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Full text of "Jahrbuch für Romanische und Englische Sprache und Literatur"

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littp://www.archive.org/details/jahrbuchfrroma12berl 


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JAHRBUCH 

FÜR 

ROMANISCHE  und  ENGLISCHE 
LITERATUR 

BEGRÜNDET  IM  VEREIN  MIT  FERDINAND  WOLF 

VON 

ADOLE   EBERT 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

Dr.  LUDWIG  LEMCKE, 

PBOFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT  GIESSEN. 

ZWÖLFTEL  BAND. 


LEn>Zia: 
F.    A.    BROCKHAUS. 

1871. 


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Inhalt. 


Seite 

Zur  provenzalischen  Literatur;  von  Karl  Bartsch 1 

Zum  Romulus;  von  Dr.  Eduard  Mall 18 

Zu  Bartsch'*    „Beiträge   zu    den   romanischen  Literaturen";    von 

Adolf  Mussafia 29 

Nachträge  zu  den  Apuntes  biogräficos  y  criticos ;  von  C.  Michaelis  37 
El  Misterio  de  los  Reyes  Magos ;  von  Eduard  Lid/orss  ....  44 
Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia;    von  H.  Michelant 

(Fortsetzung) 60 

Kritische  Anzeigen: 

Zar   englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts;    von 

Jjpmcke 73 

Altfranzösische   Romanzen   und   Pastoiirellen ,    herausgegeben 

you  Karl  Bartsch.  Leipzig,  1870.  Angezeigt  von  G.  Gröber       91 
Der   Troubadour   Guillem    de    Cabestanh.     Sein    Leben    und 
seine  Werke.     Von  Franz  Hüffer.    Berlin,  1869.     Ange- 
zeigt von  G.   Gröber 99 

Ricerche  intorno  al  Libro  di  Sindibäd  per  Domenico   Compa- 

retti.     Milano,   1869.     Angezeigt  von  Reinhold  Köhler    .     106 
Die  Lusiaden    von   Luis    de  Camoens.     Uebersetzt  von  Karl 

Eitner.  Hildburghausen,  1869.  Angezeigt  von  Ed.  Böhmer     108 
Miscellen : 

Zu  Scheler's  Glanures  lexicographiques,  von  A.  Mussafia.  — 
Refuser  von  K.  G.  Andresen.  —  Etymologisches  von  H. 
Schuchardt.  —  Zur  Kritik  der  Divina  Commedia,  von 
L.  Bossler.   —   Zu  Paul  Meyer's  Etudes  sur  la  chanson 

de  Girart  de  Roussiilon,  von  Edm.   Stengel 110 

Zum  Andenken  an  Julius  Brakelmann 121 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia;  von  Hermann   Oesterley 

(Schlufs) 129 

Beiträge  zur  Kenntnifs  der  französischen  Sprache  des  XIV.  Jahr- 
hunderts; von  Otto  Knauer  (Fortsetzung) 155 


IV  Inhalt. 

Seite 
Die  norclwestrouiaiiischen   Auslautsgesetze;  von  Julius  Zupitza      .     187 

Zum  Pariser  Glossar  7692;  von  Adolf  Toblcr 203 

Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  lleali  di  Francia;  per  //.  Michelant 

(Fortsetzung) 217 

Zu  Roniulus;   von  //.   Oesterley 233 

Miscellen: 

Zu  den  Bocados  de  oro,  von  J.  Gildemeister.  —  Berichtigung 
zu  Mahn's  Artikel  „der  Troubadour  Cercamon"  und 
Tobler's  Nachtrag  dazu,  von  Edm.  Stengel 239 


Raparius;   von  Hennann  Oesterley 241 

Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs  in  ihrem  doppelten  Ver- 
hältnifs  der  Schreibweise  und  der  materiellen  Zusammen- 
setzung der  Worte;  von  H.  Bartling 269 

Zu  der  altspanischen  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  und  seiner 

Gemahlin   Sibille;  von  Reinhold  Köhler 286 

Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo ;  mitgetheilt  von  Adolf  Tobler.  .  317 
Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel  von  Felix  Liebrecht  .  337 
Kritische  Anzeigen: 

Italienische  Novellen.    1.  Novelle   di  G.  Sercambi.    Bologna, 

1871.     Angezeigt  von  R.  Köhler 347 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke;  von  M.  Steinschneider     353 

Zu  Romulus;   von  Dr.  Emil  Grosse 377 

lieber    einzelne  Momente    der  Bedeutungsentwickelung    in   den  ro- 
manischen Sprachen;  von  Dr.  Mieck 384 

Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia ;  par  H.  Michelant 

(Schlufs) 396 

Kritische  Anzeigen: 

Italienische  Novellen.    Angezeigt  von  R.  Kühler  (Schlufs)  .     .     407 
Romancero    dei    Cid.     Nueva    edicion   anadida   y    reformada 
sobre   las    antiguas,    etc.    publ.   por    Carolina  Michaelis. 

Leipzig,  1871.     Angezeigt  von  Lemcke .     415 

La  Gerusalemme    liberata  di  Torquato  Tasso.     Riveduta  sul 
testo    e   corred.  di  note   crit.   ed  illustr.   per  cura  di  G. 
A.  Scartazzini.     Leipzig,  1871.      Angezeigt  von  Lemcke.     417 
Bibliographie   des   Jahres    1870;    von  Adolf  Ebert,    Adolf  Tobler 

und  dem  Herausgeber 419 

Register 467 


Zur  provenzalischeu  Literatur. 


Zur  proveiizalischen  Literatur. 


1. 

Ein  lateinisch -provenzaüsches  Lied. 

In  der  Benedictbeuerer  Handschrift  zu  München, 
welche  J.  A.  Schmeller  unter  dem  Titel  „Carmina  Bu- 
rana" (Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart 
XVI,  1847)  herausgegeben,  steht  unter  Nr.  81,  S.  167  fg., 
ein  lateinisches  Liedchen,  untermischt  mit  romanischen 
Versen.  Ehe  wir  deren  Sprache  näher  betrachten,  mufs 
bemerkt  werden,  dafs  die  beiden  ersten  Strophen  nicht 
dazu  gehören,  sondern  ein  Lied  für  sich  bilden,  wahr- 
scheinlich auch  noch  die  dritte,  von  welcher  nur  der  An- 
fang erhalten  ist:  es  schlofs  mit  ben  vermuthlich  ein  Blatt 
der  Vorlage  der  Hs.  und  dann  fehlen  Blätter,  was  der 
Schreiber  nicht  bemerkte.  Das  Lied,  welches  uns  inte- 
ressiert, umfafst  daher  nur  die  Strophen  4  —  9.  Schon 
die  unmittelbar  vorhergehenden  Lieder  enthalten  einige 
romanische  Worte,  namentlich  in  den  Refräns;  der  Re- 
frän  von  72  lautet: 

Audi  bela  mia 
mille  modos  Veneris 
da  hizevaleriu, 

WO  die  romanischen  Worte  öer  amia  —  da  chivaleria  zu 
lesen  sind.  In  86  finden  wir  den  ganz  romanischen  Re- 
frän  Tort  a  vers  mei  ma  dama.  Derselbe  ist  eine  Parodie 
des  Refräns  Tort  a  vers  nos  li  mcstre  ^  der  zu  einem  von 
Abälards  Schiller  Hilarius  noch  bei  Lebzeiten  des  Meisters 
(i  1142)  gedichteten  Liede  gehört:  Le  Roux  de  Lincy, 
chants    historiques    fran9ais    1,  6 — 10.     Der    sprachliche 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  Xlf.   1.  1 


2  Karl  Bartsch 

Character  beider  Refräns  zeigt  eine  Mischung  des  fran- 
zösischen und  provenzalischen  Idioms,  die  auf  das  Grenz- 
gebiet beider  als  Heimat  weist.  Dieselbe  Mischung,  aber 
mit  stärker  hervortretendem  Provenzalismus ,  haben  die 
romanischen  Verse  des  Liedes  Sl'',  wie  wir  es  zum  Unter- 
schiede von  den  ersten  drei  Strophen  nennen  wollen. 
Ich  lasse  den  hergestellten  Text  hier  folgen,  der  in  der 
Ueberlieferung  schwer  gelitten  hat. 

Proh  dolor,  quid  faciam? 
utquid  novi  Franciam? 
perdo  amicitiam 
de  la  gentil: 
5     iniser  corde  fiigiam 
de  cest  paisf 

Cum  venrai  en  mon  pais, 
altre  drut  i  aura  pris: 
pöder  ai  umi  las!»  a  dir, 
10     Die  miserum, 

suffero  per  su'  nmor 
supplicium. 

Dies,  nox  et  omuia 
mihi  sunt  contraria ; 
15     virginum  colloquia 
me  fan  planzer. 
oy  suven  suspir  e  plur 
me  fan  temer. 

0  sodales,  ludite, 
20     vos  qui  scitis  dicite , 
mihi  mesto  parcite, 
grand  ei  dolur : 
attamen  consulite 
per  vostr'  honur. 

25     A^nia,  per  vostr^  ho7iiir 

doleo ,  suspir  e  plur , 

per  tut  semlan  ei  dolur 

gründe  d!amer. 

fugite  nunc,  socii, 
30     lassem  aler. 


Hd.  4  de  la  segentil.  —  6  de  ces  pay.  —  7  veray  in  mont.  — 
8  altridrudi  autrabris.  —  9  podyra  mi  lassa  dis.  —  16  fay  — 
17  suuenz  suspirer  plu.  —  18  fay.  —  24  voster.  —  26  suspirer  plu.  — 
27  —  30  ey  grande  dolur.    de  amur  fugite.   nunc  socii  aler  lassem  aler. 


Zur  provenzalischen  Literatur.  3 

Tua  pulchra  facies 
me  fei  planser  milies , 
pectus  habens  glacies. 
a  remender 
35     statim  vivus  fiereni 
per  iin  baser. 

Die  Strophenform  ist  eine  in  der  provenzalischen  und 
altfranzösischen  Poesie  vorkommende,  sehr  alte  und  volks- 
thiimliche.  Sie  besteht  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt 
aus  viertaktigen  Versen,  deren  vier  zu  einer  Strophe 
verbunden  sind.  Dazu  kommt  ein  zweizeiliger  Refrän, 
dessen  erste  Zeile  nach  der  dritten,  die  zweite  nach  der 
vierten  längeren  Zeile  steht.  An  die  Stelle  des  Kefräns 
trat  dann  ein  Refränreim,  d.  h.  der  Reim  der  vierten  und 
sechsten  Zeile  geht  durch  alle  Strophen  hindurch,  wäh- 
rend in  V.  1  —  3  und  5  der  Reim  mit  jeder  Strophe 
wechselt. 

In  dieser  Gestalt  finden  wir  die  Strophe  bei  dem 
ältesten  Troubadour,  dem  Grafen  Wilhelm  LX  von  Poitiers, 
in  dreien  seiner  Lieder,  Farai  un  vers  de  dreit  nien,  Pos 
vezem  de  novel  ßorir^  Un  vers  farai  pos  me  someill,  nur 
dafs  hier  überall  die  viertaktigen  Verse  mit  einem  Auf- 
takt beginnen,  also  acht  Silben  haben.  Zum  Beispiel 
diene  folgende  Strophe  ^): 

Farai  un  vers  de  dreit  nien, 
non  er  de  mi  ni  d'autra  gen , 
non  er  d'amor  ni  de  joven 
ni  de  ren  au, 

qu'enans  fo  trobatz  en  dormen 
sobre  chevau. 

Genau  in  derselben  Form  findet  sich  die  Strophe  in 
altfranzösischen  volksthümlichen  Liedchen:  so  in  einer 
Fassung  des  beliebten  Themas  von  Schön  Aelis,  Roman- 
zen und  Pastourellen  II,  82. 

Main  se  leva  bele  Aeliz : 

«  dormez  ,  jalous,  je  vos  en  pri.» 

biau  se  para ,  miex  se  vesti 


')  Vgl.  Diez,  altromanische  Sprachdenkmale  S.  122  fg. 

1* 


4  Karl  Bartsch 

desoz  le  raim. 
«mignotement  la  voi  venir 
cele  que  j'aim». 

Dafs  die  Strophenform  mit  siebensilbigen  Versen  in  der 
That  identisch  ist  mit  der  in  achtsilbigen,  lehrt  am  deut- 
lichsten die  Variation  des  Themas  von  Schön  Aelis  in 
siebensilbigen  Versen.   Romanzen  und  Pastourellen  II,  86 : 

Aaliz  main  se  leva. 

«bon  jor  ait  qui  mon  euer  a». 

biau  se  vesti  et  para 

desoz  l'aunoi. 

«bon  jor  ait  qui  mon  euer  a, 

n'est  pas  o  moi ». 

Der  Graf  von  Poitiers  hat  auch  eine  modificierte  Ge- 
stalt der  Strophe  mit  einer  Zeile  mehr,  indem  der  Refrän- 
zeile  vier  Verse  vorausgehen: 

Ben  voill  que  sapchon  li  pluzor 
d'un  vers,  si's  de  bona  color, 
qu'eu  ai  trait  de  mon  obrador, 
qu'eu  port  d'aieel  mestier  ia  flor, 
et  er  vertaz, 

e  posc  en  trair  lo  vers  auctor, 
quant  er  lassaz. 

Dagegen  verkürzt  der  Mönch  von  Montaudon  die  ur- 
sprüngliche Strophe  um  eine  Zeile  und  schickt  dem  Refrän- 
reim  nur  zwei  Verse  voraus: 

L'autre  jorn  m'eu  pogei  al  eel 
qu'anei  parlar  ab  saint  Miquel, 
don  fui  mandatz; 
et  auzi  un  clam  quem  fon  bei: 
eras  l'aujatz. 

Pei're  Cardinal  hat  zwar  die  ursprüngliche  Zahl  von 
Versen,  aber  er  scheint,  wenn  die  Ueberlieferung  nicht 
entstellt  ist,  sieben-  und  aehtsibige  Verse  zu  mischen, 
was  noch  mehr  die  Identität  der  Form  von  sieben-  und 
achtsilbigen  Versen  bestätigt;  Raynouard  4,  441  ^): 


1)   Die  beiden  ersten   Strophen,    anders  gebaut,    gehören  nicht  zu 
dem  Liede,  T  hat  sie  auch  gesondert. 


Zur  provenzalischeu  Literatur.  5 

Clersia  uo  valc  auc  mais  tau  , 

que  soli  anar  precicau: 

aras  van  peiras  lansan 

a  l'autra  gen , 

e  tenou  per  plus  publican 

cel  quis  defen. 

In  der  ersten  Zeile  fehlt  in  C  mais^  in  der  vorletzten 
jj/«s,  aber  in  der  siebensilbigen  dritten  stimmen  alle  Hss. 
überein.  Aehnlicher  Wechsel  in  der  folgenden  Strophe, 
denn  alle  Hss.  beginnen  Cavaliers  solou  raubar^  während 
die  beiden  letzten  Strophen  regelmäfsig  achtsilbige  Verse 
haben. 

Marcabrun  hat  die  ursprüngliche  Strophenform,  aber 
er  bindet  die  Reiuie  etwas  anders ,  indem  er  die  zweite 
Zeile  mit  dem  Refränreim  reimen  läfst:  für  die  Melodie 
macht  das  keinen  Unterschied.     Archiv  33,  335: 

Lo   vers  comens  quan   vei   del  fau 
ses  foilla  lo  cim  el  braniiuill , 
com   d'auzel  ni  rana  non   au 
chan  ni  grondill, 
ni  o  farai  josta  al  temps  chau 
quel  vais  brondill. 

Auf  den  volkstümlichen  Character  dieser  Strophen- 
form hat  bereits  Diez  (Sprachdenkmale  S.  121)  hingewie- 
sen. Eine  deutsche  Form  ist  es  nicht,  auch  aus  der 
lateinischen  Poesie  nicht  nachweislich.  Sie  kommt  im 
Norden  wie  Süden  Frankreichs  vor,  auf  einem  Boden, 
wo  ehemals  Kelten  safsen.  In  der  Strophenform  eine 
alte  keltische  Volkweise  zu  erblicken,  darin  bestärkt  mich 
ihr  Vorkommen  in  der  schottischen  Poesie.  Robert  Burns, 
der  seinen  Liedern  sehr  häutig  Volksmelodien  zu  Grunde 
legt,  hat  sie  gar  nicht  selten.  So  in  dem  hübschen  Ge- 
dichte, to  a  mountain  daisy  (1786): 

Wee,  modest,  crimson-tipped  flow'r, 
thou  's  met  me  in  an  evil  liour; 
for  I  mann  crush  amang  the  stoure 
thy  slender  stem : 


6  Karl  Bartsch 

to  spare  thee  now  is  past  my  pow'r, 
thou  bonnie  gem. 

Vgl.   meine    Romanzen    und    Pastourellen,    Anmerk.    zu 
II,  82. 


II. 

Provenzalische  Verse  im  Renart. 

Als  Renart  zum  Tode  verurtheilt  ist,  verlangt  er 
vorher  zu  beichten.  Belin  der  Widder  und  Grimbart  der 
Dachs  nehmen  ihm  Beichte  ab.  Während  dessen  kommt 
Bruder  Bernart,  qvi  de  Granmont  ert  repairiez  15111: 
nachdem  er  vernommen,  was  hier  geschehen  soll,  begibt 
er  sich  zum  Köjiige  und  le  sahia  moult  doucement  15128. 
Im  Folgenden  aber  weichen  die  Hss.  Gange  68  der 
grofsen  Pariser  Bibliothek  und  Beiles -lettres  fran^aises 
60  der  Arsenalbibliothek  ab  und  fahren  fort  (Chabaille? 
Supplement  S.  176): 

en  soll  langage  doucement, 

por  Renart  le  va  sermonant, 

en  son  langage  vost  parier  u.  s.  w. 

und  dann  wird  er  redend  angeführt,  diese  Rede  aber 
weicht  von  dem  Texte  der  übrigen  Hss.  ab,  doch  so, 
dafs  man  eine  gemeinsame  Vorlage  erkennt.  Die  beiden 
genannten  Hss.  geben  die  Worte,  wie  man  namentlich 
aus  den  Reimen  sieht,  in  provenzalischer  Sprache,  die 
übrigen  in  französischer.  Ersteres  ist  ohne  Frage  das 
ursprüngliche :  der  Dichter  läfst  den  aus  Südfrankreich 
kommenden  Mönch  in  südlichem  Idiom  sprechen,  wie 
Renart  an  einer  andern  Stelle  in  absichtlich  entstelltem 
Französisch  redet,  weil  er  sich  für  einen  britannischen 
Spielmann  ausgibt  (V.  12107  fg.). 

Die  ursprüngliche  Fassung  ist  allerdings  auch  in 
jenen  beiden  Hss.  von  den  französischen  Schreibern  nicht 


Zur  provenzalischen  Literatur.  J 

unangetastet   geblieben,    doch  ohne  Schwierigkeit  überall 
herzustellen. 

«Gentils  reis»,  dist  il ,  «  entendatz 

e  ma  paraula  escoutatz: 

no  pot  aver  ab  dieu  estat 

qui  no  perdona  aicun  pecat. 
5     per  tal  conseil  com  sai  donar 

si  en  laissatz  Rainart  anar. 

per  vostr'  amor  sui  sai  vengutz 

que  Rainartz  no  sia  pendutz. 

molt  fort  vos  prec,  emperador, 
10     que  no  crezatz  lauzenjador; 

el  segle  no  fan  al  que  mal , 

la  pen'  en  auran  enfernal. 

per  so,  si  Rainartz  es  vencutz, 

donatz  lo  mi,  si  er  rendutz , 
15     bos  reis,    per  s'arma  espurgar: 

ancar  poira  ben  dieu  amar. 

senher,  per  dieu  lo  nos  donatz 

de  Rainart  vos  sui  atiatz, 

monge  en  farem ,  dieu  servira , 
20     sa  vida  en  Forde  esmendara. 

aujatz»,  dist  il,  «emperador, 

dieus  no  vol  mort  de  pecador; 

esmen  se ,  si  fass'  alcun  ben , 

salvar  se  pot,  s'a  lui  no  ten 
25     segon  Testat  del  volpillatge: 

er  toz  Jörns  mais  en  moniatge.» 

Im  zweiten  Verse  haben  die  Hss.  et  a  ma  i^arole 
escoutez,  escouter  mit  ä  ist  französisch  ebenso  ungewöhn- 
lich wie  prov.  escotctar:  die  Schreiber  haben  die  Präposi- 
tion eingeschoben,  weil  ihnen  der  Hiatus  paraula  escou- 
tatz anstöfsig  war,  der  aber  provenzalisch  ganz  in  der 
Ordnung  ist.  Aus  gleichem  Grunde  ist  V.  15  geschrie- 
ben bons  reis  et  por  farme^  d.h.  et  eingeschoben,  weil 
ar7na  espurgar  einen  Hiatus  bildet.  V.  3  und  25  ist  estat 
nicht  nach  provenzalischem  Brauche,  man  würde  viel- 
mehr estatge  erwarten.  V.  6  habe  ich  umgestellt,  die 
Hss.  haben  ve7nr  Ramart  (:  donart),  ein  unmöglicher 
Reim,  auch  eine  Assonanz  donar  :  Rainart  ist  nicht  wahr- 
scheinlich. V.  8  haben  die  Hss.  et  que  R.  ne  seit,  wieder- 
um ist  wie  V.  15  eingeschoben,  aber  aus  anderem  Grunde, 
weil    der   Conj.   des  Verb,   subst.  im    Französischen    nur 


8  Karl  Bartsch 

eine  Silbe  bildet,  also  der  Vers  zu  kurz  war.  In  den 
beiden  folgenden  Zeilen  habe  ich  die  indirekte  Rede  in 
die  direkte  verwandelt,  die  Hss.  haben  moult  fort  pria 
Ve.  qu'il  ne  creust  losanjador^  vgl.  15145  der  Ausgabe;  da 
sich  in  den  Reimworten  die  provenzalischen  Formen 
erhalten  haben,  so  müssen  die  beiden  Zeilen  provenzali- 
sche  Fassung  gehabt  haben,  diese  findet  sich  aber  nur 
in  direkter  Rede,  denn  iiberall  wo  der  Dichter  erzählt, 
braucht  er  natürlich  sein  Französisch,  wie  in  dem  ein- 
geschobenen dist  iL  V.  1.  21.  Der  Vocativ  emperador 
aber  kommt  auch  V.  21  vor.  V.  13  für  per  so  haben  die 
Hss.  das  unprovenzalische  porquant.  V.  18  steht  cifigaz^ 
dies  könnte  für  qficatz  stehen,  was  jedoch  zum  Sinne 
weniger  gut  als  afiatz  pafst.  moniatge  in  der  letzten  Zeile 
ist  allerdings  keine  nachweisbare  provenzalische  Form, 
aber  an  sich  durchaus  statthaft. 


III. 

Provenzalisches  Weihnachtslied. 

Die  Pariser  Handschrift  fonds  fran9ais  24954,  früher 
La  Valliere  152,  eine  Papierhandschrift  in  Quart  aus  dem 
15.  Jahrhundert,  enthält  auf  Bl.  13  —  210  die  Vida  de 
San  Honorat  von  Raimon  Feraut,  und  auf  Bl.  223^  bis 
225''  ein  Weihnachtslied,  das  einzige  provenzalische  das 
wir  kennen,  und  das  daher  mitgetheilt  zu  werden  ver- 
dient. 

Cantinella  in  nativitate  domini. 

Am  graut  alegrier     annem  vesitar 
la  verges  Maria     el  sieu  bei  filh  car. 

Nostre  senhor  dieus     trametra  del  cel 
messagier  nouvel ,     l'angel  Gabriel , 
■')     de  Josep  l'esposa     pres  a  saludar, 
la  verges  Maria     e  a  consolar. 


Zur  provenzalischen  Literatur. 

((Ave  verges  pura!     non  ajas  temor, 

car  en  tu  s'enclina     nostre  Salvador, 

e  sera  fach  home     per  nos  a  salvar 

10     lo  filb  del  altisme,     d'aysso  non  duptar. 

Lo  sanct  esperit     sobre  tu  vendi'a, 
car  en  tu  s'enclina     e  solombrara, 
e  seras  tu  mayre     del  filb  de  dieu  car, 
precios  e  sanct,     non  aura  ges  par. 

15     Ves,  Helizabet     aras  porta  fruc 

en  sa  gran  vilbeza,     un  filb  ben  astruc. 
aras  son  .VI.  mezes     qu'ella  ha  conseuput- 
non  es  enpossible     de  dieu  eucarnuar.» 

E  tantost  la  verges     ambe  bumilitat 
20     respondet  a  l'angel     plen  de  sanctitat 

((de  dieu  sui  serventa     per  son  plazer  far: 
fassa  si  ves  mi     segon  ton  parllar.» 

Quant  hac  consentit     dieus  a  encarnnar , 
lo  sanct  esperit     tost  hi  va  hobrar, 
25     e  mot  sotilment     l'annet  enprenbar, 

e  cant  venc  son  temps ,     la  fes  enfantar. 

En  aquest  mejan  Joseph  fon  duptos, 

car  non  la  toquet  en  temps  que  mays  fos. 

mays  sicretament  el  la  volc  layssar: 

30     l'angel  li  va  dire  (c  non  o  deves  far. 

Joseph,  de  David     tu  yest  filh  mot  car. 
so  que  te  diray     vuelhas  escoutar, 
que  may  non  fom  home     que  volgues  tocar 
la  tieua  espoza,     per  que  non  duptar. 

35     So  que  es  en  ella,     dieus  ha  tot  bobrat, 
lo  sanct  esperit     l'enfant  ha  format. 
lo  sieu  nom  Jhesus     li  dejas  pauzar, 
car  aquel  enfant     deu  lo  mont  salvar.» 

La  verges  Maria,     cant  l'enfant  fom  nat, 
40     en  US  petis  drapes     l'a  envolopat. 
entrel  buou  e  l'aze     lo  va  repausar, 
e  dedins  la  grupia     lo  van  adorar. 

Quant  lo  buou  e  l'aze     lo  van  regardar, 
eis  s'i  ajunelhon,     van  lo  adorar: 


11   sperit.  —  24  sperit.  —  36  sperit.  —    40  iis  fehlt.  —  41   entre 
—  44  aiunelhoron. 


10  Karl  Bartsch 

45     la  palha  el  fen     laysseron  estar, 

per  so  que  la  mayre     lo  pogues  colcar. 

Quant  l'enfant  plorava,     lo  va  vesitar 
la  verges  Maria,     apres  allachar 
de  las  plenas  poussas,     car  dieus  va  mandar 
50     lach  habundadament     per  lo  sadollar. 

L'angel  deyssendet     del  cel  als  pastos 
e  anunciet     gran  gauch  a  trestos, 
que  la  verges  pura     aj'a  enfantar 
dieus  e  creatura     per  lo  mont  salvar. 

55     Gran  companha  d'angels     del  cel  deytisendet, 
an  l'angel  fizel     tantost  s'ajustet, 
gloria  a  dien     anneron  cantar, 
car  li  ha  piagut     son  filh  home  far. 

Pas  del  cel  en  terra     han  annunciat 
GO     a  tot  hom  que  agra     bona  voluntat, 
volra  dieus  temer     e  son  plazer  far 
el  volra  servir     e  tostemps  amar. 

Los  pastos  ensemps     tost  s'en  van  annar, 
hon  l'enfant  nat  era     eis  van  ensercar. 
(35     Bethlehem  intreron ,     la  lo  van  trobar , 
Joseph  an  la  mayre,     van  lo  saludar. 

Gran  festa  meneron     quant  lo  van  trobar: 
quant  l'an  connegut     van  lo  adorar, 
e  quant  s'en  tornavan     lur  aver  gardar, 
70     eis  mays  non  cessavan     de  dieu  a  lausar. 

Quan  fon  circumsit,     nom  li  van  pausar, 
Salvador  del  mont     lo  van  appellar. 
e  cant  fom  talhat,     el  annet  sannar. 
la  mayre  o  vi,     comenset  plorar. 

75  Quant  l'enfant  senti  la  peyra  talhar, 
gran  pena  li  dona,  e  va  fort  cridar. 
la  carn  si  separa,  lo  sanc  va  rayar: 
so  son  las  estrenas     que  nos  volc  donar. 

Los  tres  reys  s'en  vengron     davas  orient, 
80     en  Jherusalem     s'estela  seguent. 

lo  rey  que  nat  era     eis  van  demandar, 
car  ellos  venian     per  lo  adorar. 


61   c  volra. 


Zur  pi'ovenzalisclien  Literatur.  W 

Quant  lo  fom  sauput ,     fom  turbat  lo  rey , 
e  fes  tost  venir     aquels  de  la  ley, 
85     si  avian  legit     ni  podon  trobar 

que  autre  senhor     degues  governar. 

Daves  Bethlehem     van  determenar, 
que  en  deu  eyssir     sei  que  deu  regnar. 
«ayssins  es  escrich»     e  ho  van  trobar, 
90     e  sobre  aquo     non  podon  plus  far. 

Tantost  de  prezent     los  en  fes  annar , 
daves  Bethlehem     los  fes  endreyssar; 
eis  l'agran  trobat,     deguessan  tornar 
per  so  qu'el  l'annessa     apres  adorar. 

95     E  tantost  apres     l'estela  s'en  venc , 
daves  Betleheem     drecha  via  tenc. 
eis  la  van  seguir,     va  lur  demostrar, 
la  hon  l'enfant  era     si  annet  pausar. 

Dins  l'ostal  intreron ,     van  hi  atrobar 
100     la  verges  Maria     an  son  enfant  car. 
aur,  ensens  e  mirra     li  van  prezentar 
e  per  antra  via     s'en  van  retornar. 

Purificatio. 
AI  temple  s'en  venc,     l'enfant  va  portar, 
a  sanct  Symeon     l'annet  prezentar, 
105     e  annet  ufrir     de  eolomps  un  par 
o  de  tordoletas     per  la  ley  servar, 

Quant  sanct  Symeon     hac  l'enfant  petic, 
promes  li  avia     lo  sanct  esperit 
que  mort  non  sentira     fin  qu'el  l'agra  vist, 
110     aquel  que  devia     tot  lo  mont  salvar. 

Quant  sanct  Symeon     hac  l'enfant  tengut, 
el  l'a  benezit     e  l'a  connegut. 
en  lauzor  de  dieu     pomenset  cantar, 
e  d'aquesta  vida     si  va  enujar. 

115     Tantost  Symeon     va  prophetizar 

qnel  cor  de  la  mayre     deu  coutel  traucar 
de  dolor  que  agra     de  son  bei  filh  car, 
quant  ella  lo  vira     tant  formens  naffrar. 

An  grant  alegrier  etc. 


108  sperit. 


12  Karl  Bartsch 

Die  junge  Abfassuugszeit  des  Liedes  kann  nach  den 
Sprachformen,  wie  sie  auch  in  den  Reimen  hervortreten, 
nicht  zweifelhaft  sein:  es  ist  schwerhch  älter  als  das 
14.  Jahrhundert.  Aber  was  ihm  einen  Werth  verleiht, 
ist  die  volkstümliche  Schlichtheit,  der  einfache  Ton,  und 
wahrscheinlich  ist  es  ein  wirklich  gesungenes  und  ver- 
breitet gewesenes  Weihnachtslied.  Dafür  spricht  der 
zweizeilige  Refrän,  welcher  der  ersten  Strophe  voraus- 
geht, vmd  welcher,  wie  man  aus  dem  Schlüsse  sieht,  am 
Ende  jeder  Strophe  wiederholt  werden  mufs,  wahrschein- 
lich von  der  Menge,  während  das  Lied  selbst  ein  ein- 
zelner, ein  Vorsänger,  sang.  Dafs  die  beiden  letzten 
Reime  jeder  Strophe  auf  ar  ausgehen  ist  natürlich  nicht 
Zufall,  sondern  Absicht.  Nur  zweimal  ist  an  dieser  Stelle 
der  Reim  gestört,  V.  67  und  109. 

Einfach  wie  die  Darstellung  ist  auch  die  rhythmische 
Form.  Die  Versart  ist  eine  alte  und  gewifs  volkstüm- 
liche. Sie  begegnet  beim  Mönch  von  Montaudon  (Mahn, 
Gedichte  der  Troubadours  Nr.  408) ,  wo  immer  je  drei 
Zeilen  von  einer  Halbzeile  begleitet  sind,  die  ganze 
Strophe  aus  sechs  ganzen  und  zwei  halben  Versen  be- 
steht. 

Manens  e  frairis     foron  companho  , 

anavo  per  via     cum  autre  baro. 

e  quant  ilh  anavon     niesclos  de  teuso , 

pauc  tenc  lur  paria: 

car  quan  Tun  ditz  oc     e  l'autre  ditz  no , 

quascus  te  em  pes     la  sua  razo: 

ja  de  gran  amor     non  aura  razo 

la  lor  coinpanhia. 

Die  Cäsuren  gehen  wie  in  dem  Weihnachtsliede 
beliebig  weiblich  oder  männlich  aus.  Nur  männlich  sind 
sie  in  einer  Balade,  deren  erste  Strophe  lautet  (Denk- 
mäler 2,  25  —  32): 

M'amia,  bei  cors,     blanca  lior  de  lire, 
avinen  e  pros     don'  ap  lo  beii  dire, 
qu'ieu  am  mais  de  vos,     dona,  lo  dezire 
que  d'autra  no  fai     ni  tot  so  quem  plaja. 


Zur  provenzalischen  Literatur.  |3 

Auch  in  der  altfranzösischen  Lyrik  kommt  diese 
Versart  nicht  selten  vor,  was  für  ihren  Ursprung  charak- 
teristisch ist,  in  Liedern  von  volkstiimlicher  Haltung 
und  oft  in  den  Refräns  der  Lieder.  Ganz  in  diesem  Vers- 
mafs  ist  das  hübsche  Lied  von  der  Nonne  (Romanzen 
und  Pastourellen  I,  33). 

Quant  se  vient  en  mai     ke  rose  est  panie, 
je  l'alai  coillir     per  grant  druerie. 
en  pouc  d'oure  oi     une  voix  serie 
lone  un  vert  bouset     pres  d'une  abiete, 

ebenfalls  mit  einem  zweizeiligen  Refrän,  dessen  Reime 
mit  dem  Schlufs  der  Strophe  gebunden  sind: 

Je  sant  les  douls  mals     leis  ma  senturete. 
malois  soit  de  den     ki  me  fist  nonnete. 

Ebenso  begegnet  dasselbe  Versmafs  I,  65.  II,  2.  (35.  76, 
und  zum  Theil  11,  62.  63.'  III,  11;  in  Refräns  1,  38, 
82.    II,  3,  10.    21,  20.  29.    27,  77. 

Zuweilen  sehen  wir  in  dem  Weihnachtsliede  den 
Cäsurreim  auftauchen,  auch  das  kommt  in  französischen 
Liedern  vor,  so  Romanzen  und  Pastourellen  II,  71: 

A  l'entrant  de  mai     l'autrier  ehevauchoie; 
en  un  pre  trouvai     touse  qui  s'onbroie. 
cors  ot  cointe  et  gai ,     euz  verz,  crigne  bloie. 
vers  li  m'en  alai,     bien  la  saluoie, 

dann  aber  in  andere  Versmafse  übergehend.  Nicht  regel- 
mäfsig  in  den  Cäsuren  gereimt  ist  eine  Pastourelle  von 
Thiebaut  de  Nangis,  III,  36. 

Bei  dem  Troubadour  Guillem  Peire  de  Cazals  fin- 
den wir  auch  eine  Cäsur  nach  der  fünften  Silbe,  aber 
dann  eine  Senkung  am  Beginn  der  zweiten  Hälfte, 
C  246« 

D'una  leu  chanso     ai  cor  quem  eutremeta, 
q'una  donam  fai     la  razo  e  lam  dona, 
qu'aras  quan  la  prec     mi  ditz  qualhors  cometa 
cum  s'anc  mais  no  fos     dojosta  sa  persona, 


14  Karl  Bartsch 

und  dann  andere  Versarten.  Bei  weiblicher  Cäsur  bleibt 
die  zweite  Vershälfte  ebenfalls  mit  einer  Senkung  am 
Anfang  versehen,  z.  B.: 

quan  n'estara  guaire     greu  ni'es  quez  o  despona. 


IV. 

Provenzalisches  aus  Schweden. 

Senors  e  donas,  gran  quonquist 
podet  far  am  diu  Jesu  Christ, 
si  de  bon  euer  vollet  ausir 
so  que  vos  vol  comtar  e  dir. 
5     aquel  au  de  bon  cor  lo  be 
qui  en  son  corage  lo  rete, 
e  puis  pohat  a  hobre  far 
per  que  nol  posque  oblidar. 

Senhors  e  donas,  per  niersi 
10     escotat  tuit,  entendes  mi, 

qu'io  vos  vol  de  Jesu  Christ  parlar, 

dosamen  o  devet  escotar; 

car  novas  .  .  d'eytal  senhor, 

don  venon  motas  gens  a  gran  honor. 
15     nos  las  devem  fort  ben  esfcotar, 

Tun  ni  l'otre  no  deu  parlar. 

lo  playn  de  la  verge  Marie 

cridet  tan  fort  en  aquel  dia 

lo  jor  que  lo  jusius  ahores  hom 
20     sopenderon  nostre  senhor 

en  la  cros,  don  nos  resemet 

per  lo  seiu  sanc  que  escampet. 

nos  devem  aver  pietat 

quant  ausirem  l'umilitat 
25     del  veray  payre  glorios 

que  sufri  en  la  cros  per  nos. 

qant  en  la  cros  l'ogron  levat , 

li  fals  jusiu  Pogron  botat. 

dius  Jesu  Christ  aiues  perdon  sies 
30     trestot  for  ti  prec  que  perdon  lur  fases, 

quar  negus  hom  no  sap  que  si  fase. 

tuit  l'escarniant  e  los  gabavan, 

los  fals  jusius  lo  menasavan. 

la  siue  mayre  fo  equi, 
35     que  lo  syu  fil  en  la  cros  vi, 

am  d'otras  donas  ysemen: 


Zur  provenzalischen  Literatur.  |5 

totas  ploravan  de  türmen, 
mas  plus  .  .  'engoysosa 
la  siuue  mayre  presiuse 
40     et  a  mervilar  for  irada, 
marida  e  desconortada, 
car  en  son  ventre  lo  portet 
es  e  dolor  l'enfantet 
e  lo  noyri'  e  l'alachet. 

Die  vorstehenden  Verse  finden  sich  auf  zwei  Vorsatz- 
blättern einer  Handschrift  der  königlichen  Bibliothek  in 
Stockholm,  Nr.  XLiv,  Pergament  des  14.  Jahrhunderts: 
vgl.  George  Stephens,  Förteckning  öfver  de  förnämsta 
Britiska  och  Fransyska  Handskrifterna  uti  kongl.  Bi- 
bliotheket  i  Stockholm,  S.  124.  Sie  nehmen  die  Rückseite 
von  Bl.  116,  und  die  halbe  Vorderseite  von  Bl.  117  ein. 
Mein  Freund,  Professor  Lidforss  in  Lund,  liefs,  da  die 
Schrift  schwer  leserlich  ist,  eine  photolithographische 
Nachbildung  der  beiden  Blätter  für  mich  nehmen,  nach 
welcher  ich  sie  bearbeitet  habe. 

Die  Verse,  von  einer  Hand  des  14.  Jahrhunderts  ge- 
schrieben, sind  nicht  abgesetzt,  auch  nicht  durch  Punkte 
von  einander  gesondert.  Da  Stephens  als  Anfangszeilen 
angibt  Senors  e  donas  gran  quonquist  podet  far^  und  Sen- 
hors  e  donas  per  mersi  escotat,  so  mufste  man  zehnsübige 
Verse  erwarten,  und  die  im  Provenzalischen  unhäufige 
Cäsur  nach  der  fünften  Silbe  (vgl.  Sancta  Agnes  S. 
XXVI  fg.) ,  liefs  in  diesem  Fragment  etwas  älteres  uud 
werthvolleres  vermuthen,  als  die  Einsicht  bestätigt  hat. 
Gleichwohl  verdient  das  Fragment  einen  Abdruck,  da  es 
auch  sprachlich  einige  Besonderheiten  zeigt. 

Wiewohl  die  Hs.  bei  V.  9  einen  Absatz  macht,  und 
vorher  einen  freien  Raum  von  einer  Zeile  läfst,  so  bilden 
doch  ofi'enbar  beide  Stücke  ein  Ganzes,  vielleicht  den 
Anfang  einer  Marienklage.  Die  Ueberlieferung  ist  nichts 
weniger  als  fehlerfrei,  die  Verse  mehrfach  zerstört;  ich 
lasse  einige  sprachliche  und  metrische  Bemerkungen  hier 
folgen. 

1.  Die  Schreibung  quofiquist  ist  auffallend,  sie  hat 
indefs  ihre  Analogie  in  Schreibungen  wie  quastiazo,  casti- 
gatio,  Lex.  Rom.  2,  355,  qualiditat,  caliditas  2,  290  u.  a.. 


IG  Karl  Bartsch 

und  beweist,  dal's  die  Aussprache  des  provenz.  qu  nicht 
der  des  italienischen,  sondern  der  des  französischen  und 
spanischen  qu  gleich  war. 

2.  podet  für  podetz^  ebenso  vollet  3,  escotat  10,  de- 
vet  12;  dies  t  findet  sich  schon  in  sehr  alten  Denkmälern, 
in  der  Oxforder  Uebersetzung  des  Evangel.  Johannis, 
dizet  ehrest.  2,  16,  fazat  21,  sabet  24,  seret  25  u.  s.  w., 
in  einem  geistlichen  Liede,  aprendet  Chrest.  16,  40,  sabjat 
17,5,  dijat  18,  18.  Auch  noch  in  späteren,  Beda's  liber 
scintillarum ,  Chrest.  229,  19  mnat.  Daraus  und  aus  an- 
deren sprachlichen  Eigenthümlichkeiten ,  und  aus  der 
corrumpierten  Ueberlieferung  ist  auf  eine  ältere  Vorlage 
zu  schliefsen,  die  ins  13.  Jahrhundert  zurückreicht.  — 
Die  Hs.  hat  iesu  chirt;  V.  11  steht  iesu  chrit^  und  29  noch 
mehr  entstellt  iuse  chirt. 

3.  euer  für  cor  ist  nicht  provenzalisch,  sondern 
französisch.  In  andern  Worten  ist  allerdings  ue  für  o 
später  üblich,  aber  nicht  in  cor. 

6.  Die  Verschleifung  qui  en  weist  auf  jüngere  Zeit, 
das  Ende  des  13.  Jahrhunderts,  wenn  sie  auch  vereinzelt 
schon  im  Boeci  vorkommt:  Sancta  Agnes  S.  xiii  fg. 

7.  pohat.  a  :  hobre  steht  in  der  Hs.  pohat  könnte 
man  als  2.  Person  plur.  nehmen  (vgl.  zu  2),  aber  an- 
gemessener ist  doch  die  3.  sing.  Der  Strich  über  o  mufs 
vergessen  sein;  es  ist  ponh  (von  ponhar')  zu  schreiben, 
und  at  a  ist  entstellt  aus  a  tal,  also  der  ganze  Vers  e 
puis  ponh  a  tat  hobre  far. 

9.  Die  unprovenzalische  Form  mersi  wird  erst  vom 
Schreiber  herrühren;  der  Dichter  reimte  merse  :  me. 

11.  Der  überladene  Vers  wird  richtig,  wenn  man 
liest:  qii'ieus  vol.  —  Nach  chrit  gerieth  der  Schreiber  in 
V.  2  und  schrieb  si  de  bon  (=  3),  strich  es  aber  aus. 

12.  0  ist  aus  metrischen  Rücksichten  zu  streichen. 

13.  Das  dem  Sinne  und  Verse  fehlende  Wort  wird 
die  gewesen  sein,  der  gleiche  Anlaut  d  verschuldete  den 
Ausfall. 

14.  um  zwei  Silben  zu  laug;  vielleicht  don  ve  la 
gens. 

15.  fort  mufs  getilgt  werden. 


Zur  provenzalischen  Literatur.  |7 

16.  otve  :  0  für  au  durch  französischen  Einflufs;  für 
a  steht  es  in  ogron  27.  2S. 

18.  Die  Hs.  hat  e  naquedii. 

19.  20.  sind  ofienbar  entstellt:  lo  jor  wird  zunächst 
zu  streichen  sein,  da  es  nur  aquel  dia  glossirt.  ahores 
hom  ist  vermuthlich  corrumpiert  aus  a  desJwnor. 

20.  sopenderon  steht  für  sospenderon. 

21.  Die  Hs.  hat  domioresemet. 

22.  sein^  das  auch  sem  gelesen  werden  kann,  steht 
für  sieu. 

29.  30.  sind  wieder  verderbt,  und  der  Reim  gestört. 
Ohne  eine  stärkere  Aenderung  wii'd  hier  nicht  zu  bessern 
sein.     In  29.  oO  stecken  wohl  drei  Reimzeilen,  etwa 

dius  Jesu   Christ,  ajes  perdon, 

sies  trestot     

foi't  ti  prec  que  perdon  lur  fases, 
quar  negus  no  sap  que  si  fase. 

32.  lies  el  gahavan. 
34.  equi  für  aqui. 

38.  ist  wie  Vers  und  Sinn  zeigen  unvollständig:  es 
wird  zu  lesen  sein  mas  plus  de  totz  fo  ejigoysosa. 

43.  um  eine  Sylbe  zu  kurz:  etwa  es  e  gran  dolor. 


Karl  Bartsch. 


•lahrb.  f.  roin.  u.  engl.  I-it.    XII.  1. 


18  Dr.  Eduard  Mall 


Zum  „Romiilus".  *) 

In  die  noch  immer  ziemlich  dunkele  Geschichte  der 
aesopischen  Fabel  im  Mittelalter  wird  durch  die  unten  an- 
geführte Schrift  einiges  Licht  gebracht.  Wir  erhalten  in 
derselben  eine  neue  Edition  des  llomulus  auf  Grund  einer 
neu  entdeckten  Hs.  (Brit.  Mus.  Burney  59)  aus  dem 
10.  Jahrhundert,  sowie  den  Text  aller  derjenigen  lateini- 
schen Prosafabeln,  welche  in  den  „Romulus"  betitel- 
ten spätem  Ausflüssen  desselben  zu  dem  ursprünglichen 
Bestände  der  Romulus'schen  Sammlung  hinzugekommen 
sind,  und  endlich  in  der  Einleitung  einen  Abrifs  der 
Geschichte  der  aesopischen  Fabel  im  Mittelalter.  Indem 
Oesterley  den  eigentlichen  Romulus  in  seinen  verschie- 
denen Recensionen  genau  von  den  mehr  oder  weniger 
selbständigen  Bearbeitungen  desselben  scheidet,  theilt  er 
diese  in  mittelbare  und  unmittelbare.  Unter  die  letz- 
teren gehöre  namentlich  der  Anonymus  Neveleti,  so- 
dann auch  die  niederländische  Fabelsammlung,  die  von 
J.  A.  Clignett  (in  Bijdr.  to  de  oude  nederl.  letterkunde, 
Gravenh.  1819)  herausgegeben  ist.  Weniger  erforscht 
war  bisher  eine  dritte  Gruppe  von  Ausflüssen  des  Ro- 
mulus, deren  bedeutendster  Vertreter  der  „Esope"  (so, 
nicht  Ysopet,  lesen  die  besten  Hss.)  der  Marie  de  France 
ist.  Auch  Marie  spricht  von  einem  „Kaiser"  Romulus, 
aber  in  etwas  dunkeler  Weise.  Dagegen  gibt  sie  als  ihre 
Quelle  den  Aesop  an,  so  wie  er  aus  dem  Griechischen 
ins  Lateinische  und  später  auch  ins  Englische  übertragen 
sei;  letztere  Uebertraguug,  die  von  König  Alfred  ver- 
anstaltet sei,  will  sie  benutzt  haben.  Von  ihren  103  Fa- 
beln finden  sich  nur  ungefähr  60  beim  Romulus;  woher 
sie  den  Stofl"  zu  den  übrigen  genommen,  und  was  es  mit 
der    englischen    Uebersetzung    des    Alfred    für    eine    Be- 


*)    Romulus,   die   Paraphrasen    des   Phaedrus    und     die   aesopische 
Fabol  im  Mittelalter,  von  Hermann  Oesterley.     Berlin   1870. 


Zum  „Roniulus".  19 

wandtnifs  habe,  konnte  bisher  trotz  allen  Nachforschungen 
nicht  ermittelt  werden,  auch  der  Fund  Robert's,  dessen 
„Romnlus  de  la  Bibliotheque  du  Roi"  unter  22  Fabeln 
auch  eine  Reihe  der  sonst  nur  aus  Marie's  Werk  be- 
kannten Stücke  in  lateinischem  Gewand  aufweist,  konnte, 
so  lauge  et  allein  stand,  das  Dunkel  nicht  lichten.  In 
Folofe  neuerer  Entdeckuno^en  erwies  sich  nun  zunächst 
die  Recension,  die  wir  bei  Marie  finden,  als  nicht  allein- 
stehend, sondern  an  die  Seite  traten  ihr  zwei  nieder- 
deutsche Fabelsammlungen,  die  Gerhard's  von  Minden 
(wovon  Mittheilungen  bei  Fr.  Wiggert,  Zweites  Scherf- 
lein  etc.,  Magdeburg  1836)  und  eine  Wolfenbütteler  Hs., 
aus  welcher  HoflFmann  von  Fallersleben  (Germania  13,  469 
und  Niederdeutscher  Aesopus  1870)  Proben  mitgetheilt 
hat.  Beide  stehen  unter  sich  und  zu  Marie's  Esope  in 
so  naher  Verwandtschaft,  dafs  eine  gemeinschaftliche 
Quelle  für  alle  drei  sehr  wahrscheinlich  wurde  und 
wirklich  hat  Oesterley  eine  lateinische  Fabelhandschrift 
(XV.  Jahrh.)  in  Göttingen  entdeckt,  welche  unter  134 
Nummern  sämmtliche  Fabeln  der  Marie  de  France  mit 
Ausnahme  einer  einzigen  ^)  inhaltlich  aufweist.  In  obigem 
Werke  theilt  er  nun  in  üeberschriften  den  Inhalt  sämmt- 
licher  134  Stücke  mit  und  bringt  auch  den  Text  der- 
jenigen zum  Abdruck,  welche  nicht  schon  dem  Stoffe 
nach  beim  Romulus  oder  in  den  anderen  von  ihm  ge- 
druckten Fabeln  sich  finden  (Oesterley,  Romulus  S.  102 
bis  zu  Ende). 

So  interessant  diese  Entdeckung  an  und  für  sich 
ist,  so  war  sie  doch,  wenn  auch  auf  anderem  Wege,  längst 
vorbereitet.  Indem  ich,  mit  einer  neuen  Ausgabe  der 
Dichtungen  der  Marie  de  France  beschäftigt  (die  jedoch 
durch  die  sodann  eingetretene  Unmöglichkeit,  die  Pariser 
Hss.  zu  vergleichen,  ins  Stocken  gerathen  ist),  auch 
den  Quellen  ihrer  Fabeln  nachspürte,  brachte  mich  die 
Benutzung  einiger  gelegentlich  hingeworfener  Winke  bald 
dahin,    dafs   ich   nicht  nur   die   von   Oesterley   entdeckte 


')  Nach  Oesterley  p.  xxxv;  es  fehlen  jedoch  zwei;  s.  unten  S.  24. 

2* 


20  I^r.  f:duard  Mall 

Hs.  Burney  des  Roinulus  keuneu  lernte  '),  sondern  auch 
in  Bezug  auf  die  Quelle  von  Marie's  Esope  zu  ähnlichen 
Resultaten  wie  mein  Vorgänger  gelangte,  und  so  im 
Stande  bin,  die  letztern  in  einigen  Punkten  zu  ergänzen. 
Schon  der  Abbe  de  la  Rue  und,  ihn  copierend,  Ro- 
quefort hatten  auf  eine  lateinische  Fabelhandschrift  des 
Britischen  Museums  aufmerksam  gemacht  (Bibl.  reg.  15  A 
VII.  XIII  saec),  weil  sie  ähnlich  wie  Marie  von  einer  eng- 
lischen Uebersetzunor  des  Romulus  durch  einen rex  ansrlie 


1)  Man  sermifst  bei  Oesterley  eine  eingehende  Untersuchung  des 
Verhältnisses  der  beiden  Hss.,  nach  denen  er  den  Romulus  edirt,  des 
Cod.  Burn.  (A)  und  des  Divion.  nach  Apogr.  Gud.  (B).  Da  die 
beiden  Hss.  offenbar  in  einer  sehr  nahen  Verwandtschaft  stehen ,  so 
wäre  es  zur  Beurtheilung  der  Schlüsse  des  Herausgebers  auf  p.  xi 
nothwendig  zu  wissen,  ob  sie  zwei  oder  nur  eine  Autorität  repräsen- 
tiren.  Divion.  könnte  leicht  aus  Burn.  geflossen  sein,  ja  als  ich  den 
Burn.  fand,  dachte  ich  einmal  an  die  Möglichkeit  einer  Identität  bei- 
der. Der  Divion.  selbst  ist  „verschollen«';  alle  unsere  Kunde  über 
ihn  bei  Burmann,  Lessing,  Schwabe  etc.  bis  auf  Oesterley  selbst,  be- 
ruht auf  Gude  und  seiner  Abschrift;  die  Beschreibung,  die  letzterer 
von  der  Hs.  giebt  (bei  Lessing,  Werke  ed.  Lachmann  IX,  44),  enthält 
nichts,  was  nicht  auch  auf  den  Burn.  angewandt  werden  könnte  (denn 
der  Plinius  kann  ja  im  Laufe  der  Zeit  vom  Komulus  getrennt  und 
letzterer  separat  eingebunden  worden  sein,  wie  denn  der  jetzige  Ein- 
band des  Burn.,  wenn  ich  mich  recht  erinnere,  noch  nicht  alt  zu  sein 
scheint),  und  die  auffallende  bis  auf  Lese-  und  Schreibfehler  sich  er- 
streckende Uebereinstimmung  beider  Hss.  konnten  einen  solchen  Ge- 
danken nahe  legen.  Es'  fehlte  mir  jedoch  damals  an  Zeit,  die  Sache 
näher  zu  untersuchen.  Wenn  nun  auch  die  Varianten ,  die  Oesterley 
aus  A  und  B  mittheilt,  hinreichen,  die  Annahme  der  Identität  der  Codd. 
Divion.  und  Burn.  abzuweisen ,  so  läfst  sich  doch  aus  ihnen  das 
genaue  Verhältnifs  beider  zu  einander  nicht  genügend  bestimmen.  Sie 
können  eine  bis  ins  Einzelne  der  Schreibung  gehende  Untersuchung 
nicht  ersetzen,  zumal  sie  nicht  ganz  vollständig  angegeben  zu  sein 
scheinen.  Wenigstens  läfst  eine  Vergleichung  der  Stücke,  welche  Les- 
sing (ib.  S.  42  fg.)  aus  Apogr.  Gud.  diplomatisch  genau  reproducirt 
hat,  einige  kleine  Lücken  erkennen.  Danach  fehlt  z.  B.  in  der  zwei- 
ten Zeile  von  Rom.  IV,  14  das  Wort  puer  im  Apogr.  Gud.;  in  der 
folgenden  Zeile  liest  letzteres  scorpius  (in  Oesterley's  Anmerkung  schei- 
nen scorpius  und  scorpulus  verstellt  und  dadurch  die  Variantenangabe 
unrichtig  geworden  zu  sein):  in  Rom.  IV,  22  Z.  3  liest  Apogr.  Gud.  alli- 
gaverit  nicht  alligauera^,  und  in  der  folgenden  hat  Apogr.  Gud.  nach 
Lessing  cTculi  nicht  cyculi.  Liest  A  (Burney  Hs.)  vielleicht  auch 
crculH) 


Zum   ,,Romulus".  21 

afi'rus,  der  natürlich  Alfred  ist,  spricht.  Auch  Oesterley 
erwähnt  sie  (S.  xxxv),  doch  scheint  er  sie  nicht  näher 
untersucht  zu  haben,  da  er  sie  sonst  wohl  genauer  aus- 
genutzt hätte.  Sie  ist  nämlich  nichts  anderes,  als  ein  älterer 
Text  derselben  lateinischen  Fabelsammlung,  die  in  der 
neuen  Göttinger  Hs.  vorliegt.  Die  Hs.  enthält  nach  dem 
Catalog  die  praecepta  moralia  des  Dionysius  Cato  (fol.  1), 
die  Belogen  des  Theodulus  (fol.8r°),  die  Fabeln  des  Avian 
(fol.  1 4r"),  eine  ., poetische  Biographie"  des  Maximian  (fol. 
25v^°),  die  Achilleis  des  Statins  (fol.  37  v=°),  Claudian 
de  raptu  Proserpinae  (fol.  56  y°'^),  ein  lateinisches  Bufs- 
gedicht  (fol.  TG  r"  col.  2)  und  endlich  unsere  Fabelsamm- 
lung fol.  77  r"  bis  zum  Ende  der  Hs.  fol.  8-3  v^°  (worauf 
noch  Kritzeleien,  die  10  Gebote  und  dergl.  folgen).  Sie 
stammt  aus  dem  XIII.  Jahrh. ;  mehrere  Texte,  u.  a.  der 
Avian  sind  mit  unleserlich  klein  geschriebenen  Rand- 
noten versehen;  auch  unser  Stück  ist  eine  wahre  Augen- 
probe, so  klein  geschrieben,  so  mit  Abkürzungen  über- 
laden und  die  Blätter  theilweise  so  vergilbt  und  be- 
schmutzt, dafs  die  Entzifi'erung  äufserst  erschwert  ist;  auch 
sind  manche  Stellen  im  Text  hoffnungslos  corrumpirt. 
(Was  man  mit  einigem  Leichtsinn  aus  der  Hs.  heraus- 
lesen kann,  davon  gibt  die  einzige  davon  gedruckte 
Fabel  [in  Keliquiae  antiquae  ed.  Th.  Wright  and  J.  O. 
Halliwell.  London  1841,  I,  S.  320]  ein  interessantes 
Beispiel.)  Die  Einleitung  bildet  ein  Prolog,  auf  den 
.").')  Fabeln  und  der  Anfano^  einer  sechsundfünfzigsten  fol- 
gen,  nach  den  ersten  Zeilen  der  letzteren  bricht  die  Hs. 
ab.  Die  Uebereinstimmung  des  Textes  unserer  Hs. 
mit  der  Göttinger  ist  fast  wörtlich,  so  dafs  so  mangel- 
haft unter  den  obwaltenden  umständen  meine  Ab- 
schrift des  Codex  werden  mulste,  sie  doch  hinreicht, 
einige  Stellen  der  von  Oesterley  aus  der  Göttinger  Hs. 
gedruckten   Fabeln    zu    verbessern.  *)     Noch    mehr    Aus- 


')  Z.  B.  (T  bezeichnet  den  von  Oesterley  gegebenen  Text,  L  di  • 
Londoner,  B  die  gleich  zu  erwähnende  Brüsseler  und  G  die  Göt- 
tinger  Hs.)  : 


22  Dr.  Eduard  Mall 

beute  aber  würde  die  Collation  einer  dritten  Hs.  des- 
selben Textes  ergeben,  die  sich  zu  Brüssel  befindet. 
Auf  diese  wurde  ich  durch  eine  Anmerkung  bei  Du  Meril 
(Poesies  inedites  S.  15o,  Anm.  5)  aufmerksam  gemacht, 
da  daselbst  drei  Fabeln  aus  derselben  abgedruckt  sind, 
von  denen  die  erste  (De  füre  et  sathane)  sich  auch  in 
der  Londoner  Hs.  gleichlautend  fand.  Von  der  Brüsseler 
Hs.  habe  ich  nur  soviel  notirt,  als  sich  bei  einer  zwei- 
stündigen Benutzung  auf  der  Durchreise  thun  liefs,  doch 
genügt  es,  den  Charakter  derselben  festzustellen.  Sie 
trägt  die  Nummer  536,  ist  auf  Papier  recht  leserlich  ge- 
schrieben, nicht  paginirt  und  stammt  aus  dem  15.  Jahrh. 
Rubriken:  Incipit  prologus  esopi  in  librum  fabularum 
und  später:    Incipit  liber  fabularum,    quas  esopus  grecus 


Oesterley  Romiilus  S.  102,  Z.  5  rursum  T,  riiius  L;  ib.  Z.  17  und 
18  male  portare  illud  T,  malum  illud  portendere  L;  ib.  Z.  19  furem 
rei  T,  finem  rei  L;  ib.  Z.  20  periturus  T,  partiturus  (lies  pariturus  L); 
ib.  Z.  27,  intermittendo  T,  introm.  L;  Z.  28  interspiciens  T,  introsp.  L ; 
Z.  29  0  ut  foret  T,  O  ut  umbra  f.  L;  Z.  30  distructa  T,  discinta  L; 
Z.  35,  36  fale  in.saturato  T,  sale  infatuato  L;  Z.  37  crederet  T,  credere  L. 

S.  103  Z.  3  falli  T,  fallere  L;  ib.  Z.  11  iudicem  T,  iudice  L; 
Z.  11,  12  statt  Vir  bis  verba  T,  Vir  itaque  facilis  falli  uerba  L;  ib. 
Z.  14  — 16  Item  —  illum  fehlt  L;  Z.  29  furta  furtorum  T,  furcas  furor. 
L;    Z.  30  viriliter  T,  uiliter  L. 

S,  104  Z.  14  sua  T,  sue  L;  Z.  37  cum  fehlt  L  me  expectat  T,  ad 
me  spect.  L. 

S.  105  Z.  1  debes  T,  debeo  L ;  de  pura  f.  T,  depicta  f.  (lies  de 
pacta  f.)  L;  Z.  6  fossum  T,  socium  L;  Z.  17  nach  mirabatur:  et  ut 
moris  est  uri  cepit  in  uetitum  (et  uisum  etc.)  L:  Z.  24  —  26  bis  Schlufs 
fehlt  L  •,  Z.  29  curare  T,  arare  L;  nach  agrum:  colere  L. 

S.  106  Z.  5  leiuno —  sabbato  fehlt  L;  Z.  7  nach  suam:  et  pueros 
suos  et  amplius  nullum  L;  Z.  13  vicimus  T,  uicinus  L;  Z.  16  visa 
sape  T,  est  uisa  sapere  L;  Z.  20  regulatu  T,  reatu  L;  Z.  26  volucris 
est  data  faris  T,  uolucris  data  fatis  L ;  Z.  29  bis  Schlufs  fehlt  L. 

S.  107  Z.  7  optatum  —  fuit  T,  optatis  —  affuit  L;  Z.  8  subiit  T,  sub- 
dit  L;  Z.  14  rescruciret  T(!),  reseruaret  L.  fugare  prop.  T.  f.  me  pr.  L, 
Die  folgenden  Fabeln  sind  in  L  nicht  mehr  enthalten. 

In  der  Vorrede  Oesterl.  S.  xxxi  sind  die  hauptsächlichsten  Va- 
rianten: 

Z.  15  mundi  contulit  T,  mundo  tulit  L  und  B;  Z.  16  Esopion  T> 
esopum  L;  Z.  21  romano — venit  T  und  B,  fehlt  L;  Z.  25  nach  loquen- 
tes  folgt:  Arbores  L;  Z.  25  eas  T,  de  eis  L;  Z.  25  und  26  scripsit  B, 
scribit  L. 


Zum   ,,Romuhis".  23 

homo  ingeniosiis  studiose  collegit  et  litteris  eas  couimen- 
dari  pulclirum  iudicaiiit  et  vtile.  Wie  mau  aus  den  Pro- 
ben bei  Du  Meril  ersehen  kann  (die  Fabeln,  die  er  giebt, 
stehen  bei  Oesterley  appeud.  ;>5,  57,  (55^),  ist  auch  diese 
Hs.  ein  Exemplar  desselben  Textes,  den  die  Göttinger 
und  Londoner  Hss.  bieten,  ja  sie  scheint  zu  der  ersteren 
in  naher  Verwandtschaft  zu  stehen.  Somit  wird  aus  dem 
Cod.  Gotting.  Oesterley's  ein  Exemplar  einer  eigenen, 
wie  es  scheint,  ziemlich  alten  und  weitverbreiteten  Fabel- 
sammlung; wir  haben  eine  dritte  Gruppe,  dies  ich  selb- 
ständig neben  den  Anonyinus  Neveleti  und  die  niederländi- 
schen Fabeln  stellt.  Leider  hat  Oesterley,  dem  Plane  seines 
AVerkes  gemäfs,  nur  einen  Theil  der  Stücke  der  Göttinger 
Hs.  abgedruckt  (41  Fabb.);  doch  ergibt  schon  ein  Ver- 
gleich des  Gegebenen,  sowie  des  Inhaltsverzeichnisses 
(auf  S.  XXXI  —  xxxv)  mit  meinen  Notizen  einiges  In- 
teressante. Danach  enthält  G  134  Stücke  und  einen 
Avian.  Unter  n''.  G  verzeichnet  der  Heravisgeber  nur 
eine  Fabel,  die  vom  Löwenantheil ;  in  B  sowohl,  wie  in  L, 
wie  auch  bei  Marie,  wird  diese  Fabel  in  etwas  veränder- 
ter Gestalt  zweimal  erzählt;  es  wäre  interessant,  zu 
wissen,  ob  dies  auch  in  G  der  Fall  ist.  Zählen  wir 
diese  beiden  Fabeln  für  eine,  so  stimmen  alle  3  Hss.  in 
Inhalt  und  Anordnung  der  Stücke  überein  bis  n".  48 
incl.  Von  hier  ab  trennt  sich  L,  indem  die  folgenden 
Stücke  in  der  Anordnung  abweichen,  ß  und  G  stimmen 
auch  ferner  in  Inhalt  und  Anordnung  bis  zu  Ende  iiber- 
ein  mit  einigen  Ausnahmen,  auch  in  B  folgt  auf  das 
letzte  Stück  ein  Avian.  Jene  Ausnahmen  sind  nun  fol- 
gende: B  hat  135  Stücke  (sofern  ich  richtig  notirt 
habe,  denn  B  hat  keine  Nummern),  eins  mehr  als  G, 
indem  nach  n°.  58  (Wolfsfell)  —  als  n°.  59  unter  der 
Ueberschrift:  De  wlpe  et  vrsa  —  die  bewufste  Fabel  von 
der  Ueberlistung  der  Bärin  (alias  Wölfin)  durch  den  lüster- 
nen Fuchs  folo;t.  Dadurch  wird  die  Uebereinstimmungr 
der  Nummern  nochmals  gestört;  indessen  ist  Grund  zu 
vermuthen,  dafs  in  der  Vorlage  von  G  diese  Fabel  vor- 
handen war;  denn  wie  Oesterley  S.  xxxv  anmerkt,  ist 
in  G  die  Bezifferung  von  n^.  81   ab  unrichtig,   indem  die 


24  Dr.  Eduard  Mall 

Zifier  von  da  ab  stets  um  1  zu  hoch  ist;  dies  würde  sich 
am  besten  erklären,  wenn  die  Vorlage  von  G  unsere 
Fabel  auch  enthalten  hätte;  der  Abschreiber  mag  sie  aus 
begreiflichen  Gründen  weggelassen  haben.  Möglicher- 
weise stand  sie  sogar  in  der  Vorlaa-e  von  G  an  derselben 
Stelle  wie  in  B  (als  N°.  59),  da  es  nicht  wahrscheinlich 
ist,  dai's  der  Schreiber  von  G  den  Irrthum  in  der  Be- 
zifferung da  gemacht  habe,  wo  er  von  der  Vorlage  ab- 
wich, sondern  eher  dafs  er  die  Bezifferung  eine  Zeitlang 
mit  Bewufstsein  änderte,  bis  er  es  einmal  (bei  N°.  81) 
vergafs  und  gedankenlos  in  die  seiner  Vorlage  zurückfiel.  ^) 

Eine  weitere  Abweichung  ist,  dafs  n°.  87  in  G  (Ameise 
und  Grille)  in  B  N°.  85  ist;  und  in  Folge  dessen  die 
N  ummern  85  und  86  in  G  den  Nummern  86  und  87  in  B 
entsprechen;  von  n°.  88  ab  ist  wieder  Uebereinstimmung. 

Auffallend  jedoch  ist  eine  Verderbnifs:  die  Fabel 
(122)  vom  Wolf,  der  lesen  lernt,  ist  in  B  zerrissen; 
der  Haupttheil  steht  an  derselben  Stelle  wie  in  G,  allein 
der  Anfang  ist  davon  abgetrennt  und  steht  zwischen  N°. 
56  und  N°.  57.     Er  lautet  hier  (ohne  Ueberschrift) : 

Ab  antiquo  habemus  quod  quilibet  lupus  in  eadem  pelle 
moritur,    in    qua    nascitur.     Lupus    capiatur   et  sepe   per 


1)  Der  Herausgeber  hat  die  Abwesenheit  dieser  Fabel  (bei  Marie 
N".  60)  in  seiner  Tabelle  (S.xxxi  —  xxxv)  nicht  bemerkt,  sondern  nur  die 
von  Marie's  Fab.  22,  und  zwar  kommt  der  Irrthum  wohl  von  einem 
andern  Irrthum,  indem  nämlich  die  74.  Fabel  Marie's  in  der  Liste 
zweimal  aufgeführt  ist  (zu  N".  40  uud  zu  N".  79,  an  letzterer  Stelle  ist 
sie  zu  streichen).  Ein  drittes  Versehen  hat  uns  um  den  Text  einer 
Fabel  aus  G  gebracht.  Unter  N".  51  sowohl  wie  unter  N".  121  finden 
wir  als  Inhalt  „Adler  und  Habicht"  angegeben;  ihnen  entsprechen 
die  Nummern  53  und  81  bei  Marie,  und  dennoch  wird  in  beiden  Fäl- 
len auf  append.  27  als  lateinischen  Text  für  beide  verwiesen.  Dieser 
Text  entspricht  jedoch  nur  der  einen  Fabel  Marie's  (N°.  81),  während 
die  andere  bei  derselben  einen  ganz  verschiedenen  Inhalt  hat.  In 
dieser  kommen  Adler  und  Habicht  ebenfalls  vor,  aber  die  dritte 
Hauptrolle  gehört  nicht  wie  dort  dem  Kranich,  sondern  spielenden  Tau- 
ben ,  die  der  Habicht  aus  Furcht  vor  dem  Adler  nicht  zu  behelligen 
wagt  und  statt  dessen  zu  leeren  Drohungen  seine  Zuflucht  nimmt. 
Dafs  auch  in  G  N".  51  diese  letztere  Fabel  ist,  erschliefse  ich  aus  dem 
zufällig  notirten  Anfang  der  Fabel  in  B.  Da  nun  diese  Fabel  beim 
ßomulus  und  in  den  Extravaganten  nicht  vorkommt,  hätte  sie  aus  G 
gedruckt  werden  müssen. 


Zum  „Romulus".  25 

aurem  trahatur,  ut  tandem  presbiter  fiat,    semper   tarnen 
griseus  erit. 

Dies  ist  an  und  für  sich  keine  Fabel  und  begreift 
sich  nur  als  Einleitung  zu  der  später  (N°.  122)  folgenden: 
De  presbitero  et  lupo,  welche  aus  G  bei  Oesterley  S.  117 
abgedruckt  ist.  Das  Merkwürdigste  ist  jedoch,  dafs  diese 
Fabel  in  der  besten  Hs.  der  Gedichte  Marie's  (MS.  Ilarl. 
978)  dasselbe  Schicksal  hat;  auch  hier  steht  die  Einlei- 
tung vereinzelt  avif  fol.  77  v^°  (alte  Paginiruug),  während 
die  eigentliche  Fabel,  natürlich  ohne  Einleitung,  auf  fol. 
81  yso  folgt.  Wie  nahe  die  Bearbeitungen  sich  stehen, 
sieht  man  recht  deutlich  durch  die  V^erffleichuno-  des 
französischen  Textes.  Er  lautet  fol.  77  v^°  (MS.  Harl. 
hat  keine  Ueberschriften): 

Par  ueille  essample  recunte  ici , 
Que  tuit  ]i  lu  sunt  enueilli 
En  cele  pel  .v.  il  sunt  ne, 
La  remainent  tut  lur  ee: 
Ki  sur  le  lu  meist  bon  mestre, 
Quil  doctrinast  a  estre  prestre, 
Si  sereit  il  tut  dis  gris  lus , 
Fei  e  engres,  leiz  e  hidus. 

Folgt  durch  15  Fabeln  davon  getrennt,  auf  fol.  82  v^°: 

Un  prestre  uolst  iadis  aprendre 
A  un  lu  lettres  fere  entendre; 
A.  dist  le  prestre  .a.  dist  li  lus, 
Que  mut  ert  fei  e  enginnus, 
.B.  dist  le  prestre ,  di  od  mei , 
.B.  dist  li  lus,  iol  otrei; 
.C.  dist  le  prestre,  di  auant; 
.0.  dist  li  lus,  ai  dune  itant? 
Respunt  le  prestre,  ore  di  par  tei; 
Li  lus  li  dist,  ieo  ne  sai  quei; 
Di  que  te  semble,  si  espel ; 
Respunt  li  lus,  il  dit:  aignel. 
Le  prestre  dit  que  uerite  tuche, 
Tel  en  pense  tel  en  la  buche. 
*  Le  plus  dit  hum  souent 
Cel  dunt  il  pensent  durement, 
E  par  lur  buche  est  euneu, 
Ainceis  que  seit  d'autre  seeu: 
La  buche  mustre  le  penser, 
Tut  deine  ele  de  el  parier. 


20  Dr.  Eduard  Mall 

Dazu  die  lateinische  Fabel  aus  G  N°.  122  Oesterl.  117. 
Presbiter  quidam  docuit  lupum  literas.  Presbiter  dixit 
a  et  lupus  similiter.  Presbiter  b,  et  lupus  similiter. 
Presbiter  dixit  c  et  lupus  similiter.  Modo  congrega  ait 
presbiter  et  sillabica.  Et  respondit  lupus.  Sillabicare 
non  scio,  Cui  presbiter:  Ut  tibi  melius  videtur  sie  di- 
cito.  mihi  videtur  quod  hoc  optime  sonat  agnus.  Tunc 
presbiter  ait:  Quod  in  corde  hoc  in  ore.  Moralitas.  Lingua 
clamat  quod  cor  amat,  hine  sepe  datur  intelligere  quid 
verum  sit  in  corde  teneri. 

Kann  es  einen  schlagenderen  Beweis  für  die  Verwandt- 
schaft zweier  Texte  geben?  Ich  habe  die  Einleitung  aus  ß 
und  die  eigentliche  Fabel  aus  Oesterley's  Druck  von  G  ent- 
nommen; es  ist  aber  bei  der  sonstigen  Uebereinstimmung 
beider  Hss.  kein  Zweifel,  dafs  auch  in  B  letztere  lautet 
wie  in  G.  Ebenso  wahrscheinlich  wird  auch  G  die  ab- 
gerissene Einleitung  zwischen  N".  56  und  57  enthalten, 
doch  schweigt  der  Bericht  Oesterley's  über  diesen  Punkt. 
In  spätem  Hss.  der  Fabeln  Marie's  scheinen  Kopf  und 
Rumpf  der  Fabel  wieder  vereint  worden  zu  sein;  wenig- 
stens ist  dies  in  Roquefort's  Ausgabe  der  Fall  (fab.  82) 
und  schwerlich  wird  man  Roquefort  im  Verdacht  haben, 
diese    Vereiniguno;    durch    Kritik    herg-estellt    zu    haben 

DO  O 

(vgl.  dazu  Hoffmann's  Niederd.  Aesop  S.  48).  Haben  wir 
nun  so  für  unsere  neue  Version  aesopischer  Fabeln  zwei 
durchweg  ziemlich  congruente  Hss.,  die  durch  eine  ältere 
L,  die  von  fab.  1 — 48  ebenfalls  congruent  ist,  unterstützt 
sind,  so  bleiben  doch  noch  zwei  Hauptschwierigkeiten: 
das  Abweichen  L.'s  von  B  G  nach  N".  48  und  das  Ver- 
hältnifs  des  Romulus  Roberti  zu  L  B  G. 

Was  L  betrifft,  so  scheinen  sich  die  nach  N".  48 
folgenden  Fabeln  auch  alle  in  G  und  B  zu  finden:  den 
Ueberschriften  bei  Üesterley  nach  zu  urtheilen  mufs  L 
49  (Henne  kratzt  Erde)  in  G  und  B  N°.  131  sein;  ebenso 
L  50  (Kahlkopf  und  Fliege)  =  G  90;  L  51  (Löwe, 
König,  Athem)  =  G  75;  L  52  (Frosch  bläht  sich)  =  G 
94;  L  53  (Fuchsschwanztheilen)  =:  G  74;  L  54  (Trau- 
ben sauer)  =  G  100,  endlich  L  55  (Affenkönig)  =  G  80. 
Ob  die  Uebereinstiramiing  sich  auch  auf  den  Wortlaut 
erstreckt,    kann   ich  nicht  genau   ermitteln,    weil  Fabeln 


Zum  „Romulus".  27 

dieses  Inhalts  bei  Rom.  sich  finden  und  Oesterley  sie 
del'shalb  nicht  aus  G  abgedruckt  hat  mit  Ausnahme 
einer,  der  ersten,  welche  app.  71  gedruckt  ist,  aber  der 
Fassung  nach  von  der  entsprechenden  in  L  ganz  ab- 
weicht. Ob  in  den  andern  sechs  L  mit  G  B  zusammen- 
trifft, bleibt  also  vorerst  ungewifs,  jedenfalls  weichen  sie 
in  L  von  der  Fassung,  wie  sie  sich  beim  Romulus  finden, 
bedeutend  ab,  bis  wiederum  auf  eine  (Kahlkopf  und  Fliege), 
in  der  auch  dem  Wortlaute  nach  Rom.  und  L  ziemlich 
genau  übereinstimmen. 

Ueber  das  Verhältuifs  des  Rom.  Rob.  zu  L  B  G 
kann  ich  ebenfalls  wenig  sagen,  da  der  ganze  Text  des- 
selben mir  nicht  vorliegt,  sondern  nur  das,  was  Oesterley 
davon  abdruckt  (app.  19  —  32);  von  diesen  kommen  nur 
drei  Nummern  (app.  23,  25,  28)  auch  in  L  vor,  und 
zwar  in  bedeutend  abweichender  Fassung;  es  wäre 
wünschenswerth  über  diesen  Romulus  mehr  zu  erfahren, 
da  er  eine  Fabel  aufweist,  die  bei  Marie  de  France 
■(N°.  22,  Kukuk  als  König)  vorkommt,  ohne  in  G  L  oder 
B  enthalten  zu  sein. 

Was  endlich  die  vielberufene  ensrlische  Uebersetzunff 

o  o 

Alfred's  angeht,  so  hat  man  sich  wohl  vielfach  ohne 
Grund  ereifert.  Bezeugt  ist  ihr  Vorhandensein  durch  L, 
B,  G,  Gerhard  von  Minden  und  Marie.  Die  vier  ersten 
Zeugnisse  können  wohl  nur  für  ein  einziges  gelten,  da 
sie  wohl  auf  einer  Quelle  beruhen.  Marie  jedoch  will 
dieselbe  selbst  vor  Augen  gehabt  und  übersetzt  haben  (wie 
die  Stellen  Epil.  fabb.  v.  16  — 18  Li  reis  Alurez  que  mut 
lama,  Le  translata  puis  en  engleis  E  ieo  lai  rimee  en 
franceis  und  ib.  v.  11—12  Mentremis  de  cest  liure  feire 
E  del  engleis  en  romanz  treire  zusammengenommen  zei- 
gen); unter  den  englischen  Wörtern,  die  ihr  untergelaufen 
sind,  befinden  sich  Thiernamen  (wie  wibet  ^)  und  dergi.), 

1)  Beiläufig  bemerkt  bedeutet  dieses  Wort  wohl  kaum  „Pfeil", 
wie  es  Bartsch  (Gloss.  z.  afr.  Chrestom.)  auf  Grund  einer  mifsverstan- 
denen  Stelle  im  Rom.  de  Rou  (vs.  13296)  übersetzt;  die  Bedeutung  des 
Wortes  steht  durch  Stellen  wie  Mar.  d.  Fr.  fab.  56,  27,  Eel.  Antiq.  I> 
155  fest  als  Name  eines  stachelbewehrten  Insekts  (wahrsch.  Stechfliege); 
wenn  in  jener  Stelle  bei  Wace  die  ,, Engländer'«  die  Pfeile  „wibetes" 
nennen,  so  ist  dies  wohl  nichts  weiter,  als  ein  humoristischer  Euphemismus, 
wie  sie  auch  unsere  heutigen  Soldaten  haben  (vgl.  blaue  Bohnen  u.  dgl.). 


28  r)'"-  KJuard  Mall,    Zum  „Romulus". 

die  gewifs  in  keiner  lateinischen  Vorlage  standen,  endlich 
sind  bei  ihr  mehrere  Fabeln  so  verstümmelt  und  mil's- 
verstanden ,  dafs  eine  dazwischen  liegende ,  vielleicht 
schlechte  englische  Uebersetzung  nicht  unwahrscheinlich 
wird.  Und  warum  soll  denn  eigentlich  eine  solche  nicht 
existirt  haben?  Die  Thierfabel  und  Thiersage  sind  in 
England  nicht  sehr  verbreitet  gewesen  (Grimm,  Reinh.  F. 
p.  ccxx);  aber  Spuren  finden  sich  doch  (vgl.  Mätzner  und 
Goldbeck,  Altengl.  Sprachproben  I,  131  und  372,  Reliq. 
Ant.  I,  4,  Polit.  Songs  ed.  Th.  Wright  1839,  S.  197  fg.,  Old 
Engl.  Homilies  ed.  ß.  Morris  1867,  S.  50.);  man  mufs  es 
nur  mit  dem  Namen  Alfred  nicht  zu  genau  nehmen ;  thut 
man  dies  ja  auch  bei  den  Proverbs  of  King  Alfred  (Reliq. 
Ant.  I,  170  fg.),  trotz  der  jeden  Abschnitt  beginnen- 
den Versicherung  „Thus  quad  Alfred",  nicht.  Ver- 
loren ist  die  Sammlung  freilich  und  alle  Nachforschungen, 
auch  die  meinigen,  haben  zu  nichts  geführt. 

Ueberblicken  wir  nun  das,  was  zu  unserer  Frage 
von  Oesterley  und  in  vorliegendem  Nachtrag  beigebracht 
ist,  so  ergibt  sich,  dafs  die  beiden  niederdeutschen  Fabel- 
sammlungen und  die  der  Marie  auf  eine  gemeinsame  und 
zwar  lateinische  Quelle  hinweisen,  und  dafs  wir  der 
letzteren  ziemlich  nahe  geführt  werden  durch  vier  latei- 
nische Fabelhandschriften  (L,  B,  G  und  Rom.  Rob.), 
welche  zusammen  sämmtliche  103  Fabeln  der  Marie 
inhaltlich  aufweisen.  Zu  ermitteln  bleibt  noch  das  Ver- 
hältnifs  der  beiden  niederdeutschen  Sammlungen  zu  ein- 
ander und  zu  Marie,  und  das  Nähere  über  das  Verhältnifs 
der  vier  lateinischen  Texte  zu  einander,  zu  ihren  Quellen 
und  Nachahmungen.  Dazu  wäre  neu  zu  findendes  Ma- 
teral  sehr  erwünscht;  vor  allem  nothwendig  aber,  dafs 
das  vorhandene  sämmtlich  gedruckt  vorläge;  es  würde 
dies  aul'ser  manchem  andern  Nutzen  auch  den  haben, 
ein  unschätzbares  Hülfsmittel  für  die  Kritik  der  einzelnen 
Texte  zu  liefern.     (Vgl.  z.  ß.  oben  S.  25.) 

Dr.  Eduard  Mall. 


Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romanischen  Literaturen".         29 


Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romanischen 
Literaturen  ". 

Jahrb.  XI,  1  —  64.     159—188. 


I.     Provenzalisches. 

Nicht  aus  kleinlicher  Eitelkeit,  sondern  weil  ich  die 
innige  Ueberzeugung  hege,  dafs  es  der  Wissenschaft  nur 
frommen  kann,  wenn  jede  neue  Arbeit  an  die  voran- 
gegangenen knüpft,  erlaube  ich  mir,  zuerst  auf  einige 
Puncte  aufmerksam  zu  machen,  welche  in  meiner  Ab- 
handlung „Del  codice  Estense  di  rime  provenzali" 
(Sitzungsberichte  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften, 
LV,  ^39  fg.)  schon  zur  Sprache  gekommen  waren. 

Zu  .3.  Ein  vollständiges  Verzeichnifs  der  Lieder, 
welche  die  Hs.  zu  Bologna  1290  enthält,  habe  ich  nach 
Carducci's  freundlichen  Mittheilungen  S.  447  —  45Ö  be- 
kannt gemacht.  Auch  ist  dort  bemerkt  worden,  dafs 
diese  Hs.  mit  Vatic.  3205  innig  zusammenhängt,  und  dafs 
beider  Quelle  in  O  zu  finden  ist. 

Zu  5.  Seite  344,  Anm.  3  war  schon  bemerkt  wor- 
den, der  Tractatus  de  bonitate  et  malitia  mulierum  sei 
nicht  provenzalisch,  sondern  altfranzösisch.  Auch  ge- 
schah dort  der  Ausgabe  von  Heyse  Erwähnung. 

Zu  9.  Dafs  schon  Guessard  den  Rice.  2814  ge- 
kannt hatte,  ist  S.  340,  Anm.  G  angegeben. 

Zu  14.  Die  Zusammenhörigkeit  von  Rice.  2981  und 
eines  Theiles  von  Ambr.  D  465  inf.  ist  S.  341,  Anm.  3 
nachgewiesen  worden.  Dafs  die  Quelle  der  ersten  Hs. 
und  folglich  auch  der  zweiten  im  cod.  Chig.  2348,  für 
welchen  zur  Zeit,  als  ich  meine  Abhandlung  schrieb,  jede 
Nachricht  fehlte,  zu  suchen  sei,  hat  schon  Meyer  (Revue 
critique  1867,  N°.  156)  hervorgehoben.    Dadurch  ist  auch 


30  A.  Mussafia 

die  Frage,  welche  ich  S.  340,  Anin.  4  stellte,  beant- 
wortet worden.  ^) 

Zu  18.  Zu  den  Nachrichten  über  Pia  hätte  aus  S. 
344  auf  den  Antheil  hingewiesen  werden  können,  welchen 
dieser  Gelehrte  an  Tiraboschi's  Ausgabe  von  Barbieri's 
Werke  „Dell'  origine  della  poesia  rimata"  hatte.  Diese 
Ausgabe  erschien  1790  und  in  der  Vorrede  wird  Pia 
„il  piü  dotto  e  il  piü  profondo  poliglotto  per  avventura 
che  sia  ora  in  Italia"  genannt.  Er  mag  also  nicht  mehr 
ganz  jung  gewesen  sein,  und  daher  dürften  auch  dessen 
Collectaneen  —  was  übrigens  nichts  weiter  auf  sich 
hat  —  etwas  älter  sein  als  Bartsch  vermuthet. 

Zu  19.  Auch  ich  hatte  S.  343,  Anm.  3  Identität 
zwischen  Rice.  2777  und  der  Hs.  Scannarola  vermuthet. 
Da  ich  aber  bei  Crescimbeni,  der  mir  für  Ubaldini's  Ta- 
vola  zu  den  Documenti  d'Amori  als  Quelle  diente,  las, 
letztere  Hs.  habe  auch  Lieder  von  Gui  d'Uisel  enthal- 
ten -),  und  ich  in  ersterer  Hs.  nichts  von  diesem  Dichter 
finden  konnte,  da  mufste  ich  diese  Identität  in  Zweifel 
ziehen.  Nach  Bartsch  scheint  nun  als  ob  Ubaldini  für 
Gui  aus  einem  Ms.  Strozzi  geschöpft  habe;  verhält  es 
sich  so,  dann  fallen  allerdings  meine  Bedenken  weg. 


JNoch  ein  paar  Bemerkungen  zu  diesem  Abschnitte. 

Zu  19,  S.  43.  Das  Distichon  auf  Bl.  ß""  rührt  nicht 
von  Dante  her;  es  ist  das  10.  Distichon  der  bekannten 
Elegie  des  Henricus  Septimellensis  De  adversitate  (al.  di- 
versitate)  fortunae  et  de  philosophiae  consolatione,  die  in 
Hss.   sehr  häufig   vorkommt   und   mehr    als    ein    Mal    ge- 


')  In  Bezug  auf  diese  ■vielleicht  nicht  sehr  deutlich  stylisiei'te 
Frage,  bemerke  ich  zu  Meyer  a.  a.  O.,  dafs  ich  nicht  meinte,  die  Rice. 
Hs.  sei  abhanden  gekommen.  Ich  frug  nicht:  Wo  ist  der  Cod.  Rice? 
Sondern:  Wo  ist  dessen  Quelle,  die  Hs.,  welche  einst  Adriani  ge- 
hörte? 

")  Delle  rime  di  Guido  a  temjio  dell'  Ubaldino  ve  n'erano  parte 
appresso  M''.  Scannarola.     Cresc.  II,  1,  71. 


Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romanischen  Literaturen".         ;31 

druckt  wurde.  Eine  italienische  Uebersetzung  gilt  als 
testo  di  lingua;  zuletzt  von  Milanesi  herausgegeben.  Den 
Verfasser  nennen  die  Italiener  gewöhnlich  Arrighetto  da 
Settimello.  Arriglierius  ist  demnach  verschrieben  oder 
verlesen  worden  für  -ettus.  Es  braucht  nicht  gesagt  zu 
werden,  dafs  mascidis  (vielleicht  nur  Druckfehler)  zu 
macidis  zu  emendieren  ist. 

Zu  9,  S.  18.  Bartsch  bezeichnet  mehre  der  im  Rice. 
2814  aufgezählten  Dichter  als  unbekannt.  Es  wäre 
erspriefslich  gewesen,  sie  in  zwei  Classen  zu  trennen: 
1)  solche ,  deren  Namen  überhaupt  sonst  nirgends  vor- 
kommt, also  ganz  unbekannt;  2)  in  solche,  die  bisher 
nur  von  Nostradamus  angeführt  wurden,  von  denen  aber 
keine  Lieder  bisher  nachgewiesen  werden  konnten.  Sie 
sind  also  streng  genommen  nicht  durchaus  unbekannt,  sie 
schwebten  nur  in  jenem  Halbdunkel,  welches  alle  Per- 
sönlichkeiten umgibt,  für  die  Nostradamus  die  einzige 
Gewähr  bietet;  man  konnte  selbst  zweifeln,  ob  sie  je 
existirt  haben.  Nun  zeigt  sich  wieder,  dafs  in  N.'s  Er- 
dichtungen doch  ein  Kern  TVahrheit  liegt;  er  entnahm 
die  Namen  ächten  Quellen,  überliefs  sich  aber  seiner 
Phantasie,  um  sie  mit  einer  ausführlichen  Biographie  zu 
bedenken.  Von  diesen  bisher  blofs  durch  Nostradamus 
bekannten  Dichtern  wäre  aber  noch  vorher  der  eine  oder 
der  andere  zu  scheiden,  welcher  scheinbar  sich  nur  auf 
diese  unlautere,  jetzt  durch  das  Rice.  Verzeichnifs  etwas 
mehr  beglaubigte  Quelle  stützt,  in  der  That  aber  zu 
den  wol  bekannten  gehört,  da  wir  von  ihnen  auch  Lie- 
der kennen.  So  Luqetz  Gatelus.  Crescimbeni  nennt  ihn 
Lughetto  Catello,  auch  Ughetto  C. ,  und  verweist  auf 
Nostradamus  (der  mir  im  Augenblicke  nicht  bei  der 
Hand  ist)  xlv;  wer  wird  zögern  darin  Ugo  Catola  zu 
erkennen?  Dieser  gehört  daher  weder  zur  1.  noch  ziu* 
2.  Classe.  Auch  für  Bertrans  de  Pessatz  (Nostr.  lxiv 
Pezars)  läfst  sich  fragen,  ob  er  nicht  mit  Bertranz  de 
Preissac  identisch  ist.  Bermon  Rascas  könnte  zu  Classe  1 
gehören,  also  zu  denjenigen,  deren  Namen  zum  ersten 
Male  gehört  wird;  man  wird  aber  kaum  fehlsclilagen, 
wenn  man   annimmt,  Nostradamus  habe   an  ihn  gedacht, 


32  A.  Mussafia 

als  er  über  ßernard  Rascas  schrieb.  Zu  Classe  2  gehört 
dann  Perceval  Doria,  von  dem  um  so  weniger  gesagt 
werden  konnte,  er  sei  unbekannt,  als  über  den  Mann  von 
Seite  italienischer  Litterarhistoriker  (Crescimbeni  nach 
Nostradamus,  Tiraboschi,  Spotorno)  mehr  als  nöthig  ge- 
schrieben worden  ist.  Selbst  Didot's  Biographie  univer- 
selle nimmt  Notiz  von  ihm.  Man  wufste  nicht  recht  wie 
sein  Verhältnifs  zu  Simon  Doria  aufzufassen  sei,  von 
dem  der  Vatic.  3208  zwei  Tenzonen  enthält;  bald  hielt 
mau  Perceval  für  einen  Vorfahren  Simon's,  bald  für  des- 
sen Bruder,  bald  identificierte  man  die  zwei  Personen. 
Nicht  ohne  Interesse  ist  zu  bemerken,  dafs  auch  die  ita- 
lienische Litteratur  auf  einen  Percivalle  Doria  Anspruch 
macht.  Trucchi,  Poesie  di  dugento  autori,  I,  84  theilt 
mit,  dafs  in  jener  grofsen  Sammlung  von  altitalienischen 
Lyrikern,  welche  im  Vatic.  379.3  —  dem  sogenannten 
libro  reale  —  enthalten  ist,  sich  zwei  Lieder  finden,  die 
P.  Doria  zugeschrieben  werden.  Das  eine:  Come  Jo  giorno 
gtiancP  e  al  mattino  wird  anderswo  dem  Semprebene  da 
Bologna  zugewiesen,  und  wurde  unter  dessen  Namen  ge- 
druckt, z.  B.  bei  Nannucci  I,  136,  das  andere:  Amor 
?»'  ha  priso  E  iniso  ?h'  ha  in  hal'ia  hat  Trucchi  a.  a.  O. 
abgedruckt. 


II.     Französisches. 

Zu  2.  Es  ist  zu  bedauern,  dafs  Bartsch  die  Hist. 
litt,  XXII,  828  übersehen  habe,  wo  der  Mittheilungen  von 
Daremberg  und  Renan  aus  Guillaume  de  Dole  Erwäh- 
nung geschieht.  Er  hätte  sich  dann  darauf  beschränkt, 
blofs  jene  wenigen  Lieder  nachzutragen,  welche  die  ge- 
nannten Gelehrten  übergingen.  Die  zwei  Abdrücke  stim- 
men im  Allgemeinen  so  ziemlich  überein.  Bartsch  hat 
dadurch,  dafs  er  in  dem  Liede  Quant  voi  la  loete  moder 
eine  Verballhornung  eines  prov,  Liedes  erkannt,  den 
metrischen  Bau,  mit  dem  die  zwei  Franzosen  nichts  an- 
zufangen wufsten,  richtiger  darstellen  können.  Ebenso 
beim  darauf  folgenden  Liede,    wo  die  Letzteren,    da  die 


Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romanischen  Literaturen".         33 

Hs.  die  Strophen  nicht  absetzt,  sich  nicht  zu  recht  fan- 
den. Der  IV.  Vers  der  2.  Strophe  fehlt  bei  DR.,  in 
Bartsch  lautet  er  dem  2.  vollkommen  gleich.  Steht  es  so 
in  der  Hs. ?  Und  ist  diefs  richtig?  In  dem  Bruchstücke 
aus  Girbert  de  Metz,  2.  Vers,  liest  Bartsch  im  ersten  He- 
mistiche  Li  prevoz  und  ergänzt  vint;  nach  DR.  hat  die 
Hs.  li  bons  pr.  Den  letzten  Vers  des  Couplets  auf  Bl. 
87  ^  liest  Bartsch :  ce  que  Ten  n'i  voudroit  trover.  Acht 
Sylben,  während  alle  andern  Verse  deren  sieben  zählen; 
DR.  cc  qv'on.  DR.  bemerken  auch,  es  sei  in  dieser 
Strophe  die  zweite  eines  Liedes  von  Auboin  de  Sezanne 
zu  erkennen,  das  im  Romancero  francois,  S.  120,  abgedruckt 
wurde. 


IV.     Italienisches. 

Zu  1.  Zu  ein  Dutzend  Gedichten  trao^e  ich  nach 
den  Nachweis  über  den  Ort,  wo  sie  gedruckt  stehen. 
Da  ich  keine  Verzeichnisse  der  Anfänge  besitze  und  mich 
auf  eingehende  Untersuchungen  nicht  einlassen  konnte, 
gebe  ich  nur  das  Zunächstlieo-ende  an.  Bartsch  konnte 
nur  die  Poeti  del  primo  secolo  und  die  palermitanische 
Raccolta  benutzen;  dann  für  Dante  Fraticelli's  Ausgabe; 
übersah  aber  hier  und  da  Einiges,  was  in  diesen  Hilfs- 
mitteln vorhanden  ist.  Auffallend  ist,  dafs  er  Nannucci's 
Manuale  nicht  zu  Rathe  zog. 

52*  O  morte  della  vita  privatrice,  dem  Lapo  Gianni 
zugeschrieben.  Nach  Racc.  2,  29i)  von  Cino  da  Pi- 
stoja.  (Ebenso  Allacci  268,  Rime  di  diversi  antichi 
autori  toscani,  Venezia  17.31,  S.  174  u.  s.  w.) 

61*  G.  Cavalcanti.  [O]  tu  che  porti  nelli  occhi  sovente. 
In  der  Ausgabe  von  Cicciaporci,  Firenze  1818, 
S.  16. 

G5^  Monaldo  da  Sofena.  Donna,  il  cantar  piacente.  Bei 
Nannucci  I,  354  (nach  Fiacchi's  mir  unzugänglicher 
Raccolta)  demselben  Dichter  zugewiesen;  nach  Poeti 
I,  442   und  Racc.  I,  542  von  Saladino  di  Pavia;   in 

Jahrb.  f.  rom.  u.  eugl.  Lit.  XH.  1.  ,j 


34  A.  Mussafia 

einem  cod.  Palat. ,  nun  in  der  Nazionale  zu  Florenz 
(Palermo  II,  108),  dem  Riccuccio  da  Firenze  zu- 
geschrieben. 

74^^  Cino  da  Pistoja.  Questa  donna  ch'  andar  me  fa 
pensoso.  Bei  Fraticelli  I,  272  unter  den  Gedichten, 
welche  in  Giunti's  Ausgabe  Dante  unrichtig  zu- 
geschrieben werden.  Dieses  Sonett  wurde,  als  Cino 
gehörig,  mehrfach  abgedruckt,  zuletzt  bei  Carducci, 
Rime  di  Cino  da  Pistoja,  52. 

id.      [O]  voi  che  siete  ver  me  si  giudei  Racc.  II,  189. 

77  *  Rinuccino.  Amor(e),  si  come  credo ,  ha  segnoria. 
Nann.  I,  214  nach  einem  Cod.  Strozz.  schreibt  das 
Sonett  Rinuccino  zu;  es  war  früher,  als  von  Cino, 
in  der  mir  unzugänglichen  Ausgabe  Ciampi's  und 
daraus  in  Racc.  II,  206  gedruckt  worden. 

77^  id.  Questa  leggiadra  donna  ch'  io  sento,  Racc.  II, 
197,  als  von  Cino,  daher  wahrscheinlich  auch 
in  den  früheren  Ausgaben  von  Pilli,  Tasso  und 
Ciampi. 

78*  id.  Io  non  fui  fatto  per  mia  viltate.  Nann.  I,  213, 
nach  zwei  Hss. 

id.  Dögliomi,  lasso,  piü  ch'  i'  non  so  dire.  Nann.  I, 
213  nach  Serassi,  Anecdota  litteraria  ex  mss.  codd. 
eruta,  einem  Werke,    das  ich  ebenfalls  nicht  kenne. 

78^  Rinaldo  d'Aquino.  Per  fino  amore  vo  si  allegra- 
mente.  Mit  der  Variante  „  Si  lietamente "  wird  der 
erste  Vers  dieser  Canzone  bei  Dante  de  vulg.  el. 
II,  6  angeführt.  Gedruckt  in  der  ersten  Ausgabe 
von  Zambrini's  Catalog  296  und  später  von  Palermo 
II,  95,  der  das  Lied  als  unedirt  betrachtete. 

86 '^  anon.  aber  in  der  Mitte  zwischen  anderen  Ge- 
dichten Cino's.  Se  voi  udiste  la  voce  dolente. 
Rime  123  [gewifs  auch  bei  Ciampi,  daraus]  Racc. 
II,  196. 

SS^  Cino  da  Pistoja.  S'  io  mi  riputo  di  niente  alquanto. 
Racc.  II,  178. 

90 '^  zu  Ell'  e  tanto  gentile  ed  alta  cosa,  wo  Racc.  II, 
200  citiert  wird,  hätte  bemerkt  werden  sollen,  dafs 
hier  das  Sonett  Cino  zugeschrieben  wird. 


Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romanischen  Literaturen".  35 

anon.    E'  non   e  legno   di   si  forti  nocchi.     Als  von 

Dante  mehrfach  gedruckt;    unter  anderen  Racc.  II, 

23,  Fratic.  I,  158. 

anon.     Ben  dico   certo    che  non  e  riparo.     Fratic.  I, 

269  unter  den  apocryphen  Gedichten,  bei  Tasse  und 

Ciampi,  als  von  Cino. 
92*     Onesto   da  Bologna.     Non  so  se  per  merce  che  mi 

vien  meno,    Racc.  II,  367  und  vorher  mehrfach,  z.  B. 

Allacci  394,  Rime  287. 
93*     Noffo  Bonaguide.     Ben  posso  dir  che  1'  amor  vera- 

mente.     Nann.  I,  362  nach  einer  Magl.  Hs. 

Zu  2.  Die  zwanzig  Canzonen  Bindo  Bonichi's,  welche 
3*  —  20*  enthalten  sind,  finden  sich  alle  (nach  der  Hs. 
7778  der  grofsen  Pariser  Bibliothek  und  mit  Hilfe  von 
anderen  11  Florentiner  Hss.)  abgedruckt  in:  Rime  di 
Bindo  Bonichi  da  Siena,  Bologna  1867  (82.  Band  von 
Romagnoli's  Scelta).  Ebenso  sind  alle  auf  Bl.  41''  —  b2^ 
enthaltenen  Sonette  in  denselben  Band  aufgenommen  wor- 
den, da  unter  den  nicht  weniger  als  23  Hss.,  welche 
Bilancioni  bei  der  Herausgabe  der  Sonette  benutzte,  auch 
die  casan.  Hs.  an  zweiter  Stelle  genannt  wird.  Wir 
möchten  überhaupt  bei  dieser  Gelegenheit  auf  die  im 
Stillen  unablässig  schaflende  Thätigkeit  dieses  unermüd- 
lichen Forschers  hinweisen,  dem  kaum  eine  der  irgend 
wie  erheblichen  handschriftlichen  Sammlungen  älterer  ita- 
lienischer Lyriker  entgangen  sein  diirfte.  Möchte  er  uns 
nur  bald  ein  Gedichtenverzeichnix's,  mit  Anoabc  der 
Hss.  und  Drucke  geben! 

Von  den  wenigen  anderen  Gedichten,  welche  Bartsch 
aus  dem  Casan.  namhaft  macht,  kenne  ich  als  gedruckt 

52^^    B.  di  Mocata.     Non  pensai  che  distretto.    Crescim- 
beni  IH,  55. 

55*     Meuzzo   Tolommei.     Non    e    larghezza   penso    uella 
mente.     Cresc.  IH,  166. 

Musa  da  Siena  (ein  Spitznamen  für  Nicolö  Salim- 
beni;  vgl.  im  Chig.  95''  Nicola  Muscia).  Dusento 
scodellin  di  diamanti.  Cresc.  III,  167,  auch  Racc. 
III,  426. 


3ß        A.  Mussafia,  Zu  Bartsch's  „Beiträge  zu  den  romaii.  Lit." 

57^'  Antonio  da  Sltna,  Sonett  auf  den  Tod  von  Giuliano 
Davanzati.  Der  erste  Vers  ist  nicht  angegeben;  es 
ist  aber  sehr  wahrscheinlich  jener,  den  Cresc.  III, 
178  veröffentlichte. 

59 '^  Folcacchiero  de'  Folcacchieri.  Tutto  lo  mondo  vive 
senza  guerra.  Bartsch  hätte  dieses  litterarhistorisch 
so  berühmte  Lied,  das  man  bis  1150  hinaufschrauben 
wollte  und  zu  so  erbitterter  Polemik  Anlafs  gab, 
nicht  als  unbekannt  behandeln  sollen.  Auch  Ebert's 
Handbuch  S.  29  theilt  das  Lied  mit. 

82^  Von  Simone  Forestani,  il  Saviozzo  genannt,  sind  die 
Lodi  di  Dante  mehrfach  gedruckt  worden:  zuerst 
von  Corbinelli  in  seiner  Ausgabe  von  Dante  de  v. 
el.,  zuletzt  von  Carducci,  1.  c.  573.  Ebenso  gelangte 
das  Gedicht  auf  die  Pest  von  1390  mehrmals  zum 
Drucke,  zuletzt  bei  Carducci  581.  Bibliographisches 
über  die  gedruckten  Stücke  dieses  Dichters  findet 
sich  in:  Storia  d' una  fanciulla  tradita,  Bologna  1862 
(6.  Band  der  Scelta). 

1.  Juli  1870. 

A.  Mussafia. 


Nachträge  zu  den  Apunteä  biograticos  y  criticos. 


Nachträge 


zu  den 

xipuntes  biogräficos  y  criticos 

in  Band  xxvii  der  ,,Coleccion  de  Autores  espanoles" 


Die  kurzen  einleitenden  Notizen,  die  wir  den  „Tres 
Flores  del  Teatro  Autiguo  Espanol"  (Mocedades  del  Cid, 
Conde  de  Sex  und  Desden  con  el  desden)  vorangeschickt, 
waren  leider  schon  gedruckt,  als  wir  in  Antoine  de  La- 
tour's:  Espague  religieuse  et  litteraire,  Paris  1863,  S. 
113  — 134,  einen  uns  bisher  unbekannten  Artikel  über 
Pierre  Corneille  und  Juan  Bautista  Diamante  fanden,  der 
eine  berichtigende  Umgestaltung  einiger  Sätze  aus  der 
Einleitunsi;  zu  den  Mocedades  nöthie;  macht. 

Es  ist  nämhch  nicht  nur,  wie  wir  gesagt,  tvahrschein- 
lich ,  dals  Diamante  nach  Corneille  geschrieben ,  sondern 
es  ist  eine  imwiderlegliche  Thatsache ,  die  sich  mit  Be- 
weisen aller  Art  belegen  läfst.  Antoine  de  Latour  ver- 
dankt seine  Kenutuifs  i'iber  Diamante  dem  Verfasser  des 
Catdlogo  bibliogräfico  y  biogrätico  del  Teatro  autiguo 
espanol.  Dieser,  Don  Cayetano  Alberto  de  la  Barrera 
y  Leirado,  fand  unter  den  Actenstiicken  eines  Processes, 
der  1648  gegen  Diamante  geführt  wurde,  ein  von  seiner 
Hand  unterzeichnetes  Verhör,  aus  welchem  hervorgeht, 
dafs  der  Verfasser  des  Ilonrador  de  su  padre  1626  ge- 
boren wurde.  Er  kann  also  unmöglich  vor  1636,  d.  h. 
ehe  Corneille  seinen  Cid  schrieb,  in  einem  Alter  von 
noch  nicht  zehn  Jahren  ein  Bühnenstück,  wie  der  Ilon- 
rador trotz  aller  seiner  Fehler  und  Schwächen  doch 
immerhin  ist,  verfafst  haben.  Somit  steht  fest,  dafs  Cor- 
neille nicht,  wie  Voltaire  geschrieben  und  so  viele  nach 
ihm  behauptet,  neben  Guillen  de  Castro  noch  Diamante's 


38  C.  Michaelis 

Werk  benutzt;  dieses  letztere,  1G59  zum  ersten  Male 
gedruckt,  ist  vielmehr  eine  Nachahmung  des  französi- 
schen Cid.  — 

Zum  Conde  de  Sex  haben  wir  zu  bnemerken,  dafs 
jene  älteste  Ausgabe,  die  wir  uns  nicht  verschaflen 
konnten  (Tomo  xxxi  der  Coleccion  primitiva  de  varios 
1638),  dem  Wiederabdruck  in  der  Madrider  ßiblioteca 
de  Autores  espaiioles  (Dramäticos  contemporäneos  de 
Lope  de  Vega  II,  403)  zu  Grunde  liegt. 

Der  Anfano;  bietet  nur  wenige  und  unbedeutende 
Varianten;  aus  dem  Ende  des  zweiten  und  dem  ganzen 
dritten  Acte  heben  wir  folgende  Stellen  heraus,  welche 
alle  späteren  Ausgaben  ganz  unberücksichtigt  gelassen 
haben. 

(S.  213)  Z.  1362 

Conde.     Adios,  ambicion.     jAh  Bianca! 
i  Que  arrepentido  que  vuelvo 
Del  tiempo  que  me  apartaba, 
De  ambicioso  6  de  soberbio , 
Del  empefio  de  tus  ojos, 
Que  son  el  mayor  imperio! 


(Vase.) 


1382     Curar  quisiste,  homicida, 
Y  fue  tan  cruel  el  medio , 
Que  morirme  del  remedio 
Pude  aun  mas  que  de  la  herida; 
Mas  yo  bebi  tan  templado , 
O  de  tibio  6  de  cortes, 
El  veneno ,  que  despues 
Conozco  que  me  ha  sanado. 

(S.  230)     2009     Pues  el  ijcomo,  cuando  muere 
Su  inocencia,  no  disculpa, 
Por  no  echar  ä  si  la  culpa, 
A  Bianca?     Claro  se  infiere; 
Luego  el  Conde  k  Bianca  quiere 
Pues  la  libra  con  su  honor. 
(iCömo,  si  de  su  rigor 
Bianca  misma  se  quejaba? 
Luego  ^el  Conde  me  mataba, 
Si  ä  Bianca  no  tiene  amor? 
jOh  mal  haya  la  agudeza, 
Con  que  ä  mi  pesar  me  aviso! 


i 


Nachträge  zu  den  Apuntes  biograficos  y  criticos.  39 

Siempre  mi  daiio  es  preciso ; 
Si  uno  acaba,  el  otro  empieza; 
Si  busco  eil  su  amor  firmeza, 
Hallo  en  su  lealtad  recelos; 

Y  si  quieren  mis  desvelos 
Diferenciar  de  pasion, 
Convalezco  ä  la  traicion 
Para  enferinar  de  los  celos. 

(S.  236)     2203     Ya  no  hay  mentira  que  finjas, 
Ya  no  hay  engafio  ni  abono 
Que  mientas ,  ya  no  hay  siquiera 
Un  quizä;  que  cierto  es  todo. 
2207     El  Conde  quiere  matarme , 

El  Conde,  de  Bianca  esposo, 
'    Ofende  mi  amor;  el  Conde 
En  amor  me  causa  oprobios, 
En  traicion  me  busca  muertes, 
En  cuidados  me  da  enojos, 
En  deslealtades  peligros; 

Y  en  celos  me  causa  asombros ; 
Mas  joh  sentimiento!  espera, 
No  confundas  presuroso 

Dos  males  que  son  distintos; 
Vämonos  mas  poco  ä  poco. 
Cada  cual  te  busca  entero , 
Siente  el  uno ,  y  luego  el  otro , 
Que  si  de  una  vez  los  sientes, 
Quizä  dirän ,  sospechosos , 
Que  es  ardid  de  la  flaqueza, 

Y  no  prisa  del  enojo. 

El  Conde,  adorando  a.  Bianca, 
Habiendo  entrado  engafioso 
Tan  dentro  de  mi ,  ^  se  burla 
De  la  fe  con  que  le  adoro  ? 
^Adoro  dije?     Si  dije; 
No  pienses  que  me  equivoco : 
Honor,  duermase  el  recato, 
Esta  vez  ahoguese  sordo; 
Que  confunde  el  sentimiento 
La  atencion  con  el  ahogo. 
El  Conde,  mi  dulce  dueno, 
Que  ya  en  mi  pecho  amoroso 
Idolo  fue,  a  quien  el  alma 
Consagrö  en  culto  devoto 
Verdad  en  tiernas  finezas, 
Victima  en  duros  enojos, 
Agua  en  lagrimas  distintas, 


40  C.  Michaelis 

Y  fuego  en  suspiros  roncos, 
^Con  otra  mujer  me  ofende? 
Con  otra  mujer?     Pues  ^como! 
^Es  Bianca  major  qua  yo? 
^Tiena  valor  mas  heroico? 
Tiene  mas  amables  partes? 

Y  lo  qua  encarezco  solo 

g  Quierata  mas,  Conda?     Dabes 

A  SU  fe  extremos  mas  locos, 

Mas  vardad  ä  sus  finezas, 

A  SU  favor  mas  soborno , 

Mas  suspiros  ä  su  pecho, 

Mas  lagrimas  a  sus  ojos? 

^Quierete  mas?     Mas  ^que  es  esto? 

^Yo  ternuras?     Yo  sollozos? 

Yo,  a  pesar  de  mi  grandeza, 

Con  infame  llanto  mojo 

La  pürpura  real,  qua  vista 

La  majestad  por  adorno  ? 

Yo ,  en  rayos  qua  arroja  el  pecho 

Por  indicio  6  desahago, 

Hago  el  decoro  cenizas 

Y  el  valor  deshago  en  polvos? 
Enjugue  pues  mi  venganza, 

O  bebase  lo  que  lloro; 
Cierra  la  razon  valiente 
La  boca,  por  donde  arrojo 
Suspiros  que  me  disfaman, 
Porqua,  cagando  los  propios, 
O  me  ahoguen  ö  se  vualvan 
A  la  esfara  en  que  los  formo. 
^Cuidado  un  traidor  me  debe? 
Suspiros  un  alavoso, 
Mamorias  un  deslaal , 

Y  un  fementido  sollozos? 
^Por  un  hombre  que,  infiel, 
Estando  ä  las  voces  sordo 
Conque  en  el  rey  mudamente 
Habla  lo  majestuoso , 
Pretandio  darme  la  muerte, 
Siento,  gimo ,  peno,  lloro, 
Padezco ,  suspiro  y  muero  ? 
jOh,  que  afecto  tan  impropio! 

(S.  244)  2506—9.  Reina. 

Nada  con  la  Reina  puedo ; 

Que,  aunque  estoy  muy  cerca  della 

Tambien  della  estoy  muy  lejos; 


Nachträge  zu  den  Apuntes  biogräficos  y  criticos. 


41 


Pero,  si  ella  estä  ofendida 
De  vuestro  alevoso  intento, 
^Que  consuelo  hallar  procura 
Vuestra  traicion,  vuestro  yerro 
De  una  reina  en  la  justicia 
De  uua  ofendida  en  el  cefio? 

Conde.     ^Yo  ofensa? 

Reina.  Pues,  ^que  descargo 

Teneis?     Hablad. 

Conde. 

La  inocencia. 
Reina.  (jQue  disculpa? 

Conde.     (Ap.jÄy  Bianca!)     La  del  sileucio. 
Reina.      Pues  si  no  hay  otro ,  morir 

Es  el  ultimo  remedio, 

Y  el  mas  cierto  el  desta  llave. 
Conde.  Ver  la  Reina  es  el  mas  cierto. 
Reina.     Pues,  aunque  para  el  perdon 

Sera  ocioso  aqueste  medio , 
Yo  voy,  Conde,  4  procurarlo 
Con  ella  para  el  consuelo. 

Conde.    ^Donde  vais? 

Reina.  A  esto  que  os  digo, 

Aunque  de  la  Reina  temo 
Que  no  habeis  de  verla  el  rostro. 

Conde.    Pues  esperad;  yo  sospecho 
Que  sois  tan  una  las  dos, 
Que  lo  mismo  que  deseo 
De  consuelo  viendo  el  suyo, 
Conseguire  viendo  el  vuestro ; 

Y  asi,  yo  quiero  excusaros 
Que  os  aventureis  en  esto, 
Pidiendo  aquesto  que  os  digo 
Cuando  vos  podeis  hacerlo. 

Yo  os  ruego  que  os  descubrais; 
Que,  si  ver  la  Reina  quiero, 
Viendoos  a  vos,  que  sois  una, 
Pienso  que  serä  lo  mesmo. 
{Ap.  Sepa  que  la  he  conocido; 
Quiza  harä  lo  que  le  ruego.) 
Reina.     {Ap.  Pues  me  conoce  tan  claro, 
Forzoso  es  mudar  de  intento ; 
Quiza  en  viendome  darä 
Las  disculpas  que  deseo. 
Yo  he  de  hacer  lo  que  decis; 
Pero  primero  os  advierto 


Solo  tenffo 


42 


Conde. 


C.  Michaelis 

Que  quizä  os  estä  mejoi' 
Que  tenga  el  rostro  cubierto; 
Que  tanto  mi  ser  transforma 
Esta  mäseara  que  tengo , 
Que  OS  espantareis  de  ver 
Cuänto  asi  me  diferencio. 
No  excuseis  tanto  mi  diciia. 


(S.  245.)     2543  —  46. 

Reina.  Ya  las  se, 

No  penseis  que  no  me  acuerdo; 
Dellas  estoy  obligada, 

Y  aunque  ya  pagädoos  tengo, 
Nunca  quisiera  otra  vez 

La  grandeza  de  mi  pecho 
Escuchar  vuestros  servicios 
Sin  dai'os  algo  de  nuevo ; 

Y  como  ahora  es  forzoso 
Que  sea  inütil  recuerdo, 
Conde,  el  de  vuestras  hazaüas, 
Pues  perdonaros  no  puedo, 

No  quiero  oirlas,  calläldas; 
Que  si  soy  la  Eeina  y  veo 
Que  de  vos  estoy  servida, 
Tambien  soy  la  misma  y  siento 
Que  ofendida  estoy  de  vos, 

Y  ä  mi  pesar,  considero 
Que  borra  la  ofensa  cuanto 
Los  servicios  habian  iiecho; 

Y  asi,  solo  servirä 
Decirlas,  cuando  no  os  premio, 
En  mi  de  vergüenza  mucha, 

Y  en  vos  de  poco  provecho. 


(S.  245.)     2255. 

Reina. 

A  la  Reina 

De  aquese  agradecimiento 

No  le  toca  nada,  Conde. 

Conde. 

Luego  ingrato  es  vuestro  pecho. 

Reina. 

Si  la  ofendida  os  castiga 

Por  cumplir  con  lo  severo, 

Tambien  la  obligada  os  libra 

Por  cumplir  con  el  empeno. 

Conde. 

^;  Cömo  ? 

Reina. 

Ya  sabeis  el  modo. 

Conde. 

^No  hay  otro  ? 

Reina. 

No. 

Conde. 

No  le  apruebo, 

Nachträge  zu  den  Apuntes  biogräficos  y  criticos.  43 

Es  infame. 
Keina.  Es  el  mejor. 

Conde.    ^Me  aconsejais? 
Reina.  No  aconsejo 

Lo  que  es  contra  mi  justicia ; 

Que  antes,  si  os  halla,  en  saliendo, 

Mi  rigor ,  bare  mataros. 


Dagegen  fehlen  in  dieser  alten  Ausgabe  Zeile  2428 — 
2447  und  2783  —  2811. 


Caroline  Michaelis. 


44  Eduardo  Lidforss. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos. 

Durante  mi  parada  en  la  corte  castellana  (ano  de 
1869  y  principios  de  1870)  mi  excelente  amigo  D.  Jose 
Maria  Escudero  de  la  Pena,  profesor  de  paleografia  y 
diplomatica  en  la  universidad  central,  con  la  galanteria 
que  le  distingue  tuvo  la  bondad  de  comunicarme  uua 
copia  del  notable  poema  sobrescrito,  la  cnal  acababa  de 
sacar  del  original  que  entönces  se  hallaba  en  Toledo, 
adonde  habia  ido  D.  Jose  como  miembro  de  la  Comision 
encargada  por  el  Gobierno  de  la  incautisacion  de  la 
biblioteca  capitular.  Haciendo  el  cotejo  de  aquella  copia 
con  el  texto  publicado  por  D.  Jose  Amador  de  los  Rios 
en  el  tomo  III  de  su  Historia  Critica  de  la  Literatura 
Espanola,  no  pude  menos  de  caer  en  que  este  eminente 
literato,  a  cuya  vasta  erudicion  y  ardor  infatigable  tanto 
debemos  los  amigos  de  las  letras  espafiolas,  se  habia 
apartado  en  ]a  Ilustracion  ä  fines  del  tomo,  de  la  in- 
tencion  manifestada  en  la  nota  de  la  päg.  19  de  repro- 
ducir  el  texto  „con  la  fidelidad  ortografica  que  exije 
este  linaje  de  obras ",  ya  dando  en  efecto  alguna  que 
otra  palabra  de  otra  manera  que  no  se  halla  en  el  cö- 
dice,  ya  anadiendo  algun  trozillo  que  le  pareciera  hicicse 
falta,  en  fin,  como  dice  el  mismo  Jjäg.  657,  supliendo 
algunas  de  las  imperfecciones  de  tan  antiguo  monumento. 
No  cabe  duda  de  que  era  buena  bajo  cierto  aspecto  la 
idea  del  ilustre  autor  de  dar  asi  un  texto  enmendado  y 
restablecido ;  pero,  siendo  este  poema  tal  vez  la  com- 
posicion  mas  antigua  en  romance  castellano,  precisameute 
su  importancia  filolögica  pide  una  redacciou  del  texto 
hecha  con  toda  la  fidelidad  posible.  Esta  consideracion, 
que  convencian  tambien  las  acertadas  observaciones  del 
entendido  filologo  senor  prof.  Mussafia  en  esta  Revista 
(ano  VI,  päg.  220 — 222)-,  nie  moviö  a  pedir  al  senor 
Escudero  la  permision  de  hacer  para  mi  propio  uso  otra 
copia  de  la  que  habia  sacado  el,  y  con  su  acostumbrada 


El  Misterio  de  los  Heyes  Magos.  45 

benevolencia  me  la  concedio  inmediatamente.  Entre  tanto 
habiendo  sido  el  cödice  mismo  trasladado  a  la  Biblioteca 
Nacional  de  Madrid  ,  tome  ademas  la  ocasion  de  cotejar 
mi  copia  sobre  este,  de  modo  que  puedo  responder  que 
el  texto  que  a  continuaciou  se  leera  es  de  todo  piinto 
autentico. 

Tocante  al  cödice,  estä  ya  descrito  en  la  nota  citada 
de  la  Historia  Critica;  mas,  no  encontrandose  este  mo- 
numento  nacional  tan  frecuentemente  fuera  de  Espana 
cual  lo  merece,  no  creo  inoportuno  presentar  ä  los 
lectores  de  la  Revista  los  pormeuores  que  sobre  el  da  el 
senor  Escudero  en  las  palabras  siguientes: 

„Forma  el  cödice  un  volümen,  cuyo  tamano  se 
aproxima  mas  al  4°  que  al  f°,  puesto  que  mide  0,242™- 
de  alte,  por  0,162™-  de  ancho ;  esta  encuadernado  en  tabla 
cubierta  de  piel  anteada,  con  un  broche  de  hierro  y  seda 
verde,  puesto  en  el  centro;  sobre  el  tejuelo  se  lee: 
Glossa  ordinaria  in  Cantica.  Ms.  —  Consta  de  68  folios 
sin  numerar;  comienza  con  una  inicial  exornada,  como 
las  capitales  y  versales,  que  son  sencillas  de  tinta  roja 
y  amarilla.  AI  fin  del  texto  del  cantico  y  de  la  glosa  y 
en  la  segunda  mitad  del  f°  67  v°  empieza  el  Romance 
de  los  Reyes  Magos,  escrito,  como  dice  el  Indice,  a 
renglon  seguido  y  de  letra  que  indudablemente  no  pasa 
de  la  segunda  mitad  del  siglo  xii,  lo  mismo  que  la  del 
resto  del  libro,  a  pesar  de  la  oj)inion  de  Frias.  ^  La 
division  de  los  versos  estä  indicada  con  un  punto,  aunque 
tal  vez  falta  en  algunos,  siendo  tambien  muy  inconstante 
y  irregulär  la   colocacion  de   esta  y  de  las  demas  notas 


^  Esas  palabras  se  refieren  ä  un  articulo  que  se  lee  en  el  Indice 
de  la  Libreria  capitular  del  Cabildo  de  Toledo,  redactado  ä  principios 
del  siglo  actual  por  el  agustiniano  Frias,  y  que  copiado  ä  la  letra 
dice  asi: 

,,Glosas  sobre  los  cantares ,  con  la  exposicion  de  Gilberte  6 
Gisliberto,  Diäcono  Altisiodorense  6  Auxerre ,  sobre  los  trenos  de 
Jeremias.  AI  fin  hay  un  romance  ä  los  reyes  magos  escrito  ä  renglon 
seguido,  como  si  fuera  prosa:  un  tomo  en  f'\  vitela  y  letra  del 
siglo  xin. 

Cax.  6.-8." 


46  Eduardo  Lidforss 

ortogrdficas ,  lo  mismo  que  la  forma  de  las  letras  y  la 
separacion  de  las  palabras.  El  romance  ocupa,  segun 
hemos  dicho,  la  seguuda  mitad  del  f°  67  v°  y  algo  mas 
de  la  primera  del  68  r°.  La  lectvira  ofrece  alguuas  difi- 
cultades,  tanto  por  la  mala  division  de  las  palabras  y 
oraciones,  cuanto  por  hallarse  el  texto  corroido  ö  borroso 
en  algunos  pimtos  y  por  faltar  ea  la  parte  inferior  del 
f  o  (37  yo  ^^jj  renglon,  recortado  al  parecer  en  la  encuader- 
nacion." 

Con  la  division  de  escenas  que  parecen  determinar, 
aunque  no  en  todas  partes,  las  cruces  y  puutos  agru- 
pados  del  original,  y  con  los  acentos  y  notas  de  ortografia 
que  nos  ban  parecido  necesarios  para  su  inteligencia, 
dice  pues  el  texto  asi:  ^ 

[Säle  mago  1°.] 

^Tfios  criador,  quäl  maravila^! 
no  ^  se  quäl  es  achesta  strela; 
agora  primas  la  e  ueida, 
poco  timpo  ^  a  que  es  ^  nacida. 
5     Nacido  es  el  criador, 

que  es  ^  de  la[s]  gentes  senior. 
Non  es  uerdad  ß,  non  ^  se  que  digo: 
todo  esto  non  uale  ^  uno  ^  figo. 
Otra  nocte  mö  lo  catare, 
10     si  es  uertad,  bine  '"  lo  sabre. 

[Pausa.     Säle  el  mismo  otra  vez.] 

Bine  ">  es  uertad  ^  lo  que  io  digo, 
en  todo,  en  todo  lo  prohio  i^; 
non  ^  pudet  i^  seer  ^^  otra  sewnal  '■*, 
achesto  es,  i  '^  non  es  äl. 
15     Nacido  es  Dtos  por  uer  ^^  de  fenibra  '" 
in  18  achest[e]  i^  mes  de  december.  ^o 
Alä  Ire, 


1  Las  palabras  6  letras  encerradas  entre  crochetes  no  se  hallan 
en  el  manuscrito.  Ademas  van  sefialadas  con  bastardilla  las  letras 
espresadas  en  el  original  por  abreviacion,  y  se  ponen  en  las  notas  las 
diferencias  del  texto  publicado  en  la  Historia  Critica  de  la  Literatura 
Espaflola.  —  ^  marauela.  —  ^  non.  —  *  tiempo.  —  *  ques.  —  ^  ver- 
tat. —  "  nin.  —  s  val.  —  ^  un.  —  ^'^  bien.  —  'i  profijo.  —  ^^  pued.  — 
13  ser.  —  1^  senial.  —  '^  et.  —  ^^  ves.  —  ^^  fenbra.  —  ^^  en.  — 
1^  acheste.  —   20  decembre. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  47 

o  que  füre,  aoralo  i   e, 
por  deos  de  todos  lo  terne. 


[Säle  mago  2".] 
20     Esta  strela  non  se  dond  -  uinet  ^, 
quin*  la  trae  o^  qui«^  la  tine[t]. 
gPorque  es  achesta  ^  sewnal? 
En  mos  '  dias  on  i"  ui  atal: 
certas  ,  nacido  es  en  terra  ^^ 
25     aqnel  qwi  en  pace  i  ^^  en  guera^' 
senior  a  ä  seer  da  Oriente 
de  todos,  hata  in  occide«te.  i* 
Por  tres  noches^^  me  lo  iiere 
i^-  mas  de  aero  lo^^  sabre. 


[Pausa.     Säle  el  mismo  otra  vez.] 
30     En  todo,  en  todo  es  nacido; 
non  se  si  algo  e  ueido : 
Ire,  lo  aorare 
i ' 2  pregare  i^-  rogare. 


[Säle  mago  3°.] 
jL'ali'  criador !  atal  facienda'* 

35     fu  numquas  alguandre  falada 
o  en  escripturai^  trubada -°: 
tal  estrela  non  es  in  celo, 
desto  so  io  21  bono  strelero.-- 
Bine  2  3  lo  ueo  2*  sines2ä  escarno26 

40     qne2"  uno  o?nme  2  8  es  nacido  de  carne2!' 
ques  senior  do  todo  ePo  mundo  ^i, 
asi  cumo32  qI  ciio  3  3  es  redondo^*: 
de  todas  gentes^ä  senior  serä 


1  adoralo.  —  2  (Jq.  —  3  uiene.  —  *  quien.  —  °  nin.  —  ^  qui.  — 
"  tiene.  —  ^  aquesta.  —  ^  meos.  —  ^°  non.  —  '^  tierra.  —  ^-  et.  — 
13  guerra.  —  ^*  ociidente.  —  i'  noctes.  —  ^^  so.  —  i'  Eu  al.  — 
18  faQinda.  Abreviado  en  el  manuscrito  asi:  facida.  —  i*  scriptu- 
ra.  —  20  trobada.  —  21  jq  —  22  strellero.  —  23  Bjen.  —  24  ygio. — 
2  5  sine.  —  26  scarne.  —  27  falta  en  el  texto  de  Amador.  —  28  home.  — 
29  el  manuscrito  dice  earne,  sin  duda  por  equivocacion.  —  ^o  jq^j- 
el.  —  31  mondo.  —  ^2  como.  —  Muy  borroso  este  renglon;  pero 
cilo,  claro  por  cielo.  Aqui  y  en  otros  pasajes  marcamos  con  letras 
menores  las  palabras  de  lectura  dudosa.  —  ^^  cielo.  —  ^*  rredon- 
do.  —  25  yentes. 


48  Eduarde  Lidforss 

i  1  todos  ^  o  3  seglo  uogara. 
45     Es  nascudo  ^  que  uerdad  ^  es. 
Uerr  ^  lo  e  otra  uegada , 
si  es  uertad  o  si  es  nada. 


[Pausa,     Säle  el  mismo  otra  vez.] 
Nacido  es  el  criador , 
de  todas  las  gentes  maior^; 
50     bine  9  lo  ueoi",  caual^i  uerdad.  ^^ 
Ire  alä  par"^  caridad. 

[Sälen  los  tres  magos  enconträndose.     Diee  uno  de  ellos:] 
Df'os  uos  salue,  senior''';  ^sodes  uos  streiero? 
dezidme'5  la  uertad,  de  uos  sabelo  quiro. '* 

55 es  una  strela.  '^ 

Nacido  es  el  criador, 

que  de  las  '^  (fol.  68 r.)  gentes  es  senior. 

Ire,  lo  aorare. 

[Otro  de  ellos.] 
lo '^  otrosi  rogar[e]2°; 

60     seniores ^^  andar. 

^Queredes  ir  conmigo 
al  criador  rogar? 

[Otro  de  los  mismos.] 
^Auedes  lo  ueido? 

[Contesta  el  otro:] 
lo  ^2  lo  iiei.  2  3 

[Otro  de  ellos.] 
65     Nos  inios  -■'  otrosi  ^s^  sil  podi-emos  falar. 
[Otro  de  ellos.] 
Andemos  tras  el  strela,  ueremos  el  logar. 

[Otro  de  los  mismos.] 
^Cumo  2^  podremos  prouar  si  es  homine^?  mortal, 
o  si  es  rei  2^  de  terra,  o  si^a  celestrial?  »o 
[Otro  de  ellos.] 


1  et.  —  2  todo.  —  3  fälta  esta  palabra  en  el  texto  de  Ama- 
dor.  —  *  vigarä.  —  *  Es  nasQudo.  Escudero  cree  leer:  es  messudo; 
lo  que  liay  de  cierto,  es  que  la  lectura  es  dificilisima.  —  ^  uertat.  — 
7  XJer.  —  ä  major.  —  ^  Bien.  —  'o  ueio.  —  i^  ques.  —  ^^  uertat.  — 
13  por.  —  1*  sennor.  —  '*  Emosti-adme.  —  '^  quiero.  —  ^^  Estas 
tres  palabras  faltan  en  el  texto  de  Amador.  —  ^^  la.  —  ^^  jo.  — 
20  rogare.  —  ^i  en  la  laguna  pone  Amador:  a  manana  quiero.  — 
22  Jo.  —  23  ui  [-gine  dubdar].  —  24  ymos.  --  25  otro  si.  —  26  c„e. 
mo.  —  27  home.  —  28  rrey.  —  29  gi  es.  —  ^o  ^elestial. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  49 

^Queredes  bine '  sabei-  cumo '■^  lu  sabremos?^ 
70     Oro,  mira  *  i'  acenso  ä  el  ofrec[e]remos '^: 

si  fnre  rei  ^  de  terra,  el  oro  querä^; 

si  füre  omme  ^  mortal,  la  mira*  tomara; 

si  rei ''  celestriai  i",  estos  dos  ^i  dexara, 

tomarä  el  encenso  quel  pertenecera, 
[Otro  de  los  mismos.] 
75     Andemos  i '^  asi^^  lo  ^^  fasamos.  ^* 


[Sälen  los  tres  magos  saludando  ä  Herodes.     El  primero :] 
;Salue  te  el  criador!  jDtos '"  te  curie  de  mal! 

[El  segundo.] 
Un  poco  te  dizeremos  i^,  no«  ^'  te^^  queremos  äl. 

[El  tercero.] 
i  Dtos  te  de  longa  uita  i '*  te  curie  de  mal! 

[Mago  primero.] 
Imos  19  en  romeria  aquel^"  rei  adorar^i, 
80     que  2  2  es  22  uacido  in  23  te;Ta,  nol  podemos  fallar. 

[Herodes.] 
^Que  decides?  ^o  ides?2i  ^ä  quin  ides  buscar? 
^de  quäl  terra  uenides?  ^lO  queredes  andar? 
Decidme25  nostros  nombres,  nom  los  querades  celar. 

[Caspar.] 
A  mi  dizen  26  Caspar, 
85     est  otro  Melchior,  ad  achest27  Baltasar. 

Rei,  un28  rei  2»  es  nacido,  que  22  es  22  senior  de  terra, 
que  mandarä  el  seclo  en  grant29  pace,  sines  gera.  ^^ 

[Herodes.] 
^Es  asi,  por  uertad? 

[Uno  de  los  magos.] 
Si  es,  rei,  por  caridad. '^^ 

[Herodes.] 
90     ö^^^  cumo  32  lo  sabedes? 
ii^  aprouado  lo  auedes? 

[Mago.] 
Rei,  uertad  te  dizremos , 
que  prouado  lo  auemos: 


'  bien.  —  -  Cuemo.  —  •''  saberemos.  —  *  mirra.  —  *  e.  —  ^  ofi-ecere- 
mos.  —  ^  rey.  —  ^  querrä.  —  ^  ome.  —  i"  ^elestial.  —  i^los.  —  ^2^.  — 
13  asil'.  —  1^  fagamos  [logo  sine  tardar].  —  Los  puntos  que  senalan 
la  division  de  las  escenas,  preceden  en  el  manuscrito  a  este  renglon.  — 
i^Deus  et.  —  ^^  dineremos.  Tal  vez  sepueda  leer  tambien  esta  palabra: 
direremos.  —  i'  ante.  —  i^  et.  —  i^  Ymos.  —  20  ä  aquel.  —  21  ^  ado- 
rar.  —  22  ques.  —  23  intra.  —  24  oydes.  —  25  Decitme.  —  26  diseu.  — 
2"  acheste.  —  28  unic.  —  29  gran.  —  3o  guerra.  —  ^^  caridat.  — 
32  cuemo. 

Jahrb.  f.  rora.  u.  engl.  Lit.  XII.  1.  4 


50 


Kduardo  Lidforss 

esto  es  grand^  ma[ra]uila, 
95     un '^  strela  es  nacida, 

sennal  ^  face  que  es  *  nacido  ^ 
i  6  i«  carne  humana  uenido. 

[Herodes.] 
^•Quanto  i  a  que  la  uistes 
i  '  que  la  ^  percibistis?  * 
[Mago.] 
100     XIII  dias  a, 

i  ^  mais  non  auerä , 
que  la  auemos  ueida 
i  "  bine  ^  percibida.  ^° 

[Herodes.] 
Pus  andad^i  \^  buscad '^ 
105     i  ^  a  el  adorad 

i  8  por  aqui  tornad : 
io  ^^  alä  ire  '* 
i  ^  adoralo  e. 


[Herodes  solo.] 

;Qui?i^^  uiö  numquas^^  tal  mal! 
110     jsobre  rei'^  otro  tal! 

Aun  non  so  io  morto 

ni  ^*  so  la  terra  pusto.  '^ 

jRei  otro  sobre  mi! 

nu??)quas  ^^  atal  non  ui. 
115     El  seglo  ua^o  ä  caga, 

ia^'  non  sc-  que  me  faga; 

por  uertad^^  no'^^  Io  creo, 

ata  que  io  2*  le  ueo. 

Uenga  mio  maiordo[rao]-*, 
120     qiti  mios  aueres  toma. 

[Säle  el  mayordomo.    Herodes  sigue :] 

Idme  26  por  mios  abades 

i27  por  mis  podestades 

1^7  por  mios  screuanos 

i^'  por  meos^*  gramatgos 
125     i^"  por  mios  streleros'^^ 

i  3"  por  mios  retoricos : 


i  grant.  —  ^  Una.  —  ^  Senial.  —  *  ques.  —  ^  nagido.  —  ^  e. 
7  et.  —  8  lapercebistes.  —  ^  bien.  —  '"  apercebida.  —  '^  andat  y, 
■12  buscat.  —  '^  Jo.  —  '*  vre.  —  1*  Qui.  —  i^  nunquas.  —  ^^  mi_ 
18  nin.  —  '^  posto.  —  '•"'  ia.  —  ^^  ja.  —  ^^  uertat.  —  23  non. 
24  jo.  —  25  majordoma.  —  ^b  Itme.  —  ^7  gt,  —  ^8  mios. 
2^  strelleros.  —   ^"  e. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  5£ 

dezir  ^  man  la  uertad  ',  si  iace  ^  in*  escripto  •' 
o  si  lo  sahen  elos  o  si  lo  an  *  sabido. 


[Sälen  los  abades,  etc.,  saludando  ä  Herodes.] 
Rei '',  ä*  que^  te  plaze  ^  he  nos  nenidos. '" 
[Herodes.] 
130     4!^^  traedes  uostros '^  escriptos? '^ 
[Abades,  etc.] 
Rei ,  si  traemos 
los  meiores  que  nos  auemos. 

[Herodes.] 
Pus  catad  ^S 
dezid  1'  me  la  uertad, 
135     si  es  aquel  omme  nacido 

que  estos  tres  rees  man  dicho. 

Di,  rabi,  la  uertad,  si  tu  lo  as  sabido. 

[Rabi.] 
Por  ueras^''  uo  i"  lo  digo 
que  no  18  lo  ^^  escripto  -°  ha^' 
140     mi2i  hala.  21 

[Herodes.] 
;Cumo22  ei-gg  enartado ! 
gporque  eres  rabi  clamado? 
Non  ente?ides  las  profecias  ^^, 
las  que  nos  diso  -^  Jeremias. 
[Rabi.] 
145     Par^ä  mi  lei,  nos  somos  erados.  2« 
^Porque  non  somos  acordados? 
^porque  non  dezimos -"  uertad?  2* 

[Otro.' 
lo  29  non  la  se ,  par^"  caridad^i, 
porque  no  ^^  la  auemos  usada 
150     ni  ^2  en  nostras  ^^  uocas  ^*  es  falada. 


1  Desir.  —  -  uertat.  —  ^  jace.  —  *  y.  —  »  scripto.  —  ^  han.  —  "  Rey.  — 
8  qualque.  —  ^  place?  —  i"  aqui  venidos.  —  ^^  y-  —  ^^  nostros.  — 
13  scriptos.  —  '*  catat.  —  i'  et  decid.  —  ^^  uertat.  —  i'  vos.  — 
1^  non.  —  18  es.  —  20  gn  scripto.  —  ^i  Hamihalä.  —  ^^  cuemo.  — 
23  prophesias.  —  24  ,ii^_  —  25  poj.  —  26  errados.  —  2"  deximos.  — 
28  vertat.  —  29  jo.  —  so  por.  —  3i  caridat.  —  ^-  nin.  —  ^3  nues- 
tras.  —   34  bocas. 


52  Eduardo  Lidforss 

Es  de  notar  qiie  al  verso  53  sigiie  ima  lagima  de 
verso  y  luedio,  por  haber  sido  recortada  la  parte  ex- 
terior  dcl  ultimo  renglon  del  f°  67  v°,  y  en  el  verso  60 
hay  tambien  un  pasaje  tan  corroido  que  su  lectura  queda 
del  todo  iinposible;  pero  fuera  de  esto  no  tiene  el  codice 
vacio  ninguno,  de  siierte  que  los  puntos  suspensives  que 
en  varios  otros  lugares  ha  puesto  el  docto  Amador,  solo 
indican  su  opinion  particular  de  que  el  metro  y  la 
versiticaciou  le  parecen  exijir  en  aquellos  pasajes  algunas 
palabras  de  complemento. 

Nos  queda  aliora  tocar  algo  sobre  la  division  esce- 
nica^  Ja  versißcacioii,  y  el  letiguaje  de  este  interesante 
fragmento. 

Por  lo  que  hace  a  la  division  escenica.,  abonamos  con 
mucho  gusto  y  hacemos  nuestras  las  razones  que  lian 
persuadido  al  prol'.  Mussafia  que  el  primer  grupo  de 
versos  octosilabos  (v.  1 — 51  segun  nuestra  numeracion) 
debe  estar  repartido  entre  los  tres  magos:  cado  uno  de 
ellos  estä  observando  por  si  la  estrella;  cada  uno  se 
propone  convencerse  por  observacion  repetida  de  que  es 
cierto  lo  que  acaba  de  descubrir;  por  ultimo,  habiendo 
vuelto  ä  asomärseles  la  estrella,  cada  uno  demuestra 
estar  confirmado  en  su  opinion  y  determina  ponerse  en 
Camino  para  ir  ä  adorar  al  recien  nacido.  De  esta  ma- 
nera  las  tres  oraciones  presentan  un  paralelismo  com- 
pleto,  nada  alterado  de  que  el  primero  y  tercer  mago 
se  proponen  de  observar  la  estrella  „otra  nocte"  (v.  ü) 
y  „otra  vegada"  (v.  46),  es  decir  una  vez  mas,  mientras 
que  el  segundo  pretende  continuar  la  observacion  ,,por 
tres  noches"  (v.  28),  ö  dos  veces  mas.  —  Solo  nos 
apartamos  del  senor  Mussafia  en  atribuir  al  mago  tcrcero 
los  versos  34  —  36,  fundados  para  esto  en  la  division  que 
en  ese  lugar  indica  el  codice  mismo. 

Mas  dificil  sale  la  reparticion  de  los  versos  siguientes 
desde  el  b2  hasta  y  con  el  75,  por  no  ofrecer  el  codice 
ni  tampoco  el  contenido  del  dialogo  algun  indicio  cierto 
de  las  replicas,  y  por  lo  mismo  no  tenemos  inconveniente 
ninguno  en  confesar  que  acaso  se  puedan  repartir  aque- 
llos versos  de  otra  y  mas  acertada  manera.     El  ya  men- 


I 


( 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  53 

cionado  paralelismo  parece  exijir  qiie  tambien  los  versos 
76 — 80  se  repartan  eutre  los  tres  magos;  por  los  demas 
basta  el  fin  del  fragmento,  el  argumento  constituye  de 
si  y  con  bastante  claridad  su  distribucion. 

La  versificacion  ofrece  varias  dificultades,  para  cuya 
solucion  nos  parece  indispensable  buscar  en  ella  mismay  sin 
opinion  preconcebida  su  noruia  y  regia,  si  es  que  la  hay, 
siendo  en  nuestro  concepto  este  el  solo  Camino  seguro 
euando  se  trata  de  im  monumento  literario,  que  ya  a 
primera  vista  se  da  ä  conocer  como  uno  de  los  mas  an- 
tiguos  del  habla  castellana  y  que  por  eso  mismo, 
hasta  que  no  se  averigüe  la  epoca  precisa  ä  que  perte- 
nezca,  nada  nos  autoriza  para  aplicarle  la  pauta  de  otra 
composicion,  que  tal  vez  fuere  posterior.  Pues,  si  no 
estoy  equivocado,  tenemos  en  la  rima  6  consonancia  el 
hilo  por  que  podremos  sacar  el  ovillo.  Con  efecto,  par- 
tiendo  de  ella,  fäcilmente  se  echa  de  ver  que  las  mas 
veces  van  juntos  dos  versos  consecutivos,  ya  agudos,  ya 
llanos ,  unidos  por  medio  de  un  consonante ,  no  siempre 
limpio  por  cierto,  pero  muy  claro  y  distinto  para  ser 
efecto  de  la  casualidad  y  no  de  un  principio  fundamental 
que  con  entero  conocimiento  habia  adoptado  el  autor  para 
esta  composicion.  Solo,  estableciendo  asi  los  versos  segun 
la  consonancia,  de  la  manera  que  se  ve  aqui  arriba,  nos 
quedamos  con  una  diversidad  de  metros  harto  embarazosa 
y  al  parecer  inadmisible.  Porque  no  menos  de  tres  son 
los  metros  principales  que  con  mayor  frecuencia  se  en- 
cuentran,  amen  de  varios  otros  contenidos  en  un  nümero 
de  versos  relativamente  corto.  Los  primeros  estan  agru- 
pados  de  tal  manera  que  generalmente  los  versos 

1 — 51  constan  de  nueve  silabas  ^, 


1  A  fin  de  evitar  toda  equivocacion  sobre  nuestra  luanera  de 
medir  los  versos  espafioles,  nos  parece  muy  ä  propösito  insertar  aqui 
las  propias  palabras  del  docto  Salv^,  cuya  Metrica  merecera  sin  duda 
siempre  la  justa  reputacion  de  una  verdadera  obra  maestra:  „La  di- 
versa  situacion  del  acento  en  el  final  del  verso,  hace  variar  el  niimero 
de  sus  silabas  ,  pues  el  llaiio  requiere  tantas  cuuntas  son  los  pies  de 
que  Consta ;  el  agudo  una  menos,  porque  duplicamos  alli  en  la  pro- 
nnnciacion    la   vocal    aguda    para    proporcionar  el  descanso  necesario  a 


54  Eduardo  Lidforss 

52 — 87  son  alejandrinos,  y 
88 — 126  tienen  siete  silabas,  mientras  que  eu 
127 — 150  van  promiscuos  los  versos  enteros  y  los 
de  pie  quebrado,  y  tambien  eu  los  dos  grupos  primeros 
ocurre  algiin  que  otro  verso  quebrado.  Examinando  los 
pormenores  de  este  asunto,  hallamos  que  en  el  grupo 
primero  los  versos  9,  (10),  43  y  44  tienen  diez  silabas 
sin  poderse  reducir  ä  nueve,  ä  no  ser  que  en  el  verso  9 
se  lea  mel  por  me  lo,  en  que  caso  tambien  liabrä  sinalefa 
entre  si  y  es  en  el  10.  Eu  el  46  probablemente  hay 
error  de  pluma,  debiendo  leerse  ueer  en  lugar  de  uerr. 
El  32  tiene  siete  silabas,  y  el  17  cinco;  ambos  son  agu- 
dos.  Quedan  por  consiguiente  cuatro  versos,  17,  32,  43, 
44,  rebeldes  ä  la  medida  general  de  este  grupo.  —  Por 
lo  que  hace  al  grupo  secundo,  es  evidente  que  su  tipo 
general  es  el  alejandrino,  pero  no  lo  es  menos  que  un 
trozo  de  el  estä  de  tal  modo  irregulär,  ya  por  el  metro, 
ya  por  la  consonancia,  que  parece  imposible  reducir  sus 
versos  ä  la  norma  de  los  otros.  Son  estos  los  versos 
56 — 64,  de  los  cuales  el  50,  57  y  58  no  son  mas  que 
una  repeticion  literal  del  5,  6  y  52;  si  el  manuscrito 
diera  märgen  ä  las  palabras  „sin  dubdar"  auadidas  de 
Amador,  los  versos  61 — 64  harian  una  pareja  de  alejan- 
drinos cabales  y  por  lo  tanto  se  conformarian  perfecta- 
mente  con  los  siguientes;  quedan  el  59  y  60,  este  sin 
consonante  que  le  corresponda  y  con  su  laguna  irreme- 
diable.  Los  otros  hasta  y  con  el  87  son  alejandrinos, 
algo  defectuosos  de  vez  en  cuando,  pero  comparables  con 
los  de  Gonzalo  de  Berceo,  del  Arcipreste  de  Fita,  del 
libro  de  Alexandre  y  del  de  Apolonio.  El  v.  75  estä 
aislado    sin   su   pareja   consonante,    ni  tiene  metro  cabal, 


la  entonacion,  y  el  esdrüjlo  tiene  una  mas,  y  en  mi  sentit  pudiera 
tenir  hasta  dos.  Seria  pues  mas  exacto  denominar  ä  los  versos  por 
el  nümero  de  sus  pies,  que  son  invariables,  que  por  el  de  sus  silabas 
y  llamar  epfdmetro  al  octosilabo ,  decdmetro  al  endecasilabo  etc. ;  pero 
euemigo  eonstante  de  embroUar  ä  los  que  lean  mi  Gramätica,  me  con- 
tento  con  indicar  la  utilidad  de  esta  nueva  nomenclatura,  y  continüo 
usando  de  la  antigua."  Gramätica  de  la  Lengua  Castellana,  por  Don 
Viente  Salvd.      Valencia  1840. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  55 

circunstancias  ambas  que  acaso  se  puedan  explicar  por 
SCI"  este  verso  el  ultimo  de  la  escena  ä  la  cual  pertenece. 
El  V.  84  solo  represeuta  uu  liemistiquio.  —  Los  versos 
del  grupo  tercero  son  eptasilabos,  ä  excepcion  del  0(J  y 
97  que  tienen  oclio  silabas,  y  el  100  que  no  tiene  mas 
de  seis.  —  Eu  el  grupo  postrero  son  alejandrinos  los 
versos  127,  128  y  147;  de  onze  silabas  el  129;  de  nueve 
el  130,  132,  135,  136,  y  142  —  150;  de  siete  el  134,  138, 
139  y  141;  de  cinco  el  131,  y  por  ultimo  de  cuatro  el 
133  y  140. 

Ahora  bien,  ^  como  se  explica  esa  variedad  de  metros, 
esa  irregularidad  que  uo  tiene  semejante  en  cuanto 
conocemos  de  la  antigua  poesia  castellana?  Algo,  aunque 
no  mucho,  se  podrä  atribuir  al  escribiente,  quien,  como 
ya  advirtiö  Amador,  no  era  gran  pendolista  y,  cuando  lo 
fuera,  trasladando  jDrobablemente  el  fragmento  de  memo- 
ria, bien  podia  olvidarse  de  vez  en  cuando  de  su  tenor 
6  terminos  exactos.  A  tal  motivo  quizä  se  debe  referir 
la  falta  del  primer  liemistiquio  del  verso  84  y  otros  erro- 
res  menores  ya  senalados  en  la  redaccion  del  texto.  Pero 
la  causa  principal  de  tan  estraüo  fenömeno  estä,  segun 
nosotros,  en  el  caräcter  dramätico  del  poema.  AI  tal 
caräcter  con  su  madauza  instantänea  de  sensaciones, 
temples  e  incidentes  era  perfectamente  apropiada  una 
mudanza  correspondiente  de  andadura  metrica ,  y  ä  ver 
como  maneja  el  diälogo,  con  que  brio,  por  ejemplo,  logra 
pintar  en  las  breves,  anhelantes  y  multiplicadas  preguntas 
de  Herodes  (las  cuales  ademas  van  engalanadas  de 
consonantes  interiores  repetidos),  la  inquieta  ansiedad  del 
tirano;  ä  ver  esto,  decimos,  no  podemos  menos  de  creer 
que  asi  lo  Labia  entendido  el  autor  mismo,  y  que  en 
aquella  variacion  metrica  tenia  una  verdadera  intencion 
artistica,  mirando  a  un  realce  de  la  composicion,  un 
aumento  de  su  efecto.  Podriamos  advertir  al  paso  que 
esta  mafia  uo  la  hau  desdefiado  un  Shakespear,  un  Gua- 
rini  y  otros  grandes  ingeniös  dramäticos,  pero  mas  hace 
al  caso  presente  recordar  que  precisamente  en  el  mas 
antiguo  fragmento  que  del  teatro  moderno  nos  queda,  en 
el    poema    latino-provenzal      Mysterium    fatuarum    Virc/i- 


r^g  Eduardo  Lidforss 

imm,  1  se  encuentra  tambien  esta  misma  soltura  metrica. 
No  queremos  decir  con  esto  que  el  poema  espanol  se 
haya  lieclio  en  imitacion  del  otro,  ni  siquiera  que  su 
autor  lo  conociese  y  por  el  estuviese  influenciado,  que 
harto  uos  disgusta  aquella  mania  de  oler  influencias 
extrangeras  siempre  que  haya  similitud  entre  dos  pro- 
ducciones  literarias,  y  ese  hablar  de  la  absoluta  prioridad 
de  una  ü  otra  lengua  y  literatura  neo-latina,  solo  porque 
de  una  nos  ha  conservado  el  azar  de  las  circunstancias 
monumeutos  algo  anteriores  ä  los  de  las  otras,  como  si 
en  todos  paises  no  hubiese  el  pueblo  siempre  tenido  su 
habla  propia  y  espontänea,  en  que  trataba  sus  asuntos 
cotidianos  y  cantaba  sus  heroes,  sus  gozos  y  dolores,  en 
formas  tan  espontaneas  como  la  misma  lengua,  Pero,  el 
poema  provenzal  pareciendose  al  castellano  en  teuer  una 
antigüedad  muy  respetable  (el  manuscrito  es  de  Ja  pri- 
mera  mitad  del  siglo  XI)  y  en  ser  tambien  una  represen- 
tacion  biblica,  no  creemos  temeraria  la  conclusion  de  que 
no  era  imposible  se  empleara  en  Espana  una  forma 
parecida  ä  la  que  en  circunstancias  parecidas  se  empleaba 
en  una  lengua  y  una  nacion  consangulnea. 

La  lencjua^  clara  y  sencilla,  ofrece  pocas  dificultades. 
El  proMo  del  v.  12  es  el  moderne  jjo^/^'o;  la  metätesis  en 
terne  del  v.  19  por  ten(d)re  no  es  rara  en  los  autores 
antiguos;  la  palabra  on  del  v.  23  puede  ser  error  de 
pluma  por  non^  como  lo  pone  Amador,  pero  tambien 
podria  ser  la  forma  castellana  de  unquam  con  sentido 
negativo  (comp,  la  fräse  moderna:  en  mi  'vida  he  visto  tal 
cosd);  el  ajguandre  se  encuentra  en  el  Poema  del  Cid  y 
la  Crönica  Rimada  del  Cid,  aunque  no  con  el  sentido 
puramente  expletivo  que  tieue  en  el  v.  35  de  nuestro  poema. 
El  verso  31  es  oscuro  respecto  a  su  conexion  con  el  pre- 
cedente;  tal  vez  esta  corrompido.  Oscuro  es  tambien  el 
verso  44,  tanto  por  el  o  (aunque  la  lectura  no  es  entera- 
mente  cierta),  cuanto  por  el  verbo  iiogarä;  ^si  estarä  este 


1  Publicado  en  parte  por  Raunouanl  (Choix,  tomo  II),  y  despues 
por  entero  por  Wright  (Early  Mijsteries),  y  Monmerque  et  Michd 
(Theutre  Franfais  au  moyen   dge). 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  57 

por  abogarä?  Por  lo  que  hace  ü  la  palabra  hala  del 
V.  140  no  nos  atrevemos  a  proponer  conjetura  alguna; 
solo  nos  parece  indudable  la  division  en  tres  palabras 
del  hamihala  del  manuscrito.  Muy  primitivas  soa  las 
formas  pndet  del  v.  13  y  uinet  del  v.  20  con  su  termina- 
cion  entera;  pero  lo  que  en  estas  y  otras  palabras  cons- 
tituye  en  nuestro  concepto  el  caräcter  mas  antiguo  de 
la  lengua  de  este  fragmento,  es  que  en  las  palabras  donde 
el  habla  moderna  pone  los  diptongos  ie  y  ve  en  lugar 
del  breve  e  (i)  y  o  latino,  siempre  tiene  vocales  simples 
e  indivisas,  de  tal  manera  que  leemos 

con  i  ö  e  por  ie:  con  o  ü  v  por  ue: 

t/mpo,  V.  4.  pwdet,  v.  13. 

bme,v.  10.1 1.39. 50. 69.103.  bono,  v.  38. 

umet,  V.  20.  ,  longa,  v.  78. 

qu/n,  V.  21  bis.  81.  109.  uostros,  v.  83.  130. 

tme,  V.  21.  p??s,  v.  104.  133. 

certas,  V.  24.  morto,  v.  111. 

celo,  V.  37.  pt^sto,  v.  112. 

Cilo,  V.  42.  nostras,  v.  150. 
quiro,  V.  53. 
entmdes,  v.  143- 

Tambien  en  otros  monumentos  antiguos  se  puede 
encontrar  un  certas,  un  longo,  nostro,  vostro,  pero  por 
excepciou;  y  nunca  hemos  visto  otro  monumento  que 
erija  en  principio  esa  conservacion  de  las  vocales  simples 
y  la  practique  con  tanto  rigor  que  en  todo  el  poema  no 
se  asoma  siquiera  una  sola  vez  uno  de  dichos  diptongos. 
En  el  texto  castellano  del  Concilio  de  Leon  de  1020 
(Coleccion  de  Fueros  Mimicipales  y  Cartas  Piieblas  etc.  por 
D.  Tomas  Munoz  y  Romero)  es  donde  hemos  encontrado 
con  mayor  frecuencia  vestigios  de  este  fenömeno ,  como 
quin  (dos  veces),  bonos  (varias  veces),  pöble,  pöble,  moble, 
fontes,  soldos  (varias  veces)  y  porco,  y  con  todo  son  raras 
estas  formas  en  comparacion  de  los  quien,  bueno,  pxieblo, 
etc.  Lästima  que  no  se  sepa  por  cierto  la  epoca  cuando 
fue  romanceado  ese  texto,  aunque  para  nosotros  es  in- 
dudable que  no  debia  ser  largo  rato  despues  del  concilio 


58  Eduardo  Lidforss 

mismo ,  al  mas  tarde  dentro  de  un  siglo  ö  sea  ä  prin- 
cipios  del  siglo  xii.  i  Por  otro  lado,  ya  en  los  Fiieros 
de  Nave  de  Albura  deolarados  y  confirmados  en  tiempo 
de  Don  Sancho  conde  de  Castilla,  ano  de  1012,  leemos 
los  dos  pasajes  siguientes :  „Ex  quo  fuit  edificata  Nave 
de  Albura  non  habuit  fuero  de  homicidio",  y:  „Nos 
omnes  supra  nominati  niete  {=^  nitide)  et  clare  laudantes 
confirmamus."  (Fueros  Munic.  y  Carlas  Pueblas,  p.  58). 
La  copia  de  este  documento  fue  sacada  por  Llorente  de 
un  becerro  götico  de  San  Millan,  y  asi  tenemos  la  cer- 
teza  de  que  los  diptongos  ie  y  iie  eran  ya  bastante  comu- 
nes  para  introducirse  en  un  acto  latino  de  1012  6  cuando 
menos  en  una  copia  heclia  en  letra  toledana,  es  decir 
j)robablemente  äntes  de  acabado  el  siglo  xi.  Conside- 
rando  pues:  que  el  lenguaje  de  nuestro  fragmento  es 
castellano  puro;  que  la  conservacion  de  las  vocales 
simples  e  (ij  j  o  (u),  no  es  distintivo  de  alguna  habla 
local,  sino  de  un  periodo  mas  antiguo  y  mas  cercano  al 
latin;  que  por  un  lado  los  diptongos  ie  y  iie  son  regia 
en  el  texto  castellano  del  Concilio  de  Leon  y  el  Poema 
del  Cid,  de  los  cuales  este  se  cree  escrito  ä  mediados 
del  siglo  XII,  y  se  asonian  ya  en  un  documento  latino, 
cuya  redaccion,  tal  cual  la  conocemos,  sube  probable- 
mente  ä  fines  del  siglo  xi;  y  ültimamente,  que  por  otro 
lado  en  el  fragmento  de  los  reyes  magos  siquiera  liay 
un  solo  ejemplo  de  los  tales  diptongos;    no   creemos  que 


1  El  erudito  P.  Fr.  Juan  de  Soüreira,  monje  benedictino  del  moiias- 
terio  de  Benevivere,  en  un  catälogo  que  escribio  de  los  manuscritos  del 
archivo  de  dicho  monasterio,  dice,  ä  propösito  del  Cö4«ie  ^  que  sacaba  el 
texto  castellano  del  Concilio  de  Leon  de  1020,  que  estaba  escrito  en 
letra  cursiva  del  siglo  trece  y  en  idioma  castellano,  coetäneo  ä  la 
copia  hasta  la  ley  XXVI  del  titnlo  primero  del  libro  segundo  (del  Fuero 
Juzgo),  y  de  alli  adelante  muy  anterior;  y  a  esa  parte  mui/  anterior  al 
aiglo  trece  perteuece  el  texto  castellano  del  concilio.  D.  Tomas  Munoz 
refiere  la  opinion  del  docto  benedictino  sin  reserva  ninguna,  lo  que 
nos  liace  creer  qiie  por  su  parte  la  abona,  y  que  D.  Aureliano  Fer- 
nandez-Guerra  y  Orbe,  asentando  (El  Fuero  de  Ariles,  p.  143  s.  v.  (ifa) 
que  dicho  texto  se  romanceo  en  el  siglo  trece,  solo  reparö  en  que  la 
letra  del  codice  de  Benevivere  es  de  ese  siglo,  mientras  que,  como 
ya  queda  dicho,  el  idioma  de  grau  parte  de  el   es  muy  anterior. 


El  Misterio  de  los  Reyes  Magos.  59 

con  razon  se  nos  pueda  culpar  de  temerarios,  si  fijamos 
la  edad  de  este  fragmento  como  no  posterior  a  la  segimda 
mitad  del  siglo  xi.  C'onfirman  esta  coDclusion  asi  los 
otros  caracteres  de  la  leugua,  como  la  estriictura  primi- 
tiva  del  drama,  y  su  versificacion,  estribando  esa  muy 
principalmente  en  la  liturgia,  y  parecida  esta  ä  la  de 
otro  drama  biblico  del  siglo  xi. 

Hemos  expuesto  nuestras  observaciones  sobre  el 
texto  publicado  y  las  razones  que  para  nosotros  lö  hacen 
el  monumeuto  mas  antiguo  del  romance  castellano.  Otras 
no  menos  valederas  y  que  se  encaminan  todas  häcia  la 
corroboracion  de  esta  resiüta,  pueden  ver  niiestros  lecto- 
res  en  la  Historia  Critica  de  la  Literatura  Espafiola,  ä 
cuyo  ilastre  autor  debemos  si  no  el  descubrimiento ,  al 
menos  la  revelacion  de  tan  interesante  monumento. 
Esperemos  que  circunstancias  mas  apacibles  que  las  de 
los  liltimos  aüos  le  permitiran  muy  pronto  de  dar  ä  la 
luz  publica  los  volümenes  de  su  gran  obra  que,  segun 
sabemos,  lleva  ya  acabados. 

Limd  (Suecia)  y  enero  de  1871. 

Eduardo  Lidforss. 


ßO  H.  Michelant 


Titoli  clei  Capitoli  della  Storia 
Reali  di  Francia. 


(Fortsetzung.) 


Cap".  230. 

Chome  essendo  ito  Charllo  a  Chanpo  alla  citta  di 
Fiamiggoue  e  Ggerardo  co  figliuoli  venne  a  Parigi  el  di 
di  San  Donigi  e  misse  a  sacho  el  paese  e  vinse  piu  di 
XII.  m^  cittadiui  e  iii.  m'^.  donne  e  in  fine  alle  doune 
gravide  e  ssi  riempie  e  disonesti  luoggi  le  quali  ne  meno 
in  Borgognia.     Cap°.  ccxxvv. 

Cap".  231. 

Chome  essendo  fatta  la  ruberia  ella  uccisione  di  San 
Donigi  la  reina  mando  a  Charllo  e  a  Orllando  a  dire  la 
ruberia  ch'  aveva  fatta  Ggerardo  e  quando  Charllo  ebbe 
auta  tale  novella  ebe  gran  dolore.     Cap^.  ccxxxi. 

Cap°.  232. 

Chome  lo  re  Charllo  mando  chomendamento  per 
molte  parte  alla  primavera  ch'  ognuno  fusse  a  chorte  e 
chome  Ggerardo  fece  tagliare  uno  ponte  e  no  potette 
passare.     Cap".  ccxxxii. 

Cap".  233. 

Chome  Ggerardo  mando  a  dire  al  chapellano  di 
Zennone  che  ordinasse  uno  trattato  doppio  e  chosi  fecie 
e  mando  a  dire  a  Charllo  che  gli  darebbe  el  chastello 
por  certo  tesoro  e  Charllo  achonsenti  di  volerlo  fare. 
Cap'\  ccxxxiii. 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  ß[ 

Cap".  234. 
Chorae  la  gente  che  Charllo  aveva  ordinata  si  mosse 
sotto  el  chooduscimeuto  di  Ricieri  e  di  Richarde  di  Nor- 
maudia  e  chol  loro  Riccieri  vassallo  e  chavallchorouo 
inverso  la  zona  dov'  era  ordinato  essere  al  jjromesso 
teiiipo.     Cap".  ccxxxiv. 

Cap".  235. 
Chome  Uggieri  torno  al  re  Charllo  e  chonto  la  bat- 
taglia  ch'  era  stata  e  chome  Balante  1'  aveva  tradito  e 
chom'  era  morto  Riccieri  vasallo  e  Charllo  levo  chanpo 
e  passo  el  fiuine  e  prese  el  chastello  e  poi  pose  champo 
intorno  alla  citta  di  Vienna.     Cap°.  ccxxxv. 

Cap°.  236. 

Chome  el  messo  torno  a  Ggerardo  e  dettogli  la  ris- 
posta  di  Charllo  pella  quäle  chosa  monto  in  maggiore 
superbia  e  chomincio  a  dispregiare  Charllo  e  Orlando  e 
voleva  che  Don  Chiaro  andasse  a  pigliare  1'  anpresa  di 
chonbattere  chon  Orllando  e  Don  Chiaro  none  avrebbe 
voluto  eppiu  lo  prego  della  parte  e  fue  da  Ggerardo 
spregiato  in  modo  che  se  gli  levo  dinanzi.  Cap''.  ccxxxvi. 

Cap°.  237. 

Chome  Charllo  sentito  ch'  era  venuto  Don  Chiaro 
al  chanjjo  mandato  da  Ggerardo  raghuno  e  suoi  baroni 
a   chonsiglio   in   fine  Orllando   ando  alla  battaglia.     Cap°. 

<C  XXX VII. 

Cap°.  238. 
Chome  Orllando  giungniendo  al  champo  egli  voleva 
salutare  Don  Chiaro  ma  none  aspetto  e  prese  del  champo 
chome  quello  chontro  a  sua  volonta  e  chome  si  dierono 
dua  grandi  cholpi  e  chosi  dnro  tutto  el  di  e  chome  Taltro 
di  tornarono  alla  battaglia.     Cap".  ccxxxviil. 

Cap».  239. 
Chome  lo  re  Charllo  disarmo  Orllando  c  dimandollo 
della  battaglia  e   Orllando   molto  lodo    Don    Chiaro    del 


62  H.  Michelant 

siio  aversario  e  Don  (liiaro  lodo  Orllando  pello  migliore 
chavalliere  del  mondo.     Cap''.  ccxxxix. 

Cap°.  240. 

Chome  Charllo  chiamo  Orllando  dicendojrli  chome 
Don  Cliiaro  era  venuto  al  cbanpo  e  Orllando  non  si 
voleva  levare  ma  ttanto  Charllo  lo  prego  che  v'  ando. 
Cap°.  ccxxxx. 

Cap«.  241. 

Chome  Orllando  ando  al  re  Charllo  e  Charllo  Taiiito 
disarmare  e  cbonto  della  battaglia  e  poi  chome  el  terzo 
di  e  ferono  maggiore  battaglia  che  prima  non  era  stata. 
Cap°.  ccxLi. 

Cap^  242. 

Chome  ritornati  e  dua  chavalieri  al  cbanpo  Orllan- 
dino  e  Don  Chiaro  vennono  animossi  per  fare  battaglia 
e  Orllando  gli  parlone  humilmente  e  che  none  voleva 
piu  battaglia  in  fine  Orllando  Tucise.     Cap°.  ccxlii. 

Cap°.  243. 

Chome  Ggerardo  vide  morto  Don  Chiaro  levo  la- 
menti  bruttamente  al  cielo  e  rrineggo  Iddio  e  prese  el 
chrociiisso  dal  lato  e  tutto  lo  spezzo  e  frachasso  evitu- 
perevolmente  el  chonsiono.     Cap°.  ccxLiii. 

Cap».  244. 

Chome  Ggerardo  avendo  fatto  soppellire  el  chorpo 
di  Don  Chiaro  avendo  in  tutto  rineggato  Iddio  segreta- 
mente  se  n'  andava  e  passo  sconoscinto  pello  mezzo  dello 
cbanpo  e  figliuoli  si  diedono  a  Cbarllo  e  nelle  braccia 
sua  si  rimessono.     Cap°.  ccxxxxiv. 

Cap°.  245. 

Chome  el  ducha  Ggerardo  ebe  rinneggato  Iddio  si 
fue  partito  da  Vienna   essi  se  n'  ando    in   Ispagnia   arre 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  63 

Marsilio  e  di  nuovo  chongiuramento  rinneggo  Iddio  e 
giuro  la  fede  di  Maiinietto  e  promesse  a  Marsilio  farlo 
signiore  di  Vienna  e  di  tutto  el  suo  duchato  e  diccio 
ch'  egli  era  signiore  primo.     Cap".  ccxlv. 

Cap°.  246. 
Chome  Marsilio  sentendo  la  veuuta  di  Charllo  rag- 
guno  el  suo  chonsiglio  e  domando  e  sua  baroni  se  gli  era 
da  pigliare  la  battaglia  choritro  a  Charllo  ossi  onno  e 
pelle  parole  el  vauto  di  Ggerardo  si  mise  di  stare  chollui 
a  battaglia.     Cap".  ccxlvi. 

Cap°.  247. 
Chome  Marsilio  ordino  di  fare  le  sciere  dalla  sua 
gente  e  fecie  quattro  sciere  cholloro  chapitani  e  Charllo 
lo  senti  e  fece  le  sue  sciere  cioe  tre  sciere  di  tutta  sua 
gente  e  chominciossi  la  battaglia  gran  de  Christiani  e 
Saracini  molto  forte.     Cap°.  ccxlvii. 

Cap°.  248. 
Chome  mossa  questa  sciera  in  rotta  entro  la  sichonda 
e  chome  allora  Orllando  sono  el  chorno  e  ristrinse  la 
sua  sciera  al  lui  el  Dauese  e  Astolfo  e  Berlinggieri  e 
Ottone  e  Salamoue  e  Uggieri  e  quali  chominciorouo 
grandissima  battaglia  facciendo   graude  uccisione.     Cap". 

CCXLVIII. 

Cap°.  249. 
Chome  Charllo  s'  avide  ch'  e  Christiani  avevono 
bisognio  di  sochorso  massime  Orllando  alla  sua  sciera  e 
mandovi  Girardo  da  Rrossiglione  e  Amone  di  Dordona 
e  Grgano  di  Maggan za  chou  xm^.  chavaglieri  alla  bat- 
taglia e  per  questo  li  Christiani  raquistarono  molto  el 
loro  amore  e  fue  ferito  Astolfo  nella  testa  e  fue  portato 
al  suo  padiglione.     Cajj".  ccxlv  im. 

Cap°.  250. 
Chome    Orllando   s'achosto    chon    Pantaleone    e    fec- 
ciono   grande   battaglia  in   fine  Orllando  li  parti  la  testa 
e   chascho   auorto   ed    essendo  fatta   sera  Orllando  torno 
al  padaglione.     Cap°.  ccl. 


(54  H.  Michelant 

Cap«.  251. 

Chome  tornato  el  ducha  megliorano  in  Vienna  nella 
sua  signoria  ma  cho  figliuoli  poco  si  chonchredeva  e 
chome  solo  fecie  Ulivieri  suo  amicho  e  messelo  a  punto 
e  fecielo  niinicho  d'Orllando.     Cap°.  CCLI. 

Cap^  252. 

Chome  Charllo  ebbe  assediata  la  citta  di  Viemia 
molto  sollecitava  di  pigliarla  e  chome  per  introduzione 
di  Ggerardo  delibero  Ulivieri  di  conbattere  chon  Orllando 
tanto  era  molestato  da  Ggerardo  e  armossi  e  venne  al 
chanpo  chontro  Orllando.     Cap°.  CCLii. 

Cap°.  253. 

Chome  Ulivieri  rispose  a  Orllando  non  avere  ra- 
gione  di  dargli  risposta  anzi  lo  fido  e  chomincio  chol  lui 
la  battaglia  si  ruppe  la  spada  in  mano  a  Ulivieri  e  Or- 
llando lo  preggava  che  venisse  a  Charllo  ellui  non  volse 
e  ttorno  in  Vienna.     Cap".  CCLiii. 

Cap«.  254. 

Chome  Ulivieri  si  rappresento  a  Ggerardo  cholla 
spada  rotta  e  chome  Orllando  per  sua  gentilezza  l'aveva 
lasciato  tornare  e  chome  ebbe  la  spada  di  Messer  Lan- 
cialotto del  Laggo  e  ttorno  alla  battaglia  e  Orllando  ne 
fue  dolente.     Cap°.  ccLiiir. 

Cap'^.  255. 
Chome  Ulivieri  tornato  in  Vienna  tutto  rotto  della 
faticha  della  battaglia  e  chonto  la  promessa  a  Ggerardo 
ch'  aveva  fatta  a  Orllando  e  chosi  fue  ordinato  si  faciesse 
e  chome  Alda  fue  menata  bene  achompagniata  da  due 
mila  chavalieri.     Cap**.  CCLv, 

Cap°.  256. 
Chome    e    dua    chavalieri   ebbono   preso  del  champo 
tutte  le  mura  erano  piene  di  gente  e  Ggerardo   era  nella 
terra    armato    chon    molti    chavalieri   ella    la    battaglia  si 
chomincio.     Cap°.  CCLVI. 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  65 

Cap°.  257. 

Chome  partito  Orllando  da  Ulivicri  e  messa  Alda  a 
chavallo  Ulivieri  la  meno  alla  citta  dinanzi  a  Ggerardo 
e  manifesto  tutta  la  chosa  era  passata  ellui  ne  fue  do- 
lente  e  chome  Ggerardo  prese  Charllo  per  impiccharllo 
e  chome  Ggerardo  fue  messo  da  figliuoli  in  prigione  e 
quivi  mori.     Cap°.  CCLVii. 

Cap*'.  258. 
Chome  a  Parigi  e  pello  rearae  di  Francia  si  fecie  la 
festa  de  l'avuta  vettoria  e  Charllo  fecie  Arnalldo  e  Kic- 
cieri  figliuoli  di  Ggerardo  suoi  consiglieri.   Cap°.  CCLViii. 

•  Cap".  259. 
Chome    in    questo    tempo    Ggicciardo    e    Millone    si 
partirono    e    veunono    a    pigliare    la    signoria    di    Puglia. 
Cap°.  259. 

(Finisce  il  primo  libro.) 


Incomincia  Cap".  1   del  secoudo  libro. 

luchomincia  la  nobilissima  Storia  della  Spagna  e 
prima  secondo  un  libro  francioso  rechato  in  lingua  latina 
nella  quäle  si  trattava  dello  achiusto  che  fecie  Charllo  e 
la  morte  di  dodici  paladiui  di  Francia.  Proemio  primo 
chominciasi  a  di  7  di  Novembre  1508  a  ore  4"  circa. 

Capo.  2. 
Chome   Santo   Giacopo   compari  tre  volte   a  Charllo 
in     tre    notte    e     dicevagli     che     pigliasse     la     impresa 
deir  aquisto   di   Spagnia  e  Charllo  non   credeva   pure  la 
terza  notte  gli  promise  di  pigliarla.     Cap".  ii. 

Cap".  3. 
Chome  lo  re   Charllo   aveva   rotte  le    tre   visione  si 
levo  tutto  in^^aziente   e  sopra  questo  molto  penso  di  fare 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  l.  J3 


ß6  H.  Michelaut 

e  di  raggunare  tesoro  pella  detta  inpresa  e  poi  si  parti 
d'  Asia  la  Chappella  e  torno  in  Franeia  e  chonfesta  per 
fare  el  detto  ordine.     Cap**.  3. 

Cap°.  4. 
Chome   Charllo    stette   in   Pariffi  sei  anni  a  rrao;orhu- 
nare  tesoro  pella  inpresa  ed  erane  molto  biasimato  ch'  egli 
era  el  piu  amaro  uomo  del  mondo  diventato.     Cap".  4. 

Cap^  5. 

Chome   lo  re   Charllo   chiamo   el  suo    segreto    chon- 

siglio    e    allora  palleso  tutto  V  animo    suo    della    inpresa 

della    Spagnia   chome    aveva   avute   tutte  le  tre  visione  e 

pero   aveva  raggunato  tanto  tesoro  pella  detta  inpresa  e 

tutti    e    baroni    chon    allegrezza    ordinarono    gran   genta. 

Cap°    5. 

Cap°.  6. 

Chome  lo  re  Marsilio  sentito  la  grande  gente  che 
raggnnava  Charllo  a  Parigi  si  glievo  gran  sospetto  e  chiamo 
tutti  i  signiori  della  Spagnia  e  chonsigliarono  di  man- 
dare  anbasciadori  a  Charllo  alla  fine  non  parve  loro  e 
chonsiglorono  di  stare  a  buona  guardia  tutte  le  loro 
terre.     Cap".  6. 

Cap".  7. 

Chome  lo  re  Marsilio  non  sapendo  chome  lo  re 
Charllo  si  volesse  andare  dilibero  saperlo  e  ando  a  uno 
suo  giardino  e  tolse  uno  bacino  pieno  di  aqua  e  per 
forza  d'  inchantamento  seppe  dove  Charllo  voleva  andare 
in  Ispagnia  ellui  con  frate  gli  ordino  un  inbasciadore  in 
Franeia  a  Charllo  per  saper  lo  chiaro.     Cap°.  vii. 

Cap".  8. 
Chome   lo  re  Marsilio  mando   uno   suo  inbasciadore 
allo  re   Charllo   per  sapere  dove  volesse   andare   e  chosi 
gli    proffereva  auto   eil'  anbasciadore    si    parti    e   ando   a 
Parigi  e  fece  sua  inbasciata.     Cap.  8°. 

Cap^  9. 
Chome  Fanbasciadore  fecie  la  rrisposta  cio  che  Charllo 
lesse    la   lettera    di    Marsiglio   e   chome   Charllo   fecie  la 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  (]7 

rrisposta    e    chome    lo  inbasciadore  torno    in    Spagnia    e 
fece  la  rrisposta  a  Marsilio. 

Cap°.  10. 
Chome    Marsilio    adolorato    chiamo    el    chonsiglio    e 
chol  loro  chonsentimento  ordinarono  d'afforzare  ia  Spagnia 
e  mandarono  Ferrau  a  Lazzera  per  guardia.     Cap°.  10. 

Cap°.  11. 

Chome  Charllo  partito  che  fue  l'anbasciadore  di  Mar- 
silio fece  la  rrisposta  del  Santo  Padre  di  Koma  chome 
r  aveva  ranffermo  de  xxvi™.  e  chome  mandava  uno  char- 
dinale  choUa  attulita  papale  e  chome  uscirono  di  Parigi 
chon  tutte  le  bandiere  e  gente.     Cap°.  11. 

Cap°.  12. 

Chome  Charllo  lascio  uno  luegotenente  in  Parigi 
tanto  chellui  tornasse  da  champo  e  chome  lui  V  avio  in- 
verso  Ispagnia  e  non  e  poteva  passare  ma  cholle  industrie 
del  Danese  passarono  sanza  licenza  di  Charllo  magnio 
Inperadore.     Cap°.  12. 

Capo.  13. 

Chome  Ferrau  sentito  de  Christiani  usci  fuori  e  mise 
si  in  agguato  e  ordino  egli  altri  chominciassino  battaglia 
facessono   vista  di  fuggire   e   chosi   fecirono  ch'  essi  fug- 
giro  inverso  la  terra  e  Christiani  molto  forte  gli   seggui 
tarono  infino  presso  alla  vitta.     Cap".  13. 

Cap^  14. 

Chome  Astolfo  vegendo  Orlando  che  lo  sgrido  torno 
alla  battaglia  e  fue  preso  e  messo  co  gli  altri  in  prigione 
e  di  poi  Ferrau  torno  a  Llazera  e  vide  tutti  e  prigioni 
e  rritenne  Astolfo  el  quäle  gli  mostro  tutte  l'ensegnie  di 
Charllo.     Cap".  14. 

Cap°.  15. 

Chome  si  rachonta  delF  arme  di  Ferau  e  in  che 
modo  era  armato  e  chome  mando  al  champo  addisfidare 
Orlando.     Cap".  15. 

5* 


63  H.  Michelant 

Cap".  16. 

Chome  innanzi  chel  Faviglio  giugniesse  Charllo  fece 
ragunare  tutti  e  baroni  e  chomando  che  nessuno  clion- 
batesse  a  chorpo  a  chorpo  chon  Ferrau  el  Famiglio  fe 
Tanbasciata  e  Orlando  volle  conbattere  chon  Ferrau  e 
Charllo  non  voleva  e  pure  gli  disse  licenza.     Cap".  IG. 

Cap'.  17. 

Chome  Orlando  avuta  la  licenza  mando  a  dire  a 
Ferrau  e  ch'  andava  a  conbattere  e  Ferrau  n'ebe  grau 
piacere  e  di  poi  Orllando  s'armo  e  tutti  e  signiori  gli 
erono  d'  intorno  e  dissono  che  ssi  guardassi.     Cap".  17. 

Cap".  18. 

Chome  Orlando  parti  dal  champo  per  andare  a  con- 
battere chon  Ferrau  e  giunto  allui  si  salutarono  gentil- 
mente  e  poi  disfadati  chorsono  lelante  e  poi  Orlando  ri- 
mase  a  pie  e  poi  per  uno  cholpo  tramo  e  Ferrau  lo  por- 
tava  per  morto  alla  citta  per  mostrarlo  agli  altri  prigioni. 
Cap^  18. 

Cap°.  19. 

Chome  lo  re  Charllo  ebe  grande  dolore  d'  Orllando 
che  mandava  per  morto  e  chome  Orlando  si  risenti  e 
chome  si  cominciorono  la  battaglia  grande  e  duro  assai 
e  poi  fecirono  insieme  patto  di  non  rifare  villania  1'  vmo 
air  altro  mentre  la  battaglia  durava  e  rriguardare  e  pri- 
gioni.    Cap".  19. 

Cap^  20. 
Chome  torna  la  storia  a  parlare  di  Charllo  che  aveva 
ävuto  grande  dolore  d'  Orllando  veggendolo  portare  e 
chome  poi  gli  andarono  incontro  e  chon  molta  allegreza 
e  non  volevono  torrnasse  piu  a  conbattere  e  trando  el 
bando  che  nessuno  schornasse  la  Spagnia  mentre  dur- 
rava  la  battaglia.     Cap°.  20. 

Cap°.  21. 
Chome  Orlando  sene   ando   al  suo   padiglione  a  rri- 
posare   e  disarmossi  e  poi   n'  ando   a  ciena  chon  Charllo 


Titoli  dei  Capitoli  della  Stoiia  Reali  di  Franeia.  ß9 

c  Salamone  el  simile  fece  Ferraue  che  ttorno  a  Llazera 
e  disarmato  si  che  fue  e  cho  suoi  molto  lodo  el  chonte 
Orlando.     Cap°.  21. 

Cap°.  22. 

Chome  Astolfo  molto  si  schuso ,  dell'  essere  stato 
abattuto  e  chome  fue  difetto  del  suo  chavallo  e  chome 
Ferraue  gli  fece  mangiare  m  sua  presenza  e  poi  fece 
nella  torre  in  una  chamera  fare  letti  per  loro.    Cap°.  22. 

Cap°.  23. 
Chome  Orlando  veduto  aprarito  el  giorno  si  fue 
armato  e  montato  a  chavallo  e  venne  in  sul  fiume  essono 
el  giorno  e  Ferrau  el  simile  armato  venne  alla  battaglia 
chontro  Orlando  chosi  tutti  si  salutaro  e  presono  del 
charapo.     Cap«.  23. 

Cap'.  24. 

Chome  Charllo  veggendo  Orlando  a  tanto  disvan- 
taggio  ebbe  diilui  grande  paura  e  preggava  Tddio  pel  lui 
chello  aiutasse  e  chome  Orlando  duro  gran  pezo  a  dif- 
fendersi  schifando  sempre  c  cholpi  e  in  fine  era  molto 
stancho  e  dolevasi  chon  Ferrau  ch'  egP  usava  villania 
essendo  a  pie  e  lui  a  chavallo.    Cap°.  24. 

Cap°.  25. 
Chome   torna   la   storia  a  Orlando   e  a  Ferraue  che 
ssi  riposarono  e  chome  1'  uno  diceva  alF  altro  che  rrinne- 
gassino  la  sua  fede  e  in  fine  richominciarono  la  chrudele 
battaglia  cholle  spade.     Cap°.  25. 

Cap°.  26. 
Chome  Orllando  fece  patto  chon  Ferrau  di  ritornare 
r  altra   mattina  alla  battaglia  e  d'  achordo   si  partirono  e 
Orllando  si  torno  nel  champo  chon  grande  festa  ed  entro 
in  uno  bagno  e  poi  s'  ando  a  posare.     Cap".  26. 

Cap".  27. 
Chome  Orllando  a  Ferrau  disse  che  salvasscro  e  pri- 
gioni  da  sua  parte  e  chome  promise  di  farlo  e  poi  torno 
alla  terra   e   sua    e  non   volcvono  ch'  egli  tornasse  piu  a 
chonbattere  ellui  s'  adiro  cholloro.     Cap**.  27. 


70  H.  Michelant 

Cap".  28. 
Chome  Ferrau  ando  a  trovare  e  prigioni  e  chonforto, 
gli  per  parte  d'Orllando   e  poi  se  vincieva  se  gli  farebe 
morire    e  andossi    a    posare    e   V  altra   mattina  s'  armo   e 
venne  al  chanpo.     Cap°.  28. 

Cap°.  29. 
Chome  torna  la  storia  al  parllare  d'  Orllando  che  ssi 
levo  la  mattina  e  fece  sua  orazione  e  si  fece  armare  e 
Charllo  gli  dette  el  suo  elmo  e  dopo  molto  parlare  Or- 
llando venne  al  champo  chon  Ferrau  e  chominciarono 
el  primo  assalto.     Cap°.  29. 

Cap°.  30. 
Chome  Orllando  parlava  chon  Ferraue  e  Ferrau  c 
molto  gli  predicho  la  fede  di  Christo  e  poi  feciono  un 
assalto  e  poi  andarono  una  valle  a  chonbattere  e  Ferrau 
s'  adormento  e  chome  Orllando  lo  champo  che  sarebbe 
aflbgato  ellui  si  meraviglio  della  chortesia  d'  Orlando. 
Cap".  30. 

Cap^  31. 

Chome  lo  re  Charllo  vide  tornato  Orllando  al  piano 
dubito  di  llui  e  prega  Iddio  collui  tutto  el  chanpo  de 
Christiani  e  chosi  e  Saracini  preggavono  per  Ferrau  e 
chome  richominciarono  la  battaglia  insieme  molto  forte. 
Cap".  31. 

Cap"    32. 

Chome  Orllando  avendo  fatto  nuovo  avviso  richo- 
mincio  la  battaglia  chon  Ferrau  e  Orllando  dopo  molta 
batta  Orllando  amazo  Ferrau  e  fue  grande  allegrezza  fra 
Christiani  e  quegli  di  drento  feciono  anbasciadori  a  Charllo 
che  tutta  la  terra  si  voleva  battezzare  e  parte  se  ne  ando 
in  Ispagnia.    Cap°.  32. 

Cap«.  33. 
Finito  el  primo  libro  della  Spagnia  a  di  di  Novembre 
1508  a  ore  22  e  chomincia  el  terzo  a  ora  detta  e  chome 
seggira  in  prima  chome  dice  el  proemio  del  libro  secondo 
e  chome  Charllo  vide  ballare  e  sua  presenza  e  allui 
parve    di    muovere    cl    chanpo    c   chosi   ordino   chon  Or- 


Titüli  dei  Capitoli  della  Sturia  Keali  di  Francia.  71 

Uando   e   ordinaroiio   di    inandare   a   Panpalona   e  misse  a 
ordine  le  sciere  e  Astolfo  non  voleva.     Cap°.  33. 

Cap".  34. 

Chome  el  chonte  Orlando  mando  1'  arcivescovo  Tur- 
pino  cho  cc*'.  e  chome  si  parti  una  spia  e  aviso  Mazarigi 
e  chome  mando  sei  cento  alla  battagha  e  morivi  assai 
fralloro  da  ogni  parte  e  chome  Orllando  sochoKse  chon 
tre  mila.     Cap",  34. 

Cap".  35. 

Chome  giimto  Iseres  al  champo  e  feceva  grande 
danno  e  chome  Orllando  mando  Astolfo  e  amazo  Sinettor 
e  fe  gran  fatti  e  chome  choUe  saette  avelenate  amazava 
ogniuno  e  chome  Orllando  ruppe  gli  arcieri  e  Iseresse 
ordino  de  rompere  lui.     Cap*'.  35. 

Cap°.  36. 
Chome  Iseres  ritorno  alla  terra  e  mando  e  xx.  m*. 
cholle  saette  avvelenate  e  Mazarigi  ando  chon  otto  m*. 
alla  battaglia  e  furono  e  Christiani  pericholati  e  tiraronsi 
alla  montagna  e  fii  mandato  gente  per  assaltagli  e  Iddio' 
gli  ajuto  che  sareuo  morti.     Cap".  36. 

Cap'\  37. 

Chome  dice  ch'  erra  partito  Orlando  gli  mando  drieto 
Ghano  chon  x.  m^  e  Ggano  trovo  e  x.  m^  pedoni  che 
mandava  Mazarigi  e  chome  gli  ruppe  perche  Ghano  pro- 
mise  di  mendare  e  chavagli  e  chome  poi  nel  champo  fe- 
cerono  grande  battaglia  e  Iseres  rimase  preso  nella 
battaglia  e  rresto  furono  schonfitti  e  rre  Mazarigi  fugi 
nella  citta  chon  grande  dolore.    Cap'\  37. 

Cap".  38. 

Chome  la  madre  d'Iseres  fece  grande  lamento  ch'  era 
preso  Iseres  e  volle  sapere  el  suo  nome  e  per  quello  si 
consolorono.    Cap°.  38. 

Cap«.  39. 

Chome  per  che  Charllo  aveva  mandato  lo  chonte 
Ggano   si  messe  e  per   IIa  via  trovo  Iseres  in  champo  a 


72     H.  Michelant,  Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia. 

Panpalona  e  chome  giunse  in  chanpo  a  Panpalona  e  fece 
attendare  gli  dua  padiglioni  e  chome  volle  sapere  el  pri- 
gione  chi  era  e  minaccio  d'impichallo  e  Orllando  fe 
sonare  a  racholta.     Cap°.  39. 

Cap°.  40. 

Chome  Orlando  spichata  la  battaglia  torno  al  pa- 
diglione  e  chome  fue  chonto  a  Charllo  della  vettoria  e 
chome  Charllo  voleva  fare  morire  Iseres  e  Orllando 
n'  ebbe  ritegnio.     Cap°.  40. 

Cap°.  41. 

Chome  Namo  e  gli  altri  si  tornarono  al  padiglione 
di  Charllo  e  dissono  la  risposta  d'Orllando  e  chome 
Astolfo  era  preso  e  chome  ordinarono  uno  inbasciadore 
a  Mazarigi  e  Chome  Iseress  dette  segnio  e  chome  ando 
drente  a  Panpalona  e  fe  V  anbasciata  e  torno  a  chavallo 
cholla  risposta.    Cap°.  41. 

Cap°.  42. 
Chome  Charllo  fece  venire  dinanzi  a  sse  Iseres  e 
chome  gli  disse  la  risposta  di  suo  padre  chome  la  dono 
al  chonte  Orllando  lo  libero  e  mmandolo  drento  e  pro- 
mise  di  rimandare  Astolfo  el  quäle  ando  nella  terra  el 
padre  non  voleva  el  lui  voleva  ritornare  in  prigione  e 
pure  Astolfo  fue  libero  e  Yseres  T  acompagn' al  chanpo. 
Cap^  42. 

H.  Michelant. 


(Wird  fortgesetzt.) 


ICritit;che  Anzeigen:  73 


Kritische  Anzeigen. 


Zur   englischen   Literatur 

des  16.  und  17.  Jahrhunderts. 

1.  English   Reprints.     CarefuUy    edited    by   Edward  Arber.     London, 

1868  —  70.     120.     b_  j_  23  Lieferungen. 

2.  Spencer   Society  Publications.     Manchester,  18G8  —  70.     4".  u.  FoL 

b.  j.  5  vols.  in  7  Lieferungen. 

3.  Eoxburghe  Library.     Edited  by    W.   C.  Hazlitt.    London.    4".    b.  j. 

8  Lieferungen. 

4.  Fuller's    Worthies    Library.     Edited    by    the    Rev.    Alexander    B. 

Grosart.     Printed  for  private  circulation.     12".     b.  j.  15  vols. 

Keinem  der  sich  einigerraaafsen  ernstlich  mit  dem  Studium 
der  englischen  Nationalliteratur  beschäftigt  hat,  kann  es  ent- 
gangen sein,  wie  kläghch  dürftig  in  den  allgemeinen  Werken 
über  dieselbe  gerade  eines  ihrer  wichtigsten  und  interessan- 
testen Zeitalter^  das  im  weiteren  Sinne  sogenannte  Elisabethi- 
sche Zeitalter,  behandelt  ist.  Mit  alleiniger  Ausnahme  des 
Dramas  und  einiger  der  hervorragendsten  Erscheinungen  der 
andern  Literaturgattungen,  wie  Spencer,  Raleigh ,  Bacon  und 
was  sich  unmittelbar  an  diese  anschliefst,  gewähren  die  be- 
treffenden Partien  meistens  sehr  wenig  befriedigende  Belehrung 
und  lassen,  wenn  auch  einen  Theil  des  Glanzes,  doch  wenig 
oder  nichts  von  der  Fülle  der  literarischen  Publication  ahnen, 
welche  der  Regierungsperiode  der  jungfräulichen  Königin  und 
der  ihres  unmittelbaren  Nachfolgers  traditionell  zugeschrieben 
wird.  Die  vorshakespearische  Zeit  insbesondere  ist  in  den 
gangbaren  Literaturgeschichten  beinahe  ein  weifses  Blatt,  auf 
welchem  hier  und  da  ein  Name  mit  einigen  dürftigen  No- 
tizen sichtbar  wird.  Und  doch  ist  es  gerade  dieser  erste 
Abschnitt,  welcher  die  grofsen  Erscheinungen  des  zweiten  in 
allen  verschiedenen  Literaturgattungen  vorbereitet,  welche  Er- 
scheinungen hier  so  wenig,  wie  anderwärts  in  der  Geschichte 
des  menschlichen  Geistes,  gleich  einzelnen  Basaltkegeln  aus 
der  Ebene  herausspringen,  sondern  eben  nur  Gipfel  eines  all- 


74  Zur  englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts. 

mälich  ansteigenden  Gebirgszuges  sind.  Shakespeare's  erzäh- 
lende Gedichte  und  seine  Sonette  z.  B.  sind,  ebenso  gut  wie 
seine  Dramen,  Glieder  einer  Kette  von  nicht  blofs  der  Form 
sondern  auch  dem  allgemeinen  Geiste  nach  verwandten  Er- 
zeugnissen vor  ihnen,  und  können  daher  nur  mit  Hinblick  auf 
ihre  Vorgänger  und  die  Bedingungen  des  Entstehens  derselben 
vollständig  und  richtig  gewürdigt  werden.  Für  die  Geschichte 
der  Poesie  haben  wir  zwar  Warton's  bekanntes  Werk.  Aber 
es  ist  mitten  in  der  Periode  stecken  geblieben,  und  selbst  die 
zum  Abschlufs  gekommenen  Theile  bedürfen  dringend  einer 
Verbesserung  und  Vermehrung,  resp.  Umarbeitung,  wie  sie 
gegenwärtig  in  Vorbereitung  ist.  Auch  fehlt  es  nicht  an  zum 
Theil  vortrefflichen,  wenn  auch  in  Dutzenden  verschiedener 
Werke  zerstreuten  Einzelforschungen  über  bestimmte  Erschei- 
nungen jenes  Zeitalters,  wohl  aber  an  einer  zusammenhängen- 
den Darstellung  und  historisch -genetischen  Entwickelung,  und 
zum  Zwecke  einer  solchen  hat  der  Forscher  sich  unmittelbar 
an  die  Quellen  selbst  zu  wenden.  Will  er  aber  von  den  se- 
eundären  Hilfsmitteln  zu  diesen  aufsteigen,  so  sieht  er  sich, 
wenigstens  aufserhalb  Englands  und  fern  von  dessen  öffent- 
lichen und  Privatbibliotheken,  den  gröfsesten  Schwierigkeiten 
gegenüber.  Ein  grofser  Theil  der  Elisabethischen  Literatur 
ist  nämlich  in  Folge  mehrhundertjähriger  Vernachlässigung 
beinahe  verkommen  und  dadurch  gar  nicht  oder  doch  nur 
äufserst  schwer  zugänglich  geworden.  Man  braucht  nur  das 
erste  beste  bibliographische  Handbuch,  beispielsweise  das  von 
Hazlitt,  zu  öffnen,  um  sich  zu  überzeugen,  von  wie  vielen 
wichtigen  und  interessanten  Literaturwerken  jener  Periode 
sich  nur  wenige  (oft  sogar  nur  ein  einziges)  Exemplare  ge- 
rettet haben,  die  im  Schoofse  einiger  öffentlichen  oder  Privat- 
bibliotheken den  Schlaf  des  Gerechten  schlafen  und  somit  den 
Handschriften  gleichzustellen  sind.  An  ihre  Wiederheraus- 
gabe ist  entweder  nie  gedacht  worden,  oder,  wenn  es  in 
neueren  Zeiten  in  einzelnen  Fällen  geschah,  so  geschah  es  füt 
die  ganz  exclusiven  Druckgesellschaften,  wie  der  Roxburgh 
Club,  oder  auf  Privatpressen,  wie  die  von  Utterson  u.  A.  und  . 
in  einer  so  winzig  kleinen  Anzahl  von  Exemplaren,  dals 
diese  Neudrucke  sofort  nach  ihi-em  Erscheinen  wieder  zu 
Raritäten  und  der  allgemeinen  Benutzung  fast  wieder  ebenso 
sehr  entrückt  wurden  wie  ihre  Originale. 


; 

i 


Zur  englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  75 

Aber    auch    selbst  jene  neueren  Ausgaben,    durch  welche 
ein  Theil  der  Elisabethischen  Literatur  allgemeiner   zugänglich 
gemacht  ist,  sind  —  immer  natürlich  mit  Ausnahme  der  Dra- 
matiker —   meistentheils    weit   entfernt,    heutigen   Ansprüchen 
zu  genügen.     Sie   stammen   meistens   noch   aus    der   Zeit,    wo 
man  genug  gethan  zu  haben  glaubte,  wenn  man  die  "Wünsche 
des    blofs    Unterhaltung    suchenden    Lesers    erfüllte,    wo    man 
aber   von  den  Bedürfnissen    der  literarhistorischen  oder  philo- 
logischen  Forschung   nur    ausnahmsweise   die  nöthige  Einsicht 
hatte ,    und    sie    verdienen    daher  auch  nur  ausnahmsweise  den 
Namen  wirklich  kritischer  Ausgaben.    Denn  abgesehen  davon, 
dafs    sie    sich    nicht    einmal   im    blofsen    Abdruck    des    Textes 
einiger    Sorgfalt   befleifsigen,    huldigen    sie    mit    sehr    wenigen 
Ausnahmen  dem  Gebrauche,    die  Orthographie   zu    modernisi- 
ren,    einer  Unsitte,    welche   die  Engländer  bis  in  die  neueste 
Zeit   nicht   haben   los   werden  können,    die  aber  nicht  nur  ein 
Frevel    an   einem   literarischen   Denkmale,    sondern    auch    ein 
Vergehen  gegen  die  Interessen  der  Wissenschaft,  ja,  wir  möch- 
ten sagen,  eine  Misachtung  des  Publicums  ist,  für  welches  die 
Herausgeber     ihre    Ausgaben    bestimmen.  ^)     Im    Jahre    1832 
z.  B.  gab    T.  Maitland    Drummond's  Werke    zum    ersten    Male 
vollständig     und    in    der    ursprünglichen    Orthographie    hei-aus, 
aber   für    den   Maitland    Club,    also    in    68    Exemplaren.     Mr. 
Turnbull  republicirte   1857   diesen  Text,    modernisirte  aber 
vollständig   die   Rechtschreibung,    wie   es  sich  seiner  Meinung 
nach  geziemte  für  ein  Buch  „intended  for  populär  use".    Noch 
ganz  neuerlich  (1868)  hat  der  Rev.  Giles  den  trefflichen  alten 
Roger   Ascham    in    den    modernen    Frack    der   neueren    Ortho- 
graphie gesteckt,   natürlich  auch  „for  populär  use".    AVas  für 
Leute    sich   diese    Herren    wohl    unter    dem    ,,people"    denken 
mögen,  dem  sie  ihre  Ausgaben  bieten! 

In  neuester  Zeit  fängt  nun  aber  bei  den  Engländern  die 
Ueberzeugung  an  durchzudringen,  dafs  es  endlich  an  der  Zeit 
sei ,  ihrer  älteren  Literatur  mehr  als  bisher  gerecht  zu  wer- 
den, und  es  sind  im  Laufe  der  letzten  fünf  Jahre  eine  Anzahl 
von  Unternehmungen  ins  Leben  getreten,  welche  ausgesproche- 


1)  Selbstverständlich  gilt  dies  nach  unserer  Ansicht  auch  von  den 
Dramatikern,  für  die  wenigstens  in  den  eigentlich  kritischen  Ausgaben 
die  ursprüngliche  Orthographie  beibehalten  werden  müiste. 


76  Kritische  Anzeigen: 

nermaafsen  oder  stillschweigend  den  Zweck  verfolgen,  die 
Denkmäler  jener  Literatur  dem  Banne  unverdienter  Vergessen- 
heit oder  Vernachlässigung  zu  entreifsen,  Unedirtes  oder  Ver- 
schollenes zu  ediren,  schon  Edirtes  besser  und  vollständiger, 
kurz  in  einer  den  heutigen  Bedürfnissen  der  Wissenschaft 
angemessenen  Gestalt  zu  republiciren.  Bezeichnend  für  den 
Geist  des  heutigen  Englands  ist  es  aber,  dafs  keines  dieser 
Unternehmen  ein  eigentliches  Verlagsunternehmen  ist,  sondern 
dafs  sie  sämmtlich  entweder  nur  im  Wege  der  Association 
oder  durch  die  Aufopferung  Einzelner  haben  zu  Stande  kom- 
men können. 

Von  den  verschiedenen  im  Laufe  der  letzten  Jahre  ins 
Leben  getretenen  Unternehmungen  sind  nun  die  vier  Eingangs 
dieses  Artikels  genannten  eben  ausschliefslich  den  literarischen 
Denkmälern  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  gewidmet,  und  es 
dürfte  eine  kurze  Würdigung  ihrer  Bestrebungen  und  ihrer 
bisherigen  Thätigkeit  wohl  nicht  ohne  Interesse  für  die  Leser 
des  Jahrbuchs  sein. 

1.  Die  seit  dem  Jahre  1868  unter  dem  Titel  „  English 
Reprints"  erscheinende,  von  Mr.  Edward  Arber  in  London 
herausgegebene  Sammlung,  deren  bisherige  einzelne  Publica- 
tionen  in  den  betretFenden  Jahren  unserer  Bibliographie  auf- 
geführt sind,  erschien  anfangs  im  Verlage  von  Alexander 
Murray  in  London  und  machte  in  ihren  ersten  Lieferungen, 
bei  aller  von  dem  Herausgeber  sichtlich  angewandten  Sorgfalt, 
doch  den  Eindruck  einer  blofsen  Buchhändlerspeculation.  Sie 
liefs  ältere  und  neuere  Werke  bunt  durcheinander  folgen,  und 
unter  den  letzteren  waren  mehrere  so  allgemein  bekannte,  in 
zahlreichen  guten  und  wohlfeilen  Ausgaben  verbreitete,  dafs 
die  hier  auf  ihre  Wiederherausgabe  verwandte  Mühe  und 
Sorgfalt  beinahe  verloren  erschienen.  Man  sah  ziemlich  deut- 
lich, dafs  die  Intentionen  des  Herausgebers  und  die  des  spe- 
culativen  Verlegers  einander  durchkreuzten.  Seitdem  aber  die 
Sammlung  aus  dem  früheren  Verlage  in  den  Selbstverlag  des 
Herausgebers  übergegangen  ist,  läfst  sich  darin  ein  fester 
Plan  erkennen,  indem  Mr.  Arber  seine  Bemühungen  aus- 
schliefslich der  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  zu- 
zuwenden, und  vor  allen  die  wichtigen  aber  durch  ihre  Selten- 
heit gegenwärtig  beinahe  unbekannt  gewordenen  Schriftwerke 
jener  Periode    allgemein  zugänglich  machen  zu  wollen  scheint. 


i 


Zur  englischen  Literatur  des  IC.  und   17.   Jahrhunderts.  77 

Diese  Absicht,  so  wie  die  Art  und  Weise,  wie  sie  bisher  aus 
geführt  worden,  verdienen  die  grofseste  Anerkennung. 

Der  in  unserer  für  ideale  Zwecke  nur  allzusparlustigen 
Zeit  zunächst  in  die  Augen  fallende  Vorzug  dieser  Ausgaben 
besteht  in  ihrer  beispiellosen  Wohlfeilheit.  Der  Preis  der 
einzelnen  Bändchen  übersteigt  selten  Is.,  beträgt  öfters  nur 
Gel.  und  erhebt  sich  bisher  nur  in  einem  einzigen  Falle  bis 
zu  4-?.  Für  diesen  Preis  aber  ist  die  äufsere  Ausstattung 
bezüglich  des  Druckes  und  Papiers  eine  sehr  anständige, 
namentlich  sind  die  in  kleinerer  Anzahl  für  Liebhaber  abge- 
zogenen Grofspapierexemplare  für  ihren,  wenn  auch  dreifach 
höheren  Preis  von  grofser  Sauberkeit  und  Eleganz.  Die 
Sammlung  hat  daher  schon  aufserordentliche  Verbreitung  ge- 
funden, wird  in  einer  fast  unbeschränkten  Anzahl  von  Exem- 
plaren gedruckt  und  soll  nach  der  Absicht  des  Herausgebers 
immer  käuflich  erhalten,  bleiben. 

Den  Hauptvorzug  der  „English  Reprints"  aber  bildet 
die  lobenswerthe  Sorgfalt,  mit  welcher  sie  behandelt  sind. 
Der  Herausgeber  will  augenscheinlich  die  ältere  englische 
Literatur  im  guten  Sinne  des  Wortes  popularisiren,  nicht 
aber  —  um  es  mit  dem  neuerlich  in  England  oft  gebräuch- 
lichen passenden  Worte  zu  bezeichnen  —  plebificiren 
(plebify).  Diese  Sorgfalt  in  der  Behandlung  aber  ist  es  be- 
sonders ,  welche  diese  Ausgaben  auch  für  wissenschaftliche 
Zwecke  empfehlenswerth  macht.  Das  Bestreben  des  Heraus- 
gebers ist  vor  allen  Dingen  darauf  gerichtet ,  einen  möglichst 
authentischen  Text  zu  liefern.  Für  diesen  wird  daher  immer 
die  älteste  vollständige,  wo  möglich  die  vom  Verfasser  noch 
selbst  besorgte  Ausgabe  zum  Grunde  gelegt.  Wenn  nöthig, 
werden  die  Avichtigsten  Varianten  der  übrigen  Ausgaben  mit- 
getheilt.  Jedem  Werke  geht  eine  literarisch -kritische  Ein- 
leitung voran,  anstatt  der  Lebensbeschreibung  aber  eine,  nach 
Art  von  Regesten  chronologisch  geordnete  Reihe  quellen- 
mäfsiger  Notizen  über  Leben  und  literarische  Wirksamkeit 
des  Verfassers,  eine  Einrichtung,  der  wir,  unseres  Wissens, 
hier  zum  ersten  Male  begegnen,  die  uns  aber  ganz  empfehlens- 
werth erscheint. 

Diese  Ausgaben  sind  also  weder  mehr  noch  weniger,  als 
das,  wofür  sie  sich  ausgeben,  nämlich  eigentliche  „Reprints", 
Wiederabdrücke,    deren   Werth   von   der    richtigen   Wahl    des 


7g  Kritische  Anzeigen: 

Originaldrucks  und  von  dem  Grade  der  Genauigkeit  des 
Wiederabdrucks,  event.  auch  der  Reichhaltigkeit  der  Varianten- 
sammlung abhängt.  Auf  die  Arbeit  einer  eigentlichen  Text- 
kritik hat  der  Herausgeber  verzichtet,  ebenso  wie  auf  die 
Ei-reichung  möglichster  Vollständigkeit  durch  Aufnahme  etwa 
noch  unedirter  Werke  in  seine  Sammlung. 

Die  bis  jetzt  erschienenen  Lieferungen  enthalten  eine  ganze 
Anzahl  von  wichtigen  Werken,  welche  allgemein  zugänglich 
gemacht  zu  sehen  in  hohem  Grade  erfreulich  ist.  Einige 
derselben  waren  so  selten  geworden,  dafs  sie  selbst  in  Eng- 
land nur  schwer,  aufserhalb  Englands  aber  gar  nicht  erreich- 
bar waren.  Zu  diesen  letzteren  rechnen  wir  insbesondere 
Puttenhain's  Arte  of  Engüsli  Poesie  (1589),  von  dem  zwar 
ein  neuerer,  aber  auch  so  gut  wie  ganz  wieder  verschwundener 
Abdruck  existirt.  Nicolas  UdaWs  Eoister  Deisler  (1566),  des- 
sen verschiedene  Ausgaben  seit  seiner  Entdeckung  im  Jahre 
1818  sich  gleichfalls  in  den  Staub  einiger  Bibliotheken  zurück- 
gezogen hatten,  Thomas  Watson^s  Poems ^  von  deren  Original- 
ausgaben nur  einige  wenige  Exemplare  übrig  waren,  vor 
Kurzem,  jedoch  weniger  vollständig,  auch  von  der  Spencer 
Society  gedruckt,  und  endlich  die  hochwichtige  Sammlung 
TotteVs  Miscellany  (1557),  welche  vor  einigen  Jahren  zwar 
auch  von  Collier,  aber  nur  in  äufserst  wenigen  Exemplaren 
für  einen  sehr  kleinen  Kreis  von  Subscribenten  wieder  her- 
ausgegeben w^orden,  und  deren  endlich  erfolgte  allgemeine 
Verbreitung  durch  Herrn  Arber's  Abdruck  einen  lange 
im  Stillen  gehegten  Wunsch  jedes  Forschers  in  der  Ge- 
schichte der  englischen  Dichtung  erfüllt.  Andere  nicht  so 
schwer,  wie  die  genannten,  zugängliche  Werke  werden  theils 
in  der  hier  gebotenen  bequemen  Form,  theils  wegen  der 
sorgsam  erstrebten  Authenticität  des  Originaltextes  höchst 
willkommen  sein.  Dahin  gehören  Stephen  Gosson's  Schoole  of 
Ahise,  in  neuerer  Zeit  nur  in  den  Fublicationen  der  Percy 
Society  gedruckt,  Sir  Philip  Sidneifs  Apologie  of  Poetry^ 
Lyhfs  Euphues^  Roger  Ascham^s  Toxophilus  und  Schole?naster, 
George  Gascoigne''s  Notes  of  Instruction,  Steele  Glass  und 
Complaynt  of  Philomele,  in  neuerer  Zeit  nur  in  Hazlitt's  kost- 
barer Gesammtausgabe  zu  finden,  Latimer''s  Sermons  und  die 
vier  verschiedenen  Texte  von  Baco7i''s  Essays. 

Gemischt  mit  diesen  wirklich  wichtigen  literarischen  Denk- 


Zur  englischen  Literatur  des  IG.  und  17.  Jahrlninderts.  79 

mälern  finden  sich  in  der  Sammlung  allerdings  mehrere,  deren 
Bedeutung  wir  nicht  besonders  hoch  anschlagen  können,  ja 
die  sogar  in  die  Rubrik  der  blofsen  Curiositäten  gehören  und  die 
wir  daher  einstweilen  lieber  unberücksichtigt  gesehen  hätten, 
wenigstens  so  lange  als  noch  so  manches  Bedeutende  seiner 
Wiedererweckung  aus  langer  Vergessenheit  harrt.  Zu  diesem 
vorläufig  leicht  Entbehrlichen  möchten  wir  selbst  Webbe^s 
Travels^  Earle's  Microcosmography  und  HoweWs  Instructions^ 
welche  immer  noch  eine  Zeitlang  hätten  warten  können,  rech- 
nen, ganz  besonders  aber  rechnen  wir  dazu:  the  Eevelatlon  of 
the  Monk  of  Evesham^  unserer  Ansicht  nach  ein  Buch  von 
sehr  zweifelhaftem  literarhistorischen  Werthe,  welches  seine  Auf- 
nahme in  die  Sammlung  wohl  nur  seiner  Eigenschaft  als 
Unicum  oder  auch  vielleicht  der  unausrottbaren  Vorliebe  der 
Engländer  für  alles  was  „sacred"  ist,  verdankt,  und  ebenso 
James  VI  Essaies  of  a  prentise  in  the  art  of  j)oesie  und 
Counterblast  to  Tobacco,  die  wohl  irgend  einem  andern  Dich 
ter  der  Periode,  beispielsweise  Turbervile,  den  Platz  hätten 
rämnen  können. 

Zu  bedauern  haben  wir  an  Mr.  Arbers  Plane,  dafs  er 
demselben,  durch  das  Streben  nach  absoluter  anstatt  rela- 
tiver Wohlfeilheit  der  einzelnen  Lieferungen,  seiner  Sammlung 
eine  gew^isse  nachtheilige  Einschränkung  gegeben  hat.  Da  jede 
einzelne  Lieferung  dem  Käufer  möglichst  geringe  pecuniäre 
Opfer  auferlegen  soll,  so  dürfen  die  einzelnen  Bändchen  auch 
nur  von  verhältnifsmäfsig  geringem  Umfange  sein.  Von  den 
bisher  erschienenen  Bändchen  ist  Lyly's  Ephues  das  bei  wei- 
tem umfangreichste.  Die  meisten  andern  bestehen  nur  aus 
wenigen  Bogen.  Der  Herausgeber  hat  sich  hierdurch  die 
Möglichkeit,  umfangreichere  Denkmäler  zu  produciren,  abge- 
schnitten. Daraus  aber  entsteht  ein  doppelter  Nachtheil.  Ein- 
mal nämlich  wird  manches  bedeutende  Denkmal  aus  der 
Sammlung  ausgeschlossen ,  sodann  aber  werden  die  AVerke 
wichtiger  Schriftsteller  in  nachtheiliger  Weise  verzettelt.  Dies 
ist  beispielsweise  der  Fall  mit  Roger  Aschara.  Eine  neue 
Ausgabe  seiner  Gesammtwerke  nach  den  Originaldrucken  ist 
ein  dringendes  Bedürfnifs,  da  die  von  Bennet  längst  nicht 
mehr  im  Handel,  die  neueste  von  Dr.  Giles  aber  wegen  der 
durchgängigen  Modernisirung  der  Orthographie  für  wissen- 
schaftliche   Zwecke   unbrauchbar    ist.     Mr.   Arber's    Sammlung 


80  Kritische  Anzeigen : 

hat  bereits  den  Toxophilus  und  den  Scholemaster  gebracht,  wir 
können  kaum  zweifeln,  dafs  sie  demnächst  auch  den  „Report 
on  the  State  of  German  affairs "  bringen  wird ,  ein  Wunsch, 
den  uns  nicht  etwa  ein  patriotisches  Interesse  an  dem  Gegen- 
stande eingiebt,  sondern  die  Thatsache,  dafs  jene  Abhandlung 
ein  kleines  Meisterstück  politisch -historischer  Darstellung  ist. 
Nun,  meinen  wir,  hätte  es  sich  dem  Herausgeber  empfohlen, 
durch  Hinzufügung  von  Ascham's  Briefen  gleich  eine  Ge- 
sammtausgabe  seiner  Werke  in  c.  3  Bändchen  zu  einem  dem 
der  einzelnen  entsprechenden  Preise  zu  geben,  anstatt  jene 
Werke  zu  zersplittern.  Denn  wer  heut  zu  Tage  Asham's 
Werke,  sei  es  zu  philologischen,  sei  es  zu  literarischen  Zwecken, 
studirt,  der  studirt  sie  eben  alle,  und  es  mufs  ihm  daran  ge- 
legen sein,   sie  bei  einander  zu  haben. 

Nachdem  indessen  der  Herausgeber  für  gut  befunden  hat, 
seiner  Sammlung  die  erwähnte  beschränkende  Einrichtung  zu 
geben,  wird  es  ihm  auch  für  diese  nicht  an  passendem  Stoff 
fehlen.  Denn  noch  gar  manches  in  sich  abgeschlossene  Lite- 
raturdenkmal von  einem  den  Plan  der  Sammlung  nicht  über- 
steigenden Umfange  aus  der  in  Rede  stehenden  Periode  darf 
man  nunmehr  hoffen,  nach  und  nach  der  Sammlung  einverleibt 
und  dadurch  der  Vergessenheit  entrissen  zu  sehen.  Freuen 
sollte  es  uns,  wenn  dabei  die  Poesie  noch  etwas  mehr  als 
bisher  berücksichtigt  würde  und  besonders  wenn  Mr.  Arber 
sich  bewogen  fände,  dem  jüngst  republicirten  Tottel's  Miscellany 
auch  noch  die  andern  kleineren,  für  die  Geschichte  der  Dich- 
tung im  16.  Jahrhundert  so  wichtigen  Mischsammlungen  nach 
und  nach  folgen  zu  lassen.  Von  einzelnen  Dichtern  jener  und 
der  nächstfolgenden  Periode  würden  sich  noch  eine  ganze 
Anzahl  durch  den  mäfsigen  Umfang  ihrer  Werke  für  die 
Sammlung  empfehlen.  Wir  erinnern  hier  nur  an  Googe, 
Turbervile,  John  Harrington  (den  Epigrammisten) ,  Barnfield, 
Nie.  Breton  u.  A. 


2.  Während  Mr.  Arber  bei  seiner  Sammlung  ein  mög- 
lichst grofses  Publicum,  wie  die  Engländer  sich  gern  aus- 
drücken "the  Million",  vor  Augen  hat,  wenden  sich  die  drei 
anderen,  mit  ihren  weit  kostspieligeren  Bestrebungen,  nur  an 
einen  bestimmten  Kreis  von  Literaturfreunden. 


Zur  englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  Q]_ 

Die  Spencer  Society  wurde  im  Jahre  18G7  in  Manchester 
durch  eine  Anzahl  von  Literatur-  und  Bücherfreunden  gegründet, 
zu  dem  ausgesprochenen  Zwecke,  selten  gewordene  Werke  des 
16.  und  17.  Jahrhunderts  und  zwar  zunächst  der  poetischen, 
ausnahmsweise  und  der  Vollständigkeit  wegen  auch  der  pro- 
saischen Literatur  aufs  neue  und  mit  Sorgfalt  zu  reprodu- 
ciren.  Die  Zahl  der  Mitglieder  wurde  von  vorn  herein  streng 
auf  200,  der  jährliche  Beitrag  auf  2  Guineen  festgesetzt.  Die 
Subscriptionslisten  füllten  sich  ziemlich  schnell  und  der  Mit- 
gliederbestand hat  sich,  so  weit  uns  bekannt  geworden,  bis 
jetzt  so  ziemlich  unverändert  erhalten. 

Der  ursprüngliche  Plan  lief  augenscheinlich  auf  die  Her- 
stellung kritischer,  mit  Biographien,  Anmerkungen,  Glossaren 
u.  s.  w.  versehener  Ausgaben  hinaus,  modiücirte  sich  aber  sehr 
bald  dahin,  dafs  man  sich  vorläufig  auf  die  Publication  von  mög- 
lichst sorgfältigen  Textabdrücken  beschränken  wolle.  Dabei 
ist  es  denn  auch  bis  jetzt  verblieben.  Die  Publicatioaen  der 
Spencer  Society  sind  blofse  Reprints,  bei  denen  alle  eigent- 
liche Textkritik  ausgeschlossen  ist,  über  deren  Innern  Werth 
daher  nur  eine  Vergleichung  mit  ihren  Originalen  entscheiden 
kann,  und  sie  bieten  keinen  irgend  nennenswerthen  literari- 
schen Apparat,  mit  Ausnahme  von  Variantenverzeichnissen, 
wo  solche  nöthig  erscheinen.  Sie  sind  sogar  in  den  meisten 
bisherigen  Fällen  geradezu  Facsimileabdrücke,  bewahren  das 
Format  des  Originals  und  reproduciren  auch  die  etwa  zu  dem- 
selben gehörenden  Holzschnitte. 

Hieraus  läfst  sich  schon  von  vorn  herein  schliefsen,  dafs 
die  Spencer  Society  in  Bezug  auf  die  äufsere  Ausstattung 
ihrer  Publicationen  alle  ähnlichen  Unternehmungen  weit  über- 
trifft. Ja  man  könnte  diese  Ausstattung  wohl  etwas  zu  luxuriös 
nennen  und  mehr  für  den  Bibliophilen  par  excellence  als  für  den 
bescheideneren  Literaturfreund  bestimmt  halten-  und  mit  einigem 
Rechte  fragen,  ob  es  im  Interesse  der  Literaturwissenschaft 
nicht  wünschenswerther  gewesen  und  ob  der  Zweck  der  Ge- 
sellschaft nicht  besser  erreicht  worden  wäre,  wenn  sie  einen 
Theil  der  bedeutenden,  auf  die  äufsere  Ausstattung  verwandten 
Kosten  dem  Inhalte  zugewandt  und,  der  ursprünglichen  Ab- 
sicht geniäfs,  anstatt  dieser  glänzenden  ,, Reprints"  wirkliche 
wissenschaftlich  ausgestattete  Ausgaben  in,  wenn  auch  elegan- 
ter, doch  nicht  luxuriöser  Form  geliefert  hätte. 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.    XII.  1.  6 


32  Kritische  Anzeigen: 

Dem  sei  indessen,  wie  ihm  wolle,  immer  kommen  doch 
auch  diese  Publicationen  der  Forschung  in  so  fern  zu  Gute, 
als  sie  derselben  wenigstens  die  Texte  der  Werke  zugäng- 
licher machen,  als  dieselben  bisher  gewesen  sind.  Bezüglich 
der  Zuverlässigkeit  jener  Texte,  als  scrupulös  genauer  Ab- 
drücke des  Originals,  ist  es  nun  zwar  ein  weiterer  Uebelstand, 
dafs  keine  der  bisherigen  Publicationen  unter  der  Garantie  m 
eines  bestimmten  Herausgebernamens  steht,  denn  die  Heraus-  ^ 
gäbe  selbst  wird  von  einem  Verwaltungsrathe  überwacht.  In- 
dessen scheinen  denn  doch  die  Namen  der  den  Verwaltungs- 
rath  bildenden  Männer,  sowie  der  ganze  Plan  des  Unternehmens  j 
selbst,  und  endlich  einigermafsen  sogar  die  auf  das  Aeussere 
der  Publicationen  verwandte  Sorgfalt  einige  Bürgschaft  dafür 
zu  leisten,  dafs  der  Hauptzweck,  die  genaue  Reproduction  des 
Originaltextes,  nicht  aus  den  Augen  verloren  worden  ist.  Eine 
Prüfung  in  dieser  Beziehung  anzustellen,  ist  natürlich  nur  in 
England  selbst  möglich. 

Die  Spencer  Society  hat  bis  zu  Ende  des  vorigen 
Jahres  4  verschiedene  Werke  in  7  Publicationen  geliefert, 
nämlich  Heyicood's  Epigrams^  die  Sonettensammlung  Zepheria., 
Watson's  Ecatompathia,  sämmtlich  in  4*^,  the  Works  of  Tom 
Taylor,  the  Water  Poet,  nach  der  Ausgabe  von  1630  in  3  Lie- 
ferungen in  fol.  und  den  ersten  Band  von  desselben  Tayior's  i 
einzeln  gedruckten  Werken  in  4^.  Von  diesen  Veröffent- 
lichungen ist  der  kostspielige  Wiederabdruck  der  Werke  Totii 
Taylor^' ,  welche  mit  einem  zweiten  noch  zu  erwartenden 
Bande  seiner  vermischten  Schriften  zum  vollständigen  Ab- 
schlüsse gelangen  soll,  schon  in  so  fern  am  wichtigsten ,  als 
ein  solches  Unternehmen  in  England  schon  seit  Jahren  wieder- 
holt in  Anregung  gekommen,  die  Ausführung  aber  immer  an 
den  Kosten  gescheitert  war.  Taylor's  Werke  verdienten  aber 
auch  in  der  That  der  Vergessenheit  entrissen  zu  werden, 
wäre  es  auch  nur,  weil  er  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts einer  der  populärsten  Dichter  war  und  seine  Werke 
somit  den  Geschmack  gewisser  Leserklassen  jener  Zeit  kenn- 
zeichnen. Sodann  lernen  wir  in  ihm  eigentlich  den  ersten 
wirklichen  Naturdichter  (er  war  bekanntlich  Themsefährmann) 
oder,  um  es  richtiger  mit  dem  englischen  Ausdrucke  zu  be- 
zeichnen, den  ersten  "seif  educated  poet"  Englands  kennen. 
Endlich  aber  repräsentirt   er,  gegenüber    den    Cavalierdichtern 


Zur  englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  §3 

einer-,  und  den  republikanisch -puritanisch  gesinnten  Dichtern 
andererseits ,  in  der  Literatur  den  stuartisch  ge.sinnten  Theil 
der  grofsen  Volksmasse.  Diese  verschiedenen  Umstände  ver- 
leihen ihm  in  der  englischen  Literatur  des  17.  Jahrhunderts 
immer  einen  nicht  gering  zu  schätzenden  Platz,  Avenngleich 
seine  übergrofse  Fruchtbarkeit  bei  doch  nur  mäfsiger  poeti- 
scher Begabung  seinen  Namen  ., Wasserdichter  "  auch  in  einem 
andern  als  dem  auf  sein  Gewerbe  bezüglichen  Sinne  recht- 
fertigen könnte. 

Der  Wiederabdruck  von  HeyivoocVs  Epigrams  ^  womit  die 
Spencer  Society  ihre  Thätigkeit  eröffnete,  rechtfertigt  sich,  trotz 
ihres  mindestens  sehr  ungleichen  Werthes,  von  selbst,  um  so 
mehr  als,  nach  dem  Versprechen  der  Gesellschaft,  diesem 
Bande  demnächst  Heywood's  übrige  Werke  folgen  sollen. 
Dem  Erscheinen  der  wichtigen,  bis  jetzt  fast  ganz  unzugäng- 
lichen Enterludes^  wird  Jedermann  mit  Verlangen  entgegen- 
sehen. An  „Me  Spider  and  the  Fly^'-  dagegen  wird  hoffent- 
lich Papier  und  Druck  nicht  vergeudet  werden. 

Zepheria  und  Watsoii's  Ecatompathia  sind,  namentlich  die 
letztern ,  dankenswerthe  Publicationen  geringeren  Umfanges. 
Watson  ist  aber  nachträglich  vollständiger  von  Mr.  Arber  her- 
ausgegeben. 


Von  den  beiden  vorgenannten  Sammlungen  unterscheiden 
sich  die  beiden  folgenden  principiell.  Sie  sind  nicht  blofse 
Wiederabdrücke  früher  gedruckter  Texte,  sondern  wirk- 
liche Ausgaben  von  Schriftstellern  und  treten  mit  dem  gan- 
zen Ansprüche  kritischer  Ausgaben  auf.  Sie  erstreben 
daher  nicht  nur  die  Werke  des  Autors  in  gröfstmöglichster 
Vollständigkeit  mit  Hinzufügung  alles  etwa  noch  Ungedruck- 
ten zu  geben,  sondern  auch  den  besten  Text  durch  Benutzung 
alles  erreichbaren  gedruckten  und  ungedruckten  Materials.  Sie 
sind  ferner  mit  biographischen  und  literarhistorisch -kritischen 
Einleitungen,  erklärenden  Anmerkungen,  Variantenverzeich- 
nissen und,  wenn  nöthig,  mit  Glossarien  ausgestattet. 

.3.  Die  seit  Anfang  3  868  erscheinende  Roxburghe  Library 
verdankt  ihr  Entstehen  der  ursprünglichen  Absicht,  eine  Druck- 
gesellschaft unter  dem  Namen  Di'ayton  Society  zu  gründen, 
welche   analog   der  Spencer  Society  und  unabhängig  von  der- 


34  Kritische  Anzeigen: 

selben,  sich  die  Herausgabe,  resp.  AVicderherausgabe  wichtiger 
Werke  der  englischen  Nationalliteratur  aus  dem  Elisabethi- 
schen und  dem  ihm  zunächst  folgenden  Zeitalter  zum  Ziel 
setzen  sollte.  Der  eigentliche  Anreger  dieser  Idee,  der  durch 
eine  Reihe  schätzenswerther  Arbeiten  auf  diesem  Felde  bereits 
rühmlich  bekannte  Mr.  W.  Carew  Hazlitt,  wollte  sich  zu  dem 
Zwecke  mit  mehreren  andern  Gelehrten  verbinden,  um  mit 
ihnen  im  Verein  die  Herausgeberarbeit  zu  übernehmen.  Aus 
Gründen,  die  uns  unbekannt  sind,  mislang  diese  Vereinigung, 
Mr.  Hazlitt  blieb  als  Herausgeber  allein  und  an  die  Stelle  der 
Gesellschaft  trat  ein  einfaches  Subscriptionsunternehmen  für 
die  nunmehr  unter  dem  Namen  der  Ro.vburghe  Library  und 
unter  Mr.  Hazlitt's  alleiniger  Garantie  als  Herausgeber  zu 
veröffentlichenden  Publicationen.  Wie  bei  der  Spencer  Society 
beträgt  die  Anzahl  der  gedruckten  Exemplare  200,  der  jähr- 
liche Subscriptionspreis  2  Guineen. 

Der  erste  von  Mr.  Hazlitt  ausgegebene  Prospectus  war 
ziemlich  bunt  und  planlos,  Er  versprach  aufser  den  Werken 
einiger  wirklich  wichtiger  Schriftsteller  des  16.  und  17.  Jahr- 
hunderts noch  den  Wiederabdruck  mehrerer  alten  Caxton'schen 
Drucke,  theils  Prosaversionen  von  Rittergedichten,  theils  Hei- 
ligenlegenden ,  mehrere  Sammlungen  culturgeschichtlicher  Do- 
cumente,  einige  ältere  Jest-Books,  eine  Sammlung  alter  Mord- 
geschichten und  dergleichen  mehr.  Diese  Auswahl  fand  sehr 
wenig  Beifall.  Man  konnte  mit  Recht  der  Ansicht  sein,  dafs 
die  Caxton'schen  Drucke  wohl  einer  Caxton  Society,  die 
Ritter-  und  Heiligengeschichten  insbesondere  der  Early  Text 
Society,  das  Culturgeschichtliche  etwa  der  Camden  Society 
überlassen  werden  könnte ,  und  die  Subscriptionslisten  füllten 
sich  in  Folge  dessen  so  langsam,  dafs  der  Herausgeber  einen 
zweiten,  etwas  modificirten  Prospectus  veröffentlichte,  in 
welchem  den  wirklichen  Bedürfnissen  der  Literaturfreunde  mehr 
Rechnung  getragen  war,  und  welcher  namentlich  die  Werke 
einiger  sehr  interessanter  und  bisher  nie  vollständig  gesam- 
melter Schriftsteller  in  Aussicht  stellte.  Letzteres  Versprechen 
ist  denn  auch,  nachdem  anfangs  wirklich  ein  Caxton  und  ein 
Band  culturgeschichtlicher  Schriften  glücklich  ihren  Weg  in 
die  Sammlung  gefunden  hatten,  in  anerkennenswerther  Weise 
durch  Herrn  Hazlitt's  Ausgaben  von  Browne,  Gaseoigne 
und  Carew  erfüllt  worden. 


Zar  englischen  Literatur  des  IC.  und  17.  Jalirhunderts.  g5 

Alle  diese  drei  Publicationeii  uiacheii  dem  Fleiise,  der 
Umsicht,  dem  Sammeleifer  und  der  Sorgfalt  des  Herausgebers 
grofse  Ehre.  Der  Text  der  drei  Dichter  erscheint  hier  nach 
den  ältesten  und  zuverlässigsten  Drucken,  resp.  Handschriften, 
berichtigt  und  mit  allem  irgend  zugänglichen  Ungedruckten 
vermehrt,  die  Biographien  mit  Liebe  und  Sorgfalt  ausgearbeitet 
und  mit  manchen  neuen  aus  bisher  unbenutzten  Quellen  ge- 
wonnenen Thatsachen  bereichert ,  das  Verständnifs  durch 
erklärende  Noten  und  Glossarien  erleichtert.  Eine  ganz  be- 
sonders willkommene  Erscheinung  ist  Gase oigne,  der  wegen 
seiner  Wichtigkeit  als  vermittelndes  Glied  zwischen  Surrey 
und  ^yyat  einerseits  und  Spencer  andererseits  längst  eine  kri- 
tische Ausgabe  verdient  hätte,  da  die  Originalausgaben  selten 
und  kostbar  geworden  sind,  der  einzige  Abdruck  aus  neuerer 
Zeit  aber,  der  in  Chalmers'  British  Poets,  weder  vollständig 
noch  zuverlässig  ist.  In  beiden  Beziehungen  erfüllt  diese 
neue  Ausgabe  alle  berechtigten  Wünsche. 

Browne  ist  natürlich  von  ungleich  geringerer  Wichtigkeit 
und  hätte,  nach  unserni  Dafürhalten,  vielleicht  einstweilen 
einem  bedeutenderen  Dichter  den  Platz  räumen  können.  Im- 
merhin aber  ist  es  doch  angenehm,  seine  Werke  in  dieser 
neuen  Ausgabe  vollständig  beisammen  zu  haben  und  ihn  von 
allen  Seiten  kennen  lernen  zu  können.  Denn  die  bis  dahin 
vollständigste  Ausgabe  von  1773  (in  3  vols.  12*^.)  enthält 
noch  nicht  seine  vermischten  lyrischen  Gedichte,  die  erst  1815 
von  Sir  E.  Brydges  aus  Handschriften  herausgegeben  wurden, 
aber  in  einer  nur  sehr  kleinen  Anzahl  von  Exemplaren  und 
in  ziemlich  incorrecter  Gestalt.  Sie  erscheinen  hier  nochmals 
mit  der  Original handschrift  verglichen  und  zeigen  den  Dichter 
von  einer  sehr  vortheilhaften  Seite.  Endlich  enthält  die  Aus- 
gabe auch  das  3.  Buch  von  Brltannia''s  Pastorais  ^  welches 
schon  einmal  in  den  Percy  Society  Publications  gedruckt  war 
und  dem  der  Herausgeber  seine  öfters  bezweifelte  Aechtheit 
vindicirt. 

Carew  wird  von  dem  prüden  England  unserer  Tage 
wegen  seiner  allerdings  häufigen  Ungezogenheiten  nicht  mit 
günstigen  Augen  angesehen,  nimmt  aber  doch  unter  den  Dich- 
tern der  leichteren  Gattung  einen  Platz  ein,  der  ihn  einer 
vollständigen,  mit  einer  Anzahl  noch  ungedruckter  Stücke  be- 
zeichneten Ausgabe,    wie    sie  hier  vorliegt,  wohl  wcrth  macht. 


gß  Kritische  Anzeigen: 

Von  den  übrigen  Fublicationen  der  Roxburghe  Library 
%'erdient  hier  nur  noch  die  Sammlung  von  Documenten  zur 
Geschichte  der  englischen  Bühne  unter  dem  Titel:  „The  English 
Drama  and  Stage  under  the  Tudor  and  Stuart  Princes"  (s. 
unter  Bibliogr.  J.  1869,  No.  78)  einer  dankbaren  Erwähnung- 
Die  meisten  dieser  Documente  waren  zwar  früher  schon  be- 
nutzt, ein  Theil  davon  aber  noch  nie  gedruckt  worden. 

Die  genannten  vier  Fublicationen  sind  verdienstlich  ge- 
nug, um  bei  allen  Freunden  der  englischen  Literatur  Be- 
dauern zu  erwecken ,  wenn  eine  Nachricht  des  Athenaeum 
vom  October  v.  J.  sich  bestätigen  sollte,  wonach  Mr.  Hazlitt 
entschlossen  sei,  seine  Arbeit  nicht  weiter  fortzusetzen.  Da- 
mit würden  denn  leider  auch  zwei  in  seinem  Prospectus  ver- 
heifsene  sehr  interessante  Fublicationen ,  die  Werke  von 
Rowlands   und   Lodge   das  Licht  der  Welt  nicht  erblicken. 

Zum  Schlufs  drängt  sich  uns  gerade  bei  dieser  Roxburghe 
Library,  die  aus  der  verunglückten  Drayton  Society  hervor- 
gegangen ist,  die  sehr  nahe  liegende  Frage  auf:  Wo  bleibt 
Drayton  selbst?  Dafs  von  diesem  ebenso  interessanten,  wie 
durch  seine  Stellung  in  der  englischen  Literatur  wichtigen 
Dichter  noch  keine  ganz  vollständige  und  auch  nur  einiger- 
mafsen  kritische  Ausgabe  existirt,  ist  einer  von  den  vielen 
Beweisen,  wie  gering  das  Interesse  der  heutigen  Engländer 
für  ihre  ältere  Literatur  ist.  Die  letzte  selbständige  Ausgabe, 
die  von  1745  (4  vols.  8*^.)  bietet,  wie  Hazlitt  selbst  (FLandb.  of 
Engl.  Litt.  s.  V.)  bemerkt  einen  sehr  mangelhaften  Text.  Dieser 
aber  ist  ohne  Weiteres  in  die  Sammlungen  von  Anderson  und 
Chalmers,  die  einzigen  neueren  zugänglichen  Abdrücke,  über- 
gegangen. Eine  von  F.  Collier  für  den  Roxburghe  Club  be- 
stimmte Ausgabe  ist  nicht  über  den  ersten  Band  hinaus  gelangt.  ; 
Wie  manche  Erzeugnisse  des  Dichters  noch  handschriftlich 
vorhanden  sind,  darauf  ist  von  verschiedenen  Seiten  aufmerk- 
sam gemacht  worden.  Nichts  hätte  nun,  unserer  Ansicht 
nach,  dem  Herausgeber  der  Roxburghe  Library  näher  gelegen, 
als  derselben  eine  vollständige  kritische  Ausgabe  von  Drayton's  ' 
Werken  einzuverleiben,  sie  wo  möglich  an  die  Spitze  der 
Sammlung  zu  stellen  und  dieselbe  damit  gewissermafsen  ein- 
zuweihen. Dafs  er  dies  verschmäht  hat,  kann  nur  in  hohem 
Grade  bedauert  werden. 

Schliefslich  können  wir  nicht   unterlassen ,    der    bei    aller 


Zur  englischen  Literatur  des  1(J.   und  17.  Jahriiunderts.  37 

Eiufacliheit  schönen  und  geschmackvollen  äufseren  Ausstattung 
der  Roxburghe  Library  Erwähnung  zu  thun ,  wenn  wir  auch 
anstatt  des  kl.  4.  Formats  lieber  ein  mäfsiges  8".  gesehen 
hätten.  Die  AVahl  wurde  aber  ohne  Zweifel  getroffen,  um 
die  Bände  äufserlich  denen  des  Roxburghe  Clubs  gleich  zu 
machen,  dessen  Art  und  Weise  des  Einbandes  mit  zweck- 
niäfsiger  Vei'besserung  gleichfalls  beibehalten  ist. 


4.  Die  Fuller\';  Worthies.  Lihrarij  wird  von  dem  Rev. 
Alexander  B.  Grosart  zu  Blackburn  in  Lancashire  seit  1868 
herausgegeben  und  ist  nur  ,,for  private  circulation "  gegen 
Subscription  bestimmt.  Die  günstige  Aufnahme,  welche  die 
Herausgabe  der  poetischen  Werke  des  insbesondere  durch 
seine  Worthies  of  England  als  originellen  Prosaiker  bekann- 
ten Th.  Füller  durch  den  Rev.  Grosart  gefunden  hatte ,  ver- 
anlafste  diesen,  jener  Arbeit  eine  Reihe  von  Ausgaben  an- 
derer englischer  Schriftsteller  des  16.  und  17.  Jahrhunderts, 
die  einer  vollständigen  Herausgabe  und  kritischen  Behandlung 
vor  anderen  bedurften,  folgen  zu  lassen.  So  entstand  im  Laufe 
der  letzten  3  Jahre  die  Fuller's  Worthies'  Library,  welche  auf 
Kosten  des  Herausgebers  in  zusammen  206  Exemplaren  (avovou 
106  auf  grofsem  Papier  in  8^.  die  übrigen  in  12^.)  gedruckt  wird. 

Diese  Sammlung  hat  seitens  der  englischen  Kritik,  die 
sonst  in  ihren  Hauptorganen  nicht  immer  die  gehörige  Notiz 
von  den  Verdiensten  Einzelner  um  die  ältere  englische  Lite- 
ratur nimmt,  erfreulicher  Weise  gerechte  Würdigung  erfahren. 
Und  in  der  That  gebührt  dem  Rev.  Grosart  der  Dank  aller 
Freunde  der  älteren  englischen  Literatur  und  des  Forschers  in 
ihrer  Geschichte  insbesondere,  für  sein  mühevolles  Unter- 
nehmen, welches  die  Werke  einer  ganzen  Reihe  interessanter 
Schriftsteller  der  Elisabethischen  und  nächstfolgenden  Periode 
nach  langer  Vernachlässigung  wieder  allgemeinerer  Benutzung 
erschliefst  und  zwar  in  einer  Gestalt,  wie  sie  dem  ernstlichen 
Studium  allein  willkommen  sein  kann,  d.  h.  in  gröfsester  Voll- 
ständigkeit, möglichster  Authenticität  und  Reinheit  des  Textes 
und  versehen  mit  dem  nöthigen  literarischen  Apparat  von 
Biographien,  kritischen  Einleitungen,  erklärenden  Noten,  Glos- 
sarien u.  s.  w.  Mehrere  Schriftsteller  erscheinen  hier  über- 
haupt   zum   ersten    Male    vollständig    gesammelt,    andere    von 


gg  Kritische  Anzeigen: 

älteren  Editoren  arg  gemifshandelte  Averden  in  Grosart's  Aus 
gäbe  durch  die  gewissenhafte  Benutzung  alles  zur  Plerstellung 
des  Textes  vorhandenen  Materials  zum  ersten  Male  wieder 
lesbar.  Grofse  Sorgfalt  ist  auf  die  Biographien  verwandt 
und  es  ist  Grosart  gelungen,  mancherlei  neue  Thatsachen  zu 
entdecken,  zweifelhafte  aufzuklären  und  Irrthümer  früherer 
Biographen  zu  berichtigen.  Der  coramentatorische  Theil  ist 
reichhaltig,  ohne  doch  im  Allgemeinen  überladen  zu  sein ,  das 
kritische  Urtheil  im  Ganzen  gesund  und  unbefangen. 

Die  bis  jetzt  erschienenen  15  Bände  der  Sammlung  ent- 
halten aufser  dem  schon  genannten  Füller  folgende  Schrift- 
steller: Washbourne's  Dimne  Poems  ^  Giles  Fletcher''s  Poems, 
Sir  John  Davies''  Poems ,  Phineas  Fletcher''s  complete  Works 
(4  vols.),  Sir  John  Beaumonfs  Poems,  Joseph  Fletcher''s  Poems, 
Fulke  Greville,  Lord  Brooke''s  complcte  Works  (4  vols.),  und 
Miscellanies  (vol.  I).  Die  Werke  von  allen  diesen  waren  bis- 
her theils  gar  nicht,  theils  nicht  vollständig  gesammelt,  sämmt- 
lich  aber  in  keiner  Weise  kritisch  behandelt.  Davies,  die 
beiden  Fletcher  und  Sir  JohnBeaumont  finden  sich  zwar 
bei  Chahners,  die  drei  ersteren  auch  bei  Anderson,  in  beiden 
Sammlungen  aber  als  blofse  nachlässige  Wiederabdrücke  frü- 
herer nachlässiger  iVusgaben.  Namentlich  ist  der  treffliche 
Giles  Fletcher,  ein  Mittelglied  zwischen  Spencer  und  Milton, 
von  verschiedenen  Herausgebern  im  vorigen  Jahrhundert  bis 
zur  Unverständlichkeit  entstellt  und  sogar  absichtlich  verstüm- 
melt worden,  und  erscheint  hier  zum  ersten  Male  seit  der 
Mitte  des  17.  Jahrhunderts  wieder  in  seiner  ächten,  genaueren 
Studiums  so  höchst  Avürdigen  Gestalt,  zugleich  aber  vermehrt 
mit  einer  Anzahl  früher  nie  gesammelter  Gedichte.  Der  ge- 
dankentiefe  Davies  war  in  der  zugänglichsten  und  relativ 
besten  Ausgabe  von  1773,  aus  welcher  die  wenigen  folgenden 
geflossen  sind,  noch  immer  unvollständig  und  sehr  ungenau- 
Grosart's  Text  beruht  auf  des  Dichters  letzter  Ausgabe  von 
1622,  verglichen  mit  den  früheren.  Hinzugefügt  ist  aber  das 
Book  of  Epigrams  von  1699  und  zwar  vermehrt  aus  dem 
MS.  Harley,  so  wie  eine  Anzahl  noch  ungesammelter  und  un- 
gedruckter Gedichte.  Auch  Sir  J.  Beaumont's  poet.  Werke, 
dem  Haupttheile  nach  auf  der  Ausgabe  von  1629  beruhend, 
haben  in  dieser  neuen  wesentliche  Vermehrungen  aus  ver- 
schiedenen Quellen  erfahren,  so  die  Metamorphosis  of  Tobacco 


Zur  englischen  Literatur  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  59 

nach  dem  einzigen  noch  vorhandenen  Exemplar  auf  dem  Bri- 
tischen Museum. 

Ganz  besondere  Zierden  der  Sammlung  aber  sind  die  voll- 
ständigen Werke  von  Phineas  Fletcher  (4  vols.)  und  von 
Fulke  Greville,  Lord  Br ooke  (4  vols).  Von  dem  ersteren 
waren  nur  sein  Purple  Islaird ,  die  Piscatorie  Eclogues  und 
Sicelides  öfters ,  wenn  auch  meistens  sehr  ungenau  und  in 
modernisirter  Orthographie  gedruckt.  Diese  neue  Ausgabe 
enthält  aufserdem  aber  noch  die  lateinischen  Gedichte,  näm- 
lich Locustae  und  die  Silva  Poetica,  beide  mit  bisher  unedir- 
ten  Zusätzen  aus  Handschriften,  sodann  die  Poetical  Miscella- 
nies,  ferner  eine  Anzahl  bisher  nicht  gesammelter  kleinerer 
Gedichte  und  endlich  das  sonst  immer  in  Spencer's  Werken 
gedruckte,  ihm  aber  gleichwohl  von  den  meisten  Herausgebern 
abgesprochene  Gedicht  Britai7fs  Ida,  welches  Grosart  in  einer 
eigenen  Abhandlung,  die  freilich  nicht  ohne  Entgegnung  (u.  A, 
von  Hepworth  Dixon)  geblieben  ist,  unserm  Dichter  vindicirt. 
Dem  ersten  Bande  voran  geht  eine  ausführliche  Biographie 
und  ein  ,, Essay  on  the  Poetry  of  the  two  brothers  Fletcher", 
in  welcher  der  Verfasser  dieselben  zwar  als  Geistesverwandte, 
nicht  aber  als  blofse  Nachahmer  Spencer's  anerkennt,  vielmehr 
eine  durchaus  selbständige  Stellung  für  sie  in  Anspruch  nimmt, 
eine  Ansicht,  der  wir  freilich  nur  mit  einigen  Modificationen 
beitreten  können.  Die  Noten  und  Erläuterungen  sind  überaus 
reichhaltig. 

Die  poetischen  und  prosaischen  Werke  von  Lord  Brooke, 
den  Sir  W.  Hamilton  einen  der  tiefsten  Denker  Englands 
nannte,  waren  bisher  niemals  gesammelt  und  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  auch  in  neuerer  Zeit  gar  nicht  wieder  gedruckt 
worden,  und  daher  fast  alle  selbst  in  England  schwer  zu 
finden.  Diese  erste  vollständige  Gesammtausgabe  hat  noch 
aufserdem  den  Vorzug,  dafs  der  Herausgeber  in  den  Stand 
gesetzt  war,  Lord  Brooke's  Handschriften,  jetzt  im  Besitz  des 
Eari  of  Warwick  and  Brooke,  für  seine  Arbeit  benutzen  und 
ein  reichhaltiges  Verzeichnifs  von  Varianten  von  den  gedruck- 
ten Texten  geben  zu  können,  was  um  so  willkommener  ist, 
je  mehr  Schwierigkeiten  die  Textkritik  eines  so  schwer  ver- 
ständlichen Schriftstellers,  wie  Lord  Brooke  es  ist,  dar- 
bietet. 

Thomas  Washbourne    und   Joseph  Fletcher,  wenn 


90 


Kritische  Anzeigen : 


auch  von  geringerer  Bedeutung  als  die  übrigen,  sind  doch  sehr 
willkommene  Erscheinungen. 

Die  ,,Miscellanies"  der  Fuller's  Worthies'  Library,  von 
welchen  bis  jetzt  erst  der  erste  Band  vorliegt,  bestehen  aus 
Neuausgaben  von  Werken  geringeren  Umfangs.  Von  den 
6  verschiedenen  Werken,  welch'e  dieser  erste  Band  enthält, 
sind  aufser  den  an  Zahl  geringen  Poesien  Lord  Baeon's  als 
besonders  interessant  hervorzuheben  Bishop  Bale's  Enterlude 
of  tlie  Temptacyon  of  our  Lord  (1538),  hier  zum  ersten  Male 
nach  dem  einzig  übrigen  Exemplare  der  Bodleyana  gedruckt, 
ferner  Poems  of  IVilUam  Harbert  of  Glamorgan ,  und  endlich 
Humphrey  Giffords  Posie  of  Gilloßowers  (1580),  von  früheren 
Literatoren  so  viel  genannt  (Proben  bei  Ellis),  hier  aber  zum 
ersten  Male  nach  dem  gleichfalls  einzigen  im  Britt.  Museum 
befindlichen  Exemplare  vollständig  gedruckt. 

Zunächst  in  der  Sammlung  werden  die  Complete  Works 
of  Henry  Vaughan,  tlie  Sibirist  in  4  vols  und  die  Complete 
Poems  of  Richard  Crashaw  folgen.  Wir  freuen  uns ,  hinzu- 
fügen zu  können,  dafs  der  Rev.  Grosart,  der  seine  mühevolle 
Arbeit  mit  diesen  beiden  Publicationen  abzuschliefsen  ge- 
dachte, sich  in  Folge  von  den  verschiedensten  Seiten  an  ihn 
gelangter  Aufforderungen  entschlossen  hat,  derselben  noch  eine 
weitere  Ausdehnung  zu  geben  und  u.  A.  auch  die  sämmtlich 
ki'itischer  Bearbeitung  so  sehr  bedürftigen  Dichter  Donne, 
Daniel,  und  (höchst  erfreulicher  Weise)  auch  Draytou,  sodann 
Cowley,  Wither  und  andere  in  die  Sammlung  aufzunehmen. 

Wir  sehen  dieser  Fortsetzung  mit  gröfstem  Interesse  ent- 
gegen und  werden  unsern  Lesern  regelmäfsig  Bericht  darüber 
erstatten. 

Ueberblicken  wir,  was  bis  jetzt  durch  die  vier  verschie- 
denen Unternehmungen  geleistet  worden  ist,  so  dürfen  wir 
uns  der  Ergebnisse  wahrhaft  freuen  und  bei  günstigem  Fort- 
gange hoffen,  in  einer  nicht  allzulangen  Reihe  von  Jahren  die 
Literatur  jener  lange  vernachlässigten  Literaturperioden  ihrem 
wichtigsten  Theile  nach  in  wünschenswerther  Vollständigkeit 
und  in  gediegener  Gestalt  vor  uns  liegen  zu  sehen. 

15.  Februar  1871. 

Lemcke. 


Ältfranzösische  Romanzen  und  Pastourellen.  91 

Altfranzösische   Romanzen   und   Pastourellen,    herausgegeben  von  Karl 
Bartsch.     Leipzig,  1870.     F.  C.  W.  Vogel.     XVI  u.  400  S.     8". 

In  schöner  Ausstattung  bietet  hier  Herr  Prof.  Bartsch 
einen  Theil  der  altfranzösischen  Lyrik,  die  beiden  ihr  eigen- 
thümlichen  Genres  der  Romanzen  und  Pastourellen  nebst 
Stücken  verwandten  Inhalts  in  einer  kritischen  Ausgabe  dar, 
der  ersten  in  Deutschland  und  Frankreich  überhaupt,  durch 
die  ein  genauerer  Einblick  in  dieses  Gebiet  der  altfranzösi- 
schen Dichtung  möglich  wird.  Sowohl  nach  Seiten  der  Voll- 
ständigkeit als  in  Betreff  der  philologischen  Arbeit  wird  sie 
wohl  als  eine  abschliefsende  betrachtet  werden  dürfen,  da  alles 
bekannte  Handschriftenmaterial  herbeigezogen  ist  und  ein  Zu- 
wachs desselben  kaum  irgendwie  zu  erwarten  steht.  Wir 
suchen  in  Folgendem  eine  kurze  Charakteristik  des  Inhalts  des 
Buches  und  eine  Beurtheilung  der  philologischen  Arbeit  des 
geehrten  Herausgebers  zu  geben. 

Die  Zahl  der  unter  dem  Titel  ,, Romanzen"  aufgenomme- 
nen Gedichte  beläuft  sich  auf  73.  Darunter  dürften  jedoch 
die  ersten  11  von  unbekannten  Verfassern  und  5  von  Aude- 
frois  li  Bastars  (I,  56  —  60)  zu  einer  besonderen  Gruppe,  als 
eigentliche  oder  ältere  Romanzen,  zusammenzustellen  und  von 
den  übrigen  (I,  33  —  52  und  63  —  73)  zu  scheiden  sein. 

Alle  sind  zwar  erzählenden  Inhalts  und  dialogisch;  aber 
in  den  erstem  verfährt  der  Dichter  objectiv,  in  den  letztern 
tritt  er  in  dem  erzählten  Ereignifs  selbst  als  Mithandelnder 
auf.  Ihr  Grundgedanke  ist:  Der  Dichter  trifft  mit  einer  dariie 
oder  i^ucelle  zusammen ,  deren  Bedürfnifs  nach  Liebe  durch 
einen  vilain  nicht  gestillt  ist  oder  das  zu  erwachen  be- 
ginnt; Klagen  hierüber,  Spott  über  den  Mann,  der  Entschlufs, 
sich  um  seinetwillen  die  einzige  Freude  des  Lebens,  die  der 
Liebe,  nicht  versagen  zu  wollen,  sind  es,  was  der  Dichter 
bei  seiner  Begegnung  mit  den  Frauen,  im  Gespräch  mit  ihnen 
oder  als  unbemerkter  Zuhörer  vernimmt  und  berichtet,  wofern 
er  nicht,  was  häufiger  geschieht,  das  Resultat  seiner  eigenen 
Anträge,  die  durch  Bitten,  Versprechungen  und  Geschenke 
unterstützt,  selten  fehlschlagen,  zu  erzählen  weifs.  Der  Clia- 
racter  der  Frauen  ist  verschieden  dargestellt,  sie  sind  natürlich 
sinnlich,  befangen  in  ihrem  Bedürfnifs  oder  auch  der  Berech- 
tigung  ihres    Thuns    sich    bewufst    und    benehmen  sich  danach 


92  Kritische  Anzeigen: 

dem  Dichter  gegenüber  als  naiv  schüchtern  oder  handwerks- 
mäfsig  raffinirt.  Die  ganze  Scala  der  hier  erforderlichen 
Töne  wissen  die  Dichter  zu  treffen  und  oft  den  Schein  vollster 
Naivität  über  ihre  Erzählung  und  sich  selbst  zu  verbreiten. 
Gegenüber  diesen  Romanzen,  unter  denen  einige  unter  Bei- 
stimmung der  Handschriften  (vgl.  I,  34)  von  früheren  Heraus- 
gebern zu  den  Pastourellen  gezählt  werden,  mit  denen  sie 
auch  weit  gröfsere  Verwandtschaft  haben,  zeigen  die  als  eigent- 
liche bezeichneten,  offenbar  altern  Romanzen  nichts  von 
jener  Betonung  roh  sinnlicher  Liebe;  ihr  gemeinsamer  Stoff 
ist  die  echte  Liebe,  die  nichts  als  die  Vereinigung  und  den 
Besitz  des  Geliebten  erstrebt,  den  seine  Entfernung,  der  Wille 
der  Eltern ,  eine  aus  kindlichem  Gehorsam  eingegangene  Ehe 
oder  anderes  verhinderten  oder  der  Tod  des  Geliebten  un- 
möglich macht.  Die  Liebende  ist  eine  Kaiserstochter  oder 
Königstochter  oder  sonst  von  hohem  Stande,  das  stehende 
Beiwort  bele  begleitet  ihren  Namen,  für  den  nicht  selten  ein 
alliterirender  des  Geliebten  gewählt  ist  (I,  3;  I,  5  etc.)  und 
der  auch  in  andern  Romanzen  wiederkehrt.  Gemeinsamkeit 
zeigen  sie  auch  in  der  Scenerie.  Meist  befindet  sich  die  Ge- 
liebte nähend  oder  spinnend  etc.  im  königlichen  Gemach, 
allein  oder  mit  der  Mutter  und  des  Geliebten  gedenkend,  und 
erst  von  hier  aus  nimmt  die  Erzählung  eine  verschiedene  Ent- 
wicklung. Eine  Begegnung  mit  dem  Geliebten  oder  die  Er- 
kundung über  seinen  Tod,  ihre  Entführung  und  Vermählung, 
Verzicht  des  Gatten  auf  ihre  Hand  und  anderes  bilden 
den  weiteren  Inhalt.  Alles  hat  den  Schein  wirklicher  Ge- 
schichte und  Audefrois  beruft  sich  in  der  That  auf  eine  Quelle 
(56;  58),  doch  deutet  die  Unbestimmtheit  in  Personen  und 
Oertlichkeiten,  die  blofse  Characterbezeichnung  (Kaiser,  König 
etc.),  die  Wiederholung  der  Namen  weit  mehr  auf  Erfindung 
als  auf  Nacherzählung  wirklicher  Vorfälle  hin.  Mit  ihrer  epi- 
schen Objectivität,  die  im  Zehn-  und  Zwölfsilbner  entsprechen- 
den Ausdruck  findet,  verbinden  sie  eine  schlichte,  schmucklose 
Sprache,  Kargheit  in  der  Erzählung,  deren  Nebenraomente 
dem  Hörer  zu  errathen  überlassen  bleibt,  und  die  dennoch 
Gestalten  und  Situationen  plastisch  hervortreten  läfst.  Von 
alledem  nichts  in  den  übrigen  Romanzen:  Vers  und  Strophen 
wechselnd,  wie  bei  den  Pastourcllen,  nichts  von  dem  objecli- 
ven  Hintergrunde  jener,    voller   Ausdruck    der   Gedanken,    so 


Altfranzüsische  Romanzen  und  Pastourellen.  93 

(lals  auch  gar  nichts  mehr  zu  sagen  übrig  bleibt,  keine  Königs- 
uud  Fürstentochter,  sondern  mit  einem  poetischen  Hauche  ge- 
schmückte Dirnen  und  eine  Sprache  ebenso  geschmeidig  als 
reich  an  obscönem  Doppelsinn  —  das  sind  Eigenthümlichkeiten, 
die  nicht  im  mindesten  an  ihre  Verwandtschaft  mit  den  altern 
Romanzen  denken,  sie  vielmehr  als  besonderes  Genre  erschei- 
nen lassen. 

Es  fragt  sich,  wie  weit  die  Handschriften  die  empfohlene 
Trennung  gut  heifsen;  nur  wenige  von  ihnen  geben  Gattungs- 
namen an  und  auch  diese  Angaben  sind  schwankend;  allein 
trotzdem  würde  ein  Name  für  sie  mangeln ,  ohne  den  eine 
so  fleifsig  cultivirte  und  in  den  Handschriften  vielfach  repro- 
ducirte  Dichtungsart  kaum  bleiben  konnte ,  doch  kann  auch 
der  Name  Pastourelle  nicht  geeignet  scheinen,  da  in  ihnen 
eine  andere  weibliche  Person  die  Schäferin  vertritt,  ^yir 
müssen  uns  daher  ohne  die  Frage  zu  entscheiden  begnügen, 
auf  den  Unterschied  unter  den  Gedichten  der  ersten  Abthei- 
lung unseres  Buches  aufmerksam  gemacht  zu  haben. 

Wie  bemerkt  theilt  die  zweite  Gruppe  der  Romanzen 
mit  den  Pastourellen  dasselbe  Sujet:  dort  der  Dichter  und 
die  Dame,  oder  mehrere  miteinander,  in  deren  Gesellschaft 
sich  der  Dichter  begiebt,  hier  der  Dichter  mit  der  Schäferin 
oder  dem  Schäfer  oder  inmitten  des  Schäferlebens.  Noch 
anderes  haben  sie  miteinander  geraein:  den  Conventionellen 
Eingang,  den  kunstvollen  Strophenbau,  Leichtigkeit  und  An- 
muth  der  Sprache,  den  Wechsel  von  kurzen  und  langen  Zei- 
len und  die,  andern  verbreiteten  Liedern  oder  aus  dem  Volks- 
gesang entlehnten  Refrains  (unter  denen  natürlich  aucli  vom 
Dichter  erfundene  anzutreffen  sind)  ^).  Alles  erscheint  nur  bei 
den  Pastourellen  potenzirt.  Für  die  Beliebheit  dieser  zeugt 
nicht  minder  die  grofse  Zahl  des  Ueberlieferten  (174  mit  den 
Bruchstücken).  Unter  den  Dichtern  begegnen  die  gefeiertsten 
Namen  und  Namen  aus  hohem  Stande,  selbst  Thiebaut,  der 
König  von  Navarra,  gehört  zu  ihren  Vertretern;  sie  waren 
also  auch  für  die  höheren  Kreise  bestimmt  und  sind  erst  von 
hieraus  ins  Volk  gedrungen,  ähnlich  wie  Adam's  de  la  Halle 
Robin  et  Marion,  das  vom  Sicilianischen  Hofe  auf  die  Volks- 


')  I,  49,  Worte  im  Munde  der  Gesellschaft;  spruchartig;  VV. 
44  —  46  dame  etc.  weist  die  Sphäre  an,  der  dieses  Wort  angehörte. 
VV.  14  —  15,  29  —  30  aus  beliebten  Spottliedern? 


94  Kritische  Anzeigen: 

bühne  überging.  In  nichts  volksmäfsig  als  in  einer  grofsen 
Zahl  Refrains,  die  auch  dem  Gesang  der  Hirten  und  den  Tönen 
ihrer  Instrumente  entnommen  sind,  und  nur  da,  wo  sie  Ver- 
gnügungen, Feste,  Tänze,  Spiele  etc.  der  Schäfer  schildern, 
bei  den  Dichtern  Geschmack  und  Theilnahme  für  den  eng- 
begrenzten Lebenskreis  dieses  Völkchens  verrathend,  erzählen 
die  Pastourellen  vorwiegend  ein  galantes  Abenteuer  des  ritter- 
lichen Sängers  mit  einer  Schäferin,  dessen  Mittelpunkt  fast 
immer  das  jeu  d'amors  bildet,  zu  dem  der  Dichter  mehr  oder 
weniger  leicht,  durch  Bitten,  Drohungen  und  Gewalt  und  dann 
immer  zum  Behagen  der  Schäferin  gelangt,  wenn  anders  die 
listige  Schöne  sich  ihm  nicht  zu  entziehen  weifs,  ihre  Treue 
zu  Robin,  Perrin  etc.  nicht  entschieden  genug  ist  oder  die 
hülfreiche  Nähe  des  Schäfers  die  böse  Absicht  stört,  vereitelt 
oder  bestraft.  Doch  das  .gereicht  dem  ritterlichen  Dichter 
nicht  zur  Unehre:  er  ergötzte  seine  Kreise  damit,  die  adelige 
Gesellschaft;  nur  hier  konnte  die  beschränkte  Schäferwelt  als 
Gegenstand  der  Belustigung  und  des  Gelächters  dienen,  die 
Pastourellen  mit  dem  angedeuteten  Inhalt  schmeichelten  dem 
Gefühl  der  materiellen  und  geistigen  Ueberlegenheit  jener 
Kreise  über  den  beschränkten  Armen,  über  seine  Einfalt,  sie 
schalteten  auch  über  seine  Unschuld  und  Tugend.  Wir  wollen 
hiermit  nur  der  Ansicht  begegnen,  als  liege  in  der  Pastourellen- 
poesie  etwas  Volksmäfsiges:  schon,  dafs  die  Person  des  Dich- 
ters im  Vordergrund  steht,  hindert  dies  zu  glauben  —  sie  sind 
nach  Inhalt,  Tendenz  und  Form  der  Kunstdichtung  angehörig. 
Die  Schilderung  des  Characters  der  Schäferin  und  ihr  Beneh- 
men bildet  für  die  Dichter  die  Hauptaufgabe  und  sie  zeigen 
hierin  ebenso  grofse  Mannigfaltigkeit  (ebenso  in  den  Situatio- 
nen) als  Feinheit.  Sie  treffen  die  Sprache  wirklicher  und 
erheuchelter  Unschuld,  des  Widerstrebens,  in  dem  doch  das 
Begehren  liegt,  des  trotzigen  Widerstandes  oder  der  Ver- 
schämtheit, durch  die  doch  die  Lust  zur  Sünde  blickt,  sie 
breiten  über  sich  selbst  den  Schein  der  Naivität,  die  sich  von 
der  erfahrenen  Schäferin  belehren  oder  überlisten  läfst;  farb- 
loser sind  die  Pastourellen,  in  denen  der  Dichter  sich  geringere 
Hindernisse  schafft  und  die,  auch  an  Zahl  geringeren,  in 
denen  er  sich  begnügt  von  des  Schäfers  und  der  Schäferin 
Liebesglück  zu  erzählen.  Die  übrigen  Personen,  der  Dichter, 
der    Schäfer    zeigen     weniger    Mannigfaltigkeit    im    Character. 


Altfranzüsische  Romanzen  und  Pastourellen.  95 

Der  Dichter  ist  mehr  oder  weniger  raffinirt,  hier  und  da  sen- 
timental. Dem  Schäfer  ist  meist  eine  passive  Rolle  zugetheilt, 
er  ist  eine  derbe  Natur^  und  weit  beschränkter  als  seine 
Schöne;  nur  bei  den  Spielen  tritt  er  hervor,  wo  der  Dichter 
gewifs  treu  nach  dem  Leben  schildert.  Hier  sind  die  P.  von 
culturgeschichtlichem  Interesse,  wie  sie  andererseits  bedeutsam 
die  sittliche  Richtung  ihrer  Zeit  zum  Ausdruck  bringen,  die 
keinen  Drang  fühlte,  höhere  und  edlere  Gefühle  in  lyrische 
Formen  zu  giefsen  und  bezeichnend  genug,  so  wenig  von  der 
echten  älteren,  ideal  angehauchten  Romanzenpoesie  (die  zu 
ihr  gehörigen  Gedichte  sind  meist  nur  in  einer  Handschrift 
erhalten)  auf  uns  kommen  liefs.  In  ihr  wirkt  noch  der  Ge- 
danke, der  nicht  einer  gewählten  Form  bedarf  um  Eindruck 
zu  machen,  die  Dichtung  war  noch  naiv.  Die  übrigen  Ro- 
manzen und  Pastourellen  sind  der  Mehrzahl  nach  Spiele  des 
AVitzes,  der  auch  einen  schmutzigen  Gegenstand  geniefsbar 
und  ergötzend  machen  kann,  und  der  über  die  Wirkung  der 
Form  sich  bewufst,  durch  kunstvollen  Versbau,  in  dem  mancher 
nicht  mehr  erkennbare  Reiz  liegen  mag,  mit  dem  Ohr  auch 
den  Verstand  zu  befriedigen  weifs:  das  Poetische  wird  mehr 
in  der  Form  gesucht. 

Doch  diese  Andeutungen  über  den  Character  dieses  Theiles 
der  altfranzösischen  Lyrik  mögen  hier  genügen;  wir  wenden 
uns  zu  den  Fragen,  die  die  Textgestalt  betreffen. 

Was  die  Authenticität  der  den  Gedichten  gegebenen  Form, 
Text  und  Schreibung  betrifft,  so  ist  dieselbe  bei  der  Mehrzahl 
(159  zu  247),  die  uns  nur  in  einer  Handschrift  überliefert 
sind,  nur  eine  geringe:  hier  ist  die  kritische  Arbeit,  wie  es 
nicht  anders  sein  konnte,  auf  Beseitigung  der  Schreibfehler 
und  aus  Grammatik,  Reim  und  Strophe  offenkundiger  Ver- 
derbnisse beschränkt  geblieben.  Bei  den  Gedichten,  die  in 
mehreren  Handschriften  (sie  sind  meist  unabhängig  von  ein- 
ander, fliefsen  aber  zum  Theil  je  2  oder  3  aus  gemeinsamer 
Quelle)  überliefert  sind,  und  die  häufig  in  ihren  Abweichungen 
Gleichberechtigtes  bieten,  war  die  Entscheidung  bisweilen  der 
Wahl  anheim  gegeben,  wo  nicht  Spuren  der  Verlängerung 
oder  Kürzung  und  die  erwähnten  Kriterien  einen  oder  den 
andern  Text  als  authentischer  erwiesen.  Einen  genauen  Nach- 
weis des  Zusammenhangs  der  handschriftlichen  Ueberlieferunor 
macht   die    grofse   Sorgfalt,    mit   der   Herr   Prof.  Bartsch   den 


96  Kritische  Anzeigen: 

Werth  der  Handschriften  bei  jedem  einzelnen  Gedicht  geprüft 
hat,  entbehrlich;  das  reiche  Vai'iantenmaterial  rechtfertigt  fast 
immer  die  Wahl  der  dem  Text  zu  Grunde  gelegten  Hand- 
schrift. Wir  wollen  nur  bemerken,  dafs  bei  I,  67;  HI,  23; 
HI,  26 ;  in,  45 ,  die  Herr  Prof.  Bartsch  in  der  Reihe  dem 
Gilles  li  Viniers,  Jehans  Erars,  Gilebers  de  Bernevile  und 
Moniot  von  Paris  auf  Grund  eines  handschriftlichen  Zeug- 
nisses beilegt,  die  Autorschaft  fraglich  bleibt,  da  andere 
Handschriften  mit  andern  Angaben  hier  gegenüberstehen,  auch 
eine  entscheidende  Gleichmäfsigkeit  der  Töne  nicht  zu  erken- 
nen ist.  Dagegen  beruht  die  Angabe  der  Handschriften  L 
M  N  bei  III,  35  offenbar  auf  einem  Mifsverstäuduisse  des 
Verses  61,  es  war  daher  natürlich  E  F  zu  folgen.  Dafs  uns 
aber  in  einigen  wenigen  Fällen  die  Zugrundelegung  eines  an- 
deren Textes,  als  des  von  Herrn  Prof.  Bartsch  gewählten, 
berechtigt  zu  sein  scheint,  möchten  wir  nicht  verschweigen, 
da  es  vielleicht  auch  Andern  nicht  gelingen  dürfte,  das  die 
Wahl  bestimmende  Motiv,  das  möglicherweise  tiefer  liegt,  zu 
finden.  Bei  II,  12  ist  der  längeren  Fassung  A  gegen  B,  der 
die  Strophen  45  —  55  und  67  —  88  fehlen,  der  Vorzug  ge- 
geben. Abgesehen  davon,  dafs  B  alles  giebt,  was  zum  Ver- 
ständnifs  nothwendig  ist,  spricht  mehreres  gegen  A.  In  VV. 
67  —  69  kann  unter  ü  nur  der  Dichter  verstanden  werden 
(vgl.  71-  77  —  78),  er  hat  aber  bis  dahin  immer  in  eigener 
Person  gesprochen;  in  der  folgenden  Strophe  steht  84  —  86: 
car  Robins  saut  \  por  un  baston  coillir  ou  gaut  |  si  Ven 
feri  den  Versen  89  —  90  Robins  stet  sous  lo  pm  —  der  Schlufs. 
Strophe  entgegen ;  in  V.  45  kann  mit  vasal  nur  der  Ritter  an- 
geredet sein  und  dann  ist  respont  im  selben  Verse  nicht 
begreiflich ,  da  die  Schäferin  dem  Ritter  nicht  zu  antworten 
hat.  —  Auch  in  II,  67  scheint  L,  dem  die  Strophen  27 — 34 
und  die  Schlufsstrophe  51  —  58  fehlen,  eine  bessere  Fassung 
als  M  zu  bieten;  die  von  M  mattet  das  Ganze  ab.  Der  dop- 
pelten Begründung  für  ihre  Weigerung  in  VV.  13 — ^14  und 
39  —  40  stellt  die  Schäferin  VV.  55 — 56  noch  eine  andere 
zur  Seite,  die  schwächer  als  jene,  weit  weniger  geeignet  sein 
konnte,  den  Ritter  zu  bestimmen  von  seiner  Bitte  abzustehen. 
Mit  VV.  47  —  48  hat  der  Gedanke  des  Gedichts  seinen  Ab- 
schlufs  schon  erreicht.  Die  Strophe  35  —  42  fällt  darum  aus 
dem  Zusammenhange  des  Ganzen,    weil  sich  die  Antwort  der 


Altfranzösische  Romanzen  und  Pastourellen.  97 

Schäferin  VV.  35 — 40  unmittelbai-  an  V.  24  anscbliefst  und 
dabei  der  in  W.  27  —  32  angebotenen  Geschenke  nicht  im 
mindesten  gedacht  \Yird,  was  sonst  immer  geschieht  und  natür- 
lich gewesen  wäre.  Vielleicht  dürfen  hier  auch  VV.  9 — 10 
aufgegeben  werden.  —  Bei  III,  26  ist  gegen  L  M  N,  die  nicht 
überall  aus  gemeinsamer  Quelle  hervorgehen,  G  zu  Grunde 
gelegt,  das  die  Schlufsstrophe  61  —  72  allein  hat.  Für  die 
Ursprünglichkeit  von  G  spricht  nichts;  gegen  sie,  dafs  VV. 
61  —  64  ohne  erkennbaren  Zusammenhang  dastehen  und 
die  VV.  65  —  67  nur  ausführend  VV.  54 — 56  wiederholen.  — 
Von  der  zur  Basis  der  Textgestaltung  gewählten  Handschrift 
ist  natürlich  nie  ohne  Noth  abgewichen,  so  dafs  die  einzelnen 
Gedichte  zugleich  ein  Bild  der  Handschrift  geben.  Wo  eine 
Lesart  aus  andern  Handschriften  herbeigezogen  ist,  ist  immer, 
wenn  auch  nicht  auf  den  ersten  Blick,  die  Begründung  zu 
finden.  Auch  eine  grofse  Zahl  über  die  Ueberlieferung  hinaus- 
gehender Vermuthungen,  die  im  Text  Aufnahme  gefunden, 
wird  sich  allgemeiner  Zustimmung  zu  erfreuen  haben.  Wir 
erlauben  uns  nur  einiges  Wenige  hinzuzufügen.  I,  8,  45  steht 
nicht  verständliches  hai  me  vos,  das  auch  gegen  den  Buch- 
staben der  Handschrift  in  Jiae-s  me  vos  unbedenklich  geändert 
werden  dürfte  und  nach  V.  46  ein  Fragezeichen  erfordert.  II, 
9,  23  ergiebt  die  vom  Sinne  gestattete  Umstellung  retenus  et 
pris  den  fehlenden  Reim;  ebenso  II,  67,  23  die  Schreibung 
joge  'parfaite  für  por/ö/^t;  joie ^  wenn  auch  II,  66,  37  ff.  die 
Reime  oie  und  aie  sich  mischen,  wo  sich  noch  menoie  V.  45 
schreiben  liefse,  nicht  aber  apaie  V.  39   beseitigen   lassen  will. 

I,  8,  33  verträgt  sich  rait  nicht  mit  ie;  entweder  ist  t  zu  til- 
gen,   oder,    was   bessern  Sinn    giebt,    ie   in    il  zu  verwandeln. 

II,  27,  7  darf  et  li  an  fist  eile  geschrieben  werden;  //  ist  erfor- 
derlich und  erträgt  den  Hiat.  In  V.  51  ib.  verhilft  vielleicht 
ce    dist   la   hergiere    (ce   geben    L  N)    zum   Reime.     Auch    bei 

III,  2  scheint  L  M  0  F  (gleichfalls  nicht  überall  aus  der  näm- 
lichen Quelle)  gegen  das  einzige  E  befolgt  werden  zu  dürfen, 
das  V.  18  mise  a  raison  statt  mise  en  prison  bietet.  Letztere 
Lesart  verträgt  sich  sehr  wohl  mit  V.  24  und  giebt  dem  Schmerz 
des  Schäfers  erst  Bedeutung.  III,  4,  14  ist  mis  Varaison  erfor- 
derlich, wie  es  III,  2,  5   steht,  und  auch  F  liest. 

Auch    in    der  Schreibung   hat  Herr  Prof.  Bartsch  im  All- 
gemeinen an  der  zu  Grunde  gelegten  Handschrift  festgehalten, 

Jalu-b.   r.  roin.  u.  engl.  Lit.  XII.  1.  7 


93  Kritische  Anzeigen: 

einigemal  auch,  vielleicht  aus  praktischen  Gründen,  andern  den 
Vorzug  gegeben  (I,  36;  I,  37;  II,  6;  III,  12).  Wo  die  Hei- 
math des  Gedichtes  durch  den  Namen  des  Dichters  oder  durch 
Andeutungen  im  Texte  sicher  gestellt  war,  durften  Trans- 
scriptionen in  dem  ursprünglichen  Dialect  geboten  scheinen. 
Sie  beschränken  sich,  wo  burgundische  Handschriften  für  pi- 
cardische  Gedichte  vorliegen,  auf  Beseitigung  der  Burgundis- 
men. Es  ist  dann  bürg.  ^  getilgt,  der  Artikel  lo  (lou)  ist 
durch  die  picardische  Form  (aber  auch  weibliches  Ict)  ersetzt, 
X  m  s^  ce  in  se^  ^  in  s  verwandelt,  w  getilgt,  ou  als  m 
(bouson  :  buisson  II,  10  etc.)  amin  als  ami  geschrieben  und 
anderes,  was  sporadischer  auftritt.  Weiter  mochte  kaum  ge- 
gangen werden  dürfen  und  es  bleibt  ungewifs ,  wie  weit  die 
Ueberlieferung  dadurch  dem  Originale  näher  gebracht  ist. 
Specielle  Picardismen  herzustellen  hat  der  Herr  Herausgeber  ver- 
mieden. —  Es  würde  kaum  zu  etwas  führen,  wollten  wir  auf 
Einzelnheiten  der  Schreibung  und  auf  Aenderungen  in  dersel- 
ben, die  weniger  consequent  oder  weniger  erklärlich  scheinen, 
aufmerksam  machen.  So,  wenn  I.  12,  wo  die  Gemination 
häufig,  im  Reim  vile  für  ville ^  das  die  Handschrift  giebt,  ge- 
schrieben, dagegen  II.  20  in  gleichem  Falle  doppelter  und 
einfacher  Consonant  beibehalten  ist  (dagegen  wieder  nicht  II, 
24,  14  etc.),  oder  wenn  von  den  I,  9  neben  einander  her- 
gehenden Schreibungen  des  Pt.  pf.  f.  in  eie  und  ee  die  erstcre 
aufgegeben,  in  andern  Gedichten  dagegen  beibehalten  ist,  wenn 
I,  49;  II,  3,  wo  z  und  s  im  Auslaut  vorkommt,  ersteres  ge- 
tilgt, aber  II,  18  etc.  in  denselben  Fällen  stehen  gelassen 
ist;  oder  wenn  I,  68  seur  nach  N  in  sor  gegen  L  M  geän- 
dert, aber  V.  23  geschrieben  wird  etc.  Die  Tilgung  eines 
hinter  der  Auflösung  noch  geschriebenen  Z's  erfolgt  I,  69, 
aber  nicht  I,  70,  16  und  20  etc.:  l  wird  auch  an  Stelle  seiner 
Auflösung  u,  das  die  Handschrift  bietet,  wiederhergestellt  II, 
6,  7,  wogegen  I,  68  die  aufgelöste  und  unaufgelöste  Form 
nebeneinander  geht.  Der  burgundische  Artikel  ist  in  I,  36 
aufgegeben,  bürg,  z  etc.  geschrieben,  picard.  und  burgund. 
Artikel  stehen  dagegen  in  II,  12  nebeneinander;  I,  8,  7  steht 
amins^  Voc,  I,  4,  4  etc.  die  Aenderung  amis.  Nicht  deutlich 
ist  uns  endlich  geworden,  warum  II,  26  von  der  bürg.  Schrei- 
bung abgewichen  und  II,  14,  II,  24  keine  Handschrift  für  die 
Schreibung   festgehalten  ist.   — -   Es  mufste  hier  überall  darauf 


Hüffer,  Franz.     Der  Trobador  Guillem  de  Cabestanh.  99 

ausgegangen  werden ,  diejenigen  unter  den  Buchstaben  der 
Handschriften  festzuhalten,  die  am  sichersten  die  Aussprache 
des  Dichters ,  worüber  der  Reim  freilich  nur  spärlich  Aus- 
kunft giebt,  zu  repräsentiren  scheinen,  aber  darüber  dürfte 
bei  der  Beschaffenheit  der  Ueberlieferung  selbst  das  ein- 
gehendste Studium  des  Rechtschreibungsverfahrens  jeder  ein- 
zelnen Handschrift  nicht  überall  zu  vollkommener  Entschieden- 
heit gelangen.  Die  bemerkten  Abweichungen  in  der  von  Herrn 
Prof.  Bartsch  befolgten  Schreibweise  sind  daher  auch  uner- 
heblich, da  sie  keine  sprachlichen  Thatsachen  verwischen  und 
können  nicht  im  mindesten  der  schönen  und  lehrreichen  kriti- 
schen Arbeit  und  ihrer  philologischen  Bedeutsamkeit  Ab- 
bruch thun. 

Hoffen  wir,  dafs  Herr  Prof.  Bartsch  bald  die  in  der  Ein- 
leitung versprochene  Abhandlung  über  die  Romanzen-  und 
Pastourellendichtung  seiner  Edition  folgen  lassen  werde. 

Leipzig,  1871. 

Dr.   G.   Gröber. 


Hüffer,  Franz.     Der  Trobador  Guillem  de  Cabestanh.    Sein  Leben  und 
seine  Werke.     Berlin,  1869.     S".     68  S. 

Das  unglückliche  Ende  Guillems  de  Cabestanh  und  seiner 
Dame,  der  Gemahlin  Raimunds  von  Castell  Roussillon  ist 
bekannt.  In  den  wesentlichen  Punkten,  der  Tödtung  G.'s 
durch  Raimund,  dem  Braten  und  Verzehren  des  Herzens,  der 
Rache  des  Königs  von  Aragon  stimmen  die  verschiedenen 
Handschriften,  welche  G.'s  Lebensnachricht  enthalten,  überein 
und  so  begründete  Zweifel  sich  gegen  diese  Angaben  auch 
erheben  lassen,  so  führt  doch  auch  ihre  kritische  Behandlung 
zu  keiner  positiven  Berichtigung.  Diese  zu  geben  ist  auch 
dem  Verfasser  obiger  Schrift  in  seiner  kritischen  Untersuchung 
der  vielfach  willkürlich  ändernden  provenzalischen  Biographien 
G.'s  nicht  gelungen,  wohl  aber  liefert  er  einen  Beitrag  zu  der 
Erkenntaiis,  wie  geringen  Respect  die  Verfasser  der  Biogra- 
phien vor  der  Wahrheit  und  wie  wenig  Interesse  an  treuer 
Ueberlieferung  des  Faktischen  sie  haben.  Auch  die  nähere 
Aufgabe,  die  sich  Herr  Hüffer  im  ersten  Theile  seiner  fteil'sigen 


IQQ  Kritische  Anzeigen : 

Arbeit  stellt,  nämlich  die  verschiedenen  Entwicklungsphasen 
zu  markii'en,  in  welchen  die  Lebensnachricht  G.'s  im  Laufe 
der  Zeit  gekannt  und  zur  Aufzeichnung  gebracht  wurde,  scheint 
uns  nicht  richtig  gelöst.  Unter  den  6  von  ihm  in  Betracht 
gezogenen  Handschriften  der  Lebensnachricht  B  (cod.  Par. 
7614),  H  (cod.  Vat.  3207)  c  (cod.?  bei  Rayn.  Ch.  und  Mahn 
W.),  L  (cod.  Par.  7225),  R  (cod.  Par.  2701  Lavall  14),  F. 
(cod.  Bibl.  Chigi.  2348),  P  (cod.  Flor.  bibl.  Laur.  Plut.  41, 
Nr.  42)  besteht  nach  ihm  folgendes  Verhältnifs:  B  und  H 
enthalten  zwei  unabhängige,  auf  keine  gemeinsame  LTrquelle 
zurückzuführende,  von  den  übrigen  Handschriften  aber  benutzte 
Berichte,  c  ist  aus  H,  zum  gröfseren  Theil  wörtlich,  und  aus 
B  zusammengesetzt,  L  stimmt  fast  wörtlich  mit  c  überein  und 
nimmt  einige  Ausdrücke  aus  B  auf,  R  ist  im  Wesentlichen 
gleich  c,  folgt  aber  aufserdem  noch  H  und  L,  F  und  das 
ihm  ähnliche  P  endlich  stehen  in  näherer  Beziehung  zu  H. 
Da  in  der  ältesten  Handschrift  B  von  dem  Liede  „lo  dous 
consire",  das  nach  den  übrigen  Handschriften  der  Verräther 
von  G.'s  Liebe  und  die  Ursache  seines  Todes  wurde,  noch 
nicht  die  Rede,  in  H  das  Gedicht  nur  nach  der  Anfangszeile 
citirt  ist,  in  c,  L,  R  aber  die  verrätherischen  Verse  selbst 

Tot  qan  faz  per  temensa 
Devez  en  bona  fei 
Prendre  ncis  qan  nous  vei, 

in  R  noch  unter  besonderer  Bekräftigung,  dies  Gedicht  sei  die 
Ursache  zu  G.'s  Tode  gewesen,  angeführt  werden  und  zuletzt 
F  und  P  der  Erzählung  eine  solche  Wendung  geben,  dafs 
endlich  ein  leidlicher  Zusammenhang  zwischen  dem  genannten 
Gedicht  und  G.'s  Tod  hergestellt  ist,  so  scheint  ein  hierin  her- 
vortretendes sich  successiv  steigerndes  Bestreben  zu  erklären, 
worin  das  Verrätherische  des  ,,lo  dous  consire"  zu  suchen 
sei,  mit  der  aufgezeigten  Abfolge  der  Berichte  über  G.'s 
Leben:  B,  H,  c,  L,  R,  F,  P  sehr  wohl  zusammenzustimmen 
und  letztere  noch  besonders  zu  stützen.  Natürlich  dafs  dem 
Verfasser  die  Erklärungslust  der  Schreiber  nicht  Princip  bei 
Feststellung  der  Entwicklungsphasen  von  G.'s  Biographie, 
sondern  Resultat  seiner  auf  Beachtung  des  Uebereinstimmenden 
und  Abweichenden  basirenden  Anordnung  der  Lebensnach- 
richten   war.     Allein   eine    andere  Abfolae    der   Hundschriften 


Hüffer,  Franz.     Der  Trobador  Guillem  de  Cabcstanh.  IQl 

läfst  sich  dieser  Anordiiuiiy;  an  die  Seite  stellen,  und  dadurch 
wird  das  gewonnene  Resultat  illusorisch. 

Es  muls  vor  allem  gegen  die  von  Herrn  Hüffer  ange- 
nommene Unabhängigkeit  von  B  und  H  auf  eine  zwischen 
beiden  trotz  aller  Abweichungen  doch  vorhandene,  vom  Zufall 
unmöglich  bewirkte  Uebereinstimmung  im  Gang  der  Erzählung 
hingewiesen  werden,  in  dem  beide,  wenn  sie  auf  getrennten 
schriftlichen  oder  mündlichen  Berichten  beruhten,  ebenso  wenig 
zusammentreffen  konnten,  wie  in  der  Folge  der  Gedanken,  in 
gewissen  Ausdrücken  (z.  B.  que  confinava  ab  Cataloigna  el 
ab  Narbones)  und  in  den  ersten  drei  Sätzen,  die  H  ent- 
sprechend B  und  c  haben  mufs,  da  sie  sonst  als  von  c  aus 
B  herübergenommen  bezeichnet  zu  werden  verdient  hätten. 
Sodann  erscheint  aber  auch  die  Annahme  von  Haupt-  und 
Nebenquellen,  nämlich  B  neben  H  für  c,  B  neben  c  für  L, 
H  und  L  neben  c  für  R  keineswegs  von  Nöthen,  da  die 
Nebenquellen  in  meist  zu  unwesentlichen  Punkten  mit  Ueber- 
sehung  der  wichtigeren  benutzt  wären  und  bei  anderer  Grup- 
pirung  sich  jede  Handschrift  ganz  wohl  aus  einer  Quelle  ab- 
leiten läfst. 

Wenn  nämlich  R  wesentlich  c,  so  ist  auch  c  wesentlich 
R,  und  wenn  c  fast  wörtlich  H,  auch  H  fast  wörtlich  c. 
Stimmt  nun  R,  wo  es  von  c  abweicht,  noch  mit  einer  andern 
Bearbeitung  in  einzelnen  characteristischen  Punkten  überein, 
so  müssen  beide,  sofern  sie  nicht  aus  einander  hervorgehen 
können,  eine  gemeinsame  Quelle  haben,  in  der  auch  noch  das 
beiden  speciell  Gemeinsame  erhalten  war,  also  muls  da  R  und 
H  gleiche  Aeuderungen  c  gegenüber  haben,  ihnen  eine  gemein- 
same Quelle     -.  ,  welche  das  durch  Aeuderungen  modificirte 

c  repräseutirt,  vorangestellt  werden.  Da  aber  aufserdem  R 
noch  Verwandtschaft  mit  L,  dessen  Auslassungen  es  theilt, 
zeigt,  so  kann  y  nicht  ohne  Weiteres  mit  c,  in  dem  L's  Aus- 
lassungen sich  als  Hinzufügungen  betrachten  lassen,  verbunden 
werden,  vielmehr  ist  zwischen  beide  eine  vermittelnde  Quelle 
zu  stellen,  die  L's  Auslassungen  bewahrte  und  einerseits  in  c 
mit  Zusätzen  versehen,  andererseits  in  y  durch  Aenderungen 
modiücirt  wurde,  so  dafs  also  das  Verhältnil's  das  fol- 
gende ist: 


J02  Kritisclie  Anzeigen: 

L 


H  R 

Auf  eine  engere  Beziehung  zwischen  B  und  L  deuten  die  nur 
diesen  Handschriften  gemeinsamen  Ausdrücke  pebrada  und 
albere,  welche  entweder  B  aus  L  oder  L  aus  B  entlehnt 
haben  mufs  oder  beide  aus  gleicher  Quelle  entnehmen  —  was 
zu  entscheiden  wir  verhindert  sind,  da  uns  der  Text  von  L 
leider  nicht  vorliegt,  wogegen  F  und  P,  wie  z.  B.  der  beiden 
und  H  gemeinsame  Ausdruck  esmondega  si  lo  col  bezeugt, 
als  Descendenten  von  H  zu  betrachten  sind.  Hieraus  ergiebt 
sich  also  nachstehende  Abfolge  der  Bearbeitungen  von  G.'s 
Biographie,  zu  deren  genauerer  Feststellung  uns  leider  aiifser 
L's  auch  der  Text  von  H  fehlte: 

B^) 


B 


z 


B2) 


H  R 

F  r 

Eine  weitere  Bestätigung  für  diese  Darstellung  der  Entwick- 
lungsphasen von  G.'s  Lebensnachricht  mufs  wünscheuswerth 
scheinen,  es  fehlt  jedoch  dazu  noch  an  dem  nöthigen  kriti- 
schen Apparate.  Immerhin  aber  mag  bemerkt  werden,  dafs 
es  nicht  gelingt  ein  Ilüffer's  oder  unserer  Anordnung  ent- 
sprechendes Verhaltnifs  der  provenzalischen  Liederhandschriften 
z.  B.  aus   der  Anzahl   und  Aufeinanderfolge    der  in  jeder  ein- 


1)  Die  Divergenz  zwischen  B  und  L  hindert  keineswegs  eine  engere 
Beziehung  zwischen  ihnen  zu  constatiren.  F  und  P  divergiren  ebenso 
weit  von  H  und  können  doch  nur  dieser  Fassung  untergeordnet 
werden. 

-)  Es  ist  selbstverständlich,  dal's,  da  B  älter  ist  als  L,  unter  L  die 
getreue  Copie  einer  mit  ihm  gleichlautenden  altern  Handschrift  zu  ver- 
stehen sein  würde,  falls  eben  L's  Text  ursprünglicher  wäi'e  als  der  B's, 


liüffer,  Franz.     Der  Trobador  Guillem  de  Cabestanh.  1Q3 

zelnen  Handschrift  enthaltenen  Lieder  Peire  Vidals  (auf  Grund 
von  Bartsch's  vortrefflichen  Angaben  in  der  Ausgabe  der 
Lieder  dieses  Dichters,  Berlin   1857)  nachzuweisen. 

Ein  mit  der  Zeit  sich  steigerndes  Bemühen  das  Lied  „lo 
dous  consire"  mit  G.'s  Tod  in  möglichst  enge  Beziehung  zu 
setzen ,  unterliegt  nun  nach  unserer  Classification  den  Texten 
der  Lebensnachricht  G.'s  nicht.  Es  stellt  sich  vieiraehr  heraus, 
dafs  wenn  B's  Text  abhängig  ist  von  dem  L's,  von  vorn- 
herein nicht  nur  das  Gedicht,  sondern  auch  die  verrätherische 
Stelle  bezeichnet  war,  beide  Angaben  von  B  unterdrückt, 
von  c  beibehalten,  von  R,  in  dem  sich  möglicherweise  ein 
Zweifel  an  der  Richtigkeit  seiner  Quelle  regte ,  noch  mit  der 
ausdrücklichen  Bemerkung  begleitet  wurden,  das  Gedicht  sei 
wirklich  die  Ursache  zu  G.'s  Tode,  während  H,  wie  F  und 
P,  sich  genügen  lassen  die  Anfangszeile  zu  citiren,  letztere 
jedoch  die  Sache  durch  eigene  Erfindung  wahrscheinlich  zu 
machen  suchen.  Sollte  B  vor  oder  neben  L  zu  stellen  sein, 
so  entsteht  auch  noch  die  Alternative,  die  ganze  Erwähnung 
des  Liedes,  das  wir  heutzutage  nicht  im  Stande  sind  in  der 
ihm  gegebenen  Deutung  aufzufassen,  für  eine  Erfindung  von 
L  zu  halten  oder  sie  auf  ein  nach  G.'s  Tode  entstandenes 
Gerücht,  wie  Herr  Hüffer  will,  zurückzuführen,  das  aber  dann 
immer  noch  auf  einem  andern  Gedicht,  als  auf  dem  in  den 
Handschriften  angeführten  (vgl.  Diez,  Leben  u.W.  p.90)  beruhen 
könnte,  —  auch  auf  einem  verlorenen,  denn  die  7  oder  im 
günstigsten  Falle  11  erhaltenen  Gedichte  konnten  G.  schwer- 
lich den  Namen  eines  bos  trobaire  que  fet  motas  bonas  cansos 
eintragen.  Was  die  Specialitäten,  die  den  andern  Handschriften 
gegenüber  F  und  P  enthalten,  betrifft,  so  müssen  sie  trotz 
ihrer  Exactheit  (vgl.  Diez  a.  a.  0.  86)  und  abgesehen  von 
ihrer  romanhaften  Färbung,  doch  als  spätere  Erfindung  be- 
trachtet werden,  wie  Herr  Hüffer  sehr  gut  zeigt  (vgl.  p.  21); 
sie  verdienen  keinen  Glauben,  man  müfste  denn  gerade  an- 
nehmen, die  Erzähler  hätten  vielleicht  an  den  Orten  der  That 
noch  nachträglich  Facta  gesammelt. 

Wir  sind  hiernach  auf  L  resp.  B  als  eigentliche  Quelle 
für  die  Kenntnifs  des  Lebens  G.'s  angewiesen.  Die  innere 
UnWahrscheinlichkeit  der  Erzählung  vom  gebratenen  Herzen 
(vgl.  Diez,  a.  a.  0.  p.  87,  Hüffer  pp.  28  —  29)  und  noch  mehr 
die    Unmöglichkeit,    die   Angaben   der   Biographic    mit   denen 


104  Kritische  Anzeigen: 

welche  historische  Quellen  darbieten,  zu  vereinigen,  entziehen 
aber  auch  diesen  beiden  Fassungen  den  Anspruch  auf  Glaub- 
würdigkeit. Der  Verfasser  weist  aufser  dem  von  Diez  schon 
aufgeführten  Gaucerandus  de  Capite  Stagni,  der  in  Urkunden 
der  Jahre  1150  —  1171  und  noch  1189  vorkommt,  einen  oder 
wahrscheinlich  zwei  Guillem  de  Cabestanli  in  Urkunden  vom 
Jahre  1162  und  1212  und  in  einer  vom  Jahre  1210  eine  So- 
rismonda,  Wittwe  Raimund's  von  Castell  Roussillon  nach. 
Es  dürfte  kaum  zu  kühn  sein,  den  1212  urkundlich  erschei- 
nenden Guillem  und  Sorismonda  mit  den  gleichnamigen  Per- 
sonen der  Biographie  zu  identificiren,  denn  geradezu  ein  seltnes 
Zusammentreffen  wäre  es  zu  nennen,  wenn  innerhalb  zweier 
Generationen  drei  andere  Personen  mit  denselben  Namen 
und  theilweis  in  denselben  Beziehungen  gelebt  haben  soll- 
ten. Aber  dann  hätten  Guillem  sowohl  als  Sorismonda  Raimund 
überlebt,  der  Tod  der  erstem  wäre  reine  Erfindung  und  die 
provenzalische  Erzählung  gerade  in  den  characteristischen 
Punkten  (p.  28)  unwahr.  Oder  weist  man  die  Identifieirung 
y.urück  und  nimmt  zu  der  Annahme  Zuflucht,  dafs  der  älteste 
Biograph  das  Schicksal  G.'s  willkürlich  oder  irrthümlich  an 
die  Namen  Raimund  von  Castell  Roussillon  und  Sorismonda 
angeknüpft  habe,  wie  Hüffer  p.  28  thut,  so  kann  zwar  die 
Todesart  G.'s  unbeanstandet  bleiben,  aber  die  Lebeusnaehricht 
wird  wieder  in  Bezug  auf  die  Personenangabe  der  Unwahrheit 
beziehen  werden  müssen. 

Das  "Wenige  also,  was  sich  über  unsern  Dicliter  sagen 
läfst,  läfst  sich  mit  Hüffer  (pp.  29  —  30)  in  den  Worten  zu- 
sammenfassen^ dafs  ein  Guillem  de  Cabestanh  gelebt,  seine 
Liebe  zu  einer  Dame  (vielleicht)  durch  seine  Lieder  verrathen 
habe  und  von  deren   Gemahl  getödtet  worden   sei. 

Auf  die  Kritik  der  Lebensnachricht,  deren  richtige  Grund- 
gedanken und  strenges  Maafshalten  Beifall  verdienen,  läfst  der 
Verfasser  zunächst  des  Dichters  7  durch  Alter  und  Mehrzahl 
der  Handschriften  als  echt  beglaubigte  Gedichte  nebst  metri- 
schen Bemerkungen,  sodann  die  4  ihm  von  einer  Minderzahl 
von  Handschriften  beigelegten  Lieder  und  endlich  eine  Ueber- 
setzung  des  „Lo  jorn  qeus  vi",  ,,Ancmais  nom  fo  semblan" 
und  „Mout  m'alegra  douza  votz"  folgen.  Die  abgedruckten 
Gedichte  bieten  den  von  Flüchtigkeitsfehlern  gereinigten  Text 
des   Codex    Estensis    (D)   aus    dem    Jahre    1254    (worin    das 


i 


Hüflfer,  Frauz.     Der  Trobador  Guillem  de  Cabestanh.  2Q5 

6.  Gedicht  jedoch  fehlt)  dar,  den  der  Verfasser  in  Abschrift 
von  Prof.  Mussafia  erhielt.  Besonders  nützlich  wird  diese 
Ausgabe  von  G.'s  Gedichten  durch  den  beigegebenen  Les- 
ai-tenapparat,  der  bei  Lied  1.  4  und  5  auch  noch  eine  hand- 
schriftliche Bereicherung  durch  die  Lesarten  des  Cod.  Par. 
7614  (dem  Verfasser  durch  Herrn  Dr.  Mahn  mitgetheilt)  er- 
halten hat. 

Wie  der  Verfasser,  in  dem  Bewufstsein,  dafs  es  inter 
virtutes  grammatici  gehöre  aliqua  nescire,  darauf  Verzicht 
leistet,  auf  das  ihm  zugängliche  Material  hin,  eine  kritische 
Ausgabe  von  Guillem  de  Cabestanh  zu  bieten,  so  auch  wir 
darauf  den  Werth  des  Cod.  Est.  in  Bezug  auf  G  's  Lieder 
abzuschätzen,  für  deren  Abdruck  indessen  dem  Verfasser  Dank 
zu  zollen  ist.  —  Die  metrischen  Bemerkungen  weisen  unter 
Anknüpfung  an  die  Leys  d'amors  auf  Bau  und  metrische 
Kunst  der  Gedichte  hin  und  führen  den  Verfasser  bei  dem 
3.  5.  und  6.  Lied  (Ar  vei  q'em  vengut;  Li  douz  cossire;  Mout 
m'alegrajj  wie  uns  scheint,  mit  Recht  zur  Ünechterklärung 
der  ersten  tornada  in  UI,  der  auf  die  sechste  Strophe  in  den 
Handschriften  C,  E,  R  folgenden  überzähligen  Strophe  (für 
die  H  noch  eine  andere  unsymmetrische  Strophe  bietet),  in  V, 
und  der  fünften  Strophe  in  VI,  die  weder  dem  Inhalt  noch 
dem  Bau  der  übrigen  Strophen  sich  fügt.  —  In  den  Ueber- 
setzungsproben  ist  der  Verfasser  dem  Metrum  und  dem  Reim- 
bau w^enigstens  innerhalb  einer  Strophe  treu  geblieben.  Was 
den  poetischen  Ausdruck  betrifft,  so  ist  er  bisweilen  verschönt, 
doch  wird  der  Gedanke  dabei  nicht  verletzt.  Gewifs  würde 
die  Troubadourpoesie,  in  solcher  Form  dargeboten,  auch  dem 
gröfseren  deutschen  Publicum  Beifall  abgewiuneu.  Möge  des 
Verfassers  Thätigkeit  der  Romanischen  Philologie  auch  ferner 
zu  Gute  kommen. 

Dux  bei  Teplitz,  1870. 

Dr.  G.  Gröber. 


106  Kritische  Anzeigen; 


liicerche  intorno  al  Libro  di  Sindibcld  per  Domeuico  Cümparetti, 
Socio  corrispondente  del  R.  Istituto  Lombarde  di  Scienze  e  Lettere, 
Professore  nella  Regia  Universitä  di  Pisa.  Milano  coi  tipi  di  Giu- 
seppe Bernardoni  18G9  (Estratto  dalle  Memorie  del  R.  Istituto 
Lombarde  di  Scienze  e  Lettere.  Vol.  XI,  II  della  serie  III.) 
4".     54  S. 

Diese  gründliche  und  scharfsinnige  Abhandlung  über  die 
orientalischen  Redactionen  des  Volksbuchs  von  den  sieben 
weisen  Meistern  und  ihre  vorauszusetzende  gemeinsame 
Quelle  enthält  als  Anhang  (S.  37  —  54)  —  und  deshalb  ge- 
bührt ihr  auch  in  diesem  Jahrbuch  eine  dankbare,  leider  etwas 
verspätete,  Erwähnung  —  ein  hier  zum  erstenmal  heraus- 
gegebenes spanisches  Literaturdenkmal  aus  dem  XIII.  Jahr- 
hundert. Es  ist  das  Libro  de  los  engannos  et  assayamienios 
de  las  mugeres,  eine  Uebex'setzung  einer  arabischen  Redaction 
des  Sindibäd -Buches,  die  aber  im  arabischen  Original  verloren 
zu  sein  scheint.  Sie  ist  nach  Angabe  des  Prologs  auf  Ver- 
anlassung des  Infanten  Don  Fadrique  [Friedrich],  des  Sohnes 
des  Königs  Ferrando  [Ferdinand  III.  oder  des  Heiligen]  und 
der  Beatris  [der  Tochter  des  deutschen  Königs  Philipp  des 
Hohenstaufen],  verfafst  worden  ,,en  noventa  et  un  aüos", 
d.  h.  im  Jahre  1291  der  damals  üblichen  spanischen  Aera, 
welche  38  Jahre  vor  Christi  Geburt  beginnt,  also  im  J.  1253 
nach  Christi  Geburt.  ^)  Das  Libro  de  los  engannos  stimmt 
mit  dem  aus  dem  Syrischen  übersetzten  griechischen  Syntipas^), 


1)  Comparetti  erinnei't  S.  4  daran,  dafs  im  J.  1251  der  Bruder 
Don  Fadriques,  der  Infant  Alfonso,  der  nachmalige  König  Alfonso  X., 
den  arabischen  Kalilah  und  Dimnah  hatte  übersetzen  lassen. 

-)  SuvTiT^ac.  De  Syntipa  et  Cyri  tilio  Andreopuli  narratio  e  codd. 
Pariss.  edita  a  Jo.  Fr.  Boissonade.  Parisiis  1828.  Eine  deutsche 
Uebersetzung  hat  Heinrich  Sengelmann  (Das  Buch  von  den  sieben 
weisen  Meistern  aus  dem  Hebräischen  und  Griechischen  zum  ersten 
Male  übersetzt,  Halle  1842)  geliefert.  —  Comparetti  hat  zuerst  das 
Alter  des  griechischen  Syntipas  festgestellt.  In  dem  Prolog  nennt  sich 
nemlich  ein  durchaus  unbekannter  Grammatiker  Michael  Andreopulos 
als  Verfasser  der  Uebersetzung  und  sagt,  er  habe  sie  im  Auftrage 
Gabriel's,  Aouxo?  aeßaaTOu  uoXsu?  fjieXtow'jjio^ ?  verfertigt.  Comparetti 
hat  nun  (S.  30)  einen  Herzog  Gabriel  von  Meiitene  in  Armenien ,  der 
am  Ende  des  11.  Jahrhunderts  diese  Stadt  und  ihr  Gebiet  unter  by- 
zantinischer  Oberhoheit   beherrschte ,    nachgewiesen  und    es    mehr    als 


Ricerche  intorno  al  Libro  di  Sindibad.  -[QJ 

der  nach  Comparetti's  Untersuchung  das  Sindibad -Buch  zum 
gröfsten  Theil  am  treuesten  ^viedergibt,  am  meisten  überein. 
Es  enthält  fast  durchaus  dieselben  Erzählungen  und  in  der- 
selben Reihenfolge  wie  der  Syntipas,  nur  drei  fehlen,  von 
denen  eine  vielleicht  nur  vom  Schreiber  der  Handschrift  aus 
Versehen  ausgelassen  worden  ist,  und  eine  ist  hinzugekommen. 
Es  ist  die  letzte  —  im  Text  offenbar  verderbte  urud  nicht 
ganz  klare  —  Erzählung,  „Enxenplo  de  la  muger  et  del  cle- 
rigo  et  del  frayre",  welche  vielleicht  erst  von  dem  spanischen 
Uebersctzer  hinzugefügt,  jedenfalls,  wenn  sie  sich  bereits  im 
Arabischen  vorfand ,  auf  christliche  Verbältnisse  übertragen 
worden  ist.  „Riconosciamo"  —  sagt  Comparetti  S.  15  —  .,in 
(juesto  racconto  una  novella  del  ßandello  (IV,  8)  ^)  che  trova 
raffronto  nella  notte  IQ'*  del  pukasaptati  (^Galanos)".  In  der 
Rahmenerzählung  selbst,  besonders  im  Anfang  und  am  Ende, 
ist  die  Uebereinstimmung  zwischen  dem  Syntipas  und  dem 
Libro  de  los  engannos  geringer ;  hier  ist  letzteres,  bald  allein, 
bald  mit  andern  Redactionen,  wie  dies  Comparetti  S.  5  fg.  im 
Einzelnen  nachweist,  dem  Original  theilweis  treuer  geblieben 
als  ersteres. 

Das  Libro  de  los  engannos  ist  nur  in  einer  Handschrift 
des  15.  Jahrhunderts  —  im  Besitz  des  Grafen  de  Puüon- 
rostro  —  erhalten.  Eine  Abschrift  derselben  hat  Comparetti 
von  Don  Jose  Amador  de  los  Rios  bekommen,  welcher  in 
seiner  Historia  critica  de  la  literatura  espanola^  T.  III  (Madrid 
1863),  S.  536  —  41,  auf  das  Libro  de  los  engannos  aufmerksam 
gemacht  und  die  Rahmenerzählung  im  Auszug  und  die  erste  Erzäh- 
lung des  erstenWeisen  ganz  mitgetheilt  hatte.-)  Comparetti  hat  den 


blol's  wahrscheinlich  gemacht,  dais  dies  der  Herzog  Gabriel  des  Pro- 
logs ist. 

1)  IV,  7  der  Ausgabe:  Londra  (Livorno)  1791 — 93.  Die  Novelle 
ist  betitelt:  „Aecorto  avvedimento  di  uua  faiitesca  a  liberare  la  pa- 
drona  e  l'innamorato  di  quella  de  la  motte." 

-)  Marens  Landau,  der  in  seinem  Buche:  „Die  Quellen  des  Deea- 
merone",  Wien  1869,  S.  10  ff.  Erörterungen  über  die  sieben  Weisen 
angestellt  hat,  die  jedoch  durch  Comparetti's  Abhandlung  wesentlich 
ergänzt  und  berichtigt  werden,  hat  dazu  auch  die  Mittheilungen 
Amador's  de  los  Rios  benutzt,  dabei  S.  15  aber  irriger  Weise  gesagt, 
der  Infant  Friedrich  habe  auf  Befehl  König  Alfons  des  Weisen  das 
Libro  de  los  engannos  übersetzt. 


108  Kritisclic  Anzeigen: 

Text  dieser  Abschrift  unverändert  herausgegeben.  „E  questo 
testo"  —  sagt  er  S.  36  —  „tahiiente  gnasto  e  corrotto  che 
quasi  debbo  chiedere  perdono  ai  piii  delicati  e  suscettibili  ro- 
manisti  se  lo  metto  fuori  in  questa  sua  brutta  forma ,  che 
certo  dara  loro  sui  nervi.  Ma  chiunque  siasi  alquanto  adden- 
trato  in  queste  ricerche,  ed  abbia  quindi  riconosciuto  quanto 
sia  importante  un  testo  il  quäle,  mentre  rappresenta  un  testo 
arabo  certamente  anteriore  al  1253,  piü  di  qualunque  altro 
si  accorda  col  Syntipas,  mi  sapra  grado  di  averlo  pubblicato 
quäl  e  per  intiero,  piuttostoche  in  un  semplice  estratto." 

Zum  Schlufs  noch  eine  Bemerkung,  eine  einzelne  Stelle 
des  Libro  de  los  engannos  betreffend.  Ganz  am  Ende  des- 
selben (S.  54,  Z.  3  V.  u.)  sagt  der  Königssohn:  Et  dise  el  sabio 
que  aunque  se  tornase  la  tierra  papel ,  la  mar  tinta,  et  los 
peces  della  pendolas,  que  non  podrian  escrevir  las  maldades 
de  las  mugeres.  Hierzu  verw^eise  ich  auf  meinen  Aufsatz: 
5, Und  wenn  der  Himmel  war' Papier"  in  Benfey's  Orient  und 
Occident  II,  546  —  59,  zu  dem  ich  jetzt  noch  mehrere  Nach- 
träge liefern  könnte.  Dafs  die  Fische  des  Meeres  als  Schreib- 
federn gedacht  sind^  kömmt  sonst  nicht  vor;  die  Erde  als 
Pergament  oder  Papier  findet  sich  in  von  mir  nachgewiesenen 
italienischen  und  englischen  Dichtungen,  häufiger  aber  wird 
der  Himmel  als  Pergament  oder  Papier  gedacht;  als  Tinte 
wird  überall,  wenn  sie  überhaupt  erwähnt  wird,  das  Meer 
angenommen.  Die  Verbindung  der  Voraussetzungen  mit  der 
Unmöglichkeit,  die  Bosheit  oder  die  Ränke  der  Frauen  be- 
schreiben zu  können,  kömmt  in  mehreren  der  von  mir  gesam- 
melten Stellen  vor. 

Weimar. 

Reinhold  Köhler. 


Die  Lusiaden.  Heroisch -episches  Gedicht  von  Luis  de  Camoens.  Aus 
dem  Portugiesischen  in  Jamben  übersetzt  von  Karl  Eitner.  Hild- 
burghausen, Verlag  des  Bibliographischen  Instituts,  1869. 

In  Jamben.  In  wie  langen  Zeilen?  In  gereimten?  Es  hätte 
heifsen  sollen:  im  Versmaafs  des  Originals,  aber  ohne  Reim. 
Der  Uebcrsetzer  bemerkt  am  Schlufs  der  Einleitung,  die  Ueber- 


Die  Lusiadcn.  1Q9 

Setzung  sei  ursprünglich  zu  dem  Zweck  unternommen  worden, 
um  gleichsam  als  Interlinear- Version  dem  Anfänger  im  Por- 
tugiesischen das  Studium  des  Originals  zu  erleichtern.  Des- 
halb sei  sie  auch  nicht  in  gereimten  Octaven  abgefafst,  aber 
doch  in  Jamben,  um  den  Genufs,  den  das  Original  gewährt, 
ahnen  zu  lassen.  „^^^  so  kann  man,  bei  Festhaltung  mög- 
lichster Worttreue,  eine  wahre  Vorstellung  von  der  klaren 
Simplicität  desselben  geben,  da  Camoens  in  klassischer  Schlicht- 
heit des  poetischen  Ausdrucks  einzig  neben  Homer  und  Ariost 
steht.  Bei  der  gröfseren  Schwierigkeit  des  Ottavenbaues  im 
Deutschen,  als  in  den  Sprachen  des  Südens,  ist  immer  die 
Gefahr  vorhanden,  das  Gedicht  entweder  in  pomphafterem 
Tone,  als  der  Styl  des  Autors  gestattet,  wiederzugeben,  oder, 
will  man  dies  vermeiden,  sich  eine  Menge  kleiner  Aus- 
lassungen und  Zusammenziehungen,  oder  Dehnungen  und  Ver- 
setzungen zu  erlauben,  die  der  genauem  Wiedergabe  des 
originellen  Charakters  der  Dichtung  Eintrag  thun."  Und  so, 
meint  er,  ,,  dürfte  wohl  dem  blos  deutschen  Liebhaber  poeti- 
scher Werke  auch  diese  Art  der  üebersetzung  nicht  unwill- 
kommen sein." 

Die  Aufgabe,  welche  sich  der  Herr  Verfasser  gestellt, 
hat  er  sprachkundig,  gewandt  und  mit  Geschmack  behandelt. 
Ich  kann  aber  die  Sorge  nicht  unterdrücken,  ob  wohl  das 
gi"öfsere  Publicum,  welches  in  Dichterwerken  poetischen  Ge- 
nufs sucht,  über  den  ersten  Gesang  dieser  Üebersetzung  hin- 
auskommen werde.  Ich  meinerseits  habe  tapfer  weiter  gelesen, 
und  gebe  hier  eine  Strophe  des  dritten  Gesanges,  damit  der 
Leser  selbst  über  den  Eindruck  solcher  reimlosen  Octaven 
urtheilen  könne,   die  91.: 

Nachdem  Alfons  gestorben,  folgt  auf  ihn 

Sancho  der  zweite ,  schwach  und  unbedachtsam , 

der's  in  der  Unbesorgtheit  so  weit  trieb, 

dafs,  statt  dafs  er  befahl,  man  ihm  befahl. 

Der  Eeichsherrschaft,  nach  der  ein  Andrer  strebte, 

wuvd"  er,  ob  seiner  Günstlinge,  beraubt; 

denn  da  durch  sie  er  sich  regieren  liefs . 

stimmt'  allen  ihren  Freveln  er  auch  bei. 

Es  ist  wahr,  man  könnte  schönere  Stellen  anführen,  aber  es 
bliebe  dabei:  eine  metrische  Üebersetzung  der  Lusiaden,  welche 
den    Genufs,    den    das   Original   gewährt,    ahnen   lassen  will. 


110  Miscellen. 

darf  sich  des  Reimes  nicht  entschlagen,  sonst  wird  der  Sim- 
plicität  oft  die  Anmuth  entweichen.  Dagegen  erträgt  gerade 
dieses  Epos  wegen  jener  seiner  mit  Recht  gerühmten  Schlicht- 
heit sehr  wohl  eine  Uebertragung  in  Prosa;  und  eine  solche, 
die  jedwedes  Hindernifs  der  Treue  abwii'ft,  wäre  natürlich 
dem  nicht  „blofs  deutschen  Liebhaber"  am  willkommensten  für 
den  Zweck,  sich  an  der  Hand  eines  kundigen  Führers  in  das 
Original  hineinzulesen.  Man  mufs  wohl  sagen,  dafs  der  Herr 
Uebersetzer  sich  eine  unlösbare  Aufgabe  gestellt  hat.  Es  war 
eben  nicht  möglich,  eine  Uebersetzung  zu  liefern,  die  zu 
gleicher  Zeit  die  Ansprüche  dessen  befriedigte,  der  Portugie- 
sisch lernen  will,  und  dessen,  der  das  Gedicht  in  deutscher 
Sprache  reproducirt  geniefsen  will.  Dieser  wird  sich  mehr 
belehrt  als  erfrischt  finden;  jener  wird  verdriefslich  sein,  dafs 
nicht  wörtlicher  übersetzt  ist.  Gleichwohl  wollen  wir  gern 
ihnen  beiden  das  frui  paratis  predigen  und  ihnen  diese  Ver- 
deutschung der  Lusiaden  warm  empfehlen,  als  die  treueste,  die 
vorhanden  ist.  Die  einzige  Anmerkung,  welche  das  Bändchen 
bietet,  findet  sich  S.  16:  „Vergl.  Gesang  III,  Strophe  54." 
Einige  mit  B.  unterzeichnete  Vorbemerkungen  betreffen  das 
Leben  und  die  Bedeutung  des  Dichters,  und  geben  eine  Ana- 
lyse des  Gedichts. 

Ed.  Boehmer. 


Miscellen. 

1.  • 

Zu  Scheler's  Glanures  lexicographiques 

Jahrbuch  X,  241. 

Nur  ein  paar  Randbemerkungen  aus  italienischen  Mund- 
arten sei  es  mir  gestattet  hier  mitzutheilen : 

carlit  =  chälit.  Das  r  findet  sich  im  mail.  carlet  (schon 
von  Ferrari  angeführt).  Mundarten  haben  bei  diesem  Worte 
häufig  d  statt  t:  bresc.  cadeleta,  crem,  cadelett;  cremon.  ferr. 
cadilett;  mant.  cadlett;  bol.,  mit  eingeschobenem  ?<,  candlett. 
Es  ist  möglich  dafs  d  zw.  r  geworden  sei;  -wozu  ferr.  carnanz 
neben   cadnazz  =  it.  catenaccio    zu   vergleichen  wäre.     Es  ist 


Miscellen.  1 1  [ 

indessen  auch  friaul.  caderleU  cadarlett  zu  berücksichtigen,  wo 
also  7'  eingeschoben  wurde ;  cader  konnte  sich  dann  zusammen- 
ziehen: ca[d]er  caer  car.  Abfall  des  d  finden  wir  auch  im 
ven.  caileto,  tir.  cailet. 

Esmougonner^  mutiler,  estropier. 

In  einem  uordital. -deutschen  Wb.  vom  Jahre  14G0.  das 
handschriftlich  in  München  liegt,  und  von  Schmeller  mehrfach 
benutzt  wurde,  findet  man  smögacte  (et  =  t)  „verrenke";  über 
dem  "Worte  ist  als  Erklärung  scnestrate  geschrieben.  In  vielen 
Mundarten  bedeutet  in  der  That  noch  sinistrarsi  una  mano^ 
%in  j)i^de  „sich  eine  Hand,  einen  Fufs  verrenken".  Ich  ver- 
mochte bisher  zu  smogar  nichts  anderes  zu  finden,  als  eine 
Stelle  aus  einer  Urkunde  vom  J.  1270  des  Archivs  zu  Como 
(P.  Monti  279)  nee  feritam  aliquam  .  .  .  nee  smigatam  facere; 
wo  Laut  und  Bedeutung  der  zwei  AVörter  grofse  Aehnlichkeit 
zeigen.  Noch  besser  stimmt  das  nun  nachgewiesene  franz. 
esmong-onn-er  zu.  Ist  der  Zusammenhang  mit  mognon  (Diez 
Et.  Wb.  I,  286)  wirklich  zweifellos? 

Glier,  glisser. 

Vgl.  pavesisch  s-ghiä,  piem.  sgJiie  dass.  {glü  =gli^  wie 
ghiro  aus  glirem);  im  Niedermailandischen  sghijon  „schlüpfrige 
Gegend,  Abhang".  Piem.  auch  sguj'e,  das  sich  im  piac.  sgujä 
wiederfindet.  Sehr  ähnlich  genues.  scüggia.  —  In  Bezug  auf 
esglinder,  das  ebenfalls  „gleiten,  schlüpfen"  bedeutet,  dürfte 
auf  Diez  II,  282  —  283  zu  verweisen  sein;  also  ags.  gUdan 
mit  lat.  Präfixe  ex-.  Genues.  sgJi  in  da  ,,  durchschlüpfen"  deckt 
sich  genau  mit  esglinder,  und  doch  darf  man  fragen,  ob  nicht 
ital.  ghindare  (1,  212)  darin  steckt.  Das  genues.  Verbum  be- 
deutet nämlich  auch  „durch  List  und  Geschicklichkeit  ent- 
wischen, sich  loswinden". 

Bone/iier,  ronfler. 

Scheler  wäre  geneigt,  rouchier  zu  lesen.  Schon  Paris 
bemerkte,  die  Form  mit  n  sei  die  richtige,  und  verwies  auf 
Du  Gange  s.  v.  runcare.  Aber  auch  lat.  rhonchus  bei  Martialis; 
das  Verbum  rhonehare  erst  bei  Sidonius;  vgl.  Diez,  Et.  Wb. 
II,  171  zu  span.  roncar.  Ein  lat.  rhonehissare  belegt  Forcellini. 
In  ital.  Mundarten  finden  wir  nun:  bresc.  comask.  mail.  (selten) 
roncä;  mant.  ronchizar,  ven.  ver.  ronchezar  u.  s.  w.  Manche 
Wbb.  verzeichnen  auch  für  das  Ital.  roncare  roncheggiare  neben 
russare  und  ronfare  ronfiare. 


112  Miscellen. 

Tcmgonner,  invectiver,  provoquer.    Cela  fait  ponser   au   tan- 
ganare  =  interpellare,  du  bas  latin,  voy.  Du  Gange. 

Das  Wort  steht  schon  in  der  I.  Ausgabe  von  Diez'  Et. 
Wb.  und  ist  dort  ausführlich  besprochen  worden.  Man  ver- 
gleiche auch  Pott,  Zeitschr.  I,  331.  Es  ist  überhaupt  bezeichnend 
für  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  man  beim  Mangel  eines  altfr. 
Glossars  selbst  das  zunächst  Liegende  übersieht,  dafs  dieses 
Wort  mehr  als  Einem  unter  uns  unnützes  Kopfzerbrechen 
machte.  Zuerst  mir  (in  einem  solchen  Falle  sich  an  die  Spitze 
zu  stellen  ist  Höflichkeit),  der  ich  in  der  Germania  X,  120 
die  Richtigkeit  des  Wortes  in  der  Stelle  des  Barlaam  und 
Josaphat  in  Zweifel  zog;  dann,  wie  gesagt,  Scheler,  der  in- 
dessen von  seinem  bewährten  Scharfsinne  in  derlei  Fragen  auf 
das  Richtige  geführt  wurde;  endlich  darf  man  auch  Meyer 
nennen  (bei  meinem  Versäumnisse  sehe  ich  mich  gern  nach 
guter  Gesellschaft  um),  welcher  in  seinen  Anmerkungen  zu 
Scheler  wol  ein  paar  andere  Belegstellen  beibringt,  aber  auf 
das  MeisterAverk  nicht  hinweist.  Auch  Littre  hatte  in  seiner 
im  Journal  des  Savants  (18G5,  S.  347)  enthaltenen  Recension 
des  B.  und  J.  das  Wort  besprochen,  und  es  von  tabanus 
gedeutet;  also  tangonner  =  piquer  comme  un  taon.  Wenig 
glücklich,  wie  er  selbst  wol  fühlte,  als  er  bei  dem  Wieder- 
abdrucke der  Recension  in  dem  Buche  ,,Les  Barbares  et  le 
moyen  age"  die  betreffende  Stelle  untei-drückte. 

Zu  Diez'  Erörterungen  will  ich  nun  hinzufügen,  dafs  Galvani, 
Glossario  Modenese  481,  ein  Verbum  tanganer  verzeichnet  (in 
anderen  jemilianischen  Mundarten  scheint  es  nicht  vorzukommen), 
welches  er  ,,cavillare",  also  ,,chicaniren",  dann  auch  „avvi- 
lupparsi  e  non  risolvere"  übersetzt.  Er  erklärt  es  auch  voll- 
kommen richtig  aus  dem  mittellateinischen  Verbum,  indem  er 
ebenfalls  auf  Du  Gange  verweist.  Auch  bringt  er  damit  ital. 
tanghero  in  Zusammenhang.  Wenn  er  dann  auch  afr.  tencer 
hierher  rechnet,  so  irrt  er  sich  allerdings,  zeigt  aber  dadurch, 
dafs  er  im  richtigen  Theilc  seiner  Auseinandersetzung  unab- 
hängig von  Diez  verfuhr. 

Zum  Schlüsse  noch  die  Frage:  Ist  fendofle  als  eine  be- 
rechtigte Nebenform  \'o\\  fondefle,  Diez  II,  298,  anzusehen? 
Solche  doppelte  Umstellungen  sowol  von  Gonsonanten  als  von 
Vocalen  sind  zwar  ziemlich  häufig;  so  lange  aber  keine  andern 
Belege  gefunden  werden,  darf  man  an  einen  Schreibfehler 
denken.  A.  Mussafia. 


Miscellen.  113 

2. 

R  e  f  u  s  e  r. 

Das  französische  refuser  denkt  sich  Diez  (Wb.  I,  350), 
welcher  hier  allein  angeführt  zu  werden  braucht,  da  soviel 
bemerklich  die  übrigen  neueren  etymologen  ihm  folgen,  aus 
einem  zusammenflufs  der  beiden  verben  recusare  (recuser)  und 
refutare  (refuter)  entstanden,  oder  vielmehr  aus  recusare  durch 
einmischung  von  refutare.  Der  an  sich  viel  einfacheren  be~ 
Ziehung  auf  fundere  wird  er  deswegen  aus  dem  wege  gegangen 
sein ,  weil  teils  refusare  selbst  nicht  nachzuweisen  steht ,  teils 
von  Seiten  der  bedeutung  im  ersten  augenblicke  sich  Schwierig- 
keiten zu  erheben  scheinen.  Die  folgende  erörterung  will  ver- 
suchen diese  bedenken  zu  beseitigen. 

Dafs  refusare  nicht  vorhanden  sondern  nur  anzunehmen 
sei,  kann  schwerlich  ein  hinreichender  grund  der  abweisung 
sein;  in  sehr  vielen  Fällen  findet  dasselbe  Verhältnis  statt. 
Man  vergleiche  doucher,  dresser,  essorer,  ficher,  hausser,  oublier, 
percer,  welche  den  blofs  vorausgesetzten  formen  ductiare, 
directiare,  exaurare,  figicare,  altiare,  oblitare,  2')ertusiare  ent- 
sprechen. Noch  näher  liegen  diviser  und  user,  ja  verhalten 
sich  buchstäblich  wie  refuser  :  divisare  uiid  usare  lassen  sich 
sowenig  wie  refusare  nachweisen.  Nun  aber  stammt  refutare 
ohne  zweifei  von  refundere,  wie  das  simplex  futare  von  fun- 
dere. Wechsel  zwischen  s  und  t  in  der  bildung  des  supins 
und  der  aus  ihm  stammenden  verbalfonn  kommt  oft  genug 
vor.  Bekannt  sind  tentum  und  tensum  (attentus  und  extensus; 
von  tendere;  von  farcire  begegnet  einzeln  farsum  f,  fartum, 
daher  des  Apicius  porcellus  farsilis  neben  dem  anser  fartilis 
des  Plinius.  Varro  hat  tertus  f.  tersus,  Quintilian  spricht  von 
mertare  f.  mersare^  Plautus  sagt  mantare  (vgl.  mansitare)  und 
ziemlich  häufig  pw^tore,  j^ultatio.  Wie  sich  fartilis  zu  farsilis 
verhält,  gerade  so  futilis  zu  fusilis  :  futiUs  dicitur,  qui  silere 
tacenda  nequit,  sed  ea  effundit;  effutire  heifst  ausschwatzen 
futilis  wer  nicht  dicht  halten  kann.  Wenn  glossen  mehrmals 
futare  =  fundere  anmerken,  so  mag  die  bedeutung  von  arguere, 
welche  Festus  dem  Worte  beilegt,  sich  auf  den  redcflufs 
beziehen  (vgl.  Corssen  krit.  beitr.  s.  215);  daher  begreift  es 
sich,  dafs  refutare,  eigentlich  zurückbleiben,  vorzüglich  von 
der  Widerlegung  gebraucht  wurde.  Aber  es  hiel's  auch  „ver- 
jährt, f.  rom.  u.  engl.  Lit.   XII.  1.  3 


114  Miscellen. 

scbmälicii ",  und  eben  diese  bedeutung  findet  sich,  wie  die 
\v(")rterbücber  melden,  wenn  gleich  vereinzelt,  auch  bei  refundere. 
Resultat:  Dem  franz.  refuser  liegt  ein  von  refundere 
gebildetes  unvorfindliches  frequentativ  refusare  zu  gründe, 
dessen  bekannte  seitenform  refutare  ist, 

Berlin. 

K.  G.  Andresen. 


3. 
Etymologisches. 

Corbaccio. 

Dieses  Wort,  welches  den  Titel  einer  Prosaschrift  Gio- 
vanni Boccaccio's  bildet,  pflegt  als  Peggiorativ  von  corbo,  Rabe, 
betrachtet  zu  werden.  Man  glaubt,  es  beziehe  sich  dasselbe 
auf  die  Wittwe,  welche  in  der  Schrift  an  den  Pranger  gestellt 
wird,  und  Flögel  übersetzt  es  demgemäfs  durch  ,, Galgenvogel". 
Nur  Witte  vermuthet,  der  Autor  habe  das  Buch,  als  eine  bös- 
artige, mit  dem  Schnabel  hackende  Krähe,  so  nennen  wollen, 
imd  verwundert  sich  gleichzeitig  darüber,  wie  Fr.  Schlegel 
dazu  gekommen  sei,  Corbaccio  durch  Geifsel  zu  erklären. 
Letzteres  ist  aber  das  einzig  Richtige  und,  wenn  auch  die  ital. 
Wörterbücher  corbaccio  weder  in  dieser,  noch  in  einer  ande- 
ren Bedeutung  kenneu,  so  bietet  uns  dafür  noch  heute  die 
spanische  Sprache  die  fast  gleiche  Form  corbacho^  Karbatsche 
(fr.  cravache).  Der  Erzpriester  von  Talavera  mufs  Corbaccio 
in  diesem   Sinne  genommen  haben. 

Azzimare. 

Diez  Et.  Wtb.  ^l,  164  stellt  folgende  Reihe  auf:  ital. 
azzimare^  schmücken  =  altfr.  acesmer,  ordnen  :^=  pr.  azesmm\ 
berechnen,  bex-eiten  =  lat.  * adaestimare.  Ist  es  nicht  ein- 
facher azzimare  als  oberitalienische  Form  von  accimare  aufzu- 
fassen? Cima  heifst  zunächst  Gipfel,  Höchstes  irgend  einer 
Sache,  dann  bes.  Kopf,  Tuchleiste,  daher  cimare^  abstutzen, 
köpfen,  Tuch  scheren,  und  in  Mittelitalien  accimare,  azzimare, 
frisieren.  Aber  cima  wird  auch,  in  übertragenem  Sinne  ge- 
braucht, so  cima  d'uomo  (mailänd.  zimma  cVhovm  oder  omm  de 


Misöpllen.  JJ5 

zimmä),  Prachtmensch;  gerade  in  Bezug  auf  äufsere  Erscheinung 
bei  Boccaccio  Dec.  III,  5  Anf.:  il  quäle  s\  ornato  e  si  j)ulito 
della  lyersona  andava ,  che  generalmente  du  tutti  era  chiamato 
il  Zima.     Daher  azzimarsi,  sich  schön  machen,   sich  putzen. 


Bizzeffe. 

Unter  den  drei  Etymologieen  von  C.  Michaelis  (Jahrb. 
XI,  291  fg.)  spricht  die  erste:  ital.  bizzeffe  =  neuarab.  bizzdf, 
ungemein  an.  Und  doch  überzeugt  sie  mich  keineswegs.  Da 
so  viele  volksthümliche  italienische  Ausdrücke  unmittelbar  aus 
dem  Gelehrten-  und  Kirchenlatein  geschöpft  sind,  so  scheint 
mir  Minucci's  Ableitung  von  Ms  und  effe,  zweimal  /,  durchaus 
nicht  widersinnig,  wenn  auch  der  Hinweis  auf  das  Fiat  Fiat 
der  römischen  Magistrate  als  unglücklich  zu  betrachten  ist. 
Das  deutsche  „aus  dem  ff"  entspräche  zwar  in  der  Form 
ganz  dem  italienischen  a  bizzeffe;  aber  es  bezieht  sich  auf 
die  Qualität,  und  dies  auf  die  Quantität.  Wie  dem  auch 
sein  mag,  ich  erblicke  in  bizzeffe  eine  Zusammensetzung 
mit  verdoppelndem  oder,  wie  in  bisunto^  verstärkendem 
bis;  man  halte  neben  a  bizzeffe  das  ganz  gleichbedeutende  a 
bisbdio ,  welches  zu  Lucca  gebraucht  wird.  Uebrigens  ist  zu 
bemerken,  dafs  zz  in  bizzeffe  die  weiche  Aussprache  hat  und 
dafs  in  manchen  Gegenden  Italiens  diese  Wortform  leichte 
Veränderungen  erleidet.  So  sagt  man  zu  Neapel  a  bizzeffeja, 
zu  Arezzo  und  zu  Fistoja  a  buzzeffe  (auch  in  dem  aretinischen 
busica  =  vessica  hat  b  sich  den  folgenden  Vokal  assimilirt).  — 
Wenig  annehmbar  scheint  mir  die  Vermuthung  in  Betreff  des 
Wortes  refe  zu  sein,  über  w^elches  auch  Diez,  und  nicht  erst 
in  der  3.  Ausg.  des  Wtb.'s  handelt.  -^  Die  Auseinandersetzung 
über  orle^  ourlet  widerlegt  die  Diez'sche  Auffassung  keines- 
wegs; kymr.  or^  welches  w^eiblich  ist,  stammt,  wie  ungemein 
viele  Wörter  dieser  Sprache,  aus  dem  Lat.  und  das  Gleiche 
gilt  vom  agi.  orl. 

Leipzig,  19.  Nov.  1870. 

H.  Schuchardf. 


HG  Miscellen. 

4. 
Zur  Kritik  der  Divina  Commedia, 

Im  Anschlufs  an  das,  was  ich  im  9.  Bande  dicsei-  Zeit- 
schrift S.  23G  fg.  „Zur  Kritik  der  divina  commedia"  veröifent- 
licht  habe>  theile  ich  hier  noch  einiges  in  Bezng  auf  die  ita- 
liänischen  Pronomina  mit,  wofür  die  Belegstellen  wiederum 
der  divina  commedia  entnommen  werden  sollen. 

I. 

Eine  ausführliche  Erörterung  erfordert  die  Frage,  ob  die 
Form  lui  für  die  casus  obliqui  des  männlichen  Personalpro- 
nomens der  dritten  Person  als  eine  Genitiv-  oder  als  eine  Dativ- 
bildung zu  betrachten  ist.  Für  die  erstere  Annahme  spräche 
allerdings  die  analoge  Bildung  oro  aus  orum  (loro-illorum, 
costoro -istorum);  man  könnte  dann  vielleicht  annehmen,  lui 
wäre  aus  illius,  ebenso  wie  costui  aus  istius,  altrui  aus  alterius 
durch  Umkehrung  des  iu  in  ui  entstanden,  allein  für  eine 
solche  Umkehrung  bietet,  nach  Diez  die  Lautlehre  gar  keine 
Beispiele.  In  phonetischer  Beziehung  hält  der  eben  genannte 
Gelehrte  den  Dativ  huic  für  besser  befriedigend,  indem  er  an- 
nehmen zu  dürfen  glaubt,  die  Volkssprache  habe  iste  und  ille 
oder  vielmehr  istic  und  illic  ,,als  Zusammensetzungen  mit  hie" 
ebenso  declinirt  wie  das  einfache  hie  und  von  ihnen  die  Da- 
tive istuic  und  illuic  gebildet.  Unserer  Meinung  nach  würden 
aber  dann  die  Genitve  istuius  und  illuius,  analog  huius,  cu- 
ius,  welche  nach  Krüger  und  Pott  gunierte  Formen  für  hi-us, 
qui-us,  also  mit  der  Endung  us  sind,  von  Bopp  aber  als 
Genitive  mit  der  aus  einer  Umstellung  des  sanskr.  sja  ent- 
standenen Endung  jas  betrachtet  werden,  ebenso  nahe  liegen, 
und  die  auch  von  Diez  eingestandene  Disharmonie  zwischen 
einer  Dativbildung  für  den  Singular  und  der  Genitivbildung 
für  den  Plural  wäre  dadurch  aufgehoben.  Eine  Rechtfertigung 
dieser  Annahme  einer  Genitivbildung  giebt  Diez  selbst,  indem 
er  ein  illui,  der  Bedeutung  nach  für  illius,  anführt  auf  einer 
alten  Inschrift:  ultimum  illui  spirtum.  Ein  gewichtigerer 
Grund  für  diese  Annahme  läfst  sich  aber  noch  aus  Folgen- 
dem ersehen.  In  der  That  lauten  nämlich  die  ursprünglichen 
lateinischen.  Demonstrativpronomina  wirklich  illice  -und  istice. 
Diese    sind    aber    keineswegs    als    Composita    von  hie   anzu- 


Miscellen.  1[7 

sehen ,  dessen  urspüngliche  Form  ebenfalls  hice  gewesen  ist, 
sondern  es  ist  in  allen  dreien  die  enklitische  Anfügung  ce 
aus  ci  entstanden  und  aus  dem  demonstrativen  Pronominal- 
stamm abzuleiten,  der  im  Griechischen  in  der  Form  £X,  xs 
in  iy.tlvoc,  xsivOi^  auftritt  und  im  Sanskrit  ka  lautet.  *)  Es 
würde  dann  wol  anzunehmen,  sein,  dafs  die  drei  analog 
gebildeten  Pronomina  hice,  illice  und  istice  in  der  früheren 
Sprache  auch  einerlei  Flexion  besessen  hätten,  diese  ursprüng- 
liche Flexion  (Gen.  -uius.  Dat.  -uic)  später  aber  nur  bei  hie 
zurückgeblieben  ist. 

Wie  weit  aber  auch  das  Gesagte  uns  die  Möglichkeit 
einer  Genitivbildung  darthun  kann,  so  dürfen  wir  doch  auf  der 
anderen  Seite  einen  Umstand  nicht  verschweigen,  der  für  die 
Annahme  einer  Dativbildung  sprechen  könnte.  Es  steht  näm- 
lich lui  wirklich  zuweilen  auch  ohne  die  Präposition  a  als 
Dativ,  so: 

Inf.   1,  81:     Risposi  hii  con  vergognosa  fronte, 
Inf.  7,  67:     Maestro,   ilisse  lui,  or  mi  di  anche; 
Inf.  28,  48:     Ma,  per  dar  lui  esperienza  piena 

und  an  anderen   Stellen,  wie   im  11.  Sonett    der  vita  nuova: 

Tu   rassomigli  a  la    voce    ben  lui. 

Aber  wie  nahe  ist  bei  diesen  und  ähnlichen  Beispielen  die 
Vermutung  gelegt,  dafs  der  Dichter  selbst  durch  die  Form 
irre  geleitet  worden  ist  und  der  lateinische  Dativ  illui  ihm 
dabei   vorgeschwebt    hat. 

II. 

Analog  dem  lui  mit  der  den  romanischen  Sprachen  eigen- 
thünilichen  Endung  ui  gebildet  sind  die  Formen  nui  und  vui 
anstatt  noi  und  voi,  wie  sie  sich  bei  Dante  allerdings  nur 
im  Reim  z.  B.  Inf.  5,  95;  9,  20  und  öfter  in  den  lyrischen 
Gedichten  finden.  Die  Bildung  dieser  Formen  wurde  sehr 
begünstigt  durch  die  innige  Verwandtschaft  des  geschlossenen 
o  mit  dem  m,  und  wir  haben  es  daher  hier  vieUeicht  nur 
mit  zwei  Zeichen  für  den  nämlichen  Laut  zu  thun.  Denn  da 
viele  Wörter  in   älteren  Zeiten  und  noch   jetzt    bald    mit    dem 


1)  Vcrgl.  W.  Corsseu  über  Aussprache,   Vocalismus  und  Betonung 
der  lateinischen  Sprache  I,  271. 


118  Missellen. 

einen,  bald  mit  dem  anderen  von  diesen  beiden  Vocalen  ge- 
schrieben wurden  und  werden,  und  ältere  Dichter  unbedenk- 
lich o  und  u  mit  einander  reimen  lassen,  so  liegt  gewifs  die 
Vermutung  sehr  nahe,  dafs  auch  Dante  an  jenen  Stellen,  wo 
wir  jetzt  nui  und  vui  lesen,  noi  und  voi  geschrieben  hat 
und  der  Reim  erst  später  auch  dem  Auge  sichtbar  dargestellt 
worden  ist.    — 

Bei  dieser  Gelegenheit  dürfte  wol  auch  bemerkt  werden, 
dafs  an  Stellen  wie 

Purg.  5,  52:  Noi  fummo  gik  tutti  per  forza  morti, 

WO  manche  Ausgaben  no'  anstatt  noi  lesen,  ohne  dafs  man 
dafür  irgend  einen  Grund  sehen  könnte,  die  Lesart  noi  jeden- 
falls vorgezogen  werden  mufs,  besonders  da  auch  no'  und  vo' 
nur  dem  gemeinen  Leben  angehörige  Abkürzungen  für  noi 
und   voi  sind. 

III. 

Was  den  seltsamen  Plural  mia  des  Possessivpronomens  der 
ersten  Person  Sing,  betrifft,  so  scheint  die  Crusca  denselben 
Inf.  22,   111    angenommen   zu    haben: 

Rispose:  malizioso  son  io  troppo 
Quando  procuro  a  mia    maggior   tristizia, 

während  die  besten  und  zahlreichsten  Autoritäten,  namentlich 
alle  neueren  und  mit  ihnen  auch  Witte,  a'  miei  lesen  und 
meistentheils  miei  für  miei  compagni  nehmen,  andere  jedoch, 
ohne  die  Gezwungenheit  dieser  Auslegung  einzusehen,  miei 
mit  maggior  für    maggiori   verbinden   wollen. 

Liest  man  aber  mit  der  Crusca  a  mia,  so  kann  dies 
wol  mit  tristizia  verbunden  werden.  Allein  die  Herausgeber 
der  Crusca  scheinen  es  anders  verstanden  zu  haben.  Es  war 
nämlich  mia,  tua,  sua  bei  den  Alten  und  namentlich  bei  den 
Florentinern  sehr  beliebt,  und  man  sagte  in  Toskana  i  mia 
parenti,  i  mia  fratelli  öfters  anstatt  i  miei.  Es  ist  darum 
durchaus  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  Dante  sich  hier  auch 
einmal  dieses  den  Florentinern  eigenen  Idiotismus  bedient 
hat,  und  dafs  an  dieser  Stelle  mia  für  miei  in  dem  oben  ange- 
deuteten Sinne  genommen  werden  mufs.  Mit  dieser  Auslegung 
stimmen  denn  auch  von  italiänischen  Erklärern  Monti,  Tom- 
maseo  und  Cesari  überein.  — 


Miscellüii.  119 

Die  bei  älteren  Dichtern  noch  häufiger  vorkommenden 
Formen  tui  und  sui  für  tuoi  und  suoi  finden  sich  bei  Dante 
nur  noch  im  Reime  und  zwar  nur  an  fünf  Stellen  des  In- 
ferno. Sonst  finden  sie  sich  nirgends  in  der  divina  commedia, 
inid  man  kann  aus  diesem  Umstände  wol  ersehen,  dafs  Dante 
sich  ohne  Not  niemals  dieser  Formen  bedient  hat. 

Gera,    den    18.  October  1869. 

Dr.  Ludwig   B o s s le r . 


5. 
Zu  Paul  Meyer's  Etudes  sur  la  chanson  de  Girart  de  Roussillon. 

Paul  Meyer  sagt  in  seiner  vortrefflichen  Auseinander. 
Setzung  über  die  handschriftlichen  Gestaltungen  des  Girart  de 
Roussillon  im  letzten  Hefte  des  Jahrbuchs  p.  125,  dafs  die  7 
Tiraden  der  Verse  4190  —  4397  in  der  Oxforder  Handschrift 
derartig  umgestellt  seien,  dafs  Tirade  III  vor  II  gesetzt  sei 
und  beide  in  Tirade  VII  eingeschoben  seien.  Das  ist  äufser- 
lich  ganz  richtig.  Wie  aber,  wenn  Tirade  III  uud  II  2  Perga- 
mentblätter anfüllen,  welche  von  fremder  Hand,  in  verschie- 
denem Dialekt  geschrieben  sind,  welche  sogar  in  der  Zeilen- 
zahl [die  Seite  hat  hier  30  Zeilen] ,  dem  Format  und  wie 
ich  glaube  auch  dem  Pergament  nach  verschieden  sind?  Dann 
kann  doch  als  Eigeuthümlichkeit  der  Oxforder  Handschrift  nur 
die  Unterdrückung  der  Tiraden  II  und  III  gelten.  Diese  Unter- 
drückung bemerkte  ein  späterer  Besitzer  und  ersetzte  sie 
durch  Einfügung  der  beiden  Blätter,  beging  aber  das  Versehen, 
sie  um  ein  Blatt  zu  spät  einzuheften.  Die  Blätter  gehörten 
zwischen  fol.  85  (wo  in  der  Mitte  der  Rückseite  die  beiden 
Tiraden  ausgefallen  waren)  und  fol.  86.  Der  Schreiber  der 
Oxforder  Handschrift  scheint  an  dem  Fehlen  der  beiden  Tiraden 
nicht  Schuld  zu  sein,  da  er  die  Lücke  in  der  Erzählung 
bemerkend  hier  einen  Abschnitt  vermuthet  und  denselben  durch 
eine  besonders  grofse  und  verzierte  Initiale  kennzeichnete.  Die 
beiden  eingefügten  Blätter  sind  als  Rest  einer  fünften  Hand- 
schrift anzusehen,  aus  welcher  sie  entweder  direct  entnommen 
oder  zu  dem  vorliegenden  Zweck  abgeschrieben  sind.  In  dieser 
fünften   Handschrift   fand   sich  die    Umstellung  von   Tirade   II 


120  Miscellen. 

und  III,  welche  P.  Meyer  auch  an  den  in  seinem  Besitz  befind- 
lichen Fragmenten  constatirt,  welche  jedoch  nun  wohl  umgelegt 
werden  müssen  und  so  die  Tiraden  III,  II,  V,  bieten.  Man 
könnte  verniuthen,  unsere  beiden  Blätter  seien  der  Londoner 
Handschrift  entnommen,  welches  eine  Lücke  von  4185  —  4429 
zeigt.  Dem  widerspricht  jedoch  von  vornherein  Schrift,  Sprache 
und  Format  der  Handschrift.  Ich  will  nicht  weiter  auf  die 
Verschiedenheit  der  Sprache  eingehen,  .welche  die  beiden  ein- 
geschobenen Blätter  bieten.  Ich  überlasse  das  gern  dem  weit 
mehr  dazu  befähigten  Verfasser  der  Etudes.  Nur  die  wenigen 
sachlichen  Bemerkungen  glaubte  ich  nicht  zurückhalten  zu 
dürfen,  da  ich  an  der  Quelle  selbst  sitze,  um  so  mehr  als 
Herr  Meyer  selbst  dazu  aufgefordert  hat.  Proben  für  meine 
Behauptungen  halte  ich  für  unnöthig  zu  geben,  da  ein  Mal  Herr 
P.  Meyer  im  Besitz  einer  Collation  ist,  dann  aber  auch  der  Rest 
des  Oxforder  MS.  bald  ganz  in  der  Mahn'schen  Sammlung  vor- 
liegen wird.  Seit  September  vorigen  Jahres  befindet  sich  Dr. 
Mahn  im  Besitze  meiner  Copie  von  4000  Versen ,  unter  welchen 
sich  gerade  auch  die  betreffende  Stelle  befindet,  nebst  einer 
Collation  des  schon  gedruckten  Theiles.  Hoffentlich  wird  der 
neue  Band  bald  erscheinen,  so  dafs  ich  in  der  Lage  bin,  den 
Druck  noch  ein  Mal  mit  der  Handschrift   zu   vergleichen. 

Oxford.  Edmund  Stengel. 

Post  scriptum.  Die  beiden  fraglichen  Worte  in  der  von 
Paul  Meyer  S.  126  ausgehobenen  Stelle  Zeile  5  betreffend 
constatire  ich,  dafs  ganz  deutlich  Quin  und  gerre  [für  gent] 
zu  lesen  ist.  Schliefslich  bemerke  ich  zu  den  ,,Glanures  Lexi- 
cographiques ",  dafs  die  Ausgabe  der  Miracles  de  saint  Eloi 
von  mir  einer  genauen  Vergleichung  mit  der  übrigens  gut  ge- 
schriebenen Handschrift  unterzogen  werden  wird.  Ich  werde 
die  Resultate  der  Collation  seiner  Zeit  mittheilen.  Ueberhaupt 
wäre  es  von  grofsem  Nutzen,  wenn  alle  die  Ausgaben,  welche 
von  nicht  hinreichend  geschulten  oder  unsorgfältigen  Heraus- 
gebern gemacht  sind,  besonders  die  welche  nur  in  einer  Hand- 
schrift überliefert  sind,  noch  ein  Mal  collationirt  würden.  Für 
die  in  England  befindlichen  MSS.  denke  ich,  wenn  Zeit  und 
Mofse  nicht  fehlen,  einen  Theil  dieser  freilich  nicht  sehr  an- 
ziehenden Arbeit  zu  übernehmen. 


Zum  Andenken  an  Dr.  Julius  Brakelmann.  J21 


Zum  Andenken 


Dr.  Julius  Brakelmann. 


Kanonenschüsse  verkünden  soeben  den  Abscblufs  des 
Friedens.  Wir  stehen  heute  am  Ende  des  gewahigen  Völker- 
kampfes, dem  Deutschland  seine  politische  Wiedergeburt  zu 
verdanken  haben  sollte.  Eine  Frucht  dieser  Art  konnte  nicht 
mühelos  gepflückt  —  konnte  nicht  anders  als  durch  nachhaltiges 
Aufgebot  aller  Kräfte  und  durch  freudigste  Hingabe  auch  der 
kostbarsten  Opfer  errungen  werden.  Zu  diesen  edlen  Opfern, 
welche  das  Vaterland,  welche  vor  allem  die  friedliche  Gemeinde 
deutscher  Wissenschaft  zu  beklagen  hat,  zählt  auch  Julius 
Brakelmann;  ja  er  ist  vielleicht  der  einzige,  dessen  frühzeitiger 
Tod  hüben  und  drüben  fast  gleich  schmerzlich  empfunden 
werden  wird,  der  einzige,  in  dessen  Betrauerung  die  beiden 
erbitterten  Völker  sich  einträchtig  begegnen. 

Es  steht  dieser  Zeitschrift,  welche  mehi'ere  seiner  gehalt- 
vollsten Arbeiten  in  die  Welt  eingeführt  hat,  wohl  an,  ihren 
Lesern  den  Lebensgang  und  die  wissenschaftliche  Bedeutung 
des  frühvollendeten  Mitarbeiters  in  wenigen  Hauptzügen  vor- 
zuführen. 

Julius  Brakelmann  wurde  am  29.  Januar  1844  in  der 
westfälischen  Stadt  Soest  geboren,  die  sich  auch  rühmen 
kann,  die  Heimat  des  jüngst  verstorbenen  Nestors  der  klassi- 
schen Philologie,  August  Meineckes,  zu  sein.  Er  war  der 
einzige  Sohn  der  zweiten  Ehe  seines  noch  daselbst  als  Kauf- 
mann lebenden  Vaters.  Der  Mangel  geschwisterlichen  Um- 
gangs trieb  den  vereinsamten  Knaben,  der  sich  von  frühster 
Kindheit  an  durch  eine  ungestüme  Lebhaftigkeit  des  Geistes 
auszeichnete,  schon  mit  5  Jahren  ganz  und  gar  der  Bücher- 
welt in  die  Arme.  Er  verschlang  während  seiner  ganzen 
Knabenzeit    —    zum    Theil    unter    Vernachlässigung    gewisser 


122  Dr.  G.  Legeilotz 

trocknerer  Schuldisciplinen  wie  der  Mathematik  und  Gramma- 
tik —  ohne  Auswahl  alles ,  was  ihm  von  gedruckten  Sachen 
in  die  Hände  liel.  Es  ist  jedenfalls  ein  Beweis  für  die 
ungewöhnliche  Geisteskraft  des  Knaben,  bei  dieser  Lesewuth 
nicht  zum  schlaffen  Träumer  und  blasirten  Halbwisser  ver- 
kümmert zu  sein,  sondern  sich  schon  vor  seiner  Confirmation 
einen  überaus  reichen  Schatz  wohlgeordneter  Kenntnisse, 
namentlich  auf  dem  Gebiete  der  deutschen  Literatur,  vom  Mittel- 
alter bis  auf  die  neueste  Zeit,  angeeignet  und  sich  ein  über- 
raschend klares,  scharfes,  selbständiges  Urteil  bewahrt  zu  haben. 
Wie  wenig  die  eigene  Schöpferkraft  des  Knaben  unter  dieser 
massenhaften  Stoffaneignung  gelitten,  davon  zeugen  die  zahl- 
reichen, zum  Theil  schon  auf  Veröffentlichung  berechneten 
Privatproductionen ,  welche  durch  seine  ganze  Gymnasialzeit 
sich  verfolgen  lassen:  anfangs  poetischer  Natur,  selbst  mit 
Einschlufs  des  historischen  Trauerspieles  —  beim  Secundaner 
und  Primaner  hingegen  vorherrschend  von  wissenschaftlichem 
Charakter  und  bereits  mit  ausgesprochener  Vorliebe  auf  die 
Zeit  bezüglich,  welche  seinem  Forscherfleifse  späterhin  so  viel 
zu  verdanken  haben  sollte:  das  Mittelalter,  —  Diese  ganze 
Frühreife  ist  einer  der  hervorstechendsten  Züge  in  dem  geistigen 
Bilde  Brakelmanns. 

Er  besuchte  das  Gymnasium  seiner  Vaterstadt  von  1853 
bis  1859,  von  da  an  bis  zu  seinem  Abgange  zur  Universität, 
Herbst  1863,  das  Gymnasium  zu  Essen.  Mit  allerlei  Kennt- 
nissen und  Ideen  in  dem  jungen  Kopfe,  wovon  die  Schul- 
weisheit eines  Sextaners  bis  Tertianers  sich  sonst  nichts  träumen 
läfst,  fand  Brakelmann  bei  seinen  Soester  Mitschülern  kein 
Verständnifs,  keine  Anerkennung,  sondern  vielmehr  Angriffe 
und  Verfolgungen,  die  er  in  diesem  bellum  omnium  contra 
unum  mit  derjenigen  Waffe  ausfocht,  welche  ihm  seine  geistige 
Ueberlegenheit  in  die  Hand  gab:  die  Satire.  Auch  sie  gehört 
zu  den  charakteristischen  Eigenthümlichkeiten  Brakelmanns.  — 
Bemerkenswerth  ist  aus  dieser  Zeit  noch,  dafs  er  schon 
damals  eine  ausgeprägte,  schwer  zu  erklärende  Vorliebe  für 
das  Fr  anzösische  besafs.  Und  in  jener  hochstrebenden  Kühn- 
heit, die  von  jeher  ihm  eigen  war,  sehen  wir  ihn  gleich  nach  der 
ersten  Aneignung  der  ersten  Elemente  dieser  Sprache  nach 
einem  Schriftsteller  greifen ,  der  sonst  für  die  Jugend  gewifs 
keine   ansprechende    und    im   ullgeracincn    noch     weniger    eine 


Zum  Andenken  an  Dr.  Julius  Brakelmann.  j  23 

empfehlenswerthe  Kost  darbietet.  Es  steht  fest,  dafs  Brakel- 
mann bereits  im  Alter  voii  14 — 15  Jahren  sich  mit  einem  sehr 
grofsen  Theile  der  Werke  Voltaires  vertraut  gemacht  hat.  — 
Diese  Vorliebe  für  das  Französische  und  die  deutsche  Literatur 
zeitigte  bereits  in  dem  Essener  Secundaner  den  festen  Entschlufs, 
die  Theologie,  welche  die  zärtlich  geliebte  Mutter  von  ihm 
dereinst  ergriffen  zu  sehen  wünschte,  dennoch  ein  für  allemal 
aufzugeben  und  sich  dem  Studium  der  neueren  Sprachen,  nament- 
lich der  romanischen,  zu  widmen.  Er  sah  übrigens  schon 
jetzt  klar  ein,  dafs  für  seine  Ziele  gründliche  grammatische 
Kenntnisse  eine  unerläfsliche  Vorbedingung  seien;  das  heran- 
rückende Abiturientenexamen  mit  seiner  Mahnung  kam  hinzu  — 
und  so  ward  denn  kurzer  Hand  der  Entschlufs  gefafst,  durch 
Privatfleifs  jene  Lücken  auszufüllen,  welche  frühere  Abneigungen 
in  gewissen  Fächern  verursacht  hatten.  Und  bei  seiner  grofs- 
artigen  Arbeitskraft  war  dies  gar  bald  gelungen.  Dispensation 
vom  mündlichen  Examen  und  ein  überaus  glänzendes  Zeugnifs 
krönten  seine  Bemühungen.  — 

Wiewohl  die  Universität  Berlin  damals  noch  gar  keine 
besondere  Professur  für  romanische  Sprachen  besafs,  so  zog 
der  junge  Mann,  im  Vertrauen  auf  eigene  Kraft  und  Einsicht, 
dennoch  die  Hochschule  der  preufsischen  Hauptstadt  der  des 
Rheinlandes  vor.  Es  mochte  ihn  eben  das  glänzende  Getriebe 
der  Residenz  sowie  die  reichen  und  seltenen  Schätze  ihrer 
Bibliotheken  locken.  Büchereien  mit  ihren  schweinsledernen 
Folianten  und  dem  darin  versteckten,  der  Erlösung  harrenden 
Hort  hatten  schon  für  den  angehenden  Secundaner  einen 
dämonischen  Zauber,  der  ihn  zu  mancher  ergiebigen  Fahrt  in 
ihre  staubigen  Schachten  trieb.  In  so  sicheren  und  folgerechten 
Bahnen  verlief  das  ganze  Leben  Brakelmanns  von  Anfang  an! 

In  den  Mittelpunkt  der  Universitätsstudien  wurden  von 
ihm  die  romanischen  Sprachen  gerückt;  daran  schlofs  er  in 
vei-ständiger  Einsicht  allgemeine  linguistische,  klassische  und 
germanistische  Studien,  sowie  Geschichte  und  Paläographie. 
Steinthal  scheint  von  allen  Docenten  derjenige  gewesen  zu 
sein,  welcher  den  nachhaltigsten  Einflufs  auf  ihn  ausgeübt.  — 
Brakelmann  verblieb  in  Berlin  bis  Ostern  1867  mit  einziger 
Unterbrechung  während  der  Sommermonate  des  Kriegsjahres 
1866,  das  ihn  als  Vicefeldwebel  im  2.  Garderegiment  gegen 
Baiern    ins    Feld  rief.     Seit  dem  Herbste   1665  gehörte  er  als 


124  Dr.  6-  Legerlotz 

aufserordentliclies  Mitglied  dem  mit  dem  Friedrichs -Gymnasium 
zu  Berlin  verbundenen  „Seminar  für  Lehrer  der  neueren 
Sprachen"  an.  Professor  Herrig,  unter  dessen  Leitung  diese 
Anstalt  noch  heute  steht,  äufsert  sich  über  Brakelmanns 
damalige  Mitgliedschaft  folgendermafsen :  „In  dem  Seminar 
zog  er  durch  den  Umfang  und  die  Gründlichkeit  seiner  Kennt- 
nisse, sowie  durch  die  Frische  und  Schlagfertigkeit  seines 
ganzen  Wesens  sehr  bald  die  Aufmerksamkeit  auf  sich,  und 
die  Trefflichkeit  seiner  Leistungen  begründete  mehr  und  mehr 
bei  jedem  Unbefangenen  die  Ueberzeugung,  dafs  dieser  kenntnifs- 
reiche,  energische  junge  Mann  wohl  befähigt  und  berufen  sei, 
das  wissenschaftliche  Studium  der  neueren  Sprachen  dereinst 
auf  eine  höhere  Stufe  zu  führen."  —  Aufserdem  war  er  Mit- 
glied der  gleichfalls  von  Herrig  geleiteten  ,,  Berliner  Gesell- 
schaft für  das  Studium  der  neueren  Sprachen." 

Im  Frühling  1867  finden  wir  Brakelmann  plötzlich  auf 
dem  dem  Grafen  Bniuski  angehörigen  Schlosse  Samostrzel  in 
der  Provinz  Posen,  wo  er  den  jungen  Sohn  des  Hauses  in 
deutscher  Sprache  und  Literatur  unterrichtet  und  die  ihm 
gelassene  Mufse  zur  Vorbereitung  auf  die  Promotion  sowie 
zur  Abfassung  einer  Preisaufgabe  benutzt.  Die  genannte 
Berliner  Gesellschaft  hatte  nämlich  auch  in  jenem  Jahre  wieder 
ein  Reisestipendium  „für  einen  Studirenden,  der  sich  zur 
Erweiterung  und  Vertiefung  seiner  Kenntnifs  der  neueren 
Sprachen  in  Frankreich  oder  England  aufhalten  sollte",  aus- 
geschrieben und  zur  Bedingung  gemacht,  ,,dafs  die  Bewerber 
durch  irgend  eine  wissenschaftliche  Arbeit  ihre  Befähigung 
nachweisen  sollten".  Brakelmann  hatte  die  Freude,  seiner 
Abhandlung  ,,Histoire  de  l'etude  de  la  langue  d'oil"  den  Preis 
vor  20  anderen  Concurrenzarbeiten  zuerkannt  zu  sehen.  Als- 
bald wird  die  Hauslehrerstelle  von  ihm  aufgegeben  und  die 
Promotion  beschleunigt,  damit  er  noch  in  selbigem  Jahre  die 
fränkische  Hauptstadt  erreiche,  die  damals  gerade  in  Folge 
der  Weltausstellung  in  doppeltem  Glänze  prangte.  So  erwarb 
er  sich  denn  auch  im  Herbste  das  Doctordiplom  der  Göttinger 
Hochschule  durch  eine  gehaltvolle  Dissertation  über  den  ita- 
lienischen Novellisten  der  Reformationszeit  Giovan  Francesco 
Straparola  da  Caravaggio  (Göttingen,  Universitäts-Buchdruckerei 
von  Huth,  1867),  worin  er  mit  grofser  bibliographischer  Ge- 
lehrsamkeit und  sehr  besonnenem  Urteil,  dem  man  selbst  einem 


I 


l 


Zum  Andenken  an  Dr.  Julius  Brakelmann.  ]^25 

Wilh.  Grimm  gegenüber  meistenteils  Recht  geben  mufs,  über 
das  Leben  sowie  über  die  verloren  gegangenen  und  die  noch 
erhaltenen  Werke  jenes  „Vaters  der  Feenmärchen  in  Europa" 
handelt.  Und  nun  ging's  freudepochenden  und  hoffnung- 
geschwellteu  Herzens  nach  Paris,  wo  ohne  langes  Besinnen 
mit  jugendlicher  Begeisterung  und  nordischem  Fleifse  die  xiuf- 
gabe  in  Angriff  genommen  wurde^,  welche  die  Berliner  Gesell- 
schaft ihrem  Stipendiaten  gestellt  hatte:  eine  sorgfältige  und 
treue  Abschrift  der  altfranzösischen  Liederhandschrift  Fonds 
Mouchet  8  der  kaiserlichen  Bibliothek  in  Paris,  welche  ihrer- 
seits wieder  eine  sehr  gute  Copie  des  äufserst  werthvollen 
Berner  Codex  389  ist,  anzufertigen.  Brakelmann  entledigte 
sich  seiner  Aufgabe  in  ausgezeichneter  Weise  und  wufste  den 
Werth  seiner  Arbeit  durch  eine  Einleitung  uud  durch  kritische 
Anmerkungen  und  Beilagen  noch  zu  erhöhen.  S.  Herrigs 
Archiv  Bd.  41,  p.  339—376;  Bd.  42,  p.  73—82  und  p.  241 — 
392,  Bd.  43. 

Diese  Arbeit,  welche  auf  einem  bis  dahin  ungemein  ver- 
nachlässigten Gebiete,  dem  der  altfranzösischen  Lyrik,  den 
Mitforschern  ein  sehr  reiches  Material  zugänglich  machte, 
wurde  für  Brakehnann  der  Ausgangspunkt  für  eine  ganze 
Reihe  von  Abhandlungen,  welche  sich  dieses  Literaturzweiges 
liebevoll  annahmen.  Zunächst  ist  zu  nennen:  „Die  23  alt- 
französischen Chansonniers  in  Bibliotheken  Frankreichs,  Eng- 
lands, Italiens  und  der  Schweiz"  (Herrigs  Archiv  Bd.  42,  p. 
43  —  72),  sowie  die  Arbeiten:  „Kritischer  Anhang  zu  der 
Abhandlung  über  die  altfranz.  Chansonniers"  (Herrigs  Arch. 
Bd.  43,  p.  185  fg.)  uud  „Zur  Berner  Liederhandschrift  231" 
(in  Lemckes  Jahrbuch  Bd.  10,  p.  381  —  98).  Alle  drei  Arbeiten 
verfolgen  den  Zweck,  einen  Ueberblick  über  das  gesammte 
handschriftlich  noch  vorhandene  Material  für  die  altfrauz. 
Lyriker  zu  geben  und  den  Werth  der  betreffenden  Manuscripte 
und  ihre  Beziehungen  zu  einander  festzustellen.  Ihnen  schliefst 
sich  an:  „Verlorene  Handschriften"  (Jahrbuch  Bd.  11,  p. 
94  — 108),  worin  Brakelmann  auf  den  Verlust  von  4  für  die 
altfranz.  Lyrik  sehr  werthvollen  Handschriften,  welche  Ste 
Palaye  noch  gekannt,  aufmerksam  macht,  zugleich  aber  auch 
einen  bis  dahin  unbekannten  Codex  (Fonds  franyais  12780 
der  Pariser  kaiserl.  Bibl.)  nachweist,  der  für  die  lyrische 
Gattung  der  Motets  nicht  unwichtig  ist.   —   Ebenso    aumuthifi: 


126  I>r-  Gr.  Legerlotz 

als  gelehrt  ist  die  Arbeit:  „Die  Pastourelle  in  der  nord-  und 
südfranzösischen  Poesie,  Ein  Beitrag  zur  franz.  Litteratur- 
geschichte  des  Mittelalters"  (Jahrbuch  Bd.  9,  p.  155  —  89  und 
p.  307  —  37).  Brakelmann  tritt  hierin  der  herrschenden  An- 
sicht entgegen,  als  sei  die  altfranzösische  Lyrik  nichts  weiter 
als  ein  matter  Abklatsch  der  provenzalischen,  und  macht 
wenigstens  für  die  Pastourelle  die  Priorität  und  gröfsere  Aus- 
giebigkeit und  Mannigfaltigkeit  der  Nordfranzosen  geltend. 
Brakelmann  schliefst  seine  an  sich  schon  höchst  anziehende 
Arbeit  mit  einem  Anhange,  worin  er  16  bis  dahin  noch 
unbekannte  altfranz.  Pastourellen  nach  4  Pariser  Handschriften 
veröffentlicht. 

Wie  heimisch  Brakelmann  auch  auf  anderen  Gebieten  der 
altfranz.  Literatur  war,  beweist  seine  eingehende  Anzeige 
des  Buches:  „L'Art  d' Amors  und  die  Remedes  d'Amors  etc., 
herausgeg.  von  Körting"  (Jahrb.  Bd.  9,  p.  338  —  43  und  p. 
403  —  31)  —  die  für  die  Herausgabe  dieser  Ovidischen  Lehr- 
gedichte einen  vollständig  neuen  Boden  schafft,  indem  es 
Brakelmann  gelungen  war,  2  ganz  neue,  besonders  wichtige 
Handschriften  der  art  d'amors  und  eine  gleichfalls  noch 
unbekannte  Bearbeitung  der  remedes  an  das  Tageslicht  zu 
ziehen.  —  So  eben  erscheinen  noch  von  Brakelmann  in 
Zachers  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  2  Arbeiten:  „Die 
Nitharth  and  Schrift  und  die  Eide  von  Strafsburg",  sowie  eine 
Anzeige  der  Ausgabe  des  Besant  de  Dieu  von  Martin^  doch 
ist  mir  der  betreffende  3.  Band  der  Zeitschrift  noch  nicht 
zugegangen. 

Unter  seinem  Nachlasse  befindet  sich  noch  eine  ziemlich 
umfangreiche  Anzeig  e  des  Buches:  ,,  Altfranz.  Romanzen  und 
Pastourellen,  hrsg.  von  K.  Bartsch"^  ferner  mancherlei  Anecdota 
Bernensia,  sowie  Vorstudien  zu  verschiedenartigen  Arbeiten; 
endlich  aber  auch  noch  der  Torso  des  Hauptwerkes  seines 
ganzen  Lebens:  einer  kritischen  Gesammtausgabe  der  altfranz. 
Lyriker  des  12.  und  13.  Jahrhunderts,  die,  mit  Einleitungen 
und  Varianten  und  sonstigen  Noten  in  franz.  Sprache  [versehen, 
bei  Franck  (Vieweg)  in  Paris  in  3  Bänden  zu  etwa  70  Bogen 
erscheinen  sollte.  Mir  liegen  S.  1  bis  208  und  mehrere  Cor- 
recturbogen  des  1.  Bandes  vor;  da  jedoch  der  Druck  bereits 
anfangs  Mai  1869  begonnen  hat  und  Brakelmann  überdies 
contractlich  verpflichtet  war,  das  Mscr.  des  3.  Bandes  spätestens 


Zum  Andenken  an  Dr.  Julius  Brakelmanu.  J27 

bis  zum  1.  Okt.  1870  einzuliefern,  so  ist  es  liöcbst  wahrscbeinlicli, 
dafs  der  Druck  bereits  viel  weiter  vorgeschritteu  ist  und  das 
Werk  wenigstens  bandscbriftlich  seinem  Abscblusse  nabe  war, 
als  der  junge  Mann  am  17.  Juli  vorigen  Jabres  von  Paris  auf 
Nimmerwiederseben  scbied.  Völligen  Aufscblufs  bierüber  werden 
uns  erst  seine  Effecten  geben,  die  er  damals  —  docb  wobl- 
verpackt  —  in  der  feindbcben  Hauptstadt  zurücklassen  mufste, 
und  die  jetzt,  nach  eingetretener  Capitulation,  bereits  der 
Gegenstand  meiner  Bemübungen  geworden  sind.  Hoffen  wir, 
dafs  sie  all'  den  Gefabren,  die  ibnen  in  der  umlagerten  und 
beschossenen  Stadt  drohten,  glücklich  entgangen  sind,  und 
dafs  das  treffliche  Werk,  welches  durch  den  von  jener 
schmachvollen  Austreibung  mitbetroffenen  deutschen  Ver- 
leger so  geschmackvoll  uud  sauber  ausgestattet  worden  ist 
und  überall  die  sorgsame  „mit  gleicher  Lust  und  gleichem 
Wissen "  bis  ins  Kleinste  sich  versenkende  Arbeit  ihres  abge- 
schiedenen Herausgebers  verräth,  zu  einem  würdigen  Ende 
geführt  werde. 

Für  die  zunftgenössischen  Zwecke  des  Jahrbuches  mag 
es  genügen ,  die  andere ,  mehr  populäre  Seite  der  schriftstel- 
lerischen Thätigkeit  Brakelmanns  eben  nur  anzudeuten.  Er 
bat  für  die  Grenzboten,  für  Unsere  Zeit,  für  Lehmanns 
Magazin,  für  die  Augsb.  Allg.,  die  Vossiscbe,  die  Spenersche 
imd  die  Nationalzeitung,  für  die  Wiener  Tagespresse,  die 
Rheinische  Allg.  und  die  Leipziger  Illustr.  Zeitung,  sowie  für 
einige  andere  Blätter  eine  ganze  Reihe  von  Artikeln  geschrieben, 
die  sich  teils  auf  französische  Literaturgeschichte,  teils  auf 
bemerkenswertbe  Neuheiten  des  deutschen  und  französischen 
Büchermarktes,  teils  auf  Politik,  teils  auf  das  Pariser  Leben 
bezieben.  Wenn  man  bedenkt,  dafs  alle  diese  Werke  die 
Erzeugnisse  dreier  kurzer  Jahre  sind,  so  wird  man  erst  ganz 
inne,  welche  rüstige,  vielverheifsende  Kraft  die  Wissenschaft 
in  Brakelmann  nur  allzu  früh  verloren.  Bis  zum  Herbste 
1871  wollte  er  noch  im  Auslande  verweilen  und  zur  Ver- 
tiefung und  Erweiterung  seiner  Kenntnifs  der  romanischen 
Sprachen  auch  noch  Spanien  und  Italien  besuchen,  um  sich 
alsdann  an  einer  Hochschule  seiner  deutschen  Heimat  zu  babi- 
litireu.  Es  sollte  anders  kommen.  Mitte  Jiüi  vorigen  Jahres 
eilte  er  auf  den  Ruf  des  Vaterlandes  freudigen,  ja  kecken 
Muthes  zu  den  Fahnen,    und  gerade  einen  Monat  später,    am 


128      ^^-  Gf.  Legerlotz,  Zum  Andenken  an  Dr.  Julius  Brakelmann. 

16.  August,  ereilte  ihn  bei  Mars  la  Tour  das  tödtliclie  Ge- 
schofs  aus  den  Reihen  desselben  Volkes,  das  ihm  für  die 
Aufhellung  seiner  literarischen  Vergangenheit  so  viel  zu  ver- 
danken hat. 

Mit  ihm  verlor  der  betagte  Vater  den  Stolz  seines 
Lebens,  die  Wissenschaft  einen  hochbegabten  und  nimmer 
rastenden  Jünger,  das  Vaterland  einen  treuen  Sohn,  der  auch 
in  der  Fremde  den  deutschen   Schild  blank  hielt. 

,,Er  wird  sich  droben  nicht  nach  der  Erde  umwenden 
und  nach  ihrem  Lohne;  seinen  Lohn  bringt  er  mit  hinauf; 
aber  ihr  geniefst  den  seinen  hier  unten." 

Soest  den  27.  Februar  1871. 

Dr.  G.  Legerlotz. 


Berichtigung. 


Band  XI,  Heft  4,  Seite  370  letzte  Zeile,  statt:  blos,  lies:  statt  seiner. 

379  / 
„  „  „      oop  [    TJeberschrift  zu  VIII.  st.:  Fee,  1.:  Feen. 


Druck  von  F.  A.  BrocKliaus  in  Leipzig. 


Die  Narrationcs  des  Odo  de  Ciringtonia.  J^OQ 


Die  Narrationes 

des 

Odo  de  Ciringtonia.*) 


IL 

Die  Sammlung  moralisirter  Fabeln  und  Parabeln, 
welche  der  englische  Cisterciensermönch  Odo  von  Shirton 
im  letzten  Drittel  des  zwölften  Jahrhunderts  verfafste, 
und  deren  ältester  Text  im  Jahrbuch  IX,  2  veröffentlicht 
ist,  verdankt  ihre  Stellung  und  Bedeutung  in  der  Literatur- 
geschichte hauptsächlich  dem  Umstände,  dafs  sie  die  älteste 
Quelle  einer  nicht  unbedeutenden  Reihe  von  Erzählungs- 
stoffen darstellt,  welche  in  den  nächstfolgenden  Jahr- 
hunderten eine  weite  Verbreitung  unter  den  Culturvölkern 
Europas  gefunden  und  dadurch  einen  nicht  unwesent- 
lichen Einflufs  auf  die  Literaturentwickelung  des  Mittel- 
alters erlangt  haben.  Vor  meiner  Veröffentlichung  des 
lateinischen  Originaltextes  mufste  das  spanische  Libro  de 
los  Gatos  als  die  letzterreichbare  Quelle  für  die  Mehrzahl 
dieser  Stücke  gelten;  nachdem  ich  nachgewiesen  hatte, 
dafs  die  spanische  Sammlung  nichts  sei,  als  eine  sklavisch 
treue  Qebersetzung  des  Odo'schen  Werkes,  waren  die 
Grundzüge  des  wahren  Sachverhalts  allerdings  festgestellt, 
aber  das  Einzelne,  die  Art  der  Verbreitung  bei  den  ein- 
zelnen Völkern,  konnte  noch  nicht  völlig  aufgehellt, 
wenigstens  noch  nicht  urkundlich  belegt  werden.  *  Denn 
wenn  ich  in  England  auch  eine  Reihe  von  Handschriften 
der  Narrationes  nachgewiesen  hatte,  welche  dem  L^mfange 
ihrer  Verbreitung  in  diesem  Lande  ungefähr  entsprach, 
wenn  das  Libro   de    los  Gatos  auch   den  zuverlässigsten 


*)  S.  Jahrbuch.  Bd.  IX,  S.  121. 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.    XII.  2. 


130  '  Hermann  Oesterley 

Aufschlufs  über  die  Verbreitung  in  Spanien  gab,  und  die 
in  Flandern  aufgefundenen  Handschriften  ein  Zeugnis  für 
die  Verbreitung  sowohl  in  Frankreich  wie  in  den  Nieder- 
landen ablegten,  so  konnte  doch  in  Italien  nicht  die  geringste 
Spur  einer  Handschrift  nachgewiesen  werden,  und  in 
Deutschland,  welches  die  hauptsächlichsten  Vehikel  der 
späteren,  mittelbaren  Verbreitung  lieferte,  nicht  mehr,  als 
eben  eine  Spur,  ein  kleines,  nur  acht  Capitel  umfafsendes 
Bruchstück  einer  noch  dazu  späten  Abschrift. 

Im  weiteren  Verlaufe  meiner  Forschungen  ist  es  mir 
nun  gelungen,  diese  Lücken  auszufüllen,  in  einer  aus 
Deutschland  und  einer  aus  Italien  stammenden  Hand- 
schrift den  vollgültigen  Beweis  von  der  Verbreitung  des 
Odo'*schen  Grundwerkes  auch  in  diesen  Ländern  zu 
liefern.  Der  Name  Odo's  ist  zwar  in  beiden  nicht  ge- 
nannt, aber  die  Identität  kann  keinem  Zweifel  unterliegen. 
Der  Pergamentcodex  103  der  Coblenzer  Gymnasial- 
bibliothek enthält  ExcerjDte  aus  einer  Reihe  von  Samm- 
lungen moralisirter  Stücke  verschiedenen  Inhalts,  welche 
ich  auch  sonst  mehrfach  zusammengeschrieben  gefunden 
habe;  zunächst  die  Moralitates  von  Holkot  mit  dem 
Schlüsse:  Expliciunt  quedam  moralitates  holcoti,  que  mihi 
placuerunt  extrahere  inter  alias;  ferner:  Incipiunt  quedam 
moralitates  de  aliquibus  enigmatibus  aristotelis,  que  mihi 
placuerunt  extrahere  inter  alias;  weiter:  Incipiunt  quedam 
moralitates  de  quibusdam  declamacionibus  senece;  endlich: 
Incipiunt  quedam  fabule;  den  Schlufs  ])ilden  4G  ebenfalls 
moralisirte  Mirabilia  mundi  aus  Gervasius  und  Plinius 
mit  einem  weitläufigem  Index  über  alles,  welcher  die 
Compilation  als  ein  Ganzes  characterisirt  und  demgemafs 
mit  den  Worten  schliefst:  Explicit  [tabula]  super  excerptis 
moralitatum,  enigmatum,  declamacionum,  fabularum  et 
mundi  mirabilium.  üeber  die  diesen  Auszügen  zu  Grunde 
liegende  Sammlung,  oder  richtiger  Sammlung  von  Samm- 
lungen, mufs  ich  auf  meine  im  Drucke  befindlichen  Gesta 
Romanorum  verweisen,  mit  denen  sie  in  nahem  Zusammen- 
hange steht;  hier  kommen  nur  die  mit  aufgenommenen 
,, Fabule''  in  Betracht,  welche  dem  Odo'schen  Werke  ent- 
nommen sind.     Der  Auszug  umfafst  folgende  Stücke: 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  '   \^\ 

1.  Läufiger  Katze  wird  das  Fell  verbrannt:    Meibt  zu 

Hause. 

2.  Storch  lockt  Schlange  aus  dem  Loche. 

3.  Pfau  geplündert  (Gud.  31;  siehe  unten). 

4.  Storch  und  Maus;  Aal  im  Schnabel. 

5.  Wer  in  Athen  Schläge  tragen  kann,  ist  Philosoph. 

6.  Novize  soll  Knochen  segnen  (Gud.  33). 

7.  Fuchs  und  Wolf  auf  dem  Fischfange  (Gud.  36). 

8.  Fliege  und  Ameise  streiten. 

9.  Löwentheil  (Douce  88,  20). 

10.  Gerechter  betet  für  Sünder  (Douce  88,  38;  Gud.  41). 

11.  Fuchs  und  Katze  (Odo,  Text  des  Jahrb.  19). 

12.  Schwarzes  und  weifses  Schaf  (Odo  2.3). 

13.  Der  Katze  Schellen  anhängen  (Odo  20). 

14.  Katze  rettet  Maus  (Odo  28). 

15.  Wolf  und  Hase  kämpfen  (Odo  32). 

Die  Vorlage  dieses  Auszugs  war  also  eine  Kecension, 
welche  nicht  nur  den  ältesten  Text,  sondern  auch  die 
Erweiterungen  des  Codex  Douce  88  und  des  gleich  zu 
besprechenden  Codex  Gudianus  200  enthielt,  zugleich 
aber  noch  weitere,  bisher  nicht  nachgewiesene  Einschal- 
tungen. 

Bei  weitem  wichtiger  ist  die  aus  Italien  stammende 
Fafsung.  Sie  befindet  sich  in  dem  Wolfenbüttler  Per- 
gamentcodex Gudianus  2(  0,  welcher  zu  Bologna  im  Jahre 
1326  geschrieben  ist,  und  füllt  die  Blätter  187''  bis  194''. 
Ich  gebe  zunächst  ein  übersichtliches  Verzeichnis  des 
Inhalts  nebst  Angabe  der  entsprechenden  Nummern  in 
den  übrigen  Recensionen. 

1.  Pelican  (abweichend  von  7). 

2.  Vögelversammlung  (Odo  2). 

3.  Henne  schützt  Küchlein  (Douce  88,  36;  Gatos  36^ 

4.  Nisus  (Odo  3(;). 

5.  Falke  und  Weihe  (Odo  2o). 

G.  Uhu  verschenkt  Rose  (Odo  27). 

7.  Pelican  (Odo  31). 

8.  Fremde  Federn  (Odo  37). 

9.  Kukuksei  (Odo  39). 

10.  Storch  Auge  aus  (Douce  169,  19;  Berol.  6). 

9* 


J32  Hermann  Oesterley 

11.  Adler  und  Schildkröte  (Odo  40). 

12.  Wolf,  Knochen  (Odo  41). 

13.  Vogelsteller  wehit  (Odo  4o). 

14.  Katze  und  Mäuse  (Douce  88,  14;  Gatos  9). 

15.  Stadt-  und  Feldmaus  (Douce  88,  15;  Gatos  11). 

16.  Löwentheil  (Douce  88,  20;  Gatos  15). 

17.  Wolf  lernt  lesen  (Douce  88,  21;  Gatos  19). 

18.  Löwe  richtet  (Douce  88,  22;  Gatos  20). 

19.  Adler  augenkrank  (Douce  88,  31 ;  Berol.  8,  Gatos  31). 

20.  Schachspiel. 

21.  Fuchs  und  Katze  (Odo  19). 
22-  Singe  besser  (Odo  5). 

23.  Wiedehopf  und  Nachtigal. 

24.  Zehnten  dem  Hasen  angehängt  (Odo  7). 

25.  Wolfsbegräbnis  (Odo  9). 

26.  Fuchs  schifft  (Odo  12). 

27.  Katze  Schellen  anhängen  (Odo  2{]}. 

28.  Fuchs  im  Hühnerhof  (Odo  20).  a 

29.  Maus  im  ßiere  (Odo  28).  * 

30.  Hund,  Schatten. 

31.  Pfau  geplündert  (Confl.  3). 

32.  Schmeichelnder  Esel. 

33-  Novize  segnet  Knochen  (Confl.  6). 

34.  Bock  und  Esel. 

35.  Alter  Vater. 

36.  Wolf  und  Fuchs  schiffen. 

37.  Wolf  büfst. 

38.  Salamander. 

39.  Frosch  und  Maus  (Douce  88,  19;  Gatos  18). 

40.  Wolf  und  Fuchs  in  der  Fleischkammer. 

41.  Gerechter  betet  für  Sünder  (Confl.  10;  Douce  88, 38). 

42.  St.  Antonius. 

43.  Vogel  entfliegt. 

44.  Weiber  Gänse. 

45.  Im  Zorn  nicht  strafen. 

46.  Arroganz. 

47.  Esel  im  Löwenfell  (Douce  88,  25;  Gatos  22). 

48.  Affe  in  Apotheke. 

49.  Affe  rettet  Junge. 


I 


Di  "^Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  |33 

50-  Esel,  Löwe,  Hahn. 

51.  Hirsch  an  der  Quelle  (Douce  KIO,  24;  Gatos  12). 

52.  Esel  und  AV'aldesel. 

53.  Fufsspuren. 

54.  Wolf  lernt  lesen  (bereits  17). 

55.  Schwein  fragt  nach  Kleie  (Douce  88,  21;  Gatos  19), 

56.  Esel  mit  Salz  und  Schwämmen. 

57.  Esel  wechselt  den  Dienst. 

58.  Adler  und  Hasen. 

59.  Adler  und  Tauben. 

60.  Singe  besser  (bereits  22). 

61.  Esel  lebt  von  der  Luft. 

62.  Esel  im  Dreck. 

63.  Sau  und  Löwin  streiten. 

64.  Zicklein  tanzt. 

65.  Augenkranke  beraubt. 

66.  Wespe  und  Schlange. 

67.  Löwentheil  (ähnlich  bereits  16). 

Ehe  ich  die  Extravaganzen  dieses  wichtigen  Codex 
ihrem  Wortlaute  nach  folgen  lafse,  schalte  ich  zu  weiterer 
Aufklärung  der  einschlagenden  Fragen  eine  Inhaltsangabe 
der  drei  Oxforder  Handschriften  ein,  deren  Mittheilung 
ich  der  Güte  des  Herrn  Bibliothekar  H.  O.  Coxe  von 
der  Bodley'schen  Bibliothek  zu  danken  habe.  Cod.  Douce 
88  enthält  nach  zwei  Proloijen: 

1.  Baumkönig  (Odo  1). 

2.  Taubenkönig  (Odo  2). 

3.  Geizige  Aebte  (Odo  3). 

4.  Habicht  und  Tauben  (Odo  Sd). 

5.  Fremde  Federn  (Odo  37). 

6.  Bussard  im  Habichtneste  (Odo  3!^). 

7.  Kukuksei  (Odo  39). 

8.  Adler  und  Schildkröte  (Odo  4'^  Gatos  1). 

9.  Wolf  und  Storch  (Odo  41,  Gatos  2). 

10.  Martins vogel  (Odo  42,  Gatos  3). 

11.  Knochenbrecher  (Odo  44,  Gatos  5). 

12.  Adler  und  Junges  (Odo  45). 

13.  Eule  und  Rose  (Odo  27). 

14.  Katze  und  Ratten  (Gatos  9). 


234  Hermann  Oesterley 

15.  Stadt-  und  Feldmaus  (Gatos  11). 

16.  Ydrus  und  Crocodil  (Gatos  13). 

17.  Wolf  und  Fuchs  im  Brunnen  (Gatos  14;  Mone  1). 

18.  Käse,  Katze  und  Ratte  (Gatos  16). 

19.  Frosch,  Ratte  und  Habicht  (Gatos  17). 

20.  Löwentheil  (Gatos  15;  Mone  2). 

21.  Wolf  als  Mönch  (Gatos  19;  Mone  3). 

22.  Löwe  richtet  (Gatos  20;  Mone  4). 

23.  Schäfer  und  Wolf  (Gatos  21;  Mone  f)). 

24.  Fuchs  und  Caplan  (Mone  G), 

25.  Esel  in  der  Löwenhaut  (Gatos  22). 

26.  Freude  ohne  Ende  (Gatos  23). 

27.  Wolf  und  Hase  (Odo  23;  Gatos  58;. 

28.  Zwei  Reisende  (Gatos  28). 

29.  Wespe  und  Spinne  (Gatos  29;  Berol.  7). 

30.  Käfer  und  Mist  (Odo  4;  Gatos  30). 

31.  Augenkranker  Adler  (Gatos  31;  Berol.  8). 

32.  Schwein  fragt  nach  Kleie  (Gatos  32). 

33.  Käfer  vor  Pflug  (Gatos  33). 

34.  Bienen  und  Käfer  (Gatos  34). 

35.  Esel  und  Schwein  (Gatos  35). 

36.  Habicht  und  Küchlein  (Gatos  36). 

37.  Löwe  und  Katze  (Gatos  37). 

38.  Gerechter  betet  fiir  Sünder. 

39.  Weber  macht  Fürsten  blind. 

40.  Küchlein  im  Wafser. 

41.  Neidischer  Habicht. 

42.  Fuchs  und  Katze  (Odo  19;  Gatos  40;  Mone  7). 

43.  Krähe  und  Taubenjunges  (Odo  5;  Gatos  41). 

44.  Einzige  Kuh  (Odo  6). 

45.  Zehnten   durch  Hasen  geschickt  (Odo  7;  Douce  8; 

Gatos  44). 

46.  Ameisen  und  Schweine  (Odo  8;  Gatos  45). 

47.  Wolfsbegräbnis  (Odo  9;  Gatos  46;  Mone  9). 

48.  Hund  und  Binsen  (Odo  10;  Gatos  47). 

49.  Honig  (Odo  11;  Gatos  48;  Mone  10). 

50.  Fuchs  und  Fährmann  (Odo  12;  Gatos  49;  Mone  11). 

51.  Affen  efsen  Nüsse  (Odo  13;  Gatos  50). 

52.  Schildkröte  und  Haus  (Odo  14 — 15;  Gatos  51  ab). 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  13b 

53.  Spinne,  Fliegen  und  Wespen  (Udo  16;  Gatos  52). 

54.  Fuchs  stellt  sich  todt  (Odo  17;  Gatos  53). 

55.  Fuchs  im  Hühnerhof  (Udo  20;  Gatos  24)-. 
50.  Fuchs  im  Schafskleide  (Odo  21 ;  Gatos  25). 

57.  Strafsenräuber  (Odo  22;  Gatos  26). 

58.  Schwarzes  und  weifses  Schaf  (Odo  23;  Gatos  27). 

59.  Schildkröte  und  Kröte  (Odo  24;  Gatos  54). 

60.  Falke  und  Weihe  (Odo  2ö). 

61.  Katze  Schellen  anhängen  (Odo  2ii;  Gatos  55). 

62.  Der  schönste  Vogel  (Odo  27). 

63.  Maus  im  Biere  (Odo  28;  Gatos  od). 

64.  Pelican  (Odo  31). 

65.  Schlange  im  Busen  (Odo  33). 
<66.  Panther  wohlriechend  (Odo  35). 

67.  Wolf  und  Lamm. 

68.  Bischof  Theodosius  und  die  verdammte  Seele. 
Der   Codex  Douce   101    enthält  nur  ein    Bruchstück 

Von  21  Capiteln,  von  denen  keins  neu  ist.  Das  MS. 
Douce  169  endlich  bietet  86  Stücke,  von  denen  aber  die 
Nummern  von  67  —  S6  als  spätere  Zusätze  sich  erweisen. 
Diese  Fafsung  enthält  den  gesammten  Bestand  von  MS. 
Douce  88,  mit  Ausnahme  der  Nummern  3,  38,  39,  40,  41, 
45,  59,  6S^  gibt  dagegen  die  folgenden  neuen  Stücke: 
7.     Froschkönig  (Odo  2''). 

19.  Storch  hackt  Auge  aus  (Berol.  6). 

20.  Häretiker  und  Fliege  (Gatos  6). 

21.  Phönix. 

22.  Fliege  im  Spinnengewebe  (Gatos  9.  Moral.). 
24.     Hirsch  an  der  Quelle  (Gatos  12). 

66.  Reicher  und  Kloster. 

Es  folgen  endlich  die  in  dem  bereits  veröfientlichten 
Texte  nicht  enthaltenen  Stücke  des  Cod.  Gud.  200,  bis 
auf  die  oöenbarsten  Fehler  wortgetreu  abgedruckt. 

Incipit  tractatus  de  diversis  fabulis. 

Primo  de  pellicano. 
Libro   de   proprietatibus  rerum  legitur    quod  pellica- 
nus    niniis   atl'ectu    diligit  [)ullos  suos.    Euiscerat   seipsmn 


136  Hermann  Oesterley 

pro  Ulis  nutriendis,  sanguinem  suum  eis  ad  sugendum 
ministrat,  qui  ex  hoc  tautum  debilitatur  quod  non  potest 
nidum  exire  nee  necessaria  procurare;  sed  respicit  pullos 
suos  quasi  eis  insinuans  voluntatem  suam  debilitatam  nuti- 
bus  et  gemitibus.  Tunc  pulli,  qui  non  degenerant  natura- 
liter  a  parente,  cibum  ei  procurant. 

Sic  est  de  homine  et  prole,  quo  ad  ipsum  pater  et 
mater  dant  pueris  sanguinem  proprium;  quasi  se  eui- 
scerant  laborando,  quando  autem  sunt  in  purgatorio,  non 
possunt  se  iuuare,  sed  claraant  ad  pueros,  quos  teuere 
dilexerunt  dicentes  libro  primo  machab.  21°:  Miserere 
fili  mei,  qui  te  genui. 

3.     Contra  nolentes  ad  cristum,  venire  quando  eo8  vult. 

Gallina  frequenter  colligit  pullos  suos  sub  alas  suas, 
precipue  contra  miluum.  venit  semel  milwus  volitans  super 
pullos  suos,  et  illa  vocauit  eos.  omnes  venerunt  sub  alas 
suas  [excepto  uno] ,  qui  invenit  vnum  vermiculum  et  pu- 
tauit  super  illum,  ut  comederet.  Interim  venit  milwus 
et  illum  pullum  rapuit. 

Sic  dominus  vocat  nos,  ut  fugendo  peccata  ad  alas 
sue  protectionis  fugiainus.  Sic  plerique  vocante  domino 
ad  cristum  non  fugiunt,  sed  vermiculo  peccati  adherent 
vel  meretrici  vel  cupiditati.  et  venit  milwus  id  est  dya- 
bolus  et  rapit  talem  pullum  stultum.  Vnde  Job:  dulcedo 
eius  vermis,  quia  impio  nichil  sapit  quam  vermis  peccati. 
sed  fugiantur  ad  alas  crucifixi  de  ipso  cogitando  ipsi 
compaciendo  ipsum  mutando,  et  salui  erimus. 

10.  Contra  nolenfes  dimittere  peccata,  sed  maluni  semper 
secum  portant. 
Cyconia  semel  rixata  est  cum  vxore  sua  et  cum  rostro 
suo  oculum  eius  extraxit.  Verecundata  cyconia,  quod 
talem  iniuriam  intulit,  in  aliam  regionem  volare  cepit. 
obuiauit  ei  corwus  et  causam  itineris  quesiuit.  Ciconia 
dixit,  quod  rostro  oculum  vxoris  extraxit.  Respondit 
coruus:  nonne  adhuc  idem  rostrum  habes?  dixit  cyconia, 
quod  sie.  quare  ergo  fugis,  qui  vbicunque  fueris  semper 
tuum  rostrum  portabis? 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  |37 

Sic  quidem  cum  fecerint  multa  peccata  iiel  scandala 
in  aliam  regionem  iiel  in  aliud  claustrum  fugiunt,  cum 
sem^er  rostrum  suum  seil,  peccatum  seu  maliciam  por- 
tant,  nolentes  dimittere  peccatum,  sed  usque  ad  infernum 
portant. 

14.  Contra  iUos^  qui  non  possnnt  ohtinere  quod  uolunt,  sed 
ßngioit  se  sanctos. 

In  quodam  refectorio  fuit  quidam  murilegus,  qui 
omnes  mures  excepto  vno  magno  interfecit.  Cogitauit 
cattus  qualiter  predictum  rattum  deciperet,  tandem  fecit 
sibi  radi  coronam  et  iuduit  cappam  et  fecit  se  monachum, 
et  inter  alios  monachos  sedit  et  comedit.  videns  hoc  rat- 
tus  gauisus  est,  credens  quod  nollet  ei  nocere.  Saltauit 
ergo  rattus  huc  et  illuc  et  cattus  dissimilans  oculos  avertit 
a  uanitate.  Tandem  securus  rattus  appropinquauit  ad 
cattum.  Cattus  vero  cum  unguibus  viriliter  cepit  et  fir- 
raiter  tenuit.  Dixit  rattus:  quare  talem  crudelitatem  facis, 
quare  me  non  dimittis?  nonne  monachus  factus  es?  Dixit 
cattus:  nunquam  ita  bene  predicabis,  quod  te  dimittam, 
frater.  quando  volo,  sum  monachus,  quando  volo,  sum 
canonicus.  et  sie  deuorauit  rattum. 

Sic  plerique,  quando  non  possunt  diuitias  uel  aliud 
quod  diiigunt,  ieiunant,  fingunt  se  bonos  et  sanctos  cum 
sint  palardi  et  faciunt  se  monachos,  ut  sint  cellerarii 
priores,  et  sie  faciunt  se  radi,  ut  capiunt  vmmi  rattum 
seil,  beneficiuro  uel  rem  temporalem,  et  quando  habent 
illicite,  quod  desiderant,  nunquam  tantum  predicabis  quod 
rattum  suum  dimittant  uel  aliud  restituant. 

15.  Contra  rectores  ecclesiarum  usurarios  voliiptuosos, 
Quedam  mus  domestica  querebat  a  campestri,  quid 
comederet.  que  respondit:  duas  fabas  quandoque  dua 
gramina  tritici  vel  ordei.  Ait  domestica:  arida  sunt  cibaria: 
mirum  est,  mirum  est  quod  fame  non  peris.  quesiuit 
etiam  siluestris:  quid  comedis  tu?  Respondit:  certe 
comedo  pingues  morsellos.  quandoque  album  panem  etc. 
venies  ad  pranduim  meum,  optime  comedes.  placuit  cam- 
pestri et  iuit  ad  domum  alterius  muris.  homines  sedcutes 


138  Hermann  Oesterley 

ad  prandiuin  micas  et  morsellos  proiecerunt.  Mus  do- 
mestica  dixit  siliiestii:  exeas  de  tbramiue.  ecce  quanla 
bona  proiciantur.  exiuit  et  cepit  vniim  inorsellum  et  sal- 
tauit  cattus  post  murem  et  uix  euasit  in  foramen.  et  ait 
mus  domestica:  ecce  frater,  quam  bonos  morsellos  comedo. 
maneas  mecum  per  aliquos  dies.  Respondit  siluestris: 
boni  sunt  morselli,  sed  habes  singulis  diebus  talem  socium. 
et  quesiuit  domestica:  qualem?  et  ait  siluestris:  vnum 
cattum,  qui  fere  me  deuorauit.  vnde  exterritus  morsellum 
cadere  dimisi.  et  ait  domesticus:  ille  interfecit  patrem 
meum  et  matrem.  et  ego  multociens  uix  euasi.  respondit 
siluestris:  certe  nollem  totum  mundum  cum  tali  periculo. 
Remaneas  cum  morsellis  tuis.  plus  volo  viuere  pane  et 
aqua  in  securitate,  quam  habere  omnes  divitias  cum  tali 
socio.  Vnde  versus:  Rodere  maio  fabam,  quam  cura  per- 
pete  rodi. 

Sic  plerique  si  cum  intelligent  rectores  ecclesiarum, 
qui  sunt  indigni  et  symoniaci  et  vsurarii,  cum  quanto 
periculo  comedunt,  quoniam  super  morsellum  iniuste  sedet 
dyabolus  seil,  cattus,  qui  animas  deuorat  mallent  come- 
dere  panem  ordeaceum.  cum  bona  conscientia  quam  omnes 
delicias  cum  tali  socio,  quid  prodest  homini,  si  vniuersum 
mundum  etc. 

IG.  Leo  lupus  volpes  condixerunt  sibi  inuicem,  quod 
venarentur.  vulpes  cepit  anserem,  lupus  arietera,  leo 
bouem,  et  cum  deberent  comedere,  dixit  leo  ad  lupum, 
quod  predam  diiiideret.  Respondit  lupus:  vnusquisque 
habeat,  quod  accepit.  Leo  iratus  erexit  palmam  et  cum 
vngulis  extraxit  totum  corium  de  capite  lupi,  et  dixit 
leo  volpi,  quod  diuideret.  Dixit:  domine  libenter.  Vos 
domine  comedetis  de  ariete  pingui  quantum  voletis,  quia 
teueres  habet  carnes,  et  postea  de  ansere  quantum  volue- 
ritis  et  de  boue  temperate,  quia  duras  habet  carnes,  et 
quod  remanserit  detis  nobis,  quia  hoiuines  vestri  sumus. 
Ait  leo:  certe  bene  dicis.  quis  te  docuit  ita  bene  diui- 
dere?  et  ait  vulpes:  Iste  rubens  capellus  socii  mei  capite 
excoriato. 

Sic  dominus  percusso  primo  parente  pro  inobediencia 
seil,    multis  infirmitatibus,    fauce,    siti,    nuditate,    tandem 


Die  Narratioiies  des  Odo  de  Ciringtonia.  139 

morte,  iste  rubens  capellus  seil,  ade  deberet  nos  casti- 
gare  qiiia  inmquam  domiui  offenderemus  in  praiiis  bolis. 
vnde  versus :  Castigato  pestilente  stultus  sapiencior  ei-it. 
quaudoque  verberatur  catulus  coram  leone,  ut  tiineat  et 
mansuescat.  Sic  dominus  verberat  triplicem  leonem ,  ut 
nos  catuli  miseri  timeamus.  verberauit  sathan  primum 
adam.  verberauit  secuudum  adam  i.  e.  cristum,  vnde  vox 
cristi  ad  patrem:  In  me  trausierunt  ire  tue.  quoniam 
flagellis,  cruci,  et  clauis  ipsum  exposuit  et  proprio  iilio 
non  pepercit.  adhuc  nos  miseri  non  timemus.  potest 
dominus  dicere:  Micius  inveni,  quam  genus  omne  fera- 
rum.  Maledictus  talis  catulus,  qui  tarn  maguis  leonibus 
verberatus  non  timet  nee  curat  castio^ari. 

17.  Lupus  semel  voluit  esse  monaelius,  coronam, 
cucullam  et  cifa  monachalia  suseepit.  tandeni  posuerunt 
eum  ad  litteras  et  fuit  ei  dictum:  dieas  a.  Respondit: 
agnus.  dieas  b.  respondit.  bos.  dicas  c.  Respondit  capra. 
docuerunt  eum  ut  respiceret  crucificum  et  ipse  semper 
direxit  oculos  ad  agnum. 

Sic  plerique  fiunt  monacbi,  semper  tamen  dicunt: 
aries,  semper  clamant;  bonum  vinum,  semper  habent  ocu- 
los ad  pingere  frustum  ad  scutellam  suam.  Similiter  si 
senem  fatuum  et  insensatum  velis  instruere,  nunquani 
relinquit  antiquum  modum,  qviia  uetus  equus  nunquani 
ambulare  addiseat.  Item  quid  am  sunt  ita  asinini  nature, 
quod  nunquam  nolunt  antiquam  consuetudinem  dimittere, 
quia  difficile  est  consulta  dimittere.  Versus:  Sordibus 
imbuti  nequeunt  dimittere  sordes. 

18.     Contra  raptores  et  usxirarios. 

Oues  conqueste  sunt  leoni  de  lupo,  quod  suas  socias 
deuoraret.  leo  congregauit  consilium  suum,  quesiuit  a 
porcis,  qualiter  lupus  conuersaretur  inter  illos.  Respon- 
derunt  porei:  domine  bonus  et  largus  est  et  frequenter 
inuitauit  nos  ad  agnos  et  ad  arietes  pingues,  quos  rapuit. 
tunc  ait  vna  ouis:  Domino  mi  rex,  lupus  mihi  parentes 
meos,  deuorauit  filium  meum.  uix  ego  euasi.  sie  clama- 
uerunt    alie   oues.    at   leo:    Judicium    detur.    suspendatur 


140  Hermann  Oesterley 

lupus    et  porci  similiter,    qui   de    tali    preda   comedeiunt 
scienter.  et  factum  est  ita. 

Lupi  sunt  diuites  istius  mundi ,  qui  rapiunt  oues 
cristi  i.  e.  pauperes,  et  daut  porcis  i.  e.  aliis  diuitibus  et 
uxoribus  ad  induendum  pro  fauore  humano.  venit  dominus 
ad  iudicium.  oues  de  talibus  lupis  conquerentur.  poici 
i.  e.  alii  diuites,  vxores  et  filii  forsitan  tales  lupos  lauda- 
bunt,  sed  in  vanum.  faciet  iudicium  dominus  et  suspendat 
lupos  et  porcos  in  inferno. 

19.    Nota  qiiod  dijabolus  excecat  prelatos  per  temporalia. 

Aquila  semel  doluit  oculos  et  vocauit  coruum,  qui 
dicitur  medicus  auium.  consuluit  quid  contra  dolorem 
faceret,  et  ait  corvus:  afieram  herbam  optimam  et  faciam 
inde  emplastrum  et  sanabit  oculos  tuos.  et  ait  aquila:  si 
hoc  feceris  optimam  dabo  tibi  mercedem.  Coruus  accepit 
cepam  et  calcem  viuam  et  inde  fecit  emplastrum  et  posuit 
super  oculos  aquile  et  excecata  est.  venit  coruus  et 
pullos  aquile  deuorauit,  et  ipsam  aquilam  multis  perse- 
cucionibus  infestauit  et  dixit  aquila:  maledicta  sit  medi- 
cina  tua,  quia  iam  uicliil  uideo.  Insuper  pullos  meos 
deuorasti.  et  sie  corwus:  quamdiu  uidisti  nullatenus  de 
pullis  tuis  potui  gustare  et  tamen  hoc  multum  affectaui, 
et  ideo  desiderium  meum  est  completum. 

Mystice  aquila  est  prelatus,  qui  habet  oculos  aper- 
tos,  ut  pullos  suos  i.  e.  gregeni  sibi  commissum  custodiat. 
Dyabolus  autem  gregem  domini  desiderat  interficere  et 
deuorare.  et  ideo  quamdiu  prelatus  habet  oculos  desiderio 
suo  frustratur.  Dyabolus  autem  facit  emplastrum  de  con 
gerie  rerum  temporalium  et  proicit  in  oculos  prelatorum, 
quod  celestia  contemplari  non  possunt.  totum  Studium 
illorum  est  cura,  grangias,  oues  et  boues  et  redditus ,  et 
ita  oculi  spirituales  sunt  extincti.  et  sie  dyabolus  pullos 
eorum  rapit  et  deuorat  et  ipsum  aquilam  hinc  inde  in- 
festat.  hoc  pactum  iniuit  naase  amonites  cum  viris  taboris 
galaat,  ut  erueret  oculos  suos  dexteros  et  sie  eos  in 
pace  dimitteret.  reg.  19.  Naas  dicitur  serpens.  ad  hoc 
nititur  serpens   antiquus,    ut   oculos  spirituales  a  prelatis 


i 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  141  ' 

et  clericis  eruat.  nee  celestia,  sed  terrena,  que  a  sinistris 
sunt,  ualeant  contemplari. 

20.      Contra  gloriantes  de  genere  nobilUaiis.      De  scacis. 

Similes  sunt  huius  mundi  diuites,  quod  fit  in  ludo 
scacorum.  quidam  doniini.  reges,  quidam  milites.  quidam 
duces.  quidam  pedones.  quidaui  sacerdotes.  et  ludunt 
omnes  cum  talibus,  qui  alium  vincere  poterit  probus  dici- 
tur.  De  bursa  sine  ordine  exeunt  bursam.  In  bursa 
sine  ordine  collocantur.  sie  omnes  de  vuo  sacco  exeunt 
de  vtero  matris.  postea  ludit  vnus  cum  alio,  vuus  aufert 
vni  vnum  ludum,  tandem  raattat.  In  fine  eolliguntur  et 
iterum  sine  ordine  in  sacco  ponuntur. 

Sic  in  hoc  mundo  ludit  vnus  cum  alio.  vnus  amittit, 
alius  mattatur.  qui  alium  potest  vincere  probus  et  incli- 
tus  dicitur,  sed  tandem  sine  ordine  ponuntur  in  saceulum 
seil.  Corpora  in  terram,  anime  in  gehennam,  vbi  nullus 
ordo,  sed  sempitemus  horror  inhabitat. 

23.     Contra  luxuriosos. 

Upupa  pulcra  varietate  colorum  distineta  eximie 
tristata  dixit  phylomene:  tota  nocte  cantas,  super  ramos 
duros  saltas.  veni  et  quiescas  in  nido  meo.  que  acquieuit 
et  in  nidum  vpupe  descendit.  sed  stercora  fetida  invenit, 
quod  ibi  morari  non  potuit  et  advolauit  dicens :  magis 
volo  super  ramos  duros  iacere,  quam  in  tali  fetore  qui- 
escere. 

Vpupa,  que  in  stercoribus  nidificat  ornata  diuersis 
coloribus,  signat  mulierem  fornicariam,  diuitem,  luxurio- 
sum  qui  quandoque  habent  lectos  ornatos  et  suaues,  sed 
cum  stercore  culpe  fetidissimos.  phylomena  signat  religiöses 
super  duros  ramos  i.  e.  in  austeris  preceptis  regionibus 
inhabitantes  et  deum  in  horis  diurnis  et  nocturnis  lau- 
dantes.  hü  magis  diligunt  super  tales  ramos  exultare,  quam 
in  fetore  luxuriöse  computrescere. 

31.     Contra   habentes  graciam  dei  videntes  vmhram  d  diui- 
cias  dimittvnt  illam. 
Canis    semel    frustum    carnis    tenens    in    ore    flumen 
transiuit.     Vmbram  frusti   videns,    que  maior  frusto  erat, 


142  Hermann  Oesterley 

aperuit  os.  frustum  dimisit,  ut  vmbram  caperet  et  vmbra 
euauuit  et  frustura  pro  vmbra  amisit. 

Sic  plerique  habent  soliditatem  gracie,  ipsum  domi- 
num, videntes  vmbram  istius  mundi,  i.  e-  diiiicias,  pulcra 
cibaria,  mulieres,  dignitates ,  illis  adherent.  de  quibus 
Sap.  V.  Transierunt  omnia  tanquam  vmbra  et  tanquam 
nuncius  precurrens  et  tamquam  nauis  pertransit  fluctuan- 
tem  aquam.  aut  tanquam  auis,  que  transuolat  in  aere,  et 
post  nulluni  invenitur  argumentum  itineris  illius,  aut 
tanquam  sagitta  emissa  in  locum  destinatum.  talia  dixerunt 
in  interno  hü  qui  peccauerunt  quoniam  spes  impii  tan- 
quam spvma  gracilis,  que  a  procella  dispergitur  et  tanquam 
fnmus,  qui  a  vento  diftusus  est  et  tanquam  memoria 
hospitis  vnius  diei  pretereuntis.  ecce  quam  bonum 
est  quam  iocundum  et  solidum  et  commutabile  pro  Lac 
vmbra  perdunt  et  vtroque  priuantur.  hü  dimittunt  rosam 
pro  Urtica,  granum  pro  palea.  vinum  pro  fece,  vitam 
pro  morte.  talis  dicitur  adulter.  Augustinus:  si  desieris 
cum,  qui  te  fecit  et  amas  que  fecit  deserto  illo  adulter  es. 

31.     Contra  lyrodigos. 

Pauo  inter  ceteras  aues  plumis  ornatus  et  diuersis 
coloribus  distinctus ,  A^enit  ad  congregacionem  auium. 
Venit  corwus  et  rogauit,  quod  daret  ei  duas  pennas.  et 
ait  pavo :  quid  facies  pro  me?  et  ait  corwas  alta  voce:  in 
curiis  et  coram  auibus  te  laudabo.  pauo  pennas  dnas  ei 
concessit.  Similiter  cornix  peciit  et  impetrauit.  sie  cucula 
et  multe  alle  aues:  ita  ut  pauo  totus  dej^lumatus  reman- 
sit.  debuit  pullos  suos  cum  alis  protegere  et  non  potuit 
quia  pennas  non  habuit.  pulle  ab  eo  recesserunt  et  ut 
poterant  uixerunt. 

Sic  quandoque  rex  uel  comes,  miles  uel  episcopus 
habent  multas  villas,  castra,  campos  et  vineas  et  quasi 
pauo  variis  pennis  decenter  ornatus.  veniunt  adulatores 
et  mimi,  promittunt  laudes.  stultus  pauo  quandoque 
acquiescit  et  sua  eis  distribuit  et  remanet  totus  deplu- 
matus,  et  non  habet  postea  quid  filiis  distribuat  seil, 
pauperibus,  et  sie  dirimatur  a  filiis. 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciriiigtonia.  143 

32.     Qtd  assvmnyit  officium^  qnod  facere  nesciunf. 

Qvidam  paterfamilias  habiiit  canes,  qui  qiiando  do- 
inine  dominegotus  veniebat  applaudebant  ei  pedibus  et 
rostro  ipsum  tangentes.  asinus  boc  iiidens  penes  se  cogi- 
tauit:  ita  deberem  domino  ineo  applaudere.  semel  rediit 
dominus  de  negocio.  occurrit  ei  asinus  uolens  applaudere 
pedes  anteriores  erexit  et  dominum  dure  in  faciem  per- 
cussit.  dominus  iratus  fecit  asinum  fere  ad  mortem  fusti- 
gari,  et  in  stabulum  retrudi. 

Sic  plerique  volunt  assumere  officium,  quod  nesciunt 
tractare,  sicut  quidam  volunt  esse  episcopi,  canonici,  sacer- 
dotes,  priores,  et  nesciunt  cantare  nee  legere  nee  predi- 
care,  immo  dominum  in  quantum  in  ipsis  est  in  facie 
peruersis  operibus  percuciunt.  sed  dominus  iratus  faciet 
tales  asinos  fustigari ,  et  in  carcere  gehenne  perpetuo 
detrudi. 

33.  Contra  murmuratores  et  maledicentes. 
Quidam  voluit  claustralem  uitam  ducere.  dixit  abbas  de 
miraculo  acerbo  ossium  mortuorum:  lauda  et  benedic  ossa. 
quo  facto  quesiuit  abbas.  benedixisti  ossibus?  Respondit. 
benedixi.  querebat  abbas:  quid  responderunt?  dixit  iuue- 
nin:  nichil.  Iterum  abbas:  maledices  et  vituperas  ossa  qui 
ait:  fecit  quomodo  potuit.  Et  ait  abbas.  maledixisti 
ossibus?  et  ait  iuuenis.  maledixi.  et  quesiuit  abbas:  quid 
responderunt  et  ait  juuenis:  nichil  frater.  talem  te  oportet 
esse  si  verus  monachus  vis  fieri.  Ita  quod  malediccionibus 
uel  benediccionibus  respondeas :  quoniam  ut  dicitur  ysa. 
3°:  In  silencio  et  spe  erit  fortitudo  vestra.  Arnos  ö: 
prudens  in  tempore  illo  tacebit,  quia  tempus  malum  est. 
vnde  quidam:  ve  michi  nascenti,  veli  morienti.  veh  quia 
sum.  ve  non  innuit  filius  eve. 

34.  Contra  dehonestanfes  dominos  suos. 
Hyrcus  semel  factus  seruus  asini  et  vidit  eum  sim- 
plicem  et  humilem  ascendit  asinum  et  voluit  equitare. 
asinus  iratus  erexit  pedes  anteriores  et  cecidit  retro  super 
doreum  suum  et  hyrcum  oppressit  et  interfecit  dicons:  si 
asinus  est  dominus  tuus  no  equites  eum. 


144  Hermann  Oesterley 

Sic  plerique  vident  dominos  suos  simplices  et  senes 
contempnunt  et  derident  eos. 

35.  Contra  deltonesfantos  parentes. 
Quidam  Habens  patrem  senem  et  tussientem  ait  uxori. 
iste  cum  tussi  sua  tedium  nobis  infert.  i^roiciatis  eum 
longius,  et  veteri  pelle  indiiatis.  et  jjater  quia  nichil  aliud 
habuit  ad  induendum,  fere  ex  frigore  uiortuus  est.  Tarnen 
filius  paruuliis  ipsius  filii  accepit  veterem  pellem  et 
suspendit  in  pertica.  quesiuit  pater  eins  quid  uellet 
facere  de  pelle.  Kespondit:  ad  opus  tuura.  cum  senueris 
te  seruabo,  quia  ita  facis  patri  tuo.  et  ita  a  te  disco. 
qualiter  debeam  te  habere  erga  senectutem  tuam  Eccl.  H; 
Ne  spernas  hominem  in  senectute  sua.  etenim  ex  nobis 
senescunt. 

36.     Contra  malos  co)isHiatores. 

Lupus  obuians  volpi  ait.  vnde  venis  compater?  et 
ait  volpes:  de  quodam  piscario  vbi  pisces  optimos  cepi  et 
comedi.  Quesiuit  lupus  quomodo  cepisti?  et  ait  volpes: 
caudara  in  aquam  posui  et  diu  tenui,  et  pisces  credentes 
quod  esset  aliquid  comestibile  vel  essem  mortuus,  caude 
adheserunt  et  traxi  cito  eos  ad  terram  et  comedi.  et  ait 
lupus:  Nunquid  sie  ego  pisces  capere  possem?  aitwlpes: 
optime  poteritis,  cum  sitis  forcior,  quam  ego.  perrexit 
ergo  lupus  festinanter  ad  piscarium  et  caudam  in  aqua 
posuit  et  diu  tenuit  donec  esset  congelata.  gelu  enim 
maxime  vrgebat.  post  longam  horam  voluit  caudam  extra- 
liere.  credens  quod  multitudo  piscium  ei  adhereret,  sed 
non  potuit  propter  gelicidium ,  quod  caudam  tenebat. 
Detentus  est  ibi  vsque  mane  venerunt  homines  et  lupum 
fere  usque  ad  mortem  fustigauerunt,  et  cum  uix  euasisset 
et  caudam  amisisset  maledixit  compatri  suo ,  qui  pisces 
sibi  promisit  et  uerbera  et  vulnera  et  fere  mortem  per- 
soluit. 

Sic  plerique  promittunt  amicis  et  filiis  diuicias.  et 
faciunt  eos  vsurarios,  latrones  et  fures  et  persoluunt  sup- 
plicia  eterna,  vere  talibus  dicitur:  Immolauerunt  filios 
suos  et  filias  etc.     Item   adapta  ad  illos,    qui   ponunt  se 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  245 

in  aquis  deliciarum.  et  tarn  diu  in  deliciis  raorantur,  quod 
sicut  detinentur  quod  exire  nequeunt.  Quoniam  infixe 
sunt  gentes  in  interitu  quem  fecerunt.  psalmus:  in  laqueo 
quem  ab  etc.  Augustinus:  dileccio  eos  alligat  et  inde 
abrumpere  amorem  et  ad  utilia  uertere  non  audeant.  Si 
enim  conentur  dolor  est  deserere  quod  delectant.  et  ille 
dolor  non  sinit  abscedere. 

oT.     Qiii  non  proj^oniiiit  ahstinere  a  peccato. 

Lvpus  venit  semel  ad  penitenciam  et  vno  oculo  respi- 
ciebat  sacerdotem  et  cum  alio  oues  super  moutem  illum 
et  dixit  sacerdoti:  date  michi  cito  penitenciam,  quia  habeo 
negocium.  video  enim  oues  super  montem  illum  et  iam 
incipiunt  descendere.  hoc  fuit  cum  ultima  die  quando 
voluit  recedere  de  terra  illa  ad  aliam. 

Sic  plerique  faciunt,  qui  volunt  venire  ad  peniten- 
ciam nisi  vsque  ad  ultimum  diem  quadragesime,  et  cum 
stant  coram  sacerdote  respiciunt  cum  vno  oculo  et  altero 
mulieres  uel  alia  inconueniencia  et  nolunt  exire  terram 
penitencie  et  intrare  terram  peccati  et  inmunditatis. 

38.  Salamandra  venenosus  cum  semel  esset  in 
igne  vbi  aurum  excoquebatur  videns  muscam  dixit:  cum 
magna  angustia  et  periculo  uictum  tuum  queris  et  ex- 
Ciuiris.  veni  ad  me  et  dabo  tibi  aurum  in  copia,  ut  victum 
habeas  sine  labore.  Musca  adquiescens  propter  aurum 
in  medias  flammas  se  proiecit  et  combusta  est.  sala- 
mandra viuens  in  igne  est  malignus  serpens,  qui  in 
maligno  igne  positus  est,  qui  dicit  peccatori:  cum  magno 
labore  acquiris  victualia.  veni  ad  me,  proicias  te  in  ignem 
cupiditatis,  rapinam,  vsuram  exerce.  dabo  tibi  aurum  et 
argentum,  ut  sine  labore  viuere  valeas. 

39.  Mvndus  similis  est  rane,  que  blandiendo  muri 
promisit  quod  eam  vltra  duceret,  si  ad  pedem  suum  se 
ligaret.  quo  facto  rana  cum  mure  aquam  intrauit  et  in 
medio  flumine  murem  submersit.  Sic  facit  mundus  ama- 
toribus  suis.  Vel  similis  est  mundus  arbori,  cui  elephas 
cum  dormuit  se  appodiat.  sed  venatores,  cum  non  pos- 
sint  eum  aliter  comprehendere,  arborem  succidunt,  sie  ut 
elephas   more   consueto  super  illam  appodians  simul  cum 

Jahrb.  f.  roiu.  u.  engl.  Lit.  XII.  2.  ]  (J 


\^Q  Hermann  Oesterley 

illa  cadit.  qui  cum  surgere  non  possit,  a  venatoribiis  com- 
prehenditur.  sie  qui  in  mundo  conlidit  cum  mundo  ruit 
et  a  demonibus  interficitur. 

40.     Quomodo  dyabolus  decipit  vsurarios. 

Reynardus  semel  duxit  lupum  ad  locum  multarum 
carnium,  qui  cum  tenuis  per  foramen  artum  intrasset, 
inflatus  nimia  comestione  exire  non  potuit.  Vigiles  vero 
excitati  per  clamorem  reynardi  lupum  vsque  ad  euacua- 
cionem  fustigauerunt. 

Sic  demon  vsurarium  cum  per  congregacionem  vsu- 
rarum  tantum  fuerit  inflatus  a  pelle  carnis  ipsum  in  in- 
fernum  fustigabit. 

41.      Quomodo  inßrmitafes  prosu7if. 

Qvidam  miles  a  morbo  afflictus  rogauit  quendam 
religiosura,  ut  eo  orante  ad  deum  a  morbo  suo  liberaretur. 
Cui  religiosus  ait:  Die  mihi  fili,  in  quo  statu  magister 
dirigis  ad  deum  intencionem  tuam.  dum  sanus  es  aut 
dum  morbo  afflictus?  Cui  ille:  dum  molestat  morbus 
totus  animo  suspiro  ad  deum.  Cum  sencio  me  sanum 
totus  temporalibus  aspiro.  et  dixit  vir  iustus :  oro 
ut  deus  te  conseruet  in  statu  egritudinis,  in  quo  plus 
times  deum.  vnde  versus:  Cum  fero  langworem,  fero  reli- 
gionis  amorem.  Expers  langvyroris  non  sum  memor  huius 
amoris. 

42.  Qvidam  venator  veniens  per  siluam  vidit  beatum 
antonium  cum  suis  monachis  gaudentem.  displicuit  ei. 
Quod  senex  intelligens  ait:  Pone  sagittam  in  arcu  et 
trahe.  et  fecit.  iterum  dixit:  trahe,  etiterum:  trahe.  Dixit 
venator:  si  ultra  modum  traxero,  arcus  frangetur.  Dixit 
ei  abbas :  ita  est  in  opere  dicitur  si  supra  naturam  mensi- 
nam  nos  laborauerimus,  deficiemus.  expedit  enim  aliis 
relaxari.  hac  responsione  facta  venator  contentus  est. 
Vnde  versus:  Interpone  tuis  interdiu  gaudia  curis.  dicitur 
etiam,  quod  Jo.  evangelista  semel  lusit  cum  perdice  et 
cuidam  super  hoc  admiranti  respondit:  delectasti  me, 
domine,  in  factura  manuum  tuarum. 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringfonia.  147 

43.  Qvidam  magister  cum  inpeteretur  a  suo  seruienti 
nee  vellet  cessare,  quare  adam  stalte  comedit  pomum 
fetitum,  et  magister  cum  excusasset  quod  propter  proni- 
tatem  peccandi  et  tarnen  pacem  non  haberet.  semel  in- 
clusit  auiculam  inter  duas  scutellas  et  recedens  a  domo 
prohibuit,  ne  aliquo  modo  inspiceret  intus,  sed  de  aliis 
dedit  potestatem.  cum  magister  recessisset  de  domo,  cogi- 
tauit  quare  inspeccionem  prohibuisset.  quid  plura?  scu- 
tellam  apperuit  et  statim  auis  auolauit.  seruiens  confusus 
intra  se  ait:  Quomodo  dyabolus  me  decepit.  Keuersus 
magister  seriiientem  tristem  invenit.  Qui  se  rniseruin 
confessus  est.  Magister  quesiuit.  nostra  auis  advolauit 
etc.  et  sie  impositum  est  ei  silencium,  quod  nunquam 
postea  adam  vituperauit,  quoniam:  nitimur  in  fetitum. 

44.  De  hereniita  iuuene. 

Qvidam  iuuenis  heremita  cum  abbate  suo  ad  vnam 
ciuitatera  iuit  vbi  mulieres  in  corea  conspexit  et  cuius- 
modi  res  esset  ab  abbate  sollicite  quesiuit.  Cui  abbas  asse- 
reus  esse  anseres  respondit.  Reuersus  puer  in  claustrum 
flere  cepit.  cui  abbas:  quid  uis  fili  mi?  et  ille:  volo  de 
illis  anseribus,  quos  vidi  in  ciuitate.  tunc  abbas  couuo- 
catis  fratribus  dixit:  fratres  considerate,  moneo,  sollicite 
quam  periculosa  sunt  mulierum  spectacula.  nam  hie  puer 
innocens,  qui  prius  mulierem  non  viderat  in  heremo 
nutritus,  solo  visu  sie  est  temptatus.  sie  est  igne  con- 
cupiscencie  succensus. 

45.  De  ira  uel  iudicio. 

Qvidam  nobilis  absentauerat  se  ex  causa  a  bonis 
suis  et  reuersus  inuenit  agros  incultos  et  vineas,  quia 
serui  nichil  laborauerant.  ex  quo  valde  prouocatus  dixit 
vni  famulorum:  si  non  essem  iratus  eso  ostenderem  tibi 
quantum  in  ista  negligencia  me  ofiendistis. 

In  quo  docentur  iudices  et  prelati,  quod  non  debent 
iudicare  nee  conigere  quam  diu  svint  prouocati.  Kacio 
est  quia  aqua  turbida  et  mota  ostendit  t'aeiem  inspicientis 
tortuosam.  Sic  homo  motus  et  iratus  habet  faciem  et 
racionem  deordinatam  et  per  consequens  iudicium  racionis. 

10^^ 


;[48  Hermann  Oesterley 

46.     De  vana  gloria  arrogancia  iicl  superbia. 

Arrogancia  habet  tres  gradus.  pritnus  est,  quod  vo- 
lunt  uideri  esse  quod  iion  sunt,  uel  uideri  habere  quod 
non  habeut.  Secundus  est,  quia  hoc  quod  sunt  vel 
habent  uideri  volunt.  3"^^  est  quod  volunt  videri  super 
alios.  Vana  gloria  similis  videtur  uesice  inflate,  que 
quando  ventum  dimittit  inclusum  nichil  retinet  nisi  in- 
mundum  corium. 

47.  Qvidam  habens  asinum  omni  hora  cogitabat, 
quomodo  bene  percuteret  eum,  quia  tardus  erat,  et  asi- 
nus  contra  omni  hora  cogitabat,  qualiter  eius  uerbera 
euaderet.  Semel  uadens  in  grege  invenit  pellem  leonis 
et  circumposuit  corpori  suo,  cogitans  quod  sie  alia  ani- 
malia  putantes  eum  leonem  timerent  ipsum  et  etiam  domi- 
nus suus.  procedente  autem  tempore  dominus  querens 
asinum  in  grege  non  inuenit,  sed  respiciens  in  montem 
audiuit  vocem  asini.  et  uidit  eum  aures  extendentem,  et 
statim  cepit  eum  et  vehementer  percussit,  non  obstante, 
quod  alia  animalia  eum  tamquam  leonem  habuissent  et 
timuissent. 

Sic  multi,  qui  se  extollunt  ultra  id  quod  sunt,  licet 
ab  hominibus  aliqualiter  timeantur  deus  tarnen  percutit 
eos  in  iine  eterna  pena,  ducens  de  monte  superbie  et 
mittens  in  vallem  exterioris  miserie.  per  asinum  bene 
peccator  designatur.  quia  sicut  asinus  multum  portat  in 
parte  posteriori  et  non  in  anteriori,  sie  peccator  multum 
cogitat  de  salute  corporis,  et  parum  de  anima,  que  est 
anterior. 

48.  Nota  de  sijmca. 
Legitur  de  quodam  habente  vnam  symeam  in  apo- 
theca  sua,  que  erat  ita  sagax,  quod  nullus  aliquid  in  ea 
furari  poterat,  predicta  symea  quin  videret.  Quadam  vice 
contigit,  quod  vnus  mercator  veniens  dixit  domino  apo- 
thece,  quod  uellet  aliquid  furtiuo  subtrahere  de  apotheca 
non  obstante  quantuincumque  symea  custodiret.  Ille  pactum 
faciens  cum  alio  et  alius  cum  illo  pro  certa  pecunia,  pre- 
dictus  mercator  apothecam  intrans  signa  et  modos  diuer- 
sos  coram  symea  faciens,  modo  os  aperiendo,  modo  nasum 


Die  Narratioiies  des  Odo  de  Ciringtoiiia.  |49 

recurvando,  modo  oculos  cum  duobus  digitis  claudendo. 
predicta  autem  symea  sie  eciam  volens  facere,  oculos  cum 
duobus  digitis  claudebat  et  medio  tempore  dictus  raer- 
cator  et  pecuniam  auferebat.  donainus  vero  apotece  videns 
quod  symea  sie  decepta  erat,  eam  percuciens  ostendens, 
quod  per  mercatorem  fuerat  sie  decejjta.  altera  vero  die 
iterum  in  apotliecam  intrans  volens  eam  eodem  modo 
decipere,  oculos  cum  duobus  digitis  claudendo.  hoc  videns 
symea  ipsa  eins  oculos  cum  duobus  digitis  fortissime 
aperiens  et  quod  secundario  non  posset  decipi  mercatori 
indicabat.  moraliza  sicut  vis. 

.--.rii:   >.  49.     Item  de  symea . 

Ttem  de  symea  legitur  quod  quando  procreauit  pullos 
suos  inter  quos  semper  vnum  plus  diligit  alio.  venator 
autem  veniens  volens  capere  symeam  cum  puUis.  mater 
hoc  videns  recipit  pullos  et  illum,  quem  plus  diligit,  in 
dcxtro  brachio  portans,  quem  vero  minus,  in  dorsum  po- 
nens  currens  ad  arborem.  volens  venatoris  periculum 
euitare.  Cum  autem  arborem  querit  ascendere  pullum 
cariorem,  quem  brachio  dextro  tenuit,  dimittere  cogitur, 
quia  tunc  ascendere  poterit,  vt  se  ipsum  eripere  possit. 
quem  vero  in  dorso  tenuit  et  minus  dilexerat ,  a  periculo 
liberat  et  defendit.     Moraliza  sicut  placet. 

öO.      De  Icone  et  asino. 

Leo  intempesta  nocte  venit  ad  domum ,  in  qua  erat 
asinus.  ut  autem  intrauit  leo.  gallus  excussis  alis  more 
solito  cecinit.  leo  nesciens  quis  esset,  timuit  et  recessit. 
asinus  vero  confissus  sua  fortitudine.  cum  ruffitu  magno 
insecutus  est  leonem.  at  ubi  vidit  eum  leo,  sine  mora 
occidit. 

Exemplum  hoc  docet,  ut  inimicum  forciorcm  nobis 
fugiamus. 

51.     De  ceruo. 

Cenuis    venit    ad    fontem    ut    biberet,     et    aspiciens 

uidit  umbra   sua   in   aqua,    considerans    autem   se   halbere 

cornua  grandia  et  forcia  gauisus  est  ualde.     Item    videns 

se    habere    crura    gracilia    dicebat    intra    se:    orura    sie 


150  Hermann  Oesterley 

gracilia  quomodo  possunt  sustinere  tarn  grandia  et  tarn 
magna  cornua  et  tante  fortitudinis  ?  et  inseqiientibus  a 
tergo  venatoribus  cogitabat  intra  se  et  dixit:  cnira  ista 
velocia  sunt  et  per  ea  forsitan  potero  euadere.  dum 
autera  nemus  subintravit  uicinum,  habebat  cornibus  inter 
uepres  et  captus  est.  Tunc  dixit:  spes  mea  decepit  me. 
credebam  enim  in  cornibus  meis  totam  meam  inesse  for- 
titudinem. 

Exemplum  iliorum,  qui  in  ea  in  quibus  confidunt 
facile  decipiuntnr. 

52.     De  oncujro  et  asino. 

Onager  videns  asinum  procurari  et  pasci  dixit  intra 
se:  pulcrior  sum  isto  asino,  et  tarnen  non  ita  bene  pro- 
curatus  sum,  nee  ita  diligenter  enutror  sicut  asinus  iste, 
et  hoc  iniustum  est.  Sequenti  die  vidit  onager  asinum 
graui  sarcina  onustum  incedere  et  dixit:  Justum  est  asi- 
num pro  uelle  comedere,  cum  multum  laboret  et  ego  toto 
die  permaneam  ociosus. 

Exemplum  illius,  qui  bonis  inuidet  alienis  et  postea 
recognoscit  multis  habundare  diuiciis.  nee  carere  graui 
pondere  sollicitudinis. 

53.     De  leone  et  volpe. 

Leo  plus  solito  uigilans  debilitatus  est  recumbens  in 
spelunca  sua.  ad  quem  veniebant  cetere  bestie,  ut  uisi- 
tarent  et  consolarentur  eum.  et  dum  appropinquarent 
comedebat  cas.  venit  et  volpes  ad  visitandum  eum  stans 
de  foris  ante  portam  spelunce,  cui  dixit  leo:  veni  huc, 
soror  mea,  ut  grata  tecum  possim  miscere  colloquia. 
Respondit  volpes:  nequaquam  domine.  Quare?  inquit 
leo.  Cui  volpes:  uideo  quidem  intrancium  uestigia,  sed 
redeuncium  nulla  possum  intueri. 

Exemplum  sapieutis,  qui  bene  sua  seit  disponere 
negocia,  ita  et  qui  intrat  infernum  nunquam  exibit. 

54.  Quidam  miles  dixit  cuidam  literato,  quäle  gau- 
dium  erit  in  paradyso  et  ait  literatus:  tale  gaudium  quod 
nee  oculus  uidit  nee  auris  audiuit.  et  ait  laycus  qui 
multum   dilexit   cum  canibus   et  auibus  uenari:    nunquam 


Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciringtonia.  J51 

essent  ibi  canes  et  aues?  et  ait:  absit  quod  canes  intrent 
tarn  amenum  locum.  et  ait  laycus:  certe  si  ibi  essent  canes 
et  aues  et  huiusmodi  plus  diligerem  illuc  venire.  Respon- 
dit  clericus:  Leo  cum  aliis  bestiis  semel  vnum  magnum 
conuiuium  celebrauit.  vocauit  quam  plurimas  bestias  et 
dedit  diuersa  genera  carnium  et  multas  delicias.  festo 
celebrato  reuerse  sunt  bestie  ad  proj^ria.  ysengrimus  in- 
uenit  in  uia  porcum  druscam  comedentem  et  ait  porcus: 
vnde  venis  ysengrine?  qui  ait:  de  nobili  conuiuio  leonis, 
et  tu,  nonne  fuisti  ibi?  et  ait  porcus:  fueruntne  ibi  bona 
fercula  multe  delicieV  et  ait  lupus:  fuerunt  utique  bona 
et  multa  et  bene  parata.  ait  porcus:  fuitne  ibi  drusca? 
et  ait  lupus:  quid  queris  maledicte?  absit  quod  in  tali 
conuiuio  tarn  vilis  cibus  poneretur.  Ait  porcus:  si  ibi 
non  fuit  furfur  mixtum  locione  scutellarum  non  curo  si 
non  interfui. 

Ita  sunt  plerique,  qui  nichil  reputant  nisi  druscam. 
Idem  drusca  in  cereuisia,  quod  vinacia  in  vino.  qui  dili- 
gunt  vilia  diligunt  peccata. 

56.     De  asino. 

Asinus  sale  onustus  incedebat  et  transiens  per  aquam 
offenso  pede  corruit  et  liquefactum  est  sal.  asinus  senciens 
se  exoneratum  gauisus  est  ualde  et  ibat  uiam  suam.  non 
multo  post  honustus  est  spongia  et  dum  transiret  per 
aquam  cecidit  offenso  pede,  et  dum  spongia  aquam  mul- 
tara  sorbuisset,  asinus  ita  honustus  est,  ut  nix  posset  in- 
cedere. 

Exemplum  illorum,  qui  letantur  in  prosperis.  in  ad- 
uersis  vero  penitenciam  necessariam  non  habent. 

5G.     De  asino. 

Cuiusdam  ortulani  asinus  conquerebatur  pro  assiduo 
labore  d.  sibi  iniurianti.  quod  audiens  ortolanus  vendidit 
eum  molendinario,  et  nocte  ac  die  laborabat  et  facta  sunt 
asini  peiora  prioribus. 

Exemplum  illius,  qui  conqueritur  de  seruicio  domini 
sui  et  forsitan  incidet  in  grauius. 


]52  Hermann  Oesterley 

58.     De  leporibus  et  aquilis. 
Aquilis   et  leporibus  ad  inuicem  pugnantibus  lepores 
perrexerunt  ad  vulpes  querentes  succursum.  wlpes  dicen- 
tes.  libeuter  vobis  succurreremus,  si  uestram  prius  cogno- 
sceremus  aiidaciam. 

51K  De  aquila  et  columba. 
Aquila  et  columba  litigabant  ad  inuicem.  dixit  autem 
columba:  fere  per  singulos  menses  genero  pullos  et  grata 
sum  hominibus  pro  collata  mihi  celitus  fecunditate.  Cui 
aquila:  et  inde  tibi  dolor  et  frequens  tristicia,  quia  quanto 
plus  paris  tanto  plures  de  pullis  tuis  ad  hominum  deli- 
catas  epulas  moriuntur. 

(31.     De  asino. 

Asinus  audiens  merulam  modulatis  canere  uocibus 
quesiuit  ab  ea,  quo  cibo  vteretur,  pro  eo  quod  sie  optime 
caneret.  Cui  raerula:  aerem  serenara  et  rorera  celi  pro 
cibo  habeo.  tunc  asimia  emulus  voce  eius  aperto  ore  yans 
attrahebat  aerem  expectans  vocem  celi  donec  debilitatus 
fame  mortuus  est. 

Exemplum  stulti,  qui  appetit  ea,  que  non  pertiuent 
ad  cum. 

62-     De  asino. 

Asinus  cadens  in  lutum  cepit  eiulans  clamare  pro 
eo  quod  non  poterat  egredi.  Cui  canes  dixerunt:  quare 
plangis,  cum  nos  qui  longe  ante  cedimus  in  lutum,  minime 
plangamus  ? 

Exemplum  delicatorum,  qui  nicbil  volunt  pati  aduer- 
sitatis. 

().j.  De  sue  et  leena. 
Sus  et  leena  litigabant  ad  inuicem.  sus  autem  dixit 
leene:  et  tu  in  quo  te.  iactas  pro  qua  re  tantum  eleuaris 
in  superbiam?  labor  tuus  inanis  est.  et  cum  per  annum 
vnum  labores,  non  potes  habere  nisi  catulum  vnum.  ego 
fecunda  et  grata  sum  hominibus    et  duos  quosque  menses 


Die  Narratioiies  des  Odo  de  Ciringtonia.  253 

porto  xiiii  porcellos.    Kespondit:  verum  est.  sed  tu  paris 
porcellos.  ego  leonem. 

Exemplum  verbosi,  qui  multa  loqnitur  inutilia.  sapiens 
autem  paucis  contentus  est  uerbis. 

04.     De  lupo  et  edo. 

Lupus  accepit  edum  de  capris  iuxta  uicum  vnum. 
Cui  dixit  edus:  Letare  et  gaude,  postea  comedes  me  totum 
cum  gaudio.  precor  autem  ut  cautes  et  dum  cantaueris 
ego  saltabo  et  sie  epulaberis  canendo  me  coram  te  sal- 
tante.  ad  hoc  cepit  lupus  canere  et  edus  saltare.  audientes 
hoc  canes  uici  illius,  impetum  fecerunt  in  hipum,  quem 
insecuti  ad  hoc  conpulerunt.  ut  edum  relinqueret,  et  libe- 
ratus  est  edus. 

Exemplum  quod  aliquis  vtitur  bonis  suis  in  pace  et 
silencio. 

05.     De  medico. 

Anus  quedam  paciebatur  in  oculis.  facta  autem  con- 
uencione  spospondit  medicus  eam  curare,  in  domo  autem 
vetule  plurima  erant  utensilia.  tottidie  medicus  apponebat 
medicinam  oculis  eins  et  tottidie  j^^^^^^tim  furabatur 
uascula  eins  donec  tota  domus  euacuaretur.  Tandem  con- 
ualuit  anus  illa,  que  ut  uidit  domum  suam  spoliatam 
contristata  est  et  nolebat  medico  suam  reddere  mercedeni. 
medicus  conuenit  eam  coram  iudice.  que  ait:  nondum 
conualui  ab  infirmitate,  cum  enim  oculus  meus  sanus 
esset,  plurima  videbam  in  domo  mea,  que  modo  non 
video. 

Exemplum  sapientis,  qui  fraude  fraudem  a  se  nouit 
repellere. 

(SQ.     De  vespa  et  serpente. 

Vespa  pungebat  aculeo  suo  caput  serpentis.  et  serpens 
angustiata  nitebatur  se  amouere  ab  ea  nee  poterat.  Vt 
autem  uidit  serpens  se  non  posse  iuuare  supposuit  caput 
quadrige  pretereunti  et  ambo  mortui  sunt. 

Exemplum  quod  in  tantum  potes  inimicum  infestare, 
quod  te  et  ii:)sum  occidet. 


154  H.  Oesterley,  Die  Narrationes  des  Odo  de  Ciriiigtonia. 

(37.     De  hone  viUpe  et  orso. 

Leo  vulpes  et  vrsus  perrexeruiit  venatum.  ceperunt 
autem  arietem  vnum,  ouem  vnam  et  agnum  vnum.  Dixit 
autem  leo:  quis  ex  nobis  parcietur  predam  istam?  Vrsus 
respondit:  ego  domine.  leo  dixit:  parcire.  Vrsus  dixit: 
tu  domine  habebis  arietem.  ego  ouem  et  vulpes  agnum. 

(Schlufs.) 

Dr.  Hermann  Oesterley. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.        155 


Beiträge   zur  Kenntniss  der  französischen 
Sprache  des  XIV.  Jahrhunderts.  *) 

(Fortsetzung.) 


VIII.  Verb  um. 
"Wir  werden  im  Folgenden  schwache  und  starke  Con- 
jugation  einer  getrennten  Betrachtung  unterwerfen,  so 
weit  es  sich  um  die  charakteristischen  starken  Formen 
handelt,  und  sodann  die  Formen  der  Hülfsverba  erörtern, 
um  endlich  in  einer  Schlüfsübersicht  die  aus  dem  gesammten 
Material  sich  ergebenden  Hauptcharakterzüge  für  das  franz. 
Verbum  im  14.  Jahrhundert  zusammenzustellen.  Zuvörderst 
aber  heben  wir  bei  beiden  Conjugationen  die  imter- 
scheidenden  Merkmale  der  alten  und  der  modernen  Sprache 
übersichtlich  heraus. 

A.     Schwache  Conjugation. 

Ein  Hauptkennzeichen  der  schwachen  Conjugation  in 
der  modernen  Sprache  ist  die  Anfügung  paragogischer 
Buchstaben,  nämlich  von  e  und  s  in  verschiedenen  Fällen: 
von  e  in  1.  Sg.  Präs.  Ind.  der  I.  Conjugation;  von  s  in 
1.  Sg.  Präs.  Ind.,  im  Sg.  des  Imj^erat.  und  in  1.  Sg. 
Perf.  der  II.  und  III.,  sowie  in  1.  Sg.  Imperf.  Ind.  sämmt- 
licher  Conjugationen. 

Dagegen  zeigt  das  Neufranz,  ein  entgegengesetztes 
Verfahren  in  Bezug  auf  auslautendes  -^,  welches  den 
Formen  in  /].  Sg.  Präs.  Ind.  der  I.  und  .').Sg.  Präs.  Conj.  der 
1.  II.  III.  Conjugation,  sowie  im  Ptc  Pf.  derselben  ety- 
mologisch zukommt  und  früher  vorhanden  war,  gegen- 
wärtig aber   längst  völlig  geschwunden  ist   und   nur  aus 


*)  S.  Bd.  XI,  S.  233  fg.  d.  Jahrb. 


156  Otto  Knauer 

euphonischen  Gründen  in  einem  Falle  wlederauftaucht. 
Nur  in  o.  Sg.  Perf.  der  II.  III.  Conjugation  ist  es  be- 
wahrt oder,  richtiger  gesagt,  wieder  in  seine  Stelle  ein- 
gesetzt worden,  nachdem  die  ältere  Sprache  sich  längere 
Zeit  ganz  desselben  entschlagen  hatte.  In  ?,  Sg.  Präs. 
Conj.  der  I.  Conjugation  sind  mit  jenem  -t,  das  übrigens 
da  gerade  am  längsten  gehaftet  hat,  auch  die  Syncope 
des  e  der  Endung  und  die  Veränderungen  des  voraus- 
gehenden Endconsonanten  des  Stamms  in  Wegfall  ge- 
kommen. Die  1.  2.  PI.  in  den  verschiedenen  Zeiten  (vom 
Perf.  abgesehen)  zeigen  nur  noch  eine  feststehende  En- 
duno;:  -ons  -ez  einer-  und  -ions  - t'e^;  andrerseits  an  Stelle 
des  früheren  Reichthums. 

Dialectischer  Wandel  des  Charaktervocals ,  wie  er 
früher  beim  Imperf.  Conj.  der  I.  Conjugation  vorkam,  ist. 
wie  jede  Art  dialectischer  Färbung,  der  Schriftsprache 
abhanden  gekommen.  —  Die  eigenartige  Femininform  des 
Ptc.  Pf.  der  I.  Conjugation  auf  -ie  hat  der  regelrechten 
völlig  weichen  müssen,  und  im  Fut.  und  Condit.  kommen 
Syncope  und  Assimilation  etc.  fast  gar  nicht  mehr  vor.  — 
Von  den  anomalen  Zeitwörtern  endlich  haben  die  meisten 
ihre  Anomalie  verloren,  und  nur  etiler^  suivre  und  luär 
zeigen  in  etwas  den  alten  Charakter.   — 

"Wir  brauchen  im  Folgenden  unsre  einzelnen  Quellen 
nicht  getrennt  zu  betrachten;  denn  wenn  auch  beim  Verbum 
so  gut  wie  bei  den  anderen  Kedetheilen  die  sprachliche 
Zersetzung  in  den  jüngeren  weiter  geht  als  in  den  älteren, 
so  haftet  doch  allen  im  Grofsen  und  Ganzen  der  Charakter 
der  altfranz.  Conjugation  noch  ziemlich  ausgeprägt  an, 
während  man  die  modernen  Eigenheiten  nur  sehr  all- 
mählich Platz  greifen  sieht.  Auf  die  verschiedene  Stellung 
unserer  Denkmäler  zu  diesem  Entwicklungs-  oder  Zer- 
setzungsprocess,  so  weit  wirklich  eine  solche  sichtbar  ist, 
sowie  auf  ausgeprägte  dialectische  Eigenheiten  im  Gebiete 
des  Vcrbums  wird  es  genügen  in  der  Schlufsübersicht 
hinzuweisen. 

Zuerst  ziehn  wir  die  Formen  der  schwachen  Verba 
in  Betracht^  bei   denen   es   sich   um   den  Antritt   parago- 


Beiträge  zur  Kenntnifü  d.   fraiu.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.         I57 

gischer  Buchstaben   oder   um  den  Abfall   von  Endconso- 
nanteu  handeln  kann. 

Für  1.  Sg.  Präs.  Ind.  der  I.  Conjugation  sind  als 
Beisp.  der  alten  Form  u.  A.  anzuführen:  je  m'qji  Cond. 
54,  llo5,  ajfi  Cuv.  4207,  je  vons  affij  Desch.  154;  dej^i 
H.  C.  72,  20;  graci  ib.  84,  13;  merclii  ib.  109,  I();  i^ri 
Cond.  184,  247;  H.  C.  23,  4;  C.  de  Tr.  14,  2;  Doc.  or. 
VII;  Cuv.  426;  Desch.  33;  Fr.  I.  77;  suppli  Doc.  or. 
XI;  Desch.  83;  Fr.  II.  347;  employ  Desch.  57;  noij  (von 
noyer  =  nier')  ib.  33;  otroi  Cond.  58,  1273;  Cuv.  17'. »47; 
je  le  foctroy  Desch.  106;  otry  H.  C.  88,  16;  —  reu  (von 
vouer')  H.  C.  61,  16;  Cuv.  17938;  —  je  me  conseil  Cond. 
48,  897;  je  me  merveil  Cuv.  4510;  Desch.  53;  je  desir 
Desch.  279  1);  jur  H.  C.  34,  10;  Cuv.  211;  Desch.  228; 
plour  Desch.  44;  —  adevin  Cuv.  16;  —  devis  H.  C.  19, 
23;  ^atz- Desch.  83;  os  Cond.  60,  1341;  —  je  vous  chant 
Cuv.  17914;  vant  Cond.  98,  72;  present  ib.  HO,  316;  je 
le  vous  acreant  Cuv.  4235;  creant  H.  C.  11,  8;  je  le  vous 
cwnmant  Cuv.  893;  demant  H.  C.  179,  12;  Cuv.  6971;  —  je 
doubt  ib.  18026,  bei  welchen  letzteren  Formen  zum  Theil 
die  alte,  zunächst  burgundische''^)  Kegel  der  Verhärtung 
im  Auslaut  noch  in  Kraft  erscheint. 

Ferner  mit  dem  auch  früher  vorkommenden  Abfall 
von  d  (t)  nach  n  und  diesem  selbst  nach  /•  im  Auslaut: 
deman  H.  C.  166,  17;  atour  (von  atourner)  ib.  34,  22;  je 
m'atovr  Desch.  57. 

Endlich  mit  dem  aus  älteren  picard.  ^)  Quellen  be- 
kannten Wandel  eines  auslautenden  t  besonders  nach  n 
in  ^,  dl  und  sogar  s,  welches  letztere  sich  auch  Eingang 
in  den  bürg.  Dialect  verschafit  hatte:-) 


*)  Die  wenigen  aus  Desch.  von  pag.  261  an  citirten  Beisp.  sind  aus 
seiner  Art  de  dictier  entlehnt,  /um  Theil  aus  den  dort  angeführten  Muster- 
beispielen für  die  versciiiedenen  lyrischen  Formen.  Es  liefse  sich  denken, 
dal's  diese  Muster  nicht  Deschamps  eigene  Schöpfungen  wären;  jeden- 
falls gehören  sie  aber  doch  seiner  Zeit  und  niiht  einer  älteren  Periode 
an,  so  dafs  wir  unbodeniclicli  Fornicn  aus  ihnen  anführen  dürfen. 

2)  Vgl.  Burguv   1.  '2 IG. 


1^58  ^^^'^  Knauer 

creanc  Cond.  G2,  1401;  demanc-.comanc  ib.  27,  129.  130; 
—  douch  (von  douter)  ib.  98,77 ;  —  commtins  H.  C.  194,  27; 
Cuv.  6912;  creans  H.  C.  69,  8. 

Andererseits  kommt  auch  umgekehrt  t  statt  c  im 
gleichen  Falle  vor :  so  ßant  C  de  Tr.  16,  5  (v.  fiancer)  im 
Reime.  Ebenso  in  älterer  Zeit  z.  B.  cornment  für  coiamenc: 
Je  cornment^  car  mix  de  ti  vail  (Li  Jus  de  St.  Nicolai  von 
J.  Bodel:  bei  Monmerque  et  Michel:  Theätre  fr.  au  moyen- 
äge  p.  189);  ferner  dert  für  clerc:  .  .  .  .  en  l'onnour  du  clert 
que  Dieus  a  volut  prendre  (li  Jus  du  Pelerin  von  Adam 
de  la  Halle  bei  Monmerque  et  Michel.  1.  c.  p.  99 ')  Es 
lieo-t  auf  der  Hand,  dafs  t  wie  c  in  diesem  Falle  stumm 
war,  dafs  dieser  Wandel  also  die  Aussprache  nicht  be- 
einflufste,  und  Gleiches  mag  wenigstens  theilweise  von  den 
vorerwähnten  Wandlungen  gelten. 

Wir  finden  also  die  alte  1.  Sg.  Präs.  Ind.  der  I.  Con- 
jugation  ohne  paragogisches  e  in  einer  genügenden  Anzahl 
von  Beisp.  bei  den  Stammauslauten  i,  o/,  eu,  mouillirtem 
I,  '/•,  w,  s,  n(/,  t  vertreten,  wobei  auch  Wandel  des  Endcon- 
sonanten  noch  keineswegs  ausgeschlossen  ist. 

Für  alle  die  grenannten  Fälle  aber  und  noch  für  weitere 
sind  auch  Beisp.  mit  paragogischem  -e  in  Fülle  anzu- 
führen, wie  aus  folgenden  Citaten  hervorgeht:  affie  H.  C. 
99,  8;  aße  Cuv.  211;  4109;  je  vous  acerteße  Cuv.  520;  cer- 
tiße  Doc.  or.  XXH;  je  vous  certeße  Cuv.  4122;  je  crie 
Desch.  45;  envie  C.  de  Tr.  27,  16;  ße  ib.  27,  19;  je  vous 
mercie  Doc.  or.  XI;  remercJde  H.  C.  171,  17;  prie  Cond. 
111,369;  H.  C.  28,  17;  Doc.  or.  XI;  Cuv.  6791;  Desch. 
49;  Fr.  I.  127;  deprie  C.  de  Tr.  34,  24;  senefße  H.  C.  99, 
6;  je  vous  seigneße  Cuv.  4212;  je  vous  svpplie  Desch.  49;  — 
otroie  H.  C.  90,  13;  Cuv.  896;  je  Vottrie  Desch.  21;  —  loe 
H.  C.  56,  17;  voe  ib.  147,  23;  —  tue  ib.  104,  10;  —  je  vous 
baille  Cuv.  22752;  je  conseille  Desch.  29;  —  je  parole  Fr. 
I.  68;  —  desire  H.  C.  219,  16;  jure  ib.  113,  16;  Cuv. 
136;  —  je  ne  nomme  Cuv.  22549;  —  je  li  ordomie  Fr.  I.  49; 
extraiiie  Desch.  90;  — je  tesmoigne  ib.  72;  —  j^afvise  Desch. 


')  Gleich  darauf  ist  c/e/c  gesclirieben  ib.  p.  100:  De  uiaistre  Adan, 
!e  clerc  d'ouueur. 


I 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrhrh.         159 

40;  ose  Cond.  93,  156;  H.  C.  215,  23;  Desch.  72;  prise  C. 
de  Tr.  25,  6;  Cuv.  15347;  je  ne  vons  refuse  pas  Fr.  J.  30; 
je  suppose  ib.  I.  2.  21 ;  vse  Doc.  or.  XXII;  je  te  lesse  Desch. 
17;  je  vom  laisse  Fr.  I.  127;  passe  Desch.  247;  je  pense 
Cond.  111,366;  Fr.  1.31;  je  pence  Desch.  32;  commence 
Cond.  169,  11;  Fr.  I.  2;  —  commande  H.  C.  140,  14;  Cuv. 
17942;  je  vovs  recommande  Fr.  I.  118;  vante  H.  C.  99,  13; 
compte  Cuv.  17941;  je  le  preste  Cuv.  185;  doute  H.  C.  189, 
4;  je  (me)  douhte  Cuv.  6728;  Desch.  150;  j''en  traicte  Fr.  I. 
2;  je  n'' empörte  Desch.  173;  raporte  H.  C.  170,25;  je  le 
facorde  Desch.  172;  je  le  vous  acorde  Fr.  I.  118;  je  me 
recorde  Desch.  183;  je  me  cuide  Cuv.  7063;  je  en  cuide 
Fr.  I.  4;  —  j'ohlige  Cuv.  142;  —  escappe  H.  C.  75,  8. 

Eben  so  häufig  sind  derartige  Formen  in  anderen 
Quellen  aus  dem  14.  Jh.,  z.  ß.  in  den  bei  Monmerque  et 
Michel  1.  c.  abgedruckten  Mirakelstücken  aus  jener  Zeit, 
in  denen  wir  u.  A.  je  pense,  ose,  prise,  propose,  suppose, 
refnse-je;  j''avance,  denonce;  change,  charge,  juge,  oblige; 
demeure,  jure,  livre;  compte,  aconte,  enorte,  porte;  demande; 
afferme;  rctourne;  appelle,  chancelle,  haille,  travaiUe  lesen 
können. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  dieses  -e,  welches  wir 
in  Anbetracht  des  historischen  Vorgangs  innerhalb  der 
französischen  Sprache  selbst  paragogisch  nannten,  seine 
etymologische  Begründung  in  dem  lateinischen  -o  findet. 
Aber  die  alten  Quellen  entschlagen  sich  dieser  Endung 
so  regelmälsig,  dafs  wir  wohl  berechtigt  sind,  von  einer 
Anfügung  des  -^  in  der  modernen  Sprache  zu  reden. 

Ganz  vereinzelte  Formen  mit  -e  bieten  allerdings 
auch  ältere  Quellen.  Burguy  führt  zwar  keine  Beisp.  an, 
wohl  aber  Diez ')  aproche,  proie,  (deve  aus  den  burgimd. 
Sermons  de  St.  Bernard.  Einige  weitere  Beisp.  aus  picard. 
Quellen  des  13.  Jh.  sind:  je  vous  aporte  che  p>resent  (Robin 
et  Marion  von  Adam  de  la  Halle ,  bei  Monmerque  et 
Michel  1.  c.  p.  119);  je  n'osc  (:cose)  (ib.  p.  123);  je  nose 
(:rose)   (Mir.    de    Theophile   von   Rutebeuf  1.  c.   p.    15.;;); 


')  Rom.   (iraiiini.  II.  214. 


160  Otto  Knauer 

ni'en  passe  oiitre  (li  Jus  de  St.  Nicolai  von  Jean  Bodel  1. 
c.  p.  163).  Für  den  Ötammauslaut  -c/  ist  es  uns  nicht 
gelungen,  überhaupt  einen  Beleg  aus  älterer  Zeit  'beizu- 
bringen, und  doch  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dafs  in 
diesem  Falle  vielleicht  schon  die  ältesten  Sprachdenkmäler 
das  auslautende  e  schreiben,  also  jufje  ohlige  u.  s.  f.  wie 
im  14.  Jh.  —  Im  üebrigen  scheint  die  meiste  Neigung 
zur  Anfügung  des  paragogischen  -e  und  somit  zu  gröfserer 
Annäherung  an  den  latein.  Typus  der  Form  der  Stamm- 
auslaut -5  zu  haben. 

Wir  wenden  uns  hiernach  gleich  zu  den  Belegen  für 
die  3.  Sg.  Präs.  Cj.  der  I.  Conjug.  und  verzeichnen  einer- 
seits mit  -t;  anoit  H.  C.  75,  20 j  oroit  C.  de  Tr.  19,  10; 
otroit  H.  C.  38,  23;  consavt  Cond.  91,  96;  griet  ib.  81,  2109; 
alt  (von  aichr)  ib.  92,  110;  H.  C.  116,  14;  dit  ib.  .52,  15; 
aist  C.  de  Fr.  16,  10;  gart  Cond.  58,  1274;  H.  C.  17,  24; 
C.  de  Tr.  19,  9;  Cuv.  18103;  Desch.  35; »)  lait  (von  laier) 
H.  C.  215,  6;  laist  (von  laisser)  Cond.  27,  131 ;  65,  1522; 
H.  C.  77,  20;  Desch.  224;  past  Cond.  125,  877;  cravent  H. 
C.  113,  20;  port  Desch.  116;  dcport  Cond.  :)S^  1275;  destonrt 
(von  destourner)  ib.  121,  743  etc. 

Wir  beobachten  an  diesen  Formen  zugleich  den  alten 
Wandel  des  Stammauslauts:  mouillirtes  /  ist  zu  n  auf- 
gelöst, V  und  n  sind  ausgefallen  und  d  ist  entweder  auch 
geschwunden  oder  zu  s  geworden,  während  t  mit  /  nicht 
st,  sondern  einfaches  t  gibt. 

Andrerseits  finden  sich  u.  A.  die  modernen  Formen: 
aloie  H.  C.  53,  6;  anoie  ib.  90,  21;  otroie  Cond.  145,  1582; 
H.  C.  91,  19;  octroie  C.  de  Tr.  35,  2;  qu^om  le  paye  Desch. 
42;  quoy  qui  se  mite  ib.  62;  ^^We  H.  C.  140,  8;  sauve  ib.  224, 
17;  que  on  ne  lor  commande  Fr.  1.370;  farde  Desch.  38; 
desgvise  ib.  41 ;  ne  voelt  point  que  nuls  povres  bacelers  . .  . 


')  Gerade  die  letztgenannten  Formen  uiufsten  sich  lange  erhalten, 
weil  sie  unendlich  häufig  in  feststehenden  und  sich  vererbenden  Floskeln 
wie:  se  Diex  me  gart  (z.B.  Pierre  de  la  Breche  bei  Monmerque  et 
Michel  1.  c.  p.  212),  si  m'ait  Dix  (z.  B.  li  Jus  de  St.  Nicolai  von  J.  Bodel. 
ibid.  p.  187)  angewandt  wurden. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  \Q'l 

s'esctise  Fr.  I.  3;  espeiise  H.  C.  221,  9;  laisse  ib.  62,  25;  passe 
ib.  132,  2;  ose  Coad.  97,  45^);  prise  ib.  50,  979;  redresce 
Desch.  118;  chace  ib.  51;  couche  ib.  170;  il  se  mete  k  rai- 
son et  eslongo  Fr.  I.  14;  demeure  H.  C.  187,  18;  dezagree  ib. 
32,  13;  qii'il  les  praingne  et  enserre  Desch.  64;  escappe  C. 
de  Tr.  25,  12  etc.  Sie  thun  deutlich  dar,  wie  hinter  den 
verschiedensten  Stammauslauten  das  c  sich  festigt  und 
das  t  sich  verliert. 

Während  das  -e  der  1.  Sg.  Pr.  Ind.  der  I.  Conjug., 
wie  bemerkt,  schon  in  der  alten  Sprache  vereinzelt  auf- 
taucht und  vollkommen  etymologisch  berechtigt  erscheint, 
ist  das  paragogische  -s,  das  zunächst  in  der  1.  Sg.  Präs. 
Ind.  der  II.  und  HI.  Conjugation  bei  schwacher  wie  bei 
starker  Form  sich  zeigt,  früher  ganz  unbekannt  und 
schwerer  zu  erklären."^) 

Aus  unsern  Quellen  sind  Beispiele  der  1.  Sg.  Pr.  I. 
ohne  -s:  atent  Cond.  123,  812;  entcnt  H.  C.  22,  21  j  fentan 
Desch.  252;  je  me  dehat  ib.  102;  je  per  (von  perdre)  H. 
C.  200,  16  3);  rench  ib.  34,  8;  Cond.  158,  409;  —  je  vif 
Cuv.  142;  Desch.  129;  —  ment  Cond.  123,  786;  mench  ib. 
123,  782;  manch  ib.  142;  1476;  senc  ib.  82,  2118;  je  me  sen 
Desch.  129;  sier  (von  servir)  H.  C.  196,  24. 

Wiederum  begegnen  wir  in  diesen  Formen  den  oben 
bereits  erwähnten  Veränderungen  des  consonantischen 
Auslauts:  der  Verhärtung  von  d  zu.  t  und  dem  Abfall 
beider  nach  n,  ferner  auch  dem  Abfall  des  d  nach  r ;  der 


1)  Die  Stelle  lautet: 

Li  autres  est  si  fort  doutans 

Qu'il  lait  anscois  passer  lonc  tamps 

Que  dire  ose  sa  maladie. 
Die    Belegstellen    für   angois   que   bei   Burguy  II.  376   zeigen   alle   den 
CoDJunctiv  nach  dieser  Conjunction,  so  dürfen  wir  ihn  wohl  auch  hier 
annehmen. 

2)  Vgl.  Diez,  Rom.  Gramm.  IL  232. 

3)  Aus  älterer  Zeit  führen  wir  dafür  die  Form  pierc  (picard.)  an: 
z.  B.  Roman  dou  roi  Flore  et  de  la  belle  Jehanne  bei  Monmerque  et 
Michel  1.  c.  p.  419.  424. 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  2.  11 


|(j2  Otto  Knauer 

Verhärtung  oder  dem  Abfall  von  v ;  endlich  dem  picardischen 
Wandel  von  t  {d)  in  c,  ch  nach  7i. 

Wenn  wir  jedoch  für  dieselbe  Verbalform  je  vons 
hani  Cuv.  6834  ohne  -s  finden,  aber  mit  -?*,  so  liegt  darin 
natürlich  keineswegs  eine  Alterthümlichkeit  wie  in  den 
obigen  Beisp.  ohne  -s,  sondern  eine  Formverwirrung; 
denn  in  der  Inchoativklasse  ist  das  s  ja  integrirender 
Bestandtheil  auch  von  1.  Sg.  Präs.  Die  Form  beruht  also 
wiederum  auf  falscher  Analogie,  die  das  Uebergangs- 
stadium  so  häufig  in  seinem  Gefolge  hat.  Doch  kann  auf 
dies  vereinzelte  Beisp.  selbstverständlich  kein  Gewicht  ge- 
legt werden,  wenn  es  auch  unserm  Princip  wider- 
strebt, darin  einfach  einen  zu  verbesseJTnden  Schreibfehler 
zu  sehen. 

Dagegen  lesen  wir  andrerseits  mit  paragogischem-s; 
fatem  Cuv.  4379;  je  atens  Fr.  II.  27;  je  entens  ib.  II.  178; 
deffens  H.  C.  62,  8;  je  pers  Desch.  179;  rens  H.  C.  21,  26; 
74,  14;  Cuv.  15348;  je  o-espons  Desch.  32;  —  vis  H.  C.  141, 
16;  je  vis  Desch.  87;  je  vifs  Cuv.  800  (im  Reim);  —  je 
sens  Cuv.  398;  Fr.  I.  127;  assens  consens  Desch.  29. 

Auch  hier  sind  also  wenigstens  gewisse  Lautgesetze, 
auf  welche  die  moderne  Sprache  in  den  sogenannten 
regelmäfsigen  Conjugationen  ganz  verzichtet  hat,  noch  in 
Gültigkeit:  nicht  blofs  fällt  bei  sentir,  wie  heute  noch, 
das  -i^-  zwischen  n  und  saus,  sondern  dasselbe  geschieht 
auch  mit  (i,  wenn  es  zwischen  7i  und  s  oder  zwischen  r 
und  s  stehen  würde;  bei  dem  anomalen  Zeitwort  vivre  ist 
der  Ausfall  des  v  (/),  der  später  sanctionirt  worden,  noch 
schwankend. 

Genau  wie  mit  1.  Sg.  Präs.  Ind.  steht  es  mit  2.  Sg. 
Imperat.  der  II.  und  III.  Conjugation  in  Bezug  auf  das 
paragogische  s.  Unsere  Quellen  scheinen  hier  aber  die 
Anfügunij  noch  seltner  als  dort  vorzunehmen.  Wir  lesen: 
abat  Desch.  106;  aten  H.  C.  67,  9;  Desch.  60;  entent  Cond. 
178,  27;  enten  H.  C.  67,  4;  ven  (von  vendre)  Desch.  199; 
rent  C.  de  Tr.  27,  12;  —  desgleichen  croy  Desch.  3;  di 
Fr.  II.  167;  fay  Desch.  11 ');  wef  ib.  66;  pran  ib.  58;  quier 

1)  Vgl.  Burguy  IL   157. 


Beiträge  zur  Kenntuifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  Jßß 

ib.  27;  —  ferner  oy  Desch.  00;  tien  ib.  8;  vien  ib.  0;  voy 
ib.  3 ;  appercoy  ib.  3. 

Andrerseits  mit  s  sind  uns  nur  zur  Hand  die  Beisp.: 
entens  Cond.  180,  HO;  181,  157;  183,207;  —  vis  Desch- 
61;  —  siers  Cond.  182,  169;  sers  Desch.  3.  In  beiden 
Fällen  aber  sind  die  mehrfach  erwähnten  Veränderungen 
des  Stammauslauts  wiederum  ersichtlich,  so  dafs  wenig- 
stens hierin  das  14.  Jahrb.,  auch  wo  es  schon  die  moderne 
Endung  bietet,  der  älteren  Zeit  noch  nahe  zu  stehn 
scheint. 

Völlig  aber  widerstrebt  der  Anfügung  des  parago- 
gischeu  s,  nach  den  Beispielen  aus  unseren  Quellen  zu 
urtheilen,  noch  die  1.  Sg.  Perf.  der  II.  III.  Conjugation: 
so  chayndi  H.  C.  205,  20;  fentendi  Cond.  88,  2336;  repondi 
Doc.  or.  XXII;  nasqui  H.  C  200,  4;  —  offin  parti  Doc. 
or.  XXII;  je  me  parti  Fr.  I.  110;  desiervi  Cond.  154,  260; 
plery  H.  C.  200,  7;  vesty  ib.  205,  18;  issy  ib.  219,  14. 

Ebenso  fehlt  in  weitaus  den  meisten  Fällen  der  3. 
Sg.  Pf.  der  II.  III.  Conjugation  das  frühzeitig  abfallende 
und  erst  später  wieder  in  sein  wohlbegründetes  Recht 
eingesetzte  -t.  So  z.  B.  abaty  H.  C.  51,  27;  comhnfy  C. 
de  Tr.  20,  2;  ardi  Fr.  I.  8;  atmdi  Cond.  38,  538;  Fr.  I. 
129;  attendi  Desch.  232;  entendy  C.  de  Tr.  27,  9;  entendi 
Desch.  121;  Fr.  1.68;  deffendy  H.C.  11,  17;  descindi  Cond. 
14,  27;  descendi  Fr.  I.  5;  despendy  H.  C.  8,  2;  pendi  Cond. 
38,  537;  pandi  Desch.  232;  perdi  ib.  172;  rendi  Cuv.  533; 
respondi  (y)  Cond.  15,  60;  H.  C.  34,  22;  Cuv.  102;  Fr.  1. 18; 
repondi  Doc.  or.  XXII;  vendy  Desch.  136;  —  nasqui  C.  deTr. 
34,  22;  —  chery  H.  C.  59, 11;  choi»i  Cuv.  424;  couvri  Cond. 
55, 1160;  c/ormi/ ib.  15,76;  empliih.lljloß',  estourmy  ih.lb, 
75;  failli  Cuv.  530;  feri  H.  C.  17,  21;  issi(i/)  Cond.  17, 
151;'  H.  C.  3,  24;  Fr.  I.  25;  obei  ib.  I.  76;  offry  (i)  H.  C. 
58,  15;  Fr.  I.  21;  ouffri  Doc.  or.  XVII;  ouvri  Cuv.  243; 
Desch.  121;  Fr.  I.  17;  ^^arfii/  (i)  H.  C.  4,  18;  Cuv.  531 ; 
departi  Fr.  I.  22;  rougy  H.  b.  28,  4;  sali  Cond.  38,  532; 
sailli  C.  de  Tr.  28,  13;  saisi  H.  C.  52,  1 ;  senti  Desch.  121 ; 
Fr.  I.  31;  souffry  (i)  H.  C.  20,  8;  C.  de  Tr.  20,  23;  Cuv. 
99;    toUy   H.  C.  17,  17;    vesfi  Fr,  T.  51  etc.  —  also  in  II. 

11* 


Iß4  ^"f>  Knaner 

und  III.  Conjugation,  bei  regelniäfsigen  und  bei  anomalen 
Zeitwörtern ,  in  der  III.  bei  der  Hauptform  wie  bei  der 
inchoativen. 

Dem  gegeniiber  sind  uns  nur  aus  Desch.  die  3  Bei- 
spiele: perdit  180;  servit  153;  sovffrit  154  zur  Hand.  — 

Wir  knüpfen  hieran  einige  wenige  Bemerkungen  über 
das  Perf  der  I.  Conjugation. 

Die  Endungen  sind  hier  in  der  iiberwiegenden  Mehr- 
zahl der  Beispiele  die  bekannten  modernen,  wie  ja  über- 
haupt dieses  Tempus,  von  der  allerältesten  Zeit  abgesehen, 
seine  Gestalt  wenig  mehr  verändert  hat.  Doch  finden 
wir  in  1.  Sg.  vereinzelt  statt  -ai  -e  geschrieben,  so  aU 
monstre  transporte  troiire  Doc.  or.  XXII ^). 

Die  3.  Sg.  hat  selbst  bei  Cond.  kein  -t  mehr:  z.  B. 
gloza  oza  etc.  Für  3.  PI.  treffen  wir  nur  -erent  (^-erenf): 
so  parlerent  Cond.  14,  30.  In  I.  PI.  aber  herrscht  -ames 
zwar  vor,  doch  können  wir  auch  die  Anbildung  an  die 
2.  Person  :  -asmes  nachweisen  :  hailliasmes  Doc.  or.  XXIII; 
commencasmes  ib.  XXII.  — 

Das  Imperf.  Ind.  sämmtlicher  Conjugationen  in 
schwacher  oder  starker  Form  (und  also  auch  das  Con- 
ditionale)  zeigt  natürlich  noch  oi  in  der  Endung,  das  ja 
nur  im  normannischen  Dialecte  durch  ei  vertreten  war, 
während  lle  de  France  zwar  zeitig  die  normänn.  Aus- 
sprache annahm,  aber  dabei  die  burgund.-picard.  Schrei- 
bung Ol  bewahrte,  die  dann  erst  im  späten  Neufranz,  durch 
die  entsprechendere  ai  ersetzt  wurde  '^). 

Das  paragogische  s  aber  in  1.  Sg.  ist  noch  höchst 
selten  :  wir  haben  als  Belege  für  sein  Auftreten  nur  je 
Ven  prierois  Froiss.  I.  272;  auerois  ib.  H.  21  beizubringen. 
Die  Endung  -oie  (-oye)  ist  immer  noch  die  Regel,  so  z.  B. 
aloie  H.  C.  6,  12;  doutoie  Cond.  34,401;  |>ar/ote  Fr,  1.8;  — 


')  In  ähnlicher  Weise  ist  fe  (haheo)  geschrieben  in  einem  Mirakel- 
stück  aus  dem   14.  Jh.  bei  Monmerque  et  Michel  1.  c.  p.  413. 

^)  Der  Diphthong  ai  gehörte  eigentlich  den  Provinzen  an,  die  den 
Uebergang  vom  normänn. znm  bürg. Dialectgebiet  bildeten:  Anjou,  Poitou 
und  besonders  Touraine.     Vgl.  Burguy  I.  25.223. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  Ig5 

devote  Cuv.  188;  favoi/e  Desch.  1;  estoie  H.  C.  3,  2; 
Doc.  or.  XXII;  vouloie  ib.  XXII;  prendroye  C.  de  Tr. 
23,  15;  seroie  H.  C.  3,  3;  pouroie  Cond.  16,  100  etc.  Im 
Ganzen  scheint  also  die  Endung  -ois  für  1.  Sg.  Impf. 
Ind.  dem  14.  Jh.  noch  durchaus  fremd  gewesen  zu  sein. 
Die  allerälteste  selbständige  Imperfectform  der  I. 
Conjugation  auf  -eve  durften  wir  in  unsern  Quellen  nicht 
mehr  erwarten,  da  sie  sich  ja  schon  zu  Ende  des  12.  Jh. 
verloren  hat  und  ohnehin  nur  dem  burgund.  Dialecte  an- 
gehörte. Eher  ist  hervorzuheben,  dafs  es  auch  an  Bei- 
spielen der  Endungen  -oue  -oe  fehlt,  die  doch  das  13« 
Jh.  hindurch  in  einem  grofsen  Theile  des  französ.  S^jrach- 
gebiets  herrschend  waren  ^).  — 

Wir  gehn  nun  dazu  über,  die  Endungen  der  1.  2.  PI. 
der  verschiedenen  Tempora  aller  Conjugatiouen  fniit 
alleiniger  Ausnahme  des  Pei-f.)  einer  gemeinsamen  Be- 
trachtung zu  unterziehen. 

Für  1.  PI.  sind  die  heutigen  Enduno^en :  -ons  im  Präs. 
Ind.  etc.,  ions  im  Imperf.  etc.  von  den  ältesten  Zeiten  an 
bekannt,  jene  auf  burgund.  Gebiet,  diese  in  Ile  de  France'^); 
andre  Provinzen  aber  bedienten  sich  andrer  Endungen  : 
für  den  ersteren  Fall  -omes  -ommes  -om  -um  etc.,  für 
den  letzteren  -iens  -iemes  -iom  -ium  etc.,  welche  sämmt- 
lich  aus  der  heutigen  Schriftsprache  verschwunden  sind. 
In  1.  PI.  Präs.  Cj.  wurde  das  i  der  Endung  im  13.  Jh. 
gern  weggelassen'). 

Unsere  Quellen  nun  brauchen  im  Präs.  Ind.  etc.  nur 
Formen  auf  -on  mit  "Wegfall  des  -s,  wie  er  auch  in 
früheren  Jahrhunderten  oft  vorkam"*),  oder  auf  -ons\  im 
Imperf.  etc.  herrscht  dagegen  fast  durchweg  -iens.  Ein 
Beispiel  des  beliebten  Ausfalls  von  i  in  der  Endung 
-ions  der  1.  PL  Pr.  Cj.  haben  wir  später  bei  üsir  anzu- 
führen. 


1)  Vgl.  Burguy  I.  219. 
•i)  Vgl.  Burguy  I.  217.  224. 
3)  Vgl.  Burguy  1.  2Ö8. 

^)  Man    vergleiche    z.B.   da^    Citat   aut;    dem    Koinaii    de  Brut  bei 
Burguy  I.  217. 


■\^QQ  Otto  Knauer 

So  finden  wir:  alon  C.  de  Tr.  30,  3;  demandon  Cuv. 
21170;  2^nso7i  Cond.  171,  94;  combaton  C.  de  Tr.  16,1; 
entendon  ib.  27,  17;  assenton  Cviv.2\Kß',  faison  C.  de  Tr. 
15,  25;  metton  ib.  30,  3;  amn  H.  C.  5,  10;  C.  de  Tr. 
15,  5;  devon  H.  C.  5,  6;  savon  ib.  50,  16;  —  aprenderon 
H.  C.  5,  27;  diro)i  Cuv.  16947;  fen-on  C.  de  Tr.  17, 10;  yrou 
ib.  17,  6;  mentiron  H.  C.  5,  18;  rendron  C  de  Tr.  22,  15; 
responderon  H.  C.  5,  23;  seron  C.  de  Tr.  17,  1 

neben:  alons  C.  de  Tr.  24,  3;  cuidons  Cond.  11,  91; 
mandons  C.  H.  40,  12;  Doc.  or.  I;  reffussons  H.  C.  33,  9; 
remuons  C.  de  Tr.  23,  3;  trouvons  E.  M.  II;  C.  de  Tr.  21, 
20;  escripsons  E.  M.  II;  faisons  Doc.  or.  VI;  reqnerons  E. 
M.  I;  avons  Doc.  or.  I;  cheons  E.  M.  II;  devons  H.  C.  33, 
20;  poons  E.  M.  II;  savons  H.  C.  25,  26;  26,  22;  veons  E. 
M.  II;  volons  votdons  E.  M.  II;  Cuv.  211931);  C.  de  Tr. 
23,  2;  Doc.  or.  I;  —  manderons  H.  C.  40,  17;  mourrons 
E.  M.  II  u.  s.  w. 

Andrerseits:  cognoissiens  faisiens  aviens  vouliens  ame- 
riensferiens  E.  M.  II;  ariens  Cuv.  22664;  eussiens  ib.  16855; 
lairiens  H.  C.  181,  11 ;  poriens  ib.  14,  8  und  selbst  cuidiemes 
Cond.  40,  621; 

doch  auch:  arions  aurions  H.  C.  34,  2;  Doc.  or.  VI; 
pourrions  Doc.  or.  V. 

In  2.  PI.  ist  die  moderne  Endung  -ez  zugleich  die 
alte  dem  normannischen  Dialecte  eigne ,  der  auf  burgun- 
dischem  Gebiete  -eiz  und  auf  picardischem  -es  gegen- 
überstand. 

Diese  letztere  Endung  zeigt  sich  in  einigen  unsrer 
Quellen  gleichfalls  als  vorherrschend,  während  sie  in 
anderen  wenigstens  vereinzelt  auftritt. 

So:  ames  E.  M.  I;  leves  Cond.  15,  92:  parUs  H.  C.  196, 
21;  'penses  C.  de  Tr.  24,  7;  resgarderes  Doc.  or.  XXI;  pren- 
des  Cond.  10,  48,  tenes  E.  M.  I;  aves  Cond.  14,  50;  E.  M.  I; 


1)  In  derselben  Tirade  wie  die  oben  angefüiirten  assenton  und  de- 
mandon und  im  Reime  mit  ihnen,  ein  weiterer  Beleg  für  das  Verstummen 
des  auslautenden  -s.  Vgl.  Beiträge  pp.  II.  Cousonantismus.  Jahrb. 
VIII.  394. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  Jf^J 

deves  Fr.  I.  2;    saoes   Cond.  14,  49;    E.  M.  I;  croines  E. 
M.  I;  laissies  Cond.  120,  701;  coiivoities  ib.  113,448*). 

Dagegen  aber :  demorez  H.  C.  5,  27 ;  escoutez  H.  C.  4, 
14;  C.  de  Tr.  13,  6;  Cuv.  1;  gardez  Cuv.  18;  portez  H.  C. 
6,  3;  entendez  Cuv.  17;  arez  H.  C.  6,  4;  serez  ib.  G,  2;  ore^ 
ib.  4,  13;  orr^^  Cuv.  19;  poez  veez  E.  M.  II;  deviez  deuissiez 
ib.  I  etc.  Nur  bei  Cond.  und  Froiss.  ist  das  picard.  -^5 
alleingültig;  bei  E.  M.  beliebt,  in  den  andern  Qxiellen 
hingegen  seltne  Ausnahme. 


')  Die  beiden  letzten  Stellen  lauten: 

J'ai  asses  autre  cose  aflfaire, 
Penser  m'estuet  a  autre  afFaire 
Mais  laissies  m'ent  a  tant  ester, 
Car  riens  n'i  poes  conquester. 
und: 


Se  vous  couvoities  tant  m'amour 

Et  vous  y  voles  parvenir, 

Si  preu  vous  couvient  devenir 

Den  Imperat.  laissies  bringt  Burguy  gleichfalls  bei  aus  dem  Partonopeus 
de  Blöis.  Die  Form  könnte,  wie  der  Imperativ  mancher  Verba,  dem 
Conj.  anstatt  dem  Ind.  entlehnt  sein;  couvoities  aber  ist  durch  das 
parallele  voles  hinlänglich  als  Ind.  documentirt.  Die  Endung  -  ies  für 
2.  PI.  Pr.  I.  stehtauch  mit  diesem  Beisp.  nicht  vereinzelt  da,  sondern 
läfst  sich  eben  so  gut  aus  älteren  Quellen  belegen,  so  z.  B.  Me  cuidies- 
vous  chi  faire  honte?  (Robin  et  Marion  von  Adam  de  la  Halle  bei 
Monmerque  et  Michel  1.  c.  p.  122);  vous  vous  courcines  (ib.  123);  Fi! 
mauvais ,    me  cuidies- vous   jjendre  (li  Jus  de  St    Kicol.  v.  Jean  Bodel 

1.  c.  p.  206)  ; 

A!  Chevalier  qui  chi  ^isie's, 

Com  par  estes  hon  eure! 

Comme  or  ches  euvres  despisies 

Le  mont  oü  taut  aves  dure  (ib.  p.  17G). 
Wir  können  hierin  nur  die  bekannte  pic.  Diphthougirung  erkennen,  die, 
wie  in    den  Endungen   des    Inf.  und  Ptc.  Pf.  der  I.  Conj.,    so  auch  in 

2.  PI.  Pr.  I.  auftritt  unter  dfem  Einüufs  der  voransgehenden  Consonanz. 
Burguy  führt  nur  bei  dem  starken  Zeitwort  connaitre  -  ies  als  die  ge- 
wöhnliche Endung  von  2.  PI.  Pr.  I.  an  (II.  131)  und  erklärt  sie  ganz 
richtig  durch  den  Einflufs  des  ss.  Dafs  sie  eben  so  gut  für  die  schwachen 
Verba  der  I.  Conj.  gilt,  scheint  ihm  entgangen  zu  sein;  denn  er  be- 
schränkt jene  Diphthougirung  auf  Inf.  nnd  Ptc.  Pf.  (I.  207.  212.  218), 
so  gut  wie  Diez  (R.  Gr.  II.  213.  214).  Bei  yisies  ist  aulserdem  daran 
zu  erinnern,  dafs  in  pic.  Texten  bei  Verbis  der  III.  Conj.  zuweilen 
Nebenformen  des  Inf.  auf  -  ier  vorkommen:  vfil.  Burguv  I.  208. 


168  Otto  Knauer 

C.  de  Tr.  endlich  enthält  für  2.  PI.  Fut.  auch  Beisp. 
mit  der  Endung  -oz>,  wie  trouverois  21,  10;  mourrois  24, 
10;  orrois  24,  4;  aurois  26,  5;  serois  25,  5.  Derartige 
Formen  auf  -ois  oder  -oiz  belegt  Burguy ^)  für  ein  be- 
stimmtes Gebiet  im  Innern  Frankreichs,  doch  noch  über 
Ile  de  France  hinausgehend,  aus  Quellen  wie  Ville- 
hardouin,  Roman  de  Mahomet,  Gerars  de  Viane.  Es  ist 
auffallend,  dafs  diese  Schreibung  des  13.  Jh.,  von  welcher 
unsre  übrigen  Denkmäler  aus  dem  14.  keine  Spur  zeigen, 
in  dem  einen  auftaucht,  dessen  Sprache  dem  neufranz. 
Typus  in  andern  Beziehungen  so  nahe  steht  und  nur  etwas 
dialectische  Färbung^  verräth.  — 

Wenden  wir  uns  zu  dem  Parte.  Perf.,  so  haben  wir 
es  zunächst  bei  der  Maskulinform  wieder  mit  dem  ety- 
mologisch begründeten  -  f  zu  thun,  das  in  alter  Zeit  sich 
gewöhnlich  im  Auslaute  zeigt,  der  modernen  Sprache  aber 
vollständig  abgeht.  Unsre  Quellen  bieten  es  namentlich 
in  der  I.  Conjug.  noch  recht  häufig,  die  älteste  wie  die 
jüngste,  gerade  bei  der  letzteren  {Froiss.)  ist  es  sogar 
fast  Regel.  Z.  B.  achafet  Fr.  I.  2 ;  aidiet  ib.  I.  2 ;  aisiet  H. 
C.  213,  20;  allet  ib.  128,  11;  amet  Cond.  91,  92;  appaijetih. 
37,  494;  arivet  Fr.  I.  36;  blämet  ib.  I.  19;  brochiet  H.  C. 
157,  27;  caciet  Cond.  24,  43;  cauciet  ib.  33,  356;  comparet 
Fr.  I.  2;  consüUet  ib.  1.  17;  contet  Cond.  52,  1040;  donnet 
E.  M.  II;  emploiiet  H.  C.  142,  3;  envoyet  Fr.  I.  18;  escapet 
ib.  1.48;  eslongiet  ib.  I.  19;  espargniet  ib.  I.  28;  imaginct 
ib.  I.  4;  ladet  Cond.  179,  70;  laissietH.C  9,  22;  Fr.  I.  37; 
mariet  ib.  I.  10;  menet  ib.  I.  45;  montet'H.  C.  4,  21;  nagtet 
ib.  237,  2;  payetYr.  1.  7;  penset'ih.  I.  4;  repairiet  Cond.  83, 
2177;  saquietH.  C.  35,  23;  tuet  ib.  37,  23;  —  rendut  Cond. 
136,  1277;  —  endormit  Fr.  I.  54;  —  estet  Cond.  34,  392. 

Daneben  aber  auch  z.  B.  ame¥i.  M.  II;  appliquie  Doc. 
or.  XXIII;  auctorisie  Cuv.  341;  briste  H.  C.  51,  3;  brissie 
Fr.  I.  18;  chargie  Doc.  or.  XXIV;  commande  Cond.  16, 
124;  couc/iie  Fr.  I.  3;  laissie  Cuv.  858;  Fr.  I.  29;  logie  Cu\. 
4441;    mande   Cond.  16,  123;    obligie  Doc.  or.  VI;    oublie 


')  Gramm,  de  la  langue  d'oil  I.  231  fg. 


Beiträge  zur  Kenntuifs  d.  franz.  Sprache   d.  XIV.  Jahrh.  1(39 

Cond.  14,  39;  perchie  C.  de  Tr.  26,  8;  qidctie  Doc.  or.  III; 
scelle  E.  M.  II;  tnnttie  Doc.  or.  XX;  trehuchU  C.  de  Tr. 
o3,  7;  vengie  ib.  14,  13  u.  s.  w. 

Aus  diesen  Beispielen,  die  wir  leicht  vermehren  könn- 
ten, geht  so  viel  hervor,  dafs  das  Ptc.  Pf.  auf  -t  ein 
Archaismus  ist,  den  einzelne  Quellen  mit  Vorliebe  an- 
nehmen, während  die  vocalisch  auslautende  Form  als  die 
gemeine  überall  auftritt;  in  einigen  Denkmälern,  wie  C. 
de  Tr.,  Doc.  or.,  Cuv.,  Desch.  hat  sie  sogar  ausschliefs- 
liche  Geltung,  wenn  auch  eine  gewisse  Erinnerung 
an  das  alte  -t  hier  zuweilen  bei  der  flectirten  Form  in 
dem  Flexionszeichen  z  sich  geltend  macht:  vgl.  appelez 
Cuv.  26;  montez  ib.  30;  redonbtez  ib.  38;  essiliez  Desch. 
2  etc. 

Nach  Burguy ^)  haben  die  Formen  ohne  t  sich  von 
der  Picardie  aus,  wo  sie  bereits  um  1250  allgemeine 
Regel  gewesen  seien,  erst  iiber  das  Gebiet  der  iibrigen 
Dialecte  verbreitet. 

Zu  dieser  Angabe  stimmt  unsere  Beobachtung  aller- 
dings nicht  ganz;  denn  gerade  mehrere  von  unsern  Texten, 
bei  denen  wir  picardischen  Lautcharakter  constatiren 
mufsten  {Cojid.,  H.  6'.,  Froiss.),  schreiben  mit  Vorliebe 
das  auslautende  -f,  andre,  wie  Cvr.  und  Desch. .,  in  denen 
sonst  von  Picard.  wenig  zu  verspüren  war,  kennen  es 
nicht  mehr.  Auch  in  älteren  picard.  Denkmälern  finden 
wir  für  Burguy's  Angabe  keine  voUe  Bestätigung.  So 
lesen  wir  z.  B.  in  dem  schon  einige  Male  citirten  Jus  de 
St.  Nicolai  travilliet:  veilliet  1.  c.  p.  197;  atisiet:  haptisiet 
ib.  207;  espiet  ib.  203,  neben  espiU  ib.  202;  semenchie:  com- 
menchie  ib.  204;  coukiet  (li  Jus  Adan  1.  c.  p.  67);  brisiet 
ib.  p.  72  neben  conünande  voue  ib.  67,  emploie  ib.  72  u.  s.  f. 
Jedenfalls  müssen  wir  das  Ptc.  Pf  mit  vocalischem  Aus- 
laut als  die  gemeinfranzös.  Form  im  14.  Jh.  auffassen, 
das  -t  als  eine  absichtlich  archaistische  Schreibung; 
gesprochen  wurde  es  schwerlich  noch. 

Bei  Cond.  bieten  2  Ptc.  Pf.  noch  eine  Besonderheit: 


')  Gramm,  de  la  lanirue  d'o'ü  1.  213. 


170  Otto  Knauer 

wir  lesen  119,  6G0  lasqui  =  nfr.  lache ^  vielleicht  der 
demnächst  zu  besprechenden  weiblichen  Form  auf  -ie 
nachgebildet  oder  ein  Uebertritt  in  die  dritte  Conjugation; 
ferner  tritt  zu  der  burgund.  Infinitivform  ameir  97,  57 
auch  ein  entsprechendes  alterthiimliches  Ptc.  Pf.  ameit 
auf,  welches  wir  aus  der  Form  ameis  98,  90  zu  folgern 
berechtigt  sind.  Beide  Formen  können  den  im  Kapitel 
vom  Vocalismus')  angeführten  Spuren  burgundischer  Vo- 
calisirung  zugesellt  werden.-) 

Der  zweite  Punkt,  auf  den  wir  beim  Ptc.  Pf.  unsre 
Aufmerksamkeit  zu  richten  haben,  ist  die  eigenthümliche 
Femininform  auf  -  ie  in  der  I.  Conjugation,  welche  in  ver- 
schiedenen alten  Quellen^)  unter  gewissen  lautlichen  Be- 
dingungen vorkommt  und  auch  unsern  Denkmälern  aus 
dem  14.  Jh.  noch  nicht  fremd  ist. 

Wie  früher  finden  wir  sie  auch  hier  nach  erweichtem 
l  und  ?^,  sowie  den  Zischlauten  cA,  c,  g:  z,  B.  consiUie 
Cond.  o9,  5G4;  soullie  Cuv.  204;  traviUie  H.  C.  74,  4;  tra- 
vaillie  Cuv.  15598;  —  enseignie\b.  15600;  gaignie ih.  979;  — 
adrechie  H.  C  74,  2;  cercMe  Desch.  161;  nonchie  H.  C. 
99,  18;  revcrchie  Desch.  161;  trenchte  H.  C.  133,17;  — 
couroucie  Cond.  174,  181;  courroucie  Cuv.  200;  drecie  ib. 
4116;  escorcie  Cond.  174, 182;  engaigie  Cuv.  526;  enragie  ib. 
968;  eslongie  Fr.  I.  24;  rengie  H.  C.  132,  24;  Cuv.  6782; 
vengie  H.  C.  37,  21;  vergie  Cond.  178,44. 

Ebenso  nach  s  und  ss,  wo  sie  in  älterer  Zeit  nach 
Diez  seltener  war :  z.  B.  acoisie  Cond.  2^^  6 ;  hrisie  ib.  36, 
470;  Cuv.  512;  prisie  H.  C.  144.  11;  —  abaissie  ib.  133, 
6;  laissie  ib.  114,  15;  Cuv.  17867  etc. 

Endlich  aber  kommt  sie  auch  bei  den  Stammauslauten 
qu  in  enbusquie  H.  C.  132,  25;  saquie  ib.  133,  13;  d  in  aidie 
ib.  74,  16;    ^  in  aquitie  Cuv.  22518;    voüe   (von  voter  für 


1)  Jahrb.  VIII.  398. 

2)  Cond.    78,    1989  .ist   statt   senec   (senef  seiie  =   sense)  jedenfalls 
seiiee  zu  lesen,  da  das  Femin.  zu  erwarten  ist,  also: 

Dist  la  dauie  senee  et  france: 
,, Ostes,  dou  roiaume  de  France." 
')  Diez.  Gramm.  II.  216. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  J71 

volter')  H.  C.  144,  4;  t  in  edefiie  ib.  224,  14;  oi  in  desploiie 
ib.  132,  11;  despldie  Cuv.  4118;  envdie  Doc.  or.  XXI;  envoye 
Cuv.  17887  vor  —  ein  Fortschreiten  der  Analogie,  das 
uns  kaum  Wunder  nehmen  darf. 

Dafs  diese  Form  mit  der  Diphthongirung  im  Infin, 
und  Ptc.  Pf.  (ier,  ?e)')  in  einigem  Zusammenhange  steht, 
liegt  auf  der  Hand.  Sie  ist  längst  als  eine  Form  Verein- 
fachung erklärt  worden,  der  das  Streben  zu  Grunde  liegt, 
Vocalhäufungen  zu  vermeiden.'-^)  Von  unseru  Quellen 
ist  sie  bei  H.  C.  und  Cuv.  am  beliebtesten. 

Wenn  in  der  alten  Sprache  die  1.  2.  Fl.  Impf.  Cj. 
der  I.  Conjugation  statt  des  Charaktervocals  a  ein  i  zeigen, 
anfänglich  im  nordpicard.,  dann  auch  in  den  andern  Dia- 
lecten,  eine  Erscheinung,  die  Burguy  gewifs  richtig  aus 
dem  Tonloswerden  erklärt^),  so  kehren  auch  in  einigen  von 
unseren  Denkmälern  derartige  Formen  wieder,  so:  amissiez 
Desch.  220;  demorisions  Fr.  I.  56;  donnissiez  H.  C.  211,  21 ; 
pensissiez  ib.  208,  8. 

Auf  Formen  mit  e  statt  u,  wie  sie  Burguy  I.  240 
aus  den  Sermons  de  S.  ßernard  beibringt,  und  in  späterer 
Zeit  für  die  Gegenden  constatirt,  wo  die  langue  d'oil 
sich  mit  der  langue  d'oc  berührte,  stofsen  wir  in  den  Doc. 
or.:  3.  Sg.  Impf.  Cj.  envoiesset  XVII;  2.  PI.  pourchacessez 
XV,  das  letztere  wieder  mit  Ausfall  des  i  der  Personal- 
endung. "*) 


J)  Vgl.  Beiträge  pp.  IIL  Vocalismus.  Jahrb.  VIII.  396  ff.,  sowie 
oben  die  Anmerkung  zu  2.  PI.  Präs.  Ind.  p.  167. 

2)  Diez,  Gramm.  II.  216. 

^)  Gramm,  de  la  langue  d'o'ü  I.  24:2. 

*)  Was  sollen  wir  aber  aus  der  Form  envoierem  Doc.  or.  XVII 
machen?  Die  Stelle  lautet:  nous,  le  dit  jour  de  la  presentaciou, 
envoierem  ou  dit  monseigueur  le  princep  certain  messaige  qu'il  nous 
envoiesset  povoir  et  mandement  special  de  recevoir  la  dite  summe  .  .  .  .: 
les  quelles  lettres  et  povoir  le  dit  monseigneur  le  princep  nous  envoia 
.  .  .  Der  Zusammenhang  erweist,  dafs  es  nur  1.  PI.  eines  Tempus  der 
Vergangenheit,  nicht  Fut.  oder  Condit.  sein  kann.  Dann  läfst  sich 
einzig  au  das  lat.  Plusquamperf.  Ind.  denken.  Dies  lebte  bekanntlicli 
im  Span.,  Port.,  Prov.  mit  cunditionaler  Bedeutung  fort  und  diente 
nebenbei  auch  zuweilen,  seinem  Ursprung  gemäfs,  als  Präteritum,  während 


172  Otto  Knauer 

Bei  Froiss.  lesen  wir  in  der  II.  und  III.  Conjugation 
auch  Formen  des  Imperf.  Conj.  wie  cntenJesist  I.  385; 
espardesist  I.  182;  respondesist  I.  2ßO;  departesist  I.  40; 
estahhsist  II.  86,  denen  aus  dem  Perf.  purtesimes  I.  56  ent- 
spricht. In  allen  diesen  Formen  ist  eine  Erweiterung 
mittelst  der  Silbe  -es-  eingetreten.  Diez ')  und  Burguy^) 
citiren  aus  verschiedenen  Quellen  älterer  Zeit  ähnliche 
Formen  auf  -esist  -isist  etc.  und  wollen  sie  auf  unregel- 
mäfsige  Einmischimg  des  inchoativen  Elements,  die  beson- 
ders seit  Mitte  des  1  o.  Jh.  stattgefunden  habe,  zurückführen, 
eine  Auffassung,  der  sich  Angesichts  einer  Form  wie 
garimst  neben  gai-ei<sist  kaum  widersprechen  läfst.  — 

Bei  der  Betrachtung  der  Formen  des  Fut.  und  Condit., 
zu  welcher  wir  nunmehr  übergehn,  ist  dreierlei  ins  Auge 
zu  fassen:  zunächst  die  Syncope  und  die  Metathesis,  die 
bei  der  Bildung  in  der  I.  Conjug.  vorkommen,  alsdann 
der  Einschub  von  e  in  der  II.  Conjug.  und  endlich  eine 
Besonderheit  der  Endung  bei  1.  Sg.  Fut. 

Zahlreiche  Beispiele  zunächst  zeigen  Ausfall  des 
Charaktervocals  der  Infinitivendung  in  der  I.  Conjug. 
(wie  noch  heute  in  der  Poesie),  wobei,  wenn  o-  Stamm- 
auslaut ist,  öfters  eine  Vereinfachung  des  /■;•  zu  ?•  eintritt, 
so  dafs  die  Form  im  Sg.  ganz  dem  Perf.  gleich  wird. 
Seltner  ist  Assimilation  eines  andern  Stammauslauts  an 
das  r  der  Infinitivendung  eingetreten,  welche  in  früherer 
Zeit  so  üblich  war. 

Wir  lesen:  comparra  Cond.  152,  192;  comparrez  Cuv. 
45;  comparai  Cond.  71,  1739;  comparont  H.  C.  31,  21  neben 
compareront  Fr.  I.  78  von  comparer;  demourra  C.  de  Tr. 
22,11;    Desch.  12;    demorrons  Fr.  1.37;    demourrez  Cuv. 


ausschliefslich  im  letzteren  Sinne  einige  der  ältesten  franz.  .Sprach- 
denkmäler es  aufweisen.  Vgl.  Diez,  Gramm.  II.  113.  18G.  210.  — 
Dafs  ein  Document  aus  dem  J.1368  eine  derartige  Form  noch  gehrancht 
ist  auffallend  und  läfst  sich  nur  aus  prov.  Einflufs  erklären:  die  Quittung 
ist  nämlich  von  Bordeaux  datirt.  Aus  ihr  war  ja  auch  das  obige 
encoiesset. 

')  Rom.  Gramm.  II.  220. 

-)  Gramm,   de   ia  laugue  d'oii   I.  320. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  J73 

18088;  demourront  Doc.  or.  III;  demorroiefit  Fr.  I.  98;  de- 
mourai  (:  i:ourai)  Cond,  86,  2279;  demouras  (^:  pouras)  ib. 
181,  lß4  von  dcmovrer  deniorer;  donray  H.  C.  77,  7;  Cuv. 
523;  donra  Cuv.  814;  Fr.  I.  20;  donront  Cond.  84,  2207; 
Fr.  II.  293;  donroit  Cond.  30,  243  \on  doner  \  diirras  Desch. 
47  von  durer;  jurroit  Fr.  I.  279  von  jurer;  menray  (€)  H. 
C.  18,  20;  Cuv.  4242;  menrons  Fr.  I.  95;  amenroient  ib.  I. 
27 ;  merront  C.  de  Tr.  26,  5 ;  amerron  ib.  22,  12  von  mener 
amener;  rura  Desch.  94  von  ruer;  plourra  ib.  224  von 
plourer;  priray  H.  C.  199,  25  von  pHer  etc. 

Ebenso  aus  der  III.  Conjug./erra  Desch.  81  vonfenr. 
Bei  Desch.  finden  wir  zuweilen  auch  eine  rein  graphische 
Verdopplung  des  r  der  Infinitivendung  nach  Ausfall  des 
Charaktervocals:  z.  B.  donrras  65,  donrra  75  von  doner; 
jourra  176  \ on  jouer;  menrras  Qb  von  mener.  ^^ 

Ausfall  des  Stammauslauts  neben  dem  des  Charakter- 
vocals zeigt  sich  in  fourra  H.  C.  131,  1  von  tourner,  wofür 
auch  mit  weiterer  Vereinfachung  tou?'a  ib.  150,  16  steht. 

Ferner  ist  die  bekannte  Metathesis  von  rer  in  err 
noch  üblich,  nur  dafs  dann  vielfach  noch  die  schon  erwähnte 
weitere  Vereinfachung  des  rr  zu  r  hinzutritt.  Denn  so 
sind  doch  jedenfalls  Formen  zu  erklären  wie:  duera  Cond. 
51,  1031  von  durer;  livera  ib.  128,  974  und  lyveray  H.  C. 
75,  26  von  livrer;  desmemhera  H.  C.  89,  24  von  desmembrer^ 
monsteroie  ib.  53,  8  von  monstrer  (jnontrer);  renterons  ib. 
49,  8  von  re7itrer;  ouvera  ib.  26,  26  von  ouvrer,  wenn  wir 
daneben  lesen:  liverrons  Cuv.  4338;  deliverrons  Doc.  or. 
IV  und  delivrera  ib.  VI ;  delivreroient  Fr.  I.  24 ;  monsterra 
Desch.  81  und  monstreront  ib.  30;  enterrons  Cuv.  882  und 
entreroient  Fr.  I.  27;  ouverra  Cond.  145,  1593;  recouverra 
ib.  145,  1594  (von  recouvrer").  Wir  nehmen  in  den  zuerst 
genannten  Formen  nicht  directen  Ausfall  des  Stammaus- 


^)  Unorganische  Verdopplung  des  r  der  Infinitivendung  ist  bei  der 
Futurbildung  ja  überhaupt  nichts  Seltenes :  wir  erinnern  nur  an  altfr. 
harrai  von  hatr,  orrai  von  o'ir,  porrai  von  pooir,  verrai  von  veoir;  doch 
ist  in  den  obigen  Beisp.  das  Verhältnifs  in  sofern  ein  anderes,  als  die 
Gemination  dort  zum  Theil  eine  unnatürliche  Consonantenhäufung 
erzeugt. 


J74  Otto  Knauer 

lauts  r  an,  so  dafs  z.  B.  duera  =  chi(r')era^  livera  —  Uv{r)era 
wäre,  sondern  erklären  sie  vielmehr  durch  Vereinfachung 
der  an  zweiter  Stelle  angeführten  wie  liverrons  etc.  und 
supponiren  also  auch  ihnen  vorausgehende  Metathesis. 

Die  moderne  Sprache  besitzt  bekanntlich  in  dem  Fut. 
fenverrai  von  envoyer  eine  unregelmäfsige  Bildung,  deren 
Vocal  sich  aus  den  altfr.  Infinitivformen  enveier  and  envaer 
neben  cnvoier  erklärt.  Gerade  hier  aber  bilden  unsre 
Quellen  aus  dem  14.  Jh.  ein  vollständig  regelmäfsiges 
Fut.  ohne  jede  Verkürzung  oder  dergl.  z.  B.  envoieray  C. 
de  Tr.  23,  4;  envoierons  Fr.  I.  110. 

Die  Futurformen  couverra:  ovvcrra  Desch.  218  von 
couvHr  und  ouvrir  möchten  wir  aus  einer  Nebenform  im 
Infin.  *couverir  *ouverir  durch  Ausfall  des  Charakter- 
vocals  /  erklären;  in  descouveroit  Fr.  I.  125  von  descouvrir 
descoicverir  liegt  aufser  dem  gleichen  Vorgang,  wie  es 
scheint,  noch  jene  Vereinfachung  des  rr  zu  r  vor,  der  wir 
bereits  in  vielen  Beisp.  begegnet  sind. 

Die  Formen  lairai  Cond.  114,  493  (larai  H.  C.  24,  18); 
laira  H.  C.  2,  19;  Desch.  176;  lairez  H.  C.  162,  17;  lairotit 
E.  M.  IL;  lairoit  Cond.  101,  21;  delairoit  Fr.  I.  183 
auf  der  einen  und:  laissera  H.  C  101,  23;  Desch.  18; 
Icdsseroit  Fr.  I.  87  auf  der  andern  Seite  sind  alt  und  Belege 
für  die  Fortexistenz  der  alten  Doppelform  im  Infin.  laier 
und  laisser.  i)  Ein  Infin.  luire  kommt  Cond.  74,  1 849  im 
Reime  zu  retraire  vor  und  mag  als  eine  Anbildung  erst 
an  das  Fut.  lairai  etc.  gelten.  Dieses  selbst  erklärt  sich 
wie  die  obigen  Formen  durch  Ausfall  des  Ableitungs- 
vocals,  wenn  man  laier  als  selbständige  Form  aner- 
kennen will. 

Ebenso  entsprechen  soufferai  Cond.  71,  1728;  souferons 
Fr.  I.  125;  —  soufferroit  ib.  I.  7;  —  soufrerai  ib.  II.  130 
den  verschiedenen  Infinitivformen  soufere  soufferre  souffrer. 


')  Ueber  das  Verhältnifs  der  beiden  Formen  und  die  Frage,  ob 
ihnen  verschiedener  Ursprung  zukommt ,  vergleiche  man  namentlich 
Diez,  W.  B.  I.  245.  —  Während  Rom.  Gramm.  II.  218  verschiedener 
Ursprung  behauptet  wird  und  ebenso  bei  Burguy  I,  303;  III.  217,  gibt 
Diez  im  W.  B.  die  Möglichkeit  zu,  dafs  laier  erst  nach  einem  syn- 
copirten  Fut.  von  laif^ser  gemodelt  sein  könne. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  J75 

Gar  nicht  selten  treffen  wir  ferner  in  unseren  Quellen 
Futurformen  der  II.  Conjugation  an,  in  denen  vor  dem 
r  der  Infinitivendung  Einschub  eines  e  stattgefunden  hat, 
gewöhnlich  aus  metrischen  Gründen. 

Z.  B.  combatera  Cuv.  17920;  combatero?it  Fr.  1.  42; 
descenderai  Cuv.  4377;  descenderoient  Fr.  I.  132;  penderaa 
Cuv.  16818;  apendera  H.  C.  26,  5;  despendera  ib.  7,  5; 
perdera  ib.  105,  14;  perderons  ib.  62,  3;  Cuv,  4336;  pren- 
deray  H.  C.  74,  21;  rendera  Cuv.  677;  renderoient  Fr.  I. 
44;  rompera  Desch.  144;  desrompera  Fr.  I.  15;  respondera 
H.  C.  26,  21;  Fr.  I.  21;  atendera  H.  C.  175,  1;  attenderons 
Cuv.  4285;  entenderai  Fr.  1.  24;  entenderoit  ib.  I.  69;  viveray 
H.  C.  65,  17;  viveroit  Fr.  I.  149. 

Dagegen  auch  batray  Desch.  176;  perdras  ib.  18; 
rendrai  H.  C.  75,  5;  vivray  Desch.  84.  i) 

Zu  constatiren  ist  dabei,  dafs  Beispiele  mit  einge- 
schobenem e  von  den  umfangreichern  Quellen  bei  Cond. 
ganz  fehlen,  bei  Desch.  sehr  selten  sind,  während  es  bei 
H.  C,  Cwr.,  Froiss.  sogar  die  gewöhnliche  Form  zu  sein 
scheint.  — 

Endlich  dürfen  wir  eine  sonderbare  Endung  nicht 
unerwähnt  lassen,  die  an  einigen  Stellen  bei  1.  Sg.  Fut. 
auftaucht,  nämlich  die  Endung  -oy  statt  -ay.  Wir  lesen 
so:  aideroy  H.  C.  114,  16;  diroy  C.  de  Tr.  22,  1;  metroy 
ib.  18,  17;  conquerroy  ib.  25,  9  gegen  auray  ib.  2.3,  8  etc. 
Die  Formen  stehn  nicht  im  Reim ;  wenn  wir  sie  überhaupt 
gelten  lassen  wollen  und  nicht  ..als  einfache  Fehler  der 
Handschrift  ansehn,  so  sind  sie  nur  durch  falsche  Ana- 
logie zu  erklären:  es  ist  auch  hier  03/  statt  07/ geschrieben, 
weil  sonst  bürg,  picard.  oi  dem  norm,  ei  {ai)  entspricht, 
und  in  Mittelfrankreich  schon  zeitig  jenes  die  Aussprache 
von  diesem  annahm.  ^)     Man  vergleiche  unsere  Erörterung 


')  Cuv.  15371  ist  statt  rendray   render&y   zu   lesen,    um   den  Vers 
vollständig  zu  machen,  also : 

Et  je    I    leur  reit\derai/  ||    lor  bonlne   loijalte. 

2)  Ein  Analogen  hierzu  ist  1.  Sg.  Perf.  amoi  Cond.   112,  406,  das 
als  grammatischer  Reim  zu  a  moi  steht. 


176  Ot*^o  Knauer 

über   die  Endung    des    Impf.  Ind.    oben  S.  164  und  die 
dort  angeführten  Stellen  ans  Burguy. 

Wir  schliefsen  hieran  die  Betrachtung  der  schwachen 
Verba  mit  besondern  Eigenthümlichkeiten  oder  Anomalien 
und  finden  da  wiederum  viele  Formen  noch  im  Gebrauch, 
die  der  uniformirenden  Tendenz  der  späteren  Sprache 
völlig  haben  weichen  müssen  und  die  allerdings  schon  im 
14.  Jh.  etwas  seltner  zu  werden  anfangen. 

Das  neufr.  aimer,   altfr.  amer  zeigt  fast  durchweg  in 
unsern  Quellen  den  Wandel  des  Stammvocals  a  zu  ai  (ay) 
nur  in  den  stammbetonten  Präsensformen,  in  den  flexions- 
betonten   Formen    aber    das    alte  a,    wie  z.  B.  Inf.  amer 
Cond.  9,  15;    H.  C.  15,  12;    Desch.  22;    Fr.  I.  134;    ameir 
Cond.  97,  57;  1.  2.  PI.  Pr.  I.  (Imper.)  amons  Cond.  93,  138 
amez  H.  C.  93,  19;    Doc.  or.  XXIV;    Cuv.  18089:   Desch 
48;    ames  E.  M.  II;    3.  Sg.  Impf.  I.   amoit  Cond.  13,  15 
Cuv.  309;    Desch.  28;    1.  3.  Sg.  Pf.  amai  Cond.  84,  2197 
ama  H.  C.  3,  16;  Cuv.  6361;  Fr.  I.  63;    1.  Sg.  3.  PL  Fut 
amerai  Cuv.  186;  ameront  Desch.  25;  Fr.  I.  6;  1.  PI.  Condit 
ameriens  E.  M.  II ;    Ptc.  Präs.   ainant  Cuv.  6957 ;   Ptc.  Pf. 
Cime  Cond.  24,  46;    H.  C.  19,  17;  E.  M.  II;  Doc.  or.  VII 
Cuv.  6G91 ;  Desch.  47 ;  Fr.  I.  9  etc. 

Dagegen  1.  Sg.  Pr.  I.  faim  Desch.  99;  ain  H.  C.  38, 
11  wie  in  älterer  Zeit;  ains  H.C.  91,27;  Desch.  271, 
offenbar  nur  eine  andere  Schreibung  für  das  alte  ainc, 
wie  wir  oben  neben  comanc  commans,  neben  creanc  creans 
fanden;  ferner  auch  mit  paragogischem  -e:  aime  H.  C. 
194,  10;  196,  12;  —  3.  Sg.  PL  gleichfalls  wie  früher  bald 
mit  einfachem  m,  bald  'mit  doppeltem,  welches  letztere 
nach  Burguy  1)  zunächst  burgund.  war:  aime  H.  C.  86,  4; 
Cuv.  7037;  Desch.  2;  Fr.  1.6;  ayme^.M.ll\  aymme 
Cond.  61,  1357;  —  aymentih.  104,  119;  mWw^  H.  C.  73, 12 ; 
Desch.  52;  Fr.  1.5;  aymment  Cond.  62,  1404:  aimment 
Fr.  I.  5. 

Bezeichnend  aber  für  die  Abstumpfung  des  Sprach- 
gefühls in   der  Uebergangszeit  ist,    dafs  nicht  blos   der 


')  Gramm,  de  la  langue  d'oil  I.  277. 


Beitrage  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Spraclio  d.  XTV.  Jalirh.  ^77 

getrübte  Vocal  ai  vereinzelt  schon  in  flexionsbetonten 
Formen  auftaucht,  wie  ainioit 'H..  C.  171,  11;  a»Wra  Desch. 
225,  sondern  auch  umgekehrt  der  reine  Vocai  a  in  einer 
stammbetonten  wie  ament  Desch.  25. 

Ein  ähnlicher  Lautwandel  wie  bei  amer  scheint  bei 
damer  vorzuliegen,  nur  dafs  bei  diesem  Zeitwort  die 
Vocalbildung  nicht,  wie  bei  jenem,  später  durchgehend 
geworden  ist.  Wir  lesen  bei  Cond.  damer  98,  98;  2.  PI, 
dames  Hl,  355;  Impf.  Cj.  dämmt  100,  152;  Ptc.  Pf.  dame 
105,  140;  aber  1.  Sg.  Pr.  I.  dainc  123,  784;  3.  Sg.  daimme 
111,  362;  on  dame  aber  Fr.  I.  95.  Burguy  stellt  allerdings 
im  Glossaire  3  Infinitivformen  auf:  damer  daimer  deimer^ 
bringt  aber  nur  3.  Sg.  Pr.  I.  dehnet  aus  der  Chanson  de 
Koland  bei,  und  die  Beisp.,  die  uns  selbst  aus  älterer 
und  jüngerer  Zeit  gerade  zur  Hand  sind,  sprechen  sämmt- 
lich  dafür,  dafs  der  Wandel  des  Stammvocals  nach  den- 
selben Principien  wie  bei  amer  erfolgt:  z.  B.  Inf.  damer 
(Pierre  de  la  Broche  bei  Monmerque  et  Michel  1.  c.  p. 
214;  Mir.  de  N.  Dame  ib.  p.  379.  397),  redamer  (Theophile 
von  Rutebeuf  1.  c.  p.  144.  150);  Ptc.  Pf.  in  flectirter 
Gestalt  damez  (Mir.  de  St.  Ignace  1.  c.  p.  277;  Mir.  de  St. 
Valentin  1.  c.  p.  299;  —  1.  3.  Sg.  Pr.  I.  (aim;)  redaint  (St 
Nicol.  1.  c.  p.  163);  je  li  daim  cuite  (Theophile  von  Rute- 
beuf I.e.  p.  142);  ceW  que  'faime:  Et  qu'a  seigneur  et  espoux 
daime  (Mir.  de  N.  Dame  1.  c.  p.  389);  Mahummet  sert  et 
Apollin  redeimet  (Ch.  de  Bol.  ed.  Müller  v.  8.)  etc. 

Auch  3.  Sg.  PI.  Präs.  von  mener  treten  noch  mit  dem 
Wandel  des  Stammvocals  e  in  ai  {oi  nicht  mehr)  auf: 
maine  H.  C.  7,  21;  C.  de  Tr.  14,  25;  Cuv.  16669;  Desch. 
40;  mainne  H.  C.  224,  24;  Cond.  öfters;  maincitt  H.  C. 
234,  15;  C.  de  Tr.  26,  2;  Desch.  169:  emmadnent  Cuv.  790; 
mainnent  Fr.  I.  83;  3.  Sg.  Pr.  Cj.  ramaine  Cuv.  18093. 
Ebenso  1.  Sg.  Pr.  I.  main  (:  demain)  (Mir.  de  Notre  Dame 
1.  c.  p.  600).  Dagegen  mener  H.  C.  35,  7;  Cuv.  6394; 
Desch.  7;  Fr.  I.  132;  meyiez  H.  C.  164,  8;  Desch.  26;  menoit 
Fr.  I.  94;  mena  H.  C.  118,  17;  Desch.  154;  mcne  ib.  1  ;  Fr. 
I.  117  etc.  Futur,  mit  Syncope  und  zuweilen  auch  mit 
Assimilation,  wie  die  oben  citirten  Formen  menray  etc. 
merront  etc.  darthun. 

Jahrb.  f.  rom.  ii.  engl.  Lit.  XII.  1.  12 


2^8  ^^^^^  Knauer 

Die  moderne  Sprache  besitzt  ja  genau  dieselbe  durch 
den  Wechsel  der  Betonung  bedingte  Lautveränderung- im 
Präsens,  bewirkt  dieselbe  aber  durch  ihren  accent  grave; 
zugleich  erstreckt  sie  sich  dort  auch  auf  Fut.  und  Condit., 
wo  eine  Art  von  Dissiuiilation  fiir  Sprach-  und  Hörorgan 
nöthiff  erscheint,  nachdem  die  contrahirten  Formen  ver- 
loren  gegangen  sind. 

In  ähnlicher  Weise  ist  die  1.  Sg.  Fräs.  Ind.  von  esperer 
noch  mit  Diphthongirung  des  Stammvocals  gebildet:  espoir 
Cond.  174,  187;  Cuv.  4495;  je  espoirg  Fr.  I.  203;  ferner 
die  S.  Sg.  PI.  Präs.  Ind.  \0npese7':  poise  Cond.  14,  43;  Fr. 
I.  196;  poisse  Cond.  58,  1259;  poysent  Doc.  or.  XVIII.  Das 
Ptc.  Präs.  poisant  Doc.  or.  XVIII  zeigt  hier  Eindringen 
des  Diphthongs  auch  in  flexionsbetonte  Formen. 

Die  Formen  3.  PI.  Präs.  painent  Cuv.  958  und  gietent 
b.  6933  mögen  nicht  sowohl  auf  Diphthongirung  unter 
dem  Einflüsse  des  Tones  beruhn,  als  vielmehr  auf  einer 
diphthongirten  Form  des  ganzen  betr.  Verbums:  a,\xi painer 
und  gieter,  die  auch  in  älterer  Zeit  als  Nebenformen  von 
pene7'  und  gete^^  (jeter)  im  Gebrauche  sind. 

Bei  dem  neufr.  donner^')  herrscht  in  unsern  Quellen 
die  Form  mit  0,  nicht  die  getrübte  mit  oic,  dabei  tritt  aber 
die  in  jener  Zeit  so  beliebte  Gemination  auch  hier  bereits 
häufig  ein  und  läfst  das  Verbum  seine  moderne  Gestalt 
annehmen:  so  neben  dem  völlig  vereinzelten  douner  Cuv. 
4.  3!iO  und  done  Cond.  18,  193;  Doc.  or.  XVIII  z.  B.  donner 
Cond.  15,  68;  Doc.  or.  XVI;  Cuv.  339;  Desch.  60;  Fr.  I. 
45;  donne  H.  C.  5,  10;  Doc.  or.  oft;  Desch.  18;  Fr.  I.  14; 
donnet  mit  etymologischem  t  E.  M.  I.  II;  3.  Sg.  PL  Pr.  I. 
donne  Cond.  27,  157;  H.  C.  95,  16;  Cuv.  305;  Desch.  111 ; 
Fr.  I.  58;  donnent  E.  M.  I;  C.  de  Tr.  30,  9;  Doc.  or.  VI; 
3.  Sg.  PI.  Pf.  donna  Cuv.  33;  Desch.  13;  Fr.  I.  21;  donne- 
rent  Cond.  24,  48;  Fr.  I.  10;  3.  Sg.  Impf.  Ind.  donnoit  H. 
C.  8,  3;  Cuv.  215;  Desch.  34;  Fr.  I.  19  etc. 


*)  Burgund.  doneir,    norm,  dtiner,  pic.  donier,  mittelfranzös.  doner, 
anglonoriD.  douner  und  ebenso  im    13.  Jh.  picardisch.     Burguy  I,  290. 


Heiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jabrh.  [79 

Nur  die  Formen,  die  in  der  alten  Sprache  durch 
Trübung  und  Nasalirung  des  Vocals  oder  Erweichung 
des  n  ausgezeichnet  sind:  1.  Sg.  Pr.  I.  und  der  ganze 
Conj.  Präs.,  haften  noch  theil weise  mit  diesen  höchst 
charakteristischen  Eigenheiten. 

So  ] .  Sg.  Pr.  I.  doing  Desch.  90  und  je  te  dons  Cuv. 
16712;  dagegen  aber  auch  je  donne  Cuv.  4287;  je  me 
donne  Desch.  111;  desgl.  Fr.  I.  197;  —  3.  Sg.  PI.  Pr.  Cj. 
doinst  Cond.  41,  650;  H.  C.  242,  19;  Fr.  I.  58;  doint  H. 
C.  19,  7;  E.  M.  I;  Doc.  or.  VII;  Cuv.  193;  Desch.  3.  13; 
doingne  Desch.  73  und  dont  C.  de  Tr.  18,  13;  dongent  Doc. 
or.  XXI ;  daneben  aber  auch  bereits  2.  3.  Sg.  que  tu  levr 
donnes  Desch.  206 ;  se  le  novs  donne  en  Vautre  Fr.  I.  45. 

Wir  beobachten  also  mehrfach  Nasalirung  ohne  Trü- 
bung. Für  3.  Sg.  Pr.  Cj.  hat  auch  Rurguy  ein  derartiges 
Beispiel  in  der  Form  (7?/,'?^'  aus  der  Chronique  des  Ducs 
de  Normandie.  Da  gerade  die  Form  doint  mit  Trübung, 
Nasalirung  und  flexivischem  t  noch  weit  über  die  Zeit 
hinaus,  mit  der  wir  es  zu  thun  haben,  in  der  Sprache 
haften  geblieben  ist,  so  ist  sie  uns  in  den  Quellen  aus 
dem  14.  Jh.,  weniger  interessant  als  einerseits  dont  ohne 
Trübung  und  andrerseits  doingne  mit  erweichtem  n  imd 
ohne  flexiv.  f.  für  welche  letztere  Form  es  jedoch  an 
Belegen  aus  älterer  Zeit  auch  nicht  felilt. ') 

Die  Verba  trorer  prover  rove?^,  von  denen  das  erste 
begreiflicherweise  die  meisten  Belege  bietet,  zeigen  zwar 
auch  Vocalwechsel  im  Präs.,  ihre  eigentJiümlichsten  Formen 
aber  werden  doch  schon  durch  Neubildungen  allmählich 
verdrängt.  Zunächst  überwiegt  in  den  flexionshetonten 
Formen  neben  o  die  moderne  Verdumpfung  ou,  die  sich 
schon  recht  früh  im  Picard.  eingestellt  und  später  des 
ganzen  Zeitworts  bemächtigt  hat:  nar  bei  Desch.  ist  o 
etwas  weniger  selten. 

Wir  finden:  trouver  Cuv.  247;  Desch.  13;  Fr.  I.  20; 
trouve  H.  C.  17,  5;  Cuv.  15302;  Fr.  I.  27 ;  trouvons  E.  M.  II; 


')  Vgl.  Burguy  I.  292. 

12 


JgQ  Otto  Kiiauer 

tronvoit  Cond.  106,  170;    trouva  H.  C.  25,  17;    Cuv.  250; 

Fr.  I.  26 ;  trouveront  Desch.  25 ;  — 

prouver  Desch.  lo;   prouve  Cuv.  6718;    prouva  H.  C. 

16,  12;    —  rouver  H.  C.  14,  12;  rouva  Cond.  151,  161;  H. 

C.  89,4  etc.  und  nur  ausnahmsweise:   trover  Desch.  233; 

trova  ib.  178;    trover ent  ib.  235;    troveroit  Cuv.  359;    — 

prover  H.  C.  234,  5;  prove  Cuv.  6561. 

Die  stammbetonten  Präsensformen  dagegen  haben 
meist  eu  (o^,  tte)^  also  den  alten  Vocalwechsel,  nur  zum 

Theil  in  veränderter  graphischer  Bezeichnung,  vind  selbst 
1.  Sg.  erscheint  nach  Analogie  der  andern  Personen  ge- 
formt. Z.B.  l.Sg.  je  treuve  Cuv.  130;  Desch.  188;  trueve 
Fr.  IL  130;  —  prueve  Cond.  145,  1585; 

3.  Sg.  PL  troeve  Cond.  121,  742;  141,  1452;  trenve  H. 
C.  1,  5;  Cuv.  6776;  Desch.  67;  trueve  Fr.  I.  5.81;  troevent 
Cond.  50,968;  treuvent  H.  C.  116,  1;  E.  M.  II;  Desch. 
215;  —  roevent  Cond.  150,  128. 

Dieser  Diphthong  dringt  sogar  in  eine  flexionsbetonte 
Form  ein:  wir  lesen  treuvon  H.  C.  163,  11.  Die  alte  Form 
der  1.  Sg.  Pr.  I.  tnds  aber  findet  sich  Cond.  13,  18;  Desch. 
93;  dazu  1.  Sg.  Pr.  Cj.  truisse  Cond.  102,  52. 

Das  altfr.  aler  wird  in  unseren  Quellen  meist  noch 
mit  einfachem  Z  geschrieben,  doch  kommt  auch  doppeltes 
wie  neufr.  schon  zuweilen  vor:  z.B.  aler  Cond.  32,  321; 
H.  C.  196,  22;  Doc.  or.  I;  Cuv.  180;  Desch.  13;  Fr.  I.  5; 
ale  C.  de  Tr.  16,  16;  alon  ib.  30,  3;  nous  alons  Fr.  I.  43; 
alez  Cuv.  65;  alis  Fr.  I.  39;  aloit  Cond.  24,  50;  H.  C.  10, 
11;  aloient  Doc.  or.  XXIII;  Cuv.  58;  Fr.  I.  42;  aZa  Cond. 
27,  153;  H.  C.  2,  2;  Cuv.  447;  Desch.  108;  Fr.  I.  38;  alastes 
H.  C.  15,  10;  alerent  Fr.  I.  'i^;  alast  Cond.  27,  127;  Doc. 
or.  XXII;  Fr.  I.  122;  alaissent  H.  C.  12,  9;  Fr.  I.  43;  alant 
Fr.  I.  122  etc.;  aber  doch  auch:  aller  C.  de  Tr.  16,  4;  alle 
H.  C.  5,  2;  allez  ib.  7,  16;  alloit  ib.  2,  5;  alloie?if  Fr.  I.  85; 
alla  H.  C.  9,  15;  allerent  ib.  9,  4;  C.  de  Tr.  14,  20. 

Von  Präsensformen  sind  aufserdem  besonders  zu. ver- 
zeichnen: im  Ind.  1.  Sg.  vay  H.  C.  68,  10;  voy  ib.  102, 
19;  134,  20;  vois  Cond.  102,  59;  H.  C.  53,  3;  Cuv.  54;  je 
TrCen  vois  Desch.  34  und  öfter;  3.  Sg.  vait  Cond.  66,  1552; 


Beiträge  zur  Keniitiiifs  d.   franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrb.  \^\ 

109,  278;  voit  Cuv.  939;  —  im  Cj.  1.  Sg.  voise  H.  C.  103, 
9;  voie  Fr.  I.  78;  3.  Sg.  voist  Cond.  57,  1213;  H.  C.  12, 
15;  Cuv.  896;  Desch.  85;  voit  H.  C.  43,  1;  voise  Cond. 
116,  562;  Cuv.  6970;  3.  PI.  voisent  Desch.  209;  Fr.  II.  178 ; 
voient  H.  C.  170,  15. 

Daneben  Formen  von  dem  Hauptstamm  des  Zeitworts; 
3.  Sg.  Cj.  aille  Cond.  41,  636;  mdt  Desch.  62;  ail  ib.  142; 
1.  PI.  aillons  Cuv.  888. 

Es  zeigt  sich  mithin  immer  noch  ein  gewisser  Reich- 
thum  in  den  Präsensformen,  wenn  sie  auch  in  der  älteren 
Sprache  noch  üppiger  wuchern. 

Die  dem  lat.  vaclere  entsprofsnen  Conjunctivformen 
scheinen  vor  den  andern  vorzuwiegen,  wie  sie  ja  bis  in 
das  16.  Jh.  hinein  ihren  Platz  behauptet  haben.  Hervor- 
hebung verdient  nur  der  Ausfall  des  s  in  voie  voit  voient^ 
der  besonders  in  1.  Sg.  und  3.  PI.  zwischen  Vocalen  auf- 
fällig ist,  und  die  Form  «v//,  die  Burguy  nicht  anführt, 
welche  aber  gewiss  nur  eine  andre  Schreibuno;  für 
aille  ist.  i) 

Von  dem  selbständigen  Zeitwort  ester  von  stare  stofsen 
wir  auf  einige  Formen  bei  Coyid,  und  in  //.  C ,  so  Inf. 
ester  Cond.  41,  657;  117,  573  etc.;  H.  C.  14,  7;  Ptc.  Präs. 
estant  Cond.  85,  2244;  H.  C.  223,  2;  3.  Sg.Präs.  Ind.  esta 
H.  C.  m,  5. 

Aus  der  IL  Conjugation  ist  zuerst  für  perdve  die 
Nebenform  pierdre  als  noch  im  Gebrauch  anzuführen,  so 
3.  Sg.  Pr.  I.  neben  pert  Cond.  33,  362  auch  piert  ib.  23, 
10.     S.  oben. 

Ferner  kommt  noch  das  später  aufgegebene  Zeitwort 
occirre  Cuv.  6872.  16787  oder  ocire  Fr.  I.  34  oder  auch 
mit  der  Endung  der  III.  Conjug.  ocir  Cuv.  736  vor. 

Endlich  ist   von    neufr.   suivre  eine  der  alten    nahe- 


')  Die  Stelle  lautet: 

Que  le  scisme  ail  trop  longuement 
Ell  l'Eglise,  c'est  grant  pite. 


182  Otto  Kuauer 

kommende  Fülle  von  Formen  zu  verzeichnen.  Der  Infin., 
der  ja  schon  seit  ältester  Zeit  zwischen  II.  und  III.  Conjug. 
schwankt  uud  namentlich  im  picard.  Dialecte  der  letztern 
zufällt^),  neigt  auch  entschieden  mehr  zu  ihr  in  unseren 
Quellen:  es  finden  sich  zwar  poursivre  Cond,  102,  45; 
raconsievre  H.  C.  108,  2;  dagegen  in  der  Regel  mit  -ir: 
sieuvir  Cond,  92,  130;  sieuicir  H.  C.  207,  22;  poursieuvir 
Fr.  I.  179;  ensievir  Cond.  169,  13;  Fr.  L  6;  raconsievir  ib. 
I.  88;  suir  Cuv.  17797;  Desch.  28;  raconsuir  Fr.  I.  85  — 
also  jüngere  Formen,  wenn  schon  kein  suii^e  oder  das 
ganz  moderne  suivre;  auch  suivir^  das  nach  Burguy  im 
14.  Jh.  auftauchen  soll,  ist  uns  nicht  gerade  begegnet. 

Präs.  Ind.  kommt  in  den  starambetonten  Formen  bald 
mit  der  alten  mannichfaltigen  Dipbthongirüng,  bald  mit 
ui  vor,  das  früher  nur  dem  Plur.  zukam  und  erst  später 
das  ganze  Zeitwort  ergrifi'en  hat. 

Z.  ß.  3.  Sg.  PI.  sient  H.  C.  12,  2;  s'ensieut  Fr.  I.  5; 
poursivent  ib.  I.  370;  sievent  Cond.  37,  489;  Fr.  I.  83;  s^en- 
sievent  H.  C.  3,9;  sieuvent  ib.  5,  15;  —  suit  Cond.  66, 
1541;  Cuv.  806;  s'ensuit  Doc.  or.  XXIII;  Desch.  40;  pou7'- 
suit  ib.  16  und  bereits  mit  hiatustilgendem  v.  suivent  Doc. 
or.  XX;  Desch.  247. 

Die  übrigen  Formen  schliefsen  sich  je  nach  dem  an 
die  eine  oder  andre  Infinitivform  an,  bei  ui  ist  wie  in 
suivent  auch  zum  Theil  bereits  Hiatustilgung  erfolgt:  so 
sievons  Fr.  I.  298;  poursives  Cond.  14,  55;  sieuwez  H.  C. 
23,  9;  suiez  Cuv.  1012;  Desch.  146;  poursievoit  Fr.  I.  135; 
sievoient  ib.  I.  58;  sieuvoient  ib.  I.  88;  suioit  Cuv.  1033; 
Desch.  234;  suivoit  ib.  152;  3.  Sg.  PI.  Pf.  ensievi  Fr.  I. 
8;  pow^sui  Cuv.  535;  sievirent  Fr.  I.  93;  suyvirent  ib.  I. 
104;  3.  Sg.  PI.  Impf.  Cj.  sievist  Fr.  I.  85;  suist  Cuv.  227; 
sievissent  Fr.  I.  122;  suiront  Cuv.  6802;  suieroit  ib.  227; 
poursievroient  Fr.  I.  158;  sieuwant  H.  C.  10,  18;  ensievant 
Fr.  I,  1 1 ;  suiant  Cuv.  4505 ;  siewi  H.  C.  28,  8 ;  sievi  Cuv. 
16718;  poursieuvi  Fr.  II.  158  etc. 


' )  Ueber  die  dialectische  Trennung  der  verschiedenen  Infinitiv- 
formen vergl.  man  Barguys  ausführliche  Darstellung.  Gramm,  de  la 
langue  d'oil  II.  210  ff. 


Beiträge  zur  Kenntnils  d.   franz.  Sprache  d.  XIV.   Jahrh.  j  g3 

In  der  III.  Conjugation  ist  zuerst  das  Zeitwort  hair 
zu  betrachten.  Bei  diesem  beschränkt  sich  die  Triibung 
des  a  ZM  e  nicht  auf  die  stammbetonten  Präsensformen, 
sondern  dringt  mehrfach  auch  in  flexionsbetonte  Formen 
ein,  wie  in  das  Imperf.:  z.  B.  neben  1.  3.  Sg.  Pr.  I.  je  he 
Cuv.  TOTG;  je  hez  Desch.  268;  het  Cond.  21,  (31 ;  Cuv.  6718; 
Desch.  7  finden  wir  auch  3.  Sg.  PL  Impf.  I.  heoit  H.  C. 
23iJ,  5;  lieoient  ib.  46,  Ki;  Cuv.  57  oder  in  andrer  Schrei- 
bung: haioit  Fr.  I.  206;  haioient  ib.  I.  79;  ja  sogar  Jiaiioit 
H.  C.  25,  9,  eine  Form,  die  wiederum  jenes  unsichre 
Tasten  der  Schreiber  nach  der  entsprechendsten  gra- 
phischen Darstellung  eines  Lautganzen  verräth. 

Daneben  sind  sowohl  die  alten  Formen  mit  a  noch 
in  Gebrauch,  als  auch  beginnt  schon  die  moderne  Ein- 
mischung der  Inchoativform.  Wir  lesen:  haez'H.  C.  179, 
11;  haoit  Cond.  169,  19;  Cuv.  4464  und  halssoient  Fr.  I.  138. 

Der  Conj.  Präs.  schwankt  wie  früher  zwischen  einer 
Form  mit  a  und  Sibil.  und  einer  mit  der  Vocaltrübung: 
3.  Sg.  hace  Cond.  137,  1311  und  hee  Fr.  I.  170.  —  Perf. 
wie  früher  und  noch  gegenwärtig,  nur  3.  Sg.  ohne  -t:  hay 
Cond.  136,  1278;  H.  C.  157,  8.  —  Fut.  haray  H.  C.  93, 
25  und  harraij  Desch.  85  wie  früher;  haerront  C.  de  Tr. 
21,  18  mit  Einschub  von  e  aus  metrischen  Gründen,  wie 
wir  es  oben  so  häufig  bei  der  Futurbildung  fanden,  oder 
in  die  I.  Conjugation  überspringend.  —  Die  Infinitivform 
hdir^  die  sich  von  ältester  Zeit  bis  auf  den  heutigen  Tag 
behauptet  hat  und  nur  normannisch  durch  heir  vertreten 
war  (Jiadir  nur  im  Alexius),  ist  natürlich  auch  im  14. 
Jh.  gültig,  z.  B.  Desch.  23. 

Das  aus  der  modernen  Sprache  bis  auf  die  beiden 
Participien  und  ein  Compositum  verschwundene  Zeitwort 
hsir  ist  noch  in  zahlreichen  Formen  im  Gebrauch,  nament- 
lich bei  Cond.  und  in  H.  C:  z.  B.  Inf.  issir  H.  C.  7,  20; 
3.  Sg.  PL  Pr.  I.  ist  Cond.  33,  365;  125,  889;  uist  Desch. 
175;  isse?it  Cond.  133,  1178;  H.  C.  150,  15;  2.  PL  issiez 
Cond.  98,  79;^)  Imperat.  yssez  Desch.  76;  3.  Sg.  1.  PL  Pr. 


')  Dame,  voiis  issiez  de  la  voie, 
Car  negligence  vous  dcsvoie. 


184  Otto  Knauei- 

Cj.  isse  Cond.  172,  123;  H.  C.  66,  24;  issons  Cond.  174, 
1790;  3.  Sg.  Impf.  Cj.  ysist  ib.  149,  79;  Fut.  istero?is  H.  C. 
48j  25;  ysteront  Desch.  225  —  Alles  Formen,  wie  sie  in 
älterer  Zeit  üblich  waren,  vielleicht  bis  auf  uist,  bei  dem 
man  jedoch  an  die  altburgund.  Infinitivform  ussir  (neufr. 
noch  reussi/-)  nnd  mehr  noch  an  die  mittelfranzösische 
oissir  erinnert  wird.  Unsere  Form  würde  auf  einen  Infin. 
uissii'  hindeuten. 

Das  Ptc.  Pf.  ist  wie  früher  auf -m  (-w^)  gebildet:  issu 
Cond.  161,  25;  H.  C.  14,  1;  issut  ib.  15,  25. 

Bei  vesfir  oder  mit  Diphthongiruug  vtestir  ist  das 
Ptc.  Pf.  noch  doppelformig:  vesti  Cuv.  4210;  Desch.  84; 
Fr.  I.  23;  revesti  ib.  I.  96;  viesii  Cond.  13,  23  und  vestu 
Cuv.  15304;  Desch.  18.44;  Fr.  I.  53;  viestu  Cond.  156,  328. 

Das  lat.  audire,  altfr.  o'i)\  von  welchem  die  neufranz. 
Sprache  nur  den  Infin.  ov'ir  und  das  Ptc.  om  bewahrt 
hat,  besitzt  in  unsern  Quellen  gewöhnlich  noch  den 
Stammvocal  o,  die  Verdumpfung  ou  kommt  jedoch  in  C. 
de  Tr.^  Desch. ^  Froiss.  daneben  vor;  das  i  der  Infinitiv- 
endung tritt,  ganz  wie  früher,  öfters  mit  in  den  Stamm 
hinein  und  verschmilzt  durch  Synaeresis  mit  dem  o.  So 
lesen  wir:  oyr  Cond.  13,  11 ;  dir  ib.  18,  203;  H.  C.  71,  26; 
Cuv.  5;  Desch.  13;  Fr.  I.  89;  Präs.  Ind.  1.  Sg.  oi  (oij) 
Cond.  114,  486;  H.  C.  103,  15;  Cuv.  3.57;  Desch.  121  und 
ohne  t,  aber  mit  paragog.  s  die  merkwürdige  Form  os 
H.  C.  23,  16;  142,  13;  3.  Sg.  ot  Cond.  21,  33;  H.  C.  2,  16; 
oit  Cuv.  407;  Desch.  13;  aber  auch  ohne  -t:  o  H.  C.  216, 
17;  oy  ib.  219,  17;  2.  PI.  oes  Cond.  43,  717;  Fr.  I.  3; 
(Imperat.)  oez  H.  C.  25,  25;  Cuv.  135;  Desch.  26  und  wie 
auch  früher  oiez  H.  C.  7,2;  32,26;  3.  PI.  oyent' T>esch.. 
123;  Präs.  Cj.  3.  Sg.  oie  Cond.  20,  27;    H.  C.  91,  3;  Impf. 


Die  Endung  -iez  im  In  die.  Präs.  kann  uns  nach  dem  oben  Constatirte 
hier  nicht   mehr  befremden. 

*)   Anseois  que  de  caiens  issons. 
Da,  wie  oben  erwähnt,  diese  Conjunction  den  Cj.  nach  sich  hat,  auch 
eissons   wenigstens   als    Conjunctivform   von   Burguy  I.  355  beigebracht 
wird,  so  liegt  auch  in  unserm  Beisp.  gewifs  der  Cj,  vor. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  d.  XIV.  Jahrh.  [35 

Ind.  3.  PI.  ooient  Cond.  32,340;  Fr.  I.  940;  Perf.  1.  Sg. 
oij  Fr.  I.  68;  3.  Sg.  PL  oit  H.  C.  107,  21;  gewöhnlich  mit 
abgefallnem  t:  oij  {oi)  Cond.  26,102;  H.  C.  6,26;  Cuv. 
421.  124;  oyrent  H.  C.  34,  4;  dirent  Cuv.  1541{>;  Fr.  I.  74; 
3.  Sg.  Impf.  Cj.  oist  Cond.  59,  1309;  Ptc.  Präs.  oiant  H. 
C.  166,  7;  Ptc.  Pf.  Ol  ib.  3,  15;  oy  E.  M.  II;  Doc.  or.  XXI; 
Cuv.  354;  Fr.  I.  4;  dit  mit  -t  H.  C.  145,  2. 

Dagegen  nur:  Inf.  ouir  C- de  Tr.  13,  15;  Desch.  277; 
Ptc.  ouy  Fr.  I.  144. 

Die  Formen  des  Fut.  und.  Coudit.  werden  bald  mit 
einfachem,  bald,  wie  dies  zunächst  im  picard.  und  im 
normänn.  Dialecte  üblich  war,  mit  doppeltem  r  geschrieben ; 
namentlich  schwankt  der  Text  des  Froiss.  zwischen  beiden 
Formen.  So:  orons  Fr.  I.  38;  ores  Cond.  24,  21;  Fr.  I. 
67;  orez  H.  C.  4,  13;  oront  Cond.  13,  5;  Fr.  I.  2;  oroient 
Cond.  29,  222;  - 

orrez  Cuv.  19;  orres  Fr.  I.  18;  orrois^)  C.  de  Tr.  24, 
4;  orront  Doc.  or.  XVIII;  orroit  ib.  XXII. 

In  2.  PI.  Fut.  oirrez  Cuv.  15459,  zweisilbig  gebraucht, 
ist  wiederum  Synaeresis  eingetreten;  Burgny  belegt  diesen 
Vorgang  bei  Futurformen  gerade  nicht. 

Desch.  57  findet  sich  1.  Sg.  Pr.  I.  von  esjdir  (je  ?»") 
esjoy  im  Reime:  moy:  voy:  foy^  also  joy  einsilbig  gebraucht; 
dieselbe  Form  führt  Burguy  I.  366  aus  der  Uebersetzung 
der  Disciplina  clericalis  des  Petr.  Alfonsus  an  in  der  Stelle : 

Ce  dist  li  fiz,  merveilles  oi, 
Si  sachiez  que  mout  m'en  esjoi. 

Es  ist  hier  ganz  dasselbe  wie  bei  o'ir  geschehn:  der 
Ableitungsvocal  i  ist  in  den  Stamm  aufgenommen  worden 
und  Synaeresis  erfolgt. 

Andere  Beisp.  desselben  Zeitworts  findet  man  bei 
Diez,  Gramm.  U.  219;  Burguy  I.  192.     Wir  düifen  hier- 


1)  Burguy  führt  I.  366  note  (1)  eineu  Infin.  ooir  aus  Partonopeus 
de  Blois  an  und  bezeichnet  ihn  als  einen  Fehler;  es  ist  wohl  nur  eine 
ungeschickte  Schreibung,  die  möglicherweise  durch  die  naturgemäfse 
Form  des  Imperf.  veranlafst  sein  könnte. 

^)  Ueber  die  eigenthümliche  Endung  -ois  in  2.  PI.  Fut.  wurde 
oben  gesprochen. 


1^6  O.  Kuauer,  Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  franz.  Sprache  etc. 

nach  joir\  soweit  es  nicht  die  Inchoativform  angenommen 
hat,  mit  Recht  nir  anreihn. 

Das  neufranz.  henir^  altfr.  heneir  ist  endlich  auch  noch 
durch  einige  Formen  vertreten,  die  dem  alten  Infin.  mehr 
oder  weniger  entsprechen:  3.  Sg.  Pr.  Cj.  henaie  H.  C. 
18(1,  20  und  hetioic  ib.  53,  15;  3.  Sg.  Perf.  henay  ib.  184, 
H  mit  dem  beliebten  Abfall  des  -f.  Von  Einmischung 
der  Inchoativform,  die  doch  schon  bei  manchen  picard. 
Schriftstellern  des  13.  Jh.  vorkommt,  haben  wir  Beispiele 
nicht  gefunden. 

Leipzig,  im  Februar  1871. 

Dr.  Otto  Knauer. 


Die  nordwestromanischen  auslautsgesetze.  187 


Die  nordwestromanischen  auslautsgesetze. 

Die  auslautsgesetze  der  romanischen  sprachen ,  d.  h. 
die  gesetze,  nach  welchen  auslautende  konsonanten  und 
vokale  der  letzten  silbe  bei  der  niedersetzung  der  roma- 
nischen sprachen  abgesehen  von  ihrer  späteren  entwicke- 
lung  bleiben  oder  schwinden  —  diese  gesetze  rühren, 
obwohl  die  gemeinschaftliche  neigung  die  endsilben  zu 
erleichtern  von  ihrer  mutter,  der  lateinischen  Vulgärsprache, 
stammt,  doch  erst  aus  einer  zeit  her,  da  sich  schon  eine 
östliche,  eine  nordwestliche  und  eine  südwestliche  spräche 
mit  besondern  eigentümlichkeiten  ausgebildet  hatte, 
nehmen  wir  eine  beliebige  lateinische  form,  z.  b.  cantatis^ 
so  sondern  sich  1)  die  östlichen  sprachen  mit  it.  cantafe, 
wal.  ciintafzi  (euphonisch  für  cuntati:  Diez  2'^,  245):  der 
auslautende  konsouant  ist  abgeworfen;  2)  die  südwest- 
lichen mit  sp.  u.  port.  cantais:  der  auslaut  bleibt  ganz 
unverändert  und  eine  abweichung  von  der  lat.  form  tritt 
nur  dadurch  ein,  dafs  nach  auswerfung  des  inneren  t^  an 
welcher  die  auslautsgesetze  keine  schuld  haben,  synizesis 
stattfindet;  o)  die  nordwestlichen  mit  pr.  chuntatz  und 
altfr.  chantez^):  der  vokal  der  letzten  silbe  ist  ausge- 
worfen, worauf  aus  orthographischen  oder  phonetischen 
gründen  für  fs  pr.  tz,  altfr.  z  eingetreten  ist. 

Wie  in  diesem  beispiele,  so  zeigen  überhaupt  it.  und 
wal.,  sp.  u.  port.,  prov.  und  altfr.  ganz  gleiche  auslauts- 
gesetze: alle  etwaigen  abweichungen  weisen  auf  spätere 
entwickelungen.  die  meisten  zeigen  sich  zwischen  dem 
it.  und  wal.,  da  das  letztere  äufserst  verwildert  ist:  nament- 
lich hat  es  viele  vocale  in  letzter  silbe  eingebüfst,  die  es 
noch  nach  dem  vollständigen  durchdringen  der  auslauts- 
gesetze gehabt   haben  mufs.    es  ist  mir  nämlich  nicht  im 


')  auch  das  churwälsche  mit  chanteiis  gehört  hierher,  es  verhält 
sich  ganz  und  gar,  wie  das  provenzalische:  es  ist  im  wesentlichen  nur 
ein  pr.  dialekt.     ich  habe  es  daher  nicht  besonders  berücksichtigt. 


138  Julius  Zupitza 

mindesten  zweifelhaft,  da[s  für  das  wal.  ebenso,  wie  für 
das  it.  die  regel  gegolten  hat:  alle  ursprünglich  aus- 
lautendenkonsonanten  fallen  ab,  dagegen  bleiben 
alle  vokale  der  letzten  silbe.  lat.  ecce  Idc  =^  it.  et, 
wal.  ota,  ici.  lat,  apud  =  it.  apjjo.  lat.  novem  =  it.  nove^ 
wal.  7ioe.  lat,  siisum  (sursuni)  =  it.  suso,  wal.  sus.  lat,  can- 
taham  =■  it.  cantava^  wal.  amtüm  für  cuntä'^').  lat.  nomen  = 
it.  fiome,  wal.  nume.  Iski.f  rater  =  it.,  wal.  /Va^e.  lat.  vendls  :^^ 
it.  vendi^  wal.  -yMi^-«".  lat.  cantaf  =::^  it.  ccmtci,  wal.  cunte.  da- 
gegen lat.  Corona  =■  it.  corona,  wal.  corone.  la.t. ßore- in  = 
it,  ßore,  wal.  ßoare.  lat,  a/i«i  =:  it,  anni,  wal,  a«/.  lat.  crtw^o  = 
it.  canto^  wal.  zwar  (■«>«/,  vgl.  aber  ro^w-  (=  vo/o)  und  Diez 
2%  243;  lat.  stcbtus  =  it.  so^^o,  aber  wal.  s?^ii5  für  *suhtv^ 
*sifbto. 

Noch  mehr  in  die  äugen  fallend  ist  die  identität  der 
auslautsgesetze  beim  spanischen  und  portugiesischen:  v  o  n 
ursprünglich  auslautenden  konsonantcn  bleibt 
nur  s^j,  von  vokalen  ist  dagegen  nur  ursprünglich 
auslautendes  oder  durch  den  abfall  eines  m  in 
den  auslaut  srekommenes  e  nach  einfachen  konso- 
nanten  beim  nomen  (also  auch  bei  dem  infinitiv) 
und   bei  j)artikeln  dem   abfalle  ausgesetzt.^),     lat. 


1)  «im  Widerspruche  mit  allen  verwanten  sprachen',  sagt  Diez  2 2, 
242,  'duldet  die  walachische  das  auslautende  lat.  m  in  zwei  Zeitformen, 
cunfam,  cuntdsem  {cantabam,  cantassem).'  indessen  ich  zweifle  nicht,  dafs 
hier  formübertragungen  aus  den  entsprechenden  formen  des  plurals  anzu- 
nehmen sind,  so  dafs  jene  für  cuntd,  cuntdse  stehen,  hätte  sich  in  dem 
Singular  das  lat.  m  erhalten,  dann  würde  unzweifelhaft  auch  die  1.  pers, 
sing.  präs.  conj.  cuntem  =  cantem  lauten,  nicht  cunt.  beweisend  für 
meine  annähme  der  formübertragung  scheint  mir  wal.  am  =  habeo. 
Diez  2  2,  246  sagt  über  diese  form:  'eigen  ist  am  für  habeo,  da  m  sonst 
nicht  aus  b  hervorgeht.'  es  ist  daher  unbedenklich  Übertragung  aus 
dem  plural  am  für  avem  =:  habemus  anzunehmen. 

2)  auslautendes  /•,  das  sich  eigentlich  nur  in  partikeln  zeigen  sollte» 
wie  super,  inter,  tritt  hier  durch  umspringen  des  er  in  re  in  den  inlaut: 
sp.,  port,  sobre,  entre.  ist  so  vielleicht  auch  sp,  iibre,  port.  livre  =  Über 
zu  erklären  oder,  was  mir  wahrscheinlicher  vorkommt,  gleich  lat.  *  Ube- 
rem  zu  setzen?  schwer  ist  es  über  die  von  Diez  1\  210  angeführten 
fälle  zu  urteilen:  nur  in  <^ort.  goto  =  lat,  guttur  ist  r  sicher  abgefallen. 

3)  eine  bestimmtere  regel  über  das  c  habe  ich  leider  bisher  nicht 
finden  können. 


Die  nordwestromanisfhen  auslautsgesetze.  239 

cantafHus  =  sp.,  port.  c  an  famos,  lat.  cantat  =^  cnnta.  lat. 
cantabam  =  sp.  cantaba,  port.  cantava.  lat.  novem  ==  sp. 
iiueve,  port.  ?eoiv;  aber  lat.  clecem  =  sp.  «Zt^^,  port.  cZe^'.  lat. 
chortem  =  corte^  aber  florem  =  flor.  lat.  m'/k?  =  sp.  sm, 
port.  sem'^  aber  lat.  aw^g  bleibt  u.  s.  w.  lat.  cantasti  =  sp. 
port.  canfasfe.  lat.  ccmfo  bleibt,  annum  gibt  sp.  ano^  port. 
a;««o  11.  s.  w.  auf  ausnahmen  lasse  ich  mich  bei  den  öst- 
lichen u.  südwestlichen  sprachen  nicht  ein;  es  kam  mir 
hier  nur  darauf  an  die  gesetze  zu  formuliren  um  den 
verschiedenen  weg,  den  die  einzelnen  sprachgruppcn  ein- 
ireschlao-en  haben,  zu  constatiren.  nur  bei  den  nordwest- 
liehen  sprachen  werde  ich  auch  auf  alle  ausnahmen  ein- 
gehen, da  die  sache  hier  nicht  so  klar  liegt,  wie  bei  den 
iibrigen. 

Zwar  das  sresetz  ist  nicht  zu  verkennen:  von 
ursprünglich  auslautenden  konsonanten  bleiben 
7',  s,  beim  verbum  auch  #,  von  vokalen  in  letzter 
silbe  nur  a.  rücksichtlich  des  t  scheiden  sich  dann  die 
beiden  sprachen,  worüber  weiter  unten,  es  finden  sich 
aber  vielerlei  wirkliche  und  scheinbare  ausnahmen  von 
den  letzteren  wird  zu  zeigen  sein,  dafs  sie  bei  richtiger 
anschauung  wegfallen,  von  den  ersteren,  dafs  an  dem  ver- 
lassen des  gesetzes  nicht  laune  der  spräche,  sondern 
irgend  eine  notwendigkeit  schuld  ist.  ich  werde  beide 
arten  immer  gleich  nach  den  belegen  für  die  durchführung 
der  gesetze  besprechen. 

I.     das  konsonantische  auslautsgesetz. 
A.     es  bleiben  r,  .9,  beim  verbum  auch  t. 

1.  r  ist  durchweg  erhalten,  aber  es  ist  dabei  ein 
euphonisches  gesetz  der  nordwestromanischen  sprachen  zu 
beachten:  eine  konsonantverbindung,  deren  letzter  teil  r 
war,  galt  im  auslaut  als  unaussprechbar:  es  wurde  ihr 
ein  e  angeschoben,  oder,  wenn  vor  dem  r  ein  reibungs- 
geräusch  stand,  ein  e  vor  r  eingeschoben  ^).  für  das  erstere 
kann    man   aus    dem    zend    die    erscheinung    vergleichen, 


')  der  2.  fall  guhürt  eigentlich  nicht  hierher,    aber  ich  wollte  die 
beiden  ähnlichen  crscheinunsjeu  nicht  trennen. 


190  Julius  Zupitza 

dafs  einem  ursprünglich  schliefsenden  /•  immer  e  beigefugt 
wird:  autark  =  skr.  antar  (Bopp  vgl.  gr.  1^,  55);  mit  dem 
letzteren  lat.  ager  für  cigr^  über  für  libr^  die  ausspräche 
von  fr.  niediocre^  engl,  theatre  u.  dgl.,  ahd.  prvoder  got. 
bro^rs  und  br6p7'  gegenüber  u.  s.  w.  in  dem  ersteren  uns 
hier  vorläufig  allein  beschäftigenden  falle  ist  der  konso- 
nant  vor  dem  auslautenden  r  sehr  häufig  in  einen  vokal 
übergegangen,  aber  das  angeschobene  e  ist  geblieben:  so 
gibt  lat.  salüator  pr.  salvadr-e^  salvciir-e^  altfr.  sauveire; 
servitor  servidr-e^  serviire^  servire^  imperator  eniperaire^  altfr. 
auch  eniperere;  pater  ^v. paire'^)^  afr. peire^  pere.  pastor^  pr. 
2Jastre,  altfr.  paistre,  lat.  minor  =  pr.  menre,  afr.  mendre.  lat. 
melior  =  pr.  melher^  afr.  mialdre.  major  =  pr.  majer^  altfr. 
maire.  semper  =  senipre. 

eine  scheinbare  ausnähme  bietet  pr.  sor^  altfr.  so?*, 
suer  =  lat.  soror',  in  dessen  steht  sor  für  sorr,  weil  im 
auslaut  nur  der  einfache  konsonant  zu  hören  ist.  soll  rr 
gehört  werden,  so  tritt  pr.  sorre  ein. 

2.    s. 

a)  belege,  lat.  Coronas  =  pr.  Coronas,  altfr.  corones.  lat, 
annus  =  ans.  lat.  annos  ==;  ans.  lat.  *ßoris  und  flores  = 
flors.  imperatores  (als  acc.)  =  pr.  emperadors ,  afr.  empe- 
re{d)ors,  bonus  und  /^o/?^)«  =  6o;«6'.  bonas  =  pr.  bojias^  afr. 
bones.  legalis  und  legales  =  pr.  legals,  afr.  ^e«^6-.  cantas  = 
pr.  chantas^  afr.  chantes.  intus  =  t«5,  afr.  auch  t'/?^  (für  iVz^s). 

b)  scheinbare  ausnahmen. 

a)  kaum  ist  nötig  zu  erwähnen,  dafs  in  formen,  wie 
pr.  chantatz^  fr.  chantez  =  lat.  cantatis  tz^  resp.  0  nicht 
etwa,  wie  öfter  im  walachischen,  aus  ^  entstanden  ist,  so 
dafs  das  s  abgefallen  wäre,  sondern  f^,  2^  sind  orthogra- 
phische oder  euphonische  Vertreter  für  ts:  so  auch  in /orte, 
afr.  forz  =  fortis,  fortes. 

ß)  wenn  man  als  nom.  pl.  im  pr.  fruit  .^  mon(t),  par, 
jove(n)  u.  s.  w.  (Diez  2,  36  fg.)  und  entsprechende  formen 
im  altfr.  findet,  so  sind  diese  nicht  =  lat.  fructuSj  montes, 
pares,  juvenes  u.  s.  w.  zu  setzen,  sondern,  indem  die  wörter 
aus  der  o.  in  die  2.  deklinazion  übergetreten  sind  =  '^[fructi, 


')   in  falscher  analogie  auch  aer  — ^  pr.  altfr,  (lire  neben  aers,  uirs. 


Die  nordwestromanischen  auslautsgesetze.  |9| 

^motiti,  *paH^  *juveni.  so  auch  nom.  pl.  imperador,  emjie- 
re(d)or  =  *imperaton.  beim  adjektivum,  das  im  singular 
für  masc.  u.  fem.  mir  eine  form  hat,  nom  pl.  masc  legal^ 
altfr.  lecd^  fort  =  *Iec/ali,  *forti. 

Y)  „die  indeklinabelu"  ^)  ors^  sens  u.  s.  w.  stehen  im 
nom.  sing,  und  acc  pl.  für  orss^  senss  u.  s  w.  =  ursv8 
und  ursos^  sensus.  es  ist  ganz  derselbe  fall,  wie  oben  bei 
8or  =  soror. 

5)  niemand  lasse  sieh  dadurch,  dafs  Diez  2"^,  68.  60. 
70  und  Bartsch  ehrest,  prov.  418,  ehrest,  de  l'anc.  fr.  -181 
die  reste  organischer  Superlative  ohne  s  aufFühren,  zu  dem 
glauben  verleiten,  dafs  formen,  wie  pesme,  pr.  santisme, 
afr.  saintisme^  nominative  des  sing.  masc.  seien:  es  sind  das 
nur  formen  =  pessiinum^  pessimi  u.  s.  w.,  im  altfr.  auch 
(mit  e  statt  a)  =  pessima^  pesnmom.  der  nom.  sing.  masc. 
u.  acc.  pl.  masc.  niinmt  s  an:  santismes  =  sanctissimus  u. 
sanctissimos;  das  fem.  prov.  a:  santisma^  y»!.  sanfismas  (z, 
b.  en  santismas  foiis  lavada:  Raynouard  unter  santisme). 

e)  wenn  im  prov.  lateinischem  ?nus  bei  der  konjuga- 
tion  nicht  7ns,  wie  im  altfr.  gewöhnlich  fis.  entspricht, 
sondern  m,  so  ist  nicht  ein  verlassen  der  auslautss'esetze 
daran  schuld,  sondern  der  umstand,  dafs  „der  plural  der 
person  dem  sprachsinne  mit  blofsem  7n  hinreichend  aus- 
gedrückt schien".  Diez  2~,  185.  zu  vergleichen  ist  damit 
das  öftere  vorkommen  der  endung  t  in  der  2.  pl.  statt 
tz  =  lat.  tis^  die  sich  namentlich  in  dem  bruchstücke  der 
alten  Übersetzung  des  Johannesevangeliums  zeigt  (Bartsch 
7,  25  ff):  fcizat,  sabet,  serct  u.  s.  w.  ahd.  m  neben  ntcs 
ist  aber  nicht  zu  vergleichen,  da  jenes  wohl  auf  ma, 
dieses  aber  auf  *  mansi  zurückgeht  (Scherer  zur  gesch.  d. 
d.  spr.  180  ffj,  wohl  aber  germanisches  m  im  dat.  pl.  für 
WS,  das  das  litauische  bewahrt  hat  imd  auch  das  germa- 
nische, wenigstens  das  ostgermauische,  abzuwerfen  durch 
die  auslautgesetze  nicht  gezwungen  war,  =  skr.  bhyas, 
lat.  bns.  der  dativ  schien  dem  Sprachgefühl  durch  m  hin- 
reichend bezeichnet.  —   Uebrig-ens   ist  das  6   noch   erhal- 


1)  sie  heifseu  mit  demselben  rechte  oder  unrechte  so,  mit  dem 
man  ahd.  ylint  =  got.  öiinds,  LUnda .  öHnd  das  untiektirte  adjcktiv 
nennt. 


192  Julius  Zupitza 

teil  worden  in  der  form  esu/es  (euphonisch  für  esms^ 
nicht  =  altlat.  esitnms^  sondern,  wie  auch  altfr.  esmes  nach 
der  2.  pl.  esi'is  gebildet:  Diez  2%  211):  im  Boethius  6,  wo 
mit  Bartsch  zu  lesen  ist  per  cui  sah  esmes  per  pur  tan 
quell  clamam  (Diez  las  salv  esm,  esper)  und  in  einem 
Marienlied  ,,w  so  noel  de  virgine  Maria'-''  Bartsch  18,  15. 
dies  scheint  mir  aufs  unzweideutigste  zu  beweisen,  dafs 
der  abfall  des  s  nach  m  jünger  ist,  als  das  konsonan- 
tische auslautsgesetz. 

3.  t  wird  ursprünglich  beim  verbum  geblieben  sein, 
aber  in  den  erhaltenen  denkmälern  scheiden  sich  die 
beiden  sprachen. 

a)  das  provenzalische  behält  das  t  nur  nach  betonten 
vokalen,  also  nur  in  der  3.  pers.  sing,  des  prät.  ind.  der 
schwachen  verba:  chantet  =  ''^' cantevit  für  cantavit^  vendet  = 
*vcndevit  für  vendidit^  part'it  =  *parthnt  für  partitus  est: 
doch  findet  sich  für  partit  auch  part'i,  vielleicht  in  falscher 
analogie  mit  starken  formen,  wie  vi  =  vidit.  in  cliantet 
u.  s.  w,  erhielt  der  ton  auf  der  letzten  silbe  die  genauere 
ausspräche  und  schützte  so  das  t. 

b)  das  altfranzösische  behält  anfangs  alle  auslau- 
tenden t  beim  verbum:  so  nicht  nur  chantät^  vendet^  partit^ 
sondern  auch  sot  oder  sout  =  sapuit;  dist  =^  dixit; 
fist  =  fecit;  cliantet  =  cantat;  chantast  =  canta(vi)sset ; 
vendent  =  vendunt;  mesdrent  =  miserunt  u.  s.  w.  erst 
im  13.  jahrh.  wurde  auch  im  altfr.  t  in  Branchen  formen 
aufgegeben:  Burguy,  langue  d'o'il  1^,  ^15.  225. 

B.  es  fallen  ab  c,  t7,  m,  n  und  alufser  in  den  oben 
besprochenen  fällen  auch  t.  /,  das  im  lat.  auch  als  end- 
laut vorkommt,  fällt  beim  romanischen  weg,  da  z.  b.  nicht 
mel,  animal,  sondern  '^'niellis,  *animalis^  resp.  *nielleih^ 
"animalem  den  bildungen  zu  gründe  gelegt  und  wörter, 
wie  nihil,  vel,  simul  ^),  aufgegeben  werden. 

1.    c  fällt   ab    in  lat.  die   =  pr.,    altfr.   di;  Itoc  =  o; 

1)  simul  ist,  was  mir  erst  bei  der  korrektur  einfällt,  doch  erhalten 
in  der  Pass.  Chr.  104  als  senps  (für  semps,  dies  mit  euphon.  p  für  serns, 
dies  mit  angefügtem  adverbiellen  s  für  sc«,  welch  letzteres  nach  den 
lautgesetzen  zu  erwarten  wäre)  und  in  pr.  ensems,  it.  insieme  =  lat. 
*i}i  simul  gegenüber  fr.  ejiseinöle,  it.  I.nseinbrt   —    lat.  *■  in  tiimulum. 


Die  nordwestromanischen  auslautsgesetze.  J93 

nec  =  ne;  sie  =  si',  ^eccehic  =  pr.  aissi,  iv.ici^')\  *  altert 
knie  =  autrui;  *illuic  =  lui;  *ecce  illuic  =  celui.  nur 
für  das  einsilbige  hoc  findet  sich  neben  o  auch  oc  und 
stäts  afr.  avoc^  nfr.  avec  =  apud  hoc.  ferner  gibt  Jianc 
horam^  weil  beide  wörter  als  eines  zusammengefafst  werden, 
pr.  ancora,  altiv.  aticore,  encore.  auch  pr.  f/wnc,  ado?ic,  fr. 
dofic  =  *acl  tunc  hat  im  auslaute  einer  betonten  silbe  c 
erhalten,  aber  afr.  iUoc^  das  Diez  1,  2'2><  hierher  rechnet, 
kann  unmöglich  lat.  illoc  sein,  da  in  diesem  der  ton  auf 
der  ersten  silbe  ruht,  hätte  es  afr.  nur  il  geben  können, 
afr.  illoc  ist  den  auslautsgesetzen  gemäfs  illo  loco. 

2.  d  ist  abgefallen  in  qve  ^  qvid;  a  =^  ad;  ab,  ap  = 
apud:  doch  die  beiden  ersten  sind  schon  im  lat.  einsilbig 
und  man  findet  daher  auch  afr.  qued,  quet,  pr.  quez,  az  u. 
dgl.,  ja  im  afr.  auch  0(7,  ot  als  nebenform  von  ab  =  apud 
aus  avd^  avd. 

3.  m. 

a)  belege,  lat.  coronam  mufs  ebenso,  wie  corona.,  pr. 
Corona,  difr.  coro7ie  geben;  lat.  annum  =  an;  die  lat.  end. 
des  gen.  pl.  orum  =  or  in  lor  =  illorum,  crestianor  ^= 
christia7iorum  u.  s.  w.  \2it.fl0rem  =  flor;  fortem  =  fort; 
meliorem  =  pr.  melhor,  afr.  meillor;  cantabani  =  pr.  chan- 
tava,  afr.  chanteve  (chantoie);  susum  (sursum)  -=  sus. 

b)  ausnähme,  bei  einsilbigen  verhinderte  der  accent 
oft  das  abwerfen  des  in:  doch  erhielt  sich  nicht  ?»,  sondern 
n  (vgl.  gr.  -c-v,  lit.  tq  für  älteres  ta-n,  got.  tha-n-a,  ahd. 
dc-n  gegenüber  skr.  ta-m,  lat.  is-tii-m).  so  gibt  lat.  rem 
pr.  ren,  fr.  rien;  sunt  =  pr.  son;  sum  für  smim  =  pr.,  fr. 
son.  bei  quamdiu  =  pr.  quandius;  tamdiu=  fr.  tandis  kann 
auch  die  zusammenziehung  in  ein  wort  an  der  erhaltung 
des  m  als  n  schuld  sein,  wenn  man  (z.  b.  Bartsch  pr.  2i'>,  1) 
quam  pouc  findet,  so  ist  das  zu  beurteilen  wie  em  paradis. 

4.  n.  es  kommen  hier  abi^esehen  von  einsilbi2;en, 
wenn  ich  mich  nicht  teusche,  nur  lat.  neutia  auf  -en,  gen. 
-inis  in  betracht.  diese  konnten  im  romanischen  auf 
zweierlei  weisen  behandelt  werden,  jenachdem  man  von 
einem   masc.  acc.    auf  *inem   z.   b.   ^noniineni   oder  einem 


1)  prov.    i,   hi,  Ir.  ;/  ist,   wie  ii-  in   den  Strafsburger  eideo  und  it. 
ivi,  rt  zeigen,  =  lat.  ibi. 

Jahrb.  f.  rom.  u.  eiicl    Lif.  XII.  2.  13 


]^94  Julius  Zupitza 

neutralen  auf  en^  nometi  ausging,  das  erstere  geschah  im 
span.:  altsp.  nomne^  nsp.  7iomhre  (Diez  1  -,  201);  das  letztere 
sonst,  also  auch  im  nordwestromanischen,  daher  ent- 
sprechend it.  nome^  wal.  nvme^  port.  nome  pr.  und  afr. 
nach  dem  vokalischen  auslautsgesetz  und  mit  dem  s  des 
nominativs  nom-s.  bei  einsilbigen  Wörtern  kann  n  im  prov. 
nach  belieben  stehen  oder  fehlen,  d.  h.,  das  auslautsgesetz 
hat  es  unberührt  gelassen,  es  teilt  aber  (und  elienso  aus 
711  entstandenes  7i)  das  Schicksal  des  durch  lautabfall  erst 
auslautend  gewordenen  n:  also  no  und  no?) ;  c  und  en;  afr 
nur  en,  non. 

5.    t. 

a)  das  provenzalische  hat  im  gegensatz  zum  afr.  auch 
beim  verbum  auslautendes  i^  unbetonter  endsilben  abge- 
worfen: lat.  sapitit  gibt  mit  metathesis  des  u  saup;  dixit 
mit  erweichung  des  c  von  .^•  in  i  zunächst  diis,  dann  disi 
fecit.,  je  nach  dem  verhalten  des  c  fec^  fei  oder/ö.  cantat  = 
canta;  *vendihat  für  vendebat  =  vendia;  *cantesset  für 
canta(vi)sset  =  chantes;  vendunt  =  vendon;  cantent  ^= 
chanten;  miserunt  =  mesdren;  erit  =  er  u.  s.  w. 

b)  gemeinschaftlich  in  beiden  sprachen  ist  bei  nomen 
und  Partikeln  der  ab  fall  des  t:  lat.  caput  wird  cliap^  chef 
oder  mit  dem  s  des  nominativs  chaps,  chefs.  ein  zweites 
beispiel  vom  nomen  kenne  ich  nicht,  bei  den  einsilbigen 
Partikeln  et,  avf  kann  aber  t  auch  bleiben:  daher  neben  e 
auch  et,  ez;  neben  pr.  o  auch  oz^  doch  afr.  nur  o,  ou. 

11.  das  vokalische  auslautsgesetz. 
A.  es  bleibt  a,  im  altfr.  aufser  in  den  ältesten  denkmälern 
als  e.  lat.  corona  und  coronam  =  pr.  corona,  afr.  Corona^ 
später  corone.  Coronas  =  Coronas^  corones;  bona,  bonam  =^ 
ho?ia^  bone;  bonas  =  bonas.,  bones.  lat.  amas  =  pr.  amas., 
afr.  aimes;  lat.  a7nat  =  pr.  ama,  afr.  aimet.  lat.  amabam., 
amabas,  amabat  =  pr.  amava,  amavas.^  amava,  afr.  aimeve^ 
aimeves,  aimevet  (oder  aimoie  u.  s.  w.);  lat.  veTidam^  vendas 
=  pr.  venda^  vendas.,  afr.  vende^  vendes.  unquam  =  pr. 
onca  oder  mit  angefügtem  s  ojicas.^  altfr.  Eul.  omqui  und 
onqui  „mit  aufiallender  endung  i"  statt  e  für  a,  gewöhn- 
lich onques.     darum  ist  pr.  soJrrc   nicht,    wie  Diez  2,  4,'jl> 


Die  nordwestromanischeu  auslautsgesetze.  195' 

annimmt,  =  lat.  supra,  it.  sopra^  sovra,  afr.  sore  (Eul.  sovre)^ 
sondern  =  lat.  super,  afr.  swr,  sor;  woraus  sich  auch 
ergibt,  dafs  afr.  sirr  und  sore^  die  Bartsch  ehrest,  de  l'anc. 
fr.  660  als  identisch  hinstellt,  zu  sondern  sind. 
B.  alle  andern  vokale  ^)  fallen  in  letzter  silbe  ab  oder  aus. 
1.    e. 

a)  belege,  ßorem  gibt  ßor;  ßores  =  ßors;  imperato- 
rem  =  emperador,  afr.  empere(d)or ;  imperatores  =  empera- 
dors,  empere(d)ors;  fortem  =  fort;  fortes  ^  fortz^  afr. 
forz;  cantavisset  =  pr.  chantes^  afr.  chantast;  aviare  =  pr. 
amar^  afr.  amer;  *partire  =  partir;  inde  =  pr.  en  (für 
enf),  afr.  iVi^,  t'n^,  ew;  *ab  ante  =  pr.  «ra?i,  fr.  avant. 

b)  ausnahmen, 
aa.    wirkliche. 

a)  einsilbige  wörter,  wie  quem^  rem  konnten  natür- 
lich das  e  nicht  aufgeben. 

ß)  wäre  in  formen,  wie  lat.  cante/it ,  amejit,  das  e 
ausgefallen,  so  wären  ganz  unaussprechbare  oder  jeden- 
falls sehr  schwer  aussprechbare  konsonantenverbindungen 
entstanden;  deshalb  bleibte:  pr.  chanten^  ah.  chantent;  pr. 
amen,  afr.  aiment.  so  auch  cantassent  =  pr.  ckantessen^ 
afr.  chantassent  u.  s.  w. 

7)  auch  mvlier  konnte  sein  e  nicht  aufgeben,  weil 
nach  mouillirung  des  l  eine  unaussprechbare  konsonanten- 
verbindung  eingetreten  wäre,  daher  der  nom.  mölher^ 
afr.  möllier  oder,  wie  sonst  geschrieben  wird. 

8)  lat.  canta(vi)sses  sollte  nach  der  regel  pr.  chafttess-s-, 
afr.  chantäss-s  geben,  was  nicht  anders  lauten  würde,  als 
chantes^  chantäs.  dieselbe  form  ergibt  sich  aber  in  beiden 
sprachen^)  aus  lat.  cantavisseni^  im  prov.  auch  ans  c(i?i- 
tavisset.  der  Unterscheidung  halber  wurde  daher  in  der 
2.  pers.  das  e  nicht  ausgestofsen :  so  chantesses,  chantasses 
und  entsprechend  in  den  andern  konjugationen.  • 

1)  es  kommen  nur  die  einfaclien  vokale  in  betracht:  ae,  oe,  oe  zeigen 
sich  nicht  in  nordwestromanischeu  endsilben,  au  und  ui  nur  in  einsil- 
bigen Wörtern  oder  betont:  aut  =z  o,  illüic  =  lui  u.  s.  w.  lange  und 
kurze  vokale  werden  gleich  behandelt,  weil  in  unbetonten  silbeu  gleich- 
mäfsig  kurz  gesprochen.     Diez   1  ^,  456. 

2)  im  altfr.  ist  freilich  in  den  erhaltenen  denkmälern  chantas 
durch   rha»taf!<e  verdrängt;  s.  unten  bb,  S. 

13* 


2^96  Julius  Ziipitza 

bb.  scheinbare, 
a)  eine  ausnähme  scheint  ferner  zuzugeben  zu  sein, 
wenn  man  die  paradigmen  mustert.  Diez  2,  189  gibt  als 
pr.  präs.  conj.  der  1.  schw.  konj.  cJiant-e,  chant-es^  chant-e 
und  erst  in  2.  reihe  für  die  1.  u.  3.  person  auch  chan; 
ebenso  Bartsch  ehr.  prov.  42')  ame,  ames^  ame^  erst  in  2. 
reihe  am.  für  das  alti'r.  gibt  Diez  213  cliant-e.^  chant-es, 
ckant-et  und  in  klammer  hinter  dem  letzteren  t,  was  wohl 
heifsen  soll,  dafs  für  et  auch  t  eintreten  kann;  Bartsch 
ehr.  de  Tanc.  fr.  485  nur  die  formen  mit  c.  darnach 
könnte  es  scheinen,  dafs  das  ausfallen  des  e,  wo  es  statt- 
findet, erst  spätere  entstellung  ist,  das  auslautsgesetz  es 
unangerührt  gelassen  habe,  aber  dem  glaube  ich  aufs 
entschiedenste  widersprechen  zu  dürfen,  sagt  doch  Diez 
2,  190:  ,,der  konj.  (im  prov.)  legt  in  der  1.  u.  3.  sg. 
nach  konsonanten,  selbst  stummen,  sowie  nach  diph- 
thongen,  sein  flexivisches  c  willkürlich  ab.  nach  ein- 
fachem vokal  ist  diese  apokope  sogar  regel.  auch  die 
2.  sg.  elidirt,  wenn  keine  härte  entsteht,  ihr  e 
häufifr."  wie  häutiaj  kann  man  aus  dem  reimlexicon  im 
Donatus  provincialis  ersehen,  fürs  prov.  steht  demnach 
die  Sache  unzweifelhaft  so:  ursprünglich  fiel  vermöge  des 
vokalischen  auslautsgesetzes  das  e  im  sing.  präs.  konj. 
der  konjugation  auf  cf?'ß  aus  bis  etwa  auf  fälle,  wo  der 
stamm  auf  einen  zischlaut  ausging,  weil  sonst  die  2.  person 
mit  der  1.  u.  ;;.  zusammengefallen  wäre,  also  nur  am, 
chan(t);  ams,  chantz  (chans)^  aber  von  laissar^  cessar  in  der 
2.  pers.  laisses,  cesses^  damit  sie  nicht  mit  der  1.  u.  3.  laiss, 
cess  zusammenfiele,  auch  vielleicht  härten  vermied  man 
durch  das  beibehalten  des  e.  später  aber  brauchte  man 
e  auch  ohne*  diese  gründe  als  willkommenes  auskunfts- 
mittel  beim  vers  und  reim  und  das  veranlafste  wol  auch 
die  regel,  dafs,  wie  in  den  übrigen  konjugationen  a  durch 
den  ganzen  konj.  präs.  durchsteht,  so  auch  in  der  auf 
ai^e  eigentlich  e  durchstehen  müfste.  unterstützt  wird 
meine  erklärung,  wenn  ich  nicht  irre,  durch  die  ganz 
ähnliche  erscheinung,  dafs  im  konj.  prät.  statt  der  form 
chanteSy    chantesses,    chantea  u.    s,    w.  nach  venda,    vendas, 


Die  nordwestromanischen  auslautsgesetze.  X97 

vciida  auch  chcmtessa^  chantessaSj  cha7itessa  vorkommt. 
Diez  2,  ISG. 

Ebenso  steht  es,  glaub'  ich,  mit  dem  altfr.  in  der 
1.  u.  3.  pers.  sing.  präs.  conj.  kann  das  c  auch  hier  fehlen. 
Burgu}",  gr.  de  la  langue  d'o'il  1,  p.  238:  „cn  poesie  on 
retranchait  quelquefois  Ve  de  la  premiere  personne"  und 
,,on  voit  par  ces  exemples  que  dans  quelques  cas  Ve  (der 
3.  jjerson)  se  syncopait  devant  le  f."  Burguy  spricht 
nur  von  qii^lquefoi,^  nnd  quelques  cas.  Diez  dagegen  1\ 
214  sagt  ganz  entschieden:  „die  3.  sg.  des  conj.  läfst  ihr 
flexivisches  e,  wie  im  prov.,  jedesmal  fallen,  wo  die 
Lautgesetze  es  erlauben"  (d.  h.  dort,  wo  keine  härten 
entstehen),  das  alter  dieses  ausfalls  sieht  man  daraus, 
dafs  euphonische  Veränderungen  vor  dem  t  ohne  e  statt- 
finden. D.  2,  215.  wäre  nicht  ursprünglich  abfall  des  e 
regel  gewesen,  so  wäre  in  solchen  fällen  sicher  e  geblieben, 
und  so  glaube  ich  denn,  dafs  auch  in  der  2.  person  nicht 
ai//ies,  sondern  ainis  die  älteste  form  war,  obgleich  diese 
nicht  zu  belegen  ist.  dafs  im  afr.  das  e  eindrang,  war 
noch  natürlicher,  da  in  den  andern  konjugationen  sich  das 
ursprüngliche  a  des  konj.  präs.  in  e  schwächen  inufste. 
nach  alledem  würde  ich  als  paradigma  aufstellen:  prov. 
1.  am  [ante].  2.  ams  [ames].  3.  am  \_ame].  altfr.  1.  aim, 
[aime].  2.  ai)7is?  aimes.  3.  aimt  \aimet\.  nicht  die  den 
lateinischen  zunächst  stehenden,  sondern  die  das  romanische 
princip  am  reinsten  ausprägenden  formen  gehören  im 
paradigma  an  die  erste  stelle. 

ß)  auch  nur  scheinbar  ist  die  ausnähme  bei  Infinitiven, 
wie  vendrc^  dire,  segre^  die  zu  beurteilen  sind,  wie  cmpe- 
raire,  servire,  paire:  das  e  ist  euphonisch,  s.  oben  TAI. 

7)  in  fällen,  wie  comte  (conte)  =  comitem,  cointes 
(contes)  =  comites  zu  dem  nominativ  cons,  cuens  =  comes', 
femer  omne  =  liominem^  omnes  =  homines  zum  nom.  om  =:■ 
homo',  agradahle,  agradahles^  afr.  agreable,  agrcahles  = 
*  adgratabilem,  * adgratabilcs  u.  s.  w.  ist  das  romanische  e 
nicht  aus  dem  lateinischen  beibebalten,  sondern  euplionisch: 
es  tritt  bei  ähnlichen  konsonantverbindungen,  die  in  den 
auslaut  oder  vor  ?  kommen  sollten,  auch  dann  ein,  wenn 


198  Julius  Zupitza 

andere  vokale  abgefallen  sind.  vgl.  unten  2.  b.  bb.  ß.  3. 
b.  bb.  y.  4.  b.  bb.  a.  bei  omne,  omnes  kann  n  auch 
schwinden  und  doch  bleibt  das  e:  also  owö,  omes. 

5)    fr.  chantasse  für  lat.  cantassem,  pr.  chantes  ist  durch 
vende^  l^arte  veranlafst:  es  ist  ganz   das  pr.  chantessa   ■= 
lat.  *cantassam^    hat  aber   die  ursprüngliche  form  chantäs 
vollständio:  verdräno;t. 
2.   *. 

a)  belege,  anni  gibt  aw;  panis  =  pans^  pains;  honi  = 
hon;  fortis  =forfz,  forz;  vendis  =  vens;  *partis  ^partz^parz; 
cantatis  =  chantatz^  fr.  cliantez\  canta(tn)sti  =  pr.  chantest, 
fr.  cliantas  (für  chantast  wegen  chantast  =  cantavisset) ; 
sapui  =■  pr.  saup;  misit  =  pr.  mes,  altfr.  wmf;  ms  =  ers; 
erit  =  pr.  gr,  altfr.  ert. 

b)  ausnahmen, 
aa.    wirkliche. 

a)  einsilbige  wörter,  wie  qui,  li  (aus  illi)^  si  (sie)  u.  s.  w. 

ß)  in  der  1.  pers.  sing.  perf.  ind.  prov.  chantei^  vendei, 
parti^  altfr.  chantai,  vendi,  parti  =^  canta(v)i  (pr.  *cante(v)i)^ 
*vende(v)i  (altfr.  *vetidi(tj)i),  *parti(v)i.  v  ist  vor  der 
Wirksamkeit  des  vokalischen  auslautsgesetzes  geschwunden, 
worauf  synizese  stattfand  und  aus  n  schliel'slich  i  wurde, 
der  accent  schützte  sodann  vor  Verstümmlung,  ebenso 
sind  zu  beurteilen  fui^  mei,  tei^  sei  (pr.  auch  moi^  toi,  soi)  = 
lat./w^,  mci,  tni^  sui. 

y)  in  der  2.  person  plural.  perf.  ind.  entspricht  lat. 
cantastis  oder  vielmehr  *cantestis  pr.  chantetz  für  chantestz: 
das  i  ist  da  regelrecht  ausgeworfen,  die  dem  prov.  uner- 
trägliche Verbindung  sfz  durch  ausfall  des  s  beseitigt,  wie 
es  ja  auch  Critz^  tritz  für  Cristz^  tristz  =  lat.  Christus, 
tristis  heifst.  auch  den  organen  des  Nordfranzosen  wider- 
strebte sts:  deshalb  heifst  es  in  der  Eulalia  (Diez  s.  31) 
Krist  im  nominativ  statt  Krists^  später  auch  in  provenza- 
lischer  weise  Criz,  wie  oz  für  osts  =  hostis,  keines 
dieser  beiden  auskunftsmittel,  abwerfen  des  zweiten  oder 
des  ersten  s,  war  im  altfr.  anwendbar  bei  der  2.  pl.  perf. 
Ind.,  wenn  nicht  zusammenfallen  dieser  form  mit  andern 
eintreten  sollte,  denn  1)  wäre  cantastis  zu  chantaz  ge- 
worden,   so    wäre    es    mit    chantaz    (das    später    chantez 


Die  nordwestromanischeii  auslautsgesetze.  X99 

lautet)  =■  cantatis  zusammengefallen.  2)  wäre  es  zu 
chantast  geworden,  so  wäre  es  mit  chantast  =  cantavisset 
zusammengefallen,  wie  nun  um  zusammenfallen  mit  der 
letzteren  form  zu  vermeiden  lat.  cantasti  nicht  chantast^ 
sondern  c/tanfas  gibt,  so  wurde  in  dem  vorliegenden  falle 
das  i  der  lat.  form  als  e  erhalten. 

bb.  scheinbare  ausnahmen  zeigt  a)  das  paradigma  bei 
Diez  und  Bartsch,  nicht  vendes,  vens;  partes^  partz  darf 
im  pr.  das  paradigma  lauten,  sondern  umgekehrt;  es  ist 
das  ganz  derselbe  fall,  wie  beim  präs.  konj.  der  verba 
auf  are;  nur  dafs  hier  die  Sache  noch  viel  unzweifelhafter 
ist,  da  das  fr.  ganz  durchgehend  das  e  synkopirt.  so 
wird  es  ursprünglich  auch  in  der  3.  person  gewesen  sein. 
Burguy  hat  in  seinen  paradigmen  mit  recht  nur  die 
formen  ohne  e. 

ß)  in  adj.  auf  bl  (=  lat.  bili)  ist  euphonisches  e  ein- 
geschoben: agradable-s^  agreables. 
3.    0. 

a)  belege,  lat.  annos  =^  ans;  soror  =  sor  für  sorr; 
haro  =  pr.  bar^  afr.  mit  s  bers;  homo  =  om;  nepos  =3  pr. 
neps^  altfr.  nies;  bonos  =  bans;  octo  =  pr.  oit,  fr.  huit ; 
amo  =  am^  aim;  fcrio  =  pr.  feri;  ero  =  er;  catitando  ^= 
chantan(t);  quaiido  =■  pr.  qua)i(f)^  afr.  qiui/ul.,  quant. 

b)  ausnahmen, 
aa.    wirkliche. 

a)  bei  einsilbigen:  pr.  los,  fr.  geschwächt  les  =  illos; 
lat.  duos  =  dos;  hoc  =  0,  oc.     vgl.  aber  dels,  als. 

ß)  in  folge  von  synizese,  wobei  das  pr.  0  meist  zu 
u  wird:  ego  mit  ausfall  des  g  wird  pr.  cw,  altfr.  auch  eo; 
meos  gibt  prov.  mens,  was  auch  teus^  st'i<s  nach  sich  zieht, 
bb.    scheinbare. 

a)  wenn  Ugo  neben  Ug  =  ahd.  Hiigo  vorkommt,  so 
ist  das  wohl  lat.  oder  deutsche,  nicht  rom.  form. 

ß)  es  ist  eine  unhaltbare  ansieht  Diezens  (1,  162), 
dafs  in  prov.  formen,  wie  ami  =  amo,  das  4  aus  dem  0 
geschwächt  sei.  wäre  0  nicht  abgefallen,  so  hätte  es  sich 
sicher  unverändert  erhalten,  wie  in  los.  auch  Bartsch 
scheint  aber  Diezens  ansieht  zu  teilen,  wenn  er  ehrest, 
prov.  423  sagt:  „la  V  personne  du  pres.  rejette  ordinaire- 


200  Julius  Zupitza 

raeut  ViCe),  qui  ne  persiste  que  dans  les  verbes  dont  le 
radical  se  termine  par  l  ou  par  r. "  er  hätte  sonst  nicht 
von  einem  rcjeter  und  persister  gesprochen,  doch  hat 
Diez  2,  185  schon  den  weg  zur  richtigen  auffassung  der 
Sache    angebahnt      er  sagt  da:    .,eigentiimlich    ist   in  der 

1.  sg.  des  ind.  (präs.)  die  ihr  zukoinineude  endung  t,  die 
aber  meist  wegbleibt,  im  Boethius  z.  b.  gar  nicht  vorkommt, 
vielleicht  beschränkte  sie  sich  anfangs  auf  solche  fälle, 
in  welchen  die  vorhergehende  konsonanz  einen  vokal  ver- 
langte^  wie  in  sofr-i  von  sufero  (vgl.  das  subst.  laire  von 
latrd)  und  ward  nach  und  nach  allgemeiner,  für  i  trat 
auch  e  ein,  zumal  wenn  der  stamm  bereits  ein  i  enthält." 
hier  ist  alles  richtig  bis  auf  die  noch  nicht  aufgegebene 
entstehung  des  /  oder  e  aus  o.  o  ist  aber  abgefallen: 
dadurch  entstanden  mitunter  im  auslaut  unerträgliche  Ver- 
bindungen, wie  auch  beim  substantivum  emperadr-^  des- 
halb niufste  ein  hilfsvokal  eintreten,  dafs  hier  gerade  i 
vorzugsweise  beliebt  war,  daran  waren  wol  die  verben 
auf  io  oder  die  mit  ihnen  ganz  gleich  behandelten  auf  eo 
schuld,  die  o  nach  der  regel  abwerfen,  i  behalten  und  e  in 
i  wandeln,  freilich  ist  dieses  ?",  wenn  es,  was  die  regel  ist, 
nicht  spurlos  verschwindet  (z.  b.  pari  =  *partio)^  meist 
durch  mouillirung  oder  konsonantirung  (valli  und  valc  = 
valeo)  so  zu  sagen  latent  geworden,  aber  es  zeigt  sich 
doch   noch    als  i  z.  b.  in  sai  =^  sapio,   ai  =   habeo   (Diez 

2,  19.5  f.),  avzi  =  audio,  fcri  =  ferio  (Bartsch  20,  31).  -^ 
Beweisend  fiir  diese  ansieht  scheint  mir  das  altfr. ,  wo 
sich  e  nur  ganz  vereinzelt  zeigt  (Diez  2,  214). 

Y)  dafs  auch  laire  sein  e  nicht  dem  o  des  lat.  lafm 
verdankt,  sondern  der  Verbindung  tr  (romanisch  dr),  die 
in  den  auslaut  kommen  sollte,  ergibt  sich  schon  aus  dem 
vorhergehenden. 

6)  endlich  in  sordejer  =  sordidior,  mäjer  =  major 
senher  =  senior^  Icvger  =  levior  ist  das  prov.  e  nicht 
Schwächung  des  lat.  o,  sondern,  nachdem  dieses  o  aus- 
gefallen, entstanden  unerträgliche  konsonantverbindungen 
im  auslaut,  die,  da  hier  dem  r  reibungsgeräusche  vor- 
hergehen, durch  einschiebung  eines  e  vor  dem  r  auf- 
gehoben wurden  (vgl.  I  A  1). 


Die  nordwestromaiiischen  auslautsgesetze.  201 

4.    u. 

a)  belege,  anmis  gibt  ans,  annum  =  an;  bonus 
bonum  =  bons,  bon;  christia7iorum  •=.  crestianor ;  ülorum  = 
lor;  caiitamvs  =  afr.  chantons,  pr.  chantam  für  chantams. 
lat.  pressuvi  =^  pres;  aliorsum  =  alkors,  aillors;  intus  = 
ins^  ens;  subtus  =  pr.  sotz,  afr.  soz,  nfr.  sous;  apud  =  ah,  ap. 

b)  ausnahmen, 
aa.    wirkliche. 

a)    bei  einsilbigen:  tw,  con  =  cum\  lo  =  illum. 

ß)  bei  synizese:  lat.  deus,  deicm  ^=  deus,  deu;  pius, 
piwni  =  piiis,  piu;  lat.  mens,  tyiewn  =  meus,  meu;  so  auch 
teus^  seus. 

y)    bei    sonst    eintretender    unaussprechbarkeit:    ven- 
dunt  =  vendon,  vendent. 
bb.    scheinbare. 

a)  bei  diables,  pobles,  libres,  disciples,  albres  u.  andern 
Wörtern  mit  konsonantverbindungen ,  deren  letzter  teil  r 
oder  l,  ist  e  nicht  Schwächung  aus  u,  sondern  (Diez  2, 
2-]7.  243)  euphonisch  eingeschoben,  ebenso  bei  santisynes 
und  den  übrigen  organischen  Superlativen,  auch  bei  den 
subst.  auf  sw  (basmes,  blasmes),  pt  (doptes)  u.  s.  w.,  nament- 
lich auch  auf  palatales  g  (auch  tg  geschrieben)  wegen  der 
mehrfachen  konsonanz  (g  =^  d  -\-  tön.  seh),  die  vor  s 
und  im  auslaut  unerträglich. 

ß)  bei  dem  afr.  chantames  =  pr.  chantem  =■  lat. 
canta(vi)mus  ist  e  nicht  aus  u  zu  erklären,  sondern  aus 
der  analogie  der  2.  person  chantastes:  mulste  diese  zwei- 
silbig bleiben,  so  blieb  es  auch  die  erste,  es  stützt  diese 
erklärung,  wie  ich  glaube,  die  später  noch  einmal  wirkende 
analogie,  vermöge  deren  auch  diel. person  eins  vor7?i  bekam: 
chantasmes,  weil  chantastes,  womit  sich  im  hochdeutschen 
die  alemannische  und  bairisch- österreichische  einfügimu; 
des  n  auch  in  die  2.  pers.  pl.,  weil  die  3.  ein  n.  hat,  ver- 
gleichen lälst. 

Auf  diese  weise  zeigt  sich  auch  im  prov.  und  altfr. 
strenge  durchführung  der  auslautsregeln:  wo  sie  nicht 
beachtet  sind,  ist  immer  ein  zwingender  oder  (und  das 
ist   im  wesentlichen  dasselbe)   verführender   grund   daran 


202       Julius  Zupitza,  die   nordweätromaiiischeu  auslautsgesetze. 

schuld,  nicht  lauiie  der  spräche,  ebendarum  kann  es 
aber  auch  nicht  laune  sein,  dafs  grade  diese  und  nicht 
die  andern  laute  bleiben  oder  schwinden,  bei  den  vokalen 
ist  es  wohl  klar:  a  derjenige  laut,  bei  dem  die  sprach- 
werkzeuge  am  wenigsten  von  ihrer  läge  im  ruhestande 
abweichen,  der  ihnen  also  nur  geringe  anstrengung  zu- 
mutet (vgl.  Scherer  zur  gesch.  d.  deutsch,  spr.  s.  22),  ist 
geblieben,  die  übrigen  sind  abgefallen,  warum  aber 
blieben  ä,  r  u.  zum  teil  t'i  das  .letztere  wol  nur  aus 
griinden  der  deutlichkeit  um  die  3.  person  besonders  zu 
bezeichnen,  s  u.  r  aber  gewifs  aus  demselben  gründe, 
wie  im  ostgermanischen,  weshalb  ich  auf  Scherer  a.  a.  o. 
s.  163  fg.  verweise. 

Breslau,  17.  December  1870. 

Julius  Zupitza. 


Zum  Pariser  Glossar  7692.  20c 


Zum  Pariser  Glossar  7692. 

Von  den  der  gfrofsen  Pariser  Bibliothek  zuo-ehörenden 
lateinisch -französischen  Glossaren,  die  namentlich  von 
Carpentier  benutzt  und  im  siebenten  Bande  der  Henschel- 
schen  Ausgabe  des  Du  Gange  S.  442  aufgezählt,  sodann 
theilweise  durch  Littre  im  zweiundzwanzigsten  Bande  der 
flistoire  litteraire  de  la  France  in  der  „Glossaires"  beti- 
telten Abhandlung  S.  1  —  38  besprochen  sind  (auch  Diez, 
altromanische  Glossare,  S.  4,  Anmerkimg),  ist  dasjenige 
der  Handschrift  7692  ^)  durch  Conrad  Hofmann  zu  genauerer 
Kenntnifs  gebracht,  wenn  auch  nictit  vollständig  abge- 
druckt worden.  Das  von  Hofmann  in  Uebereinstimmung 
mit  Littre  an  den  Anfang  des  vierzehnten  Jahrhunderts, 
im  Index  zu  Du  Gange  gewifs  mit  Unrecht  ins  dreizehnte 
gesetzte  Glossar  ist  an  ungewöhnlichen  französischen 
Wörtern  nicht  eben  reich;  Hofmanns  Auszug,  ,,der  alle 
etwas  seltenen  Wörter  (im  Ganzen  etwa  ein  Zehntel)  ent- 
hält'%  gibt  des  dem  Lexikographen  der  altfranzösischen 
Sprache  Gleichgültigen,  oder  doch  nur  für  die  Charakte- 
ristik der  Sammlung  Bedeutsamen  immer  noch  genug: 
auch  nimmt  heute  der  Urheber  des  Glossars  in  der 
chronologischen  Folge  der  Verfasser  gleichartiger  Arbeiten 
nicht  mehr  die  zweite  Stelle  ein,  welche  Hofmann  im 
Jahre  1868  ihm  anwies,  da  ihm  aus  früherer  Zeit  nur  das 
Vocabulaire  von  Evreux  bekannt  war;  denn  seither  ist 
das  zwar  wenig  umfangreiche,  aber  seltene,  in  gleich- 
zeitigen Denkmälern  sonst  schwerlich  nachweisbare  Wörter 
in  grofser  Zahl  bietende  Glossar  von  Tours  aus  dem 
zwölften  Jahrhundert  durch  Leopold  Delisle  abgedruckt 
worden  (Note  sur  un  Manuscrit  de  Tours  renfermant  des 


1)  Auf  dem  Titelblatt  und  dem  Umschlage  des  Separatabdrucks 
von  Hofmanns  Mittheilung  daraus  in  den  Sitzungsberichten  der  Kön. 
Akademie  der  Wissenschaften  in  München,  1868.  I.  1  steht  durch  Ver- 
sehen 3692. 


204  Adolf  Tobler 

Gloses  fran9aises  du  XII*^  siecle,  in  derBiblioth.  de  TEcole 
des  Chartes.  Tome  cinquieme.  Sixieme  Serie.  Paris  18G9. 
S.  320  —  333),  uud  von  einem  der  Schrift  nach  in  die 
Mitte  des  dreizehnten  Jahrhunderts  zu  setzenden  Glossar 
aus  Glasgow  hat  schon  18GG  Paul  Meyer  im  Jahrbuch 
VII  37  und  18Ö7  nochmals  in  den  Archives  des  Missions 
scientifiques  et  litteraires,  deuxieme  Serie.  T.  IV,  S.  153 
gesprochen  und  an  ersterer  Stelle  eine  kleine  Probe 
gegeben,  welche  in  Verbindung  mit  dem  an  letzterer  Stelle 
Gesagten  den  lebhaften  Wunsch  erregt,  es  möge  der 
wichtige  Fund  bald  allgemeines  Eigenthum  werden.  Ist 
nun  auch  dem  Glossar  7692  weder  um  der  Beschaffenheit 
des  in  ihm  zu  findenden  Sprachstofies  willen,  noch  hohen 
Alters  wegen  hervorragende  Bedeutung  zuzuschreiben,  so 
kann  doch  ein  Glossar  des  vierzehnten  Jahrhunderts,  das 
zu  (3000  lateinischen  oder  für  lateinisch  gehaltenen  Wörtern 
die  französische  Uebersetzung  gibt,  für  uns  nicht  ohne 
grofsen  W^erth  und  kann  ein  von  geschickter  Hand  ange- 
fertigter Auszug  nur  willkommen  sein.  Sehr  vieles  aber, 
was  wir  in  Hofmanns  Auszuge  finden,  ist  schwer  zu 
verstehn  und  bedarf  der  Aufklärung,  bevor  es  für  das 
altfranzösische  Wörterbuch  nutzbar  werden  kann,  und  so 
mag  denn  ein  Beitrag  zur  Besserung  und  zur  Deutung 
des  von  Hofmann  gegebenen  Textes  ^äelleicht  willkommen 
sein.  Ich  erwähne  noch,  dafs  ein  Theil  der  Schwierig- 
keiten durch  Gaston  Paris  Scharfsinn  (s.  seine  Anzeige  von 
Hofmanns  Arbeit  in  der  Revue  Critique,  Trois.  Annee, 
deux.  Semestre  S.  10(3  und  107)  seine  Erledigung  ge- 
funden hat. 


28.  ahsolere  contumer.  Mit  Ersterem  ist  wohl 
adsolere,  assolere  gemeint,  für  Letzteres  wird  contumer  := 
coustumer  zu  lesen  sein,  dessen  Participium  Perf.  nicht 
selten  vorkommt.  Den  Ausfall  des  s  vor  t  zeigen  auch 
gouter  47,  degater  55,  hater  68,  115,  contreter  96  und  andre. 
Was  ist  aber  620  von  contumer  contumare  appreciare  zu 
halten?  continuer  zu  lesen  hilft  nicht. 

31.    abhominari    escöniovoir     erklärt    sich    allenfalls. 


Zum  Pariser  Glossar  7G92.  205 

\venn  man  das  lateinische  Wort  in  der  Bedeutung  des 
daraus  hervorgegangenen  afz.  aho(s)mer,  emho(s)mer 
nimmt,  das  doch  nicht  blofs  „niederschlagen,  nieder- 
drücken" heifst;  vgl.  De  Voevre  qu'il  roif,  mult  s'alosme, 
Et  crient  qiie  ^ou  ne  soit  fantosme,  Blancand.  383;  T)e  la 
pitie  qii'il  ot,  le  euer  li  embosma,  Si  que  poi  s'e.n  failli 
que  des  icv  ne  ploi/ra^  Doon  d.  May.  !öP.  Oder  sollte 
der  Verfasser  abominari^  dessen  Derivatum  abominatio 
Johannes  de  Janua  mit  anathema  erklärt,  durch  escomvio- 
nier  (=  eäxommnnicare^  haben  wiedergeben  wollen?  Dafs 
communicare  313  mit  acomminger  (oder  acomminijer^) 
iibersetzt  ist,  spricht  nicht  dagegen. 

45.  abscintium  cdene.  Mit  Letzterem  ist  sicher  das 
noch  nfz.  aluine  gemeint,  mit  welchem  auch  die  Glossen 
von  Tours  327  absincium  erklären.  Es  ist  wohl  alone 
zu  lesen;  alogne  findet  sich  z.  B.  im  Rom.  d'Alix.  270, 
14:  Plus  fu  amere  Vimie  que  li  rois  ot  beiie^  Que  sive  (1. 
suie),  ne  santerne,  n'alogne,  ne  ceüe. 

53.  abstudere  vel  abstuere  estouper.  Die  lateinischen 
Wörter  werden  in  abstrudere^  abstruere  zu  ändern  sein, 
deren  Letzteres  aus  Tertullian  nachgewiesen  wird. 

75.    acceptxis  recue;  man  lese  receu. 

88.  acies  otage  u.  s.  w.  Diese  Glosse  führt  auch 
Carpentier  unter  acies  an;  er  räth  ostage  zu  lesen,  dem 
er  gleiche  Bedeutung  mit  ost  glaubt  beilegen  zu  dürfen. 
An  ost  zu  denken  liegt  freilich  nahe,  aber  ein  gleichbe- 
deutendes ostage  mül'ste  erst  erwiesen  werden.  Sollte 
nicht  auch  hier,  wie  ja  in  53  zweifelsohne  geschehen  ist, 
ein  r  hinter  t  vom  Abschreiber  übersehn  worden  sein  und 
ursprünglich  oträge  d.  h.  ost  ränge  gestanden  haben? 

92.  acitare  tere.  Die  aus  Festus  bekannte  archaische 
Form  für  agitare  (auch  acctare  wird  gelesen)  wird  mit 
fere  =  faire  übersetzt  sein. 

96.  adicere  contreter  d.  h.  abdicere  cofit rester  „be- 
streiten. " 

109.  agiiia  le  treu  de  la  balence  vel  hautcsce.  aguia 
hat  Gaston  Paris  gewifs  richtig  durch  agina  ersetzt,  ein 
wiederum  von  Festus  in  der  ersten  der  hier  angeffebenen 
Bedeutungen  verzeichnetes  Wort.     Für  haufesce  wird  mau 


206  Adolf  Tobler 

wohl  hatäce  d.  h.  hastance  setzen  dürfen,  da  115  aginare 
mit  hater  i'ib ersetzt  ist.  Carpentier,  der  auch  diese  Glosse 
aufgenommen  hat,  verbindet  damit  die  auch  von  Diez  im 
Wörterbuch  I^  10  wiederholte  des  Pariser  Glossars  521 
agina  idem  qtiod  festinancia  und  eine  aus  dem  proven- 
zalischen  Glossar  7657  cochar  citare,  festinare,  aginare. 

112.  aggßi'  traval  sive  monier  sive  fosse.  Traval 
scheint  hier  wie  nfz.  travail  Werk,  Erdarbeit  zu  bedeuten; 
monier  wird  in  moncel  zu  ändern  sein  (vgl.  jeiereni  pierres 
sur  hii^  si  que  il  i  out  un  grani  muncel:  comportaverunt 
super  eum  acervum  lapidum  magnum  nimis,  LRois  187); 
doch  liefse  sich  auch  an  niontee,  eine  aufgeschiittete  Auf- 
fahrt, denken.  Fosse  kann  nur  durch  Irrthum  in  diese 
Glosse  gerathen  sein. 

113.  agea  naie  en  nef.  Festus  erklärt  via  in  7iavi^  es 
ist  also  sicher  vaie  zu  lesen ;  normannisches  ei  oder  e  aus 
?  oder  i'  (für  oi  der  andern  Mundarten)  begegnet  hier 
öfter:  so  125  auney,  159  pleer^  162  tet  a  pors  (nfz.  toit\ 
182  rosei,  213  j)erre^  338  clee,  371  ßeibe^  geht  aber  nicht 
durch,  s.  zu  128. 

116.  agapaUus  vireli  führt  auch  Carpentier  aus  unserem 
Glossar  an  und  zwar  mit  der  von  ihm  nicht  weiter  gerecht- 
fertigten  Bemerkung,  es  sei  damit  die  Pflanze  pervenche^ 
das  Sinngrün,  bezeichnet.  Mir  ist  vire/i  nur  als  Bezeich- 
nung einer  Art  Tanzliedes  und  Tanzes  bekannt;  Carpentier 
selbst  führt  eine  lat.  Stelle  aus  dem  13.  Jahrhundert  (unter 
vireli)  an,  welche  ihn  veranlafst,  vireli  (etwas  streng)  mit 
ludi  inhonesti  genus  zu  erklären. 

119.  alabrum  trao^d.  Eine  mit  dieser  Glosse  gleich 
lautende  führt  Carpentier  aus  dem  Pariser  Glossar  52. 
an  und  zugleich  eine  danach  zu  emendirende  aus  Hds. 
7684  alabrum  tanoil.  Mit  dem  pr.  trolh  und  dem  afz. 
trueil  =  nfz.  treuil  aus  torcuhim  verträgt  sich  die  noth- 
wendig  zweisylbige  Form  traoul  schlecht. 

122.  alcedo  cormorage  findet  sich  ebenfalls  bei  Car- 
pentier, welcher  annimmt,  es  sei  damit  alcedonia  (tran- 
quillum  tempus)  gemeint.  Zu  solcher  Annahme  aber  fehlt 
jeder  Grund,  cormorage  wird  wohl  eher  glbd.  mit  nfz. 
cormoran    sein,    vielleicht   mit    Anlehnung   an   dieses   aus 


Zum  Pariser  Glossar  7692.  207 

cormarage  (corvus  *maraticus)   abgeändert,    welches    sich 
neben  prov.  corp  mari  stellt. 

128.  alpes  mont  de  monge  ist  mir  völlig  unverständ- 
lich. Vielleicht  wurde  montes  excelsi  durch  mont  demoine 
übersetzt  und  demolje  nachher  zu  demonge  entstellt. 
Das  zu  1 13  besprochene  normannische  ei  oder  e  ist  durch- 
aus nicht  überall  an  die  Stelle  von  o«  getreten;  s.forvoier 
11,  renoier  25,  recevoir  11,  croie  348  u.  s.  w. 

129.  altitronum  pronel  findet  sich  wiederum  bereits 
bei  Carpentier.  Die  Bedeutung  Kanzel  (oder  doch  Erhö- 
hung in  oder  an  der  Kirche  für  Redner)  kommt  dem  afz. 
pro7is  in  der  That  zu,  so  Chev.  au  Lyon  ()27  Home  qu'an 
7ie  puet  chastier,  Devroit  en  au  mostier  Her  Come  desve 
devant  les  prones  (:  rampones).  En  Veglise  Nostre  Davu 
devant  le  proisne  ou  Von  faxt  les  commandemens  führt 
Roquefort  aus  einer  Urkunde  des  15.  Jahrhunderts  an, 
und  das  prosne  des  nicht  ganz  klaren  Verses  bei  Band, 
de  Conde  IGl,  269  wird  wohl  dasselbe  sein.  Auffällig  ist 
hier  die  diminutive  Form, 

133.  amarnsca^  amouroife.  Ersteres  ist  wohl  entstellt 
aus  hcemorrhusa  (blutflüssiges  Weib)  der  Vulgata;  dem 
entspricht  nfz.  hemorrhdisse.  So  ist  denn  zu  emendiren 
avionisa  amourdice.  Ich  will  aber  erwähnen,  dafs  das 
Glossar  von  Tours  S.  331  folg-ende  Glosse  bietet:  amanisca 
nmerele  similiter  camomülce^  und  dals  Walter  von  Bibles- 
worth  (bei  Th.  Wright,  a  vol.  of  vocabularies  S.  161)  eine 
Pflanze  mit  Namen  cnneroke  (englisch  glossirt  mathcn, 
maythe")^  wenn  dieselbe  sich  im  Garten  zeige,  ausreuten 
heilst. 

136.  amphora  hiere  sive  chmie.  Das  letzte  Wort,  das 
auch  die  Bücher  der  Könige  317  zur  Uebersetzung  von 
hydria  verwenden,  und  von  dem  im  nfz.  canette  noch  eine 
Ableituns:  vorlieg-t,  kann  man  sich  gefallen  lassen.  Wie 
kommt  aber  biere  Bahre  und  Leiche  (wie  im  Churwälschen 
bara;  En  Aleschans  fu  la  bateille  fiere;  Le  jor  i  ßst 
Renoars  meinte  biere,  Bat.  d'Alesch.  6292;  Se  vous  ne 
ni'escapes.  .  .  ,,  Htii  ferai  de  vo  cors  une  nouvele  biere, 
Fierabras  39)  hieher?  Stand  ursprünglich  buire,  das  afz. 
nicht  selten   vorkon)mt   und  noch  heute,    wenn  auch  als 


208  Adolf  Tohler 

veraltetes  Wort,  mit  der  Bedeutung  Schenkkanne  in  den 
frz.  Wörterbüchern  sich  findet? 

141.  onas  ane  bovre.  Ane  ist  bekannt;  honi'  bezeichnen 
die  Benedictiner  zu  Du  Gange  unter  bonreta  als  eine  zu 
ihrer  Zeit  in  der  Picardie  tibliche  Bezeichnung  der  Ente. 

143.  ancionarivs  regratier.  Mit  dem  nämlichen  noch 
nfz.  Worte  übersetzt  unser  Glossar  198  axionarius,  das 
von  Lille  4G  a  avixionarivs  d.  h.  üvctionarivs^  wie  auch 
bei  Johannes  de  Garlandia  mit  der  gleichen  Glosse  steht, 
Jahrb.  VI  300. 

167.  arcimum  escarlate.  Das  lat.  Wort  ist  sicher 
arcinium  (d.  h.  apywiov)  zu  lesen.  Dieses  führt  Forcellini 
unter  den  von  ihm  ausgeschlossenen  Wörtern  mit  der 
Erklärung  morbus  olew  (also  Kermes)  auf. 

175.  artiue  arthiers;  1.  arciste  arcMers. 

176.  arthocrea  royssole  hat  auch  Carpentier  aufge- 
nommen. Die  Glossen  zu  Joh.  de  Garlandia  Jahrb.  VI 
299  und  zu  Adam  Parvipontanus  eb.  VIII  87  geben  Va- 
rianten zvi  dem  französischen  Worte:  rvsohs  (so  auch 
das  Glossar  von  Tours  327  hec  ortocrea  rusole)^  russeics, 
russel;  das  Glossar  von  Lille  .55  a  sagt  ronssoUe. 

177.  arthocaseus  faon  oder  fion.  Carpentier  hat  arto- 
caseus  ßuon  (=  nfz.  flati)  gelesen,  was  mau  herstellen 
müfste,  wenn  es  wirklich  in  der  Handschrift  nicht  stehn 
sollte. 

185-  assata  clierbonee  vel  hate.  Cherbonee  ist  eine 
ächte  französische  Nebenform  von  carbonade;  hate  hat 
wie  die  zu  28  angeführten  Wörter  sein  s  eingebüfst, 
reimt  übrigens  auch  im  Renart  249  mit  rate.  Dafs  es 
mit  aspirirtem  h  vorkommt,  dafs  es  bisweilen  männlichen 
Geschlechtes  ist,  die  Verbindung  iin  jjetit  de  haste  De 
deus  roignons  et  d'une  rate  im  Renart  lassen  die  Entstehung 
des  Wortes  aus  hasta  sehr  unsicher  erscheinen. 

186.  asser  es  vel  espuer.  Das  lateinische  Wort,  im 
Sinne  von  assis  genommen,  ist  mit  es  (ais)  zutreffend 
übersetzt.  Espuer  begegnet  in  der  mit  Zuzug  von  Paralip. 
II  3  erweiterten  Uebersetzung  der  Bücher  der  Könige 
247:  El  pavement  fud  de  po'imes  li  marbres  culchiez,  e 
desure    tables    de    sap    serreement   juintes    e    bien    asis\es\, 


Zum  Pariser  Glossar  7692.  209 

puis  tout  cele  (1.  cel^  esptcer  fud  cuverz  e  adubez  de  plate  d''or' 
In  der  von  Roquefort  im  Supplement  beigebrachten  Stelle 
scheint  espuer  eher  die   Bedeutung  Pfosten  zuzukommen. 

192.  autoriiim  abotage.  Carpentier  liest  abocage^  das 
er  mit  dem  in  der  Bedeutung  „gemeinsame  Feststellung, 
Uebereinkunft"  nachgewiesenen  ahocatio  zusammen  stellt. 
Mit  dem  ersten  Worte  ist  ohne  Zweifel  avctorium  gemeint 
das  auch  Johannes  de  Janua  in  der  Bedeutung  „Zugabe, 
Zulage "  kennt,  und  das  aus  dem  von  Festus  mit  gleicher 
Bedeutung  verzeichneten  aiictariitm  entstellt  ist.  Ist  dem 
so,  dann  wird  abotage  die  richtige  Lesung  sein,  das  zwar 
nicht  nachgewiesen  ist,  sich  aber  doch  wohl  annehmen 
läfst,  da  abouter  „anstofsen"  vorkommt.  Un  i^dis  plein 
de  gent  estoute,  Qui  es  fiez  de  Bruges  hahoute,  Guill. 
Guiart  II  5496;  Sezile  qui  sus  mer  aboute,  eb.  II  6407. 

209.  bipennis  hache  lorreise.  Das  Glossar  von  Lille 
19*  übersetzt  das  nämliche  lateinische  Wort  mit  hace 
danoise^  und  so  oder  vielleicht  norreise  (noroise)  wird 
auch  hier  zu  lesen  sein. 

217.  bofrus  bourion.  Carpentier  fuhrt  aus  unserm 
Glossar  eine  von  Hofmann  übergangene  Glosse  vitulamina 
bourjons  (=  bourgeons)  an.  Hier  aber  haben  wir  es 
vermuthlich  mit  ßo^po;:,  ßo^picv  und  einem  wie  it.  borro. 
horrone^  moden.  budrione  daher  stammenden  Worte  mit 
der  Bedeutung  Schlucht  zu  thun,  welches  sonst  nicht 
nachgewiesen  ist. 

218.  bracos  grece  breire.  Mit  dem  „griechischen"  ^rcrco« 
ist  wohl  0  ßpa-yyci;  gemeint,  das  mit  braire  freilich  nicht 
gerade  glücklich  übersetzt  ist. 

219.  braceum  gui.  Ersteres  erklärt  Johannes  de  Janua 
durch  vadum  mit  der  Bemerkung,  es  sei  von  ßpax,'J  =  breve 
genommen.  So  ist  denn  hier  sicher  gue  zu  lesen.  In 
hranchya  (joitue)  der  folgenden  Zeile  wird  ßpayx,'-^  Kiemen 
zu  erkennen  sein,  das  mit  Jone  zur  Noth  übersetzt  werden 
konnte,  so  lange  eine  besondere  Bezeichnung  für  die  Sache 
nicht  bestand  (nfz.  ouie). 

227.  bricium  goutiere.  Das  Pariser  Glossar  521  braucht 
nach  Carpentier  das  nämliche  französische  Wort  zur 
Uebersetzung   von  imbricium ,  imbrium,   das  unsrige  nach 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.   Lit.    XII,  2.  14 


210  Adolf  Tübler 

demselben  Gewährsmanne  zur  Uebersetzung  von  imber.r 
d.  h.  imhrejc.  bricivm  dankt  seine  Existenz  nur  dem  Ver- 
sehn eines  Abschreibers,  der  das  i  übersah  und  das  ent- 
stellte Wort  da  einreihte,  wo  es  nach  seiner  Verstümmelung 
in  der  alphabetischen  Reihe  hin  gehörte. 

242.  cambis  chaveires.  Ersteres  steht  wohl  für  cana- 
bis.  Letzteres  ist  aus  chanvre  entstellt,  wie  schon  Carpentier 
vermuthet,  vielleicht  auch  aus  chaneviere  =  nfz.  cheneviere. 

246.  carbo  cherbon  vel  escarbot.  Das  letzte  Wort 
war  wohl  Uebersetzung  von  crabro,  das  mit  carbo  ver- 
mengt wurde. 

247.  carestvni  glaie.  Jenes  ist  wohl  Eins  mit  dem 
von  den  Benedictinern  aus  Papias  und  Isidorus  in  Du 
Cange  aufgenommenen  caristevnt^  dieses  fz.  glaise^  zur 
Uebersetzung  des  Namens  einer  Marmorart  freilich  wenig 
geeignet. 

249.  cucvfa  puelle.  Im  Glossar  von  Lille  16^  und  in 
dem  unsrigen  .'157  lesen  wir  cucufa  coife.  Sollte  puelle 
aus  quefe  ■=■  cueffe  verderbt  sein?  oder  ist  jjuclle  richtig, 
=  poele,  und  cxicnfa  mit  cacubus^  cacnbius  Wasserkessel 
verwechselt? 

25(".  cattina  harle.  Ersteres  ist  sicher  verlesen  für 
cauma  (ywau[j.a),  das  mit  /unie  :^  nfz.  hdle  recht  gut  über- 
setzt ist. 

266.  cericus  tormente  liest  auch  Carpentier.  Gemeint 
ist  cerritiis  (nach  Festus  =  furiosus)  tormente.  Dafs  das 
nämliche  Wort  au  einer  zweiten  Stelle  des  Glossars  wieder 
auftritt  (282  cerritus  deue  d.  h.  desve),  spricht  nicht  da- 
gegen, vgl.  143  und  198,  148  und  200,  249  und  357. 

308.  collißuni  cochclui  vel  pains  azimus  vel  rede.  Für 
französisch  halte  ich  nur  das  letzte  Wort,  das  von  Car- 
pentier unter  recticinnwi  belegt  wird;  was  ihm  zunächst 
voransteht,  ist  jedenfalls  panis  azimus.,  eine  oft  wieder- 
holte Erklärung  von  coliphium^  zu  lesen;  das  zweite  Wort 
der  Glosse  soll  auch  ein  lateinisches  auf  lium  ausgehendes 
sein;  es  ist  mir  unbekannt. 

322.  conhibere  ostreer.  Zahlreiche  Belege  für  die 
Vermengung  von  conhibere  mit  C07inivere  (otriier)  gibt 
Du  Cansre. 


Zum  Pariser  Glossar  7692.  211 

341.  creaga  havef  oder  Jianef.  Sicher  ist  erstere  Les- 
art die  richtige;  auch  'Me  Glosse  zu  Johannes  de  Garlandia 
Jahrb.  VI  .814  übersetzt  creagra  (xpeaypa)  Fleischgabel. 
Haken  mit  havef,  das  übrigens  noch  die  nfz.  Wörter- 
bücher kennen. 

363.  ctippa  fune.  Letzteres  wird  eher  cuve  zu  lesen 
sein. 

365.  cvruca  hrntiete  vel  /lomo  qui  sanat  estrange. 
Ebenso  liest  Carpentier,  welcher  aus  dem  nämlichen 
Glossare  hinzufügt:  ciirncare  corrumpre  mariee.  Brunete 
bezeichnet  oflFenbar  den  Vogel  (vielleicht  die  braune  Drossel, 
nfz.  bninef)^  der  fremde  Eier  als  eigne  ausbrütet,  und 
ist  auch  noch  heute  der  Name  eines  Vogels.  Das  Fol- 
gende aber  mit  Carpentier  (unter  sanare)  zu  verstehn: 
„der  eine  Fremde  behandelt",  scheint  mir  zu  gewagt 
und  zudem  nicht  zutreffend.  Nach  andern  von  Carpentier 
mitgetheilten  Glossen  ist  curuca  nicht  der  Verführer  eines 
Eheweibs,  sondern  der  Hahnrei  und  heifst  curucare  zum 
Hahnrei  machen;  auch  das  Glossar  von  Lille  sagt  32^ 
curuca  oijsel,  gallice  cu-cul,  et  aliquando  signiße  eil  qui 
est  cous  et  nourist  aultrui  enfant  et  cuide  les  siens  nourir. 
Vielleicht  ist  für  sanat  zu  lesen  servat.  Auffällig  bleibt 
die  Mischung  der  Sprachen  in  einem  und  demselben  Satze 
und  das  nicht  genug  sagende  estrange^  hinter  welchem 
w^ohl  ein  Nomen  verloren  ist. 

37s.  depiga  nache  ist  aus  dem  Zusammenhang  der 
Glosse  unglücklich  herausgenommen;  in  der  Handschrift 
steht  nach  Carpentier  (unter  depiga")  depigis  esrcine  et 
dicitur  depiga  räche ^  zu  lesen  de  piga  nache.  Damit 
stimmt  das  Glossar  von  Lille  14  '^  natis  yiache,  piga  ide7n. 
piga  ist  natürlich  Tiuy»]. 

392.  e.reqvare  aigier.  Für  Letzteres  schlage  ich 
diguer  vor,  das  aus  adcequare  gebildet  ist  und  von  dem 
die  Nebenform  diiccr  in  unserm  Glossare  selbst  vorkommt; 
Carpentier  nämlich  führt  aus  demselben  coeqiia  und 
coecpiare  mit  der  Uebersetzuug  aviement  und  ariver  an, 
was  er  besser  äirement^  a'ivucr  oder  ahrer  würde  gelesen 
haben.     Exequare  diver  sagt  auch  Vocab.  duac.  10'.)*. 

398.  falernum  gnersey.  Das  französische  Wort  Qguersei, 

14* 


212  Adolf  Tobler 

guersoi  und  nach  der  Ableitung  (/ueisseillier  zu  scliliefsen 
auch  guesseil  =  engl,  n-assail)  ist  eine  sonderbare  Ueber- 
setznng  von  falernum.  Zunächst  der  Zuruf  dessen ,  der 
beim  Trünke  es  dem  Genossen  bringt  (s.  die  Stelle  des 
Brut,  welche  Michel  in  seinen  Rapports  S.  244  aus  mehrern 
Handschriften  abgedruckt  hat,  und  welche  die  authentische 
Erklärung  des  Ausdrucks  enthält),  findet  das  Wort  sich  vor- 
zugsweise in  der  Verbindung  hoire  a  guersai  zechen,  so  z.B. 
RRose  13314,  wo  der  nämliche  Michel  die  Insel  Jersey 
hinein  interpretirt;  sodann  bedeutet  es  geradezu  Trunk- 
sucht, wie  z.  B.  in  dem  De  Guerscnj  betitelten  Gedichte, 
welches  Jubinal  zu  Rutebeuf  II  435  abgedruckt  hat.  Die 
von  ihm  ebenda  I  39  vorgebrachte  Deutung  aus  gucre 
und  soi  (  -  so//')  ist  sprachwidrig,  und  Eurguy  hat  schwer- 
lich irgend  welchen  Grund  gehabt,  dieselbe  als  eine  schon 
der  altfranzösischen  Zeit  angehörige  zu  bezeichnen. 

400.  fanum  tcmple  chacel  moutier.  Das  zweite  der 
erklärenden  Wörter  ist  cliancel  zu  lesen;  chancel  bedeutet 
afz.  Chor  der  Kirche  und  abgeschlossener  Betraum,  so 
z.  B.  Tristan  I  4(')  La  part  (de  la  chapele)  que  Ven  daime 
chantel  (schon  Michel  im  Glossar  zu  Tristan  schlägt 
chancel  zu  lesen  voi'),  Fu  asise  sor  un  moncel,  und  Renart 
21298  le  servise  Doit  Ven  dire  a  treit  en  Viglise  Et  fere  le 
mostier  (1.  niestier  Gottesdienst)  moulf  bei;  Ovrez  les 
huis  de  cest  chancel. 

416.  fulcrum  couessin  vel  esponde.  Keines  der  erklä- 
renden Wörter  trifi't  das  Richtige  (Bettstolle);  indessen 
steht  unser  Glossator  mit  seinem  Irrthum  nicht  allein; 
auch  das  ältere  Glossar  von  Tours  übersetzt  S.  329  ful- 
crum mit  culte  Polster,  Matratze,  behält  sich  dagegen 
cussin  zur  Uebersetzung  von  jndvmar  eb.   vor. 

454.  horariu7n  guimple  vel  perhores.  Guimple  ist 
Uebersetzung  von  orarium  Schleier,  der  das  Gesicht 
bedeckt,  wie  denn  nach  Carpentier  unser  Glossar  auch 
orarium  guimple  bietet,  horarium  mit  etymologisch  be- 
gründetem A  ist  das  Horenbuch ,  hores.,  heures;  hores  wird 
also  von  dem  vielleicht  für  pro  eingetretenen  per  abgelöst 
werden  müssen. 

473.  lagenapois  ban'k  Von  dem  zweiten  Worte  wird  s  als 


Zum  Pariser  Glossar  7692.  213 

die  mehrfach,  z.  B.  112,  136,  166  vorkommende  Abkürzung 
von  sive  abzutrennen,  und  jjot  für  jyoi  zu  lesen  sein. 

■  482.  legia  le  trendre  de  Voreille.  Mit  legia  ist  legula 
gemeint,  trendre  in  tendre  zu  ändern,  vgl.  Glossar  von 
Lille  15  ^  legia  tendre  cuir  d''oreille.  Mit  tendron,  das 
die  Sprache  noch  besitzt,  bezeichnet  Walter  von  Bibles- 
worth  145  den  Nasenknorpel:  E  cn/sy  avet  vous  par  resoun 
Dens  7iary8  e  un  tendroim,  dazu  die  Glosse  a  gristel,  jetzt 
gristle. 

487.  ligula  lamere.  Es  ist  zu  lesen  laniere^  w^elches 
auch  neufranzösische  Wort  Carpentier  aus  einem  Glossar 
als  Erklärung  zu  liga  anführt, 

492.  lira  herpe  [an^t  ree.  Hofmann  setzt  hinter  ree 
als  Conjectur  i'oe.  Das  ist  mir  unverständlich;  an  das 
Tonwerkzeug  rote,  das  sein  t  nie  verlieren  kann,  wird  er 
doch  nicht  gedacht  haben.  Mit  herpe,  das  gleich  harpe 
ist  (vgl.  439  perage  für  paragc ,  387  chereste  für  charete, 
246  cherbon  für  charbon  u.  dgl.),  ist  lyra  übersetzt,  mit 
ree  (=  raie,  roie)  dagegen  lira  Furche.  Vgl.  Glossar  von 
Lille  21^  siilcus  roye  de  carue. 

515.  nazarenus  dieu  denois.  Auch  hier  wie  473  scheint 
t  für  ein  i  genommen  zu  sein;  ich  möchte  lesen  dieu 
devots  Gott  ergeben. 

562.  serum  meegue.  Das  von  Roquefort  in  verschie- 
denen Schreibungen  (megue,  maigue,  maisgue,  meigue, 
mesgue),  aber  ohne  Beleg  aufgeführte  Wort  begegnet  öfter 
in  Glossen:  mege  Glosse  zu  serum  in  Alexander  Neckara, 
Jahrb.  VII,  158,  grase  mege  zu  colustru/u  eb. ;  seru  mesge, 
Glossar  von  Tours  330;  auch  in  Palsgraves  Wörterver- 
zeichnifs  begegnet  es  287  und  288  zur  Uebersetzung  von 
wey  oder,   wie  jetzt  geschrieben  wird,  icliey  of  cheese. 

565.  sodes  keles.  Diese  Glosse  und  folgende  zwei  des 
Vocab.duac.  enge  keles  108  und  sodes  kieles  130  geben  wenig- 
stens den  zunächst  erwünschten  Aufschlufs  über  ein  bis- 
weilen vorkommendes,  aber  bisher  noch  nicht  erklärtes 
und  mir  völlig;  unverständlich  gebliebenes  Wort.  Orains  ne 
le  volles  veoir,  Or  n'aves  nul  si  der  avoir.  Moxdt  esteroit 
vostre  anemie,  Qui  vous  en  feroit  departie.  —  Kieles, 
faxt  Blanceflor,  Gloris;  Ja  est  cou  Floires  incs  amis,  Fl.  u.  Bl. 


214  Adolf  Tobler 

2437.  Du  Meril  im  Glossar  seiner  Ausgabe  erklärt  das 
Wort  nicht,  führt  aber  die  Stelle  an:  Desploies  kiel  es 
cel  savoir,  Parton  9074.  Mit  diesem  kdes,  kieles  zeigt 
die  nämliche  Verwendung  und  darf  wohl  identificirt  werden 
cheles.  Cument  che! es  sui  jo  duiic  Deuf  (Numquid  ego 
Dens  sum),  L.  Kois  3(52;  Cument  chieles  quclez  que 
nies  sires  me  enveiast  al  rei?  (numquid  ad  dominum  tuum 
misit  nie  dominus),  eb.  409 j  Cument  chieles  jjottt  dune 
mds  Dens  de  nule  terre  defendre  sun  pa'isf  (quinam  illi 
sunt  in  universis  diis  terrarum,  qui  eruerunt  regionem 
suam)  eb.  410.  Ebenfalls  damit  gleichbedeutend  und 
höchst  wahrscheinlich  nah  verwandt  ist  chueles.  iV'^  trovai 
consoil  en  nelui,  Ne  nH  trovai  qui  nie  de'ist  De  vos  chose 
qui  me  seist  ^  Cur  il  rCen  savoient  noveles.  —  Et  mes  sire 
Gauvains  ckaeles,  Li  frans,  li  dolz^  ou  ert  il  donquesf 
Chev.  au  Lyon  3690;  D'Erec  li  demande  noveles.  Dites 
moi,  fait  ele^  chaeles^  Savez  vos^  quant  Erec  inendraf 
Erec  1192.  Saint  Sepulcre,  escria;  feres  avant  chaelel 
Jerus.  8372;  Ce  dist  la  danie:  sire  Renier,  chaielles,  Por 
Deu  voz  proi,  le  gloriouz  celestre,  Ceste  parole  ne  soit 
ja  descouverte,  Jourdain  d.  Blaiv.  501.  Ueber  den  Ur- 
sprung des  Wortes  oder  der  Wörter  habe  ich  nicht  einmal 
eine  Vermuthung  auszusprechen. 

568.  spatiari  esbaliei.  Vermuthlich  esbanei[er'\.  Dafs 
das  lateinische  Wort  im  Sinne  von  it.  spazzare  mit  dem 
Besen  kehren,  das  allerdings  mit  demselben  nah  verwandt 
ist,  genommen  und  dafs  esbalaier  zu  lesen  sei,  ist  mir 
unwahrscheinlich;  denn  was  unser  Glossar  an  die  Spitze 
stellt,  pflegt  nicht  lateinisch  eingekleidetes  Romanisch 
zu  sein. 

573.  strabo  toiidout.  Dazu  ist  zu  halten  hie  strabo, 
nis  id.  est  turlusc  im  Glossar  von  Tours  329.  Tortus  und 
lusciis^  deren  Jedes  für  sich  schon  romanische  Ueber- 
setzung  von  strabo  sein  kann  {aincois  que  il  encoreust 
le  dit  perill,  il  avoit  les  ieuz  droiz  et  Max,  et  apres  il 
les  a  toz  jors  eii  louches  et  tors,  Kec.  des  Hist.  des 
Gaules  xx,  144,  e)  treten  zu  einem  mit  dem  einfachen 
luscus  gleichbedeutenden  Compositum  zusammen.  Man 
kann  damit  das  gleichbedeutende,  italienisch  mundartlich 


Zum  Pariser  Glossar  7G92.  215 

vorkommende  berhisco  vergleichen,  dessen  erster  Bestand- 
theil  ber  aus  lat.  bis  zu  dem  zweiten  ebenfalls  nichts 
hinzubringt,  was  in  diesem  nicht  bereits  läge.  Die  pleo- 
nastischen  Zusammensetzungen  cormoran,  loup-c/arou  ver- 
einigen Elemente  verschiedener  Sprachen;  dagegen  ver- 
bindet Synonyma  der  nämlichen  Sprache  it.  giravolta^ 
gewissermafsen  auch  span.  tartainudo ;  vielleicht  auch  afz. 
arvout  (arc-voute). 

582.  terebintus  bououl.  Bool ,  ein  von  Carpentier 
unter  bolum  nachgewiesenes  Wort,  heilst  sonst  Birke  und 
ist  die  noch  nicht  durch  das  Diminutivsuffix  r/,  eau 
erweiterte,  aus  betulla  regelrecht,  blofs  mit  der  bei  Baum- 
namen gewöhnlichen  Aenderung  des  Geschlechts  hervor- 
gegangene Form.  Wie  mag  bool  aber  dazu  kommen, 
terebinthus  zu  übersetzen? 

611.  viinea  i'ionet  vel  osiere.  Vionet  ist  in  vi7nei  zu 
ändern.  Die  ßenedictiner  zu  Du  Gange  unter  vinnis 
weisen  vimoi  Weidengebiisch  nach,  ebenso  das  gleich- 
bedeutende vismiere  unter  vismeria. 

612.  visquiamKS  queuele  druckt  auch  Carpentier  ohne 
Erklärung  ab.  Auch  hier  ist  wie  in  einem  früher  (227) 
besprochenen  Falle  nach  vorangegangener  Entstellung 
das  lateinische  Wort  an  einer  Stelle  der  alphabetischen 
Folge  untergebracht  worden,  die  es  vor  seiner  Verunstal- 
tung nicht  hätte  einnehmen  können;  visquicimus  ist  falsch 
gelesen  für  iiisquicamts  d.  h.  Iiyoscijaymis  (uocxua.ao^  „Sau- 
bohne") Bilsenkraut,  noch  nfz.  jtisqniame.  Ueber  das 
altfranzösische  Wort  gibt  erwünschten  Aufschlufs  das 
Glossar  von  Tours,  zuerst  S.  327  jusquiamuvi  chenilee 
und  sodann  noch  befriedigender  S.  .'^30,  wo  wir  zugleich 
die  Herkunft  des  Wortes  kennen  lernen,  jusquiamns 
caniculafii  clienelie.  Es  ist  also  chenilliee  die  im  alt- 
französischen Wörterbuch  voranzustellende  Form.  S.  auch 
Glossar  von  Glasgow  \h~i^  jiisquiamus  clieinlee  (\.  chenilee) 
und  Harleyan  Gloss.  bei  Wright  141"  chenille  (1.  clienillee^ 
hcnnebone  (jetzt  heu-bane^. 

616.  urna  treue.  Letzteres  ist  mir  unbekannt;  ich  erinnere 
blofs  daran,  dafs  eine  Glosse  zu  catiuas  (1.  cafiiws)  bei  Adam 
Parvipont.  lautet  gates  (d.  h.jattes),  item  freie,  Jahrb. VIII, 87. 


2lß  Adolf  Tobler,  zum  Pariser  Glossar  7692. 

Die  Schwierigkeiten  des  von  Hofmann  gegebenen 
Auszugs  sind  mit  Vorstehendem  noch  lange  nicht  alle 
gehoben;  auch  hier  ist  ja  gar  nicht  immer  mit  Sicherheit 
erklärt,  sondern  oft  nur  vermuthet  oder  gefragt  worden. 
Möge  auch  weiterhin  die  Aufmerksamkeit  der  Fachgenossen 
sich  der  wichtigen  Sammlung  zuwenden,  und  Andern  ge- 
lingen verständlich  zu  machen,  was  mir  dunkel  geblie- 
ben ist. 

Berlin,  im  Juni  1871- 

Adolf  Tobler. 


Es  mindert  die  Wahrscheiulicbkeit  meiner  zu  473  ausgesproche- 
neu Vermuthung,  es  sei  pot  s  für  pois  zu  lesen,  keineswegs,  dafs  auch 
im  Vocab.  duac.  118  **  zu  lesen  steht  lagena  pois  volages;  der  franz. 
Ausdruck  gehört  hier  wohl  als  synonymer  Zusatz  zu  dem  jouene  barba, 
womit  in  der  vorangehenden  Zeile  lanugo  übersetzt  wird.  Pois  (poils) 
volages  halte  ich  für  gleichbedeutend  mit  nfz.  poils  follets. 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Heali  di  Francia.  217 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia 
Reali  di  Francia. 


(Fortsetzung.) 


Cap«.  43. 
Chome  lo  ducha  Astolfo  torno  in  canpo  e  disse  che 
temeva  che  Orllando  non  facesse  tradimento  che  Iseres 
lo  presentava  e  chome  dopo  molti  ragionamenti  vene 
novelle  ch'  era  stata  volta  vettovaglia  e  poi  ordino  d'a- 
veme  per  mare  e  di  poi  si  chonsiglio  di  conbattere  e 
chosi  si  dette  ordine.     Cap°. 

Cap°.  44. 
Chome  Avello  Chapitano  che  aveva  avuto  Fufficio 
di  chondusciere  el  legniame  per  isdegno  ordino  partirsi  di 
champo  e  fue  palesato  a  Charllo  ed  egli  mando  Salomone 
alla  porta  dove  dovieno  passare  segretamente  per  fargli 
tagliare  a  pezi.     Cap°. 

Cap°.  45. 
Chome  Charllo  chiamo  Ggaaltieri  e  disse  che  Sar- 
racini  andavono  a  Nobile  e  ch'  egli  andasse  la  notte  a 
ritenergli  sprovveduti  e  chome  egli  ando  e  trovo  Sala- 
mone  e  feciono  battaglia  e  furono  quasi  chetti  morti  e 
dus  Namo  s'adiro  chon  Charllo  ed  egli  disse  ch'  erano 
traditori  e  Salamone  si  schuso  che  non  gli  chonosceva. 

Cap".  46. 
Chome  lo  re  Charllo  fe  di  poi  dare  ordine  di  fare 
le  chastella  e  chome  furono  fatte  presto  e  chome  vollono 
dare  una  battaglia  e  chome  le  chastella  furono  arse  de 
rre  Mazarigi  [e]  chome  ebe  gran  vettoria  Yseres  e  torno 
drento  chon  gran  festa  in  Panpalona.     Cap"". 


218  H.  Michelaut 

Cap\  47. 
Gliome  Cliarllo  gli  paive  avere  grande  dauuo  deiie 
chastella  arse  e  i'ece  di  eco  chonsiglio  e  chome  iiiia  spia  gli 
disse  che  Marsilio  mandava  un  sochorso  in  Panpalona  c 
chome  Orllando  ando  loro  incontro  a  pigliare  e  passi  c 
Saracini  presono  el  poggio  di  Igna  a  Orllando  e  poi  dette 
loro  grande  noja.     Cap". 

Cap".  48. 
Chome  Falseroue  vide  preso  el  poggio  ordino  bat- 
taglia  che  fue  pericolosa  e  Orllando  maado  per  sochorso 
e  di  poi  furono  perchossi  Christiaui  e  fuggirono  Orllando 
andone  per  ima  vaja  e  fu  per  perire  e  dipo  venne  Sala- 
mone  in  lloro  aiuto  e  poi  Charllo  e  piue  e  Saracini  en- 
trarono  in  Panpalona  chon  grande  festa  e  poi  feciono 
chonsiglio. 

Cap  V  49. 

Chome  lo  re  Grandonio  chonsiglio  d'andare  in  Francia 
e  chome  Argalia  chonsiglio  di  no  e  chome  Falserone 
anch'  egli  chonsiglio  di  no  e  disse  piu  tosto  d'assalire  el 
chanpo  e  feciono  le  stiere. 

Cap".  50. 

Chome  la  gguardia  del  chanpo  senti  che  nella  terra 
si  mettevono  a  ordine  e  venne  a  Charllo  e  disse  gli 
ogni  chosa  ch'  aveva  sentito  e  Charllo  fece  armare  tutta 
la  gente  e  ordino  le  stiere  e  usci  fuori  s'apicho  la  bat- 
taglia  e  Andiomagi  amazo  a  Ouardo  di  Brettagnia  e  poi 
tutte  le  stiere  entrarono  in  battaglia  facendo  da  ogni 
parte  grande  danno  di  morti. 

Cap".  51. 

Chome  essendo  la  battaglia  grande  da  ogni  parte 
Grandonio  schontro  Ghanio  di  Magganza  e  feciono  cholpo 
insieme  e  chome  Charllo  entro  in  battaglia  veggendo  e 
sua  Christiani  fnggire  e  vinceva  la  battaglia  e  chome  a 
Orllando  venne  una  spia  che  disse  che  nella  citta  di 
Nobile  non  v'  era  persona  e  chome  si  potrebbe  pigliare  e 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  219 

Orllando   dopo   molte    dispute   si    parti   di    canpo   per  aii- 
dare  alla  citta  di  Nobile  per  pigliarla. 

Cap°.  52. 
Chome  torna  a  dire  di  Charllo  ch'  era  in  battaglia 
essendo  in  gran  vittoria  e  avendo  veduto  partire  Orllando 
con  tutti  e  sua  e  chol  quanti  eri  tutti  e  Christiani  si 
misono  in  rotta  e  Charllo  uon  pote\  a  sapere  la  chagioue 
e  voleva  ritenere  la  gente  che  mando  Orllando  traditore 
se  no  che  Iddio  fu  in  loro  aiuto  in  piu  chonti  e  C'hris- 
tiani  erono  tutti  schonfitti  e  morti. 

Cap".  53. 
Chome  torna  la  storia  d'Orllando  che  giunsono 
presso  alla  citta  di  Nobile  e  ordino  che  la  genta  fosse 
cheta  e  giunsono  a  uno  borggo  di  case  e  quivi  feciono 
parllamento  insieme  allo  poco  ne  dette  ordine  di  pigliare 
la  Terza  chome  presono  le  tre  porte  en  una  citta  per 
chonsiglio  el  signore  che  mandasse  per  soccorso  loro. 

Cap°.  54. 

Chome  Filidusse  si  mosse  e  trovo  e  Christiani  uella 
terra  e  chome  Orllando  non  poteva  audare  per  forza  in 
piazza  e  chome  ando  bando  di  fare  la  Terza  a  sacho  e 
chome  non  lue  osteso  dalle  chase  e  chome  Astolfo  prese 
la  piaza  e  chome  Orllando  prese  la  Terza  e  Filidus  si 
voleva  schordare  e  volono  fare  inbasciadore. 

Cap".  55. 
Chome    Angiolino   rispose   a   quello  ch'  era  stato  do- 
mandato    e   chome   disse   che    l'aveva    fidato    e    chome   si 
volevono   fare    Christiani    e   chome    Orllando   a  tutti  per- 
dono  e  fecionsi  Christiani. 

Cap".  5G. 
Chome  Orllando  mando  el  bando  che  chi  non  si 
battezzasse  e  chome  Stabil!  si  doleva  d'Orllando  chome 
gli  aveva  lasciati  rubare  e  chome  gli  chontento  tutti  chol 
tesoro  di  Nau  e  chome  Ulcieri  volle  sapere  la  nazione 
di  Filidus  e  saputola  Ulcieri  lo  fece  signiere  di  Nobile  e 


I 


220  H.  Michelant 

Orllando  lo  richonfermo  e  tutti  e  cittadini  ne  furono  lieti 
e  chontenti, 

Cap°.  57. 
Chome  sonava  ad  arme  che  tornava  la  gente  di  No- 
bile ch'  era  andata  a  Panpalone  e  chome  Orlando  fece 
di  sua  le  stiere  per  diffendersi  da  loro  e  chome  gli  Sar- 
racini  s'avidoDO  che  ll'era  perduta  la  citta  e  molto  se  ne 
dolse  Sonichauo  re  e  Christiaui  che  uscivono  fuori  e 
chome  la  battaglia  si  chomincio  e  Filidus  amazo  uno  suo 
aversario. 

Cap°.  58. 

Chome  el  Danese  entro  in  battaglia  facendo  grande 
danno  a  Saracini  e  chosi  poi  entro  in  battaglia  Solichauo 
re  choUa  sua  stiera  faccendo  grande  danno  a  Christiani. 

Cap°.  59. 
Chome  Orllando  facceva  grandi  fatti  e  nessuno  lo 
voleva  aspettare  e  chome  Andernasse  lo  feri  a  tradimento 
e  Orllando  amazo  lui  e  sul  cbanpo  lo  volle  vendicare  e 
Orllando  Tamazzo  e  chome  poi  messi  i  rrotta  tutti  e  Sa- 
racini e  Fildus  fue  portato  alla  citta  e  fue  medicato. 

Cap°.  60. 
Chome  Orllando  avuta  la  vettoria  torno  nella  terra 
e  fe  medichare  tutti  e  feriti  Fildus  Astolfo  e  Ggerardo 
da  Rrossiglione  e  poi  mando  el  bando  che  perdonava  a 
tutte  le  chastella  a  chi  si  battezzava  a  Senti  Joanis  e 
chome  s'arende  li  chastella  e  battezati. 

Cap^  Gl. 
Chome  Orllando  lascio  buona  gguardia  a  Nobile  e 
ordi  partirsi  e  venire  inverso  Panpalona  chon  molta 
roba  e  sua  dagniata  e  vettovaglia  pel  chanpo  e  inanzi  a 
Rigi  sentendo  di  Nobile  n'  ebe  grande  dolore  e  molto 
fece  armare  la  terra  per  sospetto. 

Cap°.  62.  ' 
Chome  Charllo  senti  che   Orllando  tornava  da  No- 
bile e  voleva  farlo  morire  e  armossi  lui  e  la  sua  gguardia 
e  gli  chonestabili  nollo  no  vollono  fare   morire   e  chome 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di   Fnincia.  221 

molti  signiori  dissono  a  Orlando  che  non  andasse  a 
Charllo  per  IIa  offensione  fatta  del  parlare  e  lui  vi  volle 
andare  e  andogli  inanzi. 

Cap°.  63. 
Chome  Orllando  giunto  inanzi  a  Charllo  lo  saluto  e 
chiesegli  e  dono  della  sua  partita  e  chome  Charllo  gli 
diede  uno  pugno  in  su  el  viso  e  gli  disse  villania  e 
chome  Orllando  volle  dare  a  Charllo  ma  pure  si  parti 
di  canpo  e  chavalcho  via. 

Cap°.  64. 
Chome  Orllando  si  parti  poi  ch'  ehe  avuta  la  ciaffata 
per  andare  fra  Saracini  e  molto  si  doleva  de  chonpagni 
ch'  egli  lasciava  e  chome  Charllo  si  doleva  ch'  egli  parve 
d'avere  fatto  male  e  chome  tutti  e  dodici  paladini  choUa 
loro  gente  s'armorono  e  xx.  "^^  vi.  c°  e  andarono  a  pa- 
diglione  di  Charllo  tutti  armati. 

Cap°.  65. 
Chome  xii.  paladini  furono  dinanzi  a  Charllo  e  Astolfo 
gli  disse  villania   e  di  poi   parllo  Ulivieri  in  ajuto  d'Or- 
Ilando  e  di  poi  parllo  el  Danese  in  ajuto  d'Orllando. 

Cap°.  66. 
Chome   lo   re   Salomone   fece   una  bella  vocazione   e 
diceria  che  tutti  se  umigliorono  e  mutorono  openione. 

Cap^  67. 
Chome  Charllo  fece  a  baroni  una  bella  diceria  per 
modo  ch'  egli  muto  di  pensieri  e  rafermono  Tanpresa 
della  Spagnia  e  chome  Charllo  fece  Ulivieri  chapitano  de 
XX.  m^.  VI.  c-'.  e  di  xii.  paladini  e  di  tutto  l'oste  chapi- 
tano generale. 

Cap°.  68. 
Chome  Orllando  poi  che  si  parti  da  Charllo  chamino 
tre   di  senza  troppo  mangiare  e  arrivo  a  una  bella  fönte 
e   di  poi  vino  alla   marina   e  quivi  fe   battaglia  e  monto 
in  suu  una  nave. 


222  H.  Michelant 

Cap".  69. 
Chome  Orlando  eiitrato  in  nave  el  padrone  gli  disse 
al  La  Mech   si  faceva  guerra  ed  egli  disse  volere  andare 
la   e    cliosi   per   molto    arrivo   dove   si  faceva  ggnerra  nel 
chanpo  del  soldano. 

Cap°.  70. 
Chome  lascia  di  parlare  d'Orllando  e  torna  a  par- 
llare  dell'  Archaliffa  el  soldano  e  Machidante  e  furono 
tutti  a  parlamento  ella  fanciulla  lo  rifiuto  che  voleva 
servire  a  Diana  loro  idia  e  Marchidante  giuro  di  fare  la 
terza  e  chome  Pilagi  disse  al  soldano  che  a  chorpo  si 
che  volea  provare  e  chome  in  questo  Orllando  giunse  a 
padiglione  inanzi  al  soldano. 

Cap°.  71. 

Chome  Horllando  giunto  al  soldano  da  Mech  gli  fece 
una  bella  proposta  da  parte  di  Marsiglio  el  soldano  lo 
fece  honorare  e  chome  el  soldano  propose  ajutare  Mar- 
silio  e  Marchidante  non  volle  e  chome  Piliagi  prese  la 
fanciulla  per  farla  ardere  e  Orllando  si  levo  in  piedi  e 
disse  che  non  era  ragione  e  che  1  voleva  provare  per 
forza  d'arme. 

Cap°.  72. 

Chome  fue  molto  lodato  el  parlare  d'Orllando  e  a 
tutte  piachque  e  chome  Pilagi  l'ebe  molto  per  male  e 
disse  villania  a  Orllando  e  Orllando  a  lui  e  poi  lo  dis- 
fido  a  chorpo  a  chorpo  e  dopo  molto  parlare  fermarono 
battaglia  per  l'altra  mattina  e  ogniuno  torno  nella  citta 
e  a  Orllando  fue  fatto  grandissimo  honore. 

Cap«.  73. 
Chome  lo  Soldano  fece  parllamento  che  dubitava 
che  Orllando  non  perdesse  la  battaglia  e  pure  s'achordo 
chonbatesse  e  chome  Machidante  ragiono  di  pigliare 
achordo  chol  Soldano  e  Pilagi  non  volle  e  di  poi  Or- 
llando molto  ragiono  la  notte  chon  Sansonetto  della  bat- 
taglia. 


Titoli  dei   Cnpitoli   della  Stnria  Reali   di  Franoia.  99^ 

('ap".  74. 
Chome  el  soldano  ando  alla  chamera  del  chonte  ür- 
llando  e  chome  Orllando  tutto  s'armo  e  chome  in  piazza 
fue  chonosciuto  da  uno  buflPone  e  apalesollo  e  nollo  volle 
chredere  ella  fanciulla  preggava  Machone  per  lui  e  Or- 
lando si  rapresento  al  chanpo. 

Cap*».  75. 
r'home  torna  la  storia  a  Piliagi  che  s'armo  e  ando 
al  chanpo  chontro  Orllando;  saliitaronsi  di  diverse  parole 
e  ciascuno  prese  del  chanpo  e  cosi  i  dua  canpi  si  mira- 
vigliavono  da  ogni  parte  si  faceva  prieghi  e  poi  dua 
s'imporno  le  lancie  a  dosso  e  molto  si  maraviglio  el  sol- 
dano e  a  Machidante  e  di  poi  e  dua  parlarono  molto  in- 
sieme. 

Cap".  76. 
Chome   e  dua  chavalieri  l'Amostante  e  Orlando  s'in- 
chominciarono   graude   battaglia  el  soldano  aveva  grande 
paura  e  Machidante   per  paura  del  suo  nipote  si  pentiva 
della  inpresa  ch'  aveva  fatta. 

Cap°.  77. 
Chome  TAmostante   e  Orllando   si  tenevano    vitupe- 
rati    cheir  uno   durava  tanto  assalto   e   chome   nel   canpo 
fue  di  diversi  parlare  dall'  una  parte  o  dall'  altra  e  chosi 
fra  Orllando  e  l'Amostante  assai  parlarono. 

Cap''.  78. 

Chome  lascia  e  dua  chonbattendo  e  dice  de  bufFone 
che  un'  altra  volta  disse  al  Soldano  che  egli  era  Orllando 
e  l'Amostante  si  maraviglio  che  egli  era  scieso  a  piedi 
e  dopo  molto  parlare  schongiuro  Orllando  che  gli  dicessi 
chi  egli  era. 

Cap°.  79. 

Chome  rOrllando  fue  richongiurato  ü;li  disse  suo 
nome  e  Orllando  gli  lo  disse  e  a  l'Amostante  gli  entro 
paura  e  penso  di  volere  fuggire  e  dette  uno  graude 
cholpo  al  chonte  Orllando  e  chacciossi  a  fuggire  via. 


224  H.  Michelant 

Cap^  80. 
Chome  Orllando  richorse  drieto  all'  Amostante  e 
giunsolo  e  chon  pcchi  l'amazo  e  levossi  nel  chanpo  grande 
lamento  el  Soldano  n'  ebe  grande  allegrezza  e  Orllando 
ringrazio  Idio  el  Soldano  fue  richiesto  dalloro  Archalijffo 
al  suo  padiglione  e  disse  per  molte  ragioni  facessino 
pace  e  Machidante  e  llevo  chanpo  e  andone  in  suo  paese. 

Cap".  81. 
Chome  lascia  el  dire  di  Machidante  e  delF  Archa- 
liffo  che  torno  in  suo  paese  e  fue  nella  terra  fatto  a 
Orllando  grande  honore  el  chonte  Orllando  fue  fatto 
chapitano  di  tutta  Persia  e  goveruatore  di  tutta  la  Persia 
e  poi  rifiuto  tutti  e  presenti  che  gli  fecciono  e  citta- 
dini. 

Cap°.  82. 
Chome  stettono  in  festa  a  quattro  mesi  e  Orllando 
in  questo  tenpo  a  Sansonetto  cholpi  di  fatti  d'arme  e 
grande  bene  si  volevono  e  di  poi  venne  una  spia  e  disse 
che  Machidante  raggunava  assai  gente  e  chonsigliossi 
chon  Orllando  e  ordinoro  di  provedere  alla  difensione 
del  soldano. 

Cap°.  83. 
Chome  el  chonte  ando  riveggendo  e  paesi  ed  ebbe  del 
tesoro  da  una  terra  che  v'  era  una  buona  usanza  e  soldo 
XX.  m^  chavalieri  di  fiorite  gente. 

Cap°.  84. 
Chome    Orllando    poi    che    ebbe    visitati    e    paesi   si 
torno  inverso   a  Mech  el  soldano  gli  fece  grande  honore 
e    sbigottivasi    della    pocha    gente    ch'  aveva    ordinata    e 
Orllando  lo  chonforte  e  stie  chontento. 

Capo.  85. 
Chome  Horllando  trascielse  fralla  gente  del  soldano 
XXX.  m^  dei  piu  fioriti  e  una  spia  venne  al  dire  d'  una 
raggunata  di  Machidante  e  fue  richiesto  tutti  quegli  or- 
dinati  e  chome  venne  spie  che  Machidante  veniva  e 
quegli    del    soldano    avevono   paura  ch'  erono   250.  m*.  e 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francis.  225 

quegli  era  viii.  c°.  migliaia   pella  quäle  cosa  Orllando  si 
levo  ritto. 

Cap^  86. 
Chome   Orllando    fece    una  bella  diceria    a    tutti    gli 
chonforto   e   ordinorono   di  fornire  di  vettovaglia  la  terra 
el    chanpo   e  Sansoneto  fue  fatto  chavaliere  e  poi  giunse 
iu  chanpo  el  grande  Archalifia. 

Cap''.  87. 
Chome  torna  a  parllare  di  Charlo  che  poi  che 
Orllando  si  parti  e  mando  molte  spie  cerchando  di  lui 
una  arrivo  nella  Mech  e  richonobbe  Orllando  e  fecionsi 
gran  festa  e  chome  a  spia  disse  che  Machidante  era 
presso  e  chome  Orllando  nel  chonsiglio  lo  schonforto  e 
di  poi  mando  geute  al  porto  e  tutte  le  donne  ch'  erano 
in  chanpo  mando  nella  terra. 

Cap°.  88. 

Chome  Grandonio  ch'  era  al  porto  vide  1'  armata  e 
non  voleva  lasciarla  smontare  e  t'e  battaglia  e  per  molti- 
tudine  si  parti  e  chaccio  foco  nel  porto  e  si  torno  in 
chanpo  e  mettendosi  in  punto  e  Orllando  fece  stiere  e 
stessino  in  punto. 

Cap°.  89. 

Chome  torna  a  dire  di  Machidante  che  smonto  delle 
navi  e  fece  una  bella  diceria  e  fe  chapitano  Pulinoro  e 
chome  a  Machidante  fue  detto  ch'  egli  era  uscito  a  chanpo 
el  soldano  e  molto  sene  maraviglio  e  di  poi  Polinoro  fece 
9  stiere  e  Orllando  messe  la  sua  a  ordine. 

Cap°.  90. 
Chome  s'  apicho  la  battaglia  e  fue  morti  quatro  e 
principali  della  stiera  di  Machidante  e  messo  ir  rotta  dua 
prime  stiere  e  Orllando  muto  le  stiere  messe  la  terza  in 
battaglia  e  ruppe  la  terza  de  Saracini  e  rinfrescho  la 
prima. 

Cap°.  91. 
Chome    le    due     stiere     si    rinfrescavono     lodavono 
molto  Orllando  e  chome  chonbattendo  chon  inimici  pareva 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  2.  ^^ 


226  ^^-  Miohelaiit 

loro   avere  el  torto   e  4  stiere    di  Machidante   perdevano 
molto  chanpo  e  fugironsi  di  chanpo. 

Cap°.  92. 

Chome  vene  la  settima  stiera  e  fue  grande  battaglia 
e  Llionagi  amazo  e  re  Abilante  e  poi  fue  grande  battaglia 
perche  Tiirchonio  venne  alla  battaglia  e  fece  cholpo  chon 
Orllando. 

Cap°.  93. 

Chome  Nestor  vegendo  molti  de  suoi  morire  chomin- 
cio  cholle  saette  avelenate  e  amazo  Brochardo  e  amazo 
el  chavallo  sotto  a  Orllando  e  rimase  a  piede  perpure  fu 
rimesso  a  chavallo  e  ando  pclla  quinta  stiera  e  sochorse 
el  chanpo  e  Sansonetto  fu  abattuto  da  Nestor  e  poi  lo 
portava  a  Machidante. 

Cap°.  94. 

Chome  fue  detto  a  Lionagi  che  Nestor  ne  portava 
Sansonetto  el  lui  gli  chorse  drieto  e  amazzollo  e  poi  tor- 
narono  inverso  el  chanpo  e  feciono  grande  battaglia 
sopra  la  gente  di  Machidante. 

Cap°.  95. 
Chome  si  sparse  la  novella  per  Uo  chanpo  di  Marchi- 
dante  che  Nestor  gguigante  era  morto  e  Pulinoro  sene 
dolse  e  venne  cholla  sua  stiera  alla  battaglia  e  chome 
Orllando  faceva  rinfrescare  le  stiere  di  mano  i  mano  e 
Saracini  erono  tutti  sbigottiti  per  IIa  forza  dello  assumato 
e  Llionigi  misse  tutte  le  cinque  stiere  in  battaglia. 

Cap".  96. 
Chome  Polinoro  era  in  chanpo  c  forte  chonbattendo 
abatte  Sansonetto  e  poi  lo  voleva  fare  morire  e  Orllando 
lo  sochorse  e  amazzo  Folichanoro  e  di  poi  Pulinoro  lo 
feri  per  chosta  a  tradimento  e  rifecirono  cholpo  di  lancia 
e  poi  d'  achordo  andarono  a  chonbattere  fuori  di  bat- 
taglia. 

Cap°.  97. 

Chome  lo  re  Pulinoro  usci  di  chanpo  chon  Orlando 
a  fare  battaglia   e   Orlando  T  amazo   e  poi  mando  a  dire 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  227 

al  soldano  chel  chanpo  era  rotto  e  poi  a  baiidiera  spie- 
gata  si  messono  inverso  la  marina  per  trovare  Machi- 
dante. 

C  ap".  98. 
Chome    a    Machidante    fue   detto     che    Pulinoro    era 
morto   nollo  poteva  chredere  e  fugli  detto  di  vero  allora 
per  paura  monto  in  mare  e  fuggissi. 

Cap°.  99. 
Cbome  I^ionagi  e  gli  altri  rubarono  tiitti  e  padiglioni 
poi  che  Machidante  fue  schonfitto  ello  soldano  ebe  grande 
allegrezza  e  per  fare  honore  a  Lionagi  gli  porto  la  spada 
inanzi  mentre  che  mandavano  alla  terra. 

Cap^  100. 
Chome  torna  a  Machidante  che  pella  via  gli  fue  detto 
che  IIa  Soria  si  ribellava  e  llui  si  voleva  amazare  e  rre 
Charadosso  lo  chonforto  e  chome  audo  a  Gierusalem  che 
v'  era  uno  suo  nipote  e  chollui  si  dolse  della  rotta  e 
chome  poi  dopo  molti  parlari  per  fare  Vendetta  ragionoro 
di  torre  TiVfiiimato  al  loro  soldo. 

Cap°.  101. 
Chome  torna  la  storia  al  soldano  che  portava  inanzi 
a  Orllando  la  spada  e  chon  grande  chalcha  entrarono 
nella  terra  e  andarono  al  tempio  a  ringraziare  gli  dei  e 
poi  mandarono  al  palagio  e  poi  1'  altro  di  fece  nettare 
la  chanpagnia  di  morti,  divise  tutto  el  tesoro  che  ogniuno 
avesse  la  sua  parte. 

Cap".  102. 
Chome   Lionagi   spartito   ch'  ebe   el  tesoro    tutti    gli 
uomini   gli  volevano   bene   e   dopo  molto   honore   el  sol- 
dano  gli  voleva   dare    la  figliuola   jjer  moglie  e  llui  disse 
che  voleva  sempre  prima  la  gguerra  di  Machidante. 

Cap«.  103. 
Chome  Lionagi   mando   uno   bände   che  tutti  e  cha- 
valieri    uscissono    fuori    al    chanpo    e    tutti    chon   grande 
ardire    per    disfare    Machidante    e    chome    trovorono  che 

15* 


228  ^^-  Michelant 

Soria  s'  era  libellata  e  andarono  apporre  chanpo  a  Gie- 
rusalem  e  Machidante  ne  chavo  tutte  le  boche  disutole 
e  chome  mando  el  bando  Christiani  si  rigguardassino. 

Cap°.  104. 
Chome  lascia  la  storia  del  chanpo  ch'  era  a  Gieru- 
salem  e  ttorna  a  Charllo  che  poi  che  Orllando  si  parti 
lo  re  Mazarigi  mando  a  Marsilio  per  sochorso  ed  ebbe 
LXXX,  m^.  di  Saracmi  e  di  poi  Charllo  ragguno  el  chon- 
siglio  e  ogniuno  disse  suo  parere  e  ordinarono  che  üli- 
vieri  portasse  1'  iusegna  d'Orllando  e  chapitano  de  Pala- 
dini  e  ordino  le  stiere. 

Cap".  105. 
Chomo  lo  romore  del  chanpo  di  Charllo  fue  sentito 
di  drento  e  chome  ordinorono  le  stiere  e  chome  Charllo 
fue  el  primo  feritore  e  amazo  e  re  Tarquino  e  dopo  molta 
grandc  battaglia  da  ogni  parte  Charllo  fece  intrare  la 
5'^.  stiera  in  battaglia. 


ö 


Cap".  106. 
Chome  lo  re  Charllo  avendo  el  maggiore  della  bat- 
taglia sciese  Ulivieri  chosi  chol  quartieri  d'Orllando  e 
oro  e  fiamma  e  gli  Christiani  chredettono  che  fusse 
Ürllando  e  chosi  chredettono  e  Saracini  e  ando  in  bat- 
taglia. 

Cap°.  107. 
Chome   e   Saracini   si  feciono   grande  meraviglia  che 
Orllando   fusse   tornato  e  chome  gitto  molti  in  terra  Uli- 
vieri  e   per   questo   e   Saracini   spantarono   assai    e    pella 
forza  d' Ulivieri  si  misono  i  rrotta  e  Saracini  e  pure  dice- 
vono  le    stiere    che  Orllando   non  era  in  chanpo  e  poi  e 
Saracini  per  paura  rientrarouo  nella  terra  e  llo  re  Charllo 
a  sera  chiamo  el  chonsigiio. 

Cap".  108. 
Chome   ßaliggante    e  gli  altri  ritornati  feciono  chon- 
sigiio   e   dissono   ch'  erono   stati  ingannati   ma    perche    la 
vettovaglia  mancherebbe  si  voleva  lasciare  la  terra  fornita 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  229 

dl   gente    e    loro   poi   la    notte   tiitti   s'  ando    chon    Dio   in 
Yspagnia. 

Cap°.  109. 
Chome  lo  re  Charllo  propose  inanzi  a  baroni  la  pu- 
tazione  che  si  faceva  d'OrUando  e  quello  che  allora  pareva 
da  fare  poi  che  none  v'  era ,  tutti  dissono  chel  chanpo 
stessi  saldo  e  che  di  lui  si  cerchasse  e  Charllo  la  mattina 
notificho  chome  e  Pagani  s'  erono  fuggiti  e  di  poi  fue 
sgombetta  di  morti  la  piauura. 

Cap°.  HO. 
Chome  lo   re  Charllo   mando   Ansuigi  a  cerchare  del 
ehonte  Orlando   e    chome  Uggone   veggendo  partito  An- 
suigi chiese  licenza  a  Charllo  e  torno  in  sua  terra. 

Cap''.  111. 
Chome  Taltro  fratello  Uggone  cerchando  d'Orllando 
e  arrivo  a  Chonstantinopoli  e  1'  enperadore  gli  fece  grande 
honore  e  poi  lo  mando  a  Gierusaleme  e  per  la  via  trovo 
Ansuigi  suo  fratello. 

Cap^  112. 

Chome  Uggone  e  Ansuigi  dissono  1'  uno  all'  altro  la 
partita  e  poi  ch'  erono  presso  a  nimici  feciono  le  stiere 
e  feciono  battaglia  e  richonfissono  e  nimici  ed  entrorono 
in  ßettaliem  e  fue  fatto  loro  grande  festa  e  Orllando 
sene  maraviglio. 

Cap°.  113.^ 

Chome  lo  re  Marchidante  si  chonsiglio  di  torre  as- 
suo  soldo  Uggone  e  Ansuigi  e  chome  andarono  a  Gieru- 
salem  ed  ebono  la  meta  della  terra  e  Ansuigi  si  messe 
in  sulla  torre  una  bandiera  a  quartieri,  ma  nou  cliome 
quella  d'Orllando. 

Cap".  114. 
Chome  li  Christiani  uscirono  di  Gierusalem  e  assa- 
lirono  el  chanpo  del  soldano  e  mori  xv.  m^.  o  piu  del 
soldano  e  Uggone  chonbatte  chon  Sansonetto  e  furono 
spartiti  e  Christiani  ritornarono  drcnto  e  Machidante  gli 
presento  di  richi  doni. 


230  H.   Michelant 

Cap°.  115. 
Chome  Sansoneto  lodo  a  Lionagi  molto  Uggone  e 
Orllando  si  maraviglio  e  disse  che  chome  uscissino  fuori 
chonbatterebbe  chollui  e  di  poi  Uggone  volle  uscire  fuori 
e  trovo  Orlando  e  parlarono  insieme  e  Uggone  chi 
egli  era. 

Cap°.  116. 
Chome    Uggone    nel    chonbattere    chon    Orllando    lo 
chonobbe  e   fecionsi  festa  e  dopo    molto    chonbattere    si 
toruo  drento  alla  terra  e  Orlando  a  padiglioni. 

Cap°.  117. 
Chome  quegli  del  soldano  ritorno  al  padiglione  e 
Orlando  disse  a  Taverigi  chi  erono  e  Christiani  di  drento 
e  che  voleva  ch'  egli  andasse  drento  chon  una  inbasciata 
e  chosi  Uggone  disse  ad  Ansuigi  ch'  aveva  ritrovato 
Orllando.  Chome  Taverigi  fece  F  anbasciata  e  rritorno 
a  Orllando  e  Orllando  ordino  x.  m^  alloro  bisogne  e 
sochorso  e  chome  Machidante  si  disposo  a  tradire  gli 
dua  Christiani  per  sospetto  di  loro. 

Cap°.  118. 
Chome  Machidante   ordino   ch'  avessi  a    chominciare 
la  zuffa  del  tradimento  e  Avilante  ando  al  palazzo  d'  An- 
suigi e  chome  lo  presono  prigione  e  poi  feciono  le  stiere 
e  apichorono  la  zuffa  ad  uno  grande  pezzo. 

Cap°.  119. 

Chome  essendo  giorno  s'  era  ridotta  in  piazza  la  bat- 
taglia  e  Ansuigi  amazo  Machidante  e  chome  poi  presono 
la  terra  e  mesono  la  chroce  in  sulle  mura  el  soldano 
veggendo  questo  ragguno  el  chonsiglio  e  disse  loro  sopra 
quello  chaso. 

Cap".  120. 

Chome  el  soldano  fece  una  bella  diceria  de  Christiani^ 
avevono  presa  Gierusalem  e  chome  ando  drento  inbascia- 
dore  Sansonetto  e  Ttaverigi  e  lue  fatto  loro  grande 
honore  e  poi  la  mattina  tornarono  al  soldano  cholla 
risposta  e.  ragguno  el  chonsiglio. 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  231 

Cap".  121. 

Chome  detto  Orllando  fece  bella  diceria  e  in  lui  fue 
riinesso  ogni  chosa  e  che  andassi  drento  aUa  terra  fer- 
mare  e  patti  e  Taverigi  tolse  molti  giojegli  e  portogli 
drento  e  Orllando  fue  da  tutti  e  Christiaui  richonosciuto 
6  poi  drento  fece  grande  parllaraento  chon  Ansuigi  e  di 
poi  Sansonetto  chiese  el  battesmo. 

Cap°.  J22. 

Chome  Orllando  battezo  Sansonetto  e  poi  lo  mando 
inbasciadore  al  soldano  pello  achordo  e  che  Gierusalem 
fusse  de  Christiani  e  molti  parlari  fue  traUui  e  Orllando 
di  molte  chose. 

Cap^  123. 

Chome  poi  Orllando  chavo  da  prigione  Aquilante  e 
manifestogK  el  nome  e  Aquilante  prese  el  battesimo  e 
mandorono  pello  patriarcha  in  Bettaliera. 

Cap°.  124. 
Chome  Sansonetto  fece  bella  diceria  e  chome  disse 
chel  balio  di  spia  era  Orllando  e  chonsigliolo  di  lasciare 
Gierusaleme  a  Christiani  e  chome  lo  soldano  venne  a 
fermare  e  patti  e  diede  licenza  a  Sansotto  e  ritorno  fuori 
allevare  chanpo. 

Cap''.  125. 
Chome  Orlando  fece  Ansuigi  signiore  di  Gierusalem 
e  poi  si  partirono   per  tornare  in  Francia  e  entrorono  i 
mare  e  poi  smontati  al  passare  d'  uno  fiume  Aquilante  fu 
per  annegare. 

Capo.  126. 
Chome  lo  romito  dette  loro  tre  pani  da  mangiare  e 
chome  lo  romito  gli  chonobe  e  chome  disse  che  morebbe 
e  dove  lo  sotterrassino  e  andassino  presto  in  Spagnia  e 
chome  Sansonetto  disse  che  Christo  era  el  vero  Idio  e 
quivi  stettono  tutta  notte. 

Cap°.  127. 
Chome  la   mattina  lo   romito   disse    la    messa   e   poi 
mori  e  Orlando  lo  sotterro  e  partiti  che  furono  spari  via 


232  '  H.  Michelant 

lo  romitorio  e  parve  loro  gran  miracolo  e  poi  venendo 
inverso  Panpalona  si  posono  a  una  fönte  che  vedevono 
V  oste  di  Charllo  e  uno  chavaliere  gli  chonobe  e  ando  a 
portare  la  novella  a  Charllo. 

Cap°.  128. 

Chome    in  questo  tempo   Charllo   aveva  raggunati   e 

signiori  di  chanpo  per   chonfortargli  perche    assai  se  ne 

voleva  partire  si  che   dopo   molti  ragionamenti  e  parllari 

di  sui  signiori  si  riprofersono  pareche  di  restare  a  chanpo. 

Cap°.  129. 
Chome  venne  Rricieri   e   disse   a   Charllo   che   aveva 
veduto  Orllando   e  Charllo   nollo   chredette  e  minacciollo 
di  morte  e  andorono   tutto  el  chanpo  a  vederllo  e  Sala- 
mone  lo  vene  a  dire  a  Charllo. 

Cap°.  130. 
Chome  in  questo  mezo  il  chonte  Orllando  fece  una 
grande  festa  a  tutti  e  paladini  e  fue  di  diversi  parllari 
d'  allegrezza  e  chome  Charllo  gli  venne  inchontro  e 
abacciollo  chon  grande  festa  e  volle  le  inchoronare  della 
sua  e  poi  di  Spagnia  e  andarono  al  padiglione  e  chome 
quegli  di  Panpalona  s'  armarono  per  vedere  quello  che 
era  che  Christiani  erano  in  allegrezza. 

H.  Michelant. 

(Schlufs  folgt.) 


Zu  Romnlus.  233 


Zu  Romulus. 

Herr  Dr.  Ed.  Mall  hat  in  seiner  Besprechung  meiner 
Romulus -Ausgabe  (Jahrb.  XII,  1,  S.  18)  verschiedene  Fragen 
ausgesprochen,  die  ich  wohl  als  an  mich  gerichtet  betrachten 
kann,  und  die  ich  daher  nach  Kräften  beantworten  will,  so- 
weit es  zur  Förderung  der  Sache  dienlich  erscheint.  Herr 
Mall  vermifst  zunächst  (S.  20,  Note)  eine  eingehende  Unter- 
suchung des  Verhältnisses  der  beiden  ältesten  Romulus -Hand- 
schriften, Cod.  Burn.  (A)  und  Divion.  (B)  zu  einander.  Ich 
habe  eine  solche  nicht  gegeben,  weil  ich  sie  für  überflüfsig 
hielt,  weil  nach  meiner  Ueberzeugung  die  unter  dem  Texte 
gegebenen  Varianten  den  völlig  erschöpfenden  Beweis  liefern, 
dafs  B  aus  A  geflofsen  ist,  wie  die  auf  einer  einzelnen  Seite 
(80)  vorkommenden  gemeinsamen  Fehler  schon  zur  Genüge 
bezeugen:  3,  ferens]  non  ferens;  10,  Fatorum]  Factorum: 
13,  ritus]  leere  Stelle;  14,  gruis]  grauis;  17,  uero  queris] 
loqueris.  Herr  Mall  ist  ferner  nicht  der  Erste  gewesen,  der 
an  die  Identität  beider  Handschriften  gedacht  hat;  sie  ist  in 
dem  Cataloge  der  Burney  -  Manuscripte  bereits  als  abgemachte 
Thatsache  hingestellt.  Der  Gedanke  lag  bei  jeder  nicht  äufserst 
ge-wäfsenhaften  Prüfung  sehr  nahe,  bei  der  Üngenauigkeit  des 
Schwabe'schen  Abdruckes  erschien  die  Congruenz  beider  Texte 
schlagend,  das  Alter  stimmte  wenigstens  einigermafsen,  die 
ungewöhnliche  Gröfse  des  Formats  gab  einen  weiteren  Ver- 
dachtsgrund an  die  Hand,  und  es  war  sehr  wohl  möglich, 
dafs  der  Plinius,  welcher  in  Gudens  Vorlage  dem  Romulus 
folgte,  abgebunden  und  in  anderen  Besitz  übergegangen  war. 
Nicht  möglich  aber  war  es,  dafs  Gude ,  als  er  den  Romulus 
mit  diplomatischer  Genauigkeit  copirte,  die  Stücke  übersehen 
haben  sollte,  die  zwischen  seiner  Vorlage  und  dem  Plinius 
standen.  In  dem  erwähnten  Cataloge  wird  der  Cod.  59  fol- 
gendermafsen  beschrieben :  Codex  membranaceus  in  folio 
majori  pp.  20,  sec.  fortassis  XI,  quondam,  ut  liquet  ex 
coUatione  editionis  Gudianae,  monachorum  Benedictinorum  Di- 
vionensium. 

1.     Romuli  Fabularum  Aesopiarum  libri  quatuor  p.  2. 


234  Hermann  Oesterley 

2.  Propositiones  quinquaginta  tres  aiithmeticae  p.  12. 

3.  Praedictarum  solutiones  propositionum  p.  15. 

4.  Propositiones  tres  de  numero  mente  concepto  p.  19- 
(5.)     In  fine  enigma  quoddam. 

Der  Mangel  der  Stücke  2  —  5  im  Divionensis  und  die 
durch  meine  Vergleichung  ans  Licht  gestellte  Verschiedenheit 
beider  Texte  im  Einzelnen  lafsen  jenen  Gedanken  einer  Iden- 
tität also  nicht  ferner  zu.  Ob  IV,  14  puer  im  Apogr.  Gud. 
fehlt  und  IV,  22  alligaverit  statt  alligauerat  liest,  wie  es  nach 
Lessings  Abdruck  dieser  beiden  Stücke  scheint,  kann  ich  nicht 
feststellen,  da  der  Codex  nicht  in  meinen  Händen  ist;  aber 
erstens  war  Lessing  eben  so  wenig  unfehlbar  wie  ich  oder  ein 
anderer  Mensch,  und  zweitens  habe  ich  meine  Arbeit  auf  der 
Festung  vollenden  müfsen,  ohne  jeden  litterarischen  Apparat, 
wodurch  auch  einige  andere  von  Herrn  Mall  mit  vollem 
Rechte  hervorgehobene  Mängel  Entschuldigung  finden  mögen. 
Anderes  aber  mufs  ich  entschieden  abweisen;  scorpulus  für 
scorpius  ist  augenfällig  nur  eine  Verstellung  des  Setzers  und 
Lessings  crculi  für  cyculi  ist  einfach  falsch.  A  und  B  haben 
gleicher  Weise  cyculi,  nur  geht  das  y  in  Beiden  nach  Art 
des  heutigen  grofsen  Y  nicht  unter  die  Linie  hinab  und  wird 
dadurch  einem  r  sehr  ähnlich.  Gude  hat  dieses  y  wie  in 
allen  übrigen  Zweifelfällen  genau  nachgemalt,  und  Lessing 
würde,  hätte  ihm  eine  entsprechende  Type  zu  Gebote  gestan- 
den, cyculi  geschrieben,  oder  wenn  es  ihm  auf  diplomatische 
Genauigkeit  angekommen  wäre,  das  Erforderliche  in  einer 
Note  bemerkt  haben,  hätte  er  aber  die  richtige  Lesart  erkannt, 
so  hätte  er  tytuli  (orig.   cyculi)   schreiben  müfsen. 

Das  bescheidene  Verdienst,  durch  die  Auffindung  und  Ver- 
öffentlichung der  ältesten  Handschrift  des  Romulus  diesem  den 
ihm  gebührenden  Platz  in  der  Litteraturgeschichte  angewiesen 
und  zugleich  über  die  Stellung  der  Marie  de  France  und  zweier 
niederdeutschen  Dichter  das  erste  Licht  verbreitet  zu  haben, 
wird  Herr  Mall  mir  nicht  schmälern  können,  wenn  es  ihm 
auch  schmerzlich  gewesen  sein  mag,  die  von  ihm  „längst 
vorbereiteten"  Entdeckungen  von  einem  Fremden  gemacht  zu 
sehen.  Die  Ausnutzung  der  zu  meinem  Anhange  verwertheten 
Göttinger  Handschrift  mufste  dem  Herausgeber  der  Marie  de 
France  allerdings  sehr  wünschenswerth  sein ,  aber  ich  konnte 
doch   von  seinen  Privatstudien   keine  Kenntnis  haben  und  ich 


Zu  Romulus  2oö 

konnte  den  zweiten,  lediglich  secundären  Theil  meiner  Arbeit 
nicht  in  so  erschöpfender  Weise  behandeln  wie  den  ersten, 
da  ich  nicht  Marie  de  France  herausgeben  wollte,  sondern 
Romulus.  So  begnügte  ich  mich  mit  Einer  Handschrift  als 
dem  Repräsentanten  einer  weitverbreiteten  Gruppe,  über  deren 
Verbreitung  namentlich  Zambrini's  Aesop  werthvollen  Auf- 
schlufs  bietet,  während  der  Bearbeiter  Mariens  deren  allerdings 
mehrere  bedarf.  Für  diesen,  oder  für  Herrn  Wiggert,  der 
seit  langer  Zeit  mit  der  Herausgabe  Gerhards  von  Minden 
beschäftigt  ist,  wäre  eine  erschöpfende  Veröffentlichung  oder 
mindestens  Ausnutzung  der  lateinischen  Vorlage  eine  geeignete 
und  äufserst  dankbare  Aufgabe  und  ich  will  einiges  Material 
dazu  beitragen.  Zunächst  durch  die  Beantwortung  einiger 
Fragen  des  Herrn  Mall.  No.  6  des  Göttinger  Codex  (G)  wird 
nicht  zweimal  erzählt,  wie  bei  B,  L  und  Marie;  G  enthält 
nach  No.  58  die  No.  59  von  B  (Wölfin)  nicht.  Der  ver- 
meintliche Anfang  von  No.  122  steht  in  G  allerdings  zwischen 
No.  56  und  57,  gehört  aber  gar  nicht  zu  122,  sondern  ist 
einfach  der  Schlufs  der  Moralisation  von  Nr.  56.  Ferner  aber 
kann  ich  Herrn  Mall  eine  neue  Handschrift  des  lateinischen 
Textes  zur  Verfügung  stellen.  Dieselbe  zeigt  das  bei  No.  6 
und  58  von  G  vermuthete,  aber  dort  nicht  vorhandene  und 
weicht  sonst  noch  im  Folgenden  von  diesem  Codex  ab.  No.  36 
fehlt,  No.  69  steht  nach  62,  No.  72  fehlt,  No.  87  nach  84, 
Alles  was  von  Nr.  98  bis  121  im  neuen  Codex  enthalten  ist, 
steht  nach  No.  134  (dem  Ende  von  G),  so  dafs  Cap.  121  den 
Schlufs  bildet,  und  es  fehlen  endlich  noch  Cap.  97,  103,  104, 
106-108,  110—113,  115  —  119,  123,  129,  130  und  133. 
Dieser  Codex  scheint  also  der  Vorlage  Gerhards  von  Minden 
am  nächsten  zu  stehen. 

Dr.  Hermann  Oesterley. 


236  Miscellen. 


Miscellen. 
1. 

Zu  den  Socados  de  Oro. 

Das  arabische  Original  der  Bocados  de  Oro  ist  nicht, 
wie  X,  144  vermuthet  wird,  das  in  einer  leider  mehrfach 
verstümmelten  Handschrift  in  München  und  in  der  einigemal 
gedruckten  hebräischen  Uebersetzung  des  Charizi  erhaltene 
Werk  des  Hunain  ihn  Ishäq  (Joannitius) :  Navädir  alßläsifat. 
Merkwürdige  Aussprüche  der  \_alten]  Philosophen^  aus  welchem 
allerdings  die  X,  137  erwähnten,  in  das  Gedicht  des  Juan 
Lorenzo  gerathenen  Alexanderbriefe  und  die  X,  309.  326  fg. 
excerpirten  Anhänge  der  Codices  der  Poridad  stammen  ^), 
sondern  das  um  1050  verfafste  Buch  des  ägyptischen  Arztes 
Mubashshir  ihn  Fätik  Mukhtär  alhikam,  Auswahl  der  Weisheits- 
sprüche, das  sich,  doch  auch  nicht  ohne  Lücken,  handschrift- 
lich in  Leiden  (Catal.  III,  342)  befindet.  Einer  ausführlichen 
Nachweisung  der  Identität,  die  jedem,  der  beide  Werke  ver- 
gleichen kann,  in  die  Augen  springt,  wird  es  nicht  bedürfen  j 
schon  die  Vergleichung  der  Capitelüberschriften  X,  132  mit 
den  im  Leidener  Catalog  gegebenen  wird  daran  nicht  zweifeln 
lassen,  und  sie  wird  auch  aus  den  gleich  zu  gebenden  Proben 
erhellen.  Natürlich  fällt  damit  die  Vermuthung  (X,  140),  der 
Verfasser  sei  Christ  gewesen,  und  andererseits  Avird  bestätigt, 
dafs  die  in  spanischen  Handschriften  vorangeschickte  Einleitung 
ein  fremder  Zusatz  ist. 

Die  lateinische  Uebersetzung,  von  der  oben  der  Londoner 
Codex  Arund.  123  benutzt  ist,  ist  bereits  aus  dem  Pariser 
Cod.  6069  (statt  dessen  der  Cod.  6652  einen  viel  bessern 
Text  dargeboten    haben    würde)   unter   dem  Titel  Liber  philo- 


1)  Nur  ein  Beispiel  zur  Erläuterung.  Der  Ausspruch  der  Frau 
X,  312  lautet  cod.  Mon.  f.  103^:  Es  sprach  Rushanq,  die  Tochter  des 
Darius^  sein  Weib:  Dieser  Tod  ist  gerecht,  Gewicht  für  Geicicht,  Masar 
für  Mass;  ich  glaubte  nicht,  dass  der  Mörder  des  Darius  besiegt  tcerden 
würde.  Die  Verderbnisse  der  Namen  in  Eurapica  und  Adaramis  oder 
Odorcanis  geben  eine  Probe  von  der  Verkleidung,  in  der  arabische 
Personen  in  diesen  Uebersetzuugen  auftreten,  ähnlich  sind  aber  schon  die 
griechischen  Namen  bei  den  Arabern  vielfach  unkenntlich  geworden. 


Miscellen.  237 

sophorwn  moralhim.  angeblich  von  Joannes  von  Procida  aus 
dem  Griechischen  übersetzt,  in  einem  fabelhaft  elenden  Ab- 
drucke bekannt  gemacht  in  Salvat.  de  Renzi  Collectio  Saler- 
nitana  III,   Nap.   1854.  8.  p.  68—150. 

Rücksichtlich  des  Verhältnisses  zwischen  dem  spanischen 
und  lateinischen  Text  ist  XI,  387  aus  einzelnen  kleinen  Ver- 
schiedenheiten gefolgert  worden ,  dafs  beide  unmittelbare  von 
einander  unabhängige  Uebersetzungen  des  Originals  seien. 
Diese  Beweise  reichen  nicht  aus;  sie  gründen  sich  meist  auf 
schlechte  Lesarten  in  der  überhaupt  sehr  nachlässigen  Ueber- 
lieferung.  Im  Gegentheil  zeigt  sich  dem  Original  gegenüber 
gerade  in  Kleinigkeiten  eine  solche  Uebereinstimmung,  dafs 
beide  nur  eine  und  dieselbe  Uebersetzung  darstellen  können. 
Zunächst  ergiebt  sich  dies  schon  aus  der  beiden  gemeinsamen 
A^erderbnifs  der  Eigennamen,  die  durch  das  Fehlen  der  die 
arabischen  Consonanten  unterscheidenden  Puncte  in  der  Ori- 
ginalhandschrift veranlafst  ist.  Asklepios  ist  spanisch  zu 
Catalquius,  lateinisch  zu  Zacalquius  oder  Caqualquius  (t  und  c 
in  lateinischer  Schrift  verwechselt)  geworden,  Zenon  beider- 
■wärts  zu  Rabion  (Renzi  hat  Fabion),  Loqman  spanisch  zu 
Leogenin,  im  ms.  Ar.  und  bei  Renzi  zu  Loginon,  und  es  ist  nicht 
wohl  anzunehmen,  dafs  verschiedene  üebersetzer  auf  dieselbe 
Entstellung  gerathen  seien.  Gleiches  gilt  von  "Wortfehlern, 
z.  B.  von  den  beiden  anstofsig  befundenen  xVusdrücken  XI, 
390.  Wenn  gesagt  wird,  Aristoteles  sei  spazieren  gegangen 
por  los  campos  e  por  los  rios.  per  campos  et  rivos  (ebenso 
Renzi  III),  so  hat  das  Original  cod.  Leid.  63^^  durch  die 
Ebenen  und  längs  der  Flüsse  und  der  Zufall  der  Auslassung 
dieses  Wortes  müfste  sich  wiederholt  haben.  Das  arabische 
84^:  gieb  uns  zurück  unsere  Seelen  und  begnadige  uns,  können 
unmöglich  zwei  verschiedene  üebersetzer  durch  danos  nuestros 
cuerpos^  indulgeas  corporibus  nostris  (woraus  bei  Renzi  120 
cordibus  geworden  ist)  wieder  gegeben  haben. 

Die  Stellen,  in  denen  XI,  388  Anzeichen  einer  Doppel- 
übersetzung gefunden  werden,  lassen  sich  unschwer  erledigen. 
In  der  ersten,  deren  arabischer  Text  fehlt,  ist  vitta  illos,  weit 
entfernt,  dem  sus  carrillos  gegenüber  richtiger  zu  sein,  da 
Renzi's  Handschrift  p.  89  ma.villas  bietet,  einfach  Verderbnifs 
aus  diesem  Wort.  Die  zweite  ist  für  das  Verhältnifs  der  Texte 
besonders  instructiv.    Das  lateinische:  Post  Jiaec  fuii  Alexander 


238  Miscellen. 

dominus  terrae  et  lucratus  villas  multas  pervenü  ad  quandam 
quae  dicitur  Qiiela  wird  für  offenbar  richtiger  erklärt,  als  das 
allerdings  sonderbar  aussehende:  Desi  Alixandre  fue  al  monte 
e  (jano  muchas  villa,'!,  despues  fue  a  una  villa  que  es  dicha 
Quela.  Im  Original  steht  So*":  Darauf  brach  er  auf  nach  devi 
Gebirge  und  eroberte  darin  viele  Städte,  nahm  eine  Anzahl 
ihrer  Einwohner  in  Sold  und  sie  folgten  ihm;  darauf  brach  er 
auf  zum  Berg  Tuvds  (vielleicht  Taurus  nach  Pseudo-Callisth. 
ed.  Müller  I,  43),  dann  zur  Stadt  Pila  (hierin  hat  sich  die 
Lesart  der  Handschriften  des  Pseudo-Call.  I,  44  de.  rrjv  tc^jXtjV 
erhalten;  ein  zugesetzter  Punct  macht  in  der  arabischen  Schrift 
qila  daraus).  Das  Gebirge  oder  das  Land  der  Berge  ist  im 
Arabischen  stehender  Landesuame  für  das  alte  Medien;  dafs 
es  hier  so  gemeint  sei,  zeigt  das  Wort  darin  und  der  Umstand, 
dafs  Alexander  vorher  nach  Adserbeidschan  gekommen  ist; 
der  Uebersetzer  hat  dies  nicht  begriffen,  sondern  buchstäblich 
wiedergegeben,  uud  sein  nunmehr  unverständlicher  Ausdruck  al 
monte  ward  im  Lateinischen  theils  nach  Gutdünken  geändert, 
theils,  wie  in  Renzi's  Text  p.  121:  Post  hoc  processit  Alexander 
et  lucratus  est  villas  multas  et  veniens  vel  perveniens  ad  villam, 
quae  dicitur  Quille  — ,  ausgelassen.  Die  gleichmäfsige  Ver- 
kürzung des  Originals  zeigt  hier  noch  besonders  die  Identität 
der  Uebersetzungen.  In  der  nächsten  Stelle  ist  accenditur 
vielmehr  Fehler  für  attenditur  oder  wohl  attendit ;  bei  Renzi 
p.  114  steht  intendit.  Im  Leidener  Codex  fehlt  der  Spruch; 
französisch  übersetzt  findet  er  sich  aus  einer  andern  Quelle,  die 
ihn  aus  Mubashshir  citirt,  im  Journ.  Asiat.  1856.  VIII,  345: 
Quiconque  poursuit  ou  recherche  instamment  les  defauts  Caches 
de  ses  amis  intimes  rCexercera  jamais  Vautorite.  Wefshalb  in 
der  vierten  Stelle  Pues  levantate  etc.  dem  Lateinischen  der 
Vorzug  gegeben  wird,  ist  nicht  deutlich;  das  Arabische  lautet 
85"^:  Steh  auf  dich  nicht  beschwerend  über  das  Vergangene, 
und  gräme  dich  nicht  beim  Eintritt  des  Mifsgeschicks,  denn  In- 
haber des  Wohlstandes  und  Königthums  ertragen  Mifsgeschick 
leichter  als  andere.  Gleiches  gilt  auch  von  dem  Satz  5389: 
Dios  apoderome  etc.,  der  arabisch  86"^  heifst:  Gott  hat  mir 
Macht  gegeben  in  den  Ländern  (das  Wort  ist  eigentlich  Plural 
von  Stadt,  daher  de  las  villas)  und  mich  gesendet  zur  Rache 
an  denen,  die  gegen  ihn  ungläubig  sind  und  ihn  leugnen,  es 
niüfste    denn   die  Auslassung   der  Worte   e   lo   niegan  gemeint 


Miscellen.  239 

sein;    aber  bei  Rrnzi  p.   123  non   credenthim  sihi  et  neganthim 
enm  fehlen  diese  nicht. 

Die  Frage,  ol)  das  Lateinische  aus  dem  Spanischen  über- 
setzt sei  oder  umgekehrt,  ist  nach  dem  bis  jetzt  vorliegenden 
Material  wohl  unbedenklich  zu  Gunsten  der  ersteren  Alterna- 
tive zu  beantworten.  Schon  obige  Stellen  lassen  keinen 
andern  Schlufs  zu.  Nur  so  ist  z.  B.  auch  die  Erscheinung  zu 
erklären,  dafs  zum  Ausdruck  des  s  vor  a  auch  im  Lateini- 
schen c  geschrieben  wird,  wie  in  Caqualquius  X,  143,  und 
darauf  deuten  Worte  wie  maravitiorum  (bei  Renzi  p.  128;  bei 
Mubashshir  steht  Dinare)  oder  riberia  für  Flu/s  (Renzi  p.  133) 
ebenfalls  hin. 

Bonn,  März  1Ö71. 

F.   Gildemeister. 


2. 

Berichtigung    zu  Mahn's    Artikel:    Der  Troubadour  Cercamon 

und  Tobler's  Nachtrag  dazu. 

(Jahrbuch  I,  p.  87  und  212.) 

Mahn  sagte  p.  87  seines  Artikels,  ein  fünftes  Stück  Cer- 
clamon's  Per  fin  amors  ses  enjan,  welches  in  der  Handschrift 
des  Vatican  3208  p.  26  als  von  Pons  de  Capdueil  bezeichnet 
wird,  sei  ihm  unzugänglich.  Tobler,  welcher  sich  damals  gerade 
in  Rom  befand,  liefs  dasselbe  daher  p.  212  abdrucken,  bemerkte 
aber  ausdrücklich,  dal's  der  von  Raynouard  Lex.  Rom.  3,  530 
angeführte  Vers  BelV  e  blanca  plus  c'us  hermis  sich  nicht  darin 
finde,  auch  nach  seiner  Schlufssilbe  gar  nicht  zu  den  Reimen 
passe  —  ganz  abgesehen  davon,  dafs  dieser  Vers  eine  Silbe 
mehr  zähle. 

Es  war  klar,  dafs  hier  ein  Irrthum  vorlag.  Raynouard, 
auf  dessen  Citat  Mahn's  Kenntnifs  des  Liedes  beruhte,  giebt 
übrigens  nur  die  beiden  Worte  Per  fin  als  Gedichtanfang  an 
jener  Stelle  des  Lex.  Rom.  an,  es  lag  also  die  Vermuthung 
nahe,  dafs  der  Anfangsvers  des  Cerclamonschen  Gedichtes  mit 


240  Miscellen. 

dem  oben  citirten  des  Pons  de  Capdueil  einen  ähnlichen  An- 
laut hatte  aber  nicht  mit  ihm  identisch  sei.  Wirklich  findet  sich 
nun  in  der  Modeneser  Handschrift  ein  neues  Gedicht  des 
Cerclamont,  welches  anhebt:  Per  fin  amor  mesjauzira^  und  in 
Mussafia's  Abdruck  desselben:  Sitzungsberichte  der  Wiener  Aka- 
demie LV,  j).  M6,  Z.  7,  sowie  bei  Bartsch  Chr.^  45,  18  steht 
auch  der  von  Raynouard  citirte  Vers.  Wir  haben  also  nach 
wie  vor  nur  5  dem  Cerclamont  zugehörige  Gedichte,  welche 
Zahl  schon  Diez  Leben  und  Werke,  p.  598  angiebt. 

Ich  glaubte  diese  kleine  Berichtigung  den  Lesern  des 
Jahrbuchs  nicht  vorenthalten  zu  sollen,  wie  wohl  sie  sich  auf 
das  leichteste  jeder  selbst  machen  kann  und  dieser  oder  jener 
sie  sich  vielleicht  schon  gemacht  hat.  Es  ist  aber  bekannt, 
wie  gerade  kleinen  Irrthümern  nicht  immer  auf  die  Spur  ge- 
gangen wird  und  durch  ihre  Fortpflanzung  nachher  gewich- 
tigere Ungeuauigkeiten  entstehen. 

Basel,  August  1871. 

Edm.  Stengel. 


Berichtigung. 


Seite  113,   Zeile  2   v.  u.  lies:  „  dafs  refutare,  eigentlich  zurücktreiben, 

vorzüglich"  etc. 


Druck  von  P.  A.  Blockhaus  in  Leipzig, 


Raparius.  241 


R  a  p  a  r  i  ii  s 


Von  dem  Raparius  oder  Rapularius  genannten  Gedichte 
waren  bis  jetzt  drei  Handschriften  bekannt.  Zuerst  das 
StraCsburger  MS.  Johann.  C.  102  (XV.  Jahrb.),  nach 
welchem  Grimms  No.  14(3  der  Kindermärchen  übersetzt 
haben,  und  welches  den  Grimm'schen  Nachweisen  (3,239 
od.  220)  zufolge  unter  der  Ueberschrift  Raparius  3)02  Zeilen 
enthielt.  Es  ist  bei  der  Beschiefsunor  von  Strafsburv  zu 
Grunde  gegangen,  wie  die  übrigen  Handschriften  der 
Bibliothek,  und  ein  zuverläfsiges  Urtheil  über  diese  Re- 
cension  würde  jetzt  unmöglich  sein,  wenn  nicht  die  Brüder 
Grimm  ein  (Vers  321 — 381  unseres  Textes  umfafsendes) 
Bruchstück  derselben  durch  den  Abdruck  gerettet  hätten. 
Eine  zweite  Fafsung  ist  in  dem  Wiener  Codex  13')5  ent- 
halten, welcher  spätestens  aus  dem  Anfange  des  XIV.  Jahr- 
hunderts stammt.  Sie  nimmt  dort  Blatt  78''  bis  80'' 
ein,  zählt  430  Verse  und  trägt  keine  Ueberschrift. 
Grimms  hatten  dieselbe  bereits  erwähnt,  Mone  hat  sie 
Bd.  8,  S.  571  bis  580  seines  Anzeigers  auszugsweise, 
A.  Wolf  in  Pfeiffers  Germania  7,  S.  43  bis  54  vollständig 
abgedruckt,  und  Mussafia  hat  ebenda,  S.  237  bis  239, 
eine  Reihe  von  Abweichungen  in  diesen  beiden  Drucken 
nach  dem  Orio-inale  fest2;estellt  und  berichtiort.  Der  dritte 
Text  ist  in  einer,  früher  Salmansweiler,  jetzt  Heidel- 
berger Handschrift  vom  Jahre  1452  erhalten,  füllt  dort 
die  Blätter  13 — 17  und  umfafst  unter  der  Bezeichnung 
Rapularius  380  Verse;  er  ist  mit  den  vergleichenden 
Auszügen  der  Wiener  Fafsung  von  Mone  im  Anzeiger 
8,  561  bis  570  veröffentlicht,  während  die  Handschrift 
daselbst  3,  161  beschrieben  ist. 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  3.  X6 


242  Hermann  Oesterley 

Ich  habe  in  dem  Göttinger  Codex  theol.  114  (XV.  Jahrh.) 
eine  vierte  Recension  aufgefunden,  die  unter  der  Ueber- 
schrift  „Quedam  pulchra  moi^alisatio  nietrice  coniposita 
contra  superbiam  et  invidiam"  41(5  Zeilen  zählt,  wie  alle 
iibrigcn  Fafsungen  im  elegischen.  Versmal'se. 

Diese  vier  Texte  zeigen  so  uiannigfache  und  tief- 
gehende Abweichungen,  daCs  es  sich  wohl  der  Mühe  ver  ■ 
lohnt,  dieselben  in  einer  kritischen  Bearbeitung  übersicht- 
lich zusammenzustellen.  Ich  habe  daher  die  neue,  noch 
ungedruckte  Fafsung  des  Göttinger  Codex  zu  (i runde 
gelegt  und  bin,  da  es  sich  weniger  um  die  Feststellung 
eines  raustergiiltigen  Wortlautes,  als  um  die  Vergleichung 
der  vorhandenen  Kecensionen  handelte,  für  diesmal  auch 
im  Uebrigen  den  Grundsätzen  der  englischen  Philologen 
gefolgt,  die  ihren  Text  mit  möglichster  Treue  wieder- 
zugeben, die  Auswahl  der  befseren  Lesart  aber  Anderen 
zu  überlafsen  pflegen.  Ich  brauche  in  dieser  Beziehung 
nur  darauf  hinzuweisen,  dafs  jede  der  benutzten  Hand- 
schriften eine  Reihe  vorzüglicher  Varianten  darbietet. 

Als  Resultat  meiner  Vergleichung  ergiebt  sich  in 
Bezug  auf  die  Stellung  der  verschiedenen  Fafsungen  zu 
einander  das  Folgende.  Der  bei  Weitem  ältesten  Wiener 
Handschrift  (A)  gebührt  die  Bedeutung  wenn  nicht  des 
ursprünglichen,  so  doch  des  ältest  erreichbaren  Textes. 
aus  welchem  sich  die  iibrigen  Recensionen  gestaltet 
haben.  Und  zwar  in  sehr  auffallender  Weise.  Das  Ge- 
dicht besteht  bekanntlich  aus  zwei  J'heilen,  von  denen 
der  erste  die  vielfach  auch  selbstständig  auftretende  Ge- 
schichte von  der  grofsen  Rübe,  der  zweite  dagegen  den 
Schwank  vom  Schüler  im  Sacke  erzählt.  Der  Göttinger 
Codex  (C)  steht  im  Allgemeinen  dem  ältesten  Texte  am 
nächsten,  ist  in  der  ersten  Abtheilung  mit  ihm  nahezu 
gleichlautend;,  zeigt  aber  im  zweiten  Theile  eine  durch- 
gehende, vielfiich  als  Umarbeitung  sich  darstellende  Ab- 
weichung. Die  Salmansweiler  Handschrift  (B)  ist  aus 
dem  Texte  von  C  entstanden,  ist  aber  umgekehrt  in 
ihrem  ersten  Theile  völlig  umgearbeitet,  während  sich 
die  zweite  Hälfte  näher  an  ihre  Vorlage  anschliefst,  dabei 


Baparius.  243 

aber  merkwürdiger  Weise  mehrfach  auf  den  Wortlaut 
von  A  zurückgeht,  namentlich  in  der  Berichtigung  von 
metrischen  Fehlern,  welche  in  der  Umarbeitung  des  Göt- 
tinger Textes  stehen  geblieben  w-aren.  Die  Strai'sburger 
Handschrift  (D)  endlich  mufs,  so  weit  sich  aus  der 
Grimm'schen  Bearbeitung  und  dem  erhaltenen  Bruch- 
stücke schiiefsen  läfst,  der  Salmansweiler  Fafsung  sehr 
nahe  gestanden  haben,  zeigt  aber  ebenfalls  mannigfache 
Abweichungen  und  sogar  bedeutende  Erweiterungen. 

Was  den  im  Folgenden  zum  Abdrucke  gebrachten 
Göttinger  Text  speciell  anlangt,  so  zeigt  derselbe,  wie 
bereits  erwähnt,  vielfache  Mängel  rücksichtlich  des  Me- 
trums, sofern  theils  durch  das  Ausfallen,  theils  durch 
das  Stehenbleiben  einzelner  Verse  bald  zwei  Hexameter, 
bald  zwei  Pentameter  einander  unmittelbar  folgen.  Im 
ersten  Theile,  wo  sich  die  Handschrift  eng  an  A  anschliefst, 
habe  ich  die  oflPenbar  ausgefallenen  Zeilen  nach  der  Vor- 
lage ergänzt  (cursiv  gedruckt)  oder  als  fehlend  bezeichnet 
und  dadurch  den  ursprünglichen  Bestand  von  416  Versen 
zu  422  erhöht;  im  zweiten  Theile  dagegen,  wo  diese  Un- 
regelmäfsigkeiten  sich  als  das  Resultat  einer  mangelhaften 
Umarbeitung  herausstellen,  habe  ich  die  überschüfsigen 
Zeilen  stehen  lafsen  müfsen,  die  ja  für  die  Beiirtheilung 
des  Verhältnisses  der  Handschriften  zu  einander  nicht 
ohne  Bedeutung  sind.  Alle  diese  Stellen  (V.  294  —  296, 
V.  316—318,  V.  329  —  332,  V.  342—344,  V.  358,  V.  366— 
367,  V.  370—371,  V.  384  —  385)  sind  in  A  richtig  und 
in  B  berichtigt. 

Die  Schreibung  der  Varianten,  die  in  den  vorliegen- 
den Drucken  theilweise  modernisiert  ist,  habe  ich  der 
meines  Originals  wenigstens  einigermai'sen  angepafst,  um 
gar  zu  schreiende  Discordanz  zu  vermeiden;  über  den 
Inhalt  und  die  Verbreitung  des  Gedichts  brauche  ich  nur 
auf  die  angezogenen  Stellen  bei  Grimm  imd  Mone  so  wie 
auf  Wendunmuth  2,  40  zu  verweisen. 


16' 


244  Hormaiiii  Oesterley 

Fama  fuisse  duos  testatur  frivola  fratres , 

Quos  Ulli  viro  edidit  una  mater. 
Milicie  titulus  hos  insigniverat  ambos 

De   quibus  unus  erat  dives ,  alter  inops. 
5  Militis  officium  cum  nomine  dives  habebat, 

Alter  egestatis  triste  ferebat  onus. 
Ne  tamen  omnino  mendicus  posset  haberi , 

Prochdolor  insolitum  discere  cepit  opus. 
Mollibus  ergo  solum  rastris  modo  cindit  aratri , 
10  Nunc  radicosa  ruga  sepius  longe  vertit, 

Et  patulis  sterilem  sulcis  commendat  avenam 

Utpote  cui  farris  copia  parva  fuit, 
Seminat  et  semen  cuius  sit  rapula  fruetus, 

De  quo  fructificat  immoderata  seges. 
15  Rapula  crevit  ei  reliquis  enormior  una, 

Quo  dici  pleno  nomine  rapa  potest, 
Tam  dilatata  foliis,  tam  corpore  grandis, 

Ut  nemo  penitus   viderit  ante  parem, 
Ipsius  umbra  viris  duodenis  sufficiebat, 
20  Ne  sub  ea  solis  ureret  estus  eos. 


1  frivola]  prodiga  B. 

2  viro  und  mater]  verstellt  A  B ,    uesprünglich  auch  C.  —  mater] 
mnlier  B. 

3  insigniverat]   insignaverat  A. 

4  De]   Ex  A,  E  B.   —    alter]    et  alter  A  B. 

5  habebat]  tenuit  B ;  steht  vor  cum  A  B. 

6  Alter  —  onus]  Ast  alter  questu  paupere  vixit  inops  B. 

7  mendicus  posset]  possit  mendicus  A.     7  — 12   Ne  —  fuit] 

Hie  igitur  rebus  subtractis  desiit  esse 

(fehlt  ein  Vers) 
Ergo  valefaciens  Marti  non  militat  ultra, 

Sed  potius  Cereri ,  proh  pudor,  ipse  vacat. 
Ut  sibi  procuret  misere  dispendia  vitae, 

Villani  more  rura  ligone  serit  B. 

9  Mollibus]  Mollius  A.  —  solum]  corrig.  aus  solus  A.  —  rastris] 
rastro  A.  —  aratri]  arastro  A. 

10  ruga    —    vertit]    manu    rura    ligone   serit    A.    —    vertit]    ver- 
tebat  C. 

12  farris  copia  parva]  parva  copia  farris  A.  —  fuit]  erat  A. 

13  Seminat  et]  Sicque  serit  B.  —  sit]  fit  A  B. 

14  De  —  seges]  Proventumque  capit  seminis  ipse  sui  B. 
16  dici  pleno]  umgestellt  B. 

19 — 20  Ipsius  —  eos]  Ipsaque  tanta  fuit,  qualem  nee  viderat  ante, 
Sed  neque  vidisse  creditur  ullus  homo  B. 


Raparius.  245 

Tarn  fuit  enormis,  ut  pratum   sola  repleret 

V'ixque  boves  traherent  quatuor  istud  onus. 
Ast  pauper  viso  tarn  magni  poudere  fructus 

Obstupet  et  secum  dicere  cepit  ita : 
O  deus  omnipoteus,  celi  terrecjue  creator,  25 

A  quo  conditus  est  primus  et  omnis  homo, 
Qui  celum  sole,  stellis  lunaque  venustas 

Et  qui  multiplici  germiue  pingis  humum , 
Quique  facis  variis  habitabile  piscibus  equor, 

Arbitrio  parent  onusta  creata  tuo;  30 

Absque  tuo  nutu  folium  non  proicit  arbor, 

Nee  sine  te  fructus  giguit  ager  vel  humus , 
Nee  sine  te  crevit  hec  rapula  prodigiosa 

Q«(?  norrnam  vincit  transgrediturque  modum. 
Deprecor,  ut  fructus  hie  sit  mihi  causa  salutis,  35 

Sit  paupertatis  fiuis  opumque   datnr. 


21  ut  pratum]  ut  carrum  A,  quod  currum  B. 

22  Vixque  —  onus]   Et  traherent  poudus  vis  dun    talc  boves  B. 

23  magni]  grandi  A.  —  fructus]  fructu  A. 
23  —  24  Ast  —  ita] 

Rusticus  hac  visa  quasi  portento  stimulatur 

Insoliteque  rei  de  novitate  stupet. 
Dumque  stupet,  dicit:   Non  accidit  hoc  sibi  tantum , 

Nee  tarnen  est  sortis  nuntius  ipse  bone. 
Qui  dum  miratur  quorsum  sors  isla  feratur , 

Indicium  fati  conicit  esse  boui, 
Et  quia  mens  hominum  non  est  presaga  futuri , 

Consurgunt  in  eo  spesque  timorque  simul, 
Sed  cum  sors  dubia  dederit  sperare  timenti, 

Ore  quidem  cauto  se  penes  ista  terit:  B. 
25  —  44  O  deus  —  ad  hec] 

O  deus  omnipotens,  qui  solus  cuncta  creasti, 

Quo  prorsus  tendant  singula,  uosse  potes? 
Quo  sine  uulla  comam  deponere  creditur  arbor, 

Quo  sine  nee  minimum  (orig.  nimium)  posset  ad  ima  lui 
Te  rogo,   summe  deus,  qui  cuncta  creata  gubernas  , 

Ne  solita  prives  me  pietate  tua; 
Quidquid  obesse  potest  remove,  largire  quod  opto, 

Rarus  ut  liic  fructus  sit  mihi  preco  boni ; 
Hactenus  hlc  misere  patior  dispendia  vite, 

Deprecor  ergo  deus  a  modo  certe  vices. 
Hec  cum  dixisset  homo,  quid  videatur  agendum 

Discutit,  ista  sibi  nemine  teste   loquens :  B. 
27  stellis  lunaque]   luua  stellisque   A. 
34  que  —  modum]  fehlt  C. 


246  Hermann  Oesterley 

Si  nichil  in  terra  iubet  esse  deus  sine  causa, 

Hunc  fructum  frustra  non  generavit  humns. 
Hactenus,  heu  domine,  sub  paupertate  fatiscor, 
40  Que  me  coiifundit  degeneremque  facit. 

Magne  deus ,  novi ,  quanto  de  compede  tali 
Me  potes  eripere,  si  tarnen  ipse  voles. 
Ergo  sub  tali  tormento  quid  sit  agendum 
Consulit  nxorem;  protinus  uxor  ad  hec: 
45  Vilis  erit  precii,  si  rapula  veneat  ista, 

Proderit  ymo  minus  ventre  vorata  tuo; 
Expedit,  ut  regi  rarissima  rapula  detur , 
Nam  debent  regi  munera  rara  dari. 
Forsau  eris  rege  multo  ditatus  honore, 
50  Quem  dare  pro  parvis  munera  magna  decet. 

Hoc  placet,  hoc  plane  faciam,  vir  ait  mulieri. 

Utile  propositum  consiliumque  tnum. 
Mox  igitur  carrum  componit  et  ordinat  aptum , 
Applicat  et  carro  quatuor  ipse  boves. 
55  Pondere  sub  tanto  stridens  gemit  axis,  et  ipse 

Id  celer,  ut  regi  munera  rara  ferat. 
Solibus  ergo  tribus  sie  incedens  vir  onustus, 

Ecce  die  quarta  regia  castra  petit. 
Se  presentari  regi  petit ,  impetrat ,  intrat , 
60  Utpote  qni  munus  grande  daturus  erat. 


39  heuj  hunc  C.   —  fatiscor]  fatisco  A. 

41  Magne  —  tali]  fehlt  C.  —  quanto]  quoniam  A. 

42  eripere]  eximere   A. 

43  tormento]  portento  A. 

45  veneat]  venditur  B. 

46  tuo]  meo  B. 

47  —  52  Expedit  —  tuum] 

Hanc  igitur  regi  dabo  rem  tarn  prodigiosam, 
Res  etenim  regem  prodigiosa  decet. 

Se  penes  hie  pauper  homo  dum  deliberat ,  inquit. 
Nil  reor  utilius,  hoc  placet,  hoc  et  agam.  B. 
49  eris]  es  a    A. 

52  propositum  consiliumque]  consilium  propositumque  A, 

53  —  66  Mox   —  ait] 

Accelerans  igitur  currum  parat  ocius  aptum 
Et  super  imponi  tale  iubebat  onus, 

Combinansque  boves  geminos  festinat  ad  aulam , 
Offerat  ut  regi  munera  rara  suo.  B. 

55  Stridens]  stridet  et  A. 

56  Id]  It    A. 

57  Solibus]  Mensibus  A.  —  onustus]  honestus  A. 


Raparius.  247 

IIoo  eteiüm  rcgis  sibi  ciira  sanxit,  ut  omnis, 

Qui  nisi  attiilerit,  stet  foris  ante  fores. 
Non  tarnen  introitiim  negat  illi  sanctio  legum, 

Qui  cum  muneribus  limina  regis  adit. 
Ergo  vir  iste  sui  regis  profectus  ad  aulam,  65 

Qui  coram  rege  stans  reverenter  ait : 
Accipe,  mi  domine,  quoddam  mirabile  munus, 

Quod  solo  regi  iudico  iure  dari. 
Protinus  inspecto  fructu  tarn  ridiculoso: 

Pape,  quid  hoc  monstri,  rex  ait,  esse  potest?  70 

Unde  tibi,  bone  vir.  hec  rapula  prodigiosa, 

Unde  tibi  talis  rapula ,  queso ,  refer. 
Multa  quidem  rara  scio  me  vidisse  frequenter , 
Sed  numquam  vidit  tale  quid  ullus  homo. 
Non  est  fortassis  hec  rapula  filia  terre,  75 

De  celo  pocius  hanc  cecidisse  reor. 
Hec  erit,  ut  video,  tibi  fons  et  origo  salutis , 

Indiciuuique  reor  oininis  esse  boni. 
Die,  aye  simpliciter,  tibi  qui  consanguinei  sunt, 

Queve  tibi  patria,  quod  genitale  solum.  80 


61  regis]  regum  A.  —   cura]  curia  A. 

62  nisi]  nichil  A.  —  attuleritj  adtulerat  A. 

63  Non]  Nee  A.  —  introitum]  interdum  A. 

65  vir]  ubi  A.  —  sui]  suam  A.  —  profectus  ad]  vectatus  in  A. 
67  Accipe  —  aiunusj 

Suscipe,  mi  dominc,  mnnuscula  pauperis  buius, 

Que  iiuUi  potius,  quam  tibi  danda  reor; 
öi  pretiosa  minus  censes,  non  rara  negabis.  B. 

66  Quod  solo  regi]  Et  regi  merito  B.   —  solo]  soli  A.   —    iudico] 
censeo  A.  —  iure]  rara  B. 

69  fructu  tarn  ridiculoso]  tarn  grandi  pondere  fructus  B. 

70  monstri]  monstrum  A. 
71 — 77  Unde  —  salutis] 

Multa  quidem  mira  mc  conspexisse  recordor, 
Sed  nuuquam  talem  vidit  homo  nee  ego ; 
Die,  rogo  die,  unde   fructus  provenerit  iste, 

Unde  tibi  spccies  prodigiosa  nimis? 
Credo  quod  hie  fructus  fiat  tibi  causa  salutis  B. 
7-J  Unde  —  refer]  fehlt  A. 
73  rara]  mira  A. 

78  Indiciumque]  Judiciumque  A.   —   ominis]  omuis  C. 

79  aye]  age  AB.    —    simpliciter  —  sunt]    die,  quis  sis,  que  pro- 
genies  tua,  quodve  B. 

80  Queve  —  solum] 

Officium  teucas,  quo<lvo  tibi  sit  opus? 


24:8  Hermauu  (Jesterley 

Hiisque  peroratis  a  rege  svibiutulit  ille; 

Natus  imperii  sum  dicione  tui, 
Estque  parentela  micLi  uobilis  et  generosa , 
Miles  erat  genitor,  miles  et  ipse  fui. 
85  Testis  adest  miles  gemiue  mihi  nobilitatis , 

Quem  mihi  germanum  fecit  uterque  parens, 
C^ui  quamvia  magnis  opibus  flatuque  tumescat, 

Sed  tamen  haut  fratrem  denegat  esse  meum, 
Hunc  tua  maiestas  primos  habet  inter  amicos , 
90  Vix  est  in  regno  dicior  ullus  eo 

Et  mea  quottidie  sie  me  confundit  egestas, 
Ut  coram  notis  sit  michi  nullus  honor. 
Heu  mihi  quottidie  tantis  cruciatibus  angor, 
üt  sit  uou  parva  vivere  peiia  michi. 
95  Quanta  putas,  domine,  michi  sit  crux  gloria  fratris. 

Dum  me  substernat  indigna  vita  meis. 
Quem  natura  parem  michi  fecerat,  ecce  superbit. 

Et  me  pauperies  rusticitasque  premit. 
i'rochdolor,  experior,  quam  sit  sentencia  yera, 
100  Dives  ubique  placet,  pauper  ubique  iacet. 

Et  dives  frater  regi  placet  et  placet  urbi , 


Regis  humo   verbis  tarn  dulcifluis  animatus 
Illico  responsis  talibus  alter  ait.    B. 

81  —  98  Hiisque  —  premit] 

Sam  pauper  factus,  non  paupere  de  patre  natus, 
De  patre  sum,  domine,  milite  natus  ego, 

Dives  adhuc  superest  frater,  quem  tu  bene  nosti, 
Qui  me  germanum  denegat  esse  suum.  B. 

82  imperii]  in  imperii  A. 
85  gemine  mihi]  germen  C. 

87  magnis  opibus]  opibus  multis  A.  —  flatuque]  flastuque  A. 

88  denegat]  se  regat  A. 

90  dicior  ullus]  umgestellt  B  C. 

91  quottidie]  continua  A. 
93  Heu]  Et  A. 

95  michi  sit  crux]  quod  est  mihi   A. 

96  Dum]  Cum  A.  —  indigna]  indiga  A. 
98  Et  me]  Ast  me  A. 

101  Et  dives]  Ecce  mens  A. 
101  — 113  Et  dives  —  presens] 

Frater  enim  mens  ipse  tibi  placet,  placet  ubique, 

Fredicat  et  pompa  non  mediocris  cum. 
Heu  paupertatis  iaceo  sub  fece  sepultus 

Et  titulo  careo  nobilitatis  ego. 
Vulgus  enim  census  pluris  quam  nobilitatem 
Estimat ,  idcirco  pauper  ubique  iacct. 


Raparius.  249 

Heu  michi ,  me  miserum  displicet  esse  soluiu. 
Cum  me  desererent  et  opes  et  copia  reruui , 

Deposui  gladium  milicieque  iocum , 
Et  modo  pro  gladio  manus  utitur  isto  ligone,  105 

Ut  fodiam  propria  rura  ligone  meo ; 
Hostes  qui  quondam  gladio  terrere  solebam , 

Nunc  stimulis  pungo  posteriore  boum; 
Qui  quondam  sevi  tractare  negocia  belli, 

Nunc  pauper  propria  semino  rura  manu.  110 

Rusticolo  more  miseram  sie  transeo  vitam, 

Inde  michi  victus ,  vestis  et  inde  michi , 
Inde  michi,  domine,  quam  cernis,  rapula  presens, 

Quam  nunquam  vidit  sive  videbit  homo. 
Et  quia  magna  decent  magnos  pro  munere  magno,         115 

Hoc  volui,  princeps  maxime,  ferre  tibi. 
Illico  privatas  aperiri  rex  iubet  archas, 


Materno  dum  me  gremio  natura  beavit , 

Tunc  ego  et  crasso  nomine  miles  eram, 
Cum  mihi  fortuna  spondebat  prosperitatem , 

Florebam  rebus  nee  probitate  minus; 
Ast  ubi  crudelem  mihi  se  natura  novercam 

Exbibuit,  cnnctas  precipitavit  opes; 
Ex  tunc  milicie  quasi  factus  iuutilis,  esse 

Contemtus  cepi  rusticitate  mea. 
Ah,  quis  pauperior  est  paupere  milite?  nemo; 

Nosse  potest  miles,  quid  patiatur  inops. 
Idcirco  tibi,  rex,  non  milito,  rebus  ademtis, 

Sed  cogor  potius  rusticitate  frui. 
Nunc  enira  aratro  rura  sero ,  nunc  scindo  ligone, 

Ut  quamvis  tenuem  det  labor  iste  stipem. 
Inde  mihi  fructus  presentis  maxima  moles    B. 

105  isto]  ista  A. 

106  ligone]  labore  A. 

107  gladio  terrere]  cunctos  terere  A. 
109  sevi]  studui  A. 

111  Rusticulo]  Rusticule  A.   —  transeo]  transigo  A. 

114  quam  nunquam]  qualem  non  A  B. 

115  Et]  Ast  B. 

116  Hocl  Hec  A.  -     Hoc  volui  prineeps]  Me  decet  id  regum  13 

117  —  144  Illico  —  onus] 

Auribas  hec  regis  pariter  dum  dixerit  ille , 

Dcmulcet  blando  rex  pius  ore  virum: 
Hoc  tameu  accepto  muuus  carum  quoque  rarum , 

Et  grates  referam  restituamquc  vicem. 
De  reliquo  nee  pauper  eris ,  nee  inops ,  nee  egebis , 

Nam  dabitur  rerum  copia  multa  tibi. 


250  Hermann  Oesterlcy 

Ut  sibi   pro  raro  nmnere  magna  daret. 
Rex  igitnr  variis  hominem  tunc  rebus  onustum 
120  Gazarum  magno  pondere  sarcit  eum, 

Gazis  addit  equos,  nee  equis  redimieula  desunt , 

Addit  et  armentum  laiiigerumque  pecus. 
Singula  quid  memorem  bona,  qualita  viro  dederit  rex, 

Dicere  sufticiat  mnlta  dedisse  viro, 
126  Qui  varia  rerum  variarum  meree  refertus 

Disponit  proprias  dives  adire  lares. 
Ergo  valefaciens  regi  gratesque  rependens 

Omnibus  erectis  ad  sua  vertit  iter. 
Ecce  revertenti  coninx  occurrit  eique 
130  Oscula  continuans  dulcia  dixit  ave. 

Dicere,  dixit,  item  si  quid  profeceris  ipse, 

Aut  quid  contulerit  hec  mora  longa  tibi. 
Die,  aye,  die  quid  sis  mercedis  adeptus?     At  ille 

Gloria  demonstrat,  que  bona  nactus  erat. 
135  En,  alt,  arrisit  michi  iam  fortuna  seeunda, 

Contulit  hec  regis  et  michi  larga  manus. 
Ecce  vide  bona,  quanta  meo  de  semine  vulsi, 


Pone  metum,  spe  eoncepta  constantior  esto, 

Nam  bene  nunc  agitur  res  tua  sorte  bona. 
Crede  mihi  tantis  a  me  ditabere  bonis , 

Ut  bene  germano  par  habeai'e  tuo. 
Protinus  advehitur  pretiosi  massa  metalli 

Prefatoque  viro  rege  iubente  datur. 
Nee  contentus  eo  iubet,  ut  dl  versa  supellex 

Detur,  et  officium  verba  iubentis  habent. 
Additur  agrorum  possessio  magna,  daturque 

Cum  grege  balantum  sexus  uterque  boum. 
Indigus  ut   guttis  pluvialibus  amnis  abundat, 

Sic  homini  subito  crescit  acervus  opum. 
Ne  foret  ingratus,  homo  regem  pronus  adorat, 

Inde  valefaciens  in  sua  letus  abit, 
Uxorique  sue  tarn  dulcia  munera  prodit, 

Ut  fi.eret  tanti  testis  et  ipsa  boni. 
Hei  coniux,  inquit,  mihi  congaude,  quia  nobis 

Optima  pro  vili  semine  messis  adest.     B. 
118  Ut  —  daret]  Quas  impregnarar  grandia  acervus  opum, 

131  Dicere]  Dissere  A.  —  quid]  quod  A. 

132  quid]  quod  A. 

133  aye]  age  A. 

134  erat]  eram  C. 

135  En,  alt,  arrisit]  Arrisit,  en,  ait  A. 

136  hec  regis  et]  et  regis  hec  A. 

137  meo]  meto  A.  —  vulsi]   vili  A. 


Raparius. 


251 


Quod  pietas  domini  contulit  alma  michi. 
O  mulier,  gaude,  cui  copia  suppetit  omnis, 

Animodo  nequaquam  pauper  eris  vel  inops.  14.0 

Prosperitas  aderit,  ingens  opulencia  rerum , 

Quas  mitteilte  deo  tollere  nemo  potest. 
Nunc  igitur  nostros  solentur  gaudia  luctus  , 

Paupertatis  enim  non  paciemur  onus. 
Tunc  accersiri  iubet  affines  et  amicos,  145 

Omnibus  eventus  pandat  ut  ipse  suoy. 
Ecee  propinquorum  grandis  coUecta  gregatur 

Hiisque  ministratur  copia  multa  dapum. 
Cumque  videret  eos  iucundos  et  temulentos 

Successus  proprios  dicere  cepit  ita:  150 

Auscultate,  precor,  verba  pacienter,  amici , 

Fortunam  vobis  insinuabo  meam. 
Nostis  enim  cuncti,  me  quanta  domaret  egestas 

Sed  salvatus  ab  hac  sum  bonitate  dei. 
Accidit,  ut  rara  michi  rapula  cresceret  orto;  155 

Hec  eadem  crevit  grandis  et  absque  mora. 
Hanc  ego  donavi  pro  magno  munere  regi , 

Pro  qua  divicias  has  dedit  ille  michi. 
Hoc  dicente  viro  simul  affuit  inter  amicos 

Miles,  quem  fratrem  diximus  esse  viri.  160 


138 
michi  A 
139 
141 
142 
143 
144 
abest  A. 
145 
146- 


151 
152 
153 
159 
160 
161 


Quod 


michi]     Hec    bona .     ijuanta    dedit    rapula    magna 


gaude  cui]  grandis  tibi    A. 

ingens]  ingensque  A.  —  rerum]  nobis    A. 

Quas  —  potest]  statt  dessen  Vers   144  A. 

solentur]  dissolvent  A. 

Paupertatis    —    onus]    Gaudia   succedunt,    nam    labor    omuit 

Tunc]  Hie    B. 

—  159  Omnibus  —  amicos] 

Historiamque  refert  omnibus  ipse  rei, 
Postque  iubet  cunctis  convivia  larga  parari, 

Tam  (orig.  Cum)  dape  quam  potu  pocula  festa  creat. 
Affuit  et  miles  conversens  inter  amicos    B. 
verba  —  amici]  noti  mea  verba  notate    A. 
meam]  vobis    C. 
domaret]  domarit    A. 
Hoc]  Hec    A. 
Miles,  quem]  Quem  supra    B. 

-  164  Is  —  nichil] 

Isque  videus  fratrem  tenus  hac  so  pauperiorcm 
Tantum  ditari  deliciisque  frui , 


252  Hermann  Oeaterley 

Is  quoque  pestifero  cepit  tabescero  zelo , 

Cum  vidit  fratris  crescere  liicra  sui, 
Germanique  sui  subito  miratur  bonorem, 

Eins  respectu  se  putat  esse  nichil. 
165  Hoc  equidem  proprium  sibi  vendicat  invidus  omuis , 

Ut  putet  alterius  lucra  nocere  sibi. 
Invide,  die,  quare  fratris  torqueris  honore, 

Si  ditatur  inops,  uon  tua  perdis  ob  hoc; 
Invide,  crede  michi ,  fortuna  tibi  nichil  aufert 
170  Muuere  de  cuius  proücit  alter  humo. 

Ergo  tui  fratris  quare  torqueris  liouore? 

Letari  pocius  convenit  inde  tibi. 


Vidit  et  invidit,  se  coiiiectans  spoliari, 

Dum  fratris  vidit  crescere  lucra  sui    B. 
161  Is]  Hie  A. 
163  miratur]  miratus  A. 

165  equidem]  etenim  B.  —  proprium]  proprio  A.  —  vendicatj  vin- 
dicat    B. 

166  —  176  Ut  —  iter] 

Alterius  lucrum  damiia  putare  sua  ; 
Huc  accedit  et  hoc  (orig.  alteriusque)  dumtaxat  vera  locutum . 

Qui  primum  dixit,  semper  avarus  eget. 
Huc  aures  adhibe,  quisquis  censeris  avarus, 

Quisquis  avaritie  sub  iuga  spoute  venis , 
In  te  sermonis  iaciuntur  spicula  nostri, 

Forte  salutiferum  vulnus  et  ipsa  dabunt. 
Die  aie,  cul  servas  thesauros,  quos  coacervas, 

In  quibus  heu  temere  spemque  fidemque  locas? 
Forsitan  hos  furi  servas  aut  forte  tyraimo , 

Ut  für  surripiat  aut  violenta  manus? 
Turpis  es  idohitra,  sathan  simulacra  frequentas, 

Contemtuque  eolis  turpiter  era  deo. 
Quid  tibi  fossus  humi  census,  quid  clausus  in  arca? 

Estimo  nullius  utilitatis  erit. 
Sis  igitur  dives ,  habitis  contentus ,  eisque 

Utere,  dum  poteris  utilis  esse  tibi, 
Invidieque  tue  mordacem  comprime  dentem  , 

Lucraque  fraterna  non  tua  damna  putes. 
Öi   ditatur  inops,  quid  in  hoc,  raiser  invide,  perdis? 

Nil  nisi  quod  gratis  invidus  esse  velis. 
Si  ditatur  inops,  frustra  cruciaris  avare, 

Lucra  metit  frater,  perdis  et  inde  nihil. 
Ista  relinquentes  ad  materiam  redeuntes 

Et  ceptum  rursus  aggrediamur  iter.    B. 
168—171   Si  —  honore]   fehlt  A. 
172  convenit]  expedit  A. 


Raparins.  253 

Huius  fortuna  non  est  tibi  causa  niine, 

Lucraquc  fraterna  non  tibi  tarnen  stnient. 
Hiis  super  invidie  morbo  breviter  memoratis,  175 

Aptius  hystorie  nunc  repetamus  iter. 
Convivis  igitur  dapibus  vinoque  refectis 

Et  satur  et  letus  ad  sua  quisque  redit. 
Tunc  hominis  frater  eciam  sua  tecta  revisit , 

Invidie  secum  dira  venena  ferens.  180 

Sic  aurum  siciens ,  multo  tarnen  obrutus  auro, 

Tantalus  ut  mediis  querit  aquas  in  aquis. 
Tunc  ut  opes  opibus  venetur  et  augeat  ecce 

Rethe  novum  texens  calliditatis  ait: 
Si  mens  hie  frater,  quem  tanta  premebat  egestas,  185 

Tantas  pro  vili  merce  recepit  opes, 
Muneribus  regem  placabo  satis  preciosis 

Et  rex  restituet  multiplicata  michi. 
Protinus  argento  proprio  se  privat  et  auro , 

Talibus  ut  regem  mulceat  ipse  suum.  190 


176  Aptius]  Ipsius  A. 

177  — 18S  Convivis  —  michi] 

nie  videns  fratris  inopinam  prosperitatem, 

Et  quod  pro  noto  res  bene  cedit  ei, 
Se  velut  exhaustum  dolet  et  quasi  rebus  ademtum  , 

Possessas  nihili  pendere  cepit  opes. 
Contexens  igitur  fratri  sua  retia  tendit 

Ut  venetur  opes  calliditate  sua. 
Corde  tenus  multa  volvens  iterumquc  revolvens, 

Talia  comploso  ruminat  ore  sibi : 
Hie  sibi  pro  messe  vili  bona  multa  recepit, 

Plura  recepturus  preniia  multa  dabo.    B. 
177  refectis]  refertis  A. 
179  tecta]  septa  A. 

181  tarnen]  licet  A. 

182  ut]  hiis  A. 

188  Et]  Que  A.   —  multiplicata]  centuplicata  A. 

189  —  205  Protinus  —  habeto] 

Mox  igitur  massam  preciosi  congerit  eris 

Taliter  ut  regis  sumat  et  urbis  opes. 
Vestes  addit  equis  auro  textas  phalerites , 

Omnis  et  ornatus  congregat  omne  genus. 
Retibus  utitur  his  novus  auceps  divitiarum, 

Sed  deerit  voto  preda  cupita  suo. 
Surgit,  ubit ,  defert  commercia  singula  secum, 

Et  regi  dona  dat  pretiosa  suo. 
Munere  rex  huius  accepto  divitis  inquit:   li. 

190  Talibus]  Scilicet  A.  —  mulceat]  muueret  A. 


254  Hermann  Oesterley 

Gemmarum  tollit  preciosa  monilia,  quarum 

Fasce  laborabant  scrinia  clausa  diu, 
Complicat  et  vestes  operoso  scemate  textas, 
De  quibus  ornari  regia  membra  decet. 
195  Omnibus  adiungit  equos  faleris  coopertos, 

Quorum  eingebaut  fulva  metalla  iubas. 
Talibus  egregius  miles  speciebus  onustus 

Pergit  et  evehitur  regis  ad  usque  domum. 
Cumque  salutasset,  quo  debuit  ordine  regem, 
200  Singula  demonstrans  munera  miles  ait: 

Accipe,  mi  domine  tibi,  que  miles  tuus  offert, 
Que  non  despicies,  rex  reverende,  precor. 
Parva  quidem  sunt  hec,  minimeque  decencia  regem, 
Cum  dives  fuero ,  tunc  pociora  dabo. 
205  Cominus  hiis  visis:  Grates,  rex  inquit,  habeto, 

Herde  placent,  fateor,  munera  tanta  michi. 
Cardine  sub  cell  non  creditur  esse  superstes , 

Qui  dederit  regi  tarn  preciosa  suo. 
Rex  quoque,  quid  tanto  possed  conferre  datori, 
210  lleginam  fertur  consuluisse  suam. 

Ast  ea  regalis  pollers  racione  sophie, 
Hec  responsa  viro  reddit  ipsa  suo: 
Inclite  rex  opibus  nimis  est  iste  refertus 
Et  dono  penitus  neseit  egere  tue. 


193  operoso]  oposo  C. 

195  Omnibus]  Omnibus  biis  A. 

197  egregius]  et  paribus  A. 

198  domum]  fores  A. 

199  debuit]  deeuit  A. 
202  non]  ne  A. 

206  Herde]  Certe  A.  —  tanto]  data  A. 
206  —  208  Herde  —  suo] 

O  vere  largum  corde  manuque  virum , 
Tempora  prisca  parem  multis  e  millibus  unum 

Non  norunt  regi  tanta  dedisse  suo.    B. 

208  tarn]  tot  A. 

209  Rex  —  datori]  Rex  quid  restituat  ignarus,  quidvc  repcndat  B. 

210  Reginam  fertur]  umgestellt  B. 

211  —  212  Ast  —  suo] 

Quo  super  illa  bene  postquam  deliberat,  infert, 
Extemplo  verba  reddit  et  illa  viro:   B. 

212  reddit]  reddidit  A. 

213  Inclite  —  iste]  O  rex,  hie  locuples  nimis  est  opibusque  ß. 

214  Et  —  tuo]  fehlt  B. 


Raparius.  255 

Argentumque  tiinm  pariter  fastidit  et  aunini,  215 

Si  gemmas  dederis,  grandinis  instar  erunt, 
Si  vestes  dederis,  si  bellica  dona  quiritiim, 

Omnia  despiciet,  nil  reputabit  ea. 
Ne  tarnen  omnino  regia  munera  despiciat  vir, 

Restat ,  ut  enormis  rapula  detur  ei.  220 

Hanc  non  despiciet,  qui  cetera  despicit,  ymo 

Implebit  rari  muneris  ista  vicem. 
Dixerat  hec  mulier;  sibi  rex  respondit  et  infert: 

Utile  propositum  consiliumque  tuum. 
Nee  mora,  profertur  hec  rapula  rege  iubente  225  i' 

Ipsaque  fit  munus  imperiale  viro. 
Si  ego,  rex  inquid,  te  munero  manere  magno. 

Quo  michi  nee  ciiiquam  rarius  esse  potest. 
Hoc  etenim  nuper  quidam  dederat  michi  pauper 


'215  Argentumque  —  aurum] 

Et  scito  quod  dono  non  ille  tuo  satiatur, 

(fehlt  ein  Vers) 
Aurum  si  dederis  aut  vestes,  spernit  utrumque.    A. 

216  dederis]  gemme  B. 

217  —  219  Si  ^  vir] 

Non  acceptat  equos,  sibi  nam  non  arma  queruntur, 
Omnibus  iste  satis  plenus  abundat  homo; 

Nam  pelagus  numquam  pluvialibus  indiget  undis, 
Cum  plene  propriis  semper  abundat  aquis. 

Si  quidquam  dederis,  adeo  fastidiet  iste, 
Ut  satur  escarum  respuit  omne  genus , 

Sed  ne  nil  largo  videare  dedisse  datori ,  B. 

219  omnino]  omnia  A. 

220  Restat]  Expedit  B.  —  enurmis]  grandis  !>. 

221  —226  Haue  —  viro] 

Auribus  hec  regis  regine  verba  moventis 

Non  placuere  nihil,  rex:  ita  fiet,  ait. 
Accitoque  viro  rex:  o  ditissime ,  magnas, 

Inquit ,  ago  grates,  nam  tua  dona  placent; 
Sum  tarnen  ambiguus,  quid  pro  mercede  rcpendam, 

Undc  tibi  reddam  restituamque  vicem.    B. 

222  Implebit]  Supplebit  A.  —  ista]  illa  A. 

223  sibi]  cui  A. 

224  propositum  consiliumque]  consilium  propositumque  A. 

225  hec]  ea  A. 

227  Si]  En  A.  —  Si  —  inquid]  Sed  vice  mereedis  B.  —  magno] 
rato  A. 

228  Quo]   Quod  A.  —  nee  cuiquam]  necquicquam  B. 

229  Hoc]  Haue  A.  —   quidam]  fehlt  C. 


256  Hermann  Oesterle 

230  Cui  bona  multa  dedit  dapsilis  ista  manus. 

Accipit  ille  miser  non  acceptabile  niunus, 

Nempe  quod  acceperat,  rapula  vilis  erat. 
Sic  decet ,  o  fratres ,  ut  supplantetur  avarus , 
Quem  sarcire  nequid  grandis  acervus  opiim. 
23Ö  Mundus  enim  totus  homini  si  detur  avaro, 

Se  tarnen  infelix  credit  habere  nichil. 
Sic  tunc  affatur  inopem,  quem  copia  fecit 

Privatum  propriis,  dum  peregrina  sitit. 
Dum  lucra  venatur  stultus  sua  perdit  et  ecce, 
240  Qui  dederat  magna,  vile  recepit  olus. 

Sic  homo  delirus  propria  deluditur  arte, 

Dum  vult  ditari ,  perdit  et  id ,  quod  habet. 
An  non  delirat  homo  mittens  in  mare  fontes, 
Fonti  tollit  aquas ,  ut  mare  ditet  aquis? 
245  Haud  secus  hie  miles,  regem  qui  munere  ditat, 

Non  meminit  propriis  se  spoliare  bonis. 


230  Cui  —  dapsilis]  Premia  tunc  digna  contulit  B. 

231  —  251   Accipit  —  inops] 

Confestim  rapam  preseutat  raachina  carre 

Ipsaque  sit  mnnus  imperiale  viro. 
Ecce  vir  hie  quali  fortune  leditur  arte, 

Dum  venatur  opes,  perdit  idem ,  quod  habet, 
At  paupertatis  in  fossam  precipitatur , 

Quam  licet  ignarus  foderat  ipse  (orig.  ipsa)  sibi. 
Ille   videns  non  equa  dari  nee  digna  rependi, 

Confestim  regi  tanta  dedisse  dolet 
Turbatusque  nimis  sie  secum  murmurat  ista: 

Quid  miser  aggrediar,  quid  faciam,  quid  agam? 
Quis  mihi  mendico,  quis  compatiatur  egeno, 

Qui  propria  video  me  spoliasse  manu? 
Non  mea  für  timidus,  non  predo  tulit  violentus 

Für  et  predo  mihi  pessimus  ipse  fui. 
Ex  tunc  livoris  in  fratrem  spicula  torquet, 

Ac  si  pestifere  sit  reus  ipse  rei , 
Hec  tua  sunt,  inquit,  frater  commenta  tuoque 

Talia  de  famulo  fraude  doloque  fero. 
Et  velut  a  fratre  confessus  vulnere  crudo :  B. 

231  Accipit]  Accepit  A. 

232  acceperat]  accepit  A. 

233  o  fratres]  offerens  A. 

234  sarcire]  farcire  A. 

237  tunc  affatur]  homo  prefatus  A. 

238  Privatum]  Privatur  A. 
243  fontes]  fontem  A. 

245  regem  qui]  ut  regem  A.  —  ditat]  ditet  A. 

246  Non  meminit]  Sic  meruit  A. 


Raparius.  257 

Jamque  domum  remeat,  quem  amarum  comeat  esse 

Et  gratis  regi  tanta  dedisse  dolet. 
Et  frendens  igitor  tantum  sie  murmurat  ore: 

Ecce  mei  fratris  hec  fero  damna  dolo.  250 

Hie  exaltatus,  ego  proch  dolor  opprimor  inops, 

Non  impune  feret  per  caput  istud,  ait. 
Convocat  ergo  suos,  quos  noverat  esse  fideles, 

Plus  leone  furens  dieere  cepit  ita: 
Nostis  enim,  quanta  fuerat  mihi  gloria  pridem,  255 

Tarn  michi  quam  nobis  hec  generalis  erat. 
Nunc  lecatoris  deceptus  calliditate 

In  preceps  eadem  gloria  tota  ruit, 
Qua  sublimabar  est  omnis  adempta  facultas. 

Heu  panpertatis  nunc  grave  porto  iugum ,  260 

Heu  cecidi  miser,  tarnen  est  vestrum  meminisse, 


247  quem  —  esse]  et  amaram  convocat  iram  A. 

249  Et  frendens]  Infrendens  A.  —  tantum]  tanto  A. 

250  hec]  hoc  A.  —  fero]  fehlt  A.  —  damna]  dampno  A. 

251  exaltatus]    exultatus  A.  —  dolor]    pudor  A.   —    opprimor  in- 
ops]  deprimor  ergo  A. 

252  feret]  feres  B.  —  per  caput  istud]  verdorben  B. 

253  Convocat  ergo  suos] 

Sicque  domum  rediens  furiis  agitatus  iniquis 
In  damnum  fratris  corde  manuque  furit, 
Accitisque  suis    B, 

254  Plus]  Plusque  A.  —  Plus  —  ita] 

Quorum  prebuerat  experimenta  fidem, 
Alloquiturque  viros  compellans  famine  tali: 

Nunc  decet,  o  socii,  vos  meminisse  mei.    B. 

255  fuerat]  fuerit  A. 

255  —  256  quanta  —  erat]  quis  sim,  quibus  et  naturalibus  ortus, 
Et  quanto  fuerim  gurgite  mersus  opum.  B, 

257  lecatoris]  impostoris  B.  —  deceptus]  cuiusdam  A. 

258  —  276  In  preceps  —  meo] 

Omnibus  exhaustum  me  nihil  esse  queror. 
Sit  rogo  communis  vobis  iniuria  nostri , 

•  Compatiendo  quidem  nou  faciendo  malum. 
Est  eadem  mecum  vobis  iniuria  facta, 

Qui  vobis  semper  rexque  priorque  fui. 
Ergo  fides  vestra  facti  ratione  probetur, 

Dat  quoque  verus  amor  experimenta  sui. 
Plura  locuturo  fletus  fuit  impedimentum 

Nam  rigat  ipsius  lacrima  crebra  genas. 
Taliter  afflicto  presentes  compatiuntur, 

Tniusque  dolor  fit  generale  malum. 
Aiunt  ergo  viro,  cur  fleret,  scire  volentes: 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.   XII.  3.  17 


'258  Hermann  Oesterley 

In  caveam  pariter  vos  cecidisse  reor. 
Nunc  si  sunt  ulla  pietatis  viscera  vobis, 

Aut  si  quid  vobis  est  pietatis  honor, 
265  Si  per  "vos  vindicta  nieum  iactetur  in  hostem, 

Ut,  que  commeruit,  retribuatis  ei. 
Qui  tuus  est,  aiunt,  hie  et  mens  est  inimicus, 

Et  quodcumque  iubes,  faciamus  ei. 
Hec  cum  dixissent  animatur  voce  suorum, 
270  Et  quasi  mentis  inops  talia  rursus  ait: 

Haud  procul  est  vallis  nemorosa  iosapha  lignis: 

Que  vallis  nunquam  frugibus  apta  fuit; 
Hanc,  precor,  assumptis  intrate  viriliter  armis, 

Sed  tarnen  penitus  nemo  sciat  nisi  vos. 
275  Donec  ego  veniam  nolite  recedere  quoquam, 

Ocius  assumpto  vos  sequar  hoste  meo. 
Frater  adit  fratrem,  fellitus  feile  carentem, 


Unde  tibi,  bone  vir,  hie  dolor,  unde  tibi? 
Die  et  erit  eure  nobis  impendere  curam, 

Divide  quod  portas  et  lene  pondus  erit. 
Obstruit  vir  dictis  pauper  fontem  lacrimarum 

liespoudens:  Ferre  si  mihi  vultis  opem, 
Quod  peto,  spondete,  vos  scilicet  esse  paratos, 

Ut  quidquid  iubeo,  vos  faciatis  idem. 
Hi  spondent  tandemque  fide  mediante  suorum 

Mitius  infestant  ira  furorque  virum. 
Tunc  ait:  Ite,  locum  vicine  querite  vallis, 

Que  fruticum  multis  vernat  amicta  comis, 
Donec  ibi  veniam,  sit  ibidem  sessio  vestra, 

Assumto  citius  vos  sequar  hoste  meo  (cf.  v.  276.). 
Hie  per  vos  pereat  traiectus  viscera  ferro, 

Aut  laqueo  furis  more  necetur  homo. 
Qui  tuus  est,  aiunt,  nobis  est  inimicus,   (cf.   v.  267.) 

Impia  facta  luet,  tu  modo  trade  virum. 
Frotiuus  armantur,  adeunt  penetralia  saltus, 

Observantque  loca  usibus  (orig.  visibus)  apta  malis.    B. 
262  caveam]  casu  A.  —  reor]  meo  A. 

264  Aut]  Et  A. 

265  Si  per]   Semper  A.  —  iactetur]  iaculetur  A. 

266  Ut  que]  Et  quod  A. 

267  hie  et]  et  A. 

271  nemorosa]  nemorosis  A.  —  iosapha]  consita  A, 

272  nunquam]  unquam.A. 

274  tameu]  causam  A. 

275  quoquam]  quoque  A. 

277  fellitus  —  carentem]  lictaque  salute  salutat  B. 


Raparius.  259 

Et  verbis  fraude  dulcibus  ista  refert: 
O  germane,  micbi  preter  te  nemo  superstes, 

Quem  michi  frateruo  federe  iungit  amor.  280 

Nos  sumus  una  caro,  nee  nos  natura  bipartit, 

Nos  uni  mater  edidit  una  viro. 
Forsan  inest  anima  personis  una  duabus, 

Quas  et  individuus  iungit  et  unit  amor. 
Est  michi  secretum,  quod  nolo  pandere  cuiquam,  285 

Attamen  id  fratrem  nolo  celare  meum. 
Est  prope  condensa  vallis  nee  ab  urbe  remota, 

Frondibus  arboricis  obsita,  frage  carens; 
Hec  est  tarn  multa  thezauri  mole  referta, 

Ut  michi  proficiat  sufficiatque  tibi.  290 

Hunc  ego  fraterno  tecum  partibor  amore, 

Ymo  deum  testor,  pars  tua  maior  erit. 


278  fraude]  false  A.  —  ista  refert]  usus  ait  A. 

278  Et  —  refert] 

Verbaque  depromit  dulcia  plena  dolis; 
Ac  si  det  mella  medicus  candita  veneno, 

In  quibus  ignaro  potio  mortis  erit. 
Pape  quid  insanis  scelerate  susurro  bilinguis, 

Cur  fratrem  ficto  fallis  amore  tuo  ? 
Scorpius  est  hominis,  homini  qui  fingit  amorem, 

Et  quasi  sica  latens  est  simulata  fides. 
Sic  fratris  frater  turpis  venator  et  auceps 

Dulcibus  bis  verbis  retia  tendit  ei.    B. 

279  O  —  te]   0  boue  frater,  ait,  preter  quem  B. 

280  iungit]  iungat  A.  —  Quem  —  amor] 

Quem  sie  nature  conditione  vocem, 
Tu  vite  spes  sola  mee  baculusque  senecte    B. 

282  uni]  olim  A.  —  mater]  mulier  B. 

283  —  291  Forsan  —  amore] 

Rem  tibi  secretam,  frater  carissime ,  pandam, 
Quam  de  te  uullus  esperiatur  bomo. 

Que  tibi  sum  soll  dicturus,  prodere  noli, 
Fac  precor,  ut  tutis  auribus  ista  loquar. 

Est  ostensa  mihi  pretiosi  massa  metalli, 
Cuius  te,  si  vis,  portio  magna  manet, 

Impiger  ergo  veni  nee  te  dilatio  tentet    B. 

284  Quas  et]  Quos  A. 

285  pandere]  prodere  A. 

286  Attamen]  Et  tamen  A.  —  celare]  latere  B. 
290  mihi  und  tibi]  umgestellt  A. 

292  Ymo  —  testor]  Testor  euim  superos    B. 

17* 


260  Hermann  Oesterley 

Hüs  iurauientis  homo  magne  simplicitatis 

Ad  laqueum  tendit  eins  ad  instar  avis , 
295  (fehlt  ein  Hexameter) 

Fratris  enim  verbis  nescit  inesse  dolos. 
Ad  loca  declinat,  loca  scilicet  insidiosa, 

In  quibus  armati  delituere  viri. 
Assunt  carnitii;es,  eoncurrunt  more  latronum , 
300  Iniciunt  prede  brachia  seva  sue, 

Ut  proprie  rapuere  canes  Acteona  quondam, 

Sic  datus  est  preda  canibus  iste  suis. 
Cominus  interea  resonat  vox  dulce  canentis, 

In  terram  feriens  ungula  crebra  sonat. 
305  Venit  enim  iuvenis  quidam  petulansque  Scolaris, 

More  viatorum  dulce  canendo  melos. 
Nee  mora  captivus  in  saccum  precipitatur, 


293  Hüs  —  simplicitatis] 

Nunc  age,  rumpe  moras,  absit  dilatio,  surge, 
Pergamus  nostram  nemine  teste  viam. 

Hüs  liomo  blandicüs  irretitus  simulatis    A. 
293  iuramentis]  irretitus  B. 
294:  eius  ad]  inscius  ß.  —  ad  —  avis]  fehlt  A. 

296  Fratris  —  dolos]  fehlt  B. 

297  insidiosa]  insidiarum  B. 
297  Ad  —  insidiosa] 

Annuit  ergo  sui  fratri  simul  et  monitori  (orig.  monitor) 

Surgit,  abitque,  carens  suspicione  mali. 
It  frater  cum  fratre  suo ,  loca  nota  subintrat.    A. 

299  latronum]  latrantum  B. 

300  Iniciunt]  Immittunt  B. 
299  —  300  Assunt  —  sue] 

Exiliunt  hü  more  canum  iustumque  nefande 
Tractantes  etiam  mortificare  parant.    A. 

301  rapuere]  nocuere  B.  —  Acteona]  oceana  C. 

302  preda]  prede  B.  —  Sic  —  iste] 

Civibus  haud  aliter  preda  fit  ille    A. 

303  —  305  Cominus  —  Scolaris] 

lam  vincire  Student  hominem  conamine  toto, 
Contendunt  predam  iam  iugulare  suam; 

Sed  fortuna  suum  iuvat  et  tutatus  alunipnum. 
Sepit  et  horrendum  criminis   huius  iter. 

Accidit  in  terram  quemdam  properare  scolarem, 
Qui  per  eam  vallem  solus  iturus  erat.    A. 

304  In]  Et  B. 

306  dulce  —  melos]  sie  breviabat  iter  A. 

307  —  314  Nee  —  labor] 

Cum  levat  hie  vocem  simul  echo  reciproce  vocem 


Rapariiis.  261 

Arboris  in  ramum  precipitatur  homo. 
Ocius  effugiunt  hi  pendentemque  relinquunt, 

In  fraudemqne  rei  sie  latuere  viri.  310 

Hiis  perturbatis  homo  pendet  et  ecce  Scolaris 

Transit  equester  et  hunc  pendulus  audit  homo 
Et  quia  pertusa  fuerat  pars  maxima  sacci , 

Utputa  quem  tempus  triverat  atque  labor, 

(fehlt  ein  Hexameter)  315 

Per  rimam  iuvenem  pendulus  ille  vidit. 
Mox  ut  rasuram  capitis  vidit,  ecce  scolarem 

Comperit,  et  clamans:  Quisquis  es,  inqnit,  ave ! 
Aspiciens  igitur  hominem  cognovit  eundem 

Nee  latuit  nomen  officiique  gradus,  320 

Tunc  quasi  securus  huuc  leta  voce  salutat 

Et,  quasi  nil  triste  prospiciatus,  ait: 
Salve,  mi  frater,  hominum  carissime,  salve, 

Huc  ades,  ut  spero,  sorte  favente  bona. 
Ast  cito  devenit  vox  ipsa  Scolaris  ad  aures  325 


Reddit  et  auditur  longius  iste  sonus. 
Ast  ubi  vox  eadem  lictorum  perculit  aures 

De  sola  fit  eis  proditione  timor. 
Et  quia  non  licuit  opus  hoc  implere  scelestum 

In  solam  pavidi  spem  posuere  fugam. 
Ne  tarnen  hie  fugiat,  in  saccum  mittitur  atque 

Vivus  in  arborea  fraude  ligatur  homo. 
Hie  pendet,  fugiunt  lictores ,  insuper  ipse 

Criminis  incentor  non  manet,  immo  fugit. 
Ecce  Scolaris  ibi  cupiens  pausare  sub  umbra 

Arboris,  in  cuius  fronde  pependit  homo. 
Et  quia  rimosiim  latus  idem  Saccus  habebat    A 
308  in  —  homo]  excelsa  fronde  ligatur  homo  B. 

310  viri]   rei  B. 

311  Hiis  perturbatis]  Is  perturbatur  B. 

312  et  hunc]  adhuc  B. 

313  pertusa]  pertrusa  B. 
314:  Utputa]  Utpote  B. 

316  —  318  Per  —  ave]  fehlt  B. 

316  rimam]  rimas  A. 

317  ut]  ubi  A. 

319  —  324  Aspiciens  —  bona]  fehlt  A. 

319  Aspiciens]  Prospiciens  B.  —  cognovit]  coramovit  B. 

320  officiique]  hospitiiquc  B. 

321  securu.s]  socraticus  B.  —  huin]  sie  B. 

322  prospiciatus]  propitiatus  B.   —  porpatiatus  D. 
324.  Huc]  Hie  B.  —  ut]  et  B. 

325  cito]  ubi  A.  —  ipsa]  isla  A. 
325-326  Ast  —  cum]  fehlt  B. 


262  Hermann  Oesterley 

Invasit  nimius  terror  et  horror  eum, 
Erigit  ille  caput  stupidosque  regirat  ocellos, 

Ambigit  hec  ciiius  vox  sit  et  unde  soniis. 
Cumqne  diu  staret  stiipidus  nniltumque  videret, 
330  Et  super  hoc  dubitat  utrum  fugiat  maneatve, 

Nam  monet  ire  timov  et  vetat  ire  pudor, 
Estimat  illiidi  demonis  arte  tibi. 
Ocius  ergo  loco  cogitat  discedere  ille 
(fehlt  ein  Pentameter) 
335  Stat  licet  invitus  vincente  pudore  timorem 

Seque  salutanti  personat  ista  loqui: 
Tu  quis  es  aut  non  sis,  a  quo  vox  ista  resnltat, 

Vellem,  si  possem ,  scire  libenter  ego. 
Hunc  sie  nntantem  snlidat  constaneia  tandem, 
340  Dixit:  Item  resonat  vox  tua,  quisquis  ades. 

Ex  sacco  rursus  audita  reciproea  vox  est: 

Ne  timeas,  iuvenis,  sit  procul  iste  timor, 
Si  dubites  ubi  sim ,  erige  triste  caput, 
Possjdeo  letns  aera,  sperno  solum. 


327  —  328  Erigit  —  sonns] 

Tunc  surgens  stupidus  loca  proxima  girat  ocellis 
Cuius  ab  ore  sonet  vox  ea  nosse  volens.    A. 

328  hec]  hie  B,  et  D.  —  sonus]  sonet  B  D. 

329  Cumque  —  videret]  fehlt  B  D. 

330  —  331  Et  —  pudor]  fehlt  A,  Vers  331  folgt  nach  333. 

330  Et]  Dum  B  D. 

331  Nam]  Nunc  B,  Huc  D. 

332  —  338  Estimat  —  ego]  fehlt  B  D. 

333  cogitat  discedere]  discedat,  cogitat  A.  —  il!o]  ille 

Stare  timor  prohibet,  sed  vetat  ire  pudor   A. 

336  ista]  ille  A. 

337  Tu  —  non]  Quisquis  es  aut  ubi  A. 
339 _  340  Hunc  —  ades]  fehlt  A. 

339  Hunc  sie]  Sic  sibi  BD.  —  tandem]  mentem  B  D. 

340  resonat]  resonet  BD.  —  ades]  es  hie  D. 

341  Ex]  De  B  D.  —  rursus]  sursum  B.  —  audita  —  est]  auditur 
vox  quoque  secundo  D.  —  rursus  —  est]  loquitur  iterato  pendulua 
ille  A. 

342  Ne]  Nil  A.  —  Ne  —  timor]  fehlt  B  D. 

343  dubites]  dubitas  BD.  —  ubi]  quid  BD.—  erige  triste]  suspice, 
tolle  B. 

343  Si  —  caput] 

Erige  triste  caput,  si  vis  spectare  loquentem    A. 

344  Possideo  —  eolum]  fehlt  B  D. 


Raparius.  263 

In  sacco  sedeo,  sedet  hie  sapiencia  mecum ,  345 

Hicque  sedens  didici  tempore  multa  brevi. 
Pape  scolas  quevunt  longe  lateque  scolares  , 

Hie  tarnen  veras  noveris  esse  scolas. 
Quidam  Parisius  aut  oppida  cetera  girant 

Expenduntque  multa,  proficiimt  paruiu.  350 

Sed  si  phas  sit  adhuc  hora  subsistere  parva, 

Verba  plena  dabit  philosophia  michi. 
Tunc  cum  prodiero ,  puto ,  me  sapiencior  inter 

Terrigenas  omnes  non  erit  ullus  homo. 
Utque  scias,  quid  contulerit  Saccus  michi  presens ,  355 

De  multis  saltem  suggero  pauca  tibi. 
Hie  artes  multas  docuit  me  philosophia, 
Pectore  clausa  meo  latet  orbita  totius  anni. 

Ut  sit  nota  michi  machina  tota  poli. 
Hie  ego  stellarum  didici  cognoscere  signa,  3(;!0 

Lumina  magna  duo  vi  complector  racionis 

Nee  sensus  fugiunt  astra  minora  meos. 
Sed  neqae  signa  me  possunt  duodena  latere, 

Quatenus  ex  ipsis  scire  futura  queam. 
Hie  me  naturas  fateor  didicisse  ferarum,  365 

Hie  michi  natura  proditur  omuis  avis. 
Addo ,  quod  herbarum  didici  discernere  vires , 


345  hie]  fehlt  D. 

346  Hicque  sedens]  Hie  pendens  A,  Hie  studiis  B  D. 

348  tamen]  tantum  B  D. 

349  —  354  Quidam  —  homo]  fehlt  A. 
349 _ 350  Quidam^ —  parum]  fehlt  B  D. 

351  Sed]  Hie  BD.  —  hora  —  parva]  horam  —  parvam  B. 

352  Verba]  Omnia  BD.  —  plena]  nota  D. 

353  Tune  cum]  Ae  si  B,  Ae  cum  D. 

354  ullus]  unus  D. 

355  Saccus]  steht  vor  quid  A. 

355  —  357  Utque  —  philosophia]  fehlt  B  D. 

356  saltem]  saltim  A. 

358  Pectore  —  anni]  fehlt  A. 

359  Ut  —  machina]  Sie  quoque  siderei  fabrica  B  D. 

360  Hie  —  signa]  fehlt  B  D. 
361—363  Lumina  —  latere]  fehlt  A. 

361  vi  complector]  complector  vi  B  D. 

362  fugiunt]  fugient  B  D. 

363  signa  me]  me  signa  BD.  —  possunt]  possent  D. 
364 — 370  Quatenus  —  hiis]  fehlt  B  D. 

364  seire]  queque  A.   —  queam]  sciam  A. 
366  proditur]  panditur  A. 


264  Hermann  Oesterley 

Ut  bene  cognoscam,  qtie  bona,  que  mala  sint. 
Hie  arbustarum  didici  vires  lapidumque 
370  Et  didici,  quid  sit  utilitatis  in  hiis. 

Quas  vires  habeant  singula  singna  scio, 
Quid  mare,  quid  terram  et  quid  colit  aera  novi, 

Gratulor  hie  isto  me  didicisse  loco. 
Hie  totum  didici  totus  quid  continet  orbis, 
375  Hoc  totum  Saccus  contulit  iste  michi. 

Audisti  qualis  natura  sacei  sit  huius, 

Qui  possessori  dat  bona  tanta  suo. 
Nobilis  liic  Saccus  fulvo  preciosior  auro , 
De  cuius  gremio  graeia  tanta  fluit. 
380  Si  semel  intrares,  daret  expediencia  nosse, 

Hie  quantum  Saccus  utilitatis  habet. 


368  cognoscam]  conjiciam  A.  —  sint]  sit  A, 
371—374  Quas  —  orbis] 

Et  didici  tumidi  maris  indagare  profundum    A . 

371  singna]  membra  B.  —  scio]  mea  B.  —  singula  —  scio]  quas 
et  arena  maris. 

Flatus  ventorum  bene  cognovi  variorum , 

Cuilibet  et  morbo  que  medicina  valet; 
Vires  herbarum  bene  cognovi  variarum, 

Et  que  sit  volucrum  vis  simul  et  lapidum. 
Septem  per  partes  cognovi  quaslibet  artes, 

Si  foret  hie  Catho  cederet  atque  Plato. 
Quid  dicam  plura?  novi  bene  singula  iura, 

Cesareas  leges  hie  studui  varias. 
Qualiter  et  fraudes  vitare  queam  muliebres    D. 

372  Quid  —  quid  —  quid]  Quod  —  quod  —   quod  B.  —  terram] 
terras  B. 

373  hie]  hee  B,  hoc  D. 

374  quid]  quod  B.  —  totus  quid]  quod  totus  D. 

375  contulit  —  raiclii]  continet  —  meus  BD.  —  iste]  ille  A. 

376  —  377    Audisti  —    suo]    fehlt   BD.    —    natura    sacci]    umge- 
stellt A. 

377  Qui  —  suo]  fehlt  C. 

378  Nobilis  hie]  Hie  verte  A,   —    fulvo  —  auro]  precioso  dignior 
ostro  A  B  D. 

379  —  381  De  —  habet] 

Kegali  melior  utiliorque  stola. 
Experior  certe  deliros  esse  scolares, 

Qui  multas  querunt  circumeuntqne  seolas. 
Quidam  parysius  aut  oppida  cetera  gyrant , 


Raparius.  265 

Credulus  hiis  nngis  infelix  ille  Scolaris 

Orat,  ut  in  sacco  possit  habere  locnm. 
Tunc  velut  invitus  ex  sacco  prodeat  ille 
Pendulus:  Absit,  alt,  nee  enim  sie  deeipies  me,  385 

Dixit:  In  bunc  saccum  non  ita  venit  homo. 
At  si  condigna  merear  niercede  potiri , 


Expenduut  multa  proficiuntque  parum.  (cf.  Vers  350) 
Hie  ego  momentum  transegi  sie  sine  sumptu, 

Et  didici  quidqnid  scire  novisse  fuit. 
Hie  tibi  si  detur  saltim  brevis  hora  studendi, 

Disces ,  qnid  locus  hie  utilitatis  habet,    A. 

382  Credulus  —  Scolaris]  Hiis  nugis  simplex  iuvenis  male  traditus 
orat  A. 

383  Orat  ut]  Quatenus  A. 

384  Tunc  —  ille]  fehlt  A.  —  ex]  e  B. 

385  Pendulus  —  me]  fehlt  ß. 

386  Dixit  —  saccum]  In  saccum,  socie  A. 

387  At  si]  Nee  B.  —  potiri]  vocari  B. 
387  —  406  At  si  —  mora] 

Et  contra  iuvenis  vocem  prorumpit  in  istam : 

Sacci,  ni  fallor,  istius  hospes  ero. 
lam  novi ,  quanta  saccus  virtute  redundet, 

In  cuius  pausat  phylosolia  sinu. 
lam  satis  es  sciolus,  adeo  iam  doctus  es,  ut  te 

In  mundo  nullus  doctior  esse  queat. 
Quisquis  es  in  sacco ,  queso  miserere  miselli , 

Quatenus  in  sacco  sit  mihi  pausa  brevis. 
Si  te  forte  precum  non  flectunt  verba  mearum, 

Muneris,  ut  spero  ,  te  bene  flectit  amor. 
Et  ni  sponte  velis  flecti  mercedis  amore, 

Pendere  curabo   quicqnid  habere  voles. 
Tunc  ut  invitus  e  saceo  prodiit  ille 

Pendulus,  ac  iterum  verba  rependit  ei: 
Niteris  in  vanum,  non  est  mihi  tybia  tanti, 

Ut  pretio  saccus  veneat  iste  tuo. 
Utque  scolas  istas  me  velle  relinquere  speres 

Absit,  deciperis,  spes  tua  tota  perlt. 
Mallem  mori,  socie,  quam  perdere  delicias  has. 

Si  mihi  sim  ncquam ,  cui  bouus  esse  queo. 
Non  tibi  delicias  sacci  me  vendere  speres, 

Absit,  in  hunc  saccum  non  ita  venit  humo. 
Non  mihi  continget  istuni  venumdare  saccum, 

In  cuius  pausat  phylosofia  sinu. 
Et  quia  discendi  multo  flammascis  amore 

Cedo  tibi  gratis  ad  breve  tempus  ego. 


266  Hermann  Oesterley 

Hie  pacior  parva  te  residere  mora. 
Sed  precor,  expecta  donec  pertranseat  hora, 
390  Discendi  modica  porcio  restat  adhuc. 

nie  rei  cupidus  modicam  non  sustinet  horam: 
Gratis,  ait,  presens  tempus  et  hora  preit. 
Eya,  riimpe  moras,  si  vis  prestare  cupitum, 
Urit  enim  pectus  diva  sophia  meum, 
395  En  foris  experior,  quid  habet  dulcedinis  intus 

Saccus  hie,  unde  mihi  tarn  bonus  exit  odor. 
Taliter  oranti  respondit  pendulus  ille: 

Me  frater  cogis  linquere  grande  bouum, 
Utque  satisfaciam  tibi,  mitte  me  deorsum  , 
400  Et  voti  compos  efficiare  tui. 

Non  differt  ille,  solvit  saccum  virumque, 

Deuique  pendendi  tanta  libido  fuit. 
Nonne  vides  hominem  sua  damna  sibi  fabrieantem , 
Sponte  sua  laqueum  dum  parat  iste  sibi? 
405  Impiger  in  saccum  iuvenis  descendit  apertum 

Seque  trahi  sursum  postulat  absque  mora. 
Differ,  ait,  modicum,  nee  enim  se  sie  habet  ordo , 
In  saccum,  socie,  non  ita  venit  homo. 


4 
I 


Cumque  satis  fueris  potitus  fönte  sophie, 

Delicias  sacci  tunc  mihi  redde  mei. 
Ocius  aseende  ramum,  restemque  resciude, 

Ut  voto  compos  efficiare  tuo. 
Hoc  miser  audito  pendenti  latus  obedit, 

L't  sacci  possit  utilitate  frui. 
Exit  hie,  ast  alter  festinat,  ut  ingrediatur, 

Seque  trahi  sursum  postulat,  ille  negat.    A. 
388  pacior]  patiar  B.  —  residere  mora]  recidisse  mota  B. 
390  modica]  parva  B. 
392  presens]  fehlt  C. 
393]  moras]  moram  B. 
394  diva]  dura  B. 

396  mihi]  fehlt  C, 

397  oranti  respondit]  intranti  respondet  B.  —  ille]  iste  B. 

398  linquere]  lingere  B. 

399  mitte  me  deorsum]  me  dimitte  retrorsum  B. 

400  efficiare]  effieiere  B. 

401  saccum]  saccumque  B. 

404  sua]  sibi  B.  —  dum  paras]  preparas  B.  —  sibi]  sunm  B. 

406  postulat]  poscit  et  B. 

407  nee    —    habet]     socie ,     sie    non    habet    A ,    etenim    sie    con- 
gruus  B. 

408  In  —  socie]  Poscit,  et  in  saccum  B. 


Raparias.  .  267 

Deprimit  ergo  caput  homini  talosque  snpiiiat: 

Frater  in  hnnc  saccum  sie  homo  venit,  ait.  410 

Insultans  risii  pendenti  sie  ait:  Eya, 

In  saceum  socie  quomodo  venit  homo? 
Jam  puto.cepisti  doctissimus  esse  sophista, 

Te  tua,  ni  fallar,  experimenta  docent. 
Ergo  sede  donec  sapiencior  efficiaris,  415 

Nam  vere  stultus  esse  probare  modo. 
Hiis  dictis  conscendit  eqiium  pendentis  abitque 


409  Deprimit    —    homini]    Deponasque    caput    ad    humum  A.    

homini]    hominem    B.    —    talosque]    saccumque    B.    —    supinat]    snpi- 
nans  A. 

410  —  422  Frater  —  tulit] 

Hec  est  lex  sacci,  sie  eris    intus,  ait. 
Hec  dicens  miserum  libravit  in  ethera  sursnm, 

Ac  in  nodoso  stipite  vinxit  eum. 
Stans  igitur  cepit  sie  insultare  Scolari , 

Et  derisoris  voce  locutus  ait: 
Ecce  quod  optasti,  quod  quesisti,  quod  amasti, 

Nunc  compos  voti  factus  es  ipse  tui. 
lam  puto  cepisti  doctissimus  esse  sophista, 

Ut  toto  similis  non  sit  in  orbe  tibi. 
O  te  felicem  nimis  egreginmque  magistrum, 

Quem  fovet  in  gremio  phylosofya  suo. 
Experiar  certe,  quantum  modo  delicieris, 

Quem  talis  sacci  claustra  beata  tenent. 
Phylosofare  modo  propone,  quod  hie  didicisti, 

Quantumcumque  potes,  phylosophare  modo 
Utere  sorte  tua,  quam  toto  corde  petisti, 

Quamque  deus  tribuit  utere  sorte  tua. 
Nunc  superest,  ut  pace  tua  mea  tecta  revisam, 

lam  non  in  saccum  curo  venire  meum. 
Hiis  dictis  ascendit  equum  pendentis,  abit 

Et  clamans  inquit:  Magne  sophista  vale!     A. 

411  Insultans] 

Ocius  hunc  miserum  libravit  in  acrc  sursnm : 
Sic  est  mos  sacci,  sie  eris  intus,  ail.    B. 
Insultans  B.  —  risu]  rursum  B. 
413  sophista]  poeta  B. 

415  Ergo  sede]  lam  sedeas  B.   —   efficiaris]  efticieris  B. 
417  conscendit]    ascendit    B.     —     pendentis    abitquej    loca    descrit 
illa  B. 


268  Hermann  Oesterley,  Raparius. 

Quique  pedes  venit,  in  sua  tendit  eques. 
Incolumis  ,  letus  et  iugi  pace  quietus 
420  Decursat  vitam  sorte  faveute  bona, 

Diviciis  fioret,  in  prosperitate  superbit, 

Donec  cnncta  simul  mors  inimica  tulit. 


Dr,  Hermann  Oesterley 


419  —  422  Incolumis  —  tulit]  fehlt  B. 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  269 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs 

in 

ihrem  doppelten  Verhältniss,  der  Schreibweise  und 
der  materiellen  Zusammensetzung  der  Worte. 


Raynouard  in  der  Vorrede  zu  seinen  Recherches 
philologiques  sur  la  langjue  Romane  bemerkt,  dafs  er  die 
französische  Sprache  unter  allen  modernen  Sprachen  für 
diejenige  halte,  welche  in  Folge  ihres  hohen  Alterthums 
und  ihrer  mannigfachen  successiven  Veränderungen  das 
meiste  Material  zu  philologischen  Betrachtungen  darbiete, 
und  dafs  man,  um  sie  recht  verstehen  zu  lernen,  zuvör- 
derst zu  ihren  Ursprüngen  hinabsteigen  müsse,  die  man 
in  den  Sprachen  finden  könne,  welche  die  Troubadours 
und  die  Trouveres  gesprochen.  Dieses  Rathes  eingedenk, 
verfolgte  ich  während  meines  mehrjährigen  Aufenthalts 
im  Süden  von  Frankreich  das  Studium  der  romanischen 
Sprache  und  der  Dichtungen  der  Troubadours  iiud  gerieth 
dadurch  in  ganz  natürlicher  Folge  zu  einer  nähereu  Be- 
trachtung der  verschiedenen  Mundarten,  die  noch  heute 
im  Süden  Frankreichs  gesprochen  werden;  ja,  bei  meinen 
Wanderungen  in  diesen  wahrhaft  romantischen  Gegenden 
wandelte  mich  bisweilen  die  Lust  an,  Verse  in  diesen 
Patois  zu  machen.  Hierbei  stiefs  ich  nun  merkwürdiger 
Weise  auf  eine  Schwierigkeit,  an  die  ich  beim  Entwurf 
derselben  nicht  gedacht  hatte,  und  zwar  auf  die  der  Schreib- 
weise. Es  wurde  mir  nicht  so  schwer  die  verschiedenen 
Reime  zu  finden,  als  die  verschiedenen  Buchstaben  des 
französischen  Alphabets  so  zusammenzustellen,  um  durch 
sichtbare  Zeichen  den  schriftlichen  Werth  der  ^\'orte  dar- 
zuthun,  deren  ich  mich  zu  meinem  Versemachen  bediente. 
Oft,  doch  stets  vergebens  habe  ich  nach  einem  Mittel 
gesucht,    diesem  Uebelstaud,  der  mir  ein  ernster  zu  sein 


270  H.  Bartliug 

schien,  abzuhelfen;  doch  ich  mnfs  es  offen  gestehen, 
anstatt  eine  Abhülfe  aufzufinden,  wurde  meine  Verwirrung 
und  Unbeholfenheit  nur  immer  gröfser,  je  mehr  ich  mich 
mit  den  Poesien  der  Troubadours  und  den  Productionen 
der  Dichter  des  siidlichen  Frankreichs  beschäftigte.  Die 
Abweichung  der  Sprache ,  die  sich  so  zusagen  von  Ort 
zu  Ort  kund  thut,  schien  mir  aufserdem  eine  Schwie- 
rigkeit, um  so  schwieriger  zu  überwinden,  als  ich  weit 
entfernt  war,  daran  zu  denken,  dafs  die  Thatsachen, 
welche  sich  meinem  Geist  als  eine  Menge  verschiede- 
ner Dialekte  darstellen,  im  Grunde  nur  die  Folge  eines 
Wechsels  der  Aussprache  seien,  wovon  ich  mich  nach 
einiger  Zeit  vollständig  überzeugte.  Und  in  der  That, 
je  mehr  ich  in  die  Sprache  und  die  Literatur  der  Trou- 
badours eindrang,  desto  mehr  wurde  ich  inne,  dafs  die 
Verschiedenheit  der  Ausdrucksweise  nur  eine  scheinbare 
ist  und  dafs  sie  überall  ein  und  derselben  Quelle  ent- 
springt, d.  h.  dafs  die  zahlreichen  Mundarten  alle  nur  die 
Kinder  der  romanisch -provenpalischen  Sprache  sind,  mehr 
oder  weniger  ausgeartet,  mehr  oder  weniger  verkrüppelt, 
doch  immer  deutliche  Spuren  ihres  ehemaligen  Ursprungs 
bewahrend.  Diese  Thatsache  nun  einmal  erst  ordent- 
lich festgestellt,  fixnd  ich  auch  keine  Schwierigkeit  mehr 
mich  zu  überzeugen,  dafs  auch  eine  Möglichkeit  vorhanden 
sein  müsse,  das  zu  bewerkstelligen,  was  ich  solange 
als   unausführbar   angesehen  hatte. 

Seit  dieser  Zeit  nun  habe  ich  mich  vielfach  damit 
beschäftigt  die  Mittel  zu  finden,  um  ein  orthographisches 
System  zu  schaßen,  das,  ohne  die  localen  Gewohnheiten 
zu  beeinträchtigen,  eine  Möglichkeit  darbiete,  durch  mate- 
rielle Zeichen,  deren  Werth  für  alle  derselbe  sei,  die 
literarischen  Productionen  zu  repräsentieren,  die  man  in 
den  verschiedenen  Dialekten  des  mittäglichen  Frankreichs 
findet.  Da  mir  nun  die  Fähigkeit  sowohl  als  auch  die 
Gelehrsamkeit  fehlt,  dieses  System  vollständig  und  der 
Gelehrtenwelt  zur  Genüge  zu  entwickeln  und  in  allen 
seinen  Einzelheiten  und  verschiedenen  Beziehungen  zu 
einander  darzustellen,  so  will  ich  hier  nur  flüchtig  die 
allgemeinen    Principien,    die  ich  mir  gebildet  und  die  als 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  271 

Basis  eines  solchen  Systems  dienen  müssen,  mittheilen j 
vielleicht,  dal's  sich  eine  würdigere  imd  geschicktere 
Hand  findet,  diese  meine  Arbeit  aufzunehmen  und  zu 
vervollständigen. 

Indem  ich  nun  die  Aussprache  der  "Worte,  welche 
die  verschiedenen  modernen  Mundarten  von  der  romanisch- 
provengalischen  Sprache  bewahrt  haben,  mit  der  Ortho- 
graphie derselben  Worte  verglich,  so  wie  sie  sich  in  den 
Manuscripten  des  12.,  13.  und  14.  Jahrhunderts  vorfindet, 
habe  ich  o-efunden,  was  die  Vocale  anbetrifit: 

1.  Dafs  das  A^  überall  wo  es  beibehalten,  beständig 
wie  das  gewöhnliche  französische  A  ausgesprochen  wird. 

2.  Dafs  das  E,  welches  niemals  stumm  ist,  bald  die 
Aussprache  des  geschlossenen,  bald  die  des  offenen  E 
hat,  und  sehr  häufig  einen  Ton,  der  die  Mitte  zwischen 
beiden  hält. 

o.  Dafs  kein  Unterschied  zwischen  dem  I  und  dem 
französischen  I  stattfindet. 

4.  Dafs  das  0  sich  auf  zwei  ganz  deutlich  von  ein- 
ander verschiedene  Weisen  ausspricht:  als  OU (U)^  wenn 
es  mit  dem  0  correspondiert,  welches  die  Troubadours 
gebrauchten;  als  französisches  0,  sobald  als  es  in  den 
Worten  die  Stelle  des  A  vertritt,  dessen  sich  die  roma- 
nische Sprache  bediente  oder  bedient  haben  würde.  ^) 
Hin  und  wieder  jedoch  kommen  Fälle  vor,  wo  es  wie  im 
Französischen  ausgesprochen  wird  ,  obgleich  es  die 
Functionen  des  romanischen  0  erfüllt.  Der  Gebrauch 
lehrt  sehr  bald  diese  Verschiedenheiten  und  Abweichungen 
kennen. 

5.  Dafs   die  Aussprache   des   U  in  allen  diesen  Idio 
meu  gröfstentheils  dieselbe  ist,  wie  die  des  franz.   U. 

G.  Dafs  ein  gleiches  von  Y  gilt,  wobei  jedoch 
bemerkt  werden  mufs,   dafs  in  allen  diesen  verschiedenen 


')  Die  Transmutation  des  A  in  0  ist  selir  häufig  und  «.-rfordert  eine 
eingehende  Beleuchtung,  um  den  Ursprung  und  den  Eluflufs  derselben 
coustatiren  zu  können. 


272  H.  Bartling 

Dialekten  gewöhnlich  kein  Unterschied  zwischen  /  und 
Y  gemacht  wird. 

7.  Dafs  die  Diphthonge  so  ausgesprochen  werden, 
dafs  man  ein  wenig  alle  Vokale,  aus  denen  sie  zusammen- 
gesetzt sind,  heraushören  kann;  man  mufs  sie  eben  so 
modificieren,  dafs  man  sie  alle  deutlich  in  ein  und  der- 
selben Tonwelle,  der  Anzahl  und  der  Natur  nach,  erkenne ; 
z.  B,  Paire,  Maire  (pere,  mere)  müssen  Pa-i-re,  Ma-i-re 
ausgesprochen  werden;  und  ferner  um  den  Ton  der  Worte 
Neit  (nuit),  Rei  (roi)  recht  wieder  zu  geben,  mufs  man 
sairen:  Ne-i-t,  Re-i  etc.  etc. 

Von  dieser  Regel  findet  keine  Ausnahme  statt,  und 
wenn  qui  wie  im  Französischen  ausgesprochen  wird; 
wenn  que  gleicherweise  nur  eine  einzige  Flexion  beim 
Ausstofsen  des  Lautes  erfordert,  indem  es  das  U  halb 
offen  läfst;  wenn  dasselbe  von  quäl,  quanta  und  im  all- 
gemeinen von  allen  Worten  gilt,  die  mit  Q  U  anfangen  oder 
in  denen  sich  dasselbe  vorfindet,  so  kommt  dies  zweifels- 
ohne daher,  dafs  das  U^  welches  sich  mit  dem  Q  ver- 
bindet, der  Thätigkeit  dieses  Consonanten  weder  etwas 
hinzufügt  noch  raubt,  woraus  ganz  natürlicher  Weise 
folgt,  dafs  der  Vocal,  der  nach  dem  U  kommt,  nicht 
angesehen  wird,  als  ob  er  einen  Diphthong  mit  demsel- 
ben bilde. 

Diese  Bemerkungen  finden  im  allgemeinen  ihre  An- 
wendung bei  den  Worten,  die  mit  Gü  anfangen,  wohl- 
verstanden, dafs  an  vielen  Orten  das  CT,  vor  dem  ein  G 
steht,  durchaus  keinen  anderen  Wertli  hat,  als  den  in 
der  gedachten  Verbindung  mit  Q :  doch  häutig  auch 
kommt  es  vor,  dafs  es  einen  Diphthong  mit  dem  ihm 
fola-enden  Vocal  bildet. 

Was  nun  die  Consonanten  anbetrifit,  so  werden  sie 
alle  wüe  im  Französischen  ausgesprochen,  mit  der  Aus- 
nahme des  G',  welches  den  Werth  des  ClI  hat,  und  des 
J  (j),  welches  mit  dem  französischen  TCIJ  übereinstimmt; 
Cr,  vor  dem  ein  T  steht  und  dem  E  oder  /  folgt,  werden 
gleichfalls  wie  TC'// ausgesprochen;  aber  dieses  T  und  G 
vereint,  ersetzt  man  durch  677,  wenn  der  Vocal,  der  darauf 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  273 

folgt,  ein  A,  0  oder  U  ist.  Im  Anfang  der  Worte  lautet 
G  genau  wie  im  Französischen,  zum  Unterschiede  von 
J  (j)  ^  das  seine  ihm  eigene  Aussprache  behält,  stehe  es 
nun  im  Anfang  oder  in  der  Mitte  eines  Wortes.  CH  im 
Anfang  eines  Wortes  tönt  bald  wie  TCIJ^  bald  wie  Ä',  je 
nach  der  Localität. 

Es  möge  mir  nun  vergönnt  sein,  materiell  die  Wahr- 
heit des  von  mir  Behaupteten  darzuthun,  und  zu  diesem 
Behufe  hier  einige  Stellen  aus  mittäglichen  Dichtern,  die 
zu  verschiedenen  Zeiten  und  in  verschiedenen  Provinzen 
gelebt  haben,  mitzutheilen.  Mit  diesen  Citaten  hofie  ich 
einen  doppelten  Zweck  erfüllen  zu  können,  und  zwar 
zuerst  die  Richtigkeit  der  von  mir  aufgestellten  Regeln 
ans  rechte  Licht  zu  setzen,  und  dann  die  progressive 
Veränderung  der  Worte  und  gar  häufig  das  vollständige 
Invergessenheitgerathen  ihrer  Grundbedeutung  zu  zeigen. 

In  den  „Annalen  von  Toulouse",  Band  II,  Notes, 
Seite  12,  findet  man  ein  Chanson,  welches  an  Clemence 
Isaure  gerichtet  ist  luid  das  man  als  dem  15.  Jahrhundert 
angehörig  betrachtet.  Ich  werde  verschiedene  Couplets 
hier  übertragen;  auf  der  einen  Seite  so  wie  sie  gedruckt 
worden  sind,  und  auf  der  anderen,  so  wie  sie  den  Regeln 
nach,  die  ich  so  eben  angedeutet  habe,  hätten  gesetzt 
sein  sollen,  und  ferner,  zum  bessern  Verständnifs,  darunter 
eine  französische  üebersetzung. 

Text  der  Annalen.  Verbesserter   Text. 

Dona  Clemen^a,  se  bous  plats,  Dona  Clemenga,  se  bos  plats, 

Jon  bous  dire  pla  las  bertats  Jo  bos  direi  pla  las  bertats 

De  la  guerra  que  ses  passada  De  la  guerra  que  s'es  passada 

Entre  Pey ,  lou  rey  de  Leon,  Eutre  Pey ,  lo  rey  de  Leon 

Henric,  son  fray,  rey  d'Aragoun  Henric,  son  fray,  rey  d' Aragon 

Et  dac  Guesclin  ,  son  camarada...  Et  d'ab ')  Guesclin,  son  camarada... 

L'an  mil  tres  cent  soisanta-cinc,  L'an  mil  tres  cent  soisanta  eine, 

Deu  houle  deu  rey  Karloquint,  Deu  hole  den  rey  Karlo  quint, 

Passec  en  aquesta  patria  Passet  en  aquesta  patria 

Noble  seinniou  Bertran- Guesclin  Noble   seinnior,    Bertran  Guesclin, 


1)   Peut-ctre  dans  le  texte,   au    licu  de  Dac,    y  avait-il  Dam,    qui 
eignifie  seigneur.     [Ist  wohl  unzweifelhaft!     Red.] 

Jahrb.  f.  roin.  u.  engl,  Lit,    XII.  3.  13 


274  H.  Bartling 

Baron  de  la  Rocha-Derin  Baron  de  la  Roche  de  Ein, 

Menan  ambet  gend  d' Armaria Menan  amb  et  gen  d'armaria 

Den!  qu' eraquo  en  aquet  temps !  Deu  !  qu' er'aquo  en  aquet  temps? 

Las  fennas  qu'eran  labes  prens  Las  fennas  qu'eran  las  bes  prens, 

Boulevan  estar  a  jagudas,  Bolevaii  estar  ajagudas. 

E  que  lous  enfans  fouron  grans,  E  que  los  enfans  foron  grans 

Per  poude  pourta  lous  carcans  Per  pode  porta  los  carcans 

Dam  las  beilas  lan^as  a  cutas.  D'am  las  beilas  lan9as  acutas. 

Trachiction. 

«Dame  Clemence,  s'il  voiis  plait,  je  vous  dirai  toiit 
bonnement  les  verites  de  la  guerre  qui  s'est  passee  entre 
Pierre  le  roi  de  Leon,  Henri  son  frere,  roi  d' Aragon, 
et  d'avec  Guesclin  son  camarade  .... 

«L'an  niil  trois  Cent  soixante-cinq,  de  la  volonte  du 
roi  Charles  V,  passa  dans  ce  pays,  noble  seigneur  Bertrand 
Guesclin,  baron  de  la  Roche  de  Rin,  menant  avec  lui 
gendarmerie 

«Dieu!  qu'etait  cela  en  ce  temps-la!  Les  fenimes 
qui  etaient  a  peine  grosses  voulaient  etre  accouchees,  et 
que  les  enfonts  fussent  grands  pour  pouvoir  porter  les 
Colliers  d'avec  les  belies  lances  aigues.» 

Es  ist  bemerkenswerth,  dafs  in  diesem  Gedichte  das 
B  immer  an  die  Stelle  des  V  gesetzt  ist,  besondere  Eigen- 
heit   der    gasconischen    Sprache  ');   ferner    dafs  OU  sehr 


1)  Rambaud  de  Vaquiers,  der  um  das  13.  Jahrhundert  lebte,  hat 
ein  Descort  komponiert,  von  dem  das  vierte  Couplet  in  gasconischer 
Sprache  ist  und  wo  die  B  gleichfalls  für  F  stehen.  Ich  theile  dasselbe 
hier  mit,  wie  es  Raynouard  im  Choix  des  Poesies  originales  des  Trou- 
badours, Band  II,  S.  127,  abgedruckt  hat. 

Dauna  io  me  rent  a  Bos, 
Quar  eras  m'es  bon  'e  Bera; 
Ancse  es  guallard'  e  pros, 
Ab  que  no  m  fossetz  tan  fera ; 
Mout  aBetz  Beras  faissos 
Ab  coror  fresqu'  e  novera; 
Bos  m'aBetz,  e  s'ieu  Bs  aguos 
No  m  sofranhera  fiera. 

Traduction. 

«Dame,  je  me  rends  a  vous,  car  maintenant  vous  m'etes  bonne.et  vraie; 
vous  etes  toujours  joyeuse  et  meritante,  pourvu  que  vous  ne  me  fiissiez 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  275 

häufig,  doch  nicht  immer  für  0  steht;  dafs  das  R  am 
Ende  fast  schon  in  allen  Infinitiven  der  Verba  ver- 
schwunden ist;  und  endlich,  dafs  eine  kleine  Anzahl  von 
Wörtern  höchst  willki'irlich ,  ja  fast  ohne  Verständuifs 
gedruckt  sind,  wie  ses  im  ersten  Couplet,  ambet  im 
zweiten,  a  jagudas,  a  cutas  im  dritten,  wofür  man  s'es, 
amb  et,  ajagudas,  acutas  hätte  setzen  müssen,  da  diese 
Wörter  eigentlich  se  est,  avec  lui,  alitees,  aigues  be- 
deuten. 

Betrachten  wir  nun  einmal  die  Productionen  Goude- 
iin's.  Ein  Fragment,  ohne  weitere  AVahl,  den  Werken 
<}ieses  berühmten  Dichters  entnommen,  wird  uns  die,  in 
Folge  progressiven  Aufgebens  der  primitiven  Formen 
und  in  Folge  des  totalen  Verlustes  der  guten  Traditionen 
des  graphischen  Systems,  gewaltig  veränderte  Sprache 
seiner  Zeit  vor  die  Augen  führen. 

Gedicht  an  M''  de  Montauron, 
Text  in  den  Werken  Goudelin's.  Verbesserter  Text. 

Yeu  n'e  ni  plumo  ni  paraulo  Yen  n'e  ni  plumo  ni  paraulo 

Per  tratta  d'un  brabe  seignou  Per  tratta  d'un  brabe  seigno 

Que  l'autre  jour  me  fec  l'aunou  Que,  l'autre  jor,  me  fec  l'ono 

De  me  recebre  de  sa  taulo,  De  me  recebre  de  sa  taulo, 

E  moun  esprit  non  sap  oun  s'es  E  mon  esprit  non  sap  on  s'es, 

Quand  lin  cal  dire  gran  messes.  Quand  li'n  cal  dire  gran  messes- 

El  agradec  ma  conneissenijo,  El  agredec  ma  conneissensa 

E  me  fec  liberalitat  E  me  fec  liberalitat 

Soulomen  per  la  qualitat  Solomen  per  la  qualitat 

Qu'  yeu   soun   del  loc  de  sa  nays-  Qu'   yeu   son   de   loc    de   sa  nays 

sen(;o ,  sensa., 

Certos  yeu  m'en  trobi  rabit,  Certos  yeu  m'en  trobi  rabit, 

Per  jamay  nou  l'abe  serbit.  Per  jamay  no  l'abe  serbit. 

Yeu  me  fan  ')  be  tira  raureillo  Y^eu  me  fan  be  tira  l'aureillo 

De  nou  descrubi  leu  soun  noum  De  no  descrubi  leu  son  nom, 

E  de  nou  pourta  soun  renom  E  de  no  porta  son  renom 

Dins  uno  bilo  de  Merbeillo,  Dins  uno  bilo  de  Merbeillo. 

Toulouso  e  jou  que  pregan  Diu  Toloso  e  iou  que  pregan  Diu 

Que  cent  ans  nous  demore  viu.  Que  cent  ans  nos  demore  viu. 


pas  si  cruelle ,  moult  vous  avez  de  vraies  faijons,  avec  coulcur  fraiche 

et  nouvelle,   vous  m'avez,  et  si  je  vous  avais,   ne   me  manquerait  foire 

(c'est-k-dire:  Je  trouverais  gens  qui  voudraient  vous  aoquerir  de  moi).» 

')  Das  Original  hat  hier  fa«,  was  jedenfalls  nur  ein  Druckfehler  ist. 

18* 


27G 


H.  Bartling 


Mountauron  es  le  noum  aymable 
Que  biura  dins  soun  soubeni, 
El  que  las  bertuts  fan  beni 
Dins  un  estat  inestimable, 
Oun  serbis  en  fidelitat 
Soun  inbinciblo  majestat. 

La  diligenco,  la  sagesso , 
L'hounestetat,  le  joutjomen 
L'acoumpagnouii  hurousomen 
A  las  graudous  de  la  richesso, 
Digne  d'un  plus  rare  tresor 
Perque  ne  donno  de  boun  cor. 

Muso  tanquen  aci  la  beno 
Tapauc  n'aben  pas  entrepres 
De  parla  de    tout  (;o  qu'el  es, 
Contenten  nous  de  soun  estreno. 
Piasso  dounc,  plasso  coumplimens 
Per  prene  sous  commandemens. 

Aro  soungi  de  prene  cour^o 
Per  sauta  d'aci  din  Paris 
Ount  aquel  grand  moundi  fiouris 
Que  fec  grana  d'or  dins  ma  bour^o 
Placio  li  qu'eu  le  saludan 
Yen  fasso  recolto  quad'  an. 


Montauron  es  le  nom  aymable 
Que  biura  dins  son  soboni, 
Et  que  las  bertuts  fan  beni 
Dins  un  estat  inestimable, 
On  serbis,  en  fidelitat, 
Son  enbenciblo  majestat, 

La  diligenso,  la  sagesso 
L'honestetat,  le  jutjomen 
L'accompagnon  hurosomen 
A  las  grandos  de  la  richesso 
Digne  d'un  plus  rare  tresor; 
Per  que  ne  dono  de  bon  cor. 

Muso  tanquen  aci  la  beno , 
Ta  pauc  n'aben  pas  entrepres 
De  parla  de  tot  so  qu'el  es. 
Contenten  nos  de  son  estreno. 
Plasso  dono,   plasso,   complimens, 
Per  prene  sos  comandamens. 

Aro  sogni  de  prene  corso, 
Per  sauta  d'aci  dins  Paris, 
Ont  aquel  grand  mondi  floris 
Que  fec  grana  d'or  dins  ma  borsa; 
Plassio  li  qu'en  le  saludan , 
Yeu  fasso  recolto  quad'  an. 


Traduction. 

«Je  n'ai  ni  plume  ni  parole  pour  traiter  cFun  brave 
seigneur  qui,  Tautre  jour,  me  fit  Thonneur  de  me  rece- 
voir  de  (a)  sa  table,  et  mon  esprit  ne  sait  oü  il  est  quand 
il  faut  lui  en  dire  grand  merci. 

« II  agrea  ma  connaissance,  et  me  fit  liberalite,  seule- 
ment  par  la  qualite  (par  ce  motif  seul)  que  je  suis  du  lieu 
de  sa  naissance.  Certes  je  m'en  trouve  ravi,  pour  jamais 
ne  Tavoir  servi. 

«Je  me  fais  bien  tirer  l'oreille  de  ne  decouvrir  vite 
son  nom,  et  de  ne  porter  son  renom  dans  une  ville  de 
Merveille.  i)  Toulouse  et  moi  que  nous  priions  Dieu  que 
Cent  ans  il  nous  demeure  vif. 

«Montauron  est  le  nom  aimable  qui  vivra  dans  son 
Souvenir,    et  que  les  vertus   fönt  venir  dans  un  etat  in- 


1)   Cette  fa^on  de  parier  correspond  a   l'expression  fran9aise  «jus- 
ques  aux  cieux  », 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  277 

estimable,  oü  il  sert  avec  fidelite  son  invincible  majeste 
(le  roi). 

«La  diligence,  la  sagesse,  Fhonnetete,  le  jugement 
raccompagnent  heureusemeut  ä  (dans)  les  grandeurs  de 
la  richesse,  digne  (qn'il  est)  d'uu  plus  rare  tresor;  (c'est) 
pourquoi  il  en  douue  de  bon  coeur. 

uMuse,  arretous  ici  la  veine,  aussi  bieu  nous  u'avons 
pas  entrepris  de  parier  de  tont  ce  qu'il  est:  contentons- 
nous  de  son  etrenne.  Place  donc,  place,  compliments, 
pour  prendre  ses  conimandements. 

«Maintenant  je  songe  de  prendre  course,  pour  sauter 
d'ici  dans  Paris,  oü  ce  grand  monde  fleurit  (ce  monde) 
qui  fit  graiue  d'or  dans  ma  bourse:  quil  lui  plaise  qu'en 
salutant  je  fiisse  recolte  chaque  an.» 

Sicherlich,  es  waltet  ein  grofser  Unterschied  zwischen 
dieser  Production  ob  und  jener,  von  der  ich  weiter  oben 
drei  Couplets  citierte;  es  genügt,  auch  nur  einen  flüch- 
tigen Blick  auf  beide  Stücke  zu  werfen  um  zu  erkennen, 
dafs  der  anonyme  Autor  des  «'  Chanson  au  Dame  Cle- 
mence»  nur  ein  einfacher  Reimschmied  ist,  dagegen  Gou- 
delin  ein  wahrhafter  Poet,  so  wol  in  Gedanken  als  im 
Ausdruck.  Wenn  man  dagegen  aber  die  Werke  des 
letzteren  in  rein  graphischer,  und  selbst,  wenn  man  will, 
in  lexicographischer  Beziehung  mit  denen  des  ersteren 
vergleicht,  so  mufs  man  zugeben,  dafs  die  Kluft,  die 
beide  trennt,  eine  gewaltige  ist  und  die  anonyme  Dich- 
tung den  Sieof  davon  träojt.  Und  in  der  That.  bei  Gou- 
delin  hat  der  Verlust  der  alten  guten  Traditionen  die 
Orthographie  der  Worte  nicht  allein  einer  W^illkür  ohne 
Grenzen  unterworfen,  nein,  auch  das  R  am  Ende  der 
Infinitive  ist  verschwunden,  so  wie  eine  Menge  von  Sub- 
stantiven gleicherweise  dieses  charakteristische  R  eiuge- 
büfst  haben.  Diese  Unterdrückungen  von  Buchstaben) 
es  ist  wahr,  können  der  Euphonie  beigemessen  werden: 
doch  ich  zögere  keinen  Augenblick  mit  der  Behauptung, 
dafs  sie  aus  Unwissenheit  entsprangen,  da  man  verlernt 
hatte,  jene  Sprache  zu  schreiben  Ferner  ist  es  bemerkens- 
werth,  dal's  sich  bei  Goudcliu  mehrere  französische  A^  orte 
vorfinden,  die  der  Dichter,  eben  so  weit  es  ihm  gelingen 


278  H.  Bartling 

wollte,  verpatoitisierte  ^);  im  übrigen  nahm  dieses  Eingreifen 
ins  Französische,  das  sich  schon  zu  Zeiten  dieses 
Dichters  sehr  fühlbar  macht,  immer  mehr  nnd  mehr 
an  Ausdehnung  zu ,  wovon  man  sich  leicht  über- 
zeugen kann,  wenn  man  die  mehr  neueren  Werke  zur 
Hand  nimmt. 

Wenn  wir  nun  von  Goudelin  zu  Daubasse  übergehen, 
der  fast  zu  derselben  Zeir  lebte,  so  trefien  wir  bei  diesem 
noch  auf  eine  andere  Abänderungsweise  der  Sprache, 
noch  auf  ein  anderes  orthographisches  System,  das  nicht 
weniger  fehler-  und  lückenhaft  ist.  Der  Grund  davon 
liegt  einfach  darin,  dafs  Daubasse  zu  Villeneuve  d'Agen 
lebte,  wo  eine  andere  Aussprache  herrschte  und  noch 
herrscht  als  zu  Toulouse. 

Betrachten  wir  einmal  vier  Verse  dieses  Dichters  — 
der  übrigens  wegen  seines  grofsen  Improvisationstalents 
bemerkenswerth  ist  — ,  die  er  an  eine  Dame  richtete,  indem 
er  ihr  die  Hand  bot,  um  ihr  über  einen  Rinnstein  zu 
helfen. 

Gedruckter  Text.  Verbesserter  Text. 

Bous  ses  bello  coumo  lou  xour,  Bos  ses  bello  como  lo  jor, 

Xamai  la  neu  sera  ta  blanquo;  Jamal  la  neu  sera  ta  blanquo 

Per  passa  lou  riü  de  l'amour,  Per  passa  lo  riu  de  Tamor, 

N'ou   boudrioi   pas  d'autra   polan-  Na  bodrioi  pas  d'autra  polanquo. 
quo. 

Traduciion. 

«  Vous  etes  belle  comme  le  jour,  jamais  la  neige  ne 
sera  si  blanche;  pour  passer  le  ruisseau  de  l'amour,  je  ne 
voudrais  pas  d'autre  planche.» 

Man  sieht  in  diesen  Versen,  wie  ich  schon  weiter 
oben  bemerkte,  dafs  das  X  hier  gebraucht  ist  um  das  -/ 
zu  ersetzen,  und  zwar  i^anz  aufrenscheinlich,  weil  man  die 


')  Le  mot  Brau,  qui  signifiait  rüde,  mecliant,  dans  l'ancienne  langue 
proven9ale,  se  trouve,  dans  le  deuxieoie  vers  de  Goudelin,  transforme 
en  Brabe,  brave,  ayant  la  meme  signification  que  dans  le  fran^ais 
aetuel. 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  970 

richtige  Aussprache  oder  besser  den  Sprachwert  des  J 
vor  Vocalen  nicht  mehr  kannte.  Gleicherweise  fällt  es 
in  die  Augen,  dafs  die  Accente  sich  mehren,  wie  das 
kommen  mufste,  da  man  die  französische  Auss^iracbe  als 
Vorbild  und  Ausgangspunkt  nahm. 

Die  folgenden  Verse  werden  meine  Behauptungen  noch 
in  ein  deutlicheres  Licht  stellen  und  zu  gleicher  Zeit  ein 
Mittel  darbieten,  die  Niiancen  zu  erfassen,  welche  diese 
Sprachiudividualitäten  charakterisieren,  die,  weit  entfernt 
mit  der  Zeit  zu  verschwinden,  nur  noch  immer  deutlicher 
in  den  Vordergrund  treten  und  immer  zahlreicher  und 
verschiedenartiger  erscheinen. 

Daubasse,  von  einer  epidemischen  Krankheit  befallen, 
die  zu  Villeneuve  herrschte,  wurde  von  dem  Pfarrer  des 
Orts,  seinem  Freunde,  besucht;  und  da  der  Geistliche 
anfing  ihn  über  seinen  Zustand  zu  trösten  und  Hoflfnuug 
auf  baldige  Besserung  zu  machen,  so  antwortete  ihm  der 
Dichter  auf  höchst  brüske  Weise  durch  folgende  acht 
Verse: 

Gedruckter  Text.  Verbesserter  Text. 

Quand    you    besi   la    mort    en    sa      Qiiand  yo  besi  la  mort,  en  sa  daillo 

daillo  a  la  ma  a  la  ma, 

Bisita   lous   castels,    et   sabra   las      Bisita  los  castels,  et  sabra  las  ca- 

cabanos,  banos, 

You  disi  qu'es  bien  sot,  qui  eres  que      Yo  disi  qu'es  bien  sot,  qui  eres  que 

las  campanos  las  campanos 

Par    el    sounerant    pas    beleü    lou      Per   el  sonarou  pas  be  leu  lo  leu- 

lendoiima.  doma ; 

Y'oun'ou  besi  pas  trop  que  la  cruello      Yo  no  besi  pas  trop  que  la  cruello 

laise  laisse 

Lou  boi  enquero  bert  ni  lou  niol,      Lo    boi   euquero    bert,    ni   lo  mol, 

ui  lou  dür.  ni  lo  dur; 

Y'ou   besi  qu'ello  coupo  90  que  fai      Y'o    besi    qu'ello    copo    so    que    fai 

pas   que  naisse  pas  que  naisse, 

Coumo  nous-aux  eoupan  un   rasiu      Como  nos  aus  copan  un  rasin  bleu 

bien  madur.  madur. 

Traduction. 

«Quand  je    vois    la    mort    avec    sa    faux   ii  la  main 

visiter  les  chateaux  et  sabrer  les  cabanes,  je  dis  qu'il  est 

bien   sot   (celui)   qui  croit  quo   les   cloches  pour  lui  (ne) 

sonueront  pas  pcut-etre  le  lendemain;  je  ne  vois  pas  trop 


280  H.  Bartling 

que  la  cnielle  laisse  le  bois  encore  vert,  ni  le  moii,  ni 
le  dur;  je  vois  qii'elle  coupe  ce  qui  ne  fait  que 
de  naitre,  comme  nous  aiitres  coupons  un  raisin  bien 
mür.» 

Bei  Daubasse  wie  bei  Goudelin  begegnen  wir  schon 
häufigen  Eingriffen  ins  Französische;  doch  diese  Eingriffe 
sind  mehr  in  die  Form  der  Phrasen,  als  in  die  Worte 
selbst,  gethan.  Einen  Umstand  mufs  man  jedoch  nicht 
aufser  Acht  lassen  und  das  sind  die  Idiotismen:  «so  que 
fai  pas  que  naisse »  ist  ein  endemischer  Ausdruck,  der 
gewaltig  nach  dem  Territorium  schmeckt,  von  dem  er 
stammt;  dergleichen  Dinge  findet  man  häufig  in  den  Wer- 
ken von  Daubasse. 

Wenn  wir  nun  den  Dichter  von  Agen  verlassen  und 
uns  nach  Perigord  wenden,  so  werden  wir  wahrnehmen, 
dafs  hier  das  Z  statt  des  6',  ja  selbst  statt  des  T  gebraucht 
wird.  Im  übrigen  aber  werden  die  Vocale  fast  auf  gleiche 
Weise  ausgesprochen,  nur  mit  Ausnahme  des  f7,  das 
in  einzelnen  Fällen  wie  OTJ  tönt.  Die  folgenden  Verse 
werden  genügen,  diese  neuen  Eigenthümlichkeiten,  wenn 
nicht  Mängel  in  dem  graphischen  System ,  das  in  dieser 
Gegend  angenommen,  zu  illustrieren: 

Gedruckter   Text.  Verbesserter   Text. 

D'en  pey  que  toun  cur  m'es  dounat,  Denpey   que  ton  cur  m'es  donat, 

Zonti  berzier  en  gaze,  Jontil  bergier,  en  gatge. 

Nou  Tai  vendu  ni  mai  prestat,  No  Tai  vendut  ni  m'ai  prestat, 

N'ai  fat  millour  usaze ;  N'ai  fat  millor  usatge ; 

L'ai  pres,  i'ai  mesclat  en  lo  meou  L'ai  pres,  Tai  niesclat  en  lo  meu, 

No  savi  pus  quales  lo  teou.  No  savi  pus  quäl  es  lo  teu. 

Tradiiction. 

«Depuis  que  ton  coeur  ragest  donne,  gentil  berger, 
en  gage,  je  ne  lai  vendn  ni  prete,  j'en  ai  fait  meilleur 
usage:  je  Tai  pris ,  je  Tai  mele  avec  le  mien,  je  ne  sais 
plus   quel  est  le  tien.» 

In  den  so  eben  angeführten  Versen  sieht  man,  dafs 
das  V  nicht  durch  ein  B  ersetzt  ist,  dagegen  aber  sind 
die  anderen  Abänderuntren  desto  häufiger.     Man  darf  in- 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  281 

dessen^  wol  nicht  mit  Unrecht,  behaupten,  dafs  Perigord 
das  Land  ist,  wo  sich  die  romanisch -provenfalische 
Sprache,  wenn  auch  nicht  grade  in  den  "SV ortformen,  so 
doch  in  den  Wurzeln  erhalten  hat. 

Ich  gedenke  nun  auf  einige  Einzelheiten  des  limu- 
siner  Patois  einzugehen.  Er  verdient  um  so  mehr  eine 
Aufmerksamkeit,  als  die  Provinz  in  der  er  gesprochen 
wird,  an  das  Land  grenzt,  wo  französisch  die  allein  herr- 
schende Sprache  ist. 

Vor  ohngefähr  siebenzig  Jahren  unternahm  ein  Pfarrer 
in  Bas-Limousin,  der  Abbe  Foucaud,  in  seinen  Mufse- 
stunden  eine  Uebersetzung  der  Fabeln  Lafontaine's. 
Erstaunenerregend  ist  es,  dafs  es  ihm  gelang  in  dieser 
Verkleidung,  zuweilen  allerdings  ein  wenig  burlesk,  den 
elgenthümlichen  Reiz  zu  bewahren,  der  die  Dichtungen 
des  französischen  Fabeldichters  umgiebt.  Eine  rigorose 
Kritik  könnte  der  Uebersetzuno;  höchstens  ein  wenio;  zu 
grofsen  Wortschwall,  in  einzelnen  Fällen  auch  Paraphrase 
statt  Uebersetzung  vorwerfen.  Man  mufs  indessen  zu- 
gestehen, dafs  das  Idiom,  in  welchem  der  Abbe  Foucaud 
schrieb,  bis  zu  einem  gewissen  Punkt  diese  Unzuläng- 
lichkeiten und  Weitschweifigkeiten  entschuldigt,  die  mehr 
scheinbar  als  reell  sind;  denn  wenn  sie  für  gewöhnlich 
den  Fremden  ein  wenig  langweilen,  so  haben  sie  anderer- 
seits sehr  häufig  den  Vortheil,  den  Bewohnern  des  Lan- 
des zu  gefallen,  denn  der  Gebraucli  der  von  Foucaud 
angewandten  Sprache  erlaubte  ihnen  die  delicaten  Schat- 
tiruno;en  der  Ausdriicke  und  den  genauen  Werth  der 
Worte  im  vollsten  Mafse  zu  schätzen.  Obgleich  ich  mich 
hier  nicht  mit  dem  literarischen  Werth  des  Autors  zu 
befassen  habe,  so  konnte  ich  es  mir  doch  nicht  versagen, 
diese  Keflcxioneu  zu  machen ,  da  ihre  Richtigkeit  zur 
Genüge  aus  der  Fabel  hervorleuchten  wird,  die  ich  im 
Sinne  der  Frage,  die  den  Gegenstand  dieser  Arbeit  aus- 
macht, eitleren  und  näher  beleuchten  werde. 

Ich  nehme  die  erste  Fabel,  la  Cigale  et  la  Fourmi,  die 
zugleich  Gelegenheit  darbieten  wird,  das  Talent  und  die 
Mängel  des  Autors  zu  erkennen,  so  wie  die  Inconvcnienzen 


282 


H.  Bartlinc: 


zur  Anschauung  zu  bringen,  die  man  sich  geschafien, 
indem  man  dem  Patois  auf  der  einen  Seite  das  System 
der  Aussprache,  das  für  die  französischen  Buchstaben, 
respect.  Laute  festgestellt  ist,  einzuimpfen  versuchte,  und 
auf  der  anderen  Seite  sich  abmühte,  die  Worte  so  zu 
schreiben,  wie  sie  sich  durch  den  Schall  dem  Gehör 
präsentiren,  anstatt  zu  versuchen  sich  Rechenschaft  zu 
geben  von  ihrer  primitiven  Form  und  ihrem  sprachlichen 
Werth. 

Ich  gebe  die  in  Frage  stehende  Fabel  so  wieder,  wie 
sie  in  der  letzten  Ausgabe  der  Werke  von  Foucaud  — 
Limoges  1835,  chez  Bargeas,  imprimeur  et  editeur  —  ab- 
gedruckt ist,  und  setze  ihr  gegenüber  den  Text,  wie  ich 
glaube,  dafs  er  hätte  gedruckt  werden  müssen. 


Text  der  Umusiner  Ausgabe. 
Lo  Cigalo  et  lo  Fermi. 

Is  man  counta  qu'uno  cigalo 
L'hiver  darnier  guet  lo  fan-galo, 
E  vou  vole  countäs  coumen 
L'y  survenguet  que-1-acciden. 
Tou  l'eitiü  quelo  parporello 
Vio  fa  so  belle  domneizello 
Nei-t-e  jour  Tiaurias  pas  vü  fäs 
D'autre  meytiez  que  de  chantäs. 
Quan  la  bizo  fuguet  vengiido 
Ah!  disse-t-ello,  sai  perdudo! 
Pen  bri  de  verme,  de  moüchan! 
Fau.  plo  que  i'au  mere  de  fan. 
Lo  sen  oneit  credas  fomino 
Chaz  caüco  fermi  so  vesino  , 
E  copounas  per-mour-de-Diü 
Deque  broütäs  deich -a  l'eytiü. 
Bouei!    praito     me    l'y    desse-t- 

ello, 
Per  viaüre,  caüco  bogotello 
Tu  siras  (fe  de  parpoillaü) 
Poyado  dis  tou  lou  mey  d'aü. 
Te  tournorai  avec  uzuro 
Toun  gage  ma'i  to  nurituro. 
La  fermi  ue  prait-a-degu, 
Soun  trobaii  fa'i  soun  reveingu: 


Verbesserter   Text. 
Lo  Cigalo  et  lo  Fermi. 

Is  m'an  conta  qu'uno  cigalo, 
L'hiver  darnier,  guet  lo  fangalo; 
E  vo  vole  contas  comen 
Ly  survenguet  quel  acciden. 
Tot  l'eitiu,  quela  parporelle 
Vio  fa  so  hello  demoizelle; 
Neit  et  jor  li  aurias  pas  vu  fas 
D'autre  meytier  que  de  chantas. 
Quan  lo  bizo  fuguet  vengudo ; 
Ah!  disset  allo,  sai  perdudo! 
Pe'n  bri  de  verme ,  de  mochan ! 
Fauplo  qne  io  mere  de  fan. 
Lo  s'en  onet  creda  fomino 
Chaz  cauco  fermi  so  vesino 
E  coponas,  per  mor  de  Diu, 
De  que  brotas  de'ic'ha  l'eitiu. 
Boei!  praito  me,  ly  disset  ello, 

Per  viure,  cauco  bogotello; 
Tu  siras,  fe  de  parpoillaü, 
Poyado  dis  tot  lo  mei  d'au. 
Te  tornorai  avec  uzuro 
Ton  gatge  mai  to  nurituro. 
Lo  fermi  ne  prait'  a  degu, 
Son  trabai  fai  son  reveugu: 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs. 


283 


Lei  be,  coum-un  sait,  meinojero 
Mä3  lo  nei  pen-pikü  eizuriero. 

No  fermi! 

Bei  CO  fi! 
Co  mai  d'eime  que  noü  san-douto, 
Co  sen  de  louen  no  bancorouto , 
E  jomai  de  bancoroiitiez 
Ne  roueinoro  pen  fermijiez. 

—  Mo  paübro  sor  saT  plo  fachado 
Qne  vous  ehäs  tan  emborossado 
Hujan  precisomen  l'io  tan  de-be-de 

Diu 
Que  fogias-vous  doun  ton  l'eitiü? 

—  Ce  que  fogio?  pardi  chantavo; 
Mai  tou  lou  mounde  s'arretavo 
Pode  dire  (sei  me  flotas) 
Exprez  per  m'entendre  chantas! 

—  Vous  chantovas?  nen  sai  char- 

mado, 
Eh-b-auro  dansas  n'auvergniado. 
Meinageix !  queü  connte  v'apren 
Que  fau  bien  empluyas  soun  ten. 
Quei  dis  l'eitiü  de  lo  jaunesso 
Qu'un    tuo  l'hy  ver  de  la  viellesso ; 
E  lou  proverbe  nei  pas  fau 
Qui  fai  mau  soun  liet  coueijo,  mau. 


Lei  be,  com  un  sait  meinojero; 
Mas  lo  n'ei  pe'n  piau  eizuniero. 

No  fermi! 

B'ei  CO  fi! 
Co  mai  d'eime  que  no  sans  doto 
Co  sen  de  loen  no  bancoroto, 
Et  jomai  de  bancorotiez 
Ke  roeinero  pe'n  fermijiez, 

—  Mo  paiivro  sor,  sai  plo  fachado 
Que  vo  ehas  tan  emborossado: 
Hujan   precisomen    l'i  o  tan  de  be 

de  Diu; 
Qne  fozias  tos  don  tot  l'eitiü? 

—  Ce  que  fozio?  par  Di !  chantavo; 
Mai  tot  le  monde  s'arretavo 
Pode  dire,  sei  me  flotas, 
Exprez  per  m'entendre  chantas! 

—  Vo   chantovas,    n'en    sai  char- 

mado, 
Eh  b'auro  dansas  n'auvergniado. 
Menageis,  queu  conte  v'apren 
Que  fan  bien  empluyas  son  ten. 
Qu'ei  dis  l'eitiü  de  lo  jaunesso 
Qu'un  tuo  Ihvver  de  lo  viellesso ; 
Et  lo  proverbe  n'ei  pas  fau: 
Qui  fai  mau  son  liet,  coeijo  mau. 


Fouillo  fas  soun  gronier  quand  lou  Foillo    fas   son   gronier   quand    lo 

froumen  s'eicudio  ;  fromen  s'eicodio  ; 

Lou  ten  perdu  jomai  ne  tournoro ,  Lo  ten  perdu  jomai  ne  tornoro , 

Qui  no  pas  vougu  quant  au  poudio ,  Qui  n'o  pas  vogu  quant  eu  podio, 

Ne  poudro  pü  qi^ant  au  voudro.  Ne  podro  pu  quant  eu  vodro. 


Traductlon  mot  ä  mot. 

«Ils  ni'ont  (on  m"a)  conte  qu"une  cigale,  Thiver  dor- 
nier,  eiit  la  fringale:  et  je  vous  tcux  conter  commeut  lui 
survint  cet  accident.  Tout  Tete  cette  frivole  avait  fait 
sa  belle  demoiselle;  uuit  et  jour  vous  ue  lui  auriez  pas 
vu  faire  d'autre  metier  que  de  chanter.  Quaud  la  bise 
fut  venue:  Ah!  dit-elle,  je  suis  perdue!  Pas  un  briu  de 
vermisseau,  de  moucherou!  11  faut,  certes,  que  je  meure 
de  faitn.  Elle  s'en  alla  crier  famiue  cbez  quelque  founni 
sa  voisine,   et  capouner,  pour  Taniour  de  Dieu,  de  quoi 


284  H-  Bartling 

brouter  d'ici  a  l'ete:  Bast!  prete-moi,  lui  dit-elle,  pour 
vivre,  qiielque  bagatelle;  tu  seras,  foi  de  papillon,  Ytnyee 
dans  toat  le  mois  d'aoüt.  Je  te  rendrai  avec  usure  ton 
usteusile  (dans  lequel  j'anrai  empörte  la  pitauce)  ainsi 
que  ta  pitance  (que  ta  m'anras  j)retee).  La  fonrmi  ne 
prete  ä  personne,  son  travail  fait  son  revenu:  eile  est 
bien,  comme  on  sait,  uienagere;  mais  eile  n'est  pas 
(raeme)  \m  peu  nsuriere.  Une  founni!  combien  c'est  lin! 
cela  a  plus  d'instinct  que  nous,  sans  deute,  cela  sent  de 
loin  une  banqueroute;  et  jamais  de  (les)  banqueroutiers 
ne  ruinerent  pas  une  (la  moindre)  fourmiliere.  —  Ma 
pauvre  soeur,  je  suis  certes  fachee  que  vous  soyez  si 
embarrassee :  cette  annee  precisement  il  y  a  tant  de  bien 
de  Dien;  que  faisiez-vous  donc  tout  l'ete?  Ce  que  je 
faisais?  par  Dien,  je  chantais;  meme  tout  le  monde  s'arre- 
tait,  je  puis  dire  sans  me  flatter,  expres  pour  m'entendre 
chanter!  Vous  chantiez,  j'en  suis  charmee,  eh  bien! 
actuellement  dansez  une  auvergnade  (bourree). 

«Enfants,  ce  conte  vous  apprend  qu'il  faut  bien 
employer  son  temps.  C'est  dans  Tete  de  la  jeunesse 
qu'on  tue  Thiver  de  la  vieillesse;  et  le  proverbe  n'est 
pas  faux:  qui  fait  mal  son  lit  repose  mal.  II  fallait  faire 
son  grenier  quand  le  froment  se  battait;  le  temps  perdu 
ne  reviendra  jamais;  qui  n'a  pas  voulu  quand  il  pouvait, 
ne  pourra  plus  quand  il  vaudra.» 

Ich  könnte  die  Citationen  noch  ins  Unendliche  aus 
dehnen,  doch  denke  ich,  dals  die  angeführten  genügen 
werden,  um  die  ganze  Tiefe  des  Uebels  in  die  Augen 
springen  zu  macheu.  In  der  Furcht  jedoch,  dafs  man 
Zweifel  erhöbe  über  die  Nothwendigkeit,  dieser  Confusion, 
ja,  ich  möchte  sagen,  dieser  Unordnung  und  Sprach- 
verwirrung abzuhelfen,  so  fi\age  ich  ganz  einfach,  ob  man 
es  vernünftig  finden  würde,  wenn  die  Autoren  des  nörd- 
lichen Frankreich  im  Patois  ihrer  rcspectiven  Provinzen 
schreiben  wiirden,  ohne  sich  weiter  um  die  grammatica- 
lischen  Principien,  die  Kegeln  der  Orthographie  und  der 
durch  den  Gebrauch  eingeführten  Aussprache,  so  wie 
der   Combination   der  Worte  unter  sich,    zu  bekümmern. 


Die  Mundarten  des  südlichen  Frankreichs.  285 

Doch  dies  sind  grade  die  beständigen  Freiheiten,  die  sich 
die  Dichter,  die  in  den  mittäglichen  Dialecten  schreiben 
und  geschrieben  haben,  herausnehmen.  Ich  glaube,  dafs 
es  nur  sehr  wenige  unter  ihnen  giebt,  die  sich  mit  der 
Grammatik  ihres  Mutteridioms  bekannt  gemacht  haben, 
ehe  sie  zur  Feder  griffen.  Alles  geht  wunderschön  bei 
ihnen  von  statten,  bis  zu  dem  Augenblick,  wo  sie  ihre 
Ideen  durch  materielle  Zeichen  repräsentiren  wollen. 


H.  Bartling. 


28G  Reinhold  Köhler 


Zu  der  altspanischen  Erzählnng  von  Karl 
dem  Grossen  und  seiner  Gemahlin  Sibille. 


Bekanntlich  hat  Ferdmand  Wolf  in  seiner  Schrift 
^Ueber  die  neuesten  Leistungen  der  Franzosen  für  die 
Herausgabe  ihrer  National -Heldengedichte'  (Wien  1833), 
S.  124  fg.  einen  Auszug  aus  dem  spanischen  Volksbuch 
'Historia  de  la  reyna  Sebilla'  ^)  gegeben  und  diese  Dich- 


1)  Wolf  hat  die  zu  Sevilla  1532  von  Juan  Cromberger  gedruckte 
Ausgabe  in  dem  Exemplar  der  Wiener  Hofbibliothek  benutzt.  Mir 
liegt  aus  der  Münchener  Hof-  und  Staatsbibliothek,  durch  die  Güte 
ihres  Directors,  des  Herrn  Professors  Dr.  Karl  Halm,  die  zu  Burgos 
1553  gedruckte  Ausgabe  vor.  Auf  dem  mit  einem  Randleisten  umge- 
benen Titelblatt  dieser  in  gothischen  Lettern  gedruckten  Ausgabe  steht 
unter  einem  nicht  zu  der  Geschichte  gehörenden  Holzschnitt  folgender 
Titel:  La  historia  de  la  |  rcyna  Sebilla.  Ayora  (  nneuamete  [sie!]  im- 
pressa.  \  Ano.  M.  D.  LiiJ.  Am  Ende  der  vorletzten  Seite  (die  letzte 
ist  unbedruckt)  steht:  Fue  impresso  el  presente  tra-  |  tado  en  la  muy 
noble,  y  mas  leal  ciudad  de  Bur-  |  gos:  en  casa  de  Juan  de  Junta  im- 
pressor  j  de  libros.  Acabo  se  a  quatro  dias  del  ]  mes  de  Hebrero. 
Ano  de  mil  y  ]  quinientos  y  cinquen-  [  ta  y  tres.  |  36  unpaginierte 
Blätter  in  4°,  A  —  E(iiij).  Die  Historia  beginnt  auf  der  Rückseite  des 
Titelblattes  also: 

Capitulo  primero.  De  como  vi  -  |  no  vn  Enano  muy  difforme  ala 
Corte  del  rey  Carlo  Magno,  |  y  el  Rey  lo  rescibio  por  suyo.  | 

En  el  tiempo  ql  rey  Carlo  Magno  rey-  |  no  en  Francia,  acontescio  que 
haziedo  |  vna  gran  fiesta  en  el  monesterio  de  sant  |  Leonis  de  Francia 
estauan  en  vn  pala-  |  cio  con  el  muchos  hombres,  y  la  reyna  |  su 
muger  u.  s.  w.  Das  letzte  (29.)  Capitel  schliefst:  Y  quan  |  do  el  Empe- 
rador  Ricardo  se  despidio  de  su  hija,  y  de  su  nieto  |  todos  auian  mas 
sabor  de  Uorar  que  de  hablar:  y  finalmete  se  |  partio  el  emperador:  y 
el  rey  Carlos  quedo  en  Paris  con  mu  |  chos  plazeres.  Y  despues  de 
8U  vida  reyno  su  hijo  do  Luys  en  |  Francia:  el  quäl  fue  muy  buen 
Rey  y  senor,  y  mantuuo  la  tie-  |  rra  en  paz,  y  en  justicia.  |  A  dios 
gracias.  |  —  Es  gibt  noch  zwei  andere  Ausgaben,  nämlich:  Burgos, 
1551,  und:  Valladolid,  1623.  Siehe  Wolf,  Leistungen  S.  124  und 
Ueber  die  beiden  niederländischen  Volksbücher  S.  8,  und  Brunet,  Manuel 
V,  326. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.         287 

tuDg  aus  einem  verlorenen  französischen  Gedicht  her- 
geleitet, dessen  Hauptinhalt  Albericus  von  Trois-Fontaines 
in  seiner  Chronik  kurz  mittheilt,  i)  Fragmente  dieses 
Gedichtes  wurden  einige  Jahre  nach  dem  Erschei- 
nen des  VVolf'schen  Buchs  vom  Baron  von  Reifienberg 
in  seiner  Ausgabe  der  'Chronique  rimee  de  Philippe 
Mouskes'  (Bruxelles  1836),  I,  610  fg.,  bekannt  gemacht, 
aber  nicht  als  solche  erkannt.  Erst  zwanzig  Jahre  später 
wurde  ihre  Herkunft  von  F.  Wolf  erwiesen  in  seiner  im 
8.  Bande  der  Denkschriften  der  philosophisch-historischen 
Classe  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften 
und  auch  in  besonderem  Abdruck  (Wien  1857)  erschie- 
nenen Abhandlung  'lieber  die  beiden  wiederaufgefunde- 
nen niederländischen  Volksbücher  von  der  Königin  Sibille 
und  von  Huon  von  Bordeaux.'  -) 

Seitdem  hat  Amador  de  los  Rios  im  5.  Bande  seiner 
'Historia  critica  de  la  literatura  espaüola',  (Madrid  1864) 
S.  344  —  391,  aus  einer  dem  Ende  des  14.  oder  dem  An- 
fange des  15.  Jahrhunderts  angehörenden  Handschrift  der 
Escurial -Bibliothek  eine  prosaische  Erzählung  heraus- 
gegeben, welche  überschrieben  ist:  Aqui  comien^a  vn  noble 
cuento  del  enperador  Carlos  Mai/nes  de  Rroma  e  de  la 
huena  enperatriz  Seuilla^  sie  mvger.  Hierin  haben  wir  das 
Original  des  spätem  Volksbuches  erhalten.  Das  Volks- 
buch ist  nämlich  nichts  als  eine  Ueberarbeitung  dieses 
älteren  Textes,  der  in  ihr  sprachlich  modernisirt,  durch 
zahlreiche  gröfsere  und  kleinere  Auslassungen  verkürzt, 
ja  nicht  selten  entstellt,  und  sonst  hie  und  da  geändert 
worden  ist.  Besondere  Hervorhebung  verdient  es,  dafs 
manche    Namen    des    alten    Textes    im    Volksbuch    weg- 


')  F.  Guessard  hat  in  der  Einleitung  zu  seiner  Ausgabe  des 
'Macaire'  (Paris,  1866)  S.  xii  fg.  die  Stelle  des  Albericus  nach  einer 
Pariser  Handschrift  in  einem  bessern  Text  gegeben,  als  der  der  Leib- 
nizischen  Ausgabe  ist. 

2)  Wolf  hat  in  dieser  Abhandlung  (S.  10  fg.  des  Sonderdrucks) 
die  Bruchstücke  des  französischen  Gedichtes  wieder  abgedruckt  und  an 
einigen  Stellen  verbessert.  Nochmals  sind  sie  abgedruckt  und  wieder 
mit  ein  paar  Verbesserungen  in  Guessards  'Macaire'  S.  307  fg. 


288  Reinhold  Kühler 

gelassen,  viele  andere  mehr  oder  weniger  verändert  oder 
entstellt  sind. 

F.  Wolf  meinte  (Ueber  die  beiden  Volksbiicher 
S.  8),  dafs  das  spanische  Volksbuch  wahrscheinlich  nach 
einem  französischen  Prosaroman,  nicht  nach  dem  Gedicht 
selbst  bearbeitet  sei.  ^)  Jetzt  wo  wir  nun  die  altspanische 
Prosa  als  Original  des  Volksbuchs  vor  uns  haben  und 
wo  es  sich  zeigt,  dafs  die  Bruchstücke  des  französischen 
Gedichtes  mit  dieser  altspanischen  Prosa  vielfach  wört- 
lich übereinstimmen  —  leider  entzieht  sich  das  eine 
Fragment  der  Vergleichung,  da  es  in  eine  Lücke  der 
Handschrift  fällt,  worüber  Näheres  weiter  unten  — ,  ist 
die  Annahme  einer  zwischen  dem  französischen  Gedichte 
und  der  spanischen  Prosa  liegenden  französischen  Prosa 
unnötig,  ja  unwahrscheinlich.  Auch  eine  andere  Erzählung 
derselben  spanischen  Handschrift,  nämlich  die,  welche 
überschrieben  ist  'Fermoso  cuento  de  una  sancta  enpera- 
triz  que  ovo  en  Koma  et  de  su  castidat'  (heravisgegeben 
von  A.  Mussafia  im  Juliheft  der  Sitzunecsberichte  des 
Jahrgangs  1866  der  philosophisch -historischen  Classe 
der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien  und  auch 
besonders  erschienen  unter  dem  Titel  ^Eine  altspanische 
Prosadarstellung  der  Crescentiasage')  ist,  wie  Mussafia 
nachweist,  aus  einem  französischen  Gedichte  • —  des 
Gautier  de  Coinsy  —  übertragen.  Von  einer  dritten 
Erzählung  der  Handschrift,  überschrieben  'Cuento  muy 
fermoso  del  enperador  Ottas  et  de  la  infante  Florencia 
su  fija  et  del  buen  cavallero  Esmere',  und  herausgegeben 
von  Amador  de   los  Rios   a.  a.  O.    S.  391  —  468,    hat  es 


1)  Das  niederländische  Volksbuch  ist  nicht,  wie  Wolf  ebenda  sagt, 
nach  demselben  französischen  Vorbilde  wie  das  spanische  bearbeitet,  es 
ist  vielmehr  nur  eine  —  allerdings  stark  verkürzte  —  Uebersetzung 
des  spanischen  Volksbuches.  Dies  ergibt  zwingend  eine  Ver- 
gleichung der  Wolf'schen  Mittheilungen  aus  dem  niederländischen 
Volksbuch  mit  dem  spanischen.  Wolf  freilich  hat,  wie  er  S.  15  selbst 
andeutet,  das  niederländische  Volksbuch  nur  mit  seinem  Auszug  aus 
dem  spanischen  verglichen,  und  so  ist  es  gekommen,  dafs  er  Einiges 
als  dem  niederländischen  eigenthümlich,  im  spanischen  aber  fehlend 
bezeichnet,  während  es  in  der  That  im  spanischen  Volksbuch  selbst 
vorhanden,  freilich  aber  in  Wolfs  Auszug  ausgelassen  ist. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.         289 

Mussafia  in  seiner  Abhandlung  'Ueber  eine  italienische 
metrische  Darstellung  der  Crescentiasage'  (im  December- 
hefte  des  Jahrgangs  1865  der  Sitzungsberichte  der  philo- 
sojDhisch- historischen  Classe  der  Wiener  Akademie  und 
auch  besonders  erschienen)  sehr  wahrscheinlich  gemacht 
(S.  86  fg.  des  Sonderabdrucks),  dafs  sie  gleichfells  einem 
französischen,  leider  verlorenen  Gedichte  nachgebildet 
ist.  Und  endlich  dürfte  auch  eine  vierte  Erzählung  der 
Handschrift,  betitelt  'Estoria  del  rey  Guillermo  de  lugla- 
tierra',  von  der  Aniador  de  los  Kios  a.  a.  O.  S.  68  leider 
nur  zu  kurze  Auskvmft  gibt,  eine  Uebersetzung  entweder 
des  'Contes  del  roi  Guillaume  d'Engleterre'  des  Crestien 
von  Troies  oder  des  spätem  'Dit  de  Guillaume  d'Engle- 
terre' sein.  (S.  über  diese  Gedichte  Holland,  Crestien  von 
Troies  S.  64  fg.  und  S.  100  fg.) 

Allerdings  ist  ein  auf  dem  fi-anzösischen  Gedichte 
von  der  Königin  Sibille  beruhender  französischer  Prosa- 
roman neuerdings  entdeckt  worden,  aber  er  stammt  aus 
dem  15.  Jahrhundert,  ist  also  jünger  als  die  spanische 
Prosa.  Leon  Gautier  hat  ihn  in  einer  Handschrift  der 
Arsenal -Bibliothek  in  Paris  aufgefunden  und  in  seinem 
Werke  'Les  Epopees  fran9aises',  H  (Paris  1867)  521  fg. 
und  547  fg.  die  Capitelüberschriften  imd  einige  Bruch- 
stücke mitgetheilt.  Unter  letzteren  befindet  sich  eins 
(S.521  fg.),  welches  einem  der  Reiffenberg'schen  Fragmente 
entspricht.  Die  Vergleichung  dieser  beiden  und  der  be- 
treffenden Stelle  in  der  spanischen  Prosa  (bei  Amador  de 
los  Kios  S.  367,  Z.  9  v.  u.  bis  368,  Z.  7  v.  o.)  zeigt,  dafs 
der  französische  Bearbeiter  sein  Original  weit  weniger 
treu  als  der  spanische  behandelt  hat.  i) 


')  Erwähnt  sei  hier  noch,  dafs  in  der  französischen  Prosa  einige 
Namen  für  Personen  und  Orte  vorkommen ,  die  in  den  Gedichtfrag- 
nienten,  in  der  Stelle  des  Albericus  und  in  der  spanischen  Prosa  keine 
Namen  führen,  nämlich  Segon^on  als  Name  des  Zwergs,  Lucaire  als 
Name  des  Bruders  des  Kaisers  von  Constantinopel,  Faulcon  als  Name 
des  Rosses  des  Kaiser  Karls,  welches  ihm  Varroquier  entwendet,  end- 
lich 'le  forest  de  Bondis'  als  Ort  der  Ermordung  des  Aulbery  de 
Mondidier  und  'lisle  de  Nostre-Dame  ä  Paris'  als  Ort  des  Zweikampfs 
zwischen    Maquaire    und     dem    Hunde.     Letztere    Ortsangaben    weist 

Jahrb.  f.  rora.  u.  engl.  Lit.  XII.  3.  J9 


290  Keinhold  Köhler 

Ich  biete  nun  im  Folgenden  den  Lesern  eine  Anzahl 
kritischer  und  erklärender  Bemerkungen  zu  einzelnen 
Stellen  der  altspanischen  Prosa,  und  theile  zur  Ergänzung 
einer  grofsen  Lücke  der  Handschrift  die  entsprechende 
Partie  des  späteren  Volksbuches  mit. 

S.  347,  Zeile  3:  Enton^e  estauan  y  los  traidorcs  del 
linage  de  Galaion,  Äloris  et  Foucans,  Goubaus  de  Piedra- 
lada,  et  Sa)ison^  et  Amaginns,  et  Macaire.  —  Galaion  ist 
Ganelon.  Aloris  kömmt  auch  S.  357,  4  und  381,  18  \.  u. 
vor,  an  letzterer  Stelle  als  ^cormano  de  Galaion'.  Aidori 
oder  Älori  spielt  bekanntlich  in  den  französischen  Dich- 
tungen eine  Hauptrolle  unter  der  Sippschaft  Ganelons. 
Foucans  ist  wol  entstellt.  Vielleicht  ist  es  der  im  Gaydon 
öfters,  z.  B.  V.  2952,  3505,  4112,  mit  Aulori  zusammen- 
genannte Forcon.  Statt  Goubaus  ist  nach  S.  361,  Cap. 
XXIV,  Z.  3  und  12  und  S.  383,  12  Gonbaut  zu  lesen.  Ich 
weifs  aber  Gonbaut  de  Piedralada  sonst  nicht  nachzu- 
weisen. Ein  Garin  de  Pierrelee  kömmt  im  Gaydon  V. 
2972  vor,  daselbst  V.  G915  ein  Henri  de  P.  und 
V.  8145  li  fei  Bernars,  qui  tenoit  Pler'relee^  in  Gui  de 
Nanteuil  V.  521,  635,  644  ein  Huidelon  (Hue)  de  P., 
in  der  Bataille  d' Aleschans  V.  2057  ein  Gautier  de  P. 
Sanson  und  Amagidns  kehren  S.  361,  4  v.  u.  als  San- 
son  et  Amagin  wieder.    Beide  spielen  in  Aye  d'Avignon 


Guessard  (Macaire  S.  xxi)  zuerst  in  den  'Deduits  de  la  Cliasse'  des 
Gace  de  la  Buigne  nach.  Was  den  Namen  des  Zwergs  Segon^ou 
betrifft,  so  sei  Folgendes  bemerkt.  Aus  drei  Stellen  französischer 
Diebtungen,  nämlich  des  'Auberi  le  Bourgoing'  (in  der  Histoire  litte- 
raire  de  la  France  xxii,  325),  des  'Tristan'  (Fr.  Michel,  Tristan  I,  16) 
und  des  'Blasme  de  Fames'  (Jubinal,  Jongleurs  et  Trouveres  pg.  S2), 
geht  hervor,  dafs  es  eine  Ueberlieferung  gab,  wonach  ein  Kaiser  oder 
König  Constantin  bei  seiner  treulosen  Gemahlin  einen  häfslichen  Zwerg 
fand  und  deshalb  tödtete.  Nach  dem  'Tristan'  heifst  dieser  Zwerg 
Segoron,  nach  dem  'Auberi'  Seguiton.  Ich  vermute  nun,  dafs  der  Ver- 
fasser der  französischen  Prosa,  indem  er  für  seinen  Zwerg  einen  Namen 
suchte,  sich  des  Zwerges  des  Constantin  erinnerte  und  nach  diesem 
seinen  Z-werg  Segon^on  nannte,  sei  es,  dafs  er  den  Namen  Segoron 
absichtlich  oder  in  Folge  falscher  Erinnerung  in  Segon^on  abgeändert, 
oder  sei  es,  dafs  er  in  irgend  einer  Fassung  jener  Gedichte  wirklich 
Segon^on  als  Namen  des  Zwerges  gefunden  hatte. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  291 

als  Sayison  (Senson,  Sense)  und  Amaughi  (Amauguin)  und 
im  Gui  de  Nanteuil,  der  sich  an  jenes  Gedicht  fortsetzend 
anschliefst,  als  Amalgre  (Ammiguins)  und  Sanso7i  (Sanse) 
Hauptrollen.  Vgl.  auch  Gaydon  V.  1038  u.  1776:  Amau- 
gins  et  Sansons^  und  V.  4899  fg. : 

En  Tavant  garde  fu  li  cuens  Auloris; 
L'enseigne  porte  le  roi  de  Saint  Denis. 
Avec  lui  fu  Sanses  et  Amaiigis, 
Li  fei  Guimars,  Hardrez,  Forques  et  Guis. 

Und  Philipp  Mouskes  Chronique  V.  8457  fg.: 

Guenles,  11  fei,  et  si  parent, 
Fromons,  li  vious,  et  Aloris, 
Hardres ,  Sansons  et  Amaugris , 
Et  li  autre  traitour  faus. 

In  Paris  la  Duchesse  V.  182  fg.  kömmt  ein  Sohn  des 
Herdre  (Hardre),  eines  der  zwölf  Verräter,  vor,  der  Aic- 
maugin  (Aummiguin^  Aumaguin  und  Amaugin)  heifst.   — 

In  B  1)  Cap.  IV  lautet  obige  Stelle  also:  Entonces 
estaua  ay  el  linage  de  los  traydores  que  Dios  maldiga 
Galalon,  y  Alorones^),  y  Fauanes,  y  Cobir  de  Piedralada^), 
y  Sason  de  Magros,  y  Macayre.  Galalon  tritt  hier 
wie  weiterhin  in  ß  handelnd  auf.  B  hat  nämlich  fast 
immer,  wo  es  in  dem  alten  Text  heifst  'Galalon's  Ver- 
wandte', dafiir  gesetzt  'Galalon  und  seine  Verwandte'. 
Aufserdem  hat  B  an  die  Stelle  des  im  alten  Texte  han- 
delnd auftretenden  Galeran  de  Belcaire  —  s.  unten  zu 
S.  358,  1  V.  u.  —  immer  Galalon  gesetzt.  So  ist  es  ge- 
kommen, dafs  in  B  Galalon  zweimal  hingerichtet  wird, 
einmal  im  Cap.  x  zusammen  mit  Macaire,  entsprechend 
dem  alten  Texte  (S.  365,  15),    wo  Galeran  mit  Macaire 


^)  So  bezeichne  ich  kurz  die  mir  vorliegende,  oben  beschriebene 
Ausgabe  der  Historia  de  la  reyna  Sebilla. 

^)  S.  381,  18  V.  u.  Aloris,  cormano  de  Galalon  =  B  Cap.  xxv  : 
Alormes,  hermano  de  Galalon,  wo  der  von  Wolf  benutzte  Sevillaer 
Druck  (Leistungen  S.  150)  Alorines  hat.  Alormes  ist  nur  Druck, 
fehler. 

3)  S.  361,  19  V.  u.  Gonbaut  de  Picdralada  =i  B  Cap.  x:  Mil  de 
Piedralada. 

19* 


292  Reinhold  Köhler 

hingerichtet  wird,  und  dann  Cap.  xxviii,  wo  der  Kaiser 
Karl  nach  der  Versöhnung  mit  seiner  Gemahlin  'los 
traydores  y  Galalon'  hinzurichten  befiehlt,  während 
es  im  alten  Texte  S.  389,  3  heifst  'los  traydores  parientes 
de  Galalon', 

S.  348,  13:  el  duque  Almeriqiie,  et  Guyllemer  de 
Escogia,  et  Gaufer  de  Ultramar,  Alinerique  de  Narhoita,  et 
el  mxiy  huen  don  Aymes.  Hier  liegt  ein  Verderbnis  vor, 
indem  el  dnqve  Almerique  und  Almeriqne  de  Narhona  eine 
und  dieselbe  Person  sind,  der  bekannte  Aimeri  (Aimeric) 
von  Narbonne.  GuiUemer  de  Escogia  ist  der  in  mehreren 
chansons  de  geste  vorkommende  GUlemer  VEscot  oder 
d''Ecosse.  "Wegen  Gaufer  </'  Ultramar  s.  zu  S.  364,  10  v.  u. 
Dafs  Herzog  Aymes^  der  S.  389,  1  don  Aymes  de  Bayvera 
und  S.  356,  3  v.  u.  el  conde  don  Aymes  de  Bayvera,  in  B 
aber  stets  nur  don  Jaymes  oder  el  duque  don  Jaymes 
genannt  wird,  niemand  anders  als  Naimes  de  Bavüre  ist, 
bedarf  kaum  der  Erinnerung.  —  In  B  Cap.  v  lautet 
obige  Stelle:  el  Duque  don  Jaymes  y  Guillermo  de  Esco- 
cia:  y  el  Almerique  de  Narbona, 

S.  352,  25:  en  el  llano  de  Salomon  märtir.  Hier  liegt 
wol  eine  Entstellung  vor.  B  Cap.vii  hat  diese  Ortsbezeich- 
nung weggelassen. 

S.  353,  4  V.  u.:  rtn  hurguete  mny  hueno^  que  llaman 
Leyn.  (B  Cap.  vii :  vn  lugar  que  se  llama  Videuniz.) 
S.  354,  4:  llegaron  ä  Leyn.  (B  Cap.  vii:  llegaron  a  Videu- 
niz.) Was  ist  mit  Leyn  für  ein  Ort  gemeint?  und  wie 
kömmt  B  zu  dem  ebenso  unverständlichen  Videuniz'^ 

S.  355,  4:  pasaron  por  Vere^  et  desy  por  la  Abadla, 
et  fueronse  albergar  al  castiello  de  Terrui,  et  otro  dia  gra^it 
manana  caualgaron  et  fueronse  d  la  noble  giudat  de  Renis: 
desy  pasaron  Campana,  et  pasaron  ä  Musa  en  vna  barca, 
despues  en  Ardana,  et  ä  ora  de  cunpletas  llegaron  ä  Bill- 
ion, et  i^asaron  la  puent,  et  fueronse  albergar  d  la  abadia 
de  Sanct  Romacle;  otro  dia  grant  manana  salieronse  dende^ 
et  tomaron  sit  Camino  et  pasaron  el  mont  et  la  tierra  gasca, 
et  fueron  remanescer  d  Ays  de  la  Capilla,  et  de  alli  se 
fueron  d  la  buena  ciudat  de  Colonia.  —  Mehrere  der 
Namen  bedürfen  keiner  Bemerkung.    El  castiello  de  Terrui 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  293 

ist  doch  wol  Chäteau  Thierry,  Renis  Rheims,  la  ahadia 
de  S.  Romacle  die  von  S.  Remaclus  gegründete  Abtei 
Stablo  1).  Was  aber  Vere'^),  la  Abadia  und  la  tierra 
gasca  sein  sollen,  weifs  ich  nicht.  —  In  B  fehlt  diese 
Reiseroute,  wie  überhaupt  Cap.  xv  und  xvi  des  alten 
Textes. 

S.  355,  6  V.  u.  lies:  mas  comian  el  cauallo. 

S.  356,  1  V.  u.:  ä  Gaufredo  qxie  era  padre  d'Ougel. 
(B  Cap.  IX:  a  Gofredo  que  era  padre  de  Augel.)  Ozigel, 
gewöhnlich  so  oder  don  Ougel,  S.  357,  2  v.  u,  Ougel  el  Se- 
nescalj  S.  386,  13  Ougel  de  las  Marchas,  S..  389,  Cap.  xlvi, 
Z.  6  Ougel  de  Buenamarcha,  ist  niemand  anders  als  Ogier 
de  Danemarche  oder  le  Danois,  der  Sohn  Gaiifrexfs  (Geoff- 
roijs).  OugeFs  Rois  Breyefort  (S.  386,  19,  in  B  fehlend) 
ist  Ogier's  Broiefort. 

S.  357,  3:  Ingres^  et  Erui,  et  Baton,  et  Berenguer^  et 
Focaire,  et  Aloris^  et  Beari^  et  Brecher^  et  Grifez  de  Alta- 
folla,  et  Alait  de  Monpantet\  (B  Cap.  IX  heifst  es  nur: 
sus  [lies:  los]  parientes  de  Macayre.)  Ena  ist  vielleicht 
Gtd  (de  Autefoille),  der  im  Gaydon  unter  den  Verrätern 
vorkömmt.  Statt  Baton  ist  vielleicht  Haton  zu  lesen,  s.  zu 
S.  361,  4  V.  u.  Ber enger  (Beranger^  Berengier)  findet  sich 
ebenfalls  im  Gaydon  und  sonst  unter  den  Verrätern.  Im 
Aye  d'Avignon  V.  23  ist  er  der  Sohn  Ganelon's,  im  Gui 
de  Nanteuil  V.  7  der  Neffe.  Alori  haben  wir  schon  oben 
gehabt.  Grifez  de  Altafolla  ist  der  bekannte  Grifon  de 
Ilautefeuille.  lieber  die  andern  Namen  weifs  ich  nichts 
zu  bemerken. 

S.  357,  6:  ä  Rrechart  de  Normandla^  et  ä  Jufre^  et  ä 
Ougelj  et  ä  Terrilar  de  Nois,  et  ä  Beraje  de  Mondisder^  et 


1)  S.  Remaclus  hat  die  beiden  Nachbarklöster  Stablo  und  Mal- 
luedy  gegründet,  die  einen  Abt  hatten,  dessen  eigcntlit'hcr  Sitz  zu 
Stablo  war.  Vgl.  Friedrich,  Kirchengeschichte  Deutschlands  II,  1, 
S.  315.  328.  347.  Was  die  Namensform  Romacle  betrifft,  so  bemerke 
ich,  dafs  in  einem  von  Dinaux,  Les  Trouveres  Artesiens,  S.  257 — 259, 
herausgegebenen  Gedichte  sains  Roumacles  vorkömmt. 

2)  In  Philippe  Mouskes'  Chronik  V.  3(5G2  kömmt  le  mousfier  de 
Vere  vor,  was  der  Herausgeber  auch  nicht  zu  erklären  weifs. 


294  Reinhold  Köhler 

al  viejo  Simon  de  PuUa,  et  ä  Gulfev  Des'poliga.  (B  Cap.  ix^ 
ä  Richarte  de  Normandia  y  a  justo  el  Augel:  y  a  muclios 
caualleros.)  Jufre^  dem  wir  noch  einmal  begegnen,  ist 
wol  kein  anderer  als  Ogier's  Vater  Gaitfrey^  der  oben 
S.  356  als  Gavfredo  und  S.  362  als  Gavfre  erscheint. 
Statt  Terrilar  de  Nois  ist  zu  lesen  Terri  Lardenois.  S.  358, 
3  V.  u.  finden  wir  Terriii  Lardenois  und  S.  364,  9  v.  u., 
380,  10  V.  u.  und  383,  7  kurzweg  Lardenois.  Es  ist  natür- 
lich der  bekannte  Thierry  VArdenois  oder  d'Ardane  ge- 
meint. Beraje  de  Mondisder  erscheint  auf  der  nächsten 
Seite  richtig  als  Berart  de  Mondisder.  Simon  de  Pidla 
ist  Simon  de  Pouille.  Aber  Golfer  (S.  358,  2  v.  u.  Gaufer) 
Dcspolifa  d.  h.  d''Espoli^af  Ein  nicht  näher  bestimmtes 
Land  EspoUce  wird  im  Amis  et  Amiles  V.  633  genannt: 
Et  d'Espolice  Girars  li  fiuls  d'Othon, 

und  im  Gaydon  V.  80  lesen  wir: 

Ganes  mes  freres  ne  le  volt  endurer, 
En  Espolisce  me  fist  a  lui  mander. 

In  der  oben  erwähnten,  aus  dem  Französischen  über- 
setzten spanischen  Geschichte  der  Florencia  kömmt  Cap. 
XXX  ein  Galter  Bespoli^a  und  im  letzten  Capitel  ein  Ottas 
d^Espoli^a  vor.  Zu  der  Stelle  im  Amis  et  Amiles  bemerkt 
Paulin  Paris  in  der  Histoire  litteraire  de  la  France  xxii, 
292:  Par  Espolice  nous  croyons  qu'il  faut  entendre  la 
Westphalie ;  c'etait  le  pays  possede  par  les  barons  de  la 
race  de  Ganelon,  comme  on  le  voit  dans  le  Gaidon,  et 
ailleurs  encore.  Ein  König  Gaifier  de  Police  kömmt  im 
Coronemens  Looys  vor,  z.  B.  V.  305,  2224,  vgl.  auch 
Li  Charrois  de  Nymes  V.  97,  und  hier  scheint  Police 
Apulien  (Pouille.)  zu  sein  (Gautier,  Les  Epopees  frangaises 
III,  326). 

S.  358,  4  V.  u.r  Aymes  llamö  los  doze  Pares  ssö  un 
arhol,  Richarte  de  Noj'mandia^  et  Jitfre,  et  Ougel,  et  Terrin 
Lardenois,  et  Berart  de  Mondisder ,.' et  Simon  el  viejo  de 
Ptdla,  et  Gaufer  Despoliga.,  et  Salomon  de  Bretana,  et 
muchos  otros  ommes  buenos  (B  Cap.  x:  [el  Rey]  Hämo  a  sus 
doze  pares  so  vn  arbol,  y  otros  hombres  buenos).  lieber 
die  zwölf  Pairs  ist  auf  Gaston  Paris,  Histoire  poetique 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  295 

de  Charlemagne  S.  416  fg.  und  507,  und  Leon  Gautier, 
Les  Epopees  fran9aises  II,  173  fg.  zu  verweisen. 

S.  358,  1  V.  u.:  Galalon  de  Belcaire  fablö  primevo^  qiie 
era  pariente  de  Macaire.  Hier  und  S.  359,  14  und  17 
und  S.  361,  22  ist  statt  Galalon  zu  lesen:  Galer  an  ^  wie 
S.  363,  16  und  28,  S.  364,  8  und  15  und  S.  365,  16  rich- 
tig steht.  Galcran  de  Belcaire  ist  der  Galleranus  de  Ba- 
caire  in  jener  Stelle  des  Albericus.  ^)  —  In  B  lautet  unsere 
Stelle  Cap.  x:  hablo  Galonlon  (verdruckt  statt:  Galalon) 
primero  por  Macayre.  Wie  schon  oben  (zu  S.  347,  3) 
bemerkt,  setzt  B  immer  Galalon  an  Stelle  von  Galeran. 

S.  359,  Cap.  XXII,  Z.  11  fg.:  Zu  der  hier  erzählten 
Geschichte  von  Merlin^  der  seinen  Lustigmacher,  seinen 
Diener,  seinen  Freund  und  seinen  Feind  zu  Hofe  bringen 
soll  und  als  solchen  seinen  kleinen  Sohn,  seinen  Esel, 
seinen  Hund  und  sein  Weib  bringt,  verweise  ich  auf 
Mussafia,  Ueber  eine  altfranzösische  Handschrift  der  K. 
Universitätsbibliothek  zu  Pavia,  Wien  1870  (besonders 
abo;edruckt  aus  dem  Maihefte  des  Jahrgano-es  1870  der 
Sitzungsberichte  der  phil.-histor.  Classe  der  K.  Akademie 
der  Wissenschaften)  S.  52 — 68. 

S.  359,  25:  Cesar  el  enperador  de  Roma  lo  tenia  en 
prision;  et  este  fiie  aquel  que  ßzo  las  carreras  por  el  monte 
Baues.  Was  für  ein  Kaiser  und  was  für  ein  Berg  sind 
hier  gemeint?  B  Cap.  x  hat  nur:  'El  Emperador  ropta 
le  tenia  preso',  und  das  andere  weggelassen. 

S.  361,  5  V.  u.:  et  llamö  a  Berenguer,  et  Orienbaut 
Dorion,  et  Foraut,  et  Roger  Sanson,  et  Amagin  Aston,  et 
Berengver,  que  eran  parientes  de  Galalon.  Die  Stelle  ist 
offenbar  arg  entstellt.  B  Cap.  x  hat  nur:  E  Hämo  luego 
algunos  de  sus  parientes  de  Galalon.  Für  Orienbaut  ist 
vielleicht  Gonbaut  —  s.  zu  S.  347,  3  —  zu  lesen.  Sanson  et 
Amagin  —  s.  zu  S.  347,  3  —  sind  durch  Kommata  von 
Roger   und  Aston  zu   trennen.     Aston  kömmt  im  Gui  de 


1)  Galteranns  de  ßacairc  lautet  der  Name  in  der  Pariser  Hand- 
schrift, Galleranus  de  Bachare  in  der  Leibnizischen  Ausgabe.  Gaston 
Paris,  Histoire  poetique  de  Charlemagne,  S.  392,  bemerkt,  Bacaire  sei 
ohne  Zweifel  Beaucaire. 


296  Reinhold  Kohler 

Nanteuil  als  Ilaston  vor  (V.  1136:  C'est  .1.  des  tra'itors, 
parent  fu  Guenelon),  im  Gaydon  als  Ilaton  (V.  3513,  5041, 
Hates  5165)  —  zu  unterscheiden  von  dem  Ilaton,  der 
unter  den  zwölf  Pairs  genannt  wird  (G.  Paris,  Histoire 
poetique  de  Cliarlemagne  S.  507). 

S.  364,  10  V.  u. :  Guyllemer  d^Esco^ia,  et  Oiigel^  et 
Lardenois,  et  Goiifre  d' Ultramar^  et  Almerique  de  Narhona, 
et  el  hueno  de  don  Aymes^  et  Bernalt  de  Brunhant,  et  todos 
los  doze  Pares.  B  Cap.  x:  Guillermo  de  Escocia,  y  el 
Aguel  de  vardo,  y  Jofre  de  vira,  Almerique  de  Nar- 
bona,  y  el  duque  don  Jaymes,  y  Bernaldo  da  Vstan:  y 
todos  los  doze  pares.  (Der  von  Wolf,  Leistungen  S.  136, 
benutzte  Druck  hat  'el  Auguel  de  Vardo',  "^  Jofre  de  Vtra', 
Bernaldo  de  Vstan'.)  —  Bernalt  de  Brunhant  ist  Ber- 
nart  de  Brehant^  ein  Sohn  Aimeri's  von  Narbonne.  Die 
Form  Bruhant  findet  sich  zuweilen,  z.  B.  Aleschans 
V.  2952  (vgl.  auch  5400):  Bernars  de  Brubaut. 

S.  365,  Cap.  XXIX,  Z.  1:  Ui^mesa,  una  mny  hxiena  cin- 
dat.  (B  Cap.  xi:  Nuega  vna  buena  ciudat.)  TJrmesa 
kömmt  noch  viermal  vor:  372,  5:  venemos  nos  a  Urmesa 
(B  Cap.  XIV:  venimos  d  Vngria),  '6'^2^  15  v.  u.:  llegamos  ä 
una  villa  que  dizen  Urmesa  (in  B  fehlt  die  Stelle),  390, 
15:  el  SU  huespet  et  la  su  huespeda  de  Urmesa  (B  Cap. 
XXIX:  SU  buen  huesped  de  Vngria),  390,  17:  llegö  ä  Ur- 
mesa (in  B  fehlt  die  Stelle).  In  der  französischen  Prosa 
heifst  die  Stadt  Armoises  en  llongrie.  Wie  mag  der 
Name  im  französischen  Gedicht  gelautet  haben?  Weder 
Urmesa  noch  Armoises  erinnern  mich  an  bekannte  unga- 
rische Städte. 

S.  366,  20:  Joserant.  So  auch  auf  der  folgenden 
Seite,  aber  S.  390  und  391  Joseran.  B  hat  immer  Jose- 
ran.  In  einem  der  Keiifenberg'schen  Fragmente  lautet 
der  Name  Joscerant^  in  der  französischen  Prosa  Jo- 
cerant. 

S.  366,  Cap.  XXX,  Z.  2:  quando  el  tiiüo  fuese  tamano 
que  podiese  andar.  Es  müfste  vielmehr  nach  dem  Zu- 
sammenhange caiialgar  heifsen,  vgl.  S.  367,  15:  quando 
fuesedes  tal  que  pudiesedes  caualgar.  B  freilich  hat 
beidemal  'andar'. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  297 

S.  367,  19  V.  u.:  asi  como  yo  creo  —  368,  10:  deste  non 
avia  cura.     Diese  Stelle  entspricht  den  Versen: 
Si  com  je  cuit  et  croi  et  me  fet  antandant  etc.  etc. 
Mes  Looys  n'ot  eure  d'amor  ne  druerie 

in  den  Keiflfenberg'schen  Frao-menten. 

S.  367,  6  V.  u. :  la  mayor  avia  nombre  Elifanta.  B 
Cap.  XII:  la  vna  auia  nombre  Belisarte:  esta  era  la  ma- 
yor. — •  Es  ist  zu  bemerken,  dafs  in  dem  entsprechenden 
Gedichtfragmente  und  in  der  französischen  Prosa  das 
Mädchen  keinen  Namen  hat. 

S.  369,  1 :  Barroquer,  que  viö  el  monte  verde,  et  las 
aues  cantar.  Lies:  et  oyö  las  aues.  B  Cap.  xiii:  Baruquel 
quando  vido  y  oyo  las  aues  cantar. 

S.  370,  9:  nunca  te  fies  en  ladron,  ca  aquel  'que  lo 
quita  de  la  forca,  d  ese  furta  el  mas  toste,  ß  Cap.  xiii: 
nunca  os  fieys  en  ladrones  que  aquel  que  lo  tira  de  la 
horca,  a  esse  mata  mas  ayna.  In  Wander's  Deutschem 
Sprichwörter -Lexikon  I,  1318  fg.  werden  deutsche,  fran- 
zösische, italienische,  holländische  und  englische  Sprich- 
wörter angeführt,  welche  aussagen,  dafs  ein  vom  Galgen 
Erlöster  seinen  Erlöser  später  selber  aufhängen  oder  die 
Kehle  ihm  abschneiden  werde.  Zur  Ergänzung  Wander's 
sei  hier  noch  folgendes  hinzugefügt.  Ein  deutscher 
Spruch  (Diutisca  I,  323)  lautet: 

Wer  von  dem  galgen  loset  den  diep, 
dem  wirt  er  selten  iemer  liep. 

Vgl.  Boner's  Edelstein  lxxi,  61.  62.  In  einem  französi- 
schen Gedicht  (Barbazan  et  Meon,  Fabliaux  et  Contes 
1,90)  heifst  es: 

Que  son  tens  pert  qui  felon  sert: 
Eaembez  de  forches  larron, 
Quant  il  a  fait  sa  mesj  rison , 
James  jor  ne  vous  amera. 

In  der  Chronicque  de  la  traison  et  mort  de  Richnrt 
Deux  Roy  dEngleterre,  mise  en  lumierc  etc.  par  B.  AVil- 
liams,  Loudres  1846,  S.  54,  klagt  der  König:  Adieu 
comme  il  est  verite  ce  que  on  seult  dire  que  on  na  nul 
jjire  ennemy  que   ccllui   que    on    retournc    des    fourches. 


298  Reinhold  Köhler 

(Var. :  du  gibet.)  Nach  einer  Erzählung  in  dem  'Trat- 
tato  deir  ingratitudine  e  di  molti  esempli  d' essa'  (II 
Propugnatore  Vol.  II,  Parte  I,  Bologna  1869,  S.  411) 
liest  ein  Baron  drei  Sprichwörter,  darunter:  Non  espic- 
care  lo  'npiccato,  ch'  elli  impiccarä  te.  Er  erprobt 
an  sich  selbst  die  Wahrheit  dieses,  wie  der  beiden 
andern:  ein  von  ihm  vom  Galgen  losgebetener  Ritter 
ist  später  bereit  an  ihm  Henkerdienst  zu  versehen.  Eine 
Variante  dieser  Erzählung  ist  die  letzte  des  'Livre  du 
Chevalier  de  la  Tour  Landry  pour  Tenseignement  de  ses 
filles'.  Hier  gibt  der  sterbende  Cathon  seinem  Sohne 
Cathonnet  drei  Lehren,  darunter  eine:  'Ne  respitez  homme 
qui  a  mort  desservie,  et  par  especial  qui  est  coustumier 
de  faire  maF.  Als  später  der  von  Cathonnet  vom  Galgen 
losgebeteue  Käuber  sich  erbietet,  Cathonnet  aufzuhängen, 
sagen  die  Umstehenden:  'Vraiement,  cellui  est  bien  fol 
ä  droit  qui  respite  larron  de  mort.'  Eine  dritte  Version 
dieser  Geschichte  ist  die  Comödie  des  Hans  Sachs  'Von 
dem  Marschalk  mit  seinem  Sohn'.  Der  sterbende  Mar- 
schall Sophus  gibt  seinem  Sohn  drei  Lehren,  darunter 
die,  dafs  er  keinen  verurteilten  Dieb  vom  Galgen  los- 
bitten solle  ^).  —  In  deutschen  Märchen  (Grimm ,  KHM. 
Nr.  57;  Wolf,  Deutsche  Hausmärchen  S.  59;  Vernaleken, 
Oesterreichische  Kinder-  und  Hausmärchen  S.  301)  wird 
dem  Helden  der  Kat  gegeben,  'kein  Galgenfleisch  zu 
kaufen',  d.  h.  keinen  Verurteilten  vom  Galgen  loszu- 
kaufen. —  Endlich  sei  noch  erwähnt,  dafs  W.  Carew 
Hazlitt,  English  Proverbs  and  Proverbial  Phrases,  London 
1869,  S.  328,  aus  Nash's  Christs  Teares  over  Jerusalem 
(1593)  anführt:  Save  a  thief  from  the  gallows,  and  he  '11 
be  the  first  to  shew  thee  the  way  to  St.  Giles's. 

S.  370,  Cap.  XXXIII,  Z.  15:  qiie  ha  nonbre  Ricardo  etc.  — 


')  Andere  Varianten  dieser  Geschichte  gehen  uns  hier  nicht  an,  da 
in  ihnen  die  Lehre,  keinen  vom  Galgen  loszubitten,  durch  andere 
ersetzt  ist.  S.  Mussalia's  schon  oben  citirten  Bericht  'Ueber  eine  alt- 
französische Handschrift  der  K.  Universitätsbibliothek  zu  Pavia' 
S.  68  und  meine  Anzeige  desselben  in  den  Göttinger  gelehrten  An- 
zeigen 1871,  Nr.  4. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  999 

S.  370,  letzte  Zeile:  la  chcena  et  el  donzel.  Die  Stelle  ent- 
spricht folgenden  Versen  der  Keifienberg'schen  Fracr- 
inente: 

Richiers  a  non  eis  rois,  com  si  j'oi  conter,  etc. 

bis: 

II  a  clioisi  la  dame  et  Loi  son  enfant. 

S.  371,  Cap.  XXXIV,  Z.  10—17:  Dueha,  decitme  dönde 
sodes  6  de  qua  tierra  cmdades  —  jJor  los  j^arientes  de  Ga- 
laion. Diese  Stelle  entspricht  folgenden  Versen  der 
Reiffenberg'schen  Fragmente: 

Dont  estes,  de  queu  terre?  ne  me  deves  noier.   etc. 
bis: 

Les  parens  Guenelon,  que  Dien  n'orent  ains  chier. 

S.  371,  Cap.  XXXIV,  Z.  12:  sso  ßja  del  enperador  y 
de  SU  muger  Ledima.  Der  entsprechende  Vers  des  Ge- 
dichtes lautet: 

Certes,    il    [Richiers   li    emperere]   m'engendra   en.sa  franche 
mouillier. 

B  Cap.  XIV  hat  nur:    soy  hija   del  emperador.     Ich  ver- 
mute, dafs  statt  Ledima  zu  lesen  ist:  legitima. 

S.  372,  16:  et  y  vernan  grifones  et  pulleses  et  lonhardos 
por  guerrear  d  Francia.  (B  Cap.  xiv:  y  yremos  ä  guerrear 
la  Francia.)  S.  386,  22  v.  u.:  grifones  corrieron  e/i  pos  et 
(in  B  fehlend).  Grifones^  Grifons  wurden  im  Mittelalter 
die  Griechen  von  den  Franzosen  genannt.  S.  Ducano-e 
unter 'Griffones'.  In  der  oben  erwähnten,  aus  dem  Fran- 
zösischen übersetzten  spanischen  Prosa  von  Florencia 
kommt  Grifones  —  abwechselnd  mit  Gviegos  —  sehr 
oft  vor.  Auch  Grifonie  (Griechenland)  findet  sich, 
z.  B.  Jourdains  de  Blaivies  3784 ,  Ph.  Mouskes  Chrou. 
11908. 

S.  372,  Cap.  XXXV,  Z.  2:  et  Griomoart  sse  adclantö  et 
dixo:  Senor^  que  yo  vos  fare  ricos  et  hien  andantes  etc. 
Zwischen  die  Worte  dlvo  und  Senor  fällt  die  schon  oben 
angedeutete  grofse  Lücke,  die  der  Herausgeber  unbe- 
greiflicherweise nicht  gemerkt  hat.  Dafür  lasse  ich  die 
betreffende  Partie  aus  B  vollständig  hier  folgen: 


300  Reinhold  Kühler 

Guiomar  se  adelanto,  y  dixo.  Yo  sabre  mejor  yr 
vos  a  traer  de  comer  de  lo  mejor  que  hallare:  y  dixo  el 
hermitafio.     Pues  yd  y  no  tardeys. 

Capitulo.  XV.  Como  embiaron  a  Guiomar  el  ladron 
que  les  traxesse  de  comer. 

Guiomar  tomo  sus  dineros  y  fuesse  su  Camino,  y 
antes  que  Uegasse  al  castillo  vnto  se  su  rostro,  y  fuesse 
por  la  montana  quanto  mas  pudo  hasta  que  llego  al 
castillo:  y  fuesse  para  donde  vendian  el  pescado  y  no 
lleuaua  mas  de  diez  sueldos,  y  fue  a  tomar  vn  salmon: 
y  dixo  Guiomar.  Ay  dios  que  hare  que  no  tengo  mas 
de  diez  sueldos,  y  no  lo  puedo  auer  por  los  dineros  que 
querria.  Y  ayunto  se  con  vn  pilar  y  juro  que  antes  que 
viniesse  la  manana  auria  quantas  cosas  ouiesse  menester: 
y  Hämo  a  vn  mo^o  en  poridad,  y  dixo  le.  Amigo  quäl 
es  el  mas  rico  hombre  deste  castillo:  y  dixo  le  que 
era  vn  hombre  que  moraua  en  vnas  casas  que  tenia  vnas 
man9anas  doradas  sobre  su  casa.  Y  luego  j^artiose  de 
alli,  y  saco  tres  granos  de  su  bolsa  non  se  de  que:  y 
tomo  los  entre  los  dientes,  y  vnto  se  su  rostro  y  su 
cuello,  y  paro  se  negro  como  la  pez,  y  tomo  vn  palo 
y  comenco  de  coxquear:  y  fuesse  a  casa  del  rico  hombre, 
y  abrio  el  vn  ojo  y  cerro  el  otro,  y  hallo  lo  a  su  puerta 
posado  con  su  muger  y  sus  hombres  delante:  y  abaxo 
la  cabe^a,  y  dixo  en  su  lengua.  Senor  por  aquel  Dios 
que  del  agua  hizo  vino  que  me  aluergues  esta  noche. 
Y  el  rico  hombre  miro  lo :  y  desque  lo  vido  feo  y  ligado, 
dixo  le.  Tira  te  dende  malo  y  vete,  sino  de  palos  te 
hare  dar:  dixo  la  muger.  Senor  aluergaldo  esta  noche, 
y  manana  vaya  se:  y  dixo  el  rico.  Antes  lo  [C5^] 
quiero  ver  ahorcado:  como  quereys  que  me  Heue  mis 
panos  y  mis  dineros :  y  dixo  Guiomar.  Senor  porque 
ganays  gran  pecado,  que  ya  vedes  que  soy  contrecho 
tanto  que  con  cincuento  marcos  de  plata  no  me  podre 
tener  sobre  mis  pies  sin  vn  palo :  y  dixo  la  duena.  Amigo 
aluergar  vos  hau:  y  dixo  Guiomar.  Senora  Dios  aya  de 
vos  piedad:  y  dixo  entre  sus  dientes  que  ninguno  se  lo 
entendio.  Para  sant  Pedro  de  Koma  que  antes  que 
manana    a    medio    dia    venga    haga    al    rico    hombre    ser 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  301 

sanudo:  y  entonces  lo  metieron  dentro,  y  hizieron  le  vn 
lecho  miiy  pobre.  Y  depues  que  se  echaron  el  rico  hombre 
y  SU  muger,  Guiomar  no  dormia,  mas  antes  escuchaua 
quanto  podia.  Y  quando  entendio  que  todos  dormian,  a 
la  media  noclie  comenco  a  hazer  sus  conjuros:  y  fueron 
todos  adormidos  en  tal  manera  que  les  podian  coiiar  las 
cabe^as:  y  tomo  vna  candela  ardiendo  en  la  mano  y  miro 
por  la  camara,  y  fue  a  vn  almario  que  estaua  abierto  ya 
por  SU  encantamento :  y  tendio  vn  pano  de  oro  que  ende 
hallo,  y  emboluio  en  el  quanto  auer  hallo,  y  dixo  en  su 
corapon :  este  presentare  a  la  reyna.  Y  luego  fuesse 
para  vna  cueua  que  sabia  rauy  encubierta,  y  escondio  su 
fardel  con  quanto  traya.  Y  compro  luego  buena  ropa 
por  se  hazer  desconocer,  y  lleuo  de  los  dineros  para 
comprar  de  comer:  y  lauo  su  rostro  y  su  cuello,  y  fuesse 
para  el  castillo,  y  oyo  el  ruydo  por  toda  la  villa,  y  por 
la  plafa.  Y  el  rico  hombre  y  su  muger  comeuyaron  a 
dar  grandes  bozes:  y  ayuntaron  se  todos  ellos,  y  comen- 
90  les  a  dezir.  Vistes  a  noche  el  contrecht)  que  passo 
que  se  hazia  que  no  podia  andar:  esse  me  ha  robado  todo 
mi  auer:  mala  ganancia  le  venga,  y  agora  no  se  a  donde 
le  vaya  a  buscar.  Y  los  pobres  agradecieron  lo  mucho 
a  dios:  porque  los  despechaua  mucho:  y  fuesse  Guiomar 
contra  el  rico  hombre  y  dixo.  Sefior  que  es  csto  que 
me  dixeron:  fue  este  el  contrecho  cpie  por  aqui  passo 
anoche  el  que  vos  robo  la  casa:  que  me  semejaua  que  a 
mala  ves  podia  lleuar  el  bordon:  por  esso  no  se  deue 
hombre  fiar  en  peniteucial:  y  dixo  el  rico  hombre.  Amigo 
assaz  [C  5*^]  pesar  tengo,  pero  no  se  que  me  haga.  Y 
Guiomar  se  torno  y  no  quiso  mas  ay  estar:  y  fiiesse  al 
mercado  a  comprar  de  comer  pan  y  pescado,  y  de  lo 
mejor  que  hallo,  y  dos  barriles  de  vino:  y  fuesse  para 
la  cueua  donde  auia  dexado  su  fardel  con  todo  su  auer. 

Capitulo.  xvj.  De  la  cuyta  y  hambre  que  passarou 
la  reyna  y  su  hijo  y  Baruquel. 

Mucha  era  la  hambre  que  passo  la  reyna  Sebilla 
aquella  noche,  y  Luys,  y  Baruquel:  que  como  estauan 
cansados  del  Camino,  y  no  auian  comido  sino  aquel  poco 
de  pan  de  ordio  que  les  auia  dado  el  hermitano,  aquexaua 


302  Reinhold  KGliler 

les  mucho  la  hambre:  y  salian  miiy  a  menudo  al  Camino 
por  donde  auia  ydo  Guiomar,  y  veyan  que  no  venia.  Y 
quando  fiie  puesto  el  sol  y  la  noche  venida,  entraron  se 
todos  a  la  hermita,  y  mirauan  se  todos  vnos  a  otros:  y 
gran  pesar  auia  Baruquel  por  su  senora  la  reyna  que  tal 
pena  padescia:  y  con  safia  dixo  a  Luys.  Assi  Dios  me 
salue  fuertemente  lo  errastes  en  dexar  aquel  ladron  mala- 
uenturado:  ca  bien  vos  lo  digo  que  si  en  encuentro  me 
cayera  yo  le  diera  tal  golpe  con  rai  bordon,  que  nunca 
otra  vez  hiziera  olro  tanto.  Y  bien  vos  dixe  que  nunca 
creyessedes  del  ladron  cosa  ninguna:  y  vos  rectauades 
me  dello,  y  dixo  Luys.  Por  ser  piadoso  de  muerte:  mas 
como  vos  fiastes  del  todos:  y  dixo  el  hermitano.  La 
culpa  fue  mia  en  lo  conoscer  por  tan  malo,  y  fiar  del  y 
de  sus  palabras:  y  todos  dixeron  en  esta  manera.  Y 
salio  Baruquel  fuera  y  cuydauan  los  otros  que  lo  yua  a 
buscar  para  lo  matar:  ca  bien  sabian  cierto  que  si  con 
el  se  encontrasse  que  le  demandaria  cuento  de  los  dine- 
ros  que  auift  lleuado.  Y  Baruquel  se  fue  a  vn  prado 
antes  que  viniesse  la  noche:  y  con  las  manos  arranco  de 
las  yeruas  y  hizo  vn  gran  haz,  y  tomo  lo  a  cuestas,  y 
vino  se  para  la  hermita  y  entro  dentro:  y  hizo  vna  alta 
cama  en  que  se  echasse  [C  6^]  la  reyna  y  Luys:  y  assi 
passaron  aquel  dia  y  aquella  noche  sin  comer  y  sin 
beuer.  Y  desque  el  dia  fue  venido  leuantaron  se  y  co- 
menfaron  de  pensar  en  lo  de  ante  noche,  de  como  les 
auia  burlado  Guiomar,  y  eran  sin  pan  y  sin  vino.  Mucho 
estauan  desconsolados,  que  maguera  poco  dinero  les  hazia 
gran  mengua.  Y  el  hermitano  rogaua  a  Dios  que  diesse 
mala  Ventura  a  Guiomar:  y  la  duefia  dezia  que  el  fuesse 
mal  andante  que  tan  poco  dinero  hazia  tan  grande  mengua : 
y  cobdiciaua  Baruquel  otra  vez  topar  con  el,  Luys  dixo. 
Pues  aun  no  me  pesa  porque  no  lo  mate,  que  aun  no 
puedo  teuer  mal  coracon. 

Capitu.  xvij.  Como  Guiomar  les  traxo  de  comer  y 
holgaron  mucho:  y  como  el  hermitano  descubrio  a  Luys 
como  era  hijo  del  rey  de  Francia. 

Guiomar  se  fue  hasta  la  cueua  donde  auia  dexado 
el  su   fardel:    y    tomo   lo  todo  y   echo  selo  a  cuestas  y 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  303 

fuesse  a  qiianta  mas  priessa  pudo:   y  a  la  entraJa  de  vn 
prado   hallo   vn   villano   con  vn  asno,   y  dixo  le.     Amigo 
vende  me  este  asno:  y  el  villano  le  dixo.    No  trabajedes 
en  ello,  que  no  vos  lo  dare  j^or  quanto  dinero  vos  teneys. 
Y   quando  Gniomar  lo    oyo  oiio  miiy  grandissimo  pesar: 
y  llego  se  le  a  la  oreja,  y  diso  le  dos  cosas  de  encanta- 
mento   tales  qne  el  villano  se  adurmio,    y  cayo  en  tierra 
amortescido   sin    sentido    ninj^uno,     Y  lueeo   tomo  Guio- 
mar   el   asno,    y   derribo   le  la  lefia,  y  eclio  le  encima  el 
fardel  y  todo  lo   que  lleuaua:    y  tomo   el  aguijon  en  la 
mano,  y  dixo.    Anda  anda  adelante  y  Dios  te  guarde:   y 
fuesse    a   la  hermita  do  era  muy  desseado  de  los  que  lo 
esperauan.     Y  como  Luys  lo  vido  venir  conoscio  que  era 
el,  y  dixo.     Yo  veo  venir  a  Guiomar,  y  semeja  me  que 
trae  vn  asno  cargado:  y  salieron  a  el  y  dixeron  que  bien 
fuesse  veuido,  y  dixo  el.    Como  me  hablades,  mas  segun 
yo  pienso  aueys  gran  ham[  C  6^]bre  i):  pero  bien  teneys 
de  comer  mal  grado  aya  el  rico  liombre.    Y  quando  des- 
cargo   fue  bien   rescebido,    y   fueron  todos    muy   alegres: 
y  descubrieron  las  copas  de  oro  que  lleuaua,  y  Guiomar 
presento  las  a   Luys,    y   dixo   le.     Amigo  si  me  mataras 
no  ouieras  esto:    y  presento  un  rico   pano   a  la  reyna:    y 
dixo   Baruquel.     Amigo   de  dondc  ouiste  esto,    nunca  vi 
tan  buen  ladron  como  tu  eres:  y  Luys  Hämo  a  Guiomär 
a  parte,    y  dixo  le.     Donde   ouiste   esto   no  me   nieo-ues 
la  verdad:  pienso  que  deuiste  de  raatar  alguno,  o  robaste 
algun   monesterio:    dixo   Guiomar.     Seuor   yo  vos  dire  la 
verdad:    yo    nunca    mate   ningun   hombre,    mas   dios   que 
tiene  el  poder  me  las  dio,  y  traxe  vos  las  de  grado,  por 
esso   no   lo   dexedes :    y  dixo  el  hermitano.     Amigo  '^)  no 


')  So  ist  statt:  nombre  zu  lesen, 

=')  Dem  Capitel  bis  hierher  entsprechen  die  Verse  'Li  fnnUax  fit 
pesans'  u.  s.  w.  bis  'Amt,  dit  U  hermites,  sachiez  tot  vraiemant'.  AVcnn 
es  da  heifst: 

Quant  Grimoars  Toi',  qu'il  n'est  a  poi  desves, 
Envers  l'asne  s'an  vait,  de  lui  est  acoles, 
An  Toreille  li  dist  .II.  enchantemens  tes 

Que  11  asiies  s'andort ,  a  la  terre  est  verses  

so  ergibt  sich  aus  dem  Zusammenhang  schon,   wie  aus  der  spanischen 


304  Reinhold  Kühler 

lo  dexaremos,  antes  lo  tomaremos  de  biien  grado:  dixo 
Guiomar.  Vos  teueys  buen  seso,  nimca  vi  tan  buen  her- 
mitafio  como  vos.  Y  luego  Baruquel  hizo  gran  fuego  y 
guiso  bien  de  eomer:  y  asseutaron  se  a  la  mesa  la  reyna, 
y  el  liermitaüo,  y  Luys,  y  Baruquel,  y  comieron  todos 
eil  vno,  y  Guiomar'  comio  a  parte:  y  supo  bien  el  pan 
al  bermitafio  que  auia  treynta  anos  que  no  lo  auia  co- 
iiiido:  y  dixo  les.  Ya  no  quiero  ser  mas  bermitano,  y 
quiero  me  yr  con  vosotros,  y  ayudar  vos  lie  quaiito 
pudiere.  Y  despues  que  ouieron  comido  y  beuido  de  su 
espacio  alcaron  la  mesa:  y  abra^o  el  bermitano  a  Luys, 
y  dixo.  Ay  dios  quaii  gran  mal  hizo  el  rey  de  Francia 
a  mi  sobrina  su  muger  que  la  echo  de  su  tierra  preüada 
del  infante:  assi  Francia  quedara  sin  heredero,  y  sera 
gran  peligro.  En  tanto  que  el  liermitaüo  esto  dezia 
adormio  se  Luys  en  su  regaco.  Y  el  bermitano  quando 
lo  vido  adormido  desperto  lo:  y  quando  se  vio  el  cuello 
mojado,  y  la  cara  miro  al  bermitano  y  vido  que  lloraua: 
y  dixo  le.  Senor  por  aquel  que  tomo  muerte  en  la  cruz 
por  los  pecadores  saluar  que  me  digades  porque  llorays: 
y  dixo  el  bermitano.  Buen  bijo  yo  vos  lo  dire:  vos  pen- 
sades  que  Baruquel  este  villano  es  vuestro  padre,  y  que 
el  vos  engendro,  mas  no  es  assi,  que  vos  soys  bijo  del 
Rey  de  Francia,  y  vos  soys  ecba[C  7^]do  del  reyno  a 
gran  traycion,  y  vos  lo  aueys  de  beredar:  y  digo  vos  lo 
porque  sepades  que  soys  mi  sobrino  verdadero:  dixo  el 
infante  al  bermitano.  Senor  consejad  me  que  baga  pues 
que  assi  es:  y  creed  que  nunca  os  fallescere  mientra  el 
alma  tuuiere  en  el  cuerpo.  Dixo  el  bermitano.  Yo  cuydo 
con  mi  cuerpo  bazer  guerra  al  rey  de  Francia  vuestro 
padre  si  os  quisiere  deseredar:  y  luego  ecbaron  se  en 
aquello  que  el  bermitano  tenia,  y  durmieron  toda  la 
iiocbe. 

Capitulo.  xviij.     Como  fueron  al  padre  sancto,    y  el 
padre   sancto   con  ellos  fueron  a  Costantinopla  al  empe- 


Uebersetzung,  dafs  lui  im  2.  Vers  nicht  auf  den  Esel,  sondern  auf  den 
'vilain'  geht,  und  dafs  statt  'Que  li  asnes  s'andort'  zu  lesen  ist:  'Que 
li  vilains  s'andort'. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  305 

rador:   y   el  emperador  ayunto   su   liueste  y  fue  a  hazer 
guerra  al  rey  de  Francia  su  yerno. 

En  la  mafiana  adere^aron  se  para  andar,  y  anduuie- 
ron  tanto  que  llegaron  al  Apostollco:  y  el  hermitano 
conto  le  todo  el  hecho  de  la  reyna  Sebilla  a  el  y  a  los 
Cardenales,  como  mezclaron  la  traycion  los  traydores:  y 
como  la  echaron  de  Francia  a  sinrazon.  Y  quando  el 
apostollco  lo  oyo  tomo  se  a  llorar  de  pesar:  y  luego  el 
apostollco  y  el  hermitano,  y  la  reyna,  y  Luys,  y  Baru- 
quel,  y  Guiomar  entraron  en  vna  galera,  y  corrieron 
por  la  mar  hasta  que  llegaron  al  puerto  de  Costanti- 
nopla:  y  hizieron  lo  saber  al  emperador  Ricardo.  Y 
quando  lo  oyo  salio  los  a  recebir  lo  mas  honrradamente 
que  el  pudo:  mas  quando  vido  a  la  reyna  de  Francia  su 
hija  fue  muy  marauillado,  y  dixo  sospirando.  Sancta 
Maria  y  no  soys  vos  mi  hija  Sebilla  que  yo  tanta  amaua: 
dixo  ella.  Padre  yo  soy  vuestra  hija  verdaderamente. 
Entonces  la  abrago  y  la  beso  su  padre,  y  comen^o  a 
llorar  y  dixo.  Como  fue  esto,  o  como  vos  dexo  venir 
Carlos  vuestro  raarido  tan  sola  y  tan  sin  compaüia,  que 
no  vieue  con  vos  cauallero  ninguno  ni  otra  compania:  y 
ella  dixo.  Padre  senor  sabed  que  el  rae  echo  de  su 
tierra  muy  abiltadamente.  Y  luego  conto  le  el  Apo[C  T*"]- 
stolico  todo  el  hecho  como  se  lo  contara  el  hermitano. 
Y"  quando  el  emperador  lo  oyo  ouo  muy  grandissimo 
pesar  dello:  y  fue  a  Luys  y  beso  lo  muchas  vezes,  y 
dixo.  Gran  pesar  me  ha  hecho  vuestro  padre:  y  mal 
mantuuo  lo  que  prometio  que  assi  echo  mi  hija  abiltada- 
mente, sabed  que  no  lo  hizo  bien.  Y  si  quiera  por  amor 
de  Dios  deuiera  sufrir  alguna  cosa,  y  no  fallecer  lo  que 
comigo  puso:  y  se  que  mi  hija  ha  passado  gran  lazeria 
y  grau  cuydado  a  sinrazon:  dixo  la  reyna.  Por  Dios 
senor  assi  fue,  que  sino  fiiera  por  Baruquel  este  hombre 
bueno  yo  uunca  a  vos  viniera,  ni  a  mi  madre:  y  dixo 
el  emperador.  Hija  bien  vos  lo  creo,  que  mucho  mal 
aueys  passado :  mas  para  aquel  Apostolico  sant  Pedro  de 
Roma  que  jamas  mi  merced  fallezca  a  Baruquel  en  todos 
los  dias  de  mi  vida:  dixo  el  hermitano  a  muy  grandcs 
bozes.     Senor  hazed  llegar   vuestras  gentes    que    vengau 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  3.  ')() 


306  Reiiihold  Köhler 

con  vos  quantos  supieren  tomar  armas,  e  yremos  sobre 
Fraucia:  ca  cierto  yo  fuy  hermitano  bien  treynta  anos, 
y  sufri  mucha  lazeria  y  mucho  affan.  Mas  agora  me 
quiero  tornar  al  primer  estado  por  fazer  a  mi  sobrina 
guardar  su  derecho.  Y  si  me  hallo  con  aquel  viejo  de 
Carlos  y  a  mi  sobrina  no  quisiere  recebir  por  muger 
lealmente,  yo  le  hare  perder  la  cabepa:  y  el  emperador 
dixo.  Vos  dezis  bien,  y  yo  vos  lo  prometo  que  assi  sera 
si  dios  quisiere,  que  nos  moueremos  e  yremos  derecha- 
mente  para  Paris.  Y  hizo  el  emperador  quanto  honrra 
pudo  al  apostolico  de  Roma  y  toda  su  compania.  Y 
tuuo  los  bien  viciosos:  y  mando  pregonar  por  toda  su 
tierra  que  viniessen  peones  y  caualleros  luego  a  la  ciudad 
de  Costantinopla,  Y  el  almirante  de  Camino  fue  luego 
con  el  en  los  primeros:  otrosi  el  alferez  de  Chamenia  ^) 
con  diez  mil  de  a  cauallo  bien  adere^ados.  En  toda 
Romania  ^)  no  quedaron  caualleros  ni  escuderos  que  armas 
supiessen  tomar  que  todos  no  vinieron:  y  alli  auia  naos 
y  galeras  quantas  quisieron.  Y  luego  el  emperador  sin 
detenimiento  entro  en  la  mayor  naue,  y  el  Apostolico  y 
la  reyna  y  el  infante  y  el  hermitano.  ßaruquel  y  Guio- 
mar en[C  8*]traron  todos  en  ella:  y  quando  fueron  todos 
bien  aderepados  mouieron  de  alli  al  alua  del  dia,  y  alca- 
ron  sus  velas  y  fueron  su  viaje:  y  anduuieron  tanto  que 
allegaron  al  puerto  de  Venecia :  y  hizieron  sacar  cauallos, 
y  mulas,  y  viaudas,  y  quanto  ay  trayan,  y  holgaron  en 
aquellos  prados.  AI  quarto  dia  mouieron  de  alli,  y  fueron 
se  para  Lombardia:  y  passaron  los  montes  sin  deteni- 
miento, y  fueron  a  posar  a  sant  Miguel  de  los  vados  ^), 
y  salieron  por  el  valle  de  Moriana*):  y  anduuieron  tanto 


')  Wer  der  almirante  de  Camino  und  der  alferez  de  Chamenia  sein 
sollen,  weifs  ich  nicht.     Ist   Chamenia  vielleicht   Chumania,  Cumania? 

2)  Romania  d.  h.  das  byzantinische  Reich.  S.  Ducange  unter  '  jRo- 
mania'.  In  der  von  I.V.  Zingerle  herausgegebenen  gereimten  Geogra- 
phie aus  dem  XIII.  Jahrh.  wird  V.  978  daz  lant  Romame  neben  Bul- 
garie  und   Traviü  genannt, 

s)  Saint  Michel  in  Savoien. 

*)  Mauriana,  Maurienne  in  Savoien. 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  307 

por  sus  jornadas  hasta  que  llegarou  a  Leon  de  sobre  el 
Rone,  vna  buena  ciudad:  y  entraron  en  el  reyno  de 
Francia  por  desfazer  el  rey  Carlos:  y  destruyeron  le  la 
tierra  por  el  mal  que  hizo  a  su  muger.  Y  fueron  que- 
mando  y  robaudo  villas  y  ciudades,  y  tomando  fortalezas 
por  toda  Francia.  Y  despues  destruyeron  a  Borgona,  y 
tomaron  el  auer  de  la  tien'a  tanto  que  marauilla  era:  y 
despues  no  hallauan  villa,  ui  castillo  que  se  les  de- 
fendiesse. 

Capitu.  xix.  De  la  batalla  que  ouieron  el  empera- 
dor  y  Luys  su  nieto  con  don  Almerique  duque  de  Nar- 
bona.  1) 

El  duque  don  Almerique  de  ]Narbona  mouio  de  su 
cibdad:  e  yua  para  el  rey  Carlos  y  lleuaua  cousigo  mil 
caualleros.  Y  con  el  yuan  sus  liijos  que  eran  muy  cor- 
teses  y  bueuos  caualleros:  otrosi  Guillen  de  Orienguana ■■^)? 
y  aun  moros  que  eran  muy  buenos  guerreadores  de 
Espana,  y  Gaueloys  ^),  y  el  conde  Mares  que  era  muy 
palacin.  Y  porque  este  don  Almerique  tenia  parada  su 
tierra  con  el  rey  de  Francia,  yua  le  a  ayudar  a  su  tierra. 
Y  quando  liallaron  la  grande  liueste  de  los  Griegos 
Uegaron  se  ayna  con  don  Almerique,  y  comenparon  lo  a 
llamar  a  muy  grandes  y  altas  bozes:  y  la  sena  del  rey 
Carlos  que  Ueuauan,  y  Almerique  que  los  caudillaua  yuan 
delante.  Y  Luys  desque  lo  vido  dexo  se  yr  para  el,  y 
dio  le  vna  gran  lan9ada  en  [C  8^]  el  escudo  que  lo  auia 
pintado  de  flores:  don  Almerique  bizo  otro  tanto  que  se 
hirieron  de  las  lan^as  tanto  de  rezio  que  se  derribaron 
de  los  cauallos  en  tierra.  Y  leuantaron  se  y  sacaron  las 
espadas  de  las  vaynas:  mas  el  duque  don  Almerique  que 
era  muy  cortes  Hämo  a  Luys:  y  dixole.     Senor  por  dios 


1)  Man  Tgl.  das  entsprechende ,  aber ,  wie  schon  oben  bemerkt, 
sehr  abweichende  Capitel  des  französischen  Prosaromans  bei  Gautier 
a.  a.  0.  II,  548. 

2)  Der  von  Wolf  benutzte  Druck  (Leistungen  S.  145)  hat  'Orien- 
guna'.  Es  ist,  wie  Wolf  vermutet  und  wie  sich  auch  aus  dei*  fran- 
zösisclien  Prosa  ergibt,   Guillaume  d'Orange  gemeint. 

3)  'Gabeloys'  bei  Wolf.  Wolf  vermutet,  es  sei  Gui/belin,  der 
jüngste  Sohn  Aimeri's  von  Narbonne,  gemeint. 

20* 


308  Reinhold  Köhler 

dezid  me  quien  soys  ante  que  peleemos:  y  dixo  Luys. 
Senor  no  vos  lo  negare:  sabed  que  soy  hijo  del  rey 
Carlos  y  de  la  Reyna  Sebilla  su  muger  que  el  echo  de 
SU  tierra:  y  agora  viene  el  tiempo  que  lo  vengue.  Y  uii 
raadre  esta  en  la  hueste:  y  su  padre  torno  la  a  Francia 
para  la  entregar  al  Rey  mi  padre:  y  si  rescebir  no  la 
quisiere  tal  guerra  le  haran  que  no  la  pueda  durar.  Y 
quando  el  duque  lo  oyo  comen^o  a  sospirar:  y  dixo. 
Ay  dios  tu  seas  bendito  que  yo  halle  a  mi  seuoi',  pero 
no  se  SU  nombre.  Y  despues  desto  dixo.  Sefior  donzel 
no  dudeys  que  no  vos  fallecera  mientra  que  yo  biua:  y 
luego  quiero  ser  vuestro  con  mis  hijos  y  con  quanto  yo 
tuuiere,  que  yo  soy  el  Almerique  de  Narbona:  y  quiero 
vos  dar  por  muger  a  mi  liija  Biancaflor.  ^)  Ca  a  mejor 
hombre  no  le  pueda  dar.  Y  dixo  Luys.  Por  Dios  sefior 
esto  vos  agradecere  mucho  si  mi  madre  lo  otorgare.  Y 
muclio  fue  alegre  el  Almerique  quando  se  conoscio  con 
el  infante    Luys,   y  encomendose  a  el  y  a  toda  su  tierra. 

Y  don  Almerique  fue  luego  a  ver  la  reyna:  y  conto 
le  lo  que  auia  hablado  con  su  hijo  y  hizieron  lo  saber 
al  infante.     Y  el  dixolo  al  Emperador:    y  vino  ay  luego. 

Y  quando  oyo  el  pleyto  de  su  nieto  y  de  la  donzella 
pagose  mucho  dello;  y  otorgolo.  Y  despues  contaron  lo 
al  apostolico  todo:  y  el  tuuolo  por  bien  y  confirmolo.  Y 
luego  se  ayuntaron  todos  en  vno  mucho  alegres:  y  con 
plazer  y  fueron  se  derechamente  por  la  tierra:  y  andu- 
uieron    tanto    hasta    que    Uegaron    a  Acria  ^)    y  posaron 


1)  Gedruckt:  blanea  Flor.  —  Ich  bemerke  hier,  dafs  es  nur  ein 
Versehen  des  Albericus  ist,  wenn  er  sagt:  (Ludovicus)  cui  dux  Naa- 
man  filiam  suam  Blancafloram  in  uxorem  dedit,  statt:  dux  Almericus.  — 
Dafs  Ludwig,  Karls  des  Grofsen  Sohn,  eine  Tochter  Aimeri's  von  Nar- 
bonne,  Namens  Blanchefleur,  geheiratet,  kömmt  mehrfach  in  den  Dich- 
tungen vor.  Vgl.  Histoire  litter.  de  la  France  XXII,  515,  G.  Paris 
a.  a.  O.  393  und  400,  Gautier  a.  a.  O.  III,  251  und  479,  Philippe 
Mouskes  V.  12163,  Loher  und  Maller,  erneuert  von  Simrock  S.  58. 

2)  Dies  Acria  wird  auch  Cap.  xxi  genannt:  y  son  ya  en  Acria, 
wo  der  handschriftliche  Text  (S.  375,  11  v.  u.)  hat:  et  son  ya  en  tierra. 
Und  dies  iierra,  dieselbe  Oertlichkeit  bezeichnend,  kömmt  dann  wieder 
S.  378,  11   vor:  llegö  d  tierra  do  fue  naty  bien  regebido.    B  hat  an  letz- 


I 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  3Q9 

fuera  de  la  villa  por  los  prados :  assi  que  bien  tenia  la 
hueste  tres  leguas:  y  comenfaron  de  armar  tiendas  y 
tendejones  muy  ricos:  y  en  la  ciudad  posaron  los  altos 
hombres:  y  los  de  dentro  rescibieron  los  bien  que  no 
pudieron  al  hazer.  Y  quaudo  el  emperador  Carlos  oyo 
hablar  de  las  huestes  de  los  [DJ  Griegos,  y  del  gran 
poder  que  el  Emperador  de  Grecia  traya,  y  que  era  ya 
entrado  en  su  tierra:  y  como  estaua  en  la  ciudad  de 
Acria  y  en  todas  las  fortalezas  que  pertenescian  a  la 
ciudad,  y  se  entregauan:  ouo  ende  muy  gran  pesar. 

Capitulo.  XX.  De  como  Baruqviel  tomo  licencia  del 
Infante  Luys  y  de  su  madre  la  reyna  Sebilla  y  fue  a 
ver  su  muger  y  a  sus  hijos. 

Quando  el  infante  Luys  llego  a  la  ciudad  y  entro 
dentro  y  tomo  todo  quanto  thesoro  ay  hallo  del  rey  y 
quantos  cilleros  hallo  de  pan,  y  tomo  de  quanto  ouo  me- 
nester  para  la  hueste,  y  esto  fue  vn  dia  que  era  martes. 
Y  luego  viuo  le  a  Baruquel  en  mientes  de  su  muger,  y 
de  sus  hijos  que  auia  tiempo  que  los  auia  desamparado 
en  la  ciudad  de  Manes:  y  comenfo  a  llorar  fuertemente, 
y  dixo.  Ay  Dios  que  es  de  mi  muger  y  de  mis  hijos 
que  dexe  pequenos  tan  grande  tiempo  ha,  donde  tengo 
gran  cuyta:  y  agora  no  he  en  el  mundo  cosa  porque  los 
dexe  de  yr  a  ver  por  saber  como  les  va.  Y  luego  fue 
al  infante  y  parose  antel,  y  dixo  le.  Senor  uo  os  pese 
que  yr  quiero  a  ver  mi  muger  y  mis  hijos  que  dexe 
pobres  y  pequenos  en  la  ciudad  de  Manes,  y  mi  casa 
que  he  plazer  de  la  ver:  y  por  Dios  otorgad  me  lo  que 
vaya  alla:  dixo  el  infante.  Ay  Baruquel  si  te  fueres 
nunca  aure  alegria  hasta  que  te  vea  yo  venir  y  con  salud  : 
ca  miedo  he  que  te  hagan  mal  los  de  las  ciudades  que  es 
mala  gente:  dixo  Baruquel.  Senor  no  temas  que  sino 
me  tomaren  el  bordon  antes  lo  compraran  muy   caro:     y 


terer  Stelle:  llego  dun  Luys  lies:  a  don  Luys],  y  lue  muy  bien  resee- 
bido.  Es  mufs  also  Tierra  ein  Ortsname  oder  die  Entstellung  eines 
solchen  sein.  Ob  Acria  das  richtige,  ist  bei  der  Unzuverläfsliohkeit 
B's  in  Bezug  auf  die  Namen  sehr  fraglich.  F.  Wolf  (Leistungen  S.  146) 
setzt  zu  Acria  in  rareuthese  mit  einem  Fragezeichen:    Are  en  Barrois. 


310  Reinhold  Köhler 

)a  reyna  que  estaua  ay  se  leuanto  muy  espantada  y  dixo. 
Baniquel  amigo  dexar  me  quereys:  y  comen^o  a  llorar:  y 
dixo  el.  Senora  no  tomeys  pesar  que  quiero  yr  a  Manes  por 
ver  mi  miiger  y  mis  hijos  que  se  hizieron,  que  gran 
desseo  he  de  vellos:  qvie  puede  ser  que  son  muertos,  » 
que  mucho  mal  auran  passado:  y  no  se  cierto  si  son 
muertos  o  biuos:  y  dixo  la  reyna.  Bien  se  que  todo  lo 
hezistes  por  amor  de  mi,  mas  quiero  que  lleueys  .xl. 
marcos  de  plata  y  los  mejores  panos  que  [D  ^]  yo  tengo 
para  vuestra  muger:  y  dezilde  de  mi  parte  que  si  Dios 
me  dexare  tornar  a  mi  honrra:  y  me  diere  gracia  con  mi 
senor  el  rey,  yo  vos  bare  ricos  y  bien  andante s. 

S.  372,  11  V.  u.:  et  fiie  de  alli  manero  d  Proyus.  (B 
Cap.  XX:  y  fue  a  dormir  a  Paris.)  Es  ist  zu  lesen  Pro- 
yns,  wie  S.  377,  Cap.  xxxviii,  2  und  S.  378,  5  steht. 
Darunter  ist  das  heutige  Provins  (Dep.  Seine  et  Marne) 
zu  verstehen. 

S.  372,  10  V.  H.:  Emam.  Ebenso  374,  h  v.  u.,  377,  G 
V.  u.,  382,  24.  Ist  vielleicht  Etnans  zu  lesen  und  das 
von  Provins  siklwestlich  gelegene  Esmans  gemeint?  Da- 
für spräche,  dafs  B  für  Emaus  immer  Manes  hat.  Aber 
nach  S.  377,  6  v.  u.  scheint  Emaus  nördlich  von  Provins 
gedacht. 

S.  374,  Z.  18  V.  u.  lies:  Amiga. 

S.  375,  8:  non  ouo  fexj  en  Franeia  del  tiempo  de  Mer- 
lin fasta  enton^e  que  no  ouiese  traydores  qiie  le  feciesen 
muy  graut  datio.  Bemerkenswerte  Stelle,  die  in  B  weg- 
gelassen ist. 

S.  375,  22  und  376,  10:  Man^iones  (B  Cap.  xxi  zu- 
erst Imaciones,  dann  Maciones).  Dieselbe  Person  heilst 
weiter  unten  379,  10  v.  u.,  380,2  v.  o.  und  17  v.  u.  Manfion 
(B  Cap.  XXIV:  Macion).  Es  ist  der  Almagim  in  der 
Stelle  des  Albericus.  In  der  Londoner  Hs.  des  Gui  de 
Bourgogne  (S.  136  der  Ausgabe  von  Guessard  und  Miche- 
lant)  kömmt  ein  Maucion^  jüngster  Sohn  Ganelon's,  vor. 

S.  375,  11  V.  u.:  et  son  ya  en  tierra.  S.  oben  S.  308, 
Anmerkung  2. 

S.  377,  16:   et  y  /W   el  duque  don  Aymes  et  Ougel  e 
Galter    de    Corauina^     et    los   parientes    de     Galalon.     (B 


J 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofseii  etc.  311 

Cap.  XXI  hat  blos :  y  tambien  el  duque  don  Jaymes.)  Wer 
ist  Galter  de  Coravina'? 

S.  377,  21  fg.  Die  Orte,  welche  Baroquer  auf  seiner 
Flucht  berührt,  sind  Ormel^  Gortnay^  Leni,  Columer,  Froyns. 
In  Proyns  haben  wir  schon  oben  Provins  erkannt,  Colu- 
iner  ist  jedenfalls  Coulommiers^  Leni  wahrscheinlich  hagny^ 
Gormay  vielleicht  Gournay.  B  ist  hier  sehr  verkürzt  und 
hat  alle  Namen  weofojelassen. 

S.  377,  30:  Uegö  el  duque  don  Aymes  et  Aleni  et  Ougel. 
Lies:  .  .  .  Aymes  et  Ougel  ä  Leni. 

S.  378,  11:  Uegö  d  tierra.  Siehe  oben  S.  308,  Anmer- 
kung 2. 

S.  378,  17  V.  11.:  don  Almerique  de  Narbona,  et  Guylle- 
mer,  el  giierreador^  et  todos  los  otros  de  su  conpaha.  B 
Cap.  XXII:  don  Almerique  de  Narbona,  y  Guillen  corre- 
dor,  y  todos  los  otros  de  la  compania  de  Luys.  — 
Guyllemir  el  guerreador  ist  wol  kein  anderer  als  Guillaume 
d'Orenge.  Vgl.  Li  coronemens  Looys  V.  2145  Guillaume 
le  guerrier  (d.  i.  G.  d'O.). 

S.  379,  Cap.  XXXIX,  Z.  4:  Seilor,  dixo  Sulamon,  (iqu't 
nOH  auemos  que  tardar,  ca  el  proueruio  diz  qne  rnejor  es 
huen  foyr  que  mal  tornar.  Statt  Salamon  ist  zu  lesen: 
don  Aymes,  wie  sich  aus  dem  vorhergehenden  ergibt. 
Salamon  wird  dem  Schreiber  in  die  Feder  gekommen 
sein,  indem  er  bei  dem  folgenden  'proueruio'  an  die  pro- 
verbia  Salomonis  dachte.  B  Cap.  xxii  hat:  y  dixo  el 
duque  Jaymes.  No  nos  detengamos:  ca  el  prouerbio  lo 
dize,  que  mas  vale  el  mal  huyr. 

S.  379,  Cap.  xxxix,  Z.  9:  a  ssiet  legiias  de  aqui  hä 
un  castiello  en  una  montaha,  d  que  dizen  Altafoja:  ya  lo 
uos  touiestes  cercado,  quando  yazia  dentro  Gnfonet  quefizo  la 
traycion  quando  vendiö  Roldan  al  rey  Marssil,  et  non  uos  pudo 
escapa7',  ayite  ouo  su  gualardon  de  la  traycion  que  feziera^ 
ca  fue  quemado.  —  Altafoja  ist  Hautefeuille^  über  welches 
P.  Paris  in  der  Histoire  litteraire  de  la  France  xxii,  431 
bemerkt:  'Hautefeuille  est  une  terre  voisiue  de  Joigni, 
et  de  ce  cbäteau  venait  le  cri  de  guerre  de  toute  la  race 
de  Ganelou.'  (Vgl.  auch  daselbst  S.  312.)  Bei  Albericus 
entspricht  der  mons  Widomari  oder  Wimari.    In  der  frau- 


312  Reinhold  Kohler 

zosischen  Prosa  lautet  nach  Gautier  a.  a.  O.  II,  550  eine 
Capitelüberschrift:  'Comment  Charlemaine  fut  chassie  et 
enclos  dedans  ung  chastel  fort  a  merveilles  nomme  pour 
adont  IJaultcfeuilleet  de  present  Moynier.  Grifonet  ist  Grifon 
von  Tlmitefeuille.  Auch  im  Fierabras  wird  dieser  Grifon 
einmal  (V.  4406)  Grifonnet  und  ebenso  im  Gaydon  mehr- 
mals genannt  (z.  B.  V.  5165,  5950,  6221,  7432,  8453).  Aber 
nicht  Grifon,  sondern  sein  Sohn  Ganelon  verriet  bekanntlich 
Rolanden  dem  König  Marsile.  Diese  Verwechselung  ist 
wol  nur  ein  Versehen  des  spanischen  Bearbeiters.  Die 
Belagerung  Ganelon's  in  Hautefeuille  vermag  ich  sonst 
nicht  nachzuweisen.  Dafs  Ganelon  für  seine  Verräterei 
verbrannt  worden,  kömmt  auch  im  Gaydon  V.  46  ig. 
vor,  aber  an  zwei  andern  Stellen  desselben  Gedichts 
(V.  7164  und  10134)  findet  sich  die  Angabe,  dafs  er 
gehängt  worden.  Nach  den  sonstigen  Ueberlieferungen 
ist  er  gevierteilt  worden.  Siehe  G.  Paris,  Histoire 
poetique  de  Charlemagne  S.  276.  —  In  B  Cap.  xxii  lautet 
obige  Stelle;  aqui  esta  vn  castillo  muy  bueno  que  dizen 
Altafoja:  y  esta  siete  leguas  de  aqui  en  vna  montana:  y 
ya  vos  lo  tuuistes  cercado  quando  Galalon  yazia  dentro: 
y  sabeys  que  hizo  la  traycion  quando  vendio  a  los  doze 
pares:  y  bien  sabeys  senor  que  gastastes  de  vuestros 
thesoros  por  lo  poder  auer:  porque  no  ay  hombre  en  el 
mundo  que  lo  pueda  ganar,  sino  por  traycion.  —  B  hat 
also  richtig  statt  Grifonet:  Galalon.  Woher  die  Angabe, 
dafs  Hautefeuille  nur  durch  Verrat  gewonnen  werden 
konnte,  weifs  ich  nicht. 

S.  379,  10  V.  u. :  Justort  de  Claurent.  Derselbe  wird 
S.  380,  2  Justort  de  Monteclaro  genannt.  Claurent  ist  viel- 
leicht entstellt  aus  Clairemont^  wovon  dann  Mo)iteclaro 
Uebersetzung  wäre.  In  B  Cap.  xxiv  heifst  Justort  Justior 
(ohne  Zusatz). 

S.  381,  2:  et  comen^aron  d  emcntnr  ä  aJtas  bozes: 
iMonjoya!  iMonjoyal  la  seha  del  rey  Carlos.  (BCap.  xxv: 
y  comenfaron  a  llamar  a  altas  bozes  a  la  seiia  del  rey 
Carlos.)     Ueber  Montjoie  vgl.  G.  Paris  a.  a.  O.  S.  374. 

S.  381,  10:  Barroquer  qve  andaua  en  icn  buen  cauallo 
de  Alemaria.     Vgl.  Gui  de  Nantcuil  V.  2570: 


I 


J 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem  Grofsen  etc.  313 

Et  sist  seur  .1.  cheral  coureor  d'Alemaigne. 

Gaydon  V.  5447: 

Et  Bernars  sist  sor  le  vair  d'Aleniaingne. 

S.  383,  11:  Entonge  llamö  d  Focart  et  Gonbaut  et 
Guynemer  (estos  eran  de  los  traxjdores).  (B  Cap.  xxv:  Y 
Hämo  a  corte  [a  Gerate,  nach  der  von  Wolf,  Leistungen 
S.  151,  benutzten  Ausgabe]  a  Galud,  y  a  Guillermo  que 
eran  grandes  traydores.)  Foucart  kömmt  im  Gaydon 
V.  3832  und  6550  vor,  desgl.  Gxdnemer  V.  6848  und  7582. 

S.  385,  5:  Ici  SU  buena  esjyada  que  Uamavan  joliosa  ä 
quien  non  sabian  par^  sy  non  era  durandana.  B  Cap.  xxvi: 
la  espada  .  .  .  que  auia  nombre  Giosa:  y  non  se  hallaua 
par  sino  fiiesse  Durandal.  Ueber  Karls  Schwert  Joyeuse 
vgl.  Gaston  Paris  a.  a.  O.  S.  372  fg.,  Gaydon  V.  1305  fg., 
über  Rolands  Durandal  oder  Durendart  vgl.  Reiflfenberg 
in  seiner  Ausgabe  des  Ph.  Mouskes  II,  xcix  und  F.  Wolf 
Ueber  die  beiden  niederländischenVolksbiicher  S.69  und  99. 

S.  386,  4:  Despues  que  el  cauallo  es  pcrdido ,  ^erradcs 
bien  la  establia.  (In  B  fehlend.)  Vgl.  Lai  du  trot 
V.  284:  .  .  .  a  tart  comence  a  fermer  S'estable  eil  qui  a 
perdu  Son  ceval. 

S.  386,  13:  Prendetme  aquellos  dos  falsos  inalos,  que 
auian  de  guardar  el  palmero.  (In  B  fehlt  dies.)  Nach 
S.  383,  12  mufs  es  heifsen  tres  falsos  malos. 

S.  386,  Cap.  XLiv.  W^ährend  hier  Ougel  in  die  Nor- 
mandie  nach  Ruen  zum  Herzoge  Rechart  seht,  ff  eben  in 
B  Cap.  XXVII  Jaymes  und  Ogel  nach  Coma  zum  Herzog 
der  Lombardei. 

S.  389,  2:  Galter  de  Tolosa  (B  Cap.  xxviii:  Galoer 
de  Tolosa)  d.  i.  Gautier  le  Tolosan,  der  in  den  Gedichten 
über  Guillaume  d'Ürenge  öfters  vorkömmt. 

S.  ^'^^^  23 :  y  fue  Salanion  de  Bretaha,  et  el  duque  de 
Longties,  et  don  Almenque  de  Narbona,  et  el  duque  den  Aymes^ 
et  Grauerer,  et  el  muy  bueno  Buemont,  et  el  conde  don  Mou- 
rant, et  Guyllen  d'Ourenga,  et  los  buenos  dos  marqueses,  et 
el  uno  auia  nombre  Bernalt,  et  el  otro  Ougel  de  Buena- 
marcha.  El  duque  de  Longues  ist  wahrscheinlich  entstellt 
aus   Estous   (Estoul)   de  Langrcs.     (Vgl.  über  ihn  Rciffcn- 


314  Reinhold  Kühler 

berg  a.  a.  O.  I,  207  und  Gautier  a.  a.  O.  II,  166.)  Cran- 
crer  ist  vielleicht  der  im  Aspremont  vorkommende  Caroer 
d' Angletei're  (vgl.  G.  Paris  a.  a.  O.  S.  295),  dort  Mourant 
wol  Morant  de  Riviers,  der  im  Gaydon  z.  B.  vorkömmt, 
Guyllen  d'Ourenga  natiirlich  Guülaume  d'' Orange^  Ber?ialt 
vielleicht  der  S.  364  genannte  Bernalt  de  Brunbant  = 
Bernart  de  Brehant.  Wer  ist  el  bueno  Bvemontf  —  In 
B  Cap.  XXIX  entspricht  folgende  Stelle:  El  Almerique  de 
Narbona  conoscio  que  era  buen  tiempo  mientra  qiie  el 
Apostolico  estaua  con  el  emperador  Ricardo  de  pedir  por 
merced  al  rey  Carlos  que  otorgasse  el  casamiento  con  su 
hijo  Luys,  que  era  desposado  con  su  hija  Biancaflor:  y 
ayunto  consigo  a  Salomon  de  Bretana,  y  al  duque  de 
Londres,  y  al  duque  don  Jaymes,  y  al  buen  Olumena,  y 
al  conde  don  Morante,  y  a  Guillermo  de  Tenga,  y  a 
los  dos  Almirantes,  Aernalte,  y  Oriel  de  las  Marchas. 

S.  389,  9  v.  u.:  el  castiello  de  Meulenf,  d.  i.  das  heu- 
tige Meidan.     B  Cap.  xxix  hat  Malete. 

S.  390,  10:  es  verdat  lo  que  dizen:  quien  ä  buen  sehor 
sirue^  non  pierde  su  ticnpo.  Vgl.  die  von  Zingerle,  Die 
deutschen  Sprichwörter  im  Mittelalter,  S.  24,  angeführte 
Stelle  aus  Heinrich  Teichner  145*: 

Ir  habt  gehöret  manec  zit; 

Swer  einem  vruinben  dienen  kan, 

Daz  der  niht  verliuset  dran. 


Hieran  mögen  sich  noch  ein  paar  Bemerkungen 
schliefsen,  die  sich  nicht  auf  die  spanische  Prosa,  sondern 
auf  deren  Original  beziehen. 

In  dem  Prolog  des  Gedichtes  'Richars  li  biaus'  (s. 
A.  Scheler's  Inhaltsangabe  und  Auszüge  im  Bibliophile 
beige,  T.  II  (1867),  405  fg.)  zählt  der  Dichter  zahlreiche 
'contes'  auf,  die  gegen  sein  Gedicht  nichts  wert  seien. 
Wenn  es  nun  da  unter  anderem  heifst: 

Pour  nient  oriez  de  Charlemainne, 
Qui  en  Espagne  ot  mainte  painne  .  .  . 


Zu  der  altspan.  Erzählung  von  Karl  dem   Grofsen  etc.  315 

De  Baudoiiin,  ne  de  Sebille, 
D'Alixandre,  le  roy  nobille  .  .  . 

SO  ist  hier  vielleicht  ein  Hinweis  auf  unser  Gediciit  zu 
erkennen. 

Entschieden  bekannt  war  aber  das  Gedicht  dem 
Verfasser  des  Romans  von  Loher  und  Maller,  der  uns 
bekanntlich  leider  nur  in  einer  deutschen  Prosabearbei- 
tung erhalten  ist.  Hier  tritt  der  Dieb  und  Zauberer 
Grimmoner  auf.  Es  heifst  von  ihm  (S.  140  der  Simrock- 
Schen  Erneuerung:  'Ihr  sollt  wissen,  dafs  Grimmoner 
eiu  rechter  Dieb  war:  er  kannte  Kräuter  und  konnte 
Worte,  womit  er  die  Leute  in  Schlaf  senkte;  er  öffnete 
auch  alle  Thüren,  wie  hart  sie  verschlossen  waren.' 
König  Ludwig  (S.  137)  spricht  bei  sich:  'Ach  Grimmo- 
ner, du  lieber  Freund,  wärst  du  nun  hier,  so  wüfst  ich 
wol,  du  triebst  deine  Kunst,  dals  mir  meine  Hausfrau 
wieder  wiirde;  du  hast  mir  auch  schon  öfter  geholfen. 
Als  mein  Vater  meine  Mutter  verjagte,  da  halfst  du  uns 
wieder  in  das  Land.'  Grimmoner  selbst  sagt  einmal 
(S.  192)  zum  König  Ludwig,  der  ihn  nicht  erkennt: 
'Wer  brachte  euch  denn  wieder  nach  Frankreich,  als 
eure  Mutter  von  euerm  Vater  vertrieben  ward?'  Und 
zur  Königin  sagt  er  (S.  141):  'Euers  Gemahls  Mutter, 
König  Karls  Hausfrau,  ward  aus  Frankreich  verjagt:  da 
fand  mich  der  König  [Ludwig]  in  einem  Walde.  Ich 
heifse  Grimmoner  der  Dieb.'  Man  sieht,  Grimmoner  ist 
der  Grimoart  der  Sibillen- Dichtung.  ^) 

Li  den  Bruchstücken  eines  niederländischen,  unbe- 
zweifelt  einem  französischen  nachgebildeten  Gedichtes 
von  Huou  de  Bordeaux,  die  mir  leider  nicht  vorliegen, 
kömmt,  wie  ich  aus  F.  Wolfs  Angabe  (lieber  die  bei- 
den niederländischen  Volksbücher  S.  21)  sehe,  ein  Zau- 
berer Grimuwacrt  vor. 


')  Ich  wage  hier  beiläufig  die  P'rage :  sollte  mit  Grimoart  (Gri- 
moardus  nach  der  Pariser  Handschrift  des  Albericus,  Grimouart  in 
der  französischen ,  Griomoart  in  der  altspanischen  Prosa) ,  dorn  Diebe, 
dem  sich  alle  Thüren  öffnen,  das  italienische  (^rimaldcllo,  Dietrich, 
Diebsschlüssel,  irgend  zusammenhängen? 


316       R.  Köhler,  Die  altspan.  Erzählung  v.  Karl  d.  Grofsen  etc. 

In  dem  ungedruckten  Roman  'Enfances  Garin',  wel- 
cher nach  Gautier  (Les  Epopees  fran9aises  III,  91  fg.), 
der  ausführlich  über  ihn  berichtet,  nicht  vor  dem  15.  Jahr- 
hundert verfafst  ist,  wird  die  Mutter  Garin's,  die  Her- 
zogin Flore  von  Aquitanien  von  ihrem  Gemahl  Savari 
unschuldig  zum  Tode  verurteilt,  jedoch,  weil  sie  schwanger 
ist,  begnadigt.  Ein  Ritter  soll  sie  in  die  Lombardei  zu 
ihrem  Vater  dem  König  Thierry  geleiten,  wird  aber 
unterwegs  auf  Anstiften  der  Feinde  der  Herzogin  über- 
fallen und  erschlagen.  Alles  dies  ist  der  Geschichte  der 
Sibille  sehr  ähnlich,  und  von  Aubri,  dem  Ritter  dieser, 
hat  wahrscheinlich  auch  der  Ritter  der  Herzogin  seinen 
Namen  Alexandre  di'Obrie  erhalten. 

Weimar,  October  1871. 

Reinhold  Köhler 


II 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  317 


Lette  re      inedite 


di 


Ugo  Foscolo. 


Allorcbe  nel  1861  andavo  raccogliendo  quante  notizie 
relative  al  soorüfiorno  di  Ugo  Foscolo  in  Isvizzera  mi 
somministravano  le  sue  lettere  stampate,  ]e  relazioni 
de'  suoi  biografi  e  del  Sorelli  e  i  ricordi  di  diverse  per- 
sone  allora  viventi,  che  nel  1815  e  nel  1816  a  Ziirioro 
avevano  conosciuto  il  „poeta  e  pensatore  egregio,  ma 
pur  troppo  crudelmente  piü  da  se  stesso  che  dagli 
uomini  perseguitato"  ^),  notizie  riunite  di  poi  in  breve 
articolo  di  rivista  ■^),  ottenni  dalla  squisita  gentilezza  della 
signora  Bertha  Reinhard  nata  Hess  di  Winterthur 
il  permesso  di  copiare  le  lettere  e  i  biglietti  seguenti, 
scritti  giä  (eccetto  uno  ch'  e  diretto  a  donna)  dal  Foscolo 
o  in  nome  suo  al  di  lui  amico  e  „buon  Nestore"  (Episto- 
lario  II,  326)   Giacobbe  Enrico  Meister^)    e  da  esso 


1)  Giov.  Gasp.  Orelli  nella  prefazione  delle  Poesie  filoso- 
fiche  di  Tommaso  Campanella,  Lugano   1834,  p.  viii. 

•)  Ugo  Foscolo's  Aufenthalt  in  Zürich  nella  rivista  Die 
Schweiz,  Zeitschrift  für  Literatur  und  Kunst,  Bern  bei 
Haller,  1862.  Furono  dell'  articolo  tirate  a  parte  trenta  copie  in 
ottavo. 

^)  Ampie  notizie  intorno  a  questo  letterato  e  politico  zurighese 
nato  nel  1744,  un  tempo  segretario  a  Parigi  del  barone  F.  M.  Grimm 
e  continuatore  della  famosa  Correspondance  litteraire  di  questo 
suo  padrone,  e  autore  di  nou  poche  opere  di  argomento  o  filosofico  o 
politico,  morto  a  Zurigo  nel  1826,  si  trovano  nella  Biographie 
universelle  del  Michaud  e  nella  Nouvelle  Biographie  gene- 
rale del  Hoefer.  II  Foscolo  allegando  il  giudizio  dato  dal  Meister 
sullo  Stile  deir  Ortis,  coglie  occasione  di  rendergli  pubblico  omaggio, 
vedi  la  Notizia  b  ibliografica  intorno  alle  Ultime  Lettere 
di  Jacopo  Ortis  per  l'edizione  di  Londra  MDCCCXIV  (piü 
veramente  di  Zurigo  1816)  a  p.  xcvi  (Opere  edite  e  postume  I,  216).  — 


318  Adolf  Tobler 

lasciati  al  suo  nipote  Cristiano  Enrico  Hess,  padre  della 
attuale  posscditrice.  Potevo  dunque  da  lungo  tempo  e 
petendo  dovevo  far  di  pubblica  ragione  quelle  che  avevo 
trovato,  e  con  quanta  soddisfazione  non  lo  avrei  offerto 
al  povero  mio  maestro  e  amico  Francesco  Silvio  Or- 
landini,  ende  aggiugnendovi  forse  qualche  altra  cosa 
ne  facesse  uu'  aj^pendicc  agli  undici  volumi  delle  Opere 
edite  e  postume  del  Foscolo,  che  tauto  devono  alle  pie- 
tose  di  lui  eure.  Se  non  che  tuttavia  speravo  di  rin- 
tracciare  qualcuno  degli  scritti  perduti  di  Ugo,  dei  quali 
si  fa  menzione  in  fine  del  sopradetto  articolo  e  che  pur 
devono  aver  esistito  in  Isvizzera,  e  di  schiarire  coli'  andar 
del  tempo  certi  particolari  che  oggi  rimangono  oscuri, 
se  non  forse  a  tutti  i  lettori  delle  presenti  lettere,  a  me. 
Tale  speranza  fino  a  quest'  ora  mi  e  riuscita  vana;  e  in- 
tanto  —  da  sei  anni  il  povero  mio  dono  non  lo  posso 
deporre  se  non  sulla  tomba  dell'  Orlandini,  e  da  quattro 
anni  sto  fuori  del  mio  paese  natio  e  meno  che  altre  volte 
posso  ripromettermi  alcun  frutto  di  ricerche  da  farsi  j)er 
quegli  archivi,  quelle  biblioteche  e  case  private.  Sara 
meglio,  si  stampi  adesso,  quanto  mi  trovo  aver  fra  le 
mani  di  reliquie  foscoliane,  ora  che  gli  sguardi  degF  Ita- 
liani  nuovamente  si  son  rivolti  alla  „illacrimata  sepoltura" 
deir  esule,  e  che  a  molti  pare  necessario  pur  troppo 
rammentare  chi  e  quäle  fu  giä  il  nuovo  ospite  di  Santa 
Croce. 

Berlino,  ottobre  1871. 

Adolf  Tobler. 


Giacobbe  Enrico  (Jacob  Henri,  come  dice  la  sottoscritta  del  suo 
ritratto  disegnato  dall'  Oeri  e  inciso  dal  Lips)  sono  i  veri  prenomi  del 
nostro  Meister,  non  gia Giovanni  Enrico,  come  scrisse  l'editore  delle  Prose 
politiche  (Opere,  vol.  V,  p.  167),  e  indotto  da  lui  scrissi  nel  suddetto 
articolo  anch'  io.  Furono  autori  di  varie  opere  anche  il  padre  Gio- 
vanni Enrico  (1700  —  1781)  e  il  cugino  Leonardo  (1741  —  1811). 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  319 

I. 

Monsieur.  En  vous  en%-oyant  la  lettre  pour  Mad^  D  — , 
je  devrais  y  joindre  celle  qui  regarde  la  belle  dame  de  votre 
creation;  quoique  d'apres  natura,  vous  n'en  etes  pas  moins 
le  createur.  En  venant  ä  Baden  je  m'etais  muni  de  mon  scar- 
tafaccio  et  de  la  bonne  volonte  de  vous  en  faire  une  copie; 
mais  je  n'ai  jamais  eu  assez  de  courage  pour  m'y  mettre 
tout  de  bon: 

,,Tua  nam  mihi  cognita  virtus 
„Terret,  ut  infirmse  nequeant  consistere  vires." 
Je  tacherai  toutefois  de  vous  obeir,  vraiment  c'est  un  grande 
honte  de  vous  envoyer  si  peu  de  chose;  mais  j'aurais  plus  de 
honte  en  retardant  l'accomplissement  de  ma  promesse:  aussi 
vous  aurez  ä  Berne  la  copie  du  scartafaccio  avant  la  fiu 
du  mois. 

Ma  sante,  puisque  vous  avez  la  bonte  de  prendre  interet 
a  moi,  —  ma  sante  n'est  pas  en  bon  train:  je  me  resens  de 
la  meme  faiblesse  le  soir  surtout.  Les  bains,  ä  ce  que  je 
crois,  sont  d'un  eiFet  tres- indifferent  pour  moi:  je  serais  fache 
pour  la  celebrite  de  vos  eaux  tout-puiss  antes  de  devoir 
leur  appliquer  certains  vers  d'un  de  mes  amis  qui  vivait  il  y 
a  300  ans: 

Fan  come  il  mio  parente  cardinale 

Che  non  mi  fece  mai  ne  ben  ne  male  —  Malgre 
cela,  la  Situation  est  plus  comfortable  pour  moi,  quoique 
moins  belle  que  la  Situation  du  tabernacle  de  Hottingen:  je 
vive  ici  encore  plus  avec  moi -meme,  que  au  tabernacle;  c'est 
tout  dire:  mon  ame  comence  ä  se  debarasser  peu  a  peu  de 
sa  paresse  chagrinante;  car  je  ne  joui  point  de  la  bonne  pa- 
resse  qui  console  les  heureux  epicuriens: 

Nunc  veterum  libris,  nunc  somno  etinertibus 

horis 

Ducere  sollicitse  jucunda  oblivia  vitae  — 
Ma  paresse  est  d'un  caraetere  sombre,  mecontente  de  soi- 
meme;  qui  desire  de  faire  de  grandes  chose,  incapable  de  rieu 
entreprendre.  Je  resterai  ici  dans  l'espoir  de  la  domter. 
Cependant  il  comence  a  faire  bien  froid;  et  je  suis  seul:  le 
pauvre  Hinterof  n'est  habite,  que  je  sache,  que  par  deux 
pedans,  M"^  l'Obman  Echer  avec  sa  perruque  et  moi. 

J'ose    vous  prier  d'envoyer  la  lettre  a  Mad^  D  —  avant 


320  Adolf  Tobler 

de  lui  rendre  votre  visite;  car  je  lui  ai  promis  votre  visite;  eile 
vous  attende:  et  je  l'ai  prevenue  de  maniere  a  s'attendre  en  meine 
tems  de  vous  quelque  consolation  —  et  eile  en  a  besoin!  Sa 
reponse  a  la  lettre  que  vous  avez  eu  la  bonte  de  lui  faire  par- 
venir  annonce  une  ame  qui  n'a  d'autre  refuge  que  sa  dignite; 
je  la  croyais  et  moins  infortunee,  et  moiiis  forte;  mais  c'est  le 
malheur  qui  decele  les  caracteres.  Je  pense  devoir  vous  prevenir 
qu'elle  renferme  tres-soigneusement  ses  blessures;  et  vos 
paroles  verseront,  j'en  suis  sur,  le  vin  et  l'ouil  de  l'evangile 
dans  son  coeur,  sans  cependant  lui  laisser  soup^onner  que 
vous  et  moi  en  ayons  eu  l'intention.  Je  lui  ai  parle  de  vos 
dialogues  sur  l'immortalite:  oserais-je  vous  prier  de  les  lui 
preter,  et  d'y  joindre  le  petit  livre  de  prieres?  Elle  a  assez 
d'elevation  et  d'esprit  pour  apprecier  ce  genre  d'ouvrages,  et 
trop  d'amertume  pour  ne  pas  en  sentir  le  besoin. 

Vous  voyez,  Monsieur,  que  je  ne  menage  gueres  mon 
amour  propre;  mais  je  vous  ecris  en  fran^ois  ultramountain 
pour  menager  vos  yeux.  En  ecrivant  l'italien  il  m'est  physi- 
quement  impossible  d'empecher  ma  main  de  courrir  et  de  tracer 
degli  atomi  e  de'  gieroglifici:  riez  de  mon  style,  et 
surtout  de  mon  orthographe,  pourvu  que  vous  puissiez  au 
moins  dechiffrer  mes  idees. 

Comme  je  desire  que  vous  lisiez  ma  lettre  jusque  au 
bout,  je  vous  fairai  grace  des  complimens  d'usage.  Ainsi, 
Monsieur,  faites  bon  voyage  et  pensez  quelquefois  a  un  pauvre 
hermite  qui  pendant  le  tems  que  vous  resterez  loin  de 
Zürich    croira    d'avoir   perdu   un   de  ses  bienfaiteurs   —   Vive, 

Vale  — 

Hugues  Foscolo. 

Baden,  22  Sept.  1815. 


Indirizzo :  Monsieur  Mr.  Meister  auf  dem  Graben  Zürich. 

Sappiamo   da   lettera   scritta   alla   Donna   gentile   li   6  dicembre 

1815  (Epistolario  II,  117),  che  sul  tinire  d'agosto  dell'  anno  medesimo 
una  grave  perdita  di  sangue  condusse  il  Foscolo  a  cercar  nuove  forze 
ai  bagni  di  Baden  d'Argovia,  dove  si  trattenne  per  quaranta 
giorni. 

La  signora  D.  di  cui  due  volte  si  parla  in  questa  lettera  e  che 
si  trovava  allora  a  Berna,  dove  il  Meister  istava  per  recarsi ,  e  senza 
dubbio  Matilde  Viscoutini,  moglie  del  generale  Dembowski, 
della  quäle  il  Foscolo  e  il  suo  annotatore  parlano  a  p.  245  del  volunie 
secondo  dell' Episto  lari  o. 


Lettere  inedite  di  ügo  Foscolo.  321 

I  versi  latini  citati  dal  Foscolo  (a  memoria,  secondo  pare)  sono 
cavati  dalle  elegie  di  Tibullo  (IV,  I,  1)  e  dalle  satire  di  Orazio  (II, 
VI,  61);  quelli  italiani  dall'  Orlando  Innamorato  del  Berni  (c.  LXVII). 

I  dialoghi  del  Meister  sull'  immortalita  sono  1'  istesso  libro  che 
nella  quarta  lettera  e  in  altre  si  chiama  l'Euthanasie;  eceone  11 
titolo:  Euthanasie  ou  mes  derniers  entretiens  avec  eile  sur 
l'immortalite.     Paris  1809.     8°. 

Non  occorre  dire  che  in  tutte  le  lettere  ho  lasciata  quäl  era  la 
grafia  dell'  originale,  quantunqne  scorretta  assai  in  quelle  francesi. 


11. 

4  Maggie  — 
Signor  mio  caro  — 

Sperando  che  la  pioggia  avesse  tanto  potere  da  tenerla 
in  prigione,  sono  venuto  a  farle  visita  intorno  alle  11  ore 
di  stamattina  —  Mi  rincrescerebbe  di  partire  senza  pigliare 
aflfettuosamente  commiato  da  lei,  ed  insieme  ricevere  qualche 
ambasciata  per  Berna  —  dove  io,  non  so  se  nell'  andata  o 
nel  ritorno,  mi  soffermerö  per  mezza  giornata  a  dire  (fare 
r  ultimo)  addio  alla  donna  gentile.  Partiro  lunedi  mattina;  — 
mi  ci  vorranno  dieci  o  dodici  giorni  a  vedere  —  non  giii  guar- 
dare  —  i  cautoni  frauciosi:  —  poi  mi  tornero;  e  dopo  altri 
quindici  giorni  di  dimora  in  Zurigo,  m'avvierö  a  Londra  per 
la  strada  di  Strasburgo.  —  lo  non  m'  attento  di  dirle  1'  emisti- 
chio  del  Petrarca 

To'  di  me  quel  che  tu  puoi:  — 
Bensi     la    prego     di    lasciare    ch'  io    negli    ultimi    giorni    che 
vivro  vicino  a  lei,    sig"^  mio,   possa  convivere  tanto  con  lei  da 
consolarmi     deUa    lunghissima    —     e    forse    perpetua    separa- 
zione  — 

Ugo  Foscolo, 

Indirizzo:  M""  M'^  Meister  — .  Appare  dal  contesto  che  la  lettera 
fu  scritta  a  Zurigo  e  nel  1816.  La  partenza  definitiva  da  Zurigo  non 
segui  prima  dei  5  luglio,  alquanto  piü  tardi  dunque  di  quel  che  aveva 
pensato  il  Foscolo.  La  donna  gentile  cui  egli  intende  vedere  a  Berna, 
dev'  essere  la  signora  D,  della  lettera  precedente. 

Le   parole   del   Petrarca   si   rinvengono   nel  souetto  286,   che  inco- 
mincia :  Quel  vago,  dolce,  caro,   onesto  sguurdo  Dir  parea: 
to'  di  me  quel  che  tu  puoi:  Che  mal  piü  qui   nOn  mj  ^edrai 
da  poi  c'  liarai  quinci  '1  pie  mosso  a  movcr  tardo. 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.    XII.  3.  21 


322  Adolf  Tobler 

III. 

Carissimo  —  sono  malato  d'  un  rcuma  che  m'  introna  la 
testa  —  e  m'  ha  addolorata  la  vita,  —  e  il  braccio  destro 
in  guisa  che  non  potrei  stenderlo  a  scrivere  —  Ma  perche  ha 
seco  una  febbre,  forse  si  risolverä  fra  non  molto  —  credo 
bensi  che  a  levare  i  semi  di  queste  noje  ricorrenti  ci  vorra  il 
temuto  salasso  —  ma  aspetterö  —  Se  non  che  quand' anche 
stessi  benissimo,  non  potrei  venire  —  Taluno,  e  potete  in- 
dovinare  il  nonie,  e  T  ufficio  —  ha  fatto  intimare  al  mio 
albergatore  che  mi  faccia  con  bella  maniera  sgomberare  dalla 
locanda  ove  sto;  segnatamente  per  tutto  il  tempo  della 
Dieta.  —  Ond' io  per  non  fare  le  cose  a  mezzo,  m' appa- 
recchio  a  sgomberare  al  tutto  e  dalla  citta  e  dal  cantone,  e 
dalla  Svizzera;  e  per  tutta  1'  eternita  —  di  questo  voglio  av- 
vertirvi,  che  qualunque  ostilita  m'  usassero  ridonderä  in  loro 
infaraia  —  e  quando  venissero  agli  estremi,  io  ridurrei  la 
facenda  all'  estremitä  finale;  e  mi  vendichera  il  tempo  —  se 
non  che  stimo  che  per  ora  le  sieno  sofisticherie  suggerite  a 
certe  testuccie  —  testaccie  da  immaginarj  terrori;  pur  le 
rai  giovano,  perche  m'  avvertono  in  tempo  —  Or  addio  —  Non 
vi  rivedrö  forse  piü ;  andro  fra  due  giorni  a  Lucerna  dove  ho 
meno  da  sospettare.  E  intanto  vedrö  di  procacciarmi  un 
passaporto,  e  aspetterö  d'  Italia  le  lettere  senza  le  quali  non 
posso  mettermi  in  lungo  viaggio  —  Mercoledi  non  ne  ho 
ricevuto  dalla  signora;  n' avrö  forse  domani,  e  ve  Io  faro  sa- 
pei'e   —   addio. 

Ugo  Chisciotte  — 
Zurigo  28  Giugno   1816. 

Indirizzo:  Monsieur  Monsieur  Meister  —  Bade  en  Ar- 
govie;  una  mano  ignota  vi  ha  aggiunto  in  Hinterhof,  nome  di 
locanda  esistente  tuttora,  la  quäle  dalla  prima  lettera  si  vede  che 
aveva  abitata  anche  il  Foscolo.  Di  suo  pugno  non  v'  ha  in  tutta  questa 
fuorche  la  sottoscritta. 

IV. 

Martedi  6  Agosto  181G. 
Signor  mio    caro    —   La  bella  donna  e  tornata  piü  lieta 
e  piü  bella.    Parmi  che  la  speranza  di  finire  bene  le  cose  sue 
con   la   mediazione   vicina  le  abbia  ridato  un  po' d' allegria5 


Lettere  iaedite  di  Ugo  Foscolo.  323 

e  che  la  villeggiatura  a  Vevey  le  abbia  fatto  rivivere  la  Sa- 
lute, leri  ho  desinato  con  lei  dalla  aniabile  S*  Beuther;  e 
m'  e  stato  carissimo  il  vedere  una  nipote  del  grande  Haller:  — 
nia  io,  io,  Sig"^  mio,  sodo  stato  inamabile  —  e  non  avrei 
potuto  essere  che  inamabile:  —  un  po'  la  pioggia;  un  po'  la 
mia  febbricciuola  reuraatica,  che  a  dispetto  di  sei  giorni  di 
bagnature  non  e  passata  che  per  tornare,  m'  avevano  accresciuto 
certo  mal-umore  —  il  mal-umore  delle  mie  lettere  sequestrate 
dalla  Polizia;  e  sfrontatamente:  almeno  negli  altri  paesi 
quest'  abuso  di  potere  assoluto  e  adonestato  dalla  forma;  ma 
qui  me  1' hanno  detto  a  lettere  majuscole:  sia  cosi!  —  iMa 
v'  e  pur  della  gran  putredine  politica  in  questa  arcimoralis- 
sima  Svizzera!  —  me  n' andrö.  —  Or  Ella,  S""  mio,  se  puo, 
mi  scriva  due  sole  righe;  e  mi  dica  se  gli  Ortis  sono  stati 
ricapitati  a  lei;  e  s' ella  s"  e  compiacciuto  di  distribuirli;  mi 
dica  inoltre  che  T  e  sembrato  di  quelle  lunghissime  filastrocche 
—  non  ho  avuto  tempo  di  farle  succinte:  —  basterä  un 
giudizio  sommario  mais  sans  menagemens.  La  bella  donna 
m'  ha  prestato  les  etudes  sur  l'homme;  e  gli  ho  tutti 
riletti  con  assai  piacere  e  con  profitto,  e  non  senza  grave 
rincrescimento  di  non  averli  veduti  assai  prima.  Vi  trovo 
certe  opinioni  tutte  consuonauti  alle  mie;  e  alcune  tutte  dis- 
cordi;  e  pero  mi  sarebbe  stato  necessario  il  poterle  esami- 
nare  pazientemente  col  libro  sott'  occhio.  Ora  devo  restituirlo. 
Partiro  Yenerdi  o  Sabbato  a  dir  tardi.  S'  ella  mi  scriverä  in 
questo  frattempo,  le  sarö  gratissimo.  Da  Venerdi  in  poi  non 
saprei  dirle  dove  sue  lettere  potessero  ritrovarmi.  Le  scrivero 
poi  d'  Inghilterra;  e  vedrö  se  per  mezzo  delT  Ambascieria 
Britannica  potro  farle  capitare  con  la  minore  spesa  possibile 
la  versione  dell'  Euthanasie:  e  il  S""  Calbo  la  copierä  in 
guisa  che  occupi  assai  breve  volume  — -  Non  le  rincresca  di 
mandare  le  annesse,  e  quanto  piü  presto  ella  poträ,  al  S""  Calbo 
all'  Elsasser,  ed  al  S"^  Barone  de  Krudener.  II  S*"  Calbo  le 
dara  due  Didymi;  1' uno  per  il  S'  Krudener,  1' altro  sigillato 
pel  S"^  Conte  di  Capo  d'  Istria;  e  saranno  ben  consegnati  al 
Barone.  —  Or  ella  mi  ami,  e  si  ricordi  d' un  uomo  che  non 
poträ  ne  vorra  mai  dimenticarsi  di  lei.  Questo  affare  delle 
mie  lettere  mi  ha  gettato  un  po'  di  tenebre.  nelT  anima  mia 
che  pur  s'  ez-a  rasserenata.  Almeno  si  spicciassero  a  riman- 
darle.    —    Ma    Dio    sa  quanto  tempo  ci    vorrk   ancora,    perche 

21* 


324  Adolf  Tobler 

que'  signori  esploratori  possano  leggerle  e  farle  tradurre  e 
capirle.  —  La  sorte  della  Svizzera  non  ista  piü  negli  Sviz- 
zeri;  —  nia  in  un'  altra  guerra  tra  le  nazioni  dell'  Europa 
che  ravvolgera  anche  voi  altri,  poveri  scostumati^  in  nuove 
divisioni;  —  Dio  vi  protegga;  qiianto  a  me  vi  perdono;  ma 
non  posso  che  disprezzare  le  Simie  della  Polizia  Bonapar- 
tesca  —  ed  assumere  il  pianto  Didimeo  e  lagrimare  sulla 
imminente  rovina  delle  vostre  repubbliche  —  seppure  non  son 
rovinate.  —  Viva  vale  —  e  i  miei  ossequiosi  rispetti  a 
Madama  — 

Ugo  - 


IScrisse  il  Foscolo  questa  lettera  da  Berna,  dove  dopo  breve 
soggiorno  fatto  a  Baden  (Epist.  II,  260,  2G5)  si  era  reeato  un'  altra 
volta  (vi  era  stato  anche  di  maggio  dell'  istesso  anno,  v.  Epist.  II, 
233  e  249)  coli'  intenzione,  attuata  dopo  dieci  giorni  di  dimora,  di 
ricongiungersi  a  Basilea  col  suo  „fido  Acate"  Andrea  Calbo. 
Questi,  come  prima  a  Firenze  (Epist.  II,  226),  cosi  anche  in  Isvizzera 
gli  aveva  fatto  da  segretario  o  araanuense  e  da  famiglio  a  un  tempo  e 
lo  segui  qiiindi  fino  in  Inghilterra,  dove  pero  lo  abbandonö,  quando  il 
benigno  padrone,  che  non  lo  aveva  trattato  mal  se  non  come  fratello 
ed  amico  del  cuore  (Epist.  II,  294),  maggior  bisogno  aveva  de' suoi 
servizi.  — 

La  bella  donna  del  principio  di  questa  lettera  e  probabilmente 
la  signora  D.  della  prima.  Ci  dice  qui  il  Foscolo  che  si  era  tratte- 
nuta  alcun  tempo  a  Vevey,  sappiamo  dalla  pag.  215  del  2*'  volume 
deir  Epistolario,  che  da  Berna  essa  era  andata  a  Zurigo  e  che  partita 
di  questa  citta  il  giorno  dopo  la  venuta  di  Calbo,  cioe  ai  10  di  giugno 
(Epist.  II,  240),  per  tornare  in  Italia,  due  giorni  dopo  diede  avviso  al 
Foscolo  del  suo  arrivo  a'  piedi  delle  Alpi  di  qua.  Nel  biglietto  che 
invece  di  data  porta  le  parole  Dimanche  7  hs  (qui  appresso),  si  legge 
che  il  giovedi  era  arrivata  a  Bellinzona.  Si  vede  che  poco  appresso 
stava  nuovamente  a  Berna.  II  Foscolo  che  torna  a  parlar  di  lei  nella  ' 
lettera  seguente,  la  vide  in  casa  della  moglie  del  banchiere  Beuther, 
figlia  di  figlio  del  grande  Haller.  II  libro  che  la  signora  D.  gli  fece 
leggere  era  altra  opera  del  Meister:  Etudes  sur  l'homme  dans  le 
monde  et  dans  la  retraite  par  J.  H.  Meister,  Paris  xiii — 1804. 
8°.     (331  p.) 

La  traduzione  dell'  Euthanasie  promessa  dal  Foscolo  qui  e 
medesimamente  nella  lettera  dei  30  agosto  (si  veda  anehe  la  nota 
seconda  a  pag.  xcvii  della  notizia  bibliografica  aggiunta  all'  Ortis,  ediz. 
di  Londra  MDCCCXIV,  piü  veramente  di  Zurigo  1816)  o  non  fu  mai 
stesa  o  si  perde. 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  325 


Signore  ed  amico  niio  —  Non  posso  mai  ripensare  a 
lei,  ch'  io  non  rai  senta  i-icorrere  le  lagrime  agli  occhi.  E 
mi  pare  d'  avere  perduto  un  padre  e  un  sacro  amico,  e  rai 
rimprovero  d'  essere  partito  d'  un  paese  ove  io  aveva  trovato 
un  uomo  caro  alla  raia  mente  e  al  mio  cuore.  Le  tante  noje 
ch'  io  ho  pur  sostenuto  negli  Svizzeri,  mi  sembrano  compen- 
sate  —  compensate  a  mille  doppj  dall'  amicizia  ch'  io  credo, 
anzi  ne  sono  certissimo,  d' essermi  meritata  da  lei.  —  No ,  io 
non  adulo;  or  perche  adulerei?  ma  s'  io  da  giovinetto  fossi 
stato  educato  dalla  conversazione  e  dalF  esempio  suo ,  or  io 
certauiente  sarei  molto  piü  caro  agli  altri,  e  fors'  a.nche  men 
infelice.  Andrea  ne'  pochi  giorni  che  fu  ouorato  di  si  gentili 
accoglienze  da  lei,  ha  desunto  anch'  egli  de'  sentimenti  di 
riverenza  e  d'  amore,  e  di  gratitudine;  e  spesso  mi  parla  del 
S'  Meister:  or  ella,  signore  ed  amico  mio,  non  si  dimentichi 
mai  di  noi  due:  ,,Ch'  ambo  i  vestigj  tuoi  cerchiam 
piangendo."   — 

Ho  dimorato  a  Berna  dieci  giorni ,  e  sono  partito  col 
gemito  nelle  viseere:  fido  molto  nella  protezione  della  Gran 
Duchessa;  raa  fido  assai  piü  nella  forza  generosa  delF  aninio 
di  quella  cara  e  misera  donna,  e  nella  giustizia  del  cielo,  che 
vorrä  un  di  far  finire  le  sciagure  della  innocenza  perseguitata 
ed  aftiitta  —  e  alle  volte  in  que'  giorni  io  la  ho  veduta  afflitta 
a  morte.  Oh  com'  io  mi  dilungherei  con  anima  piü  serena 
dalla  mia  patria,  se  non  portassi  dentro  di  me  confitta  la 
Spina  dello  stato  di  quella  donna!  Ben  mi  consolo  ch'  essa 
non  dimora  troppo  lontana  da  lei,  che  se  non  potra  soccor- 
rerla,  poträ,  non  foss'  altro.  consigliarla  e  riconfortarla:  tutta- 
via  Zurigo  e  pur  troppo  lontano  da  Berna!  —  Da  dieci 
giorni  il  mio  giovine  Acate  si  sta  tutto  solo  a  Magonza. 
L' ho  lasciato  a  Spira.  ed  ha  continuato  il  viaggio  in  barca: 
io  ho  errato  per  tutto  il  palatinato  e  i  dintorni:  e  perche  il 
tempo  e  stato  assai  hello,  il  paese  m'e  sembrato  bellissirao ;  e 
gli  uomini  naturalmente  buoni  da'  vetturali  in  fuori,  che  e 
razza  ribalda  in  tutti  i  canti  del  globo.  Molte  comraendatizie 
favoritemi  dal  Dott^  Ebel  m'  hanno  introdotto  presse  parecchi 
uomini  dotti  d"  Heidelberga  c  di  Francfort.  Sono  illuminatis- 
simi  delle  faccendc  germaniche;  e  dal  trasunto  di  lunghe  e 
varie  conversazioui,  mi  pare  d' avere  potuto  formare  ilPano- 


326  Adolf  Tobler 

rcima  Politico  della  Germania:  Ma  saria  cosa  lunga  il 
descriverlo  a  lei  per  lettera,  e  le  poste  non  sono  fidate. 
La  somma  si  e  che  la  bilancia  pende,  e  bastera  il  minimo 
crollo  a  farla  traboccare  o  verso  una  pace  stabile,  o  verso 
rivoluzioni  peggiori  forse  delle  passate.  I  Borboni  sono  uni- 
versalmente  disprezzati;  e  gli  Svizzeri  non  sono  stimati  per  la 
loro  venale  adesione  a'  Borboni.  lo  mi  studio  d'  attenuare  il 
torto;  —  le  mie  ragioni  di  risentimento  contro  a  que'  poveri 
diavoli  della  Polizia  sciraiotta  tacciono  ora;  e  in  lor  vece 
parla  in  me  la  gratitudine  dell' ospitalita  ricevuta,  e  1' amore 
per  r  unica  repubblica  che  sornuota  in  Europa  sul  naufragio 
di  tutte  le  altre.  Gl'  Inglesi  hanno  addosso  la  crociata  uni- 
versale; e  molti  bestemmiano  la  Inghilterra  senza  sapere  perche: 
ma  in  tutti  i  tempi  tutti  i  popoli  cercano  una  nazione  sovra 
la  quäle  possano  sfogare  1'  odio,  1'  invidia  e  i  lamenti.  L'  uomo 
e  animale  querulo:  la  tirannia  di  Bonaparte  1' aveva  avvezzato 
alla  rabbia,  ed  ora  ch' ei  se  n' e  ito,  la  rabbia  che  non  puo 
essere  sedata,  si  ritorce  su  1'  Inghilterra:  ma  se  il  mondo 
sapesse  a  che  strette  gl'  Inglesi  oggi  si  trovano,  avrebbe  com- 
passione  di  loro.  lo  viaggiando,  ho  parlato  in  quest'  ultimo 
mese  con  alcuni  di  quel  paese;  e  gridano  tutti  miseria,  e  im- 
minente  calamita  e  sovversioni.  11  governo  in  Inghilterra  e 
disprezzato;  non  e  dunque  da  stupire,  se  la  liberta  tende 
alla  licenza,  e  quindi  la  monarchia  alla  tirannide;  —  se  questa 
lotta  non  sarä  in  tempo  calmala,  le  sommosse  dell'  Inghilterra 
metteranno  a  soqquadro  1'  Europa,  dove  quasi  tutti  i  governi 
son  disprezzati.  Ma  io  non  me  ne  avveggo,  e  fo  1'  appendice 
del  Profeta  minimo:  lasciamo  andare;  sara  quel  che  sarä; 
io  vorrei  potere  „Neptunum  procul  e  terra  spectare 
für  entern",  non  tanto  per  timore  di  naufragare  anch'  io, 
quanto  per  noja  d' udire  d' ogni  parte  tanti  vani  lamenti,  di 
vedere  tanti  diritti  e  sinistri  e  sempre  inutili  tentativi  a  gui- 
dare  in  quest'  oceano  del  tempo  il  timone  del  genere  umano» 
II  tempo  va  da  se;  le  cose  corrono  da  se;  e  le  nostre  diverse 
opiuioni  non  fanno  altro  che  inimicarci  1'  uno  contro  1'  altro  — 
e  renderci  insieme  ridicoli.  Gl'  Inglesi  tutti,  e  i  Tedeschi,  e 
i  pochissimi  Francesi  che  ho  incontrato  da  che  uscii  di  Zurigo, 
fanno  tutti  da  Legislatori  dell'  Universo.  leri  n'  ho  veduto 
uno  alla  tavola  del  Barone  di  Weifsemberg:  —  quest' uno 
dopo    desinare    mi   parlo    a   parte,    dicendomi   con   gravissima 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  327 

serietä    che    il    raedio    Evo    fu   il    piü    illuminato    che  tutte  Je 
altre    epoche    da    Adamo    in    qua    —    inoltre,    che   il   governo 
de'  celibatarj,  conie  per  eseiupio   de'  cardinali  e  del  papa,   e  il 
migliore  de'  governi  possibili  —  inoltre,   che  la  Santa  Inquisi- 
zione    operö    effetti    santissimi.     Dissi    anch'  io   poche    parole 
con  melodia  diplomatica;   non  perö   contraddissi.     Bensi  m'  af- 
frettai  a  chiedere  all'  ospite  tnio  il  nome.    la  vita  e  i  miracoli 
di  questo  nuovo  legislatore:    indovinate?    —    gli    e    il  fratello 
deir  amico  di  M™'*  di  Stael;  ed   e  pur  letterato  —  e  storico  — 
e  filosofo  —  ma  piü  eh'  altro,  e  cattolico  fattosi  di  fresco  — 
perche  il  S""  Slager  —  come  si  scrive   egli?    —    ma  Slager, 
o  Sieger,  o  Slaegler,  o  come  diavolo  si  chiami,  era  protestante; 
e   si    ribattezzö    a  Vienna ;    ed    ebbe   in   compenso   des  titres 
de  noblesse,  e  una  corte  e  1' impiego  di  secretario  dell'  am- 
basciata  austriaca  al  congresso   di   Francfort,  dove  ora  predica 
il    medio    Evo,    i    celibatarj    e    1'  inquisizione    —     Ür 
quis  tarn  ferreus,  ut  teneat  se?  —  pur  mi  son  contenuto; 
e   ricordandomi    de'  consigli    di  lei,    niio   caro   amico  e  padre, 
ho    pigliato   prosaicamente  quelle    impertinenze    che   avrebbero 
meritato    una  sonora  frustata  poetica.  —    Ma  1'  ora  passa,    il 
foglio    si   va   riempiendo,    ed   io    ho   pure    da  dirle  delle  altre 
cosette.     Ho    da    dirle    che    ho    incontrato    a   Darmstadt    una 
signora  attempata  che  viaggia  con  un  suo  fratello ,   Barone  di 
Benesfeld,  o  tal  altro  nome  si  fatto:  la  signora  io  la  aveva 
incontrata    nelle    stanze    di    Mad""^   Meister,    e    ci   siamo  rico- 
nosciuti   ed    aflfratelJati    all'  albergo    come  fossimo   concittadini: 
il  Barone  non  T  ho  mai  veduto  prima;    ma  e   di  Basilea,  e  se 
ne   vanno    in    Sassonia.     Or   Madaraa   Meister    capirä   chi    puo 
essere    quella   signora    —    e   la  mi  ha  parlato  molto,     e  quasi 
sempre   ed  affettuosamente    della  casa  ove  ci  siamo  riscontrati 
a  Zurigo,  e  giuocato  a  Wist  —  ed  ha  ripetuto  che  Mr.  Meister 
est   la   perle    des    maris  :    —    ed    io    ho    risposto  che   M™* 
Meister    e    il    diamante    sul    quäle   si    spezzano   lutti   i   miei 
ragionamenti  in  favore  delle  passioni.   —   Dopo  questo,  ho  da 
pregarla    di    ricevere    uno    scudo    di  sei  franchi  dal  S''  Hagen- 
buch, al  quäle  ho  gik  scritto,  e  d'  otferirlo  in  mio   nome  al  S"^ 
Lavater   che    si    e    compiaciuto    di    visitarmi    e    di  proibire  la 
ricetta   del    salasso    ch'  io  aveva ,    senz'  essere  medico ,    scritta 
contro  il  mio  reuma;  e  forse  1' avrei  vinto  piü  presto:  —  vero  e, 
che  ora  sto  benissimo,  e  mi  sono  risparmiato  una  libbra  di  sangue. 


328  Adolf  Tobler 

Or,  signor  mio  caro,  e  tempo  ch' io  le  dica  addio  per 
oggi,  e  che  preghi  Iddio  Signore  di  darle  pazienza  e  occhi  da 
dicifferare  questa  indiscreta  leggenda;  raa  il  buon  Andrea  non 
e  qui,  ed  io  scrivo  come  posso,  e  quanto  piü  mi  studio  a  far 
bei  carattere,  tanto  piü  mi  riesce  bruttissimo.  Per  ora  la 
prego  di  palpare  la  sua  cara  paresse,  e  di  non  risponderini; 
bensi  quaiido  le  scrivero  da  Londra;  e  allora  le  assegnerö,  o 
le  chiederö  mezzo  da  spedirle  il  manoscritto  della  versione 
deir  Euthanasie,  Piacciale  di  offerire  i  miei  ossequii  a 
;^ma  Meister,  al  S'  Burckli,  e  alla  signora;  e  di  far  una 
qualche  carezza  a'  ragazzini  anche  per  amor  mio  —  Dio  sia 
con  lei  Signore  ed  amico  e  padre  mio  — 

Ugo  Foscolo. 

Francfort  sul  Meno  30  Agosto   1816. 


Questa  lettera  non  si  piibblica  oggi  per  la  prima  volta;  essa  si 
trova  impressa  a  p.  222  della  prima  e  a  p.  227  della  seconda  edizione 
del  mio  Italienisches  Lesebuch  für  Gymnasien  und  Real- 
schulen, Solothurn  und  Bern  1866,  1868.  La  faccio  ristampar  qul, 
affinche  sia  riunito  quanto  ci  rimane  del  carteggio  fra  il  Foscolo  e  il 
SUD  vecchio  amico. 

In  quanto  alle  persone  di  cui  in  questa  lettera  si  fa  menzione, 
basta  dire  che  il  dottore  Ebel  e  1'  istesso  bravo  medico  e  un  tempo 
celebre  naturalista  di  Züllichau,  domiciliato  per.parecchi  anni  a  Franco- 
forte  e  quindi  Inngamente  a  Zurigo  (nato  nel  1768,  morto  nel  1830), 
che  scrisse  il  viaggio  odeporico  (Anleitung  auf  die  nützlichste  und 
genufsvollste  Art  in  der  Schweitz  zu  reisen,  2  Bde,  Zürich  1793) 
meritamente  commendato  dal  Foscolo  in  lettera  dei  21  dicembre  1815 
(Epist.  II,  128^.  Ricorre  altra  volta  il  nome  del  valente  tedesco  in 
uno  dei  biglietti  seguenti,  ne  sara  altri  1'  illustre  naturalista  che 
sta  a  dimora  inZurigo  e  che  scrisse  un'egregia  operasulla 
Svizzera  mentovato  nell' Epis tolario  II,  220. 

I  due  passi  di  poeti  latini  inserti  dal  Foscolo  uella  sua  lettera,  li 
tolse  da  Orazio  (Epist.  I,  11,  10)  e  da  Giovenale  (I,  30);  il  verso  ita- 
liano  e  di  Giovanni  della  Casa  (Sonetto  in  morte  di  M.  Trifon  Ga- 
briele, „Come  splende  valor"). 


J 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  329 

Seguono  nove  biglietti  senza  data  espressa  scritti 
dal  Foscolo  al  Meister  anch'  essi  e  conservati  in  casa 
Reinhard-Hess.  Non  mi  parendo  possibile  stabilire  quali 
fossero  i  posti  da  assegnarsi  ai  singoli  fra  le  lettere  por- 
tanti  data  certa,  ne  ho  fatto  una  sezione  speciale. 

VI. 

Venerdi,  ore  7. 
Signor  mio , 

Eccole  una  copia  tal  qaale ;  esattissima  ad  ogni  modo, 
ed  autentica.  —  Ella,  S'  mio,  puö  non  solo  farla  leggere, 
ma  copiare  e  ricopiare :  non  le  rincresca,  s'  Ella  la  leggera  in 
conversazione,  di  correggere  i  miei  barbarismi  francesi  — 
Mi  sarebbe  gratissimo  ch'  Ella  la  leggesse  in  casa  del  Cano- 
nico  Hottinger,  e  che  Ella  ne  desse  le  spiegazioni  —  intanto 
io  la  ringrazio  del  consiglio  ch' Ella  mi  ha  dato;  e  sono  stalo 
si  pronto  ad  eseguirlo  dalle  8  di  jer  sera  in  qua,  ch'  io  fra 
un'  oretta  potro  mandare  un'  altra  copia  della  lettera  al  S"" 
D'  Ebel  —  ma  piu  di  tutto  la  ringrazio  della  serenita 
d'  animo  che  jer  sera  mi  ha  restituito,  e  che  mi  ha  fatto  pas- 
sare  una  buona  notte  —  io  le  mando  il  buon  giorno  —  Vive, 
vale   — 

Tutto  suo  — 

Ugo  Foscolo. 

Indirizzo:  Mr.  Mr.  Meister  auf  dem  Graben.  Che  il  Foscoto 
fosse  in  relazioni  eol  canonico  Hottinger,  e  gli  fosse  iibero  1' accesso 
alla  bella  libreria  di  lui,  s' inferisce  anche  da  una  lettera  di  G.  Gasp. 
Orelli  (Epist.  III,  -lie). 


VII. 

Sig'  mio  caro  — 

A  che  ora  dovrö  presentarle  il  gentiliiomo  inglese?  — 
ha  nome  Finck;  cd  e  Colonnello  —  ed  il  suo  locandiere  ha 
fatto  stampare  boles  —  perö  la  storpiatura  del  nome  — ■ 
Vive  vale  — 

Ugo  — 

Domenica. 


330  Adolf  Tobkr 

II  siguor  Finck  o  piuttosto  Finch  fu  del  iiumero  dei  ochi 
amici  che  ebbero  in  dono  dal  Foscolo  esemplari  della  Chiave  dell'  Iper- 
calissi,  V.  la  nota  a  p.  167  delle  Prose  politiche.  L' epigrafe  della 
copia  destinata  al  Finch  lo  chiama  nostrse  p  er egriuationis  per 
Helvetios  come  sodalitium.  S'  incontra  il  suo  nonie  anche 
neir  Epistolario  a  p.  271  del  vohime  secondo,  dove  1' Orlandini  in 
nota  riferisce  qiianto  intorno  a  lui  gli  riusci  sapere. 


VIII. 

II  S'"  Fink  verra  —  io  sono  malato:  pregate  Dio  per 
nie  —  e  fate  di  mandarmi  qualche  libretto  allegro ,  tanto 
ch'  io  rni  possa  sviare  dalle  mie  malinconiche  fantasie.   Xaips  — 

Ugo. 
Venerdi  sera. 

IX. 

Venerdi  — 

Le  mando  il  buon  gioriio  e  la  riugrazio  dal  vivo  del 
cuore  delle  ore  consolatrici  ch'  Ella  jeri  nii  ha  procacciato 
—  E  affinche  oggi  e  domani  io  non  rni  stia  qui  tutto  solo, 
non  le  rincresca  di  mandarmi  gli  opuscoli  di  Plutarco 
della  versione  d'Amiot,  ch'  era  im  buon  vescovo,  ed  un 
buonissimo  Epicureo.  Ma  non  e  Epicureo,  chi  vuole: 
eccole  un  pretto  Franc esismo.     Vive  vale    —    tutto  suo  — 

Ugo  Foscolo. 

X. 

Tous  ces  jours  passes  j'avais  le  projet  d'aller  vous  voir 
et  presque  a  chaque  heure  j'en  ai  ete  empeche  par  l'impri- 
merie:  a  present  meme  je  sort  pour  y  assister;  malgre  ma 
ferme  resolution  de  passer  une  heure  au  moins  avec  vous 
seul.  Demain  ou  apres -demain  j'espere  que  tout  sera  acheve. 
En  attendant  ayez  la  honte  de  presenter  mes  respects  a  vos 
dames  et  de  me  mander  de  vos  nouvelles.  Adieu  carissimo. 
Vale. 

Dimanche  5  hs  Y^.  Hugues  Foscolo. 

P.  S.  Comme  demain  toutes  les  familles  ont  une  fete 
domestique  et  moi  (sans  famille!)  je  serai  tres  occupe  je  dois 
pour  double  cause  envoyer  nies  excuses  ä  Mme  Füssli. 


M 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  331 

XI. 

II  y  a  des  hommes,  et  j'en  suis  un ,  qui  pour  oublier  la 
misere  fatale  du  genre  humain,  n'ont  d'autre  ressource  que 
d'exercer  leur  esprit  dans  la  solitude  —  la  lecture  que  vous 
m'avez  procure  m'a  confirme  dans  cette  idee,  et  je  vous  en 
remercie  —  d'autant  plus  qu'il  est  rare  de  rencontrer  des 
caracteres  semblabies  k  celui  de  Diderot,  et  des  ecrivains  qui 
sachent  les  peindre  comme  vous  avez  fait.  —  Vive  Vale  — 

Benche  questo  biglietto  non  abbia  ne  indirizzo  ne  sottoscritta,  non 
v'  ha  dubbio  ne  intorno  a  chi  lo  scrisse,  riconoscendoTisi  agevolmente 
la  mano  del  Foscolo ,  ne  intorno  a  chi  si  era  meritato  i  ringraziamenti 
di  lui.  Scrisse  le  affettuose  parole  il  Foscolo  dopo  aver  letto  1'  opuscolo 
anonimo  del  Meister  che  porta  il  titolo :  Aux  mänes  de  Diderot 
(a  Londres  et  se  trouve  a  Paris  chez  Volland,  1788). 


XII. 

Vorrei  accertarmi  1°  —  se  1'  area  abitata  di  Parigi,  corapresi 
i  sobborghi,  e  di  figura  quasi  circolare  —  2°  —  quante 
miglia  o  leghe  quell'  area  ha  di  circuito,  da  poterne  desu- 
mere  a  un  di  presse  il  diametro  —  3°  —  quante  miglia  qua- 
drate  di  superficie  risulterebbero   da  quell'  area  — 

lo  le  fo  queste  preghiere  importune  in  nome  di  Didimo 
chierico;  e  per  parte  mia  la  prego  di  non  dargli  retta;  gli 
ho  gia  detto  ch'  Ella,  Signor  mio,  non  e  geometra  ne  alge- 
brista:  ma  Didimo  s'  e  ostinato  a  ricorrere  a  Lei  —  io  le 
mando  intanto  il  buon  giorno  — 

Ugo  F  — 

Indirizzo:  W  M"'  Maister.  II  Foscolo  coUe  precedenti  doniande 
al  Meister,  che  per  anni  cd  anni  a  Parigi  era  vissuto ,  si  rivolgeva, 
allorquando  dettava  il  capitolo  xvii  dell'  Ipercali:isi.  Quivi  Didimo 
ode  voci  che  rimbombando  per  le  nubi  e  dirette  verso  la  Babylo 
maxima,  che  secondo  la  Chiave  e  Lutetia,  suonano  cosi:  Si  sanguis 
effusus  a  te  et  per  te  refluxerit  super  te,  fiet  in  te  lacus 
...  latus  latitudinis  ter  millia  passiium  a  Meridie  ad  sep. 
tem  Triones  et  longus  longitudinis  sex  millia  passuum  ab 
ortu  ad  occasum.  Ne  segue  che  il  biglietto  e  scritto  o  verso  lo 
scurciü  del  1815  o  nel  principio  del  ISlü. 


332  Adolf  Tobler 

XIII. 

Dimanche,  7  hs  — 

J'ose  vous  presenter  Mons'  l'abatino  Didimo;  et  je 
vous  prie  de  voiiloir  bien  le  presenter  a  M""  Hess.  —  M™^  D. 
est  arrivee  jeudi  a  Bellinzona,  ed  io  mi  sento  fuori  d' an- 
goscia,  non  perö  senz'  amarissimo  desiderio;  car, 
mon  eher  Mons'  Meister,  je  crains,  je  crains  fort  que  mes 
yeux  se  fermeront  sans  qu'ils  puissent  la  revoir  —  Au  reste 
vous  pouvez  croire,  sans  vous  tromper,  que  toutes  ses  lettres 
me  parlent  de  vous,  et  de  M"^**  Meister,  ä  qui  je  vous  prie 
de  presenter  mes  respects.  —  Je  vous  renvois  votre  Chevalier 
de  Grammont;  veuillez  bien  m'envoyer  pour  quelques  jours 
la  Maria  Stuarda:  —  pour  Delille  je  ne  Tai  pas  encore 
assez  lu;  e  lo  riavrete  a  suo  tempo.  —  J'ai  a  vous  don- 
ner  des  nouvelles  de  ce  pauvre  diable  boiteux  Ettori,  —  et 
j'ai  meme  une  presque-necessite  de  vous  entretenir  sur  uii 
sujet  qui  sans  m'allarmer,  ne  laisse  pas  de  m'inquieter  —  mais 
vous  avez  l'Eglise,  et  la  societe  de  dimanche;  et  vous  n'aurez 
boucaup  de  tems  a  me  donner  aujourd'hui;  a  ogni  modo, 
si  vous  etes  libre,  je  passerais  chez  vous  entre  deux  et  trois 
heures  de  Tapres  midi.  —  Comme  ce  billet  vous  parle  de 
rebus  omnibus,  et  de  quibusdam  aliis,  je  ne  crois 
point  hors  de  propos  de  vous  dire  que  le  Valeriani  dont 
vous  m'avez  parle,  est  Thomme  per  l'appunto  de  qui  je 
vous  ai  fait  le  caractere;  —  et  malgre  que  je  n'aie  dit  que 
la  verite,  je  serais  tres-fache  contre  moi-meme,  si  j'eusse 
parle  a  d'autre  qu'ä  vous:  car  au  fond  tel  qui  a  ete  un  mau- 
vais  sujet,  deviendrait  un  sujet  pendable  si  on  le  mettait  au 
desespoir:  le  malheur  aide  souvent  a  se  corriger;  et  ce  Vale- 
riani me  semble  reellement  malheureux.  Je  Tai  rencontre  sur 
le  pont  du  fosse  en  allant  chez  Mr.  Hess:  il  n"a  pas  ose  me 
»  dire  qu'il  esperait  mon  secours,  - —  mais  il  avait  l'air  de  se 
fier  dans  ma  discretion:  Faites  donc,  Monsieur,  que  sa  con- 
tiance  ne  soit  point  trahie;  j'en  aurais  du  remord  toute  ma 
vie:  —  C'est  un  homme  sans  patrie,  et  sans  pain.  — 
Adieu. 

L'amico  vostro 

Ugo  Foscolo. 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  333 

Indiriz?.o:  Mr.  Mr.  Meister  ■ —  et  4  volumes  —  chez  lui. 
La  domenica  in  cui  fu  scritta  questa  lettera,  e  probabile  che  fu  la 
terza  ossia  il  dl  16  di  giugno  del  1816;  domenica  anteriore  a 
questa  non  fu  in  nessun  modo.  Li  10  (hinedi)  Mad.  D.  era  partita  da 
Zurigo  e  due  giorni  dopo  aveva  dato  avviso  al  Foscolo  del  suo  arrivo 
a'  piedi  delle  Alpi.  Poco  prima  si  era  condotta  a  termine  la  stampa 
del  Didimo  (v.  Epist.  II,  224  e  239).  Chi  si  fossero  il  Valeriani  e 
r  Ettori,  non  m'  e  venuto  fatto  di  scoprire. 


XIV. 

Vendredi,  3  h'  — 
Dans  l'incertitade  si  vous  serez  chez  vous,  je  vous  ecri- 
rai  pour  vous  certifier:  comme  quoi  ce  matin  un  agent 
de  la  Police  est  venu  pour  m'inviter  de  quitter  le 
canton;  que  l'aubergiste  ä  qui  il  s'est  adresse,  lui 
a  dit  „qu'il  pouvait  s'epargner  cette  peine,  car  M"^  Foscolo 
partira  lundi  au  plus  tard'-;  que  l'agent  de  Police  s'en 
est  alle  an  disant  que  il  aurait  attendu  jusque  au 
lundi  —  que  moi  j'ai  pris  la  chose  poetiquement 
peut  etre,  mais  sans  dire  mot;  et  sans  interrompre 
mes  occupations,  quoique  le  rhume  m'aie  redonne 
Ja  fievre;  et  j'en  ai  aussi  maintenant:  enfin  que  je 
vous  ecrive  sans  inquietude  et  je  vous  embrasse  pas- 
sionnement. 

Di  questü  biglietto,  a  chi  conosca  la  lettera  scritta  da  Andrea 
Calbo  e  dal  Foscolo  alla  signora  Quirina  li  6  luglio  1816  (Epist.  II, 
259),  non  puo  esser  dubbia  la  data.  Esso  fu  scritto  il  5  luglio. 
Non  aggiuugo  se  non  che  l'albergo  dove  ebbe  il  Foscolo  la  visita 
deir  ageute  di  polizia,  fu  quello  del  Corvo  (v.  Epist.  II,  331). 


II  biglietto  che  segue,  come  tiitti  quelli  che  prece- 
dono,  si  trovö  fra  le  carte  lasciate  da  G.  E.  Meister;  ma 
lo  crederei  indirizzato  piuttosto  alla  signora  Fiissli, 
moglie  deir  Obmann  (sindaco)  e  librajo  editore  Fiissli 
e  madre  della  Susi,   che  non  alla  signora  Meister,  tauto 


334  Adolf  Tobler 

piü  che  la  prima,  se  la  memoria  di  sua  figlia  45  anni 
dopo  i  fatti  non  errö,  fu  qiiella  che  prese  F  incarico  di 
fornire  il  Foscolo  di  camicie  nuove. 


XV. 

Jeudi  9  hs 

Toute  ma  bonne  volonte  —  et  meme  inon  impatience  de 
vous  voir,  Madame,  et  de  gronder  Mademoiselle ,  et  de  me 
faire  gronder  d'elle  —  et  de  diner  a  une  table,  enfin  le  be- 
soin  que  j'ai  d'un  peu  de  societe  —  tout  cela,  madame,  n'est 
point  sufisant  a  vaincre  ma  maladie  qui  m'empeche  de  sortir: 
Samedi  je  n'etais  pas  ä  mon  aise;  la  fievre  est  survenue  et 
depuis  hier  au  soir  je  commence  a  craindre  une  maladie  tres- 
longue  —  car  voiei  la  cinquieme  fois  que  depuis  quattre  mois 
j'ai  les  memes  rechütes,  avec  les  memes  symtomes  —  mais 
cette  fois  la  fievre  est  un  peu  plus  violente  —  je  suis  presque 
tente  d'aller  aux  bains  de  Baden  —  mais  je  crains  la  solitude; 
ici  au  moins  j'ai  quelques  amis  qui,  comme  vötre  famille,  ont 
la  honte  de  s'interesser  a  moi  et  de  me  voir  quelquefois  — 
consultez  —  je  vous  en  prie  —  quelque  medecin,  si  en  cette 
Saison  le[s]  bains  peuvent  etre  dangereux  —  adieu,  madame, 
mille  coraplimens  a  Mr.  Obman,  et  a  la  petite  Susi  —  Pen- 
sez  ä  mes  cbemises;  car  si  je  dois  faire  mon  testement,  je 
pourrai  au  moin  laisser  ce  petit  legue  de  six  chemises  neu- 
ves  —  Adieu  avec  tout  mon  coeur 

Hugues  Foscolo. 

P.  S.  J'ai  repu  des  nouvelles  sur  l'affaire  de  la  malheu- 
reuse  Negri  —  L'on  m'ecrit  que  le  gouvernement  prende  de[8] 
mesures  contre  le  monstre;  —  il  est  retourne  ä  Milan  — 
mais  pour  eile,  je  crois  qu'il  l'a  laissee  en  garde  a  quelque 
Huber  en  Suisse. 


E  di  provenienza  differente  1'  ultimo  dei  biglietti  che 
qui  per  la  prima  volta  si  pongono  in  luce,  L'  autografo 
datomi  gentUmente  a  copiare  dal  possessore,  e  presse  il 


Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo.  335 

dottore  Homer  a  Zurigo,  figlio  e  siiccessore  del  pro- 
fessore  e  bibliotecario  Horner  cui  esso  e  diretto. 
Feci  menzione  di  questa  lettera  nell'  articolo  piü  volte 
mentovato,  dicendo  mostrar  essa  chiaramente  che  il 
Foscolo  nello  stendere  la  Storia  del  Sonetto  italiano 
nel  dicembre  del  1815  non  si  astenne  cosi  assoluta- 
mente  dal  ricorrere  a  sussidi  letterari,  come  supporrebbe 
chi  prendesse  letteralmente  la  dedica  di  essa  operetta. 
Colgo  r  occasione  di  correggere  V  errore  che  ivi  commisi, 
dicendo  il  biglietto  diretto  al  consigliere  aulico  Hor- 
ner, mentre  e  indirizzato  al  fratello  di  lui. 


XYI. 

Monsieur  le  Professeur  Horner. 

Vendredi  8  X'""^" 
J'ose,  Monsr  le  professeur,  vous  prier  —  et  je  Tose  en 
connoissant  votre  bonte  et  votre  etude  de  la  literature  ita- 
lienne  —  de  consulter  la  storia  del  Tiraboschi  a  l'ar- 
ticle  Poesia  anno  1500  =  1600  et  me  marquer  le  tems 
precis  de  la  mort: 

Di  Galeazzo  di  Tarsia  Di  Giovanni  della  Casa 

Di  Vittoria  Colonna  Di  Alfonso,  Marchese 

Dl  Angelo  di  Costanzo  di  Pescara,  marito 

d  i   Vittoria  Colonna 

\euillez    bien    aussi    me    marquer   quelque    chose    sur   la 

mort   de   Leonello   d'Este    qui    fleurissait  vers  le   1440  

et  de  Guittone  d'Arezzo  anterieur  de  deux  siecles  a  Lio- 
nello,  c'est  ä  dire  vers  le  12  20.  —  Auriez  vous  par  hasard 
(car  je  ne  les  vois  pas  dans  le  catalogue  de  la  Bibliotheque) 
les  poesies  Lyriques  del  Cavalier  Marino?  ou  celles  del 
Frugoni?  —  Je  vous  demande  pardon  de  tant  de  questions: 
mais  etant  oblige  a  rester  enferme  par  un  mal  de  tete  tres- 
obstine,  dans  ma  cLambre,  et  ayant  promis  quelques  eclaircis- 
semens  ä  quelqu'un  de  vos  concitoyens  sur  l'histoire  de  notre 
poesie,  je  suis  force  a  vous  etre  importun.  —  Yous  pouvez 
Mr.    le    professeur,    envoyer    vos    reponses    cachetees   a   mon 


336  Adolf  Tobler,  Lettere  inedite  di  Ugo  Foscolo. 

adresse  ä  l'Elsasser,  d'oü  Ton  aura  soin  de  me  les  faire 
parvenir.  J'oubliais  de  vous  demander  des  renseignemens  sur 
Lodovico  Paterno:  c'est  un  auteur  peu  celebre;  mais 
j'espere  che  i  diligentissimi  Tiraboschi  e  Creseimbeni  ne 
Taui-ont  pas  oublie.  • —  Pardonnez,  Monsr,  a  mon  Fran9ais  et 
a  mon  ecriture  chaldeenne:  —  mais  mes  yeux  tremblent,  et 
me  manque  la  force  de  tenir  la  plume.  — 

Daignez,    Mr.   le   professeur,    d'agreer    les   assurances   de 
raon  estime  et  de  ma  reconnoissance. 

Hugues  Foscolo. 


Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel.  337 


Sicilianisclie  Volkslieder  und  Volks- 
räthsel. 

In  den  Gott.  Gel.  Anz.  1870  S.  997  fg.  und  1871 
S.  655  fg.  habe  ich  Giuseppe  Pitre's  trefiliche  Sammlung 
Canti  2)opolari  siciliani  (2  Bde.,  Palermo  1870,  1871)  ein- 
gehend besprochen  und  dem  Werthe  derselben  sowie  der 
sie  begleitenden  Abhandlungen  und  Erläuterungen  die 
gebührende  Anerkennung  erwiesen,  so  dafs  ich  es  unter- 
lassen kann  hier  darauf  zuriickzukonunen.  An  mehreren 
Stellen  jedoch  bemerkt  Pitre,  wie  ich  dort  bereits  ange- 
führt, dafs  er  verschiedene  Volkslieder,  namentlich  aber 
eine  grofse  Anzal  Räthsel  besitze,  die  er  ihres  austöfsigen 
(oder  vielmehr  nur  scheinbar  austöfsigen)  Inhalts  wiegen 
nicht  mitgetheilt  habe,  was  auch  leicht  erklärbar  erscheint, 
da  seine  Publication  auf  einen  ausgedehnten  Leserkreis 
berechnet  ist,  obwol  wir  in  Deutschland  auch  in  diesem 
Falle  weniger  zurückhaltend  sind.  Es  wäre  überflüssig 
die  Belege  dazu  in  den  verschiedenen  Sammlungen  deut- 
scher Volkslieder,  z.  B.  von  Erlach,  Mittler,  Simrock 
u.  s.  w.  oder  in  denen  fremder  bei  Ferd.  Wolf,  Hoflmann 
V.  Fallersleben  u.  A.  hinzuweisen.  Und  in  der  That  ent- 
halten gerade  dergleichen  Stücke  nicht  selten  einen  hohen 
Grad  von  schlagendem  Witz,  sprühender  Lebendigkeit 
oder  einschneidendem  Spotte.  Wie  dem  auch  sei,  sie 
bilden  ein  wichtiges  Moment  in  der  Dichtungs-  und  Sitten- 
geschichte und  dürfen  deshalb  nicht  unbedingt  vorent- 
halten werden,  zumal  nicht  wenn  ihre  Bekanntmachung 
zunächst  gelehrten  Kreisen  bestimmt  ist.  Was  nament- 
lich die  Käthsel  betrifft,  so  kann  ich  nicht  umhin  hier 
Simrocks  treffende  AVorte  zu  wiederholen  (Volksbücher 
VII,  378):  „Wer  deutsche  Räthsel  sammelt,  mufs  oft 
scheinen  den  Anstand  zu  verletzen,  da  der  Schein  des 
Unanständigen  ein  eigeuthümlicher  Zug  des  deutschen 
Räthsels  ist.     Dieser  Schein   verschwindet  indefs,    sobald 

Jahrb.  f.  rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  3.  22 


338  Felix  Liebrcclit 

die  Auflösung  ergiebt,  dafs  etwas  ganz  Unverfängliches 
gemeint  war;  mit  ihr  also  schirmt  sich  der  Fragsteller 
und  wirft  den  Vorwurf  unlauterer  Gedanken  auf  den 
unbedachtsamen  Angreifer  zurück.  Im  Grunde  besteht 
aber  gerade  hierin  der  Reiz  dieser  uns  eigenthümlichen 
Räthselgattung ,  dafs  die  iibereilte  Anklage  absichtlich 
hervorgelockt  wird,  um  sie  mit  der  Auflösung  zurück- 
weisen und  durch  den  Spruch:  dem  Keinen  ist  alles  rein, 
beschämen  zu  können.  Es  ist  eine  dem  sittlichen  Eiferer 
«releffte  Falle,  welcher  er  nicht  leicht  entgehen  wird. 
Freilich  mag  auch  hier  das  Sprichwort  gelten,  dafs  wer 
dem  Andern  Gruben  grabe,  selber  hinein  falle  und  darum 
haben  wir  manches  Hierhergehörige  zurücklegen  müssen." 
Was  hier  von  dem  deutschen  Räthsel  gesagt  ist,  findet 
aber  auf  die  Räthsel  fast  aller  Völker  Anwendung,  wie 
wir  dies  gleich  auch  aus  dem  hier  mitgetheilten  siciliani- 
schen  ersehen  werden.  Ich  habe  mich  nämlich  in  Folge 
der  in  Pitre's  Sammlung  sich  findenden  oder  erwähnten 
Andeutungen  an  diesen  Gelehrten  mit  der  Bitte  gewandt, 
mir  einige  Proben  der  in  Rede  stehenden  Art  freundlichst 
mittheilen  und  mit  den  nöthigen  Erläuterungen  begleiten 
zu  wollen,  welchem  Wunsche  er  mit  gröfster  Zuvorkom- 
menheit zu  willfahren  die  Güte  gehabt  hat.  Ich  lasse 
also  dieselben  hier  so  folgen,  wie  ich  sie  von  ihm  erhal- 
ten, und  glaube  aus  den  mitgetheilten  Gründen  sowol  wie 
in  sprachlicher  Beziehung  den  Lesern  damit  etwas  Will- 
kommenes zu  bieten,  wofür  sie  den  Dank  zunächst  dem 
Dr.  Pitre  schulden,  ich  selbst  habe  nur  einige  weitere 
Worterklärungen  hinzugefügt. 

I.     Indovinelli. 

1.     La  Ficudinnia  (La  Fico  d'  India). 

Lassami  spugghiari 
E  ti  fazzu  arricriari. 

Traduzione:  „Lasciami  spogliare  —  E  ti  fo  ricrearc."  (Lo  dice 
la  fico  d'  India  (ficus  opuntia),  la  quäle  si  mangia  rimondata,  ed  e 
l'resca  e  dolce  come  la  donna,  nella  cui  bocca,  per  doppio  senso,  si 
mettono  le  parole.) 


Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel.  339 

2.     Eadem. 

'Ntra  'na  vaniddazza 

Cc'  e  'na  signurazza 

Russulidda, 

Bianculidda, 

Avi  lu  neu  cu  li  pilidda. 

„In   nna  stradaccia    —    Vi  e  ana  signoraccia  — .  Un  po'  rossa  

Un  po'  bianca;  —  Ha  il  neo  con  i  pelnzzi."  (In  Palermo  i  fichi 
d'  India  si  vendono  sopra  tavole  davanti  le  porte.  II  senso  osceno  e 
nelle  pudende  esterne  della  donna.) 


3.     La  Sanguetta  (La  Mignatta). 

Signura,  vi  la  mettu,  vi  la  mettu, 
Cu  pattu  ca 'un  v' aviti  a  lamintari; 
Ca  ddoppu  r  ura  ch'  e  fattu  1'  effettu, 
La  pigghiu,  la  strinciu  e  la  fazzu  sculari, 

„Signora,   io   ve  la  metto,   ve   la  metto  (la  mignatta)  —  A  patto 

che   non  vi  dovete  lamentare  —  E  depo  1'  ora  che  e  fatto  I'  effetto  

La  piglio,  la  stringo  e  la  fo  colare."   (II  significato  osceno  e  nell'  asta 
virile.) 

4.      II   Dormire. 

E  jamnninni  a  la  casa  ch'  e  notti 
E  jamu  a  fari  li  soliti  fatti ; 
Quannu  si  junci  lu  pilu  cu  'u  pilu, 
Dda  cosa  cchiii   dintra  ti  'nfilu. 

,,E  andiamcene  a  casa,  che  e  nette,  —  E  andiamo  a  fare  i  soliti 
fatti.  —  Quando  si  unisce  il  pelo  col  pelo  —  Io  ti  infilo  piü  indentro 
quella  cosa."  (Si  riferisce  al  dormire,  in  cui  le  palpebre  si  chiudono 
[pilu  cu  pilu]  6  il  globo  dell'  occhio  si  njette  piü  indentro.) 


5.     La  Lanzetia  pi  sagnari  (La  lancetta  da  salasso), 

Lu  picciutteddu  di  quattordici  anni, 
La  trasi  e  nesci  comu  una  granni ; 
La  trasi  asciutta  e  la  nesci  vagnata, 
Cu  la  puntidda  ch'  e  'nsanguniata. 

Pri  la  Santa  Nunziata, 

'Is'  e  parola  scumunicata. 

,,  Un  giovinotto  di  14  anni  —  La  entra  ed  esce  (la  lancetta)  come 
an  (uomo)  grande  (provetto,  maturo,  giudizioso)  —  La  entra  asciutta, 
la    esce  fuori  bagnata,   —   Con   Ja   pnntina  insanguinata  —  (Giuro)  per 

22* 


340  ^elix  Liebrecht 

la  S'''  Nunziata  —  Noii  e  parola  scomunicata."  (Gli  ultimi  due  versi 
sono  r  intercalare  degli  indovinelli  osceni.  V.  i  Canti  pop.  sicil.  vol.  I, 
p.  42.)     Vgl.  no.  16. 


6.     La  Navetta  (La  spola  col  caunello  del  ripieno). 

lo  aju  un  figghiu  chi  si  chiama  Cola, 
Abita  'ntra  li  causi  di  tila; 
Unni  ca  vidi  fimmini,  'ncannola, 
Unni  vidi  pirtusa,  iddu  si  'nfila. 

„lo  ho  un  figlio,  che  si  chiama  Cola  (Nicola)  —  Abita  in  mezzo 
ai  sottocalzoni  di  tela;  —  Dove  (quando)  vede  domie,  esso  incannola 
(si  fa  rotondo  come  una  canna);  —  Dove  vede  dei  buchi,  esso  si  iu- 
fila."  (Si  riferisce  alla  spola,  ]a  quäle  nel  tessere  si  passa  in  mezzo 
alla  tela,  maneggiata  dalle  tessitrici ,  intanto  che  lo  spoletto  gira  e  si 
svolge.  —  In  senso  osceno  me  figghiu  Cola  significa:  il  mio  pene,  ed 
e  voce  furbesca.) 


7.     Lu  piditu  (Lo  scoreggio). 

Cc'  e  'na  cosa  chi  va  e  veni , 
E  a  la  porta  si  tratteni; 
Cc'  e  piriculu  'i  (di)  muriri ; 
Chi  diciti?     'U  (lu,  lo)  lassu  jiri? 

,,C'  e  una  cosa  che  va  e  viene  (il  gas),  —  E  si  trattiene  alla 
porta.  —  (Se  continua  cosi)  c' e  pericolo  di  morire;  —  Che  dite?  la 
lascio  scappare?" 

Vgl.  Sadi's  Rosengarten  übersetzt  von  Graf  I,  274. 
Tuti  Nameh  übersetzt  von  Rosen  I,  159  fg. 


8.     La   Campana. 

Sutta  'a  (la)  födara  'a  (della)  cammisa 
Cc'  fe  'na  cosa  tisa  tisa  (il  batacchio); 
E  si  si  voll  tuccari , 
Jetta  vuci  di  spirdari. 

„Sotto  una  falda  di  camiscia  —  Sta  una  cosa  tesa  tesa;  —  E  se 
si  vuol  toccare  —  Getta  strida  da  (fare)  spiritare." 

9.     La  Pignata  chi  vugghi  (La  pentola  che  bolle). 

Idda  mi  risi, 
lo  cci  la  misi; 


4 


Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel.  341 

S'  'un  mi  ridi'a. 
Nun  cci  la  mittia. 

„Essa  mi  rise  (pel  grillare  che  fa  1'  acqua  boUente),  —  lo  ve  la 
misi  (la  carne,  la  pasta  o  altva  cosa  cruda  da  cuocersi);  —  Se  non  mi 
rideva,  —  Non  ve  la  mettea."  (Si  riferisce  all'  uomo  che,  vistosi 
ridere  dalla  donna,  habuit  rem  una  illa.) 


10.     La   Cannedda  di  lo  vuttl  (Lo  zipolo  della  botte). 

Vaju  nn'  'a  (nni  la,  nella)  me  signura, 
Cci  staju  quantu  un'  ura, 
Nesciu  dda  cosa  liscia, 
E  cci  la  'nfilu  unni  piscia. 

„Vado  dalla  mia  signora  (la  botte),  —  Vi  sto  quasi  un'  ora,  — 
Mette  fuori  quella  cosa  liscia  (lo  zipolo),  —  E  gliela  infilo  Ta  donde 
piscia."  (Si  ricordi  che  dda  cosa  nel  linguaggio  convenzionale  o  fur- 
besco  significa  sempre  organo  genitale,  sopratutto  maschile.  Fari  dda 
cosa  significa  coire,  come  puö  vedersi  nel  seguente  indovinello.) 


11.     La  Chiavi     (vgl.  no,  15). 

Ficca  —  ficcagna, 
Rota  —  rutagna, 
Fa  chidda  cosa, 
Poi  si  riposa. 

„Ficca  —  ficcagna  (ficca  la  chiave);  —  Ruota  —  rotagna  (ruota, 
gira  la  ruota;  girala  dentro  la  serratura);  —  Fa  quella  cosa  (apre),  — 
Poi  si  riposa."  (E  chiaro  che  nel  secondo  senso  la  chiave  e  1'  asta 
virile,  onde  si  suol  dire  motteggiando:  la  me  chiavi;  io  sacciu  beni  chia- 
vari ;  sempre  in  qui  pro  quo.  —  Le  voci  ficcagna  e  rutagna  non  hanno 
significato  ordinario.) 

12.     La   Citarra. 

Panza  cu  panza 
A  lu  monacu  s'  avanza; 
Un  pizzuddu  "i  carni  crura 
Fa  divertiri  'a  signura. 

„Ventre  con  ventre  —  S'  avanza  al  frate  —  Un  pezzetto  di  carne 
cruda  —  Fa  divertire  la  signora."  (La  chitarra  poggiata  col  sno  ventre 
sul  ventre  di  chi  la  suona  col  dito  [In  pizzuddu  di  carni  cruda]  per 
isvago  delle  donne.) 

Vgl.  Erlacb  3,  15  „Des  Studenten  Saitenspiel". 


342  Felii  Liebrecht 

13.     La  Scarpa  e  tu  Pedi  (il  piede). 

Un  parmu  un'  aju  ed  un  parniu  nni  vogghiu, 
Di  carni  cruda  jinchiri  la  vogghiu. 

,,Io   ne   ho    un  palmo    (il  piede)  e  voglio  un  palmo  (di  spazio)  -.- 
E  la  voglio  riempire  di  carne  cruda." 


14.      Lu  Fusu    (Il  fuso). 

'Na  cusuzza  d'un  parmu 

Fa  spinciri  a  li  fimmini  la  gamma. 

„Una  cosettina  d'un  palmo  —  Fa  alzare  la  gamba  alle  donne," 
(tn  Sicilia  nel  filare  le  donne  alzano  la  gamba  o  meglio  la  coscia  e 
la  gamba  per  girare  il  fuso.) 


15.      La   Chiavi  e  la   Toppa  (vgl.  no.  11). 

—  Gnuri  Minlcu,  mittitivi  'n  susu. 
' —  Gnura  Minica,  pirchi? 

—  Vi  ficcati  'ntra  'u  pirtusu, 
E  faciti  'nzi-ri-chi-ti^nzi. 

<,, —  Signor  Domenico,  mettetevi  su."  -^  „Signora  Domenica, 
perche?"  —  ,,Vi  ficcate  nel  pertugio  —  E  fate  nzi-ri-chi-ti-nzi.*« 
(Si  puo  tirare  benissimo  ai  due  sensi  dell'  aprire  la  toppa  ferrea  e  la 
toppa  femminile.     L'  ultimo   verso  ha  il  suono  imitativo.) 

Vgl.  Hoffmann  von  Fallersieben  Horae  Belg.  XI,  294  fg» 
(Antw.  Liederbuch  no,  cxci).  —  Das  Schi öfs lein  in 
Uhland's  ,,Graf  Eberstein"  ist  dagegen  in  dem  Sinne 
von  bürgelin  zufassen,  welches  gleichfalls  den  Doppel- 
sinn hat. 


16.     La  Lancetta  nel  Salasso  (vgl.  no.  5). 

Sigilura,  vi  lu  battu,  vi  lu  bättu, 
A  li  quattru,  a  li  cincu  vi  la  mettu; 
Pigghiu  di  poi  un  biancu  fazzulettu, 
Quantu  vi  stuju  zoccu  v'  aju  fattu. 

,,Sigrtota,  io  ve  la  batto,  ve  la  batto  (il  luogo  che  ho  a  salassafe; 
J)l-atica  commune  ai  flebotomi)  —  Alle  quattro,  alle  cinque  (signilica 
subito,  subito)  ve  la  metto;  -^  Di  poi  prendo  un  fazzoletto  bianco  — " 
Per  asolügafVi  qüel  ehe  vi  ho  fatto.'* 


Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel.  343 

17.     Lu  Rasolu  (II  rasojo). 

Cc'  e  una  cosa  quantu  un  parmu, 

A  ch'  e  gauta  di  schiua, 

'Alnienzii  di  pilu  e  pilu  s'  arriniina. 

„V'  e  una  cosa  lunga  un  palmo  —  Ch'  e  alta  di  schiena  —  E  si 
dimena  in  mezzo  i  peli."  (La  parola  A  del  secondo  verso  e  un  riem- 
pitivo    poetico    popolare.      La    voce     gäuta     e    per    corruzioni    1'  agg. 

iiutu  alto.) 

18.     La  Serra  (La  sega). 

Tu  di  supra,  io  di  sutta, 

Di  nu'  dui  cu'  ammutta,  ammutta ; 

Quannu  s'  apri  la  ciaceazza, 

Di  nu'  dui  cu'   fazza ,  fazza. 

,,Tu  (stando)  di  sopra,  io  di  sotto,  —  Chi  puo  spinga  di  piü ;  — 
Quando  s'  apre  la  fenditura  —  Di  noi  due  chi  fa,  fa  (chi  puo  fare, 
faccia;  facciamo  a  chi  puö  piü)." 


U.     Storia   ad  aria. 

Lu  Solichianeddu  (II  ciabbatino). 

Sugnu  1)  mastru  d'  opira  nova, 

Vi  li  conzu  ^)  li  scarpi  a  prova; 
Firriannu  ^  'na  matinata, 

'Ua  aju  avutn  nudda  chiamata. 
'Na  signura  m'  ha  chiamatu 

E  la  scarpa  cci  aju  cunzatu; 
E  la  scarpa  1'  avia  stritta, 

Cci  i'  allargai  cu  la  sticca  *) ; 
E  la  scarpa  cci  aju  allargatu, 

Pirchi  avia  1'  ugnu  'ncarnatu.  ^) 
Poi  mi  dissi  arricriata  ^) 

Cu  dda  facci  so  'ncarnata: 
„ —  Sempri  cca  v'  aviti  a  stari 

E  la  scarpa  m'  äti  ^)  a  allargari." 
„ —  Signiruzza,  'un  pozzu  cchiüi ,  *) 
Staju  3)  cu  vui ,  staju  cu  vui." 

1)  sono.  —  -)  io  racconcio.  —  ^)  girando.  —  *)  stecca.  In  lin- 
guaggio  furbesco :  il  pene.  —  *)  V  ugna  incarnata  in  senso  equivoco  e 
a  matrice.  —  *)  essendo  gia  ristorata.  —  ^)  avete.  —  *)  iion  posso 
piü.  —   ^)  io  sto. 


544  Felix  Liebrecbt 


Vgl.  Erlach  4,  192  „Jungfer  Lieschen  und  der  Schuh- 
machergesell". Ueber  die  stoiii  ad  arii  sowie  ein  dem 
obigen  verwandtes  Lied  in  Pitre's  Sammlung  s.  Gott.  Gel. 
Anz.  1871,  S.  660.    Vgl.  Heidelb.  Jahrb.  1871,  S.  550. 


III.      C  a  n  z  0  n  i. 

1.  La  schetta  >)  cci  spio  a  la  maritata 
„ —  Comu  facisti  tu  quann'  eri  zita?" 

„ —  La  prima  sira  nn'  appi  'na  lanciata, 
L'  appressu  sira  'na  duci  2)  firita; 
La  terza  sira,  ca  cc'  era  'mparata, 
Corpu  pri  corpu  mi  dava  la  vita; 
Ora  ca  sugnu  bedda  abituata, 
Nun  pozzu  stari  chiü  senza  maritu. 

Alimena. 
')  scapola.  —   2^  dolce. 

2.  Schetti  e  cattivi  '),  chi  a  lu  munnu  2)  stati , 
Nn'  aviti  ogghiu  ^)  a  la  vostra  lumera?  ^) 
Viniti  cca  nni  mia  *),  ca  nni  truvati 

Oggbiu  lampanti,  adduma  comu  avena. 
Nn'  aju  'na  vutti  ^)  di  centu  carati  "), 
Inchi  e  sdivaca  ^)  e  ritorna  com'  era; 
Si  tanticchiedda  9)  di  st'  oggbiu  pruvati, 
Novi  misi  v'  adduma  la  lumera. 

Palermo. 

')  vedove.  —  ''■)  mondo.  —  -)  oglio.  —  *)  lucerna.  —  *)  qua  da 
me.  —  *)  botte.  —  ")  carati,  peso.  —  ^  si  riempie  e  si  vuota.  — 
®)  un  pocolino. 

3.  Mi  mannasti  a  cbiamari  ed  iu  cci  vinni, 
Rusidda,  spampinata,  chi  cumanni? 
Conzami  un  lettu  di  cuttuni  e  pinni, 
Quantu  riposu  un'  ora  e  mi  nni  manni. 
Ssu  biancu  pettu  e  ssi  sciacquati  minni 
Su'  biancbi  comu  nivi  di  muntagni; 

Cui  tasta  latti  di  ssi  biancbi  minni , 
Campa  quantu  Noe  novicent'  anni. 

Alimena. 

In  dieser  Canzone  kann  ich  durchaus  nichts  Anstöfsi- 
ges    entdecken    und    lasse    daher    eine    wörtliche    üeber- 


I 


Sicilianische  Volkslieder  und  Volksräthsel.  345 

Setzung  folgen,    zumal  Dr.  Pitre    keine  Worterklärungen 
beigefügt: 

„Du  hast  mich  holen  lassen  und  ich  bin  gekommen; 
—  Rosige,  Entknospete,  was  befiehlst  du?  —  Bereite  mir 
ein  Lager  von  Baumwolle  und  Federn  —  Bis  ich  eine 
Stunde  geruht  und  du  mich  fortsendest.  —  Dieser  weifse 
Busen  und  diese  leuchtenden  Briiste  —  Sind  weifs  wie 
der  Schnee  des  Berges.  —  Wer  die  Milch  dieser  weifseu 
Brüste  kostet  —  Lebt  so  lang  wie  Noah,  neunhundert 
Jahre." 

4.  La  mamma  si  la  chiama  la  picciotta. 
„ —  Nun  la  chiamati ,  nö,  1'  aju  di  sutta; 
Quantu  cci  la  dugnu  'n'  antra  botta, 

Cu  'n'  antra  botta  1'  arricriu  tntta." 

Palermo. 

5.  Sacciu  cui  si  mangiau  li  toi  iinocchi, 
Sacciu  cui  si  soacciau  li  minnulicchi.  J) 
Cn  mia  ti  fai  la  santa  e  cali  1'  occhi, 

E  cu  r  autri  longa  longa  ti  stinnicchi.  2) 

Palermo. 
1)  dim.  di   mennuli  mandorle.    —     2)  distendersi,   coricarsi   abban- 
donatamente.    (Für  den  hier  Klagenden  ist  die  Angeredete  eine  Heilio-e, 
eine  nola,  für  Andere  aber  eine  coa;    s.  Quintil.  8,  6,  53.) 

6.  Sacciu  di  certu  ca  dui  soru  siti , 
E  tutti  dui  'ntra  un  lettu  y\  curcati; 
E  troppu  pocu  la  roba  eh'  aviti, 

E  comu  di  lu  friddu  nun  quagghiati?  ^) 
lu  sugnu  comu  un  focu,  si  m'  apriti, 
Mi  euren  'ntra  lu  menzu  e  quadiati  2); 
Ca  la  matina  all'  arba,  lu  sapiti? 
Cuntenti  a  tuttidui  v'  aju  lassatu. 

Ficarazzi. 
1)  morite  di  freddu.  —   -)  riscaldate.   v.  n. 

7.  0  Diu,  Chi  rinali  ^)  addivintassi, 
E  'ntra  li  quartararu  2)  mi  nni  jissi ! 
Vinissi  la  me  amanti  e  m'  accattassi , 
E  sutta  lu  so  lettu  mi  mittissi! 

A  menzanotti  idda  mi  pigliassi 
E  'mmenzu  li  sei  cosci  mi  mittissi! 
Kun  mi  nni  cum  s'  idda  mi  pisciassi, 
Basta  chi  tutti  cosi  cci  vidissi! 

Alimena. 
')  Crinale.  —  ^)  stovigliari. 


346  F-  Liebrecht,  Sicilianische  Volkslieder  u.  Volksräthsel. 

Solche  oder  ähnliche  Wünsche  smd  oft  geäufsert 
worden,  um  der  Geliebten  irgendwie  nahe  zu  kommen; 
s.  ühland,  Schriften  zur  Gesch.  der  Dichtung  und  Sage 
3,  282  fg.  Erlach  2,  593  fg.,  no.  37.  Kind,  Neugriech. 
Poesien,  Leipzig  1833,  S.  20  fg.,  Ho^os  (von  Christopulos). 
Comparetti,  Saggi  dei  Dialetti  Greci  delF  ItaUa  Meridio- 
nale.  Pisa  1866,  p.  28,  no.  xxvi.  Auch  Pitre  bemerkt 
zu  obiger  Canzone,  dafs  sie  die  Parodie  eines  Liebesliedes 
wäre,  welches  anfängt: 

0  Diu,  Chi  pisci  d' oru  addivintassi , 
A  lu  funnu  d'  'u  mari  mi  nni  jissi, 
Vinissi  la  me  manti  e  m'  aaccattassi  ecc. 

Lüttich. 

Felix  Liebrecht. 


Italienische  Novellen,  '  347 


Kritische  Anzeigen. 

Italienische  Novellen. 
I. 

Lovelle  di  Giovanni  Sercambi.  Bologna  presso  Gaetano  Romagnoli 
1871.  8".  IX  und  304  S.  (Scelta  di  curiositä  letterarie  inedite 
o  rare  dal  secolo  XIII  al  XVII.  Dispensa  CXIX.  Prezzo  L.  12.  — 
Ediziöne  di  soll  202  esemplari  ordinatamente  numerati.) 

Die  Sammlung  von  Novellen  Giovanni  Sercambi's  (geb. 
18.  Februar  1347,  gest.  27.  März  1424)  ist  von  Professor  Ales- 
sandro  D'  Ancona  in  Pisa  veranstaltet.  Er  hat  darin  1)  die 
von  B.  Gamba  aus  der  Trivulzischen  Handschrift  der  Novellen 
Sercambi's  veröffentlichten  20  Novellen  (Novelle  di  G.  Ser- 
cambi. Venezia,  Tipografia  d'  Alvisopoli,  1816  —  nur  in  113 
Exemplaren  gedruckt);  2)  die  12  aus  Sercambi's  Chronik  von 
C.  Minutoli  herausgegebenen  Novellen  (Alcune  Novelle  di  G. 
Sercambi  Lucchese  che  non  si  leggono  nell'  ediziöne  veneziana 
coUa  vita  dell'  autore  scritta  da  Carlo  Minutoli.  Lucca,  Tipo- 
grafia di  A.  Fontana,  1855,  —  nur  in  130  Exemplaren  gedruckt), 
und  3)  die  ebenfalls  aus  Sercambi's  Chronik  von  Pierantoni 
zu  Lucca  1865  herausgegebene  Erzählung  vom  Zauberer  Yirgil 
im  Korbe  wieder  abdrucken  lassen,  wofür  man  ihm  bei  der 
Seltenheit  dieser  drei  Publicationen  nur  dankbar  sein  kann. 
Wie  wir  aus  D'Ancona's  Vorwort  erfahren,  hätte  er  sich  gern 
eine  Abschrift  auch  der  zahlreichen  übrigen  Novellen  jener 
einzigen  Handschrift  derselben  verschafft,  um  sie  herauszu- 
geben —  die  Handschrift  enthält  156  Novellen!  — ,  aber  der 
Marchese  Trivulzi  in  Mailand,  der  gegenwärtige  Besitzer  der- 
selben, gestattete  dies  leider  nicht,  und  zwar,  wie  D' Ancona 
sagt,  —  'per  amore  alla  castigatezza  del  costume!' 

D'  Ancona  hat  S.  271  fg.  zu  einer  Anzahl  der  Novellen 
Anmerkungen  geschrieben,  in  denen  er  zur  Geschichte  der 
Novellenstoffe  schätzbare  Nachweise  liefert.  Einige  Nachträge 
zu  diesen  Anmerkungen  hat  F.  Liebrecht  in  den  Göttiuger 
gelehrten  Anzeigen  1871,  S.  1158  fg.  gegeben,  einige  andere 
mögen  hier  folgen,  zuvörderst  zu  den  von  Gamba  veröffent- 
lichten. 


348  Kritische  Anzeigen : 

Die  Novelle  III  '•De  simplicitate  virl  et  uxoris''  erzählt: 
Mucchietto  und  Stoltarella  machten  in  der  Hochzeitsnacht  einen 
Pact,  wer  zuerst  aufstehe  oder  spreche,  solle  die  folgende 
Woche  die  Schüsseln  aufwaschen.  Da  sie  demzufolge  am 
nächsten  Tage  weder  Thür  noch  Fenster  öffneten,  drangen 
gegen  Abend  die  besorgten  Verwandten,  Nachbarn  und  Freunde 
mit  Gewalt  ins  Zimmer,  aber  die  Beiden  blieben  liegen  und 
antworteten  auf  keine  Frage.  Mucchietto  winkte  endlich  einen 
Freund  zu  sich  heran  und  flüsterte  ihm  unbemerkt  zu,  er  wolle 
sein  Testament  machen  und  der  Freund  solle  darauf  bezüg- 
liche beliebige  Fragen  an  ihn  richten,  die  er  durch  Kopf- 
bewegen bejahend  oder  verneinend  beantworten  wolle.  Als 
nun  Mucchietto  auf  mehrere  die  Erbschaft  betreffende  Fragen 
stumme  Antworten  gegeben  hat,  mit  denen  Stoltarella  nicht 
zufrieden  ist,  kann  sie  sich  nicht  länger  halten  und  sagt:  'Ich 
will  nicht,  dafs'  .  .  .  Alsbald  unterbricht  sie  Mucchietto  und 
sagt:  'Du  mufst  die  Schüsseln  aufwaschen,  denn  du  hast  zuerst 
gesprochen!'  —  Zu  dieser  Novelle  bemerkt  D' Ancona:  'Non 
so  se  da  questa  del  Sercambi,  o  da  altra  fönte,  sia  tratta  la 
graziosa  novella  in  versi  di  Antonio  Guadagnoli,  intitolata 
'  La  lingua  d'  una  donna  alla  prova',  e  che  tratta  lo  stesso  argo- 
mento  coi  nomi  di  Gosto  e  Mea,  invece  di  Mucchietto  e  Stol- 
tarella. Piü  probabilmente  perö  il  lepido  aretino  1'  avrä 
tratta  dai  Contes  du  Sieur  D'Ouville  (I,  194,  Haye  1703).' 
Guadagnoli's  Novelle  kenne  ich  nicht,  aber  D'Ouville  stimmt 
ganz  mit  Straparola  VIII,  1,  an  w^elche  Novelle  D'  Ancona 
sich  nicht  erinnert  hat,  überein.  Bei  Straparola  und  bei 
D'Ouville  machen  Mann  und  Frau  eines  Abends  aus,  wer  von 
ihnen  zuerst  spreche,  solle  die  Thür  zumachen.  Ein  Vorbei- 
kommender tritt  durch  die  offene  Thür  ein  und  erhält  von 
beiden  keine  Antwort.  Er  legt  sich  zu  der  Frau  ins  Bett, 
und  sie  und  ihr  Mann  lassen  Alles  schweigend  geschehen. 
Als  er  sich  wieder  entfernt  hat,  beginnt  die  Frau  dem  Mann 
wegen  seiner  Gleichgiltigkeit  Vorwürfe  zu  machen,  der  aber 
erwidert  nur:  'Du  hast  zuerst  gesprochen,  du  mufst  die  Thür 
zumachen!'  —  Man  vergleiche  aber  auch  noch  die  'Farce  d'un 
chauldronnier'  (Viollet  le  Duc,  Ancien  Theätre  fran^ais  II, 
105),  das  2. Pickelheringsspiel  ('Ein  sonder  lustig  Pickelherings- 
spiel, darinnen  er  mit  einem  Stein  gar  lustige  Possen  machet') 
in  dem  ersten  Theil  der  'Englischen  Comedien  und  Tragedien', 
das   Zwischenspiel  in   Jacob  Ayrer's   Schauspiel   'Vom  König 


[Italienische  Novellen.  349 

5n  Cypern'  und  eine  schottische  BalLade  (Child,  English  and 
Scottish  Ballads  VIII,  125).  In  den  genannten  Dichtungen 
ist  der  Ehemann  nicht  so  geduldig  wie  bei  Straparola  und 
D'Ouville,  vielmehr  spricht  er  zuerst,  da  er  es  nicht  leiden 
will,  dafs  ein  Hinzukommender  seine  Frau  küsse  und  fort- 
führe. Im  Pickelheringsspiel  und  in  der  schottischen  Ballade 
handelt  es  sich  in  dem  Vertrag  des  Ehepaars  ebenso  wie  bei 
Straparola  und  D'Ouville  um  das  Zumachen  der  Thür,  in  der 
französischen  Farce  um  die  Herrschaft,  bei  Ayrer  um  'ein 
gnts  abpern'. 

Die  Novelle  IV  '■De  iiisto  iuditio^  erzählt:  Landrea  hat 
ein  Felleisen  gefunden  und  gibt  es  uneröffnet  seinem  Eigen- 
tümer, einem  Bürger  aus  Lucca,  zurück.  Dieser  behauptet,  es 
seien  100  Gulden  darin  gewesen,  Landrea  aber  habe  10  davon 
gestohlen,  und  läfst  ihn  festnehmen,  um  ihn  in  Lucca  vor  Gericht 
zu  stellen.  Auf  dem  Wege  dahin  hilft  Landrea  ein  in  einen 
Sumpf  gefallenes  Pferd  herausziehen,  reifst  ihm  aber  dabei  den 
Schwanz  aus,  und  der  Eigentümer  des  Pferdes  geht  nun  mit, 
um  ihn  auch  zu  verklagen.  Als  sie  eine  Strecke  gegangen  sind, 
scheut  ein  Pferd,  auf  welchem  eine  Dame  sitzt,  vor  Lan- 
drea und  wirft  die  im  sechsten  Monat  schwangere  Dame  ab, 
welche  auf  der  Stelle  eine  Fehlgeburt  zur  Welt  bringt.  Der 
Gemahl  der  Dame  schliefst  sich  den  beiden  Klägern  an.  In 
der  Nähe  von  Lucca  springt  Landrea  von  einer  Brücke  ins 
Wasser,  fällt  aber  dabei  auf  einen  Mann  in  einer  Barke  und 
erschlägt  ihn  dadurch.  Er  wird  wieder  ergriffen,  und  der 
Bruder  des  Getödteten  geht  als  vierter  Kläger  mit.  Die  Richter 
in  Lucca  fällen  folgende  Urteile:  1)  das  Felleisen  mit  den 
90  Gulden  gehört  dem  Kläger  nicht,  da  dieser  eins  mit  100 
Gulden  verloren  haben  will,  Landrea  soll  es  also  behalten, 
bis  sich  der  Eigentümer  findet;  2)  Landrea  soll  das  Pferd, 
dem  er  den  Schwanz  ausgerissen,  so  lange  bei  sich  behalten, 
bis  ihm  der  Schwanz  wieder  gewachsen  ist,  dann  soll  er  es 
dem  Kläger  zurückgeben;  3)  er  soll  die  Dame  so  lange  zu 
sich  nehmen,  bis  sie  wieder  im  sechsten  Monate  schwanger 
ist,  und  4)  er  soll  sich  unter  die  Brücke  in  die  Barke 
stellen  und  der  Kläger  sich  von  der  Brücke  auf  ihn  herab- 
stürzen. —  Mit  dieser  Novelle  vergleiche  man  auCser  den  von 
Benfey  in  seinem  Pantschatantra  I,  394  fg.  (auf  welche  Stelle 
D'  Ancona  verweist)  zusammengestellten  Erzählungen  —  tibe- 
tanische   Erzählung    im    Dsanglun,    russisches    Volksmärchen, 


350  Kritische  Anzeigen: 

Erzählung  in  Lutfullah's  Memoirs  und  Meistergesang  von  Kaiser 
Karls  Recht  i)  ■ —  und  aufser  dem  im  16.  und  17.  Jahrhundert 
wiederholt  gedruckten  Volksgedicht  'Novella  di  Busotto',  worauf 
D'  Ancona  mit  Verweisung  auf  Passano  I  Novellieri  italiani 
in  verso  pg,  90  fg.  aufmerksam  macht,  auch  noch  ein  in 
'Bishop  Percy's  Folio  Manuscript.  Ballads  und  ßomances. 
Edited  by  J.  W.  Haies  and  Fr.  J.  Furnivall'  (London  1868), 
III,  127  fg.,  erhaltenes  Gedicht,  welches  der  Sercambischen 
Novelle  besonders  nahe  steht.  Nach  dem  englischen  Gedicht  hat 
ein  Kaufmann  einen  Beutel  mit  100  Pfund  verloren  und  dem 
Finder  20  Pfund  Belohnung  versprochen.  Ein  armer  Mann 
findet  den  Beutel  und  gibt  ihn  dem  Kaufmann,  der  aber  sagt 
jetzt,  in  dem  Beutel  seien  120  Pfund  gewesen,  und  der  Mann 
habe  sich  schon  selbst  20  Pfund  herausgenommen.  Beide 
machen  sich  auf,  um  zum  König  Salomon  zu  gehen.  Unter- 
wegs wird  ein  Pferd,  auf  dem  eine  Dame  sitzt,  durch  das 
Geräusch  der  Schaffelle,  die  der  arme  Mann  auf  seinem 
Rücken  trägt,  scheu  und  wirft  die  Dame  ab,  die  sich  im  Fallen 
ein  Auge  ausstöfst.  Ihr  Gemahl  geht  nun  mit,  um  auch  beim 
König  zu  klagen.  Sie  kommen  an  die  Küste,  und  der  arme 
Mann  will  sich  ins  Meer  stürzen,  fällt  aber  auf  einen  Fischer 
in  einem  Boot  und  bricht  ihm  den  Hals.  Der  Bruder  des 
getödteten  Fischers  hält  den  Armen  fest  und  geht  ebenfalls 
mit  zum  König.  König  Salomon  weifs  aber  nicht,  wie  er 
urteilen  soll,  da  erbietet  sich  sein  Narr  Marke  More  (Marcolfus, 
Morolf?),  die  Urteile  zu  fällen.  Er  erkennt,  1)  dafs  der  arme 
Mann  den  Beutel  behalten  solle  und  der  Kaufmann  ihm  folgen 
könne,  bis  der  Arme  einen  Beutel  verliere,  den  der  Kaufmann 
dann  behalten  möge,  2)  dafs  der  Ritter  seine  einäugig  gewor- 
dene Frau  gegen  die  des  Armen,  die  zwei  Augen  hat,  aus- 
tauschen könne,  .3)  dafs  der  arme  Mann  sich  an  derselben 
Stelle  in  das  Fischerboot  setzen  solle  und  der  Fischer  auf 
ihn   springen  könne. 

Zu  Nov.  VI    'De   amicitia  probata''   —   von   welcher    die 
1.  der  von  Minutoli  herausgegebenen  Novellen  nur  ein  Auszug 


1)  Nach  dem  seltenen  Bamberger  Druck  von  1493  abgedruckt  in 
Haupt's  Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  XIV,  525  —  529.  Erfindet 
sich  auch  in  dem  ' Lieder- Büchlein '  von  1582,  welches  Jos.  Berg- 
mann u.  d.  Titel  'Das  Ambraser  Liederbuch',  Stuttgart  1845,  für  den 
Literarischen  Verein  herausgegeben  hat,  und  steht  daselbst  als  138.  Lied. 


Italienische  Novellen.  351 

mit  Aenderung  der  Namen  der  Personen  und  Orte  ist  ')  — 
hätte  sich  D'  Ancona,  wenn  ihm  K.  Gödeke's  treifliches  Buch 
'Every-Man,  Homulus  und  Hekastus.  Ein  Beitrag  zur  inter- 
nationalen Literaturgeschichte'  (Hanover  1865)  bekannt  gewe- 
sen wäre  und  er  darauf  A'erwiesen  hätte ,  die  meisten  seiner 
Nachweisungen  sparen  können.  Wenn  D'  Ancona  in  der  An- 
merkung sagt,  die  Erzählung  von  der  Freundesprobe  fände 
sich  im  Conde  Lucanor,  in  den  Castigos  des  D.  Sancho  und 
im  Libro  de  Patronio,  so  liegt  hier  ein  Versehen  vor:  Conde 
Lucanor  und  Libro  de  Patronio  sind  ja,  wie  D' Ancona  eben- 
sogut wie  wir  weifs,  verschiedene  Titel  desselben  Buches.  Mit 
dem  Citat  'Denkmäler  altniederländ.  Sprache  und  Literatur  di 
Kausler  pag.  474'  ist  ohne  Zweifel  das  im  3.  Bande  der 
Denkmäler  S.  131  fg.  stehende  Gedicht,  mit  Anmerkungen 
dazu  S.  474  fg.,  gemeint.  Dies  Gedicht  gehört  aber  streng 
genommen  nicht  her.  Es  erzählt  nämlich,  wie  die  Freunde 
eines  Ritters  diesem  nicht  zu  Hilfe  kommen ,  als  er  vorgibt, 
einen  Mann  erschlagen  zu  haben,  M'ährend  dagegen  sein  von 
ihm  immer  schlecht  behandelter  Bruder  gleich  bereit  ist.  Das 
Gedicht  soll  also  lehren,  dafs  Blutsverwandtschaft  mehr  wert 
ist  als  Freundschaft,  während  die  Parabel  von  der  Freundes- 
probe die  Blutsverwandtschaft  gar  nicht  hereinzieht,  vielmehr 
nur  lehren  will,  dafs  es  allerdings  wahre  Freunde  in  der  Not 
gebe,   dafs  sie  aber  sehr  selten  seien. 

Die  Nov.  IX  '■De  honis  moribus''  erzählt:  Dante-),  der  an 
der  Tafel  des  Königs  Robert  von  Neapel  einen  Ehrenplatz 
erhielt,  als  er  ein  schönes  Gewand  anhatte,  während  er  vorher 
in  geringer  Kleidung  zu  unterst  hatte  sitzen  müssen,  bestrich 
sein  Gewand  mit  den  Speisen  und  dem  Wein  und  erklärte,  er 
thue  dies,  weil  nicht  er,  sondern  das  Gewand  geehrt  worden 
sei  und  letzteres  deshalb  seinen  Theil  an  dem  Mahle  haben 
müsse.  Mit  dieser  Novelle  vergleiche  man  aufser  Laura  Gonzen- 
bach's  Sicilianischen  Märchen  I,  258  (von  D'  Ancona  angeführt) 
auch  Gladwin's  Persian  Moonshee  No.  LXIII  und  Nasr-eddin's 


')  Ebenso  ist  die  2.  Novelle  bei  Minutoli  ein  Auszug  aus  der  15.  No- 
velle bei  Gamba.  In  letzterer  heifsen  die  beiden  Freunde  Grabino 
und  Cionello,  in  ersterer  Ciabino  und  Cionollo. 

2)  D'  Ancona  verzeichnet  in  der  Anmerkung  eine  ganze  Reibe  von 
'novelle,  facezie,  risposte  argute  e  simili  che  sono  State  appropriato 
al  gran  poeta'  und  die  man  als  Bruchstücke  der  '■leggenda  di  Dante'' 
ansehen  könne. 


352  Kritische  Anzeigen  :  Italienische  Novellen. 

Schwanke,  übersetzt  von  "W.  v.  Camerloher,  No.  55.  In  allen 
diesen  erhalten  die  Kleider,  deren  Träger  ihretwegen  bei  einem 
Mahle  ausgezeichnet  werden,  einen  Antheil  am  Mahle.  Man 
vergleiche  aber  auch  die  Geschichte,  die  Papst  Innocenz  III. 
in  seinem  berühmten  Buche  'Decontemptu  mundi  sive  de  miseria 
humanas  conditionis'  (lib.  II,  cap.  xxxix)  erzählt:  Cum  quidam 
philosophus  in  habitu  contemptibili  principis  aulam  adisset  et 
diu  pulsans  non  fuisset  admissus,  sed  quoties  tentasset  ingredi, 
toties  contigisset  eum  repelli,  mutavit  habitum,  et  assumpsit 
ornatum.  Tunc  ad  primam  vocem  aditus  patuit  venienti.  Qui 
procedens  ad  principem,  pallium,  quod  gestabat,  coepit  vene- 
rabiliter  osculari.  Super  quo  princeps  admirans,  quare  hoc 
ageret,  exquisivit.  Philosophus  respondit:  Honorantem  me 
honoro,  quia  quod  virtus  non  potuit,  vestis  obtinuit.  Dieselbe 
Geschichte,  ein  wenig  anders  eingekleidet,  findet  sich  in  Pauli's 
Schimpf  und  Ernst  No.  416  und  daraus,  nur  sprachlich  ver- 
ändert, in  Weidner's  Teutscher  Nation  Apophthegmata,  Amster- 
dam 1655,  IV,  127.  In  Melander's  Jocoseria  I,  No.  264  — 
wörtlich  wiederholt  in  den  Doctae  nugae  Gaudentii  Jocosi,  Solis- 
baci  1713,  pag.  222  —  wird,  mit  Berufung  auf  'Ludovicus 
Milichius  in  Oratione  contra  immoderatum  vestltum',  von  dem 
berühmten  Humanisten  Hermann  Busch  erzählt,  er  sei  einst, 
als  er  in  seinem  Hausrock  über  den  Markt  gieng,  von  den  Bür- 
gern nicht  gegrüfst  worden,  darauf  sei  er  nach  Hause  gegangen, 
habe  eine  'toga  admodum  pra?lustris'  angezogen  und  sich 
wieder  auf  den  Markt  begeben,  wo  ihn  nun  Alle  ehrfurchts- 
voll grüfsten.  Nach  Hause  zurückgekehrt,  habe  er  den  Rock 
ausgezogen  und  mit  Füfsen  getreten  und  gesagt:  'Es  tu  Buschius, 
vel  ego  sum?'  Fast  ganz  dasselbe  erzählt  Kirchhof  in  Wend- 
unmuth  I,  122  von  'einem  fast  gelehrten  Mann,  der  ein  Poet 
war,  welches  Bücher  auch  noch  vil  vorhanden,  wonete  zu 
Erdfurt',  nur  mit  dem  Unterschied,  dafs  hier  der  Gelehrte 
seine  'köstliche  gefütterte  Schauben'  zu  Hause  in  kleine  Stücke 
zerhaut  und  dazu  sagt:  'Soltestu  besser  denn  ich  sein  und  dir 
gröfser  Ehr  weder  mir  erboten  werden?'  In  Kirchhofs 
Erzählung  ist  wahrscheinlich  auch  Hermann  Busch,  der  ja  eine 
Zeit  lang  in  Erfurt  lebte,  gemeint. 

Reinhold  Köhler. 

(Schlufs  folgt.) 


Druck  von  F.  A.  Blockhaus  in  Leipzig 


Spanische  Bearbeitungen  arabisclier  Werke.  353 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer 
Werke. 


Je  ernster  und  tiefer  die  geschichtliche  Forschung 
auf  einzehie  (xebiete  der  Literatur  eingeht,  desto  schwie- 
riger wird  es  dem  Specialisten,  die  Leistungen  auf  den 
ihm  fremden  Gebieten  zu  übersehen,  das  Verwandte  her- 
anzuziehen und  zu  verwerthen;  um  so  willkommener  mu(s 
daher  auch  jeder  Versuch  einer  Vermittlung  sein, 
wenn  er  auch  nur  die  anderswo  gewonnenen  Resultate 
zur  Kenntnifs  bringt  und  die  Quellen  für  weitere  For- 
schung nachweist. 

In  diesem  Sinne  wage  ich  es,  eine  Reihe  von  Be- 
merkungen, welche  nicht  in  die  stricte  Form  einer  Ab- 
handlung gegossen  sind,  über  das  oben  bezeichnete  Thema 
den  Lesern  des  Jahrbuchs  vorzulegen.  Seit  einem  Viertel- 
jahrhundert die  vermittelnde  Thätigkeit  verfolgend,  welche 
die  Stellung  der  Juden  in  der  mittelalterlichen  Literatur 
kennzeichnet,  mufste  ich  luein  Augenmerk  in  gleicher 
Weise  auf  orientalische  Quellen  und  occidentalische  Aus- 
läufer richten,  luid  bin  daher  wie  von  selbst  auf  den 
Zusammenhang  literarischer  Erscheinungen  geführt  wor- 
den, deren  Geschichte  hier  und  dort  Gegenstand  sjoecieller 
Untersuchung  geworden.  Die  gewissermalsen  neutralen 
Gebiete  der  Philosophie,  Naturkunde,  Mathematik  und  der 
Volksschriften  ')  bieten  in  der  Literatur  der,  unter  den 
Culturvölkern  herrschenden  drei  Religionen  die  meisten 
Berührungspunkte,  und  dafs  die  vielfach  verschlungenen 
Fäden  in  Spanien  vorzugsweise  zusammenlaufen,  braucht 
den  Lesern  des  Jahrbuchs  nicht  erst  auseinandergesetzt 
zu  werden. 


1)    ,,Ueber  die  Volk-sliteratur  der   Juden",   in   (iosche's  Arohiv  für 
Literaturgeschichte,  II.  S.  1. 

Jahrl).  f.  rora.  u.  eugl.  Lit.  XII,  4.  23 


354  M'  Steinschneider 

Die  nachfolgenden  Bemerkungen  knüpfen  sich  spe- 
ciell  an  die  interessanten  und  lehrreichen  Mittheilungen 
des  Herrn  Knust  über  spanische  Handschriften  des  Escu- 
rial  (Jahrb.  X,  129  fg. ;  XI,  o87  fg.).  Kurz  vorher  hatte 
mich  eine  Abhandlung  ,,Z(Ur  Alex  an  der  sage",  ge- 
knüpft an  Zacher's  „Pseudocallisthenes"  (Halle  18G7),  — 
welchen  Herr  Knust  noch  nicht  gekannt  zu  haben  scheint  — 
in  der  ,, Hebräischen  Bibliographie"  (Jahrg.  IX,  1869, 
S.  13  fg.,  vgl.  S.  149,  und  XI,  1871,  S.  74)  auf  verwandte 
Themen  geführt;  indem  ich  auf  die  dort  gegebenen 
Quellen  und  Belege  (mit  der  Abkürzung  „HB.")  ver- 
weise, werde  ich  die  gewonnenen  Resultate  zur  Ergän- 
zung und  Erledigung  der  Aufklärungen  und  Zweifel  des 
Herrn  Knust  zu  verwerthen  suchen.  Bedauern  mufs  ich, 
dafs  mir  die  spanische  Literaturgeschichte  von  Aniador 
de  los  JRios  nicht  zugänglich  ist. 

In  der  Reihenfolge  weiche  ich,  aus  verschiedenen, 
später  ersichtlichen  Gründen,  von  Knust  ab. 


I.    Procerbios   Inienos. 
(Knust  X,  317.) 

Zwei  HSS.  des  Escurial,  h-lll-l  /.  41  und  (unvoll- 
ständig) L-III-2 /.  49r.  enthalten:   El  libro  de  los  huenos 

proverbioSj  que  diveron  los  philosoplios  e  sabios  untigvos 

e  traslado  este  libro  Joani^io  fijo  de  Isaac  de  griei/o, 
en  aravigo,  e  trasladanios  lo  nos  de  aravigo  en  latin. 

Knust  vermuthet  die  Identität  des  Joanifio  mit  dem 
Joani^io  (?)  ^es  Secrditm;  allein  letzterer  heilst  Johannes, 
arab.  Ja'-lija  Ihn  Batrik;  unser  Joann.  ist  aber  Honein, 
Sohn  des  Isak. 

'Hon ein  ben  Ishak  el-Ibadi,  ein  syrischer  Christ 
(809  —  73),  berühmt  als  Uebersetzer  aus  dem  Griechi- 
schen ins  Arabische,  im  christlichen  Mittelalter  gewöhn- 
lich Johannicius,  auch  Ilum.ayn  u.  s.  w.  genannt^), 
bearbeitete   auch   ein   Buch:    Sitten  Sprüche  der   Phi- 


2)  Siebe  Virchow\s  Archiv  Bd.  ■)2  S.  369. 


Spanische  Bearbeitungen  arabisehor  Werke.  355 

losophen  u.  s.  w.,  wahrscheinlich  nach  byzantinischen 
Qnelleu.  Die  Sprüche  sind  grofsentheils  bestimmten 
Personen,  fast  nur  Griechen,  beigelegt.  Auf  die  Be- 
deutung dieses  Werkchens  als  „vorzügliche  Fundgrube 
für  die  arabische  und  jüdische  Gnomik"  habe  ich  schon 
in  meinem  „Manna"  (Berlin  1847,  S.  109)^)  und  auch 
in  anderer  Beziehung  an  verschiedenen  Orten  (s.  meine 
Abhandlung:  Zur  pseudepigraphischen  Literatur,  Berlin 
1862,  S.  50—51)  hingewiesen. 

Als  arabisches  Original  erkannte  ich  die  HS.  TT;!) 
des  Escorial  und  (als  unvollständig)  die  Münchener  HS. 
651,  auf  welche  auch  Knust  (X,  144)  gekommen  ist, 
jedoch  ohne  das  richtige  Verhältnifs  auffinden  zu  kön- 
nen. Auch  kleinere  Fragmente  scheinen  erhalten  zu  sein; 
doch  übergehe  ich  dieselben,  so  wie  die  Reihe  muham- 
medanischer  und  christlicher  arabischer  Autoren  bis  in 
das  XVIII.  Jahrhundert  hinunter,  welche  das  Buch  Ho- 
nein's  in  Contribution  gesetzt  haben,  grofsentheils  ohne 
ihre  Quelle  zu  nennen  (s.  die  Nachweisungen:  Zur  pseud. 
Lit.,  S.  44  und  91,  Anm.  8;  HB.  IX,  47;  XI,  74);  auch 
eine  äthiopische  Uebersetzung,  namentlich  der  Partie 
über  Alexander,  hat  sich  erhalten;  persische  und  tür- 
kische Schriften  scheinen  aus  Honein  geschöpft  zu  haben, 
nach  den  Parallelen,  welche  man  bei  Diez  findet  (HB. 
XI,  74). 

Zu  Anfang  des  xiii.  Jahrhunderts  übertrug  der 
Uebersetzer  des  Hariri,  Jehuda  Al-Charisi  in  Lunel, 
das  Werk  Honein's  ins  Hebräische,  und  diese  Bearbei- 
tung ist  zweimal  —  nicht  besonders  correct  —  gedruckt, 
in  Handschriften  sehr  häutig,  auch  in  einzelnen  Stücken, 
welche  die  Catalogisten  ,  z.  B.  Bartolocci  und  Assemani, 
nicht  erkannten.  Diese  HSS.  haben,  u.  A.  wegen  der  viel- 
fixch  verstümmelten  Namen,  einen  Werth;  noch  wichti<>cr 
ist   der   Umstand,    dafs    einige   die  Alexanderpartie  an 


3)  Dieses  BücheK'heii  enthält  Uebersetzuugen  aus  dem  Hebräisclien 
(xiii.  Jahrb.),  mit  Parallelen,  als  Beitrag  zur  romantischen  Literatur 
in  •wissenschaftliohem  Sinne.  Es  ist  meines  Wissens  wenig  von  denen 
ben\itzt,  für  die  es  vorzugsweise  vorfafst  worden. 

23* 


35g  ^-  Steinschneider 

richtiger  Stelle  enthalten,  nämlich  anschliefsend  an  die 
Sprüche  des  Aristoteles,  während  die  Ausgabe  sie  als 
einen  III.  Abschnitt  anhängt.  Letztere  zählt  im  I.  Ab- 
schnitt („Pforte")  20,  im  II.  21  Kapitel,  obwohl  zu  An- 
fang nur  19  angegeben  wird.  I,  Kap.  1  —  ;>  beginnen 
stets  mit  den  Worten :  „  Es  spricht  Chananja  ben  Isak.'" 
Einige  HSS.  haben  einen  4.,  eben  so  beginnenden  Absatz, 
welcher  die  Geschichte  des  Dichters  ;rprwS  (oder  u^p"^:«) 
enthält;  InJxas  (oder  Anikas)  ist  eine  im  Arabischen  durch 
Umstellung  eines  diacritischen  Punktes  erklärliche  Ver- 
wandlung von  Ibicus.  Dieses,  wohl  noch  zur  Einlei- 
tung des  Uebersetzers  gehörende  (in  Cod.  MiJnch.  ar. 
651  fehlende)  Stiick  ist  in  HB.  IX,  92  abgedruckt  und 
stimmt  ziemlich  genau  mit  der  spanischen  Uebersetzung 
(Jahrb.  X,  rU9 — 21).  Die  Siegelinschriften  sind  Kap.  5, 
die  Tier  Philos.  Kap.  0,  f  iinf  Philos.  Kap.  7;  Cap.  de  los 
juntas  (Jb.  S.  325,  eigentlich  Erbauung  von  Palästen,  s. 
zur  ps.  Lit.  S.  50)  ist  Kap.  8;  der  junge  Arist.  Kap.  9, 
seine  Sentenzen  Kap.  10,  desselben  Anleitung  zum 
Studium  Kap.  11.  Hier  folgt  ein,  von  Knust  S.  325  nicht 
erwähntes  Kap.  12  von  vier  Weisen  (Grieche,  Inder, 
Römer,  Perser)  im  Tempel  des  Königs  did'^Jd,-  dann 
sieben  griech.  Phil,  im  goldnen  Hause  Kap.  13,  zehn  Phil. 
Kap.  14  (wörtlich  wie  im  Jb.  S.  325),  dreizehn  Phil. 
Kap.  15  (desgleichen),  vier  Phil,  bei  Anuschirwan 
(„Lusesa"  bei  Knust  8.  32G,  vgl.  S.  322).  —  Hierauf 
fehlen  im  Spanischen  die  Kaja.  17  —  20,  wovon  Kap. 
18  über  Musik  und  Gesang  bei  Aumer  in  der  tis.  f.  25 
(vgl.  HB.  IX,  47)  *);  Socrates  ist  II,  Kap.  1,  Plato  Kap.  2. 
Demnach  ist  avich  die  HS.  /;-III-i  unvollständig; 
denn  im  Hebrä.ischen  folgt  Kap.  3  Arist.;  Kap.  4:  ,,Es 
schrieb  Arist.  an  Alexander"  (Sentenzen)''),  Kap.  5 
Alexander's  Sprüche  —  woran  sich  der  III.  Abschnitt 
schliefsen    sollte.     G  — 8    Diogenes,    Pythagoras    (goldne 


*)  S.  unten  zu  3  Tract.  11. 

^)  Knust  S.  323  vermuthet  die  Identität  mit  Secretum,  welches 
jedoch  nur  benutzt  scheint,  siehe  unter  III  und  Knust  8.  309  über 
L-III-2. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  357 

Sprüche)  und  Hippocrates  (Jb.  X,  317  n.  14 — IG),  9,  10 
Galen,  11  Ptolemäus,  12  Lokman,  13  „Römer"  (lies: 
Hermes),  14  Homer,  15  Auinus,  Anisus  (s.  unten),  16  So- 
Ion,  17  Balianus  [Plinius  oder  Apollonius] ,  18  Euclid 
(vgl.  Jb.  X,  144,  325),  für  Honein's  Buch  entscheidend, 
19  verschiedene  Philosophen,  deren  erster  Eusebius?  (HB. 
XI,  74),  20  Mehadargis  (s.  unter  H);  21  Salomo  und 
die  110  Dschinnen,  wofür  Knust  (S.  325)  nirgends  eine 
Parallele  gefunden.*^)  Der  IH.  Abschnitt  der  hebr.  Aus- 
gabe in  12  Kapp,  über  den  Tod  Alexanders  ist  in  einer 
deutschen  Uebersetzung  von  M.  E.  Stern,  Wien  1861, 
mit  der  neuen  ITeberschrift  „Grabespforte"  (vgl.  HB.  IX, 
47)  zugänglich  und  schon  von  Zacher  benutzt.  Bei  aller 
Ungenauigkeit  dieser  Uebersetzung  im  Einzelnen  würde 
sie  doch  für  Knust  (S.  310,  323)  ein  besserer  Führer 
gewesen  sein,  als  die  kurzen  Andeutungen  des  Aumer'- 
schen  Katalogs.  Doch  wird  die  Besprechung  dieses  Ab- 
schnittes bequemer  unter  II  (Bocados)  folgen. 

Hat  der  spanische  Bearbeiter  der  Proverbios  das 
arabische  Werk  unvollständig;  voro;efunden  und  so  über- 
setzt?  In  welche  Zeit  gehört  die  Uebersetzung?  Ich 
wage  es  nicht,  diese  Frage  selbst  zu  behandeln,  möchte 
aber  doch  auf  zwei  andere  Schriften  hinweisen,  wovon 
eine  sicher  das  Werk  Honein's  benutzte. 

Die  Madrider  Natioualbibliothek  besitzt  eine  HS. 
Jafuda,  judio  di  Barcelona,  Dichos  y  sentencios  de  Filo- 
sofos  sacados  de  libros  arabes  per  orde/i  de  D.  Jainie  I.  (?) 
de  Aragon  i/  trad."^  en  lenwsin  a.  1385;  Helfferich  (R. 
Lull,  1858,  S.  52,  vgl.  HB.  11,  S.  17;  Jahrb.  II,  1860, 
S.  256;  Kayserling,  Sephardim  S.  329;  Klein,  Gesch.  des 
Dramas  VIII,  1871,    S.  227)    theilt  39   Sentenzen   daraus 


6)  N.  9G  fehlt;  die  N.  1,  2,  4,  5,  8,  0,  11,  12,  18  — 20  u.  s.  w. 
siri'l  aufgenommen  in  den  von  mir  (hinter  Testament  des  Jehuda  Ihn 
Tibhon,  Berlin  1852)  herausg.  Sentenzen  (Misefiie  Chachonii/ti)  S.  21, 
N.  72,  73,  95  — 137  (ausgenommen  119),  unter  weichen  auch  andere 
aus  verschiedenen  Kapiteln  Honein's;  z.  B.  gleicli  n.  11  (Honcin  II, 
Kap.  11,  s.  unten  unter  II).  —  Das  Kap.  ist  als  besondere  Schrift  auf- 
^Lvahlt  von  Assemani  unter  Cod.  Uibin.  53,  8. 


358  ^^-  Steinschneider 

mit,  ohne  anzugeben,  welcher  Stelle  oder  welchen  Stellen 
sie  angehören,  und  vermuthet  (S.  ßO)  dafs  Honein's  Werk 
benutzt  sei,  ohne  speciellen  Nachweis.')  Ueber  jenen 
Je  hu  da  und  seinen  Antheil  an  dem  Buche  ist  noch 
Nichts  ermittelt");  in  einem  Fragment  der  Apophthegmen 
Honein's  in  dem  Münchener  Cod.  43  wird  Jehuda  Charisi 
von  dem  unwissenden  Abschreiber  als  Barceloneser  be- 
zeichnet (HB.  VHI,  08,  86),  worauf  also  kein  Gewicht 
zu  legen  ist.  Nachdem  aber  jetzt  eine  Uebersetzung  der 
Apophthegmen  nachgewiesen  ist,  wäre  eine  genauere 
Untersuchung  der  Madrider  HS.  wünschenswerth. 

Eben  so  wimschenswerth  wäre  eine  Vergleichung  von 
Jakob 's  Liibro  de  la  Saviesa  (Cod.  Escor,  j.  M.  29  bei 
Rodriguez  de  Castro  II,  605,  der  von  „zwei"  HSS.  spricht) 
mit  dem  arab.  Original,  nach  den  Andeutungen  über  das 
vermuthliche  Verhältnil's,  welche  ich,  von  der  hebräischen 
Uebersetzung  ausgehend,  in  der  HB.  IX,  50  gegeben. 
Ob  hierüber  Etwas  bei  Amador  de  los  Rios  zu  finden 
sei,  weil's  ich  nicht,  mufs  es  jedoch  bezweifeln,  da  Knust 
Nichts  davon  erwähnt,  während  er  (XI,  393)  eine  Stelle 
Amador's  (III,  544)  über  das  Verhältnifs  des  Libro  de  la 
Saviesa  zu  einem  Werke  bespricht,  zu  dem  ich  mich  nun- 
mehr wende. 

IL  Bocados  de  Oro. 
(Knust  X,  131;  XI,  387.) 
Ohne  eine  der  Ausgaben  benutzen  zu  können,  welche 
Herr  Knust  nachweist,  bin  ich  in  der  Lage,  eine  ihm  un- 
bekannte lateinische  und  das  arabische  Original  nach- 
weisen zu  können  (vergl.  über  das  Nachfolgende  im  All- 
gemeinen HB.  IX,  50). 


")  Die  Parallele  bei  Helfferich  S.  60,  Anm.  65  aus  Petrus  Alfonsl 
(Kap.  38,  s.  Schmidt,  S.  166)  ist  aus  den  Grabreden  über  Alexander, 
Honein  III,  s.  unten. 

*)  „Jehuda  b.  al-Chorasani"  bei  Helfferich  S.  59  ist  eine  Con- 
fnsion  drei  verschiedener  Schriftsteller ;  Corsani  bei  De  Rossi  S.  88  in 
Fes,  und  Jehuda  b.  Salomo  Barceloni  bei  Zunz  S.  469  (Catal.  Bodl. 
*2585) ,  der  im  Index  S.  590  mit  Jehuda  ben  Barsiliai  el-Barccloni 
confundirt  ist.     Keiner  derselben  pafst  für  unseren  Jehuda. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  359 

Abu'1-Wefa  Mobeschir  Ihn  Fatik  (dessen  Bio- 
graphie im  Journ.  Asiatique  1856,  T.  VIII,  177)  verfafste 
ein  Buch  von  Sentenzen  alter  (chronologisch  geordneter) 
AV eisen  mit  einleitenden  kurzen  Biographien,  welche  auch 
die  äufsere  Gestalt  u.  s.  w.  schildern.-')  Ein  unvollstän- 
diges Exemplar  hat  sich  in  Leyden  (Catal.  III,  346) 
erhalten.  Einzelne  Sentenzen  hat  die  berühmte  Ge- 
schichte der  x4erzte  von  Ibn  Abi  O'seibia  aufgenommen, 
woraus  Proben  von  Sanguinetti  im  Journ.  As.  L  c.  fran- 
zösisch übersetzt  sind.  Eine  Stelle  aus  diesem  „Albu- 
guasis"  über  Ptolemäus  findet  sich  im  Vorwort  der 
(1515)  gedruckten  lateinischen  Uebersetzung  des  Alma- 
gest,  welche  (nach  HSS.)  von  Gerard  von  Cremona 
(starb  1187)  herrührt  (vgl.  Zeitschr.  für  Mathematik  u.  s.w. 
herausg.  von  ^chlömilch  u.  A.  XVI,  1871,  S.  381,  vgl. 
S.  370).  Es  lag  daher  nahe,  dem  Gerard  die  Ueber- 
setzung des  Buches  beizulegen,  welches  im  Cod.  Paris. 
(';069  als  eine  Uebersetzung  des  Joh.  Procida  aus  dem 
Griechischen  figurirt  und  in  S.  de  Renzi's  Collectio  Sa- 
lernitana  (III,  69 — 150),  freilich  sehr  incorrect,  abge- 
druckt ist.  Diese  latein.  Uebersetzung  aus  dem  Arabi- 
schen ist  unstreitig  identisch  mit  der  HS.  Colleg.  Corp. 
Christi  241  (Jb.  X,  143),  Par.  6G52  (ib.  144)  und  ,,dicta 
anücpiorwn  jy/iilosop/iorinn'-''  bei  Bandini  III,  9,  Cod.  8,  IV. 
Zu  den  französischen  HSS.  (Kn.  X,  145)  gehört  vielleicht: 
Morcditcs  des  pJiilos.  in  Turin  (Pasinus  II,  476,  Cod.  49. 
f  61).  Von  der  englischen  Bearbeitung  des  Earl  of  Ri- 
vers verzeichnet  der  Catal.  impress.  in  Bibl.  Bodleiana 
III,  826  unter  Vidville  die  Ausgaben  1477  und  1528 
ohne  gegenseitige  Verweisung  auf  und  unter  Bocados. 

Die  latein.  Ausgabe,  die  ich  fortan  mit  R.  bezeichne, 
enthält  20  ungezählte  Kapitel,  deren  Ueberschriften  ich 
mit  denen  des  Originals  von  Ibn  Fatik  (F.).^  und  der 
Apophthegmen  Honein's  (IL),  nebst  einigen  Parallelen  in 
Schahrastani's  Buch  der  Secten  u.  s.  w.  (deutsch  von 
Haarbrücker)  zusammengestellt  habe  in  HB.  IX,  51. 


9)  Ueber  Abbildungen  s.  mein  Alt";uabi  (Petersburg   ISÜO)  S.  iOG. 


3(50  M.  Steinschneider 

Für  das  Verhältnils  des  Lateiners  zum  Original  ist 
uns  nur  eine  indirecte  Vergleichung  mit  den  Excerpten 
des  Oseibia  gestattet,  welche  sich  auf*  5  Personen  er- 
strecken. 

Hippocrates  (J.  As.  VIII,  178,  I8G,  dazwischen 
S.  182  aus  Honein  Kap.  8)  fehlt  in  der  latein.  Ausgabe. 
—  Eine  Stelle  aus  dem  Secretum  secrctor.  s.  Jb.  X, 
136,  288. 

Pythagoras  ib.  S.  IfO  n.  10  bis  195  n.  47,  vergl. 
R.  S.  ^^  Z.  6  bis  84  Mitte,  bei  77.  als  die  von  Galen  so 
genannten  „goldnen  Sprüche"  (HB.  XI,  74). 

Socrates  ib.  319  n.  15,  R.  90  Z.  9;  322  n.  35  (//. 
/*.  7''  unten);  n.  41:  comme  les  figures  ...  ou  clans  un  livre^ 
7v.  92  Z.  2  sicut  ßgurentur  iii  foliis  lihri^  IL  f.  7:  „wie 
die  Zeilen  im  vohimen''''  (^Mcgilla^  Buchrolle,  wodurch 
das  Bild  deutlich  wird).  S.  323  n.  45,  i?.  92  Z.  13,  //. 
7^  324  n.  ßO,  //.  8;  326  n.  76  H.  8^  n.  77  i?.  96  Z.  4,  //. 
8''.  —  327  n.  83  Ll  t'preuves  etc.  ist  eigentlich  =  349 
n.  69  unter  Aristoteles  und  unter  diesem  bei  IL  Ende 
Kap.  3.  —  R.  92  Z.  5  v,  u:  despicite  mortem  IL  7;  Ä.  96 
Z.  2:  Et  vidit  quandmn  midierem  sepelientem  IL  8  Mitte; 
R.  97  Mitte:  videns  uxorem  suam  plorantem^  bei  //.  7  unten: 
„ein  Mann". 

Plato  ib.  330  n.  1:  D''ordinaire  chaquc  chose  ä  so/i 
maitre!  falsch  übersetzt,  R.  99  Z.  10  v.  u.:  consuetudo  prc- 
valet  omnihiis  rebus;  Gewohnheit  hat  Macht  über  Alles  //., 
und  schon  in  der  Rede  des  Arist.  I,  10  /.  3'\  S.  331 
n.  7  R.  101  Z.  15;  333  n.  20  R.  103  Z.  12;  334  n.  27  R. 
106  Z.  17  V.  u.  (Oel  —  Wein,  vgl.  mein  „Manna",  Ber- 
lin 1857,  S.  89  N.  IC  und  S.  107,  Gabirol,  Choice  of  Pearls, 
London  1859,  S.  137  n.  17,  Berachja,  Sittenbuch  ms. 
Kap.  8).  S.  335  n.  35,  36.  R.  106  Mitte;  .336  n.41  R.  107 
Z.  9;  337  n.  48  R.  ib.  Z.  6  v.  u.;  ib.  n.  51,  52  R.  108 
Z.  1  (für  sive  tenus  lies  ßne)  und  4;  338  n.  55,  das  Rich- 
tige in  der  Anmerk.,  R.  108  Z.  14  senex;  ib.  n.  58,  59,  60 
R.  108  Mitte.  —  R.  107  Z.  8  v.u.:  wenn  Zuhörer  ka- 
men; vielmehr  wenn  Aristoteles  kam,  s.  mein  „  Alfarabi", 
Petersburg    1869,    S.  204,    wo  O'seibia    die   Stelle    unter 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  }](j\ 

Arist.  giebt;  //.  hat  sie  unter  Plato.  R.  108  Z.  10  scio 
quod  noii  suni  adJiuc  sapiens  bei  IL  Anf.  Kap. 

Aristoteles,  das  Biographische  in  meinem  Alfa- 
rabi  S.  202  fg.  —  Sprüche  Joum.  As.  340  n.  2  R.  111 
Z.  18  V.  u.  (wonach  zu  berichtigen  daselbst  S.  104);  341 
n.  4  R.  Z.  12  V.  u.;  342  n.  8  R.  112  (Altarabi  S.  10-1) ; 
n.  9  R.  Z.  21  und  //.  /.  10  Z.  2;  n.  10  R.  Z.  10,  //.  ib. 
Z.  0;  343  n.  11  R.  113  Z.  17;  347  n.  48  R.  114  Mitte; 
348  n.  55  R.  115  Z.  4  amicus  Plato  (Alfarabi  S.  151,  250); 
n.  m  R.  Z.  13;  n.  67  R.  115  Mitte,  H.  Z.  8;  349  n.  (39  s. 
oben  Socrates  n.  83;  u.  70  R.  Z.  19  v.  u.;  350  n.  74  R. 
Z.  16  V.  u.;  351  n.  85  i?.  117  Z.  12;  352  n.  87,  88,  72.  117 
unten,  worauf:  et  dixit  in  libro  celi  et  imindi!  Ich  ver- 
muthe  einen  Schreibfehler  im  Arabischen:  scmä  für  sin- 
oder  isrcn\  so  dafs  vom  lih.  secretuni  secretor.  die  Rede 
wäre,  welchem  der  letzte  Acht- Spruch  (n.  80)  angehört 
(vgl.  Jb.  X,  305),  s.  Alfarabi  S.  104,  HB.  IX,  140,  unten 
S.  373.  —  i?.  114  Z.  9  V.  u.  ist  //.  Kap.  4  Z.  5. 

Es  kam  mir  bei  diesen  Nachweisungen  nicht  auf 
specielle  Textvergleichung  an,  deren  Nützlichkeit  ich 
wenige  Male  angedeutet,  sondern  auf  das  Gesanuntver- 
hältnifs.  Man  sieht,  neben  der  Identität  der  Werke,  dafs 
O'seibia  nicht  alle  Sprüche  aufgenommen,  und  wenn  er 
nicht  fremde  eingeschaltet,  so  umfafste  auch  der  Lateiner 
nicht  den  ganzen  Text. 

Auch  in  Bezug  auf  das  Verhältnifs  zu  Ho  nein 's 
Apophthegmen  sind  schon  Andeutungen  gegeben.  Die 
nur  theilweise  identischen  Apophthegmen  bieten  selbst  in 
der  hebr.  Ausgabe  instructive  Lesarten,  z.  B.  Plato  bei 
R.  99  Z.  10  V.  u.:  (dies  injicit  nonnidla  lies  absinthiuni  in- 
ficit  mell  Ptolemäüs  S.  130:  non  moritur  sapientiant  ha- 
bens  etc.  bei  //.  (Kap.  11):  Es  stirbt  nicht,  wen  die 
Wissenschaft  belebt  hat  (und  so  in  meiner  Ausg.  der 
Mischle  Cliacliamim  n.  1)  —  ■j^der  die  Wiss."  u.  s.  w.  bei 
Schieiden,  Studien,   1855,  S.  23'>. 

Dafs  Knust  noch  zu  wenig  Gewicht  auf  die  Be- 
schaffenheit der  lateinischen  Texte  für  die  Abhängigkeits- 
frage gelegt,    mag  aus  folgenden,    zugleich   die  Identität 


362  M*  Steinselineider 

erhärtenden  Nachweisungen  hervorgehen,  in  welchen  ich 
gleich  difi  spanischen  Bocados  mit  berücksichtige. 

Jahrb.  X,  141  Ermes  en  grlego  ,  .  .  monje^  R.  12 
hcrmes  dicitur  grece^  Mercuritis.  S.  136  Diogenes  (/'.  28^ 
/.  24^?)  paga  a  tus  orejas  .  .  R.IG  1.  Z.  virtiis  honi  viri  con- 
sistit  in  auribus  etc.  Nichts  von  der  Zahl;  aber  bei  IL  2 
unter  Plato  vollständiger:  Zahle  die  Schuld  deiner  [dei- 
nen?] Ohren  von  deinem  Munde,  denn  der  Schöpfer 
gab  u.  s.  w.  (vgl.  mein  Manna  S.  104  zu  LV,  lies  LVI; 
Nabi  Efendi  bei  Cardonne,  Melanges  II,  192,  wo  als 
Parallele  Cato  Ceusorinus:  Os  umcm  natura,  duas  formavit 
et  aiires  etc.;  im  Journ.  Äs.  l.  c.  S.  323  n.  52  unter  So- 
crates,  der  auch  bei  Honein  im  Fafs  wohnt,  wie  bei 
Petrus  Alfonsi  II,  5,  Schmidt  S.  162). 

XI,  388  (Socrates)  EcUton  .  .  construit  vitta,  bei 
R.  89  richtig  maxillas.  S.  389  (Sedekia)  Si  rex  claudatiir 
.  .,  R.  70  richtig  adulatw'  .  .  sicict  Uli  qtii  .  .  invadunturl 
—  Daselbst  (Hermes)  R.  75  unten:  Cum  ira  .  .  levis  [lies 
leviiisl^  ad  se  dandum  (1.  sedandum).  —  S.  390  —  1  (Dio- 
genes) Et  dehonestavit  .  .  R.  81  se  ipse  dehonestavit.  — 
S.  390  Z.l  (Arist.)  Quibns,  lies  cdiquihus  i?.  111  (Alfa- 
rabi  S.  207).  —  Die  Stelle  vom  Arabischen  (XL  392) 
finde  ich  in  R.  nicht;  das  Aufsuchen  ist  mir  freilich  beim 
Mangel  der  spanischen  Ausgabe  nicht  leicht  geworden, 
da  Knust  kurze  Citate  aus  langen  Kapiteln  giebt,  deren 
Ueberschrift  ich  auch  nur  mühsam  durch  Benutzung  sei- 
nes genauen  Index  über  die  HS.  (X,  132)  auffinden 
konnte.  —  In  dem  Art.  Alexander  (s.  weiter  unten) 
hat  Ibn  Fatik  ohne  Zweifel,  neben  Ilonein's  Apophth., 
Stücke  des  Secretum  secretorum,  benutzt,  s.  Jb.  X, 
282,  285,  -R.  112  unten,  114  unten,  und  schon  Hon  ein 
Kap.  4,  wo  der  von  Knust  angeführte  Satz  lautet;  „Wenn 
das  Volk  sprechen  kann,  kann  es  auch  thun;  trachte, 
dafs  es  nicht  spricht,  so  wirst  du  dem  entgehen,  was  es 
thun  könnte";  s.  unten  unter  III.  S.  371. 

Hiernach  erledigt  sich  auch,  was  Knust  (X,  140 — 141) 
für  das  Christenthum  des  Verf.  anführt,  s.  R.  73  (Her- 
mes); nuntlos  pcrfusos  spifitu  und  S.  88  (Socrates):  Tu 
autem  Romam  pcrgcns  etc. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werlie.  363 

Weun  ich  bisher  aus  Rücksicht  auf  den  Kaum  nur 
eine  kleine  Auswahl  von  Details  gegeben,  so  fiige  ich 
doch  noch  eine  Uebersicht  der  Kapitel  hinzu,  schon  damit 
die  weitere  Yergleichung  Anderen  erleichtert  werde,  aber 
auch  das  Verhältuifs  der  Bearbeitungen  im  Ganzen  be- 
quemer zur  Anschauung  komme.  Ich  kann  mich  dabei 
nur  an  Knusfs  Index  S.  131  halten;  7?.  hat  keinen  Index 
der  einzelnen  Kapitel,  denen  ich  jedoch  eine  fortlaufende 
Zahl  gebe  (vor  der  Seitenzahl). 

Die  einleitenden  7  Kapitel  der  Bocados  von  Bonium 
[für  Dabselimf  f  Barzujeh?],  König  von  Persien,  hat  auch 
R.  nicht  (vgl.  Jb.  X,  134,  XI,  394);  sie  scheinen  eine  Ver- 
quickuug  der  Einleitung  zu  Kaiila  we-Dimna  (vgl. 
Zeitschr.  d.  Deutsch,  morg.  Gesellsch.  XXIV,  353)  und 
der  Einleitung  Houein's  (,,  Ji/anic/o"). 

Kap.  1.  Seth,  bei  R.  Sedekia  (P.  Paris  findet  hier 
nur  ^^ridiciile '"'■')•,  2.  Hermes  R.  S.  72;  3.  Catalquius,  Za- 
kalqukis  (S.  142),  Caqualquius  (S.  143),  scheint  Aesculapiiis 
bei  F.  4  (auch  im  Schlufskapitel  bei  R.  und  //.),  vielleicht 
gehört  ihm  ein  Stück  des  langen  Kap.  Hermes  bei  RJ  — 

4.  ^ad,    Thoth   in   Arundel   (S.  142),  fehlt  ebenfells.   — 

5,  6.  Homer,  Solon,  R.  3,  4  S.  78,  80.  —  7.  Rabion,  R.  5 
S.  81  Fabion,  lies  Sabion,  ist  Sabi,  fingirter  Stammvater 
der  Sabier.  —  8.  Hippocrates,  F.  8,  fehlt  bei  R.  (vgl. 
oben  S.  360).  —  9.  Pithagoras  (auch  bei  F.  9)  ist  bei 
R.  6  S.  82.  Von  da  bis  14  stimmt  die  Reihenfolge,  bei 
einer  Differenz  von  3  in  der  Zahl,  demnach  10.  R.  7 
S.  84  Diogenes  ;  —  11.  i?.  8  S.  87  Socrates;  —  12.  R.  9 
S.  98  Plato;  —  13.  R.  10  S.  109  Aristot.  —  14.  R.  11 
S.  118  Alexander  (s.  unten);  —  15.  Ptolemäus  i?.  12  S. 
130;  —  die  HS.  (S.  134)  trennt  richtig  As aron  (Asseron 
S.  142)  R.  13  S.  131,  ob  etwa  Zenon  bei  F.  7??  — 
16.  Leoginon,  R.  14  S.  132  Loginon,  ist  Lok  man  (S.  133 
Z.  2  v.  u.:  Et  predicans  ßlio  suo  düvif^  das  s.  g.  Testament 
an  seinen  Sohn)  ^'*),  wie  schon  aus  Petrus  Alfonsi  hervor- 
geht (s.  Manna  S.  102).  —  17.Eunutio,  oder  Enesius  (S.  142) 


1»)  Siehe  HB.  IX,  51;  Flügel,  Handschr.  der   Wiener  k.  Bibliothek 
HI,  13,   14;  vgl.  Index  S.  G29. 


364  M.  Steinschneider 

it.  15  Eielius  u.  s.  w.  (vielleicht  Aiirelius?  oder  Euna- 
pius?)  —  18.  Medragis,  R.  IG  S.  138  Medargis,  eigent- 
lich „Mahraris",  eine  Corruption  von  Mercurius  (s. 
die  Anführungen  in  Virchow's  Archiv  Bd.  52  S.  470);  — 
19.  Sillus,  R.ll  S.  139  Mesilns,  in  HSS.  Thensilus,  ist 
Basilius  (vgl.  Virchow's  Archiv  /.  c.  470);  —  20.  Galen, 
R.  19  S.  140,  also  umgestellt;  —  21.  Proteus,  Prothe- 
gus  (in  Cod.  Coli.  C.  C),  ist  ohne  Zweifel  R.  20  S.  142: 
Sapientum  dicta  stmt  hec.  Inferror/aventnt  Prothegtim  etc.; 
bei  Honein  Kap.  19  /.  16''  0"^5"'üDnp  Krastigcs  i');  etwa  Pros- 
ta gor  as?  —  22.  Gregorius  c  de  otros;  R.  18  S.  140  wie 
in  Cod.  Coli.  Corp.  Chr.  und  F.  17  vor  Galen;  aber  nur 
vor  Gal.;  ist  dasselbe  in  der  HS.  h-Ul-  \  der  Fall  (Jb.  S. 
134  vgl.  136)?  ich  mufs  bemerken,  dafs  im  letzten  Kap. 
bei  R.  S.  143  Z.  17  Gregorius  wieder  erscheint  (vgl.  auch 
HB.  IX,  74),  also  dieses  Stück  gemeint  sein  könnte;  dann 
wäre  Kap.  23  Piramus  etwa  Cramis  bei  R.  S.  143?? 
Die  letzten  4  Kapitel  bedürfen  genauerer  Vergleichung. 

Ich  komme  nun  noch  einmal  kurz  auf  Alexander 
zurück,  indem  ich  auf  meine  Untersuchung  über  das 
Verhältnifs  der  arabischen  Quellen  zu  P send o -Kai - 
llsthenes  (Jb.  X,  140)  in  HB.  IX,  52  verweise. 

Das  14.  Kap.  der  Bocadon  ist  ohne  Zweifel  identisch 
mit  R.  Der  Uechtsspruch  (X,  137)  ist  bei  R.  S.  125 
(HB.  1.  c);  Quela  (XI,  388,  Quilla  R.  121)  ist  Abdera; 
Surge  .  .  .  aliis  honiinibns  (XI,  388)  bei  R.  122:  2?/w6*  aliis 
etc.;  —  Et  dixit  laudahilis  .  .  (X,  142  unten)  bei  R.  130 
Ende  des  Kap.  eorum  qvi  (!)  alii  posstdent. 

Hingegen  sind  die  Anhänge  in  L-IH-2  f.  2(i  n.  1 — 5 
(Jb.  X,  309)  und  /<-IH-l  (S.  139)  nicht  „Auszüge  aus 
den  Bocados  mit  Zusätzen"  (S.  310),  sondern  Stücke  aus 
Honein  —  welche  freilich  auch  Ibn  Fatik  (Bocados) 
theilweise  benutzte. 

Die  s.  g.  „zwei  Briefe  des  Aristoteles",  die  an  das 
SecretuDi  erinnern  u.  s.  w.  (S.  309  — 10),  sind  Honein's 
Kap.  4,  5  (HB.  IX,  48),    das  Uebrige   gehört  Honein's 


")    ,,  CVi/f's/ayo*"    (Ascher    zu   Gabirul,    L'/ioice  of  PtarU    S.   181,  N. 
iJOO)  ist  sicher  nicht  die  richlij^e  Form  des  Namens. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  365 

IIL  Abtheilung  nach  der  hebr.  (und  hieraus  deutschen) 
Uebersetzung,  welche  ich  kurz  analysire. 

Kap.  1,  2,  Alexanders  Briefe  an  seine  Mutter  (der 
erste  auch  bei  R.  12G),  Jb.  X,  310  n.  0,  7;  das  Gastmahl 
hier  in  Kap.  1  bei  R.  erst  S.  127.  —  Kap.  3.  Antwort 
der  Mutter,  n.  8  (S.  311  Z.  3  cosas  nuevas^  hebr.  Welt- 
schöpfung,  weist  auf  das  arabische  IJvdvtJi).  —  Kap.  4 
Rede  derselben  am  Sarg  Alexanders  in  Alexandrien  n.  \) 
S.  312;  —  Kap.  5  hat  49  Sprüche  von  ungenannten 
Weisen  in  Babylon  (uuvollst.  bei  R.  ]2ri,  Schahrastani  II, 
188  nennt  einige  Namen,  auch  bei  Cardonne,  JSlelanges 
J,  253,  bei  Schmidt  zu  Petrus  Alfonsi  S.  1G6;  letzterer 
C.  38  S.  83  hat  nur  7  Sprüche,  dann:  Sed  de  triginta 
duohvs  pliilosopliis  .  .  .  vuuHoriae  longum  est  redvcere;  vgl. 
mein  Manna  S.  114,  wo  auch  Parallelen  in  Thaalebi); 
n.  10  S.  112  fg.,  wo  76  Personen,  auch  den  folgenden 
Kapp.  Honein's  entsprechend;  —  Kap.  ()  Sprüche  der 
Rustuk  [Roxane],  Tochter  des  Darius  —  Eurapica  ßUa 
de  Adaramis  im  Span.  —  (und  der  Hofdiener);  —  Kap.  7 
der  Sarg  wird  (noch  einmal?!)  von  Babylon  nach  Alexan- 
drien gebracht  u.  s.  w.  (S.  313);  —  Kap.  8  Sprüche  von 
17  Philosophen  (s.  unten);  —  Kap.  9  der  Sarg  wird  ins 
Haus  gebracht;  Jb.  S.  313  (Bocados  stimmt  mit  R.  127); 
—  Kap.  10  Rede  der  5  Philos.,  Jb.  11  S.  31-i;  —  Kap. 
11,  12  Brief  des  Aristoteles  an  die  Mutter  und  Ant- 
wort derselben,  ohne  Zweifel  Cod.  Vat.  [Urb.  53?J  bei 
Bartolocci  1,  480  (Jb.  S.  138).  Der  Spanier  (Jb.  S.  315 
n.  12,  13  vgl.  S.  139)  setzt  hinter  Arist.  Brief  den  Schlufs 
des  7.  Kap.  (von  den  Worten  E  despves  diro  Ay  iiifsiel/a) 
und  die  Sprüche  von  18  Philos.  aus  IJ.  Kap.  8;  dafs  die 
nachfolgenden  ensennamientos  (317  n.  14 — U))  nicht  den 
Bocados  sondern  Ho  nein  H,  G  —  8  gehören,  ist  schon 
oben  bemerkt;  ich  beziehe  daher  auch  das  ("itat  ,.Ilev- 
viervs  in  libro  suo  de  dictis phüosophonnti'-'-  in  Cod.  Arundel 
123  (xiv.  Jahrb.,  Jb.  S.  141  —  2)  auf  Honein,  obwohl 
dort  der  Auszug  aus  Ibn  Fatik  folgt. 

Eine  neue  Ausgabe  der  Proverbios  und  der  höchst 
seltenen  Bocados^  mit  Benutzung  der  nachgewiesenen  Hilfs- 
quellen, darf  wohl  den  Herausgebern  der  Biblioteca  espahola^ 


3ßG  M.   Steinschneider 

insbesondere  dem  Orientalisten  Pascval  de  Gayavqos^ 
der  bereits  Calila  ive-Dimna  geliefert  hat,  angelegentlich 
empfohlen  werden.  — 

Die  Geschichte  des  Secundus  (S.  148)  steht  mit 
unserem  Buche  in  keinem  innern  Zusammenhang,  obwohl 
auch  sie  von  orientalischen  Christen  bearbeitet  ist,  s. 
Nicoll,  Catal.  S.  58  und  507  (so  lies  in  Zeitschr.  für 
Mathem.  X,  463  A.  20);  mein:  Zur  pseud.  Lit.  S.  80, 
Sachau's  Syriaca  inedita  (Gott.  Gel.  Anzeigen  1871 
S.  1202). 

III.     Secretum  sccretorum. 
(Knust  X,  153  fg.;  272  fg.) 

Bei  der  Besprechung  dieses  culturhistorisch  bedeu- 
tenden Buches  werde  ich  zuerst  die  Fragen  ins  Auge 
fassen,  welche  das  Ganze  betreffen,  dann  auf  die  T heile 
iibergehen,  die  sich  auch  in  den  verschiedenen  Bearbei- 
tungen gesondert  finden  und  für  besondere  Bücher  ge- 
halten wurden  ^''^). 

Für  alle  bekannten  Bearbeitungen  ist  die  arabi- 
sche unedirte  (Jb.  S.  161)  als  Text  zu  betrachten. 
HSS.  verzeichnet  der  neue  Leydener  Catalog  (IV,  205 
N.  205),  dazu  kommt  noch:  Lee,  Cafal.  of  orienf.  MSS. 
n.  30,  und  Cod.  Sprenger  943  (den  ich  benutzte  und  durch 
A.  bezeichne).  Ein  unvollständiges  Exemplar  enthält 
vielleicht  der  karschunische  (mit  syrischen  Lettern  ge- 
schriebene) Cod.  Vatican.  209,  ^,  14  Bl.  4",  geschrieben 
in  Kom  1654,  welchen  Assemani  (Catal.  III,  408)  ohne 
Weiteres  mit  de  siU/  et  viirabil.  Indiae  (im  Secret.  ist 
häufig  von  Indern  die  Rede)  identificirt,  während  der  Cod. 
schon  auf  f.  2  eine  Antwort  des  Aristot.  enthält.  Des- 
gleichen  Cod.   arab.  Vat.  523  (Saec.  XV):   In  recto  ducis 


1^)  Im  Allgen)einen,  und  insbesondere  über  die  hebräische  Ueber- 
setzung,  s.  meine  Bemerkungen  in  Frankel's  Zeitschr.  f.  d.  relig.  Inter' 
d.  Judenth.  III  (184C)  8.280;  Register  zn  Catalog  Michael  (Hamburg 
1847)  S.  323;  Jewish  Ltterature,  London  1857,  §.  20,  Anm.  JMa  und 
Ende  §.  22;  Ckitol.  Cudd.  hebr.  Lvgd.  Bai.  1858,  S.  G5;  Catal.  Hör. 
hehr,  in  Bibl.  Bodl.  p.  1308,  2487;  zur  pseud.  Lit.  S.  9G;  Alfara  bi  S 
258;  HB.  VI,  70;  IX,   143. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  QgT 

seil  impcmtoris  regimine  et  ejva  moribus  rite  instituendis. 
Wohin  der  Cod.  in  Konstantinopel  (Hagi  Klialfa  VII, 
349  N.  901)  gekommen ,  ist  mir  unbekannt.  Hierher  ge- 
hört wohl  auch  die  im  Jahre  1521  copirte  Epistola  de 
regimine  in  Cod.  Vat.  408  (Philologus  1860  S.  353,  s 
HB.  III,  117). 

Ueber  die  ältere  Quelle  lauten  die  Angaben  ver- 
schieden (Jb.  160,  164,  276,  278);  sie  stammen  aber  alle 
aus  dem  Prolog  des  arabischen  Buches;  nach  A.  wäre 
dasselbe  direct  aus  dem  Griechischen  übersetzt;  an- 
dere H8S.  (siehe  z.B.  Lee)  nennen  als  Mittelstufe  romi, 
was  auch  der  Hebräer  beibehalten;  die  latein.  Ueber- 
setzung  hat  dafür  romuna  oder  latina.,  Andere  (vgl.  Nean- 
der  bei  Wolf,  Bibl.  hebr.  I,  122)  setzen  daf ür"  „  c  h  a  1 - 
däisch";  ich  habe  dies  für  syrisch  genommen  (s. 
Virchow's  Archiv  Bd.  52,  1871,  S.  367). 

Das  griechische  Original   ist  meines  Wissens  nir- 
gends nachgewiesen;  also  wird  auch  die  Stelle  bei  Gott- 
fried   von  Waterford    (Jb.   160)    nicht    auf   unser    Buch, 
sondern   auf  die    ,,autres    livres  d'autoritei'-'-    zu    beziehen 
sein.     Eine    ältere    hebräische    Quelle     existirt    sicher 
nicht,  eben  so  wenig  als  von  dem  Pseudo- Aristotelischen 
de    causis    (s.  mein    Alfarabi    S.  249).     Hingegen    ist   das 
arabische    Buch    compendiös   ins   Hebräische  übersetzt 
(Jb.  162),  und  zwar  wird,  als   Uebersetzer   Jehuda-al- 
Charisi  genannt  von  Assemani  zu  Cod.  Urbin.  öo,   wo 
es,  wie  in  mehreren  anderen  HSS.,  verbimden  ist  mit  den, 
von  Charisi  übersetzten  Apophthegmen  Honein^s,  so  dafs' 
der  Verdacht  einer  irrthümlichen  Uebertraguug  entsteht; 
ja  Assemani  verzeichnet  unter  Cod.  435,  ■'^  die  Apophtheg- 
men, während  der  Anfang  jedenfalls  dem  Secr.  angehöi^tl 
Ob    die   Buchstaben   tp    und    r>    im    einleitenden    Disti- 
chon (HB.  VI,  70)  auf  den  Namen  „  Juda-  führton,  lasse 
ich    dahingestellt.     Handschr.   des    Werkes,    aulser    den 
erwähnten   Vat.  435,    Urb.  53,   sind:    Paris  930,  ' ;  896.  ^ 
(Dukes,  Litbl.  d.  Orient  VIII,  422;  IX,  193).    Parma  D. 
R.  773,  Petersburg  Firk.  445  (Gurland,  Ginse  Israel  IV, 
S.  II,    Zeitung    ha-Maggid    1867    S.  335,     1868    S.  118)' 
Bodl.   Oppenh.  Add.  Qu.  9  (Orient  XII,  110),    München 


o68  M.  SteinsolineidiM- 

■542,  ^  417  (HB.  VI,  70),  Berlin  543  Qu.  (Köhler's  Anzeige- 
hefte  18(18  S.  108  n.  1,  HB.  IX,  140),  Besitz  von  Abr. 
Jefet  (Zeit.  Jui  -Karniel  I,  33''),  des  Buchhändlers  Fisehl 
im  J.  18.Ö,'),  und  meine  eigene;  davon  kenne  ich  sechs 
aus  Autopsie.  —  Theile  s-  weiter  unten. 

Aus  dieser  hebr.  Uebersetzung  ist  keine  der  beiden 
lateinischen  geflossen,  auf.welche  vielleicht  alle  euro- 
päischen zurückzufiihren  sind. 

Ueber  das  von  Johannes  Hispalensis  übersetzte 
unedirte  ref/i»ien  sanitatis  hat  Knust  (S.  279,  280,  308) 
leider  Nichts  näheres  mitgetheilt.  Joh.  übersetzte  von 
11 35 — 1142  sehr  Vieles  (Quellen  über  ihn  s.  in  der  Zeitschr. 
für  Mathematik  u.  s.  w.   1871,  XVI,  37.3). 

Philipp  Clericvs^  dessen  Uebersetzung  edirt  ist  (ich 
benutze  die  Ausg.  1501,  vgl.  Jb.  S.  272)  wird  von  Jour- 
dain  wegen  Guido  um  12U4  angesetzt;  das  bestreitet 
Knust  (S.  275,  vgl.  1(32),  weil  das  Secretum  schon  von 
Pierre  de  Vernon  benutzt  sei  ^^),  der  im  xii.  Jahrh.  ge- 
lebt. Allein  die  Hist.  lit.  de  la  France  XHI,  115  versetzt 
ihn  nur  im  Allgemeinen  nach  der  Sprache  in  die  2.  Hälfte 
des  XII.  Jahrb.,  er  könnte  also  um  1200  gelebt  haben. 
Man  scheint  diese  beiden  Uebersetzer  und  den  arabischen 
Johannes,  „fil.  Patricii"  confundirt  zu  haben,  wie  Knust 
(155,  vgl.  \{\(\,  280)  an  Felipe  Patrias  nachweist,  wie  er 
auch  bei  P.  Bayer  (zu  Antonio)  ßl.  Pafricii  heifst.  In 
zwei  Bodleian.  HSS.  heifst  er  Philippus  de  Johanne  und 
Johannes  C'lericus  (HB.  IX,  1.50).  Ich  halte  ihn  für  den- 
,, Philippus  Tripolitanus"  in  der  hebr.  HS.  De  Rossi  354 
(Uroscopie,  s.  Virchow's  Archiv  Bd.  40  S.  91).  üb  er 
der  artis  ntedicinae  Docfor^  welcher  ein  Werkchen  über 
das  Astrolab  des  „Ameth  fil.  Afar"  lateinisch  übersetzte 
(spanisch  in  Cod.  Canonician.  240,  9,  Coxe  S.  G93),  lasse 


•3)  Die  Verse,  in  welclieii  Pierre  den  Hebräern  die  erste  Wissen- 
schaft beilegt,  vor  den  Lateinern,  Griechen,  Indern  und  Persern  (vgl. 
Anm.  17),  ist  aus  dem  Anfang  des  Abschn.  de  conservatione  sanit.  (/".  6 
Col.  21),  wo  zuerst  Gott  den  Philosophen  und  „Propheten"  und  anderen 
Auserwählten  pliirima  acquirendu  offenbart,  und  von  ihnen  die  Inder 
11.  s.  w.  lernen. 


Spanische  Bearbeitungen  arabisclier  Werke.  3ß9 

ich  dahingestellt,  bis  diese  HS.  mit  der  Uebersetzung 
desselben  Werkes  von  Ibn  es-Saflfar,  welche  Plato  aus 
Tivoli  dem  ,,Jo.  David"  (d.  i.  Job.  Hispalensis)  widmete, 
verglichen  ist  (s.  D.  M.  Zeitschr.  XVIII,  12;j,  XXV,  392; 
Zeitschr.  f.  Mathem.  XVI,  374).  ^*)  Andererseits  wird 
in  einer  HS.  von  Avicenna's  de  anima  der  Uebersetzer 
Pldlippxts  flisjx(7ws  anstatt  Job.  Hispal.  genannt  (HB.  X, 
.06).  —  ,,Anthiochia",  wo  Guido  das  Buch  angeblich 
fand,  halte  ich  für  eine  Erfindung  (s.  Nachschrift  S.  37(5). 
Um  die  Verschiedenheit  der  beiden  spanischen 
Uebersetzungen  (Jb.  S.  305)  auf  ihre  erste  Quelle  zurück- 
zuführen, müssen  wir  zur  arabischen  zurückkehren. 
Der  Uebersetzer  Jahja  (S.  304  =  Johannes)  Jö/i  aJ- 
Batrik  (oder  Bitrik),  ein  syrischer  Christ  aus  dem 
VIII.  Jahrb.,  ist  wohlbekannt  (s.  Virchow's  Archiv  Bd.  52 
S.  304)  ^•^),  und  meines  Wissens  kein  triftiger  Grund  vor- 
handen, ihm  das  Werkchen  abzusprechen,  welches  wahr- 
scheinlich schon  von  dem  Verf.  des  Fihrist  (herauso-.  v, 
Flügel  1871  S.  247,  vgl.  D.  M.  Zeitschr.  XHI,  625)  citirt 
wird,  der  den  rhetorischen  Styl  hervorhebt  "'),  auch  von 
Honein  (s.  oben)  benutzt  scheint,  jedenfalls  von  Ibn 
Fatik.  Ob  ihm  die  in  Fhilipp's  Uebersetzung  vorkommen- 
den Verweisungen^'^)  angehören,  wird  noch  zu  unter- 


1*)  Ob  verschiedene  Verweisungen  im  Secret.  etwa  dem  Philipp 
geliören?  s.  unten  Anni.   17. 

15)  franslator  jjeritissimtis  etc.  iieil'st  er  hei  Philipp,  s.  weiter 
unten. 

IS)  Eben  so  sagt  Philipp  in  seinem  Vorwort:  in  enigmatilnis  et 
exemplis  et  figuratlvis  loqmitionihus  docens. 

1")  Da  dieselben  für  die  Geschichte  des  Buches  von  Bedeutung  sind, 
so  stelle  ich  die  wichtigsten  hier  zusammen:  Ende  des  Abseli.  Quod 
rex  se  debet  regere  per  astronomiam  /.  6  Col.  2:  Scias  itjitur  quod 
j'i.ri  [fehlt  ct^  ptanete  s^int  mille  et  XXIX  de  quihiis  tradam  tihi  od  jde- 
7ium  in  quadiun  parte  istius  libii  —  steht  aber  nirgends.  Im  Abschnitt 
de  conserv.  sanit.  (kurz  nach  der  Stelle  oben  Aum.  13)  /.  G  Col  '6: 
Scire  tarnen  debes  quod  gloriosus  deus  inter  caeteros  prophetas  vmgis  gre- 
cos  illtiminavit  ad  scientias  acquirendas  et  rerum  iiaturalium  genera 
cognoscenda.  de  hoc  aiifem  alibi  tibi  fidem  J'ecimus  vnde  secundum 
ipsos  proposuinuis  procedere  in  hoc  libro  deo  concedente.  Ende  de  bal- 
neo  /'.  10,  Col.  2:  .  .  oirru  lune  cngnoscifiir  an  sint  breves  aiit  lange 
Jahrb.  f.  rom.  u.  engl,  Lit.  XII.  4.  24 


370  ^^-  Steinschneider 

suchen  sein.  Der  Leydener  Catalog  weist  dem  Buche 
eine  zu  späte  Stelle  an,  und  scheint  Jahja's  Namen  in 
der  Einleitung  für  ein  blofses  C'itat  zu  halten.  Diefs 
beruht  auf  einer  Lesart,  die  uns  nunmehr,  um  Wieder- 
holungen zu  vermeiden,  zu  einer  näheren  V  er  gl  eich  ung 
f  iihrt,  bei  welcher  wir  uns  mehr  an  Knust,  Jb.  S.  276  fg., 
anschliefsen  können. 

Die  meisten  arabischen  HSS.,  die  hebräische  Ueber- 
setzung  (die  ich  fortan  durch  lir.  bezeichne)  und  Poridad 
haben  VIII  Hauptabschnitte  oder  Tractate  mit  eini- 
gen untergeordneten  Pforten  oder  Kapiteln,  deren  Be- 
zeichnung und  Zählung,  wie  sonst  häufig,  schwankt.  Die 
"Wiener,  von  Hammer  verzeichnete  HS.  zählt  X  Tractate 
und  ist  umgestellt;  Philipp's  Worte  (im  Absatz  ap- 
probatio  operis  seiner  Vorrede):  dividens  itaque  ^j?'«.se?2- 
tem  codicem  in  distincfiones  ^*)  i^el  libros  X  quonim  quiJibet 
in  se  continet  cupitula  et  particulas  Jiatas  (?J,  müssen  noch 
auf  Aristoteles  bezogen  werden,  nicht  auf  den  Ueber- 
setzer  (wie  Knust  S.  276);  dann  folgt  itt  vero  sub  certis 
titulis  .  .  .  inveniatvr  quod  queritur.  ego  .  .  .  in  huius 
libri  principio  collegi  et  scripsi  libroruni  (!)  principia  et 
omnia  capitula  titulonim.  Vor  diesem  Specialindex  Phi- 
lipp's  (der  nicht  ganz  mit  den  Ueberschriften  im  Buche 


.  .  et  ego  te  docui  fideliter  .  .  .  divisiones  .  .  .  Sed  precedentia  signa 
sunt  veriora  et  meliora  sicut  determinmn  in  liöris  (so)  de  aquis.  Et 
hec  Signa  su/ßeiunt  Uli  qui  bene  lm.(f  tenent?)  in  memoria  doctrinam  illius 
libri:  sicut  etiam  continentur  in  libro  quem  feci  de  medicinis  compo- 
sitis  et  potionibus  artificialibus  et  unguentis  compositis  et  emplastris  sc- 
cundum  ordinem  et  artem  grecorum,  italorum,  indorum  et  per- 
sarum  (s.  Anm.  13)  in  quibus  nullum  experimentum  fnit  faliax.  Die 
Beziehung  auf  den  Mondlauf  erinnert  an  das  dem  Hippocrates  bei- 
gelegte von  Jachja  Ihn  el-Batrik  bearbeitete  Schriftchen  über  die 
Zeichen  des  Todes  (Virchow's  Archiv  Bd.  40,  S.  108;  Bd.  42,  S.  107) 
und  ein  damit  verwandtes  aus  dem  Arabischen  übersetztes  über  Diagnose 
nach  dem  Mondlaufe.  —  Endlich  Auf.  de  proprietatibus /.  12,  Col.  1: 
In  aliis  siquidem  libris  nostris  plenarie  de  proprietatibus  lapidum  et  viri- 
bus herbarum  et  naturis  plantnrum  declararimus ;  hier  soll  wohl  Aristot, 
selbst  gemeint  sein. 

^*)  Distinctio  entspricht  eigentlich  mehr  dem  arabischen  Fdsl,  Ab- 
schnitt, bei  anderen  Uebersetzern  Differentia.  s.  Zeilschr.  f.  Mathematik 
XVI,  360. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  371 

selbst  stimmt)  beginnt:  De  proJogo  iounnis  qvi  transtulit 
huuc  üb  nun  ^  also  ist  die  Uebersehrift  /.  3:  Prologiis 
Jonnnis  qui  transtulit  Hb  mm  (,,  zweiter  Prolog",  bei  Kunst 
S.  280,  304)  an  die  unrichtige  Stelle  gerathen?  A. 
beof'innt:  Gott  befrliicke  den  E/nir  cl-Muminin  u.  s.  \v., 
lir.  setzt  noch  vor:  „Es  sjjricht  der  Ismaelite  der  Ueber- 
setzer"  und  schliefst  an  das  Elogium  Alexanders  ^"^ 
dessen  Brief  an  Arist.  (Orient  XII,  110)  und  die  Ant- 
wort, an  deren  Schlufs:  „Wisse  wie  das  Volk  reden 
kann,  so  kann  es  auch  thun"  u.  s.  w.^*^)  Dann  beginnt 
ein  Absatz:  ,,Es  spricht  der  Ismaelite  der  Uebersetzer 
Jahja  ben  el-Batrik:  Ich  habe  keinen  Tempel  u.  s.  w.  .  . 
zu  übersetzen  aus  dem  Arabischen  ...  (s.  S.  3G7).  Das 
Erste,  was  ich  darin  fand,  ist  die  Antwort  des  Philos. 
Aristoteles  .  .  ."  (Lat.  /.  3  col.  1  Joannes  qui  transtulit  .  . 
linguarum  interpretator  jjeritissimus  et  ßdeliss.  inquit  non 
reliqui  locum  neque  templum  .  .  .  in  primis  enini  sie 
inveni  in  ipso  codice.  transtuli  librum  ^^ßfiiissitni  Aristo- 
tclis  .  .  .);  der  Schlul's  kürzer  als  im  Lat.  /.  3  Col.  3; 
dann  Index  der  VIII  Tr.  (Wolf,  B.  H.  1,222),  der  im 
Lat.  fehlt,  aber  in  Por.  S.  304  erscheint.  —  ^4.  läfst  auf 
das  Elogium  Alexander's  nicht  die  ersten  Briefe  Alex. 's 
und  Arist.  folgen,  sondern  schliefst  immittelbar  an:  „Es 
liei's  der  Uebersetzer  Jahja  .  .  keinen  Tempel"  u.  s.  w. 
bis  zur  Stelle  von  den  Sprachen;  worauf;  „das  Erste, 
was  ich  darin  antraf,  war  der  Brief  Alexander's"  u.  s.  w., 
dann  die  Antwort  (zum  Theil  gereimt)  mit  jenem  Satz 
vom  Volke,  und  an  diesen  selbst  anschliefsend  ohne  wei- 
tere Uebersehrift  oder  Einleitungsformel:  „O  Alexander 
du  bedauerst  meine  Abwesenheit"  u.  s.  w.  (Jb.  S.  281, 
vgl.  Florcs  S.  50),  dann  Index.  Die  Differenz  besteht 
also  in  der  Stellung  der  ersten  zwei  Briefe  innerhalb  der 
Einleitung  des  Jahja  oder  als  Anfang  der  Einleitung  des 
Aristot.  Ob  sie  in  den  Por.  gar  nicht  vorkommen,  ist 
aus  Jb.  X,  304  nicht  mit  Sicherheit  zu  ersehen.  Jedenfalls 


^')  Die  Erklärung  des  bicornis  beim  Spanier  (S.  277)  haben  A.,  hr. 
und  der  Lateiner  nicht. 

20)  Vgl.  oben  S.  o()2  Z.  5  v.  u. 

24* 


372  ^^-  Steinschneider 

weist  alles  Diefs  darauf  hin,  dafs  die  Por,  weder  direct 
noch  in  direct  (durch  das  span.  secr.')  aus  Philipp's 
Ueb ersetz ung  geflossen,  sondern  aus  der  abweichen- 
den arabischen  Recension,  oder  einer  derselben  ent- 
sprechenden lateinischen.  Sollte  noch  Jemand  das  ganze 
Buch  lateinisch  übersetzt  haben?  Eine  Verglei- 
chung  des  vorhandenen  regimen  samt,  von  Joh.  Hispalensis 
wäre  jedenfalls  wünschenswerth. 

Obiges  Resultat  wird  auch  eine  weitere  kurze  Ana- 
lyse bestätigen.  Tr.  I  (Jir.  Litbl.  VIII,  423)  span.  S.  281 
de  las  manieras  .  .  —  lat.  /.  4  Col.  1  Z.  2:  sapientiani 
pJiysicam  abbreviatam.  —   „p/^i/s,"  nicht  in  A.  und  hr. 

Die  Stelle  (de  intentione  fnali)  Jb.  282,  ist  von  Ibn 
Fatik  (R.  III,  112)  aufgenommen.  —  A.  f.  ^  nennt  zwei- 
mal den  ,, griechischen  Dichter  Homer". 

Tr.  II  ist  de  Ja  savieza  S.  282  Z.  4  v.  u.  —  3  Excerpte 
hr.  (das  3.  gehört  an  den  Anfang)  bei  Dukes,  Sckire  Sche- 
lomo  I.  Hannover  1858  Anhang  S.  xiv.  —  Von  „musika- 
lischen Instrumenten"  (S.  284)  weifs  weder  A.  /.  5  noch 
hr.  (Musikalisches  bei  Honein  s.  HB.  IX,  47  Anm.  1).  — 
Die  Stelle  vom  Volke  (s.  oben  im  ! .  Brief)  Jb.  S.  285 
(ed.  1501  /.  5  Col.  1)  steht  auch  in  A.  und  hr.,  aber  auch 
schon  in  Honein's  Apophth.  Kap.  4  (vgl.  Jb.  309),  bei 
Ibn  Fatik  S.  114  Z.  9  v.  u.  ungenau:  facüius  ad  facta 
tollabitur.  —  Für  „Hermogenes"  (S.  286)  ist  nach  A. 
und  hr.  (Litbl.  d.  Or.  VIII,  423)  Herines  niagnus  zu  lesen 
und  im  Spruch  desselben  für  virtutes  (!)-,  die  ,, Engel"  des 
Himmels  schreien.  Die  Namen  der  vernichteten  Stämme 
fehlen  in  A.,  sind  am  vollständigsten  in  lir.  Das  Gift- 
mädchen wird  im  Spanischen  (S.  287)  von  der  Königin 
de  Nicomedia  geschickt,  im  Lat.  von  Indien,  in  A.  und 
hr.  vom  König  von  Indien  (s.  mein:  Zur  pseudepigr.  Lit. 
S.  6e,,  Virchow's  Archiv  Bd.  52  S.  347,  481,  499).  ~~  Der 
II.  Tr.  schliefst  in  A.  f.  7''  und  hr.  (Orient  XII,  111)  mit 
einer  Stelle,  wo  vom  Schachspiel  die  Rede  ist,  während 
der  Lateiner  auf  eine  astronom.  Abhandlung;  verweist 
(oben  Anm.  17).  Hier  tritt  nun  die  gröfste  Differenz 
hervor.  Die  X  theilige  Wiener  HS.,  Philipp  und  das 
span.  Secr.  (S.  2nS)  lassen  das  reg.  .^auif.  folgen;  ^1.  f.  7'', 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer  Werke.  373 

Ar.  (auch  einzeln  im  Cod.  De  Rossi  1358)  und  Por.  (S. 
304)  haben  als  III.  Tr.  de  jvstitia  —  worin  der  König 
wiederum  mit  dem  Kegen  verglichen  wird  (Litbl.  IX,  103), 
schliefsend  mit  dem  achttheiligen  Ringspruch  (circulusj, 
den  auch  Ihn  Fatik  aufgenommen  (oben  S.  361)  und 
dessen  Paraphrase  im  4.  Kap.  der  Fl o  res  (Jb.  X,  52).  ^^) 
Diefs  Kap.  fehlt  aber  nicht  im  Latein.,  sondern  findet 
sich  f.  13  coL  3  hinter  dem  reg.  satiit..,  im  Index  hinter 
der  Physiognomik  (also  nicht  2  —  3.  Kap.,  wie  Knust 
S.  276  glaubt).  In  Hammer's  Inhaltsangabe  steht  es 
nirgends. 

Das  reg.  sanit.  ist  in  A.  Tr.  VII,  f  18  ,, über  Medizin," 
in  hr.  ein  imtergeordneter  letzter  Abschnitt  von  VII 
und  sehr  gekiirzt  (bis  auf  die  letzten  2  Zeilen  abgedruckt 
in  ha-Maggid  1867  S.  375,  vgl.  Litbl.  d.  Or.  IX,  11)5,  auch 
besonders  vorhanden  als  regimen  corporis  in  Cod.  De  Rossi 
1050,%  1335,  %  München  240,' 0-  Hieraus  stammen  viel- 
leicht (oder  umgekehrt)  die  Titel  angeblicher  Schriften 
des  Aristoteles  über  Diät,  Aderlafs  u.  dgk  (s.  Wenrich, 
de  avctor.  graecor.  version.  8.  144  und  142  Z.  6,  159),  was 
anderswo  näher  zu  erörtern  ist.  Das  Citat  aus  Hippo- 
crates  (Jb.  S.  288,  lat.  f  6  Col.  3)  hat  weder  A.  noch 
Ar.,  eben  so  wenig  die  Verweisungen  auf  andere  medi- 
zinische Schriften  (oben  Anm.  17 j  und  die  Aufzählung 
der  8  berühmtesten  Aerzte,  deren  Namen  im  Latein,  (f  10 
CoL  2  de  medicinis)  stark  verstümmelt  ist  (vgl.  Fihrist 
S.  286,  Ibn  Abi  O  seibia  unter  Gurus,  Kap.  3,  unedirt)  und 
die  Medicinen,  welche  der  Lateiner  auf  Heuoch  =  Her- 
mogenes  (Hermes,  Idris,  Henoch  werden  gewöhnlich  iden- 
tificirt)  zurückführt  (Adam  im  Span.  S.  290  ist  Zu- 
satz?). —  Die  Wiener  arab.  HS.  hat  die  Physiognomik 
am  Ende  des  III.  Tr. 


^')  Die  Flor  es  bieten  überhaupt  Parallelen  zu  orientalischen  Sen- 
tenzen der  spätem  Zeit;  so  z.  B.  S.  53  los  reijes  judgan  .  .  Gabirol, 
Cfioice  S.  6,  n.  25  und  S.  138;  el  preciamento  de  cada  im  ombre:  ib. 
Ö.  6,  n.  33;  S.  5-4  unten:  la  primera  es  el  saher.  .  Daselbst  S.  140, 
n.  39,  Mischte  Chachamim  S.  21  n.  87.  —  Aehniich  den  ßores  ist  eine 
türkische  Bearbeitung  des  secretum  von  Mewali  (starb  149-1  —  ."i)  für 
Sultan  Muhammcd;  s.  Hagi  Khalfa  V,  89,  N.  10152. 


374  M.  Steinschneider 

Von  den  Steinen  (S.  291)  hcandelt  der  Vlll.  Tr.  in 
A.  f.  21  lind  hr.  (auch  besonders  vorhanden  in  Cod.  De 
Rossi  lOöO,  ^,^'^)  und  Münch.  24G,  '*)  und  zwar  ohne  die 
einleitende  Verweisung  auf  ein  gröfseres  Werk  zu  An- 
fang (lat.  /.  12  Col.  1)  und  ohne  die  Abtheilung  über  die 
Pflanzen  (lat,  /.  13  CoL  1  und  spanisch);  für  die  Wiener 
HS.  (Tr.  X)  giebt  Hammer  nur:  De  scicntris  secrctis  ac 
talismanis  an,  aber  wahrscheinlich  nur  nach  dem  Index 
zu  Anfang;  die  Sclilufsformel  in  A.  und  Jir.  bezieht  sich 
auf  das  ganze  Werk.  —  Im  Latein,  folgt,  wie  erwähnt, 
hier  /.  13,  col.  3,  das  Kap.  do.  justifia.  Ist  das  spanische 
Secr.  unvollständig? 

Mit  den  „mystischen  Bemerkungen"  (S.  291,  lat.  /. 
14  de  exitu  reriim  etc.')  beginnt  in  A.  f.  8,  /rr.,  Por.  (S.  304) 
und  in  Wien  der  IV.  Tr.  über  die  Wesire  u.  s.  w.,  in  A. 
und  lir.  mit  der  Vorbemerkung,  dafs  hier  philosophische 
Grundlehren  u.  s.  w.  folgen  sollen  (eigentl.  Anfang  und 
über  die  thierischen  Eigenschaften  des  Menschen  [S.  203, 
Cardoune,  Melunges  II,  83]  in  Litbl.  d.  Or.  IX,  193).  Die 
Bemerkungen  über  die  Zahlen,  insbesondere  die  Fünfzahl 
(S.  292,  lat.  /.  14  Co/.  4  und  Wien)  hat  hr.  nicht.  In- 
structiv  für  die  Geschichte  des  Buches  ist  die 
(S.  293  —  n)  mitgetheilte  Anecdote  vom  Mager  und 
Judön  („Inder"  ist  falsche  Lesart),  welche  in  der  alten 
berliner  latein.  HS.  als  Randnote  steht,  aber  von  Alfons 
de  Sjjina  (um  1460)  aus  dem  Secretum  wiederholt  wird. 
Sie  gehört  in  der  That  nicht  dem  letzteren,  sondern  den 
Abhandlungen  der  „lauteren  Brüder",  und  ist  latein.  und 
deutsch  mitgetheilt  in  HB.  X,  1 1  fg. 

Ueber  die  Schreiber  (S.  290)  und  das  Volk  sind  in 
^,,  lir.  und  Porid.  noch  untergeordnete  Abschnitte  von 
IV,  in  Wien.  HS.  schon  V.,  die  Gesandten  in  A.  f.  12, 
/;/\,  Por.  V,  in  Wien  VI,  Diener  und  Herr  in  A.  f.  12'\ 
hr.  und  Por.  VI,  in  Wien  VII  und  VIII.  -  Von  da  ab 
scheint  die  Abtheilung  schon  frühzeitig  geschwankt  zu 
haben.  .4.  /.  13:  Rede  über  die  Kriege  (vgl.  das  türki- 
sche Werk  im  Catal.  bei  Hagi  Khalfa  VII,  349  Cod.  902), 


-^)  S.  zur   pseudepigr.  Lit.  S.  84. 


Spanische  Bearbeitungen  arabischer   Werke.  375 

/.  14''  Rede  über  die  Zahl;  /.  Iß  Physiognomik;  Wien  IX 
strategia;  hr.  VII  vom  Kriege,  später:  ,, Rechnung  der 
Soldaten"  —  auch  besonders  im  Cod.  Vat.  171,  31  an- 
geblich: Schachregeln!  Cod.  Mich.  <S2,  s.  meinen  Catal. 
Bodl.  322,  zur  ps.  Lit.  S.  8(3,  Oij  und  den  Excurs  iiber 
dieses,  als  besonderes  Werkchen  figurirendes  Kunststück 
in  meinen  Lettere  a  Don  B.  Boncompagni,  Roma  1863 
S.  88.  Latein,  und  span.  Secr.  haben  nicht  die  Berech- 
nung (vgl.  Cod.  Paris  7470.  ^  de  flispositione  exercitvs  ad 
Alex.'i)^  aber  ( /.  17  Col.  4)  eine,  auf  das  Vorangehende 
hinweisende  astrologische  Anweisung  ^3);  Po/-.  (S.  303, 
304)  hat  die  Berechnung,  die  auch  in  andere  Sprachen 
übergegangen,  als  VII;  hingegen  will  Knust  (S.  ;)04)  die 
Physiognomik  und  Diätetik  dem  VIII.  zuweisen,  was 
unrichtio;  ist. 

Die  Physiognomik  endlich,  in  Wien  Ende  III.  in 
A.  f.  16  Unterabtheilung  von  VII  (als  besondere  Schrift 
des  Arist.  bei  Hagi  Khalfa  V,  129  N.  10361,  bei  Wen- 
rich,  /.  c.  S.  158,  Flügel  zu  //.  Kh.  IV  S.  388  und  589, 
VII,  820,  842,  Ibn  Arabi  im  Leydener  Catal.  III,  173),  in 
hr.  (kürzer)  in  VII  hinter  der  Namenberechnung  (für  sich 
in  Cod.  De  Rossi  1050,  ''  —  wo  richtig  die  Identität  mit 
ed.  1516,  jedoch  nicht  als  Theil  des  Secretum  —  1237,  '^, 
1355,  ^  Bodl.  Michael  82,  s.  mein  Register  S.  323,  gegen 
die  Vermuthung  in  Deutsches  Catalog  der  Wiener  IISS. 
S.  142  N.  cxxviir,  dafs  der  üebersetzer  Salomo  ben 
Mose  Melgueiri  sei,  München  246,  ^'),  eine  Stelle  über 
die  Deutschen  (?)  im  Litbl.  IX,  195;  —  im  Latein,  als 
Schlufs  des  Ganzen  (für  sich?  Cod.  Baliol  245  /.  46, 
nach  Coxe  S.  83,  dabei  de  niorte  Alexandri:  anf.  öim 
Jiomo  est  ad  imaginem,  dann  Secretvm  sccretor.!  Merton 
281  f.  180^  Coxe  S.  111;  Comm.  des  Jo.  Buridanus  in 
Cod.  Canon,  miscell.  422  /.  111,  Coxe  S.  756),  eben  so  im 
Span.  (Jb.  S.  296).  Ueber  die  Anecdote  aus  Polemo, 
betreuend  Hippocrates  oder  Socrates,  s.  mein  Alfarabi  S. 


'-'S)  Die  hebr.  Bearbeitung  hat  auffallend  wenig  Astrolngisches.  — 
Zu  der  reichen  astrologischen  Terminologie,  Knde  des  cc//.".-.  sa»it.  /.  11, 
Co/.  3,  vergl.  D.   M.  Zeitschr.  XXV,  418. 


\ 


376       ^-  Steinschneider,  Spanische  Bearbeitungen  arab.  Werke. 

172,  251 ;  vgl.  HB.  X,  78.    Die  HS.  Harleian  399  (Jb.  X, 
159)  wäre  mit  den  arabischen  HSS.  zu  vergleichen.  — 

Schliefslich  bemerke  ich,  dafs  über  die  englische 
HS.  188  (Jb.  171)  Näheres  in  Coxe's  Catalog  II,  1  S.  494 
Cod.  Land.  N.  G85  (xv,  Jahrh.)  zu  finden,  und  zu  den 
französischen  (S.  162)  Cod.  St.  Johns  College  102,^ 
(Coxe  S.  30)  nachzutragen  ist.  Der  Anfang:  Jehan  filz 
Patrice  sage  de  toics  langages  etc.  trägt  den  Anschein  eines 
Compendium. 

Berlin,  December  1871. 

M.  Steinschneider. 


Nachschrift  vom  April   1872. 

S.  357  Z.  5  V.  u.:  Jaime  I.;  nach  Amador  de  los 
Rios  (IV,  139)  Jaime  II.;  der  Uebersetzer  Jehudah  hen 
Astruch  (Astruc)  soll  Christ  geworden  sein,  der  Beweis 
dafür  fehlt. 

S.  359  Z.  11  V,  u.:  Moralites  des  philos.  Etwa  zu  ver- 
gleichen mit  Fiore  di  Filosofi  .  .  attributo  a  Brunetto 
Latino  (Bologna  1865.  8«.)?  — 

S.  369  Z.  9:  Antiochia.  Dafs  die  Angabe  dieser 
Stadt  in  verschiedenen  Schriften  unrichtig  sei,  wird  nach- 
gewiesen in  einer  Besprechung  des  Libro  di  Sidrach^ 
welche  im  Juni -Hefte  der  Zeitschrift  11  Buonarroiti 
(herausgeg.  v.  E.  Narducci  in  Rom)  erscheinen  wird. 


Zu  Romulus.  377 


Zu  Romulus. 

Die  Bemerkungen,  welche  Eduard  Mall  im  ersten 
Hefte  des  zwölften  Bandes  (1870)  dieses  Jahrbuches 
p.  20  A.  1  zur  neusten  Ausgabe  des  Romulus  gemacht, 
sind  von  dem  Herausgeber  derselben,  Hermann  Oesterley, 
im  zweiten  Hefte  jenes  Bandes  bereits  besprochen:  es 
sei  jedoch  gestattet  darauf  zurückzukommen  und  einiges 
zu  ergänzen. 

Die  Frage,  ob  Rom.  IV,  14  puer  im  Apogr.  Gud. 
fehle  und  IV,  22  alligaverit  für  alligaverat  stehe,  ist  da- 
hin zu  beantworten ,  dafs  in  beiden  Fällen  Lessing  un- 
genau gelesen:  puer  fehlt  nicht  und  Gudes  Abschrift  hat 
alligaverat.  Oesterleys  Angaben  waren  folglich  hier  nicht 
lückenhaft,  wie  Mall  vermuthete.  Dagegen  sind  aller- 
dings an  anderen  Stellen  die  Varianten  von  B  bei  Oester- 
ley nicht  ganz  vollständig  mitgetheilt.  Der  folgenden 
Berichtigung  derselben  füge  ich  die  Lesarten  der  Mün- 
chener Handschrift  cod.  lat.  756  (sie  hat  diese  Unter- 
schrift: Perscripsi  Aesopi  has  fabulas  die  30  Junii  1495 
cum    fabium    privatim    interpretarer    et    graecis    operam 

magis    quam    latinis    impenderem    Pet:    Crinitus 

Florentiae)  nach  einer  höchst  sorgfältigen  Collation  von 
Wilhelm  Meyer,  welche  ich  der  Güte  Carl  Halms  ver- 
danke, mit  dem  Zeichen  M  hinzu. 

p.  38,  l  Incipit  fehlt  in  B  -  38,  2  Hinter  ßlio  fehlt 
S.  in  B  M  wie  A  —  39,  20  petiit]  petit  B  M  —  41,  9 
esse  vor  putabat  fehlt  in  B  M  wie  A  —  41,  14  ut  in  3  M 
wie  A,  nicht  et  —  42,  11  erit  nobis  auch  B  M  —  42,  15 
similem  B  wie  A ,  nicht  iamiam  —  43,  5  iniunam  A  M 
inui  ..  am  B  vgl.  C  iniurias  corrigirt  aus  inridias  —  44,  12 
Aliquanti  am  Rande  L.  (=;  Lege^  Aliquando.  Ausser  mit 
L.  werden  die  Randverbesserungen  in  der  Abschrift  auch 
mit  /*.  (=^  fortasse)  bezeichnet  oder  mit  durchstrichenen^ 
l  (=  vel).  Die  mit  L.  und  /.  werden  zweifellos  als  Cor- 
recturen    von    Gude   anzusehen   sein,    ob   auch  die   mit   / 


378  Dr.  Emil  Grosse 

bleibt  ungewifs;  vielleicht  sind  diese  der  Handschrift  schon 
eigen  gewesen  —  fjO,  5  coepit  A  B  M  —  50,  25  rettidit 
BM  —  52,  11  hijdmm  B  M  —  53,  18  promenfe  AB 
jncniente  M  —  54,  10.  13  geminos^  beidemal  unterstricheu 
und  Z.  13  am  Rande  von  Gude  geviitus  verbessert,  wie 
auch  in  M  geschehen    —    58,  9   tritici   A  M    trici  B  — 

af. 

58,  10  presente  et  ßdeyn  dicente  Inpo  A,  praesente^n  et  ad 
fdem  dicetitem  (über  i  ausgestrichenes  u)  B  praesentem. 
At  ßdem  dicente  M  —  58,  11  presententia  A  prae  sententia 
B  M  —  59,  13  verbis  j/'dei  Indunt  A  verbis  ßde^  Cludunt 
(die  Buchstaben  zwischen  ßde  und  hidunt  unklar)  B  verbis 
se  deludwit  M,  vgl,  Rom.  III,  10  p.  70,  26.  Eine  wiener 
Handschrift,  über  welche  ich  eine  Notiz  in  Fleckeiseus 
Jahrbüchern  für  Philologie  gebe,  hat  alios  deludunt.  — 
Gl,  9  esset  A  M  fuisset  am  Rande  l  esset  B  —  61,  10  itn- 
molatnr  A  iinniolatur  corr.  sec  man.  immolantur  B,  denn 
im  Texte  zwar  inimolantvr^  aber  am  Rande  steht:  immo- 
latur.  sed  al^  ibl  corrigit  in  textu  immolaiitur.  M  hat  im- 
molantur   —    61,  1,5   infortune   corrigirt   Gude    am    Rande 

c 

importune  —  61,  18  delieiosa  A  delitiosa  B  delitiosa  M  — 
63,  7  stipem  corr.  spinain  A  stipem,  am  Rande  l  spinam  B 
stipem  M  —  {Y^,^  10  nicht  13  tudit  für  vidit  —  6."^,  11  me- 
decinam  —  63,  15  stippe  A  B,  doch  hat  es  Gude  in  stipe 
corrigirt.  63,  19  et  curreret  A  et  cum  ederet  am  Rande  / 
airreret  B.  64,  21  und  65,  2  stippem  von  G.  corr.  stipem^ 
wie  M  hat.  <)5,  5  intellegensque  cf.  52,  10.  77,  4  —  66,  8 
aliqiws  wie  A  M,  aber  B  am  Rande  /.  alios  —  71,  1  et  si 
A  etsiB  —  71,  17  of'ßcina  A  B  M  —  72,  1  precido  A  pre- 
cido  B  praecido  M  —  72,  19  (ibhastatnm  scciiri  A  ab  hasta- 
tnm  secnri  B  ab  liastatvm  securim  M  —  '^7,  4  neglegentia  — 
78,  5  sivilum  —  78,  7  fraglare  B  wie  A,  aber  in  B  am 
Rande  L.  fragrare.  M  hat  ßagrare  corr,  fragrare  — 
8!,  4  innox  A  in  nox  B  cf.  C  Dum  nox  fuisset  —  86,  7  ist 
verdruckt  für:  pnlicem]  culicem  AB,  In  M  steht  jyu- 
liccm. 

Mehr  ist  bei  Üesterley,  wenn  man  von  den  Difi'eren- 
zen  zwischen  c,  ae^  oe  sowie  von  n-  und  m  vor  q  absieht, 
auch    'bis    ins   Einzelne    der    Schreibung''    nicht    nachzu- 


Zu  Romulus.  379 

tragen,  so  viel  ich  sehe.  Es  war  also  eine  ganz  unge- 
rechtfertigte Meinung  Mails ,  dafs  man  aus  den  von 
Oesterley  mitgetheilten  Varianten  nur  die  Möglichkeit 
der  Identität  der  Handschriften  A  und  B  abweisen,  aber 
'das  genaue  Verhältnis  beider  zu  einander  nicht  genügend 
bestimmen'  könne. 

Dies  Verhältnis  anlangend,  so  meint  Oesterley,  schon 
aus  der  Betrachtung  der  gemeinsamen  Fehler,  wie  sie 
auf  einer  einzigen  Seite  seiner  Ausgabe  verzeichnet  stän- 
den, ergebe  sich,  dafs  B  aus  A  geflossen.  Als  Beispiel 
wählt  er  pag.  SO.  Dort  finden  sich  in  der  That  die 
allermerkwürdigsten  gemeinsamen  Fehler  von  A  B  neben- 
einander und  es  ist  überflüssig,  andere  von  anderen  Sei- 
ten hinzuzufügen:  nur  auf  einige  gemeinschaftliche  Lücken 
in  A  und  B  will  ich  noch  hinweisen,  die  als  solche  bei 
der  Einrichtung  von  Oesterleys  Ausgabe  nicht  kenntlich 
gemacht  sind.  Denn  der  Herausgeber  hat  sich  leider 
damit  begnügt,  den  von  ihm  aufgefundenen  Burneianus 
mit  fast  allen,  selbst  den  evidentesten  Fehlern  abdrucken 
zu  lassen  und  mit  den  Varianten  des  codex  Divionensis, 
sowie  der  ehemals  weifsenburger,  jetzt  wolfenbütteler 
Fabelhandschrift  zu  versehen  ohne  Rücksicht  auf  die 
ulmer  Ausgabe  und  ohne  den  Versuch  einer  Emendation, 
so  dafs  dem  Buche  die  Bezeichnung  einer  kritischen 
Ausgabe,  die  Oesterley  selbst  in  der  Anzeige  in  den 
götting.  gelehrten  Anzeigen  IS7(',  Stück  41,  p.  1678 — Sn 
für  dasselbe  in  Anspruch  nimmt,  nicht  beigelegt  werden 
kann.  Grössere  gemeinschaftliche  Lücken  nun  enthalten 
nach  der  Fassung  von  AB  z.  B.  die  elfte  Fabel  des 
zweiten  und  die  18.  des  vierten  Buches.  Jene  beginnt: 
In  domo  cuiusdam  pauperis  venire  semper  consueverat 
serpens  ad  mensam  eins  et  inde  fovebatur  ex  micis. 
Non  longo  post  tempore  coepit  pauper  irasci  serpenti, 
quem  securi  vulneravit.  Interposito  tempore  ille  ad 
egestatem  rediit.  Er  mufs  also  nothwendigerweise  vorher 
reich  yreworden  sein.  Diese  Angabe  fehlt  hier.  Sie  steht 
in  C  und,  wenn  auch  zum  Theil  corrumpirt,  im  Anony- 
mus Nilantianus  fab.  65,  so  dafs  zu  schreiben  ist:  Non 
longo  post  tempore   dives    efiectns   (oder  factus)    }nuiper 


380  r)r.  Emil  Grosse 

coepit  —  ähnlich  Burmanii  — ,  oder  Non  longo  post 
tempore  dives  f'actus  est  pauper  et  coepit,  wie  jedesfalls 
im  Anon.  Nil.  herzustellen  fiir  das  handschriftliche  Non 
longo  post  tempore  factus  est  pauperior  et  coepit.  So- 
dann heilst  es  IV,  18:  Et  camelns  ad  culicem  (so  hat  B 
und  Culex  ist  für  pulex  überhaupt  in  der  Fabel  zu  lesen 
nach  An.  Nil.  und  vor  allem  nach  Dositheus,  den  Oester- 
ley  in  seinem  Buche  mit  keiner  Silbe  erwähnt)  sie  ait: 
gratias  ago;  sed  nee  te  imposito  gravatus  sum,  die  an- 
dere Hälfte  mit  nee  fehlt  in  A  B.  Nach  C,  Rom.  Ulmens. 
und  An.  Nil.  ist  zu  ergänzen:  nee  te  nunc  deposito  re- 
levatus. 

Auf  gemeinsame  Fehler  also  beruft  sich  Oesterley 
dafür,  dafs  B  aus  A  geflossen,  und  hält  einen  weiteren 
Beweis  für  überflüssig.  Wenn  'B  ist  aus  A  geflossen' 
heifsen  soll,  B  kann  aus  A  abgeschrieben  sein,  so  wird 
dies  Resultat  auch  von  Seiten  der  Abweichungen  •)  bei- 
der Handschriften  bestätigt.  Unbedingte  Nöthigung  eine 
solche  directe  Abstammung  der  Hds.  B  von  A  anzu- 
nehmen, ist  indefs  nicht  vorhanden,  ein  Zwischenglied  in 
der  Abstammung  auf  Grund  jener  Abweichungen  immer- 
hin möglich;  aber  es  können  auch  beide  auf  eine  dritte 


')  Die  erwäiinenswerthesten  stelle  ich  zusammen.  Wenn  sie  in 
obiger  Berichtigung  bereits  vorkommen,  gebe  ich  nur  die  Seiten-  und 
Zeilenzahl  an.  Lib.  I.  38,  b  prohnnda.  B  Tprobanda  M  fehlt  in  A  —  39,  2 
rapitisset  A  te  rapitisset  B  M  —  41,  7  illam  B  M  aliam  A  —  43,  5  — 
44,  8  sua  A  quldem  sua  B  M  —  47,  8  Sed  post  inrecuperabile  [inrecn- 
pnrahile  A)  factum  A  M  Sed  inreparaliile  factum  B  ~  48,  9  saturari 
A  AI  saturari  illum  B  —  49,  16  nnn  A  M  nee  B  —  Lib.  II.  51,  17 
hanc  A  hanc  severam.  B  M  —  53,  3  ait  B  M  fehlt  in  A  —  54,  5  pe- 
tendo fraudulenter  A  fraudtdenter  petendo  B  M  —  55,  13  et  sua  iam 
aelate  A  M  et  sua  aetate  iam  B?  —  öG,  4  catulos  A  cufulus  suos 
B  M.  57,  5  eziit  A  abiit  B  M  —  58,  10  —  59,  13  —  59,  10  lautiores 
A  lautiores  simul  B  M  —  Lib.  III.  C3,  8  sanius  A  sanie  B  M  —  63, 
19  —  65,  15  decorus  A  M  decorum  B  —  67,  5  suis  A  puUis  suis 
B  M  —  67,  9  calamis  lento  velato  A  calamis  lentore  luto  B  calamis  sub 
silentio  levatis  lentove  luto  M  —  Lib.  IV.  83,  25  cenutiune  B  M  vendi- 
tione  A  —  83,  31  transigere  B  M  transfiyere  A.  85,  4  Malorum  B 
Amalorurn  A    Quod  malorum  M. 


Zu  Roraulus.  381 

Handschrift  als  gemeinsame  Vorlage  zurückgeführt  wer- 
den; jedesfalls  —  und  darauf  kommt  es  allein  an  —  sind 
sie  so  nahe  verwandt^),  dafs  es  gleichgiltig  ist,  ob  man 
A  oder  B  zu  Grunde  legt,  denn  verbessern  wird  man 
im  ersten  Falle  aus  B  ziemlich  ebensoviel  können,  als 
im  zweiten  aus  A :  wegen  des  Alters  von  A  wird  man 
natürlich  diese  als  Grundlage  wählen,  wie  es  geschehen, 
einen  ordentlichen  Text  aber  nur  unter  Zuratheziehung 
der  anderen  Fassungen  constituiren  können.  Nicht  ein- 
mal das  hat  Oesterley  gethan ,  dafs  er  überall  da,  wo  B 
zweifellos  richtigeres  als  A  bietet,  dies  in  den  Text  auf- 
nahm. Man  vergleiche:  41,  7  —  50,  1  —  51,  22  —  63, 
8  —  82,  ol  —  83,  25.  —  Aus  mehr  als  einem  Grunde 
ist  mir  daher  folgender  Satz  Oesterleys  unverständlich: 
'Das  bescheidene  Verdienst,  durch  die  Auffindung  und 
Veröffentlichung  der  ältesten  Handschrift  des  Romulus 
diesem  den  ihm  gebührenden  Platz  in  der  Litteratur- 
geschichte  angewiesen  und  zugleich  über  die  Stellung 
der  Marie  de  France  und  zweier  niederdeutscher  Dichter 
das  erste  Licht  verbreitet  zu  haben,  wird  mir  Plerr  Mall 
nicht  schmälern  können.'  Thut  denn  das  Mall?  will  er's 
auch  nur  im  entferntesten?  In  dem  eingangs  erwähnten 
Aufsatze    sicherlich    nicht;    kein     einziges    seiner    Worte 


'^)  M  steht,  wie  die  obigen  Mittheilungen  zur  Genüge  darthun,  A  B 
sehr  nahe.  Doch  sind  die  Ueberschriften  durchgängig  verändert  und 
auch  sonst  sind  einzelne  Stellen,  grüfstentheils  wohl  vom  Abschreiber 
Petrus  Crinitus  anders  gefafst.  III,  1  z.  B.  zeigt  eine  Reihe  von  Ab- 
weichungen: 63,  8:  Ferus  cum  oCGurreret  pasio/i,  de  cauda  blandiri 
[coejiit  fehlt]  suspenso  interim  pede.  63,  13:  magnam  eins  contufiionem 
inmemor  su/  inrenit  tarnen  ingenium.  svmpsit  acutum  fibulae  et  paulutim 
aperuif  rulims.  63,  17 :  resumpsit  virtutem,  abiit  dcinde  incolumis  — 
capifur.  In  liarena  amphytheatri  citrrere  coepif;  pastor  er  inline  oppres- 
sus  auditur ;  dafür  ad  (ab)  bestias.  Eo  in  l<tcu  —  dimittiiur.  Leu 
foris,  leo  semper  impetu  veniebat  demissus  paulafini  ambularit.  64,4: 
oculos    et    vullum  cum  rugitu   ingenti  tune  ad  puj'ulum  levavif.     64,  5 : 

Inriiatur  redire  ad  st(a.  et  noiuit  relinquere  hominem.  64,  7  cui  olim  in 
sijlva  nutus  fuerat.  64,8:  Alius  et  aller  dimittitur,  ut  reccdertnt.  Dafs 
einiges  für  den  Text  zu  gewinnen  ist  aus  M,  wird  an  11,6  in  den 
.Tahrbücht'rn  für  Philologie  bewiesen. 


382  I^r-  Emil  Grosse 

mufs  man  so  deuten.  Wer  es  aber  auch  wollte,  betrefis 
der  Marie  und  der  niederdeutschen  Dichter  würde  er 
nicht  das  Verdienst  Oesterleys  schmälern  können.  An- 
ders steht  es  mit  Romulus.  Das  Verdienst,  diesem  'die 
ihm  gebührende  Stellunof  in  der  Litteraturireschichte  an- 
gewiesen  zu  haben',  gebührt  nicht  H.  Oesterley,  sondern 
L.  Roth,  dessen  Abhandlung  im  Philologus  1,  p.  523  fg. 
jener  leider  übersehen  zu  haben  scheint  zum  Schaden 
seiner  Einleitunor. 

Nur  noch  eins  zu  berühren,  über  die  Heimat  der 
Fabelsammlung  sucht  man  in  dieser  Einleitung  vergebens 
nach  Belehrung.  Roth  giebt  wenigstens  Andeutungen. 
E)r  erwähnt  Docens  Ansicht,  dafs  Romulus  ein  Gallier 
gewesen  sein  müsse,  erachtet  aber  seinen  Beweis  (Hand- 
schrift in  Gallien)  mit  Recht  für  unzureichend.  Drefsler 
hat  jedoch  im  Programme  des  Gymnasiums  zu  Bautzen 
vom  Jahre  18J1  'de  Phaedrina  fabularum  novarum, 
quas  Yocant,  origine',  aul'serdem  auf  etwas  aufmerk- 
sam gemacht,  wodurch  meines  Erachtens  ein  sicherer 
Halt  gewonnen  wird,  wenigstens  für  die  Ueberarbei- 
tung  der  Fabeln.  Seite  9  der  angeführten  Abhand- 
lung heilst  es:  'Romulum  hunc  Phaedri  spoliatorem 
in  Gallia  vixisse  inde  apparet,  Cjuod  libri,  quibus 
eius  fabulae  continentur,  manu  scripti  ibidem  servati 
sunt,  et  Gallum  fuisse  ea  testantur,  quae  passim  de 
suo  addidit;  quae  nisi  e  latino  sermone  in  gallicum  con- 
verteris,  niagnam  partem  non  satis  aperta  erunt  ad  intel- 
ligendum.  Ejus  modi  sunt  in  Romuli  fabula  4  libri  H  . .  , . 
verba  haec:  „Obsecro,  da  mihi  honorem",  nata  e  galli- 
cis:  je  vous  supplie,  donnez-moi  l'honneur;  eiusmodi 
etiam,  quae  Romulus  in  libri  III  fabula  0  pro  Phaedri 
verbis:  Interea  fanum  qui  compilarant  Jovis,  cruci  suf- 
fixi  luerunt  poenas  numini,  non  meliora  scripsit:  „Conti- 
git  interea,  ut  aliquis  peccasset,  et  de  lege  accepit  sen- 
tentiam  et  suspensus  est  in  cruce",  quibus  expressit 
gallica:  En  attendant  il  arriva  que  quelqu'un  avait  peche, 
et  d'apres  la  loi  il  re^ut  la  sentence,  et  fut  mis  en  croix. 
Eadem  ratione  pro  (Phaedri)  verbis :  aquam  rogavit,  immu- 


Zu  Romulus.  383 

tavit  „aquae  jDiisillum  rogaus",  gallicani  locutioneni:  deman- 
dant  un  peu  d'eau,  secutus'.  Die  Belege  lassen  sich  ver- 
mehren. Ich  begnüge  mich  für  jetzt  nur  noch  auf  Par- 
ticipialcoustructioneu  wie  I,  17  zu  verweisen:  mures 
agrarii  luxuriantes,  unus  ex  illis  super  leonem  non  volun- 
tarie  transiit. 

Königsberg  i.  Pr.  Januar  1872. 

Dr.  Emil  Grosse. 


384  Dr.  Mieck 


lieber  einzelne  Momente  der  Bedeutungs- 
entwickhmg  in  den  romanischen  Sprachen. 


„Wer  vermag  der  wunderlichen  ßegrlffsentwicklung 
überall  nachzugehen?"  ^)  —  Dies  sind  Worte  von  Diez, 
dem  „Grammatiker  von  Gottes  Gnaden",  wie  ihn  Sim- 
rock  trefiend  zu  bezeichnen  pflegt,  welche  auf  den  ersten 
Blick  etwas  Abschreckendes  enthalten  für  Jeden,  den 
es  gelüstet  ein  Gebiet  zu  betreten,  dessen  Boden  gar  zu 
leicht  zu  wanken  droht  unter  den  Füfsen.  Und  doch 
wird  die  Frage  nach  dem  Woher  und  Wie  der  Wörter 
weit  öfter  aufgeworfen,  als  der  speciell  damit  Beschäf- 
tigte vermuthet,  weil  das  Bedürfnifs  nach  der  Wahrheit 
zu  forschen  dem  Menschen  eingepflanzt  ist.  Der  eigen- 
thümliche  Reiz,  der  hierin  liegt,  ist  es  aber  nicht  allein, 
der  zu  bescheidenen  Versuchen  Veranlassung  geben 
könnte,  sondern  auch  das  ermuthigende  Wort  eines  hoch- 
verdienten, erprobten  Mannes,  G.  Curtius-),  der  folgender- 
mafsen  den  Weg  andeutet:  ,,Es  Avird  dabei  (Bedeutungs- 
entwicklung) mit  logischen  Schematismen  gar  nichts 
gewonnen  werden,  sondern  Alles  auf  gewisse  zutreffende 
Grundanschauungen ,  bei  deren  Aufstellung  die  Sprach- 
forschung sich  mit  der  Psychologie  berührt,  und  auf 
das  tactvolle  Herausfinden  von  Analogien  ankommen." 
Das  ,, Woher"  der  wichtigsten  Wörter  in  den  romani- 
schen Sprachen  ist  von  Diez  glänzend  gelöst,  das 
,,Wie"  einzelner  Gruppen  von  Begriffen  in  ihrer  Ent- 
wicklung auf  gemeinschaftliche  Ausgangspuncte  zuriick- 
zuführen  und  mit  Analogien  zu  belegen,  soll  die  Aufgabe 
dieser  Zeilen  sein. 


1)  Diez'  Etym.   WGrterb.  II,  81. 

-)   Gniiulzii^e   der  (i riech.   Ktyui.   j)ag.  92. 


Ueber  einz.  Momente  d.  Bedeutiingsentwickl.  in  d.  roni.  Sprachen.     385 

In  erster  Reihe  mögen  die  Alfecte  zur  Sprache 
kommen.  Man  theilt  sie  ein  in  die  des  Gefühls  der 
Lust  und  die  des  Gefiihls  der  Unlust.  Jene  sind  mit 
kräftigem  Selbstgefühle  verbunden  und  treiben  zum  Han- 
deln nach  aufsen,  diese  wirken  bei  beschränktem  Selbst- 
gefühle mehr  nach  innen."  Sehen  wir  zu,  inwieweit  die 
sprachliche  Ausdrucksweise  mit  dieser  Anschauung  über- 
einstimmt. —  Eine  grofse  Anzahl  von  Bezeichnungen  der 
ersteren,  die  erregende  oder  excitirende  genannt  wer- 
den, enthalten  übereinstimmend  mit  ihrem  eben  erwähnten 
^V'irken  nach  aufsen  den  Begriff  der  Ausdehnung  oder 
den  der  Trennung.  Hierzu  stimmt  zunächst  spas- 
sarsi  ^)  =  sich  erlustigen,  unser  spafsen,  von  e.rpandere^ 
sich  ausbreiten,  sich  auslassen.  Während  wir  diesen 
deutschen  Ausdruck  aus  dem  Romanischen  entlehnt  ha- 
ben, findet  das  Umgekehrte  statt  bei /orr/;/o=)  =  fröhlich, 
munter,  welches  ans  ahd.  los.  leer  entstanden  und  auf  o-r. 
Auu^)  zurückzuführen  ist.  Hiermit  ähnlich  ist  baldo^)  = 
fröhlich  . . .  leer,  entblöfst.  Auf  den  Begriff  des  Ausspan- 
nens  gehen  ferner  epancher  und  epanouir'''')  zurück.  Selbst 
unser  „tanzen",  welches  gewifs  eine  Aeufserung  der  Freude 
ist,  häng-t  zusammen  mit  „dehnen".^)  Epancher  eYinnevt 
sofort  an  Analogien;  risum  non  teuere,  sich  ausschütten 
vor  Lachen,  sich  den  Bauch  halten  (damit  er  nicht 
berste),  bersten  vor  Lachen,  aufser  sich  sein,  sterben  vor 
Freude  u.  a.  m.  Hiernach  wäre  ein  Zusammenhan o-  des 
latein.  laefvs  mit  dem  bei  Curtius  ^)  aus  sternere  gebildeten 
(st)lah<s  vielleicht  in  Erwägung  zu  ziehen.  —  Zu  den 
excitirenden  Affecten  gehören  aufser  der  Freude  auch 
der  Hafs  und  der  Zorn.  Es  wird  nicht  nöthis  sein,  für 
diese    beiden    die    einzelnen    Ausdrucksweisen    besonders 


1)  Diez'  Etym.  Wörterb.  II,  66. 

2)  Ebend.  II,   146. 

3)  W.  Wackernagers  Altdeutsch.   Handwürterh.  p.  184. 
*)  Diez'  Etym.  Wörterb.  I,  47. 

5)  Ebend.  II,  279. 

6)  Ebend.  I,   151. 

")  Griech.  Etym.  pag.  203. 
Jahrb.   f.  roui.  u.  engl.   Lit.  XU.  4.  25 


33G  ^r.  Mieck 

zusammenzustellen,  da  sie  sich  reduciren  auf  die  j^ositive 
Bezeichnung  „auslassen"  und  die  negative  „nicht  halten 
können".  —  Etwas  langer  verweilen  wir  bei  den  depri- 
mir enden  Affecten:  Traurigkeit  und  Furcht.  Ueber- 
einstimmend  mit  ihrem  oben  erwähnten  Wirken  nach 
innen  liegt  der  gröl'seren  Anzahl  der  Bezeichnungen  da- 
für die  Anschauung  des  Zusammenziehens  oder  Ein- 
ensrens  zu  Grunde.  Es  werden  zusammengestellt: 
Schreck,  Hemmung,  Beklommenheit,  Beschwerde^); 
ferner :  athemlos  ,  niederdrücken  -)  ;  unser  deutsches 
„Angst"  hängt  mit  „enge"  zusammen.  Aufserdem  ist 
besonders  hervorzuheben:  Frost,  Schauder^);  Schrecken, 
Kälte  ^);  Schrecken  oder  Kälte  werden  als  ein  herzdurch- 
dringendes Schwert  gedacht.^)  üebereinstimmend  mit 
diesen  letzten  Worten  nennen  wir  im  Deutschen  die 
Kälte  scharf,  schneidend  und  spitz,  und  hiermit 
können  wieder  verglichen  werden  die  BegrifiPsübergänge : 
einfädeln,  durchbohren,  erschrecken,  bleich  machen,*^) 
Durch  diese  letzten  Stellen  werden  wir  sofort  an  den 
physikalischen  Grundsatz  erinnert:  Durch  die  Kälte 
ziehen  sich  die  Körper  zusammen.  Aus  der  den  exciti- 
renden  Affecten  anhaftenden  Anschauung  der  Ausdeh- 
nung miifste  demnach  auch  auf  deutlicheres  Hervorheben 
der  Wärme  zu  schliefsen  sein,  und  wir  gerathen  nicht  in 
Verlegenheit.  „Hell  und  fröhlich  gehen  leicht  ineinander 
über^);  hell  ist  aber  gleich  lichtfarb,  und  wo  Licht  ist, 
ist  auch  Wärme.  Dafs  neben  der  Kälte  für  Beschwerde 
auch  die  Dunkelheit  in  Gegensatz  zum  Licht  gebracht 
wird,  zeigt  lobrego.**)  Das  glänzende,  strahlende  Sonnen- 
licht, dem  das  Auge  fröhlich  entgegenlacht,  das  uns 
erwärmt  und   belebt,    das   uns   mit  Lebensfreude   erfüllt. 


1)  Diez'  Etym.  Wörterb.  I,  389. 

2)  Ebend.  II,  382. 

3)  Ebend.  II,  302. 

4)  Ebend.  II,  299. 

5)  Ebend.  I,  210. 
8)  Ebend.  I,   181. 
7)  Ebend-  II,  347. 
*•)  Ebend.  II,  145. 


Uebcr  einz.  Momente  d.  Bedeutungsentwickl.  in  <1.  rom.  Sprachen.     ,'587 

ist  der  Ausgangspimct  aller  dieser  Anscbaunngeii  und 
Bezeichnungen.  „Dunkel  ist  uns  verhafst  für  die  Lebens- 
thätigkeit  .  .  .  Schön  ist  das  Licht.  Alles  freut  sich 
seiner.  Mit  ihm  erwacht  die  Lebensfreude;  vor  ihm 
flieht  die  Angst.  In  seinem  Begriff  schon  liegt  das  Freu- 
dige, Angenehme;  das  Lichte,  Helle,  Klare,  Sonnige 
u.  s.  w.  bezeichnet  das  Schöne,  dem  Traurigen  und  dem 
Häfslichen  des  Finstern,  Trüben,  Dunkeln  gegenüber."') 
Und  gerade  dieses  Aufstreben  zum  Lichte  liegt  den  mei- 
sten Bezeichnungen  für  „Schöfsling"  zu  Grunde:  sich 
heben,  aufsteigen,  treiben,  schiefsen,  eine  Spitze  bilden, 
schwellen,  ausbrechen,  ausschlagen,  sind  Wörter,  welche 
alle  denselben  Begriff  der  Ausdehnung  in  mannich- 
faltigen  Momenten  aufgefafst,  enthalten. 

Von  den  Affecten,  die  nach  aufsen  wirken,  bietet 
sich  der  L^ebergang  leicht  zu  anderen  charakteristischen 
Aeufseruno;en  der  Seelenthätiojkeit.  Zur  Kundo-eimnij- 
innerer  Vorgänge  nach  aufsen  dienen  die  mannichfaltigen 
Gestaltungen  des  Mienenspiels.  Eine  wichtige  Rolle 
spielt  dabei  der  Mund.  Gehen  wir  von  den  materielle- 
ren Anschauungen  aus ,  so  finden  wir  die  dicke  Unter- 
lippe als  Merkmal  des  behaglichen  Speisens  aufgeführt.  -) 
Es  möchte  vielleicht  hier  das  stille  Bewufstsein,  dafs  dem 
Munde  von  dem  einmal  Eingenommenen  nicht  leicht 
Etwas  entfallen  kann  durch  die  vorgelagerte  Schutzwehr, 
beitragen  zur  gröfseren  Behaglichkeit  des  Speisens.  An- 
ders wird  natiirlich  zu  erklären  sein,  wie  diesell)e  dicke 
Unterlippe  das  Merkmal  eines  verdrüfslichen  Gesichtes 
genannt  werden  kann^).  Die  Bedeutung  ,, übler  Laune 
sein"  wird  auch  durch  „blinzeu"'*)  vertreten.  Es  wird 
sodann  das  halblaute  Lachen  als  Zeichen  der  Bosheit 
oder  Albernheit  angegeben.*)  Jedenfalls  ist  das  Spiel 
der  Augen  in   diesen   beiden   Fällen  nicht  dasselbe:    der 


1)  C.  Lemcke's  Populäre  Aesthetik,  pag.  I3j. 

2)  Diez'  Etym.  Wörterb.  IT,  347. 

3)  Ebend.  II,  370. 
■»)  Ebend.  II,  b. 

5)  Ebend.  I,  345. 

25* 


388  ^^-  Mieck 

Bosheit  gehören  kleme,  hämisch  halb  geschlossene,  der 
Albernheit  grofse,  naiv  geöffnete  Augen.  —  Bei  weitem 
am  häufigsten  ist  der  Begriff  „spotten"  mit  solchen 
Aeufserungen  in  Verbindung  gebracht,  und  zwar  mit  dem 
„Spitzen  der  Lipj3en"^),  dem  „Näseln" -),  dem  „Nicken 
mit  dem  Kopfe" ^),  dem  „Schnarchen"*),  und  schliefslich 
dem  „Wimmern  mit  grinsendem  Maul".  ^)  Ohne  Zweifel 
geben  die  verschiedenen  Bezeichnungen  auch  verschie- 
dene Grade  der  Intensität  oder  der  Wirkung  des  Spottes 
an.  Sicher  entstammen  sie  der  Verkehrsart  der  unteren 
Volksschichten,  zum  Theil  wohl  auch  der  Kindersprache, 
Ein  Bild,  das  so  recht  characteristisch  aus  dem  gewöhn- 
lichen Volksleben  gegriffen  zu  sein  scheint,  ist  die  Be- 
zeichnung des  „Hochmuthes"  durch  „Locken  auf  den 
Ohren".  *^)  „Mit  offenem  Maul  da  stehen"  heifst:  ,, gaf- 
fen"^), „vergeblich  harren"^). 

Dafs  auch  das  religiöse  Element  nicht  ohne  Ein- 
wirkung auf  die  Volkssprache  bleiben  konnte,  ist  leicht 
zu  vermuthen.  „Mit  der  Heiligkeit  eines  Namens  hängen 
zuweilen  Anomalien  der  Form  und  Flexion  zusammen  ".  ^) 
Diese  Anomalien  kennzeichnen  sich  in  zweifacher  Rich- 
tung: einerseits  wagt  man  nicht,  Heiliges  bezeich- 
nende Wörter  den  gewöhnlichen  Modificationsgesetzen 
zu  unterwerfen,  wie  „f/t'ws",  woran  der  Spanier  nicht 
einen  Buchstaben  abzubrechen,  welches  er  nicht  wie 
,^7neus"  umzuformen  wagte '^),  und  spirito^  welches  Wort 
man  zarter  behandelte  als  andere,  weil  ihm  eine  heilige 
Bedeutung  anhing.  Der  Spanier  liefs  ihm  sein  u  unan- 
getastet,   und  der  Provenzale  wandte  hier  seine  gewöhn- 


')  Diez'  Etym.  Wörterb.  I,  60. 

2)  Ebend.  II,  373. 

3)  Ebend.  II,  374. 
*)  Ebend.  II,  171. 

6)  Ebend.  II,  29  —  30. 
6)  Ebend.  I,  431. 
')  Ebend.  I,  287. 

8)  Ebend.  I,  43. 

9)  Ebend.  I,  155. 
10)  Ebend. 


Ueber  einz.  Momente  d.  Bcdeutungsentwickl.  in  d.  rom.  Sprachen.     ,'},S9 

liehe  Syncope  nicht  an.')  —  Andrerseits  hat  man,  ans 
derselben  Scheu  vor  der  heiligen  Bedeutung,  absichtliche 
Umtauschung  oder  gar  Entstellung  eintreten  las- 
sen —  eine  nicht  geringere  Abweichung  von  den  üblichen 
Modificationsgesetzen.  So  ist  parohi  Ersatz  für  verhnm^ 
das  man  aus  Scheu  vor  seiner  heiligen  Bedeutung  ver- 
mied. 2)  Während  man  sich  hier  Aushülfe  verschaffte 
durch  Heranziehen  eines  griechischen  Wortes,  konnte 
mau  greifbaren  Aenderungen  an  den  aus  der  eignen 
Sprache  vorhandenen  Wörtern  selbst  ausgeführt,  nicht 
entgehen:  in  tri/iifas,  welches  man  zu  ^^trinca'''-,  gestaltete, 
also  absichtlich  entstellte^),  und  in  parhleu^  aus  pardieu 
abgeändert,  das  unnütze  Aussprechen  des  göttlichen  Na- 
mens zu  umgehen.  "*)  —  Der  Ursprung  der  absichtlichen 
Entstellungen  möchte  wohl  mehr  der  gewöhnlichen  Ver- 
kehrssprache des  Volkes  zuzuschreiben  sein,  während  die 
Sprache  der  Gelehrten,  namentlich  die  der  Geistlichen, 
Schuld  trägt  an  den  übrigen  Aenderungen.  Auch  sind 
solche  Betheuerungsformeln  wie  parhleu  dem  gewöhn- 
lichen Volke  am  geläufigsten.  Zu  eziandio^)  führt  Diez 
aus  der  bair.  Mundart  an:  Gott  geb  die  seien  gut  oder 
bös  =  mögen  sie  gut  oder  bös  sein.  Es  war  sonst 
üblich,  bemerkt  er  kurz  vorher,  gewissen  Concessiv- 
partikeln  den  Namen  Gottes  verstärkend  beizufügen.  — 
Weniger  häufig  findet  sich  der  Name  des  Teufels;  die 
ihm  an  einer  Stelle  *")  beigelegten  Eigenschaften  sind: 
häfslich,  geschwänzt.  Absichtliche  Entstellungen  dieses 
Namens  sind  uns  aus  dem  Deutschen  bekannt. 

Nach  diesen  Darstellungen  einzelner  Momente  des 
geistigen  Lebens  wenden  wir  uns  dem  materielleren 
Dasein  zu,  welches  nicht  weniger  interessante  An- 
knüpfungspuncte  darbietet.    Es  ist  nicht  unsere  Aufgabe, 


')  Diez'  Etym.   Wörterb.  1,  Ö92. 

2)  Ebend.  307. 

5)  Ebend.  II,   184. 

*)  Ebend.   II,  383. 

»)  Ebend.  II,  25. 

«)  Ebend.  11,  3(J1. 


390  Jt^r.  Mieck 

hier  ein  vollständiges  Bild  des  gewöhnlichen  biirgerlichen 
Familienlebens  nnd  Hanshaltes  zu  entwerfen,  wozu  sich 
aus  der  Sprache  allerdings  reichliches  Material  zusammen- 
stellen und  lohnend  verwerthen  liefse  —  es  handelt  sich 
diesmal  für  uns  um  Einzelnes,  Zusammenhangloses,  was 
aber  deutliche  Blicke  werfen  läfst  in  die  Eigenthümlich- 
keit  der  Auffassungs-,  Anschauungs-  und  Denkungs- 
weise  in  der  Sprache.  Gehen  wir  von  untergeordneten 
Puncten  aus.  Topf  heifst  ital.  pentola  von  pendulus^  weil 
er  über  dem  Feuer  schwebt.  ^)  Durch  die  Erklärung 
dieses  einen  Wortes  sehen  wir  uns  in  eine  Küche  ver- 
setzt, mit  niedrigem,  offenem  Feuerheerd,  aus  Mauerwerk 
hergestellt;  darüber  schwebt  an  breitem,  sägeförmig  aus- 
gezackten Hängeeisen  der  Topf;  der  Rauch  flackert  auf 
zur  weit  ausgedehnten  Kaminmündung,  kurz  mit  Leich- 
tigkeit liefsen  sich  aus  dem  einen  Worte  alle  einzelnen 
Gegenstände  ergänzen,  welche  dazu  passen,  um  ein  ab- 
gerundetes idyllisches  Genrebild  zu  Stande  zu  bringen. 
Unterlassen  wir  jedoch  die  weitere  Schilderung  und 
bringen  eine  andere  Stelle  ans  Diez  mit  der  eben  citirten 
in  Verbindung.  Den  Flügel,  woran  man  den  Vogel  fafst, 
betrachtet  man  als  Grifl:'  (Henkel,  Oehr  an  Gefäfsen). -) 
Dies  bestärkt  die  Annahme,  dafs  der  Topf  demnach  als 
Vogel  aufgefafst  wurde,  wobei  man  höchst  wahrscheinlich 
von  der  Grundvorstellung  des  Schwebens  in  der  Luft 
ausging.  Unverkennbar  tritt  hier  das  Bestreben  zu  Tage, 
leblosen  I)in<2;en  p;leichsam  Leben  einzuhauchen.  Wie 
aber  die  Acte  der  täglich  wiederkehrenden  Beschäftigung 
durch  die  Macht  der  Gewohnheit  die  Bezeichnungen 
dafür  immer  geläutiger  machen,  so  dafs  sie  allmählich 
und  immer  ausgedehnter  auf  andere  Dinge  übertragen 
werden,  zeigen  folgende  Worte:  „Brot  oder  Fleisch 
schneiden  oder  geschnitten  haben  ist  anfangen  zu  essen, 
und  so  ward   schneiden  bald  überhaupt  für  anfangen  ge- 


1)  Diez'  Etym.   VVörterb.  II,  ÖO. 
=)  Ebeiid.  II,  99. 


Ueber  einz.  Momente  d.  Becleutimgsentwickl.  in  d.  rom.  Sprachen.     391 

braucht."  ')  Der  Begrifi'  „schneiden"  dient  im  Deutschen 
einer  andern  Begriflfsentwicklung ,  Aufschneiderei,  zum 
Ausgangspuncte,  die  von  Diez  bei  ravaut^  rarauder'^^ 
erörtert  wird.  Dafs  man  von  Gegenständen  und  Mo- 
menten der  häuslichen  Umgebung  gerne  und  vielfach  ent- 
lehnte, bezeugt  der  Ausspruch:  „Backe  =  Efsgeschirr 
ist  eine  der  Volkssprache  durchaus  gemäfse  Auffassung 
menschlicher  Körj^ertheile,  die  auch  in  andern  Wör- 
tern begegnet."  ^)  Die  Anschauungen  sind  gröblich 
volksmäfsig,  wahrscheinlich  ausgehend  vom  Essen  und 
Trinken  und  in  derb  scherzhafter  Weise  dann  über- 
tragen. 

Aehnlichkeit  der  äufseren  Gestalt  hat  die 
bereits  bei  pentola  erwähnten  Thiernamen  vielfach  auf 
leblose  Dinge  übertragen.  Sehen  wir  genauer  zu,  so 
sind  es  die  Handwerke,  und  unter  diesen  vorwiegend  die 
Zimmerkunst,  welche  solche  Uebertragungen  aufzuweisen 
haben.  So  werden  Querbalken  und  Stute  durch  dasselbe 
Wort*)  bezeichnet,  ebenso  Folterbank  und  Füllen'),  weil 
sie  Aehnlichkeit  mit  einander  haben.  Mit  dieser  letzteren 
Stelle  scheint  in  innigem  Zusammenhange  zu  stehen 
trabs  =^  zwingende  Vorrichtung.^)  Vom  Kranich  wird 
der  Eä-ahn  benannt.  ^)  Curtius  ^)  sagt  geradezu,  „  dafs  in 
allen  Sprachen  das  Wort  auch  zur  Bezeichnung  von 
Maschinen  dient".  „ Geifsfufs"  wird  ein  Werkzeug  mit 
gespaltenem  Ende  zum  Heraufziehen  einer  Last  genannt.  ^) 
Auch  das  Deutsche  hat  solche  Uebertragungen  in  ziem- 
lich grofser  Anzahl,  gleichfalls  vorwiegend  in  der  Zimmer- 


1)  Diez'  Etym.  Wörterb.   II,  •2T(;. 

2)  Ebend.  II,  396. 

s)  Ebend.  1,  221.  222.     Vgl.  I,  412;  II,   1(31. 

*)  Ebend.  II,  414. 

*)  Ebend.  I,  327. 

6)  Ebend.  I,  420. 

")  Ebend.  II,  259. 

*")  Griech.  Etym.,  pag.  166. 

»)  Diez'  Etym.  Wörterb.  I,  66. 


392  l>r-  Mieck 

kunst:  Wolf,  Bar,  Fisch,  Schnecke,  Fuchsschwanz, 
Schwalbenschwanz,  Schwanenhals,  Storchschnabel  u.  m.  a. 
Eine  ganz  wörtliche  Auffassung  unseres  deutschen 
„Steckenpferd"  haben  die  romanischen  Sprachen  auch 
aufzuweisen.  ^)  An  erster  Stelle  bemerkt  Diez  ausdrück- 
lich: „Der  Wanderer  konnte  den  Stab,  auf  den  er  sich 
stützte,  Vergleichungsweise  sein  Lastthier  nennen."  Das 
tertium  comparationis  ist  hier  aber  nicht  die  äufsere  Ge- 
stalt, sondern  die  befördernde  Unterstützung,  also  der 
Zweck.  —  Die  Thiernamen  finden  noch  fernere  Verwen- 
(5ung:  sie  dienen  als  Bezeichnungen  für  Krankheiten. 
Wir  erwähnen  aufser  dem  deutschen  „Krebs",  „Wurm" 
nur  loupe  =  kreisförmige  Geschwulst  .  .  .  von  lupa 
Wölfin,  nach  diesem  gierigen  Thiere  vielleicht  von  ihrem 
Umsichgreifen  genannt.  2)  Schliefslich  dienen  die  Thier- 
namen, und  zwar  vorwiegend  das  Rind-,  Kleinvieh  und  die 
Vögel  zur  Bezeichnung  der  Dummheit.^) 

Es  ward  sich  lohnen,  den  Handwerkerstand  noch 
specieller  ins  Auge  zu  fassen ,  da  hier  eine  der  Haupt- 
quellen der  Uebertragung  des  Concreten  auf  das  Ab- 
stracte  zu  suchen  ist.  So  wird  acht  drastisch  der  nagende 
Kummer  einem  Reibeisen  oder  einer  Feile  verglichen."*) 
Schlechtes  Tuch  als  Abfall  bezeichnet  eine  werthlose 
Sache.  ^)  Entsprechend  im  Deutschen  ist  „Lump".  Auch 
die  Entstehung  einzelner  Namen  für  Maafse  ist  hier  zu 
suchen:  so  bezeichnet  toise  (tendere)  die  Länge  der  aus- 
gesjaannten  Arme.*')  —  Dafs  man  beim  Arbeiten  die 
linke  Hand  anstatt  der  rechten  nicht  gerne  thätig  sah, 
geht  aus  zahlreichen  Stellen  hervor.  Sie  wird  die 
„schwache,  matte"  ^)  genannt,  die  „verstümmelte,  schad- 


')  Diez'  Etyru.  Wörterb.  1,  70;  11,   15-1. 

2)  Ebend.  I,  351. 

3)  Ebend.  I,  203,  254,  398;  II,  10,  384  u.  a. 
^)  Ebend.  II,  241;  I,  339,  350. 

^)  Ebend.  II,  247,  382  u.  a. 
«)  Ebend.  II,  424. 
")  Ebend.  II,  307. 


Ueber  einz.  Momente  d.  Bedeutungsentwiokl.  In  d.  rom.  Sprachen.     393 

hafte"  ^),  schliel'slich  inano  storta^  die  verdrehte,  also  ge- 
nau entgegengesetzt  der  mam  droite. ")  —  Der  tüchtio-e 
tapfere  Mann  selbst  wird  vom  festen  dauerliaften  Stoft' 
benannt.^)  Bestimmte  Eücksicht  auf  das  wackere  Drein- 
schlagen  beim  Handwerk  und  im  Kampfe  nehmen  wohl 
die  Wörter  „Holzaxt,  Hammer,  kurzer  Säbel".*)  Zu 
letzterem  möchte  wohl  unser  deutsches  „Degen''  stim- 
men. Ganz  characteristisch  sind  folgende  Bedeutunofs- 
Übergänge:  einen  Gesellen  annehmen  —  listig  wei'ben; 
aus  der  Werkstätte  locken  —  verfiihren.  ^)  Auf  der  einen 
Seite  sind  die  Arbeitgeber  durch  die  steigende  Concur- 
reBZ  genöthigt,  sich  gegenseitig  die  Arbeitskräfte  ab- 
spänstig  zu  machen,  auf  der  andern  Seite  sehen  wir  unter 
den  Arbeitleisteuden  schon  Versäumnifs  und  Corruption 
eintreten  in  Folge  des  Bewufstseins,  dafs  man  ihrer  nicht 

entbehren  kann. In  commercieller  Beziehung  sind  die 

Begrifle  des  „Abschliefsens  oder  Beeudigens"  *')  und  des 
„Friedenmachens"  ')  besonders  hervorzuheben.  Es  wer- 
den demnach  die  dem  Bezahlen  vorhergehenden  oder  die 
das  Bezahlen  bedingenden  Handlungen  viud  Umstände 
als  Kampf  oder  Streit  aufgefafst,  in  den  die  betheiligten 
Parteien  gerathen  sind.  Zur  Erläuterung  dieser  Erschei- 
nung gehen  wir  von  Beziehungen  aus,  welche  den  Be- 
griff „kaufen"  enthalten.  Lat.  emere  heifst  nehmen  und 
kaufen,  ebenso  accattare  *)  (frz.  acheter}.  Dadurch  nun  dafs 
man  einem  Anderen  Etwas  nimmt,  geräth  man  mit  ihm 
in  Streit,  sofern  man  nicht  Kestitution  leistet  und  dadurch 
also  den  Frieden  wieder  herstellt  (Händel  haben). 


1)  Diez'  Etyni.  Wörtorb. I,   262. 

2)  Ebend.  I,  396. 

3)  Ebend.  II,  101. 

*)  Ebend.  II,  146   und   löO. 

•'')  Ebend.  II,  210. 

•')  Ebend.  I,  öi  (aiiesto),  181   (finanza). 

')  Ebend.  I,  124  (cheto),  301  (pagare). 

*)  Ebend.  I,  5. 


394  I^r.  Mieck 

Schliefslich  gedenken  wir  noch  des  Bauernstan- 
des. Ilnii  entspringt  die  Bezeichnung  des  Besitzes,  Ver- 
mögens durch  „Vieh".  ^)  Es  reichen  die  Bezeichnungen 
sicher  in  hohes  Alter  hinauf.  —  Was  in  Bezug  auf  die 
Bauernschaft  in  den  romanischen  Sprachen  vorwiegend  in 
die  Augen  springt,  ist  das  gespannte  Verhältnifs,  in  dem 
sie  mit  dem  Adel  lebt.  So  ward  der  Bauer  als  Besitzer 
eines  Gereutes  oder  kleinen  Gutes  der  gemeine  Mann 
genannt  im  Gegensatz  zum  Edelmann,  -)  Pitaud  ^)  be- 
zeichnet den  groben  Bauer,  eigentlich  Fufsgänger,  wahr- 
scheinlich im  Gegensatze  zu  dem  hoch  zu  Rofs  oder  im 
Wagen  einherstolzirenden  Edelmann.  Der  Bauer  wird 
ferner  ein  Lümmel^)  genannt.  ,,Dem  Worte  villano  ^^ 
legte  der  Standesgeist  des  Mittelalters  auch  die  morali- 
schen Nebenbedeutungen  u  niedrig,  schurkisch,  häfslich  » 
bei,  welche  im  Provenz.  die  Hauptbedeutungen,  im  Neu- 
franz, die  einzig  verbliebenen  sind."  Sogar  auf  die  Mund- 
arten des  platten  Landes  wird  seitens  der  Gebildeten 
mit  Geringschätzung  herabgesehen,  sie  werden  leicht  als 
Kauderwälsch  betrachtet.  ^)  —  Dafs  es  seitens  des  Bauers 
an  Rache  nicht  fehlt,  läfst  sich  leicht  vermuthen.  So 
wird  der  arme  Edelmann  als  einer  bezeichnet,  der  einen 
Klepper  reitet.^)  Gerade  die  Herabsetzung  des  Pferdes 
enthält  eine  grofse  Beschimpfung,  da  höhere  Würden 
nach  dem  Pferde  benannt  wurden.*)  —  Wir  lassen  nicht 
unerwähnt,  dafs  auch  der  Clerus,  namentlich  wegen  des 
Cölibates,  eine  Zielscheibe  derber  Späfse  und  Bezeich- 
nungen gewesen  ist.  ^) 


1)  Diez'  Etym.  Wörterb.   I,   182;  II,  99,   137,  168. 

■-')  Ebend.  I,  358. 

3)  Kbend.  II,  387. 

*)  Ebend.  II,  406. 

^)  Ebend.  I,  440. 

«)  Ebend.  II,  384. 

')  Ebend.  II,  385. 

*)  Ebend.  II,  87  —  88. 

s)   Ebend.   I,   3o4. 


Ueber  einz.  Momente  d.  Bedeutungsentwickl.  in  d.  rom.  Sprachen.     395 

Es  möge  das  bisher  Aufgeführte  für  diesmal  ge- 
nügen. Wir  haben  versucht  gewisse  ürundanschauungen 
mit  Rücksicht  auf  die  Psychologie  aufzustellen,  üb  und 
inwieweit  das  „Herausfinden  derselben  taktvoll"  genannt 
Averden  kann,  möge  dem  Urtheil  besserer  Kenner  über- 
lassen bleiben. 


Düsseldorf,  im  November  1871. 

Dr.  Mieck. 


596  H.  Michelant 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia 
Reali  di  Francia. 


(Schlufs.) 


Cap°.  131. 
Chome  tornati  al  padiglione  Orllando  disse  a  Charllo 
che  gli  portava  la  signoria  di  Gierusalem   e  di  Bettaliem 
e  chosi  gli  dono   uno   libretto   e  molta   gente  se  motto  a 
Orlando. 

Cap°.  132. 
Chome  gli  Christiani  essendo  a  disiniare  inanzi  usci 
fuori  di  Panpalona  per  assaltare  el  chanpo  e  Orllando  e  gli 
altri  si  s'  armorono  e  andorono  alla  battaglia  e  Uggone 
vi  fue  morto  e  Yseres  volle  sapere  el  nome  di  Sansonetto 
e  poi  fecciono  iusieme  gran  battaglia. 

Cap°.  133. 
Chome  Orllando  vide  morto  Uggone  ando  per  volerllo 
vendichare  e  finiva  per  Seres  se  non  e  che  llui  gli  richordo 
la  promessa  allui  fatta  e  Orllando  gli  perdono  e  sichurollo 
d'Aqnino  inanzi  e  poi  alle  mura  furo  morti  chi  resto  di 
fuora. 

Cap''.  134. 
Chome   essendo  tornati  a  padiglioni  venne  lettera  di 
Francia   che  diceva   che   in  Parigi  si  facceva  quistione  e 
che  e  Magganzesi  avevono  posto  chanpo  a  Parigi  perlloro. 

Cap^  135. 
Chome   avendo    questa  novella  di  Francia  parve  loro 
mala  chosa  e  Orllando  volle  sapere  la  verita  e  chon  uno 
libretto  di  negromanzia  si   schongiuro  uno   spirito  e  sepe 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Eeali  di  Francis.  397 

ogui    chosa   e   di   poi    si   parti  Charllo  chon   4   clioupagni 
e  ando  a  Parigi  per  raettere  pace. 

Cap".  136. 

Chome  Charllo  si  parti  di  Spagnia  e  ando  a  iu  Parigi 
e  chome  di  fuori  si  Seppe  che  Charllo  era  tornato  le- 
vorono  chanpo  e  andoron  se  in  illoro  paese  e  poi  si 
mandorono  a  schusare  e  Charllo  perdono  a  tutti  e  poi 
riscrisse  a  Roma  e  a  tutti  Christian i  che  urgente  di 
nuovo  venisse  in  Ispagnia  e  poi  si  parti  di  Parigi  e 
torno  in  Spagnia  chon  bella  gente  di  xx.  m^,  chavallieri 
e  chome  Orlando  andando  a  spasso  ebe  chomandamento 
che  tutti  andassino  la  notte  in  su  el  monte  e  spari  via 
la  Nostra  Donna. 

Cap».  137. 

Chome  da  cielo  una  grande  piova  la  notte  e  quegli 
di  Panpalona  la  mattina  uscirono  fuori  chredendo  che  i 
Christiani  fussino  aneggati  e  Christian!  tornorono  a  pa- 
diglioui  chon  molta  allegrezza  e  Charllo  andava  intorno 
alla  terra  e  fue  per  rimanere  ma  pure  e  Saracini  furono 
schonfitti  e  Charllo  ritorno  a  padiglioni. 

Cap".  138. 

Chome  Chirone  che  Charllo  lascio  luoarffotenente  di 
Parigi  si  parti  di  Parigi  chon  vi.  m^  chavalieri  e  ando 
in  Ispagnia  e  disse  a  Charllo  che  voleva  aquistare  honore 
e  Charllo  e  Salamone  e  tutti  e  baroni  lo  chondanorano 
a  morte  e  Orllando  e  Namo  gli  fecciono  perdonare  e 
rechossi  disperse  agli  altri. 

Cap°.  139. 

Chome  torna  a  dire  di  Desiderio  che  inteso  lo  cho- 
mandamento di  Charllo  mando  a  Rroma  al  papa  e  aiuto 
anche  di  sua  gente  tanto  che  fece  x.  m".  a  pie  e  x.  m^. 
a  chavallo  e  andarono  in  Ispagnia  e  Charllo  lo  vide  vo- 
lentieri  e  di  poi  s'  alloggio  in  uno  boscho  e  ordiuo  Disi- 
derio  di  fare  tre  chastella  e  molti  altri  edifizi  da  chou- 
battere  la  terra. 


;]98  H.  Michelant 

Cap".  140. 

Chome  Desiderio  faceva  lavorare  gli  edifizi  e  Salamone 
e  Namo  ando  a  vedere  e  maravigliossi  essi  lo  disse  a 
Charllo  e  Cliarllo  ando  a  vedere  e  molto  gli  piacqne  e 
poi  ordinorono  di  chonbattere  la  terra  e  quegli  di  Pan- 
palona  chorsono  alle  mura. 

Cap°.  141. 

Chome  Desiderio  senti  la  battaglia  apichata  mosse 
le  chastella  alle  mura  e  poi  per  forza  gitto  c°.  bracia  di 
muro  in  terra  e  entro  nella  terra  e  prese  el  palagio  e 
poi  entro  drento  Orilando  e  Mazzarigi  e  Yseres  se  gli 
dette  prigione. 

Cap°.  142. 

Chome  lo  re  Desiderio  prese  la  terra  el  palagio  non 
voleva  lasciare  entrare  altri  e  chosi  a  Charllo  per  sua 
inbasciadori  intese  che  aveva  ragione  e  chosi  Desiderio 
gli  domando  tre  grazie  e  furogli  concedute  e  di  poi 
licenzio  e  maestri  e  battezossi  tutta  Panpalona  senone 
era  morto  e  Mazarigi  si  fuggi  in  chanpo  di  tre  giorui 
che  fue  battezzato. 

Cap".  143. 

Chome  lo  re  Charllo  domando  chonsiglio  d'  andare 
o  di  Stare  e  Namo  chonsiglio  di  segiiire  V  anpresa  alla 
fine  ordinorono  di  mandare  anbasciadore  a  Marsilio. 

Cap^  144. 

Chome  fue  letto  inbasciadore  Chironn  figliuolo  di 
Salamone  e  in  questo  erre  Disiderio  ando  a  gguardia 
d'  Alischante  e  Chiron  n'ando  anbasciadore  a  Marsilio. 

Cap^  145. 

Chome  Chiron  giunto  a  Siragozza  ando  a  Marsilio 
a  fece  una  superba  inbasciata  e  die  gli  la  lettera  e  disse 
villania  a  Mazzarigi  e  Marsilio  li  fece  la  rrisposta  e  di 
poi  si  parti  e  Mazarigi  si  pose  in  aguato  per  amazallo 
pella  via. 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  399 

Cap°.  140. 
Chome    Chiroue    si    parti    della    terra    e    dette    negli 
agguati  e  fece   grau  battaglia  e  fue  ferito  in  molte  parte 
e    chosi    ferito    ando    inanzi    a  Charllo    e  poi    1'  altro    di 
mori  e  fue  gran  lamento. 

Cap^  147. 

Chome  lo  re  Charllo  veggendo  morto  el  suo  iii- 
basciadore  chonsigliorono  di  partire  chol  chanpo  e  Orllando 
si  parti  gguardo  e  ando  inanzi  e  giunse  alla  Stella  e 
Grandonio  dal  Marocho  inpauri  dello  assedio  e  Sserpeu- 
tino  si  proferse  d'  essere  suo  chanpione  e  di  chonbattere 
chon  Orlando  uipote  di  Charllo. 

Cap°.  148. 
Chome  Grandonio  mando  a  fermare  e  patti  di  chon- 
battere  Orlando   e    Serpentino   e   chosi    poi   chonhattendo 
insieme  Orlando  gli  uccise  sotto  el  chavallo  e  sraonto  del 
suo  e  richominciarono  gran  battaglia. 

Cap°.  149. 

Chome  Orlando  chonbattendo  chon  Serpentiuo  Charllo 
aveva  grande  paura  d'Orlando  che  non  e  morisse  e  fece 
el  sichondo  assalto  e  grande  pura  era  dall'  una  elF  altra 
parte  e  al  terzo  assalto  a  Sserpentiuo  si  ruppe  la  tibbra 
del  chosciale. 

Cap°.  15U. 

Chome  Serpentino  s'  avide  del  cosciale  e  chiese  di 
racconciarllo  rispose  e  Orllando  nollo  volle  fare  e  taglio 
gli  una  choscia  e  chosi  mori  Serpentino  e  di  poi  presono 
la  terra  e  chosi  Grandonio  fuggi  a  Siraggozza  e  quegli 
della  Stella  quasi  tutti  se  battezorono. 

Cap^  151. 

Chome  a  Marsilio  parve  molto  male  delhi  morte  di 
Serpentino  e  ragguno  e  sua  baroni  e  che  chousigliava  di 
fare  achordo  e  chi  raforzava  le  terre  e  stare  alle  difese 
ma  poi  si  levo  Bianciardino. 


400  H.  Miclielaut 

Cap".  152. 
Chome   Bianciardino    fece    una    bella    dixeria    espose 
sua  anbasciata  e   Charllo   gli  fece   poca  risposta   e  man- 
dollo   la   sera   a   rriposare   e   ordino    che    F  altra    mattina 
venisse  a  chonsiglio. 

Cap^  153. 
Chome  Bianciardino  in  presenza  del  chonsiglio  mag- 
giore  disse  un'  altra  volta  sua  inbasciata  e  Charlo  do- 
mando  parere  al  chonsiglio  e  chome  Salamone  disse  che 
achordo  non  si  facesse  in  altri  piu  modi  dissono  e  Or- 
lando chonsigliava  seguire  la  gguerra  e  molti  ne  lo  biasi- 
morono. 

Cap^  154. 
Chome    si  levo   suso   lo   chonte    Ghano    e    fece    una 
bella  diceria  nella  quäle  chonsiglio  che  la  pace  si  facesse 
e   onore   de  Christiani   e  chome  tutto  el  chonsiglio  feruio 
suo  detto. 

Cap«.  155. 
Chome  1'  onperadore  chonsiglio  di  fare  V  onbascia- 
dore  che  fusse  atto  attale  chosa  deir  anbasciata  e  chome 
tutto  el  chonsiglio  d'  achordo  fu  elletto  e  Ghano  di  Mag- 
ganza  inbasciadore  e  chome  poi  Ggano  venne  a  parole 
chon  Ulivieri  e  gli  dette  una  ceffata. 

Cap°.  156. 
Chome  Ulivieri  dette  una  ceifata  a  Ggano  e  lu  molto 
rumore  e  partissi  e  andone  al  palagio  d'Orlando  e  lui 
lo  riprese  di  tale  fallo  e  Ggano  molto  si  doleva  e  giurava 
Vendetta  se  potra  e  Orlando  s'  ando  a  schusare  e  poi 
ebono  licenza  di  partire  alloro  posta  cholla  risposta 
Ggano  e  Bianciardino. 

Cap°.  157. 

Chome    Ggano    si    parti   dalla    Stella    e    ando    chon 

Bianciardino  a  Siraggoza  alla  via  si  sotrassono  l'uno  T  altro 

di  fare  trattato  e   giunti  a  Siraggoza   al   palagi  innanzi  a 

Marsilio    e   Bianciardino   disse   e  cho  Ggano  e  che  viene 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  401 

a  fare  la  risposta  della  inbasciata  alora  Ggano  si  schosto 
da  Marsilio  per  fare  siia  inbasciata. 

Cap".  158. 

Choine  el  chonte  Ggano  fece  una  superbia  inbasciata 
e  di  poi  Marsilio  gli  rispose  humile  e  parllarono  poi  piu 
volte  insieme  di  fore  trattato  e  iDoi  dissono  chou  pochi 
praticbare  la  pace. 

Cap°.  159. 

Chome  Ggano  infra  se  non  sapeva  che  si  fare  del 
tradimento  e  poi  si  dispose  farllo. 

Cap^  160. 

Chome  Bianciardino  ando  per  Ggano  e  menollo  a 
spasso  ella  terza  e  poi  chapitorono  a  hello  palazo  di 
Marsilio  ed  era  raggnnato  el  chonsilio  e  quivi  parlarono 
di  molte  chose  dello  achordo  e  fecciono  collazione  e  poi 
Marsilio  e  Ggano  andorouo  in  uno  giardino  dov'  era  una 
bella  fönte  e  posonsi  a  sedere. 

Cap°.  161. 

Chome  Marsilio  disse  a  Ggano  che  cio  ch'  ä  egli 
direbe,  terrebe  segreto  e  chome  s'  abraciarono  e  insal- 
raorono  el  tradimento  e  in  qiiello  venne  uno  vento  che 
fece  tremare  la  fönte  e  gitto  per  terra  tutti  e  tutti  del 
giardino  e  chosi  si  getto  per  terra  tutti  e  padiglioni  di 
Charllo  e  d'Orllando  in  quella  medesima  ora. 

Cap°.  162. 

Chome  Marsilio  e  Ggano  dettono  ordine  per  1"  altra 
mattina  d'  essere  cinque  insieme  e  fermare  Y  achordo 
e  r  trattato  e  chosi  la  mattina  essi  trovarono  nel  giardino 
e  giuraro  el  tradimento  e  aparve  molti  segni  e  rrovino 
la  fönte  ella  cholonna  e  quegli  xii.  segni  e  grande 
furia  di  vento  e  di  poi  spaventati  ordiuorono  essere  di 
parte. 

Jahrb.  f.  rom.  ii.  engl.  Lit.   XII.  4.  26 


402  H.  Michelant 

Cap^  1G3. 
Chon   uno   tremuoto   e  chome  tuttavia  in   quella  ora 
aparriveno  in  clianpo  di  Charllo. 

Cap°.  164. 
Chome  Ghano  e  Marsilio  uscirono  del  giardino  e 
sparsessi  la  novella  chome  la  pace  era  fatta  e  di  poi 
Ggano  si  parti  chol  trebuto  e  toruo  a  Charllo  e  chonto 
tutti  e  chapitoli  achördo  fiitto  el  re  Charllo  ando  a  San 
Gian  a  pie  di  porto  e  Orllando  in  Roncisvalle. 

Cap°.  165. 
Chome   Marsilio   mando  a  Orlando  in  Roncisvalle  di 
molta   vettovaglia   e    vino   e  tutti   inebriorono    e  Pulinoro 
andava   spiando   e  poi  si  parti  di   chanpo   e  s'  inchontro 
suo  padre  che  ss'  era  posato  chon  x.  m^  a  chavallo. 

Cap°.  166. 

Chome  Marsilio  fece  4".  sciere  per  dino  dove  aves- 
sino  a  entrare  nella  valle  e  chosi  tutte  le  sciere  entrorono 
nella  valle  e  dicevo  ch'  erono  amici  quaudo  era  detto: 
che  e  la? 

Cap°.  167. 

Chome  e  Christiani  furono  assaliti  e  Ulivieri  e  gli 
altri  fm'ono  morti  e  Orllando  fuggi  fuori  del  padiglioue 
e  sono  el  chorno  e  fu  udito  di  Charllo  o  sua  gente  e 
ordino  x.  m-"^.  in  suo  sochorso  se  bisognio  fusse  e  Alorino 
veniva  arrechare  la  novella  a  Charllo. 

Cap".  168. 
Chome  dicie  che  Paladini  furono  morti  e  Orlando  fu 
chonosciuto  da  uno  ostieri  ch'  era  Christiano  riuegfato 
e  Orlando  volle  sapere  dov'  era  Marsilio  e  volelo  ama- 
zare  e  amazo  el  figliuolo  di  Marsiglio  e  Orlando  fue 
morto  nella  barufi'a. 

Cap°.  169. 
Chome  lo   re   Marsilio   vide    morto    esse   el  figliuolo 
ritorno   chon  piante   a  Siraggoza  e  chome  in  Roncisvalle 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia.  403 

a  Saracini  attende  uoppo  aggodere  e  chome  Baldovino 
recho  le  uovelle  a  Charllo  che  Orllando  era  raorto  e  che 
Gbano  aveva  tradito. 

Cap".  170. 
Chome  Gbano  si  richusava  non  essere  stato  ma  pure 
fue  menato  e  messo  in  prigione  e  Charllo  face  chonsiglio 
e  fui  ivi  chi  diceva  di  partire  e  ritornare  in  Francia  per 
paura  di  Marsilio. 

Cap«.  171. 
Chome    lo  re   Salamone  chonsiglio   che  s'  andasse   a 
fare  Vendetta   d'  Orlando  e  chome  Yseres  chonsiglio  che 
modo  avessino  a  tenere  e  chosi  Charllo  fe  tre  sciere. 

Cap".  172. 
Chome  lo  re  Charllo  domando  tre  grazie  e  poi  monto 
a    chavallo    e    ando    inverso    Roncisvalle    e    chominciossi 
grande  uccisione  di  Saracini  e  fui  ivi  morto  Falserone. 

Cap''.  173. 
Chome   el  Danese   e   gli  altri  cholloro   sciere   entro- 
rono  in  battaglia  da  piu  parte  in  Roncisvalle  e  fue  morto 
Grandonio  e  Mazarigi  e  molti  altri  signiori  e  rre. 

Cap".  174. 
Chome  essendo  morti  e  Saracini  e  Christiani  della 
valle  s'  andava  chercando  pe  baroni  e  assai  ne  trovarono 
e  fue  trovato  Sarigi  da  Brava  ne  sapeva  Orlando  e  poi 
venne  assai  charette  di  vettovaglia  e  ogniuno  si  mera- 
vigliava  cbel  di  fusse  ingrande. 

Cap".  175. 
Chome  Charllo  mando  a  cerchare  tutti  e  padiglioni 
e  trovo  tutti  e  padiglioni  salvo  Orlando  e  aveva  ne  grande 
dolore  e  poi  la  notte  ordino  le  gguardie  e  Orlando  non 
si  trovava  e  Ausuigi  si  richordo  del  prigione  e  fello 
venire  e  lui  none  voleva  insegnare  Orlando  se  Charllo 
non  gli  perdonava. 

2G* 


404  H.  Michelant 

Cap".    170. 

Chome  Lanbarigi  menato  f'iie  dinanzi  a  rre  Charllo 
e  fugli  perdonato  e  fatto  scrittura  e  lui  disse  tutta  la 
chosa  chome  stava  della  morte  d'Orllando  e  dov'  era 
stato  gittato  e  disse  venite  mecho  e  io  v'  insegnero  dove 
egli  e. 

Cap".  177. 

Chome  andarono  al  burroue  e  chome  molti  preti  e 
uficio  rietrassono  Orllando  e  portollo  dove  gli  altri  a 
padiglioni  chosi  morto  che  a  pena  si  riconosceva  e  di  poi 
tutti  e  signori  furono  mandati  in  lloro  paesi  a  onorare  e 
di  poi  e  Sarraciui  per  fiiocho  consumati  e  Charllo  do- 
mando  Lanbarigi  se  egli  sapeva  chi  avessi  fatto  el 
tradimento  e  hordinato. 

Cap^  178. 
Chome  Charllo  sepe  da  Llanbarigi  tutto  el  tradimento 
e  chome  Ghano  fue  poi  sqnartato. 

Cap".  170. 
Chome  lo  re  Charllo  parlo  che   a  lui  pareva  di    se- 
o-uire   r  anpresa  e   disfare   Marsilio   e  chosi  fue  per  tutti 
chonfermato   e  oi'dino  la   gente  e    ando    chol    chanpo    in 
fino  presso  a  Ssiraggozza. 

Cap^  180. 
Chome  a  Marsilio  parve  assai  male  poi  che  fue  morto 
el  figliuolo  e  torno  a  Siraggoza  e  fegli  grande  honore 
e  chosi  a  Siraggoza  si  stava  adolorato  e  allui  venne  no- 
velle  chome  Falserono  clion  tutti  e  Saracini  erono  morti 
in  Roncisvalle  elloro  re  n'  ebbone  grande  dolore  mala- 
dicendo  Chano  e  chi  gli  chrede  mai  e  chome  poi  Mar- 
silio si  fuggi  per  paura  e  andossene  in  Egitto. 

Cap^  181. 
Chome  Charllo   giunse  a  Siraggosa  e  posevi  chanpo 
e  quegli   della  terra  elessono  xii.  huomini  che  andassino 
a  Charllo    che    erre  Marsilio   s'  era    fuggito    pella   quäle 


Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Franoia.  405 

chosa  Charllo  ordino  cento  ggalce  che  di  lui  cerchassino 
per  mare  e  chosi  fecciono  e  mai  lo  trovorono. 

Cap".  1<S2. 
Gliome  Charllo  rispose  agli  anbasciadori  cd  ehe  la 
terra  e  fece  morire  chi  chontradire  voleva  e  fe  disfarc 
el  palazo  di  Marsilio  iiifiuo  a  fondamenti  e  poi  cholla 
gente  ch'  aveva  in  picholo  teiipo  si  clionquisto  tutta  la 
Spagnia  ch'  era  sotto  la  siguoria  che  teneva  Marsilio. 

Cap°.  183. 
Chome  lo  rre  Charllo  fece   diceria  a  suoi  baroni  del 
partire   ossi  o   no    e  poi  fecciono  parlamento  chi  aveva  a 
rimanere    re    di   Spagnia  chi  diceva  uno   e   chi  iin'  altro 
alla  fine  vi  lasciarono  Ansuigi  di  ripess  di  Brettagnia. 

Cap°.  184. 
Chome  Charllo  inchorono   Ansuigi    della    Spagnia   e 
molto  r  amestro  e  poi  si  ritorno  in  Francia. 

Cap".  185. 
Chome  lo   re  Charllo   torno   in   Parigi   chon    tutta  la 
baronia  molto  male    chonteuti  e  di  poi  tutti  e  Signiori  si 
partirouo  e  tornarono  illoro  paese. 

Cap".  18G. 
Chome  Alda   bella  seppe  che  Orllando  era  uiorto  ed 
ella  chiese  a  dire  volere  cholloro  morire  quello  che  avesse 
a  fare  e  chome  ella  poi  chonfortava  Charllo. 

Cap".  187. 
Chome  Alda   ando  a  San  Dionigi  a  udir  la  messa  e 
poi   entro   nella  sepoltura  d'Orllando   e  Ulivieri    e    quivi 
mori. 

Cap'».  188. 
Chome   si    fece  grandi  lameuti  d'Alda  e  poi  si  fecie 
assai   ofici   c   Charllo   nndo    in    sino   a   Kroma   pell'  aninia 
d'  Orlando  e  deij-li  altri  niorti  in  Koncisvallc. 


406     H.  Miclielant,  Titoli  dei  Capitoli  della  Storia  Reali  di  Francia. 

Qui  finisce  lo  libro  della  prima  Spagnia  chopiato 
per  me  Bartolomeo  di  Frauco  Cimatore  fornito  a  di  dieci 
Otto  di  febrajo  inille  cinque  cento  otto  a  ore  dici  otto 
per  grazia  di  Dio  ella  sua  madre  Vergine  Maria.  Deo 
gracias.     Amenne. 


Kaffaele  Ceccarelli  di  Savignano  copio  nel  mese 
7rabre  g  gbre  1849. 


H.  Michelant. 


Italienische  Novellen.  407 


Kritische  Anzeigen. 

Italienische   Novellen. 
I. 

Novelle  di  Giovanni  Sercambi.  Bologna  presso  Gaetano  Romagnoli 
1871.  8°.  IX  und  SO-i  S.  (Scelta  di  ciiriosita  letterarie  inedite 
o  rare  dal  secolo  XIII  al  XVII.  Dispensa  CXIX.  Prezzo  L.  12.  — 
Edizione  di  soli  202  esemplari  ordinatamente  numerati.) 

(Schlufs.) 

Nov.  XVI.  '•De  muUere  volubiW  ist  die  Geschichte  der 
'Matrone  von  Ephesus',  nach  Perugia  versetzt.  Zu  D'Anco- 
na's  Anmerkung  trage  ich  nach,  dafs  diese  Geschichte  auch 
im  jüdischen  'Buch  Kidduschim  cap.Esdre  jochasin  und  Maasaeh- 
buch  Cap.  108'  und  daraus  deutsch  von  Christoph  Ilelvicus, 
Ander  Theil  Jüdischer  Historien,  Giefsen  1617,  S.  104,  erzählt 
wird,  und  dafs  P.  Lerch  in  Benfey's  Orient  und  Occident  II, 
373  sie  nach  einer  russischen  Aufzeichnung  aus  dem  Volks- 
mund mittheilt. 

Die  X.  der  von  Minutoli  herausgegebenen  Novellen  ist 
die  Legende  von  dem  stolzen  Kaiser  oder  König,  dessen 
Kleider,  während  er  badet,  ein  Engel,  der  auch  seine  Gestalt 
angenommen  hat,  anlegt;  —  hier  von  einem  König  Anibrotto 
von  Navarra  erzählt.  D'Ancona's  reichen  Nachweisen  füge 
ich  Folgendes  hinzu.  Das  Gedicht  von  König  Robert  of 
Cysille  ist  nicht  zuletzt  in  Halliweli's  Nugje  poeticte,  London 
1844,  sondern  seitdem  noch  in  Hazlitt's  Remains  of  the  Early 
Populär  Poetry  of  England,  London  1864,  I,  270  gedruckt 
worden.  —  S.  297,  Zeile  5  mufs  man  statt  'v.  d.  Hagen 
Minnesänger  IV,  751'  —  welches  nicht  hergehörige  Citat 
durch  Misverständnis  einer  Stelle  in  von  der  Ilagen's  Gesammt- 
abenteuer  III,  cxvi  veranlafst  ist  —  lesen:  'Wiener  Jahr- 
bücher V,  Anzeige -Blatt  pag.  31'.  wo  der  Meistergesang 
gedruckt  ist.  —  Des  Stricker's  Gedicht  ist,  sprachlich  erneuert 
und  hie  und  da  entstellt  und  verstümmelt,  1497  zu  Erfurt 
u.  d.  T.  'Von  dem  kunig  in  dem  pat',  wahrscheinlich  auch 
schon  1493  zu  Bamberg,  gedruckt  worden,  s.  von  Tettau,  Ueber 


408  Kritische  Anzeigen: 

einige  bis  jetzt  unbekannte  Erfurter  Drucke  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert, Erfurt  1870,  S.  65.  —  Hans  Sachs  hat  die  Legende 
nicht  nur  im  Jahre  1556  als  Comedie  'Julianus  der  Kaiser  im 
Bad',  sondern  auch  schon  1549  als  Meistergesang  'Der  hoch- 
fertig Kaiser'  (Dichtungen  von  H.  Sachs.  Erster  Theil.  Geist- 
liche und  weltliche  Lieder.  Hgg.  von  K.  Gödeke.  Leipzig 
1870,  S.  275)  behandelt.  Im  Meistergesang  heifst  der  Kaiser 
Jovianus,  eine  Entstellung  des  Jovinianus  der  Gesta  Romano- 
rum, auf  welche  H.  Sachs  als  auf  seine  Quelle  hinweist;  in 
der  Komödie  heifst  er  Julianus,  d.  i.,  wie  aus  dem  Prolog 
hervorgeht,  der  römische  Kaiser  Julianus  der  Abtrünnige, 
ohne  Zweifel  ein  Einfall  von  H.  Sachs  selbst.  —  In  geziertem 
Jesuitenstil  hat  Jacob  Bidermann  in  seinen  Acroamata  acade- 
mica  I,  6  die  Legende  lateinisch  erzählt;  aus  ihm  hat  sie  der 
Kapuziner  Pater  Martinus  von  Cochem  geschöpft,  der  sie  in 
seinem  Aufserlesenen  History-Buch,  Dillingen  1687,  I,  S.  89 — 
104,  in  seiner  Weise  nicht  schlecht  erzählt  und  am  Ende  in 
dem  keiner  Historie  fehlenden,  lateinischen  Quellennachweise 
bemerkt:  'Hfec  Historia  desumpta  est  ex  J.  Bidermanno  e 
Soc,  Jesu  Libro  primo  Acroamatum,  Acroamate  sexto.  De- 
scribit  etiam  eandem  ad  longum  P.  Ignatius  Trauner,  in  suo 
Gallo  cantante ,  conc.  I,  citans  Raymundum  et  Procopium.' 
Mit  Verweisung  auf  den  heil.  Antoninus  hat  endlich  auch 
Abraham  a  S.  Clara  die  Legende  in  seinem  heilsamen  Ge- 
misch Gemasch,  Würzburg   1704,   S.  219  —  21,  erzählt. 

Schliefslich  noch  eine  Bemerkung  über  einen  eigentüm- 
lichen Brauch,  der  in  der  13.  der  von  Gamba  herausgegebe- 
nen Novellen  vorkömmt.  Hier  sagt  nämlich  Antoniotto  zui 
Lavina  (S.  105) :  '  vo'  che  il  soldano  sia  quello  che  ti  tegna 
il  dito  quando  io  ti  rnetterö  lo  anello.''  Und  später  (S.  108) 
sagt  er  zum  Sultan:  'vi  vo'  pregare,  che,  poiche  qui  non  sono 
parenti  della  sposa,  in  mio  servigio  il  dito  a  lei  dobhiate 
teuere  quando  io  li  metterb  V  anello.''  Und  endlich  heifst  es 
S.  109:  'col  soldano,  tenendo  il  dito  alla  nuova  sposa. ^  Schon 
vor  ein  paar  Jahren,  als  ich  zum  ersten  Mal  diese  Novelle 
in  Gamba's  Ausgabe  las,  fielen  mir  diese  Stellen  auf,  und 
ich  erinnerte  mich  nicht ,  von  dem  Brauche ,  dai's  ein  Ver- 
wandter der  Braut  ihr  den  Finger  hielt,  damit  der  Bräutigam 
ihr  den  Trauring  ansteckte,  irgendwo  schon  etwas  gelesen 
zu    haben.     Seitdem    habe   ich   doch  wenigstens  einen  weitem 


Italienische  Novellen.  409 

Beleg  gefunden,  nämlich  die  folgende  Stelle  einer  dem  15.  Jahr- 
hundert angehörenden  Bearbeitung  der  Geschichte  der  Griselda 
in  Ottaven  (zuletzt  herausgegeben  als  XIX.  Dispensa  der 
Scelta  di  Curiositä  letterarie  u.  d,  T. :  II  Marchese  di  Saluzzo 
e    la    Griselda,    novella    in    ottave    del    secolo    XV,    Bologna 

1862): 

Gualticr  chiamo  Giannucolo  al  presente, 
Perch'  e'  tenessi  alln  sua  ßglia  il  dito, 
Poi  la  sposo. 

Vielleicht  können  Leser  dieser  Zeilen  noch  andere  Belege 
nachweisen. 

II. 

Ich  schliefse  hieran  noch  die  Besprechung  einiger  1869 
und  1870  herausgegebener  Legenden  und  Novellen,  die  nicht 
im  Buchhandel  zu  haben  und  nur  in  geringer  Anzahl  gedruckt 
sind  —  nach  italienischer  Sitte  als  Gratulationsschriften  zu 
Hochzeiten.  Ich  verdanke  Exemplare  der  Freundlichkeit  Ales- 
sandro  D'  Ancona's  und  Francesco  Zambrini's. 

Storia  di  Santa  Ismeria  avola  della  vergine  Maria.  Teste 
inedito  del  buon  secolo  di  nostra  lingua.  Imola,  Tip.  d'  Ignazio 
Galeati  e  figlio.  1869.  8°.  VI  und  10  S.  (In  85  numerierten 
Exemplaren  gedruckt.) 

Die  von  Fr.  Zambrini  aus  einer  Magliabechianischen  Hand- 
schrift des  15.  Jahrhunderts  herausgegebene  Legende  zeichnet 
sich,  wie  Zambrini  mit  Recht  sagt,  durch  Anmut,  Natürlich- 
keit und  Einfachheit  der  Diction  und  Lebendigkeit  und  Man- 
nigfaltigkeit des  Dialogs  aus.  Sie  erzählt,  wie  Ismeria,  die 
Tochter  Nabom's,  aus  dem  Geschlecht  David's,  mit  Liseo  in 
frommer  Ehe  lebte,  deren  Frucht  die  heil.  Anna  war  ^);  wie 
sie  dann  als  Witwe  in  einem  Spital  verschiedene  "Wunder 
that    und    daselbst   starb,    und  ihre  Seele  von    den  En2;eln  ins 


1)  Ich  kenne  Hismeria,  Ismeria,  Esmeria.  sonst  nur  als  Schwester 
der  Anna  und  Mutter  der  Elisabeth,  also  Grol'sniutter  Johannes  des 
Täufers.  S.  die  Legenda  aurea  Cap.  cxxxi  (de  nativitate  beat»  Mari?e 
virginis)  und  Alw.  Schultz  loonographische  Studien  über  die  Sippe  der  heil- 
Jungfrau  im  An/.eiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  1870,  S.  313  fg. 
Als  Aeltern  der  Anna  und  Ismeria  werden  Stallanus  (Stolanns)  und 
Emerentia  genannt. 


410  Kritische  Anzeigen : 

Paradies  getragen  wurde,  und  wie  auf  die  Nachricht  von 
ihrem  Tode  die  Jungfrau  Maria  und  der  Herr  Jesus  Christus 
und  die  12  Apostel  und  Maria  Magdalena  und  Maria  Salome 
und  Maria  Cleofe  herbeikamen.  'Allora  messer  Giesü  Cristo 
fece  una  predica  si  fatta,  che  quanta  gente  vi  fu,  si  conver- 
tirono  tutti  alla  fede  di  Cristo.'  —  Als  Probe  der  Diction 
möge  der  Schlufs  der  Storia  hier  folgen:  Lo  spedalingo 
alzava  le  mani  al  cielo  e  rendeva  laude  e  grazie  a  Dio,  e 
diceva:  Signore  mio,  fammi  conoscente  della  grazia  che  tu  mi 
fai  in  questo  mio  spedale,  che  ci  e  intrato  el  cielo  e  la  terra, 
el  sole  e  la  luna  e  le  dodici  stelle  principali  del  cielo,  cioe 
sono  i  dodici  Apostoli  di  Cristo  e  molte  altre  donne  sante. 
O  anima  mia  ingrassata!  ora  ti  se'  tu  bene  satolla  di  quello 
cibo  che  tu  se'  stato  tanto  bramoso!  tu  raangiasti  e  bevesti  e 
parlasti  e  stesti  col  Signiere  del  cielo  e  della  terra!  o  Iddio 
padre  onnipotente,  menatemene  oggi  mai  nel  regnio  vostro.  E 
poco  tempo  passando,  il  buono  spedalingo  ebbe  una  grande 
infirmila,  per  la  quäle  infirmita  passo  di  questa  vita  in  santa 
pace,  e  gli  angeli  ne  portarono  1' anima  sua  in  vita  beata, 
nella  quäle  ci  conduca  noi  lo  nostro  Signore  Jesu  Cristo,  qui 
vivit  et  regnat  in  secula  seculorum.     Amen. 

Novella  c?'  tma  donna  e  d'  uno  uomo  che  non  poteano  aver 
figliuoU.  Testo  inedito  del  buon  secolo  della  lingua.  Bologna 
Tipografia  del  Progresso  ditta  Fava  e  Garagnani  1870.  8°. 
23  S.     (In  80  numerierten  Exemplaren  gedruckt.) 

Diese  gleichfalls  von  F.  Zambrini  aus  einer  andern 
Magliabechianischen  Handschrift  herausgegebene  geistliche  No- 
velle beginnt  also:  Avea  nella  citta  di  Vinegia  una  donna, 
eh'  avea  uno  suo  marito,  ed  era  molto  ricco  dell'  avere  di 
questo  mondo,  e  non  avea  figliuolo  niuno.  E  questo  suo 
marito  teneva  molte  amiche  per  disiderio  d'  avere  ligliuoli;  e 
questa  sua  donna  se  ne  dava  molta  ira,  e  grande  maninconia 
n'  avea  veggiendo  Stare  questo  suo  marito  in  peccato  d'  avol- 
terio.  Pensando  questa  una  fiata  infra  se  medesima,  e'  disse : 
i'  6  fatte  quante  medicine  sono  sute  in  questo  mondo  e  niente 
m'  e  valute,  inperö  voglio  ricorrere  a  colei  ch'  e  fontana  di 
misericordia  e  divotamente  la  voglio  pregare,  che,  per  la  sua 
pieta  e  misericordia,  che  le  piaccia  di  darmi  figliuoli;  perö 
che  '1  mio  marito  non  ne  stia  in  tanto  peccato  e  in  avolterio, 
quanto  egli  sta.     Die   Dame   begab  sich  hierauf  ■ —  so  erzählt 


Italienische  Novellen.  411 

die  Novelle  weiter  —  in  eine  Kirche  und  betete  inbrünstig  vor 
dem  Bilde  unserer  Frau  (di  nostra  Donna).  In  der  darauf 
folgenden  Nacht  träumte  sie,  sie  hätte  einen  wunderschönen 
Käfig  gemacht,  und  dieser  Käfig  war  voll  von  Hähnen,  die 
laut  sangen,  und  darunter  war  einer  mit  goldenen  Federn,  der 
so  süfs  sang,  dafs  sie  entschlief.  Am  Morgen  fragte  sie  vor- 
geblich viele  Weise  nach  der  Deutung  des  Traumes,  endlich 
aber  erklärte  ihr  ein  Freund  Gottes  (un  amico  di  Dio),  der 
Käfig  bedeute  ein  Kloster,  die  singenden  Hähne  die  Mönche, 
der  Hahn  mit  den  goldenen  Federn  ihren  Sohn,  'che  sara 
vergine  e  di  gloria  eternale;  il  quäle  sarä  santo  e  grande 
amico  di  Dio;  e  le  penne  dell'  oro  significano  la  grazia  di  Dio.' 
Die  Frau  beredete  nun  ihren  Mann  ein  Kloster  zu  gründen.  Kaum 
war  das  Kloster  fertig,  so  wurde  die  Dame  guter  Hoffnung, 
und  als  die  Zeit  kam,  gebar  sie  einen  schönen  Knaben.  Zehn 
Jahre  alt  und  der  schönste  und  verständigste  Knabe  in  ganz 
Venedig  geworden,  ging  er  einst  mit  seinen  Gespielen  längs 
der  Meeresküste,  'e  V  onda  del  mare  venne  si  grande,  che 
trasse  al  se  il  fanciuUo  e  menollo  via.'  Als  die  Aeltern  dies 
erfuhren,  eilten  sie  verzweiflungsvoll  in  das  Kloster  zu  den 
Mönchen.  Da  erschien  einem  der  Mönche  ein  Engel  und  ver- 
kündete, dafs  die  Jungfrau  Maria  den  Knaben  gerettet  habe, 
und  dafs  die  Aeltern  ihn  auf  einer  Insel  unversehrt  finden 
würden.  Wirklich  fanden  sie  auf  der  bezeichneten  Insel  ihren 
Sohn,  und  auf  die  Frage,  wie  er  dahin  gekommen,  antwortete 
er:  'Una  donna,  la  piü  bella  che  si  vedesse  mai,  incoronata 
6  tutta  vestita  di  sole,  mi  prese  e  tennemi  in  grembo  suo,  e 
dissemi,  s'  io  intrassi  nel  munistero  nostro,  eh'  ella  verrebbe 
molte  volte  ad  me;  et  io  non  ne  starö  giä  mai  allegro,  s'  io 
nolla  riveggio,  inperö  s'  io  la  vedessi,  io  sarei  tutto  sazio  e 
satollo  cosa  mondana  (sie);  e  sappiate,  padre  mio  e  madre 
mia,  che  nonn'  e  piii  mondo  che  vedere  lei.'  Er  ward  sei- 
nem Wunsche  gemäfs  in  das  Kloster  gethan,  wohin  ihm  sein 
Vater  bald  folgte.  Nach  nicht  langer  Zeit  starb  der  Knabe  im 
Kloster,  'e  gli  angioli  di  cielo  vennono  visibilmente  con  gran- 
dissimo  canto  e  con  grandissime  luminare.  E  quando  1'  anima 
sua  fu  partita  dal  munistero,  che  parve  che  tutto  Io  moscado 
vi  fussi.'  ^)     Auch  die  Aeltern  starben  später  selig,  der  Vater 


')  Vgl.  Cullezione  di  opere  inedito  o  rare  I,  17S  ('tutto  il  moscado 


412  Kritische  Anzeigen: 

in  dem  Mönchskloster,  die  Mutter  iu  einem  von  ihr  gestifteten 
Nonnenkloster. 

Novella  del  Fortunato  nuovamente  stampata.  In  Livorno, 
pei  tipi  di  Franc.  Vigo  1869.  Lex.-8'^  (d.  h.  nur  das  Format 
des  Papiers,  der  Satz  selbst  im  kleinsten  Miniaturformat). 
XI   nnd  31   S.     (In  80  numerierten  Exemplaren  gedruckt.) 

Die  hier  von  dem  ausgezeichneten  Bibliophilen  Giovanni 
Papanti  in  Livorno  herausgegebene  Novelle  eines  gewissen 
Fortunato  (s.  G.  Passano  I  Novellier!  italiani  in  prosa  S. 
211  und  309)  führt  in  dem  zu  Grunde  gelegten  Drucke  aus 
dem  15.  Jahrh.  den  Titel:  'Novella  di  Ilizardo  re  di  Thebe, 
quäle,  doppo  1'  auer  maritate  tre  sue  figliuole  in  gran  perso- 
nagi,  la  quarta  marita  a  chi  la  uenze  a  corere,  e  ne  segue 
dubio  de  tre  compagni.'  Der  Inhalt  ist  folgender:  König 
Ricardo  von  Aegypten  hatte  drei  heiratsfähige  Töchter,  und 
da  er  keine  Kinder  mehr  zu  bekommen  glaubte,  theilte  er 
sein  Reich  in  drei  Theile  und  gab  sie  den  Töchtern,  die  er 
an  die  Könige  von  Scardona,  der  'Gotthi'  und  von  Scithia 
verheiratete,  als  Mitgift.  Er  selbst  behielt  nur  so  viel,  als  zum 
Lebensunterhalt  für  ihn  und  seine  Gemahlin  und  seinen  Hof 
nötig  war.  Wider  Erwarten  bekam  er  aber  noch  eine  vierte 
Tochter,  welche  zu  einer  schönen  Jungfrau  heranwuchs.  Als 
sie  heiraten  sollte,  erklärte  sie,  wenn  sie  nicht,  wie  ihre 
Schwestern,  einen  König  zum  Mann  bekäme,  nur  den,  der  sie 
im  Wettlauf  besiege,  heiraten  zu  wollen.  Verschiedene  ritter- 
liche Bewerber  traten  auf,  wurden  aber  besiegt  und  hin- 
gerichtet. Denn  Prudentia  war  nicht  nur  wirklich  eine  aufser- 
ordentlich  schnelle  Läuferin,  sondern  sie  besafs  auch  ein 
wunderbares  wohlriechendes  Wasser,  mit  dem  sie  die,  welche 
ihr  im  Wettlauf  nahe  kamen,  bespritzte,  so  dafs  sie  ohn- 
mächtig hinfielen.  Da  kamen  drei  Gesellen  mit  wunderbaren 
Eigenschaften  nach  Theben.  Der  eine  hiefs  Tiritirante  und 
schofs  mit  seinem  Bogen  drei  Meilen  weit,  ohne  das  Ziel  zu 
fehlen,  der  andere  hiefs  Vedividante  und  sah  fünf  Meilen 
weit,    der    dritte   hiefs    Coricorante  *)   und  lief  so  schnell  wie 


del  raondo'),  Leggende  del  sec',  xlv,   I,  503  und  Leggenda  di  Vergogiia 
S.  28  ('tiitti  moscadi  del  mundo"). 

')    Man  beachte    die  Doppelung    in  den  Namen,    welche  eine  Stei- 


Italienische  Märdien.  413 

ein  Vogel  fliegt.  Coricorante  unternahm  es,  mit  der  Königs- 
tochter um  die  Wette  zu  laufen.  Auch  ihn  bespritzte  sie  mit 
dem  Wasser,  und  er  fiel  ohnmächtig  um.  Das  sah  aber  Ye- 
dividante  sofort  und  sagte  es  seinem  Freunde  Tiritirante,  der 
alsbald  einen  Pfeil  auf  Coricorante  abschofs  und  ihn,  ohne 
ihn  zu  verletzen,  traf  und  dadurch  erweckte,  so  dafs  er  der 
Königstochter  nacheilte,  sie  überbolte  und  vor  ihr  das  Ziel 
erreichte.  Als  er  sie  nun  aber  zur  Gemahlin  verlangte,  erho- 
ben die  beiden  Gefährten  denselben  Anspruch.  'Et  il  re 
vedendo  tutt'  e  tre  haver  operato  1'  uno  in  aiuto  de  1'  altro, 
fece  consiglio  per  far  dicider  de  chi  dovea  essei'e.  La  coppia 
della  sententia  e  nelle  mani  del  Fortunato,  a  beneficio  di 
quelii  che  li  piacerä  vederla.' 

Man  vergleiche  Grimm  Kinder-  und  Hausmärchen  No.  71, 
Ey  Harzmärchenbuch  S.  116  und  das  Märchen  'Belle-Belle 
ou  le  Chevalier  Fortune'  der  Gräfin  d'Aulnoy.  In  diesen 
Märchen  kömmt  auch  ein  Wettlauf  mit  einer  Königstochter 
vor,  wobei  der  Läufer  einschläft,  aber  durch  einen  Schufs 
oder  Wurf  noch  zeitig  genug  erweckt  wird,  um  vor  der  Prin- 
zessin das  Ziel  zu  erreichen.  Bei  Grimm  und  Ev  schläft  er 
ein,  indem  er  etwas  ausruhen  will,  da  er  einen  bedeutenden 
Vorsprung  hat;  bei  der  Gräfin  d'Aulnoy  in  Folge  eines  Trankes, 
den  ihm  die  Prinzessin  vor  Beginn  des  Laufes  gereicht  hat. 
Bei  Grimm  sieht  der  scharfsehende  Jäger,  dafs  der  Läufer 
schläft,  und  weckt  ihn  durch  einen  Schufs,  bei  Ey  weckt  ihn 
der  Starke  durch  einen  Steinwurf,  nachdem  der  Scharfäugige 
gesehen  hat,  dafs  er  schläft,  und  bei  der  Gräfin  d'Aulnov 
hört  Fein -Ohr  den  Läufer  schnarchen  und  der  Schütze 
erweckt  ihn  durch  einen  Pfeilschufs.  ')  Es  gibt  noch  andere 
Märchen,  in  denen  ein  eingeschlafener  Läufer  durch  einen 
weittreffenden  Schützen  oder  Werfer  erweckt  wird,  es  handelt 
sich  aber  in  diesen  Märchen  nicht  um  einen  Wettlauf  mit 
einer   Königstochter,    sondern    der   Läufer    soll    binnen    einer 


gerung   ausdrücken    soll    nach    Analogie    von  tutuito ,   or  ora ,   ben  bene, 
piun  piano. 

')  In  Basiles  Pentamerone  III,  8  wird  Furgolo  ^Blitz),  der  Läufer, 
durch  einen  Ring  mit  einem  Zauber.-tein  festgemacht,  bis  Cecadiritto 
(TriflFgut),  der  Arnibrustschütz.  ihm  den  Stein  vom  Finger  schiefst. 


414  Kritische  Anzeigen :  Italienische  Novellen. 

bestimmten  Frist  etwas  holen.  S.  meine  Anmerkung  zu  Laura 
Gonzenbach's  Sicilianischen  Märchen  No.  74. 

Novella  di  Anton/r.  Doni.  Pisa  Tipografia  Nistri  1870. 
8°.     X  S.     (In  73  Exemplaren  gedruckt.) 

Diese  von  Alessandro  D'  Ancona  herausgegebene  Novelle 
ist  Doni's  Filosofia  morale  entnommen.  Es  ist  die  bekannte, 
aus  Indien  stammende  Erzählung  (s.  Benfey  Pantschatantra  I, 
283)  von  den  zwei  Kaufleuten,  deren  einer  behauptet,  Mäuse 
hätten  das  von  dem  andern  ihm  zur  Aufbewahrung  übergebene 
Eisen  gefressen ,  worauf  der  andere  den  Knaben  des  erstem 
bei  sich  versteckt  und  dem  Vater  sagt,  er  habe  gesehen,  wie 
ein  Raubvogel  —  bei  Doni  'uno  passerino'  —  den  Knaben 
fortgetragen  habe,  und  dies  sei  nicht  wunderbarer,  als  dafs 
Mäuse  Eisen  gefressen  hätten.  Doni  hat  die  Novelle  vor- 
trefflich erzählt.  Einige  kleine  wörtliche  Uebereinstiniraungen 
mit  Firenzuola's  Bearbeitung  derselben  Erzählung  in  seinen 
'Discorsi  degli  Animali'  (in  Bianchi's  Ausgabe  der  Opere  di 
A.  Firenzuola,  Firenze  1848,  I,  64)  zeigen,  dafs  Doni  auch 
hier  wie  mehrfach  in  seiner  Filosofia  morale  die  Discorsi  degli 
Animali  benutzt  hat.  (Siehe  Passano  I  Novellieri  italiani  in 
prosa  S.  185.) 

Kovella  di  Francesco  Ängeloni  da  Terni.  Modena  Tipo- 
grafia Cappelli  1870.  8^  16  S.  (In  80  Exemplaren  ge- 
druckt.) 

Fr.  Ängeloni,  Gelehrter  und  Dichter  (gest.  zu  Rom  1652), 
hat  36  Novellen  handschriftlich  hinterlassen,  von  denen  bis 
jetzt  13  —  einschliefslich  der  vorstehenden,  von  A.  Cappelli 
herausgegebenen  —  gedruckt  sind.  (S.  Passano  I  Novellieri 
italiani  in  prosa  S.  8  und  Cappelli's  Vorwort.)  Die  vor- 
liegende Novelle  erzählt,  wie  einige  Spitzbuben  einem  ehe- 
maligen Mitglied  ihrer  Bande  eines  Nachts  Schinken  und 
Salami  auf  sehr  listige  Weise  stehlen,  die  ihnen  aber  der 
Bestohlene  noch  in  derselben  Nacht  auf  nicht  minder  listige 
Weise  wieder  stiehlt.  Mit  unwesentlichen  Abweichungen  findet 
sich  derselbe  Schwank  in  Temistocle  Gradi's  Saggio  di  letture 
varie  per  i  giovanni,  Torino  1865,  S.  111  fg.,  sehr  gut  er- 
zählt, wahrscheinlich  nach  mündlicher  Ueberlieferung. 

Weimar,  November  1871. 

Reinhold  Köhler. 


Romancero  del  Cid.  415 

Romancero  del  Cid.  Nueva  edicion  anadida  y  reformada  sobre  las 
antiguas  que  contiene  doscientos  y  cinco  romances,  recopilados, 
ordenados  y  publicados  por  Carolina  Michaelis.  Leipzig  (Brock- 
haus), 1S71.     8».     X  — 368  p. 

Durch  diese  neue,  an  Vollständigkeit  alle  früheren  über- 
treffende Sammlung  der  Cidromanzen ,  welche  den  30.  Band 
der  im  Brockhaus'schen  Verlage  erscheinenden  Coleccion  de 
autores  espanohs  bildet,  hat  die  Herausgeberin,  welche  ihre 
Befähigung  zu  dieser  Arbeit  bereits  durch  ihre  vortreffliche 
Einleitung  zu  Herder's  „Cid"  (in  der  Brockhaus'schen  Klas- 
sikersammlung) documentirt  hatte,  der  spanischen  Literatur 
einen  ausgezeichneten  Dienst  geleistet.  Um  denselben  voll- 
ständig zu  würdigen,  ist  es  freilich  nöthig,  sich  der  biblio- 
graphischen Geschichte  der  Cidromanzen  zu  erinnern.  Die 
erste  selbständige  Sammlung  derselben  wurde  bekanntermafsen 
von  Juan  Escobar  im  Jahre  1612  u.  d.  T.  Romancero  e  histo- 
ria  del  muy  valeroso  caballero  el  Cid  Ruy  Diaz  de  Bibar 
(Alcalä,  12^'.)  veranstaltet.  Sie  enthält  96  Romanzen  und 
wurde  in  demselben  Jahrhundert  mehrmals  unverändert  wieder 
abgedruckt,  bis  sie  1702  zu  Cadix  in  etwas  verbesserter  Ge- 
stalt und  mit  6  Romanzen  vermehrt  erschien.  Letztere  Aus- 
gabe wurde  dann  wieder  das  Original  für  alle  folgenden 
Abdrücke,  deren  letzter  zu  Barcelona  1757  in  2  Bänden 
12"  erschien.  Auf  ihr  beruhte  die  correctere,  aber  nur  78 
Romanzen  enthaltende  Sammlung,  welche  Vicente  Gonzalez 
de  Renguera  1818  zu  Madrid  u.  d.  T.  Romancero  e  historia  del 
Cid  veranstaltete  und  die  von  Dr.  Julius  besorgte  Frankfurter 
(1828,  12".),  welche  die  frühere  Zahl  von  102  Romanzen 
wiederherstellte.  Inzwischen  waren  aber  die  allgemeineren 
Romanzensammlungen  von  Depping  (1817  und  1825)  und 
Duran  (18.32  fg.)  erschienen,  so  dafs  A.  Keller  in  seinem 
Romancero  del  Cid  (Stuttgart  1840,  8".)  die  bisherige  Anzahl 
durch  52  den  letztgenannten  Sammlungen  entnommene  Stücke 
vermehren  konnte.  In  den  nächsten  Jahren  erhielt  das  Ma- 
terial neuen  Zuwachs  durch  die  neuen  Ausgaben  der  Dep- 
ping'schen  (1844)  und  der  Duran'schen  Sammlung  u.  d.  T. 
Romancero  general  (Madrid  1849  fg.  2  Bde.  8"),  so  wie 
durch  die  verschiedenen  Epoche  machenden  Arbeiten  unseres 
Ferdinand  Wolf,  besonders  durch  den  Wiederabdruck  ^er  Rosa  de 


416  Kritische  Anzeigen: 

Bomances  des  Timoneda  (184G),  die  Mittheilungen  aus  der 
berühmten  Prager  Sammlung  (1850)  und  der  Primavera  y 
Flor  de  Bomances  (1856),  und  seitdem  regte  sich  bei  allen 
Freunden  der  spanischen  Literatur  der  Wunsch,  das  neue 
Material  für  eine  neue  selbständige  Ausgabe  der  Cidromanzen 
benutzt  zu  sehen. 

Diesem  Wunsche  ist  nun  durch  die  vorliegende  Samm- 
lung in  dankenswerthester  Weise  entsprocl;ien  worden.  Die- 
selbe läfst  zunächst  an  Vollständigkeit  nii^hts  zu  wünschen 
übrig.  Duran  hatte  in  seinem  Bomancero  geiHral  die  Zahl  der 
Cidromanzen  auf  187  bringen  können.  Fräulehi  Michaelis  hat 
nun  noch  18  in  keiner  neueren  Sammlung  gedruckte  Stücke 
hinzugefügt,  theils  aus  der  Frager  Sammlung,  theils  aus  der 
Silva  von  1550  und  dem  Cancionero  de  Bomances,  theils 
endlich  aus  des  Fr.  de  Santos  Buche  La  Verdad  en  el  jiotro 
ij  el  Cid  resucitado,  und  wenn  diese  letzteren  auch  nur  Frag- 
mente sind  und  der  vulgären  Klasse  der  Romanzen  ange- 
hören, so  ist  ihre  Aufnahme  in  die  Sammlung  doch  der  Voll- 
ständigkeit wegen  dankenswerth.  Auch  die  zuerst  von  R. 
Köhler  in  „Herder's  Cid  und  seine  französische  Quelle" 
vollständig  bekanntgemachte  Romanze  Banderas  antiguas, 
tristes  aus  dem  Jardin  de  Ämadores  und  dem  Tesoro  escovdido 
des  Metge  ist  mit  aufgenommen. 

Ein  zweiter  Vorzug  der  Sammlung  vor  allen  früheren 
besteht  in  der  Authenticität  der  Texte,  welche  stets  den  älte- 
sten Quellen  entnommen  sind  unter  steter  gewissenhafter  An- 
gabe derselben,  so  wie  der  wichtigsten  Varianten  späterer 
Drucke. 

Was  die  Anordnung  betrifft,  so  wird  vom  wissenschaft- 
lichen Standpunkte  aus  vielleicht  der  Wunsch  laut  werden,  es 
hätte  der  Herausgeberin  gefallen,  die  Romanzen  nach  ihrer 
Entstehungsart  und  Entstehungszeit,  also  nach  den  von  Wolf 
und  Duran  aufgestellten  Kategorien  zu  ordnen,  während  sie 
die  chronologische  Ordnung  beibehalten  hat.  Wir  unsererseits 
können  ihr  hieraus  keinen  Vorwurf  machen.  Denn  die  Samm- 
lung, wie  werthvoll  auch  immer  für  die  wissenschaftliche 
Forschung,  ist  doch  zu  einem  grofsen  Theile  auch  für  ein 
nicht  gelehrtes  Publicum  bestimmt,  welches  sich  an  den  schö- 
nen Dichtungen  erfreuen  und  dieselben  im  Zusammenhange 
geniefsen  will.    Für  solche  Leser  aber  wäre  die  Wissenschaft- 


Romanoero  del  Cid.  417 

liclie  Anordnung  schlechterdings  nicht  zu  gebrauchen  gewesen. 
Sie  würde  sie  nur  verwirrt  und  gestört  und  sie  würden  das 
Buch  unbefriedigt  aus  der  Hand  gelegt  haben,  woliingegen 
dem  Manne  von  Fach  Mittel  genug  zu  Gebote  stehen ,  sich 
die  literarhistorische  Ordnung  selbst  zurecht  zu  legen. 

Die  Sammlung  befriedigt  somit  alle  berechtigten  An- 
sprüche, macht  dem  Fleifse,  der  Gewissenhaftigkeit  und  dem 
kritischen  Tacte  der  Herausgeberin  hohe  Ehre  und  fügt  den 
deutschen  Verdiensten  um  die  spanische  Literatur  ein  neues 
hinzu,  welches  sicherlich  auch  jenseits  der  Pyrenäen  die  ge- 
bührende Würdigung  finden  wird. 

Lemcke. 


La  Gerusalenime  liberata  di  Torquato  Tasso.  Riveduta  nel  testo  e 
corredata  di  note  critiche  ed  illustrative  per  cura  di  G.  A.  Scar- 
tnzzini.     Leipzig  (Blockhaus),  1871.     8".     XLVI,  411  p. 

Von  den  in  Deutschland  gedruckten  und  daher  am  leich- 
testen zugänglichen  Ausgaben  der  Gerusalemme  liberata  war 
bisher  die  von  Fernow  (2^  ediz.,  Jena  1824)  die  mit  Recht 
am  meisten  benutzte.  Sie  war  allerdings  sowohl  bezüglich  des 
correcten  Textes,  wie  der  Anmerkungen,  vortrefflich,  und  hätte 
eher  verdient  in  Herrn  Scartazzini's  Verzeichnifs  der  von  ihm 
verglichenen  Ausgaben  erwähnt  zu  werden,  als  die  in  vieler 
Hinsicht  unvollkommene  von  A.  Wagner  im  Parnasso  iialiano. 
Aber  sie  ist  gegenwärtig  doch  schon  etwas  veraltet  und  exi- 
stirt  vielleicht  auch  nicht  einmal  mehr  im  Buchhandel.  Wir 
heifsen  daher  diese  neue  Ausgabe  des  Gedichtes  sehr  will- 
kommen. Sie  ist,  nach  des  Herausgebers  eigener  Erklärung, 
nicht  für  den  Gelehrten,  sondern  für  den  gebildeten  Freund 
der  italienischen  Literatur  bestimmt,  dem  sie  einen  möglichst 
guten  Text  liefern  und  das  Verständnils  erleichtern  soll,  und 
beide  Zwecke  scheinen  uns  vollkommen  erreicht  zu  sein.  Der 
Text  beruht  auf  der  Vergleichung  der  beiden  ältesten  Aus- 
gaben und  6  neueren.  Unter  diesen  vermissen  wir  aufser  der 
schon  oben  genannten  Fernow'schen  auch  die  von  Gherardini 
besorgte  in  den  Opere  scelte  di  T.  T.  (Milano  1824),  von 
dessen,    wenn    auch    nicht  immer  unbedingt  annehmbaren  Ver- 

Jahrb.  f.  roiii.  u.  engl.  Lit.  XII.  4.  27 


418  Kritische  Anzeigen:  La  Gerusalemme  liberata. 

besserungsvorschlägen  doch  wenigstens  hätte  Notiz  genommen 
werden  können.  So,  um  nur  einige  Beispiele  anzuführen, 
erscheinen  uns  seine  Gründe  für  die  Lesart  estremo  statt 
estrem«  C.  I.  st.  52  durchaus  beachtenswerth,  und  C. VI.  st.  17 
würden  wir  die  Schreibung  or  si  parra  statt  or  st  parra 
entschieden  vorziehen.  Die  vom  Herausgeber  aber  wirklich 
geprüften  Ausgaben  sind  mit  grofser  Gewissenhaftigkeit  und  im 
Ganzen  mit  besonnener  Kritik  geprüft  und  alle  wirklich  wich- 
tigen Varianten  mit  genauer  Angabe  ihrer  Quellen  angeführt 
worden.  Die  erklärenden  Anmerkungen  enthahen,  dem  Zwecke 
der  Ausgabe  durchaus  angemessen,  ohne  allzu  zahlreich  zu 
sein,  doch  Alles  zum  Verständnifs  Nöthige.  Der  Ausgabe 
vorangeschickt  ist  die  Vita  di  T.  T.  von  Maffei,  eine  Materia 
storica  della  Gerusalemme  liberata  in  Auszügen  aus  Cantü  und 
Girolamo  Serra,  Eniiliano -Giudici's  Urtheil  über  die  Gerusa- 
lemme und  schliefslich  die  Parallelle  zwischen  Tasso  und  Ariosto 
von  Cereseto.  So  zweckmälsig  diese  Beigaben  gewählt  sind, 
hätten  sie  uns  doch  aus  der  Feder  des  Herausgebers  passender 
geschienen. 

Lemcke. 


Zur  französischen  Literaturgeschichte.  A\q 

Bibliographie  des  Jahres  1870. 
I.     Zur  französischen  Literaturgescliichte. 

Von  Adolf  Ebert. 


A. 

1.  Catalogue    general    de  la  librairie   fran9aise    pendant 
vingt-cinq    ans  (1840—1865)   etc.;    par   0.   Lorenz  [s    J    69 
Nr.   1].     Livr.   14  — 16.     a   5  fr. 

2.  Les  supercheries  litteraires  devoilees  etc.,  par  J.  M. 
Querard.  Seconde  ed.,  publ.  par  Brimet  et  Janoret  [s  J  69 
Nr.   2].     Tome  I,   2^  partie.     12  fr.  '       ' 

3.  Les    anciennes    bibliotlieques    de    Paris  etc.,    par    A. 
Franklin  [s.  J.   67,  Nr.  7].     Tome  II.     Avec  grav.    pl    et  fac 
simile.  XXIV,  403  p. 

Theil  der  «Histoire  generale  de  Paris». 

4.  Livres  imprimes   ä  Cluriy  en   1493;    par  A.  Bernard. 
In:    Memoires  de  la  Societe   imp.   des  Antiquaires  de 

France  4*^  Ser.     Tome  I. 

5.  Catalogue  methodique  des  imprimes  de  la  biblio- 
tbeque  publique  de  Douai,  avec  une  notice  historique  Douai 
8".     k  2   col.      155  p. 

6.  Promenade  a  la  bibliotbeque  de  Troyes,  par  Socard 
8".     48  p. 

7.  Histoire  nationale  de  la  litterature  fran^aise  par  E 
Chasles.     Tome  I.      Origines.      8«.      VIII,  453  p.      6  fr. 

Enthält:  Le  genie  gaulois  ou  la  race;  les  Gallo -Romains  et  la 
civilisation;  les  Gallo-Francs  et  l'epopee;  les  Gallo -Bretons  et  l'esDrit 
romanesque.  ''^ 

8.  Les  derniers  troubadours  de  la  Provence  etc  nar 
P.  Meijer  [s.  J.  69,  Nr.  12].  "'    ^ 

In:  Bibl.   de  l'ecole  des  Chartes,   p.  412   i». 
Gibt  als  Appendice:  ,.  Table  du  chansonnier  La  Valliere..  p   410  f„ 
und  »Table  alphabetique  des  Troubadours  qui  Ügurent  dans  les  Chanson- 
niers   Giraud  et  La  Valliere»  p.  453  fg.;    endlich    «Additions     et    cor 
rections».   —  Erschien  auch  selbständig:   s.  darüber    Tobler    Gült    Gel 
Am.,  J872,  Febr. 

9.  Die  provenzaliscbe  Poesie  der  Gegenwart,  von  E 
Bohnur,     Halle.     8'\     48  p.     12  Sgr. 

97* 


420  Bibliographie  v.   1870. 

10.  Essai  de  classiücation  methodique  et  synopliqiie  dos 
romans  de  clievalerie  inedits  et  publies.  Premier  appendice 
au  catalogue  raisonne  des  livres  de  la  bibliotheque  de  M.  A. 
F.  Didot."    8".     XXIV  p.     15  Tableaux. 

11.  Sagnet  oni  Holger  Danske,  dets  udbredelse  og  for- 
hold til  Mythologien,  ved  L.  Pio.  Kopenhagen.  8'\  100  p. 
64  ß.  dän. 

S.  darüber  den  Artii^el  in  der  Rei\  crit.,  Nr.  7,  von  G.  P.  (Gastnn 
Paris),  welcher  im  Eingang  bemerkt:  «L'auteur  rassemble  toutes  Ics 
legendes  sur  Holger  Danske  (Ogier  le  danois)  qui  sont  populaires  en 
Danemark  et  il  essaie  d'en  donner  Tinterpretatiün  mythologique;  mais 
il  se  garde  bien  de  vouloir  faire  rentrer  dans  cette  Interpretation  la 
tradition  fran(^aise.» 

12.  lieber  eine  altfranzösische  Handschrift  der  k.  Uni- 
versitätsbibliothek zu  Pavia;  von  A.  Mussajla,  Wien.  gr.  8". 
74  p.      12   Sgr. 

Aus  den  öitzungsber.  der  phil.-histor,  Classe  der  Wiener  Akad. 
Bd.  LXIV.  —  Die  Handschrift  aus  dem  14.  Jahrb.  ist  bezeichnet  CXXX. 
E.  5  und  besteht  aus  87  Pergamentblättern,  die  zweispaltig  38  Zeilen 
auf  der  Spalte  haben.  Die  Handschrift  enthält  vornehmlich  Dits  und 
Fabliaux  und  histor.  Gedichte,  worunter  manches  Neue  und  Interes- 
sante, auch  ein£  schon  bekannte  metiische  Bearbeitung  der  Disciplina 
clericalis  (die  1824:  durch  die  Si)cicte  des  bibliophiles  publicirte).  Ein 
paar  interessante  Stücke  werden  ganz  mitgetheilt,  namentlich  ein 
Eabliau,  das  einen  im  Mittelalter  weit  verbreiteten  Stoli"  behandelt, 
wie  die  daran  geknüpfte  gelehrte  literargeschichtliche  Untersuchung 
des  Verf.  zeigt. 

13.  Hisloire  des  poemos  epiques  frauyais  du  17®  siecle, 
par  J.  Duchesne.     8".     384  p.      5  fr. 

S.  Rev.  crit.  1872,  Nr.  8. 


14.  Beauvau,  Pierre  de.  —  Zum  Roman  des  Troilus 
des  Pierre  de  Beauvau,  von  A.  Mussafia.  (Handschriftliche 
Studien  IV.) 

In  :  Sitznngsber.  d.  Wiener  Akad.,  phil.-hist.  Cl.  Bd.LXIlI. 
Der  Verf.  fand  in  der  Ihindschrift  3-135  der  Wiener  Hofbibliothek 
einen  besseren  und  ursprünglichereu  Text  als  der  in  den  Nouvelles 
fran^.  en  prose  du  XI \'.  s.  von  Abdand  und  d'Hericaiilt  (s.  J.  ö8, 
Nr.  88)  mitgetheilte,  und  hat  alle  wichtigeren  abweichenden  Lesarten 
desselben  liier  publicirt.  Diese  Uebersetzung  des  Filostrato  erscheint 
hiernach  viel  richtiger. 

Benoit  de  Sainte-More.  —  S.  unten  Nr.  3n. 

15.  Chrestien  de  Troies.  —  Das  Verhältnifs  des  Ilart- 
mann'schen  Iwein  zu  seiner  ahfranzösischen  Quelle ;  von   Gitth. 

In:  Archiv  f.   d.  Stud.   d.   neuern  S[)r.,  XLVI.  Bd. 

16.  Descartes.  —  Descartes,  son  histoire  depuis  1637, 
sa  Philosophie,  son  role  dans  le  mouvement  general  de  l'esprit 
humain,   par  J.  Milhi.     8*\     372  p.      7  fr. 

Schliefst  sich  an  Nr.  36,  J.  68. 

17.  Froissart.  —  Etüde  sur  les  chroniques  de  Froissart. 


Zur  franzosischen  Literaturgeschichte.  421 

Guerre   de   Guienne.     1345 — 134G.     Lettres   adressees   ä  M. 
Leon  Lacabaue,  par  Bertranch/.     8".      404  p.      7  fr. 

18.  Joinville.  —  Etüde  sur  la  vie  et  les  travaux  de 
Jean  sire  de  Joinville,  par  A.  F.  Didot.  1  °  partie,  ornee  de 
6  gravures,  accorapagnee  d'une  Notice  sur  les  mss.  du  sire 
de  Joinville  par  Paulin   Paris.      8^.      25G   p. 

19.  Joinville.  —  Le  sire  de  Joinville  (12-23  —  1318), 
essai  biographique  par  Ch.IIequet.   CIiälons-sur-Marne.  8".  45  p. 

20.  Lacordaire.  —  Eloge  du  P.  Lacordaire,  par  L.  Fa- 
vatier.  Discours  qui  a  obtenu  une  violette  au  concours  de 
1869  de  TAcademie    des  Jeux-floraux.     Narbonne.    8*^.    61  p. 

21.  La  Säle,  Antoine  de.  —  Versuch  über  Antoine  de 
la  Säle,  von  L.   Stern. 

In:  Archiv  f.  d.  Stud.  d.  neuern  Spr.,  XLVI.  Bd. 

22.  Malebranche.  —  La  philosophie  de  Malebranche, 
par  L.   Olle-Lapnine.     2   Vol.     8'\     XI,   G51   und   505  p. 

Diesem  Werke  liegt  ein  von  der  Acadeniie  des  soiences  morales 
i^ekröntes  Memoire  zu  Grunde.  Es  zerfällt  in  3  Abtheilungen,  wovon 
die  erste  die  Person  des  Philosophen  und  seine  Lehre,  namentlich  im 
Vergleich  mit  der  des  Descartes  und  Augustin,  die  zweite  seine  Schü- 
ler und  Gegner,  die  dritte  endlich  eine  Kritik  seiner  Philosophie  zum 
Gegenstand  hat.     Jutini.  des  Sai\,  März   1872. 

23.  Pascal.  —  Pascal,  sein  Leben  und  seine  Kämpfe, 
von  /.  G.  Dreydorff.  Leipzig.    8*\    X,  462  p.    2  Thlr.  24  Sgr. 

Rabelais.   —  S.  unten  Nr.  48. 

24.  Rabelais.  —  Rabelais,  medecin  stipendie  de  la  cite 
de  Metz;  par   Ch.  Abel.     Metz.      87  p. 

Aus  den  Memoires  de  l'Acad.  imper.  de  Metz,  ann.    18G8  —  G9. 

25.  Racine.  —  Racine  et  sa  famille  niaternelle  ä  St. 
Maximin -lez- Uzes  (1660—1780).     Nimes.     8'*.     23  p. 

Aus  den  Memoires  de  l'Acad.  du  Gard  67  —  G8. 

26.  Ronsard.  Vindiciae  Ronsardianae,  auct.  R.  Weil. 
Marburg.      8'\      39  p.      (Doctordissort.) 

27.  Rousseau.  —  J.  J.  Rousseau's  Leben,  von  Th.  Vo<jt. 
Wien.     8^      114  p.   18  Sgr. 

Aus:  Si^zungsber.  der  Wiener  Akad.,  phil.-hist.   Cl.,  Bd.  LXIII. 

28.  Voltaire.  —  Voltaire.  Sechs  Vorträge  von  David 
Straufs.     Leipzig.      8".      HI,   446  p.      2  Thlr. 

29.  Voltaire.  —  Voltaire  et  la  societe  franyaise  au  18® 
siecle;  Voltaire  et  Frederic;  ^ar  G.  Desnoiresterres.  8".   524  p. 

7 '.2  fr. 

Vgl.  Jahrg.  69,  Nr.  48. 

30.  Voltaire.  —  Nolice  sur  un  des  aniis  et  des  cor- 
respondants  de  Voltaire,  Jean-Nicolas  Forniont,  par  C/i.  de 
Beaurepaire.     Ronen.     8'*.      58  p. 


422  Bibliographie  v.   1870. 

Aus  dem  Precis  des  travaux  de  FAcadem.  imper.  des  sciences  de 
Rouen,  1868—  69. 

B. 

31.  Mittheilungen  aus  altfranzösischen  Handschriften  von 
A.  Tobler.  I.  Aus  der  Chanson  de  geste  von  Aubri,  nach  einer 
vaticanischen  Handschrift.  Leipzig.  8".  VI,  298  p.  1  Thlr.  15  Ngr. 

32.  Altfranzösische  Romanzen  und  Pastourelien,  heraus- 
gegeben von  K.  Bartsch.  Leipzig.  8".  XVI,  400  p.  2  Thlr.  12  Ngr. 

S.  oben  p.  91  die  Anzeige  von  Gröber. 

33.  La  sire  de  Bacqueville,  legende  normande;  repro- 
duction  de  deux  arguraents  sceniques  representes  en  Belgique 
par  les  etudiants  des  jesuites  en  1622  et  1630.  Frecede 
d'une  introduetion;  par  de  Blosseville.  Rouen.  8'\  XVIII, 
17  p. 

Herausgegeben  von  der  Soeiete  des  bibliophiles  normands. 

34.  La  conspiration  de  Compesieres,  poeme  en  patois 
savoyard,  1695;  introduction  et  notes  par  Plu  Plan,  dessin 
d'A.  Du  Mont.     Genf. 

Ein  burleskes  Gedicht,  durch  eine  Streitigkeit  des  französ.  Resi- 
denten zu  Genf  mit  dem  dortigen  Kath  1695  veranlafst;  es  erscheint 
hier  zum  ersten  Mal  im  Druck  mit  den  nöthigen  historischen  Erläu- 
terungen; leider  ist  zu  wenig  für  die  sprachliche  Erklärung  gethan. 
S.  Rec.  er  it.,  Nr.  15. 


35.  Bassompierre.  —  Journal  de  nia  vie.  Memoires  du 
marechal  de  Bassompierre.  Premiere  edition  conforme  au  ms. 
original,  publiee  avec  fragments  inedits  pour  la  Soeiete  de 
rhistoire  de  France,  par  le  marquis  de  Chanierac.  Tome  I. 
8".     416  p. 

36.  Benoit  de  Sainte  -  More.  —  Benoit  de  Sainte-More 
et  le  roman  de  Troie,  ou  les  metamorphoses  dTIomere  et  de 
l'epopee  greco-latine  au  moyen-age,  par  A.  Johj.  4^.  2  par- 
ties.     109,  450  p.     20  fr. 

Von  den  beiden  Abtheilungen  dieses  Buchs  enthält  die  erstere, 
kürzere,  eine  Abhandlung  über  den  Dichter  und  sein  Werk,  die  zweite 
gibt  das  letztere  selbst,  das  hier  zum  ersten  Mal  vollständig  publicirt 
wird.  Wie  mangelhaft  indessen  diese  Ausgabe  ist,  zeigt  eine  Recen- 
sion  in  der  Rev.  crit.,  Nr.  16.  —  In  der  Abhandlung  versucht  der 
Herausg.  namentlich  nachzuweisen ,  dafs  der  Verfasser  der  Dichtung 
identisch  mit  dem  Verf.  der  Chronique  des  ducs  de  Normandie  sei. 

37.  Brantome.  —  Oeuvres  completes  etc.  publ.  par  L. 
Laianne  [s.  J.  08,  Nr.  72].  Tome  IV.  Grands  capitaines 
fran^ois.     443  p.     9  fr. 

38.  Chapelain.  —  De  la  lecture  des  vieux  romans,  par 
Jean     Chapelain     de    l'Academie     fran9aise.      Publie    pour    la 


Zur  französischen  Literaturgeschichte.  423 

preraiere   fois    avec    des  notes  par  A.  Feillet.     8*^.     X,   51   p. 
3  Vi  fr. 

Dies  interessante,  bish\ng  ganz  unbekannt  gebliebene  Werkchen 
fand  sich  im  8.  Bd.  der  Papiere  Conran's.  Es  ist  dem  Cardinal  von 
Retz  gewidmet,  und  in  der  Form  eines  Gesprächs  zwischen  Chapelain, 
Menage  und  Sarasin  verfafst :  merkwürdig  ist  es  durch  die  der  mittel- 
alterlichen Literatur  Frankreichs,  namentlich  seiner  Epik,  bereits  von 
Chapelain  geschenkte  Anerkennung.  S.  Rec.  crit.,  Nr.  29,  und  Bio/, 
de  l'ec.  d.   C/i.,  p.  '2'3b. 

39.  Cochon.  —  Chronique  iiormande  de  Pierre  Cochon, 
notaire  apostolique  ä  Ronen,  publiee  pour  la  preraiere  fois  en 
entier ,  par  Ch.  de  Eobillard  de  Beaurepaire.  8**.  XXXIX, 
372  p. 

Von  dieser  für  die  Societe  de  Thistoire  de  Normandie  publicirte 
Chronik  des  15.  Jahrh.  war  bisher  nur  ein  Theil  ,  der  sich  auf  die 
Regierung  Karls  VII.  bezog,  veröffentlicht.  —  Angehängt  ist  hier  noch 
eine  Chronique  rouennaise  vom  J.  1371  — 143-1,  die  aber  von  geringer 
Bedeutung  ist.     Jouni.  des  K^niuinfs  1871,  Avril  —  Juin. 

40.  Froissart.  —  Oeuvres  publ.  par  Kervyn  de  Letten- 
hove  [s.  J.  68,  Nr.  78].  Chroniques.  Tome  IX,  (69)  590  p.; 
X,   588  p.;     I.  Introduction,   1«  partie,  YIII,  559  p.      6  fr. 

41.  Froissart.  —  Oeuvres  de  Froissart,  Poesies  publiees 
par  ^4.  Scheler.  Tome  I.  Le  Paradis  d'amours.  L'Orloge 
amoureus.  L'Espinette  amoureuse.  La  Prison  amoureuse.  Le 
dit  dou  bleu  Chevalier.     Bruxelles.      8'^      -107  p.      6  fr. 

42.  Froissart.  —  Chroniques  pubh  par  Lucp  [s.  J.  69, 
Nr.  57].     Tome  II  (1340  —  42)  LIX,  426  p.     9  fr. 

43.  Husson.  —  Chronique  de  Metz  de  Jacomin  Hus- 
son  (1200  —  l.'i25),  publiee  d'apres  le  msc.  autographe  de 
Copeiihague  et  celui  de  Paris,  pur  //.  Michelant.  Metz.  8". 
XII,  384  p.  (Biblioth.  messine). 

Das  Kopenhagener  Msc.  ist  fonds  de  Thott  Nr.  3G9,  und  die  Pari- 
ser Copie  fonds  frang.  Nr.  5395 :  das  erstere  gehörte  zur  Bibliothek 
Foucault's.  Der  Herausgeber  hat  schätzbare  Anmerkungen  hinzugefügt. 
Bild,  de  rec.  des  eh.,  p.  240  fg. 

44.  Jodelle.  —  Les  oeuvres  et  meslanges  poetiques 
publ.  par  ^Marty -Laveuux  [s.  J.  (S'ti^  Nr.  82].  Tome  II. 
389  p.      25' fr. 

45.  Joinville.  —  Credo  de  Joinville,  fac-simile  d'un 
msc.  unique,  precede  dune  dissertation  par  ^1.  F.  Didot ,  et 
suivi  d'une  traduction  en  fran^ais  moderne  par  le  Chevalier 
Artaiid  de  Mordor.     4'\      74  p. 

46.  La  Bruyöre.  —  Die  Charaktere  oder  die  Sitten  im 
Zeitalter  Ludwig  XIV.,  von  La  Bruyere.  Uebersetzt  von  A'. 
EUner.     Hildburghausen.     8**.      288   p.     20  Ngr. 

Band  128  und   129  der  „Bibliothek  ausländ.  Klassiker". 


424  Bibliographie  v.  1870. 

47.  Monluc,  —  Commentaires  et  lettres  etc.,  publ.  par 
A.  de  Ruhle  [s.  J.  G7,  Nr.  98].     Tome  IV.    XXX,  378  p. 

Die  J.  67  gegebene  Anmerkung  mufs  auf  einem  Irrthum  beruhen. 

48.  Rabelais.  —  Oeuvres  de  Rabelais ,  collationnees 
pour  la  premiere  fois  sur  les  editions  originales,  accompagnees 
d'un  commentaire  nouveau  par  Burgaud  des  Marets  et  Rathery. 
Seconde  ed.,  revue  et  augmentee.  Tome  I.  12".  XII,  768  p. 
4  fr. 

Die  erste  Ausgabe  dieser  vortreflFlichen  Edition  Rabelais'  erschien 
1857,  die  neue  ist  noch  wesentlich  verbessert;  namentlich  aber  ist  die 
Notice  biographique  so  erweitert,  dafs  sie  jetzt  den  doppelten  Raum 
einnimmt,  indem  manche  ganz  neue  Thatsachen  mitgetheilt  werden. 
S.  darüber  Rev.  crit.,  Nr.  25,  wo  G,  P.  seine  Kritik  mit  den  Worten 
schliefst:  «La  notice  de  M.  Rathery  est  tm  ouvrage  capital,  et,  on 
peut  le  dire,  dans  sa  courte  etendue,  nn  modele  de  saine  eritique^  de 
bon  sens  et  d'exposition  sobre  et  lucide.» 

49.  Rousseau.  —  Rousseau's  Bekenntnisse;  Deutsch  von 
L.  Sch'ücking.  Hildburghausen.  8*\  2  Thle.  330,  470  p. 
1  Thlr.  Sy^Ngr. 

Bd.  116  — 121  der  ,,BibIioth.  ausländischer  Klassiker". 

50.  Villon.  —  Le  Grand  Testament  Villon  et  le  Petit, 
son  codicille,  le  Jargon  et  ses  ballades  aussi  le  rondeau  que 
le  dit  Villon  fist  quand  il  fust  jugie  a  mort  et  la  requeste 
qu'il  bailla  ä  Messeigneurs  de  parlemant  et  a  Monseigneur 
de  Bourbon.     Lille.     16*\     120  p. 


IL    Zur  englischen  Literaturgeschiclite. 

Vom  Herausgeber. 

A. 

51.  A  Critical  Dictionary  of  English  Literature  and 
British  and  American  Authors,  living  and  deceased,  from  the 
earliest  accounts  to  the  latter  half  of  the  nineteenth  Century. 
Containing  over  43,000  articles  Avith  forty  Indexes  of  sub- 
jects.  By  S.  Austin  Allibone  [s.  J.  1859,  Nr.  122].  Vol.  IL 
roy.  8".     1326  p.     36«. 

52.  Tables  of  English  Literature,  By  Henrij  Morleij 
[8.  J.  1869,  Nr.  75].     Part  3.  fol. 

Schlufsheft.     Das  ganze  Werk  kostet  in  1  vol.  fol.  12  s. 

53.  How  to  teil  a  Caxton,  with  hints  where  and  how 
the  samc  may  be  found.     By   William  Blades.     12".     46-. 


I 

A 


Zur  englischen  Literaturgeschichte.  425 

54.  English  Literature  of  the  XVII  Century.     A  Lecture 
by  F.  St.  John   T/iackerai/.     Eton.     8".      1  .^. 

55.  The  Poetry  of  the  Period.     By  Alfred  Austiv.     8". 
290  p.      Is.  6d. 

In  diesen  Essava,  welche  ursprünglich  im  Temple  Bar  Magazine 
erschienen,  wird  eine  sehr  strenge  Kritik  gegen  die  meisten  lebenden 
englischen  Dichter,  u.  a.  Tennyson  und  Browning,  geübt. 


56.  Byron.  —  LordByron.  YonKarlElze.  Berlin.  8".  2Thlr. 
Ueber    diese    auch    von    der    englischen  Kritik  nach  Verdienst  ge- 
würdigte Biographie  s.  u.  a.  Liter.   Ceutralbl.   1871,  Nr.  18. 

57.  Byron.  —  Lady  Byron  vindicated;  a  History  of  the 
Byron  controversy  from  its  beginning  in  1816  to  the  preseut 
time.     By  Ilarriet  Beecher  Stoice.     16^\     334  p.     2*.  6c/. 

Enthält  die  Replik  der  Beecher  in  dem  bekannten  Streite.  Vgl. 
unsere  vorjährige  Bibliogr.  Nr.  87  —  89. 

58.  Chaucer.  —  Chaucer.  Studien  zur  Geschichte  seiner 
Entwickeking  und  zur  Chronologie  seiner  Schriften.  Von 
Bernhard  ten  Brink:  Theil  I.  Münster.  8*^.  VIII,  222  p. 
1  Thlr.  10  Ngr. 

59.  Dickens.  —  Charles  Dickens;  the  Story  of  bis  Life. 
By  the  Author  of  „the  Life  of  Thackeray".  With  illustra- 
tions  and  facsimiles.     8*^.     380  p.      7-s.  6d. 

60.  Dickens.  —  Charles  Dickens.  By  George  Augustus 
Sala.     12«.     154  p.     1*.' 

Besonderer  Abdruck  aus  dem  Daily  Telegraph. 

61.  Dickens.  —  Charles  Dickens:  a  Sketch  of  bis  Life 
and  Works.  By  F.  B.  Perkins.  New -York.  12«.  264  p. 
1  #• 

62.  Dickens.  —  Memoir  of  Charles  Dickens.  By  TT'/7- 
liam   Watkins.     32«.     2d. 

63.  Irving.  —  Washington  Irving.  Ein  Lebens  -  und 
Characterbild.  Von  Adolf  Lann.  Berlin,  2  Bde.  8«.  XIV, 
246;   IV,  2j92  p.     2  Thlr.  10  Ngr. 

64.  Scott.  —  Life  of  Sir  Walter  Scott  by  Rev.  George 
GUfillan.     Edinburgh.      8«.      396   p.      bs. 

65.  Shakespeare.  —  Jahrbuch  der  deutschen  Shakespeare- 
Gesellschaft.  Im  Auftrage  des  Vorstandes  herausgegeben  von 
K.  Elze  [s.  J.  1869,  Nr.  97].  5.  Jalirg.  Berlin.  8«.  IV, 
401   p.     3  Thlr. 

Dieser  Jahrgang  enthält  ausfer  dem  Jahresberichte  von  Ulrici  und 
dem  Berichte  über  die  Generalversammlung  zu  Weimar  im  J.  18G9, 
12  Aufsätze  von  Viehoff,  Werner,  H.  Kurz,  Hense,  Oohlmann,  v.  Frie- 
sen,  Meifsner,  Delius,   Lüders,   Üechelhäuscr   u.   Elze,   einen  Nachruf 


42G  Bibliographie  v.   1870. 

an     Alex.    Dyce,    sodann    literarische    Besprechungen,    Miscellen    und 
sohliefslich  die  Shakespeare -Bibliographie  von   18G8  und   18(59. 

66.  Shakespeare.  —  Die  Quellen  des  Shakespeare  in 
Novellen,  Märchen  und  Sagen,  mit  sagengeschichtlichen  Nach- 
weisungen. Von  Karl  Simrock.  Zweite,  vollständige  und  dem 
heutigen  Stande  der  Forschung  angenäherte  Auflage.  Bonn, 
2  Bde.     8*^.     X,  372;    IV,  346  p.      2  Thlr.  20  Ngr. 

67.  Shakespeare.  —  The  method  of  Shakespeare  as  an 
artist,  deduced  from  an  analysis  of  his  leading  Tragedies  and 
Comedies.  By  //.  /.  Ruggles.  New -York  (London).  12*'. 
298  p.     1#.  75c. 

68.  Shakespeare.  —  Notes  and  Conjectural  Emenda- 
tions  of  certain  doubtful  Passages  in  Shakespeare's  Plays. 
By  B.  A.  Daniel.     8^     VIII,  94  p.     3^.  6  rf. 

69.  Shakespeare.  —  The  Sonnets  of  Shakespeare  solved 
and  the  Mystery  of  his  Friendship,  Love  and  Rivalry  re- 
vealed,  illustrated  by  numerous  extracts  from  the  Poet's  Works, 
conteniporary  writers  and  other  authors.  By  Henrij  Brown. 
8^     242  p.     7*.  (Sd. 

70.  Shakespeare.  —  Geschichte  der  Shakespeare'schen 
Dramen  in  Deutschland.  Von  Rud.  Genee.  Leipzig.  8". 
VIII,  509  p.     2  Thlr.  22  V2  Ngr. 

S.  Liter.   Cer'tralbl.   1871.  Nr.  15. 

71.  Sterne.  —  Laurence  Sterne,  sa  personne  et  ses 
ouvrages.     Par  P.  Stapfer.     Paris.    8*'.    LH,  306  p.     2  Thlr. 

S.  Athenaeum   1870,  Alay  21.  p.  670. 


B. 

72.     Early   English   Text  Society  Publications  for  1870. 

1)  EngliVh  Gilds.  The  Original  Ordinances  of  more  than 
one  hundred  Early  English  Gilds:  together  with  pe  olde 
Vsages  of  |)e  Cite  of  Wyncliestre ;  the  Ordinances  of 
Worcester;  the  Office  of  the  Mayor  of  Bristol;  and  the 
Costomary  of  the  Manor  of  Tettcnhall-Regis.  From 
Original  MSS.  of  the  fourteenth  and  fifteenth  Centuries. 
Edited  with  Notes  &  by  the  late  Toubnin  Smith  Esq. ; 
with  an  Introduction  and  Glossary  etc.  by  his  daughter 
Lucy  Toulmin  Snufh ,  and  a  preliminary  Essay  in  üve 
parts:  On  the  History  and  Development  of  Gilds,  by 
L.  Brentano  Dr.  jur.  et  phil.     8».  CXCIX,  483  p.      21«. 

2)  The  Extant  Poetical  Works  of  William  Lander,  Play- 
wright,  Poet  and  Minister  of  the  Word  of  God.  Editcd 
by  Fitzedward  Hall,  M.  A.  and  F.  J.  Furnivall.  M.  A. 
8".     XXXII,  48  p.     0«. 

'6)  Bernardus  de  ctira  rei  fanuiliaris  [siclj,  with  some  Early 
Scottish  Prophecies  etc.     From  a   MS.  KK.  I,    5.   in   the 


Zur  englischen  Literaturgeschichte.  427 

Cambridge  University  Library.  Edited  by  J.  Bair^on 
Lumbii,  M.  A.  8".  XI,  4(j  ].."  2s. 
4)  Ratis  Raving  and  other  Moral  and  Religious  Pieccs,  in 
Prose  and  Verse.  E«lited  froni  the  Cambridge  University 
MS.  KK.  I,  5.  by  /.  Rawson  Lumbt/,  M.  A.  8"'.  XII,  139  p. 
3  s. 

Extra  Series  for  1870. 

1)  Andrew  Boorde's  Introduction  of  Knowledge,  1547,  and 
Dyetary  of  Helth,  1542;  with  Barnes  in  the  Defence  of 
the  Berde,  1542  —  43.  Edited  with  a  Life  of  Boorde  and 
an  account  of  his  \Yorks  by  F.  J.  Fitrnicall,  M.  A.  8". 
18s. 

2)  Barbonr's  Bruce,  Part  I.  Edited  from  the  MSS,  and  early 
printed  editions  by  the  Rev.  W.  W.  Skeat,  M.  A.    8*^.    12  s. 

73.  Bailad  Society  Publications  for  1870. 

The  Roxbiirghe  Ballads  Vol.  I,  Part.  2  with  short  Notes 
by  W.  Chappell,  Esq.  F.  S.  A.,  autlior  of  „Popuhir  Music 
of  ihe  olden  time"  and  with  copies  of  the  original  wood- 
cuts,  drawn  by  Mr.  Rudolph  Blind  and  Mr.  W.  H.  Hooper 
and  engraved  by  Mr.  J.  H.  Rimbault  and  Mr.  Hooper.  8". 

74.  Chaucer  Society  Publications  for  1870. 

First  Series. 

A  Six-Text  print  of  Chaucer's  Canterbury  Tales  in  parallel 
columns  fiom  the  following  MSS.  1.  The  Ellesuiere. 
2.  The  Hengwrt  154.  3.  The  Cambridge  Univ.  Libr.  Gg. 
4,  27.  4.  The  Corpus  Christi  Coli.  Üxf.  5.  The  Pet- 
worth.  6.  The  Lansdowne  851.  Edited  by  Frederick  J. 
Furnivall  M.  A.  Part  II.  8".  Sechsmal  89  —  128  p., 
dreimal  1  —  2G  und  dreimal  129  —  154  p. 
Den  Inhalt  bilden  the  Miller's,  Reeve's  and  Cook's  Tales  nebst 
einem  Appendix  the  Tale  of  Gamelyn  enthaltend. 

Second  Series. 

V.  On  Early  English  Pronunciation ,  with  especial  reference 
to  Shakespeare  and  Chancer  etc.  by  Alexander  J.  ElUs  F. 
R.  S.  Part  III,     8'\ 


75.  Tottel's  Miscellany:  Songs  and  Sonnetes  by  Heury 
Howard,  Earl  of  Surrey,  Sii*  Thomas  Wyat  the  eider,  Nicho- 
las  Grimald,  and  uncertain  authors.  First  edition  of  15'^  June 
1557,  colJated  with  the  second  ed.  of  31^*  July  1557,  by 
Edward  Arber.     12".     286  p.  (English  Reprints.)     2*.  Grf. 

Diese  hochwichtige  Sammlung  erscheint  hier,  da  eine  vor  einigen 
Jahren  von  P.  Collier  besorgte,  aber  nur  in  sehr  beschränkter  Anzahl 
für  Subscribenten  gedruckte  Ausgabe  derselben  als  so  gut  wie  gar 
nicht  existirend  betrachtet  werden  mufs,  zum  ersten  Male  in  neuerer 
Zeit  in  neuem  und  zwar  sehr  sorgfältigem  Wiederabdruck  nach  der 
ersten   und   der   dieselbe   ergänzenden    zweiten    Ausgabe.     In  der   sehr 


428  Bibliographie  v.  1870. 

lelirreichen  Einleitung  sucht  der  Heransgeber  nachzuweisen,  dafs  Gri- 
luald  wahrscheinlich  als  der  eigentliche  Veranstalter  der  Sammlung 
anzusehen  sei. 

76.  The  Courtly  Poets  from  Raleigli  to  Montrose. 
Edited  by  J.  llannah^  D.  C  L.  Warden  of  Trinily  CoUfge, 
Glerialmond.     8".   294  p.     hs. 

Diese  Anthologie  aus  den  Hofdiclitern  des  16.  und  17.  Jahrh.  ist 
besonders  dadurch  wichtig,  weil  sie  Sir  Walter  Raleigli  s  poetische 
Werke  vollständig  und  zum  ersten  Male  kritisch  gesichtet  enthält, 
was  in  der  einzigen  bisher  existirenden  und  nicht  in  den  Handel  ge- 
kommenen Ausgabe  von  Sir  E.  Brydges  (1814)  nicht  der  Fall  war. 
Dem  Sir  Walter  werden  hier  im  Ganzen  30  Gedichte,  aus  verschiede- 
nen gedruckten  und  handschriftlichen  Quellen  geschöpft,  vindicirt. 
Auch  Sir  //.  Wottoris  Gedichte  erscheinen  hier  vollständig,  von  den 
übrigen  höfischen  Dichtern  nur  Proben.  Die  angehängten  Noten,  be- 
'  sonders  zum  Nachweise  der  Quellen  bestimmt,  sind  sehr  lehrreich. 
Zu  bedauern  dagegen  ist  auch  in  diesem  Falle  wieder  die  leidige 
Modernisirung  der  Orthographie  des  Textes. 

77.  Great  Book  of  Poetry,  from  Caedmon  and  King 
Alfreds  Boethius  to  Browning  and  Tennyson;  also  a  separate 
Selection  of  American  Poems,  containing  nearly  two  thousand 
of  the  best  pieces  in  the  English  Language,  with  Sketches  of 
the  History  of  the  Poetry  of  our  Country  and  biographical 
notices  of  the  Poets.  Edited  by  S.  C.  Beeton.  roy,  8'\ 
2 1  s. 

78.  The  Scottish  Minstrel:  the  Songs  and  Song-Writers 
of  Scotland  subsequent  to  Burns.  With  Memoirs  of  the  Poets. 
By  the  Rev.    Charles  Bogers.     L.  L.   D.     Edinb.      8*^*.     bs. 

S.  Athen.   1870,  July  30.     p.   U5. 

79.  The  Works  of  the  British  Dramatists.  Carefully 
selected  from  the  best  Editions,  with  copious  Notes,  Bio- 
graphies  and  an  historical  Inlroduction.  By  John  S.  Kcltie 
F.   S.   A.     Edinb.     roy.  8'*.     XLIX,  549   p.      5  .>^. 

Wird  von  der  englischen  Kritik  wegen  der  guten  Auswahl  und 
sorgfältigen  Behandlung  sehr  gelobt.  S.  u.  a.  Athenoeiim,  August  13, 
p.  205. 

80.  The  Spectator.  With  a  biographical  and  criticul 
Preface  and  explanatory  Notes.     2  vols.     8^*.     12  s. 


81.  Ascham.  —  The  Schoolmaster  by  Roger  Aschain, 
written  between  15G3  —  68,  posthumously  published,  P*  edit. 
1570;  collated  with  the  second  edition  1571,  by  Edward 
Arber.      12*\      160  p.    (Engl.  Repr.)      Is. 

S.  oben  S.  80. 

82.  Bacon.  —  The  Works  of  Francis  Bacon.  Vol.  XII. 
The   Letters    and   Life    of  Fr.  B.  including  all  bis  occasional 


Zur  englischen  Literatnrgescliichte.  429 

Works,  ne\Y]y  collected  and  set  forth  in  cbronological  order, 
■\vitb  a  Commentary  biographical  and  historical  by  James 
Speddhuj  [s.  J.  18G8,  Nr.  138.].  Vol.  V.  8^  XVI,  422  p. 
12  s. 

83.  Bacon.  —  The  Poems  of  Francis  Bacon  ,  Baron 
of  Verulam  etc.,  for  tbe  first  tinie  collected  and  edited  after 
tbe  original  texts  by  tbe  Rev.  Alex.  B.   Grosart.     12".     56  p. 

Ein  Bändchen  der  ,,Fu]Ier's  Worthies  Library".  Genauer  AYieder- 
abdnick  des  ursprünglichen  Textes  in  der  alten  Schreibweise. 

84.  Bacon.  —  A  Conference  of  Pleasure,  composed  by 
Lord  Bacon  for  some  festive  occasion  about  tbe  year  1592. 
Edited  from  a  AIS.  belonging  to  tbe  Duke  of  Nortbumberland, 
by  James  Spedding.     8'\      74  p.      5*. 

85.  Bale.  —  Tbe  Temptacyon  of  our  Lorde  by  Jobn 
Bale,  Bisbop  of  Ossory.  Now  first  reprinted  and  edited  by 
tbe  Rev.  Alex.  B.   Grosart.      12".      33  p. 

Zur  ,,Fuller'.s  Worthies  Library"  gehörig.  Der  erste  Wieder- 
abdruck d&i-  der  Douce  Collection  in  Oxford  gehörigen  Originalausgabe, 
bekanntlich  eines  Unicums. 

*86.  Beaumont.  —  Tbe  complete  Poems  of  Sir  Jobn 
Beaumont,  for  tbe  first  time  collected  and  edited,  with 
Memorial -Introduction  and  Notes  by  Rev.  Alex.  B.  Grosart. 
1869.     8».  and  12".     LXV,  334  p. 

Ein  Band  der  ,, Füller "s  Worthies  Library",  262  Exempl.,  nicht 
im  Handel.  Erste  vollständige  Sammlung  der  poetischen  AVerke  des  Sir 
J.  Beaumont,  eines  älteren  Bruders  des  Dramatikers.  S.  oben  unsern 
Artikel  S.  88. 

87.  Brooke.  —  The  ^Yorks  in  Verse  and  Prose  com- 
plete of  tbe  right  honourable  Fulke  Greville,  Lord  Brooke: 
for  tbe  first  time  collected  and  edited  with  Memorial -Intro- 
duction, Essay  critical  and  ehicidatory  and  Notes  by  tbe  Rev. 
Alex.  B.  Grosart.  4  vols.  8".  and  12".  C,  278  —  XCI, 
147  —  497  —  XII,  440  p. 

Gehört  /ur  Fuller's  Worthies  Library.  L'eber  diese  erste  voll- 
ständige Gesammtausgabe  von  Lord  Brooke's  Werken  s.  oben  S.  89. 

88.  Byron.  —  Byron's  dramatische  Werke.  Deutsch  von 
W.   Grüzmaclter.    Hildburghausen,   1870.    8".    321   p.      1.")  Ngr. 

Gehört  zur  ,, Bibliothek  ausländ.  Klassiker"  und  enthält  Manfred, 
Kaiu,  Himmel  und  Erde,  Sardanapal.    Die  Uebersetzung  ist  seiir  gut. 

89.  Camden.  —  William  Camden's  Remains  concerning 
Britain.      12".      486   p.      6*. 

Ein  Band  der  ,, Library  of  Old   Authors''. 

90.  Chaucer.  —  Tbe  Treatise  on  tbe  Astrolabe  of 
Geoftrey  Cliaucer.  Edited,  with  Notes  and  lllustrations  by 
A.  E.   Drae.     8".     7.?.  6(/. 


430  Bibliographie  v.  1870. 

Nach  dem  Athen.  ^  August  6,  p.  1G9  sind  zwar  die  Anmerkungen 
des  Herausgebers  interessant  unti  wertlivoll ,  der  Text  jedoch,  obwohl 
gegen'' die  bisherigen  Ausgaben  immerhin  ein  Fortschritt,  doch  keines- 
wegs befriedigend ,  da  wichtige  Codices  unberücksichtigt  geblieben 
sind. 

91.  Chaucer.  —  Chaucer's  Translation  of  Boethius's  De 
Consolatione   Philosophiae.     Edited    by  li.  Morris.     8*^      12.s. 

92.  Cowper.  —  Poetical  Works  of  William  Cowper, 
edited  vvith  Notes  and  Biographical  Introduction.  8*^.  610  p. 
(Globe  Edition.)     3*.  6  rf. 

93.  Daniel.  —  Delia.  Certayne  Sonnets:  with  the  Com- 
plaint  of  Rosamond.  By  Samuel  Daniel  (London,  Simon 
Watei'son  1592).  Fac-simile  from  the  Original  Edition.  Edited 
by  Payne   Collier.      12'\ 

Nur  in  einer  sehr  beschränkten  Anzahl  von  Exemplaren  für  Siib- 
scribenten  gedruckt. 

94.  Davies.   —  S.  unten  Nr.  121. 

95.  Dickens.  —  Charles  Dickens'  Speeches  Literary 
and  Social,  now  first  collected ,  with  Chapters  on  Charles 
Dickens  as  a  Letter  Writer,  Poet  and  Public  Reader.  8^*. 
Is.   ßd. 

96.  Dryden.  —  Poetical  Works  of  John  Dryden.  Edited 
with  a  Memoir,  revised  Texts  and  Notes  by  W.  D.  Christie. 
8^».     653  p.     (Globe  Edition.)     3  s.  Gd. 

97.  Edgeworth  (Miss).  —  The  Tales  and  Novels  of 
Maria  Edgeworth,  complete.  New  and  improved  edition, 
with  38  Steel  engravings.     10  vols.     1,^.   10  s. 

Die  Werke  der  ihrer  Zeit  sehr  beliebten  Schriftstellerin,  die  zum 
Theil  seit  längerer  Zeit  nicht  mehr  im  Handel  waren,  erscheinen  hier 
zum  ersten  Male  wieder  in  einer  Gesammtausgabe. 

98.  Fletcher  (Phineas).  —  The  Poems  of  Phineas 
Fletcher  B.  D.,  for  the  first  time  collected  and  edited,  with 
Memoir,  Essay  and  Notes  by  the  Rev.  Alex.  B.  Grosart  [s. 
J.   1869,  Nr.  126].     Vol.  III  and  IV.      8«.  and   12«. 

Schlufs  dieser  wertlivolien  Ausgabe.  Ueber  ihren  Inhalt  s.  oben 
unsern  Artikel  S.  8i). 

**99.  Füller.  —  The  Poems  and  Translations  in  Verse 
of  Thomas  Füller  D.  D.,  for  the  first  time  collected  and 
edited  with  Introduction  and  Notes  by  Rev.  Alex.  B.  Grosart. 
1868.     12«.     244  p. 

Gehört  zur  ,,  Füllers  Worthies  Library".  Die  poetischen  Werke 
des  hauptsächlich  als  geistvollen  und  originellen  Prosaiker  bekannten 
Füller  erscheinen  hier  zum  ersten  Male  vollständig  gesammelt,  darunter 
52  bisher  ungedruckte  Epigramme. 

100.  Gascoigne.  —  The  complete  Poems  of  George 
Gascoigne  [s.  J.   1869,  Nr.  128].     Vol.  II.     4«.     360  p. 


Zur  englischen  Literaturgeschichte.  431 

Schlufsband.  Derselbe  enthält  1)  The  Glasso  of  Government 
(1575).  2)  The  princely  pleasures  at  the  courte  of  Kenilworth  (1576). 
3)  The  Tale  of  Hemetes  the  heremyte  (1575).  4)  The  Steele  Glass 
(157G).  5)  The  complaynt  of  Philomene  (1576).  6)  The  grief  of 
Joye  (1576).  7)  Poems  from  the  noble  art  of  Veneria  and  Hunting. 
8)  Poems  attributed  to  G.  Gascoigne.  Den  Beschlufs  macht  der  Index, 
welcher  eine  ziemlich  grofse  Anzahl  in  den  Wörterbüchern  noch  gar 
nicht  oder  nicht  genau  verzeichnt^ter  Wörter  enthält. 

101.  Gifford.  —  The  Poems  of  Humfrey  Giiford,  gentle- 
man.  Ed.  with  Memorial-Introduction  and  Notes  by  the  Rev. 
Alex.  B.   Grosart.     12*^.     173  p. 

Zur  „Fuller's  Worthies  Library"  gehörig.  Die  Werke  dieses  sehr 
interessanten  Dichters,  welche  zuerst  1580  u.  d.  T.  A  Posie  of  Gillo- 
fioiceis  erschienen  und  in  weiteren  Kreisen  bisher  nur  aus  den  wenigen 
Proben  bekannt  waren,  die  Ellis  (Specimens  etc.  II,  208.  ed.  1811) 
davon  gegeben  hat,  erscheinen  hier  zum  ersten  Male  wieder  in  getreuem 
Abdruck  der  so  viel  wir  wissen  nur  in  einem  einzigen  Exempl.  er- 
haltenen Originalausgabe. 

102.  Goldsmith.  —  Goldsmith's  Landprediger  von 
"NVakefield.  Deutsch  von  Karl  Eitner.  Hildhurghausen.  8'\ 
219  p.     IOV2  ^V- 

Ein  Band  der  „Bibl.  ausländischer  Klassiker".  Die  Uebertragung 
verdient  alles  Lob. 

103.  Habington.  —  Castara  by  William  Habington. 
The  3^^  edit.  of  1640  and  coUated  with  the  earlier  ones  of 
1634,  1635.  Edited  by  Edward  Arber.  12".  144  p.  (Engl. 
Repr.)     1  s. 

104.  Harbert.  —  The  Poems  of  William  Harbert  (usu- 
ally  called  Sir  William  Herbert  Glamorgan).  For  the  lirst 
time  collected  and  edited  Avith  Introductiou  by  the  Rev.  Alex. 
B.  Grosart.     12".     111  p. 

Ein  Band  der  ,, Fuller's  AVorthies  Library". 

105.  Herbert.  —  The  Poetical  Works  of  George  Her- 
bert. With  Memoir  by  John  Nichol  B.  A.  Edited  by  Charles 
Cowden   Clarke.     8".     XXXV,  311   p.      'is.  6d. 

106.  Lamb.  —  Complete  Works  and  Correspondence 
of  Charles  Lamb  etc.  [s.  J.  1869,  Nr.  138].  Vol.  2  —  4.  8". 
a   Is. 

107.  Lamb.  —  Charles  Lamb's  Works,  including  liis 
most  interestiiig  Letters.  Collected  and  edited  with  Memorials 
by  Sir  Thomas  JS'oon  Talfourd.  New  ed.  roy.  8".  6,02  p. 
10^.  Qd. 

108.  Loe.  —  The  Songs  of  Sion  of  Dr.  William  Loo 
(1620).  Edited  with  Memorial-Introduction  and  Notes  by 
the  Rev.  Alex.  B.  Grosart.     12".      183  p. 

Zur  ,,  Fuller's  Wortliies'  Librarv"  gehörig. 


432  Bibliographie  v.  1S70. 

109.  Longfellow.  —  Poetical  Works  of  H.  W.  Long- 
fellow.     Edited  with  a  ciitical  menioir  by  W.  31.  Rossetti.    8*^. 

110.  Marlowe.  —  The  Works  of  Cbristopher  Marlowe. 
Edited  with  Notes  and  Introduction  by  Lieut.-Col.  Francis 
Cunnlngliam.      8".     392  p.      bs. 

Eine  für  weitere  Leserkreise  bestimmte,  als  solche  aber  ganz 
brauchbare  Ausgabe. 

111.  Marlowe.  —  S.  unten  Nr.  121. 

112.  Marvell.  —  Poetical  Works  of  Andrew  Marvell 
M.  F.  for  Hüll  1658.  With  Memoir  of  the  Author.  Reprint 
of  the  American  Edition.     8".     208  p.     2s.  Gel 

Die  auf  dem  Titel  genannte  americanische  Ausgabe  gehört  zu 
einer  bei  Little,  Brown  &  C"  in  Boston  erschienenen  Sammlung  der 
englischen  Dichter.  Der  vorliegende  Abdruck  ist,  wie  alle  von  Alex. 
Murray  veranstalteten,  äufserst  nachlässig. 

113.  Milton.  —  John  Milton's  English  Poems.  Edited 
Avith  Life,  Introduction  and  Notes  by  B.  C.  Browne,  M.  A. 
Oxford  (London).     2   vols.     8'*.     6^.  6rf. 

114.  Naunton.  —  Sir  Robert  Naunton's  Fragmenta  Re- 
galia,  reprinted  from  the  3*^  posthumous  edition  of  1653.  By 
Edward  Arher.      12*^.     64  p.     (Engl.  Repr.)     Qd. 

115.  Pope.  —  The  Works  of  Alexander  Pope.  New 
edition,  including  several  hundred  unpublished  letters  and 
other  new  materials,  collected  in  part  by  the  late  Right  Hon. 
John  Wilson  Croker.  With  Introductions  and  Notes  by  Rev. 
Whitwell  Ehvin.  With  portraits  and  other  Illustrations.  Vol.  L 
8".     518  p.      10  6'.  6f/. 

Es  ist  dies  die  seit  Jahren  ersvartete  neue  kritisi-he  Ausgabe, 
lieber  diesen  ersten  Band  s.  u.  a.  Athenaeum  1871  und  Safurdai/  Rei'. 
1871.     Nr.  21. 

116.  Ramsay.  —  Poetical  Works  of  Allan  Ramsay. 
Edited  by  C.  Mackay.      2  vols.     4*^.     2 £.   \2s.   6rf. 

117.  Scott.  —  Poetical  Works  of  Sir  Walter  Scott. 
Edited  with  Critical  Memoir  by  W.  Rossetti.  8*^.  640  p. 
3«.  6f/. 

Wir  führen  diese  Ausgabe,  die  übrigens  nur  eine  Buohhändler- 
ausgabe  ist,  hier  wegen  Rossetti's  kritischer  Einleitung  auf,  die  gelobt 
wird. 

118.  Scott.  —  The  Waverley  Novels.  Centenary  Edi- 
tion [s.  J.  1869,  Nr.  146].  Vol.  II  — XIII.  Edinburgh.  8*\ 
a  ds.  6  d. 

119.  Shakespeare.  —  Shakespeare's  Sonnets  and  a 
Lover's  Complaint:  reprinted  in  the  orthography  and  pnnctua- 
tion  of  the   original  of  1609.     8^     3  s.  6d. 


I 


Zur  englischen  Litcraturgeschiclite.  433 

120.  Shakespeare.  —  Sliakespeare's  Works.  Ilorausgeg. 
und  erklärt  von  Nicolaus  Deliu-'i.  Neue  Ausg.  [s.  J.  IStSQ,  Nr. 
149].  Bd.  I.  Liefer.  20—24.  (S.  812  —  1085).  Elberfeld.  S'^- 
ä  4   Sgr. 

121.  Shakespeare.  —  Shakespeare's  Venus  und  Adonis. 
From  the  hitherto  unknown  edition  of  1599;  the  Passionate 
Pilgrim  froni  the  first  Edition  of  1599,  of  which  only  two 
copies  are  known.  —  Epigranimes,  written  by  Sir  John  Davies 
and  certaine  of  Ovid's  Elegies,  translated  by  Christopher 
Marlowe,  from  a  rare  early  edition.  Edited  by  Charles  Ed- 
monds.     8**.     21-?. 

Nur  131  Excmpl.  Die  bisher  unbekannte  Ausgabe  wurde  von 
Mr.  Edmonds  in  einer  Bibl.  in  Lamport  Hall,    Northampton,  entdeckt. 

122.  Shakespeare.  —  Shakespeare's  dramatische  Werke 
nach  der  Uebersetzung  von  A.  ^V.  Schlegel  und  Ludwig  Tieck\ 
sorgfältig  revidirt  und  theilweise  neubearbeitet,  mit  Einlei- 
tungen und  Noten  versehen  unter  Redaction  von  //.  Ulrici, 
herausgeg.  durch  die  deutsche  Shakespeare- Gesellschaft  [s.  J. 
1869,  Nr.  151].     Bd.  VIII  — X.     Berlin.     8«. 

123.  Shakespeare.  —  Shakespeare's  dramatische  Werke. 
Für  die  deutsche  Bühne  baarbeitet  von  Wilhelm  Oechelhäuser. 
Bd.  I  — IV.     Berlin.     8'\     ä   15  Ngr. 

124.  Shakespeare.  —  Shakespeare's  Sonette,  Deutsch 
von  Benno   Tschischwit:.  Halle.    12".    XVIII,   156  p.     12  Ngr. 

125.  Shakespeare.  —  William  Shakespeare's  dramati- 
sche Werke,  üebersetzt  von  Fr.  Bodenstedt  u.  s.  w.  [s.  J. 
1869,  Nr.  152].     16  — 38.  Bändchen.    Leipzig.     8*\    ä  5  Ngr. 

126.  Shelley.  —  The  Poetical  Works  of  Percy  Bysshe 
Shelley,  including  various  additional  pieces  from  MSS.  and  other 
sources.  The  Text  carefiiUy  revised,  with  Notes  and  a 
Memoir  by  Wüllam  Michael  Bossetti.  2  vols.  8".  CLXXIX, 
1106  p.     21,^. 

Nach  einem  Artikel  im  Athenaeum,  1871,  Januarv  29  erfüllt  diese 
neue  Ausgabe  weder  bezüglich  des  Textes,  noch  der  Lebensbeschrei- 
bung noch  der  Anmerkungen  die  gehegten  Erwartungen.  Von  der 
allzu  willkürlichen  Behandlung  des  Textes  insbesondere  werden  schla- 
gende Proben  gegeben.  Doch  wird  anerkannt,  dai's  es  dem  Herausgeber 
gelungen  sei,  eine  ziemliche  Anzahl  von  Irrthümern  in  dem  bisherigen 
Texte  nachzuweisen  und  dal's  die  Ausgabe  daher  einen  gewissen  Werth 
für  künftige  Herausgeber  habe. 

127.  Taylor.  —  Works  of  John  Taylor  the  Wnter 
Poet,    not  included    in   the  folio  volume   of  16o0.      First  Col- 

ection.      (Manchester)  Printed  for  the  Spencer  Society.     4". 

Siebente    Publication    der   Spencer   Society.     Diese    Sammlung   der 
zerstreuten  Werke  des  ,, Wasserdichters"  schliefst  sich  an  den  von  der 
Spencer  Society  herausgegebenen  Wiederabdruck  der  Ausgabe  von  163Ü 
Jahrb.  f.  rom.  u.  eiiyl.  Lit.  XII.  4.  28 


434  Bibliographie  v.  1870. 

an  (vgl.  unsere  Bibliographie  für  1868  Nr.  173  und  1869  Nr.  160)  uml 
soll  sänimtliehe  in  derselben  nicht  enthaltene  Schriften  Taylors,  soweit 
dieselben  als  acht  erkannt  werden,  bringen.  Dieser  erste  Band  ent- 
hält 24  verschiedene  Schriften,  jede  mit  besonderem  Titel  und  beson- 
derer Paginirung. 

128.  Taylor  (Jeremy).  —  The  Poems  and  Verse- 
Translations  of  Jereiny  Taylor,  for  the  first  time  collected 
and  edited  after  the  author  s  own  text  by  the  Rev.  Alea'.  B. 
Grosart.      12".     67   p. 

Ein  Bändchen  der  ,,Fuller's  Worthies'  Library". 

129.  Walton.  —  WaUon  and  Cotton's  Complete  Angler. 
With  Notes  by  Sir  //.  Nicolas.  2^^  edit.  2  vols.  8". 
3^.  35. 

130.  Watson.  - —  Thomas  Watson's  Poems,  viz.:  the 
"^ ExaTop.7ca^'!a,  or  Passionate  Centurie  of  Love  (1582).  Meli- 
boeus,  sive  Ecloga  in  Obitum  etc.  (1.590).  An  Eclogue  lipon 
the  Death  of  Right  Hon.  Sir  Francis  Walsinghame  (1590). 
The  Teares  of  Fancy,  or  Love  Disdained.  Posthumously 
published  in  1593.  Carefully  edited  by  Edward  Arber.  12". 
208  p.     (Engl.  Repr.]      1*.   6d. 

Die    vollständigste    Ausgabe    von  Watson's    Gedichten.     Vgl.  auch 
unsere  Bibliographie  für  1869  Nr.  164. 

131.  Webbe.  —  A  discourse  on  English  Poetrie,  1586. 
Edited   by  Edicard  Arber.      12".     96   p.     (lingl.  Repr.)      \s. 

132.  Wilde.  —  Poems  by  Robert  Wilde,  D.  D.,  one  of 
the  Ejected  Ministers  of  1662.  With  an  historical  and  bio- 
graphical  Prefacc  and  Notes  by  the  Rev.  John  Hunt.  12". 
3*.  Gd. 

133.  Wordsworth.  —  Poetical  Works  of  William  Words- 
worth.  A  new  and  complete  annotated  edition.  6  vols.  12". 
oOs. 


III.   Zur  italienischen  Literatur2:esclnchte. 

Von  Adolf  Tobler. 


A. 

1. 

134.  Bibliografia  d'Italia  compilata  sui  documenti  co- 
municati  dal  R.  Ministero  dell'  Istruzione  pubblica  per  cura 
delle  ditte  librarie  Bocca  fratelll,  E.  Loescher.,  H.  F.  e  M. 
Münster.     Anno  IV.     8".     5  1.  all'  anno. 


Zur  italienischen  Literatnrgoscliichte.  435 

In    diesem    Jahre    zweimal    monatlich    erschienen  in  gleich   «starken 
aber  theilweise  mit  Insertionen  angefüllten  Nummern. 

135.     Giornale    delle    Biblioteche    fondato    e    diretto    da 
Eugenio  Bianchi.     Anno  IV.      Genova.      20  1.  all'  anno. 


1.%.  Bibhotheca  manuscripta  ad  S.  Marci  Venetiarum. 
Digessit  et  commentariuin  addidit  Jos.  ValentimllL  Codices 
inanuscripti  latini.     T.  III.     Venetiis.      8".      300  p.      G  1. 

Eine  eingehende  Besprechung  des  Werkes  von  R.  Fulin  im  Arch 
Veneto  T.  I,  1871. 

137.  Libri  membranacei  a  stampa  della  Biblioteca 
Marciana  di  Venezia  dichiarati  da  Giuseppe  YalentineUi  Ve- 
nezia.     8*\     141   p. 

Angezeigt  von  R.  Fulin  im  Arch.  Veneto  T.  I,   1871. 

138.  I  Manoscritti  italiani  che  si  conservano  nella 
Bibhoteea  Roncioniana  di  Prato  per  Cemre  Guasti  Pro- 
pugnatore  III  1,  412  fg.  (fortgesetzt  1871   ebenda  III  2,  505). 

139.  Notizie,  iUustrazioni  e  pregio  dei  cinquantamila 
volumi  della  Biblioteca  Landi  per  Giovanni  Maffi.  Piacenza. 
8'*.     VIII,   163  p.     (Per  nozze  Litta  Modigliani -Landi.) 

140.  De'  Manoscritti  della  Biblioteca  Nazionale  di  Na- 
poH.  Nota  prima.  (Per  Scipione  Volpicella).  Napoli  (s  a) 
8**.     20  p.  1        V        y 

c   ,    J^'l'o^  "^^  Anzeige  von  A.  R.  in  der  Histor.  Zeitschr.  von  H.  von 
V^\,     ^    '  ^'  -"^^^  ''"'"■''''"  '"  '^°'"  Heftchen  eine  Handschrift  von    an- 
gele dl  Costanzo  und  eine  von  Tiberio  Carafa  behandelt 


141.  Notizie  sulla  Tipografia  Ligure  sine  a  tutto  il 
secolo  XIV,  raccolte  da  Nicolb  Giuliani.  Genova,  1869  er  8 
324  p.     18  1.  ^ 

Eine  Anzeige  des  Werkes  findet  sich  im  Propugnatore  III  1  204 
Weiteres  über  dasselbe  ebenda  IV  1,  443. 

142.  Catalogo  delle  edizioni  dei  Tipografi  di  Torino  nei 

secoli  XV  e  XVI  per   Giuseppe   Clerico.     Torino.     8'\     23  p. 

2. 

143.  Storia  della  Letteratura  Italiana  di  Francesco 
De  Sanctis.     Volume  primo.     Napoli.     8*^.     408  p.     4  1     50  c 

Anzeige  von  Carlo  Lozzi  in  der  Riv.   Europ.    1870,  Dicembre. 

144.  Lo  Spirito  d*  Italia  nella  Lingua  e  nelle  Lettere 
per  Benecletto  Castiglia.  Parte  prima.  Lingua  e  Amore. 
Milano.     16<\     204  p.     1  1. 

Biblioteca  dei  l'opolo  Italiano,  vol.  '22. 

28* 


43G  Bibliographie  von  1870. 

145.  Dello  Svolgimento  letterario  in  Italia  nel  secolo 
XIII  per   Giosue   Carducci.     Nuova  Antologia.      Aprile. 

146.  Vestigia  primitive  della  Lingua  e  dei  Dialetti 
Italiani  per  Cesare  Ccoith.  Atti  del  R.  Istituto  Veneto  di 
Scienze,  Lettere  ed  Arti.     T.  XV,  Fase.  10. 

147.  Histoire  de  la  Litterature  italienne  contemporaine 

par  Amedee  Roux.     Paris.      12'\      V,   511   p.      4  fr. 

Mit  Anerkennung  besprochen  von  S.  M.  T.  in  der  Riv.  Sicula 
1869  Dicembre,  ebenso  in  der  Riv.  Europea  A.  I,  T.  1,  Fase.  3,  wo 
übrigens  einiges  von  Roux  Uebergangene  hervorgehoben  wird.  Das 
Bucli  geht  bis  auf  die  letzten  Dezennien  des   18.  Jahrhunderts    zurück. 

148.  Delle  presenti    Condizioni  delle  Lettere  in   Italia 

par  N.  M.  Fniscella.      Carnpobasso. 

Eine  Besprecliung  der  Broschüre  im  Septeniberheft  der  Riv.  Europ. 
wirft  dem  Verfasser  vor,  er  anerkenne  nicht  hinlänglich  das  völlige 
Daniederliegen  der  literarischen  Leistung  im  gegenwärtigen  Italien. 

149.  Una  ojeada  sobre  la  Literatura  italiana  del  ultimo 

decenio    por    Angela     De    Guhernatis.      Revista    de    Espaiia. 

25  oct. 

Kurzer  sich  auf  Namen  und  Titel  beschränkender  Bericht. 


3. 

150.  Dei  Primordi  della  Lingua  italiana  e  del  Dialetto 
in  Venezia  per  .  .  .  Cecchetti.  Atti  del  Reale  Istituto  Veneto. 
T.  XV,   Serie  III,  Disp.  7. 

151.  La  Storia  nei  Canti  popolari  Siciliani,  studj  di 
Salvatore  Salomone  Marino.  Seconda  edizione  corretta  ed 
accresciuta  di  parecchi  nuovi  canti.    Palermo.    8'\    32  p.    50  c. 

Die  erste  Auflage  ist  verzeicrinet  in  der  Bibliogr.  des  Jahres  18tl8 
unter  Nr.  l'J2.  Mit  Liebe  und  Sorgfalt  wird  der  Nachweis  derjenigen 
geschichtliciien  Ereignisse  aus  der  Zeit  der  Regierung  Karls  V.  und 
der  Einfälle  der  Piraten  geführt,  welche  für  sizilische  Volkslieder  die 
Grundlage,  seltner  geradezu  Gegenstand  geworden  sind.  Ein  umfang- 
reicheres Werk,  welches  den  Spuren  der  ganzen  Geschichte  Siziliens 
von  der  Herrschaft  der  Normannen  bis  auf  die  Gegenwart  folgen  soll, 
will  der  Verfasser  erst  nach  der  Veröffentlichung  der  von  Vigo  gegen- 
wärtig vorbereiteten  vollständigen  Sammlung  der  sizilischen  Volkslieder 
(7  —  8000  Nummern)  erscheinen  lassen. 

15P.  Monografia  sull'  Archiginnasio  di  Bologna  preceduta 
da  un  discorso  di  F.  D.  Guerrazzi  per  Gius.  GukUcini.  Bologna. 
4*'.     33  p. 

4. 

152.  Alcune  öuestioni  di  Poesia  popolare  per  Giuseppe 
Pitre.     Rivista  Europea,  Novembre. 

Mit  Bezug  auf  A.  d' A.'s  Anzeige  von  Fitre's  Volksliedersanimliing 
(s.  hier  Nr.  220)  in  der  N.  Antol.  Agosto. 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  437 

5. 

153.  II  Propugnatore. 

8.  Bibliogr.  1S69,  Nr.  187  ^  Auf  das  Jahr  1870  fallen  Disp.  5 
und  6  des  zweiten  und  Disp.  1  —  4  des  dritten  Jahrganges.  Wir  ver- 
zeichnen die  hier  zu  erwälinenden  Artii^el  der  Zeitschrift  jeden  unter 
der  Rubrik,  unter  welche  er  gehört. 

154.  Discorsi  detti  nel  R.  Liceo  Muratori  da  Giov. 
Franciosi.     Modeua. 

Eine  Anzeige  im  Januarheft  der  Riv.  Sicula  verzeichnet  unter  den 
Aufsätzen  des  Bandes  folgende  auf  italienische  Literaturgeschichte  be- 
zügliche: Di  Galileo  constderato  ronte  scriftore.  I  Poemi  del  Fiirioso  e 
Jella  Gerusaltmme  paragonati  fra  loro  sotto  nuoci  aspetti.  Del  Veltro 
alleyorico.  II  Satana  dnntesco-  Proemio  alla  dic/iiarmiune  del  Puryn- 
torio.  Importanza  del  jjorre  studio  /nussiino  nella  Dicina  Commedia. 
Dino   Compagiii  e  la  sua   Cronaca. 

155.  Profili  letterari  per  Eugenio  Camerini.  Firenze. 
16'\     540  p.     4  1. 

S.  Riv.  Europ.  Giugno,  Riv.  Sicula  Settembre  e  Ottobre.  Gesam- 
melte Artikel  über  italienische  und  fremde  Schriftsteiler  vorherrschend 
neuerer  Zeit;  von  Italienern  nennen  wir  Sacchetti,  Machiavelli,  Cecchi, 
Giusti,  Tommaseo. 

15G.  Profili  di  Scrittori  italiani  viventi.  Enotrio  Ro- 
mano (Giosue  Cardiicci),  Giaoomo  Zanella.  Per  Luigi  Mu- 
randi.     Riv.  Europea,  Novembre. 

157.  Arte,  Patria  e  Religione,  prose  di  Glambattista 
Giuliani.     Firenze.      16^.     VI,   408  p.     4  1. 

Die  Mehrzahl  der  Aufsätze  bezieht  sich  auf  Dante,  einer  auf 
Massimo  d'Azeglio. 

158.  Relazioni  sui  lavori  della  R.  Accademia  della 
Crusca  e  Commemorazioni  di  soci  defunti  leite  dal  segretario 
Marco   Tabarrini.     Firenze. 

S.  A.  d'A.  in  der  N.  Antologia,  Agosto  1871. 


6. 

159.  Aretino.  —  Pietro  Aretino  per  Francesco  De  Sanctis. 
N.  Antologia,   Novembre. 

160.  d'  Azeglio.    —    Studio  su  Massimo    d'  Azeglio    per 
Giuliano  Fanaroli.     Rivista  Bolognese.     Vol.   II,  f'asc.  3. 

161.  Belli.   —   II  Popolo  romano  e  Giuseppe  Gioachino 
Belli  per  Ferdinando  Santini.     Riv.  Europea,  Agosto. 

S.  Bibliogr.   18G'.»,  Nr.  318. 

162.  Boccaccio.  —  II  Boccaccio  e  le  sue  Opere  minori 
per  Francesco  De  Sanctis.   N.  Antologia,   II,  fasc.  3.    Giugno. 

Der  Artikel  ist  seither  der  olien  unter  Nr.   143  aufgefüt-.rten  Lite- 
raturjreschichte  einverleibt. 


438  Bibliographie  v.  1870. 

163.  Boccaccio.  —  Di  due  scrittori  politici  del  secolo 
XIV,  memoria  del  M.  E.  dott.  Ferdinando  Cavalll.  Memorie 
del  Reale  Istituto  Veneto  di  Scienze,  Lettere  ed  Arti.  Vol. 
XIV.  18G8  (1870). 

Der  erstere  der  beiden  Schriftsteller,  von  welchen  Cavalli  in 
diesem  Nachtrage  zu  seinem  am  22.  Dezember  1864  vor  dem  Istituto 
Veneto  gehaltenen  Vortrag  „über  die  italienischen  Schriftsteller  von 
politischen  Dingen  im  14.  Jahrh."  handelt,  ist  Boccaccio,  von  welchem 
eine  kurze  Biographie  gegeben  und  aus  dessen  Filocopo,  eingeleitet 
durch  eine  Analyse  des  Romans,  die  Stelle  (Ende  des  siebenten  Buches) 
abgedruckt  wird,  wo  der  sterbende  König  Feiice  seinem  Sohne  darlegt, 
wie  er  sich  als  Fürst  zu  verhalten  habe.  Der  andere  ist  Giovanni 
Sercambi  aus  Lucca  (1347^ — 1424);  auch  seines  Lebens  wichtigste  Um- 
stände werden  nach  Minutoli's  Biographie  (184G)  und  andern  Autoren 
vorgeführt  und  darauf  seine  an  mehrere  Glieder  des  Hauses  Giiinigi 
gerichteten  ,,  politischen  Rathschläge "  in  kurzem  Auszuge  nach  dem 
von  Mansi  im  vierten  Bande  von  Baluze's  Miscellanea  gegebenen  Ab- 
drucke mitgetheilt. 

164.  CiuUo.  —  Alcune  vecchie  e  nuove  Osservazioni 
del  conte  commend.  Giovanni  Galvani  sulla  cantilena  di 
Ciullo  d'Alcamo.     Modena. 

Die  Bibliographie  für  1871  wird  mehrere  Arbeiten  über  den  näm- 
lichen Gegenstand  zu  verzeichnen  haben. 

165.  Coppi.  —  Antonio  Coppi  von  A.  B.  in  der  Augsb. 
Allg.  Zeitung  Nr.  85,  86. 

166.  Coppi.  —  Necrologia  del  cav.  Antonio  Coppi  per 
Nicola  RoncalU.     Roma.     8^.     23  p. 

Diese  Schrift  bespricht  A.  R.  in  H.  von  Sybels  Histor.  Zeitschr. 
1871,  H.  2,  S.  423.  Coppi,  bekannt  als  Fortsetzer  der  Muratori'schen 
Annalen  für  die  Jahre  1750 — 1861  (15  Bände)  war  geboren  zu  An- 
dezeno  in  der  Provinz  Turin  1783  und  starb  1870  in  Rom. 

167.  Dante.  —  Die  neueste  Dante -Literatur  in  Italien 
von  /.  A.  Scartazzini.  Augsb.  Allg.  Zeitung,  Nr.  40.  — 
Deutsche  Dante -Literatur  und  Kunst  von  demselben,  ebenda 
Nr.  217  und  218. 

168.  Dante.  —  Sopra  lo  stato  presente  della  Letteratura 
dantesca,  lettera  critica  al  prof.  David  Farabulini  di  Filippo 
Scolari.     Roma.     8".     40  p. 

169.  Dante.  —  Dante  Alighieri.  Eene  Studie  door  /. 
H.  Gunning.     Amsterdam.     8«.     6,  XII,  148  p.     IV^  Thlr. 

170.  Dante.  —  Dante  und  seine  Zeit.  Vortrag  gehalten 
am  14.  December  1870  in  Aarau  von  H.  Keller^  Professor 
in  Aarau.     Aarau.     8^.      29  p.      6  Ngr. 

171.  Dante.  —  Les  pretendues  Maitresses  de  Dante  par 
Bergmann.  Bulletin  de  la  societe  litteraire  de  Strasbourg. 
Vol.  IV,  p.  306  —  377. 

Anzeigen    der    auch    besonders   gedruckten    Schrift   in    der    Augsb. 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  439 

Allg.  Zeitung   1871,    11.  Febr.     und    in    der    Academy    1871,     1.  März. 
Eine  Uebersetzung  derselben  gibt  der  Propugnatore  III  2,  •229  fg.      , 

172.  Dante.  —  Oii  tbe  Vernon  Dante  with  other  dis- 
sertations  by  //.    C  Barloio.     London, 

Angezeigt  von  H.  F.  Tozer,  Academy  15.  Nov.  1870.  —  Einen  aus- 
führlichen Bericht  über  des  verstorbenen  Lord  Vernon  grol'ses  ^^'erk, 
dessen  dritter  und  letzter  Band  zwar  das  Datum  1865  trägt,  jedoch 
erst  1869  vollendet  ist,  hat  Karl  Witte  in  der  Ausgsb.  Allg.  Zeitung 
1871,  Nr.  217  und   218  (5.  und  6.  Aug.)  erscheinen  lassen. 

173.  Dante.  —  The  Giotto  Portrait  of  Dante.  Brief 
von  Seijmour  Kirkup.     Academy,  15.  dec. 

174.  Dante.  —  Vorlesungen  über  die  göttliche  Komödie, 
gehalten  zu  Krakau  und  Lemberg  durch  Kraszeicski  1867,  ins 
Deutsche  übertragen  \.  S.  Bohdanowic:.  Dresden.  1  Thlr.  lONgr. 

S.  Augsb.  Allg.  Zeitung  1870,  Nr.  218  sowie  N.  Antol.  1871,  Juli 
(Scartazzini)  und  Blätter  f.  lit.  Unterhaltung   1871,  Nr.  13  (Paur). 

175.  Dante.  —  Dante  und  sein  Bezug  zur  Reforma- 
tion und  zur  modernen  evangelischen  Bewegung  in  Italien. 
Vortrag  gehalten  von  Herrmann  Dalton.  St.  Petersburg.  16*^. 
37  p.      6  Ngr. 

S.  Scartazzini  im  Julihefi  der  N.  Antol.  1871. 

176.  Dante.  —  Osservazioni  sulla  teorica  della  pena  e 
del  premio  studiata  in  Dante  per  G.  B.  ZoppL  Verona.  8'\ 
227    p.     2  1.  20  c. 

Die  Schrift  besteht  aus  zwei  Theilen,  (Jsserr.  sulla  t.  d.  pena  und 
0.  s.  t.  d.  premio,  von  welchen  der  erstere  aus  Anlafs  der  Dante- 
ffier  des  Jahres  1865  bereits  gedruckt  worden  war.  S.  N.  Antol., 
Novembre. 

177.  Dante.  —  Gli  Ezzelini,  Dante  e  gli  Schiavi  ossia 
Roma  e  la  Schiavitü  personale  domestica.  Studj  storici  e 
letterari  di  Filippo  Zamboni.  Con  docuraenti  inediti.  Seconda 
pubblicazione  aumentata.     Vienna.      8".      292  p.      1   Thlr. 

Ueber  die  erste  Ausgabe  s.  Bibliogr.  1865,  Nr.  195.  Die  zweite 
ist  besprochen  in  der  Wiener  Neuen  freien  Presse  vom  17.  Juni,  in 
der  N.  Antol.   1870,  Dicembre,  im  Lit.  Centralbl.    1870,  Nr.  U. 

178.  Dante.  —  Le  ragioni  snpreme  della  Istoria  se- 
condo  la  mente  di  Dante  Alighieri  pel  prof.  Giov.  Franciosi. 
Modena.     IG".     208  p. 

179.  Dante.  —  11  Volgar  patrio  e  la  Casa  di  Dante 
Alighieri  in  Firenze  per  una  scrittura  notarile  del  1 360  auno- 
tata  da  G.   Gargani.     Propugnatore  II   2,   181. 

180.  Dante.  —  Dante  spiegato  con  Dante.  Gli  ultimi 
canti  del  Purgatorio  commentati  da  Glambaitista  Giuliani.  Pro- 
pugnatore II  2,  57,  137. 

181.  Dante.  —  Saggio  di  una  nuova  esposizione  di- 
dattica  della  Divina  Commedia  di  Dante  Alighieri  per  Odoardo 
Grimaldi.     Terni.     8". 


440  Bibliographie  v.   1870. 

182.  Dante.  —  L'Aquila  e  la  Lucia  della  Divina  Com- 
media  per  l'abbate  Sante  Bastiani.     Napoli.      4". 

183.  Dante.  —  L'Arte  di  Dante  nelF  cpisodio  d'Ugolino 
per  Raffaello  Fornaciari.     Propugnatore  II  2,   172. 

184.  Dante.  —  II  conte  Ugolino,  ossia  commento  istorico, 
esegetico,  estetico  del  canto  XXXIII  dell'  Inferno  di  Dante 
per  Lnlgi  ZerbinaiL     Ferrara.      8".      68  p.      1  1. 

185.  Dante.  —  Di  una  sconfitta  nel  Vicentino  ram- 
mentata  nel  IX  canto  del  Paradiso  di  Dante  per  N.  Tommaseo. 
Arch.  Stör.  S.  III,  T.  XII,  P.  2. 

186.  Dante.  —  Dell'  interpretazione  della  terzina  16 
del  canto  IX  del  Paradiso  per  Lampertico.  Atti  del  R.  Isti- 
tuto  Veneto.      S.  III,  T.  XV,  Disp.  6. 

187.  Dante.  —  Osservazioni  critiche  sulla  terzina  decima 
del  canto  III  dell'  Inferno  di  Dante  (per  Alessandro  De  Colle). 
Padova.     8".     14  p. 

188.  Dante.  —  Confronti  critici  estratti  dalle  lezioni  per 
le  illustrazioni  figurative  data  all'  Inferno  Dantesco  dagli  artisti 
Dore  e  Scaramuzza  pel  prof.  Luciano  Scarabelli.  Parma.  8*\ 
217  p. 

189.  Dante.  —  Appunti  per  la  critica  del  testo  del  libro 
De  Vulgari  Eloquentia  per  Francesco  cVOvidio.  Rivista  Bo- 
lognese.     Disp.  5  und  6. 

190.  Dante.  —  Studien  über  Dante's  Commentatoren 
und  Biographien  aus  dem  Nachlasse  des  Prof.  Dr.  W.  Treitz 
in  Marburg.     In  Petzhold's  N.   Anzeiger,  Heft  7. 

Mittheilungen  aus  zwei  für  die  Dantebihliüthek  des  Königs  Johann 
von  Sachsen  angekauften  Bänden  liinterlassenen  Manuscripts  des  jung 
Verstorbenen.  Der  erste  Band  enthält  Uebersetzungsbruchstücke.  AVas 
P.  zum  Abdruck  gebracht  hat,   sind  Excerpte  ohne  Bedeutung. 

191.  Ferrari.  —  Delle  Opere  di  Guido  Ferrari  ragio- 
namento  di  Stefano  Grosso.     Novara. 

Anzeige  von  A.  d'  A.  in  der  N.  Antologia,  Nov.  Ferrari  ist  ein 
wenig  bekannter  Latinist  des  vorigen  Jahrhunderts. 

192.  Galilei.  —  Der  Inquisitionsprocei's  des  Galileo 
Galilei.  Eine  Prüfung  seiner  rechtlichen  Grundlagen  nach  den 
Acten   der  Inquisition  von  Emil  Wohhcill.  Berlin.   8".    16  Sgr. 

Angezeigt  von  P.  A.  M  .  .  .  r  im  Kathol.  Literaturblatt  1870,  Oct.  2; 
von  C.  S.  im  Lit.  Centralbl.  1871,  Nr.  6;  von  Cantor  in  der  Zeitschr. 
für  Mathem.  und  Phys.,  16.  Jahrg.  I.,  und  von  S.  Gherardi  im  März- 
heft der  Riv.  Europ.  1872. 

193.  Galilei.  —  II  processo  di  Galileo  riveduto  sopra 
documenti  di  nuova  fönte  dal  prof.  Sdvestro  Gherardi.  Ri- 
vista Europea.     Giugno  e  Agosto. 

194.  Gargiolli.     Elogio  di  Girolamo  Gargiolli  letto  alla 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  441 

Societä    Colombaria   in  Firenze    il    di    3   aprile   1870  da  Giujl. 
Enrico  Saltini.     Firenze.     8".      48  p. 

G.,  geboren  1796  in  Fivizzano,  gestorben  1?69  in  Florenz,  trat, 
nachdem  er  bis  1849  dem  Staate  mit  Auszeichnung  gedient,  ins  Privat- 
leben zurück.  Er  hat  verfafst:  Dialoyhi  come  sayyio  del  parlare  deyli 
artigiani  fiorenfini  und    Trattato  deW  arte  della  seta  in  Firenze. 

195.  Giannone.  —  Elogio  di  Pietro  Giannone  pel  prof. 
Vincenzo  Julia.     Firenze.      8".      47   p. 

Eine  ebenfalls  1870  erschienene  Schrift:  Sulla  tumbu  del  poetu 
Pietro  Giaiinonn  ßori  e  lacrime  di  Dom.  ßianc/ii,  Cosenza.  16".  12  p. 
macht  wahrscheinlich,  dafs  wir  es  auch  in  dem  Elogio  nicht  mit  dem 
Historiker,  sondern  mit  einem  modernen  Dichter  zu  thun  haben. 

196.  Giusti.  —  Giuseppe  Giusti  e  la  Satira,  discorso 
letto  neila  soleunitä  del  17  niarzo  1870  nel  R.  Liceo  Canova 
da  Lui</i  Bailo.     Treviso,     8^.     44  p. 

Anzeige  in  luv.   Sicula,  Sett. 

197.  Giusti.  —  I  Tempi  e  la  Satira  di  Giuseppe  Giusti 
per  Ernesto  Masi.     Rivista  Bolognese.     Vol.  11.     Fase.  3. 

Auch  1871  mit  einem  zweiten  öffentlichen  Vortrag  über  Savona- 
rola  zusammen  gedruckt.     Firenze.     16'\     126  p.     1  1.  50  c. 

198.  Guicciardini.  —  Francesco  Guicciardini,  discorso 
del  prof.   Cesare  xMbicini.  Rivista  Bolognese.    Vol.  II.    Fase.  3. 

199.  Guinicelli.  —  Guido  Guinicelli  e  Dino  Compagni 
per  Giusto   Grion.     Propugnatore  II  2,  274. 

200.  Malespini.  —  Die  florentinische  Geschichte  der 
Malespini,  eine  Fälschung.  Von  Paul  Scheffer- Boichorst.  H. 
von  Sybel's  Histor.  Zeitschrift.     Zwölfter  Jahrgang,  Heft  4. 

Aus  sorgsamer  Vergleichung  Yillani's  und  Malespini's  unter  ein- 
ander und  mit  den  Schriften,  aus  welchen  die  ihnen  beiden  nach  In- 
halt und  grolsentheils  auch  nach  dem  Ausdruck  gemeinsamen  Partien 
stammen  (die  lateinische,  durch  Follini  als  Quelle  Ricordano  Malespini's 
erwiesene  Chronik,  Martinus  Polonus,  die  gesta  imperutorum ,  die  vor- 
läufig nur  durch  ihre  Benutzer  bekannten  gestn  Florentiuoriim  u.  s.  w.), 
ergibt  sich  dem  Verfasser  und  so  gewifs  auch  allen  vorurtheilsfreien 
Lesern,  dafs 'das  unter  dem  Namen  Malespini's  gehende  Werk  nicht 
von  G.  Villani  ausgeschrieben,  sondern  umgekehrt  aus  dessen  "Werke 
geschöpft  ist,  obgleich  es  sich  als  früherer  Zeit  angehörig  gibt.  Dafs 
es  das  Erzeugnifs  einer  Fälschung  ist.  zeigt  ein  grober  Widerspruch, 
in  welchem  es  sich  mit  sich  selbst  befindet,  zeigen  die  schlecht  ver- 
wischten Spuren  der  Unterbrechung  von  Villani's  Erzählung  durch 
tendenziöse  Einschiebsel,  welche  hinwieder  zum  grofsen  Tlieile  als 
ungeschickte  Erdichtungen  nachgewiesen  werden  können.  Die  Absicht 
verschiedenen  llorentinischen  Häusern,  namentlich  dem  der  Bonaguisi, 
zu  weit  hinauf  reichenden,  ruhmreichen  Ahnen  zu  verhelfen,  hat  den 
Fälscher  geleitet,  welcher,  wenn  die  Handschriften  seines  Werkes  so 
alt  sind,  wie  die  Herausgeber  sagen,  schon  im  14.  Jahrhundert  gear- 
beitet  hat. 

201.  Marzolo.  —  Della  Vita  c  degli  Scritti  di  Paolo 
Marzolo  per  Matteo   Ceccarel.     Treviso.     8'-'.     360  p. 


442  Bibliographie  v.  1870. 

Marzolo  war  ein  Linguist,  dessen  Hauptwerk  Documenti  storici 
rivelati  daW  analisi  della  parola  in  Padua  1859  erschienen  ist. 

202.  Monti.  —  Apologia  politica  di  Vincenzo  Monti 
per  Acltille  Afonti.     Imola. 

Der  Verfasser  sucht  zu  zeigen,  dafs  die  vielfachen  Wandelungen 
im  politischen  Verhalten  seines  Grofsoheims  herbeigefülirt  wurden 
entweder  durch  die  harte  Nothwendigkeit  sich  zu  retten,  oder  durch 
die  Reizbarkeit  seines  Wesens  oder  durch  das  Verlangen,  seinem  Vater- 
lande,  dem  er  immer  treu  ergeben  blieb,  nützlich  zu  werden.  S.  N. 
Antol.,  Marzo  und  F.  Santini  im  Buonarroti  Genn.   1871. 

203.  Monti.  —  Conimentarius  de  Vita  et  Scriptis  Vin- 
centii  Montii,  auctore  sac.  Giovanni  Anfossi.  Torino.  8^. 
GO  p. 

204.  Parini.  • —  II  Parini  nella  storia  del  pensiero  ita- 
liano ,  discorso  letto  nel  R.  Liceo  Dante  il  di  27  di  marzo 
1870  dal  pro  F.  Isidoro  del  Lungo.     Firenze.     8^'.      36  p. 

S.  Arch.  stör.   T.  XI,  P.  II. 

205.  Parini.  —  Giuseppe  Parini  e  i  suoi  tempi,  me- 
moria di  Leopoldo  RomanelU.     Firenze.     8*^.     26  p. 

206.  Petrarca.  —  Parole  suUa  tomba  del  Petrarca  lette 
nel   18  luglio   1870  da  Antonio  Malmignati.  Padova.  8*\   13  p. 

207.  Peyron.  —  Della  Vita  e  degli  Studi  di  Amedeo 
Peyron  per  V.  Sclopis.  Atti  della  R.  Accademia  delle  Scienze 
di  Torino.     Vol.   V.     Disp.   6. 

208.  Poliziano.  —  La  Patria  e  gli  Antenati  d'  Angel o 
Poliziano  per  Isidoro  del  Lungo.  Archivio  storico  italiano. 
T.  XI,  P.  I. 

Ueber  diese  und  die  ebenfalls  mit  Poliziano  sich  beschäftigende 
Arbeit  des  nämlichen  Verfassers,  welche  die  Bibliogr.  18G9  unter 
Nr.  271  anführt,  s.  K.  H.  in  der  Rev.  crit.   1871,  1.  Sept. 

209.  Pontano.  —  Giovanni  Pontano  e  i  suoi  tempi,  mono- 
grafia  del  prof.  Carlo  Maria  Tallarigo,  con  la  ristampa  del 
dialogo  ,,I1  Caronte"  e  del  testo  delle  migliori  poesie  latine 
colla  versione  del  prof.  Pietro  Ardito.  Libro  primo;  la  vita. 
Sanseverino  Marche.    1869  (1871).     8'\     268  p.     2  1.  50  c. 

Anzeige  in  der  Augsb.  Allg.  Zeitung  1871,  Nr.  250,  251.  Ferner 
in  Riv.  Europ.,   Sett.   1871  und  N.  Antol.,  Nov.   1871. 

210.  RafFaelli.  —  Della  Vita  e  delle  Opere  di  Giovanni 
Raffaelli  aggiuntivi  alcuni  scritti  inedili  o  rari  del  meclesinio. 
Cornmemorazione  di  Oreste  Raggi.  Modena.  8".  130  p.    1  1.  50  c. 

iS.  Riv.  Europ.  Agosto. 

211.  Sabba.  —  P>ate  Sabba  da  Castiglione  cavaliere  Ge- 
rosolimitano  e  Precettore  della  Commenda  di  Faenza,  cenni 
biografici    raccolti    da  Gian.  Marcello  Valgimigli.     Faenza.      4*^ 

40  p. 

S.   Propugn.   III    1,   205. 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  443 

212.  Sacchetti.  —  Franco  Sacchetti,  ritratto  letterario 
per  RaffaeJlo  Fornaciari.     N.   Antologia,   Ottobre. 

213.  Sarpi.  —  Fra  Paolo  Sarpi  consultore  e  teologo 
della  Repubblica  di  Venezia ,  discorso  letto  nella  festa  lette- 
raria  del  17  marzo  1869  dalT  ingegnere  Giovanni  Clodiff,  prof. 
di  fisica  nel  R.  Liceo  di  Üdine.     Udine.     8".     30  p. 

Sercambi.  —  S.  oben  Boccaccio. 

214.  Spinelli.  —  I  Notamenti  di  Matteo  Spinelli  di  Gio- 
venazzo  difesi  ed  illustrati  da  Camillo  Minieri-lliccio.  Napoli. 
8».     272  p.     5  1. 

Die  Arbeit  riclitet  sich  gegen  Bernhardi's  in  der  Bibliographie  für 
1868  unter  Nr.  289  aufgeführte  Schrift.  Hat  sie  A,  Reumont  (s. 
dessen  Anzeige  in  der  Augsb.  Allg.  Zeitung  vom  12.  März  1871) 
nicht  überzeugt,  so  hat  sie  doch  Vittorio  Imbriani  (s.  N.  Antol., 
Januarheft  1871)  in  seinem  Glauben  an  die  Aechtheit  der  Diurnali 
bestärkt;  auch  der  Verfasser  einer  kurzen  Anzeige  im  Propugnatore 
III  2,  531  hält  ßeruhardi  für  geschlagen.  Das  Buch  soll  übrigens 
■werthvolles  Urkundenmaterial  enthalten.  Ausführliche  Anzeigen  haben 
ferner  geliefert  Salvatore  Bongi  im  Arch.  stör.  S.  III,  T.  XIII  und 
Hartwig  in  v.  Sybel's  bist.  Zeitschr.,  14.  Jahrg.  —  Betreffend  eine  von 
der  Augsb.  Allg.  Zeit.  (6.  Juni  1872)  in  andere  Blätter  übergegangene 
höchst  confuse  Notiz  von  einem  Drucke  des  Pseudo- Spinelli  aus  dem 
17.  Jahrh.  s.  Hartwig  ,,lm  neuen  Reich",   1872,  Nr.  25. 

215.  Tamburini.  —  Nicola  Gaetani- Tamburini  per  Tav- 
vocato   Carlo  Lo::i.     Rivista  Europea,   Agosto. 

Tamburini  (gest.  1870)  ist  der  Verfasser  verschiedener  Arbeiten 
für  die  Turiner  Kivista  Contemporanea,  den  Florentiner  Spettatore 
und  das  Album  von  Rom,  hat  auch  als  Verfasser  von  Inschriften  An- 
erkennung gefunden.  Dantestudien  führten  ihn  1855  zur  Gründung 
einer  geheimen  Gesellschaft  L'Apostolato  Dantesco  in  Ascoli  del  Pi- 
ceno  zum  Zwecke  einer  Erziehung  des  italienischen  Volkes  in  Dante's 
Geiste,  was  dem  Gründer  die  Verurtheilung  zu  zwanzigjähriger  Galeeren- 
strafe zuzog.  1863  erhielt  er  die  Vorsteherschaft  am  R.  Liceo  Arnaldo 
in  Brescia  und  verfafste  in  dieser  Stellung  mehrere  öffentlich  vorge- 
tragene Arbeite^!  über  Aleardi,  über  Fragen  des  öffentlichen  Unter- 
richts und  der  Erziehung. 

216.  Tommaso.  —  San  Tommaso  d'Aquino  Tlmpero  e 
il  Papato  nel  secolo  XIII.  Memoria  letta  nel  Ginnasio  Nifo 
dal  direttore  prof.   G.   B.  Solari.     Sessa. 

217.  Valla.  -  Lorenzo  Valla.  Ein  Vortrag  Aon  /, 
Vahlen.  Zweiter  Abdruck  aus  dem  Almanach  der  kaiserlichen 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien  vom  Jahre  1864. 
Berlin.     8".     VIII,   63  p.      12   Sgr. 

Anzeige  in  den  Heidelb.  Jahrb.,  Juli  und  in  der  Zeitschr.  für 
Philos.  und  phil.  Kritik  LIX,  2  (Dr.  A.  Richter). 

218.  Varchi.  —  Della  Sepoltura  di  niesser  Benedetto 
Varchi  nella  chiesa  dei  monaci  di  S.  Maria  degli  Angeli  in 
Firenze,  per  G.  Gargani.  Firenze.  16*^.  24  p.  (Estratto  dal 
giornale  La  Nazione.) 


444  Bibliographie  v.   1870. 

219.  Bericht  über  die  Handschriften  von  Arborea.  Ja- 
nuarheft der  Monatsberichte  der  kön.  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  Berlin. 

Dem  die  Aechtheit  der  Denkmäler  auf  das  Entschiedenste  bestrei- 
tenden Berichte  von  Moriz  Haupt  und  Theodor  3Iommsen  folgen  vier 
„Anlagen"  von  Philipp  Jnjfi^,  Adolf  Tobler,  Alfred  Dove  und  Theodor 
jUommseii ,  in  deren  erster  die  Unmüslichkeit  der  Aechtheit  aus  dem 
paläographischen  Charakter  der  dem  Berichterstatter  vorgelegten  Ori- 
ginale dargethan  wird,  während  die  zweite  aus  der  Betrachtung  der 
Sprache  und  des  literarischen  Charakters  dasselbe  Ergebnifs  gewinnt 
lind  die  dritte  den  Widerspruch  aufdeckt,  in  welchem  Angaben  der 
arbor.  Denkmäler,  die  auf  zeitgenössischen  Aufzeichnungen  beruhen 
sollen,  sich  mit  anderweitig  sicher  gestellten  Thatsachen  belinden;  die 
vierte  zeigt,  dafs  ein  wichtiger  Bestandtheil  der  arboreischen  Funde 
nach  1840  angefertigt  und  nach  1856  mit  Nachträgen  versehen  worden 
ist.  Eine  kurze  Zusammenfassung  des  Berichtes  geben  die  Grenzboten, 
erstes  Semester  Nr.  15;  eine  zweite,  in  welcher  auch  früherer 
Aeufserungen  für  und  gegen  die  Aechtheit  der  Documente  Erwälinung 
geschieht,  findet  sich  in  der  Reime  critique  vom  7.  Mai  aus  der  Feder 
von  Fiiiil  Meyer,  der  schon  1864  mit  Bestimmtheit  ausgesprochen  hat, 
dafs  eine  Fälschung  vorliege;  eine  zustimmende  Berichterstattung  von 
D.  Comparetti  steht  im  Juniheft  der  N.  Antologiu;  eine  gute  Ueber- 
sicht  des  Inhaltes  des  Berichtes  hat  D'Arbois  de  Jubninville  in  der 
Revue  des  Questions  historiques  unter  dem  1.  Juli  1870  veröffentlicht. 
Eine  üebersetzung  des  ganzen  Berichtes  gab  Graf  Carlo  Bai/di  di 
Vesme  im  Archivio  storico  ituliaiio,  Juli.  Derselbe  liefs  kurz  darauf 
diese  Üebersetzung  neuerdings  erscheinen,  begleitet  von  einer  Erwide- 
rung und  einer  Abwehr  gegen  den  im  Propngnatore  III  gedruckten 
ersten  Theil  einer  von  Alessandro  D'  Ancona  eingeleiteten  Abhandlung 
Oirolamo  Vitelli's  (Delle  Carte  d'  Arborea  e  delle  Poesie  voUjari  in  esse 
contemite),  unter  dem  Titel:  Relazione  siii  inanoscrifti  d' Arborea  publi- 
cata  7iegli  Atti  della  R.  Academia  delle  Scienze  di  Berlino  (yennajo 
1870).  Osservazioni  iutorno  alla  Relazione  ecc.  del  conte  Carlo  Bnudi 
di  Vesme.  Intorno  all'  Esame  critico  delle  carte  d' Arborea  di  Girolamo 
Vitelli.  Torino-Firenze.  8".  LIX,  152  p.  Schon  vorher  hatte  seine 
Zustimmung  zu  dem  Urtheil  der  Berliner  Akademie  ausgesprochen  und 
begründet  Adolfo  Borgoynoni  in  der  Schrift  /  Poeti  italiani  dei  Codici 
d' Arborea,  Ravenna.  8°.  22  p.  In  der  Ricista  Europea  hat  Mon- 
signor  Francesco  Liverani  die  Beweisführung  des  „Berichtes"  nicht 
zulänglich  gefunden  und  auf  einen  andern  Grund  ein  gleichlautendes 
Urtheil  mit  mehr  Recht  stützen  zu  können  gemeint  (Le  carte  d' Arborea 
e  l'Accademid  delle  scienze  di  Berlino:  beantwortet  durch  Graf  Baudi 
di  Vesme  1871  im  Februarheft  der  nämlichen  Zeitschrift);  gegen  Vitelli 
auch:  Le  poesie  italiune  delle  carte  d' Arborea  e  il  sixjnor  Uerolamo  Vitelli, 
cenno  critico  di  Francesco  Carta,  Cagliari.  Im  Propugnatore  III  2,  128 
hat  Graf  Baudi  di  Vesme  seither  neue  Stücke  arboreensischer  Herkunft 
zum  Abdruck  gebracht  (Intorno  ad  una  Canzone  e  ad  un  Sonetto  italiani 
del  sec.  XU  e  ad  una  Canzone  sarda,  tratti  dalle  carte  d'Arborea,  auch 
besonders  gedruckt,  Bologna.  8".  19  p.),  darunter  das  von  sechs 
Schülern  des  Gherardo  gemeinsam  angefertigte  Sonett;  dieselben  sind 
den  früher  bekannt  gewordenen  durchaus  ebenbürtig.  Im  Arch.  stör. 
S.  III,  T.  XIII  und  XIV  hat  der  nämliche  Verfasser  veröffentlicht  eine 
Prima  Poscritta  und  eine  Seconda  Poscritta  alle  Osserrazinni  u.  s.  w. 
gegen  Liverani  und  mit  Bezug  auf  Borgognoui's  in  der  Riv.  Europ., 
Apr.  1871,  ausgesprochene  Anregung  einer  gerichtlichen  Untersuchung, 
über  welche    im  Junihefte    der  näml.    Zeitschr.  auch  Salvatore  Angelo 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  445 

de  Castro  sich  ablehnend  geäufsert  hat.  Eine  Zusammenstellung  der 
für  die  Geschichte  der  italienischen  Dichtung  seiner  Ansicht  nach 
wichtigsten  Stücke  der  Martini'schen  Sammlung  hat  Fiorentino  ver- 
öffentlicht: Prosfe  e  Poesie  itoliane  della  Raccolta  aröorense  con  un  pen- 
siero  di  Vincemo  Fiorentino.  Napoli.  (S.  hierüber  A.  D'  A.  im  De- 
zemberheft der  N.  Antologia.)  Einen  mehr  eifrigen  als  glücklichen 
Vertheidiger  ihrer  Aechtheit  haben  die  arboreensischen  Denkmäler 
an  dem  Professor  der  Anatomie  Randacio  gefunden :  La  Quisfione 
delle  pergamene  e  dei  codici  di  Arhoiea,  lettera  del  prof.  Francesco 
Randacio.  (Estraffo  dalle  i^uove  Effemeridi  Sicilinne  di  Scienze ,  Let- 
te/e  ed  Arti  di  Palermo.)  Palermo  187  L  8°.  29  p. ;  ferner:  Litorno 
alle  Carle  d'Arborea  allre  considerazioni  del  profcssore  Francesco  Ran- 
dacio. Cagliari  187 L  8".  107  p.  Das  Gcständnifs,  dafs  er  sich 
hier  mit  Fragen  beschäftige,  die  aufserhalb  seiner  eigentlichen  Berufs- 
thätigkeit  liegen  ,  hätte  der  Verfasser  sich  ersparen  dürfen.  —  Le 
carte  d'Arborea  e  l'Accademia  delle  Scienze  di  Berlino.  Osservazioni 
critiche  per  F.  Carta  ed  E.  AJiilas,  im  Propugn.  V,  Disp.  1  und  2  (1872) 
mag  die  Reihe  schliefsen  und  das  „letzte  Wort"  sein;  vor  einer  Antwort 
von  Seite  des  Angegriffenen  sind  die  beiden  Verfasser  vüllig  sicher.  — 

220.  Erophile.  —  Viilgärgriechische  Tragödie  von  Geor- 
gios  Chortatzes  aus  Kreta.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der 
neugriechischen  und  der  italiänischen  Litteratur  von  Conrad 
Bursian,  Des  V.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch* 
historischen  Classe  der  k.  Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften Nr.  VII.     Leipzig.      4^.     89  p.      24  Ngr. 

Angezeigt  von  Schdt.  im  Lit.  Centralbl.  1871,  Nr.  7,  von  W. 
Wagner  in  der  Academy,   1.  März  1871. 

221.  Einaldo  da  Montalbano  per  Pio  Bajna.  Pro- 
pugnatore  III  1,  213;  III  2,  58. 

Die  zwei  ersten  von  den  fünf  Büchern  eines  in  einer  laurenziani- 
schen  Hds.  vollständig  und  in  einer  zweiten  laurenzianischen  zum 
Theile  erhaltenen  Prosaromans  und  die  ersten  26  von  den  51  Gesängen 
eines  Gedichtes  in  Octacen,  von  dem  es  nur  durch  mancherlei  Erwei- 
terungen und  Verderbnisse  entstellte  Drucke  gibt,  während  eine  von 
Palermo  beschriebene  Hds.  der  Palatina  es  nur  wenig  lückenhaft,  im 
Ganzen  in  seiner  ursprünglichen  Form  darbietet,  werden  unter  einander 
und  mit  der  französischen  Chanson  de  geste,  w^elche  Rajna  übrigens 
nur  in  der  venezianischen  Hds.  vorlag,  verglichen.  (Was  in  dem 
Prosaroman  auf  die  zwei  ersten  Bücher  folgt,  ist  nach  Kajna  freie 
italienische  Erfindung  oder  doch  aufser  Zusammenhang  mit  der  fran- 
zösischen Gestaltung  der  Renaudsage).  Es  ergibt  sich  aus  der  mit 
Sorgfalt,  doch  ohne  Kleinlichkeit  geführten  L'ntersuchung  ,  dafs  bei 
aller  Fülle  der  Uebereinstimmung  eine  unmittelbare  Beziehung  zwischen 
irgend  welchen  zweien  unter  den  drei  Werken  nicht  anzunehmen  ist, 
dafs  vielmehr  eine  französisch- italienische  Chanson  de  geste  ähnliclier 
Art  wie  die  venezianische,  welche  die  Entree  en  Espagne  und  den 
Macaire  in  Italien  heimisch  gemacht  hat,  auch  aus  der  Chanson  von 
Renaud  hervorgegangen  und  dafs  dieser  einerseits  der  Prosaroman, 
andererseits  die  Octavendiclitung  entnommen  sein  mufs.  Jenes  ver- 
lorene AVerk  hat  nicht  blofs  der  Mainzersippe  und  ihrer  endlosen 
Bosheit  eine  ungebührliche  Bedeutung  gegeben,  nicht  blofs  Helden- 
thaten  im  fernen  Osten  bis  zum  Uebermafs  zum  Ueberlicfcrten  hiiizu- 
gethan,  wie  es  die  italienischen  Bearbeitungen  der  französischen  Chan- 
sons  gerne   tliun,    sondern    auch   zahlreiche  andere  Sagen  oder  Sagen- 


44ß  Bibliographie  v.   1870. 

motive  sich  einverleibt,  deren  Stellung  ursprünglich  eine  andere  war, 
so  diejenige,  die  im  Roman  de  la  Violette  besonders  bearbeitet  ist, 
u.  a.  In  seinem  ersten  Theile  namentlich  war  das  vermittelnde  Ge- 
dicht überfüllt  mit  Stoft',  der  zn  dem  eigentlichen  Kerne  in  keiner 
ursprünglichen  Beziehung  stand.  —  Für  die  zweite  Hälfte  des  üctaven- 
gedichtes  beschränkt  sich  die  Verfjleichung  auf  die  franzüs.  Chanson; 
aber  auch  hier  ist  der  genetische  Zusammenhang  durch  jenes  verlorene 
Gedicht  vermittelt.  —  Wahrscheinlich  würde  eine  Vergleichung  der 
drei  (?)  Redactionen  der  franz.  Chanson  unter  sich,  wenn  Herr  R.  sie 
hätte  vornehmen  können,  manches  erklärt  haben,  was  jetzt  dunkel 
bleibt;  so  ist  in  dem  Bekker'schen  Texte  der  Zug  bereits  zu  finden, 
dafs  Haimon  seine  Söhne  Bastarde  schilt.  S.  G.  Paris'  Anzeige  in  d. 
Rev.  crit.   1872,  Nr.  14. 


B. 

1. 

222.  CoUezione  di  opere  inedite  o  rare  dei  primi  tre 
secoli  della  lingua  pubblicata  per  cura  della  R.  Commissione 
pe'  testi  di  lingua.     Bologna.     8*^. 

Esemplare  della  Divina  Commedia  donato  da  papa  Lambertini 
(Benedetto  XIV)  con  tutti  i  suoi  libri  allo  Studio  di 
IJologna,  edito  secondo  la  sua  ortografia,  illustrato  dai 
confronti  di  altri  XIX  codici  danteschi  inediti  e  fornito 
di  note  critiche  da  Luciano  Scarabelli.  I.  Inferno.  LXVII, 
Gü2  p. 

Nach  Propugn.  III  2,  529  sind  50  Exemplare  in 
4".  auf  Kosten  des  Herausgebers  gedruckt  mit  Facsimiles, 
mit  einer  Widmung  an  den  König  von  Italien  statt  der- 
jenigen an  Barlow  und  einer  historisch -philologischen 
Vorrede.  S.  auch  Februarheft  der  N.  Antologia  1871  und 
Athenaeum  9.  März  1872.   (H.  C.  B.) 

223.  Scelta  di  curiositä  letterarie  inedite  o  rare  dal 
secolo  Xm  al  XVII  in  appendice  alla  CoUezione  di  opere 
inedite  o  rare.     Bologna.     16". 

105.  Gidino  da  Sommacampagna,  Trattato  dei  Eitmi  volgari 
da  un  Codice  dei  See.  XIV  della  Bibl.  Capitolare  di 
Verona  or  posto  in  luce  per  Mr.  Gio.  Butt.  G.  Giuliari. 
XXXIII,  279  p.     10  I.  50  c. 

Angezeigt  von  Msf.  im  Lit.  Centralblatt,  9.  Juli, 
wo  das  Werk  mit  dem  verwandten  des  Antonio  da  Tempo 
(s.  Bibliogr.  1869,  Nr.  314;  es  war  unter  die  Bestandtheile 
der  CoUezione  Nr.  285  zu  stellen)  verglichen  ist.  S.  auch 
Rivista  Europ.,  Giugno. 

106.  La  Leggenda  d' Adamo  ed  Eva,  testo  inedito  dei  secolo 
XIV.     30  p.     1  1.  50  c. 

Durch  Alessnndro  U  Ancona  einer  Hds.  der  Palatina 
(Panciatichi  Nr.  75)  entnommen  und  Mussafia  gewidmet, 
dessen  trefl'licher  Arbeit  über  das  Kreuzesholz  das  Stück 
sich  anschliefst  (Sulla  Leggenda  dei  Legno  della  Croce, 
studio  di  Adolf 0  Mussafia.     Vienna  1870.     8°). 

107.  Novellino  provenzale,  ossia  volgarizzamento  delle  antiche 
vitarelle  dei  Trovatori  scritte  giä  in  lingua  d'oc  da  Ugo 
di  S.  Ciro,  da  Michele  della  Torre  e  da  altri.  XXII, 
222  p.     8  1. 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  447 

Die  Uebersetzung  ist,  meist  nach  Raynouard's  Texten, 
(hirch  den  Grafen  Uiuranni  Ualruni  angefertigt,  der  einige 
Stücice  der  Sammlung  schon  früher  hatte  erscheinen  lassen. 

108.  Lettere  di  Bernardo  Cappello  tratte  dagli  originali  che 
sono  neir  archivio  governativo  di  Parma.  XIX,  105  p. 
4  1. 

Den  43  zum  gröfsten  Theil  an  den  Cardinal  Ales- 
sandro  Farnese  gerichteten  Briefen  schickt  der  Heraus- 
geber. Amadio  Bonchini,  eine  Einleitung  voran,  in  welclier 
dargelegt  wird,  welche  Thatsachen  die  Verbannung  Cap- 
pello's  aus  seiner  Heimat  Venedig  herbeiführten,  und  in 
welcher  Weise  derselbe  von  seinem  Beschützer  in  eige- 
nem und  in  Pabst  Paul's  III  Dienste  verwendet  wurde. 
Verschiedene  Angaben  der  Biographie,  welche  Serassi  der 
Sammlung  von  Cappello's  Gedichten  (Bergamo  1753)  vor- 
angeschickt hat,  werden  dadurch  berichtigt.  In  den  An- 
merkungen zum  Texte  kommen  auch  Briefe  zeitgenössi- 
scher Verfasser  zum  Abdruck. 

109.  Parma  liberata  dal  giogo  di  Mastino  della  Scala  addi 
21  maggio  13-11,  canzone  politiea  nuovamente  esjiosta  e 
ridotta  a  miglior  lezione  dal  prof.  Fnnicesco  Beiian. 
200  p.     tj  1.  50  c. 

Es  ist  die  Canzone  Petrarca's,  welche  beginnt  Quel 
cli  ä  nostra  natura  in  se  pui  degno.  Die  Publikation  soll 
als  Probe  einer  versprochenen  Sammlung  von  Petrarca's 
politischen  Dichtungen  in  lat.  und  in  itaj.  Sprache  dienen. 
S.    A.  D'  A.  im  Novemberheft  der  N.   Antologia. 

110.  Epistola  di  San  Girolamo  ad  Eustochio,  volgarizzamento 
antico  secondo  la  lezione  di  un  codice  della  BibUoteca 
muuicipale  di  Genova.     216  p.     7  1. 

111.  Novellette  di  Andrea  Cavalcanti  ititorno  a  Curzio  Ma- 
rignolli  poeta  fiorentino  per  cura  di  Giulio  Picciui.  104  p 
3  1.  50  c. 

112.  II  Libro  di  Theodolo  o  vero  la  Visione  di  Tantalo  da  un 
codice  del  XVI  secolo  della  Capitolar  Biblioteca  di  Ve- 
rona or  posto  in  luce  per  Mr.  Gio.  Batt.  G.  Giii/iari 
XXXII,  96  p.     4  1. 

S.  A.  D'A.  im  Märzheft  der  N.  Antologia  1871   und 

Msf.  im  Lit.  Centralblatt    1871,    Nr.  12    sowie  S.  37 48 

seiner  treulichen  Schrift  Sid/a  Visione  di  Tundalo,  Vienni 
1871,  wo  eine  Reihe  von  Fehlei-n  des  alten  üebersetzers 
der  Legende,  der  Abschreiber  seiner  Arbeit  und  des 
Herausgebers  hervorgehoben  werden. 

113.  114.  I  Viaggi  di  Gio.  Da  Mandavilla,  volgarizzamento 
antico  toscano  ora  ridotto  a  buona  lezione  coli'  ajuto  di 
due  testi  a  penna  per  cura  di  F.  Zambrini.  Vol.  I,  XXVII, 
184  p.  7  1.;    Vol.  II,  217  p.  7  1. 

Angezeigt  von  A.  Bartoli  im  Archivio  Veneto  I,  435. 


224.     Proverbi  e  Modi  di  dire  dicbiarali  con  racconti  da 
Tennstocle   Gradi,    libro  di  lettura  e  di  promio ,    coli'  aggiunta 
di  poesie  e  di  canti  in  musica  per  bambiiii  e  bambine.  Firenze, 
12".     109  p.     80  c. 
*         Angezeigt  von  Liebrecht  in  den  Gott.  Gel.  Anz.,  Stück  47. 


448  Bibliographie  v.   1870. 

225.     Proverbi    lombardi   raccolti  ed   annotati    dal    prof. 
Bonifacio  Somarani.     Milano.      16".      4G4  p.     4  1. 


226.  Canti  popolari  siciliani  raccolti  ed  illustrati  da 
Giuseppe  Pitre ,  precedati  da  iino  studio  critico  dello  slesso 
autore.  Palermo.  12".  Vol.  I.  X,  452  p.  4  1.;  Vol.  II  (1871) 
X,  495  p.     5  1. 

Anzeige  des  ersten  Bandes  in  den  Gott.  Gel.  An/..,  25.  Stück  nnd 
in  der  Academy  Nr.  15,  s.  aucli  Propugn.  III  1,  204,  A.  D'  A.  im 
Augustheft  der  N.  Antologia  und  Marc  Monnier  in  der  Biblioth.  uni- 
vers.  1871,  Sept.  Beide  Bände  bespricht  ausführlich  Salvatore  Salo- 
mone  Marino  im  Giornale  di  Sicilia  1871,  Nr.  87  und  88  (20.  und 
21.  Apr.)  und  die  Rev.  crit.  1872,  Nr.  19.  Der  Sammlung,  welche 
auch  musikalische  Beilagen  hat,  sind  die  in  der  Bibliogr,  1868,  Nr.  194 
aufgeführten  Aufsätze  vorangestellt. 

227.  Canti  popolari  siciliani  in  aggiunta  a  quelli  del 
Vigo,  pubblicati  da  Salvatore  Salomone- Marino.  Palermo. 
16".     300  p.     1  1.  50  c. 

228.  Canzoni  popolari  inedite  in  dialetto  centrale  o 
logudorese  pubblicate  dal  canon.  Giovanni  Spano.  Cagliari. 
8".     240  p. 

229.  Saggio  di  Canti  popolari  siciliani  ora  per  la  prima 
volta  pubblicati.  Lettera  di  Giuseppe  Pitre  al  comm.  Fran- 
cesco  Zambrini.     Propugnatore  II  2,  371. 

230.  Canti  popolari  veronesi.  Verona,  fol.  15  p.  (Per 
nozze.) 

Vierundzwanzig  Viliotte,  gesammelt  und  herausgegeben  durch  Z!,7- 
tore  Scipione  Iii(/hi  unter  Bezugnahme  auf  einen  1863  gedruckten 
Suijgio  des  nämlichen  Autors. 

231.  Canti  popolari  monferrini  raccolti  ed  annotati  dal 
dr.  Giuseppe  Ferraro  della  R.  scuola  normale  sup.  di  Pisa. 
Torino-Firenze.     8".     XVI,   158  p.      2   1. 

Bildet  den  ersten  Band  einer  durch  Domenico  Compnrelti  und 
Alessandro  D'  Ancona  unternommenen  Sammlung,  die  den  Titel  trägt: 
Canti  e  Racconti  del  popoto  italiano.  Angezeigt  von  V.  Imbriani  im 
Decemberheft  der  N.  Antologia  und  von  laebrecht  sowohl  in  den 
Heidelb.  Jahrb.  Nr.  55  als  in  The  Academy  vom  15.  Juni  1871,  aufser- 
dcm  von  Pitre  in  der  Strenna  der  ßiv.  Europ.  1872  und  von  G.  P. 
in  der  Romania  I,   255. 

232.  II  Carcerato,  aria  popolare  siciliana  pubblicata  da 
Giuseppe  Pitre.     Rivista  Europea,  Agosto. 

233.  La  Baronessa  di  Carini,  leggenda  storica  popolare 
del  secolo  XVI  in  poesia  siciliana,  con  discorso  e  note  di 
Salvatore  Salomone- Marino.     Palermo.     8".      113  p.      1  1. 

Der  interessanten  Localsage ,  welche  dem  Herausgeber  aus  dem 
Volksmunde  nahezu  vollständig  herzustellen  gelungen  ist  (262  Verse, 
zu  denen  noch  etwa  50  verlorene  hinzugehören),  geht  eine  lesenswerthe 
Einleitung    voran,    welche    über    sizilische    Volkstradition    (Legenden, 


Zur  italienischen  Literaturgeschielite.  449 

^lärchen,  Sagen  oder  orazioni,  conti,  storie),  Uebergang  literariselier 
Dichtung  in  N'olksbesitz,  über  die  geschichtliche  Grundlage,  das  Alter 
und  den  Ursprung  der  Dichtung  von  der  Baronessa  viel  Beinerkens- 
werthes  neben  einigem  Gewagten  beibringt.  Ein  kleines  Glossar 
erleichtert  das  Verständnifs  des  Gedichtes.  —  Ein  Nachtrag  in  Brief- 
form, den  der  Heransgeber  in  den  Anove  Ejfemeridi  .siciliaiie  S.  14.j) 
veröffentlicht  hat,  gibt  über  die  in  demselben  auftretenden  Personen 
urkundlichen  Anfschlufs.  —  Angezeigt  von  Liebrecht  in  den  Gott. 
Gel.  Anz.,  26.  Stück,  von  A.  D'A.,  welcher  gegen  die  Zugehörigkeit 
einiger  der  Dichtung  einverleibter  Fragmente  Bedenken  erhebt,  im 
Aprilheft  der  N.  Antologia,  von  Th.  de  Puvmaigre  in  der  Rev.  critique, 
2.  Juli  1870. 

234.  Sicilianische  Märchen.  Aus  dem  Volksmund  ge- 
sammelt von  Laura  Gonzenhach.  Mit  Anmerkungen  Beinhold 
K'öhler''s  und  einer  Einleitung  herausgegeben  von  Otto  Hart- 
wig. Leipzig.  2  Bände.  8".  LIII,  368,  263  p.  (Jeder 
Band  mit  dem  Portrait  je  einer  Märchenerzählerin.)     3   Thlr. 

Angezeigt  A-on  Liebrecht  in  The  Academy  Nr.  7,  von  Strafforello 
im  Juniheft  der  Riv.  Contemp.,  ausserdem  im  Maiheft  der  Rivista 
Sieula,  wo  die  Einleitung  übersetzt  ist,  und  im  Lit.  Centralblatt, 
14.  Mai. 

235.  La  Novellaja  Milanese,  Esempii  e  Panzane  lom- 
barde  raccolte  nel  Milanese  da  Vittorio  Imhriani.  Propugna- 
tore  III  J,  396. 

Fortgesetzt   im   Propugnatore  III  2,  192  und  491,  IV  1,  278  u.  s.  w. 


236.  Rime  inedite  d'  ogni  secolo  pubblicate  per  le  nozze 
Rizzi-Cella  (per  cura   di  Domenico   Carbone).     Milane. 

Nach  A.  D'A.'s  Anzeige  im  Märzheft  der  N.  Antologia  1871  ent- 
hält die  kleine  Sammlung  Gedichte  von  Friedrich  IL,  Guido  Caval- 
canti,  Dante,  Petrarca,  Ricciardo  degli  Albizzi,  Franco  Sacchetti,  Nic- 
colö  Malpigli,  Tasso,  Tassoni,  Baretti,  Lignana.  Die  Dante'sche  Can- 
zone  war  durch  Nannucci  bereits  e  iirt  und  nach  handschriftlichem 
Zeugniss  Pietro   Alighieri  zugetheilt. 

237.  Poesie  musicali  inedite  ed  anonime  del  secolo  XIV. 
Padova.      S^.      14  p. 

238.  Un    Dramma    claustrale    pubblicato    da    Francesco 
De  Sanctis.     Nuova  Antologia,  Marzo. 

Das  durch  Palermo  bekannt  gewordene,  von  Ebert  und  von  Klein 
besprochene  ,, Klosterspiel"  der  palat.  Bibliothek  (Nr.  445)  von  dem 
Jüngling,  der  eines  Einsiedlers  Diener  wird  und  nacli  der  Aussage 
eines  Engels  trotz  seines  frommen  Wandels  verdammt  werden  soll 
durch  Beharren  auf  dem  Wege  des  Guten  jedoch  die  Seligkeit  ge- 
winnt. Vollständig  mitgetheilt  und  mit  Hinsicht  auf  den  Grund- 
gedanken geprüft. 


Jahrb.  (     rom.  u.  engl.  Lit.  XII.  4.  29 


450  Bibliographie  v.  1870. 

239.  Ghirlandella  di  brevi  scritture  sacre  e  profane  dei 
secoli  XIV,  XV  e  XVI.     Livorno.     4".     32  p. 

Hochzeitspublication  von  Ottaviano   Targioni-  Tozzetti. 

240.  Lettere    inedite    d'illustri    Italiani    pubblicate    da 
Saverio  Scolari  per  nozze  Prina-Blaas.     Pisa.     8**.     40  p. 

Zweihundert  Exemplare. 

241.  Lettere  inedite  di  donne  illustri  italiane  dei  secoli 
XV  6  XVI.     Padova.     8*'.     IG  p. 


242.  Le  cento  Novelle  antiche  nuovamente  illustrate  ad 
USD   delle    scuole   dalF  avvoc.   Giov.  Pierotti.     Milano. 

Hier  angeführt  wegen  der  im  Märzhefte  der  N.  Antologia  sehr 
gerühmten  sacherklärenden  Anmerkungen. 

243.  Due  allegre  Novelle  dei  secolo  XVII.  Firenze.  64". 
32  p. 

Neunundvierzig  Exemplare. 

244.  Novella  di  Anselmo  Salimbeni  e  Angelica  Monta- 
nini con  diligenza  ristampata  e  corretta  (per  cura  di  Michele 
Pierantoni).     Lucca.     8".     40  p. 

Die  Novelle  ist  der  von  Muratori  Script.  XIX  gedruckten  Chronik 
eines  unbekannten  Senesen  des  14.  Jahrhunderts  entnommen;  llieino, 
Sermini,  Bandello  haben  sie  nacherzählt;  schon  Gamba  hatte  sie  1813 
besonders  gedruckt.    S.  N.  Antologia,  Marzo,   und  Propugn.  II  2,  480. 

245.  Novella  d'una  donna  e  d'uno  uomo  che  non  po- 
teano  aver  fis^liiioli,  testo  inedito  dei  buon  secolo  della  lingua. 
Bologna.     8*'.     23  p. 

Durch  F.  Zambrini  aus  Anlass  der  Hochzeit  Ghinassi-Ugolini 
der  Magliabechi'schen  Handschrift  P  II  89  entnommen  und  in  80  Exem- 
plaren gedruckt. 

246.  Novella  tratta  da  un  antico  codice  delP  abbazia 
di  Monte  Cassino  e  pubblicata  da  Vittorio  Bandozzi.  Livorno. 
8«.     11  p. 

247.  Novella  d'  ignoto  autore  dei  secolo  XVJI  pubbli- 
cata da  Giovanni  Papanti.     Livorno.     8'\     16  p. 

Sechzig  Exemplare. 

248.  ftuattro  capitoli  della  Storia  di  Rinaldo  da  Montal- 
bano  giusta  il  codice  Mediceo  Laurenziano  (pubbl.  dal  prof. 
Pietro  Ferrato  per  nozze).     Venezia.     8*^.     24  p. 

Vermuthlich  Stücke  des  Prosaromans,  mit  dem  sich  Rajna  in  der 
oben  unter  Nr.  221  angeführten  Arbeit  beschäftigt. 


249.     I  primi  sei  Capitoli  dell'  Evangelio   di  San  Matteo 
da  un  codice  a  penna  dei  XV  secolo  posseduto   da   un  socio 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  451 

della  R.  Comniissione  pei  testi  di  lingua,  ora  la  prima  volta 
messi  a  stampa  con  note  e  chiarimeiiti  dal  cav.  Francesco  Di 
Mauro  Di  Polrica.     Propugnatore  II   2,   323. 

250.  Epistola  di  San  JacopO;  volgarizzamento  d'anonimo 
toscano  del  secolo  XIV,  ridotto  a  buona  lezione  coli'  aiuto  di 
piu  codici  e  delT  originale  greco  per  cura  del  dott.  Giuseppe 
Turrini.     Verona.     8".     44  p.      1  1.   50  c. 

251.  Sermone  che  fece  Cristo  a  la  cena  a  la  madre,  e 
la  madre  agli  apostoli;  e  questo  scrisse  santo  Agostino  nel 
libro  che  fece  a'  Romiti  (pubbl.  dal  prof.  ab.  Antonio  Cernti). 
Propugnatore  III   1,  64. 

Aus  der  nämlichen  ambrosianischen  Ilds.  wie  der  gleich  anzu- 
führende Perdono  di  San  Francesco. 

252.  II  Perdono  di  san  Francesco  d'Assisi  (pubblicato 
dal  prof.  ab.  Antonio   Ceruti).     Propugnatore  III   1,   54. 

Die  Legende  (Einsetzung  des  Ablasses  der  Kirche  S.  Maria  in 
Portingola)  ist  nach  einer  in  einem  ambrosianischen  Codex  enthaltenen 
Abschrift  des  15.  Jahrb.  gedruckt.  Der  Herausgeber  glaubt  die  kleine 
Sclirift,  welche  sich  als  Aufzeichnung  eines  Zeitgenossen  und  Mit- 
bürgers des  Heiligen  mit  Namen  Micliele  Bernarducci  gibt,  ins  14.  Jahrb. 
setzen  zu  dürfen. 

253.  Leggenda  di  S.  Margherita  V.  e  M.  pubblicata  da 
Antonio   Ceruti.     Propugnatore  III  2,  176. 

Wo  diese  Uebersetzung  gefunden  ist,  erfährt  der  Leser  nicht. 
Die  Heilige  ist  von  den  verschiedenen  desselben  Namens  die  aus  An- 
tiochia  stammende.  Der  Verfasser  oder  Sammler  der  Nachrichten  von 
ihrem  Leben  nennt  sich  Teodimo.  Die  Uebersetzung  ist  nicht  iden- 
tisch mit  derjenigen,  welche  seit  Manni's  Ausgabe  der  Vite  dei  Sunti 
Fadri  im  Anhang  zu  diesen  gedruckt  zu  werden  pflegt  und  u.  A.  in 
Sorio's  und  Racheli's  Ausgabe  (Trieste   1S58)  S.  387  zu  lesen  ist. 

254.  n  Pozzo  di  san  Patrizio,  pubblicato  da  Giusto 
Grion.     Propugnatore  III  1,  67. 

Aus  einer  den  Brüdern  Monga  in  Verona  gehörenden  Handschrift 
des  15.  Jahrh.  wird  hier  eine  vermuthlich  im  14.  Jahrh.  abgefasste 
venezianische  Version  der  Legende  vom  Schachte  des  heil.  Patricius 
mitgetheilt  (schon  lange  bekannt  war  die  toscanische  Bearbeitung  des 
Domenico  Cacalca,  und  seit  1865  aus  Villari's  Anfiche  Leggende  e  Tra- 
dizioni  che  illustruno  la  Dir.  Commedia  noch  eine  zweite  toscanische). 
In  der  Einleitung  gibt  Herr  Grion  nach  seiner  Gewohnheit  so  vielerlei 
zu  einander  und  zu  dem  Ineditum  in  losester  Beziehung  stehende 
Dinge,  dass  sie  hier  unmöglich  registrirt  werden  können;  es  seien 
davon  erwähnt  ein  lateinisch -bergamaskisches  Glossar  des  16.  oder 
15.  Jahrb.,  eine  Reihe  altitalienischer  Tros-atorgedichte  aus  der  vati- 
canischen  Hds.  3793,  darunter  das  von  Dante  (Vulg.  EI.  II,  11)  erwähnte 
Spottgedicht  des  Castra.  Die  S.  72  nach  Hickes  citirten  afz.  Verse 
durften  nicht  ins  11.  Jahrh.  gesetzt  werden;  sie  gehören  Wace's  Nicolas 
an.     Auch   sonst  würde  Einiges  zu  berichtigen  sein. 

255.  Leggenda  e  Vita  di  san  GugHelmo  d'Oringa,  scrit- 
tura     del     sec.    XIV     ora     per     la    prima    volta    pubblicata    e 

29* 


452  Bibliographie  v.  1870. 

illustrata    da    G.   Clnarini.     Con    60   incisioni.     Livorno.      8*^. 

12  1. 

200  Exemplare.  S.  A.  D'  A.  im  Februarheft  der  N.  Antologia 
1871. 

256.  Trattato  di  Falconeria,  testo  di  lingua  inedito  del 
secolo  XIV  tratto  da  un  mauoscritto  della  Biblioteca  Ambro- 
siana per  cura  di  Antonio   Ceruti.     Propugnatore  II  2,   221. 

Die  Schrift  gibt  sich  als  Uebersetzung  eines  provenzalischen  Wer- 
kes, zeigt  aber  nur  theilweise  Uebereinstimmung  mit  dem  Gedichte 
des  Daude  de  Pradas. 

257.  Giovan  da  Procida  e  il  ribellamento  di  Sieilia  nel 
1282  secondo  il  codice  vaticano  5256  per  cura  di  Vincenzo 
Di  Giovanni.     Propugnatore  III   1,  5   e  360. 

Der  mitgetheilte  Text  ist  nach  dem  Herausgeber  wie  die  Leggendn 
di  Giovan  du  Frocida,  welciie  Antonio  Cappelli  {CoUezione  di  ojiere 
inedite  o  rare,  Toriiio  1861)  aus  einer  modenesisciien  Hds.  herausgab 
und  mit  welcher  die  zweite  Novelle  des  25.  Tages  bei  Ser  Giovanni 
Fiorentino  theilweise  wörtliche  Uebereinstimmung  zeigt,  eiue  Bearbei- 
tung des  altsizilisclien  Uihelhtmeiitu  di  Sieilia,  welches  Vincenzo  di 
Giovanni  selbst  in  den  Groiiache  siciliane  de'  secnli  XIII,  XIV  e  XV, 
Bologna  1865,  abgedruckt  hat.  Wie  die  Leggenda  durch  einen  Tos- 
caner,  so  wäre  der  vatic.  Text  durch  einen  Schreiber  aus  der  Co- 
marca  oder  aus  dem  Napoletanischen  angefertigt;  aucli  dieser  hat  das 
Vorwort,  welches  durch  eine  dem  Giovan  da  Pr.  feindselige  Haltung 
sich  als  spätere  Zuthat  zu  erkennen  gibt  und  der  sizilisciien  Urschrift 
fehlt.  Der  Herausgeber  tritt  der  von  Amari  auch  in  der  neuesten 
Ausgabe  der  Storia  del  Vespro  (1866)  festgehaltenen  Darstellung  des 
Aufstandes  und  Giovanni's  da  Pr.  mit  beachtenswerthen  Einwendungen 
entgegen.  Zum  Schlüsse  wird  die  schon  von  Amari  erwähnte ,  aus 
dem  Besitze  des  Fürsten  San  Giorgio  Spinelli  in  den  der  National- 
bibliothek in  Palermo  übergegangene,  ältere  sizilische  Version  des 
Ribellamentu  beschrieben,  welche  im  14.  Jahrb.  geschrieben  ist  und  von 
welcher  der  1865  durch  Di  (iiovanni  publicirte  Text  eine  Abschrift  des 
17.  Jahrb.  wiedergibt. 

258.  Provvisioni  e  Statut!  d'una  Brigata  Carnevalesca 
nel  1613,  scrittura  inedita  d'un  bell'  umore  Fiorentino  del 
secolo  XVII.     Firenze.     8*\     30  p. 

36  numerirte  Exemplare. 


2. 

259.  Angeloni.  —  Due  Novelle  inedite  di  Francesco 
Angeloni  da  Terni  (per  cura  di  Giac.  Fasolo  e  Clandia  Celotto 
Fasolo).     Padova.     8*^*.     14  p. 

Hochzeitspublication:     die    Texte    einer    Marcianischen    Ilds.    ent- 
nommen. 

260.  Angeloni.  —  Novella  di  Francesco  Angeloni  da 
Terni  (per  cura  di   Antonio   Cappelli).     Modena.     8".      16  p. 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  453 

Hochzeitspublication  in  80  Exemplaren;  die  Novelle  einer  marcia- 
nischen  Hds.  entnommen. 

261.  D' Azeglio.  —  Lettere  di  Miissimo  d' Azeglio  a  Giu- 
seppe Torelli  con  frammenti  di  questo  in  continuazione  dei 
Miei  Ricordi ,  pubblicate  per  cura  di  Cesare  Paoli.  Milano. 
8".     XVI,  452  p.      Con  fac-simile.      4  1.   50  c. 

262.  D'  Azeglio.  —  Lettere  di  Massimo  d'  Azeglio  a  eua 
moglie  Luisa  Bloiidel  pubblicate  per  cura  di  Giulio  Carcano. 
Müano.     S'^.     XVI,  536  p.     4  1.  50  c. 

Ueber  beide  Briefsammlungen  s.  einen  Aufsatz  von  Heinrich  Horn- 
berger in  den  N.  Preuss.  Jahrbüchern,  Üctober;  ferner  das  Juliheft 
der  Riv.  Europea,  das  Maiheft  der  Riv.  Sicula. 

263.  Eeccaria.  —  Ueber  Verbrechen  und  Strafe,  über- 
setzt von  Dr.  Waldeck.     Berlin.      8*^.      10  Sgr. 

264.  Borghini.  —  Novella  di  Vincenzio  Borghini  nuo- 
A'amente  stampata  e  ricorretta  (per  cura  di  Salvatore  Bont/i). 
Lucca.      12^.      14  p. 

Die  Novelle  will  in  allegorisch  erzählender  Form  die  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  lateinischen,  der  griechischen,  der  italienischen  Sprache 
zur  Anschauung  bringen. 

265.  Bruni.  —  Novella  di  Leonardo  Bruni  aretino  se- 
condo  un  codice  Marucelliano  inedito  (per  cura  di  Giovanni 
Papanti).     Livorno.     4*\      20  p. 

Hochzeitspublication  in  80  Exemplaren. 

265^  Bruno.  —  Vierzig  Sonette  von  Giordano  Bruno, 
übersetzt,  erläutert  und  mit  einer  Einleitung  versehen  von 
Matth.  Koch.      Stolp.     4".      48   p.      (Programm.) 

266.  Buonarroti,  —  Michelangelo's  und  Kalaels  Gediclite. 
Von  Hermann  Harrys.  Hannover   1868.   8*\    194  p.     22^2  Ngr. 

Die  von  uns  früher  übersehene  Uebersetzung  folgt  Gua^ti's  Aus- 
gabe, ohne  jedoch  die  sämmtlichen  Gedichtfragmente  mit  zu  begreifen; 
auch  einiges  abgeschlossen  Vorliegende  ist  übergangen.  Dass  sie  sich 
leicht  liest  und  grosse  Glätte  zeigt,  hat  sie  freilich  mit  den  Originalen 
nicht  gemein.     Die  bekannten  drei  Sonette  Rafael's  sind  beigefügt. 

267.  Carrer.  —  Ottave  inedite  di  Luigi  Carrer  tolte 
dal  suo  poema  ,,  La  Fata  Vergine".     Venezia.     8".     30  p. 

Hochzeitspublicalion. 

268.  Castelli.  —  I  Guelfi  e  i  Ghibellini  in  Bergamo. 
Cronaca  di  Castello  Castelli  e  Cronaca  anonima  di  Bergamo 
pubblicate  con  prefazione  e  note  dal  cav.  can.  G.  Finazzi. 
Bergamo.     7  1.  .")0  c. 

Eine  alte  Uebcrsetzung  und  eine  Fortsetzung  einer  von  Muratori 
edirten  lateinischen  Chronik.  S.  A.  D'  A.  im  Märzheft  der  N.  Anto- 
logia,   1871. 

269.  Cavalca.  —  Vite  di  sau  Francesco  d'Assisi  e  di 
santa  Eufrosina  volgarizzate  da  fra  Donienico  Cavalca  con 
note  e  schiarimenti  del  sac.  Francesco  Cerrxiii,  dott.  in  lettere. 
Torino.     32*\     70  c 


454  Bibliographie  v.  1870. 

270.  Cavalca.  —  Serventese  del  secolo  XIV  attribuito 
a  fra  Doraenico  Cavalca  pubblicato  da  Ottaviano  Targloni- 
Tozzetti.     Livorno.     8^     18  p. 

271-     Cavalcanti.  —  II  Vicario  burlato,  novella  di  Andrea 
Cavalcanti.     Firenze.      16'\      16  p. 
46  Exemplare. 

272.  Cesari.  —  Dodici  Lettere  di  Antonio  Cesari  al 
prof.  can.  Schiassi,  pubblicate  la  prima  volta  per  nozze  Fanga- 
rezzi  e  Garagnani.     Bologna.     8".      23  p. 

273.  Compagni.  —  La  Cronica  fiorentina  di  Dino  Com- 
pagni  delle  cose  occorrenti  ne'  tenipi  suoi  riveduta  sopra  i 
manoscritti  e  commentata  da  Isidoro  Del  Lungo,  con  una  pre- 
fazione  e  appendici  illustrative.  Fascicolo  I  che  contiene  il 
primo  libro.     Milano. 

Angezeigt  von  R.  Fornaciari  im  Septemberheft  der  N.  Antologia. 
Neue  Interpunction ,  Paragrapheneintheilung,  Inhaltsangaben  und  sorg- 
samer historischer  Commentar.  Ein  weiteres  Stück  seiner  Arbeit  ver- 
üflfentlicht  der  Herausgeber  probeweise  im  Propugnatore  III  2,  353. 

274.  Dante.  —  La  Divina  Commedia  spiegata  alle  scuole 
cattoliche  da  Benassuti  Luigi  arciprete  di  Cerea.  Vol.  I.  Inferno. 
Padova.     8".     335  p.     2  1. 

Auszug  aus  der  von  der  Bibliogr.  1868,  Nr.  342  verzeichneten 
Ausgabe,  auf  welche  sich  auch  folgende  Schrift  bezieht:  Lettere  di 
Michelangelo  Smanaa  a  Tullio  Mestre  sovra  alcune  parti  del  commento 
cattolico  della  Div.  Commedia  di  Luigi  Benassuti.    Verona.    4°.    39  p, 

275.  Dante.  —  Commedia  di  Dante  Allighieri  con 
note  di  Gregorio  di  Siena.  Infei'no.  Napoli  1867  — 1870. 
8".     XV,  710  p.     10  1.  50  c. 

Nach  einer  Anzeige  im  Juniheft  der  N.  Antologia  wird  nament- 
lich den  Eigenthümlichkeiten  der  Sprache  des  13.  -Jahrh.  von  dem 
Commentar  grosse  Aufmerksamkeit  zugewendet.  S.  ausserdem  Riv. 
Europ.  Sett.  und  Propugn.  IV  1,  315. 

276.  Dante.  —  Codice  fraramentario  della  Divina  Com- 
media di  Dante  Allighieri  di  pertinenza  delF  Universita  di 
Bologna  secondo  la  sua  ortogralia  per  opera  e  cura  di  L?*- 
ciano  Scarabelii.    Bologna   1869.    4^.     113  p.    con  una  tavola. 

277.  Dante.  —  Testi  di  tre  canti  della  Divina  Commedia 
tratti  da  codici  conservati  nella  biblioteca  del  Museo  Brit- 
tanico dal  dott.  Enrico   C.  Barlow.     London.     4".     30  p. 

S.  Jahrbuch  der  Deutschen  Dantegesellschaft  III,  505. 

278.  Dante.  —  Dante's  göttliche  Komödie.  Uebersetzt 
von  W.  Krigar.  Illustrirt  von  G.  Dore.  Mit  einem  Vorwort 
von  K.  Witte.     Berlin,    fol.     44  Lieferungen  ä  20  Sgr. 

S.  Scartazzini  in  der  Augsb.  Allg.  Zeitung,  5.  Aug.  1870. 

279.  Dante.  —  Dante  Alighieri's  göttliche  Komödie. 
Erste    Abtheilung.     Die    Hölle    neu    metrisch    übertragen    mit 


Zur  italienischen  Literaturgeschichte.  455 

Erläuterungen  von  B.  Baron^  königl.  Consistorial-,  Regierungs- 
und Schulrath.     Oppeln.     8*^.     VIII,   176  p.      28  Sgr. 

S.  Scartazzini  in  der  Augsb.  Allg.  Zeitung,  6.  Aug.  1870  und  Tb. 
Paar  in  den  Blättern  für  lit.  Unterhaltung  1871,  Nr.  13. 

280.  Dante.  —  Dante's  Hölle  der  Verliebten.  Deutsch 
gereimt.  Mit  einigen  Bemerkungen  und  einer  Belegstelle  aus 
dem  Roman  du  Lancelot,  von  Dr.  Rudolf  Minzlnff^  kais. 
russischem  Staatsrath  und  Oberbibliothekar  etc.  Hannover. 
8".     47  p.     16  Sgr. 

S.  Lit.   Centralbl.   1872,  Nr.  10. 

281.  Dante.  —  De  Komedie  van  Dante  Alighieri  (het 
Vagevuur)  in  Dichtmaat  overgebracht  door  J.  C.  Hacke  van 
Mijnden.     Haarlem.     fol.     5  Bl.      248  p. 

Mit  den  Dore'schen  Illustrationen:  nicht  im  Handel. 

282.  Dante.  —  Dante  Alighieri.  De  Hei.  Metrische  Ver- 
taling  met  ophelderende  aanteekeningen  door  A.  S.  Kok. 
Amsterdam.     8^     VHI,  304   Bl.  met    1   Portr.      1  Fl.  40  Xr. 

283.  Dante.  —  The  Divina  Commedia  of  Dante  translated 
into  english  verse  by  James  Ford,  A.  M.,  prebendary  of  Exeter. 
London.     8".     12.';. 

S.  Athenaeuni  1871,  21.  Jan.  und  Acaderay  1871,   15.  Febr.  (Tozer). 

284.  Dante.     —     Dante     Alighieri.       Boska    Komedja. 

Przeklad  Ant.   Stanisiaicskiego.    Poznan.    8*^.    840  p.     4  Tlilr. 

Göttliche  Komödie  ins  Polnische  übersetzt  von  Anton  Stani- 
slawski. 

285.  Dante.  —  Le  pü  belle  pagine  della  Divina  Com- 
media con  introduzione  storico-estetica,  varie  lezioni  ed  an- 
notazioni  filologiche,  estetiche  e  storiche  per  cura  del  prof. 
F.  Berlan.     Padova.     16".     204  p.     1  1.  50  c. 

Nach  einer  Anzeige  im  Propugn.  III  1,  205  wäre  das  Buch  18G9 
in  Venedig  erschienen;  nach  derselben  findet  sich  darin  S.  39 — 42 
eine  Dante  zugeschriebene  ungedruckte  Canzone.  S.  auch  Jahrb.  der 
Deutschen  Dantegesellschaft  III,  511. 

286.  Domenico  da  Montichiello.  —  Volgarizzamento 
deir  Epistola  di  Penelope  a   ülissc.     Firenze   1869. 

In  Octaven.  Mir  nur  aus  der  Anführung  in  der  Scelta  di  curio- 
sita,  Disp.  116,  p.  122  bekannt. 

287.  Doni.  —  Novella  di  Antonfrancesco  Doni  (per 
cura  di  Ah'ssandro  Tf  Ancona).     Pisa.     8".      12  p. 

Hochzeitspublication  in  73  Exemplaren;  nach  Propugn.  II  2,  481 
der  Morale  filosofia  entnommen. 

288.  Fioravanti.  —  Due  Novelle  di  M.  Leonardo  Fiora- 
vanti  bolognese  (per  cura  di  Giovanni  rajmnti).  Livorno.  4". 
VHI,  8  p. 

Die  beiden  Novellen  sind  dem  Specchio  di  Scientia  Universale, 
Venezia  1567,  entnommen.     Hochzeitspublication  in  80  Exemplaren. 


456  Bibliographie  v.   1870. 

289.  Fortini.  —  Tre  Novelle  inedite  di  Pietro  Fortini. 
Padova.     8".     27  p. 

290.  Gargiolli.  —  Novella  di  Girolamo  GargioUi  (per 
cura  di  G'iov.  Sforza).     Pisa.     IG".     8  p. 

Hoclizeitspublication. 

291.  Gaudenzio.  —  Tre  Sonetti  di  Paganino  Gaudenzio 
in  morte  di  Galileo  Galilei  (E.  JSIJ.     Buonarroti^  Agosto. 

292.  Giannotti.  —  Nove  Lettere  inedite  di  Donato  Gian- 
notti   pubblicate    da   Jodoco    del  BacUa.     Firenze.     8".     24  p. 

2  1. 

100  Exemplare. 

293.  Giordani.  —  Nove  Lettere  di  Pietro  Giordani  ora 
per  la  prima  volta  stampate  (per  cura  dei  prof.  Fülppo  Lau- 
zoni  e  Angelo   Ubaldini).     Faenza.      8**.      16  p. 

Hochzeitspublication. 

294.  Giordani.  —  Lettere  inedite  di  Pietro  Giordani  a 
Giuseppe  Ligi  di  Urbino  (per  cura  di  Francesco  Doiiatl'). 
Urbino.     8<^. 

Nach  den  Anzeigen  von  R.  F.  im  Aprilheft  der  N.  Antologia  und 
von  A.  D'A.  im  Propugnatore  III  1,  203  sind  die  22  Briefe  zwischen 
1813  und  1828  geschrieben.  Giordani  gibt  Ligi,  einem  1843  als  Secre- 
tär  seiner  Vaterstadt  gestorbenen  Urbinaten,  Rathschläge  für  philolo- 
gische und  stylistische  Studien. 

295.  Gozzi.  —  Due  Novelle  di  Carlo  Gozzi  (per  cura 
di  Giovanni  Ghinassi).     Faenza.     4".      12  p. 

Die  Novellen  sind  dem  Briefe  entnommen,  welcher  dem  14.  Bande 
der   Opere  di  Carlo   Gozzi  voransteht.     S.  Propugnatore  II  2,  480. 

296.  Grazzini.  —  Alcune  Poesie  inedite  di  Anton  Fran- 
cesco Grazzini  detto  il  Lasca.     Poggibonsi.    32".    VIII,  84  p. 

297.  Lori.  —  La  Mea  di  Polito,  poemetto  montanino 
di  Jacopo  Lori  con  annotazioni  filologiche  di  Pietro  Fanfani. 
Pistoja.     12".     VIII,   108  p.     2  1.  50  c. 

298.  Leopardi.  —  Le  Operette  morali  di  Giacomo  Leo- 
pardi  con  la  prefazione  di  Pietro  Giordani,  edizione  accresciuta 
e    corretta    da   G.   Chiarini.     Livorno.      16".     XLVIIl,  520  p. 

3  1. 

299.  Machiavelli.  —  Der  Fürst  von  Niccolo  Macbiavelli. 
Uebersetzt  und  bevorwortet  von  W.  Grüzmac/ier,  Dr.  phil. 
Berlin.      8".      XII,   60  p.      5   Sgr. 

300.  Machiavelli.  —  Erörterungen  über  die  erste  De- 
kade des  Titus  Livius  von  Niccolo  Machiavelli.  Uebersetzt 
von   W.   Grüzmacher,  Dr.  phil.     Berlin.     8".     268  p.     20  Ngr. 

Beide  Uebersetzungen  wie  auch  die  oben  angeführte  von  Beccaria 
gehören  in  die  Historisch-politische  Bibliothek,  welche  L.  Heinemann 
in  Berlin  herausgibt. 


Zur  italienischen  Literaturgescliichte.  457 

SOI.  Minucci.  ■ —  Novellette  di  Paolo  Mimicci  estratte 
dalle  note  al  Malmantile  raccjuistato  di  Lorenzo  Lippi  (per 
cura  di  Andrea   Tessier).     Venezia.      8*'=      30  p. 

18  Erzählungen  in  103  Exenjplaren  gedruckt.  Ihrer  zwei  hatte 
auch  iiiovanni  Papanti  in  4  Exemplaren  drucken  lassen  unter  dem 
Titel:  Due  Lovelle  di  Paolo  Minucci  tralte  dalle  note  al  Mulmantile  di 
Lorenzo  Lippi.     Lirorno.     8". 

SOP.  Monti.  —  I  Poemetti  di  Vincenzo  Monti  annotati 
dal  sac.  dott.  Giovanni  Francesia.  Torino.  32".  XVI,  220  p.  80  c. 

302.  Nannucci.  —  Don  Zizzira,  novella  di  Vincenzo 
Nannucci.     Firenze. 

Eine  scherzhafte  Erzählung  in  Sestinen,  von  dem  als  Forscher 
auf  dem  Gebiete  der  italienischen  Sprache  und  Literatur  rühmlich  be- 
kannten,  1857  gestorbenen  Gelehrten.     S.  Rivista  Sicula,    Aprile    1871. 

303.  Petrarca.  —  Le  Rime  di  Francesco  Petrarca  con 
l'interpretazione  di  Giaconio  Leopardi  e  con  note  inedite  di 
Francesco  AmbrosoU.  Ediz.  stereot.  Firenze.  16".  XX, 
194  p.      1  1. 

304.  Peti'arca.  —  Sonetti  di  Francesco  Petrarca  ora 
scoperti  e  pubblicati  (per  cura  del  prof.  Gio.  Veludo  ^  vice- 
prefetto  della  Mariana).     Venezia.      16".      10  p. 

Hochzeitspublication  in  wenig  Exemplaren.  S.  Propugnatore  III 
2,  530.  Von  den  6  Sonetten  waren  *i  bereits  gedruckt,  aber  in  schwer 
zugänglichen  Büchern.  Die  Aechtheit  ist  nicht  ganz  zweifellos,  wird 
aber  auch  von  Marsand  angenommen. 

305.  Petrarca.  —  Lettere  scnili  di  Francesco  Petrarca, 
volgarizzate  e  dichiarate  con  note  da  Giuseppe  Fracassetti. 
Vol.   secondo   ed  ultimo.     Firenze.      16".     587  p.      4  1. 

306.  Petrarca.  —  Le  Rime  di  Francesco  Petrarca  col 
commento  di  Giuseppe  Bo::o.  2  vol.  Palermo.  8".  XL, 
392,  431  p.     5  1. 

Angezeigt  von  R.  Fornaciari  in  der  N.  Antologia,  Sett.  1870, 
Maggio  1871;  ferner  in  der  Riv.  Europ.,  Sett.  1870.  Der  Commentar 
ist  vorzugsweise  bestrebt,  die  einzelnen  Schönheiten  hervorzuheben. 

307.  Pindemonte.  —  Nuove  Lettere  d'Ippolito  Pinde- 
monte  al  P.   Pietro   Cossali.     Verona.      8".     39   p. 

308.  Pindemonte.  —  La  Simpatia  e  TAntipatia,  discorso 
di  Ippolito  Pindemonte  publ)licato  per  nozze  Vicentini-Turella. 
Verona.      8*^.      16  p. 

309.  Pucci.  —  Una  Poesia  ed  una  Prosa  di  Antonio 
Pucci  precedute  da  una  lettera  al  prof.  A.  Wesselotsky  di 
Alessandro  IP  Ancona.     Propugnatore  II  2,  397   e  III   ],  35. 

Das  Gedicht,  von  welchem  Brunet's  Manuel  IV,  1'21  einen  äusserst 
seltenen  Druck  durch  Gabriel  Petri  aus  dem  15.  Jahrh.  anführt,  und 
welches  A.  D'  Ancona  nach  einer  dem  14.  .Jahrhundert  angehörenden 
Hds.  des  Herrn  Seymour  Kirkup  unter  stellenweiser  Benutzung  dreier 
weiterer  Hds.  mittheilt,  mit  dem  Versprechen,  eine  kritische  Bearbei- 
tung desselben  einer  von  ihm  zu  veröffentlichenden  Sammlung  Con- 
trasti  del  XIV  e  XV  secolo   einzuverleiben,    ist    ein    80   Octaveu   um- 


458  Bibliographie  v.   1870. 

fassender  Confrasfo  zwischen  einem  Hasser  und  einem  Verehrer  der 
Weiber.  Jener  führt  aus  der  jüdischen,  der  griechischen,  der  römi- 
schen Geschichte  Fall  auf  Fall  an,  der  die  Schlechtigkeit  des  weib- 
lichen Geschlechtes  darthun  soll;  dieser  weiss  jeden  Beleg  wirksam  zu 
entkräften.  Die  Prosa  behandelt  dieselbe  Streitfrage  in  der  Weise, 
dass  an  die  Bearbeitung  des  bekannten  Tractates  gegen  die  Weiber, 
welcher  im  Mittelalter  einem  Theopfirast  zugeschrieben  wurde  und  von 
dem  mehrere  italienische  Uebersetzungen  bekannt  sind  (s.  Zambrini, 
Op.  volg.  S.  455  und  Mussafia  zu  Cap.  xlviii  des  TraUato  de  Regimine 
Rectoris)  eine  durch  Pucci's  Antwortssonett  auf  das  die  Weiber  schmä- 
hende Sonett  des  Biitto  Gioranin  eingeleitete  Vertheidigung  der  Ge- 
lästerten sich  anschliesst.  Diese  Prosa  ist  einer  Materialiensammlung 
entnommen,  welche  in  einer  Riccardi'schen  wie  einer  Magliabechi'schen 
Hds.  vorliegend,  von  D'Ancona  als  Werk  Pucci's  betrachtet  wird,  weil 
der  Verfasser  mehrfach  Schriften  erwähnt  und  auf  sie  verweist,  welche 
wie  z.  B.  die  Noje  (Jahrb.  VI,  225)  sicher  Pucci  angehören.  Von 
dieser  Sammlung,  welche  in  buntester  Folge  Notizen,  Aufsätze  und 
Auszüge  der  verschiedensten  Art  aufweist ,  der  Encyclopädie  eines 
strebsamen  Florentiners  des  14.  Jahrh. ,  gibt  der  Herausgeber  einen 
leider  nur  kurzen  Bericht.  Aus  der  Einleitung  sei  noch  erwähnt,  dass 
das  unter  dem  Titel  Madonna  Llonessa  veröffentlichte  Gedicht  (Bibliogr. 
1866,  Nr.  207)  nach  der  Lesart  der  Kirkup'schen  Hds.  am  Schlüsse 
ebenfalls  Antonio  Pucci  zum  Verfasser  hat. 

310.  Romagnosi.  —  Opere  di  Giandomenico  Romagnosi 
illustrate  da  Alessandro  di  Giorgi.  Palermo.  8".  Disp.  1 — 
121.     85  c.  l'una. 

Es  sollen  etwa  IGO  Lieferungen  erscheinen. 

311.  Segneri.  —  Cinque  Novelle  di  Paolo  Segneri  tratte 
da'  suoi  Ragionanienti.     Bologna.      8*^.     16  p. 

Hochzeitspublication  in  50  Exemplaren. 

312.  Strozzi.  —  L'Acqua  cedrata  di  Rinaldo  Strozzi 
con  una  anacreontica  di  G.  P.  Ricciardi  ed  un  sonetto  in- 
edito   di  P.  Aretino.     S.  1.  n.  d.  (Firenze).     8".     16  p.     5  1. 

12  Exemplare. 

313.  Tansillo.  —  Capitoli  giocosi  e  satirici  editi  ed  in- 
editi  di  Luigi  Tansillo  con  note  di  Scipione  Volpicella.  Napoli. 
8'\     XII,  392  p.     4  1. 

Ausser  den  bisher  bekannten  9  Capitoli  sind  hier  15  noch  nicht 
veröfi'entlichte  aus  zwei  Hds.  der  Biblioteca  Nazionale  von  Neapel  ge- 
druckt, unter  Angabe  von  Varianten  der  früheren  Drucke  und  nicht 
aufgenommener  handschriftlicher  Lesarten.  Dazu  kommen  erklärende 
Anmerkungen  und  ein  neues  Leben  des  Dichters.  S.  Propugnatore  II 
2,  4G7  und  N.  Antol.,  Giugno. 

314.  Tasso.  —  La  Gerusalemme  liberata  di  Torquato 
Tasso  corredata  di  note  filologiche  e  storicbe  e  di  varianti  e 
riscontri  colla  conquistata  per  cura  di  Domenico  Carhone. 
Ediz.   stereot.     Firenze.      16^'.     XVI,   224  p.      1  1.    10  c. 

315.  Tasso.  —  Scritti  inediti  di  Torquato  Tasso  per 
Attilio  Portioli.     Rivista  Europea,  Luglio. 


Zur  spanischen  Literaturgeschichte.  459 

29  Briefe,  Javon  4  vor,  einer  während,  die  übrigen  nach  des 
Dichters  Gefangenschaft  in  Mantua  (1566 — S7)  geschrieben,  dazu  zwei 
Sonette  und  ein  Madrigal. 

316.  Uberti.  —  Frottola  di  Gianni  Lapo  dcgli  Uberti 
ed  alciine  poesie  musicali  del  secolo  XIV  pubblicate  per  cura 
di  Pietro  Ferratu.     Padova.      8".      16   p. 

317.  Vasari.  —  Le  Vite  ecc.  Vol.  XIV  ed  ultimo.  Indici. 
Firenze.     IG".     XLII,   308  p.     4  I. 

318.  Velluto.  —  Paolo  Velluto,  cronaca  di  casa  sua 
scritta  in  continuazione  a  quella  di  messer  Donato  Velluti  con 
notizie  di  detta  faraiglia  dal  1560  fino  a'  di  nostri  pubbl.  da 
Luigi  Passerini.     Firenze.      8^.     48  p. 


rV.    Zur  spanischen  Literaturgeschichte.  *) 

(Dieser  und  die  folgenden  Abschnitte  vom  Herausgeber.) 


A. 

319.     Memorias  de  la  Academia  espanola.  Aöo  I.  Tomo  I. 
Madrid,  Rivadeneyra.      4".     639  p.      32  r. 


320.  Discursos  leidos  ante  la  Academia  espanola  en  la 
ßecepcion  publica  de  D.  Adelard o  Lopez  de  Ayala.  Madrid, 
Rodriguez.     4". 

321.  Discurso  de  D.  Patricio  de  la  Escosura  leido  en 
la  sesion  publica  inaugural  de  la  Academia  espanola  de  1870. 
Madrid,  Rivadeneyra.     4'\      144  p. 

Ueber  Felipe  Pardo,    Ventura  de  la  Vega  und  Jose  de  Espronceda. 

322.  Calderon.  —  Memoria  leida  por  el  director  de  la 
Biblioteca  nacional  D.  Juan  Eugenio  Hartzembusch  en  la 
sesion  publica  del  presente  ano  1870-  Madrid,  Rivadeneyra. 
4".     23  p.     2  r. 

Enthält    eine    interessante    Notiz    über    einige    Verse    des    Principe 
constante. 


')  Bei  den  gegenwärtigen  zerrütteten  Zuständen  Spaniens  ist  es 
begreiflicher  Weise  noch  viel  schwieriger  als  früher,  auch  nur  über  die 
wenigen  Erscheinungen,  welche  die  gelähmte  literarische  Thätigkeit 
noch  ins  Leben  treten  lässt,  genaue  Angaben  zu  erhalten.  Den 
grösseren  Theil  der  hier  aufgeführten  Titel  verdanke  ich  der  Güte 
des  Herrn  Dr.  Knust,  welcher,  obwohl  an  Ort  und  .Stelle  anwesend, 
dieselben  nur  mit  Mühe  hat  beschaffen  können.     (L.) 


460  Bibliographie  v.   1870. 

323.  Cervantes.  —  Cervantes  y  los  Criticos.  Carla  lile- 
raria  que  dedica  al  dr.  E,  W.  Thebussem  (D.  Mariano  Pardo 
de  Figueroa)  D.  liamon  Luis  Mainez.  Cadiz,  Rodriguez.  8^*. 
24  p. 

324.  Cervantes.  —  Cervantes  y  la  Filosofia  espanola 
por  D.  Federko  Castro.  Sevilla,  Girones  y  Orduna.  8". 
50  p.     8  r. 

325.  Cervantes.  —  Jurisprudeneia  de  Cervantes,  pasa- 
tiempo  literario  por  D.  Antonio  Martin  Gomero.    Toledo.    8". 

Nur   125  Exeiuplare. 

326.  Cervantes.  —  Recuerdos  de  Cervantes.  El  compas 
de  Sevilla.  Por  D.  Jose  Maria  Asensio.  Sevilla,  imprcnta  y 
libreria  espanola.     8^.     31   p. 

Nur  100  Exemplare;     nicht  im  Handel. 

327.  Cervantes.  —  La  sepultura  de  Cervantes.  Por  el 
Marques  de  Molins.     Madrid,  Rivadeneyra.     8*^.    228  p.     12  r. 

328.  Herrera.  —  Observaciones  del  Liedo  Prete  Jacopin 
(el  Condestable  de  Castilla  D.  Juan  Fernandez  de  Velasco) 
ä  las  Anotaciones  de  Fernando  de  Herrera  a  las  Obras  de 
Garcilaso.  Respuesta  de  Herrera  y  algunas  del  mismo.  Con 
una  ilustracion  de  D.  Jose  Maria  Asensio  y  Toledo.  Sevilla, 
Geofrin.     4".     XXXI,   272  p.      16  r. 

Publication  der  Sociedad  de  Bibliofilos  andaluces,  nur  300  Exempl. 


B. 

329.  Epistolario  espanol.  Coleccion  de  Carlas  de  Espano- 
les  ilustres  antiguos  y  modernos,  recogida  y  ordenada  por 
D.  Eugenio  de  Ochoa.  Tomo  II.  Madrid,  Rivadeneyra.  gr.  8*^. 
VIII,   520  p.     40  r. 

Bildet  den  62.  Band  der  Biblioteca  de  Autores  Espaiioles.  Der 
erste  Theil  erschien  1850.  Dieser  zweite  enthält  Briefe  von  etwa 
100  mehr  oder  minder  bekannten  Persönlichkeiten. 

330.  Spanisches  Theater,  herausgeg.  von  il/onYr;  i^ö^jp  [Bd. 
VIII,  S.434d.  Jahrb.].  III.— VI.Bd.IIildburghausen.  8^  ä7Ngr. 

Band  III  und  IV  enthalten  sieben  ausgewählte  Comödien  und  sie- 
ben Zwischenspiele  von  Lope  de  Vega,  Bd.  V  zwei  Comödien  von 
Tirsü  de  Molina  und  Band  VI  drei  Comödien  von  Calderon.  Die 
Uebersetzung  liest  sich  recht  gut. 


331.  Bernaldez.  —  Historia  de  los  Reyes  Catolicos  por 
Andres  Bernaldez,  cura  que  fue  de  los  Palacios.  Con  un 
Prölogo  de  D.  Fernando  de  Gabriel  y  Ruiz  de  Apocada.  Se- 
villa,  Geofrin.     4*^.     25  r. 

Fublication  der  Sociedad  de  Bibliotilos  andaluces,  nur  300  Exempl. 


Zur  portugiesischen  Literaturgeschichte.  461 

332.  Carvajal.  —  Tragedia  llamada  Josefina  sacada  de 
la  profundidad  de  la  sagrada  Escriptura  y  trobada  por  Mioael 
de  Carvajal  de  la  ciudad  de  Placencia.  Va  precedida  de  un 
prologo  al  lector.  escrito  por  D.  Manuel  Canete.  Madrid, 
Rivadeneyra.     4".     LXXVIIl,   172  p. 

Eine  Publication  der  Sociedad  de  ßibliölilos  espafioles,  nur  für 
die  Mitglieder  gedruckt.  Es  ist  dies  jener  Miguel  de  Carvajal,  dessen 
von  den  spanischen  Uebersetzern  Ticknors  als  Verfassers  mehrerer 
Schauspiele  kurz  erwähnt  wird.  S.  Bd.  II,  S.  784:  der  deutschen 
Uebersetzung. 

333.  Cervantes.  —  The  Voyage  to  Parnassus,  Xumantia 
and  tbe  Commerce  of  Algiers,  by  Cervantes.  Translated  by 
G.  W.  J.   Gyll.     London.     8". 

334.  Oviedo.  —  Libro  de  la  Cämara  real  del  Principe 
D.  Juan  e  offiziös  de  su  casa  e  serui9io  ordinario  compuesto 
por  Goncalo  Fernandez  de  Oviedo,  publicado  por  D.  J.  M. 
Escudero  de  la  Peua.  Madrid,  Galiano.  4*^.  XIV,  304  p. 
34  r. 

Publication  der  Sociedad  de  Bibliöfilos  espafioles,  nur  COO  Exeuipl. 


Y.  Zur  portugiesischen  Literaturgeschichte. 

335.  Cancioneirinho  de  trovas  antigas  colligidas  de  um 
grande  cancioneiro  da  bibliotheca  do  Vaticano.  Precedido 
de  uma  noticia  critica  do  mesmo  grande  cancioneiro,  com  a 
lista  de  todos  os  trovadores  que  comprehende,  pela  mayor 
parte  portuguezes  y  gallegas.  Wien.  8*^.  XLVIII,  170  p. 
2  Thlr.  20  Sgr. 


VI.  Zur  allgemeinen  Literaturgeschichte.*) 


336.  Manuale  per  gli  arcbivii,  le  biblioteche,  li  musei 
e  gli  Studiosi  della  paleografia  diplomatica,  filologia  e  storia. 
Da  Andrea   Gloria.     Padova.     Sacebetto.     8".     752  p.     20  fr. 

337.  Le  livre  et  la  petite  bibliotht-que  d'amateur.  Essai 
de  critique.  d'bistoire  et  de  philosophie  morale  sur  l'amour 
des  livres.  Par  Gusi.  Mouravit.  Paris.  18'\  XXII,  447  p. 
3  Thlr.  10  Sgr. 


')  Mit  schätzbaren  Beiträgen  von  Herrn  Dr.  Köliler  in  Weimar. 


462  Bibliographie  v,   1870. 

338.  Lives  of  the  Founders  of  the  British  Museum, 
with  uotices  of  its  chief  augmenters  and  other  benefactors 
1570—1870.     By  Edward  Edicards.     2  vols.     8".     30.?. 


339.     Estudos  da  edade    media.     Philosopbia    da   littera- 
tura.      Per   TL  Braga.     Porto.      8*'.     II,  332  p.      2  Thlr. 


340.  Geschichte  der  Literatur  des  rhäto -romanischen 
Volkes,  mit  einem  Blick  auf  Sprache  und  Character  desselben 
von  Dr.  Friedlieb  Bausch.     Frankfurt  a./M.    8".     VIII,  174  p. 

28  Ser. 


341.  The  reciprocal  influence  of  English  and  French 
Literature  in  the  eighteenth  Century.  By  //.  T.  W.  Wood. 
London.     8".     60  p.     2  s.  Qd. 

342.  La  Parodie  chez  les  Grecs,  chez  les  Romains  et 
chez  les  Modernes.  Par  Octave  Delepierre.  Londres.  4". 
182  p.      3  Thlr.   12 '4  Sgr. 

Nur  in  100  Exemplaren  gedruckt. 

343.  Essai  historique  et  bibliographique  sur  les  Bebus 
par  Octave  Delepierre.  Londres.  8*'.  24  p.  und  15  Holz- 
schnitttafeln.     1  Thlr.   6  Sgr. 

344.  Das  Zeitalter  der  Novelle  in  Hellas.  Von  Bern- 
hard  Erdmannsdörfer.     Berlin.     8*^.     47  p.      8   Sgr. 

Abdruck  aus  dem  25.  Bande  der  Preussiscben  Jahrbücher.  Der 
Verfasser  sucht  „anschaulich  zu  erweisen,  wie  auf  dem  Grunde 
analoger  culturgeschichtlicher  Voraussetzungen  —  hier  im  griechischen 
Altertlmm  (ausgehendes  8.  und  7.  Jahrhundert),  dort  im  Mittelalter 
(12.  und  13.  Jahrb.)  —  eine  Anschauung  von  Welt  und  Leben  ent- 
steht, zu  deren  eigenstem  Wesen,  neben  vielen  anderen  gleich  charac- 
teristischen  und  gleich  nothwendigen  Zügen,  es  gehört,  jenes  leichte 
Genre  fast  unbewusster  Dichtung  hervorzubringen,  welches  wir  im 
kulturhistorischen   Sinne    mit  dem  Namen  Novelle  bezeichnet  haben  ". 

345.  Die  lateinischen  Vagantenlieder  des  Mittelalters. 
Von    Oscar  Hubatsch.     Gürlitz.      S'\     V,   100  p.      16   Sgr. 

Vgl.  die  Anzeige  von   R.  Peiper  im  Liter.   Ceniralbl.   1870,  Nr.  28. 

346.  Romulus.  Die  Paraphrasen  des  Phaedrus  und  die 
Aesopische  Fabel  im  Mittelalter,  von  Hermann  Oesttrley.  Ber- 
lin.    8".      124  p. 

347.  Les  Metamorphoses  de  l'epopee  latine  au  moyen- 
ilge.     Par  M.  Joly.     Paris.     8*^.     52  p. 

Abdruck  aus  der  Revue  conteniporaine. 

348.  Die  wäüsche,  französische  und  deutsche  Bearbei- 
tung der  Iiveinsage.     Von  Dr.  Bauch.     Berlin,   1869.     36  p. 

349.  '  The  San  Greal:  an  Inquiry  into  the  Origin  and 
Signification  of  the  Romances  of  the  San  Greal.  By  Dr.  F. 
G.  Bergmann.     Edinburgh.     8". 


Zur  allgemeinen  Literaturgeschichte. 


463 


350.     Sulla  leggenda   del  legno    della  Croce.     Studio  da 
A.  Mussüfio.     Wien.     8".     54  p.     T'/^  Sgr. 

Separatabdruck  aus  den  Sitzungsbericht"en  der  k.  k.  Akademie  der 
Wissensch. 


351.  Etudes  dramatiques.  Les  types  populaires  au  theatre 
Par  Ludovic   Celler.     Paris.     S*^*.     207  p.      6  h-. 

(Inhalt:  Polichinelle  -  Arlequin  -  Pierrot  -  ' Arlequinades  et 
Parades.  —  Janot.  Jocrisse.  —  Cadet- Ronsseh  Mme  Ano'ot 
—  Mayeux.  —  Robert  Macaire.     Bilboquet  )  " 

352.  Der   Presbyter   Johannes   in   Sage  und  Geschichte 
Ein  Beitrag  zur  Volker-  und  Kirchenhistorie  und  zur  Helden- 
dichtung   des    Mittelalters    von    Dr.    Gustav    Omert      9    vprt. 
Aufl.     Berlin.     8*\     VIII,   228  p.     3  Thlr.      ^^     '     ^'  ''^'^"• 

353.  Le  Poete  Primat.     Par  Leopold  Delisle 

In:  Bibl.   de  l'Ecole  des  Chartes    1870    p  '  ^03 
Enthält   einige   bisher   unbeachtet   gebliebene  Zeugn&e^'über  Zeit- 
alter und  Lebensverhaltnisse  des  lateinischen  Dichters! 

*354.Esthnische  Märchen.  Aus  dem  Esthnischen  über- 
setzt   von    F.  Lowe.     Aebst  einem  Vorwort  von  A.  Schiefner 

iSfiq       «o      vfr  .r/    ^'  ^''''^'*   ""'i    ^-   ^^^-/-^-     Halle, 
1869.     8«\     VIII,  3G6  p.     i  Thlr.  7'/.  S-^r 

355.  Contes    bretons,    recueillis   'et    Iraduits    par   F.  M 
Luzel.     Quimperle.     18".     XV,   103  p 

356.  Chants    populaires    du    Pajs    Basque.     Paroles    et 
n^usique   originales    recueiliies  et  publiees  avec  traduction  fran- 

rThlr'"5  Sgf  '■'■'•     ^'^^"""^-     ^^^-  ö"-  ^'^   4^^  P- 

357.  Medieval  greek  texts:  being  a  collection  of  the 
eariiest  compositions  in  vulgär  greek,  prior  to  the  year  J500 
Edlted  wjth  prolegomena  and  critical  notes  by  WuUn  Wal 
ne^,  Ph.  D.  Part  I  containing  seven  poems,  three  of  which 
appear  here  for  the  first  time,  with  an  es  ay  oii  the  c^ee 
Version  of  Apollonius  of  Tyre,  by  M.  A.  Gilel ,  proV^eur 
de  rhetorique  au  lycee  imperial  Bonaparte.  Paris  8".  XXIV 
190  p    (London    pubhshed  for  the  philological  society.)  ' 

358.  Erophile.  Vulgäigriechische  Tragödie  von  Geor- 
gios  Chortatzes  aus  Kreta.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  dir 
neugriechischen  und  der  italienischen  Literatur  .ZcLrad 
Lurs.an  D.^  \.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch- 
mstorischen  Classe  der  könio-l  Qö«i>,-  i  /-.  t " '^^^'ö'»«^  " 
Wissenschaften  Nr  VH  T  •  ^'^''«^«^1^^"  Gesellschaft  der 
vvlsst.nschatteni^l.  VII.    Leipzig.    Lex.  8<\     89  p.     04  s^r 

}g\      die    Anzeigen    von  H.    Schuchardt  im    Lit     Centr^lbl     TsT, 
^r.  .   und  von  \V  .  \\  agner  in  The  Academy  1871    Nr   l"  ' 


464  Bibliographie  v.  1870. 

VII.     Philologie. 

358^.  Grammatik  der  romanischen  Sprachen  von  Friedrich 
Diez.  Theil  I.  3.  neu  bearb.  und  vermehrte  Aufl.  Bonn.  8*^. 
VIII,  514  p. 

359.  Etymologisches  Wörterbuch  der  romanischen  Spra- 
chen. Von  Friedrich  Diez.  3.  verm,  und.  verb.  Ausg.  [s.  J. 
1869,  Nr.  419],     Th.  II.     Bonn.     8^.     493  p. 

*360.  Grammaire  de  la  langue  d'o"il,  ou  Grammaire  des 
dialectes  franeais  au  XIP  et  XIIP  siecles.  Par  G.  F.  Burguy. 
2^  edit.     Berlin,   1869  —  70.     3  vols.     8". 

361.  De  rinfluence  du  langage  populaire  sur  la  forme 
de  certains  mots  de  la  langue  fran9aise  par  Emile  Agnel. 
Paris.     8».     182  p.     2  Thir.   12  Sgr. 

362.  Phonetique  fran^aise.  An  et  En  toniques  par  P. 
Meyer.     Nogent-le-Rotrou.     8*^. 

In:  Memoires  de  la  Societe  de  Linguistique  de  Paris. 
Tome  I. 
Eine  ausgezeichnete  Untersuchung. 

363.  Dictionnaire  de  la  langue  franyaise,  par  E.  Littre 
[s.  J.  1869,  Nr.  429].  Livre  24  et  25.  (Vol.  II,  Part.  2. 
p.   1537  —  1856.     Eedresser  —   Scieur.)     Paris.      4'*. 

364.  Encyclopädisches  französisch -deutsches  und  deutsch- 
französisches  "Wörterbuch.  Von  Dr.  Carl  Sachs  [s.  J.  1869, 
Nr.  430].  Th.  1.  Französisch -deutsch.  4  —  7.  Lief.  Berlin. 
40.     ä  9  Sgr. 

365.  Dictionnaire  etymologique  de  la  langue  fran^aise. 
Par  A.  Brächet.  Avec  une  preface  par  Emile  Egger.  Paris. 
8*^.     CVIII,  560  p. 

Vgl.  Mussafia's  eingehende  Besprechung  in  der  „Zeitschrift  für  die 
österreichischen  Gymnasien   1870  S.  736  —  753. 

366.  Glossaire  des  idiomes  populaires  du  nord  et  du 
centre  de  la  France,  par  /.  Batimgarten.  Paris  et  Coblentz. 
Tome  I.     8'\     160  p.     20  Sgr. 

S.  darüber  Literar.   Centralbl.   1870,  Nr.  30. 

367.  Glossaire  etymologique  des  noms  propres  de 
France  et  d'Angleterre,  ethnologie  et  familiation.  Par  M.  Le 
Hericher.     Caen.     4*^.      109  p. 

Abdruck   aus    den   Mem.   de   la    Societe   des   antiquaires    de   Nor- 
mandie.     Vol.  26. 

368.  Dictionnaire  franco-normand  ou  recueil  des  mots 
particuliers  au  dialecte  de  Guernsey,  faisant  voir  leurs  rela- 
tions  romanes,  celtiques  et  tudesques,  par  Georges  Metivier. 
Londres.      8<^.     VIII,   499   p.     4  Thlr.   3  Sgr. 

369.  Glossaire  etymologique  montois  ou  dictionnaire  du 
Wallon  de  Mons  et  de  la  plus  grande  partie  du  Hainaut.  Par 
J.  Sigart.  2°  edit.  Bruxelles  (Frankfort  sM.)  8".  408  p.   2  Thlr. 


Philologie.  4(35 

370.  Vestigia  primitive  della  lingua  e  dei  dialetti  italiani 
da  C.  Cantü. 

In:   Atti  del  R.  Istituto  Veneto  di  Scienze,  Lettere  ed 
Arti.     Tomo  XV,  fasc.  X. 

371.  Nuovo  vocabolario  dei  dialetti  berganiascbi,  antichi 
e  moderni.  Da  Antonio  Tiraboschi.  Disp.  I— IX.  Bergamo.  16*'. 

*372.  Poesie  in  dialetto  bergamasco,  raccolte  da  Ant. 
Tiraboschi.     Bergamo,  1869.     16".     1  Thlr.   1^/^  Sgr. 

373.  Vocabulario  railanese-italiano,  da  Francesco  Cheru- 
bini.  2*  ediz.  interamente  rifusa  ed  auraentata  da  Gemello 
Gorini  e  da  Vinc.  De -Castro.     Milano.      8*^. 

374.  Vocabolario  italiano-milanese.  Da  Giuseppe  Banfi. 
3*  ediz.  accresciuta  quasi  del  doppio  della  seconda  ed  in- 
teramente rifusa.     Milano.      8".     830  p.     4  L  50  c. 

375.  Saggio  intorno  al  dialetto  ligure.  Da  Stefano 
Martini.     San  Remo.      8".      92  p.     2  1. 

376.  Prospetto  comparativo  sui  dialetti  veneti  e  saggi 
di  essi  dietro  l'assnnto  programma.     Da  G.  D.   Nardo. 

In:  Atti  del  R.  Istit.  Venet.   di  Scienze,  lettere  ed  arti. 
Tomo  XV,  fasc.   10. 

377.  Vocabolario  domestico  friulano-italiano.  Da  Giac. 
Scala.     Pordenone.     8*^.      112  p. 

378.  Nuovo  vocabolario  siciliano-italiano.  Da  Antonio 
Traina.     Disp.  I  — VIII.     Palermo.     8**.      384  p.     ä   12  Sgr. 

379.  Vocabolario  siciliano-italiano  attenente  a  cose  do- 
mestiche,  a  pareccbie  arti  ed  a  taluni  mestieri.  Da  G.  Perez. 
Palermo.     8*^.     6  1. 

380.  Voci  e  maniei-e  di  dire  siciliane-italiane  adoperate 
negli  usi  domestici,  nelle  arti  e  nei  mestieri.  Da  Salvatore  Ro- 
mano. 2^  ed.  corretta  ed  accresciuta.  Palermo.   12*^.   138  p.   70  c. 

381.  Proverbi  lombardi  raccolti  ed  annotati  dal  pro- 
fessore  Samarani  Bonifacio.    Milano.   8".  464  p.    1  Tlilr.  6  Sgr 


382.  Dictionnaire  d'etymologie  daco-romane.  Elements 
latins  compares  avec  les  autres  langues  roraaues.  Par  A.  de 
Cihac.     Frankfort  s./M.     8".     XII,      332  p.      2  Tblr. 


383.  Etymologische  angelsächsisch -englische  Grammatik 
von  J.  Z/OfÄ.  '  Elberfeld.     8".     XII,  481  p.      2%   Thlr. 

384.  Die  Sprache  des  altenglischen  Gedichtes  von  der 
Eule  und  Nachtigall.  Inaucural- Dissertation  von  H.  JSolle. 
Gottingon.      8".      62  p. 

385.  Quae  ratio  intercedat  inter  anglicam  recentioris 
aetatis  linguam  ejusque  fontcs  inquiritur.  Dissertatio  inauguralis 
auctore   Carol.  Aemil.    Thorer.     Görlitz.     8".      6  Sgr. 

Jiiliib.  f.   rom.  u.  ciij;!.  Lit.  XII.  i.  30 


466  Kulturgeschichte. 

386.     Die  keltischen  Bestandtheile  der  englischen  Sprache. 
Eine  Skizze  von  Otto  von  Knobelsdorff.     Berlin.    8*^.     73  p. 


387.     Dictionary   of  Terms  in  Art.     By  F.  W.  Fairholt. 
London.     8^.     474  p.     2  Thlr.  12  Sgr. 


388.  The  Laws  of  Verse,  or  Principles  of  Versification, 
exemplified  in  metrical  translation.  By  J.  J.  Sylvester.  London, 
8«.     4*.  6rf.  • 


VIII.     Kulturgeschichte. 


389.  Die  Tonkunst  in  der  Kulturgeschichte.  Von  Emil 
Naumann  [s.  J.  1869,  Nr.  464].  I.  Bd.  2.  Hälfte.  Berlin.  8". 
p.  399—772.     2  Thlr. 

390.  Les  anciennes  bibliotheques  de  Paris,  eglises,  mo- 
nasteres,  Colleges  etc.,  par  Alfred  Franklin  [s.  J.  1869,  Nr. 
466].  Tome  II,  av.  grav.  pl.  et  fac-simile.  Paris,  fol.  XXIV, 
403  p.     40  fr. 

391.  Les  ecoles  episcopales  de  Toul  pendant  toute  la 
duree  du  siege  fonde  par  saint  Mansuy.  Par  l'abbee  Guil- 
laume.     Nancy,  8^.     38  p. 

392.  Les  Universites  de  Franche-Comte,  Gray,  Dole, 
Besan9on.  Documents  inedits  publ.  avec  une  introduction  histo- 
rique  par  Beaune  et  d''Arhaumont.  Dijon.  8^.  CCXCVI,  212  p. 

393.  Histoire  de  Tancienne  chevalerie  lorraine.  Par 
M.  E.  Meaume.    Chap.  I,  1»"«  periode,  1048—1431.    Nancy. 

8«.     XVI,  117  p. 

Separatabdruck    aus    den   Memoires   de   rAcademie    de    Stanislas, 
annee  1869. 

394.  Les  Mirabeau.  Nouvelles  etudes  sur  la  societe 
fran9aise  au  XVIII  siecle,  d'apres  des  documents  inedits.  Par 
Louis  de  Lomenie.     Paris.     8".     41  p. 


395.  The  Ballad  Literature  and  Populär  Music  of  the 
Olden  Time:  a  Collection  of  the  old  Songs,  Ballads  and 
Dance  Tunes,  which  constitute  the  national  Music  of  England, 
arranged  chronologically ,  with  Remarks  and  Anecdote  and 
preceded  by  Sketches  of  the  early  State  of  Music  and  of  the 
amusements  associated  with  it  in  England  during  the  various 
reigns.  By  W.  Chappell,  F.  S.A.  London.  2  vols.  roy.  8".  4:2  s. 


R  e  g  i 


s  t  e  r. 


Alfred,  König,  seine  Uebers.  des 
Aesop,  27. 

Ancona,  AI.  d',  seine  Ausg.  v.  No- 
velle di  Sercambi,  angez.  347. 

Angeloni,  Fr.,  414. 

Arabische  Werke ,  in  spanischer 
Bearbeitung,  353. 

Arber,  E.,  seine  English  Reprints, 
angez.  73. 

Ascham,  R.,  79. 

Bartsch ,  K. ,  seine  Alt/ranz.  Ro- 
manzen und  Pastourellen,  angez. 
91. 

Beaumont,  Sir  J.,  88. 

Bocados  de  oro,  arabisches  Origi- 
nal ders.,  236,  358. 

Brakelmann,  Jul.,  Necrolog,  121. 

Brooke,  Lord,  89. 

Browne,  Will.,  85. 

Cabestanh,  G.  de,  Leben  und  Werke, 
von  Hüffer,  angez.  99;  —  Ent- 
wickelungsphasen  der  Lebens- 
nachricht über  ihn,  101  fg. 

Camoens,  L.  de.  Die  Lusiaden 
übers,  von  Eituer,  angez.  108. 

Carew,  Th.,  85. 

Cercamon,  239. 

Comparetti ,  Dom.,  seine  Eicerche 
intorno  al  Libro  di  Sindibad, 
angez.  106. 

Dante,  Zur  Kritik  der  Divina  Co- 

media,  116. 
Davies,  Sir  J.,  88. 


Diamante,   J.  B.,   37;    —   schrieb 

nach  Corneille,  37. 
Drayton,  86. 

Eitner,  K.,   Uebers.  der  Lusiaden, 

angez.  108. 
Englische  Literatur  im  16.  und  17. 

Jahrh.  73. 

Fabelsammlungen  des  Mittelalters, 
15  fg. 

Fletcher,  Giles,  88. 

Fletcher,  Phineas,  89. 

Foscolo,  Ugo,  317;  —  lettere  in- 
edite,  317. 

Französische  Lexicographie,  Bei- 
träge zu  ders.  110;  —  carlit,  110; 
—  esmougonner,  111;  _  glier, 
111;  —  ronchier,  111;  —  tan- 
gonner,  112;  —  refuser,  113. 

Französische  Literatur,  Beitrag  zu 
ders.  33. 

Französische     Sprache      im     XIV. 

Jahrb.  155;  —  Verbum,  155; 

Mundarten  des  südl.  Frankreich, 
269;   —   Aussprache  ders.  271. 

Fuller's  Worthies  Library,  angez.  73. 

Gascoigne,  84. 
Gerard  von  Cremona,  359. 
Gerard  von  Minden,  19. 
Girart  de  Roussillon,  119  fg. 
Glossar,  Pariser  7692.,  203. 
Greville,  Fulke,  s.  Brooke. 
Grosart,      Rev.,      seine      Füllers 
Worthies  Library,  angez.  73. 


468 


Register. 


Hazlitt,  C,  seine  Tloxburghe  Librarj/, 
angez.  73. 

Heywood,  J.,  83;  —  Neue  Ansg. 
seiner  Proverbs,  angez.  ebendas- 

Holkot,  130. 

Honein  ben  Ishak,  354. 

Hüffer,  Fr.,  seine  Schrift:  der  Tro- 
bador  Guillem  de  Cabestanh,  an- 
gez. 99. 

Italienische  Literatur.  Beitrag  zu 
ders.  33.  —  Sicilianische  Volks- 
lieder und  Volksmärchen,  337. 
—  Novellen,  angez.  345. 

Italienische  Sprache.  Zur  Etymo- 
logie, 114;  —  corbaccio,  114;  — 
azzimare,  114;  —  bizeffe,   115. 

Jehuda  Al-Charisi,  355. 

Marie  de  France,  Quellen  ihrer 
Fabehi,   19. 

Michaelis,  Carol.,  ihre  Ausg.  des 
Rümaitcaro  del  Cid,    angez.  415. 

Misteriü  de  los  Reyes  magos,    44; 

Handschrift  ders.  45 ;  —  Sce- 

neneintheilung,  52;  —  Versifica- 
tion,  53;  —  Sprache,  56. 

Mobeschir  Ihn  Fatik,  359. 

Odo  von  Ciringtonia,  159;  —  seine 
Narrationes,  129 ;  —  Verbreitung 
ders.  in  Deutschland  und  Italien, 

_120;    Text    der    noch    nicht 

veröffentlichten  Stücke,   135. 

Pastourellen,  altfranz.  93;  —  ihr 
Character,  93  ;  —  Handschriften, 

96. 
Provenzalische     Literatur,     1;     — 
Lateinisch -provenz.  Lied,   1;  — 
Volksthümliche  Strophenform,  3 ; 

Provenz.  Verse  im  Renart,  6 ; 

_  Weihnachtslied,  8;  .—  Stro- 
phenform dess.  12;  —  Proven- 
zalisches  aus  Schweden,  14;  — 
Provenzalisches  von  Mussafia,  29. 


Raparius,  241;  —  Handschr.  dess. 
241 ;  Text,  244  fg. 

Reali  di  Francia,  60  fg.,  217  fg., 
396  fg. 

Reprints,  English,  angez.  72. 

Romancero  del  Cid,  Neue  Ausg., 
angez.  415. 

Romanische  Sprachen.  Nordwest- 
rom. Auslautsgesetze,  187;  — 
consonantisches,  189;  —  vocali- 
sches,  194;  —  Bedeutungsent- 
wickelung in  dens.  384  fg. 

Romanzen,  altfranz.,  ihr  Character, 
91. 

Romulus,  18;  —  Redactionen  dess. 
18;  —  Neu  entdeckte  Handschr., 
21,  233,  377. 

Roxburghe  Library,  angez.  73. 

Scartazzini,  seine  Ausg.  d.  Geru- 
salemme  liberata,  angez.  417. 

Secretum  secretorum,  366;  —  ai'a- 
bische  Bearb.  dess.  366;  —  grie- 
chisches Original,  367;  —  latein. 
üebers.  368;  —  span.  Uebers. 
369 ;  —  engl,  und  franz.  Uebers. 
376. 

Sercambi,  Giov.,  347. 

Sex  (conde  de),  span.  Comedia,  38. 

Sieben  weise  Meister,  106. 

Sindibad,  106;  —  spanische  Re- 
daction  dess.   106. 

Spanische  Literatur.  Altspan.  Er- 
zählung von  Karl  d.  Gr.  und 
seiner  Gemahlin  Sibille,  286.  — 
Span.  Bearbeitungen  arabischer 
Werke,  353  fg.  —  Procerbiox 
buenos,  354;  —  Libro  de  la  Sa- 
viesa,  358;  —  Bocados  de  oro, 
358;  —  Secretum  secretorum,  366. 

Spencer,  ,Edm.,  89. 

Spencer  Society  Publications,  an- 
gez. 73. 

Taylor,  the  Water -Poet,  82. 

VVashbourne,  89. 


Druck  von    F.  A.   BrocUhaus  lu  Leipzig. 


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P      Jahrbuch  für  Romanische  und 
-^        Englische  Literatur 
(1871) 


J 
V.12 


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