ 111 13704 
Mähren 
Albrecht V Adler im Fadenkreis 

„Schönberger Pfennig** Num. 

Zeitschrift XXI Taf. XI 35 
Ladislaus Adler mit Beizeichen (S ?) 

ebd. Taf. XI 38 
Nfimberg -Würzburg 
Konventionspfennig ZoUem- und 

Würzburger Stiftswappen ; oben 

Buchstaben zwischen Ringeln; 

unten sechsstrahliger Stern, 

Mitt. der bayr. num. Ges. II 

Taf. I 27 a 
Leerer SchrOtling 












2 — - 



1 — 






1 — — 1 

68 43 93 34 
Summe 238 

August y. Löhh 



7. Markersdorf 

im Juni 1907 wurde dem kaiserl. Münzkabinette 
ein Münzfund von 656 Stücken zur Besichtigung für 
kurze Zeit überlassen. Über die Auffindung des 
Schatzes, der bereits in die dritte Hand gekommen 
war, konnte nur in Erfahrung gebracht werden, daß 
er vor ungefähr einem Jahre in Markersdorf (N. Ö., 
Ger. Bez. Retz) in einem Weinkeller entdeckt worden 



sein solL Der Besitzer soll den Fund zusammen mit 
einigen älteren bereits früher ihm gehörigen Stücken • 
verkauft haben ; dies könnten die um 1 500 geprägten 
Stücke sein, die sich durch ihr Alter — die Masse 
des Fundes gehört dem XVII. Jh. an ~ und durch 
ihre Erhaltung — sie waren mit einer dicken Schichte 
Grünspan überzogen — von der großen Mehrzahl 
deutlich abhoben; es wären dies also ein Kreuzer 
Friedrich V, 3 Sigismunds, 5 Prägungen Max I, die 
Münzen von Kempten, Konstanz, Nördlingen und 
Regensburg (4), ferner 2 Groschen Wladislaw II, zu- 
sammen 15. 

Der eigentliche Fund beschränkt sich auf das 
XVII. Jh. (1590—1705) und besteht zu ungefähr 90«/o 
aus Groschen, meist kaiserlichen Gepräges (468) — 
besonders häufig sind die Münzstätten Wien, Graz, 
Hall, Prag, Kuttenberg und Breslau vertreten —, 
dann der Erzherzoge (68), der Herzoge von Schle- 
sien (53) und der Bischöfe von Olmütz (27). In ge- 
ringer Zahl — teilweise nur je einmal — sind ver- 
treten: Schlick, Waldstein, Trautson, Brandenburg, 
Sachsen, Bayern, Baden, Salzburg, Memmingen, Nürn- 
berg, Zug und Polen. 

Die Stücke Ferdinands II sind stark abgegriffen, 
weniger ist dies bei den Prägungen Ferdinands III 
der Fall; die Münzen Leopolds 1 sind vorzüglich 
erhalten. 

Von Interesse ist der Fund wegen seiner großen 
Reichhaltigkeit an Varietäten (Jahrgänge, Münzstätten 
und Münzzeichen) von kaiserlichen und schlesischen 
Groschen. 

I. Deutsche Kaiser: 
Friedrich lU 

Wien, Kreuzer 1468 1 

Maxi 

Graz, Vi Batzen 1515. 16 2 

Hall, Kreuzer o. J. 3 

Rudolf II 

Kremnitz, Heller 1590 1 

MaUhias 

Wien, Groschen 1617. 18 3 

Ferdinand II 

Wien, Groschen 1624—27. 33 22 

St. Polten, ebd. 1625 1 

Graz, ebd. 1624—26. 28-30. 34—37 21 

Klagenfurt, ebd. 1624-25. 29. 30. 34. 36; unb.; o. J. 14 
Prag, ebd. 1624. 26-30. 37 12 

Kuttenberg, ebd. 1624—28. 30. 33—35 13 

Joachimstal, ebd. 1632. 34. 36 3 

Brunn, ebd. 1624—26 7 

Breslau, ebd. 1625. 27—33; o. J. 30 

Neisse, ebd. 1630 3 

Münzstätte und Jahr nicht mehr bestimmbar 20 



135* 



Müntfunde 



135' 



Ferdinand III als Erzherzog 

Glatz, Groschen 1629—32 4 

Ferdinand III als Kaiser 

Wien, Groschen 1637. 39. 42—44 10 

St. Polten, ebd. 1649 i 

Graz, ebd. 1637. 38. 41. 42. 49 7 

Klagenfurt, ebd. 1640. 41 2 

Prag, ebd. 1639—41. 43. 44. 47—49; unb. 15 

Kuttenberg, ebd. 1638 2 

Olmütz, ebd. 1637 2 

Breslau, ebd. 1655. 57. 58 4 

Glatz, ebd. 1637. 40. 42. 45 4 
Leopold I 

Wien, Taler 1703—05 3 

„ XVer 1661. 63. 64 3 

„ Groschen 1 659. 63—65. 67 • 70. 72. 93—95 58 

„ Kreuzer 1697. 99 4 

Graz, Taler 1698 2 

„ Groschen 1667. 69-71. 75. 76. 89. 93 11 

Hall, Taler 1668. 98. 1701 3 

, Groschen 1668—71. 74. 75. 77. 82. 85. 86. 

89. 92 16 

Kremnitz, Taler 1692, V2 Taler 1698 2 

XVer 1657 1 

Vier 1674 1 

Groschen 1661. 62. 65. 66. 72. 75. 

82. 95 14 

Preßburg, Vier 1676 1 

Groschen 1675. 97—99 25 

Nagybanya, Groschen 1698 1 

Polturak 1701 1 

Klausenburg (Ungarn), Groschen 1695 1 

„ (Siebenbürgen), ebd. 16% 1 

Prag, ebd. 1696—99 4 

Kuttenberg, Taler 1695 1 

„ Groschen 1659. 63. 64. 70. 80. 81 14 

Breslau, XVer 1664 1 

Groschen 1665-70. 72 59 

Oppehi, ebd. 1673 1 

Brieg, ebd. 1696 18 

? Schlesien, ebd. 1662. 99 3 

Pfennig 1695 1 

unb. Münzstätte, Kreuzer 1 

II. Österreichische Erzherzoge 

Sigismond 

Tirol, Kreuzer o. J. 3 

Ferdinand 

Tirol, Taler o. J, 1 

Elsaß, Kreuzer o. J. 1 

Leopold 

Tirol, Groschen o. J. 7 



Ferdinand Karl 

Tirol, Groschen 1639, 40. 42. 43. 45—47. 49. 

50. 55—57. 59—62 40 

Sigmund Franz 

Tirol, Groschen 1663—65 16 

III. Weltliche Fürsten des Deutschen Reiches 

Baden 

Friedrich VII, 2 Kreuzer o. J. 1 

Bayern 

Max Emanuel, Landmünze 1700 1 

Brandenburg 

Johann Georg, Groschen 1609 1 

Friedrich Wilhehn f. Preußen Vs Taler 1671. 

74. 75 3 

Johann Friedrich (Ansbach), 7e Taler 1678 1 

Sachsen 

Johann Georg I, Taler 1632 1 

Johann Georg II, Vs Taler 1673 1 

Schlesien 

Georg, Ludwig u. Christian (Liegnitz-Brieg- 

Wohlau), Groschen 1656 1 

Georg III (Brieg) Groschen 1661—62 5 

Ludwig IV (Liegnitz), Groschen 1659—62 5 

Christian (Wohlau), Groschen 1659—62. 64. 

68-70 39 

Christian (Wohlau), Kreuzer 1668 1 

Luise (Liegnitz-Brieg- Wohlau), Groschen 1673 1 
Georg Wilhelm (Liegnitz-Brieg- Wohlau), Gro- 
schen 1674 1 
Karl (Troppau-Liechtenstein), Groschen, Jahr? 1 
Sylvius Friedrich (Württemberg-Öls), Groschen 
1674 1 

Schuck 

Heinrich, Groschen 1628. 31. 35. 37. 39 5 

Trautson 

Paul Sixt, Groschen 1629 1 

Waldstein 

Albrecht Oi^"i)> Groschen 1629. 30. 33. 3 

— (Sagan), Groschen 1629. 30 5 

IV.Geistliche Fürsten desDeutschenReiches 

Olmütz 

Eh. Leopold Wilhelm, Groschen 1659. 60 2 

Eh. Karl Josef, Groschen 1665. 66 4 

Karl V. Liechtenstein, Vier 1675 1 

Groschen 1669. 70. 95 18 

Kari V. Lothringen, Taler 1704 1 

Salzburg 

Paris Gf. Lodron, Groschen 1653 1 

Max Gandolf Gf . v. Kuenburg, Groschen 1 678. 81 4 

V. Reichsstädte 
Kempten, Groschen 1512 1 

Konstanz, Rollbatzen o. J. 1 



136" 



Münxfiinde 



136* 



Memmingen, Groschen 1635 
Nördlingen, Groschen 1515 
Regensburg, Groschen J. ? 
Nürnberg, XVer 1621 

VI. Ausland 



Zug, Groschen 1609 1 

Böhmen, Wladislaw II, ebd. o. J. 2 

Polen, Sigmund III, ebd. (ca. 1610) 1 

August R. v. Löhr 

8. Bukowina 

Funde römischer Münzen in der Bukowina habe 
ich Mitt. der Z. K. XIX (1893) 138 konstatiert: Lucius 
Verus, gef. in Czernowitz; XXI 197: Münzen Trajans, 



gef. in und bei Czernowitz; XXV 58 Denare des 
Trajan und des Pius, die allein aus einem zu Ploska 
gehobenen Münzschatze mir vorgelegt worden sind; 
ebd. 218 Denare des Vespasian und des Lucius Verus, 
gef. in Doroszoutz; ebd. ein Silberstück der Lucilla, 
gef. bei Boryszkowce. Seither sind zu meiner Kennt- 
nis gekommen Denare des Trajans, gef. in oder 
nächst Kotzman, des Antoninus und einer Faustina, 
gef. in Szipenitz, und Hadrians, gef. in Unterhorodnik. 
Es zeigt sich also wieder, daß die meisten römischen 
Münzfunde in der Bukowina dem II. Jh. angehören : 
also einer Zeit, da Dacien verhältnismäßig ruhiger 
Besitz der Römer war. — - Vgl. auch meine Bemerkung 
a. O. XXV 213 n. 167. Raimund Kaindl 



Arnold Luschin v. Ebengreuth 



Steirische Münzfunde 



V. Der Fund von Sachsenfeld 



Im Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission IV (1906) 
161 iF. haben wir steirische Münzschätze, die vor dem 
Jahre 1300 vergraben wurden, und dadurch steirische 
Gepräge des XIII. Jhs. kennen gelernt. Diesen 
reiht sich der Fund V an, dann aber folgen unter 
VI—XIII jüngere Münzfunde, die uns Aufschluß über 
die Grazer Pfennige des XIV. Jhs. bringen sollen. 



Zu Sachsenfeld bei Cilli wurde im Frühjahre 1893 in der Nähe des Bahnhofes bei der 
Herstellung" eines neuen Gartenzauns ein Topf mit etwa 300 Silberpfennigen gefunden, 
der Fundinhalt jedoch rasch zerstreut. Ungefähr die Hälfte gelangte in den Besitz des 
Landesmuseums Joanneum, zwei Stücke durch die k. k. Zentralkommission unterm 15. April 
1893 ans k. Münzkabinett, einig-es ans Lokalmuseum in Cilli und an Herrn M. Hermann in 
Tüflfer. Da mir auch diese Stücke, zumal durch die Bemühungen des Herrn k. k, Bergrates 
und Konservators E. Riedl, zur Einsicht zukamen, so erstreckt sich die nachfolgende Be- 
schreibung- auf insgesamt 201 Stück, die etwa zwei Drittel des Ganzen ausmachen dürften. 
VeröflFentlicht ist dieser Münzschatz, der sehr merkwürdige Gepräge enthielt, bisher noch 
nicht, nur kurze Angaben über ihn sind im Monatsblatt der Wiener numismatischen Ge- 
sellschaft II n. 122 S. 274 und im Jahresbericht 1893 des steirischen Landesmuseums 
Joanneum S. 47 erschienen. 

An allgemeinen Angaben sei vorangeschickt, daß die Große dieser Pfennige geringer 
ist; statt der 16 — 20 mm Seitenlänge, die in den Funden I — IV vorwaltet, herrschte hier 
ebenso eine solche von 17 — 18 mm, untermischt allerdings mit Geprägen, die 19 oder 
selbst 20 mm ins Geviert erreichen. Hervorzuheben ist ferner, daß viele Stücke dieses 
Fundes Spuren längeren Umlaufes und daher sehr ungleiches Einzelgewicht haben. 74 Stück 
wogen rund 48 g, im Durchschnitt also 0*648 g. Eine zweite Gruppe von 22 Stück wog 
15*6^ mit o"jig Durchschnitt Der allgemeine Durchschnitt beider ergibt (96 Stück = 
63*6 g) 0-662 g. Nicht einbezogen ist dabei das Gewicht zweier Denare König Stephans V 
für Slavonien, das 0*97 und ig, zusammen also 197 g betrug.- Im übrigen wurden die 
Grundsätze beobachtet, welche für die Beschreibung der Funde I — IV maßgebend waren. 
Es wurden daher die Gepräge vorangestellt, die im Sachsenfelder Münzschatze am häufigsten 
waren, und die übrigen nach der Stückzahl in absteigender Folge angereiht. 

>• {75) Vs. unter einem mit drei Zinnentürmen besetzten Dreibogen ein Drache von 
links. Doppelte Einfassung des Münzbildes; innen glatte, außen grob geperlte Kreislinie. 
Rs. undeutlich. — 16 Stück. D. (= Seitenlänge) 18 mm. 
7 Stück = 3*86^. Durchschnittlich also 0*551 g, einzeln 0*44, 
0*48, o*55, 0*59, o*6i, 0*63, o-68^. /<f^;SäS)^;;75 ßKIg^^Illi?^ 

2. (76) Vs. Einfassung wie vorher. Brustbild eines 
Engels unter einem Dreibogen, ober diesem zu beiden Seiten 
eines Türmchens Sonne und Mond. Rs. undeutlich. — 15 Stück. D. 17- — 18. 4 Stück = 
2'i'j g. Durchschnittlich 0*54^, einzeln 0*51, 0*56, o*6o, 065^. 

Jabrhuch für Altertumskunde I 1907 lg 





138 



A. Luschin v. Ebenoreuth Steirische Münzfundc 




3, (77) Vs. Einfassung wie vorher. Zu beiden Seiten eines stilisierten 
Baumes, der einem mit Zinnen besetzten Doppelbogen ähnelt, zwei gegen- 
einander gekehrte Vogelköpfe. Ober dem Baume im Felde ein Sternchen? 
Rs. undeutlich — 14 Stück. D. 18. 6 Stück = 361 g- Durchschnittlich 
o*6o2^, einzeln 054, 0*55, o'öo, 0*62, o-68, 0-69^- 

4. (78) Vs. Schrift zwischen zwei einfachen Kreislinien, in der Mitte ein gekrönter 
Kopf von links. Die Schrift ergibt + CVNGCCH OTACCÄR- CTÄ mit nachstehenden Ver- 
schiedenheiten : 



(+C)VIICCIIOTÄCCÄRCTÄ 
+ C V IICCIIOTÄC--CTÄ 

+ C V CM OTÄCCRCTÄ 

+ CCIIOTÄCCRC-- 

+ CVIICC« II OTÄCCRCTÄ 
+ -VIICC. IIOTÄCC--TÄ 
+ C. IIOTÄCCRÄ 



W. O'ÖO g 

w. o-6o^, ist etwas ausgebrochen 

w. 074^ 

w. 0*64^ 

w. o'yog 

w. o'Ssg 

w. 074^. 




Rs. Drache mit erhobenen Flügeln von links. — 10 Stück. — 7 Stück wogen 5*12^, was 
ein Durchschnittsgewicht von 073^ ergeben würde. D. 19 — 20. 

S« (79) Vs. Drache von rechts mit gehörntem Kopf, kleeblattförmiger Zunge und ge- 
ringeltem Schweif Einfassung ein glatter und ein grob geperlter Reif R. undeutlich. — 
9 Stück. D. 18. 2 Stück zusammen = 1*38^. Durchschnittlich 0*69^^, einzeln 0*65, 077, og g. 

6. (40) +de:« CRaiZ rechtsblickender Adler wie G. 8. 8 Stück. D. 17 — 18. 





80 




80 a 



7. (80) Vs. Einfassung wie vorher. Zwischen zwei Zinnentürmen und zwei Sternchen 
das vorwärtsgekehrte Brustbild eines Bischofs, unter diesem ein kräftiges R. Rs. schreitender 
Damhirsch von rechts umgeben von einem Perlenkreise vgl. n. 3. 7 Stück, 2 w. = 1*39^ durch- 
schnittlich 0*695^. D. 16 — 17. Einzeln 065, 070, 071 g. Das Bischofsbrustbild und das R an 
hervorragender Stelle würden die Zuweisung dieses Gepräges an Erzbischof von Salzburg 
Rudolf von Hoheneck {1284 — 1290) gestatten. Wir hätten dann ein Friesacher Gepräge 
jüngerer Gattung vor uns, die Mache würde dieser Deutung nicht widerstreiten. Das Joan- 
neum besitzt jedoch noch einen im Münzbild ähnlichen Pfennig, der auf der Vs. in gleicher 
Einfassung ober einem großen R einen Kopf zwischen zwei Punkten und zwei Rö.schen 
und auf der Rs. einen Adler im geperlten Kreise zeigt, den außen o-förmige Zeichen 
umgeben. Leider ist dies einzig bisher bekannte Stück etwas undeutlich. Die Bedeckung 
des Kopfes zeigt zwei seitlich aufragende nach innen abgeschrägte Spitzen und in der 
Mitte einen kürzeren durch Verprägung beschädigten Zinken, so daß sie ungefähr den 
Eindruck einer Krone macht. Ich habe daher diese Münze (z. österr. Münzkunde 1869, 
Taf. II 29 und Num. Zeitschr. 1882 Taf XVII 3) als Gepräge eines Königs Rudolf erklärt, 
ich neige jedoch nach nochmaliger Vergleichung der Ansicht zu, daß die Bedeckung eine 
von vorn gesehene Mitra werden sollte, wie sie auf Passauer Geprägen (Höfken in Num. 
Zeitschrift XXX 1898 Taf. IX 2 — 4. 6 — 10. 13. 15 — 16) häufig vorkommt, und möchte daher 



A. Luschin v. Ebbnoreuth Steiriscbe Münzfunde 



139 



diesen Pfennig gleichfalls dem Salzburger Erzbischof Rudolf beilegen. Nebenbei sei noch 
bemerkt, daß die in meinem Aufsatz über Rudolfs Münzen (Num. Zeitschr. 1882 Taf. XVII) 
unter n. 3 beschriebene Variante mit dem unbedeckten Brustbild ober dem R zu streichen ist, 
in Wirklichkeit handelt es sich um ein mangelhaft erhaltenes Stück der oben unter 7 (80) 
beschriebenen Gattung, bei welchem die zweispitzige Infel durch Quetschung eine abge- 
rundete Gestalt angenommen hatte. 

8. (81) Vs. in gleicher Einfassung zwei auswärts gestellte, aber gegeneinander blickende 
Drachen (?), zwischen ihnen ein Stern. Rs. von einfacher Kreislinie umgeben, ein Panther 
von der linken Seite. 7 Stück. — D. 18. 3 Stück w. 1*9^, durchschnittlich 0*64^, einzeln 
061, 0*65, o'68 g. 

9. (34) Kreuz und Bindenschild zwischen zwei auswärts gestellten Adlerflügeln wie 
bei G. I. — Ist 0*862 fein. — 7 Stück. D. 18. 2 Stück w. i'^g, durchschnittlich o'b$ g, 

10. (42) Panther von links, hinter ihm der Bindenschild wie G. 12. Ist 0850 fein. — 
7 Stück. D. 18. . — 2 Stück w. i"37^, durchschnittlich 0-685, einzeln 067, o-68, o"jog. 

11. (82) Vs. Innerhalb einer glatten und einer grob geperlten Einfassung ein rechts 
blickender gestümmelter Adler. Neben seinem Kopfe im Felde Halbmond und Stern, neben 
seinem Schweife Stern und Halbmond. Rs. undeutlich. 5 Stück. D. 18, w. einzeln 061, 005^. 

12. (19) Gekrönter Kopf von links auf dem Rumpf eines vierfüßigen Tieres wie A. 19. 
5 Stück. D. 17 — 18; w. einzeln 068, 077^. 

13. (83) Vs. Gekrönter Drache von rechts, umgeben von einem glatten und von einem 
geperlten Kreis. Im Felde ein Kreuzchen. Rs. Panther, von links. Ist 0*884 fein. 5 Stück. 
D. 17. — 2 Stück w. = 117, durchschnittlich 0*585^. 






14. (25) Ober einem geperlten Bogen, der ein Kreuzchen bedeckt, Königskopf zwischen 
zwei Schwertern wie A. 25. 4 Stück, w. einzeln 0*64^. D. 18. 

>S» (37) Schreitender Löwe von links, ober dem Rücken ein Reichsapfel wie (t. 4. — 
Ist 0-854 feij^- 4 Stück. D. 17. 2 Stück w. = 122 g. durchschnittlich 0*6 1 ^. 

16, (36) Hirsch mit kleeblattförmiger Zunge von links wie G. 3. Ist 0850 fein. 4 Stück. 
D. 18, w. einzeln 0*67, ogg g. 

17, (84) Aus dickem Blech brakteaten förmig geprägt. Innerhalb einer doppelten Um- 
fassungslinie ein rückwärts blickendes Einhorn von rechts. Im Felde neben dem stark ge- 
krümmten Hörn ein sechseckiger Stern. 
4 Stück. D. 18. 

Kam auch im Leiflinger Funde vor. / (fß!J?:^.^l\\\\ 84 JiftiL^/^^^lh^^f'-'^ii\ \^S 

18. (85) Vs. Innerhalb eines glatten und 
eines geperlten Kreises rechts ein aufrecht 
und auswärts gestellter Drache mit nach 
innen gewandtem Kopfe, links eine halbe Lilie. Rs. Rankenzierat von einer Zackenlinie 
eingefaßt. 4 Stück. D. 18, w. einzeln 0*58, 068, o"jgg. 

19. (38) Halber Adler und aufrechter Löwe von rechts, wie G. 5. o'Sbo fein. — 4 Stück. 

>8* 





I40 



A. LuscaiN V. Ebeng&euth Steirische Münxfundc 



20. (86) Vs. Geflügeltes Brustbild mit dreiteiliger Mütze, als Einfassung ein glatter und 
ein geperlter Kreis. Rs. undeutlich. 3 Stück. D. 17, 18; w. 072, 073^. 

21. (87) Vs. Stehender Bischof, in jeder Hand einen Kreuzstab. Einfassung ein glatter 
Kreis. Rs. undeutlich. 3 Stück. D. 18. 2 Stück w. = V2gg, Durchschnittlich 0*645 ^, einzeln 
o-6i, o-68^. 

22. (53) Die Köpfe eines gekrönten Doppeladlers zwischen zwei durch einen Bogen 
verbundenen Türmen wie G. 27, — 3 Stück. D. 18, w. einzeln o-Sj g. 

23. (88) Vs. Ober einer gezinnten Mauer zwei Bischofsbrustbilder, zwischen beiden ein 
aus der Mauer emporragender Zepter, als Einfassung eine glatte und eine grob geperlte 
Kreislinie. Rs. Innerhalb zweier Perlkreise, welche o-förmige Zeichen an Stelle einer Um- 
schrift einschließen, eine von kleinen Röschen umgebene Sternrosette. 3 Stück. 

24. (39) RVdOLF gekröntes Brustbild wie G. 6. — 0858 fein. 3 Stück. D. 18, w. 0-69^. 
^5- {35) Brustbild eines Königs mit Köpfen in den emporgehobenen Händen wie G. 2. 

D. 19. 3 Stück, w. 2*24^, durchschnittlich 0748^. 

26. (41) Ober einem gezinnten Sparren Kübelhelm mit Adlerflug zwischen zwei Binden- 
schilden wie G. IG. 3 Stück. D. 17, w. 059^. 

27. (14) Zwei wachsende Löwen ober einem Bogen wie A. 14. — 0.860 fein. 3 Stück. D. 17. 

28. (5) Brustbild mit Zackenkragen und zurückblickender Adler wie A. 5. 2 Stück. 







29. (65) Lilie zwischen zwei einwärtsgekehrten Vögeln, wie W. 29. Rs. Adler um- 
geben(?) von o-förmigen Zeichen. 2 Stück, D. 18. 2 Stück w. = i'zjg, durchschnittlich 0635, 
einzeln 0*56, 071 g, 

30« (45) Wachsender Panther von links ober zwei Turmzinnen wie G. 17. — 2 Stück. 
D. 17. — w. einzeln 0*62^. 

31. (i) Turm zwischen den Brustbildern eines Königs und eines Bischofs, wie A. i. — 
2 Stück. o*86o fein. D. 18. 2 Stück, w. = 1-49 ^^'»^durchschnittlich 0745^, einzeln 0*67, 082^. 

32* (2) Reitender König von rechts wie A. 2. -—^2 Stück. 0855 fein. D. 18, w. 077^. 

33« (12) Brustbild eines Bischofs mit Schlüsseln in den Händen wie A. 12 — 2 Stück. 

34. (73)iBrustbild eines Königs von links, einen Lilienzepter in der Rechten wie V. 24. 
— 2 Stück, davon eines beschädigt. D. 17, w. o"ji g, 

35« (89) Vs. Kreuz, umgeben von zwei glatten Kreisen, welche Schrift einschließen. Die 
Schriftspuren sind nicht sehr deutlich und die Lesung ist dadurch 
erschwert, daß deren Anfang nicht sicher gestellt ist. Mit diesen 
Vorbehalten könnte ich lesen / JÖÜT ^^ ^9 \ 

a) + •SCI- VIT w. 0-53^ 

b) -.OtOÄ. !• ;, 0-55^ 

was also moneta saudi Viti ergeben und jdie Stücke nach S. Veit, an die Münzstätte der 
Herzoge von Kärnten, weisen würde. Volle Sicherheit kann nur durch besser erhaltene 
Stücke diesi^s bisher unbekannten Gepräges erhofft werden. 2 Stück mit undeutlicher Rück- 
seite. D. 17. — 2 Stück w. =: i*o8^, durchschnittlich = 0*54^. 




A. Luschin v. Kbbngrkuth Steirische Münzfnnde 



141 



36. (6) Engelskopf mit herabhängenden Flügeln, zwischen welchen ein Fuchskopf 
sichtbar ist, wie A. 6. — i Stück. 

37« (43) Konigsbrustbild mit Schwert und Bindenschild auf dem von rechts gesehenen 
Rumpfe eines Vogels wie G. 1 5. i Stück. D. 1 8, w. o-66 g. 

38. (90) Vs. Ober fünf Mauerzinnen ein gestümmeltes Königsbrustbild zwischen zwei 
einwärtsgekehrten gestümmelten Schlangen. Doppelte Einfassung wie bei G. 12. Innen ein 
glatter Reif, außen eine abwechselnd aus größeren und kleineren Perlen bestehende Kreis- 
linie. Rs. Von einer ähnlich geperlten Kreislinie umschlossen: »S'R'S^R, im Mittelpunkt 
ein Stern von acht Strahlen, i Stück. 

39« (66) Brustbild eines Bischofs, der einen Kirchengiebel emporhält, wie W. 30. i Stück. 
D. 18. w. o'53^. 

40. (91) Brustbild eines Bischofs, der in den emporgehobenen Händen zwei einwärts- 
gekehrte Falken hält. Im Felde neben der Bischofsmütze zwei Ringelchen? Zwei glatte 
Linien als Einfassung. — Einseitiges Gepräge nach Art der Brakteaten. i Stück. D. 18, w. o-6^. 







41. (92) Einseitiges, brakteatenförmiges Gepräge. Umgeben von zwei glatten Kreisen 
ein jugendliches Brustbild mit lockigem Haar und dreiteiligem Fürstenhut. i Stück. D. 20, 
w. o"jg g. 

42. (4) IVDICARE Königsbrustbild mit geschultertem Schwert wie A. 4. i Stück. 

43. (63) S- — V — I — T — V — S zwischen den Strahlen eines Sternes wie W. 27. i Stück. 
D. 17, w. o*6i g. 

44. (93) Brakteatenförmiges Gepräge. Unter einem mit sechs Zinnen besetzten Sparren 
eine Lilie, unter dieser drei Punkte, im Felde oben ein Punkt. Zwei glatte Kreislinien als 
Einfassung, i Stück. D. 18, w. o*6^^ 

45» (94) Gleichfalls brakteatenförmig. Aufgerichteter Panther von links, hinter ihm im 
Felde ein Turm, eine glatte und eine schwach geperlte Kreislinie als Einfassung. 2 Stück, 
von welchen eines im Wege der k. k. Zentralkommission ans k. Münzkabinett gelangte. 
D. 20, w. 0*77 g, 

46. (95) Brakteatenförmig. Fünf- 
strahliger Stern in einem Tor zwischen 

zwei Kirchentürmen. Ober dem Tor- ( l([fiät'[flBlliJ'94 ( ffitL'>Ä^'J!BIJ95 I fJ/h^-^HS^fd^**^ 
bogen ein großes Kreuz. Einfassung 
eine glatte und eine schwach geperlte 
Kreislinie, i Stück. D. 20, w. 0*83^. 

47. (48 a) Zwei auswärtsgekehrte Halbmonde und zwei Laubzieraten wie G. 20. i Stück. 

48. (96) Brakteatenförmig. Mauer mit zwei Türmen, aus welchen ein Löwe von links 
mit rückwärts gewandtem Kopfe schreitet. Seine linke Vorderpranke ist mit einem drei- 
eckigen Schilde bewehrt, der gespalten ist und rechts einen Querbalken, links ein, wie es scheint, 
leeres Feld zeigt. Im Münzfelde oben ein Punkt. Einfassung eine glatte und eine schwach 






142 A. Luschin v. Ebeng&buth Steirische Münzfunde 

geperlte Kreislinie. — 2 Stücke, von welchen eines unterm 15. April 1893 durch die k. k. 
Zentralkommission ans k. Münzkabinett gelangte. D. 20, w. 074 g. 

49« (97) Einfassung wie vorher, im Felde ein Punkt, ein aufrecht stehender Schlüssel 
mit auswärts gekehrtem Barte und ein Turmgebäude, i Stück. D. 18, w. o-6i^*. 






50. (98) Zwei gegeneinander gekehrte Löwen ober einem dreifachen Bogen. Im Felde 
oben und in den BogenöfFnungen je ein Ringelchen. Einfassung wie vorher, i Stück. 
D. 1 7, w. o*5 g, 

51. (99) Reiter von links, in seiner Linken ein gezücktes Schwert. Einfassung wie 
vorher. Rs. Adler von o-förmigen Ringelchen umgeben, i Stück. D. 18, w. 076^. 

52. (58) Elefant von links, auf dem Rücken ein Turm zwischen Halbmond und Stern 
wie G. 34. I Stück. D. 18, w. o-^gg, 

53« (28) Bischofskopf ober einem Zinnenturm, rechts und links ein Turm mit spitzer 
Bedachung wie A. 28. i Stück. 

Slavonien. 

54. (30) König Stephan V 1270 — 1272. Marderpfennig mit der Umschrift MOQETA 
RECIS -P SCLAVOI7IA und den Buchstaben S"— "R auf der Kehrseite, wie A. 30 (Rupp Taf VIII 225). 
2 Stück, w. o-g-j, i g. 

Die große Zahl der Gepräge des Sachsenfelder Münzschatzes wurde schon als ein An- 
zeichen verwertet, daß die Zeit seiner Vergrabung später anzusetzen sei, als jene der Münz- 
schätze von Ankenstein, Gleisdorf, Wolfsdorf und Völgyfalu. Versuchen wir nun diesen 
Zeitpunkt mit Hilfe der redenden Gepräge des Sachsenfelder Münzfundes näher zu be- 
stimmen. Wir erhalten dabei die Reihenfolge: 
n. 54 König Stefan V von Ungarn für Slavonien 1270 — 1272, 
n. 4 Otakar von Böhmen, als König 1261 — 1276, 
n. 34. 42 König Rudolf 1276 — 1282, 
n. 7 Erzbischof Rudolf von Salzburg 1284 — 1290, 

somit 1284 als das früheste Jahr, in welchem die Bergung möglich war. Die große Zahl 
der im Funde vorhandenen Gepräge, das abgegriffene Aussehen vieler Stücke und das 
geringe Durchschnittsgewicht (0-662^) seiner Pfennige weisen auf eine mindestens 10 — 15 
Jahre später fallende Vergrabungszeit, die ich rund auf das Jahr 1300 ansetzen würde. 



VI. Der Fund von Kohlberg 

Im April 1885 wurde in der Gemeinde Kohlberg am östlichen Abhänge des Bacher- 
gebirges etwa i^km südlich von Marburg und 2 km nordwestlich vom Pfarrorte Ober- 
Pulsgau ein merkwürdiger Münzschatz aufgedeckt. Über die Fundumstände haben wir 
zweierlei Angaben, die nebeneinander verlauteten. Nach der einen hat ein Hirt, der auf 
dem Grunde de? ßauers Michel» Stern ober einem Steinbruche saß, mit den Füßen im 



A. Luschin v. Ebekgreuth Steirische Mnnzfunde 143 

lockeren Erdreiche wühlend, Scherben eines Topfes herausgeworfen, die er zunächst nicht 
beachtete. Durch einen nachts eingefallenen Regen wurden jedoch Münzen bloßgelegt, die 
das Herumstochern in der Erde an die Oberfläche befördert hatte, und nun begann die 
Nachsuche, die im ganzen 500 Stück Pfennige erbeutete. Nach anderen Nachrichten wurde 
der irdene Topf mit vielen alten Münzen im Gemeindebezirke Kohlberg auf dem Boden 
des Grundbesitzers KrumpelSnik in der Ruine Grünberg aufgedeckt; man soll da an 
1000 Stück aufgesammelt haben. 

Die zweite Nachricht ist, wie ich jetzt durch die Bemühungen von Fräulein Käthe 
Stingl erfuhr, unrichtig. Sicher ist also, daß der Fund in der Gemeinde Kohlberg im 
April 1885 auf dem Besitztume des Michel Stern entdeckt wurde, und daß er in einem Topfe 
geborgen war. Die Ruine Grünberg ist von der Fundstelle ungefähr eine Gehstunde entfernt. 
Mag die Sache übrigens sein, wie sie wolle, die Gegend von Kohlberg ist uralter Siedelungs- 
boden. Ein Fritel de Grunenberch erscheint schon 11 64 als Zeuge einer St. Pauler Urkunde, 
die Güter zu Melling, Pulsgau und Marburg betrifft. Ob die heutigen Trümmer von Grün- 
berg ins Mittelalter zurückreichen, ist allerdings zweifelhaft, nach der Abbildung vom Jahre 
1681 in ViscHKRS Schlosserbuch der Steiermark würde man eher die Reste eines einfachen 
Edelsitzes aus dem XVI. Jh. erwarten. Es gab jedoch vor Zeiten auch eine Feste Grünberg, 
die 1318 und 1373 urkundlich erwähnt wird, und es wäre wohl möglich, daß das jüngere 
Grünberg auf der Baustelle des älteren errichtet wurde. 

Mehrere Wochen nach der Auffindung gelangte die erste Nachricht von diesem Münz- 
schatze durch einen Brief zur Kenntnis des Herrn Regierungsrates Dr. Domanig in Wien 
der dann bei mir anfragte. Ich wandte mich sofort an den seither verstorbenen Lavanter 
Dompropst Herrn Ignaz Oro2en in Marburg, der mir am 15. Juli 1885 die eingangs erwähnten 
Fundumstände mitteilte und durch den Herrn Pfarrer von Ober-Pulsgau KoSar dreißig 
Münzen vom Finder verschaffte. Anfangs August 1885 begab ich mich selbst nach Ober- 
Pulsgau, unterließ es aber leider die Fundstelle zu besuchen. Es gelang mir noch einiges 
hier und zu Windischfeistritz aufzusammeln, namentlich durch Unterstützung des Herrn 
Max Rosenrerg, Besitzers der Herrschaft Freistein. Im ganzen erwarb ich 63 Stück aus dem 
Funde, die 51-68^ Gesamtgewicht und mithin 0*823^^ Durchschnittsgewicht haben. 120 Stück 
gelangten ans Münzenkabinett des landschaftlichen Joanneums zu Graz, 83 an das kaiserliche 
Münzkabinett in Wien — 95 Stück des Joanneums wogen 7542, 64 Stück des k. Münz- 
kabinetts 52*55^, mithin 222 Stück, die ich allerdings in drei Posten wog, 179*65^ oder im 
Durchschnitt etwa 08 1^ (genauer 0-8092^.). 

Zur Untersuchung gingen durch meine Hände aus dem Kohlberger Funde im ganzen 
276 Stück, die hier beschrieben sind, auf diese Zahl sind daher die Verhältnisansätze zu 
zu beziehen; sie dürfte, wenn man die genaueren Angaben zugrunde legt, etwa die Hälfte 
des ganzen Münzschatzes umfassen. 

Das Durchschnittsgewicht der Kohlberger Pfennige 08 1 g wird nur von den Stücken 
des Ankensteiner Münzschatzes mit 0*827^ übertroffen, die Zeit der Vergrabung könnte 
nach diesem Anhaltspunkte allein, ziemlich hoch, etwa bis 1280 hinaufgerückt werden. Einer 
solchen Annahme steht indessen, wie schon hervorgehoben wurde, die große Mannigfaltigkeit 
der im Kohlberger Funde vorkommenden Gepräge als Kennzeichen einer jüngeren Zeit 
entgegen. Es ist mithin die Ermittelung der Vergrabungszeit des Kohlberger Münzschatzes 
eine ziemlich schwierige Aufgabe, die nur bei Berücksichtigung aller aus dem Fundinhalt 
abzuleitenden Folgerungen gelöst -.werden kann. Sie bleibt daher dem Schlüsse dieses Ab- 



144 



A. LüscHiN V. Ebrngrkuth Steirische Münxfiinde 



Schnittes vorbehalten. Auf den Geprägereichtum des Kohlberger Schatzes hat schon 
Herr Regierungsrat Dr. Domanig, dem ich für seine wichtige Unterstützung bei der Fest- 
stellung des Fundinhaltes zu bestem Danke verpflichtet bin, in dem kurzen Berichte auf- 
merksam gemacht, den er in n. 30 des Monatsblattes der numismatischen Gesellschaft 
(I 1886 Jänner) veröffentlicht hat. Die Stücke, schreibt er, zeigen im allgemeinen den 
innerösterreichischen Typus des XIII. Jh., enstammen jedoch wenigstens 4 Fabriken und 
weisen (ca. 150 zufällig zusammengekommene Stücke!) nicht weniger als 59 verschiedene 
Zeichnungen auf. Darunter sind viele unbekannte und einige von besonderem Interesse. 
In technischer Hinsicht erscheinen 3 völlig ausgeprägte Brakteaten; deren Vorkommen in 
diesem Funde und die ganze Mache läßt die Frage aufwerfen, ob es nicht auch in Österreicli 
einseitige Blechmünzen gegeben habe. 

Meine Beschreibung des Kohlberger Münzschatzes folgt den bei Behandlung der übrigen 
steirlschen Münzfunde beobachteten Grundsätzen. Sie geht auf die Frage der Zusammen- 
gehörigkeit der Gepräge vorerst nicht ein, sondern reiht diese nur nach der Stückzahl, in 
der sie vorhanden waren, von der höchstei\ absteigend, an. Die Einfassung besteht, wo 
nichts anderes erwähnt wird, aus einem glatten und einem außen anschließenden Perlkreise; 
oft sind diese Perlen nur schwach sichtbar, andere Male eckig oder oval, auch wohl durch 
breiten Zwischenraum getrennt. Die Größe übertrifft um ein geringes jene des Sachsenfelder 
Münzschatzes und beträgt im Mittel 18 — 19 'ww Seitenlänge, bleibt aber hinter jener des 
Ankensteiner Fundes (19 — 20 mm) zurück. Doch gibt es einzelne Gepräge mit 20 mm Seiten- 
länge und wieder andere, die kaum ib mm ins Gevierte messen. Die Erhaltung der Stücke 
ist wesentlich besser als bei den aus Sachsenfeld stammenden Pfennigen. 

1. (90) Gestümmeltes Königsbrustbild ober Mauerzinnen zwischen zwei gestümmelten 
Schlangen und S * R » S « R :;: um einen Stern auf der Rückseite wie S. 38 (90). 2^ Stück. 
D. 18 — 19; 15 Stück, w. II '85, durchschnittlich also o"jgg. 

2. (56) Geflügelter Kopf, darüber ein Turm, auf der Rs. SV SV SV im Kreise um einen 
Stern, wie G. 31 (56). 18 Stück, D. 18. 13 Stück, w. 10*40^, durchschnittlich also o*8o^. 

3. (100) Vs. • OJoneCTÄ- ReCCISB Schrift zwischen einer glatten und einer geperlten 
Kreislinie; im Felde einfacher Adler rechtsblickend. Rs. undeutlich. — 16 Stück. D. 19. 
IG Stück, w. 8-39^, im Durchschnitt also 0*839^. Dies Gepräge ist wie schon Regierungsrat 
Domanig in seinem Vortrag hervorgehoben hat, für die Zeitbestimmung des Fundes sehr 
wichtig. Domank; glaubte im Anschluß an bekannte ungarische Gepräge die Lesung 
moneia regis Belae vorschlagen zu sollen, was die Münze bis ins Jahr 1252 hinaufrücken 
könnte. Ich halte eine andere Deutung, die ich am Schlüsse der Beschreibung begründen 
werde, für wahrscheinlicher. 




100 




lOI 




4. (57) Schild mit rechtssehendem Adler wie G. ^2 (57). 10 Stück. D. 19. — 7 Stück, w. 
5*52^, durchschnittlich also o"jg g. 

5. (loi) Vs. Der Wappenschild von Kärnten, gespalten, rechts 3 Löwen übereinander, 
links die Binde. Rs. Kopf mit perlbesetzer dreiteiliger Mitra, von welcher Bänder herab- 
hängen, neben dem Halse beiderseits ein Sternchen. Das Münzbild wird von zwei fein ge- 



A. LuscHTN V. Ebenoreutm Steirische Münsfnnde 



145 



perlten Kreisen umschlossen, zwischen welchen fünfteilige Sternchen sichtbar sind. Die zarte 
Zeichnung entspricht genau einem älteren und derberen Friesacher Gepräge, das nach der 
Beischrift </>ANT — V€IT aus der Münzstätte der Herzoge von Kärnten St. Veit stammt. 
Wblzl V. Wellrnheim Katalog II/i n. 9706. — 10 Stück. D. 20. 7 Stück, w. 602 g, durch- 
schnittlich also o*86^. 

Auch dies Gepräge ist für die Zeitbestimmung des Fundes wichtig, es ist bisher das 
älteste Beispiel für die Verwendung des heutigen Wappens von Kärnten auf Münzen. 

6. (102) Vs. Ober einer großen Lilie ein gekrönter Kopf zwischen zwei Schilden. Diese 
sind gespalten und zeigen rechts eine Binde, links ein glattes (?) Feld. Rs. Schriftähnliche 
Zeichen +0+ . . . zwischen einer glatten und einer geperlten Linie, im Felde eine undeutliche 
Figur (aufgerichtetes Tier?). 10 Stück. D. 20. — 5 Stück wogen 4-2 g, durchschnittlich also 
0-84^, einzelne Stücke o-Si, 0-87 g. Kam auch in dem auf der Pötschacher Hube bei 
Straßburg in Kärnten 1864 gehobenen Münzschatz vor (Archiv für österreichische Ge- 
schichte XXXVIII, 207 n. 12). 

7. (50) Zwei durch einen Bogen verbundene Zinnentürme, unterhalb ein Stern, oberhalb 
ein stilisierter Baum wie G. 23 (50). 10 Stück. D. 20. 7 Stück = 5'64^, durchschnittlich 0*8^, 
einzeln o'8o, 0*81, 0*82, 0*83, 0-9^. 

8. (85) Auswärts gestellter Drache und halbe Lilie wie S. 18 (85). 8. Stück, D. 18, w. 
einzeln 080^. 

9* (55) Löwe von links mit Fahne (?) wie G. 30 (55). 8 Stück. D. 19. Auch im Pötschacher 
Funde a« a. O. 207 n. 6. Das Münzbild wird hier als „Hund den rechten Vorderfuß erhebend, 
über seinem Rücken ein Vogelkopf" angesprochen. 

10. (43) Oberleib eines Königs mit Schwert und Bindenschild, aul dem von rechts ge- 
sehenen Rumpf eines Vogels wie G. 15. 8 Stück. D. 20, w. 078, o*8i g. 

!!• (64) Turm zwischen zwei auswärts gestellten Adlern wie W. 28 (64). 7 Stück. D. 17. 
— 5 Stück w. 4-01 ^, im Durchschnitt also 08^, einzeln 078, o*8,^. 

12. (103) Vs. Gekrönter Doppelkopf, umgeben von einer glatten und einer schwach 
geperlten Linie. Rs. undeutlich, schreitender Löwe von links (?), umgeben von zwei einfachen 
Kreislinien, welche Sternchen einschließen. 7 Stück. D. 19. 5 Stück w. 4*2^, im Durchschnitt 
0*84^, einzeln 0*82^. 

13, (104) Vs. +02O-a6CTÄ-SÄLZBeCPI- Dreieckiger Schild mit dem neuern Wappen 
des Erzstifts: gespalten, vorne aufrechter, leopardierter Löwe, rückwärts eine Binde. Ein- 
fassung zwei glatte Kreise. Rs. Kopf des Erzbischofs von vorne, umgeben von zwei Perl- 
kreisen, zwischen welchen Lilienzepter sichtbar sind. 7 Stück. D. 19. — w. 077, o'g6 g. Falls 
dies Gepräge noch dem XIIL Jh. angehört, ist es wohl das älteste Zeugnis für die Anwendung 
des heute üblichen Salzburger Wappens, das bisher aus der dem Anfang des XIV. Jh. ange- 
hörigen Züricher Wappenrolle erst bekannt war (Siegenfeld, Landeswappen der Steiermark 290). 






H» (105) Vs. Schreitendes Einhorn von links mit zurückgewandtem Kopf, ober einer 
durch zwei Bögen angedeuteten Brücke. Unter dieser zwei Punkte, im Felde unter dem 

Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 I9 



146 



A. LuscHiN V. Ebkngreüth Steirische Münzfunde 



Horn drei Punkte. Rs. Innerhalb eines glatten Kreises Schrift . . ERIM . . .?, im Mittel- 
punkt ein Stern. 7 Stück. D. i8, w. einzeln oS-j g. 

Das Gepräge der Hauptseite kam auch in einem zu Dölsach nächst Lienz im Pustertal 
gehobenen Münzschatze vor, als Rückseite zeigten aber diese Stücke einen einfachen, 
rechtsblickenden Adler wie bei S. 7 (80 a), umgeben von zwei Perlkreisen, zwischen welchen 
einzelne Buchstaben und Rosetten sichtbar sind . . . ♦ IV . I * I.V . . . 

15, (45) Oberteil eines Turmes mit zwei Zinnen, darüber wachsender Panther von links 
zwischen zwei Röschen, wie G. 17 (45). 6 Stück. D. 18, w. einzeln 072, 077, o-8o^. 

16. (60) Turmgebäude, aus welchem ein Löwe von rechts hervorbricht, wie W. 22 (60). 
6 Stück. D. 19. — 3 Stück w. 2-^2 g, also durchschnittlich 084 ^. Pötschach n. 10. 

>7« (53) Zwischen zwei durch einen kreuzgeschmückten Bogen verbundenen Türmen 
die Köpfe eines Doppeladlers unter einer Krone wie G. 27 (53). Rs. Geprägespuren: auf- 
rechter leopardierter Löwe von links und schriftenähnliche Zeichen ....ONO... zwischen 
Perlkreisen? 5 Stück. D. 18, w. 078, 0*88^. 

18. (54) Sparren mit aufsitzender Lilie und drei Röschen wie G. 29 (54). 5 Stück. 

19. (66) Brustbild eines Bischofs, der einen Kirchengiebel mit zwei Türmen emporhebt, 
wie W. 30 (66). 5 Stück. 

20. (106) Vs. Engelsbrustbild mit hoch aufragenden Flügeln, auf dem Kopfe eine kreuz- 
geschmückte Bischofsmütze, im Felde zwei Punkte. Rs. undeutlich. 5 Stück. D. 18, w. 078^. 

Kam auch im Münzschatze auf der Pötschacher Hube bei Straßburg in Kärnten von 
2U (68) Teufelskopf auf einem Körper mit zwei Fischschwänzen wie V. 12 (68). 5 Stück. 

22. (79) Drache von rechts mit gehörntem Kopfe wie S. 5 (79). 5 Stück. 

23. ^107) Stern mit 7 Strahlen, darin ein Kopf von links. In den Winkeln zwischen 
den Strahlen Kleeblätter. Rs. undeutlich. 4 Stück. D. 19 w. einzeln 067, 0-98^. 




106 






109 



24. (108) Vs. Kreuzgeschmückter Turm zwischen zwei auswärts gestellten Adlern, ober 

dem Kreuz ein Ring. Rs. undeutliche Spuren einer Trugschrift +0» -j-O* 

4 Stück. D. 20, w. 067, 0-8, 0*84^. Das vom k. Kabinette aus dem Kohlberger Fund er- 
worbene Stück zeigt keinerlei Geprägespuren auf der Rückseite, sondern ist nach Art 
der Münzen des Leiflinger Fundes brakteatenförmig, also hohl geprägt. Das Gepräge kam 
auch im Pötschacher Funde vor n. 8. 

25. (109) Vs. Kopf von vorn mit dreiteiliger Bischofsmütze, von welcher Bänder 
herabhängen, entsprechend dem Münzbilde auf der Rückseite des oben unter 5 (loi) be- 
schriebenen Gepräges mit dem Kärntner Wappen. Daß dieser Kopf den h. Veit darstellt, 
erweisen die schon erwähnten älteren Friesacher, Welzl II/i n. 9706 durch die Beischrift 
viANT V€IT. 4 Stück. Zu dieser Vs. kenne ich zwei Rückseiten. Das aus dem Kohlberger 
Funde stammende Stück des k. Kabinetts stimmt mit der Rückseite von G. 5 (38) genau 
überein, d. h. es zeigt das Engelsbrustbild ober einem Sparren, der ein Sternchen deckt, 
und statt der Umschrift Sternchen zwischen zwei Perlkreisen. Ein zweites Stück, das ich 
aus dem bei n. 14 erwähnten Funde zu Dölsach erwarb, zeigt deutlich als Münzbild einen 



A. LuscuiN V. Ebengrkuth Steirische Münzfunde 



H7 



Stern und zwischen zwei rohen Kreislinien Punkte statt der Umschrift. D. 17, w. 07, 
077; 0-89^. 

26. (63) -S'-V-l-T-V-S zwischen den Strahlen eines Sternes wie W. 27 (63) 4 Stück. D. 18, 
w. 0-8 g. 

27.(39) RVd — OLF Königsbrustbild wie G. 6 (39). 4 Stück. 

28.(12) Brustbild eines Bischofs mit Schlüsseln in den Händen wie A. 12 (12). 4 Stück. 
Pötschach n. 5. 

29.(25) Kopf eines Königs zwischen zwei Schwertern wie A. 25 (25). 3 Stück. D. 18, 
w. 0-82, o'S-jg. 

30. (88) Zwei Bischofsbrustbilder ober einer gezinnten Mauer, zwischen ihnen ein 
Zepter, wie S. 2^ (88j. 3 Stück. D. 18, w. ogzg. 

31. (69) Wachsender ; Adler ober einem zwei Türme verbindenden Bogen, wie V. 16 (69) 
3 Stück. Pötschacher Fund n. 3. 

32. (7) Turm auf zwei Vogelfüßen, im Felde Stern, Halbmond und Rosette wie A. 7 (7). 
3 Stück. 

33. (81) Zwei auswärts gestellte Drachen mit einwärts gekehrten Köpfen, in der Mitte 
ein Stern, wie S. 8 (81). 3 Stück. 

34.(110) Vs. Kreuzgeschmückter Turm, an seiner rechten Seite ein auswärts gekehrter, 
aber nach innen blickender Adler. Zwischen beiden drei Punkte senkrecht untereinander. 
Rs. Lilie, umgeben von zwei Kreislinien, zwischen welchen als Reste einer Trugschrift zwei 
Kreuzchen sichtbar sind. 3 Stück. D. 20, w. 0*85 ^. Auch im Pötschacher Fund n. ii. 




110 




XII 




112 



35.(111) Vs. Torbogen, besetzt mit drei Türmen, der mittlere mit steilem Dache, die 
Seitentürme mit Zinnen versehen, unter dem Bogen ein Stern. Rs. Leopardierter Löwe von 
links, umgeben von zwei feinen Kreislinien, welche Trugschrift einschließen. . . .V (/) I R I *• . . . 
3 Stück. D. 19, w. o'Tgg, oSSg. Pötschacher Fund n. 9. 

36.(112) Vs. Aus dem Giebel einer zweitürmigen Kirche ragt ein kleines pilzartiges 
Türmchen. Neben diesem auf der Spitze des Giebels sitzt ein Vogel von links. Im Felde 
oben Punkt und Halbmond, im Giebel selbst ein Stern. Rs. Undeutlich; Reste einer Trug- 
schrift +0.0+.. 3 Stück. D. 20, w. 0-86 g. 

37. (113) Vs. Drei leopardierte Löwen 
in Dreipaßßtellung. Rs. Brustbild, von vorne /^I^^^^i^^M /A*T^^\\> V ^^ 

umgeben von zwei Kreislinien, welche 
Kreuzchen, Sternchen und Halbmonde (?) 
umschließen. 3 Stück. 

38.(61) Sparren mit aufsitzender Lilie, unter ihm ein Röschen, im Felde zwei Binden- 
schilde wie W. 25. 3 Stück. D. 18, w. o"jgg. 

39. (74) Brustbild eines Bischofs mit erhobener Rechten und dem Krummstab, im Felde 
ein kleiner Kelch wie V. 26. 2 Stück. 

40.(114) Meerweib, von der linken Seite mit emporgeringeltem Fischschwanz. Im 
Felde vor ihrer Brust eine Kugel. Rs. ?. 2 Stück. 

19* 




148 



A. LuscHiN V. Ebengreüth Stcirische Münsftmde 





41. (19) Gekrönter Kopf von links auf dem Rumpfe eines Löwen, wie A. 19 (19). 2 Stück. 

42. (62) Das Görzer Wappenbild, schräg geteiltes Feld mit leopardiertem Löwen ober 
drei Linkbalken wie W. 26. 2 Stück. 

43« {115) Drache von der linken Seite. /^^^^^ '^/^^^^^ ^^'^ ^r 

Rs. undeutlich. 2 Stück. D. 17 1 fls^ÄiJlV'5 wföS'ttaiößt-V*^ i_JÜ*ffji6 

44. (116) Vs. Ober zwei Lilien ein Stern 
zwischen zwei Ringelchen. Rs. schreitender 
Schwan von der rechten Seite. Einfassung ein geperlter Kreis. 2 Stück. D. 17, w.073^. 

45.(117) Zurückblickender Adler von der rechten Seite. Einfassung ein dünner und ein 
wulstiger Ring. Ist nach Art der Münzen des Leiflinger Fundes brakteatenformig, also 
hohl, geprägt. 2 Stück. D. 20, w. 0*88^. 

46.(84) Rückwärts blickendes Einhorn von rechts, im Felde ein Stern, wie S. 17 (84). 
2 Stück. Hohl geprägt. D. 20, w. 0-85. Kam auch im Leiflinger Funde vor. 

47* (3^) Hirsch von links wie G. 3 (36). 2 Stück. 

48. (37) Schreitender Löwe von links, ober seinem Rücken ein Reichsapfel, wie G. 4 (37). 
2 Stück. 

49. (87) Stehender Bischof, in jeder Hand einen Kreuzstab, wie S. 2 1 (87). i Stück. 
50.(118) Giebel mit zwei Türmen und vorragenden Firstbalken, die kopfartig gestaltet 

sind. Oberhalb ein gekrönter Kopf (?), unter dem Giebel eine Lilie. Die Zeichnung ist etwas 
verwischt, die Rs. unkenntlich, i Stück. 

51. (22) Linksblickender heraldischer Adler, wie A. 22. i Stück. Pötschacher Fund n. i. 

52. (119) Geflügelter Fischleib, welchem ein menschlicher Kopf aufgesetzt ist. 1 Stück. 




118 




121 




120 



53.(120) Bogen mit aufsitzendem Kreuz von einer Kreislinie umgeben. Im Felde 
neben dem Kreuz zwei Sternchen, unter dem Bogen eine Lilie, i Stück. — n. 52 und 53 
sind nach Art der Pfennige des Leiflinger Münzschatzes hohl geprägt. 

54» (^3) Gekrönter Drache von rechts, im Felde ein Kreuzchen, wie S. 13 (83). i Stück 

55» (^5) Vs. Lilie auf einem Sparren zwischen zwei einwärtsgekehrten Vögeln, wie 
W. 29 (65). Rs. einfacher Adler, i Stück. 

56. (121) Vs. leopardierter und aufgerichteter Löwe, von der linken Seite mit doppeltem 
Schweif, umschlossen von einem einfachen R,inge. Im Felde 2 und 3 Punkte senkrecht 
untereinander. Rs. rechts sehender Adler, umgeben von zwei Kreislinien, welche O förmige 
Zeichen einschließen, i Stück. Pötschacher Fund n. 15. 

57» (42) Panther von links, hinter ihm der Bindenschild, wie G. 12 (42). i Stück. 

58. (38) Halber Adler und aufrechter Löwe von rechts, wie G. 5. i Stück. 

59. (5) Brustbild mit zackigem Kragen, ober dem Haupte ein Kreuz, zur Rechten ein 
zurückblickender Adler, wie A. 5. i Stück. Auch im Pötschacher Münzschatz n. 4. 

Die Vergrabungszeit des Kohlberger Fundes ist schwer einzuschätzen. Die große 
Mannigfaltigkeit seines Inhaltes (die beschriebenen 276 Stück verteilen sich auf 59 ver- 
schiedene Gepräge) würde erfahrungsgemäß auf eine spätere Zeit, etwa den Anfang des 
XIV. Jh. schließen lassen, dagegen aber würde das hohe Durchschnittsgewicht sprechen; 



A. LUSCHIN V. Ebengreuth Steiriscbe Münzftinde 149 

beides sind indessen Anhaltspunkte, die genauer Nachprüfung bedürfen. Sicher ist, daß dem 
Kohlberger Schatz, obwohl er auf steirischem Boden geborgen wurde, eine große Anzahl 
von Friesacher Geprägen jüngerer Gattung beigemeng^t ist, welche auf die Münzstätten zu 
Friesach und St. Veit hinweisen. Ich erwähne die unzweifelhaft herzoglichen Gepräge n. 2, 5, 
25» 26, 37, die den Namen St. Veit teils ausgeschrieben, teils abgekürzt tragen, teils durch das 
Münzbild des h. Veit oder das Wappen sichergestellt sind. Haben wir nun in dem wiederholten 
SV bei Gepräge 2 die Anfangfsbuchstaben von Sanctus Viius, so ist bei i das wiederholte S*R 
ebenso SancUts Rudbertus zu lesen. Dies Stück gehört also nach Friesach und eben dahin 
wahrscheinlich auch n. 13, das sich als Münze des Erzbischofs von Salzburg bezeichnet. 

Viel großer ist die Zahl der stummen Gepräge nach dem Friesacher Schlag. Ohne den 
Untersuchungen vorgreifen zu wollen, die am Schlüsse dieser Fundbeschreibungen geboten 
werden sollen, mochte ich vorläufig aufmerksam machen, daß von 16 Friesacher Geprägen, 
welche Hofrat Kenner, Archiv f. österr. Geschichte, XXXVIII 206 ff. aus dem 1 864 auf der 
Pötschacher Hube in der Gemeinde Straßburg (bei Friesach) gehobenen Schatze veröffent- 
lichte, nicht weniger als 12 unter den Kohlberger Pfennigen wiederkehren (n.6, 9, 16, 20, 
24, 28, 31, 34, 35, 51, 56, 59). Man konnte daher versucht sein, die auffallende Schwere 
(ca. o*8i^) der Münzen im Kohlberger Funde geradezu auf die starke Beimengung von 
Friesachem zurückzufuhren, da für diese nach den Münzordnungen von 1286 und 1334 ein 
durchschnittliches Rauhgewicht von 21V2 Pfennigen aufs Wiener Lot, somit von rund 0-82^ 
für das Stück vorgeschrieben war. Allein diese Vermutung wäre nicht zutreffend, da der 
Münzfuß der Grazer Pfennige, wie noch gezeigt werden wird, sich ziemlich genau an jenen 
der Friesacher anschließen sollte. 

Versuchen wir nun mit Benutzung der vorhandenen redenden Gepräge die Vergrabungs- 
zeit des Kohlberger Münzschatzes zu bestimmen; es sind das: 

n. 3. C)tON€TÄR€CISB 

n. 5. Pfennige mit dem Kärntner Wappenschild 

n. 13. mit dem Salzburger Wappenschild 

n. 27. RVdOLF 

n. 56. Otokar von Böhmen 

n. 57. wohl Albrecht I nach 1282. 
Von der Münze mit dem mehrdeutigen moneta regis B. wollen wir vorerst absehen 
und zunächst den Pfennig König Otakars II n. 56 ins Auge fassen: er zeigt Friesacher 
Schlag, gehört also in die Zeit nach dem Anfall von Kärnten (1269 — 1276). Etwas jünger 
ist das Gepräge mit König Rudolfs I Namen (n. 27), das während der Jahre 1276 — 1281 zu 
Graz entstand und sich zur Leitmünze gut eignet, weil es offenbar in großer Menge aus- 
gegeben wurde und lange im Lande umlief. Es kommt in steirischen Funden aus dem letzten 
Viertel des XIII. Jh. gewöhnlich vor (vgl. die Fundbeschreibungen G. 6, W. 7, V. 19, S. 24) 
und machte im Gleisdorfer Funde mit 330 Stück volle 77o des Fundinhaltes aus. Aus der 
Tatsache, daß im Kohlberger Münzschatz nur 4 Stück auf 276 bekannt gewordene Pfennige 
entfielen, muß man schließen, daß dies Rudolfsgepräge zur Zeit der Vergrabung des Kohl- 
berger Schatzes entweder erst in Umlauf gekommen oder aber aus dem Verkehr schon 
geschwunden war. 

Dem Münzbilde und dem Vorkommen im Gleisdorfer Münzschatze nach muß femer 
n. 57 der Regierung Albrechts I (1282 — 1308) zugesprochen werden, der als Herzog von 
Österreich und vSteiermark Anlaß zur Anbringung des Bindenschildes neben dem Panther 



150 A. Luschin v. Ebengreuth Stcirische Münzfunde 

hatte und in der Tat für seine Sekretsiegel die Vereinigung dieser Länderwappen ver- 
fugte. Als frühesten Zeitpunkt für die Bergung des Kohlberger Fundes würden wir 
demnach die ersten Jahre der Regierung Herzog Albrechts I, also etwa 1282 ff. erhalten. 
Wir müssen jedoch die Vergrabungszeit noch um mehrere Jahre herabrücken, wenn wir 
auf die Pfennige 5 und 13 Rücksicht nehmen, welche die Landeswappen von Kärnten und 
Salzburg in ihrer jüngeren noch heute üblichen Gestaltung zeigen. Bei der Beweisführung 
müssen wir allerdings etwas weiter ausholen. 

Nach den gründlichen Untersuchungen, die v. Siegenfeld in seinem Werke über das 
Landeswappen von Steiermark (Graz 1900) S. 244 ff. niedergelegt hat, waren die Wappen- 
figuren von Steiermark und Kärnten ursprünglich gleich, wir können namentlich an den 
Siegeln Herzog Bernhards II verfolgen, daß dieser bis zu seinem Tode (f 1256) den Panther- 
schild führte. Anders sein Sohn Ulrich, der am 26. Jänner 1246 von Herzog Friedrich II 
dem Streitbaren bei Laa gefangen genommen und zu einer Wappenänderung genötigt 
wurde, die jener, solange er Erbprinz war, auch einhielt. Seine Siegel mit der Umschrift 
+ SICILLVCn • VLRICI • RLII • DVCIS • KARINTHI€ zeigen seit 1247 einen gespaltenen Dreieckschild, 
in dessen vorderem Felde drei Löwen übereinander, hinten dagegen ein Balken erscheint. 
Das war indessen Ulrichs persönliches, durch seine Abstammung von einer Babenbergerin 
gerechtfertigtes Wappen, das er sofort ablegte, als er nach dem Tode seines Vaters zur 
Alleinherrschaft gelangte. Von da ab zeigen seine Siegel den Pantherschild. Zum Landes- 
wappen wurde der Schild mit den drei Löwen und der Binde erst unter König Otakar II, 
der 1269 seinem Vetter kraft Familienvertrages in Kärnten folgte und vielleicht die Ver- 
wechslung seines Neuerwerbs mit Steiermark — das er schon länger besaß — durch diese 
Änderung verhindern wollte. Dem ungeachtet blieb die Erinnerung an das frühere Landes- 
wappen in Kärnten noch lebendig. Philipp, der zum geistlichen Stande bestimmte Bruder 
Herzog Ulrichs, nahm darum, als er 1275 von König Rudolf mit Kärnten, Krain und der 
Mark belehnt worden war, sofort wieder den Pantherschild an, dessen er sich bis zu seinem 
Tode 1279 bediente. Das neue Herrschergeschlecht der Görz-Tiroler (seit 1286) griff jedoch 
auf das 1269 — 1276 von Otakar II gebrauchte Wappenbild zurück, das von da ab zum 
bleibenden Landes wappen Kärntens wiu-de. 

Wir erhalten dem Gesagten zufolge die Jahre 1269 — 1276 oder nach 1286 als Ent- 
stehungszeit der unter 5 beschriebenen Pfennige mit dem neuen Kärntner Wappen, und 
da spricht meines Erachtens die größere Wahrscheinlichkeit für den späteren Zeitraum. 
Für Meinhard II hatte die Erwerbung von Kärnten denn doch eine ganz andere Bedeutung, 
als für den länderreichen Böhmenkönig Ottakar, der das Wappenbild seines Hauptlandes, 
den zweischwänzigen Löwen, ebensogut auf Grazer wie auf Friesacher Pfennigen anbringen 
ließ. Auch wissen wir, daß Meinhard alsbald, nachdem er die schwer erreichte Belehnung 
mit Kärnten empfangen hatte, unterm 21. Oktober 1286 zu Judenburg mit dem Erzbischof 
Rudolf von Salzburg ein Übereinkommen über die Ausmünzungen zu S. Veit, Völkermarkt 
und Friesach traf, und einer solchen Vereinbarung würden die Pfennige n. 5 und 1 3 mit 
dem neuen Kärntner und dem neuen Salzburger Wappenschild bestens entsprechen. 

Bestätigt werden diese Ausführungen, wenn wir die Geschichte des Salzburger Stifts- 
wappens ins Auge fassen. Nach Siegenfeld (S. 290 flF.) unterliegt es keinem Zweifel, daß die 
Erzbischöfe ursprünglich den Panther im Wappen führten, den sie erst später gegen den 
heute üblichen Schild mit dem schwarzen Löwen in Gold und dem weißen Balken in Rot 
vertauscht habeOi Wann dies geschah, ist unbekannt, v. Siegexfeld denkt vor 1275, weil 



A. Luschin v. Ebkngreuth Steirlsche Münzfundc 1 5 1 

dies die Beibehaltung des Panthers im Schilde von Reichenhall erklären würde, anfangs 
des XIV. Jh. erscheint der neue Salzburger Schild durch die Überschrift Salzburg be- 
glaubigt in der Zürcher Wappenrolle. 

Zur Erweisung seiner Vermutungen beruft sich nun v. Siegenfeld u. a. auch auf den 
Ankenstein i beschriebenen Pfennig, der auf einer Seite die Brustbilder eines Königs und 
eines Bischofs neben einem Turm, auf der Rückseite zwei auswärts gesteinte Panther, den 
Bindenschild und eine Lilie zeigt. Er erklärt das Stück als Gemeinschaftsmünze eines öster- 
reichischen Herrschers und eines Erzbischofs von Salzburg und verlegt es in die Jahre 
1245 — 1246 in die Zeit, da die Verhandlungen wegen der Umwandlung von Österreich- 
Steiermark in ein König^tum schwebten. Diesen scharfsinnigen Ausführungen ist mit ein- 
ziger Ausnahme der Zeitbestimmung beizuflichten, welche um etwa 25 — 30 Jahre zu hoch 
angesetzt ist, weil der fragliche Pfennig in dem ums Jahr 1276 vergrabenen Ankensteiner 
Münzschatz mit 537o den Hauptstock der damals im Lande umlaufenden Münzen bildete. 
Da die Pfennige in Steiermark seit der von Kaiser Friedrich II im Jahre 1237 ausgestellten 
Handfeste durch fünf Jahre im Verkehr bleiben sollten, so gelangen wir ungefähr auf das 
Jahr 1272, als Entstehungszeit dieses Gepräges, das somit von König Otakar und dem 
Salzburger Erzbischof Friedrich II (1270 — 1284) ausgegangen sein dürfte. 

Nun ist aber das Gepräge A. i in Steiermark gar nicht selten, da es beispielsweise in 
allen vorher beschriebenen Funden vorkam, den von Kohlberg allein ausgenommen. Dies 
Fehlen ist hier auffällig, wir müssen geradezu annehmen, daß die erwähnten Pfennige aus 
dem Verkehr schon ganz geschwunden waren, als der Kohlberger Schatz geborgen wurde. 
Solches Verschwinden einer häufigen Münzsorte aus dem Umlauf erfolgt jedoch erfahnmgs- 
gemäß erst nach längerer Zeit, und so werden wir zur Annahme gedrängt, daß zwischen 
der ums Jahr 1272 ermittelten Ausgabe obiger Münze und der Vergrabung des Kohl- 
berger Fundes ein längerer Zeitraum lag. Selbst wenn wir diesen auf 15 — 20 Jahre ein- 
schränken, würden wir an die Zeitgrenze nach 1286, also eben dahin gelangen, wohin der 
Pfennig mit dem neuen Kärntner Wappen weist. Als Ergebnis dieser Ausfuhrungen dürfen 
wir wohl zusammenfassen, daß der Kohlberger Münzschatz nicht vor 1286 der Erde an- 
vertraut wurde. Die Zeit nach 1286 bleibt dabei offen, denn es ist keineswegs notwendig, 
daß die Pfennige mit dem neuen Kärntner und dem Salzburger Wappen schon 1286 aus- 
gegeben wurden, da ja die Gemeinschaftsmünzen mancherlei Gepräge haben konnten und 
wirklich hatten, wie wir aus den unter n. i und 2 beschriebenen Pfennigen mit SR und SV 
auf der Rückseite ersehen. 

Wenn wir uns nach diesen Feststellungen zum Pfennig mit O^ONÄTA • R€CCIS • B wenden, 
so glaube ich durch das Gesagte den Nachweis schon geliefert zu haben, daß die Umschrift 
nicht moneta regis Belae ergänzt werden darf. Steirische Münzen aus der Zeit der ungarischen 
Zwischenherrschaft 1252 — 1260 gehören zu den größten Seltenheiten; nur im Ankensteiner 
Fund, der um 1276 vergraben wurde, kamen ein paar Stück in zweierlei Geprägen vor, 
während sie in allen jüngeren Funden fehlten. Sie gelangten wohl schwerlich in größerer 
Zahl in Umlauf, es wäre daher undenkbar, daß sie in dem nach 1286 geborgenen Kohl- 
berger Schatz mit 16 Stück die drittstärkste Münzgattung bilden könnten. Lautet nun die 
Umschrift nicht moneta regis Belae, so wird sie wohl moneta regis Bohemiae aufzulösen sein. 
Damit ist aber die Frage gegeben, welcher König von Böhmen als Münzherr gemeint sei. 
Offenbar ein solcher, der auch in Kärnten gebot, da die Stücke sich mehr an die Kärntner- 
ais an die steirische Mache anschließen. Das könnte nun Otakar II sein, der von 1269 bis 1276 



1 5^ A. Luschin v. Ebenoreuth Steirische Münzfunde 

in Kärnten herrschte, allein solcher Annahme steht entgegen, daß das in Rede stehende 
Gepräge allen älteren Funden aus Steiermark fehlt und nur im jüngsten, den wir bisher 
kennen gelernt haben, im Kohlberger, hier aber in i6 stempelfrischen Stücken = 6% des 
Fundinhaltes auftritt, was um so auffalliger ist, als im übrigen nur ein einziger Pfennig 
dieses Münzschatzes Otakar II beigelegt werden kann. Überdies würde der Adler, obzwar 
er altbohmisches Wappenbild ist, zu diesem Könige nicht passen, der als solches nur den 
doppelschwänzigen Löwen führte. Schließlich darf auch der Zusammenhang nicht übersehen 
werden, der zwischen den Geprägen 3 und 13 durch die Buchstabenformen hergestellt 
wird. In beiden Umschriften • OiOae(TÄ • Re:CIS • B 
und • OloaeTÄ • SÄLZB . epi 

zeigen die Buchstaben M und N bereits die Form der sogenannten gotischen Majuskel 
während sie auf unzweifelhaften Geprägen König Otakars II, z. B. auf dem Grazer Pfennig 
A. 8 mit + MVNeC- — CRETZ oder A. 17 + MON€TASTIRI€ noch Kapitalform haben. Gehören 
nun die Gepräge 3 und 13 durch ihren Schriftcharakter in ungefähr gleiche Zeit, so ist 
auch dadurch die Entstehung der Pfennige mit moneta regis Bohemiae ums Jahr 1286 oder 
später wahrscheinlich gemacht. Wir können sie aber dann nicht mehr Otakar II beilegen, 
sondern müssen uns nach einem späteren Herrscher umsehen, der Herzog in Kärnten und 
zugleich König von Böhmen war. Dies trifft zu bei Herzog Meinhards Sohn Heinrich, der 
mit seinen Brüdern 1295 die Regierung in Kärnten und Tirol übernahm, am 8. August 1307 
zum König von Böhmen gewählt wurde und an diesem Titel sein Lebelang festhielt, obwohl 
er sein Königreich schon nach wenig Jahren an die Luxemburger verlor. 

Sind also die Pfennige mit der Umschrift moneta regis B. von Herzog Heinrich von 
Kärnten nach seiner Wahl zum König von Böhmen, also nach Augxist 1307 ausgegeben 
worden, so beheben sich die Schwierigkeiten, welche die Ausdeutung mancher Kohlberger 
Gepräge darbot, und wir gewinnen überdies Kenntnis von jenen Umständen, welche sehr 
wahrscheinlich Anlaß zur Bergfung dieses Münzschatzes gegeben haben. Wir wissen, daß 
die Habsburger Heinrichs Annahme der Wahl durch Kriegszüge beantworteten, welche 
einen großen Teil von Unterkämten, von Krain und der windischen Mark in ihren Besitz 
brachten ; wir wissen femer, daß 1 308 Heinrichs Bruder Otto und der Baiernherzog als Ge- 
genzug einen Einfall des ungarischen Grafen Heinrich von Güns nach Steiermark beredeten, 
und daß diesem der Landeshauptmann Ulrich von Wallsee nur dadurch begegnete, daß er 
in aller Eile mit 300 Reitern nach Marburg kam und eben dahin den Landsturm entbot; 
wir wissen ferner, daß die kaum 6 Kilometer von Kohlberg entfernte Stadt Windisch-Feistritz 
bereits zu Heinrichs Besitz gehörte, ebenso wie das im Mießlingtale am Westabhang des 
Bachern gelegene Windisch-Gratz, das am 12. Juli 1308 von den Anhängern Herzog Friedrichs 
erobert wurde. In dieser unruhigen Zeit, in der verherende Züge und Vorstöße bald von 
dem einen, bald von dem andern Teil unternommen wurden, war Grünberg als kleine Grenz- 
feste in höchst unsicherer Lage. Wäre es da gewag^t anzunehmen, daß bei solch einem 
feindlichen Anlaß unweit von Grünberg im Jahre 1308 jener Schatz dem schützenden Schoß 
der Erde übergeben wurde, den im April 1885 der im Steinbruch des Michel Stern spielende 
Hirtenknabe wieder zutage gebracht hat? Ich glaube nicht. 

Es folgen nun unter VII — XIII jüngere Münzfunde, durch welche wir die steirischen 
Gepräge aus dem XIV. Jh. kennen lernen. Mehrere sind leider nur in geringen Bruch- 
stücken überliefert worden, so daß jene Anhaltspunkte zur Zeitbestimmung wegfallen, 



A. LuscHiN V. Ebbngrbuth Steirische Münzfnnde 153 

welche durch die größere Stückzahl eines Gepräges im Funde gegeben sind. Wir sind 
daher bei den Funden VII — IX und XIII zur Ermittlung der Vergrabungszeit einzig auf das 
Auftreten oder Fehlen gewisser Leitmünzen angewiesen, daher unterblieb bei der Be- 
arbeitung die Anreihung der Gepräge nach dem Anteil, den sie am Fundinhalte haben. 
Für die Funde X — XII, die uns glücklicherweise vollständig oder doch in namhaften 
Bruchstücken überliefert sind, konnten allerdings auch die Stückzahl und Gewichtsver- 
hältnisse verwertet werden. 

Als Eigentümlichkeit der nun zur Beschreibung kommenden Funde muß die stärkere 
Mischung der steirisch-kärntnischen Gepräge mit Wiener Pfennigen hervorgehoben werden. 
Sie ist ein Anzeichen des wachsenden Einflusses der Wiener Münze auf den Geldverkehr 
in Steiermark und offenbart das planmäßige Bestreben des Herrscherhauses, das auf diesem 
Wege zur Einheitlichkeit des Münzwesens in seinen Landen zu gelangen suchte. Die An- 
näherung beginnt als Nachahmung der Münzbilder, die geradezu Parallelreihen schuf. 
Als ich vor vierzig Jahren am Beginn meiner Untersuchungen über das österreichische 
Münzwesen stand und mir der Zufall zuerst jüngere Münzfunde aus Steiermark zur Be- 
arbeitung zuführte, glaubte ich deren ganzen Fundinhalt der Wiener Münze zuschreiben zu 
dürfen. Ich unterschied jedoch schon damals — ich verweise auf meine Abhandlung über 
Wiener Pfennige in der Wiener numismatischen Zeitschrift VI {1874) S. 68 ff. — nach den 
Geprägeeigentümlichkeiten drei Hauptgruppen, deren Erklärung ich in der zeitlichen Auf- 
einanderfolge suchte. Glückliche Funde und eingehende Beschäftigung mit dem inzwischen 
erheblich gemehrten Stoff haben mich seither überzeugt, daß wir es bei obigen Hauptgfruppen 
nicht mit einem zeitlichen Nacheinander, sondern mit einem räumlichen Nebeneinander zu 
tun haben. Nur die von mir als Hauptgruppe A zusammengestellten Münzen sind Wiener Pfen- 
nige, die Hauptgruppe B umfaßt jüngere Friesacher, Hauptgruppe C ebenso Grazer Gepräge. 

Die Gründe, die mich zu dieser Ansicht bestimmten, sind in Kürze für Hauptgruppe B 
der Zusammenhang in der Prägeweise mit Friesacher Pfennigen aus der zweiten Hälfte des 
Xnr. Jh., überdies die Aufschrift VITVS auf einem dieser Stücke, welche auf die Entstehung 
in der herzoglichen Münzstätte zu S. Veit in Kärnten hinweist. 

Für die Hauptgruppe C: Die Übereinstimmung gewisser Prägeeigentümlichkeiten mit 
erweislich steirischen Münzen des XIH. Jh., beispielsweise die blechartige Beschaffenheit 
und die Größe des Schrötling^, der hohe Feinhalt, den die Gepräge dieser Gruppe meistens 
zeigen, da ein solcher für die Grazer Pfennige bezeugt ist, und endlich die Tatsache, daß 
Münzfunde, die eine größere Anzahl dieser Gattung enthielten, bisher nur aus Steiermark 
oder aus der nächsten Umgebung des Landes bekannt geworden sind. 

Zur Verdeutlichung gebe ich jedesmal die Zahl, unter welcher das einzelne Gepräge 
in meiner Abhandlung über die Wiener Pfennige (Wiener num. Zeitschr. Bd. VI — IX, 1874/77) 
auf den Tafeln abgebildet ist, unter Beisetzung der Sigle W.Pf, am Schlüsse an. 



VII. Der Fund von Grofi-Kanizsa 

Aus diesem angeblich 1885 gehobenem Münzschatz gelangten 14 Stück in dreizehn 
Prägen durch die Firma S. Egger & Comp, an Herrn Rudolf Ritter v. Höfken, der sie in 
der Wiener numismatischen Zeitschrift XIX (1887) veröffentlichte. Es sind dies 3 Wiener 
und 10 Grazer, beziehungsweise Kärntner Gepräge, und zwar; 

Jahrbuch für Alterlumykunde I 1907 jO 



154 



A. Luschin v. Ebbnorbüth Steirische Münsfunde 



ä) Wiener Gepräge: 

I. (122) Vs. Blätterkreuz mit gekreuztem Unterbalken, in den Winkeln Ringelchen. 
Rs. Wappenschild des Landschreibers Rapoto von Urfahr {1303) auf einem 6 spitzigen Stern, 
dessen Strahlen mit dreiteiligem Laubwerk belegt sind, i Stück. Wiener Münzwesen in 
Geschichte der Stadt Wien I 1897 Taf. XIX 100; Wf.P. 117 Höfken a. a. O.n. 2. Ist 0708 fein. 







122 



2. (123) Vs. Drei Mönchsköpfe im Dreipaß. Rs. Ein Kreuz, i Stück. Wiener Münz- 
wesen a. a. O. Taf. XVII n. 7; W. Pf. 8; Höfken i. 

3. (124) Vs. Hahn von links. Rs. gekrönter Drache von links. Wiener Münzwesen a. a. 
O. T. XVni, 41. Höfken 12. 

b) Grazer und Friesacher Gepräge: 

4. (125) Vs. Von einem wulstigen Ring umgeben ein Brustbild mit Herzogshut zwischen 
den Buchstaben F — R jeder Buchstabe ist oben und unten von einem Punkt begleitet. Rs. 
mit Lilien besät. D. 18. A. a. O. n. 3, ist ungefähr 0*800 fein, W. Pf. 177. 

5. (126) Vs. Bärtiger Kopf, als Hauptschmuck zwei gezahnte Hörner, zwischen welchen 
ein Kreuz schwebt. Im Felde vier Punkte. Rs. Schwebendes Kreuz von vier Lilien um- 
geben. Höfken a. a. O. 4. Ist 0800 fein. W. Pf. 2. 







6. (127) Vs. Kopf zwischen zwei Schwertern, ober ihm eine Lilie. Rs. Undeutliche 
Spuren eines Lilienzierates. Höfken n. 5. Ob die Kopfbedeckung ein Käppchen oder, wie 
Höfken meint, eine Bischofsmütze ist, läßt sich bei der mangelhaften Erhaltung der mir 
zugänglichen Stücke nicht entscheiden. Ist 0*840 fein. W.Pf. 184. 

7. (128) Einseitig (?) Hirschkopf mit Bindenschild zwischen den Geweihen. Höfken 6. 
2 Stück. Ist 0800 fein. W. Pf. 20. 

8. (129) Einseitig (?). Unter einem mit Kugeln besetzten Dreibogen obere Hälfte eines 
gekrönten Adlers, den Balkenschild vor der Brust. Höfken 6 W. Pf. 199. 

9. (i 30) Einseitig (?). Behelmter Bindenschild neben einem halben Adler. Höfken 8. W. Pf. 202. 

10. (131) Einseitig (?). Vierfüßiges Tier von links (Hase?) mit langen Ohren und kurzem 
Schweif. Höfken 9. W. Pf. 26. 



130 



11. (132) Vs. Zwischen zwei Bindenschilden Kreuz auf einem Halbbogen, unter diesem 
und im Felde ober den Schilden je ein Punkt. Auf der Rückseite undeutliche Zieratspuren. 
Höfken 10. Ist o'8o6 fein. W. Pf. 36. 

12. {133) Bindenschild in einem aus sechs Lilien gebildeten Kranze. Höfken ii. W.Pf. 40. 








A. Luschin v. Ebengreuth Steirische Münzfunde 155 

13. (88) Vs. Ober einer gezinnten Mauer zwei Bischofsbrustbilder, zwischen ihnen ein 
aufragender Zepter, wie S. 23 (88). Die Rs. war jedoch verschieden und zeigte Spuren eines 
von Ringelchen umgebenen Adlers. Höfken 13. 

Das letzte Stück ist sicherlich ein Friesacher Gepräge, n. 4 — 12 dürften jedoch, wo 
nicht alle, doch der Mehrzahl nach Grazer Pfennige sein, nur ist die Mache bei diesen 
jüngeren Stücken viel roher, als bei den älteren Jahrgängen. Die Mehrzahl macht den 
Eindruck von Hohlmünzen, weil die Spuren der Rückseite fehlen, doch reicht die Zahl der 
erhaltenen Stücke zur Entscheidung der Frage, ob sie ein- oder zweiseitig ausgebracht 
werden sollten, nicht hin. Das Münzbild ist regelmäßig von einem wulstigen Ringe und 
einem Perlkreise umgeben, dieser jedoch infolge mangelhafter Ausprägung nur selten sichtbar. 

Das Gesamtgewicht der 10 Grazer Pfennige n. 4 — 12 betrug nach v. Höfkens Wägungen 
4*96 gy im Durchschnitt also nahezu 0*5 g. 

Zur Ermittelung der Vergrabungszeit dienen die Leitmünzen i und 4. Der Wiener 
Pfennig i, der während der Amtsführung des Landschreibers Rapoto von Urfahr 1303 
entstand, kommt in Funden von Wiener Pfennigen aus dem Anfang des XIV. Jh. häufig vor. Der 
Grazer Pfennig 4 ist nach den beigesetzten Buchstaben auf Herzog Friedrich den Schönen 
1308 — 1330 zu beziehen. Da Friedrich 13 14 zum deutschen König gewählt wurde, so können 
die Buchstaben F — R sowohl Fr{idericus) als F(ridericus) r(ex) gelesen werden. Weil indessen 
dem Bilde jeder Hinweis auf die königliche Würde fehlt und wir Gepräge Herzog Rudolfs IV 
mit den Buchstaben R — V kennen lernen werden, so halte ich die Lesung Fr(idericus) für 
richtiger. Wir erhalten damit den Hinweis auf die Jahre 1308 — 13 14 als Entstehungszeit 
dieses Gepräges. Der Fund von Groß-Kanizsa ist somit nach 1308 vergraben, doch bleibt 
es ungewiß, um wie viel Jahre später dies geschah. 



VIII. Fund von Kalkgrub bei Wies 

Die näheren Umstände dieses Fundes sind unbekannt, im ganzen sollen kaum 20 Stück 
gefunden worden sein, von welchen ii Stück ans Joanneum kamen; man kann sich jedoch 
auf solche Angaben wenig verlassen, da die mißtrauischen Finder (wie ein Beispiel aus 
jüngster Zeit zeigt) oft mit Absicht unrichtige Angaben machen. Die 1 1 ans Joanneum ge- 
langten Stücke wogen 673^, durchschnittlich also 06 1 g. Bekannt wurden folgende Gepräge: 

■•(U4] Vs. Bärtiges Ungeheuer von rechts auf zwei Füßen mit emporgeringeltem 
Drachenschwanz. Rs. Ist nur ein kleiner Bindenschild sichtbar. 5 Stück, wogen insgesamt 
2*87^, im Durchschnitt also 057^, 0*850 fein, W.Pf 212. 

2. (126) Vs. Bärtiger Kopf mit gezahnten Hörnern als Hauptschmuck, zwischen diesen 
ein Kreuzchen wie G.-K. 5 (126). 3 Stück. W. Pf 2. 

3- {135) Vs. Drei einwärtsgestellte Lilien und drei 
Bindenschilde im Dreipaß. Rs. undeutlich. 0830 fein. /jf>Ü^5^^'34 \'^i3^^^H^35 
2 Stück. W. Pf 38. 

4. (125) Brustbild mit Herzogshut zwischen F — R wie 
G.-K. 4 (125), auf der Rückseite undeutliche Prägespuren. W.Pf 177. 

Auch dieser Münzschatz ist wie jener von Groß-Kiinisza nach dem Jahre 1308 ver- 
graben. Er scheint jedoch etwas älter zu sein, da seine Münzen ein erheblich höheres 
Durchschnittsgewicht, 0*61 gegen kaum 0*5^ dort, zeigen. 

20* 





156 



A. Luschin v. Ebengrsuth Steirisclie MÜDzüinde 



IX. Fund von Hohenmauten bei Mahrenberg 

Ende 1884 wurde zu Hohenmauten oder im benachbarten Mahrenberg nahe der steirisch- 
kärntnischen Grenze ein großer Münzfund gemacht, der jedoch bis auf wenige Stücke der 
Wissenschaft verloren ging. Nach Erkundigungen, die ich einholte, sollen etwa 10 Dekagramm 
Pfennige aus diesem Münzschatze ans Münzkabinett des Landesmuseums Joanneum gelangt 
sein, doch sind diese im heutigen Bestände der Sammlung nicht mehr nachzuweisen. Ein 
größerer Teil wurde an den Händler Jakob Stern in Graz, ein zweiter an einen fremden 
Juden verkauft. Jakob Stern brachte seinen Teil, etwa 2 kg schwer, ins Grazer Münzamt 
zum Einschmelzen. Der Gußkönig wog nach dem Brande 1800^ und war 0744 fein. Er- 
halten blieben nur die nachstehend aufgezählten 34 Stück, welche insgesamt 187^ oder im 
Durchschnitt 0*56^ wogen. Man kann daraus schließen, daß schon auf den durch Jakob Stern 
der Vernichtung angeführten Teil des Fundes über 3000 Pfennige entfielen, und daß der 
ganze Münzschatz aus 4 — 5000 Stücken bestand. 

Ich stelle die redenden Gepräge voran und lasse die übrigen nach der Stückzahl folgen. 

I. (136) Brustbild mit flacher, kronenähnlicher Kopfbedeckung, in der Rechten ein 
Zepter, auf der Brust den Bindenschild. Zur linken Seite im Felde ein R und darunter eine 
Rosette, i Stück. W.Pf 176, angeblich 0*804 ^ii^- 



139 a 



2. {137) Brustbild von rechts mit dem österreichischen Erzherzogshut, im Felde die 
Buchstaben R— V. Ist 0650 fein. W. Pf. 180. 

3.(138) Gekrönter Stechhelra von links mit dem österreichischen Pfauenstutz, im Felde 
R — V, ist 0-668 und 0-672 fein. W. Pf. 34. 

Obgleich das im Felde einzelnstehende R auch rex gelesen und etwa auf Friedrich 
den Schönen bezogen werden könnte, halte ich die Deutung Rudolfus für richtiger, zumal 
es Pfennige mit einem bloßen F im Felde gibt, das nur Friderictis heißen kann. Die Le- 
sung R — V = Rvdolfus ist ganz sicher. Alle drei Gepräge gehören Herzog Rudolf IV 1358 
bis 1365 zu. 

4. (139) Der steirische Panther von der rechten Seite. 2 Stück. W.Pf 217. 0700 fein. 

5. (139 a) Variante mit zwei Kleeblättern im Felde. Die Pantherpfennige, die häufig vor- 
kommen, nähern sich nach Größe und Mache sehr den Wiener Pfennigen. Sie haben dickeren 
Schrötling von kaum 16 mm Seitenlänge, i Stück. 

6. (140) Steinbockkopf von rechts mit nur einem sichtbaren Hörn. 2 Stück, o'6o6 fein. 
W.Pf 16. Auch von diesem Gepräge gilt das zu n. 4 und 5 Bemerkte. D. 16. Als Beizeichen 
erscheint zuweilen ein Punkt im Felde unter der Schnauze. 

7. (141) Halber Adler und halbe Lilie nebeneinander. 2 Stück, D. 18. W.Pf. 201. 



140 











A. Luschin v. Ebengreüth Steirische Münzfunde 



»57 







8. (142) Hahn von der linken Seite. 2 Stück, D. 18. W. Pf. 206. 

9. (143) Brustbild eines Engels, zwischen den hochaufragenden Flügeln der Bindenschild. 
2 Stück schlecht erhalten, D. 16— 17. W.Pf. 208. 0780 fein. 

10. {144) Zweifüßiges Ungetüm von der rechten Seite mit kurzem Schweif, auf dem 
menschlich gestalteten Kopfe eine Zipfelmütze. 2 Stück, D. 17, 0760 fein. W. Pf. 211. 



144 



11. (145) Großer Widderkopf, zwischen den Hörnern der Bindenschild, i Stück, 0790 
fein, stark abgegriffen, D. 18 — 19. W. Pf. 192. 

12. (2) Reiter von der rechten Seite wie A 2, stark abgenützt, i Stück. 

'3- (135) Drei Lilien und drei Bindenschilde wie Kalkgrub 3. i Stück. W.Pf. 38. 

14.(132) Kreuz auf einem Bogen zwischen zwei Bindenschilden wie G.-K. 11 (132) 
I Stück, o-8o6 fein. W. Pf. 36, schlecht erhalten. 

15.(134) Bärtiges Ungeheuer von rechts auf zwei Füßen wie Kalkgrub i. i Stück 
W.Pf 212. 

16.(130) Behelmter Bindenschild und halber Adler nebeneinander wie G.-K. 9 (130). 
I Stück. W. Pf. 202. 

17. (146) Aufgerichtetes Tier (Löwe? Wolf?) von links, i Stück, D. 18. W. Pf. 188. 

18.(147) Drache mit geöffneten Flügeln von links. D. 18 — 19, w. o*6^, i Stück. 

19. (148) Rohgezeichneter Kopf einer Nonne von rechts mit einer in den Nacken 
herabhängenden Kapuze. Im Felde hinter der Kapuze ein kleiner auswärts gekrümmter 
Fisch. D. 18, 0-675 fein, i Stück. W. Pf. 185. 

20.(111) Torbogen mit drei Türmen, in der Mitte ein Turm mit steilem Dach, an den 
Seiten Zinnentürme, unter dem Bogen ein Stern wie K. 35 (iii). i Stück stark abgegriffen. 
D. 17 — 18, w. 0*52 ^. 

21. (107) Stern mit sieben Strahlen, darin ein Kopf von links wie K. 23 (107). i Stück 
stark abgegriffen. W. Pf. 186. 

22.(126) Bärtiger Kopf, als Hauptschmuck zwei gezahnte Homer, dazwischen ein 
Kreuzchen wie G.-K. 5 (126). i Stück. W. Pf. 2. 

23. (149) Rechts von einem Baume ein zusammengekauerter Drache, von der linken 
Seite mit dem Kopf zum Baum gewendet. D. 18, w. 0*62^. i Stück. 



149 



24.(150) Vorderteil eines Löwen von links mit angehängtem Fischleib. Im Felde drei 
Punkte. Rs. Spuren einer zackigen Zeichnung. D. i7,w. 0*52^. i Stück. 

25. (151) Körper eines aufgerichteten Tieres von links mit einem Kreuz an Stelle des 
Kopfes. D. 15 — 16, w.o'62^. i Stück. 

26.(152) Rechtssehender Adler von ziemlich roher Zeichnung. D. 16— 17, w. 067 ^. 
I Stück. 









158 A. Luschin v. Kbeng&suth Steirische Münzfunde 

27.(153) Rohgezeichneter Adler wachsend ober einer 
gekrümmten Spange mit laubformigen Enden. D. 16^ 
w. o*6 g. I Stück. 

28. {154) Zwei gegeneinander gekehrte Zinnengiebel 
zwischen zwei Halbmonden, im Felde vier Punkte. D. 17, w. 072^. i Stück, 

N. 25 — 28 dürften jüngere Friesacher-Prägen sein. 

Die Vergrabungszeit des Fundes von Hohenmauten dürfte wohl in die Regierungszeit 
Herzog Rudolfs IV (1358 — 1365) oder bald danach fallen, da drei redende Gepräge dieses 
Herrschers erhalten sind. Man wird ohne großen Fehler annehmen können, daß alle in 
diesem Schatze vorhandenen Münzen vor dem Jahre 1370 ausgegeben wurden. Das Fehlen 
von Wiener Geprägen würde für die Zeitbestimmung einen richtigen Anhalt gewähren, 
falls uns der Fund unversehrt oder doch in größerer Auswahl erhalten geblieben wäre. 



X s. Kunigund bei Cilli 

XI Marburg 

XII und XIII Funde unbekannter Herkunft (Fund C und „schwarzer Fund") 

Diese Funde bieten vielfach übereinstimmenden Inhalt; so daß sie am besten gemeinsam 
zur Beschreibung gebracht werden; ich bemerke, daß dabei die Sigle Dw. das Durchschnitts- 
gewicht bezeichnet. 

X, Anfang September 1891 stießen Arbeiter bei Erneuerung des Pflasters in der Filial- 
kirche St. Kunigund, die zu der 8 km NW. von Cilli gelegenen Pfarre St. Jakob in Galizien 
gehört, beim Aufreißen der betonartigen Unterlage, hart an der Kirchenmauer rechts vom 
Hochaltar auf eine starke Steinplatte. Nach Beseitigung dieser zeigte sich eine Höhlung, in 
welcher sich zwei Topfe aus grauem Hafnerton ineinandergestellt befanden; beide wurden 
leider zertrümmert. Im kleineren Topfe von etwa 6 cm Durchmesser lagen angeblich an 
3000 Silberpfennige, von welchen indessen an 1000 Stück verschleppt worden sein sollen. 
1856 Stück wurden mir über Ersuchen des Pfarrers Herrn J. Mattoch zur Bestimmung und 
Verwertung durch den Herrn k. k. Konservator und Bergrat Emanuel Riedl gesandt, der 
auch eine kurze Anzeige Mitt. der k. k. Z. K. XX (1894) 59 fg. veröffentlichte. Ein 
Wiederabdruck dieses vorläufigen Berichtes findet sich im Monatsblatte der Wiener 
numismatischen Gesellschaft HI n. 127 — 128 (1894); eine ausführliche Beschreibung fehlte 
bisher. 

Der Münzschatz von St. Kunigund enthielt in bunter Mischung wenigstens 162 ver- 
schiedene Gepräge, welche sich auf die von mir in der Einleitung auf S. 153 nach 
den Eigentümlichkeiten ihrer Mache gesonderten Hauptgruppen -4, B und C ungefähr 
nach dem Verhältnisse von ^Yjt; Vst ^^^ ^Vst ^^^ Gesamtinhaltes verteilten. Die Pfennige 
hatten im allgemeinen Durchschnitt ein Gewicht von 0*625^, da Posten zu 100 Stück, die 
aufs geratewohl, ohne die Sonderung nach den Hauptgruppen zu beachten, herausgezählt 
wurden, zwischen 62 und 63^ wogen. So wie man aber die Gruppen berücksichtigte, änderte 
sich der Durchschnitt. Fünfhundert Stück der Gruppe A enthaltend 23 der häufigsten 
Arten, wogen 327^, der Wiener Pfennig somit im St. Kunigunder Funde durchschnittlich 



A. Luschin ▼. Ebengrkuth Steirische Münztunde 159 

0-654^; 799 Stück der Gruppe C 48623^, so daß auf den Grazer Pfennig im Durchschnitte nur 
o-6o8^ kamen. Dieser Ausfall am Rohgewicht ist jedoch im Feingewicht reichlich ausge- 
glichen durch den höheren Feinhalt, welchen die Mehrzahl der Grazer Pfennige 
aufweist. 

Vergraben wurde der St. Kunigunder Schatz um das Jahr 1400; dies wird erwiesen 
durch das Vorkommen der vielen Steinbockpfennige n. i (155), deren Ausprägung zu Wien 
Ende 1399 begann und Anfang 1400 fortgesetzt wurde. Nach der Münzvorschrift sollten 25 
dieser Pfennige aufs Wiener Lot gehen, ein Stück also im Durchschnitt 07 g wiegen. 
Dieser Schwere nähert sich das ermittelte Durchschnittsgewicht der Steinböcke im St Kuni- 
gunder Funde (o-688^) bis auf 0*012 ^. Bedenkt man die verwüstende Wirkung der Aus- 
seigerung überwichtiger Stücke, die mit dem Tage der Ausgabe einsetzte, so kann der 
Umlauf dieser Steinböcke bis zum Zeitpunkte ihrer Verscharrung unter das Kirchenpflaster 
zu St. Kunigund nur kurze Zeit, höchstens i bis 2 Jahre betragen haben. Ich möchte 
darum die Vergrabungszeit dieses Schatzes auf das Jahr 1400 ansetzen. 

XI. Im Frühjahre 1866 wurden an 2000 (wie eine unbeglaubigte Nachricht meldete, 
sogar an 3000) Silberpfennige in einem Garten zu Marburg anderthalb Fuß tief vergraben 
aufgefunden. 1865 Stück aus diesem Schatze wanderten durch meine Hände und gelangten 
ans Münzkabinett des Landesmuseums Joanneum in Graz, ans Germanische Museum zu 
Nürnberg, zu einem kleineren Bruchteile auch in meine eigene Sammlung, der Rest wurde 
durch Arbeiter verschleppt. Ich habe diesen Fund in meiner Abhandlung über die Wiener 
Pfennige (Wiener numismatische Zeitschrift Bd. VI— IX, 1874—1877) unter der kurzen Be- 
zeichnung „Fund ß" beschrieben und füge hier nur ergänzend bei, dafl das Durchschnitts- 
gewicht von 12 16 Pfennigen, die 42 Arten angehörten, o'6o8^ betrug. Sonderte man 
Pfennige nach Gruppen, so wogen 1000 Stück der Gruppe A in 30 Arten 624'83^; wir 
dürfen daher das Durchschnittsgewicht der Wiener Pfennige inl Marburger Funde auf rund 
0*625^ ansetzen. 216 Stück der Gruppe C (12 Arten) wogen ii3'6i^, so daß wir auf ein 
Durchschnittsgewicht der steirischen Gepräge von 0*521^ kommen. Es zeigen sich somit 
die Gewichtsverhältnisse, verglichen mit jenen des St. Kunigunder Fundes, erheblich ver- 
schlechtert. 

Auch die Zusammensetzung des Fundinhaltes nach den drei Hauptgruppen zeigt Ver- 
schiedenheiten. Auf die Wiener und die Grazer Pfennige entfiel im St. Kunigunder Funde 
annähernd je die Hälfte, im Marburger Schatze überwogen die erstgenannten mit mehr 
als 7i gegfen weniger als 7* steirische Gepräge, und die Münzen der Kärntner Gruppe B 
waren bis auf 18 Stück verschwunden. 

Das Durchschnittsgewicht dieser Pfennige wurde nach den ursprünglichen Vermerken 
für die einzelnen Gepräge neu berechnet. Vor mehr als 30 Jahren, als ich meine Abhand- 
lung über die Wiener Pfennige in der Wiener numismatischen Zeitschrift veröffentlichte, 
glaubte ich, bei der Dürftigkeit des damals vorhandenen Münzmaterials die Durchschnitts- 
gewichte durch Zusammenziehen der Funde B und C ableiten zu dürfen. Seither bin ich 
zur Erkenntnis gekommen, daß ein solches Vorgehen unstatthaft ist, weil die Gewichts- 
verhältnisse in jedem Münzschatz von den sehr wechselnden Umständen abhängen, welche 
die Münzen vom Zeitpunkte ihrer Ausgabe bis zurVergrabung durchgemacht hatten. Es 
werden daher Münzen ein und desselben Gepräges in verschiedenen Funden in der Regel 
verschiedene Durchschnittsgewichte aufweisen und darum kann die Zusammenwürfelung von 
verschiedenen Funden auch kein brauchbares Durchschnittsgewicht ergeben. Da nun der 



l6o A. LüscHiN V. Ebengreuth Steirische Münzfnnde 

Fund C gegenüber dem Funde B durchwegs leichtere Gewichtsverhältnisse zeigt, so mußten 
die Durchschnittsgewichte jetzt beim Marburger Schatze gegenüber den früheren Ansätzen 
in Band VI— IX der Wiener numismatischen Zeitschrift öfter etwas erhöht werden. 

Xn. „Fund C*' stammt von einem nicht näher bekannt gewordenen Fundort an der 
steirisch-ungarischen Grenze. Als ich ihn 1873/74 durch Herrn S. Egger zur Beschreibung 
erhielt, bestand er aus 686 Stück, die vor der Reinigung 400 g, nach dieser 392^ wogen, 
fürs Stück also ein allgemeines Durchschnittsgewicht von 0*584 beziehungsweise o'^jig 
zeigften. Dreihundert Pfennige der Gruppe -4 von 24 verschiedenen Geprägen wogen 182*5^, 
die Wiener Pfennige also o'6o8^ im Durchschnitte, während 86 Stück der Gruppe C (i i Arten) 
45*35,? hatten, der Grazer Pfennig also im Durchschnitt 0-527^ wog. Dabei entfiel auf die 
Gruppe der Wiener Pfennige etwa */g, auf die Grazer Pfennige Vs des Fundinhaltes. Ver- 
öffentlicht habe ich diesen Münzschatz in der vorerwähnten Beschreibung der Wiener 
Pfennige als „Fund C". 

XIII. Gleichfalls unbekannter Herkunft sind 50 Pfennige im Münzkabinett des Joanneums 
zu Graz, die ich als den „schwarzen Fund" bezeichne, da sie sich durch ihren tiefbraun- 
schwarzen und glänzenden Überzug aus Hornsilber von allen übrigen steirischen Münzen 
der Sammlung merklich unterscheiden. Sie sind daher als Überrest eines nicht weiter be- 
kannten Fundes anzusprechen. Daß sie zu dem 1884 angeblich ans Joanneum gelangften 
Teil des Hohenmautner Fundes gehören, der unter IX beschrieben wurde, halte ich für 
unwahrscheinlich, da von den 30 Geprägen, die sich unter obigen 50 schwarzen Pfennigen 
finden, nur 8 in dem von mir erworbenen Hohenmautner Fundrest vorkamen, dieser zu- 
dem blanke Oberfläche zeiget, Hornsilber jedoch nicht ohne gefahrliche Reinigung zu ent- 
fernen ist. Das Durchschnittsgewicht stellte sich, da die 50 schwarzen Pfennige 2573^ 
wogen, auf 0-5146^. 

Die Vergleichung der vier besprochenen Funde X — XIII ergibt nach ihrer Zusammen- 
setzung und den Gewichtsverhältnissen folgendes Bild: 

Pfenniggewicht im Durchschnitte. 
Stück: 

X S. Kunigund] 1856 Gruppe^ ^V^^; 

XI Marburg 1865 „ ^ ca. V*; 

XII Fund C 6S6 „ A ca. V3; 

Xni schwarzer Fund 50 ? 

Alle vier Funde enthielten Steinbockpfennige, wurden daher nach dem Jahre 1400 
vergraben. Das Durchschnittsgewicht dieser für die Zeitbestimmung maßgebenden Pfennige 
betrug 

im Funde X s. Kunigund (105 Stück) ^ 0.688^ 
^ XI Marburg (293 „ ) = 0642^ 

XII Fund C (106 „ ) = 0-631 g 

Xni schwarzer Fund ( i „ ) entfallt. 

Die Vergrabung der Funde XI und XII fallt — aus den abgeschwächten Pfenniggewichten 
zu schließen — mehrere Jahre nach dem S. Kunigunder Schatz. Ich würde dabei das Jahr 
1408 als äußerste Grenze annehmen, weil den Funden die neuen Grazer Pfennige fehlen, 
welche Herzog Ernst der Eiserne durch seine Münzordnung vom i, Jänner 1409 nach Korn, 
Gewicht, Aufzahl und Mache der Wiener Münze einführte. 









allgemein 


A 


c 


B 


V«: 


c »7»7 


0-625 g 


0654^ 


0-608 g 


B 


18 Stück; 


Cca.V, 


o-6o8 g 


0-625 g 


o'52ig 


B 


I « 


Cca.V, 


O'bTlg 


o'öoSg 


0-527 g 




? 


P 


— 


— 


0-514^ 



im Durchschnitt 



A. LU8CHIN V. Ebknoreuth Steirische Münzfande l6l 

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß wir in den Funden X — XIII vor allem steirische 
Gepräge aus der zweiten Hälfte des XIV. Jh. zu erwarten haben. Mit anderen Worten, es 
besteht die Vermutung, daß die Grazer Gepräge, die erst in diesen Funden neu auftauchen, 
in ihrer Mehrzahl dem 3. oder 4. Viertel des XIV. Jh. angehören dürften. Bestätigt wird 
dies durch das Aussehen und die Beschaffenheit vieler Pfennige, welche manche Zeichen 
des Verfalls aufweisen: Die Münzbilder sind stärker erhaben, aber roher gearbeitet, die 
ganze Herstellung aber so flüchtig, dafl bei der Mehrzahl der Pfennige die Rückseite nur 
Ausbauchungen des Hauptbildes und keinerlei Spuren der Anwendung eines Rückstempels 
zeigft Es bleibt daher offen, ob nicht ein Teil dieser Pfennige mit einem einzigen Eisen 
geprägt wurde. Dazu kommt, dafi ihr Schrot und Korn im Entgegenhalt zu Münzen der 
Funde aus älterer Zeit stark vermindert ist, indem die Seitenlänge des Schrötlings selten 
16 mm übersteigt, während der Feingehalt einige Male bis auf 0*640 heruntergeht. Alles in 
allem zeigen also die Grazer Gepräge aus den Funden X — XII eine entschiedene An- 
näherung an die Wiener Pfennige der Jahre 1350 — 1399. Das bezeugt die Verwendung 
gleicher oder ähnlicher Münzbilder, die rohere Ausfuhrung der Stempel, die Verkleinerung 
des Schrötlings, die Abnahme des Korns, endlich die Zunahme von Wiener Geprägen 
in diesen Münzschätzen. Wir ersehen daraus, dafl die Grazer Pfennige als eigene Münz- 
gattung allmälich abstarben und im Lande selbst durch Wiener Münzen ersetzt wurden, und 
lernen dadurch die Münzordnung Herzog Emsts des Eisernen vom i. Jänner 1409 begreifen. 
Durch die Einfuhrung der Wiener Münzvorschriften in Graz hat der Herzog nur die 
Schlußfolgerung gezogen, zu welcher die Entwicklung des steirischen Münzwesens drängte. 
Der unmittelbare Einblick in die Münzzustände der Steiermark, den uns die Münzfunde X — XII 
verschaffen, entspricht somit vollkommen dem Bilde, das wir uns auf Grund urkundlicher Nach- 
richten vom Geldumlauf im Lande um die Wende vom XIV. zum XV. Jh. machen konnten. 

Gruppe A 

I* (155) Steinbockkopf von links. Einzelne Stücke zeigen als Beizeichen einen Punkt im 
Felde. 0^557 fein. W.Pf. 15 und 143. Einseitig. 

X s. Kunigund 105 Stück Dw, 0-688^, 3 Hälblinge = sViVo ^^^ Fundinhalts 
XI Marburg 293 „ Dw. 0-642^, i Hälbling = 16 7o w n 

XHFundC 106 „ Dw. 0-631^, i „ = 15 0/^ ^ 

Xm schwarzer Fund i n — — — 

Es wurde schon bemerkt, daß die Prägung dieser Pfennige in die Jahre 1399 — 1400 fällt 






2» (15^) Vs. Reiter mit Bindenschild von rechts, unter dem Pferde eine Lilie, Rs. Schild 
der Münzmeister Johann oder Jacob von Tirna (1365 — 70 oder 1372 — 73) zwischen drei 
Ringelchen. 0*490 fein. W. Pf. 41. i Stück, vielleicht altes Falschmünzererzeugnis, zeigte den 
Reiter von links. W. Pf. 42. 

X S. Kunigund 32 Stück Dw. 07 g 
XI Marburg 38 ^ Dw. o'özg 

Xn Fund C 14 n Dw. 07 g 

Das Gepräge machte in X, XI, XII etwa 2% a^^» 

Jahrbuch fUr Altertumsknnde I 1907 2 1 



I62 



A. LuscRiN V. Ebsnorsüth Steirische Münzfande 






3« (157) Vs. Drei große Blätter ins Dreieck gestellt. Rs. Schild des MunSsmeisters 
Dietrich Flusthart (1352 — 57) o'575^; o'öiofein. W.Pf. 87. 

X S. Kunigund 31 Stück Dw. o-68 g = 1*/,% 

XI Marburg 38 „ Dw. 0-65 g = 2% 
XII Fund C S „ — = i7o 

4. (158) Vs. Turm zwischen zwei Fischen. Rs. In einem geperlten Kreise das Wappen- 
bild der Tima. 0*470, 0*550 fein. W. Pf. 84. 

X S. Kunigund 29 Stück Dw. 072 g = r67o 
XI Marburg 56 „ Dw. 0645 g = 37^ 

XII Fund C 23 „ Dw. 0632^ = 37,70 

Gleichfalls aus den Jahren 1365 — 1373. 



160 



5. (159) Brustbild von rechts, barhaupt, in der Rechten ein Schwert, in der Linken 
den Bindenschild. Ist 0*670 fein. W. Pf. 42. 

X S. Kunigund 29 Stück Dw. o-68^ = r67o 
XI Marburg 17 „ Dw. 0*63^ = i7o 

XII Fund C 5 « - = O77o 

6. (160) Bärtiger Kopf von vorn mit rundem Hut. 6*630 fein. Spuren einer Rückseite. 
W. Pf. 53. 

X S. Kunigund 28 Stück Dw. 067 g = r57o 

XI Marburg 45 „ Dw. 0*62 g = 2-57o 

XII Fund C 10 „ Dw. 0587 g = V3V0 

7. (161) Vs. Gestümmelter Engel mit Tatzen statt der Füße. Rs. Schwan von links. — 
0*410? 0*687 fein. W. Pf. 96. 

X S. Kunigund 26 Stück Dw. 0*67^ = r47o 
XI Marburg 19 „ Dw. o'6i ^ = i7o 

Xn Fund C 10 „ Dw. 0-65.^ = i^/^y^ 







8. (162) Lockiger Kopf von rechts. 0528 fein. W. Pf. 54. 

X S. Kunigund 25 Stück Dw. 070^ = i*47o 

XI Marburg 44 „ Dw. 068^ = 2-57o 

XII Fund C 12 „ Dw. 065^ = 177^ 

9. (163) Brackenkopf von links. 0577 fein. W. Pf. 73. 

X S. Kunigund 22 Stück Dw. o'b^g = i'27o 
XI Marburg 43 „ Dw. 0-64^ = 2*370 

XII Fund C 10 „ Dw. 0-62^ = r57o 

Ist möglicherweise ein von den HohenzoUem fals Besitzern reichsunmittelbarer Lehen 
in Österreich) nach Wiener Art gemünzter Pfennig. 



A. Luschin v. Ebbngrbuth Steirische Münzfonde 



163 



10. (iö4) Drache von links, ober dem Rücken der Bindenschild. 0590 fein. W.Pf. 100. 

X S. Kunigfund 22 Stück Dw. o'66 g = ^'2^/0 
XI Marburg 36 „ Dw. 0-63^ = ca. 27o 

XII Fund C 9 „ Dw. 0-58^ = ca. i-37o 

11. (165) Rebenblatt zwischen zwei Punkten. Rs. Schild des Münzmeisters Flusthart (1352 
-1357); ist o'450, 0-510 fein. W.Pf. 89. 

X S. Kunigund 20 Stück Dw. o"jig = iiVo 

XI Marburg 25 „ Dw. 0-65^ = i-37o 

XII Fund C 13 , Dw. 057^ = i'qVo 






166 



12. (166) Vs. Königskopf ober Laubzierat. Rs. Adler, auf den ausgebreiteten Flügeln 
Bindenschilde. 0*630 fein. W. Pf. 47. 

X S. Kunigund 16 Stück Dw. 065^ = o-97o 
Xn Fund C 3 Stück. 

Fehlt dem Funde XL 

13. (167) Vs. Drei Kleeblätter in einem Dreibogen ins Dreieck gestellt, außen drei 
Kugeln. Rs. Adler im Vierpaß, außen herum Kreuzchen. 0*612, o'68o fein. W. Pf. 88. 

X S. Kunigund 16 Stück Dw. o'ös^ = o-97o 
XI Marburg 12 „ Dw. 0*58^ = o*67o und ein Hälbling 

xn Fund C 6 „ — = 87^ 

14. (168) Vs. Drei Vogelköpfe, Rs. Schild des Münzmeisters Flusthart (1352 — 1357) 
o'47o, o*495, 0*524 fein. W. Pf. 80. 

X S. Kunigund 16 Stück Dw. 073^ = 0970 

XI Marburg 23 „ Dw. o-t^g = i*77o 

XII Fund C 13 „ Dw. 062^ = r97o 







'S- (1^9) Kopf einer Nonne von rechts. o'586 fein. W. Pf. 55. 

X S. Kunigund 15 Stück Dw. 0-62 g = o*97o 
XI Marburg 20 ^ Dw. o'öog = i7o 

XII Fund C s n - = O77o 

16. (170) Vs. Zwei auswärtsgestellte Mönchsköpfe, dazwischen der Bindenschild. 
Rs. Wappenschild des Wiener Münzmeisters Heinrich Schuheier (1335 — 1340). o'587, o'6oo 
fein. W. Pf. 43. 

X S. Kunigund 14 Stück Dw. 068^^ = O77o 
XI Marburg 17 „ Dw. 060^ = i7o 



xn Fund C 



= 1% 



164 



A. LuscHtN V. £b£ngrbuth Steiriscbe Münzfunde 







17. (171) Turm, darüber ein wachsender Adler. o-6iofein W. Pf. 77. 

X S. Kunigfund 14 Stück Dw. 0*67^ = 07 7o 
XI Marburg 19 „ Dw. 0*62 g = i7o 

Xn Fund C 8 „ Dw. 0-62^ = ri7o 

18. (172) Kreuz aus Seeblättem, in den Winkeln Ringe. 0*550 fein. W.Pf. 112. 

X S. Kunigund 14 Stück Dw. 0*65^ = 07 7^ 
XI Marburg 34 „ Dw. o-6i ^ = r87o und 5 Hälblinge 

XII Fund C 10 „ Dw.o-536^= i.47o 

18 a. (172 a) Hälbling? ohne Ringe. X Kunigund i Stück, D. 14, w. 0-58^. 



172 a 



>9- (173) Vs. Drache von rechts. Rs. Königskopf zwischen zwei auswärtsgekehrten Vögeln 
0-630 fein. W. Pf 21. 

X S. Kunigund 14 Stück Dw. o-6o^ = 07 7o 
XI Marburg 5 „ 

xn Fund C 8 „ 

20. (174) Vs. Turm zwischen Bindenschilden. Rs. Im Sechspafl. Panther von links. 
0-615, 0-630 fein. W. Pf. 35. 

X S. Kunigund 13 Stück Dw. 0*65 g = o-77o 

XI Marburg 10 „ Dw. 0555^ = o-67o 
xn Fund C 4 « 

^>- (175) Vs. Kreuz aus 4 Blumenkelchen. Rs. Brustbild eines Engels? von rechts. 0*624 
fein. W.Pf 114. 

X S. Kunigund 13 Stück Dw. o-6i ^ = 0-77^ 

XI Marburg 38 „ Dw. o-6o^ = 27o darunter 9 Hälblinge 

xn. Fund C 9 „ — r37o und i Hälbling 






22. (176) Vs. Sitzendes Eichhorn von rechts. Rs. Adler im Vierpaß, aufien herum 
Kreuzchen. 0.601, 0-625 fein. W. Pf. 70. 

X S. Kunigund 12 Stück Dw. 0-60^ = o-67o 
XI Marburg 19 „ Dw. 0-55^ = i7o 

xn Fund C 6 „ — = o-97o 

23. (177) Vs. Bindenschild auf sechsteiliger Rose. Rs. Bindenschild zwischen zwei 
auswärts gestellten Drachen. 0*584 fein. W. Pf 39. 

X S. Kunigund 12 Stück Dw. 070^ = o*67o 
XI Marburg 15 ^ Dw. 0-58/ = 0-87« 

XII Fund C 7 „ = i7o 



A. Luschin v. Ebbnorkuth Steirische Münsfiinde 



165 



24. (178) Drei Schilde und drei Lilienzepter wechselweise ins Dreieck g^estellt 0-670 fein. 
W. Pf. 37. 

X S. Kunigund 12 Stück Dw. o'66 g = o*67o 
XI Marburg 25 „ Dw. 0*62 g = i*3Vo 

XII Fund C 7 „ = iVo 

^S- (179) Vs. Adlerflug, dazwischen der Bindenschild. Rs. Bindenschild zwischen zwei 
gegeneinander gekehrten Köpfen. 0630 fein. W.Pf. 81. 

X S.- Kunigund 11 Stück Dw. o*6i^ 

XI Marburg 14 „ Dw. o'6o^ 
Xn Fund C 3 „ 






26. (180) Vs. Hase von rechts. Rs. Schild des Münzmeisters Schuheier (1335 — 1340). 
0*585, o*6io fein. W. Pf. 71. 

X S. Kunigund 11 Stück Dw. 0-67^ 
XI Marburg 15 „ Dw. o'6og 

XII Fund C 4 „ 

27. (i8i) Vs. Stern von 6 Spitzen mit dem Bindenschild belegt. Rs. Drache von links 

0*610 fein. W. Pf. 94. 

X S. Kunigund 11 Stück Dw. o'6^ 

XI Marburg 17 ,, Dw. 0*54^ und ein Hälbling 
xn Fund C 4 „ — 






28. (182) Vs. Drei Schlangenkopfe ins Dreieck gestellt. Rs. Bindenschild zwischen 
zwei auswärtsgestellten Drachen. 0*620 fein. W.Pf. 104. 

X S. Kunigund 11 Stück Dw. 063^ 
XI Marburg 11 „ Dw. 0*64^ 

XII Fund C 4 ^ 

29. (183) Bindenschild von 3 Kronen umgeben. 0*605 fein. W.Pf. 119. 

X S. Kunigund 11 Stück Dw. 0*66^ 
XI Marburg 15 „ Dw. 0*63^ 

xn Fund C 5 yj 

30. (184) Vs. Kopf in einem mit Knorren besetzten Ring. Rs. Drache von links. 

0-640 fein. W. Pf. 56. 

X S. Kunigund 10 Stück Dw. 0*63^ 

XI Marburg 10 „ Dw. 0*59^ 

XII Fund C 9 „ Dw. 0*53^ 



166 



A. LüSCHlK V. Ebbkorbuth Steirische Müntfiinde 






31. (185) Vs. Gekrönter Oberleib auf zwei Fischschwänzen. Rs. Drache von links. 
06 10, 0*624 ^öin. W. Pf. 98. 

X S. Kunigund 10 Stück Dw. 063^ 
XI Marburg 13 „ Dw. 0*57^ 

XII Fund C I „ 



186 



32. (186) Vs. Zurückblickendes Einhorn von rechts, im Felde der Bindenschild. Rs. 
Drache (?) von links. 0-560 fein. W.Pf. 12. 

X S. Kunigund 9 Stück 
XI Marburg 12 „ Dw. 065 g 

XII Fund C 10 „ Dw. 0-548^ 

33- (187) Vs. Adler von rechts, auf dem rechten Flügel der Bindenschild. Rs. Im 
Perlenkreise Kopf des Erlösers. 0*520, 0*628 fein. W. Pf. 78. 

X S. Kunigund 9 Stück 

XI Marburg 14 „ und ein Hälbling, Dw. 0*58 

XII Fund C 1 „ 






34. (188) Bindenschild zwischen drei Zieraten. 0*490 fein. W.Pf. 120. 

X S. Kunigund 9 Stück 

XI Marburg 18 „ und ein Hälbling, Dw. 0*56^ 
XII Fund C 3 „ 

35- (189) Vs. Meermann mit Mönchskapuze von rechts. Rs. Panther im Sechsbogen- 
0640 fein. W. Pf. 0. 

X S. Kunigund 8 Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

36. (190) Vs. Lockiger Kopf mit Herzogshut. Rs. Gekrönter Kopf zwischen zwei aus- 
wärts gestellten Vögeln. 0595, o-6io fein. W. Pf. 52. 

X S. Kunigund 8 Stück. XI Marburg 16 Stück und 4 Hälblinge. XII Fund C 6 Stück. 



191 



37. (191) Vs. Bindenschild zwischen zwei Fischen. Rs. Gekrönter Kopf im Sechsbogen, 
o-ööofein. W.Pf. 31. 

X S. Kunigund 7 Stück. XI Marburg 10 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

38. (192) Vs. Aufgerichteter Löwe von links. Rs. Drache von links. 0622 fein. W.Pf. 64. 
X S. Kunigund 7 Stück. XI Marburg 5 Stück und i Stück mit dem Löwen von rechts. 

XII Fund C I Stück. 






A. Luschin v. Ebbnoebuth Steirische Mansfonde 



167 



39- (193) Vs. Brustbild eines gekrönten Engels, auf der Brust den Bindenschild. Rs. 
Panther im Sechsbogen. 0*675 fein. W. Pf. 97. 

X S. Kunigund 6 Stück. XI Marburg i Stück. Xu Fund C i Stück. 






40. (194) Vs. Gekrönte Harpye von links. Rs. Gekrönter Kopf im Sechsbogen, o'öio, 
0*670 fein. W. Pf. 99. 

X S. Kunigund 6 Stück. XI Marburg 7 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

4i- (195) Vs. Sechsspitziger Stern mit einer Kugel in der Mitte und Kleeblättern in 
den Winkeln. Rs. Adler im Vierpaß, außenherum Kreuzchen. 0*663 fei^- W. Pf. 95. 

X S. Kunigund 6 Stück. XI Marburg 3 Stück. XII Fund C 4 Stück. 

42. (196) Vs. Kopf mit dreispitzigem Hut. Rs. Adler von der linken Seite. 0*628, 
0630 fein. W. Pf. 5 1 . 

X S. Kunigund 6 Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C ein Hälbling. 






43- (197) Vs. Zurücksehender Löwe von rechts. Rs. Gekrönter Kopf zwischen zwei 
auswärts gestellten Vögeln. o*66o fein. W. Pf. 65. 

X S. Kunigund 6 Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 3 Stück. 

44. (198) Vs. Ankerkreuz mit eingeschobenen Kleeblättern. Rs. Adler von links. 
0*630 fein. 

X S. Kunigund 5 Stück. XI Marburg lo Stück und 4 Hälblinge. XII Fund C 3 Stück. 




199 





201 



45- (^99) Vs. Brustbild mit Hut von links, den rechten Zeigefinger erhoben, in der 
Linken einen Zepter. Rs. Wappenschild der Krächsner. o*666 fein. W. Pf. 46. 
X S. Kunigund 4 Stück. Fehlt XI Marburg und Xn Fund C. 

46. (200) Vs. Stern aus fünf Laubzieraten. Rs. Gekrönter Kopf zwischen zwei auswärts 
gestellten Vögeln. 0*620 fein. W. Pf. 1 1 1. 

X S. Kunigund 4 Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

47. (201) Vs. Drache von links, den vogelartigen Kopf zurückgewandt. Rs. wie vorher 
n.46. 0*670 fein. W. Pf. 27. 

X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 4 Stück. XII Fund C 1 Stück. 



i68 



A. Luschin v. Ebkngueütu Steirische MünsfiiDde 



48. (202) Vs. Drei Fische um ein Kleeblatt. Rs. Adler im Vierpaß. Außenherum 
Kreuzchen. 0*650, 0*660 fein. W. Pf. 83. 

X S. Kunigiind 3 Stück. XI Marburg 2 Stück, fehlt XII. 




202 





49. (203) Vs. Königsbrustbild mit Schwert und Reichsapfel von rechts. Rs. Gekrönter. 
Kopf im Sechsbogen. 0*660 fein. W. Pf. 45. 

X S. Kunigund und XI Marburg je 3 Stück, fehlt XII und XIII. 

50. (204) Vs. Hase von links. Rs. Panther im Sechsbogen. 0640 fein, W.Pf. 72. 
X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 6 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

51. (205) Vs. Lamm mit Kreuzstab von links. Rs. Adler im Vierpaß, außenherum Kreuz- 
chen. 0-650 fein. W. Pf. 68. 

X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg 3 Stück. XII Fund C i Stück. 



206 



52. (206) Vs. Gekrönter Kopf von links. Rs. Ghroßes R umgeben von einer feinen Kreis- 
linie imd Röschen. 0684 fein. W. Pf. 48. Ist ein Gepräge König Rudolfs I (1276 — 1281). 

X S. Kunigund 2 Stück, fehlte in XI, XII und XIII. 

53. (207) Vs. Schreitender Löwe von links. Rs. Bindenschild in einem mit Lilien be- 
setzten* Dreipaß. 0.606, o-666 fein. W. Pf. 60. 

X S. Kunigxmd und XI Marburg je 2 Stück, fehlte in XII und XIIL 

54. (208) Vs. Ober einem Bogen, der einen Stern einschließt, Brustbild von rechts mit 
Schwert und Bindenschild. Rs. Panther von links im Sechsbogen. 0*645. I^® Zeichnung ist 
ähnlich oben n. 5 (159), jedoch zierlicher. 

X S. Kunigund i Stück, fehlte in XII und XIIL 







208 




210 




55. {209) Vs. Bindenschild zwischen zwei Lilien. Rs. Schild, darin ein Sparren mit 
drei Rosen. 0*650, 0720 fein. W. Pf. 90. 

Ist ein Gepräge der 1296 tätigen Landschreiber Otto und Haimo. 
X S. Kunigund i Stück, fehlt in XI, XII, XIIL 

56. (210) Vs. Rohgezeichnetes Einhorn von rechts mit geradem Hörn. Rs. Geprägespuren. 
D. 16. w. 0*48^. 

X S. Kunigund i Stück, fehlt den Funden XI, XII, XIIL 

Das Gepräge ähnelt dem oben n. 32 (186) beschriebenen Pfennig {W.Pf. 12), doch 
fehlt der Bindenschild. Es unterscheidet sich femer von dem W. Pf. 238 abgebildeten Stück, 
d^s ein gekrümmtes Hom zei^t, durch das Fehlen deg Kreu^chens im Felde, 



A. Luschin v. Ebengreuth Steirische Münzfundc 



169 



57. (211) Vs. Drache von links den Kopf nach rückwärts gekehrt. Rs. Hirsch von 
links — zierliche Zeichnung. o'656, 0734 fein. W* Pf. 102. 

In X S. Kunigiind und XI Marburg je ein Stück, fehlte in den Funden XII, XIII. 





213 




212 



58. (212) Vs. Hirsch von links, Rs. Reitender Konig von rechts. 0-664 fein. W. Pf. 67. 
X S. Kunigund i Stück, fehlte in XI, XII, XIII. 

59. (213) Drache mit wolfsartigem nach rückwärts gewandtem Kopf. W.Pf. 103. 
X S. Kunigund und XI Marburg je ein Stück, fehlte in XII und XIII. 

60. (214) Vs. Stern aus 6 Lilien. Rs. Im Sechsbogen Panther von links. 0*650 fein. 
W. Pf. 92. 

X S. Kunigund i Stück, fehlte in XI, XII und XIII. 






61. (215) Vs. Kreuz von einem Laubzierat umgeben. Rs. Gekrönter Löwe von links, 
von einer Kreislinie und Sternchen umgeben. 0*640 fein. W.Pf n. iio. 

X S. Kunigund i Stück, fehlte in XI, XII und XIII. 

62. (216) Vs. Einhorn von links, den Kopf zurückgewandt. Rs. unter einem Bogen, 
der mit drei Türmen besetzt ist, ein fünfspitziger Stern. 0636 fein. W. Pf. 240. 

X S. Kimigxind, XI Marburg und XIII schwarzer Fund je i Stück, fehlte in XII. 

63. (217) Sonne von zackigen Strahlen umgeben. D. 16 — 17. \y,o'6jog. X S. Kunigund 
I Stück, fehlte in XI, XII und XIII. 

Hälbling ebenso D. 13, w. 0*28^/. 

X S. Kunigund i Stück, fehlte XI, XII und XIIL 

Die nachfolgenden Stücke, welche, ein paar Ausnahmen abgerechnet, nur im Funde 
von S. Kunigund vorkamen, schließen sich einigermaßen an die Wiener Pfennige an, sind 
jedoch anderen Ursprungs. Mehrere Stücke darunter gehören ganz sicher nach Passau. 





218 




219 



64. (218) Vs. Stadtmauer mit 3 Türmen, oberhalb wachsend das Brustbild eines Engels. 
Rs. Leopardierter Luchs von links — i Stück im Funde von S. Kunigund. 

Ist ein Gepräge der Bischöfe von Passau aus der ersten Hälfte des Xlll.Jh. Vgl. v. 
Höfken in W. num. Zeitschr. XXX 304 Passauer Pfennige n. 25. 

65. (219) Vs. Bischofskopf unter einem kreuzgeschmückten Bogen, der zwei Türme 
verbindet Rs. Löwenartiges Tier von links. Auch dies Gepräge gehört wahrscheinlich nach 
Passau. Höfken a. a. O. 297 n. 15. 

X S- Kunigund i Stück. XI Marburg 4 Stück. XII Fund C i Stück. 

Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 22 



lyo 



A. LuscuiN y. EBBNaREUTR Steirische Münzfunde 



66. (220) Vs. Geflügelter Kopf, darüber eine Lilie. Rs, Ein Wolf (?) von links. Kam 
auch im Torrener Münzschatz vor und ist wahrscheinlich ein Passauer Gepräge des XIIL Jh. 
X S. Kunigund i Stück. 




220 





221 






67. (221) Vs. Wolf von links, dahinter ein Krummstab. Rs. Löwe von links, auf der 
linken Vorderpranke ein Schild. 0650 fein. W. Pf. 247. Ist ein häufiges Passauer Gepräge. 

X S. Kunigund 15 Stück = oSy^. XI Marburg 57 Stück = 37^, 2 HälbUnge. 
Xn Fund C 14 Stück = 2% 

68 {222) Vs. Mauer mit aufragendem Turm, im Felde ein Kreuz. Rs. Ist nur ein schwe- 
bendes Kreuzchen sichtbar. W. Pf. iio. v. Höfken a. a. O. 308. 

In den Funden X und XI S. Kunigund und Marburg je i Stück. 

69. (223) Vs. Torbogen mit Zinnenturm und zwei spitzbedachten Seitentürmen, im 
Bogen ein Röschen. Rs. In einem von Rosetten umgebenen Kreis eine fünfblätterige Rose. 
V. Höfken a. a. O. 308 n. 29. 

X S. Kunigund 2 Stück. 

70. (224) Vs. Hirschkopf von links, umgeben von drei Röschen. Rs. Adler von links. 
X S. Kunigund i Stück. 



223 



71. (225) Einseitiges sehr rohes Gepräge mit dem Vierschlag, in dessen Mitte eine 
Fischangel (?) erscheint. 

X S. Kunigxind i Stück, D. 13 — 15, w. 085 p. 

Wenn die Deutung der Figur zutriflEt, so wäre dies ein nach Art der Wiener Pfennige 
aus der zweiten Hälfte des XIV. Jh. geschlagenes Gepräge des Bamberger Bischofs Lambert 
von Brunn (1373 — 1398), der eine Angel im Wappen führte. Bischof Lambert hat viel und 
vielerlei gemünzt und namentlich mehrere Münzvereinigungen geschlossen, um seinen Ge- 
prägen Eingang in den Nachbarlanden zu verschaffen. Das Bistum war zu Villach und 
Griffen münzberechtigt, der Pfennig könnte mithin für die hochstiftlichen Besitzungen in 
Kärnten geschlagen sein. Ein sehr ähnliches Gepräge findet sich abgebildet in der 
Münzsammlung v. Saurma Taf X, n. 31. Einen andern Pfennig Bischof Lamberts mit der 
Angel im Schilde hat Philipp Meyer im 7. Bericht des histor. Vereins zu Bamberg (1844) 
S. 50, n. 8 beschrieben und auf Taf. I abgebildet. Viele einseitige Pfennige dieses Bischofs 
aus dem Dillenberger Funde beschreibt Fikentscher in den Mitteilungen der bayer. numismat 
Gesellschaft V (1886) S. isff. 

Außerdem befanden sich auch noch folgende firemde Gepräge im S. Kunigunder Funde: 

Bayern. 

72. (226) Mönchskopf mit herabhängender Kapuze von rechts. Der Mache nach schließt 
sich dies Gepräge den Wiener Pfennigen an. Beierlein, die bayerischen Münzen des Hauses 



A. Luschin v. Ebkngrbuth Steirische MünzAinde 



171 



-1294). Dem geringen 




Witteisbach n. 16, teilt diese Stücke Ludwig II dem Strengen zu (1253 
Feinhalt (0*560) und der Häufigkeit in späten Funden nach zu 
schließen, mufl es viel jünger sein. 

X S. Kunigund 3 Stück, XI Marburg 33 Stück = rSV^. ''^^'^'^'' \'l c^^^^Al 226 
Xn Fund C 13 Stück = i-qVo- 

73 Vs. Panther von links, oberhalb RL Rs. der Weckenschild. Ist 0725 fein. Nach 
Beierlein n. 41, eine Gemeinschaftsmünze Rudolfs I f 1319 ^i^d Ludwigs IV f '347 aus 
den Jahren 13 13 — 17. 

X S. Kunigund 29 Stück = i V« Vo- XI Marburg 9 Stück. XII Fund C 8 Stück. 

74. Vs. Monchsbrustbild von links mit Pilgerstab und vertieftem Kreuz. Rs. Gekrönter 
Löwe von links. Beierlein 39, wird gleichfalls Herzog Rudolf I t 1319 beigelegt. 

X Kunigund 20 Stück. XI Marburg 28 Stück. XII Fund C 9 Stück. 

75. Vs. H DV X Panther von links, um den Rand herum Sternchen. Rs. Bischof und 
Herzog nebeneinander. Beierlein 20, 21. Ein Gepräge Herzog Heinrichs I von Niederbayern 
1253 — 1290. Beierlein 20. 

X S. Kunigund i Stück. 

Femer enthielten die Funde XI Marburg und XII Fund C noch folgende Wiener 
Pfennige und Gepräge fremder Herkunft, die im Funde von S. Kunigund fehlten. 



22Q 



76. (227) Vs. Stehender Herzog von rechts mit Schwert und Bindenschild. Rs. Königs- 
brustbild unter einem von zwei Türmen begleiteten Torbogen, ober diesem ein Adler 
wachsend. 0*655 fein. W.Pf. 132. In XI Marburg 2 Stück. 

77. (123) Drei Mönchsköpfe im Dreieck wie Groß Kanizsa 2 {123), XII Fund C i Stück« 

78. {47) Vs. Gekrönter Kopf ober Laubzierat Rs. Gekrönter Drache von links. 0*650 fein. 
W.Pf. 50, wie G. 18 {47). 

XI Marburg 16 Stück. 

79. {228) Vs. Gekrönter Kopf von vorn. Rs. Königsbrustbild unter einem Dreibogen. 
W. Pf. 133. 

XI Marburg i Stück. 

80. {229) Vs. Kopf mit aufragenden Hörnern. Rs. Zwei auswärts gestellte Drachen, 
zwischen ihnen der Bindenschild. o*6iofein. W.Pf. i. 

XII Fund C 2 Stück. 

81. (230) Vs. zwei auswärts gestellte Löwen mit einwärts gedrehtem Kopf, zwischen 
beiden der Bindenschild. Rs. +DVX OThACh€R Kopf von vorn. o'66o, 0*680, 0720 fein. 
W. Pf. 59. 

XI Marburg i Stück. 

82. (231) Vs. Hirschkopf. Rs. wie 80 (229). W.Pf. 19, 

XII Fund C I Stück. 







230 





232 



22* 



172 



A. LuscHiN V. Ebeng&euth Steirische Münzfunde 



83. (2^2) Vs. Springender Hund von links, hinter ihm ein Baum. Rs. Gekrönter Kopf 
zwischen zwei Adlern. o'640 fein. W. Pf. 1 48. XI Marburg i Stück. 

84. (233) Adler von links. W.Pf. 149. XI Marburg i Stück, Hälbling. 

85. (234) Vs. Wachsender Adler, zwischen den Flügeln Halbmond und Stern. Rs. Adler 
und Löwe bei einem Baum. W. Pf. 79. XI Marburg i Stück. 



233 



86. {235) Vs. Schwan von rechts. Rs. Gekrönter Stechhelm mit dem Pfauenstutz zwischen 
zwei Schwertern von einem Fünf bogen umgeben. W. Pf. 82. XI Marburg 1 Hälbling, XII 
Fund C I Pfennig, i Hälbling. 

87. {236) Vogelkopf von links. \V. Pf. 154. 
XI Marburg und XII Fund C je i Hälbling. 

88. (237) Blume (?) W. Pf. 93. XI Marburg i Stück. 










89. (238) Vs. Panther von links, auf der Brust der Bindenschild. Rs. Wappenschild 
des Landschreibers Jakob von Hoya (1285 — 1293) von Sternchen umgeben. 0*670 fein. 
W. Pf. 105. XI Marburg i Stück. 

90. (239) Gekrönter Stechhelm von links, mit einem Adlerflügel als Kleinod, im Felde 
R— V 0-584 fein. W. Pf. 33. 

Ist ein Wiener Pfennig Herzog Rudolfs IV (135^—1365)- XI Marburg 5 Stück. 

91. (122) Vs. Blätterkreuz. Rs. Wappen des Landschreibers Rapoto von Urfahr {1303) 
wie G-K. I (122). W. Pf. 117. XI Marburg 6 Stück und i Hälbling. XH Fund C 3 Stück. 




240 




241 



92. (240) Vs. Bärtiger Kopf von links mit spitzem Hut. Rs. Wappenschild des Münz- 
meisters Schuheier (1335 — 38). 0*597, 0-626 fein. W. Pf. 250. 

XI Marburg 20 Stück. XII Fund C 5 Stück. 

93. (241) Drei Seeblätter ins Dreieck gestellt, dazwischen Ringelchen, i Stück ohne 
Ringelchen kam im Funde XI Marburg vor, W. o'öo g, W.Pf 116. 

Aquileja. 

93 a. Nach Mitteilung des Herrn Bergrates und Konservators Riedl kamen im Funde 
von S. Kunigund auch mehrere Gepräge der Patriarchen von Aquileja vor, doch fehlen 
nähere Angaben darüber. Im Marburger Funde (XI) befanden sich z Pfennige des Patri- 
archen Bertrand (1334 — 1350), wie Welzl II/i n. 9455. 



A. Luschin v. Ebbnorkuth Steirische Münzfunde 



173 




242 




Bayern. 

94. Hund von links, über seinen Rücken ragen 3 Blumenstengel empor. Beierlein 24 
legt dieses Gepräge Herzog Heinrich I von Niederbayern (1255 — 1290) bei. 

XI Marburg 7 Stück. XII Fund C i Stück. . 

95. (242) Passau (?) Brustbild eines Bischofs mit zwei 
Schlüsseln. W. Pf. 244. XI Marburg, i Stück. W. 060 g, 

96. (243) EbensO; doch das Haupt ohne Mitra. W. Pf. 
245. XI Marburg i Stück. W.o*49 y, 

97. Böhmen. Wenzel IV. 1378— 1419. Pfennig. Rs. +W6CaC€C. . . RT Krone. Vs. RÖCX 

MI Konigskopf von rechts. W. Pf. 260, Donebaüer Taf. XVIII n. 856. XI Marburg. 3 Stück; 
Xn Fund C 3 Stück. 

98. Unbestimmter Händelheller. XI Marburg i Stück. 

98 a. Ungeprägfte Münzplättchen zu Wiener Pfennigen mit dem Vierschlag: XI Marburg 
24 Stück = 1-3 Vo. XII Fund C 7 Stück = i7o. 



Gruppe B 

Sie umfaßt vorwiegend Friesacher Gepräge aus dem XIV., vereinzelt auch aus dem 
Ende des XIII. Jh., eine strenge Scheidung von den Münzen der Gruppe C ist jedoch nicht 
möglich, da die Stücke meist in schadhaftem Ziistande vorkamen. Diese Münzen wurden mit 
zwei Stempeln ausgeprägt, nur ist jener der Rückseite oft wenig sichtbar, so dafi man 
manche als einseitige Hohlpfennige ansehen könnte. Unter den Münzbildern der Rückseite, 
soweit sie kennbar sind, findet man häufig einen roh gezeichneten Adler von einfacher 
Kreislinie umschlossen und diese von O formigen Zeichen oder Röschen umgeben. Der 
Durchmesser übersteiget selten 16 mm ins Geviert. Gepräge dieser Gruppe fehlten im soge- 
nannten Fund C (=Xn) bis auf wenig Ausnahmen. 

99. (244) Vs. Geflügeltes Ungetüm von links mit Klauenfüflen und Vogelschwanz. Rs. 
Adler von Röschen umgeben. Die äußere Umfassung bilden abermals Röschen, die zwischen 
zwei einfache Kreislinien gestellt sind. — o'6io; o*8oo fein; W.Pf. 126. In X S. Kunigund 
und XI Marburg je 5 Stück, in XII fehlend. 

100. (245) Vs. Große Rosette, darüber Lilie zwischen Kreuzchen. Rs. wie vorher, nur fehlt 
der innere Kranz von Röschen. W.Pf. 124. X S. Kunigtmd 5 Stück; XI Marburg 4 Stück 
und 2 Hälblinge. 



244 






lOi. (246) Zwei Lilien und zwei Kreuzchen ins Kreuz gestellt. W.Pf. 123. X S. Kuni- 
gund 4 Stück; XI Marburg 2 Stück. 

102. (247) Oberkörper eines Steinbocks im Felde und als Umrahmung einzelne Punkte, 
3 Stück w. o'53; 0*57; o'6o^. X S. Kunigund 3 Stück, 



174 



A. Luschin v. Ebbnorbuth Steirische Münzfunde 



103. (153) Rohgezeichneter Adler wachsend ober einer gekrümmten Spange mit laub- 
formigen Enden wie IX, Hohenmauten 27 (153). W. Pf. 198. X S. Kunigund 3 Stück; 
XI Marburg i Stück; XII Fund C 2 Stück. 







249 



104. (248) Vs. Drache, zwischen den Hälften einer Lilie. Rs. Adler von Röschen umgeben. 
W.Pf. 127. X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg i Stück. 

106. (249) Stern und Mond zwischen zwei nach außen gestellten Bischofsstäben, w. o'53, 
o-68^. X S. Kunigund 2 Stück. 

106.(154) Zwei gegeneinander gekehrte Zinnensparren zwischen Halbmonden wie IX, 
Hohenmauten 28 (15^). X S. Kunigund 2 Stück. 

107. (250) Bogen mit Zinnen, darüber eine Lilie, unter ihm ein kleiner Sparren. X S. 
Kunigund. 2 Stück. 

108. (251) Vs. Bogen mit Zinnen, darüber eine Lilie zwischen I — I, unter ihm ein 
Kreuzchen. Rs. Einfacher Adler. Einfassung : O-formige Zeichen zwischen zwei feinen Kreis- 
linien. X S. Kunigund i Stück. Variante zu 107. 

109.(252) Vs. VITVS einfacher Adler nach rechts blickend. Rs. Einfacher Adler um- 
geben von einer feinen Kreislinie und O-formigen Zeichen. W.Pf. 121. X S. Kunigund und 
XI Marburg je i Stück. 



252 



HO. (253) Gezinnter Sparren, darüber Brustbild eines Engels wachsend, unter dem 
Sparren ein Kreuzchen. Rs. Adler von O-förmigen Zeichen umgeben wie vorher. W. Pf. 129 
S. Kunigund i Stück; w. 075^. XI Marburg i Stück, w. 0-56 y. 

III. (152) Rechtssehender Adler von ziemlich roher Zeichnung wie IX Hohenmauten 26 
152). W.Pf. 196. X S. Kunigund 2 Stück, XI Marburg i Stück. 

112.(151) Aufgerichtetes Tier von links mit einem Kreuz an Stelle des Kopfes wie 
IX Hohenmauten 25 (151). X S. Kunigund i Stück. 

113. (56) Geflügelter Löwenkopf, darüber ein Turm wie G 31 (56). X S. Kunigfund i Stück. 

114. (55) Löwe von links mit Fahne (?) wie G 30 (55). X S. Kunigund i Stück, stark 
abgegriffen. 

115. (80) Brustbild eines Bischofs zwischen zwei Türmchen, unterhalb ein kräftiges R 
wie S. 7 (80). X S. Kunigund i Stück, ist ein Gepräge des Salzburger Erzbischofs Rudolf 
V. Hoheneck (1284 — 1290). 

116.(254) Osterlamm von rechts nach dem Kreuze zurücksehend. D. 15, w.o*67 5r. X 
S. Kunigund i Stück. 







A. Luschin v. Ebengrbuth Steirische Münzfunde 



175 



117- (255) Vogel mit plumpen Fülien von links. X S. Kunigund 1 Stück, w. ü*6^. 

118. (256) Vogel, dessen linker Flügel durch ein Kreuz ersetzt ist; w.o'jSg. S. Kunigund 
I Stück. 

119. {257) Hohes Kreuz zwischen zwei Türmen mit spitzer Bedachung. X S. Kunig^und 
I Stück. D. 16; w.o'öigr. 

120. (258) Gebogene Spange mit laubähnlichen Enden im Felde oben und unten je ein 
Punkt; ist wie ein Hohlpfennig geprägt. D. 16, w.o'57gr. X S. Kunigund i Stück. 






257 





121. (259) Sehr rol^e und undeutliche Zeichnung Helm mit Flug (?), zwei Punkte und (?) 
hohl geprägt. X S. Kunigund i Stück, w. o73gr. 

122. Friesacher Pfennig aus der s. Veiter Münzstätte, wohl noch Herzog Bernhard II 

(t 1256) oder Ulrich III angehorig. Vs. DAX </> stehender Herzog mit Schwert und 

Schild. Rs. + <o ANCTVS Kreuz mit Roschen in den Winkeln. Welzl II i n. 9717 flF. D. 14, 
w. 075 g. X S. Kunigimd i schlecht erhaltenes Stück. 

123. Unter einem Adlerflug zwei (?) rätselhafte Ungetüme. W. Pf. 106. XI Marburg 
I Stück, w.o*49gr. 

124. (260) Säule zwischen zwei Lindwürmern. XI Marburg i Stück, w.o'55gf. XIII schwarzer 
Fund I Stück. 



261 







Außerdem enthielt der Marburger Fund (XI) folgende Gepräge der Gruppe B: 

125.(261) Ungestalteter Kopf, darüber Zierat und Röschen. W.Pf. 57. XI Marburg 
I Stück, w.o-53gr. 

126. (262) Kreuzsäule zwischen zwei Halbmonden, unten ein Röschen. XI Marburg 
I Stück, w. o*44y. 

127. (263) Vs. Torbogen mit zwei Seitentürmen, unten ein Punkt, oberhalb Punkt und 
Rosette. Rs. Adler umgeben von O-formigen Zeichen. W.Pf 128. XI Marburg i Stück. 

128.(264) Turm zwischen zwei Kleeblättern. Hälbling. W. Pf 130. XI Marburg i Stück 






129. (265) Vs. Kreuz zwischen Röschen auf einem Bogen aufsitzend, unter diesem ein 
Kreuzchen. Rs. Adler von 0-f5rmigen Zeichen umgeben. W. Pf 1 3 1 . XI Marburg i Stück. 
130.(266) Eule von links. W.Pf 122. XII Fund C i Stück. 



176 



A. Luschin v. Ebengreuth Steirische Munzfunde 



Gruppe C. Grazer Pfennige 

Eine scharfe Sonderung dieser Münzen von den in Gruppe B vereinigten jüngeren 
Friesacher Pfennigen ist erschwert, wenn nur einzelne, mangelhafte Stücke eines Gepräges 
vorhanden sind. Es ist dann mehr Sache des Gefühles als der Überzeugung, in welche 
Gruppe man sie einreihen will. Berichtigungen müssen daher eingehenden Untersuchungen 
und vor allem künftigen glücklichen Funden vorbehalten bleiben; heute kann man nur 
sagen, daß für die Mehrzahl der in Gruppe B aufgezählten Münzen der Ursprung in Kärnten 
und ebenso für Gruppe C in Steiermark zu suchen sein dürfte. 

131.(148) Rohgezeichneter Kopf einer Nonne von rechts wie Ho. 19 (148). 0*675 fein. 
W.Pf. 185. 

X S. Kunigund 128 Stück Dw. 0*64^ = 77o 

XI Marburg 30 „ Dw. 0*55^ und i Hälbling (267) = i*67o 

XII Fund C 12 „ Dw. o'5iy = iV/o 

Xin schwarzer Fund 3 „ 

132. (268) Brustbild von rechts mit dem österreichischen Erzherzogshut zwischen den 
Buchstaben R— V wie Ho. 2 (137). 0644; 0-650 fein. W. Pf 180. 

X S. Kunigund 104 Stück, i Hälbling (268) Dw.o'59gr = 5'67o 

XI Marburg 30 „ Dw. 0*56 g= i '6^/q 

XII Fund C 13 ^ Dw.o'sig=vg% 

XIII schwarzer Fund i 





268 






270 




133.(141) Steinbockkopf von rechts wie Ho. 6 (141). o-6o6 fein. W.Pf. 16. 

X S. Kunigund 99 Stück Dw. 0*62 g = 5*37o 

XI Marburg 33 „ und 2 Hälblinge. Dw.o-55^= r87o 

Xn Fund C 7 „ = i7o 

134. (269) Panther von links. Ist 0-580 fein. W.Pf 218. 

X S. Kunigund 71 Stück Dw. 0*63^ = 0-4 7o 

XI Marburg 15 „ und 2 Hälblinge. Dw. 0-52^ = o-87o 

XII Fund C 7 „ = o-87o 



XIII schwarzer Fund 2 Stück. 

135.(270) Meermann von rechts, eine Mönchskapuze auf dem Kopfe; als Beizeichen 
findet sich oft ein Punkt im Felde bald unter, bald ober der erhobenen Pratze. 0*640 fein. 
W.Pf 7. Das Münzbild dieses Grazer Pfennigs stimmt völlig überein mit dem oben 35 (189) 
beschriebenen Wiener Gepräge, das ebenfalls 0-640 fein ist (W. Pf. 6). Der Unterschied liegt 
nur in der Mache. Der Wiener Pfennig ist aus dickerem und kleinerem Schrötling etwa 
157^ — itmm ins Gevierte, der Grazer Pfennig aus dünnerem und um etwa 2 mm ins Ge- 
vierte größerem Blech ausgebracht (D. 17 — i8ww). Obwohl wahrscheinlich beide Pfennige 
mit je zwei Stempeln (für die Vorder- und die Rückseite) verfertigt wurden, so fanden sich 



A. Luschin v. Ebknorbuth Steiritche Mfinzfiiode l^^ 

Spuren der Rückseite bisher nur auf dem Wiener Gepräge, während der Grazer Pfennig, 
dessen Münzbild überdies tiefer geschnitten ist, das Aussehen einer einseitig und hohl- 
geprägten Blechmünze (Brakteat) darbietet. 

X S. Kunigund 09 Stück, Dw. 0-646^ = 377o 

XI Marburg 21 „ i Hälbling, Dw. o*6o^ = i'i% 

XII Fund C 12 „ Dw. 065^ = i77o 
Xin schwarzer Fund i „ 

136. (139) Der steirische Panther von der rechten Seite wie Ho. 4 (139); die Zeichnung 
des Tieres zeigt Stempelverschiedenheiten, überdies gibt es Stücke, die als Beizeichen zwei 
Kleeblätter im Felde haben. 0700 fein. W.Pf. 217. 

X S. Kunigund 58 Stück, Dw. 0-604^= 37© 
XI Marburg 25 „ Dw.O'sS^ = i'47o 

XII Fund C 10 „ Dw.o-54ir = i'47o 

Xm schwarzer Fund 6 

137.(138) Gekrönter Stechhelm von links mit dem osterr. Pfauenstutz und R — V wie 
Ho. 3 (138) 0*668 0-673 fein. 

X S. Kunigund 54 Stück, darunter 8 mit Punkten als Beizeichen, Dw. o-66^ = 37o» 
XI Marburg 9 Stück. XII Fund C 7 Stück. XIII schwarzer Fund i Stück. 

138.(271) Stechhelm von links, als Kleinod ein gekrönter Adler wachsend. 0750 fein. 
W.Pf. 229. Einzelne Stücke tragen als Beizeichen ein Ringlein im Felde. 

X S. Kunigund 45 Stück, davon 16 mit Ringelchen. Dw.o's^ = 247o« -^ Marburg 
16 Stück. Dw.o-485^. XII Fund C 6 Stück. 



a73 



139.(272) Bindenschild unter einem gezackten Bogen, darüber ein rechts blickender 
Adler wachsend. 0710 fein. W. Pf. 200. 

X S. Kunigund 31 Stück. Dw. 0-54^ = i-6Vo- XI Marburg 13 Stück. Dw. 0-45^. XII Fund C 
5 Stück, xm schwarzer Fund 2 Stück. 

140. (273) Bärtiger Mönchskopf von rechts mit spitzer Kapuze. Als Beizeichen erscheinen 
im Felde neben dem Barte zuweilen ein, seltener zwei Punkte. 0700 fein. W.Pf. 5. 

X S. Kunigund 30 Stück. Dw.o-56ir= r67o 

XI Marburg u „ Dw. 0-47^ 
Xn Fund C 9 „ Dw.o-47^ 

xm schwarzer Fund i „ 

141.(143) Brustbild eines Engels, zwischen den Flügeln der Bindeschild wie 110.9(143). 
0780 fein. W.Pf. 208. 

X S. Kunigund 26 Stück. Dw.o-jg^ = i*47o 
XI Marburg 14 „ Dw.o*53^ 
xn Fund C 3 „ 

Jahrbuch fQr Altertumskunde I 1907 35 






•78 



A. Luschin v. Ebengrbuth Steirische Münzfunde 



142.(274) Vorderteil eines Einhorns von rechts, zum Sprunge gerichtet. W.Pf. 215. 
X S. Kunigund 20 Stück. Dw. 052 = i^o- XI Marburg 7 Stück, XII Fund C 2 Stück. 
XIII schwarzer Fund i Stück. 






143.(145) Großer Widderkopf mit Bindenschild zwischen den Hörnern wie Ho. 11 (145). 

0790 fein. W.Pf. 192. 

X S. Kunigund 1 5 Stück. D\v. o'586 g 

XI Marburg 12 ^ Dw. 0*485 g 
XII Fund C 5 „ 

144. (275) Vs. Drei Einhornköpfe im Kreise, inmitten der Bindenschild. Rs. Gepräge 
spuren. 0750 fein. W.Pf 216. 

X S. Kunigund 13 Stück. Dw. 0-546^ 

XI Marburg 16 ^ Dw. 0*48 g 

XII Fund C J I n Dw. 0-49 g 

XIII schwarzer Fund 2 „ 

145.(276) Geflügelter Drache von rechts. W. Pf. 22. 

X S. Kunigund 13 Stück. Dw. 058^ 
XI Marburg 16 „ Dw. 0*47^ 

XII Fund C i „ 

146. (144) Zweifüßiges Ungetüm von rechts, auf dem menschlichen Kopf eine Zipfel- 
mütze wie Ho. 10(144). 0760 fein. W.Pf 211. 

X S. Kunigund 11 Stück. Dw.o'55^ 
XI Marburg 3 Stück. XII Fund C i Stück. 

147. (277) Kopf eines Seeungeheuers mit Flossen von rechts. W.Pf. 221. 

X S. Kunigund 11 Stück. Dw.o'öSg 
XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

148. (278) Zwei abwärts gestellte Hirschstangen, dazwischen der Bindenschild. 0760 fein. 
W. Pf 32. 

X S. Kunigund 11 Stück. Dw.o'55^. 
XI Marburg und XII Fund C je 6 Stück. XIII schwarzer Fund 2 Stück. 



280 



149. (279) Brustbild mit Hämmern in den erhobenen Händen. 0750 fein. W.Pf 178/9. 
X S. Kunigund 10 Stück. Dw.o-55^. Darunter i Stück mit Punkt im Felde als 

Beizeichen. 
XI Marburg 6 Stück, i Hälbling. 
XII Fund C 3 Stück. 







A. LuscHiN V. Ebrmoebuth Steirische Mimzfunde 



179 



150. (280) Seepferd von links, im Felde zuweilen ein Punkt als Beizeichen. 0745 fein. 
W.Pf. 219. 

X S. Kunigund 10 Stück, darunter 6 mit Punkt. Dw. 0*52. XI Marburg 9 Stück. 

XII Fund C 2 Stück. XIII schwarzer Fund i Stück. 

>S>- (131) Hase (?) von links wie G.-K. lo {131). W.Pf. 26. 

X S. Kunigund 7 Stück. XI Marburg 14 Stück, i Hälbling. Dw. 0*46^. 
Xn Fund C 3 Stück. XIII schwarzer Fund i Stück. 

152.(128). Hirschkopf mit dem Bindenschild wie G.-K 7 (128). 0*800 fein. W.Pf. 20. 
X S. Kunigund 7 Stück. XI Marburg 1 1 Stück. XII Fund C 7 Stück. 

XIII schwarzer Fund 3 Stück. 

153.(281) Zwei Drachen auf- und abgestellt W.Pf. 226. 

X S. Kunigund 5 Stück. XI Marburg 4 Stück. XII Fund C i Stück. 




281 




282 





154. (282) Vorderteil eines Drachen von rechts mit zurückgewandtem Kopfe. W.Pf. 28. 
X S. Kunigund 4 Stück. XI Marburg und Fund C je 2 Stück. 

155.(126) Bärtiger Kopf mit Hörnern, zwischen welchen ein Kreuzchen schwebt wie 
G.-K 5 (126). 0-840 fein. W.Pf. 2. 

X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 3 Stück. XII Fund C 2 Stück. 

156.(283) Drei Mönchsköpfe im Kreise nach aufien gestellt. 0*832 fein. W.Pf. 9. 
X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 6 Stück. XII Fund C 1 Stück. 

157.(127) Kopf zwischen Schwertern, oberhalb eine Lilie wie VII G.-K 6 (127), ist 
0840 fein. W.Pf. 184. 

X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 8 Stück. XII Fund C 5 Stück. 
XIII schwarzer Fund i Stück. 

158. (284) Drache von links. 0740 fein. W. Pf. 24. 

X S. Kunigund 3 Stück. XI Marburg 9 Stück. XII Fund C 5 Stück. 
Xni schwarzer Fund 2 Stück. 

159. (285) Vs. Gekrönter Frauenkopf zwischen zwei Fischen. Rs. Geprägespuren V-förmige 
Zeichen usw. W.Pf. 181. 

X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg und XII Fund C je i Stück. 
XIII schwarzer Fund 2 Stück. 

160. (286) Einhorn von rechts, den Kopf zurückgewandt. W. Pf. 14. 

X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg und XII Fund C je i Stück. 



288 







23' 



i8o A. Luschin v. Kbbnokbuth Stdrische Müntfande 

161. (287) Vorderteil eines Einhorns von rechts, zurücksehend, im Felde F. ca. 800 fein. 

W.Pf. 13. 

X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg i Stück. XII Fund C 3 Stück. 

XIII schwarzer Fund i Stück. 

Ist ein Gepräge Herzog Friedrichs des Schönen 1308 — 1330. 

162. (288) Vs. Oberteil eines Löwen von links, auf der Brust der Bindenschild. Rs. In- 
mitten des Feldes und rund herum im Kranze kleine Lilien, o*86o fein. W. Pf. 1 89. 

X S. Kunigund 2 Stück. XI Marburg 4 Stück. XII fehlt. 

163.(141) Halber Adler und halbe Lilie wie IX Ho. 7 (141). W. Pf. 201. 
X S. Kunigund und XI Marburg je 2 Stück. XII fehlt. 

164.(130) Behelmter Bindenschild und halber Adler wie VII, G.-K 9 (130). W.Pf. 202. 
X S. Kunigund und XI Marburg je 2 Stück. XII Fund C 5 Stück* 

165.(142) Hahn von links, wie IX Ho. 8 (142). W.Pf. 206. 

X S. Kunigund und XI Marburg je 2 Stück. XIII schwarzer Fund i Stück. 

166.(132) Kreuz auf einem Halbbogen zwischen zwei Bindenschilden wie VII G.-K 11 
(132). 0806 fein. W.Pf. 36. 

X S. Kunigund und XI Marburg je 2 Stück. XII Fund C 3 Stück. 

167. (133) Bindenschild in einem aus 6 Lilien gebildeten ICranze wie VII G.-K 12 (133) 
W.Pf. 40. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 2 Stück. XII fehlt. 

168.(289) Gekröntes Brustbild mit Schwert und Zweig. W.Pf. 183. 
X S. Kunigund und XH Fund C je i Stück. XI fehlt. 

169. (136) Gekröntes Brustbild, auf der Brust der Bindenschild, im Felde R wie IX Ho. i 
(136). 0-804 fein. W.Pf. 176. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C i Stück. 

170. (290) Vier Köpfe ins Kjreuz gestellt W.Pf. 187. 

X S. Kunigund und XI Marburg je i Stück. XII fehlt 







^^ \iifk'7:k^\\ 291 \offir^r^9^A ^9^ ( H\WJ3f^»Wl\2<i'K 




171. (291) Kopf mit aufragendem Hörnerschmuck, der ein Kreuzchen einschließt 0*840 fein. 
W.Pf. 3. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 6 Stück. XIII schwarzer Fund 
I Stück. XII fehlt 

172.(292) Adler von links. 0760 fein. W. Pf. 1 1 . 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 4 Stück. 

173- (293) Zwei Bindenschilde und zwei Widderköpfe ins Kreuz gestellt, in den Winkeln 
vier Punkte. W. Pf. 194. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 5 Stück. XII Fund C 2 Stück. 
XIII schwarzer Fund i Stück. 



A. Luschin y. Ebsngebuth Steiritche Münzfunde 



l8l 



174. (294) Schwan von links, im Felde ein Kleeblatt. 0780 fein. W. Pf. 205. 

X S. Kunigund, XI Marburg, XII Fund C je i Stück. 

175. (295) Lilie mit dem Bindenschild belegt. 0740 fein. W. Pf. 207. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 4 Stück. XII fehlt. 

176. (134) Bartiges Ungeheuer von rechts wie VIII Kalkgrub. i. (134) 0-850 fein. W. Pf. 212. 

X S. Kunigund i Stück. XI Marburg 2 Stück. XII Fund C 4 Stück. 
Xin schwarzer Fund 2 Stück. 








177.(296) Schachroche mit zwei Pferdeköpfen, oberhalb ein Fuchskopf. W.Pf. 230. 
X S. Kunigund und XII Fund C je i Stück. XI fehlt. 

178. (297) Reiher von rechts. W. Pf. 204. 

X S. Kunigund und XI Marburg je i Stück. XII fehlt. 

179. (68) Teufelskopf auf einem Körper mit zwei Fischschwänzen wie V 12 (68). 

X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI Marburg und XII Fund C. 

180. (298) Gekrönter Drache von rechts. 

X S. Kunigund i Stück und 2 Hälblinge. Fehlte in XI Marburg und XII Fund C 

181. (299) Betürmter Torbogen zwischen zwei Halbmonden, im Bogen ein Kopf. W.Pf. 231. 

X S. Kunigund und XII Fund C je i Stück, XI fehlt 

182.(42) Panther von links, hinter ihm der Bindenschild wie G 12 (42). 0*850 fein. 
X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI Marburg und XII Fund C. 

183. (25) Kopf eines Königs zwischen zwei Schwertern ober einem Bogen, der ein 
Kreuzchen bedeckt, wie A 25. 

X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI Marburg und XII Fund C 

184. (300) Brustbild eines Königs, in jeder (?) Hand ein Schwert. 

X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI und XII. 

185. (301) Vs. Drache von rechts, vor dem zurückgewandten Kopfe im Felde ein Punkt. 
Rs.. Geprägespuren. 

X S. Kunigund i Stück, w. o*6^. i Hälbling w. 0*32^. Fehlte in XI und XII. 



300 



186. (91) Brustbild eines Bischofs mit Falken auf den erhobenen Händen, wie vS 40 (91). 
X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI und XII. 

187.(302) Undeutliches Gepräge: Drache (?) von links, vor ihm der Bindenschild. 
X S. Kunigund i Stück. Fehlte in XI und XH. 

188. (303) Drache von rechts (?). X S. Kunigund i Stück. 






l82 



A. LiiscHiN V. Kbenoreuth Steirische Müneiunde 



189.(304) Teufelskppf ober einer gespaltenen Lilie. W.Pf. 214. 

X S. Kunigund i Stück (?). XI Marburg i Stück. Fehlte in XII. 

190. (149) Drache bei einem Baume wie IX Ho. 23 (149). W.Pf. 225, nach einem undeut- 
lichen Stuck. 

X S. Kunigund 3 Stück, in der Zeichnung etwas abweichend. 

XI Marburg und XII Fund C je i Stück. 

191. (305) Gekrümmtes Hörn (?). 

X S. Kunigund und XIII schwarzer Fund je i Stück. Fehlte in XI und XII. 

192. (306) Steinbock von links. XIII schwarzer Fund i Stück. Fehlte in X — XII. 

193. (307) Halber Drache, unter ihm ein Röschen. 

Xni schwarzer Fund i Stück. Fehlte in X — XII. 




304 






307 




194. (308) Adler, auf der Brust ein vertieftes Kreuz. D. 20. 
XIII schwarzer Fund i Stück. Fehlte in X — XIL 

Außerdem fanden sich in den Münzschätzen XI Marburg und teilweise in XII 
Fund C noch folgende dieser Hauptgruppe angehörige Gepräge: 

195- (125) Brustbild mit Herzogshut zwischen F — R wie G.-K4(i25). .fL, 

XI Marburg und XII Fund C je i Stück. ^ 

196. (308 a) Salvatorkopf. W.Pf. 182. XI Marburg i Stück. 

197.(107) Kopf von links in einem Stern mit 7 Strahlen wie Ko. 23 (107). W.Pf. 186. 

XII Fund C I Stück. 

198. (146) Aufgerichteter Löwe von links wie Ho. 17 (146). W.Pf. 188. 
Fund XII I Stück. XIII schwarzer Fund 2 Stück. 




308 a 





309 




310 




311 



199.(309) Drei Löwenköpfe und drei Lilien ins Dreieck gestellt. W.Pf. 191. 

XI Marburg i Stück. 

200.(310) Schwert zwischen zwei Wolfsköpfen. W. Pf. 30. XI Marburg 2 Stück. 

201. (311) Vs. Ochsenkopf, zwischen den Hörnern der Bindenschild, im Felde zwei 
Ringelchen. Rs. Mehrbogige Einfassung, darinnen kleine Kreuzchen. W.Pf. 190. 
Xn Fund C I Stück. 

202.(312) Vs. Vorderteil eines Widders von links. Rs. Geprägespuren. W.Pf 18. 

XII Fund C (?) I Stück. 



A. LuscHiN V. Ebbngrkuth Steirische Münzfunde 



183 



203.(313) Kleiner Widderkopf, zwischen den Hörnern der Bindenschild, im Felde zwei 
Roschen. W.Pf. 193. 

XI Marburg i Stück. XIII schwarzer Fund 2 Stück. 

204. (314) Adler von links, mit erhobenen Flügeln schreitend. W. Pf. 203. 
XI Marburg i Stück. 





313 





i3i5 







205. (3 15) Rechtsblickender Adler ober einem Bogen, der ein Kreuzchen deckt. W.Pf. 197. 

XI Marburg i Stück. 

206. {129) Obere Hälfte eines gekrönten Adlers mit dem Bindenschilde auf der Brust 
in einem Dreibogen wie VII G.-K. 8 (129). W.Pf. 199. 

XI Marburg 3 Stück. 

207.(316) Ungeheuer, dessen Kopf auf zwei Tierleibern aufsitzt. Im Felde unterhalb 
ein Kleeblatt. W. Pf. 2 1 o. 

XI Marburg 5 Stück. 



317 



208.(135) Drei Lilien und drei Bindenschilde, mit den Spitzen nach innen ins Dreieck 
gestellt wie VIII Kalkgrub 3 (135). 0-830 fein. W. Pf. 38. 

XI Marburg und XII Fund C je 2 Stück. XIII schwarzer Fund i Stück. 

209. (76) Engelsbrustbild unter einem Dreibogen, ober diesem ein Türmchen zwischen 
Sonne und Mond, wie S.2 (76). W.Pf. 209. XI Marburg 1 Stück. 

210.(317) Vordere Hälfte eines Ziegenbockes von links, in einen kurzen Schwanz 
endend. W. Pf. 203. XI Marburg 2 Stück. 

211.(318) Geflügelter Löwenkopf, darüber ein Kreuzchen. W.Pf. 228. 

XI Marburg i Stück. 

212.(319) Vorderhälfte eines Seepferdes von links. W.Pf. 220. 

XII Fund C I Stück. 

213.(81) Zwei auswärtsgestellte, nach innen blickende Drachen wie S. 8 (81). W.Pf. 224. 
XI Marburg i Stück, w.o-54/. 

214. (83) Gekrönter Drache von rechts, im Felde ein Kreuzchen wie S. 13 (83). 0884 fein. 
W.Pf. 223. XII Fund C i Stück. 

215. (85) Drache und halbe Lilie wie S. 18 (85). W.Pf. 227. 

XI Marburg i Stück, w. 07 4^5,». 



i84 



A. LuscHiN V. Ebbno&buth Steiriiche Münzfunde 



2i6. (320) Vs. Dreidom von drei Kreuzchen umgeben. Rs. Kopf (?) zwischen zwei 
Fischen. W.Pf. 233. XII Fund C i Stück, w. 0-56^. 

217.(321) Kreuz mit Roschen in den Winkeln. W.Pf 232. 
Xn Fund C I Stück, w. 042 g. 

218.(322) Drache von links, den Kopf zurückgewandt W.Pf. 222. 

XI Marburg i Stück, w.o-49^. 

219.(323) Adler zum Flug gerichtet, den Kopf nach links gewandt W.Pf. 10. 

XII Fund C I Stück, w. 0-52 g. 




320 




220.(324) Stechhelm (?Turm) ober einem Bogen, der in eine Rosette ausläuft. Im 
Felde links ein geneigter Schild. D. 14 — 15 w. o'45. W.Pf. 234. 
xn Fund C I schlecht erhaltenes Stück. 

Abgesehen von mehreren ganz unkenntlichen Stücken, enthielten die Münzfunde XI 
und XII auch noch einige undeutliche Gepräge, die hier übergangen wurden. Abbildungen 
S.W. Pf. 58 und 66. 



BEIBLATT 



Robert Ritter von Weinzierl 
Aus dem nördlichen Böhmen 

(Aus dem Tätigkeitsberichte für 1906) 



1. Neue Fundorte: 

Nördlich von Drachomischl wurde aus An- 
laß einer Meldung der Gutsverwaltung nach einer 
Tiefackerung eine weitausgedehnte bandkeramische 
Ansiedlung konstatiert. An ihrer Ostgrenze steht ein 
2V2 m hoher, aufrechter Quarzitblock, der vom Stein- 
zeitmenschen dorthin gebracht worden ist, ein 
„Menhir". Es gelang mir, vom Gutsbesitzer Anton 
Dreher eine schriftliche Zusage zu erhalten, daß 
dieser Menhir stehen bleibe und vor Vernichtung ge- 
schützt werde. Im Westen reiht sich an diese An- 
siedlung eine bronzezeitige Siedelung an; ihre Unter- 
suchung ergab Kleinfunde und Keramik der Lausitzer 
Kultur. 

Netschenitz: Eine bandkeramische Ansiedlung, 
im Westen des Ortes ein slawischer Begräbnisplatz, 
im Osten früh-bronzezeitige Metallfunde. 

Teschnitz: Bandkeramik und Bronzezeit- 
funde. 

Satkau: Bandkeramische, bronzezeitige und 
La-T6ne- Funde. 

Südwestlich von Teschnitz in der Waldpar- 
zelle „Fleischbank" wurden drei Grabhügel konsta- 
tiert; für ihre Durchforschung sind Unterhandlungen 
mit dem Grundbesitzer eingeleitet worden. 

In Seltsch wurden nachgewiesen: eine band- 
keramische Siedelung, früh -bronzezeitige Kultur- 
gruben, eine La-T^ne-Ansiedelung und markomanni- 
sche Funde. 

In Wellhütten eine ausgedehnte, bandkera- 
mische Ansiedelung; westlich von ihr befinden sich 
zwei Grabhügel und eine slawische Begräbnisstätte. 

In Litschkau bandkeramische Funde. 

Michelob, dessen Weichbild und weitere Um- 
gebung vor Jahren von dem verstorbenen Dr. Tischer 
eifrig durchforscht wurde, und dessen aufgesammeltes 
prähistorisches Material sich in der Kollektiv-Wid- 
mung des Vereins für Geschichte der Deutschen in 
Böhmen im urgeschichtlichen Zentralmuseum befindet, 
veranlaßte eine Durchforschung der ganzen Um- 
gebung. Das Ergebnis war ebenso interessant wie 

Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 



reich: in und um Michelob sind vertreten: die ne- 
olithische Kulturepoche — mit beiden Kulturphasen, 
die Bronzezeit, sowohl die ältere wie auch die jün- 
gere Kultur, die Slawenzeit und Spät La-T^ne-Funde 
mit römischen Typen. 

Die Durchforschung von Liebeschitz ergab 
kein abschließendes Resultat, dagegen konnten in 
Dobritschan konstatiert werden die Bandkeramik, 
die Lausitzer Kultur, Spuren der Völkerwanderungs- 
zeit, insbesondere Nachklänge zur Markomannen- 
kultur. 

In Trnowan ist die Steinzeit vertreten. 

Nordwestlich von Saaz, am linken Egerufer, 
wurde eine steinzeitige Begräbnisstätte angeschnitten ; 
die Untersuchung einer Bestattung (liegender Hocker) 
ergab Funde vom Rössener -Typus, darunter einen 
wohlerhaltenen, massiven Armring aus weißem Mar- 
mor; ganz so war früher in Horka, wenige Kilo- 
meter östlich von Saaz, ein Begräbnisplatz der Band- 
keramik mit dem Rössener-Typus festgestellt und auch 
von dort ein gut erhaltener Marmorarmring in das 
Zentralmuseum gebracht worden. Am südlichen Aus- 
gange von Saaz wurde ein Urnengrabfeld der Hall- 
statt-Kultur angeschnitten. 

Südlich von Postelberg an beiden Ufern der 
Eger La-T6ne-Kultur; am Egerufer im Westen der 
Zuckerfabrik wurde eine ausgedehnte Niederlassung 
dieser Kultur nachgewiesen, außerdem römische 
Typen und Münzen des II. und III. Jh. n. Chr. 

Bei weiterer Durchforschung des nördlichen 
Ufers des ehemaligen Kommerner-Sees wurde ein 
neuer Fundort für Bandkeramik in Ullersdorf, 
ebenso bei Bodenbach in einer Ziegelei eine La- 
T6ne-Niederlassung angeschnitten. Auf dem Plateau 
des Quaderberges wurde die Lausitzer Kultur 
durch Scherbenfunde nachgewiesen. Einzelfunde, 
Feuersteinartefakte deuten die Steinzeitkultur an. 

Im Dorfe Wellemin wurde beim Abgraben 
eines Lehmhügels in einem Bauernhause eine stein- 
zeitige Ansiedelung angeschnitten; Streufunde im 
Dorfgebiete, meist Steinmeißel und gelochte Äxte, 

24 



i86« 



R. V. Wbinzierl Ans dem nördlichen Böhmen 



i86* 



lassen auf eine große Ansiedelung schließen. In 
der weiteren Umgebung dieses Dorfes wurden 
wiederholt steinzeitige Streufunde gemacht und zwar 
hauptsächlich in der Richtung gegen den Wostrey- 
Berg und den Markt Milleschau zu. In Milleschau 
selbst konnte ebenfalls eine steinzeitige Ansiedelung 
konstatiert werden. Dadurch nun ergibt sich, daß 
die Verbindungsstraße zwischen den weitausgedehnten 
Ansiedelungen und Begräbnisplätzen vpn Lobositz 



hom, Pferd, Renntier usw. Das Murmeltier wurde 
zum erstenmal in den Lößlagerungen von Liquitz 
konstatiert. 

IL Planmäßige Grabungen: 

Groß-Tschernosek. Auf den nebeneinander- 
liegenden Parzellen Franz Parthe, Iwan Hausmann, 
Nikolaus Parthe wurde auf Kosten des Museums 
gegraben. In der neolithischen Kulturschichte wurden 




Fig. I Groß-Tscbemosek, Inventar des Hockergrabes n. 54 



nach den Siedelungen und Begräbnisplätzen von 
Schallan, Ratsch, Webeschan usw. über Wchinitz, 
Wellemin, Milleschau, Kostenblatt, Tschentschitz 
führte. 

Der Ort Lichtowitz wird von zwei kleinen 
Bächen durchflössen und liegt auf einer schräg gegen 
die Elbe stark geneigten Anhöhe. Das ganze Gebiet 
zwischen den beiden Wässerchen im Dorfe selbst 
und westwärts ober dem Dorfe ist eine große An- 
siedelung, wo bis nun die Steinzeit, Bronzezeit und 
Markomannenkultur konstatiert werden konnte. 

Unter den diluvialen Tierresten, welche die 
Museums-Gesellschaft akquirierte, wäre besonders 
ein wohlerhaltener Schädel vom doppelhömigen Nas- 
horn aus dem Bielatale zu nennen. Verschiedene 
neue Fundorte lieferten Reste von Mammut, Nas- 



neun Gräber und eine Kulturgrube gefunden, außer- 
dem noch eine große Anzahl von Einzelnfunden 
gemacht. 

Grab 48: Kind, liegender Hocker, Orientierung 
nach Süden. Beigabe: eine kleine Schale. 

Grab 49: Bestattung von sieben Individuen in 
einer elliptischen Grube ohne Beigaben. Zwei brauch- 
bare, dolichocepMle Schädel. 

Grab 50: Kind, liegender Hocker, Süd-Orien- 
tierung. 

Grab 51: Weib, etwa 40—50 Jahre alt, an der 
rechten Seite zwei Kinderskelette von Säuglingen. 
Liegende Hocker, Süd-Orientierung. Der komplette 
Schädel dolichocephal. Beigaben: Sieben Gefäße. 

Grab 52: Doppelbestattung, liegende Hocker. 
Orientierung SSW. Der wohlerhaltene Schädel der 



i87^ 



R. T* WsnfziBRL Aus dem nördlichen Böhmen 



187* 



jüngeren Bestattung dolichocephal. Beigaben: Vier 
Gefäße. 

Grab 53: Herdstelle mit Resten zweier Er- 
wachsener und eines Kindes; ohne Schädel. 

Grab 54: Dreifache Bestattung übereinander 
liegender Hocker, Orientierung SSW< Die unterste 
Bestattung mit einem Ohrgehänge aus Kupferdraht 
(rechts), bei der linken Hand eine Kupferdrahtspirale. 
Beigaben: 12 Gefäße, darunter zwei Schalen mit 
Füßen. — Vgl. Fig. 1. 

Grab 55: Liegender Hocker, Weib, Orientie- 
rung OSO. An der rechten Ohrseite ein Ohrgehänge 
aus Kupfer (einfacher Ring). Sonstige Beigaben: 
Vier Gefäße. Diese wohlerhaltene Bestattung wird, 
wenn einmal die Raumverhältnisse es gestatten 
sollten, im Zentralmuseum aufgestellt werden. 



Kosten der Gesellschaft zur Förderung deutscher 
Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen zu 
Prag durchgeführt. 

Grab 64: welches von der Nachbarparzelle 
661/62 unter den Feldrain herüberreiclite, mit drei 
Bronzearmringen. 

Grab 111 : Mann mit Eisenschwert, Lanzenspitze 
und Schildeinfassung von Eisen, einer Fibel und 
einer Rosette vom Wehrgehänge aus Bronze. 

Grab 112: Ohne Beigaben. 

Grab 113: Weib, mit Lignitring, einer winzigen 
Bronzepfeilspitze und einer massigen Eisenfibel. 

Grab 114: Mann mit Eisenschwert und Lanzen- 
spitze aus Eisen sowie drei Rosetten aus Bronze 
vom Wehrgehänge. 

Die Grabinventare sind durchwegs typisch Früh- 




Fig. 2 Groß-Tschemosek, Gefäße mit ansa lunata 



Grab 56: Liegender Hocker, sehr schlecht er- 
halten, Süd-Orientierung. Beigaben: Drei Gefäße. 

Die Kulturgrube enthielt viele Scherben von 
gleichartigen Gefäßen, mit ansa lunata, aus denen 
sich fünf Gefäße nahezu ganz rekonstruieren ließen 
(Fig. 2). In der über dieser neolithischen lagernden, 
bronzezeitigen Kultur schichte sowie in der darüber 
befindlichen La-Tene-Kulturschichte wurden mehrere 
Kulturgruben mit typischem, keramischem Materiale 
gefunden. 

Die in den neolithischen Gräbern gefundenen 
Urnen gehören dem schnurkeramischen Formenkreise 
an. Die Funde von Kupfer in den Gräbern 54 und 
55 sind ein neuer Beweis für die Stellung der Schnur- 
keramik am Ende der Steinzeit und dafür, daß die 
Keramik der frühbronzezeitigen Skelettgräber mit 
der sogenannten Aunetitzer Kultur sich aus den 
Formen der spät schnurkeramischen Typen ableiten 
läßt. 

Langugest. Auf der Parzelle 650 (Anton Hof- 
mann) wurde im Herbste 1906 die Schlußgrabung auf 



La-Tene. So besitzt das urgeschichtliche Zentral- 
museum die Gesamtfunde des geschlossenen, ellip- 
tischen La-T6ne-Friedhofes von Langugest. 

Auf Parzelle 661/62, wo ab und zu ein zerstreutes 
Steinzeitgrab vorkommt, wurde wiederum ein neolith. 
liegender Hocker gefunden. Beigaben: Eine Bem- 
steinperle und zwei kupferne Nadeln (Aunetitzer 
Typus). 

Kulturgrube 15: Abfallgrube, 1-7 m tief, 3w 
Durchmesser; sie enthielt eine Unmenge Asche und 
Holzkohle, typische Topfscherben, Eisenfragmente, 
Eisenschlacke, geknickte Tierknochen, Spinnwirtel, 
eine gelochte Tonscheibe und drei Feuersteine. 

Kulturgrube 16: Wohngrube, 0*5 m tief und 2*5 m 
Durchmesser, enthielt: zerstreute Topfscherben und 
Tierknochen. 

Beim Grundgraben zur Erweiterung der Fabriks- 
räume derGebrüderGROHMANN in Wisterschan wurden 
drei La-T6ne-Gräber aufgedeckt und untersucht. In 
ihnen fanden sich Spangen und Fibeln, durchwegs 
typisch früh La-T^ne. 



188« 



R. V. Weinziert. Aus dem nördlichen Böhmen 



188'' 



Zu Bilin, in der TiTzi.ERSchen Sandgrube östlich 
des Chlum, wurde ein großer Abschnitt weiterdurch- 
forscht. Die untersuchte Kulturgrube und die bronze- 
zeitige Nachbesiedelung ergaben ein reiches Material 
der Lausitzer Kultur, darunter zahlreiche Fragmente 
von Etagengefäßen. 

(Aus dem Tätigkeitsberichte 1907) 
I. Neue Fundorte: 

InPraschim wurde eine weitausgedehnte band- 
keramische Ansiedlung untersucht und die von dieser 
Fimdstätte aufgesammelten Kulturgrubenfunde im 
Schlosse Neuschloß durchgesehen und festgestellt. 



Formen) und die Fundobjekte von Dörfles, Sachsen- 
grün und Totzau. 

• Die Begehung des Terrainabschnittes zwischen 
Ullersdorf, Klostergrab, D eut zendor f und 
Haan erbrachte die Gewißheit einer Besiedlung bei 
Deutzendorf sowie eine Begräbnisstätte bei Haan. 
Beide Lokalitäten werden erst im nächsten Jahre 
untersucht werden. 

In unmittelbarer Nähe von Hostomitz befindet 
sich der Friedrichschacht. Anstoßend an eines 
der Werksgebäude entstand eine Finge; im stehen- 
gebliebenen Material wurden einzelne Bronzeobjekte 
gefunden. Eine genaue Durchsuchung des zu bruche- 
gegangenen und des noch stehengebliebenen Materials 







''^^^°°°.' 




. — 


^^H 



Fig. 3 Hostomitz: Bronzeschwert, eiserne Lanzenspitze, Bronzegeräte und Bronzewaffen 



Die Funde sind Eigentum des Fürsten Schwarzbn- 
BERG und werden an das Museum in Frauenberg ab- 
geliefert. Dank dem Entgegenkommen der Gutsver- 
waltung konnten eine Reihe typischer, bandkerami- 
scher Funde an das Teplitzer Museum übergeben 
werden. Auf dem westlich auslaufenden Teile dieser 
Ansiedlung wurden mehrere Skelettgräber untersucht. 
Bei einem liegenden Hocker wurde typische Keramik 
des schnurkeramischen Formenkreises und Kupfer- 
schmuck gefunden. Die seither aufgesammelten Funde 
aus der Umgebung von Neuschloß, Imling usw. 
wurden durchgesehen und in den Fundortekataster 
aufgenommen. 

Aus der Umgebung von Duppau finden sich 
in dem kleinen Stadtmuseum Steinzeitfunde, die als 
Streufunde anzusehen sind. So vor allem Steinäxte 
von Niemtschau und Duppau (beide bandkeramische 



ergab ein überraschendes Resultat. Es wurden ge- 
funden (Fig. 3) : ein 95 an langes Bronzeschwert, ein 
Paalstab, ein Meißel mit Tülle, Pfeilspitzen, Knöpfe, 
Ringe, eine Zierscheibe, Messer u. a. Objekte aus Bronze, 
sowie eine Menge Fragmente von Bronzegefäßen, 
von denen zwei rekonstruiert wurden, sowie t3rpische 
Keramik und zwei Lanzenspitzen aus Eisen. Dieser 
Depotfund gehört der frühen Hallstattperiode an. 
Da später ein weiterer Teil einbrach und die nächste 
Umgebung sehr gefährdet ist, so ist leider, bevor die 
Bewegung des Erdreiches aufhört, eine weitere Unter- 
suchung dieses interessanten Fundortes unmöglich. 
In Ratsch wurde eine neue Zufahrtsstraße zum 
Bahnhof angelegt. Bei den Abgrabungen wurde eine 
dritte bandkeramische Ansiedlung und Begräbnisstätte 
durchschnitten. Der größte Teil der Ansiedlung liegt 
unter dem Oberbau der Reichenberger Eisenbahn. 



i89* 



R. V. Weinzieri. Aus dem nördlichen Böhmen 



189* 



Immerhin aber konnte eine bandkeramische Bestattung 
untersucht werden, bei welcher ein typischer, ange- 
bohrter Steinhammer und ein Feuersteinmesser ge- 
funden wurden. 

Infolge der weitausgedehnten Abgrabungen in 
Sobrusan werden mannigfaltige Funde gemacht. Von 
besonderem Interesse ist jener Teil der Abgrabungen, 
welcher sich gegen die sogenannte Heidenschanze 
von Wschechlab hinzieht. Hier wird eine weitausge- 
dehnte markomannische Ansiedlung abgegraben, die 
vielfaches Fundmaterial liefert. Von besonderem In- 
teresse war die Auffindung einer Bestattung in ge- 
streckter Rückenlage, 1*6m tief indem Erdbrande ge- 
bettet. Leider hat die mühsame Rekonstruktion des 
zerdrückten Schädels kein günstiges Resultat erzielt, 
da seine einzelnen Teile durch die jahrhundertlange 
Lagerung eine Deformation erlitten haben. 

Der Landwirt Alois Pilz hatte einen Teil der 
sogenannten Moorerde von einem Felde nächst 
Los an (Bzk. Komotau) abgeführt Bei der Um- 
ackerung des restlichen Teiles der Kulturschichte 
wurde ein mächtiger Depotfund gemacht. In nur- 
mehr geringer Tiefe waren über den Resten eines 
großen Nutzgefäßes 739 Stück Bronzen, zum größten 
Teile Rohbronze, aufgeschichtet. Das Depot besteht 
durchwegs aus Bruchbronze, und zwar sind darunter 
eine Unmasse von Sichelfragmenten, viele Seh wer t- 
Paalstab-, Dolch-, Spiralfibel-, Armringe-, Nadel- und 
andere Fragmente, unter anderen auch Armspangen 
in Form von breiten Bronzeblechen, die mit ein- 
gestanzten Punktreihen verziert sind. Die Bronzen 
wiegen 42 kg. Dieser Fund wurde in entgegen- 
kommendster Weise dem urgeschichtlichen Zentral- 
museum überlassen. Die Feldparzelle selbst wurde 
genau durchforscht; es konnte hierbei konstatiert 
werden, daß die Bronzezeitschicht von einer La- 
T^ne-Kulturschicht überlagert ist. In der letzteren 
wurde eine viereckige Wohnung mit nach außen 
angegliedertem Herde gefunden. Das unmittelbar an- 
stoßende Nachbarfeld, sowie auch der ganze westliche 
Terrainabschnitt nächst Losan, war dicht besiedelt in 
der Steinzeit und Bronzezeit sowie auch in der La- 
T^ne-Periode. Das urgeschichtliche Zentralmuseum 
erhielt verschiedene typische Funde aus allen drei 
Kulturperioden, welche größtenteils von den nach- 
barlichen Grundbesitzern aufbewahrt waren. 

In Obernitz nächst Brüx wird am Nordrande 
der großen Dampf Ziegelei eine Lehmwand abgegraben. 
Dieser Lehm ist von einer mächtigen Kulturschichte 
überdeckt. Die Untersuchung derselben ergab zwei 
Kulturen: die Steinzeitkultur und zwar mit Schnur- 
keramik, darüber die älteste Kulturphase der Bronze- 
zeit, mit Aunetitzer-Typen. 



II. Grabungen: 
Groß-Tschernosek: 

ä) Im Monate Jänner 1907 mußte eine kontrakt- 
liche Abgrabung auf Parzelle 1182 gemacht werden. 
In der untersten, neolithischen Kulturschichte wurden 
nur wenige Funde gemacht. In der darübergelagerten 
Bronzezeitschicht ist eine große Herdstelle zum Vor- 
scheine gekommen, die bis auf die Sohle der Stein- 
zeitschicht eingetieft war. Die Wandungen bestanden 
aus einer festgebrannten Ton- und Aschenmasse. 
Große t3rpische Lausitzer Scherben, sowie verkohlter 
Weizen, wurden in dem rein aschigen Inhalte dieser 
Herdstelle gefunden. 

6) Die zweite große Abgrabung auf Parzelle 1182 
mußte mit 4 Arbeitern in nahezu 4 Wochen durch- 
geführt werden. Der in dieser Zeit durchforschte 
östliche Teil dieser Parzelle ist infolge der mächtigen 
Überlagerung der neolithischen Kulturschichte durch 
die von Osten her (aus dem angrenzenden Steinbruche 
des Grafen Svi.va Tarouca) sich ausbreitenden La- 
T6ne-Kultur sehr interessant. Diese Kulturschichte er- 
reicht die Tiefe von nahezu 1 '5 m und enthält zahl- 
lose Wohnstätten und kesseiförmig eingetiefte Kultur- 
g^uben. Das hiebei gewonnene reiche Material von 
verschiedenem Hausrat, Tierknochen und sonstigen 
Kulturgrubenfunden ist wissenschaftlich wertvoll und 
ergänzt die reiche Kollektion von Groß-Tschernosek. 
Gräber sind auf diesem Feldabschnitte nicht gefunden 
worden. 

Langugest. Westlich von dem bisher durch- 
forschten La-T6negrabfelde, auf den Feldparzellen 
des Grundbesitzers A. Hofmann und des Grund- 
besitzers Hein -Toffel wurde eine neue Sandgrube 
angelegt. Im Verlaufe der Abräumung zeigten sich, 
westwärts immer dichter werdend. Kulturgruben, 
die ebenso wie bei Hofmann in dem tertiären Sande 
kesseiförmig eingetieft waren. Dieselben enthielten 
die gleichen typischen Früh-La-T6ne-Funde wie bei 
Hofmann. Als der Grundbesitzer einen größeren Teil 
dieser Feldparzelle abräumen ließ, wurde die Sand- 
oberfläche unter dem Letten genau untersucht und 
dabei zunächt eine La-Tene-Bestattung gefunden. 
Die Situierung des Skelettes ließ sofort die Gleich- 
artigkeit mit den Bestattungen bei Hofmann erkennen. 
Im weiteren Verlaufe der Ausgrabungen, welche im 
Jahre 1908 durchgeführt werden sollen, wird sich 
wohl zeigen, ob wir es mit einem zweiten La-Tene- 
Grabfelde zu tun haben. 

III. Von der Gesellschaft zur Förderung deutscher 
Wissenschaft, Kirnst und Literatur in Böhmen zu 
Prag subventionierte Durchforschung des Ringwalles 
bei der Adelen-Brettsäge von Duppau. 



igo« 



K. ▼. ScHWEitzBNBACH Ein Hornbeil vom Bodentee 



190«^ 



Sie fand ia der zweiten Hälfte September unter 
meiner Leitung statt. Aus den Funden (Gefäßscfaerben 
und Eisensachen) gebt hervor, daß dieser Ringwall 
dem Ende des XII. oder dem Beginn des XIII. Jh. 
angehört. Seine Anlage diente an den sich kreuzen- 
den Saumwegen als gesicherter Halt nächst der 



heute noch am Fuße des Walles bestehenden Quelle, 
des sogenannten Goldbrunnens. Weder die Anlage 
selbst noch die Situiening des Walles spricht dafür, 
daß er Verteidigungszwecken gedient habe. Auch 
in der Größe seiner Anlage stimmt er mit dem sog. 
Raubschloßwalle im Erzgebirge überein. 



Karl v. Schwerzenbach 



Ein Hornbeil vom Bodensee 



Wenngleich unser Landesmuseum eine ansehn- 
liche Sammlung steinzeitlicher Kultur angehöriger 
Gegenstände besitzt, so konnte es sich bisher doch 
keines auf heimischem Boden gefundenen rühmen; 
denn sämtliche Stücke im Kasten I Saal XV des 
Museums stammen vom Untersee. Nun haben wir die 
Gewißheit, daß auch an unserem schönen Gestade 
in jener Urzeit menschliche Wohnungen bestanden, 
durch ein einfaches Gerät aus Hirschhorn (Fig. 1) 




Fig. I Beil aus Hirschhorn, 7s n« Gr. 

erhalten. Es wurde am linken Ufer der Dornbirner 
Ach, ungefähr 100 m stromaufwärts von der neuen, 
nach Fussach führenden Brücke entfernt, vor etwa 
drei Jahren bei der Ausbaggerung des Flußbettes 
zutage gefördert und damals vom Sohne des Herrn 
Peter Rüpp in Fussach in dem an das Ufer ge- 
worfenen, aus Letten und Kies bestehenden Material 
zufällig aufgefunden und dankenswerterweise mit 
Genehmigung der k. k. Rheinbauleitung sowie der 



k. k. Statthalterei in Innsbruck von Herrn Rüpp dem 
Museum als Geschenk überlassen. 

Es ist einem Steinbeile sehr ähnlich aus einem 
Stück der Stange eines Hirschgeweihes angefertigt: 
an dem einen Ende gerade abgeschnitten, am andern 
keilförmig zu einer scharf ausgeprägten Schneide 
zugeschliffen. Die ganze Länge beträgt I6*5cm, die 
Schneide mißt in der Breite 6*5 cm; ein viereckiges 
(18X24mw) durchgehendes Loch diente zum Ein- 
lassen eines Holzstieles. Auf den beiden Breitseiten 
sind als Verzierung je zwei kleine konzentrische 
Kreise eingeschnitten. 

Vermutlich sollte das etwa dem Anfange des 
II. Jahrtausends v. Chr. angehörende Gerät als Schlag- 
waffe dienen und wie ein Hammer geführt werden. 

Ob nun dieses Hornbeil ganz vereinzelt lag, 
oder ob noch andere, vielleicht kleinere und deshalb 
unbeachtet gebliebene Gegenstände, derselben Kultur- 
epoche angehörig, ausgebaggert wiurden, entzieht 
sich unserem Wissen. Immerhin gibt dieser Fund 
einen Fingerzeig, daß in jener Gegend, in der schon 
früher bronzezeitliche Gegenstände (ein Dolch und 
eine Gewandnadel) gefunden wurden und in deren 
nächster Nähe die römische Heerstraße vorbeiführte, 
noch manch kulturhistorisches Stück im Schöße der 
Erde ruhen mag. Es muß somit, falls etwa in der 
Nähe früher oder später Terrainaushebungen vor- 
genommen werden sollten, diesen besondere Auf- 
merksamkeit gewidmet werden. 



191* 



K. V. ScHWSftZBNBACH Römitcfae Baureste in Bregens 



191* 



Karl v. Schwbrzbnbach 



Römische Baureste in Bregenz 



Das römische Brigantium scheint eine größere 
Ausdehnung besessen zu haben, als bisher angenom- 
men wurde. Im Zentrum der Stadt Bregenz, wo 
noch nie römische Baureste vermutet worden sind, 
stieß man bei Anlage eines Kellers (Haus n. 6 Kirch- 
gasse, des Herrn Fkrd. Kruse) 3m unter dem jetzi- 
gen Straßenniveau auf einen zweifellos römischen 
Estrichfui^oden. Er setzt sich aus vier deutlich 
unterscheidbaren Schichten zusammen; es müssen 
hier, ganz wie bei einem Boden des von mir im 
Jahre 1902 im Anwesen des Herrn TrOdingeb aufge- 
deckten Römerbaues mehrmals Senkungen einge- 
treten sein und jedesmal eine Erhöhung des Bodens 
durch Auflegen einer neuen Schichte erfordert 
haben. Auf diese Weise hat unser Boden eine Ge- 
samtdicke von 0*53 m erreicht. 

Die unterste Schichte besteht aus einem iOcnt 
dicken Guß aus Kalk mit kleinen Kieselsteinchen 
vermischt und hat als Unterlage größere Flußkiesel 
(sogenannte Katzenköpfe), die in Sandgrund, den 
ursprünglichen Boden, eingebettet sind. Die drei 
später aufgetragenen Lagen (die untere 14 — 15 cm, 
die mittlere 12—13, die oberste 15cw dick) weisen 
insofern ein anderes Gemenge des Materials auf, als 
an Stelle der in Kalk gelegten Kieselsteinchen hier 
klein zerschlagene Ziegelstücke treten, also ein so- 
genannter Ziegelestrich. Diese Ausbesserungen des 
Bodens wurden entschieden viel nachlässiger ausge- 
führt als bei dem eben erwähnten Römerbau im 
TRÜDiNGBRschen Anwesen; dort ist jede neue Estrich- 
lage direkt auf die untere aufgelegt und mit dieser 
verbunden, so daß das Ganze eine kompakte Masse 
bildet; hier dagegen wurden bei allen drei Schichten 
zuerst Bruchstücke von alten, gebrauchten Heiz- 
ziegeln je auf die untere Schichte aufgelegt und 
dann erst wurde der aus Kalk und Ziegelstückchen 
bestehende Guß aufgetragen. Dadurch mag wohl die 
jeweilige Senkung wieder ausgeglichen gewesen 



sein, die Dichtigkeit des Bodens aber mußte sehr 
zu wünschen übriglassen; und tatsächlich zeigte 
sich zwischen jeder der drei Auflagen eine schmale 
Schichte von eingedrungenem Schlamm, den ver- 
mutlich der nahe Wildbach, der jetzt kanalisierte 
Maiuracher Bach (Mauer- Ach) abgelagert haben dürfte. 

Die Aushebung des Kellers umfaßte insgesamt 
33 m', der noch vorhandene Teil des Estrichbodens 
nahm jedoch nur ein Viertel des Raumes ein. Leider 
ist seine weitere Aufdeckung ausgeschlossen, da er 
sich teils unter die Straße, teils unter die Fundament- 
mauem des jetzt darüber stehenden Gebäudes er- 
streckt. 

Im Schutt fanden sich außer einigen Fragmenten 
von Ziegelplatten und Heizziegeln auch zwei Hypo- 
kaustsäulchen aus Sandstein 0*70m hoch, 
0-25 m stark. 

Die Kleinfunde beschränken sich 
auf etwa ein Dutzend Gefäßscherben, 
unter denen Glas, Ton, Terra sigillata 
und Lavezstein vertreten sind, sowie 
auf Knochen von Hund und Schwein. 

Der letzte Tag der Grabung för- 
derte noch ein einer Stechschaufel ähn- 
liches Gerät*) (Fig. 1) zutage. Es ist aus 
einem Stück Eisen geschmiedet und 
wiegt 3V2 Kilo; seine ganze Länge be- 
trägt 99'5 cm^ die Länge des Blattes 
21 cm^ dessen größte Breite 1 4 cm. Der 
vierkantige Stiel ist ganz leicht S-förmig 
abgebogen, wie Fig. 1 b zeigt. Ob dieses 
Objekt wirklich römischen Ursprunges 
ist, wofür allerdings die Fundverhält- 
nisse entschieden sprechen, und welchem 
Zwecke es gedient haben mag, muß 
vorläufig fraglich bleiben. 



*) Es ist kein Löffelbohrer. 



ig2*' 



F. LoROER Reste römischer Bauten nächst St. Marein bei Erlachstein in Steiermark 



192«' 



Franz Lorger 

Reste römischer Bauten nächst St. Marein bei Erlachstein in Steiermark 



Eine Großbronzc Gordians I*), die in der Nähe 
von St. Marein bei Erlachstein an der Rohitscher 
Lokalbahn beim Pflügen gefunden wurde und durch 
einen Zufall in meine Hände kam, veranlaßte mich, 
die Fundstelle zu untersuchen; so bin ich bisher zu 
den nachfolgenden Beobachtungen gekommen. 

Durch St Marein führt in west-östlicher Richtung 
eine alte, gegenwärtig nur wenig benutzte, etwa 4 m 
breite Straße, die im Volksmund als Römerstraße 
bezeichnet wird. Da sie überaus massiv gebaut ist, 
müßte bei jüngerer Entstehung ihr Zustand besser 
erwartet werden. Gewaltige Steinblöcke am Rande 
der Straße, die oft eine Oberfläche von 1 w' auf- 
weisen und über das Niveau des gegenwärtig be- 
fahrenen mittleren Teiles hervorragen, verraten näm- 
lich, daß sie einer ziemlich großen Anzahl von Jahr- 
hunderten getrotzt hat. Sie läßt sich gegen Westen 
bis in die Nähe der Südbahnstation Ponigl ver- 
folgen*), wo sie in eine moderne Straße einmündet, 
die von Cilli über Ponigl nach Pöltschach führt. 
Gegen Osten verliert sie sich nach '/^stündigem Ver- 
laufe in die Straße, die vom Zigeunerwirt (in der 
Nähe der Lokalbahnstation Möstin) über Pristowa 
nach Windisch-Landsberg führt. 

I. Die Fundstelle der Münze, ein breites Feld, liegt 
etwa 10 Minuten nw. von Marein und genau ö. von 
der Erhebung, auf der das Schloß Erlachstein liegt. 
Die Oberfläche des Feldes ist auf etwa 2000 m' hin 
mit kleinen Ziegelstücken und Scherben ziemlich 
dicht übersät. In den Maulwurfhügeln auf einer 
schmalen Rasenfläche, die das Feld teilt, fand ich 
Ziegelsplitter und Mörtel. Nach leichtem Graben an 
rgend einer unbebauten Stelle des Feldes traf ich 
kaum eine Spanne unter der Oberfläche antiken 
Schutt, in ihm einige glattgeschliff"enc Marmorstücke 
und bemalten Maueranwurf. Eine eingehende Durch- 
grabung des Feldes war nicht möglich. Trotzdem 
kam ich zu nachfolgenden Resultaten. 

An den meisten Stellen beginnt wenige Dezi- 
meter untertags der antike Schutt: zuoberst eine 
Schicht von größeren Dachziegelstücken, vermengt 
mit Mörtel und Steinen, dann folgt der übrige Schutt, 
überall mit Aschenresten durchsetzt. Daß die Bau- 

^) CoH.* n. 6 mit Providentia Augg, . 

*) Vgl. die Spezialkarte. 



anläge, die hier gestanden hat, abgebrannt ist, be- 
weisen auch einzelne auffallend gerötete Steine. Der 
Bau war nach Ausweis der Münze im Jahre 238 noch 
besiedelt. Bald stieß ich auf eine massive Mauer, von 
der ich nur Breite (etwa '/^ m) und Richtung konsta- 
tieren konnte. In ein größeres Mörtelstück, das deut- 
liche Brandspuren trug, waren mehrere weiße Mosaik- 
steinchen eingesprengt. Zu den Fundstücken gehören 
auch einige größere Scherben aus grauem und rotem 
Ton. Besonders auffallend tritt im Schutt der Marmor 
auf; daß es Bacherermarmor ist, kann man aus seiner 
groben Struktur schließen. Von der Unmenge klei- 
nerer Splitter abgesehen, fand ich etwa fünfzehn 
Stücke von verschiedener Dicke, die alle irgendwie 
bearbeitet sind: 

a) 13 wm dick, auf beiden Seiten geglättet. 

b) 21 mm dick, eine Seite geglättet, die andere 
roh bearbeitet. 

c) 30 mm dick, beide Seiten geglättet. 

d) 36 mm dick, beide Seiten geglättet, eine Rand- 
fläche roh bearbeitet. 

e) 36 mm dick, eine Seite geglättet, die andere 
roh bearbeitet. 

/) 40 mm dick, eine Seite geglättet, die andere 
überhaupt nicht bearbeitet. 

g) 56 mm dick, eine 
Seite geglättet, die an- 
dere augenscheinlich 
bearbeitet; eine Rand- 
fläche ist roh bearbeitet 
und verläuft in einem 
spitzen Winkel zur ge- 
glätteten Seitenfläche. 

Am interessante- 
sten ist jedoch ein mas- 
sives Marmorstück von 
36cw Länge und dem 
Fig. 1 abgebildeten 
Querschnitt (V4 n. Gr.). 
Da es jedenfalls ein Gesimsstück darstellt, so dürften 
einige nur auf einer Seite geglättete Marmorstücke von 
etwa 21mfw Dicke (siehe oben) als fortsetzende Wand- 
verkleidung gedient haben. Aus dieser verschieden- 
artigen Bearbeitung des Marmors folgt, daß er ebenso 
verschiedenartig verwendet wurde, bei der Aus- 




Fig. I Gesimsstück aus 
Marmor (^/^ n. Gr.) 



193" 



F. LoRGKR Reste römischer Bauten nächst SU Marein bei Erlachstein in Steiermark 



193'' 



stattung des Gebäudes also die größte Rolle spielte. 
In gleicher Menge tritt im Schutt bemalter Mauer- 
verputz in den mannigfaltigsten Farben auf: weiß, 
gelb (in mehreren Tönen), rot (in drei Tönen), vio- 
lett, indigoblau, grün, grau, schwarz u. a. Fast alle 
Stücke zeigen Überreste von Ornamenten, meist in 
so grundverschiedener Farbenzusammensetzung, daß 
nur wenige einer und derselben Wandmalerei ange- 
hören können. Ein Stück trägt ein hübsches Frag- 
ment einer Handmalerei: auf grauem Untergrunde 
ein grünes, rund gebogenes Blatt mit weiß ge- 
schnörkeltem unteren Rande. Daß für die Malerei, 
welcher dieses Stück angehört, auch Zinnober- und 
Karminrot verwendet wurde, beweist ein kleines 
Stück mit gleichem Untergrund und gleichem Blatt- 
grün. 

Von den verschiedenartigsten Funden wissen 
die Bauern zu berichten, welche auf diesem Felde 
längere Zeit beschäftigt waren: von zweihenkligen 
Krügen, schillernden Glasgefäßen, Tonfässem, Stufen 
aus „weißem glänzenden Stein** u. a. Eine Bäuerin 
erzählte mir mit einer gewissen Begeisterung von 
schönen gipsartigen Ornamenten, wie sie auf dem 
Gesimse eines villenartigen Hauses im Markte sich 
finden, und pries besonders die schönen Blumen auf 
damals gefundenem Mauerverputze. 

Im Munde der Bauern geht die Sage, hier habe 
vor alten Zeiten ein Schloß gestanden. Der massen- 
haft auftretende Marmor und die verschiedenartigen 
Malereien deuten auf ein gut ausgestattetes Gebäude 
hin, etwa eine Villenanlage. Zu einer solchen eignet 
sich die reizvolle Lage vortreiflich. Die antike Bau- 
anlage war an eine flache Bodenanschwellung von 
etwa 15m Höhe angelehnt, die sich gegen Südwesten 
zum Dworbach, der unweit von dieser Stelle in den 
Mareinerbach mündet, abflacht und ein vorzügliches 
Bauterrain bietet. Der Dworbach führt uns gegen 
Norden in eine für unsere Hügellandschaft wild- 
romantische Talschlucht. Wer den Hügel von SW 
betrachtet, kann an ihm eine auffallende S3rmmetrie 
beobachten: im NO grenzt sein flaches und breites 
Plateau an eine größere breite Erhebung, und gegen 
S und NW flacht sich dieses in gleichem Gefälle 
gegen benachbarte Anschwellungen ab. Gerade in 
der Mitte liegt nun die Stelle, wo am auffallendsten 
der antike Schutt zutage tritt. Der Hügel trägt beim 
Volke den Namen Grobelce, deutsch Trümmerfeld. 
Der Besitzer heißt Anton GrobelSek. 

IL Genau ö.von dieser Fundstätte, etwa 15 Minuten 
nö. von Marein liegt n. von dem Punkte, wo die 
Lokalbahnstrecke über die Bezirksstraße setzt, eine 
Bodenerhebung, die in Höhe und Terrainabflachung 
der ersten Stelle auffallend ähnlich sieht. Ein Bauer, 

Jahrbuch für Altertumskunde I 1907 



den ich für meine Untersuchung in Taglohn nahm, 
und dem ich deshalb meine bisherigen Funde zeigte, 
erzählte, er habe dort beim Pflügen vor etwa fünf- 
zehn Jahren ähnliche Gegenstände gefunden imd sei 
sogar auf eine massive Mauer gestoßen. 

Ich fand den Acker mit Ziegelstücken und Scher- 
ben in ähnlicher Weise übersät, wie die Stelle I. 
Auf einem ziemlich weiten Flächenraume zeigten 
sich an der Oberfläche über 100 weiße und blaue 
Mosaiksteinchen, ein glatt geschliff"enes Marmorstück 
und ein unversehrt erhaltener römischer Bauziegel. 
Nach leichtem Graben stieß ich auf ein großes un- 
bearbeitetes Marmorstück. Eine nähere Untersuchung 
war ausgeschlossen, da das Feld mit Winterweizen 
besät war, doch deuten die Fundstücke darauf hin, 
daß es sich hier um eine ähnliche Bauanlage handelt 
wie bei L 

An diese Stelle knüpfen sich verschiedene Über- 
lieferungen der Bauern. Eine bringt sie mit der 
Fundstätte I in Verbindung: an jeder von beiden 
Stellen sei vor alten Zeiten eine mächtige Burg von 
solcher Höhe gestanden, daß in der Morgensonne die 
östliche ihren Schatten bis zur westlichen warf, bei 
Sonnenuntergang der Schatten der westlichen Burg 
bis zur östlichen reichte. Eine alte Bäuerin erzählte, 
ihr Vater habe in der Nähe dieses Feldes vor etwa 
70 Jahren einen Brunnen gegraben, doch habe ein 
mächtiger Steinblock mit goldenen Buchstaben das 
Weitergraben verhindert. Darum habe er seine Nach- 
barn zusammengerufen und gefragt, ob er den Stein 
zersprengen oder den Brunnen überhaupt aufgeben 
solle. Man habe ihm letzteres angeraten; denn vor 
alten Zeiten sei hier ein Schloß versunken, und sie 
könnten nach Zer Sprengung des Steines alle samt 
und sonders in das Schloß hinabsuiken. Es ist aller- 
dings von solchen Märchen nicht viel zu halten, 
doch haben sie insoferne einen gesunden Kern, als 
sie für das Vorhandensein einer größeren Ruine 
sprechen. Daß der Bau seinerzeit abgebrannt ist, 
beweisen deutlich Aschenreste. Der Fundort heißt 
Pristowa, die Besitzerin Josefa Ratej. 

IIL Etwa 40 Minuten östlich von Marein öff^net sich 
dort, wo die alte Straße nach geradem Verlaufe (süd- 
lich von der Bezirksstraße) über den Mareinerbach 
setzt, gegen Süden eine verhältnismäßig breite Tal- 
ebene. Sie ist zu beiden Seiten von flachen Hügel- 
ketten begrenzt. Etwa 10 Minuten südlich von der 
alten Straße liegt nun knapp am Fuße der westlichen 
Hügelkette gerade unterhalb der Besitzung des Kajlt. 
Cak5 ein Feld, dessen Oberfläche ähnlich wie die 
eben besprochenen Stellen beschaffen ist. Beim ersten 
Grabungsversuche stieß ich auf eine 88 cm breite, in 
west-östlicher Richtung verlaufende Grundmauer, die 

25 



194^ 



F. Lorger Reste römischer Bauten nächst St. Marein bei Erlachstein in Steiermark 



194" 



etwa 1 -5 m tief in den Boden reicht. Ich legte sie 
auf etwa 3 tn bis zu einem Buge bloß, von dem aus 
die Mauer gegen Süden verläuft. Die Steine, die im 
Schutt auftreten, sind auffallend gerötet, so daß 
mein Arbeiter ungefragt bemerkte, es müsse dies 
vom Feuer herrühren. Unter den Aschenresten fand 
ich verkohlte Eichenholzstückchen. Im übrigen macht 
der Schutt, der sich zum größten Teile aus Mörtel, 
Steinen und Dachziegelstücken zusammensetzt, im 
Vergleiche zur Stelle I einen äußerst einförmigen 
Eindruck. Einige Scherben aus grauem Ton und 
Knochenüberreste waren außer der Mauer die ein- 
zigen Anzeichen, daß hier einst Menschen gehaust 
haben. Etwa 20 Schritt südlich von der freigelegten 
Mauer ist die Erde auf etwa 8 w' hin in streng 
rechteckiger Form im Sinken begriffen. Der Bauer 
behauptet, daß er, um den Boden eben zu erhalten, 
dort öfter Erde aufschütten müsse und bisher schon 
über 30 Wagen Erde zur Planierung verwendet 
habe. Obwohl er erst vor kurzem den Boden geebnet 
habe, sei die Erde wieder um etwa 2 dm tief ge- 
sunken. 35 Schritt östlich von der freigelegten Mauer 
fand ich auf ebenem Terrain in einem Maulwurfhügel 
ein weißes Mosaiksteinchen. Ich grub und stieß aber- 
mals auf eine massive Mauer. Nach etwa 0*5 m Tiefe 
störte das Grundwasser. Im Schutt, den ich aus dem 
Wasser aufgrub, fand ich auf einer Oberfläche von 
1 m^ eine Handvoll Mosaiksteinchen und Sand von 
verwittertem Marmor. In den Maulwurfhügeln rings- 
umher trifft man Ziegelsplitter und Mörtel. 



Der Bauer erzählte, man habe in der Nähe bei 
Planierung der Wiese schwere flache Steinblöcke 
ausgegraben. Die schönsten von quadratischer Form 
habe der Eigentümer der Wiese für sich verwendet, 
mit den übrigen habe ein Bauer seine Keusche be- 
pflastert Ich besichtigte die Keusche und fand den 
Boden einer armseligen Bauernstube mit Stein- 
blöcken von 1 m* Oberfläche belegt. 

Etwa 400 Schritt östlich von der freigelegten 
Mauer führt jenseits des Mareinerbaches längs der 
östlichen Hügelkette die Strecke der Rohitscher 
Lokalbahn. Wie man erzählt, ist man beim Bau der 
Eisenbahn vor einigen Jahren dort auf ein Mauer- 
werk gestoßen, hat dabei Steinstufen ausgegraben 
und irgendwohin gebracht, doch habe sich kein 
Mensch weiter darum gekümmert. Ich sah mir die 
Stelle an und fand an der Oberfläche einen römischen 
Dachziegel, womit ich mich vorläufig zufrieden stellte. 

Schließlich finde ich es erwähnenswert, daß etwa 
3 km südöstlich von der freigelegten Mauer, dort 
wo sich die Talebene am weitesten ausbreitet, in der 
Nähe der Ortschaft Mestindorf (slaw.Mest inj e= Stadt- 
gebiet) unter den Bauern die Sage geht, es habe in 
dieser Ebene vor alten Zeiten eine Stadt gestanden, 
und man will von verschiedenen Stellen wissen, an 
denen ein Schloß, eine Kirche u. dgl. versunken sei. 
Ein Ortsbewohner von St. Marein erzählte mir das 
gleiche. 

Weitere Untersuchungen und eingehende Gra- 
bungen werden von mir geplant 






VERZEICHNIS 

der noch nicht im Buchhandel vergriffenen Einzel- und Separat-Publikationen der 

k. k. Zentral-Kommission 

(Mit einem Stern sind jene Publikationen bezeichnet, von denen weniger als zehn Exemplare vorhanden sind; 
zwei Sterne bedeuten Vorräte unter vier Exemplaren.) 

Ackner Die Kolonien und militärischen Standlager der Römer in Dacien (Siebenbürg-en). 1857 i K 20 h 
♦Ankershofen Die ältesten kirchlichen Denkmalbauten Kärntens. Mit 5 Tafeln und 23 Holz- 
schnitten. 1859 3 „ 20 

Aschbach Trajans steinerne Donaubrücke. Mit 2 Tafeln und 3 Holzschnitten. 1858 ... i 
♦Bock Der Schatz der Metropolitan-Kirche zu Gran in Ungarn. Mit 3 Tafeln und 18 Holz- 
schnitten. 1859 2 „ 80 ^ 

*Camesina Die Darstellungen auf der Bronze-Türe des Haupteinganges von S. Marco in 

Venedig. Mit 18 Tafeln. 1860 6„ — „ 

**Dudik Die neu entdeckten Fresken aus dem Leben der heil. Apostel Cyrill und Methud 

in Rom. Mit 3 Holzschnitten und 2 Tafeln. 1869 * i„ — „ 

Eitelberger Cividale in Friaul und seine Monumente. Mit 9 Holzschnitten. 1857 i ^ — ^ 

**Essenwein Die Kirche der PP. Augustiner (das Königskloster) in Altbrünn. Mit 

8 Zeichnungen und i Tafel. 1862 i^ — ^ 

— Die Entwicklung des Pfeiler- und Gewölbe-Systems in der kirchlichen Baukunst vom -^ 
Beginne des Mittelalters bis zum Schlüsse des 13. Jahrhunderts. Mit 79 Holz- 
schnitten. 1858 3 „ 20 „ 

Ferstel Der Dom zu Parenzo. Gutachten. 1881 — w öo n 

Folz Geschichte der Salzburger Bibliotheken. 1877 4 „ — „ 

♦♦Grueber Die Kunst des Mittelalters in Böhmen. Vier Bände mit 9 Tafeln und 979 Text- 
illustrationen. 1871 — 1879 32 „ — „ 

Haas Die Kunstdenkmale des Mittelalters in Steiermark. Mit 24 Holzschnitten. 1857 i « 40 ?» 

Heider Mittelalterliche Kunstdenkmale in Salzburg. Mit 4 Tafeln und 56 Holzschnitten. 1857 3 „ 60 

* — Liturgische Ge^vänder aus dem Stifte St. Blasien im Schwarzwalde, dermalen auf- 

bewahrt im Stifte St. Paul in Kärnten. Mit 10 Tafeln und 10 Holzschnitten. 1860 . 5 „ — „ 

Helfert Staatliches Archivwesen. 1893 2„ — „ 

— Denkmalpflege. 1897 4 „ 80 „ 

— Staatliche Fürsorge für Denkmale der Kunst und des Altertums. 1876 i „ 20 „ 

— Osterreichische Kunsttopographie. 1881 i „ — „ 

— Drei Stadtpläne und eine Stadtansicht vom alten Prag. Mit 4 Illustrationen. 1893 . 4 „ — „ 

— Eine Geschichte von Thoren. Mit 18 Illustrationen. 1894 3„ — „ 

Ilg Kunsttopographische Mitteilungen aus den fürstlich Schwarzenbergischen Besitzungen 

in Süd-Böhmen. Mit 11 Illustrationen. 1891 2 „ — „ 

*Jenny Die römische Begräbnisstätte von Brigantium (östlicher Teil). Mit 8 Tafeln und 

zahlreichen Text-Illustrationen. 1898 ii„ — „ 

* — Poetovio. Mit einem Übersichts-, einem Situationsplan und 8 Tafeln, zusammen 

10 Beilagen. 1896 8„ — „ 

Kenner Römische Sonnenuhren aus Aquileja. Mit 13 Text-Illustrationen. 1880 i „ to 

— Neue römische Funde in Wien. Mit 7 Text-Illustrationen. 1879 2 

— Bericht über römische Funde in Wien in den Jahren 1896 bis 1900. Mit einer Tafel 
und 93 Abbildungen im Texte 6 

**Lind Die österreichische kunsthistorische Abteilung der Wiener Weltausstellung. Mit 

8 Tafeln und 100 Holzschnitten. 1873 5 „ 60 „ 

— Blätter für ältere Sphragistik. Mit 26 Tafeln. 1878 5 „ 60 

— Das Wappen der Stadt Wien. Mit 3 Tafeln und 21 Text-Illustrationen. 1866 ... i „ 60 „ 
Milkowicz Ein nord-russischer, auf Holz gemalter Kalender aus der Zeit um 1600. Mit 

I Tafel und 31 Text-Illustrationen. 1896 ^ ;? 20 

** — Zwei Fresko-Kalender aus dem 16. Jahrhundert in den Bukowiner Klosterkirchen 

zu Woronetz und Suczawitza. Mit 5 Tafeln. 1898 4„ — 

Müller Die kirchliche Baukunst des romanischen Stiles in Siebenbürgen. Mit 3 Tafeln, 

23 Holzschnitten und 2 Faksimiles. 1859 2 „ 40 „ 

**Much Das vorgeschichtliche Kupferbergwerk auf dem Mitterberg bei Bischofshofen in 

Salzburg. Mit 15 Text-Illustrationen. 1879 2„ — „ 



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*Much Frühgeschichtliche Funde aus den österreichischen Alpenländern. Mit i Tafel und 

28 Text-Illustrationen. 1898 4 AT — h 

— Die Kupferzeit in Europa und ihr Verhältnis zur Kultur der Indogermanen. Mit 55 Illu- 
strationen. 1886 5„ — „ 

Neumann Kurzgefaßter Reise-Bericht über einige Orte Istriens und Dalmatiens. 1897 . . — „ 80 „ 
Premerstein und Rutar Römische Straßen und Befestigungen in Krain. Mit Karten und 

Faksimilien. 1899 In — 

Riegl Der moderne Denkmalkultus, sein Wesen und seine Entstehung. 1903 i „ 20 

Rosner Zum Gedächtnisse an Friedrich Schmidt. Dessen Urteile und Gutachten aus der 

Zeit seiner Wirksamkeit als Mitglied der k. k. Zentral-Kommission. 1893 2 „ — 

**Rziha Böhmische Zinngefaße. Mit 2 Text-Illustrationen und 4 Tafeln. 1892 2 „ 40 

— Studien über Steinmetz-Zeichen. Mit 69 Tafeln und 46 Text-Illustrationen. 1883 . . 10 ^ — 
Sacken Die Kunstdenkmale des Mittelalters im Kreise ob dem Wiener Wald in Nieder- 

Österreich. Mit 3 Tafeln und 45 Holzschnitten. 1857 2 „ 80 

Sava Die mittelalterlichen Siegel der Abteien und Regularklöster im Erzherzogtume 

Österreich ob und unter der Enns. Mit 26 Holzschnitten. 1859 2 „ 80 „ 

— DieSiegel der österreichischen Regenten biszu Kaiser Maxi. Mit II 7Holzschnitten. 1871 8 „ — „ 
Schnerich Die beiden biblischen Gemälde-Zyklen im Dome zu Gurk (Kärnten). Mit 21 Illu- 
strationen. 1894 4„ — „ 

Semper Donatello. Eine kunstgeschichtliche .Studie. 1873 4„ — „ 

Tomek und Mocker Die Baulichkeiten des ehemaligen St. Agnes-Klosters in Prag. Mit 

II Tafeln. 1891 4„ — ^ 

*Wichner Das Kloster Admont in Steiermark und seine Beziehungen zur Kunst. Mit 

4 Kunstbeilagen und 14 Holzschnitten. 1888 5„ — „ 

Winter Bruchstücke aus der Geschichte eines österreichischen Stadt- Archives. 1878 ... i „ — „ 
*Wocel Die Baudenkmale zu Mühlhausen (Milevsko) in Böhmen. Mit i Tafel und 15 Holz- 
schnitten. 1853 3n— n 

— Die Kirche des ehemaligen Zisterzienser-Nonnenklosters Porta coeli zu Tischnowitz. Mit 

4 Tafeln und 2% Holzschnitten. 1859 3„ — „ 

**Archaeologische Blätter ^us Millstatt in Kärnten. Mit 33 Illustrationen. 1878 4 w — 

Archivalische Mitteilungen I. Band, Archiv-Berichte aus Tirol, I. Teil 19 „ 20 

II. Band, Aufsätze vermischten Inhalts i3„ — 

III. u. V. Band, Archivberichte aus Tirol, II. u. III. Teil ... 18 „ — 

IV. Band, Aufsätze vermischten Inhalts 10 „ — 

VI. Band, Aufsätze vermischten Inhalts, i. u. 2. Heft . . . ä 4 „ — 

Atlas kirchlicher Denkmäler des Mittelalters. i8 Lieferungen (vergriffen Lieferung 8, 14, 15) 

mit 100 Tafeln, Folio per Lieferung 2 „ — 

— kunsthistorischer: 
I. Abteilung. Sammlungen von Abbildungen vorgeschichtlicher und frühgeschicht- 
licher Funde aus den Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie, mit 100 Tafeln 24 „ — 
X. Abteilung. Sammlungen von Abbildungen mittelalterlicher Grabdenkmale aus 
den Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie, mit 108 Tafeln 28 „ — 

Berichte über die Tätigkeit der Zentra l-Kommis sion in den Jahren 1884 — 1892 und 
£894 — 1896, jeder Jahrgang 

2 



fj 



Jahrgang 1897 — iQoi 



Vergriffen 



I n 60 » 



Konservatoren- und Korrespondenten-Konferenz, Stenographische Aufnahme der — in Wien 

1885 u'^^ Krakau 1880, zwei Hefte ä i ^ 60 „ 

Festschrift anläßlich des 50jährigen Bes tandes der Zentr al-Kommission 10 ,, — „ 

Jahrbücher, Band I, III und V . . . . |ii und iv vergriffen| ä 20 „ — „ 

— neue Folge (seit 1903) Band I. II. III. IV ^) ä 17 „ — „ 

Kunsttopographie, österreichische, I. Band: Herzogtum Kärnten. Mit mehrmals 500 Text- 
Illustrationen und 3 Tafeln. 1889 12 

Mitteilungen, Jahrgang 1857 — 1865» 1868 

„ 1869 — 1874 

— neue Folge: Jahrgang 1875— 1883, 1885, 1886 

„ 1888 1890, 1892. 1894— 1896 .... 
„ 1898 — 1901 

y, 1902 

— dritte Folge: „ 1902 — 1906*) 5 „ 

Personen, Orts- und Sachregister zu den Mitteilungen 1856— 1872 (3 Hefte) 6 „ 

Register zum Jahrbuch 1856— 1861 und zu den Mitteilungen 1856 — 1902, Heft I (Autoren- 
register) , ^ 

*) Noch nicht vollständig erschienen. 



Vergriffen 
f866, 1867, 
1884, J887, 
1889, 1893. 
1897 



a 

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JAHRBUCH 

FÜR ALTERTUMSKUNDE 



HERAUSGEGÜIBEN VON DER IL K, Ei 

PUR ^ iHQ UNB EßP "T TNLi UtsK üuri^i- urit-» 

JIIS7 ,, oBNK'-^'^TiT i niTT? LKITÜNG IHRES 

PRAft -i SR, EX , : VON HELFh 



ERSTER BAND 1907 




WIEN 1908 

IN KOMMISSIOK BEI ANTOM SCHROLl. gt Co. 



Printed in Gennany 




O DRUCK VON O 
RUDOLF M. ROHRCR 
Q IN BJKCTNM 



lahfhui:h hir AMt^r it,j,„k 



Toti«r 

II 



B^ VI .14 




3 2044 043 560 119 



TTiü book should he returned 
to tlie Library on or before ihe 
laÄt date atamped below. 

Please retura prompüy. 



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